SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
PHILOSOPHISCH-HISTORISCH^ CLASSE.
. r
ACHTZIGSTER BAND.
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WIEN, 1875.
IN COMMISSION BEI KARL GEKOLD’S SOHN
BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE 1)EK WISSENSCHAFTEN.
SITZUNGSBERICHTE
DER
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
ACHTZIGSTER BAND.
JAHRGANG 1875. — HEFT I—IV.
"KAIS. AKADEMIE^
.WISSENSCHAFTENj
WIEN, 1875.
IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN
BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
300122
Druck von Adolf Holzhausen in Wien
k. k. UniverBitäts-Buohdruckerei.
INHALT.
X. Sitzung: vom 14. April 1875 . .
/Pfizmaier: Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s
Schenkt: Xenopliontische Studien .... ...
XI. Sitzung: vom 21. April 1875
XII. Sitzung' vom 28. April 1875
XIII. Sitzung: vom 12. Mai 1875
/Pfizmaier: Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
Kenner: Inschriften aus der Vardarschlucht
XIV. Sitzung' vom 9. Juni 1875
Rockinger: Berichte über die Untersuchung von Handschriften
des sogenannten Schwabenspiegels. VI
KoIm: Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilaba.
XV. Sitznng vom 16. Juni 1875
' Pfizmaier: Japanische Etymologien
XVI. Sitzung vom 23. Juni 1875
Kenner: Ernolatia .... 4.
'/ Co nze: Zweiter Bericht über die Vorarbeiten zur Herausgabe
der griechischen Grabreliefs
XVII. Sitzung vom 7. Juli 1875
(Zimmermann: Schelling’s Philosophie der Kunst
XVIII. Sitzung vom 14. Juli 1875
Heinzei: Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-
Handschrift. I
Seite
3
5
87.
183
185
189
191
271
279
283
381
437
439
521
523
XIX. Sitzung vom 21. Juli 1875
Gomperz: Beiträge zur Kritik und Erklärung griec.his
Schriftsteller. II. Zu Euripides
Pfizmaier: Ueber japanische geographische Namen
bischer
011
025
027
077
679
745
747
769
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
LXXX, BAND, I. HEFT,
JAHRGANG 1875 - APRIL.
Sitzungsber. d. pliil.-hist. CT. LXXX. Bd. I. Hft.
1
X. SITZUNG VOM 14. APRIL 1875.
Herr Stiftsbibliothekar Dr. O. Zardetti Can. L. in
St. Gallen übermittelt das so eben im Drucke erschienene
,Verzeichniss der Handschriften' der dortigen Stiftsbibliothek.
Das w. M. Herr Dr. Pfizmaier übersendet eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung- unter dem Titel: ,Denk-
würdigkeiteu aus dem Thierreiche China’s'.
Das \v. M. Herr Regierungsrath Prof. Dr. Karl Sehen kl
legt das zweite Heft seiner ,Xenophontischen Studien' (Beiträge
zur Kritik der Apomnemoneumata) vor.
Herr Dr. Gustav Winter, Concipist im k. und k. Haus-,
Hof- und Staatsarchiv, legt ein von ihm zur Herausgabe vor
bereitetes ,Urbar des Passauischen Domcapitels von c. 1230'
vor, mit dem Ersuchen um Aufnahme desselben in die akade
mischen Druckschriften.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie des Sciences, Belles-Lettres et Arts de Lyon: M6moires. Classe
des Lettres. Tome XV e . Paris et Lyon 1870—1874; Classe des Sciences.
Tome XX e . Paris et, Lyon, 1873 —1874; gr. 8°.
Bombay Branch of the Royal Asiatic Society: Journal. Nr. XXIX. Vol. X.
1873—1874. Bombay & London, 1874; 8°.*
1*
wmmm. «
4
Central-Commission, k. k. statistische: Statistisches Jahrbuch für das
Jahr 1873. VI. Heft. Wien, 1875; 4".
— — k. k. zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen
Denkmale: Personen-, Orts- und Sachregister zu dem I. bis XVII. Bande
der Mittheilungen und zum I. bis V. Jahrbuche. I.- III. Heft. Wien,
1873—1874; 4».
Gesellschaft, k. k. geographische in Wien: Mittheilungen. Band XVIlf.
(neuer Folge VIII.), Nr. 3. Wien, 1872, 8°.
.Revue politique et litteraire“ et ,Revue scientifique de la France et de
l’etranger 1 . IV“ annee, 2 e Serie, Nr. 40—41. Paris, 1875; 4°.
— de Philologie et d’Ethnographie publiee par Ch. E. de Ujfalvy. Tome
I re . Nr. 1—3. Paris, 1874—1875; 8».
Schriftstücke über Eustach Chapius, Gesandter Kaiser Karls V. (1518-bis
155(5) und dessen Stamm. Wien, 1875; kl. 8°.
Society, The Royal, of New South Wales: Transaction for the Year 1872.
Sydney, 1873; 8°.
Testoni, Francesco, Una causa de einque milioni rivendicata che per trent’
anni disperata nell’ affascinamento dei tribunali. Berna, 1874; 8°.
Turbiglio, Sebastiano, Benedetto Spinoza e le trasformazioni del suo
pensiero. Libri tre. Roma, 1875; 8°.
Verein, liistor., von Oberpfalz und Regensburg: Verhandlungen. XXX. Bd.
(N. F. 22. Band). Stadtamhof, 1874; 8°. Verzeichniss über die Ver
handlungen. Band I- XXX. 1. u. 2. Abteilung. Stadtamhof, 1874; 8°.
Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen. Halle,
1875; 8«.
Pfizmaier. Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
5
Denkwürdigkeiten ans dem Thierreiche Chinas.
Von
Dr. Aug. Pfizmaier,
■wirkl. Mitglied^ der k. Akademie der Wissenschaften.
In dieser Arbeit liefert der Verfasser vorerst dasjenige,
was in seinen zwei früheren Abhandlungen, des beschränkten
Raumes willen, nicht aufgenommen werden konnte, sodann eine
längere Reihe geschichtlicher und culturhistoriseher Nachrichten
von einigen Hausthieren China’s, wobei Sorge getragen wurde,
dass nur das ganz Neue und besonders Denkwürdige in dieser
Zusammenstellung vorgeführt werde. Es schien daher Manches,
das sich über die behandelten Gegenstände vorfand, zur Wieder
gabe nicht geeignet. Namentlich waren dieses die Stellen in
den Schriften gewisser Philosophen des zweiten und dritten
Jahrhunderts v. Chr. und fast alles auf das alte Reich Tsi Bezüg
liche. Es blieb somit hauptsächlich das rein Geschichtliche, das
liier ins Auge gefasst wurde. Auch das philologische Gebiet
erfuhr in mehrfacher Hinsicht Erweiterung und Richtigstellung,
was in noch grösserem Masse der Fall gewesen wäre, wenn
nicht, für viele dieser Dinge die entsprechenden chinesischen
Typen gemangelt hätten. Zur Erreichung des Möglichen wurde
jedoch, da Combinationcn verschiedener Zeichen zu einem
einzigen in irgend bedeutender Anzahl unstatthaft sind, wieder,
wie bereits in der Abhandlung von den Insecten China’s, von
dem System der Verweisung auf hinzuzufügende Classenzeichen
Gebrauch gemacht, was zur Beseitigung des genannten Uebel-
standes wesentlich beitrug.
6
Pfizmaier.
Von dem Thiere Tuan-hu ,der kurze Fuchs'
wurde bereits in der Abhandlung 1 : ,Denkwürdigkeiten von den
Insecten China’s' Einiges mitgetheilt. Es liegt noch folgen
des vor:
Das Buch Pao-pö-tse:
Das Insect ,der schiessende Künstler' 1 verbirgt sich bei
winterlichem Wetter in den Thälern. Zur Zeit des grossen
Schnees sucht man es auf. Wo dieses Insect sich aufhält,
sammelt sich der Schnee nicht an. Die zurückbleibende Luft
erhebt sich wie heisser Dampf. Man braucht nicht tiefer als
einen Schuh in die Erde zu dringen, so findet man es. Man
trocknet es im Schatten, macht es zu Pulver und trägt es an
dem Gürtel. Bei sommerlichem Wetter vermeidet man den
schiessenden Künstler.
Die Geschichte der ursprünglichen Mitte:
Der Wasserfuchs ist ein Insect, dessen Gestalt man be
obachtet. Seine Luft ist ein Dämon. Es ist drei bis vier Zoll
lang, seine Farbe ist schwarz. Es ist ungefähr einen Zoll breit.
Auf dem Rücken hat es einen Panzer von drei Linien Dicke.
An seinem Kopfe befindet sich ein Gegenstand, der nach Art
eines Horn es nach vorn gekehrt ist. Wenn es einen Menschen
sieht, so schiesst es nach ihm mit Luft. Es schiesst auf eine
Entfernung von zwei bis drei Schritten. Von zehn Menschen,
welche getroffen werden, sterben sechs bis sieben.
Das Buch der Beschaffenheit des Bodens:
Tschu-meu-ngan übergab [ j Hia-kuö 2
ein Schreiben, worin er sagte: Der auswärtige Beflissene
5 ^ Tf Schf-ii-pu wurde plötzlich Befehlshaber von
Tsching. In diesem Districte herrschte bereits die Krankheit
des kurzen Fuchses. Auch die Sandlaus beschädigte den Men
schen. Als er dieses hörte, verging ihm der Athem, er wurde
noch einmal so traurig und nachdenklich.
Die Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen:
In dem Wasser der Gebirgsbäche von Kiang-nan findet
sich das Insect ,der schiessende Künstler'. Dasselbe ist eine
1 ,Der schiessende Künstler 4 ist ein verschiedener Name des Insectes ,der
kurze Fuchs 4 . Ebenso das gleich unten vorkommende ,Wasserfuchs 4 .
2 | [ bedeutet, dass in dem Texte ein Zeichen fehlt.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
7
Art Panzerinsect. Es ist einen bis zwei Zoll lang. In dem
Munde hat es etwas, das wie eine Armbrust gestaltet ist. Es
soliiesst mit Luft nach dom Schatten der Menschen. An den
Stellen, die es trifft, brechen Geschwüre hervor. Wenn man
diese nicht behandelt, so bringen sie dem Menschen den Tod.
y\? jjj^s Scha-si ,die Sandlaus 11 .
Das Kuang-ya:
Die Sandlaus ist das Insect x Pien-siuen.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Die Sandlaus ist von Farbe roth und nicht grösser als
eine Nisse. Sie lebt in dem Wasser. Sie dringt in die Haut
des Menschen und verursacht dessen Tod.
Das Buch der Thang: *
Auf den Bergen und an den Flüssen des Südens, in dem
Lande der Giftvögel, gibt es gewiss Nashörner. Es gibt Sand-
läuse und Wasserarmbrüste. Das Land bringt gewiss heil
kräftige Pflanzen hervor.
Luft und Boden der Niederlassungen des südlichen Lao
erzeugen viele Fieber. Es gibt giftige Pflanzen, ferner Sand-
läuse und Vipern.
Die zehntausend vollendeten Künste von Hoai-nan:
Die Sandlaus heisst auch ^ yjjj Pung-hö ,das Leben
dige des Beifussesh Sie heisst auch iÜJ W Ti -pi ,die
Erdmilzh
Die inneren Hefte des Buches Pao-pö-tse:
Die Sandlaus wandelt nach dem Regen, sowie am frühen
Morgen und am Abend im Saude. Sie legt sich an den Men
schen, wie die Enden der Haare. Wenn sie sich erst kürzlich
an den Menschen gelegt hat und sie sogleich in die Haut
dringt, kann man sie mit einer Nadel herausnehmen. Ihre
Farbe ist rein roth wie Mennig. Sie legt sich an den Men
schen und bewegt sich. Wenn man sie nicht wegnimmt, so
geht dieses Insect sogleich weiter, dringt in den Leib und
tödtet den Menschen. Wenn man in Gegenden wandelt, wo
dieses Insect sich aufhält, muss man sich bei der Rückkehr
sofort mit Feuer erwärmen und dieses von allen Seiten ein
wirken lassen. Das Insect folgt dann dem Feuer und entfernt
sich. Man findet es auf allen Anhöhen neben Gewässern.
8
Pfizmaier.
Das Buch Pen-thsao:
Die Sandlaus heisst auch J|| Schl-tsan ,die Stein
seidenraupe“.
Die von Kö-hung angegebenen Heilmittel:
Um die Sandlaus zu vermeiden, gebraucht man Moschus
und grossen Knoblauch. Man vermengt dieses mit Schaffett
und zerstösst es. Man legt es in ein kleines Rohr und trägt es
an dem Gürtel. Das Mittel ist gut.
+ — H# § Schi-ni-schi-tschung ,das Insect der
zwölf Stunden“ ist ein chamäleonartiges Thier.
Die Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen:
Im Süden von Kiao-tseheu gibt es ein Insect, welches
bisweilen einen Zoll lang und im Allgemeinen gleich einem
eingebogenen Finger ist. Die Gestalt desselben hat Aehnlich-
keit mit der weissen Steinblüthe. Man weiss nicht seinen Namen.
Wenn man es betrachtet, hat es keine bestimmte Farbe.
Auf schattigem Boden ist seine Farbe häufig grüngelb und
lichtgelb. Im Lichte der aufgehenden Sonne verändert sie sich
und ist bald grün, bald grüngelb, bald menuigroth, bald gelb,
bald rothweiss, bald hellroth. Die Mädchen nehmen es und
gebrauchen es als Kopfschmuck. Wenn man in dem tiefen
Gebirge Thai-schan ist, glaubt man, dass die Gegenstände
keine bestimmte Farbe haben. Man führt den rothen Wolken
dunst als ein Gleichniss an. Man hält sich an dieses und
hilft dadurch die Rede vollenden. Die Pfauenfedern verändern
sich ebenfalls in Bezug auf Glanz und Farbe und sind bald
gelb, bald roth. Doch sie vermögen es nicht in dem Masse
wie dieses Insect.
Die Denkwürdigkeiten von merkwürdigen Dingen des
Südens der Berghöhen:
In Yung-tscheu gibt es ein Insect, welches gleich einer
Eidechse ist. Sein Leib ist rund, doch sein Hals lang. Auf
dem Kopfe trägt es eine Mütze und ein Kopftuch. In einem
Tage verändert es je nach der Stunde seine Farbe. Ob es
grüngelb, roth, weiss oder schwarz sei, wurde noch nicht be
stimmt. Die Eingebornen können ihm keinen Namen geben.
Sie nennen es das Insect der zwölf Stunden. Wenn es den
Menschen beisst, ist der Biss unheilbar.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China's.
9
Dieselben Denkwürdigkeiten:
In den südlichen Gegenden gibt es ein Tnsect, welches
so gross wie eine Eidechse ist. Seine Füsse sind lang, sein Leib
ist grün. Seine Fleischmähne ist von rother Farbe. Sein Kopf
verändert sich je nach den zwölf Stunden. In der ersten
Stunde gehört er einer Ratte. In der zweiten Stunde gehört er
einem Rinde. In der zwölften Stunde gehört er einem Schweine.
Es hat die Eigenschaft, dass es dem Menschen nichts zu Leide
thut. Sein Name ist ^ Pi-ye ,der Dienstleistung aus
weichend*. Wer es sieht, hat Freude und Glück.
Die Merkwürdigkeiten der Verzeichnisse des Landes
ausserhalb der Berghohen:
Das Insect der zwölf Stunden ist der Schlangenmeister.
Es ist eine Art Eidechse. Leib und Schweif des erdfarbigen
sind eine Klafter lang. Ueber dem Gehirn und um den
Rücken hat es Schopf und Mähne. Es wandelt auf Pflan
zen und Bäumen mit äusserster Geschwindigkeit. Es findet
sich auch häufig in den Häusern der Menschen, zwischen
Zäunen und Gehegen. Die gewöhnliche Ueberlieferung sagt,
es verändere in einem Tage je nach den zwölf Stunden die
Farbe. Desswegen gab man ihm diesen Namen.
P' ist die Rinderlaus.
Der Wald der Schriftzeichen:
Pi ist ein Insect welches die Rinder beisst.
Das Buch Pen-thsao:
Die Rinderlaus heisst auch 4 Nieu-pi.
Hoei ist ein langer Eingeweidewurm.
Das Schue-wen:
Hoei ist das in dem Bauche befindliche lange Insect.
Die von Lieu-tsung-yuen verfasste Schrift der Verwün
schung des Leicheninsectes:
Der lange Eingeweidewurm nährt sich an dem' Herzen.
Der kurze Eingeweidewurm durchlöchert den Magen.
PP f||j Kheu - teu ,das mit dem Kopfe anstossende
Tnsect*.
10
Pl'i zmaier.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
Es gibt ein Inseet, welches von Gestalt und Farbe gleich
einer grossen Bohne ist. Man beschwört es und heisst es mit
dem Kopfe anschlagen. Man lässt es auch Blut speien. Es befolgt
alles, wozu man es anweist, als ob es um Loslassung bäte.
Es senkt die Stirne ohne Umstände siebzigmal zu Boden und
gibt einen Ton von sich. Desswegen nennt man es gemeinig
lich das mit dem Kopfe anstossende Inseet.
Die Einleitung zu dom von Fu-hien verfassten bilderlosen
Gedichte auf das mit dem Kopfe anstossende Inseet:
Das mit dem Kopfe anstossende Inseet ist das unschein
barste und kleinste Inseet. Wenn man es aber unterweist, so
stösst es ohne Weiteres mit dem Kopfe an. Wenn der Mensch
es vorletzt, weil es mit dem Kopfe anstösst, so bringt dieses
kein Glück. Desswegen thut ihm Niemand etwas zu Leide.
Schi-schi ,das leichenverzehrende Insectb
Die von dom Geschlechte Pci verfasste Geschichte von
Ivuang-tscheu:
In dem Districte )j>jv Q Lin-jin gibt es ein gepanzer
tes Inseet. Dasselbe hat eine Vorliebe für verdorbenes Fleisch.
Wenn ein Mensch stirbt, so zehrt es den Leichnam ganz auf.
Es erfüllt das Haus in grossen Mengen. Es kann nicht ver
jagt und nicht getödtet werden.
Die Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen:
In dem Zeiträume King-thsu (423 n. Chr.) gelangte der
stechende Vormerker von Thsang-wu in die Mutterstadt und
sagte: W enn in einigen Landschaften im Süd westen von Kuang-
tscheu ein Mensch erkrankt und dem Tode nahe ist, erscheinen
sogleich fliegende Insecten, die von Gestalt gleich Weizen
körnern sind, und sammeln sich in dem Hause. Wenn der Mensch
stirbt, verzehren sie ihn sogleich, ohne dass sie ausgerottet
werden könnten. Nur die Knochen bleiben übrig, alsdann
entfernen sie sich. Wenn man Geräthe aus Brettern von
Hartriegel verfertigt, so sammeln sich diese Insecten nicht an.
j-.ffe Jao ist ein kurzer Eingeweidewurm.
Das Schue-wen:
Jao ist das in dem Bauche befindliche kurze Inseet.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s,
11
Das Sse-ki:
In Lin-thse, in dem Dorfe: vß Fan litt das Mädchen
pH /*- Pö-ngu an sehr vielen Krankheiten. Die Aerzte hielten
es für Kälte und Hitze. Die Krankheiten verschlimmerten sich,
und das Mädchen sollte sterben, ohne dass man ein Mittel
wusste, yjpl np Tschün-yü-I fühlte ihr den Puls und
sprach: Die Wurmsucht! Die Wurmsucht ist die Krankheit.
Der Bauch ist gross, die Oberhaut gelb und rauh. —■ Man
ging betrübt um sie her. I gab ihr einen Trank aus einer
Handvoll Blüthen des Fischgiftes zu trinken. Dieses trieb viel
leicht mehrere Gantang kurze Eingeweidewürmer ab. Die
Krankheit war bereits durch dreissig Tage sich gleich ge
blieben.
<|jj| Ngo ist der Seidenschmetterling.
Das Buch der Han:
Im Frühlinge, im dritten Monate des ersten Jahres des
Zeitraumes Kien-schi (32 v. Chr.) besuchte der Kaiser die
fünf Erdaltäre des Tempels von Yung. Im Plerbste, im achten
Monate erschienen weisse Seidenschmetterlinge. Dieselben flogen
in Schaaren und verdeckten die Sonne. Sie verbreiteten sich
von dem Thore der östlichen Hauptstadt bis zu dem Wege
der Achsenenden.
Das Buch der Sung:
Der junge Kaiser ward der Tugend verlustig. jdjL jeC
Fu-hiang hegte in dem Busen Kummer und Besorgniss. Er
übernachtete eben in der verschlossenen Abtlieilung des Palastes
und sah wie in der Nacht die Seidenschmetterlinge auf die
Lampe zueilten. Er verfasste das bilderlose Gedicht auf die
Anregung durch die Dinge und legte darin seine Gedanken
nieder.
Die von Wang-tse-nien verfasste Geschichte des Auflesens
des Hinterlassenen:
# m t Kö-tsiang-tse lernte den Weg. Er sagte zu
dein Könige von Yen: Die Königsmutter des Westens trachtet
zu kommen. Sie spricht gewiss vo v n der Kunst des leeren Ur
sprünglichen. — Es war kein Jahr vorüber, als die Königs
mutter wirklich kam. Sie lustwandelte mit dem Könige Tscliao
an dem Fusse des Waldes der Feuerzeuge. Sie sprach von
12
Pfizmaier.
der Kunst des Aufsteigens der Flamme, des Anbohrens des
Feuers. Sie nahm das Fett des grüngelben Zimmtbaumes,
zündete es an und erleuchtete damit die Nacht. Plötzlich er
schienen fliegende Seidenschmetterlingc, die in dem Munde
Feuer hielten. Dieselben waren von Gestalt gleich mennig-
rothen Sperlingen. Sie kamen und streiften über das Zimmt-
fett. Diese Seidenschmetterlingc kamen aus der Höhle des
Zahlenhügels hervor.
Die von Kö-tse-hung verfasste Geschichte der Dunkelheit
der Grotten:
Kaiser ffu war begierig nach geisterhaften Wundern.
Er erlangte das Mark des mennigrothen Leoparden, das Fett
des weissen Paradiesvogels. Es schliff grünes Zinn und bereitete
daraus Pulver. Er versetzte es mit dem Oel des echten
Basilienkrautes und erleuchtete den göttlichen Erdaltar. Tn
der Nacht bei heftigem Regen erlosch nicht der Glanz des
Feuers. Da erschienen Seidenschmettcrlinge des Reiffrosts
gleich Bienen und eilten auf die Lampen zu. Der Abgesandte
erhob einen Wedel von Einhornbart und verjagte sie.
Die Ueberlieferungen von Unsterblichen:
Ein Gast des Gartens, ein Mensch von Thsi-yang, pflanzte
fünffarbige wohlriechende Pflanzen. Er gebrauchte sie als
Arznei und ass ihre Früchte. Eines Morgens erschienen fünf
farbige Seidenschmettcrlinge, die sich auf den Blumenstaub
der wohlriechenden Pflanzen setzten. Er sammelte sie und
reichte sie als Opfer. Sie brachten Seidenraupen hervor.
Das Buch Fu-tse:
Wenn man nicht zufrieden ist mit der Dunkelheit und
Freude hat an dem Glanze, ist man gleichsam der nächtliche
Seidenschmetterling, der die Finsterniss verlässt, der Lampe
zueilt und stirbt.
Die von Thsui-piao verfassten Erklärungen des Alter-
tlmms und der Gegenwart:
Der fliegende Seidenschmetterling versteht es gut, die
Lampe zu streifen. Er heisst auch •K * Ho-kuang ,das
Feuerlicht'. Er heisst auch Mu-kuang ,der Bewun
derer des Lichtes'.
Die von Jin-fang verfasste Geschichte der erzählten
Merkwürdigkeiten:
Denkwürdigkeiten ans dem Tliierreiclie Cliina's.
13
Ein Palastmädchen des Königs Tschuang von Tsu ver
wandelte sieh eines Morgens in einen wilden Seidenschinetter-
ling und entflog.
Der Grundriss des weissen Sumpfes:
Der rothe Seidenschmetterling, der zwei Köpfe und weisse
Flügel hat, ist ein Drache. Wenn man ihn tödtet, sterben die
Bewaffneten.
Das von Pao-ming-yuen verfasste bilderlose Gedicht auf
den fliegenden Seidenschmetterling:
Die Ratte der Unsterblichen wartet auf die Dunkelheit,
der fliegende Seidenschmetterling wartet auf das Licht. Gleich
artigen Geistes verwandeln sie sich nebeneinander, von ver
schiedenem Aussehen, von gleichem Leben. Man sieht, das Leben
ist gleich, aber das Aussehen ist verschieden. Ein jedes ver
einigt die Eigenschaft und stützt sich an eine Seite. Sie stossen
an den schwimmenden Schatten des brennenden Rauches. Sie
eilen zu dem hellen Lichte der glänzenden Flamme. Sie stellen
ihren Leib unter die verborgenen Pflanzen, sie beschliessen
das Leben in der Halle des Weisheitsfreundes. Sie verachten
ursprünglich den Tod und durchschneiden dadurch ihr Be
gehren. Wenn sie das Verderben erreichen, was hätten sie
für ein Leid? Sollten sie sein gleich dem gestreiften Leoparden
der südlichen Berge, der dem Nebel und Regen aus dem Wege
geht und zwischen Felsen sich versteckt?
•x- Yung ist die Puppe der Seidenraupe.
Das Ni-ya:
Hoei ist das Insect # ^ Yung ,die Puppe der
Seidenraupe*.
Das Sclnie-wen:
H° e i i st das Insect * j|j Yung. Man liest
hoei. Yung ist das Insect des Seidengespinstes.
es wie
Das Buch Han-tse:
Unter den Insecten gibt es eines, welches die Puppe der
Seidenraupe ist. Es hat einen Leib und zwei Köpfe. Diese
streiten sich um das Futter und heissen einander. In Folge
dessen tödtet es sich selbst. Die Diener unter den Menschen,
14
P f i z m a i e r.
welche sich um die Geschäfte streiten und ihr Reich zu Grunde
richten, sind von der Art der Puppen der Seidenraupe.
Thse ist die haarige Raupe.
Das Ni-ya:
*| TIan ist das Insect ^ J|| Mao-tu ,der haarige
Holzwurm'. Es ist ipä * jPj ITe-jen ,die schwarze Raupe', das
Insect Sse.
Anmerkung: Sse ist eine Art haariger Raupe. Gegenwärtig
benennen die Menschen von Tsing-tsclieu die haarige Raupe
mit dem Namen •* jJtj -x-|jpf Jen-sse.
Das Schue-wen :
Das Insect ^ Thse ist das haarige Insect. Man liest
es wie 'fjJ Thse. Das Insect Han ist der haarige
Holzwurm.
Zjßf IToang-ping ist eine Grillenart.
Das Ni-ya:
* ist das jß" ßp Hoang-ping ,das gelbe Ping'.
Anmerkung: Es ist ein gepanzertes Insect. Dasselbe ist
so gross wie eine Tigerbohne und von grüngelber Farbe, ln
Kiang-tung nennt man es: das gelbe Ping. Seine Flügel be-
iinden sich innerhalb des Panzers.
Das Schue-wen:
xßp Ping ist das Insect * Yö-hoang. Es ist das
Insect, das mit den Flügeln singt.
m % Pan-miao ,die fleckige Katze' ist die Cantharide.
Das Buch Pen-thsao:
Die Cantharide heisst auch ^ JEg Lung-wei ,der Dra
chenschweif'. Sie ist von Geschmack kalt. Sie wächst in
Thälern.
Das von dem Geschlechte U verfasste Buch Pen-thsao:
Die Cantharide heisst auch Pan-thse. Sie heisst
auch fl Lung-thse. Sie heisst auch JjJ ]^j Pan-yin
,der gestreifte Wagenteppich'. Sie heisst auch ^
Kiuen-fä ,das gekrümmte Haupthaar'. Sie heisst auch J|* y|{J
Bei
Yen-tsing.
Bei dem göttlichen Ackersmann ist sie scharf.
Denkwürdigkeiten aus dem Thiorreiclie China’s.
15
ii£ iä Khi-pe ist sie salzig. Bei Thung-kiün ' ist
sie giftig. Bei Pien-tsiö ist sie süss und sehr giftig. In den
von Flüssen bewässerten Thälern von Ho-nei wächst sie bis
weilen auf den Steinen des Wassers.
$8 Ti-tan ,die Erdgalle'.
Das Kuang-ya:
Ti-tan ,die Erdgalle 1 ist das Insec.t Ti-yao ,die
Erdlende 1 . Es ist das grüne Hi.
Das Buch Pen-thsao:
Das Insect ^ ^ Yuen-tsing ,däs Grün des Fischgiftes 1 ver
zehrt im Frühling die Blüthen des Fischgiftes. Desswegen sagt man:
das Grün des Fischgiftes. Im Herbst ist es die Erdgalle. Die
Erdgalle hat einen schwarzen Kopf und einen rothen Schweif.
Sie ist von Geschmack scharf und giftig. Sie ist dem Gifte
des Wurmfrasses und der Ergiessung des Windes vorgesetzt.
Im Herbst verzehrt sie Flachäblüthen. Desswegen nennt man
sie den Aeltesten dos Blockhauses über dom Flachse.
Das von dem Geschlechte IJ verfasste Buch Pen-thsao :
Die Erdgalle heisst auch Ajh ^ Yuen-tsing ,das Grün
des Fischgiftes 1 . Sie heisst auch yjjb Tu-lung. Sie
heisst auch Tsing-hung ,der grüne Regenbogen 1 .
Das von Thao-hung-king verfasste Buch Pen-thsao:
Die Erdgalle ist von Geschmack scharf. Sie ist kalt und
giftig. Sie heisst auch Yuen-tsing ,das Grün des Fischgiftes 1 .
Sie heisst auch p!| tfjfr Tsing-wa ,der grüne Frosch 1 . Die
echte kommt aus Liang-tscheu. Sie ist von Gestalt gleich der
grossen Pferdegrille und hat kleine Flügel. Die unechte ist
diejenige, in welche die Cantharide sich verwandelt. Sie ist
von Gestalt gleich einer grossen Bolme. Im Ganzen ist ihre
Wirkung auf den Leib dieselbe. Wenn man die echte durch
aus nicht erlangt, kann auch diese gebraucht werden.
Kö-kiai ist ein Thier, das zu dem Geschlechte
der Saurier zu gehören scheint.
1 So Messen zwei zu den Zeiten des gelben Kaisers lebende Verfasser von
Arzneibüchern.
16
Pfi zmaier.
Die von Yang-tse verfassten Worte der Gegenden:
Eine Eidechse in Kuei-lin, welche singen kann, nennt
mau Kö-kiai.
Die Merkwürdigkeiten der Verzeichnisse des Landes
ausserhalb der Berghöhen:
Der Kopf des Thieres Kö-kiai ist gleich demjenigen des
Frosches. Auf dem Rücken hat es dünne Schuppen gleich
denjenigen der Seidenraupe. Es ist von erdgelber Farbe. Sein
Leib ist kurz, sein Schweif lang. Es baut häufig sein Nest in
Bäume und in die alten Mauern von Tuan-tscheu. Dasjenige,
welches sein Nest in den Gerichtssälen und verschlossenen Ab
theilungen, zwischen den Thürmen der Stadtmauern hat, singt
vom Morgen bis zum Abend und ruft seinen Namen Kö-kiai.
