Friedrich Christoph Schlosser. 153 reden — durch diese kritische Sonderung eines, wie es schien, sicli selbst widersprechenden Begriffs beruhigt. Eine aufrichtige, man könnte sagen, fromme Verehrung für das, was ,innerhalb der Grenzen der Vernunft' die Religion zu leisten vermochte, und eine scharfe Opposition gegen das, was der Kirchenglaube in seinen Abwandlungen fordert, waren die Resultate dieser Kantischen Lehre in der Grundstimmung der meisten und her vorragendsten Männer der Zeit. Die Entschiedenheit, mit welcher Kant in dem Streit der Fac.ultäten die Werthschätzung der fundamentalsten Glaubenssätze auf ihre Wirkung für das jeweilig Praktische und Moralische zurückführte, ist, wenn man die Geschichtschreibung jener Zeit ins Auge fasst, auf die Urtheile Schlosser’s in den bilderstürmenden Kaisern über gegangen. Was wollte Schlosser mit der Darstellung einer entlegenen Zeitperiode, welche durch den grössten Meinungskampf in der speculativen Dogmatik ausgezeichnet ist, eigentlich gesagt haben? Was war seine eigene Ansicht über die dogmatische Speculation ? Charakteristisch genug für ihn ist es, dass er sich fast nie mit der begrifflichen Deduction der streitigen Lehren des 7. und 8. Jahrhunderts lange aufhält; er verweist die Lehre nicht nur aus Bequemlichkeit auf die gangbaren Kirchen- und Dogmengeschichten, es widerstrebt ihm, sich in die Irrgänge der dogmatischen Speculation zu verlieren, aber er vernichtet sie durch die Erzählung der Thatsachen und durch ein rücksichtsloses Urtheil über die handelnden Personen. Wenn man die Geschichte der bilderstürmenden Kaiser auf ihren allgemeinen philosophischen Gehalt zurückführen wollte, so könnte man das Werk vielleicht als den Nachweis bezeichnen, dass der religiöse Lehrsatz an und für sich so gut wie gar keine Bedeutung besitze, sondern dass nur aus dem moralischen Sinne, welcher in die Glaubenssätze hineingelegt und aus dem Verwandtschaft der Ideen Schlosser’s mit Kant ist so gross, dass ich übrigens noch vorsorglich die Bemerkung machen muss, dass ich nicht etwa glaube, Schlosser habe einen Satz wie den citirten speciell sich abgeschrieben und immer vor Augen gehalten, als er seine bilderstür menden Kaiser verfasste; allein um die Fäden handelt es sich in Sachen des Geistes, die von einem zum andern hiniiberleiten.