Mutli. Der Mythus vom Markgrafen Eüdeger. 265 Der Mythus vom Markgrafen Eüdeger von Richard v. Muth. Wenn sich gleich für das Ideal höfischer Milde und Zucht, für Rüedeger von Bechdären, clen guoten marcgruven unseres Nibelungenliedes, ein Platz in der Geschichte der Ostmark nicht gefunden hat, wäre es doch durchaus irrig- den Helden der Sage für nicht mehr halten zu wollen als ein Phantasie gebilde der österreichischen Volks- und Hofepik des XII. Jahr hunderts. Die Genesis des Epos belehrt uns vielmehr, dass in der Zeit der Aufzeichnung und Vereinigung epischer Lieder Sänger und Dichter mit ängstlicher Treue festhalten an der Ueberlieferung und nur in den seltensten Fällen, wenn sie die poetische Oekonomie geradezu zwingt, es wagen, den bestimmt umgrenzten Stoff mit Figuren eigener Erfindung zu bereichern. Demnach sind wir überall dort, wo eine Gestalt des Volksepos, zumal wenn ihr Charakter in einer gleichmässigen Ausbildung in verschiedenen Dichtungen erscheint, auf eine historische Persönlichkeit mit Sicherheit nicht zurückgeführt werden kann, berechtigt, nach einem mythischen Typus für dieselbe zu forschen. Laclunann hat zuerst für den Markgrafen Riideger, der seit dem XIV. Jahrhundert als ein historisch beglaubigter Vor gänger der Babenberger galt, eine mythische Grundlage ange nommen: er scheine ihm eher ein göttliches Wesen als ein Held (Kritik d. Sage. Anm. S. 338); Möllenhoff hat dann, ge stützt auf die Analogie des Stammwortes hruod clamor, fama,