Einige sagen, diejenigen, welche mit einerlei Stimme singen,
seien von einem und demselben Jahre. Wenn die Dorfbewohner
das Thier einsammeln, verkaufen sie es auf dem Markte als
Arznei. Man kann damit Lungenkrankheiten behandeln. Die
Aerzte sagen, die Kraft des Arzneimittels bestehe in dem
Schweife. Wenn dieser fehlt, sei es unwirksam.
bezeichnet eine im Süden vorkom
mende Grillenart.
Die Merkwürdigkeiten der Verzeichnisse des Landes
ausserhalb der Berghöhen:
Das Insect Pang-kiang entsteht in den Gebirgen und im
freien Felde. Es findet sich in Menge auf den Olivenbäumen.
Von Gestalt ist es gleich der Feldgrille. Sein Bauch ist grün
und dünn. Seine Stimme ist kräftig. Im Singen ruft es seinen
Namen Pang-kiang. Man hört bloss seine Stimme, es geschieht
aber selten, dass man es fangen kann. Die Menschen begehren
es zu hohen Preisen und gebrauchen es als ein Mittel für die
Einschmeichelung.
^ji[ Tsiü ist die Made.
Das Schuß-wen:
Die Made ist das Insect, welches die Fliegen in dem
Fleische hervorbringen.
Denkwürdigkeiten aus dem TlxierreicLe China’s.
17
Das Buch Pen-thsao:
Die Made ist das Junge der Fliegen. Alle verfaulten
Gegenstände bringen sie hervor.
Das Buch der Liang:
Als I # Wang-tschin geschlagen war, ging er nach
Tsi und wurde ein besonders beförderter Aufwartender der
Mitte. Das Dach des Plauses, in welchem er wohnte, barst
ohne Ursache und zeigte mehrere Gantang Maden. Diese fielen
zu Boden, verwandelten sich und krochen weiter.
Dasselbe Buch der Liang:
Zu den Zeiten des Kaisers Yuen fand m « ^ Lieu-
king-kung, ein Mensch von Ngan-tsching, auf dem Felde weisse
Maden. Diese verwandelten sich in eine goldene Schildkröte,
die er einsehmelzen wollte. Die Schildkröte brachte einen
Glanz hervor, der das innere Haus erleuchtete. King-kung hielt
sie für einen Gott und betete zu ihr. Das, um was er im Gebete
bat, ging oft in Erfüllung. Hierauf entwarf er einen Plan zur
Erregung von Aufruhr. Der Kaiser erliess an | ‘0[:
Waug-seng-pien, Beruhigen der Hauptstadt, den Befehl, ihn zu
züchtigen und gefangen zu nehmen.
Die erweiterte Geschichte der fünf Grundstoffe:
Zu den Zeiten des Königs m m Fung-pö aus dem
Hause der nördlichen Yen, im dritten Monate des einundzwan
zigsten Jahres des Zeitraumes Thai-phing (429 n. Chr.), stiessen
Maden an die Erde und wuchsen auf diese Weise. Nach einem
Monate wurde Pö von seinem jüngeren Bruder Hung
getödtet.
Das Schue-wen:
Yang ,Schaf' ist so viel als jjjj^ tsiang, ,glückliche
Vorbedeutung'. Es zeigt im Bilde vier Füsse, Hörner und
Schweif. Khung-tse sagt: Die Schriftzeichen 4" nieu (Kind)
und Yang (Schaf) heben die Gestalt hervor. Kao
ist das Junge des Schafes (das Lamm), Tscli’hü ist ein
Lamm, welches fünf Monate alt ist. Mu ist ein Lamm,
welches sechs Monate alt ist. Thä ist ein Lamm, welches
sieben Monate alt ist. Tschao ist ein Schaf, welches noch
Sitzuugsbor. d. phil.-liist. CI. LXXX. lid. I. Hft. 2
18
P f i z jn a i e r.
kein Jahr alt ist. y jfijf'' Tsäng 1 ist ein männliches Schaf. •fr
Feil ist ein ausgewachsenes Schaf. i(j^ I ist ein an clen Wa
gen gespanntes Schaf. Fan ist ein Schaf mit gelbem
Bauche. Khien ist der Name des Schafes.
Das Kuang-ya:
Das einjährige weibliche Schaf von U heisst Tchao.
Das dreijährige heisst Ti. das einjährige weibliche heisst
Tse. Das dreijährige lieisst Tsang. Das an den Wa
gen gespannte Schaf von U heisst *pj| Pö. Das an den Wa
gen gespannte Schaf * Ku (die Ziege) heisst Khie. x
Thä, Mu, ::L|P Tse, Tsiuen sind Lämmer.
Die von Kö.-I-kung verfassten erweiterten Denkwürdig
keiten :
Das grossschweifige Schaf hat feine Wolle und ein dünnes
Fell. Sein Schweif ist oben und zur Seite breit und wird zehn
Pfund schwer. Es stammt aus Khang-kiü (Sogdiana).
Das Eselschaf ist einem Esel ähnlich.
Die Cfeschichte der ursprünglichen Mitte:
Das Gespenst eines tausendjährigen Baumes ist ein grünes
Schaf.
Das Sse-ki:
|* Pö-schi stammte aus Ho-nan. Er trat in das Ge
birge und hütete hundert Schafe. In zehn Jahren waren es
tausend Schafe. Der Kaiser sprach: Ich besitze Schafe in
Schang-ling. Ich möchte dich sie hüten lassen. — Er ernannte
Schi zum Leibwächter. Dieser, mit hänfenen Kleidern und
Grasschuhen angethan, hütete die Schafe. In einem Jahre
waren alle Schafe dick. Der Kaiser ging zu den Schafen hin
und lobte dieses. Schi sprach: Nicht bloss bei den Schafen,
auch bei der Lenkung des Volkes hat es eine solche Be-
wandtniss. — Der Kaiser ernannte ihn zum Befehlshaber von
Keu-schi.
Die Geschichte der Han von der östlichen Warte:
Kien-yü, ein Mensch von Pe-hai ? schloss sich
in dem Landstriche den Geschäften an. Er wurde berufen und
1 Wird aucli tsang’ geschrieben und in dem Ni-ya durch ,weibliches
Schaf 4 erklärt. Die drei Autoritäten Schue-^wen , Kuang-ya und Ni~3 r a
stimmen nicht ganz mit einander überein.
Denkwürdigkeiten ans dem Thierreiche Cliina’s.
19
zum vielseitigen Gelehrten ernannt. In jedem Schaltinonate
erging eine höchste Verkündung, welche besagte, dass man
jeden vielseitigen Gelehrten mit einem Schafe beschenke.
Unter den Schafen gab es grosse und kleine, dicke und magere.
Um die Zeit opferten die vielseitigen Gelehrten Wein und be-
riethen sich. Sie wollten die Schafe tödten und sagten, sie
würden sich in das Fleisch theilen. Yü sagte, dieses dürfe
nicht sein. Man wollte wieder das Loos werfen. Yü schämte
sich auch dessen und sagte, dieses verletze die vielseitigen
Gelehrten. Yü nahm ein Schaf zuerst und wählte das magerste,
gleichsam als ob es dann keinen Streit mehr gäbe. Später
wurde er zur Zusammenkunft geladen. In der höchsten Ver
kündung wurde nach dem mageren Schafe, dem vielseitigen
Gelehrten von dem Geschlechte Kien, gefragt.
Das Buch Tschuang-tse:
Zwei Menschen Namens Tsang und Kö hüteten
mit einander Schafe und beide verloren die Schafe. Man fragte
Tsang, womit er sich beschäftigt habe. Fr hatte die Schreib
tafel unter dem Arme gehalten und Bücher gelesen. Man
fragte Kö, was er gethan habe. Fr hatte das Brettspiel ge
spielt und war umhergewandelt. Die Beschäftigung dieser zwei
Menschen war nicht dieselbe, doch der Verlust der Schafe
war ein gleicher.
Das Buch Me-tse:
Zwei Diener des Fürsten Tschüang von Tsi: ^ [|| J=!jl
Wang-kue-pi und 4* m m Tschuug-li-lü führten gegen
einander Klage durch drei Jahre, docli der Streit ward nicht
entschieden. Man fürchtete, dass man etwas ausser Acht
lassen und sich in Schuld verwickeln werde. Man liess die
zwei Menschen gemeinschaftlich ein Schaf nehmen und vor
dem Altäre von Tsi einen Eid schwören. Die zwei Männer
folgten einander, besprengten mit dem Blute des Schafes den
Altar und lasen die Worte her. Das Gebet Kue-pi’s war schon
ganz zu Ende, die Worte Li-hi’s waren noch nicht zur Hälfte
gesprochen, als das Opferschaf sich erhob und Li-hi mit den
Hörnern stiess. Die Menschen von Tsi hielten dieses für eine
göttliche Bestätigung.
20
P f i z m a i e r.
Die Uebei'lieferungen von Lie-tse:
)0j ^ Yang-tschü besuchte den König- von Liang. Er
sagte: Die Welt zur Ordnung bringen, ist so viel wie die
Handwurzeln drehen. — Der König sprach: Du, o Früh-
geborner, hast eine Gattin, eine Nebenfrau, und kannst sie
nicht zur Ordnung bringen. Du hast einen Garten von dem
Umfange dreier Morgen, und kannst ihn nicht jäten. Warum
sagst du, wie man die Welt zur Ordnung bringt? — Jener
sprach: Siehst du, o Gebieter, nicht diese Schafhirten? Hun
dert Schafe bilden eine Heerde. Man lässt einen Knaben von
fünf Schuhen Höhe die Peitsche tragen und ihnen folgen. Er
will ostwärts, und sie gehen ostwärts. Er will westwärts, und
sie gehen westwärts. Lässt man Yao ein Schaf am Stricke
führen, Schün die Peitsche tragen und dem Schafe folgen, so
können sie es nicht vorwärts bringen.
Die äusseren Ueberlieferungen Han-schi’s:
Fürst Ngai von Lu liess Leute einen Brunnen graben.
In drei Monaten fand man keine Quelle. Man fand ein Schaf
von Edelstein. Der Fürst hielt es für ein Edelsteinschaf. Er
liess es beschwören, vor ihm die Trommel rühren und tanzen.
Er wollte, dass es zum Himmel steige. Das Schaf konnte nicht
emporsteigen. Khung-tse erschien und sprach: Das Gespenst des
Wassers ist ein Edelstein. Das Gespenst der Erde ist ein
Schaf. Man möge sich nicht darüber wundern. Die Leber
dieses Schafes ist Erde. — Der Fürst liess es tödten. Er be
trachtete die Leber, und sie war Erde.
Die Worte der Reiche:
Ki-hoan-tse grub einen Brunnen. Man er
langte etwas wie ein irdenes Gelass. In demselben befand
sich ein Schaf.
Das Buch Fu-tse:
Sung-
Wen, Lehensfürst von Wei, besuchte
ling-tse. Dieser hatte dreimal gedient und keinen Lohn er
halten. Der Lehensfürst Wen sprach: Wie bist du arm!
— Jener sprach: Der König sehe den Reichen von Tsu. Der
selbe hütete neun und neunzig Schafe und wollte, dass es
hundert seien. Er fragte einst die Bekannten in den Strassen
der Stadt. Sein Nachbar war arm und besass ein Schaf. Der
Reiche verbeugte sich vor ihm und sprach: Meine Schafe sind
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
21
neun und neunzig-. Jetzt ist dein einziges ein Ueberfluss. Wenn
icli hundert herausbrächte, so würde für das Hüten die Zahl
genügen. —• Der Nachbar gab es ihm. Betrachtet man es
von dieser Seite, so ist der Reiche nicht reich, der Arme
nicht arm.
Die von Ivö-hung verfassten Ueberlieferungen von gött
lichen Unsterblichen:
Der Fürst von ^J|f Tsao griff ^ Tso-tse auf. Dieser
lief in eine Schafheerde, und man verlor seine Spur. Die Ver
folger vennutheten, dass er sich in ein Schaf verwandelt habe.
Man befahl den Leuten, die Schafe zu zählen. Die Schafe
waren ursprünglich tausend. Als man sie durchsah, war eines
zu viel. Man wusste, dass er sich in ein Schaf verwandelt
habe. Man sagte zu ihnen: Wenn eines der Herr Tso ist, so
komme es heraus. Es geschieht ihm nichts zu Leide. — Ein Schaf
sagte kniend: Wie kann man es glauben? — Die Verfolger
wollten es ergreifen. Hierauf knieten* alle Schafe und sagten
fortwährend: Wie kann man es glauben? — Die Verfolger
gingen jetzt fort. *
Die Ueberlieferungen von Unsterblichen:
Einst war ein Schafdieb, der Schö-hiang ein
Schaf übersandte. Die Mutter Schö-hiang’s vergrub es, ohne es
zu essen. Drei Jahre später wurde der Schafdiebstahl entdeckt. Man
ergriff nachträglich die Leute in dem Hause Hiang’s und forschte
nach. Die Knochen und das Fleisch des Schafes waren bereits
verwest, nur die Zunge war noch vorhanden. Die Menschen
des Reiches wunderten sich darüber. Hierauf bildete man aus
-jfj- Yang-sche ,Schafzunge' ein Seitengeschlecht.
Die fortgesetzte Geschichte des Suchens der Götter:
IS ft"
■jäg Ku-pei, ein gewaltiger Mann von U, begleitete
einst Gäste zu dem Einkehrhause # ¥ Sching-ping. Um
die Zeit befand sich ein Schamane auf dem Sitze. Es war ein
gewöhnlicher Mensch des Weges. Der Wirth wollte eben ein
Schaf tödten. Der Strick des Schafes zerriss, und dieses lief
sogleich zwischen die Knie dieses Menschen des Weges. Es
bohrte mit dem Kopfe und drang unter das Bonzenhemd. Der
Mann des Weges mochte es nicht retten. Man nahm es also
weg und tödtete es. Nachdem man es gebraten hatte, schnitt es
der Wirth zuerst entzwei und gab es dem Manne des Weges zu
22
P f i z m a i e r.
essen. Als der Mann des Weges das Gebratene ass und es
hinabschluckte, lief das Gebratene sogleich in der Haut des
Mannes des Weges herum. Der Schmerz war nicht zu ertragen,
und man rief den Arzt. Dieser kam und stach es mit Madeln.
Er umschloss es mit mehreren Nadeln, doch das Gebratene
bewegte sich noch immer. Er zerdrückte es jetzt und nahm
es heraus. Es war daher nur ein Stück Gehacktes. Der Mensch
des Weges ward hierauf krank. Er blökte wie ein Schaf und
warf Schaum aus. Er kehrte in das Kloster zurück. Es währte
nicht lange, so starb er.
Die Merkwürdigkeiten des Landes ausserhalb der Berg
hohen :
Einst waren Menschen, welche von dem grünen Altäre
aus auf dem Meere schifften und nach Min zurückkehrten. Sie
wurden von einem bösen Sturm durch fünf Tage und fünf
Nächte fortgerissen und wussten nicht, wie viele tausend Weg
längen sie fuhren. Sie gelangten zu einer Insel und sahen
daselbst ein Heerde Schafe. Sie gingen auf diese zu, doch die
Schafe erschraken nicht und gingen auch nicht aus dem
Wege. Anfänglich vermuthete man, sic seien von Menschen
geführt und losgelassen worden, doch es war nirgends eine
Spur von Menschen. Man erkannte jetzt, dass es wilde Schafe
seien. Die Menschen des Schiffes waren hungrig. Sie fingen
deren und verzehrten sie.
Die Schrift des rothen Bandes:
Der Esel (Ü liii) heisst auch *Jj|j| mö-li. Sein Jun
ges heisst mung.
Das Sse-lci:
Die wunderbarsten Hausthiere der Hiung-nu’s sind Esel
und Matdesel.
Die Ueberlieferungen von den Ländern der westlichen
Grenzen in dem Buche der Han:
In dem Reiche ^ yj|| U-hoan gibt es Esel, aber keine
Rinder.
Das Buch der späteren Han:
m * m Ki-tse-hiün kam gegen das Ende der Han
auf den Markt, hielt vor dem Hause des Wirthes und blieb
daselbst. Sein Esel verendete plötzlich. Es war in den Monaten
23
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche Uhina's.
des Sommers, und die Maden kamen aus dem Munde des
Esels hervor. Der Wirth sah es und sagte es Hiün. Dieser
sagte: Es schadet nichts. — Hierauf trat er neben den Esel
hin und erhob den Stab. Der Esel stand plötzlich auf und
entlief.
In dem Zeiträume Yung-ping (58—75 n. Chr.) gebrauchte
man wieder die von Eseln gezogenen Handwagen. Man zählte
deren in einem Jahre zehntausend. Sie verschafften mehreren
tausend Menschen den Lebensunterhalt.
|§6 Tai-liang führte den Jünglingsnamen ^ i|5|
Schö-luan. Seine Mutter hatte Freude an dem Geschrei der
Esel. Er ahmte es immer nach und setzte es in Musik.
Das Buch der Tsin:
]i Wang-thsi war gestorben und sollte begraben
werden. Die weisen Männer der Zeit waren sämmtlich er
schienen.
Siin-thsu hatte ihn aufrichtig hochgeschätzt
und kam später. Er wehklagte um ihn sehr schmerzlich. Unter
den Gästen war keiner, der nicht Thränen vergoss. Als die
Wehklage beendet war, wandte er sich zu dem Geisterbette
und sprach: Du liebtest es einst, dass ich wie ein Esel
yahete. Ich thue es für dich. Die Weise ist dem wahren Tone
ähnlich. — Die Gäste lachten. Thsu kehrte sich zu ihnen
und sagte: Ihr seid nicht gestorben, und ihr heisset Wang-
thsi sterben?
Die Gespräche des Zeitalters:
-|i |r{l Wang-tschung-siuen liehte das Geschrei der
Esel. Als er begraben wurde, überwachte Kaiser Wen von
Wei die Trauer. Er blickte auf seine Gefährten und sprach:
Warig liebte das Geschrei der Esel. Es möge ein Jeder ein
mal yahen und ihn begleiten. — Alle Gäste, die herbeige
kommen waren, yahten wie Esel.
Die Denkwürdigkeiten von U:
jj| Kin, der Vater Tschü-kö-khö’s, hatte
ein langes Gesicht und war einem Esel ähnlich. Sün-kiuen ver
anstaltete eine grosse Zusammenkunft seiner Diener. Er Hess Leute
einen Esel führen, eintreten und das Gesicht Kin’s hinsichtlich
der Länge messen. Die Aufschrift lautete: Mit Tschü-kö-tse zu
vergleichen. Khö kniete gegenüber und bat um einen Pinsel.
Er vermehrte die Schrift um zwei Zeichen und setzte unten
24
Pfizmaier.
weiter: ^ ||t Tschi-liti ,der Esel des'. 1 Die ganze Gesell
schaft lachte herzlich. Der Kaiser beschenkte Khö mit dem
Esel.
Der Frühling und Herbst von Tsin:
Kaiser Wen von Tsin zog l*7G H Yuen-tsie in seine
Nähe und plauderte und scherzte immer mit ihm. Er betraute
ihn mit dem, was Jener wollte, und drängte ihn nicht wegen
der Sachen des Amtes. Tsie sagte einst unbefangen: Ich bin
mein ganzes Leben in Tung-ping umhergewandelt. Ich habe
Freude an den Sitten des Landes. Ich möchte Statthalter von
Tung-ping werden. — Der Kaiser hatte grosses Wohlgefallen
und willigte in das Begehren. Tsie bestieg sogleich einen Esel
und gelangte auf Fusswegen in die Provinz. Bei seiner An
kunft zerstörte er alle Scheidewände in dem Sammelhause, so
dass Inneres und Aeusseres gleichsam aufeinander blickten. Er
sagte, er wolle Lauterkeit und Rechtschaffenheit zu Wege
bringen. Er verweilte zehn Tage. Dann bestieg er sogleich
den Esel und entfernte sich.
■jj^] Hu-wei führte den Jünglingsnamen fö %
Pe-hu. Sein Vater Tscbi verwaltete King-tscheu. Wei be
aufsichtigte die Provinzen von der Hauptstadt aus. Sein Haus
war arm, er hatte weder Wagen und Pferde, noch Diener
und Knechte. Er jagte auf einem Esel und reiste als einzelner
Mensch. Er verbeugte sich, sah nach und meldete die Heim
kehr. So oft er in das Haus der Gäste kam, liess er den
Esel los. Er nahm Brennholz und heizte den Kessel. Als er
gegessen hatte, folgte er wieder den Gefährten und reiste
weiter.
Das Buch der Tsin:
3l ^ Wang-tao sprach zu ^ Tschü-kö-khuei:
Die Menschen sagen und ^ Kö. Sie sagen nicht Kö
und Wang. — Khuci sprach: Die Menschen sagen: J|j|i
Liü-ma (Eselpferd, das ist Maulesel). Sie sagen nicht
JSÜ (Pferdeesel). Wie sollte der Esel das Pferd
übertreffen?
1 Der Sinn war jetzt: Der Esel Tschii-ko-tse’s hiermit zu vergleichen,
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
25
Das von Tscliin-yö verfasste Buch der Sung:
a Yö, der spätere Kaiser Fei, hielt sich auf der Höhe
der Vorhalle )Jf|| ||| Yao-ling mehrere Zehende von Eseln.
H £ Yü-tschung-wen, oberster Buchführer von
der Abtheilung der Angestellten. W M * Siün-wan-tsieu
begab sich einst zu Tschung-wen und traf daselbst einen Gast,
dessen Geschlechtsname J|^ 01 Hia-heu. Der Wirth fragte
ihn: Gibt es gute Rinder? — Jener sagte: Nein. — Erfragte:
Gibt es gute Pferde? — Er sagte wieder: Nein. Es gibt eben
nur vortreffliche Esel. — Tschung-wen erwiederte sogleich:
Dieses ist es, was ich besonders wünsche. — Der Gast trat
vor das Thor. Er verständigte sich sofort und suchte deren.
Das Buch der Tse:
jjjEp- Lieu-tsiang hatte vielseitige Begabung und war
gegen die Wesen hochmüthig. Er sagte immer zu einem Esel:
Du strengst deine Kraft an. Wenn Begabung bei einem
Menschen wie du bist, vorhanden wäre, ich hiesse ihn dir
einen Knecht abgeben.
Üt äM tJ? Sie-tschao-thsung verliess sich auf seine
Begabung und wurde für den Wein verwendet. Kaiser Kao
von Tsi fragte ihn um die Dinge der nördlichen Gegenden.
Tschao-thsung liess in seiner Antwort die Schicklichkeit ausser
Acht. Er trat aus und wurde König der Südprovinz. Einige Leute
des Vorstehers der Pferde für das mittlere Kriegsheer stellten
an ihn die Frage: Wir haben gehört, dass ein Befehl von dem
Hofe ergangen ist. Für welches Sammelhaus ist er bestimmt?
— Er antwortete: Ich weiss es nicht. Der Vorsteher der Pferde
ist wieder der Vorsteher der Esel. Da es einmal das Sammel
haus der Esel ist, so ist ^ jffl Wang-ying der Vorsteher
der Esel. — Er wurde von den Inhabern der Vorsteherämter
bei Hofe angezeigt und wegen Gehässigkeit abgesetzt.
Das Buch der späteren Wei:
7E M Yuen-tan war hochmüthig, unordentlich, un
selig und roh. lljj Yen-ming, König von Ngan-fung, stellte
ihn immer scharf zur Rede und sagte: Einst hatte Sung den
König jj|[| I von Tung-hai. Dessen Vorsätze und Eigenschaften
waren in jeder Hinsicht die schlechtesten. Die Menschen nannten
ihn den Eselkönig. Wenn ich mit Aufmerksamkeit betrachte, was
du thust, so fürchte ich ebenfalls, du wirst der Nennung des Esels
26
Pfizraaie r.
nicht entgehen. — Um die Zeit nannten diejenigen, welche
dieses hörten, Tan den Eselkönig.
Die Kürzungen der Vorbilder der drei Reiche:
Als Tsing, Kaiser der östlichen Wei, nach Nie, dieses
zur Hauptstadt machend, übersiedelte, erhielten Alle, von
dem obersten Buchführer und dessen Leibwächtern abwärts,
den Befehl, auf Eseln zu reiten.
Die Geschichtschreiber des Nordens:
% #L Kung’-sün-khieu wurde zum obersten Buch
führer ernannt. Es wurden ihm die Einkünfte eines Fürsten
der Provinz verliehen. Er trat aus und wurde niederhaltender
Anführer der kriegerischen Bewillkommnung. Kaiser Thai-wu
hatte den Eroberungszug nach Norden unternommen. Er
schickte Esel aus und liess die Mundvorräthe umherführen.
Er liess Khieu Anstalten in Yung-tscheu treffen. Khieu befahl
den Besitzern der Esel, überall hundert Stücke Seidenstoffes
hinzuzugeben. Er nahm diese zugleich in Empfang. Die hun
dert Geschlechter sagten das Wort: Der Esel, wenn er nichts
hat, ist schwach. Wenn er Seidenstoffe auf dem Rücken trägt,
ist er kräftig. — Alle mussten darüber lachen.
Das spätere Wei unternahm mit seinen Wagen den Er
oberungszug gegen l]j^ l]hh‘ Juen-juen fjj ^ Sse-
ma-tsu-tschi überwachte mit )it! 4* \h Lu - tschung - schan,
Fürsten von Thsi-yin, und Anderen die Umführungen und
unterhielt die Verbindung mit dem grossen Kriegsheere. Um
die Zeit ergriff Fung-thä, der den Norden niecj.gr-
haltcnde Heerführer, die Flucht und trat in Juen-juen ein. Er rieth,
gegen Jene einen Schlag zu führen und dadurch die Zufuhren abzu
schneiden. Juen-juen schickte insgeheim Leute und liess das
Kriegsheer Tsu-tschi’s ausspähen. Sie schnitten den Eseln die
Ohren ab und entfernten sich. Man meldete, dass man die Ohren
der Esel verloren habe. Tsu-tschi sprach: Gewiss haben aus
spähende Räuber sie abgeschnitten. Es dient nur zur Bestäti
gung. Die Räuber werden ankommen. — Er fällte Weiden
bäume und bildete eine Feste. Er leitete Wasser hin und liess
es gefrieren. Die Feste war erbaut, als die Räuber erschienen.
Sie konnten nicht angreifen und nicht bedrängen. Sie entflohen
1 Ein Reich der Hiung-nu’s. Dasselbe hiess früher Jeu-fei.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierroiche China’s.
27
und zerstreuten sich. Kaiser Thai-wu hörte dieses und be
lobte ihn.
Das Buch der Thang:
m & Kö-ying hielt Kien-nan nieder. Er erfasste
Frauen und Hess sie auf Eseln reiten. Er band Federbälle an
und bildete aus kostbaren goldenen Blumen die Sättel der
Esel. Er schenkte ihnen als Belohnung zehntausendmal zehn
tausend Stücke Geldes. Er lachte darüber und hatte seine
Freude.
Das Durchdringen der Gewohnheiten:
Kaiser Ling (von Han) fuhr in dem westlichen Garten
seines Palastes mit vier weissen Eseln. Er hielt eigenhändig
die Zügel und jagte ringsumher. Er hatte hieran grosse
Freude. Hierauf ahmten die Fürsten, Reichsminister und die
vornehmen Verwandten dieses im Nu unter sich nach. Es
kam so weit, dass man mit (solchen) Zweigespannen fuhr und
daraus das berittene Gefolge bildete. Der Preis der Esel war
mit demjenigen der Pferde gleich.
Wenn die Menschen einander schmähen, sagen sie: ein
todter Esel. Es ist ein Ausdruck des Abscheus. |j|( jjl.
Tung-tschö beleidigte und unterdrückte das Haus des Königs.
Diejenigen, welche die Zügel der Lenkung ergriffen, waren
gleich todten Eseln.
Die Denkwürdigkeiten von Han:
Kaiser Ling fuhr mit vier Eseln. Er hielt eigenhändig
die Zügel. Den Esel gebraucht man für die Lasten, man zieht
mit ihm in die Ferne. Man steigt mit ihm bald auf Berge,
bald hinab in Thäler. Er wird bloss von Landleuten gebraucht.
Warum sollten Kaiser, Könige und gebietende Menschen ihn
an ihren Wagen spannen? Der Himmel hatte eine Absicht, als
ob er sagte: Dem Reiche stehen grosse Wirren bevor. Weise
und Thoren fallen nieder. Diejenigen, welche die Zügel der
Lenkung ergreifen, sind gleich Eseln.
Das Buch Kin-leu-tse:
Kaiser Ling von Han hielt sich mehrere hundert Esel. Er ritt
immer auf ihnen und jagte rings in der Mutterstadt umher.
Zu einer Zeit fuhr er mit vier Eseln auf den Markt.
28
Pfizraaier.
Die Gespräche des Zeitalters:
Kaiser Hiao-wu hatte noch keinen Esel gesehen. Der
grosse Zugesellte von dem Geschlechte Sie fragte ihn:
Wenn der Kaiser sich dunkel seine Gestalt vorstellt, mit was
müsste er Aehnlichkeit haben? — Der Kaiser verdeckte seinen
Mund und lachte. Er antwortete: Sein Kopf muss mit dem
jenigen eines Schweines Aehnlichkeit haben.
Zu den Zeiten Scln-hu’s war ein Mensch des Weges aus
Iiu, der die Kunst des Beschwörens verstand. Derselbe ritt
auf einem Esel und machte einen Kundschafter in den aus
wärtigen Reichen. Er wandert® in dem tiefen Gebirge, als sich
unter ihm eine schroffe Schlucht befand. Plötzlich erschien ein böser
Dämon, der den Esel dieses Menschen des Weges verstohlen
in die Schlucht hinabzog. Der Mensch des Weges suchte die
Spur, bewerkstelligte die Beschwörung und rief den König
der Dämonen. Nach einer Weile war der Esel leibhaftig da,
wie er es früher gewesen.
Die überlieferten Nachrichten von den Höfen der Reiche:
Die Kaiserin Wu (von Thang) hatte das Reich mit dem
Namen m Tscheu benannt. Sie fürchtete, dass die Niederen
im Herzen nicht zufrieden sein würden. Sie hiess daher die
Menschen sich selbst erheben und verlieh bei den Aemtern
die Stellen von Richtigen und Ueberzähligen. Sie setzte viele
kaiserliche Vermerker des inneren Wandels, des Auflesens des
Hinterlassenen und der Ergänzung des Mangelnden ein. Es kam
so weit, dass es Hersagungen des Aufladens auf den Wagon
und des Nösselmasses gab. Ein gebietender Vermerker der
Erdstufe der kaiserlichen Vermerker wollte in dem Augen
blicke in sein Haus treten, als eben mehrere kaiserliche Ver
merker des inneren Wandels vor dem Thore beisammen stan
den. Der gebietende Vermerker war ungeschickt, sein Esel
plumpte zwischen sie hinein. Die kaiserlichen Vermerker waren
sehr erbost und wollten ihm (dem gebietenden Vermerker)
Stockstreiche geben. Der gebietende Vermerker sprach: Die
Schuld an dem Vergehen des heutigen Tages trägt in Wirk
lichkeit dieser Esel. Ich bitte, es ihm früher Vorhalten zu
dürfen, dann werde ich die Strafe empfangen. — Die kaiser
lichen Vermerker gestatteten dieses. Jener sagte zu dem Esel:
Deine Geschicklichkeit und deine schöne Kunst sind bekannt,
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
29
Dein Geist ist über die Massen stumpf. Wie kann ein Wesen,
ein Hausthier, welches ein Esel ist, sich über kaiserliche Ver-
merker wagen? — Die kaiserlichen Vermerker des inneren
Wandels schämten sich jetzt und standen davon ab.
