Friedrich Christoph Schlosser. 175 Wie aber min der Historiker dieser Ideenwelt habhaft zu werden vermöchte, darüber gehen die Methoden allerdings sehr stark auseinander und Schlosser sucht sich in diesem Punkte deutlich von seinen philosophirenden Gesinnungsgenossen zu unterscheiden; wenn man aber aufrichtig sein soll, so muss man gestehen, dass auch er im ungewissen Dunkel mehr die Ideen umhertappend zu fangen, als zu erforschen weiss, und dass ihn eben deshalb nicht selten ein Missbehagen über die ,durch- lesenen Folianten* ergreift, welche am Ende nichts sagen, als ,dass im Leben stets ein Schatten dem andern weicht, um endlich dem Nichts den Platz zu lassen*. 1 Es wäre nicht schwer eine ganze Reihe von Stellen zu finden, aus denen man glauben machen könnte, der eifrige Vertreter der Principien in der Geschichte sei eigentlich Nihilist gewesen, und hätte sich in die unendliche Masse von Einzelnheiten nur hineingestürzt, um den eigentlich ungestillten Drang nach den in der Gottheit ruhenden Ideen der Weltgeschichte zu begraben. Aber eine Ansicht solcher Art über Schlosser wäre sicherlich falsch. Was obwohl die heutige Geschichtschreibung wenig- damit gemein hat. Anders steht es noch bei Schlosser. Nicht von Humboldt angeregt, aber aus denselben Anregungen Kant-Schiller’seher Gedanken heraus hat Schlosser den Versuch gemacht, praktisch zu losen, was theoretisch aufgestellt worden war. Was von Humboldt über die Kunst der Geschichtschreibung gesagt wird, wird sehr gerne wiederholt; einige Bemerkungen über die Natur des Geschichtschreibers wie über die erforderliche Feststellung der Ideen, die zu erkennen seien, werden niemals besser gesagt werden, doch ist es merkwürdig, dass ausser in Tomaseliek, Schiller S. 130, nirgends der trefflichen Kritik gedacht ist, durch welche Alexander v. Humboldt die Abhandlung fast mit einigen Worten vernichten konnte. A. v. Hum boldt an Varnhagen S. 40. Man kann übrigens desselben Bemerkung gegen Hegel ebd. 43 ,damit erfüllet werde, was der Philosoph verheisst*, wohl auch schon gegen die Naturabsicht Kant’s und gegen die ,Ideen 1 seines Bruders anwenden. 1 Merkwürdig ist übrigens, dass sich in Schlosser’s allgemeinen Sätzen die unbewussten Reminiseenzen an seine Philosophen bis zur Wörtlichkeit einstellen. So spielt ihm in dieser Vorrede Herder, den er doch gar nicht zu mögen versicherte, offenbar einen Streich : ,Vorübergehend ist also Alles in der Geschichte; die Aufschrift ihres Tempels heisst: Nichtigkeit und Verwesung. Wir treten den Staub unserer Vorfahren und wandeln auf dem eingesunkenen Schutt zerstörter Menscheuverfassungen und Königreiche; wie Schatten steigen sie aus den Gräbern hervor und zeigen sich in der Geschichte.* Ideen III. lö.