Demosthenisclie Studien. II.
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des Hyperbolos abgeschafft wurde, sondern noch im vierten Jahr
hundert in Geltung war und somit auch diese Art der Procheirotonie
in üblicher Weise fortbestand. Für völlig unnütz halte ich es über
den vermeintlichen Widerspruch zwischen den Zeitangaben des
Aristoteles und Philochoros zu grübeln und nach Lösungen zu
suchen, da daraus einfach zu entnehmen ist, welches Intervall
zwischen der Procheirotonie und der wirklichen Abstimmung in
einem besonderen Fall oder in der Regel verstrich; denn offenbar
hat Philochoros den gewiss nicht minder fixirten Termin dieser
im Sinne, indem er nur bemerkt, dass vorher die Procheirotonie
stattzufinden hat, 1 ohne sagen zu wollen, wie lange vorher. Auch
darüber glaube ich kein Wort verlieren zu dürfen, dass die
harpokrationische Erklärung auf die Procheirotonie des Ostra-
kismos ganz unanwendbar ist; doch was der Rath dabei zu
thun hatte, ist zu untersuchen.
Obwohl unsere Berichte über das Verfahren bei dieser
Procheirotonie keinerlei Veranlassung bieten, der Ingerenz des
Rathes nachzuspüren, hat doch diese Frage, nachdem Grote
(II 447) den Anstoss gegeben, eine mehrfache Untersuchung-
erfahren, am eingehendsten durch Lugebil (a. a. 0. 138 Anm.),
welchem Gilbert (S. 229) zustimmt. ,Musste der Procheirotonie
des Demos ein Probuleuma des Rathes vorangehen, und zwar
so dass nur in dem Fall, wenn sich dieser für die Ostrakophorie
entschieden hatte, diese Frage auch der Ekklesie vorgelegt
wurde? Oder war die Entscheidung ganz der Ekklesie über
lassen, so dass der Rath mit dieser Angelegenheit nichts zu
schaffen hatte?' so formulirt Lugebil die Fragen und verneint
die zweite. ,Vielmehr wird zuerst der Rath sein Gutachten
darüber abgegeben haben, ob Ostrakophorie vorzunehmen sei
oder nicht. War er dafür, so konnte die Ekklesie sich seinem
Gutachten anschliessen oder es verwerfen. Hatte aber der Rath
entschieden, dass in dem Jahr Ostrakophorie nicht stattfinden
solle, so war sie eo ipso auch ausgeschlossen und der Demos
hatte hierüber nicht mehr zu berathen'. Diese Annahme und
ihre Begründung ist durchaus unhaltbar. Wir werden noch
Gelegenheit haben, auf andere gesetzliche Bestimmungen zu
stossen, welche sich mit der Geschäftsordnung der Ekklesie
Vgl. Gilbert a. a. O. S. 230.