Der von M M Yuen-tsiao von Sung verfasste scherz
hafte Aufsatz:
In den neun Verleihungen des Fürsten des Eselberges
heisst es: Wenn nun die drei Kriegsheere auf der Hochebene
einherziehen, die Umführung der Mundvorräthe schwer ist, die
berathenden Diener mit den Berechnungen innehalten, die
Kriegsmänner seufzen, da erhebst du ein langes Geschrei.
Schang-thang gerätli in Aufregung, die entsprechenden Obrig
keiten sind auf den steilen Bergwegen. Auf einer Strecke von
tausend Weglängen trägst du die Last des Sackes, bringst
das Erforderliche der Speise. Die angesammelten grossen
Thaten werden in den vorübergehenden Geschlechtsaltern nicht
zu nichte. Dieses sind in Wirklichkeit deine Verdienste. Der
Ton erhebt sich je nach der Zeit. Am frühen Morgen und in
der Nacht schweigst du nicht. Aufwärts blickend umschränkst
du die ursprünglichen Gestalten. Abwärts blickend bringst
du in Einklang die Wasseruhr. Diesem entsprechend erhebst
du wieder ein langes Geschrei, nicht um ein Haar prallst du
zurück. Schlägt man auch den Topf, offenbart das Gewicht,
es verdient nicht, mit der Tugend verglichen zu werden.
Dieses ist wieder dein Verstand. Wenn nun die sechs Gegen
den verfinstert sind, die drei Gestirne versteckt und dunkel,
dann gedenkst du noch immer der Zeit des Himmels und ge
brauchst die nicht entsprechende Stimme. Dieses ist wieder
deine Erleuchtung. Ein grüner Rücken, ein hochrotker Leib,
lange Wangen, breite Stirne, ein geordneter Schweif, der rück
wärts herabhängt, sehr grosse Ohren, beide Zinnober, dieses
ist wieder deine Gestalt. Der vortreffliche Weizen ist reif,
man braucht in Wirklichkeit feines Mehl. Du trägst auf dem
Rücken den Mühlstein, drehst dich um die Wagebalken schnell
wie ein umschlagender Blitz. Du erweisest Wohl thaten uns
Allen, die göttlichen Erdaltäre empfangen die Opfergabe.
Dieses ist wieder deine Fähigkeit. Du bringst zu Stande die
Verdienste der wandernden Schaaren des Heeres und fügst
hinzu die Menge der Fähigkeiten. Man verwendet und schickt
P f i z m a i o r.
30
jjg* Liü von Up Liü-khieu, 1 den Grossen der Mitte, und
gibt dir noch die Stelle eines Abgesandten, eines das Gebiss
in dem Munde haltenden grossen Hung-lu, 2 eines grossen Heer
führers des gestreiften Fusses und Lehensfürsten der Einkehr
häuser des Palastes. Man belohnt dich mit Liü-ltiang in
Yang-tscheu, Liü-ling in Kiang-tscheu, mit jj|f Thung-
liü (der Nachtherberge des Loosbaumes) in dem Reiche U, mit
f0‘ Tschü-liü (der hellrothen Nachtherberge) in ^ )fjj
Leng-phu (der eisigen Bucht) und ernennt dich zum Esel-
fürsten der Mitte.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Der Maulesel (B^ Lo) heisst in einigen nördlichen Gegen
den auch |^j Wang.
Das Schue-wen:
Der Maulesel ( t^ 1 , Lo) hat einen Esel zum Vater, ein
Pferd zur Mutter.
Die von Thsui-piao verfassten Erklärungen des ' Alter
thums und der Gegenwart:
Ein männlicher Esel und ein weibliches Pferd bringen
den Maulesel Lo) hervor. Ein männliches Pferd und ein
weiblicher Esel bringen das Maulthier 15 hervor.
Das Sse-ki:
Der oberste Heerführer Wei-thsing umzingelte
die Hiung-nu’s. Der König der fliung-nu’s durchbrach in der
Abenddämmerung mit sechs Mauleseln, deren einen er bestieg,
und einigen hundert starken Reitern die Einschliessung und
entfernte sich. Man verfolgte ihn, konnte ihn aber nicht er
reichen.
1 Ein Wortspiel mit Liii ,die Nachtherberge des Palastes 1 und ||j|i
Liü ,Esel‘. Dasselbe auch in den folgenden Ortsnamen.
2 Der grosse Hung-lu war ein Angestellter für die kaiserlichen Gäste.
3 ü m Teng-me, wobei das letztere Zeichen zu verkleinern und
unter dasselbe noch das Classenzeichen zu setzen ist. Sonst auch
it m Tschö-me, das jedoch in dem Pen-tsao ein von einem Esel
und einer Kuh erzeugtes Thier bedeutet.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
31
Das Buch der Han:
|Bj ^ Kao-tschang war von Gemüthsart unnachgiebig.
Man sang auf ihn ein Lied, worin es hiess: Ein Esel und
kein Esel. Ein Pferd und keiD Pferd. — Es besagte: Kao-
tschang ist einem Maulesel ähnlich.
Die Kürzungen der Vorbilder der drei Reiche:
I# # £ Yang-hieu-tschi von Tsi bestieg einen Maul
esel und ritt zu dem Thore der Fürsten und Reichsminister.
Seine Miene bekundete nicht im Geringsten, dass er sich
schäme.
Als -0^ (»ijl Heu-mö-tschin-yue geschlagen wai - ,
begab er sich mit seinen Söhnen, jüngeren Brüdern und den
unter seiner Fahne stehenden Männern, mehreren Zehenden von
Reitern, auf die Flucht. Als er zu dem Berge Khien-
tün kam, wusste er nicht, wohin er sich in Eile wenden solle.
Er liess die Pferde in den Gebirgsthälern zurück, bestieg
Maulesel und entschwand.
Das Buch der Thang:
& 7t m U-yuen-thsi empörte sich. Unter seinen
Anführern befand sich Einer, Namens jjj f|f Tung-
tschung-tschl. Derselbe vertheidigte den (See) m Hoei. Er
ritt mit den Untergebenen seiner Abtheilung auf Mauleseln
und kämpfte. Man gab ihm den Namen: Hauptstadtberuhiger
der Maulesel. Er war sehr thatkräftig und kühn. Das Kriegs
heer der Obrigkeiten erschrack immer und sah sich gegen
ihn vor.
Der Frühling und Herbst des Geschlechtes Liü:
1 1 f Tschao-kien-tse besass zwei weisse Maul
esel und liebte sie sehr. ff ifc Siü-khiü von Yang-tsching-
versah das Amt des gelben Thores. In der Nacht klopfte er
an das Thor und meldete sich mit den Worten: Siü-khiü, der
Diener des Vorgesetzten Gebieters, ist krank. Der Arzt sagte
zu mir: Wenn du die Leber eines weissen Maulesels erlangst,
so wird der Krankheit Einhalt gethan. Erlangst du sie nicht,
so stirbst du. — Er trat ein und wurde vorgelassen.
* H T Tung-ngan-yü wartete zur Seite auf. Er gerieth
in Zorn und sagte: Ei über Siü-khiü! Er betrügt den Ge
bieter. Ich bitte ihn sofort zu bestrafen. — Kien-tse sprach:
Einen Menschen tödten und dadurch ein Hausthier am Leben
32
Pfizmai er.
i
erhalten, ist dieses nicht auch unmenschlich? Ein Hausthier
tödten und dadurch einen Menschen am Leben erhalten, ist
dieses nicht auch menschlich? — Er rief den Küchenmeister,
liess einen weissen Maulesel tödten, nahm die Leber und gab
sie Siü-khiü von Yang-tsching. Es währte nicht lange, so griff
Tschao zu den Waffen und stürmte Ti. Die Obrigkeit des
gelben Thores und deren Gehilfen, siebenhundert Menschen,
erstiegen als die Ersten die Mauern und erbeuteten die Köpfe
der gepanzerten Krieger. Wie könnte der Gebieter der Men
schen anders, als die Kriegsmänner lieben?
Das Buch Pao-pö-tse:
Das Zeitalter glaubt nicht, dass der Maulesel von Esel
und Pferd hervorgebracht wird. Es sagt: von einem jeden
gibt es eine eigene Art. Um wie viel mehr ist dieses der
Fall bei den Unsterblichen. Es ist eine Sache, die man nicht
wissen kann.
Die besonderen Ueberlieferungen von Lu-niü-seng:
$ ^ # Li-schao-kiün starb. Hundert Tage später
sahen ihn Menschen auf dem Gebiete Phu-fan in Ho-tung. Der
Kaiser (Wu von Han) hörte dieses und liess den Sarg öffnen.
Dieser war leer.
Das Lob der Fürsten von Tsin:
Als m )jijp Lieu-schen sich ergab, fuhr er in einem
mit Mauleseln bespannten Wagen zu m x Teng-I.
Die Ueberlieferungen von göttlichen Unsterblichen:
i -f- m Ki-tse-hiün war ein Mensch von Tsi. Als
er in die Mutterstadt kam, wollten alle vornehmen Menschen
ihn sehen. Tse-hiün sprach: Ich habe keine doppelten Augen
sterne, keine acht glänzenden Farben, und man will mich
sehen. Man sieht mich, und es wird ebenfalls nichts gesprochen.
— Hierauf entfernte er sich. Die vornehmen Menschen setzten
ihm nach und fragten die Leute. Diese sagten : Derjenige, der
ostwärts fortzieht und auf dem nördlichen Feldwege auf einem
Esel reitet, ist es. — Ein Jeder trieb das Pferd an und setzte
ihm nach. Man sah aus der Ferne wie Tse-hiün auf einem
Maulesel langsam weiterritt. Die berühmten Pferde jagten ihm
nach, aber sie erreichten ihn nicht. Jeder war erschöpft und
kehrte heim.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche Cliina’s.
33
|ß Lö-to.
Das Kameel heisst
Tö-to |ß Tö-to und
Das Buch Hoai-nan-tse:
Das Kameel stammt aus
Thsiuen-khiü.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Im Norden von Thien-tschö gibt es viele Kameele.
Das Sse-ki:
Die wunderbaren Ilausthiere der Hiung-nu’s sind Kameele.
Das Buch der Han:
In dem Reiche
Sehen - sehen gibt es viele
Kameele.
Die Geschichte der Han von der östlichen Warte:
w m Tö-yung, Statthalter von Ho-si, schickte einen
Abgesandten und machte Kameele zum Geschenke. Der süd
liche Sehen-yü reichte ein Schreiben empor und machte
Kameele zum Geschenke. Der Schen-yü opfert alljährlich in
dem Tempel der drei Drachen. Kr lässt Pferde rennen,
Kameele kämpfen und vergnügt sich damit.
Die Ueberlieferungen von den Fremdländern in den Ge
schichtschreibern des Südens:
In dem Reiche y|jj* Huö gibt es zweifüssige Kameele
und gehörnte wilde Esel.
Das Buch der späteren Wei:
Kaiser Kao-tsu trank nicht das Wasser des Lö. Er wandte
sich immer mit den berühmten Kameelen der Füsse der tau
send Weglängen nach Heng-tscheu, liess dort das Wasser
nehmen und machte damit Geschenke.
Die Ueberlieferungen von den Fremdländern in dem
Buche der späteren Tscheu:
Im äussersten Nordwesten befinden sich mehrere hundert
Weglängen fliessenden Sandes. In den Tagen des Sommers
weht oft ein lieisser Wind, der für die Reisenden ein Gegen
stand der Bosorgniss ist. Wenn dieser Wind kommen will,
wissen es bloss die alten Kameele. Sie schreien dann früher
und stellen sich zusammen. Sie vergraben dabei ihre Mäuler
in den Sand. Die Menschen erkennen dieses als ein Vor
zeichen und verstopfen sich Nase und Mund mit Filz. Dieser
Sitzungsbor. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. I. Hft. 3
34
Pfi zmaier.
Wind ist sehr schnell und geht nach einer Weile vorüber.
Wäre dieses nicht, so geriethe man in Gefahr und würde
unterliegen.
Die Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen:
Im Westen von Tün-hoang setzt man durch den fliessen
den Sand. Auf einer Strecke von tausend Weglängen ist kein
Wasser. Von Z'eit zu Zeit fliesst es verborgen. Den Ort
können die Menschen nicht wissen, und sie besteigen ein
Kameel. Das Kameel kennt die Wasseradern. Wenn es zu der
Stelle gelangt, steht es sofort still, mag nicht weiter gehen
und stampft mit den Füssen den Boden. Die Menschen graben
an der Stelle, wo es mit den Füssen stampft, nach und finden
sofort Wasser.
Die Geschichte der Begebenheiten in Lö (Lö-yang):
Es gab vier kupferne Kameele. Dieselben befanden sich
im Süden des Palastes, an der Spitze von vier zusammen
laufenden Wegen. Sie waren neun Schuh hoch. Man nannte
sie: die kupfernen Kameele.
Die von Lö-khuai verfasste Geschichte der Begebenheiten
in Nie:
Es gab zwei kupferne Kameele, welche wie Pferde ge
staltet waren. Dieselben waren eine Klafter lang und eine
Klafter hoch. Ihre Füsse waren gleich Rinderfüssen, der
Schweif war zwei Schuh lang, der Rücken gleich einem Pferde
sattel. Dieselben standen vor dem Thore cj4 Tschung-
yang, zwängten den Weg ein und waren einander zugekehrt.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
An den westlichen Grenzen, in dem Reiche ^ Keu-I,
befindet sich auf einem Bei’ge ein steinernes Kameel. Unter
dessen Bauche fliesst Wasser hervor. Wenn man dieses mit
Metall, Eisen oder mit der Hand auffängt, so läuft es sogleich
vor den Augen hinweg. Wenn man es in Kürbisse füllt, so
erhält man es. Getrunken macht es den Leib duftig und rein,
so dass er zu den Unsterblichen emporsteigt. Dieses Reich ist
göttlich und geheim. Man kann nicht mehrmals zu ihm ge
langen.
Denkwürdigkeiten aus dem Tliierreiche China’s.
35
Das Ni-ya:
Ein Hund Khiuen) mit drei Jungen heisst
tlisung, mit zweien sse, mit einem Khi. 1 Ein Hund,
dessen Haare noch nicht ausgebildet sind, heisst m keu. Mit
langer Schnauze Heisst er hien (oder lien). Mit kurzer
Schnauze heisst er *jj| Kö-hiao. Ein Hund von aus
nehmender Stärke heisst * ;J[< tschao. Es ist ein zottiger Hund.
Ein Hund von vier Schuh Grösse heisst ngao.
Das Schue-wen:
^ Khiuen (Hund) ist ein Hund mit hängenden Pfoten.
Khung-tse sagt: Betrachtet man das Schriftzeichen ^ Khiuen,
so gleicht es einem gezeichneten Hunde.
m Keu (Hund) ist fl[j Klieu ,schlagen 1 . Er schlägt
die Luft, bellt und bewacht.
Mang ist ein zottiger Hund. Tö ist ein Hund
mit kurzer Schnauze. Hien ist ein schwarzer Hund mit
gelbem Kopfe. zg Tscheu ist ein gelber Hund mit schwar
zem Kopfe. *j|L Pi ist ein Hund mit kurzen Beinen. *J||
Han ist ein Hund, der unaufhörlich bellt. Ngao ist ein
Hund, dessen Herz gleich demjenigen eines Menschen, und
durch den man Dinge verrichten lassen kann. «# Khi ist ein
wüthender Hund. * Ti (sonst nördlicher Barbar) ist eben
falls ein Hund.
Kiao ist ein junger Hund. Bei den Hiung-nu’s gibt
es junge Hunde mit sehr grossem Maul und schwarzem Leibe.
Der von 3 tt Liii-tan verfasste Wald der Schrift
zeichen :
*)£. hu ist ein vortrefflicher Hund aus Han.
Tsiö ist ein vortrefflicher Hund, aus Sung. *jFj- Yen ist ein
den Tiger jagender Hund.
Der Schriftschmuck des breiten Bandes:
Der Jagdhund heisst a J|T Fen. In Lung-si heisst der
Hund 2ff Yeu. * jS Nung, . Niü, Neng sind zottige
Hunde. Ngao ist so viel als * M Ivhi, ein wüthender
Hund. * ^ Tiao ist ein Hund mit gekrümmtem Schweife.
1 Das Zeichen fehlt in der Druckerei. Es enthält links das Classenzeichen
^ , in der Mitte jW, rechts das Classenzeichen jfy.
3*
36
Pfizmai er.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Der Hund hat die Benennung der hängenden Pfoten und
des kurzen Schweifes.
Die Erklärungen des Alterthums und der Gegenwart:
Der Hund heisst auch
Die Ueberlieferungen des Geschlechtes Tso:
Die Menschen des Reiches verfolgten einen wüthenden
Hund. Der wüthende Pfund trat bei dem Geschlechte ±j±: |jjf
Hoa-tschin ein. Die Menschen verfolgten ihn dorthin. Hoa-
tschin fürchtete sich und floh alsbald nach Tschin.
Das Buch der Han:
Zu den Zeiten des Kaisers Tsching, im ersten Jahre des
Zeitraumes Ho-ping (28 v. dir.), bezogen ^ Schi-liang
und Lieu-tsin, zwei junge Männer von Tschang-ngan,
eine gemeinschaftliche Wohnung, als Wesen von der Gestalt
der Menschen sich in dem inneren Plause befanden. Die
beiden schlugen gegen sie, und es waren Hunde. Diese ent
liefen und kamen wieder. Mehrere Menschen, mit Panzern be
deckt und den Bogen in der Hand haltend, erschienen in dem
Hause Liang’s. Dieser und Tsin schlugen gegen sie. Einige
blieben todt, andere wurden verwundet. Es waren lauter
Hunde. Vom zweiten Monate bis zum sechsten war jetzt Ruhe.
Dieses war nach den grossen Vorbildern Unglück durch
Hunde.
Das Buch der späteren Han:
jVi [511 Tsin - hi war Statthalter von Wei. Ohne
etwas zu thun, bewirkte er Verwandlungen. Er versah die
Geschäfte zwei Jahre, und die Sänftenträger sangen auf ihn
das Lied:
Wir hatten Dornbäume mit Dornen,
Der Gebieter Tsin fällte sie.
Wir hatten Kornwürmer, die Mörder, 1
Der Gebieter Tsin tilgte sie.
'm Meusind die Kornwürmer, welche die Wurzeln des Getreides
fressen. Sü ,Mörder 1 sind Kornwiirmer, welche die Halme ver
zehren.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
37
Die bellenden Hunde nicht erschrecken,
Unter den Füssen ihnen wachsen Haare. 1
Kaiser Ling veranstaltete in dem westlichen Garten Spiele
mit Hunden. Er bekleidete die Hunde mit der Mütze der
emporsteigenden weisen Männer und legte ihnen an den
Gürtel das breite Band.
Das fortgesetzte Buch der Han:
Kaiser Ding verwendete mit Vorliebe die Günstlinge. Die
jüngeren Brüder und Söhne zogen im Umwenden einander hin
und verkauften die Stellen von Lehensfürsteil. innerhalb des Gränz-
passes. Der Preis war fünf hundertmal zehntausend Stücke Geldes.
Unter den Befehlshabern und Aeltesten waren die Starken be
gierig wie wilde Hunde und Wölfe. Die Schwachen wurden
verkürzt und waren nicht ebenbürtig. Sie waren in Wirklich
keit Hunde und trugen Mützen.
Die Denkwürdigkeiten von Wei:
Ehe -j^ '^| Kung-sün-yuen zu Grunde ging, er
eignete sich in seinem Hause manches Wunderbare. Ein Hund,
auf dem Haupte ein Kopftuch tragend und mit einem hoch-
rothen Kleide angethan, erstieg die Erdstufe.
$ m ¥ Tschü-kien-ping verstand gut die Kunst
der Beobachtung. Er sagte zu jff| *|J|| Ying-khiü: Wenn du
dreiundsechzig Jahre alt, von Rangstufe ein beständiger Aelte-
ster sein wirst, wird es ein Ende haben. Ein Jahr früher
wirst du allein einen weissen Hund sehen, jedoch die neben
stehenden Menschen werden ihn nicht sehen. — Khiü wurde
in seinem einundsechzigsten Jahre Aufwartender für die Mitte.
Gerade in dem inneren verschlossenen Raume sah er plötz
lich einen weissen Hund. Er fragte nach ihm, doch unter allen
Menschen hatte keiner etwas gesehen. Er wandelte hierauf
umher, um Felder und Dörfer zu besichtigen. Er trank, ver
anstaltete Feste und vergnügte sich. Als wieder ein Jahr vor
über war, starb er, dreiundsechzig Jahre alt.
Die gekürzten Denkwürdigkeiten von Wei:
T Ihl Ting-mi schien, nach seinem Aeusseren zu
schliessen, ungebildet und beschränkt zu sein, doch innerlich
1 Die Hunde haben nichts zu verfolgen und bellen. Desswegen wachsen
ihnen unter den Füssen Haare.
38
P f i z m a i e r.
war er erleuchtet und einsichtsvoll. Obgleich er mit
Ho-yen, JÜt Tang-thang und Anderen in einer Reihe
stand 7 schätzten ihn Alle gering. Nur hinsichtlich des Rufes
und der Stärke beugte er sich vor Tsao - schuang.
Dieser ehrte ihn ebenfalls und Alles, was er sagte, wurde be
folgt. Desswegen sagte man von ihm in den Schmähschriften
der Zeit: In der Mitte der Erdstufe drei Hunde, sie wollen
beissen, aber können es nicht. Ein Hund verlässt sich auf
das Schweigen, er verfertigt einen Madensack. — Me
,schweigen' ist der kleine Name Schuang’s. Der Sinn besagt:
Die drei Hunde wollen die Menschen beissen, ziehen aber
Maden auf:
Das Buch der Tsin:
m Tu-yü, Lehensfürst von Tang-yang, hatte U
angegriffen. Die Menschen von U waren durch seinen Ver
stand beschämt. Sie banden Kürbisse an die Hälse der Hunde
und zeigten es ihm. Yü hasste dieses und tödtete ohne Unter
schied Alles.
[§J Keng, König von Tsi, trat ein und setzte die Kai
serin von dem Geschlechte ^ Ku ab. Die Kaiserin rief den
Kaiser und sprach: Du, vor dem ich unter den Stufen stehe,
hast ein Weib und lassest Menschen es absetzen. Du bewerk
stelligst ebenfalls die eigene Absetzung. — Sie fragte ferner
Keng: Wer hat die Sache angestiftet? —- Keng sprach:
j|j| Liang-tschao. — Die Kaiserin sprach: Wenn man
einen Hund anbindet, muss man ihn am Halse anbinden.
Jetzt aber bindet man ihn am Schweife an. Wie kann es
anders sein?
Rlt U - yin - tschi überreichte an dem Hofe
die Bittschriften. ||J- ^ Sie-schi bat um die Stelle eines
Vorstehers der Register in dem Amte des Heerführers der
Leibwache. Yin-tschi wollte seine Tochter vermalen. Schi
wusste, dass dieser arm sei, dass dieser einfach die Tochter
schicken und gewiss Geringes leisten werde. Er liess daher
Küchenkästen und Vorhänge hinschaffen, um ihm bei den
Herstellungen behilflich zu sein. Der Abgesandte kam und
sah eben, wie die Sclavin einen Hund führte und ihn ver
kaufte. Ausser diesem war von einer Geschäftigkeit nichts
wahrzunehmen.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiclie Cliina’s.
39
Jj^f J|| Yü-yi Hess sich durch ^ j|| Kö-pö immer
seine Zukunft wahrsagen. Pö sprach: Deine Zukunft ist vor
nehm und gesegnet. Wenn aber ein weisser Drache er
scheint, so ist ein böses Vorzeichen gekommen. — Später
wurde ^ Wen, der Sohn Jjfi| frji Yü-ping’s, stechender
Vermerker von Kuang-tscheu. Unter seinen Hausthieren be
fand sich ein junger Hund seiner Nebenfrau. Man Hess ihn
nichts davon wissen. Der Hund wurde bald gross. Wen trat
ein und sah, dass Augenbrauen und Augen des Hundes sich
auffällig unterschieden, die Gestalt eine ganz ungewöhnliche
war. Nachher verlor man ihn aus den Augen. Wen sprach
wehmiithig: Es ist wohl der weisse Drache. — Später wurde
er durch das Geschlecht |jg Hoan getödtet.
Die Ueberlieferungen- von schönen und anderen Künsten
in dem Buche der Tsin:
jg| Yen-king stammte aus Kuei-ki. Er war geschickt
im Wahrsagen. Sein Bezirksgenosse m % Wei-siü wollte
in einiger Zeit nach Osten reisen. Es war ein unfruchtbares
Jahr, und es gab viele Räuber. Er Hess King desswegen wahr
sagen. Dieser sprach: Hüte dich, nach Osten reisen. Du be
gegnest gewiss grausame! - , verderblicher Luft, aber du wehrst
sie nicht ab. Du sollst'etwas haben, um sie zu bannen. Du
sollst in dem Hause einer einzelnen Mutter ausserhalb der
westlichen Vorstadt einen weissen männlichen Hund suchen
und ihn an der Vorderseite des Schilfes anbinden. — Jener
fand richtig den weissen Hund. King sprach: Seine Farbe ist
nicht rein. Es wird ein kleines Leid geben, und dieses er
streckt sich gerade auf die sechs Hausthiere. Du brauchst keinen
Kummer mehr zu haben. — Siü begab sich auf die Reise.
Auf halbem Wege erhob der Hund plötzlich in grosser Hast
ein Geschrei, als ob er von Jemanden gebunden würde. Indem
man hinsah, war er bereits todt und hatte ein Nössel schwar
zen Blutes ausgeworfen. An diesem Abende waren über der
Feldhütte Siii’s mehrere weisse Gänse ohne Ursache todt, doch
sein Haus blieb verschont.
Die Ueberlieferungen von den Barbaren in dem Buche
der späteren Wei:
Der Volksstamm Liao ist von Gemüthsart mit den
wilden Thieren gleich. Wenn Jemand seinen Vater tödtet,
40
P f i z m a i e r.
trachtet er einen Hund zu bekommen und entschuldigt sich
durch diesen bei der Mutter. Die Mutter hegt zuletzt keinen
Groll. Ferner kauft man um einen grossen Hund einen leben
digen Menschen.
Die Geschichtschreiber des Nordens:
Tschö, König von Nan-yang aus dem Hause Tsi,
war erst zehn Jahre alt, als er zurückblieb und Tsing-yang
bewachte. Er liebte persische Hunde. JjhJ* ]^ Wei-pho-
hu tadelte ihn desshalb. Tschö hieb plötzlich mehrere Hunde
todt, so dass sie in Unordnung auf der Erde lagen. Pho-hu
erschrack. Er entlief und getraute sich nicht mehr zu sprechen.
Später war ein Weib, ihr Kind in den Armen haltend, auf
dem Wege. Es wich aus und lief zwischen die Gräser. Tschö
entriss ihr das Kind und fütterte damit die persischen Hunde.
Das Weib schrie und wehklagte. Tschö ward zornig und ge
stattete wieder den Hunden, das Weib zu fressen. Die Hunde
frassen es nicht. Erst als man es mit dem Blute des Kindes
bestrich, frassen sie es.
Das Buch der späteren Tscheu:
TU Tschang-yuen-tsung war von Sinn mensch
lich und älternliebend. Auf dem nördlichen Feldwege des
Dorfes befand sich ein junger Hund, der von den Menschen
hinausgestossen worden war. Yuen sah ihn. Er griff ihn so
gleich auf und ernährte ihn. Sein Oheim zürnte und sprach:
Wozu brauchst du ihn ? Es wird geschehen, dass du ihn
wieder wirst hinausstossen wollen. — Yuen erwiederte: Unter
den lebendigen Geschlechtern ist keines, das nicht Werth auf
sein Leben legt. Wenn der Himmel die Tödtung des Lebens
bewirkt, so ist dieses die von selbst sich ergebende Ordnung.
Werden sie aber von den Menschen hinausgestossen und ster
ben, so ist dieses nicht ihr Weg. Wenn mau sie sieht und
sie nicht aufgreift und ernährt, so ist dieses herzlos und un
menschlich. Desswegen griff ich ihn auf und ernährte ihn.
— Der Oheim war von diesen Worten gerührt und erlaubte
es ihm. Es währte nicht lange, so erschien die Mutter
des Hundes mit einem todten Hasen in dem Maule. Sie legte
diesen vor Yuen nieder und entfernte sich.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
41
Die gekürzten Vorbilder der drei Reiche:
nv Kao-tschö von Tsi hielt die persischen Hunde
für rothe Tiger. Von Würde waren sie mit den umherwan-
delnden Gebietern der Provinzen gleich. Er legte immer auf
die Pferde Matten zum Darauftreten und warf sie auf diese.
Die Kampfhähne nannte er ebenfalls das eröffnete Sammel
haus. Den Pferden legte er härene Teppiche unter und be
deckte sie mit Gold und Edelsteinen. Er nannte sie die weiss-
liclien Drachen. Von Würde waren sie mit seinen Anführern
gleich. Wenn er die Geschlechter zusammenliess, zog er immer
grünen Flor und gestickte Vorhänge in den Ställen und setzte
mehr in Bereitschaft als bei Königen.
Das Buch der Tschin:
Als ij|| Tschang-pieu geschlagen war, entfernte er
sich mit seiner Gattin , die von dem Geschlechte Yang.
Bloss ein Hund, Namens Jgj 1 Hoang-thsaug, den er immer
ernährte, befand sich vor und hinter ihm. Derselbe hatte sich
noch niemals von ihm getrennt. Picu kehrte jetzt zurück und
trat in das Gebirge # St Jö-sie. Tscli’ in - thai
sprach mit Jjtji ~yr Tschin-wen, damit er jjT j.|^ |||
Tschang-tschao-tä entsende. Man liess diesen tausend Krieger
befehligen und bestach ihn stark. Zugleich rechnete man auf
die Gattin. Pion war noch nicht aus dem Schlafe erwacht, als
Hoang-thsang erschrocken bellte. Bei der Ankunft der Mörder
biss er sogleich einen derselben in die Kehle, so dass er todt
blieb. Als Pieu sein Leben verloren hatte, wälzte sich Hoang-
thsang unter Knurren in dem Blute herum.
Die vermischten Nachrichten von der Mutterstadt:
Tj'Jj 4p Yang-wan-nien besass einen Jagdhund,
dessen Name -pg 'j|^ Thsing-kiao (das grüne Bein). Er ver
kaufte ihn um den Preis von hundert Pfunden Goldes.
Das Buch Lie-tse:
Der jüngere Bruder % * Yang-tschü’s liiess 'ffj Pu.
Derselbe kleidete sich in ein weisses Kleid und ging aus. Als
es regnete, legte er das weisse Kleid ab, kleidete sich in ein
schwarzes Kleid und kehrte zurück. Sein Hund kam ihm ent
gegen und bellte. Pu zürnte und wollte den Hund schlagen.
Yang-tschü sprach: Du darfst ihn nicht schlagen. Du bist
42
Pfizmaier.
ebenfalls so. Jüngst bemerkte man, dass dein Hund weiss fort-
- ging und schwarz zurückkam. 1 Wie konntest du anders, als
dich verwundern ?
Der Frühling- und Herbst Yen-tse’s:
Yen-tse ging als Gesandter nach Tsu. Die Menschen von
Tsu bauten ein Thor zur Seite des grossen Thores und führten
ihn hin. Yen-tse sprach: Wenn ich Gesandter für das Reich
der Hunde wäre, so würde ich durch das Hundethor eintreten.
Ich bin aber Gesandter für Tsu, ich werde nicht durch dieses
Thor eintreten.
Ein Hund des Fürsten King verendete. Der Fürst be
fahl dem Aeusseren, ihm einen Sarg zu bringen, dem Inneren,
das Opfer zu reichen. Yen-tse stellte dagegen vor, dass es
nicht sein dürfe. Der Fürst sprach: Es ist gut.
Das Buch Han-tse:
In Sung war ein Weinverkäufer. Sein Maass war sehr
richtig, er begegnete den Gästen sehr aufmerksam, sein Wein war
sehr gut, die hängende Fahne sehr hoch, aber der Wein wurde
nicht verkauft. Er machte ihn hierauf zu Essig. Er fragte
ist sehr böse. Ein kleiner Knabe trug in dem Busen Geld.
Er schlug den Topf und ging hin, um Wein zu kaufen. Da
erschien plötzlich der Hund und biss ihn. Er ist gleichsam
ein grosser Diener, der einen Mann des Weges beisst.
Das Buch Schi-tse:
In Tsi war ein armer Mann. Derselbe gab seinem Hunde den
Namen ^ Fu ,Reichthum'. Seinem Sohne gab er den Namen
^ Lö ,Freude'. Als er eben opfern wollte, trat der Hund in
das innere Haus. Jener fuhr ihn an und rief: Reichthum hin
aus! — Der Beschwörer sagte, dieses sei unglückverkündend.
Das Haus hatte wirklich Unglück. Der älteste Sohn starb.
Der Vater wehklagte über ihn und rief: 0 Freude! — Er be
zeigte dadurch keinen Schmerz.
Das Buch Yün-wen-tse:
*
Khang-kiü-tsch’ang gab einem Knechte den
Namen sjk |j}| Schen-pu ,gut fangen 1 . Einem Hunde gab er
1 Man hatte den Hund schwarz angestrichen.
Denkwürdigkeiten ans dem Thierreiclie Ghina’s.
43
den Namen sjfe m Sehen-sclii ,gut beissenh Die Gäste
kamen nicht zu seinem Thore durch drei Jahre. Hierauf ver
änderte er die Namen. Die Gäste gingen wieder hin.
Der Frühling und Herbst des Geschlechtes Liü:
In Tsi war ein guter Hundebeobachter. Sein Nachbar
trug ihm auf, ihm einen Rattenhund zu kaufen. Ueber ein
Jahr erlangte ihn Jener und sagte: Es ist ein vortrefflicher
Hund. — Sein Nachbar ernährte ihn durch mehrere Jahre,
doch der Hund verzehrte keine Ratten. Der Mann meldete es.
Der Andere sprach : Dieses ist ein vortrefflicher Hund. Seine
Gedanken gehen auf Rehe, Büffel, Schweine und Hirsche, sie
gehen nicht auf Ratten. Wenn du willst, dass er Ratten
fängt, so lege ihm Fussfesseln. an. — Der Nachbar fesselte
die Hinterfüsse des Hundes. Der Hund fing dann Ratten.
In Tsi war ein Freund der Jagd, der kein Wild erlangte.
Er wollte einen guten Hund erwarten. Sein Haus war arm,
und er konnte keinen erlangen. Er ackerte daher wieder emsig.
Ackert man emsig, so ist das Haus reich. Ist das Haus reich,
so besitzt man vortreffliche Hunde. Besitzt man vortreffliche
Hunde, so erlangt man öfters Wild. Die Jagd geht immer
auf die Menschen über. Bei den oberherrlichen Königen ist es
ebenfalls so.
Der König von King erlangte Hunde von zffij j|fJü-
hoang und Taffet von Wan-lu. Er erlegte Wild an
dem Yün-mung und kehrte in drei Monaten nicht zurück.
ßjL f|j Pao-schin kniete nieder und schlug den König mit
einem Stabe. Hinaustretend stürzte er sich in eine Bergschlucht
und starb. Der König tödtete jetzt die Hunde und zerriss
den Taffet.
Das Buch Hoai-nan-tse:
Ein rasendes Pferd stösst nicht an die Bäume. Ein
wüthender Hund wirft sich nicht in den Fluss. Ein unver
ständiges Insect versinkt nicht in die Erde. Um wie viel
weniger thut dieses der Mensch.
Die zehntausend vollendeten Künste von Hoai-nan:
Wenn man Rosshaare und einen Hundeschweif nimmt
und beides zwei Freunden oder Mann und Weib in die Kleider
legt, so empfinden diese Menschen gegenseitig Widerwillen,
44
P f i z m a i e r.
Der Garten der Gespräche:
Der Beobachter eines Wehres stirbt. 1 ? Hoei-tse
gelangte zu einem Wehre. Er übersetzte den Fluss und stürzte
aus dem Schiffe. Die Schiffleute retteten ihn. Sie fragten ihn,
wohin er gelangen wollte. Er sagte: Ich wollte das Wehr be
obachten. — Die Schiffleute sprachen: Du weilst zwischen den
Ruderstangen des Schiffes und ertrinkst. Ohne uns wärest du todt,
Wie könntest du dann noch das Wehr beobachten? — Iloei-tse
sprach: Im Weilen auf dem breiten Schiffe zwischen den lan
gen Ruderstangen bin ich nicht gleich euch. Handelt es sich
um Sicherstellung von Reich und Haus, die Erhaltung der
Altäre der Landesgötter, so seid ihr nicht mit mir zu ver
gleichen. Ich betrachte euch nur als Dümmlinge, als junge
Hunde, die noch nicht sehen.
Der Wagebalken der Erörterungen:
Wenn man einen Jagdhund in den Gebirgswäldern ver
liert, ruft man mit lauter Stimme den Namen des Hundes.
Der Hund antwortet dann durch Kläffen seinem Herrn. Mensch
und Hund sind verschiedenen Geschlechts. Wenn sie rufen
hören und antworten, erkennen sie ihren Gebieter:
Die von Iloan-tan verfassten neuen Erörterungen:
Die Sclavin £' # P Ku-tschung-tse’s starb. Sie
hatte ein vierjähriges Kind. Nachdem sie begraben war, kam
sie mehrmals, streichelte und umwandelte es. Sie war auch
fähig, dem Kinde den Kopf zu waschen. Sie bewirkte, dass
dieses den Menschen sehr zuwider war. Man meldete es einem
Manne der Heilmittel. Dieser sprach: Es ist ein Hund, der
dieses nachahmt. — Hierauf kam sie nicht wieder.
In dem Hause % # Yang-tsclmng-wen’s starb
ein altes Weib. Sie war bereits aufgebahrt, doch noch nicht
begraben. Plötzlich erhob sie sich, setzte sich vor dem Sarge
auf ein Bett und trank Wein. Als sie berauscht war, zeigte
sie sich in der Gestalt eines Hundes. Man tödtete diesen.
Das Durchdringen der Gewohnheiten:
Man tödtet Hunde und stellt sie an den vier Thoren der
Stadt zur Schau. Man sagt: Der Hund unterscheidet die Gäste
1 In dem Texte Tschen, das kein Geschleclitsname ist.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiclie Cliina’s.
45
und ist geschickt im Bewachen und Beschützen. Man legt ihn
hin, um das Unglück zu vermeiden.
^ üi Li-schö-kien, Statthalter von Kuei-yang,
schloss sich in seiner Jugend den Geschäften an. Als er sich
in dem Hause befand, stand und ging ein Hund gleich einem
Menschen. Die Menschen des Hauses sagten, man müsste den
Hund tödten. — Schö-kien sprach: Hunde und Pferde haben
Freude an dem weisen Manne. Wenn der Hund die Handlun
gen des Menschen sieht, so ahmt er sie nach. Was kann dieses
schaden? — Schö-kien besuchte den Befehlshaber des Districtes.
Als er zurückkehrte, nahm er die Mütze ab und legte sie auf
das Bett. Der Hund setzte sie auf und lief davon. Das Haus
gerieth in grossen Schrecken. Kien sagte wieder: Er ist nur
aus Versehen an die Mütze gestossen. Die Schnüre der Mütze
blieben an ihm hängen. — Der Hund unterhielt vor dem Herde
das Feuer. Das Haus gerieth noch mehr in Bestürzung. Kien
sagte wieder: Die Knechte und Sclavinnen sind auf dem Felde.
Der Hund hilft ihnen das Feuer unterhalten. Es ist ein Glück,
dass man die Nachbarn nicht zu belästigen braucht. Welche
böse Worte und Schmähungen sind dieses? Sagte ich nicht,
es gebe keine Wundererscheinungen der Hunde? Kann der
Hund Wunder hervorbringen? — In Folge dessen mochte er ihn
nicht tödten. Einige Tage später verendete der Hund plötzlich
von selbst, und es ereignete sich nicht die geringste Seltsam
keit. Schö-kien wurde berufen und zum Zugesellten des grossen
Beruhigers, zum Aeltesten von Ku-ling und zum Befehlshaber
von Yuen-wu ernannt. Zuletzt erlangte er eine hohe Rangstufe.
Das Buch Kin-leu-tse:
3E -'S Wang-sse-wei liebte die Reinlichkeit. Die
Leute seiner Umgebung waren schön gekleidet und allen ward
befohlen, die Finger der Hand in weisses Papier zu hüllen.
Als er sich in dem Wohnhause befand, verunreinigte ein Hund
einen Pfeiler. Sse-wei befahl den Leuten des Tliores, den
Pfeiler abzuwaschen. Es war noch immer nicht nach seinem
Willen geschehen. Er befahl wieder, ihn abzukratzen. Dann
sagte er wieder, dass es nicht genüge. Hierauf liess er den
Pfeiler wechseln.
Die Denkwürdigkeiten von merkwürdigen Dingen von
Liang-tscheu:
46 Pfizmaier.
Die Hunde sind gleich den Eseln. Mau sieht selten ihre
Zähne.
Die Geschichte der erzählten Merkwürdigkeiten:
Auf den Bergen von Thsi-nan befindet sich der Ort des
Unsterblichen Ma-ku. Man sagt insgemein, auf dem
Berge krähe in tausend Jahren ein goldener Hahn, ein Hund
von Edelstein belle. Gegen das Ende der Han sagte man
überall, der König von Hoai-nan sei zu den Unsterblichen
emporgestiegen. An der Stelle krähe ein Hahn in dem Himmel,
ein Hund belle in den Wolken.
In dem Zeiträume Yuen-hoei von Sung (473 bis 476
n. Chr.) befand sich in der Strasse pjj ^ Tschung-tu, Di-
strict U, in dem Hause drj J|Q Jjic Schl-yuen-tö’s ein gelber
Hund, der ein weisses Junges, ein Männchen, zur Welt brachte.
Die Liebe der Mutter zu ihrem Jungen war verschieden von der
eines gewöhnlichen Hundes. Sie hielt das Futter in dem Maule
und fütterte das Junge. Das Junge wurde ein grosser Hund.
So oft dieser auf die Jagd ging und noch nicht zurückgekehrt
war, blickte die Mutter vor dem Thore nach ihm in die Ferne.
Yuen-tö litt lange Zeit an einem Husten. Er gerieth bald in
Gefahr und wurde matt. Der Arzt bereitete einen stillenden Ab
sud und brauchte dazu die Zähne eines weissen Hundes. Man
suchte auf dem Markte und fand zuletzt nichts. Man tödtete
den weissen Hund, den man aufgezogen hatte, und reichte
das, was man für den Absud brauchte. Die Mutter kehrte sich
zu dem Orte, wo ihr Junges verendet war, sprang empor,
kläffte, fiel zu Boden und stand wieder auf. Sie ruhte nicht
durch eine Keihe von Tagen. Das Haus briet das Fleisch des
Hundes und verzehrte es in Gemeinschaft mit den Gästen.
Man warf die Knochen auf die Erde. Die Mutter nahm sie
sofort in das Maul und legte sie in eine Höhlung. Als man
gegessen hatte, trug sie die Knochen in den rückwärtigen
Garten unter einen grossen Maulbeerbaum. Sie grub die Erde
auf und verscharrte sie. Sie kehrte sich täglich zu dem Baume
und kläffte über einen Monat. Sodann hörte sie auf. Yuen-tö
wurde zusehends schlechter. Dem Tode nahe, sagte er öfter,
der Absud habe nicht geholfen. Es thue ihm leid, dass er
diesen Hund getödtet habe. Sein jüngerer Bruder ^
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
47
Fä-tö richtete sich hiernach. Er ass in seinem ganzen Leben
kein Hundefleisch.
[5tL jij|| Lö-ki war in seiner Jugend ein ziemlich grosser
Freund der Jagd. Als er sich in U befand, schenkten ihm die
angesehenen Gäste einen munteren Hund, dessen Name
Hoang-ni ,Gelbohr'. Als Ki sich nach Lö (Lö-yang) begab und
daselbst diente, liess er sich immer von ihm begleiten. Dieser
Hund war sehr verständig und konnte sich die Worte der
Menschen erklären. Er lieh ihn auch gewöhnlich Anderen.
Ueber eine Strecke von dreihundert Weglängen hinaus kannte
der Hund den Weg und kehrte zurück. Eines Tages kam er
nach Hause. Ki versah das Amt in der Mutterstadt und war
lange Zeit ohne Nachricht vom Hause. Er sagte scherzweise
zu dem Hunde: Ich habe durchaus keine Briefe vom Hause.
Kannst du einen Brief übcrbringen, im Laufe zurückkehren
und einen Brief mitnehmen? — Der Hund wedelte freudig
mit dem Schweife und antwortete ihm durch Gebell. Ki ver
fertigte zum Versuche eine Schrift, steckte sie in ein Bambus
rohr und band dieses um den Hals des Hundes. Der Hund begab
sich auf die Poststrasse und lief schnell in der Richtung von
U. Wenn er hungrig war, ging er in ein Gebüsch, zerbiss
Fleisch und sättigte sich. Wenn er zu einem grossen Wasser
kam, hielt er sich an die Ueberschiffenden. Er senkte, ihnen
zugewendet, die Ohren und wedelte mit dem Schweife. Die
Leute erbarmten sich seiner, riefen ihn auf das Schilf und
nahmen ihn auf. Wenn man dem Ufer nahe war, sprang der
Hund hinauf und entfernte sich schnell wie im Fluge. Bei dem
Hause Ki’s angelangt, nahm er das Bambusrohr in das Maul,
bellte und zeigte das Rohr den Menschen. In dem Hause Ki’s
öffnete man es und nahm den Brief heraus. Nachdem man den
Brief angesehen hatte, kehrte sich der Hund wieder gegen
die Menschen und bellte, als ob er etwas begehrte. In dem
Hause verfasste man die Antwort, gab sie in das Bambusrohr
und band dieses wieder an den Hals des Hundes. Als der
Hund die Antwort erhalten hatte, kehrte er im Laufe nach
Lö zurück. Man rechnete für Menschen fünfmal zehn Tage
reisen, jedoch der Hund brauchte hin und zurück kaum die
Hälfte. Später verendete der Hund. Man bahrte ihn auf und
sandte die Leiche nach Hause zurück. Er wurde südlich von dem
48
Pfizmaier.
Dorfe Ivi’s, zweihundert Schritte von dem Hause Ki’s entfernt,
begraben. Man führte aus Erde einen Hügel auf. Die Dorf
bewohner nannten diesen den Grabhügel des Gelbohrs.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
Ho-tan-tschi aus Tung-hai trat im Anfänge
des Zeitraumes Lung-ngan (397 bis 401 n. Chr.) oft in das
Land innerhalb des Grenzpasses. Als er zuletzt zurückkehrte,
erhielt er einen Hund von ungewöhnlicher Stärke und Grösse.
So oft Tan-tschi ging und kam, kannte der Hund bereits den
Ort. Später zog sich Tan-tschi eine Krankheit zu. Der Hund
erkrankte ebenfalls. Als Tan-tschi starb, bellte der Hund ein
einziges Mal auf und war todt.
Die Ueberlieferungen von göttlichen Unsterblichen:
35 # t Li-tschung-fu konnte sich unsichtbar ma
chen. Anfänglich verbarg er sich hundert Tage und war dann
wieder ein Jahr sichtbar. Später machte er sich für immer unsicht
bar, und man hörte bloss seine Stimme. Er traf mit den
Menschen, ihnen gegenüber, zusammen, trank Wein und ass
wie gewöhnlich. Ein gewisser Tschü-tsch’ang wollte
sich ihm ansehliessen und lernen. Fu sprach: Du bist von
Sinn hastig. Du taugst noch nicht zur Lehre. — Tsch’ang be
hände dabei. Er verausgabte für seinen Gebrauch fünfzig
Stücke Stoffes, erreichte aber nicht das Geringste. Er war
sehr erbost, nahm in den Busen einen Dolch und machte sich
auf den Weg. Er sprach früher mit Tschung-fu und stach
dann der Stimme nach von rechts und links nach ihm. Nach
einer Weile befand sich Jener auf einem anderen Sitze und
sagte lachend: In der Welt muss es so thörichte Menschen, wie
du bist, geben. Ihr lernet den Weg, erlanget ihn nicht und
tödtet die Menschen. O dass ich doch getödtet werden könnte!
Ich kann wirklich tödten, du bist nur ein Alberner und Blöd
sinniger. Du verdienst nicht, dass man um dich nur fragt. —
Er liess durch den Wirth einen Hund rufen. Als dieser kam,
stellte er ihn vor den Schüler Tschii hin und sagte: Siehe, ob
ich ihn tödten kann! — Im Nu lag der Kopf des Hundes auf
der Erde, und der Bauch des Hundes war geborsten. Er fuhr
den Schüler Tscliü an und rief: Sage mir, ob ich dich nicht
zu einem Hunde machen kann! — Der Schüler Tscliü kam
Denkwürdigkeiten aus dem Tliierreiche China’s.
49
herab und schlug- den Boden mit der Stirne.- Jener liess es
dabei bewenden, doch er unterrichtete ihn nicht.
Die Ueberlieferungen von Unsterblichen:
n ? Lie-tse nannte sich einen Menschen von Schö.
Er liebte es, Hunde loszulassen. Die Hunde liefen in die
Höhlen der Gebirge. Lie-tse folgte ihnen zehn Nachtlager weit.
Er durchwanderte eine Strecke von mehreren hundert Weg
längen und kam auf einem Berggipfel hervor. Daselbst befan
den sich Vorhallen, Dächer, Sammelhäuser der Obrigkeiten,
Fichtenbäume, unsterbliche Menschen, Angestellte und Abge
sandte von sehr ehrwürdigem Aussehen. Er sah seine ehe
malige Gattin, welche dem Weine und den Fischen vorgesetzt
war. Sie gab Lie-tse eine Schachtel Arznei. Als er die Schach
tel öffnete, war es Fischbrut. Er setzte diese an und in einem
Jahre waren es Drachen. Er brachte hierauf die Schachtel
und erstieg den Berg. Die Hunde waren von Farbe wieder
rotli und hatten lange Federn. Sie folgten ihm beständig, wo
er ging und kam. Für die übrigen Jahre blieb er auf dem
Berge zurück. Von Zeit zu Zeit stieg er herab und beschützte
sein Stammhaus und die Seitengeschlechter. Die Menschen von
Schö errichteten einen Tempel an der Mündung einer Höhle.
Daselbst erklang immer Trommelton, der mit fortgesetztem
Rufen Aehnlichkeit hatte.
Die Geschichte des Suchens der Götter:
s m Wang-hu von Schan-yang führte den Jünglings
namen jjig Meng-lien. Er wurde Befehlshaber von Lau-
ling in Tung-hai. Um die Mitternachtstunde zeigte sich sofort
ein mit einem schwarzen Kopftuche und einem weissen ein
fachen Kleide bekleidete]- Angestellter. Derselbe begab sich zu
dem Districte und klopfte an das kleine Thor. Als man ihm
nahe kam, wurde er plötzlich unsichtbar. Auf diese Weise
war cs mehrere Jahre. Später ward befohlen, ihm aufzulauern.
Man sah einen alten Hund mit schwarzem Kopfe und weissem
Körper. Bei dem kleinen Thore angekommen, wurde er
sogleich ein Mensch. Man meldete es Meng-lien. Dieser tödtete
ihn, und die Sache hatte ein Ende.
Zu den Zeiten der Kaiser Mo und Ngai von Tsin bellten
in dem Hause ^ Tsai-yung’s von Tschi-yang, des das
Kriegsheer leitenden Vorstehers der Pferde, die Hunde in der
Sitzungsbor. d. phil.-bist. CI. LXXX. Bd. I. Hft. 4
wmmss^mmrn^«a ** ks * iriis-ws ,
50
Pfi zmai er.
Nacht unter einander in Schaaren. Man passte ihnen auf und sah
einen Hund, der ein gelbes Kleid angezogen hatte und auf
dem Kopfe eine weisse Mütze trug. Derselbe wurde von allen
Hunden angebellt. Man erschlug ihn, und es war ein alter
gelber Hund aus dem Hause Yung’s.
In dem Zeiträume Thai-ho von Tsin (366 bis 370 n. Chr.)
hielt sich m £ Yang-seng, ein Mensch von Kuang-ling,
einen Hund, den er sehr innig liebte. Wo er ging und stand,
machte er ihn zum Gefährten. Später hatte sich Seng mit
Wein berauscht und ging an einem grossen Sumpfe vorbei.
Er schlief in dem Grase ein und war nicht im Stande, sich
zu bewegen. Um die Zeit war es in den Monaten des Win
ters. Ein Wildfeuer entstand, und auch der Wind blies mit
Heftigkeit. Der Hund lief im Kreise herum und bellte, doch
Seng ernüchterte sich nicht. Nach vorn befand sich eine mit
Wasser gefüllte Grube. Der Hund lief sofort hin und wälzte
sich in dem Wasser. Er kehrte zurück und drückte Seng mit
seinem Leibe nieder. Das Gras zu beiden Seiten wurde be
feuchtet und legte sich an den Boden. Das Feuer zog unver-
muthet vorüber, als Seng eben erwachte. An einem anderen
Tage wandelte dieser wieder im Finstern und fiel in einen
leeren Brunnen. Der Hund stöhnte und gab es zu erkennen.
Nach einer Weile gingen Menschen vorüber. Sie wunderten
sich, dass der Hund sich gegen den Brunnen kehrte und
bellte. Sie gingen hin, um zu sehen, und erblickten Seng.
Dieser sprach: Ihr könnet mich herausziehen. Ich werde euch
reichlich vergelten. — Die Leute fragten: Was wird uns ge
geben? — Seng sprach: Ihr habt es nur zu bestimmen. —
Die Leute sprachen: Wenn uns der Hund gegeben wird, so
ziehen wir dich sogleich heraus. — Seng sprach: Dieser
Hund machte mich lebendig, als ich bereits todt war. Ich
kann ihn euch nicht geben. Das Uebrige gehört euch. — Die
Menschen sagten, somit können wir dich nicht sogleich her
ausziehen. — Der Hund senkte jetzt den Kopf und blickte in
den Brunnen. Seng verstand, was er meine. Er
Menschen, dass
er ihnen den Hund gebe.
sagte diesen
Hierauf zogen sie
ihn heraus. Sie banden den Hund und entfernten sich,
fünf Tagen kam der Hund zurückgelaufen.
Nach
Denkwürdigkeiten aus dem Tkierreiclie Cliina’s.
51
Die Verzeichnisse des Dunklen und Hellen:
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Thai-hing von Tsin
(318 n. Chr.) liebte Iloa-lung, ein Mann des Volkes
aus U, die Jagd. Er hielt sich einen munteren Hund, dessen
Name Ti- wei (Weissschweif). Derselbe folgte ihm
beständig. Lung gelangte später zu dem Ufer des Stromes
und schnitt Binsen. Der Hund lief auf kurze Zeit zu der Halt
stelle des Flussarmes hinaus. Lung ward von einer grossen
Schlange umschlungen, die sich um seinen Leib wand. Der
Hund kehrte zurück und erbiss sie. Als die Schlange todt
war, stürzte Lung bewusstlos zu Boden. Der Hund rannte
umher, winselte, lief zu dem Schiffe zurück und dann wieder
in das Gras. Die Genossen wunderten sich über sein Thun.
Sie gingen ihm nach und sahen Lung in einem völlig be-
klagenswerthen Zustande. Sie kehrten mit ihm nach Hause
zurück. Durch zwei Tage nahm der Hund kein Futter. Erst
als Lung wieder lebendig ward, nahm er es. Lung liebte ihn
noch mehr und achtete ihn seinen nahen Verwandten gleich.
Später verlor er ihn plötzlich aus den Augen. Er suchte ihn
durch zwei Jahre. Dann sah er ihn auf den Bergen von
Die Denkwürdigkeiten der Verzeichnisse des Landes
ausserhalb der Berghöhen:
Einst waren Menschen, welche von dem grünen Altäre
aus auf dem Meere schifften und nach Min zurückkehrten. Sie
wurden von einem bösen Sturme durch fünf Tage und fünf
Nächte fortgetrieben und wussten nicht, wie viele tausend Weg
längen sie fuhren. Auf dem Wege hielten sie einmal an. Ein
Mensch von Sin-lo, der sich mit ihnen auf dem Schiffe be
fand, sagte: Dieses ist das Reich der Hunde. — Sie wandelten
umher, und es kamen wirklich menschenähnliche Wesen, nackt
und in den Armen Hunde haltend, zum Vorschein. Als sie das
Schiff sahen, erschracken sie und entflohen. 1
Die Worte der Gegenden:
Das Schwein (^" tschü) benennt man in Yen und Tschao-
sien mit dem Namen ^ Kia. Im Osten des Grenzpasses
1 Etwas Ähnliches wird S. 20 nach derselben Quelle bei dem Schafe erzählt.
4*
52
Pfizm ai er.
heisst es ^ tsch’i. Einige nennen es sclii. Im süd
lichen Tsu nennt man es *=£■ hi. Das Junge nennen Einige auch
m tün. Andere nennen es *hi. In U und ^ Yang
nennt man es tschü-tse.
Die von Thsui-piao verfassten Erklärungen des Alter-
thums und der Degenwart:
Das Schwein heisst auch ^ j|f tseh’ang-hoei-
thsan-kiiin ,der langsclmauzige dem Kriegsheere als Dritter
Zugetheilte'.
Die Geschichte der Han von der östlichen Warte:
*§* Sching-kung führte den Jünglingsnamen Af
Schao-tse und stammte aus Lang-ye. Eine junge Waise und
acht Jahre alt, hiess man ihn die Schweine hüten. In der
Strasse des Bezirkes erklärte if s Siü - tse - selling
den Frühling und Herbst und die richtschnurmässigen Bücher.
Er unterwies mehrere hundert Schüler. Kung kam an dessen
Hütte vorbei und sah, wie die Schüler erläuterten und her
sagten. Dieses gefiel ihm. Er liess die Schweine zurück und
hörte die richtschnurmässigen Bücher. Der Besitzer der Schweine
wunderte sich, dass er nicht zurückkehrte. Er ging und suchte
ihn. Als er Kung sah, wollte er ihn mit dem Stabe schlagen.
Die Schüler unter dem Tliorc wehrten ihm dieses. Kung blieb
daher unter dem geistigen Thore. Er las Brennholz auf und
ertrug Ungemach durch mehrere Jahre. Hierauf verstand er
die richtschnurmässigen Bücher.
yjj; '/iji Tschü-feu übergab ^ Peng-tsch’ung ein
Schreiben, worin er ihn zur Rede stellte und sagte: -fjfj j|j|
Pe-thung rühmte sich und glaubte, seine Verdienste seien hohe
in der Welt. Als er fortzog, brachte in Liao-tung ein Schwein
ein Junges mit einem weissen Kopfe zur Welt. Mail hielt es
für etwas Merkwürdiges und machte es ihm zum Geschenke.
Als er nach Ho-tung gelangte, sah er eine Heerde Schweine,
welche sämmtlich weiss waren. Wenn ich deine Verdienste
in der Vorhalle des Hofes erörtere, so bist du das Schwein
von Liao-tung.
Das fortgesetzte Buch der Han :
1 m ,J ,'sao-meng führte den Jünglingsnamen jjji
Yuen-wei. Er wurde wegen seiner Menschlichkeit und Ge
diegenheit gepriesen. Einer seiner Nachbarn hatte ein Schwein
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
53
verloren. Dieses war mit demjenigen Meng’s gleichartig. Er
ging zu dem Tliore und erkannte es als das seinige. Meng
machte es ihm nicht streitig. Später kehrte das verlorene
Schwein zurück. Sein Besitzer war sehr beschämt. Er brachte
das Schwein, das er für das seinige erkannt hatte, und ent
schuldigte sich hei Meng. Dieser lachte und nahm es in
Empfang.
Die von Yuen-schan-sung verfassten Darlegungen über Han:
U-yeu hütete die Schweine in dem Sumpfe von
Tsch’ang-yuen. Er sagte im Gehen die riehtschnurmässigen
Bücher her. Er begegnete einem alten Bekannten seines Vaters.
Derselbe sagte zu ihm : Du, der Sohn eines Angestellten der
zweitausend Scheffel, schwingst die Peitsche und sagst die
riehtschnurmässigen Bücher her. Einhergehend murmelst du
an dem Rande des Sumpfes. Zugegeben, du hast kein Ehr
gefühl, wie verhält es sich aber mit dem Gebieter, dem
Vater? — Yeu beharrte bei seinen Vorsätzen. Er wanderte mit
7^ Scha-mö, Fürsten von Pe-hai, umher, und Beide be
trieben das grosse Lernen. Als es ihnen an Mitteln gebrach,
wechselten sie die Kleider und verdingten sich als Taglöhner.
Yeu wurde um Lohn zum Getreidestampfen verwendet. Plier-
auf schlossen sie einen Bund auf den Tod zwischen den Mörser
keulen und Mörsern.
Die von Tsch’ang-fan verfassten Darlegungen über Han:
Der König von yjf jjf. So-tsch’e tödtete den König von
Yü-thien. U T “ -mö, ein grosser Mensch von Yü-thien,
trat aus der Feste. Er sah ein Wildschwein und wollte es
schiessen. Das Schwein konnte reden und sprach: Tödte mich
nicht. Ich werde für dich den Heerführer von So-tsch’e tödten.
Tu-mö verwunderte sich hierüber. Er tödtete in Gemeinschaft
mit % Sion den König von So-tsch’e.
Das von Sie-sching verfasste Buch der späteren Han :
Tschü-mö führte den Jünglingsnamen 7t
Wen-yuen. Er hielt sich einst Schweine, welche erkrankten.
Er liess sie durch einen Menschen auf dem Markte verkaufen.
Er sagte zu ihm: Wenn du sie verkaufst, musst du dem
Käufer sagen, dass sie krank sind. — Der Schweinverkäufer
verkaufte sie, sagte aber nichts von der Krankheit. Auch war
der Preis zu hoch. Mö wunderte sich darüber. Er nahm die
54
- ä es
Pfizmai er.
Hälfte des Preises und gab sie zurück. Der Käufer der
Schweine weigerte sich, es anzunehmen. Mo liess das Geld
zurück und entfernte sich.
Die Denkwürdigkeiten von Wei:
Das Reich ;J|e Yi-leu liegt im Osten von
Fu-yü. Man wohnt daselbst immer in Höhlen. Die Luft ist
kälter, der Boden unfruchtbarer als in Fu-yü. Man hält dort
gerne Schweine. Man verzehrt ihr Fleisch und kleidet sich
in ihre Haut. Im Winter bestreicht man den Leib mit
Schweinfett.
ipl* |jiÄ Kuan-lu kam in das Haus ^ Jj2j[ Kö-ngen’s.
Auf dem Mörser kämpften Hähne. Er sagte zu Ngen: Ein
alter Mensch wird mit einem Ferkel aus dem Hause des Für
sten M Tung-heu kommen. Ein kleiner Mensch wird
verletzt, doch es wird auch nichts schaden. — Den nächsten
Tag führte wirklich ein bekannter Greis ein Ferkel und reichte
es Ngen. Dieser schoss ein Huhn, um es vorzulegen. Der ent
gleitende Pfeil flog an das Bein eines kleinen Mädchens. Das
ganze Haus gerieth in Schrecken. Zuletzt war kein Unglück
geschehen. Ferner hatte ein Mann sein Weib verloren. Er liess
Lu desswegen wahrsagen. Dieser sprach: Morgen suche auf
dem Wege einen Menschen, der ein Schwein auf den Schultern
trägt. Ihn verfolge dann. — Auf dem Wege ward durch das
Schwein plötzlich der Strick zerrissen. Es entlief in ein
anderes Haus und zerbrach im Anprall einen Krug des Be
sitzers. Jener erblickte sein Weib, welches herauskam, um das
Schwein zu sehen. Er ergriff hierauf das Weib.
Das Buch der Tsin:
U Jii Yuen-hien kam zu dem Stammhause, und die
Menschen versammelten sich. Man bediente sich keiner Schalen,
Becher und Schöpflöffel. Man füllte den Wein in grosse Krüge
und kehrte diese, im Kreise sitzend, einander zu. Während
man in grossen Mengen einschenkte und wieder trank, kam
eine Heerde Schweine und soff den Wein. Hien ging geraden
Weges hinzu, entfernte das Obere und liess ihn in Gemein
schaft trinken.
iffi Han-yeu führte den Jünglingsnamen j|J-
King-sien und stammte aus Schii in Liü-kiang. Der Vater
HP ^ Teng-lin’s, Aeltester von Luug-schü, war durch eine
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreicke Ckina’s.
00
Reihe von Jahren krank and kam bis auf den Tod herab.
Yeu besorgte die Wahrsagung und liess auf den Wind
schirm der Lagerstätte ein Wildschwein malen. Hierdurch ge
nas dann der Kranke.
wurde eingesetzt. Ein Schwein warf ein Junges mit einem
einzigen Leibe und drei Köpfen. Ferner kam ein Drache aus
einem Brunnen hervor und krümmte sich vor der Vorhalle.
Tsuan hielt dieses für ein gutes Glückszeichen. m ft- Lo-schi
allein hielt es für ein Unglück. Es währte nicht lange, und
b m Liti-tschao tödtete Tsuan.
Zu den Zeiten 0|J J]|| Lieu - tsung’s setzte sich ein
Schwein eine Mütze der aufsteigenden weisen Männer auf, er
stieg die Vorhalle Tsung’s und kämpfte mit einem Hunde.
Die von Hoang-fu-mi verfassten Ueberlieferungen von
hohen Männern:
Tschung-yö und stammte aus Thsi-yin. Er ordnete mit den
Schülern die Verwandlungen des Geschlechtes King, den
alten Schriftschmuck und das Buch der Schang. Sein Haus
war arm, und er diente seiner Mutter mit äussester Eltern
liebe. Er hütete die Schweine in dem grossen Sumpfe und
verschaffte ihr dadurch Nahrung. Die fernen Menschen, die
sich ihm beim Lernen anschlossen, erfassten die richtschnur-
mässigen Bücher auf den Erdhügeln, an den Feldrainen und
begleiteten ihn. Die Dörfer und Niederlassungen wurden durch
seine Menschlichkeit und Bescheidenheit verwandelt. Als die
gelbtüchigen Räuber sich erhoben und zu seinem Dorfe hin
überkamen, gaben sie das Versprechen, dass sie dem Hause
des Frühgebornen von dem Gescblechte Sün nichts anhaben
werden. Als die ganze Provinz eben zurechtgebracht war,
schickte man Abgesandte, welche Schafe und Wein brachten
und Khi einluden. Khi trieb die Schweine in das Grasland
und sah sich nicht um.
Die entscheidenden Verzeichnisse der drei stützenden
Provinzen:
Die Söhne und Enkel der fünf Thore waren Genossen
schaften von fünf Menschen des gemeinen Volkes.
56
Pfizraaier.
Anmerkung-: Die fünf Brüder des Mannes von dem Ge-
schleehte ,t!§ Ma wohnten in Gemeinschaft auf diesem Ge
biete (dem Gebiete der fünf Thore). Sie errichteten ein Haus
für Gäste und nährten Schweine, verkauften Schweine. Die
Ackersleute sagten von ihnen: In dem Garten drei Fürsten,
unterhalb g}|[ Kiü zwei Reichsminister. An den fünf Thoren
lautes Schreien, man hört bloss die Stimmen der Schweine.
Das Buch Fu-tse:
Die Menschen des Nordens schenkten dem Könige Tschad
von Yen ein grosses Schwein. Man fragte: Wie nährt man es?
— Der Abgesandte sprach: Das Schwein wohnt nirgends
sonst als in einem grossen Unrathhause. Es schätzt nichts
Anderes als den Auswurf der Menschen. Es ist jetzt hundert
zwanzig Jahre alt. Die Menschen nennen es den Schweine
unsterblichen. — Der König befahl dem Schweinevorgesetzten,
es zu nähren. In fünfundsechzig Jahren war es so gross wie
ein Sandberg. Seine Fiisse schienen dem Leibe nicht gewach
sen zu sein. Der König staunte darüber und hiess die Obrig
keiten der Wagebalken es auf der Wage wägen. Es zerbrach
zehn Wagen, und das Schwein wurde nicht gewogen. Er be
fahl ferner den Obrigkeiten des Wassers, es auf einem Schiffe
zu wägen. Es wog tausendmal dreissig Pfunde. Wegen seiner
Masse konnte man es nicht brauchen. Der Reichsgehilfe von
Yen sagte zu dem Könige: Warum reicht man es nicht den
Gästen als Speise? — Der König befahl dem Küchenmeister,
daraus Speise zu bereiten. Am Abend erschien es dem Reichs
gehilfen von Yen im Traume und sagte: Bei meiner Ver
wandlung quälte man mich mit der Gestalt dos Schweines, man
speiste mich mit den Unreinigkeiten der Menschen. Mir war
mein Leben schon lange Zeit zuwider. Durch deinen Geist
konnte ich mich verwandeln. Ich wurde in meinem Leben
anfänglich Aeltester der Ueberfahrt von Lu. — Als der Reichs
gehilfe von Yen an der Ueberfahrt von Lu umherzog, war
eine rothe Schildkröte, welche ihm eine Rundtafel als ein Ge
schenk reichte. 1
!
1 Nach Anderen eine* Perle des Nachtglanzes.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
57
Die Sammlung der Erfordernisse der Bewahrung des
Lebens:
Ein weisses Schwein mit weissen Klauen und grünen
Nägeln kann man nicht essen.
Die Denkwürdigkeiten von merkwürdigen Dingen:
Die grossen Schweine von Yö-lin haben an einer einzi
gen Klaue vier bis fünf Nägel. Sie haben viel Fett. Die
Käufer stechen ihnen einen eisernen Bohrer sieben bis acht
Zoll tief in den Kopf. Erst wenn sie das rothe Fleisch treffen,
bewegt sich das Schwein.
Das Ni-ya:
Die grössten Hühner heissen -?|j schö. 1 Deren Junge
heissen yü. Noch nicht ausgewachsene Hühner heissen
*4i§! lien. Hühner von überaus grosser Kraft heissen 50* fen.
Hühner von drei Schuh Grösse heissen yün. Die Stange,
auf der sie sitzen, heisst Khie. Eine Höhlung in der
Mauer, wo sie aufsitzen, heisst schi.
Die Verzeichnisse von U:
Kaiser Wen von Wei schickte einen Gesandten nach
U. Dieser begehrte langekrähende und kurzkrähende Hähne.
Die sämmtlichen Diener wollten sie ihm nicht geben, weil
es gegen die Gebräuche war. Sün-kiuen stellte sie eilig dem
Gesandten zu.
Die Uebcrlicferungcn von dem Lande ausserhalb des
Stromes:
Die südliche Provinz reichte als ein Geschenk lange
krähende und thauauffassende Hähne.
Anmerkung aus den Denkwürdigkeiten des südlichen
Yue: Die Kämme dieser Hähne öffnen sich nach vier Seiten
gleich den Blüthen der Wasserlilie. Sie krähen rein und mit
durchdringendem Tone.
Die Denkwürdigkeiten von Wci:
Das Reich jjf|ä Ma-han bringt dünnschweifige Hühner
hervor. Die Schweife messen über fünf Schuhe.
schö-ki, Hühner des Reiches Schö.
58
Pfizmaier.
Das von Wang-yin verfasste Buch der Tsin :
Die Mutter Tsch’i-sin’s erkrankte und war wegen
des Wagens besorgt. Als sic starb, wollte er sie nicht mit dem
Wagen begraben lassen. Doch er war arm und hatte nichts,
wodurch er sich Pferde verschaffen konnte. Er hielt sich jetzt
Hühner, pflanzte Knoblauch und erschöpfte die Kunst der Heil
mittel. Als die Trauer über drei Jahre gedauert hatte, erlangte
er acht Pferde. Er hob den Sarg und kam zu dem Grabhügel.
m. m Tsu-thi war in Gemeinschaft mit ^fj
Lieu-kuen Vorsteher der Register in Sse-tscheu. Er liebte es,
seine Gemiithlichkeit zu zeigen und schlief mit ihm unter
derselben Decke. Mitten in der Nacht hörte er die Hähne
krähen. Er stiess Ivuen mit dem Fusse, weckte ihn und sagte:
Dieses sind keine üblen Töne. — Dabei stand er auf und
tanzte.
Kaiser Wu besuchte einst die Feste von Lang-ye. Die Men
schen des Palastes begleiteten ihn immer und brachen früh
zeitig auf. Wenn sie zu dem Damme jtjjJJ ;J(j Tschao-pe ge
langten, krähten erst die Hähne. Man nennt den Damm jetzt
den Damm des Hahnenschreies.
Die Geschichtschreiber des Südens:
jlö jjy Fu - yiö führte den Jünglingsnamen ^ &
Ki-kuei und war Befehlshaber von Schan-yin. Zwei Land
bauern stritten um Hühner. Yü fragte, was die Hühner ver
zehren. Der Eine sagte Hirse, der Andere sagte Bohnen. Yö
liess die Hühner aufreissen und fand Hirse. Er beschuldigte
den, der Bohnen gesagt hatte, eines Verbrechens.
Die Geschichtschreiber des Nordens:
^ ü: m Sung-schi-liang war Statthalter von Thsing-
ho. Er entdeckte Falschheit und warf sich auf das Versteckte
gleich dem göttlichen Idchte. Einst kehrte ein Angestellter
nach Verrichtung seines Dienstes in die Provinz zurück und
verzehrte Hühner und Schweine der Menschen. Ferner empfing
ein Geschäftsträger (]j£4) von den Menschen eine Mütze und
verzehrte zwei Hühner. Schi-liang schrie sie an und sagte es
ihnen. Der Angestellte und der Geschäftsträger stiessen mit
den Häuptern an den Boden und bekannten sich schuldig.
Hierauf zitterten Höhere und Niedere, und Niemand getraute
sich, den Verboten zuwider zu handeln.
i
Denkwürdigkeiten aus dem Thieprciche China's.
59
Als Yeu, König von Peng-tsching aus dem Hause
Tsi, stechender Yermerker von Thsang-tscheu war, begab sich
einst lj|| Tsch’ang - tä, Vorgesetzter der Register des
Districtes Si-wö, in die Landschaft, warf sich in die Häuser
der Menschen und verzehrte eingemachte Hühner. Yeu forschte
nach und erfuhr es. Als der Statthalter und die Befehlshaber
versammelt waren, sagte Yeu zu ihm in Gegenwart Aller: Wenn
du eingemachte Hühner verzehrst, warum bezahlst du sie
nicht? — Tä bekannte sich sofort schuldig. An den vereinigten
Grenzen nannte man Yeu das göttliche Licht.
Die gekürzten Vorbilder der drei Reiche:
Tsclx’en, König von Tsch’ang-kuang aus dem Hause
Tsi, gelangte zur Würde des Kaisers in dem südlichen Palaste.
Er erliess eine allgemeine Verzeihung und veränderte den
Namen des Jahres. An dem Tage, an welchem die Verzeihung
erlassen werden sollte, stellte der Befehlshaber der Rüst
kammer vor dem Thore der Vorhalle ein goldenes Huhn
auf. Hiao, König von Sung, verstand nicht dessen Bedeutung.
Er fragte nl M JS 2 Sse-ma-ying-tschi, den Grossen
des glänzenden Gehaltes: Welche Bedeutung hat es, dass man
bei der Verzeihung ein goldenes Huhn aufstellt? — Ying-tschi
sprach: In dem Meere der Vermuthungen findet sich eine
Deutung, welche sagt: Wenn die Sterne des Himmelshuhnes
sich bewegen, soll eine Verzeihung erlassen werden. — In
Folge dessen machen Kaiser und Könige das Huhn zu einem
Wahrzeichen.
Das Buch Tschuang-tse:
Tschuang-tse sprach zu Hoei-tse: Ein Hahn des Schaf
grabens 1 ist in drei Jahren ein Häuptling. 2 Wenn die Be
obachter der Gestalt ihn betrachten, so ist er kein guter Hahn.
Die Menschen, welche dessen ungeachtet mehrmals mit ihm
gesiegt haben, bestreichen sein Haupt mit Dachsfett. 3
Die Hennen von Yue können keine Schwaneneier aus
brüten. Die Hennen von Lu können es ganz gewiss.
1
2
3
Yang-keu ,der Schafgraben 4 ist der Ort der Hahnenkämpfe.
M Tschli, d. i. |j|Jj Kuei-sö, ein Häuptling.
Weil das lluhn den Dachs fürchtet.
60
P f i z m a i e r.
Anmerkung Sse-ma-pieu’s: Die Hühner von Yue sind
kleine Hühner. Die Hühner von Lu sind grosse Hühner. Es
sind die heutigen Hühner von Schi).
Das Buch Lie-tse:
*T=|' Ki-sing-tse nährte für den König Siüen
von Tscheu Kampfhähne. Nach zehn Tagen wurde er gefragt:
Können die Hähne kämpfen? — Er sprach: Noch nicht. Sie
sind eben voll eitlen Stolzes und verlassen sicli auf ihren
Geist. — Nach zehn Tagen fragte man ihn wieder. Er sprach:
Noch nicht. Sie blicken noch immer rasch und sind voll von
Geist. — Nach zehn Tagen fragte man ihn wieder. Er sprach:
So ziemlich. Gibt es unter den Hähnen auch welche, die
krähen, es ist an ihnen keine Veränderung. Wenn man sie
anblickt, scheinen es hölzerne Hähne zu sein. Ihre Tugend
ist vollständig. Unter den fremden Hähnen ist keiner, der
sich zu antworten getraute.
Der Frühling und Herbst des Geschlechtes Liii:
Wer gut lernt, thut dieses wie der König von Tsi Hühner
verzehrte. Er ass ihre Fusssohlen <M ) in einer Anzahl von
mehreren Tausenden, dann erst hatte er zur Genüge.
Ö £ Pe-kuei sprach zu dem Könige von Wei: In
den Dreifüssen von fjj jj_ Schi-khieu 1 findet man Hühner.
Bereitet man daraus viel, Saft, so sind sie unschmackhaft und
können nicht gegessen werden. Bereitet man daraus wenig
Saft, so werden sie verbrannt und sind nicht gar. Gleichwohl
sehen sie sich prachtvoll an. Das Eingemachte lässt sich zu
nichts brauchen.
Die äusseren Ueberliefcrungen von Ilan-schi:
[T{ Tien-schao sprach zu dem Fürsten Ngai von
Lu: Dass die Hähne auf dem flachen Haupte eine Mütze
tragen, dieses ist Gelehrsamkeit. Dass sic an den Füssen
stechende Sporen tragen, dieses ist kriegerisches Wesen. Dass
sie, wenn der Feind vor ihnen steht, zu kämpfen wagen, dieses
ist Tapferkeit. Dass sie, wenn sie Speise sehen, einander rufen,
dieses ist Menschlichkeit. Dass sie in der Nacht bewachen und
die Zeit nicht versäumen, dieses ist Treue. Dass man, obgleich
1 Schi-khieu, eine Stadt des Reiches Wei.
Denkwimligkeiton aus dem Tliiorreiclie China’s.
61
sie fünf Tugenden besitzen, täglich sie kocht und verzehrt,
warum ist dieses? Weil der Ort, woher sie kommen, nahe ist.
Die vermischten Nachrichten von der westlichen Mutter
stadt :
Zu den Zeiten des Kaisers Tsching (von Han) machten
die Provinzen Iviao-tscbi, Yue und Sui langekrähende Hähne
zum Geschenke. Man überzeugte sich durch die Wasseruhr.
Bei der Sonnenuhr war keine Ungleichheit. Die lange krähen
den Hähne krähten einmal, ein anderes Mal frassen sie: sie
hörten durch Stunden nicht auf. Sie hatten lange Sporen und
waren geschickt im Kämpfen.
Die Ueberlieferungen von Unsterblichen:
Der die Hühner beschwörende Greis war ein Mensch von
Lü-yang. Derselbe wohnte an dem Fusse des Berges im
Norden des Bezirkes Schi und hielt sich Hühner, die
alle einen Namen hatten. Es waren über tausend Stück. Am
Abend setzten sie sich auf Bäume, am Tage zerstreuten sie
sich und verzehrten Futter. Wenn er eines nehmen wollte,
rief er den Namen, und es kam sogleich. Als er die Hühner
sammt den Jungen verhandelte, erhielt er tausendmal zehn
tausend Kupferstücke. Er legte das Geld sofort nieder und
entfernte sich.
Der Wagehalken der Erörterungen:
Die Bücher der Ueberlieferung sagen: Als der König
von Hoai-nan den Weg erlangte, waren seine Hausthiere lauter
Unsterbliche. Die Hunde bellten in der Höhe des Himmels,
die Hähne krähten in den Wolken.
Das Durchdringen der Gewohnheiten:
Man ruft die Hühner mit * * Tschü-tschü. Im ge
meinen Lehen sagt man, das Huhn sei eigentlich der Fürst
von Tschü, der sich in dasselbe verwandelt habe. Das
Wort, mit dem man heutzutage die Hühner ruft, sei daher
Tschü-tschü. Nach dem Schuß-wen erklärt man
das Wort *^|'| tsc.hö wie folgt: Zweimal jZj Iveu ,Mund‘ in
*^>|'| tschö ist so viel als hoan ,lärmenk ^>|>| Tscheu ist
dessen Laut. Wenn das Wort doppelt wie jjjJJ jjjj^ tschö-tschö aus-
I
62
Pfizmaier.
gesprochen wird, so lockt man damit Thiere 1 herbei. Es hat
den Sinn der Einwilligung und des Gehorsams. Tschö
und ^ tschü sind von Laut einander ähnlich.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
^ Tschü- wen-theu und ||| lj|| Lo - tse-
tschung waren Freunde. Sie dienten gemeinschaftlich in Liang.
Als Tlieu starb, wehklagte Lo-tschung über ihn. In derselben Nacht
starb er mit ihm. Sieben Weglängen südlich von Liang liegt
der Hühnerberg. Man begrub auf ihm Tlieu. Neun Weglängen 2
nördlich von Liang liegt die Fasanenschlucht. Man begrub in ihr
Tschung. Der Geist Theu’s verwandelte sich in ein Huhn. Die
Seele Tschung’s verwandelte sich in einen Fasan. Derselbe sang-
klar und mit traurigem Tone. Er kam und ging ohne Unter
lass. Desswegen heisst es in dem Gedichte: Das Huhn auf
dem Berge trennt sich, der Flug erweckt den Wiederhall.
Der Fasan in der Schlucht stimmt ein mit klarem Ton.
Die Verzeichnisse des Dunklen und Hellen:
Sung-tsch’u-tsung, zu den Zeiten der Tsin
stechender Vermerker von Yuen-tscheu, kaufte sich einst einen
langekrähenden Hahn. Er liebte und pflegte ihn äusserst sorg
fältig. Er liess ihn auf einer Stange in einem Käfige sitzen
und stellte diesen zwischen das Fenster. Der Hahn redete
hierauf in menschlicher Sprache und sprach mit Tsung. Er
brachte überaus viele Worte zu Wege und hörte den ganzen
Tag nicht auf. Tsch’u-tsung machte dadurch in der Beredt-
samkeit grosse Fortschritte.
Die Geschichte von Si-lio:
In Liang-tsclieu sollte ein Verbrecher auf dem Markte
gestraft werden, als ein weisser Hahn an die Seite der Men
schen flog und um das Leben bat. Er streckte den Hals,
krähte lange, und wendete sich, auf dem Boden liegend, gegen
die Angestellten. Als man ihn verjagte, entfernte er sich und
kam sofort wieder. Der stechende Vermerker (jr|§ ^ Tsch’ang-I
begnadigte den Verbrecher.
1 Der Text des Sehue-wen sagt bei diesem Worte: Man sagt es doppelt,
um Hühner zu rufen.
2 In dem Texte jl W .““»ändert* wofür ohne Zweifel jl jjl
,neun Weglängen 1 zu lesen ist.
Denkwürdigkeiten aus dem Tliierreiclie China's.
63
Die von Wang-tse-nien verfasste Geschichte des Auf
lesens des Hinterlassenen:
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Ta-thsu (104 v. Chr.)
brachte das Reich Yue-ti als Tribut einen zweiköpfigen Hahn.
Derselbe hatte vier Fi'isse und einen einzigen Schweif. Wenn
er krähte, krähten beide Köpfe zugleich.
Das Reich '<^5 Sche-tu ist von der Königsstadt
siebenmal zehntausend Weglängen entfernt. Man versteht es
daselbst, Vögel und wilde Thiere zu zähmen. Hühner und
Hunde bringt man dahin, dass sie sprechen können.
Die von Pei-yuen verfassten neuen Worte:
Am Morgen des ersten Tages des ersten Monats tödten
die Obrigkeiten des Districtes ein Schaf und hängen seinen
Kopf an das Thor. Ferner spannen sie ein Huhn aus und zer-
theilen es. Man sagt gemeiniglich, dass sie dadurch die ver
derbliche Luft unterdrücken, Yucn 1 fragte desshalb den
Gebieter ^ Jin von Ho-nan. Der Gebieter Jin sprach: In
diesem Monate steigt die Luft des Erdreichs zur Höhe, Pflan
zen und Bäume setzen Keime an und gerathen in Bewegung.
Die Schafe zernagen die hundert Pflanzen. Die Hühner picken
in die fünf Getreidearten. Desswegen tödtet man sie und be
fördert dadurch den Wachsthum.
Die Heilmittel Kö-hung’s:
Am siebenten Tage des fünften Monats gibt es in den
tiefen Brunnen und in den tiefen Grabhügeln viele giftige
Luft, und man kann nicht hineinsteigen. Man soll es früher
mit Tlühnerfedern versuchen. Man wirft diese in den Brunnen.
Wenn sie geraden Weges herabgelangen, so ist keine giftige
Luft. Wenn die Federn sich nach allen vier Seiten herum
drehen, so darf man nicht hineinsteigen.
Die vermischten Schriften der fünf Grundstoffe:
Will man ein Weib begehren, so nimmt man zwei Hahnen
federn, brennt sie und legt sie in Wein. Man trinkt diesen
und erhält gewiss, was man begehrt. Man bedient sich dazu
des Tages Meu-tse (25). Dieses ist der Tag, an welchem
Himmel und Erde sich vereinigen, und man erhält es gewiss.
1 Pei-yuen, der Verfasser des angeführten Werkes.
64
Pfi zm ai er.
Geht man dreimal hin und erhält es nicht, so wird das Mäd
chen sterben.
Die Abbildungen des Flusses der Drachen und Fische:
Ein ursprüngliches Huhn mit weissem Kopfe, damit in
Berührung kommen, macht den Menschen erkranken. Hat ein
Huhn sechs Zehen, so tödtet es ebenfalls den Menschen. Hat
ein Huhn fünf Farben, so tödtet es den Menschen.
Die Entscheidungen der Reise in dem von Tsiao-kung ver
fassten Walde der Verwandlungen:
Zehn Hühner, hundert Küchlein gehen immer mit den
Müttern zugleich. Die Hühner umfassen, den Tiger erfassen,
wer kann sich hierauf verlassen ?
Das nicht Nutzlose der heimziehenden jüngeren Schwe
ster in dem Walde der Verwandlungen:
Das Huhn pickt eben die Hirse, es wird von dem Fuchse
verfolgt. Es läuft und kann nicht ruhen, es ist voll Furcht
und keucht.
Der Schaden der heimziehenden jüngeren Schwester in
dem Walde der Verwandlungen:
Kämpfende Hähne, verlorene Schafe, man verliert seinen
Beutel mit Gold, der Nutzen ist nicht von Dauer.
Das Entlaufen des Abrisses SS Sün (eintreten) in dem
Walde der Verwandlungen:
Drei Hühner picken die Hirse, zehn Hühner folgen und
fressen. Der hungerige Habicht plötzlich angreift, verloren
geht auf beiden Seiten die Ruhe.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Es gibt Hühnerarten mit herabhängenden Bärten, mit
fünf Zehen, mit goldenen Schienbeinen, mit verkehrten Flü
geln. Die grössten heissen Jj§j Scho, die kleinsten heissen
m King. Die weissen Hühner mit goldenen Schienbeinen
sind die schönsten. Es sind diejenigen, welche das alte Ping-
tscheu als ein Geschenk gereicht hatte. Aus U schickt man
die langekrähenden Hähne. Dieselben sind noch einmal so
lang als die gewöhnlichen Hähne. In der Provinz Yung-tsch’ang
gibt es keine Hühner.
Die Nachrichten von merkwürdigen Dingen:
Die auf die Fluth wartenden Hähne krähen, wenn das
Wasser der Fluth steigt.
"
1
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche Cliina’s. 65
Das Pflanzenbuch des göttlichen Ackersmannes in den
Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen:
Wie man ans Hühnereiern Bernstein bereiten kann. Man
nimmt Stechwinde und unbebrütete Hühnereier, bei denen das
Gelbe und Weisse untereinander gemengt ist, und siedet das
Ganze. Solange es noch weich ist, schnitzt man daraus be
liebige Gestalten und taucht sie in bitteren Wein. Wenn sie
nach einigen Nächten erhärtet sind, gibt man sie in ein
Pulver. Die nachgemachten sind von den echten nicht zu
unterscheiden.
Die von Wang-pao verfasste Geschichte des Suchens der
Götter:
Im Süden der Feste von Ngan-yang befand sich ein Ein
kehrbaus. Wer daselbst übernachtete, starb sofort. Ein Be
flissener der Bücher beleuchtete die Zahl der Künste. Er trat
in das Einkehrhaus und übernachtete daselbst. Er sass an
einer Seite und sagte Bücher her. Um Mitternacht kamen
zwei Menschen, der eine mit einem schwarzen Kleide, der
andere mit einem rothen Kopftuche angethan, zu der Thüre.
Vor dem Thore riefen sie den Besitzer des Einkehrhauses und
fragten: Ist hier ein Gast, der übernachtet? — Dieser ant
wortete: Ja. — Sie entfernten sich seufzend. Nach einer Weile
kam ein rothgekleideter Mensch und fragte wie die früheren.
Der Beflissene fragte: Wer ist der Sclrwarzgekleidete von
vorhin? —• Jener antwortete: Ein Mutterschwein des nörd
lichen Hauses. — Er fragte wieder: Wer ist der mit dem
rothen Kopftuche? — Jener antwortete: Ein alter Hahn des
westlichen Hauses. — Er fragte: Wer bist Du? — Jener ant
wortete: Ich bin ein alter Scorpion. — Am nächsten Morgen
grub man nach und fand einen Scorpion von der Grösse
einer Laute. Sein Stachel war vier Schuh lang. Zugleich er
reichte man das Schwein und den Hahn. Das Einkehrhaus
war hierauf sicher und ruhig.
Die von Lieu-hin-khi verfasste Geschichte von Kiao-
tscheu:
Die langekrähenden Hähne stammen aus Jc-nan.
Das Buch der Träume:
Der Hahn ist ein Angestellter des Krieges. Er trägt
Mütze und Sporen. Wenn man im Traume einen Hahn sieht,
Sitzungsbor. d. pliil.-kist. CI. LXXX Bd. I. Hft. 5
I
P f i z m a i e r.
66
hat man Kummer wegen der Angestellten des Krieges. Wenn
Hähne in das Thor treten, wird man von den Angestellten des
Krieges ergriffen. Kämpfen sie schaarweise in dem Hause, so
hat man Schrecken durch Bewaffnete.
Die Denkwürdigkeiten von U:
In den Districten Hö-phu, 7^ Tschü und Hiü gibt es
Berghühner. Dieselben sind von schwarzer Farbe und setzen
sich auf Bäume.
Die Denkwürdigkeiten von Wei:
m Lieu-fen, Statthalter von Ping-yuen, nahm den
Siegelbeutel und Federn des Berghuhns, legte beides in ein
Gefäss und liess ^ Ep#. Kuan-lu durch Wahrsagung es er-
rathen. Kuan-lu sprach: Inwendig viereckig, auswendig rund,
fünf Farben bilden Schriftschmuck. Es enthält Kostbarkeiten,
bewahrt Treue. Kommt es hervor, so hat es bunten Glanz.
Dieses ist ein Siegelbeutel. Auf hohen Bergrücken, auf Felsen
ist ein Vogel von hellrothem Leibe. Seine Flügel sind ursprüng
lich gelb. Wenn er singt, versäumt er nicht den frühen Mor
gen. Dieses sind Federn des Berghuhns.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
Das Berghuhn liebt seine Federn. Wenn es sich in dem
Wasser spiegelt, so tanzt es. Zu den Zeiten des Kaisers Wu
von Wei machten es die südlichen Gegenden zum Geschenke.
Der Kaiser wollte, dass es singe und tanze, konnte es aber
nicht bewerkstelligen. Der Fürstensohn Thsang-schü
hiess Leute einen grossen Spiegel nehmen und ihn vor dasselbe
hinstellen. Das Huhn spiegelte sich und tanzte. Es wusste
nicht aufzuhören und tanzte sich zu Tode. Jji # Wei-
tschung-tsiang verfertigte darauf ein bilderloses Gedicht, welches
sehr schön war.
Die Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen:
Das Berghuhn hat schöne Federn, und es liebt seine
Federn. Es spiegelt sich den ganzen Tag in dem Wasser.
Wenn es schwindlig wird, so ertrinkt es.
Die Denkwürdigkeiten von merkwürdigen Dingen von
Liu-hai:
Der Berghahn ist gleich dem Haushahn der Menschen.
Auf den Bergen von Ngan-yang gibt es deren viele. Diese
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
67
Hähne verlassen sicli auf die Sporen und lieben es zu kämpfen.
Wenn man um die Zeit einen Haushahn an den Ort stellt,
so kann man sie fangen.
Die von dem Geschleckte Sin verfasste Geschichte der
drei Thsin:
Der Berg |Jjj£ Tschin-thsang- liegt im Westen des
± ö Thai-pe und ist von Tschang-ngan achthundert Weg-
längen entfernt. Auf demselben befinden sich Steinhühner und
Berghühner, die einen von den anderen getrennt. ü m
Tschao-kao liess auf dem Berge Feuer anlegen. Die Berg
hühner entflogen, die Steinhühner entfernten sich nicht. Am
frühen Morgen krähen sie auf dem Gipfel des Berges. Man
hört den Ton dreissig Weglängen weit. Einige sagen, es seien
Edelsteinhühner. Ueber der Feste Tschin-thsang gibt es gött
liche Hühner. Die Menschen können sie nicht fangen. Die
Hähne sind Könige, die Hennen Oberherren. Fürst Mö erlangte
Hennen. Desswegen wurde er Oberherr.
Das Schue-wen:
Han ist das Himmelshuhn. Es heisst auch m m
Schin-fung, ,der Wind des frühen Morgens 1 .
Die Denkwürdigkeiten von merkwürdigen Dingen von
Lin-hai:
Die Cypressenhühner haben gelbe Mützen und grüne
Mützenschnüre. Sie befinden sich immer an dem Fusse der
Oypressenbäume. Ueber dem Kopfe haben sie lange gelbe
Federn. Die Federn an dem Kopfe und an den Wangen sind
echt grün und gleich herabhängenden Mützenschnüren.
Die Denkwürdigkeiten der südlichen Tue:
Unter den Vögeln des Districtes Sin-I gibt es viele
Cypressenhühner.
Das Buch Yün-tse:
Die Hühner von Yang-tscheu sind nackt und haben keine
Federn.
Die Denkwürdigkeiten des südlichen Yue:
In dem Districte Kao-hing gibt es viele zu Gaste gehende
Hühner. Dieselben sind gleich den Haushühnern und von fünf
bunten Farben. Wenn sie kommen, ist das Jahr fruchtbar.
Die von Tsoheu-king-schi verfasste Geschichte des Berges
Wenn man von dem weissen Wasser südwärts zehn Weg-
längen wandelt, gelangt man zu dem Hühnerberge. Zur Seite
erhebt sich der grosse Berg. Auf der Höhe desselben befindet
sich ein steinerner Hahn mit Mütze und Sporen gleich einem
lebendigen. Li-tschin, ein Mann des Weges, stieg
hier hinab und wohnte daselbst. Er betrachtete den Hahn
immer als eine Kostbarkeit und ein Kleinod. Der Hahn war
eines Morgens plötzlich zertrümmert. Li-tschin sagte zu den
Menschen: Mit dem Halme kam es zuletzt so weit. Ich habe
mein Leben beschlossen! — Er nahm jetzt von den ihm
Nahestehenden und Bekannten Abschied. Einen Monat später
starb er wirklich. Es schien, dass er das Schicksal kannte.
Yen oder jf|| yen ist die wilde Gans.
f$§ Ngo ist die zahme Gtons.
Hung wird gewöhnlich für gleichbedeutend mit j|||
hao ,Schwan' gehalten. Nach Anderen ist es eine grosse Wild
gaus. Uebrigens wird die wilde Gans auch ye-ngo
genannt.
Das Kuang-ya:
*J!jP fÜ K' a_n g° i st di* 3 wilde Gans (§!^ $•!§)•
Die Denkwürdigkeiten von U:
Kaiser King erkrankte. Er hiess einen Zauberer die
Dämonen beobachten und wollte ihn auf die Probe stellen. Er
tödtete eine Gans und vergrub sie in dem Garten. Er baute
ein Dach, stellte ein Bett auf und legte die Kleider eines
Weibes darüber. Er hiess den Zauberer dieses beobachten.
Wenn er im Stande wäre, die Gestalt des in diesem Grab
hügel befindlichen Weibes zu beschreiben, würde ihm dafür
eine Belohnung zu Theil werden. Der Zauberer beobachtete,
bis der Tag zu Ende war, und sprach vom Mittag bis zum Abend
nicht ein Wort. Der Kaiser drang in ihn und fragte ihn un
geduldig. Der Zauberer sprach jetzt: In Wirklichkeit sah ich
nicht, dass ein Dämon da ist. Ich sah bloss eine weisse Gans,
die sich über dem Grabe befand. Desswegen brachte ich nicht
sofort die Meldung. Ich vermuthete, dass der Geist sich ver
wandelt habe und bewerkstelligte die Bestimmung. Es erfolgte
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiclie Cliina’s.
69
keine weitere Veränderung. Ich weiss nicht, ans welcher Ur
sache. — Kaiser King beschenkte ihn jetzt reichlich.
Das Buch der Tsin:
In dem Zeiträume Yung-kia (307 bis 312 n. Chr.) sank
in dem Dorfe # m Pu-kuang im Nordosten von Lö-yang
die Erde ein, und es kamen zwei Gänse hervor. Die eine
war weiss, die andere grasgrün. Die weisse konnte nicht
fliegen, die grasgrüne entflog. |j|j ^ Tung-yang, dessen
Jünglingsname # Tscliung-tao, seufzte und sprach:
3^ Ti-thsiuen, wo zu den Zeiten der Tsclieu man zur
Beschwörung des Vertrages sich versammelte, es ist dieses
Gebiet. Grasgrün ist Hu. Weiss ist das Bild des Reiches.
Kann man wohl Alles sagen ? 1
Das Haus m m Lieu-I’s befand sich an den Ausgängen
der Mutterstadt. Er war überaus arm. Einst zog er mit den
Männern der Krümmungen des Bezirkes und den Grossen zu
der östlichen Halle und übte sich mit ihnen im Pfeilschiessen.
Um die Zeit war H 1t Yti-yue ältester Vermerker zur Rech
ten des Vorstehers der Schaaren und untersuchte die Sammel
häuser und Landstriche. Als seine Gefährten zu der östlichen
Halle auszogen, war I bereits früher angekommen. I schickte
zu Yue und liess ihn fragen : Ich bin arm und stürze bei dem
Baue zu Boden. Ein einziges Mal umherwandeln, ist sehr
schwer. Du bist ein Mann, der thun kann, was er will. Es
ist kein Ort, zu dem du nicht gehen kannst. Wärest du im
Stande, auf diese Halle Verzicht zu leisten? — Yue war ein
gewaltiger Mann. Er schritt vorwärts und antwortete nicht.
Um die Zeit machten ihm alle Menschen Platz. Bios I blieb
und schoss mit Pfeilen wie früher. Yue hatte eine sehr wohl
bestellte Küche, doch er liess I nichts zukommen. Dieser ging
nicht fort, und Yue war sehr missmuthig. I fragte ihn wieder:
Ich habe dieses Jahr von dir noch keine Gaus erhalten.
Könntest du mir mit einem Reste von Gebratenem Gnade
erweisen? — Yue antwortete wieder nicht. Als I ein vor
nehmer Mann geworden war, meldete er an dom Hofe, dass
man Yue der Stelle eines Heerführers, zugleich Beaufsichtigers
der Hauptstadt, entheben möge. Er verletzte und beschämte
1 Das Reich wird untergehen.
70
P f i z m a i e r.
ihn tief. Yuc hatte seine Absicht nicht erreicht, und es brach
an seinem Rücken ein Geschwür aus. In wenigen Tagen
starb er.
Das Buch der Sung:
Hu-fan schloss sich dem Kaiser Kao-tsu für die
Geschäfte an. Man unternahm den Zug gegen J|f [fj| Kuang-
ku und konnte dieses durch Monate nicht erobern. Plötzlich
flog ein Vogel, der gleich einer Gans und von grasgrüner und
schwarzer Farbe war, in das Zelt Kao-tsu’s. Alle waren dar
über erschrocken. Fan erhob sich und wünschte Glück, indem
er sagte: Die grasgrüne und die schwarze Farbe sind west
liche Barbaren und Menschen von Hu. Westliche Barbaren
und Menschen von Hu wenden sich uns zu: es ist ein Vor
zeichen grossen Glückes. — Am nächsten Morgen stür mte man
die Feste und eroberte sie.
m Khung-tsing wohnte in Schan-yin. Kaiser Wu
von Sung, als er noch in Dunkelheit lebte, ging zu ihm und
fragte nach ihm. Tsing schlief um die Zeit und träumte, dass
ein Mensch zu ihm sagte: Der Himmelssohn ist an dem Thore.
Tsing erwachte und schickte Menschen hinaus, damit sie
nachsehen, als der Kaiser eben ankam. Tsing erlaubte sich,
auf ihn zuzugehen und ihn zu empfangen. Er behielt den
Kaiser über Nacht bei sich und stellte am Abend Reisgrütze auf.
Er hatte kein Meerschwein, wohl aber frisch gelegte Gänse
eier. Er befahl, diese zu sieden und daraus eine Speise zu
bereiten. Als die Räuber bezwungen waren, ernannte ihn der
Kaiser zum Heerführer der emporreissenden Macht.
Die Geschichtschreiber des Südens:
Ho-yuen war Befehlshaber von Yung-khang.
Er wurde von den Menschen sehr gepriesen. Der Statthalter
s m Wang-tschin bereiste die abhängigen Districte. In
allen Districten bot man ihm reiche Zelte und empfing ihn.
Als er nach Wu-khang 1 gelangte, stellte Yuen blos gerösteten
Reis und Wasser hin. Als Tschin abreiste, begleitete ihn Yuen
bis zur Gränze, reichte ihm ein Nössel Wein sammt einer ein
zelnen Gans und verabschiedete sich. Tschin sprach im Scherze:
Deine Gebräuche sind mehr als eine einfache Darbietung.
1 Oben wird Yung-khang genannt.
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
71
Wirst du nicht von den Menschen des Alterthums verlacht
werden ?
Die abgekürzten Vorbilder der drei Reiche:
jlf£j Yü-sin entfloh aus Kien-khaug und wendete sich
nach lviang-ling. Der König von Siang-tung schenkte ihm bei
diesem Anlasse eine Nebengemaliu von dem Geschleckte
Siü. Die Nebengemaliu hatte mit ^>|J Yen, dem jüngeren Bruder
Sin’s, geheimen Umgang. Yen wollte sie begehren, wusste es
aber nicht vorzubringen. Vor dem Vorhofe Sin’s befand sich
eine grasgrüne Gans. Er band jetzt einen Brief an den Hals
der Gans. Sin sah den Brief an: es war eine Eröffnung Yen’s.
Hierauf schrieb er auf den Schweif des Papiers: Ein Vieh
bittet dich.
Das Buch der Thang:
Im zwölften Jahre des Zeitraumes Yuen-ho (817 n. Chr.)
machte jflJJ Li-sö einen Einfall in Tsai-tscheu. Seine
Streitmacht gelangte zu der Feste
Hiuen-kua. Um
Mitternacht schneite es stark. Zur Seite der Feste befanden
sich Gänse- und Ententeiche. Sö befahl, diese Thiere durch
Schläge aufzuschrecken. Man bewirkte dadurch, dass ihre
Stimmen sich einmengten.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
Äjk Fu-sching war ein Bewohner von Kiang-hia. Er
besass eine einzelne Gans. Er vermisste dieselbe durch drei
Jahre. Plötzlich kam sie, dreissig von ihr gefundene Gänse
mit sich führend, zu seinem Hause.
Die Gespräche des Zeitalters:
In Kuei-ki war ein alleinstehendes altes Weib, das sich
eine Gans hielt. Dieselbe schrie mit hellem Tone und lang.
Um die Zeit war j- A/' W ang-yi-schao Statthalter. Er
begehrte die Gans zu kaufen, erhielt sie aber nicht. Er zog
jetzt die ihm nahestehenden Menschen und die alten Bekannten
herbei und hiess sie den Wagen besteigen. Man machte sich
in Gemeinschaft auf den Weg, um die Gans zu sehen. Als
das alte Weib hörte, dass ein Angestellter der zehntausend
Scheffel kommen solle, kochte sie sogleich die Gans und war
tete ihm damit auf. Als Yi-schao angekommen war, machte
er sich absonderliche Gedanken über den Verlust des Lebens.
Er seufzte immer mehr Tage hindurch.
72
Tfi z ra ai er.
Die Geschichte der Gewohnheiten:
m % n Lieu-kuang-lö aus der Gegend unterhalb
der Mutterstadt ernährte schöne Gänse. ^|J ^ jji Lieu-
heu-kilin kehrte aus der Mutterstadt zurück und hielt Thsin-
yang nieder. Kuang-lö machte Heu-kiün eine einzelne Gans
zum Abschiedsgeschenke. Diese war von echter grasgrüner
Farbe, ihr Iials war vier Schuh lang, und ihr Kopf hatte Aelin-
lichkeit mit demjenigen, eines Drachen. Diese einzige Gans
mochte fünfmal zehntausend Kupfermünzen werth sein. Später
sah man keine mehr von dieser Art.
Die von Thsui-piao verfassten Erklärungen des Alter
thums und der Gegenwart:
Die Gans hat Aehnlichkeit mit dem Schwane, ist aber
grösser. Ihr Hals ist acht Schuh lang. Sie ist geschickt im
Kämpfen und verzehrt mit Vorliebe Schlangen.
Die Ueberlieferungen von Merkwürdigkeiten:
Zu beiden Seiten des Berges J|J Liü gibt es gewöhnlich
mehrere tausend wilde Gänse, die eine Heerde bilden. Die
Aeltesten und Greise erzählen als Ueberlieferung: Einst war
ein Dachs, welcher deren verzehrte. Am nächsten Tage sah
man den Dachs. Derselbe heulte auf einer Sandbank, als ob
er gebunden würde.
Die Denkwürdigkeiten von dem südlichen Yue:
Auf dem Berge des Tempels des Districtes Hoa-mung
befindet sich ein See. In diesem See gibt es Quellengänse,
welche den gegenwärtigen wilden Gänsen gleichen. Dieselben
blähen die Kröpfe an den Gebirgsquellen. Desswegen nennt
man sie Quellengänse.
Die Geschichte der beiden Mutterstädte:
fift *§l Hoei-yuen, ein Schamane des Klosters
Tsing-ying, erklärte die richtschnurmässigen Bücher. Zur Zeit
als er sich in dem Bezirke befand, folgte ihm beständig eine
Gans und hörte die richtschnurmässigen Bücher. Als Yuen in
die Mutterstadt trat und in dem Kloster verblieb, schrie die
Gans Tag und Nacht ohne Aufhören. Die Bonzen brachten
sie in die Mutterstadt und Hessen sie an dem grossen Thore
dieses Klosters los. Sie kannte von selbst die Zelle Yuen’s,
trat sofort ein und zeigte sich vertraulich. So oft sie die Glocke
der Erklärung hörte, trat sie in die Halle, legte sich nieder
Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
73
und hörte zu. Wenn sie hörte, dass man nachliess und von
etwas anderem sprach, trat sie schreiend und flatternd hinaus.
So war es durch sechs Jahre. Plötzlich schrie sie kläglich
unter der Traufe des Vorhofes und wollte nicht in die Halle
treten. Nach zweimal zehn Tagen starb Yuen. In dem Kloster
befindet sich eine Gedenktafel Yuen’s, die ebenfalls diese
Sache kundgibt.
Die Denkwürdigkeiten von merkwürdigen Dingen des
Südens der Berghöhen:
Die Häuptlinge und Gewaltigen des südlichen Weges
wählen häufig feine Gänsefedern, stopfen sie in Tuch, Lein
wand oder Flockseide und bereiten Decken. Sie legen die
Federn doppelt und in die Quere. An Wärme und Weichheit
stehen sie der eingestopften Flockseide nicht nach. Man sagt
gemeiniglich: Die Gänsefedern sind weich und warm, doch
von Eigenschaft kühlend. Es ist angemessen, mit ihnen
kleine Kinder zu überdecken und dadurch den Fraisen vorzu
bauen.
Die Geschichte von Lin-hai
Im Süden der Provinz (Lin-hai) liegt der weisse Berg.
Derselbe ist dreihundert Klafter hoch. Von ferne hat er ein
Aussehen wie Schnee. Auf seiner Höhe befindet sich ein See.
Die alten Leute überliefern als Sage, dass sich daselbst gol
dene Gänse versammeln und acht Zimmtbäume gepflanzt wur
den. Weiter unten sei ein Bach, der mit goldenem Glanze
glänzt.
Im Osten der Provinz (Lin-hai) liegt der Berg des klaren
inneren Hauses (J|t ||f). Die alten Leute sagen, zu den
Zeiten der Könige von Yue habe man auf der Höhe des Ber
ges ein Gebäude mit der Aussicht auf das Meer erbaut. An
dem Fusse des Berges befinde sich ein See. In demselben
gebe es goldene Gänse und fliegende Fische.
% Hu ist das Thier, auf welchem die Dämonen reiten:
der Fuchs.
Das Schue-wen:
Der Fuchs ist ein ungeheuerliches vierfüssiges Thier. Er
ist es, auf dem die Dämonen reiten. Er besitzt drei Tugenden.
Seine Farbe ist eine mittlere und zusammenstimmende. Er
74
Pfizmaier.
ist an der Vorderseite klein, an der Rückseite gross. Wenn er
stirbt, richtet er das Haupt nach dem Erdhügel. Dieses nennt
man die drei Tugenden.
Die Abtheilung Than-kiung in den Gebräuchen:
Die Weisheitsfreunde sagen: Bei der Freude hat man
Freude an dem Orte, wo man geboren ist. Bei den Gebräuchen
vergisst man nicht seinen Ursprung. Die Alten hatten ein
Sprichwort: Wenn der Fuchs stirbt, ist sein Haupt gerade nach
dem Erdhügel gerichtet. — Dieses ist Menschlichkeit. Es be
sagt: Er vergisst nicht seinen Ursprung.
• Das Buch der Tsin:
EE iM Wang-siün hatte sich in Yeu-tscheu festgesetzt.
Ein Fuchs kauerte an dem Thore des Sammelhauses und sprang
in die Gerichtshalle. Später wurde Siün wirklich geschlagen.
Dasselbe Buch der Tsin:
Hin, der Sohn des Königs Kao von
Wu-tschao aus dem Hause Liang, war Landpfleger von
Liang-tscheu. Um die Zeit kam ein Fuchs zu dem südlichen
Thore herauf. vß M Fän-tsching, der den Registern Vor-
, gesetzte, sprach: Das Sprichwort sagt: Wenn ein Thier der
Wildniss in ein Haus tritt, wird der Besitzer sich entfernen.
Ein Fuchs ist zu dem südlichen Thore heraufgekommen. Auch
ist Hu ,Fuchs' so viel als in Hu ,das Land Hu'. Es ist,
als ob der Himmel sagen wollte: Menschen von Hu wohnen
hier. Sie wohnen an der südlichen Seite der Feste. — Später
wurde jener durch y|j ||| j|| Tsiü-khiü-mung-sün ver
nichtet.
Das von Wang-yin verfasste Buch der Tsin:
Die Tochter ^Hj IM: fiij Lieu-tschi-tsi’s litt durch Jahre an
dem Wurmfrass. Han-yeu befahl, einen Tuchsack zu
verfertigen. Er spannte diesen zwischen das Fenster. Er ver
schloss dann die Thiire und jagte einher. Nach einer Weile
blähte sich der Sack stark auf. Er band die Oeffnung schnell
zu und hängte ihn zwischen die Bäume. Als man nachsah,
befanden sich darin nur zwei bis drei Pfund Fuchshaare. Die
Tochter war alsbald geheilt.
Dasselbe Buch der Tsin :
W- T ^ Tschün-yü-tschi war ein Mensch von
Thsi-pe. Die Mutter Tsao’s, Lehensfürsten von Jl IJia,
Denkwürdigkeiten aus dem Tliierreiche China’«.
75
befand sich krank und erschöpft in U-ku. Tsao ging
aus und begab sich zu Tschi, damit dieser die Schildkröten
schale brenne. Da wendete sich an dem Thore gegen ihn ein
Fuchs und heulte. Tsao war besorgt und erschrocken. Er jagte
sogleich zu Tschi. Dieser sprach: Das Unglück kommt sehr
plötzlich. Mögest du schnell heimkehren und an dem Orte,
wo der Fuchs heulte, die Hand auf das Herz legen und weinen
und wehklagen. Mögest du damit nicht aufhören, dann kann
dem Unglücke ein wenig vorgebeugt werden. — Tsao that
dieses. Seine Mutter, noch krank, kam heraus. Nachdem sich
die Menschen des Hauses versammelt hatten, stürzte die Decke
der Halle an allen fünf Seiten plötzlich ein.
Das Buch der Thang:
T5J" Ko-sche-han konnte sich mit j|(,^ jj [ Lö-schan
nicht vertragen. Der Kaiser söhnte sie immer aus. Lö-schan
sprach zu Plan: Mein Vater ist ein Mensch von Hu. Meine
Mutter ist eine Türkin. Deine Mutter ist eine Türkin, dein Vater
ist ein Mensch von PIu. Ich bin so ziemlich von demselben
Gfeschlechte wie du. Warum kannst du dich nicht mit mir be
freunden?— Han erwiderte ihm: Die Alten sagten: Wenn ein
Fuchs der Wildniss gegen die Höhle sich kehrt und heult, so
ist dieses ein unglückliches Zeichen. Es ist, weil er seinen
Ursprung vergisst. Ich wage es, das Herz nicht auszuschütten. •—
Lö-schan war sehr erzürnt. Er glaubte, dass jener ihm seine
Abstammung aus PIu 1 vorwerfe.
Die späteren Worte des PVühlings und Herbstes:
Siuen, König von Tsu, machte jjj] ^ Tschao-hi-sü
zum Reichsgehilfen. Die Lehensfürsten fürchteten ihn. Der
König fragte seine Diener: Ich habe gehört, die nördlichen
Gregenden fürchten Tschao-hi-sü. In wie fern ist dieses auch
wahr? — yx L Kiang-yi antwortete: Ein Tiger suchte die
hundert vierfüssigen Thiere und verzehrte sie. Er fand den
Fuchs. Der Fuchs sprach: Du darfst mich nicht verzehren. Der
Himmelskaiser befahl mir, der Aelteste der hundert vierfüssigen
Thiere zu sein. Wenn du mich verzehrst, handelst du dem Befehle
des Himmelskaisers zuwider. Wenn du mir nicht glaubst, schreite
ich vor dir einher, du folgst mir und siehst dann, ob die hundert
Ist auf das bereits oben vorgekommene Wortspiel zurückzuführen,
76
Pfizmaier.
vierfüssigen Thiere, welche mich sehen, etwas anderes thun kön
nen, als entlaufen. — Der Tiger hielt dieses für wahr. Er folgte
dem Fuchs und entfernte sich. Die hundert vierfüssigen Thiere
sahen es und entliefen. Der Tiger wusste nicht, dass die
vierfüssigen Thiere ihn fürchten. Er glaubte im Gcgentheil,
dass sie den Fuchs fürchten. Jetzt hat das Gebiet des Königs
im Umfange fünftausend Weglängen. Diejenigen, die sich mit
Panzern umgürten, sind hundertmal zehntausend, und du hast
sie Tsehao-hi-sü anvertraut. Somit fürchten die nördlichen Ge
genden nicht Hi-sü, sie fürchten in Wirklichkeit des Königs
Lederpanzer und Angriffs Waffen. Was daher an einem Diener
unter den Menschen gefürchtet wird, ist die Macht des Ge
bieters. Wenn ihn der Gebieter nicht verwendet, so geht die
Macht verloren.
Die vermischten Erzählungen der Mutterstadt:
ij^ Khiü-tsi, König von Kuang-tsehuen, versammelte
seine unnützen jungen Leute und lustwandelte und jagte mass-
los. Die Grabhügel und Gräber in dem Reiche liess er sämmt-
lich öffnen. Er öffnete einst den Grabhügel ||| Luan-schu’s.
Es war darin weiter nichts als ein weisser Fuchs. Als dieser
Menschen sah, erschrak er und entlief. Die Leute des Ge
folges stiessen nach ihm mit Hakenlanzen, aber bekamen ihn
nicht. Sie verletzten seinen linken Fuss. Hierauf träumte der
König, dass ein Mann, dessen Haupthaar und Augenbrauen
völlig weiss waren, zu ihm kam und sagte: Warum hast du
meinen linken Fuss verletzt? — Er schlug mit einem Stocke
auf des Königs linken Fuss. Der König litt jetzt an einem
Fussübel. Bis zu seinem Tode war es nicht geheilt.
Die Ueberlieferungen von Kuan-lu:
ln der Rächt erschien ein kleines Wesen, das einem vier
füssigen Thiere glich. Dasselbe hielt in der Hand ein Licht
und blies es mit dem Munde an. Der Beflissene der Bücher
erhob ein Messer und hieb das Thier an den Lenden durch.
Als er es ansah, war es ein Fuchs. Seitdem gab es keine
Feuersbrünste.
Der von Lieu-king-schö verfasste Garten der Merkwürdig
keiten :
Ein gewisser jjjjjj Hu-tao-lö gab sich für einen
Menschen von Kuang-ling aus. Er liebte die Musik und die
Denkwürdigkeiten aus dem Tliierreiclie Ckina’s.
77
Gegenstände der Heilkunst. Er roch nach Schweinefett und
umgab sich immer mit berühmten Wohlgerüchen. Nur hatte er
eine Scheu vor muthigen Hunden, und er erklärte sich hierüber.
An seinem Todestage ermahnte er die Schüler und sagte:
Wenn ich ausgeathmet habe, lasset mich auf bahren. Lasset
keinen Hund meinen Leichnam sehen. — Er starb in Schan-yang.
Nach beendeter Einsargung bemerkte man, dass der Sarg leer
war. Als man ihn öffnete und hinblickte, sah man keinen
Leichnam. Alle Zeitgenossen sagten, es sei ein Fuchs gewesen.
Die Geschichte des Suchens der Götter:
So oft in der Provinz Tsieu-thsiuen ein Statthalter das
Amt antrat, starb er nach nicht langer Zeit. Später ward
m S Tscliin-fei von Pö-hai in diese Provinz geschickt.
Als er die Reise antrat, liess er die Schildkrötenschale brennen.
Der Mann der Schildkrötenschale sprach: Man halte alle
Heu fern und lasse 'ffi & Pe-yung los. Kann man dieses
erklären, so ist man frei von Kummer. — Als Fei sein Amt
antrat, befand sich unter den Aufwärtern ein ^ Tschang-heu,
unter den Aerzten ein J -0^ Wang-heu, unter den Fuss-
gängern ein -0^ Sse-lieu. Fei hielt diese immer von sich
fern. Um Mitternacht stieg etwas auf die Bettdecke Fei’s. Er
legte sogleich die Deke darauf und ling es. Das Wesen hüpfte
und machte grossen Lärm. Dann sagte es: Ich habe keine
böse Absicht. Ich soll reichlich dem Gebieter des Sammel
hauses vergelten. — Fei sprach: Was bist du? —- Das alte
Gespenst sprach: Ich war ursprünglich ein hundertjähriger
Fuchs. Jetzt bin ich ein altes Gespenst. Du sollst die gött
liche Erhörung herablenken und mich ein einziges Mal los
lassen. Mein Jünglingsname ist 'fö 7% Pe-yung. Wenn der
Gebieter des Sammelhauses in Bedrängniss ist, so rufe er
mich. — Fei war erfreut und liess es sogleich los. Plötzlich
zeigte sich ein rotlier Glanz gleich einem Blitze. Später
sagte es ihm jede Sache früher. Innerhalb der Gränzen von
Tsieu-thsieuen ereignete sich nicht die geringste Unordnung.
Alle sagten: Ein höchstweiser Gebieter. Nach Verlauf eines
Monats liess sich ^5 Li-yin, der den Registern Vorge
setzte, mit der aufwartenden Sclavin Pei’s in ein Vcrhältniss
ein. Er erschrak dann und fürchtete, durch Pe-yung verrathen
zu werden. In seiner Furcht machte er mit den Knechten einen
I
78
Pfizmaier.
Anschlag auf das Leben Pei’s. Man wartete, bis Niemand bei
ihm war, drang sofort aus dom Hinterhalte ein und wollte ihn
tödten. Pei rief nach Pe-yung. Es war als ob man ein Stück
hochrothen Seidenstoffes schleppte. Die Knechte fielen zur
Erde und verloren die Besinnung. Man band und ergriff sie
nach der Reihe. Alle bekannten, und man tödtete Yin sanimt
den Uebrigen. Pe-yung aber entschuldigte sich gegen Pei und
sagte: Ich kam noch nicht dazu, das Verbrechen anzuzeigen,
da ward ich von dem Gebieter des Sammelhauses gerufen. Ich
bin noch immer voll Beschämung und Furcht.
Dieselbe Geschichte des Suchens der Götter:
In U war ein Beflissener der Bücher, Namens ISS t
Iiao-scheu. Derselbe nannte sich den vielseitigen Mann von
Sl Hu. Er unterrichtete die Beflissenen. Plötzlich sah man
ihn nicht mehr. Am neunzehnten Tage des neunten Monats
erstiegen vorzügliche Männer in Gemeinschaft einen Berg, um
zu lustwandeln und Umschau zu halten. Da hörten sie Bücher
erklären. Sie befahlen den Knechten, nachzusuchen. Man sah
in einem leeren Grabhügel eine Schaar Füchse, welche sich in
Reihen gestellt hatten. Als sie Menschen sahen, entliefen sie.
Ein alter Fuchs allein entfernte sich nicht. Es war Hao-scheu,
der Beflissene der Bücher.
Die fortgesetzte Geschichte des Suchens der Götter:
^=1 jH| t\ Si-tsö-tschi von Siang-yang war der den
Registern Vorgesetzte von King-tscheu. Er zog mit dem Kaiser
Hoan-wu auf die Jagd. Es war um die Zeit des grossen
Schnees. Im Westen der Stadtmauern von Kiang-ling sah er
über den Gräsern Sclmeeluft hervorkommen. Als er spähend
hinblickte, sah er ein gelbes Wesen. Er schoss nach ihm, und
es war bei dem Abfliegen des Pfeiles todt. Als er hinging und
es nahm, war es ein alter männlicher Fuchs. Derselbe trug
an dem Fusse einen Riechbeutel von hochrothem Taffet.
Die fortgesetzte Geschichte des Suchens der Götter:
Ul Ku-tschen aus der Provinz U gelangte auf der
Jagd zu einem Bergrücken. Da hörte er einen Menschen die
Worte sprechen: Wahrlich! dieses Jahr ist ein Schwinden! —
Er suchte mit seinen Leuten nach. Da befand sich an dein
Hange des Bergrückens eine Fallgrube. Dieselbe war ein
Hügelgrab der alten Zeit. Man sah einen alten Fuchs, der in
Denkwürdigkeiten nun dem Thierreicke China’e. 79
dem Hügelgrabe kauerte. Vor ihm befand sieh ein Register.
Der alte Fuchs krümmte dem Buche gegenüber die Finger
und hatte etwas zu rechnen und zu vergleichen. Man Hess die
Hunde los, die ihn erbissen. Man nahm ihn und sah in seinen
Mund: er batte keine Zähne mehr. Die Haare seines Kopfes
waren weiss. In dom Register standen lauter Namen von
Menschentöchtern, die er verbrecherisch geliebt hatte. Es waren
solche, mit denen er vorübergehend gebuhlt hatte. Die weiter
verzeichneten Namen derjenigen, die er noch nicht an sich
gezogen hatte, waren hundert an der Zahl. Die Tochter
Tschen’s stand gerade an einer Fortsetzung des Registers.
Li ist der Dachs.
Das Durchdringen der Sitten und (Gewohnheiten:
In dem Einkehrhause H fit Si-wu an dem westlichen
Thore von Jü-yang war ein dämonisches altes Gespenst. Wer
dort übernachtete, war alsbald todt. Alle, welche erdrückt wur
den, verloren das Haupthaar. 35 10 n Tsche-pe-I, Auf
seher der Posthäuser aus Si-ping, kam zu dem Einkehrhause,
stieg in das Stockwerk und übernachtete daselbst. Er las mit
lauter Stimme die acht Panzer, das Buch der Elternliebe und
den Text der Verwandlungen. Dann legte er sich zum Scheine
schlafen, zog heimlich das Schwert und löste das Gehänge. In
der Nacht kam ein Wunderding von vier bis fünf Schuhen
Grösse und überdeckte ihn. Pe-I band mit dem Wehrgehänge
den Fuss des alten Gespenstes. Er rief, stieg herab und be
leuchtete es mit der Lampe. Er sah einen alten Dachs, dessen
Leib roth und gänzlich haarlos war. Er ergriff ihn, ging hinab
und verbrannte ihn. Am nächsten Morgen öffnete man das
Dach des Stockwerkes. Man fand hundert Haarschöpfe aus dem
menschlichen Haupthaar, welches verloren gegangen war. Hier
durch war alsbald ein Ende gemacht.
Die Ueberlieferungen von göttlichen Unsterblichen:
m b Luan-pa war Statthalter von Yü-tschang. Vor
dem hörte man in dem Ahnentempel des Berges Liii die
Reden von Menschen. Man trank Wein und polterte. Man
besass die Eigenschaften, um nach dem Einkehrhause des
Palastes geschickt zu werden. Auf dem See wehte gleich-
massiger Wind, die Reisenden hissten die Segel und begegne-
I
80
Pfizmaier.
ten einander. Zolin Tage vor der Ankunft Pa’s machten die
Menschen in dem Ahnentempel kein Getöse mehr, man wusste
nicht, wo sie waren. Als Pa ankam, übersandte er dem Kaiser
eine Denkschrift, worin er sagte: Das dämonische alte Gespenst
des Ahnentempels nennt sich fälschlich eine Obrigkeit des
Himmels. Es betrügt und schädigt die hundert Geschlechter.
Es häuft die Schuld schon längst seit Tagen. Das Verbrechen
muss ohnmächtig gemacht und bestraft werden. Ich bitte, dass
die Sache dem verdienstvollen Richter zugewiesen werde. Ich
selbst ziehe aus, verfolge und fange es. Wenn man es nicht
zurechtbringt und straft, so fürchte ich, es wird wieder in der
Welt umherwandeln. Das Speisen mit Blut an dem Orte, wo
es sich aufhält, belästigt mit Unrecht das vortreffliche Volk
und fordert ernstliches Beton. — Er durchsuchte jetzt dort, wo es
sich befand, die Borge und Flüsse und fragte an den Altären
der Landesgötter nach den Spuren des Dämons. Dieser Dämon
gelangte in das Reich Tsi und wurde ein Beflissener der
Bücher. Der Statthalter von Tsi sah ihn. Jener war von Aus
sehen schön und zierlich, und hatte auch Begabung und Ver
stand. Er war im Lernen bewandert und erörterte den Sinn
der richtsclmurmässigen Bücher. Die Menschen, welche sich
damals in Tsi befanden, kannten ihn alle. Der Statthalter
wusste ebenfalls nicht, dass es ein Dämon sei, und er vermälte
ihn mit seiner Tochter. Diese gebar einen Knaben.
Pa kam jetzt an und besuchte den Statthalter. Nachdem
er die ersten Worte gesprochen, fragte er: Ich habe gehört,
dass du einen Eidam hast, der den Söhnen über die fünf richt-
schnurmässigen Bücher Aufklärung gibt. Kann ich ihn schon? —
Der Statthalter bat den Eidam zu sich. Dieser stellte sich krank,
entschuldigte sich und trat nicht heraus. Doch Pa begehrte
ihn ohne Unterlass. Der Eidam sagte zu seinem Weibe: Wenn
ich heute heraustrete, muss ich sterben. Was sagst du dazu? —
Die Tochter verwunderte sich ebenfalls und wusste nicht, was
sie thun solle. Pa erkannte, dass jener sich nicht herausge
traue. Er begehrte eine Tafel der Meldung an dem Hofe sammt
einem Pinsel und schrieb auf ein Abschnittsrohr. Er gab dieses
dem Statthalter und sagte: Gib dieses dem weisen Eidam. Er
wird dann herauskommen. — Als der Eidam das Abschnitts
rohr erhielt, vergoss er Thränen, nahm von seinem Weibe Ab-
Denkwürdigkeiten ans dem Thierreiclie China’s.
81
schied und trat heraus. Als er Pa erblickte, war er von Kör
per in einen Dachs verwandelt, jedoch von Angesicht war er
noch immer ein Mensch. Pa schalt ihn mit rauher Stimme
und sagte : Ein todter Dachs ist waghalsig. Warum bringst
du nicht deine wahre Gestalt zurecht? — Jener wurde ganz
ein Dachs. Pa sagte wieder: Man enthaupte ihn. — Ohne
dass man sah, wer ihn enthauptete, war das Haupt des Dachses
abgehauen. Pa sagte wieder: Man bringe den jungen Dachs. —
Nach einer Weile verwandelte sich das Kind, welches die
Tochter des Statthalters geboren hatte, ebenfalls in einen Dachs.
Man enthauptete es gleichfalls. Pa verabschiedete sich und
kehrte in die Provinz zurück.
Die Geschichte des Suchens der Götter:
M ii\ ®L Lieu-pe-tsu von Pö-ling war Statthalter von
Ho-tung. Auf dem Staubbehälter seines Wohnplatzes befand
sich ein Gott, der sprechen konnte. Derselbe rief ihn immer
und sprach mit ihm. Als aus der Mutterstadt eine höchste
Verkündung meldete, dass man ein Schi-eiben herabgelangen
lasse, sagte er es ihm alsbald früher. Pe-tsu fragte ihn, was er
esse. Er wünschte Schafsleber zu erhalten. Pe-tsu kaufte
Schafsleber und liess sie vor ihm klein zerschneiden. Unter
dem Messer hatte man, ohne dass man es sah, zwei ganze
Schafslebern verzehrt, und ein alter Dachs stand, das eine
Auge geschlossen, vor der Speisetafel. Derjenige, der das
Messer hielt, wollte das Messer erheben und nach ihm hacken.
Pe-tsu rief ihm zu, dass er es unterlassen möge. Er selbst
gab die Speise her und legte sie auf den Staubbehälter. Nach
einer Weile lachte man laut und sagte: Ich ass vorhin Leber
und berauschte mich. Da ward ich meiner Gestalt verlustig
und traf mit dem Gebieter des Sammelhauses von Angesicht zu
sammen. Ich bin sehr beschämt. — Später sollte Pe-tsu Vorsteher
der Gerichtsbeamten werden. Der Gott redete Pe-tsu wieder vor
her an und sagte, an dem gewissen Tage eines gewissen Monats
werde die Schrift der höchsten Verkündung ankommen. Zu der
bestimmten Zeit war es, wie er sagte. Als Pe-tsu in das Sammel
haus des Vorstehers der Gerichtsbeamten trat, war ihm der
Gott gefolgt und befand sich auf dem Staubbehälter. Er sprach
sofort von den Dingen innerhalb der verschlossenen Abtheilung.
Pe-tsu empfand grosse Furcht und sagte zu dem Gotte: Mein
SitzungBber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. I. Hft. 6
82
Pfizmaie r.
jetziges Amt bestellt in Steclien und Einziehen. Wenn die
Leute der Umgebung und die vornehmen Menschen hören,
dass sich hier ein Gott befindet, bringen sie mich deshalb ums
Leben. — Der Gott antwortete: Es ist in Wahrheit so, wie
der Gebieter des Sammelhauses es denkt. Ich werde dich auf
geben und mich entfernen. — Hierauf verstummte er.
Die Verzeichnisse des Dunklen und Hellen:
ln dem Hause «jk Tai-miao's von U-hing hatte ein
alberner Gast von dem Geschleckte J Wang ein junges
Weib. Dasselbe war von schönem Aeusseren, und der mittlere
jüngere Bruder Miao’s begab sich immer zu ihr. Der Gast
hegte einen geheimen Groll und zeigte es Miao an. Er sagte:
Dass der mittlere Bruder dieses tliut, ist sehr der Sitte zuwider.
Ich wünsche, dass du hingehest und an ihn ermahnende Worte
richtest. — Miao befragte den jüngeren Bruder um die Sache.
Dieser schmähte gewaltig und sagte: Durch welche Mittel ge
schieht dieses? Es ist gewiss ein ungeheuerlicher Dämon. ■—
Er rieth ihm, das Weib erschlagen zu lassen. Es war offen
bar, dass der Gast noch immer nicht den Math hatte, den
Dämon zu umschränken. Später kam er, verschloss die Thüre
und wollte das Weib binden. Dieses verwandelte sich sogleich
in einen grossen Dachs und sprang durch das Fenster hinaus.
Dasselbe Verzeichniss des Dunklen und Hellen.
il 'fl|< Tung -tschung-schü trat einst unter das Rund
zelt und las mit lauter Stimme. Da kam zu ihm ein Gast, der
mit ihm sprach und hierauf Tage verbrachte. Schü erkannte,
dass es kein gewöhnlicher Gast sei. Dieser sagte ferner: Es
will regnen. — Tschung-schü scherzte bei diesem Anlasse mit
ihm und sagte: Was in Nestern wohnt, kennt den Wind. Was
in Höhlen wohnt, kennt den Regen. Wenn du kein Fuchs oder
Dachs bist, so bist du eine winzige Maus. — Als der Gast
diese Worte hörte, zeigte seine Miene Erregung. Seine Gestalt
brach zusammen, und er verwandelte sich in einen alten Fuchs
oder Dachs.
Di e von Wang-tö von Sui verfasste Geschichte der alten
Gränzen:
Im fünften Monate des siebenten Jahres des Zeitraumes
Ta-nie (bl 1 n. Ohr.) meldete ich als kaiserlicher Vermerker
die Rückkehr nach Ho-tung. Da starb eben 0^ Zjr Heu-seng
Denkwürdigkeiten ans dein Thierreiche Cliina’s.
83
und erlangte eine Gränze. 1 Im sechsten Monate kehrte ich
nach Tschang-ngan zurück und übernachtete in dem Hause des
Wirthes Tsching-hiung. Dieser hatte erst kürzlich
eine Sclavin erhalten. Dieselbe wurde ziemlich wegen ihrer
eigentümlichen Zierlichkeit gepriesen. Ihr Name war |$j|
Ying-wu. Ich lichtete Mütze und Schuhe, nahm einen Spiegel
und besah mich. Ying-wu sah dieses von ferne. Sie schlug
sogleich das Haupt gegen den Boden, vergoss Blut und sagte:
Ich getraue mich nicht, zu bleiben. — Ich liess Hiung rufen
und fragte ihn um die Ursache. Hiung sprach: Vor zwei Tagen
war ein Gast, der eine Sclavin an der Hand führte. Dieselbe
kam aus Osten. Zur Zeit ihrer Ankunft war sie krank und
müde. Deswegen liess er sie hier unter Obhut zurück. Ich
weiss nicht, woher die Sclavin ist. — Ich vermutete, dass sie
ein altes Gespenst sei und bedrängte sie mit dem Spiegel.
Hierauf erklärte sie sich und sagte: Ich bin ursprünglich ein
tausendjähriger alter Dachs unter den langen Fichten vor dem
Ahnentempel des blumigen Berges. Ich zog lange Zeit umher,
verwandelte mich und berückte. Dieses Verbrechen verdient
den Tod. In naher Zeit wurde ich von dem Gebieter des
Sammelhauses ertappt und verfolgt. Ich floh und verbarg mich
zwischen dem Flusse und dem Wei. Ich wurde die rechtmäs
sige Tochter |Jij| ^ Tschin-sse-kung’s von Hia-kuei. Die
Gattin Sse-kung’s, die von dem Geschleckte J||j Tsching, sah
mich und ernährte mich. Ihre Gnade war sehr gross. Sie ver
malte mich an atjr Thse-hoa, einen Menschen des Bezir
kes. In meinem Sinne hatte ich an ihm keine Freude. Ich
entfloh und entfernte mich. Ich gelangte im Osten nach
Han-tscking. Hierauf wurde ich von dem wandernden Men
schen $ * # Li -wu-ngao ergriffen. Wu-ngao ist ein
roher Mensch. Er entführte mich und wandelte mit mir bis
hierher. Ich dachte nicht, dass die Gränze des Himmels mich
einmal beleuchten werde. Um mich zu verbergen, habe ich
keinen Weg. Indessen bin ich schon lange ein Mensch gewesen.
Ich schäme mich, wieder die alte Gestalt anzunehmen. Ich
1 Die Gränze ist wohl das, was weiter unten die Himmelsgränze genannt
wird, es scheint aber, dass hing ,Gränze“ eine Anspielung auf 0^
hing ,Spiegel“ ist.
6*
84
Pfizmaier.
möchte unter Freude und Trinken sterben. — Teil stellte ver
mittelst eines Kofferspiegels Wein auf, lud das ganze Haus
Hiune’s sowie die Menschen der benachbarten Gasse ein und
beging mit ihnen ein Fest. Diese Sclavin berauschte sich
stark. Sie erhob sich, tanzte und sang: Der kostbare Spiegel!
der kostbare Spiegel! Wehe mein Leben! Seit ich mich ge
trennt von der Gestalt, bis heute der Geschlechter wie viele!
Kann man des Lebens sich auch freuen, im Tode hat man
nicht wieder Leid. Warum Liebe hegen zu den Meinen! Ich
bewahre diese einzige Seite. -— Nachdem sie ausgesungen, ver
wandelte sie sich in einen Dachs und starb.
Die Geschichte der erzählten Merkwürdigkeiten:
Zur Zeit als |j|; Tung-yi von Tsehin-lieu jung war, be
fand sich in seiner Nachbarschaft ein Mädchen, Namens * H
Liang-ying. Dasselbe war von Jahren jung und von blühen
dem Aussehen. Yi liebte das Mädchen von ganzer Seele. Er
schickte ihr Pfeffer und schenkte ihr kostbare Dinge. Ying
nahm es an, es war aber nicht ihr Ernst. Später befand sich
Tsching-tsch’ung, ein Nachbar Yi’s, in dessen Behau
sung und übernachtete daselbst. Um die zweite Nachtwache
hörte man vor dem Thore mit der flachen Hand klopfen.
Tschung hatte sich niedergelegt. Er blickte von ferne hin und
erkannte auch Ying. Er sprach mit Yi und sagte: Liang-ying
kommt jetzt. ■— Yi sprang erschrocken auf, trat hinaus und
ging ihr entgegen. Er fasste sie beim Arme und führte sie in
das Haus. Hierauf ging er mit Ying schlafen. Diese trach
tete plötzlich, fortzukommen. Yi hielt sie fest und liess sie
nicht los. Sie zögerte und erreichte den Morgen. Yi wollte sie
zurückhalten und sagte: Ich werde für dich ein Schwein dünsten
und Speise bereiten. — Als man gespeist hatte, ging sie fort.
Yi erhob sich, verschloss die Thüre und zog den Vorhang vor.
Ying verwandelte sich jetzt und wurde ein Dachs. Sie entlief
über die Dachbalken.
Denkwürdigkeiten aua dem Thierreiclie Cliina’s.
85
Bei den in dieser Abhandlung auf S. 7—15 stehenden
chinesischen Zeichen, denen, weil sie in der Druckerei fehlen,
ein * vorgesetzt wurde, ist zur linken Seite das Classenzeichen
ftl hinzuzufügen.
Ausnahtn en sind:
S. 7 bei statt zu setzen fjj
S. 14 Z. 3 v. u. bei links hinzuzufügen.
S. 17 Z. 3 v. u. bei statt zu setzen
S. 17 Z. 3 v. u. und S. 18 Z. 10 bei innerhalb
ist ^ zu setzen.
S. 17 Z. 1 v. u. bei *;JJ< ist !=J-Ü rechts zu setzen.
S. 18 Z. 1 und Z. 8 bei »jjj^ statt tjsT zu setzen
S. 18 Z. 10 bei statt J1J zu setzen
Bei denselben auf S. 22 stehenden Zeichen ist links
hinzuzufügen.
S. 33 bei ist rechts zu setzen.
Bei denselben auf S. 35 bis 39 stehenden Zeichen ist
links ^ hinzuzufügen.
Ausnahmen sind:
S. 35 Z. 8 bei ist unten zu setzen.
S. 35 Z. 3 v. u. bei ist unten hinzuzufügen.
S. 37 bei |||| statt ^ zu setzen J-
S. 39 bei statt i zu setzen ^
Bei denselben auf S. 52 stehenden Zeichen ist links
hinzuzusetzen.
Hinsichtlich derselben auf den folgenden Seiten stehen
den Zeichen ist zu bemerken:
S. 55 Z. 13 zu x £ rechts ^ zu setzen.
S. 55 Z. 14 zu *j||i links 'f
S. 55 Z. 15 zu rechts
S. 55 Z. 16 zu *|fljp links ±
S. 56 zu rechts
S. 56 zu links
86
Pfizmaier. Denkwürdigkeiten aus dem Thierreiche China’s.
S. 57 zu links y
S. 58 zu *-j|| links y
S. 59 Z. 3 v. u., ferner S. 60 Z. 2 über
einander zwei |I} zu setzen.
S. 64 zu rechts |$
S. 66 Z. 17 y. u. unter ist ^ zu setzen.
neben-
Sehen kl. Xenopkontiseke Studien.
87
Xenopliontisclie Studien.
Von
K. Schenkl,
wirkt. Mitglied«! der kais. Akademie der Wissenschaften.
Zweites Heft.
Beiträge zur Kritik der Apomnemoneumata.
I.
Wie wir aus dem Busiris des Isokrates §. 4 und 5
wissen, hatte der Sophist Polykrates eiue Declamation, vaxq-
yopi’.a ZcüKpäxoug, geschrieben. Dieselbe war in der Form einer
Klagrede vor den Richtern verfasst; sonst würde nicht der
Irrthum entstanden sein, welchen nacli dem freilich sehr ver
dächtigen Zeugnisse des Diog. Laert. II, 5, 38 (vgl. Cobet Nov.
lect. p. 664 u. 676) schon Hermippos theilte, dass Polykrates
diese Rede für Meietos geschrieben habe. Ein Blick in den
Busiris (§. 6), wo Isokrates klar andeutet, Sokrates sei schon
todt gewesen, als Polykrates seine Schrift veröffentlichte, konnte
das Gegentheil beweisen; auch hot die Rede selbst eine Wider
legung dieses Irrthumes ; denn, wie Phavorinos im ersten Buche
seiner Apomnemoneumata berichtete, erwähnte der Sophist darin
der Wiederherstellung der langen Mauern durch Konon, welche
erst sechs Jahre nach dem Tode des Sokrates erfolgte (Diog.
Laert. II, 5, 39). Die Declamation war also 393 oder nach
diesem Jahre, allein Anscheine nach aber nicht lange nach
jenem Datum verfasst.
Nach dem, was Isokrates von dieser Rede berichtet und
was man überhaupt von der Schriftstellerei des Polykrates
weiss, war die zaxYjyopi'a SwxpäRous ein armseliges Machwerk.
Die Rhetorik der Griechen zeigt ja uns auch in der Zeit
88
Schenkl.
ihrer Bltithe eine sehr unerfreuliche Seite, widerwärtiges
Haschen nach Effect, wobei die Dinge auf die Spitze ge
trieben und entstellt werden, Rabulisterei und gemeine Kniffe,
schale, leere Declamationen, angefüllt mit Spitzfindigkeiten, in
künstlich gedrechselten Phrasen, ohne alle Natürlichkeit, ohne
wahres inneres Leben. So war nun sicher auch die Rede des
Polykrates; aber sie entsprach dem Gfeschmacke derZeit, fand
ein grosses Publicum und machte bedeutendes Aufsehen. Zeuge
dafür ist jene Stelle des Isokrates und der Umstand, dass der
Redner Lysias eine Gegenschrift, 2wy.päxouc ar.oho'f.a, wieder in der
Form einer Vertheidigungsrode vor Gericht verfasste (Pseudo-
Plut. vit. X orat. p. 836, b, schob Aristid. vol. III, p. 320, 4 u. 25;
480, 32 cd. Dind.), welche einen ähnlichen Irrthum hervorrief,
nämlich die Fabel, dass Lysias jene Rede dem Sokrates zum
Zwecke der Vertheidigung angetragen, dieser aber sie abgelehnt
habe (Diog. Laert. 1. c. 38, Cie. de orat. I, 54, Quint, II, 15, 30;
XI, 1, 11). Wir dürfen wol annehmen, dass die Declamation
des Lysias nicht lange nach dem Erscheinen der Polykrateischen
geschrieben wurde, gerade so wie Isokrates seinen Busiris bald
der Bouafptäo? äixoXoyta des Polykrates folgen liess.
Vergleicht man nun die wenigen Nachrichten, welche uns
über die y.axvjyopi'a 2w*pdxou<; erhalten sind, mit den Stellen in
dem ersten Buche der Apomnemoneumata, wo Xenophon die
Anschuldigungen eines Ungenannten, der bloss b /.ax^yopo? ge
nannt wird, gegen Sokrates widerlegt, so zeigt sich eine auf
fallende [Jebereinstimmung. isokrates Bus. 5 tadelt den Poly
krates, dass er in seiner Anklage dem Sokrates, gerade so
als ob er ihn loben wollte, den Alkibiades als Schüler gegeben
habe, von dem Niemand je merkte, dass er von Jenem gebildet
wurde, während doch alle darin übereinstimmen dürften, dass
er die Anderen weit übertraf. Daher würde, wenn es den
Verstorbenen vergönnt wäre über Gesagtes eine Entscheidung
zu fällen, Sokrates dem Polykrates so grossen Dank für seine
Auklage wissen, wie keinem von denen, welche ihn zu loben
gewohnt seien. Und A~. 1, 2, 12 heisst es: äXXa 2wy.päxci y’,
e<pr) o xaT^yopo?, c[MÄY)xa yevop.svw Kpixtac xs x.a! 'ALußiäcijs . . .
Weiterhin berichtet der Scholiast zur Schrift des Aristides
ürtep xwv xsxxapwv II, 133, 17 (III, p. 480, 29): xouxo 3’ oüy. apyük
ewtev, ÄAX’ eTCc'.ov) sios xov Zwy.p dxr ( izp'oq xouq veou? aei xov ’OSuaaea 0aop.Ä-
■■Hi
wmmss&i *-ä«» ^ga—a
Xenopliontißche Studien.
89
i)ovxa Bia xrjv xoiaüxirjv xpäijiv, ü? noXuzpäTrjc ev tm '/.ax’ auxou Xoyw
<pY]cri', xai Auaiaq ev xw Tcpoq UoXuxpstTYjv uzep auxou • 6 gev auviaxoiv
oxt xyjv SY]p,oxpax(av ev. xoüxou xaxaAueiv eice^efpst, eitaivwv xov ’ÜBucraea,
toi? p.ev ßacnXeuciv smxigoma Xcyw, tou? Bs loioixac TÜirxovxa, 5 Be oüBev
Aeywv ©povttXetv jxaXXov auxov -vjc xäi;s(os und damit stimmt ’Aic. I,
2, 58 to oe 'Op/i^poo e<pv) 6 xaT^yopo? TroXXaxt? aüxbv Aeyetv, Sri
’OBuaaeu? “Ovxiva |j,sv ßaaiXrja . . . xauxa oyj auxov eßvjYskjfJai, wc 5
T5ötV)xv)(; exatvoiY] TOueGÖai tou? 07)p.5xac */.ai icevrjxai;.
Daraus hat nun Cobet (p. 662 ff.) den Schluss gezogen,
dass, wo in den Apomnemoneumata b ‘/.axvjyopoq vorkomme
(I, 2, 9, 12, 26, 49, 51, 56, 58), Polykrates gemeint sei. Dieser
Ansicht haben sich L. Dindorf, G. Sauppe, Bergk, Brandis,
Ueberweg angeschlossen; Breitenbach aber (Jahn’sche Jahrb.
1869, S. 801 ff.) kommt nach eingehender Untersuchung wieder
zu der früher allgemein geltenden Annahme zurück, der •/.axvp
yopo? sei Niemand anders als Meietos.
Es ist hier keineswegs meine Absicht Breitenbach in
seiner Bekämpfung der Gründe Cobet’s zu folgen, der manches
Ungehörige in seine Erörterung eingemischt und daher seinem
Gegner mehrfach schwache Seiten geboten hat, sondern ich
will bloss dasjenige, was strenger zu unserer Frage gehört,
herausheben.
Was nun die erste Stelle Is. Bus. 5 anbetrifft, so bemerkt
Breitenbach S. 809, es spreche nicht einmal der Wortlaut bei
Xenophon dafür, dass er sich auf die betreffende Stelle jener
y.ax^yopia beziehe, so weit wir sie aus 1 sokrates kennen. Denn
dort heisse es [j.aOvjTYp, bei ihm ogi/opiä; dort sei nur von Alki-
biades die Rede, bei ihm von Kritias und Alkibiades. Nun
lässt sich aber leicht zeigen, warum Xenophon hier den Aus
druck |j.a07}TY]? nicht brauchte. Er hatte nämlich schon früher
nachgewiesen, dass Sokrates Niemandes BiBämwcXoc gewesen sei
(vgl. 1, 2, 3, 7 u. 8). Somit gab es für Sokrates keine gaOijxal,
sondern bloss ctjvövtsc, auvoiaxptßovxsi;, op.iXv]xat. Um also nicht
wiederum auf die bereits abgethane Sache zurückzukommen,
setzte er mit Recht für ga0Yjxi)<; das dem Zusammenhänge
entsprechende bpiKrpi-qc,. Wenn ferner bei Isokrates nur Al
kibiades genannt wird, so hat dies seinen guten Grund. Der
Busiris ist eine herbe, hämische Kritik der gleichnamigen
Schrift des Polykrates, bestimmt den Ruf desselben zu ver-
90
Sehen kl.
nichten, nocli hässlicher dadurch, dass sie die Maske der
Freundschaft annimmt (vgl. §. 2 ■xp'o? äs xou? a’XXou? w? oiov xe
p.a/aaxa aicoxpü^aoöai, §. 3 toi? euvoiV.ojc; Tipi? xiva? s^o’jgiv). Isokrates
tadelt in derselben, was sich nur tadeln lässt. Nehmen wir
nun an, dass Polykrates den Kritias und Alkibiades als Schüler
des Sokrates genannt hatte, so konnte Isokrates von seinem
Standpuncte aus den Kritias nicht erwähnen; denn wenn
dieser gewaltthätige Aristokrat, dessen Grausamkeit noch im
frischen Angedenken war, als Schüler dos Sokrates bezeichnet
wurde, so war dies ja für den Zweck, welchen Polykrates
verfolgte, ganz passend. Dagegen hatte die Herrschaft der
Dreissig und das unglückliche Hude des Demokraten Alkibiades
dessen Bild in den Augen der Bürger verklärt, und insoferne
konnte Isokrates seinem Gegner mit Recht den Vorwurf machen,
dass er bestrebt den Sokrates so viel als möglich herabzusetzen,
verkehrter Weise den Alkibiades zu dessen Schüler gemacht
habe (vgl. Cobet S. 6(13). Wenn Isokrates sagt: Sv OP exHvou
p.ev o'uost? -ßxösxo Ttatosuöp.svov, so ist dies ein neuer, wiederum
ganz begründeter Tadel; denn in einem solchen Verhältnisse,
wie z. B. Aeschines, den Lysias in seiner Rede gegen den
selben üüiKpäTOui; p.aÖYjvijv nannte (Atli. XIII, 012, b), stand aller
dings Alkibiades zu Sokrates nicht. Warum aber, fragt
Breitenbach, benützte Isokrates, wenn er beide Namen bei
Polykrates vorfand, den Kritias nicht als Gegenstück, etwa
so: einen Kritias freilich mag Sokrates gebildet haben? Fs ist
eine schlimme Sache um solche Fragen; doch diese kann man
beantworten. Hätte er dies nämlich gethan, so wäre damit
eine gewisse Anerkennung des Polykrates verbunden gewesen,
und diese wollte er eben nicht aussprechen. Nun erwäge man
noch, dass die Verbindung des Alkibiades mit Kritias für den
Sophisten eine Art Nothwendigkeit war; er wollte sie eben
als Gegenstücke verwenden. Solche Antithesen waren ja ein
besonderer Schmuck von derlei Declamationen. Cobet (S. 679)
hat mit Recht bemerkt, Polykrates habe nur deshalb die
Wiederherstellung der langen Mauern durch Komm erwähnt,
um daran die Antithese zu knüpfen, Kritias hat sie zerstört,
Konon hat sie wieder aufgebaut. Derselbe Gelehrte hat eben
so richtig darauf hingewiesen, dass, wenn Aeschines in der
Rede gegen Timarchos §. 173 sagt: sVeiO’ Op.ei?, o> ’AÖ^valot,
Xenophontische Studien.
91
2(ox,pczTY)v p.ev x'ov aoqplaxvjv aTcsy-TEtvaxs, oti Kpruav ecpavr] UETtaiSsuxwc
sva xwv xpiaxovxa xöv xov ovjp.ov '/aTa'Auaavxcov, er jene Stelle in der
Declaraation des Polykrates vor Augen hatte. Er greift bloss
den Kritias heraus, weil er ihn als Gegenstück zu Demosthenes
verwenden wollte. Breitenbach bemerkt hiezu ,als ob er nicht
auch zweckentsprechend habe sagen können: den Kritias, ja
sogar den Alkibiadesb Aber den Alkibiades durfte er hier
nicht erwähnen, wo es sich um den Gegensatz von xypavvtQ
und Icrtfcpic/. handelt. ,Und wer kann wol, so fährt Breitenbach
fort, glauben, dass Aeschines in einer öffentlichen Rede den
Gedanken ,ihr habt den Sokrates getödtet, weil er den Kritias
gebildet hat' wie eine notorische Thatsache habe hinstellen
und den Athenern zurufen können, lediglich auf Grund einer
Stelle in einer von einem Sophisten und nur zur Ostentation
geschriebenen und zwar etwa fünfzig Jahre früher geschrie
benen Declamation ?' Nichts desto weniger bleibt diese An
nahme doch die wahrscheinlichste; denn nach dieser Aeusse-
rung hatte Aeschines von der Bedeutung des Sokrates und
von dem Processe desselben eine ganz unrichtige Anschauung.
Er hätte ja sonst nicht die Bildung des Kritias als Grund
der Verurtheilung anführen, nicht den Sokrates einen Sophisten
nennen können. Und gesetzt, er hätte eine genauere Kenntniss
besessen, was kümmerte denn den Rhetor die Wahrheit? Er
hat aus der Rede des Polykrates einen Satz herausgegriffen,
der eine hübsche Tirade gab; anderes darf man darin nicht
suchen. Was nun Breitenbach weiterhin bemerkt, dass der
Inhalt jener Schrift des Polykrates nicht rein aus der Luft
gegriffen war, dass er als Zeitgenosse des Sokrates, wenige
Jahre nach dessen Tode, wenn er bei gebildeten Lesern Eindruck
machen wollte, es nicht zweckmässig finden konnte ganz neue
Anklagen rein zu erfinden, die gar keinen Anhalt an der
Tradition und der noch frischen Erinnerung hatten, beruht auf
einer Verkennung solcher sophistischen Schriftstellerei. Rein
erlunden hat allerdings Polykrates nichts; aber er ist mit dem
Stoffe nicht anders umgegangen als wie mit dem Thema Bu-
sins, d. h. er hat ihn so behandelt, wie cs für seine rhetorische
Zwecke passte. 1 Mit der historischen Wahrheit hat er es
1 Man braucht nur das Proömium des Busiris zu lesen, um zu sehen,
welche Freiheit bei der Behandlung eines Stoiles dem Autor gestattet war.
92
Schenk 1.
natürlich nicht genau genommen. Und was die Leser anbe-
triti't, so kümmerten sich dieselben ebenso wenig 1 darum, wenn
nur das Thema recht pikant, in geschickter Anordnung und
mit allem Schmucke des Stiles behandelt war. Waren denn
nicht die Staats-, Leichen-, Gerichtsreden zum grössten Theile
Prunkstücke, hei denen die Wahrheit nur zu oft übel wegkam?
Nach allen dem müssen wir annehmen, dass der xaxrjyopoc
Niemand anderer als Polykrates ist; dafür haben wir doch
bestimmte Anhaltspuncte, während wir nirgends eine An
deutung darüber finden, dass etwas dergleichen in der Klag
rede des Meietos vorkam.
Wir kommen nun zu der zweiten Stelle. Auch hier er
hebt Breitenbach S. 810 Bedenken. Polykrates, sagt er, mache
den Sokrates zum Gegner der Demokratie, die er habe be
seitigen wollen, gehe also viel weiter als der xanfropo? bei
Xenophon, der nur behauptet, Sokrates habe es ebenso wie
der Dichter empfohlen arme Leute aus dem Volke zu schlagen.
Aber er übersieht hiebei, dass der Scholiast keineswegs die Worte
des Polykrates selbst anführt, sondern die Erörterung desselben
in Kürze zusammenfasst und daher der Ausdruck oxi xyjv or,|j.o-
xpaxiav ex xoüxo'j xaxaAÜstv exe/eipei eigentlich ihm angehört, was
ebenso von den folgenden Worten oüoev Xeywv <ppovxi£eiv p.dXXcv
aüxbv xijs xd?sw? gilt. Ich meine dies nicht so, als ob Polykrates
nicht gegen Sokrates den Vorwurf der xaxaXuatq erhoben habe.
Das war gewiss der Fall, wie aus ’Atc. I, 2, 9 ff. und aus
§. 56 (xupawtxoi?) hervorgeht; denn die Stelle, welche der
Scholiast anführt, war ja nur ein Glied einer längeren Erör
terung. Dass aber Polykrates auch hier, bei der Besprechung
der homerischen Verse, jenen Ausdruck gebrauchte, möchte
ich nicht für wahrscheinlich halten. Liegt übrigens nicht in
solcher Deutung und Anwendung jener Verse etwas Tyran
nisches? Und sagt nicht Xenophon §. 60: aXXa 2(oxpdxr]<; ye
xävavxia xoüxoiv cavepbc vjv xai 8r t p.oxixb? xai (piAavÜpuxo? wv? Wenn
Breitenbach S. 811 weiter bemerkt, dass auch hier der Wort
laut nicht vollkommen übereinstimme; denn bei Xenophon lese
man itoAAdxi; aüxbv Xeyeiv, im Scholion aei . . . Oaup.d?ovxa, dort
xaiEcöat xoü; 3v)p.6xai; xai xiv^xa?, hier xob; ioiwxai; xüxxovxa; so
braucht man nur das Scholion genauer anzusehen, um sich zu
überzeugen, dass dieser Grund kein Gewicht hat. Der Scholiast
Xenopliontisclie Studien.
93
gibt nämlich keineswegs den Wortlaut, sondern bloss den
Sinn der Stelle mit eigenen Worten wieder. Wem sieht es
endlich mehr ähnlich, dass er derlei Dichterstellen anführte
und sich in längerer Erörterung über dieselben ergieng, dem
Polykrates oder dem Meietos? Ich glaube, dass die Entschei
dung nicht schwer fallen wird, wenn man die Manier der
Sophisten ihre Declamationen mit solchem Beiwerk auszu
statten erwägt und dann §. 56 und das schon früher citierte
Scholion zu Aristides (III, 320, 4 u. 25) vergleicht. 1
Doch es steht uns für die Ansicht, unter dem -/.anpfopoc
könne nur Polykrates verstanden werden, noch ein weiterer
Beweis zu Gebote. Wie nämlich Cobet S. 666 richtig bemerkt,
deutet der Eingang der Apomnemoncumata HoAAaz.ic eOau[j.aca,
ti'gi tote Xöyoi? ’AO^vatoup exeiaav oi ypat|/a|j.Evot Swxpdrrjv wc a^io;
eI'v) Oavatou ty) xöaei darauf hin, dass Xenophon mit dem näheren
Detail des Processes und dem Inhalte der Klagrede nicht
bekannt war. Damit stimmt denn nun vollkommen, dass sich
in der ganzen Schrift nicht die geringste Andeutung über den
Gang des Processes, die Verurtheilung und den Tod des So
krates findet; denn die Stellen IV, 4, 4 und IV, 8 sind, wie
wir im dritten Abschnitte nachweisen werden, unecht. Breiten
bach S. 801 meint zwar, es stünde nichts im Wege Aoyoi als
die durch die Rede ausgeführten Gründe zu nehmen und
Xenophon habe sich um so leichter verwundern können,
welcher Rede, welcher Darstellung es gelungen sein möchte
mit solchen Gründen, wie sie ihm bekannt geworden waren,
1 Wenn Dindorf in der Praefatio p. XXIV den Satz anfstellt: Libanii
Apologia fere conservata est declamatin Polyerat.ist, so ist dies freilich
eine sehr kühne Behauptung, da sich ein Beweis hiefür nicht
führen lässt. Libanios hat ausser der Apologie und dem Phaidon des
Platon ganz besonders die Apomnemoneumata benützt (vgl. die Aus
gabe von Reiske III, p. 53). Allerdings linden sich auch ziemlich viele
Beriihrungspuncte mit der xairjyopta des Polykrates, nämlich p. 5, 17
u. 16, 12 die Anschuldigung der xoij <bj[Aou xaxaXuan;, p. 30, 3 die Er
wähnung des ITesiodeischen Spruches l'pyov 8’ oüosv ovsioo? (vgl. ’Ax:. I,
2, 37), p. 33, 16 die Züchtigung von Leuten des Demos durch Odysseus,
p. 36, 5 der Raub des Palladion durch Odysseus (vgl. Scliol. Arist. III,
320, 4 u. 25), p. 47, 1 u. 52, 16 die Nennung des Kritias und Alkibiades als
Schüler des Sokrates; indessen kann Libanios dies eben so gut zum Theile
aus Xenophon selbst oder auch aus der Apologie des Lysias entnommen
haben, was für ihn nach dem ganzen Plane seiner Schrift gewiss näher lag.
94
Sclienlcl.
die Richter zur Verurtheilung des Sokrates zu überreden, als
er nicht selbst dem Process beigewohnt und jene Reden
nicht selbst mit angehört hatte. Eine wahrhaft verzweifelte
Deutung, welche einfach durch das dem Xsyotc entsprechende
T£y.(j,7]pt'w widerlegt wird. Aber auch touo tot’ eypvfcavTO T£-/[AV)p(w,
das parallel mit ti'gi tots loyoic eiretaav steht und offenbar nichts
anderes bedeutet als ,welchen Beweis wendeten sie denn an
somit vollkommen klar darthut, dass Xenophon die Gründe
der Ankläger nicht kannte, soll Cobet missverstanden haben;
denn es werde doch gleich darauf das Haupt-Tsy.|j.^piov selbst,
das oatp.oviov, aus welchem die Gegner xaiva Saqrovta machten, ge
nannt und durch ausführliche Erörterung dargethan, dass durch
dasselbe jene Anklage keineswegs bewiesen werde. Aber wir
lesen doch gleich darauf c0sv Sv; y.ai \m~kkttoc p.oi Soxoustv airrbv
aiTtäaaoOai y.aivä Saqj.ovia eiaipepeiv. Xenophon kennt also die
Gründe der Ankläger gar nicht; er zieht bloss aus den Worten
der AnklagS srspa 3s y.atva oa’.p.övia swcpepwv den Schluss, dass
sie bei diesem Puncte hauptsächlich das Dämonion im Auge
gehabt haben müssen. Dann erwäge man noch, dass es im
Eingänge heisst: ifj ;j,Iv yap ypxorj touxos tic yjv. Schreibt so
Jemand, der über die Sache genau unterrichtet ist? Sicherlich
nicht; wir müssen vielmehr annehmen, dass Xenophon den
Wortlaut der Anklage bloss aus der Declamation des Polykrates
kannte und es daher für gut fand den vorsichtigen Ausdruck
Totaos Tic yjv zu gebrauchen. Sonst liest man nur noch I, 2, 64
avTt 3s tc5 oiaoOsi'psiv tcuc veouc, o Syj o ypaiiii[j.E.'ioz aupov pTtato,
worin man doch nichts als eine blosse Wiederholung des
dritten Klagepunctes, wie er schon früher gegeben war, sehen
kann. Wenn er hier statt o: ypatyayisvot, was er im Eingänge
sagte, den Singular gebraucht, so setzt dies allerdings voraus,
dass er wusste, Meietos sei der Hauptkläger, Anytos und Lykon
seien nur Mitkläger gewesen. Und dies konnte er allerdings,
wenn er es nicht auch aus Polykrates kannte, bei dem Auf
sehen, welches der Process des Sokrates machte, auch in der
Fremde erfahren haben, während über die Gründe, deren sich
die Ankläger bedient hatten, gewiss nur einzelne, unbe
stimmte Nachrichten zu dem Manne drangen, der früher im
Kriegslager der Spartaner, dann in Sparta und später in völliger
Zurückgezogenheit auf seinem Gute bei Skillus lebte.
Xenophontische Studien.
95
Breitenbach hat aber noch einen Hauptgrund gegen unsere
Ansicht in Bereitschaft. Er sagt nämlich S. 813 f.: Wenn
unter 6 -/.otxvjyopcx; Polykrates verstanden werden soll, dann lässt
sich das sechsmal (I, 2, 9, 12, 49, 51, 56, 58) gesetzte s®v)
(o y.ar^yopop) absolut nicht erklären und müsste nothwendig in
fvjfflv geändert werden. Der Gebrauch des Imperfectum erklärt
sich aber durch die Form, welche die Declamation des Poly
krates hatte; sie war, wie ich schon früher bemerkt habe, als
eine Klagrede vor Gericht geschrieben, welche der Sophist
dem Meietos als Hauptkläger in den Mund gelegt hatte. An
diese xaxYjyopi'a musste sich Xenophon halten, da er über die
Gründe, welche Meietos in der eigentlichen Klagrede vor
gebracht hatte, nicht unterrichtet war. Diese Rede, welche
Meietos nicht herausgegeben hatte, war längst vergessen ; die
Anklage des Polykrates aber wurde in ganz Hellas gelesen
und bewundert. Der Sophist wird also für unseren Schrift
steller zum eigentlichen Ankläger, seine Rede zur • eigentlichen
Klagrede und darum trägt Xenophon auch kein Bedenken
seine Gründe ebenso anzuführen, als ob sie Meietos vorgetragen
hätte. Dabei deutet er durch die Wahl der Ausdrücke 6 xocx-
vpfopoq und o ypad/ap.svo? (oi ypaipdpsvoi) für den Leser hinreichend
an, wer der wahre, historische Ankläger sei, und verhindert
so eine unrichtige Auffassung des Wortes 6 xa-nqycpoi;. Dass
%/) nicht anders zu erklären ist, beweisen die schon von
Dindorf (praef. p. XXTII) betonten Präsentia aixiätai und Boxet
(I, 2, 26) und die Optative eyoi und räiTipwxo (§. 28 u. 29),
welche ganz am Platze sind, wenn von einem gegenwärtigen
Ankläger die Rede ist, von Moletos aber gebraucht sehr seltsam
klingen würden.
Damit erledigt sich auch ein anderes Bedenken Breiten-
baeh’s. S. 814 weist er nämlich darauf hin, dass Xenophon,
nachdem er von da ab, wo die Widerlegung der gegnerischen
Argumentation im Einzelnen beginnt (I, 2, 9), die verschiedenen
Anklagepuncto, welche alle durch &y; b -mvl^opoc, eingeführt
werden, zurückgewiesen habe, mit den Worten scldiesse (I, 2,
64): xwp ouv av b/o/oc eftj tv) ypa®yj; 8; avt! p.ev toü p.v) vop.ti^siv
6so6?, (o? £ y xvj ypa®p sysypax-o, ®avspbc r,v Ospaxsuwv to ; jq 0soo|
p.dXtcta xcsvtwv avOptbxwv, avii 3s tcu Sia®0etpeiv xob? vsou;, 8 orj
3 ypaij/ip.svoc autov pxi'axo, pavspbc vjv xfijv cuvövxwv tou; xowjpai;
96
Schenkl.
£iuOu[/.ta; zyo'ntxq -loutwv p.sv icauwv Xenophon glaube also
durch seine Ausführung' die '(pv.o-q, die öffentliche Anklage,
widerlegt zu haben und brauche mit ev -rij Ypacrj gleichbedeutend
b Da nun dieser Ypa'lap.svc«;, von dem hier gesagt
werde, dass er den Sokrates der Verführung der Jugend be
schuldigt habe, nur Meietos sein könne, dieser aber derselbe
sein müsse, gegen den im Vorhergehenden in Betreff jener Ver
führung die Widerlegung gerichtet ist, wo er mit 6 v.a-^opoc,
bezeichnet werde, so folge nothwendig, dass dieser -//jr.r^opz
nur Meietos sein könne. Nun kannte aber, wie wir gesehen
haben, Xenophon keine anderen Gründe für die Anklage und
Verurtheilung als die, welche ihm in der Schrift des Polykrates
Vorlagen; auch mochte er annehmen, dass der Sophist in seiner
y.a~Y)yopia die Gründe der wahren Ankläger im Wesentlichen
genau wiedergegeben habe. Er hielt also mit der Widerlegung
der von Polykrates vorgebrachten Beschuldigungen jenen Punct
der Anklage, der sich auf die Verführung der Jünglinge bezog
und nach Allem zu schliessen in der y.aTYjyapta Swicpdxoui; am
ausführlichsten behandelt war, für entkräftet. Und daher
konnte er auch, nachdem er schon früher die zwei anderen
Puncte abgethan hatte, die ganze Erörterung mit jenen Worten
schliessen, die wir I, 2, 62 ff. lesen.
Wir haben noch mit einigen Worten der auffallenden
Erscheinung zu gedenken, dass Xenophon weder die ypcaJGp.Evoi,
noch den v.ot.Tfa°p°Q mit Namen nennt, sondern bloss diese
allgemeinen Bezeichnungen gebraucht. Man wollte dies aus
dem Abscheu erklären, den Xenophon gegen diese Menschen
hegte (Dindorf praef. p. XXIV); was Breitenbach S. 814 mit
Recht verwirft. Meiner Ansicht nach erklärt sich Beides aus
dem ganz objectiven Tone, der in unserer Schrift gerade so
wie in der Anabasis herrscht. Xenophon hat kein bitteres
Wort für seine Vaterstadt, welche seinen geliebten Meister
zum Tode verurthcilte (nur das hebt er hervor, Sokrates habe
eher grosse Ehren als den Tod verdient), er hat keinen
Vorwurf für die Ankläger. Auch dem Sophisten gegenüber
beobachtet er eine inassvolle Haltung; nirgends zeiht er ihn der
Unwahrheit, sondern legt das Sacliverhältniss ruhig dar und
sucht die Aeusserungen, welche jener dem Sokrates zuschreibt,
ganz im Geiste dieses zu erklären. Ein einziges Mal nur
Xenopliontische Studien.
97
schlägt er, aber auch bloss vorübergehend, einen etwas herben
Ton an (I, 2, 2G). So begnügte er sich denn auch damit, den
Polykrates als xai^yopo? mit deutlicher Anspielung auf den
Titel seiner Schrift zu bezeichnen. Es war ihm bloss um die
Sache und nicht um die Personen zu tlmn; Namen waren ihm
gleichgiltig. Ein Missverständnis des Ausdruckes 6 xanjyopcx;
war, wie schon bemerkt, wegen des Gegensatzes zu ol ypatpd-
|tevoc (o ypatidjji.svo(;) nicht möglich; zudem war die xavrjyopta
SwxpdToup des Polykrates damals so allgemein verbreitet, dass
Jedermann bei dem Erscheinen der Schrift unter dem xaTvjyopo?
diesen Sophisten verstehen musste.
Es erhellt aus dem Gesagten, dass die Apomnemoneumata
wesentlich unter dem Einflüsse und in Folge der Anregung
jener xoa-pyopG entstanden sind; aber die Tendenz der Schrift
geht viel weiter als auf eine blosse Widerlegung jener Decla-
mation, wie sich dies schon aus der im Verhältnisse zum Ganzen
geringen Ausdehnung jener Stelle ergibt, in welcher die xcrcr,-
yopta berücksichtigt ist. Der Zweck ist vielmehr ein treues,
lebendiges Bild des Sokrates, hinsichtlich seines ganzen geistigen
Wesens, seiner Anschauungen, der Methode seiner Forschung,
seiner Einwirkung auf die, welche mit ihm verkehrten, zu
entwerfen. Die Schrift ist somit eine förmliche Ehrenrettung
des Sokrates, ein Nachweis, wie ungerechtfertigt seine Ver-
urtheilung war. Sie ist an das gesammte hellenische Publicum
gerichtet, wie dies aus den Eingangsworten hervorgeht, damit
dieses über das Verfahren der Athener entscheide. Man sieht
hieraus, wie viel Gewicht der Behauptung Breitenbachs S. 814
,Xenophon schrieb seine Erinnerungen an Sokrates doch nicht
bloss für seine unmittelbaren Zeitgenossen' beizulegen ist.
II.
Die Apomnemoneumata werden im Alterthiune verbalt-
nissmässig wenig, viel seltener als die Anabasis citiert. Daher
können wir uns auch von dem Zustande des Textes vor Sto-
bäus, also vor dem sechsten Jahrhunderte, kein ausreichendes
Bild entwerfen. In welche Zeit die Ueberarbeitung der Schrift
fällt, darüber ist im dritten Abschnitte gehandelt. Hier wollen
wir nur über die Folgerungen, die sieb aus den Citaten bei
Sitzungsber. <1. pkil.-hist. CI. LXXX. ßd. I. Hft. 7
98
Sehen kl.
anderen Schriftstellern ergeben, und dann über die handschrift
liche Ueberlieferung sprechen.
Die Stelle I, 4, 6 axoaxpeijm -rau? toütwv oysiäbc, vm äxsvey-
y.dv yj Suvaxov xpoawwuö führt Longinus de suhl. 43 also an:
tou? to6twv üq xoppwraTM oy_eiobq axEcxpeiiev; und damit stimmt
das Citat bei Plut. Mor. 91, e y.ai axocnrpecpwv waxep o/stou? xoppw-
vxvj). Darnach darf man vermuthen, dass Beide das Glossem
(xat) aicevefxüv, was Cobet (N. L. 688) ausgeschieden hat, nicht
im Texte vorfanden. Es hat sich also das auch sprachlich
bedenkliche dxsve-pistv erst später eingeschlichen.
Aelius Aristides gebraucht in seinen it/w.i pvjTopixai' einige
Stellen unserer Schrift als Beispiele, aber seine Anführungen
sind zum Tlieile ganz ungenau, aus dem Gedächtnisse gemacht,
so II, 2, 13 (An. 1, 2, 1) Oau|j.äaiov os [J.ci xdxeTvo (fav/s'cai io...,
II, 3, 10 (Ax. I, 2, 7) s^eiv für s^siv. Zwei Citate sind nicht
ohne Interesse; II, 3, 12 (An. I, 1, 16) gibt er nämlich, wie
GIL, 1 dvöpwnstwv. Allerdings gebraucht Xenophon neben avöpw-
xsio? alieh dv0p(*>xivo?; aber die Abschreiber scheinen, wie mehr
fache Spuren zeigen, an einigen Stellen das ihnen geläufigere
dvOpwxivoc eingeschwärzt zu haben. So bietet I, 1, 12 C allein
xdvGpdixeia (von zweiter Hand rävOpwxiva, wie die übrigen Codices),
was Dindorf aufgenommen und zugleich im folgenden dvQpw-
xeia für avGpwxiva hergestellt hat, da uns auch §. 15 xdvOpw-E'.a,
§. 16 und 19 avGpwxeüov begegnet; II, 1, 32 hat A avGpwxivov,
aber tv auf einer Rasur, wornach sich wieder dvGpdvxeiov, das
auch der cod. Esc. des Stobäus bestätigt, als das Ursprüng
liche herausstellt. Das andere Citat steht II, 2, 10 (Ax. I, 1, 20),
wo Aristides xepi xou? (kou? gibt, was auch in- L und vielleicht
noch in anderen Codices überliefert ist.
Die Anführungen bei Athenäus sind meistens mehr Para
phrasen, als wörtliche Citate, z. B. XIII, 588, d (’Äx. III, 11, 1).
Es lässt sich also daraus für die Textkritik nichts entnehmen.
Eine einzige Stelle ist bemerkenswerth, nämlich IV, 171, a
(Ax. 1, 5, 2), wo er mit Stob. Fl. XVII, 32 t'ov toioutov liest.
Jenes ßkaxtcxaio? VII, 277, d (Ax. III, 13, 4) verdankt, wie
Dindorf bemerkt, entweder einem Irrthume des Athenäus seinen
Ich gebrauche für die Handschriften die Chiffcrn, deren ich mich in
meiner Ausgabe bedient habe.
Xenopliontische Studien.
99
Ursprung oder ist ein Fehler eines Abschreibers, veranlasst
durch das vorhergehende oitoaxyLxaxoc.
Clemens von Alexandria gibt in der Anführung der Stelle
I, 3, 6 im Paed. II, 173, 33 und Strom. II, 492, 24 xd dvaim-
Oovxa statt xd üei'0svt<z, wie unsere Handschriften lesen. Da nun
das Citat bei Plut. Mor. 128, d ebenfalls auf xa avasiscOovToi
hindeutet und auch Stob. Fl. XVII, 44 (vgl. CI, 20) dieselbe
Leseart bietet, so trage ich kein Bedenken xdva-Et'Oovxa herzu-
stellen. Dass Plutarch ungenau citiert und Clemens ihn aus
geschrieben habe, lässt sich bei der vollständigeren Anführung
Strom. II, p. 492, 24 nicht annehmen. Zudem hat Clemens
Strom. II, 485, 30, wo er ’At. II, 1, 30 (o tX^jmüv . . . TuapaoxEudl^r]
citiert, 1 mehrere gute Lesearten erhalten, wie -/.ai vor iva, was
in unseren Codices fehlt, Tcapaoxsudib) (codd. -apaoxsud£et?) und
zeigt uns durch seine Variante oü p.övov xd? xAtva? p.akay.d?, akkä
•/.st xd GxoßaÖpa den Weg zur Emendation der in unseren Hand
schriften entstellt überlieferten Worte oü [j.ovov xd? Gxpojp.vd? p.aAa-
•/.di, d’/.Xd xal xd? xXi'va? xai xd Cwoßaöpa. Hier kann nämlich xd?
y.Ai'va? unmöglich richtig sein, weil Niemand Vernünftiger in dem
Gebrauche einer xaivy) einen Luxus sehen wird; Bettgestelle
gab es in den ärmsten Häusern. Und wie lächerlich nimmt
sich xd? v./dvcz? im Munde des Sokrates aus, der auch nicht auf
der Erde, sondern auf einem ax,tjjwrou? zu schlafen pflegte (Plat.
Prot. 310, c)l Man wird also xd? xAtva? aus dem Texte ent
fernen müssen. Wie es scheint, war zu axpwp.vd? die Erklärung
xXiva? beigeschrieben, woraus sich leicht erklärt, wie es einer
seits in den Text unserer Handschriften einschleichen und
andererseits in jenem des Clemens cxpw|j.vd? verdrängen konnte.
Stobäus Fl. I, 101 stimmt ganz mit unseren Codices überein.
In den Citaten bei Eusebius Praeparatio evangelica sind
nur einige Stellen bemerkenswerth, nämlich XV, 853, d (’Atj.
I, 1, 12), wo einige Handschriften irepi aüxßv bieten; allerdings
mag dies nur die Correctur eines Abschreibers sein, aber
gewiss eine richtige, wie denn schon Schneider mit Rücksicht
auf §. 15 xspi, das in unseren Codices fehlt, gefordert hat
(vgl. Hirschig Phil. IV, 362); dann 854, a, wo er onuoXEcOai
1 Freilich manchmal ungenau (vgl. xaraxoifj-rjO^i;, [xaXGaxai;). Mit A lässt
er te vor roXureXei? weg, mit allen Codices hat er t:iv7]s, Stobäus rhj5.
100
Schenk 1.
(so auch Stob. Fl. LXXX, 13, codd. axoAeiaOai) überliefert;
endlich XI, 743 f., wo seine Leseart atjrpovojjuai; (’Ax. IV, 7, 4)
wegen des im §. 5 vorkommenden äcxpovopiav den Vorzug- vor
dem acxpoXoffa? der Handschriften verdient, so wie er denn
auch gleich darauf §. 7 richtig rj-pvost ott (B 8xt <oc, die übrigen
ü?) bietet.
Aus Pollux VH, 33 (vgl. 159) ersehen wir, dass er II,
7, 6 in seinem Texte schon dieselbe falsche Leseart -/AapiuSo-
Tccdac hatte, wie sie in B von erster Hand vorliegt.
Wir kommen nun zu Stobäus, dessen reichen Excerpten
in seinem Anthologion wir ziemlich viele Besserungen unseres
handschriftlichen Textes verdanken. Leider haben wir noch
keine vollständige Vergleichung der Escurialhandschrift 90
(2, II, 14), saec. XI (vgl. Miller Cat. p. 89) und müssen uns
mit den Notizen begnügen, welche W. Dindorf Phil. XVII,
337 ff. und L. Dindorf in den Addendis der Oxford er Aus
gabe p. XXVIII f. gegeben haben. Einigen Ersatz bietet der
Vindobonensis (BE 11, o. 53) aus demselben Jahrhunderte,
der aber erst mit VII, 74 beginnt, dann 73 und unmittelbar
darauf Cap. VIII folgen lässt. Ich habe ihn natürlich sorg
fältig verglichen. 1 Viel geringeren Werth hat der Parisinus
1984 (bei Gaisford A) aus dom dreizehnten Jahrhunderte, von
dom freilich auch eine sorgfältigere Collation als die, welche
Gaisford hatte, erwünscht wäre (vgl. W. Dindorf a. a. 0. 339 f.).
Was wir nun Stobäus allein als Berichtigung des Textes
unserer Handschriften verdanken, ist Folgendes: I, 2, 4 apv] om.
(darnach von Dindorf, wie io-q 3, 6 verdächtigt); 3, 12 ov. st.
s<pY]; xou cppoveTv st. xo <p.; 5, 2 V)yr / Gai'p.s0’ <Sv, exiGxaai'av; 5, 4 xpt&xrjv;
1 Von (len Lesarten des Vind. sind bemerkenswert!): I, 3, 12 tou? te,
I, 6, 3 xaxoupyoTaxov, III, 8, 9 au(j.cpaTsv, IV, 4, 11 e[£ßaXXoVTOs, wo er,
gegenüber dem Par. A die Lesearten der Handschriften der Apomnemo-
neumata bestätigt; ferner I, 3, 13 o au (Par. A ^ yap), II, 3, 2 xapxoüvxa,
II, 3, 9 ayaOov ay, III, 3, 7 Koo-jaet (wie DJ), IV, 0, 5 lässt er vopup.o? av
e’wj weg, wie die edit. Trine., wornach man, da die Stelle jedenfalls inter
poliert ist, als ursprüngliche Fassung derselben mit Hirschig und Diüdorf
Oux aXXa xal acept toutou«; eaxt voai(j.a, xaO’ a osf annehmen möchte; ferner
I, 2, 20 (j-aOrjasai (wie die Handschriften des Theognis), II, 3, 9 [j-rj^aVTj-
aaaOat, III, 1, 11 ou ;ravu |j.^vroi, k'cpv). Capitel 30 im Tit. LIV (’Ar. III,
4, 7 ff.) fehlt im Vind.
Xenophontisclie Studien. 101
6, 7 p,£Xexifcw<Ji; 6, 9 paaxoip st. paaxois pacxwi; (Dittograpliie); II,
1, 18 tovwv; 1, 19 oi'scrOai j(py); 1, 22 icpoaievai, xpwp.a, '0 wpa; 1, 23
xi om.; 1, 28 o? Oeoi; 1, 30 toy)?; 2, 2 ouxio st. eivai (welches, wie
1, 3, 12 £<pv): oxt, so ouxw verdrängte); 2, 5 y.od m st. xae, ei tiv« ;
2, 7 xvj? om.; 2, 9 8xi a; 3, 6 y.ai Xö|fä) xa! epyw; 3, 16 oü om.;
3, 19 iceitoiv)p.evou; . . . äxpeXefa ergänzt, xakkv. st. xak'kd xs, ap.a st.
ap.a y.ai; III, 1, 1 xuxeiv, 1, 6 oel st. ä oet; 1, 8 piv xwv; 2, 3
xoüxo; 3, 5 aüxou? om.; 3, 7 aixsp . . . xoiei; 4, 7 o: ayaOoi; 9, 2
sv om. ante YtsXxai? et xöljo«;; 9, 12 pJ] ixsiO^xai . . . Xeyovxi ergänzt;
9, 13 xöxspa; 9, 14 eÜTcpa^i'a; 10, 1 vj ypaatXY); 10, 3 xo TtiOavdi-
xaxov; 10, 4 xö xe; 10, 8 Y) oik?; IV, 1, 2 ä st. a av; 1, 5 eu xe;
2, 14 y.X e^xetv (was ich entschieden annehme, da das in den
Handschriften überlieferte y.ay.ovpysiv ein allgemeiner Begriff ist
und hier, wie i]je6o£cj0xi, stjaixaxav, dvopaTcoSi^saOai zeigen, ein spe-
cieller Begriff verlangt wird); 2, 28 xauxa st. xivxa xauxa (was
aus einer Dittograpliie entstanden ist); 2, 29 aüxohg dv st. sav;
2, 38 yäp om.; 3, 6 crup.ipieiv; 4, 5 eiosvai; 4, 9 eOeXcov; 4, 10
ouo' av; 4, 13 tz&q yap . . . otxaiop ergänzt; 4, 17 <b st. w dv; 4, 23
o'üxw ergänzt; 5, 8 ai'xiov st. xb a’ixiov; 5, 9 wcicsp om., Txepip.civavxa?
st. xai 7X£pip,£tvavxa<;.
Man sieht hieraus, wie der Text unserer Handschriften
im Laufe der Jahrhunderte verderbt worden ist. Wir haben
drei grössere Lücken II, 3, 19, III, 9, 12, IV, 4, 13, mehr
fache kleinere Auslassungen II, 1, 22 und 28; 2, 5; III, 4, 7;
10, 1, 3 und 8; IV, 4, 10 und 23, viele Glosseme und Ditto-
graphien I, 2, 4; 3, 12; II, 1, 23; 2, 2 und 7; 3, 16 und 19;
III, 1, 6; 3, 5; 9, 2; IV, 1, 2; 2, 28 und 38; 5, 8 und 9,
endlich eine Reihe von Verderbnissen, darunter IV, 2, 14 ein
stärkeres, zu verzeichnen. Im grossen Ganzen aber war der
Codex, den Stobäus benützte, von unseren Handschriften nicht
verschieden. Es fanden sich schon darin die weitreichenden
Interpolationen, die Lücken, die schweren Cofruptelen, durch
welche unsere Bücher entstellt sind. Auch hatte der Codex
seine eigeneil Verderbnisse, wobei freilich fraglich bleibt, was
davon auf Rechnung des Stobäus selbst kommt. Ich spreche
hier nicht von Auslassungen einzelner Sätze, die er für sein
Anthologien weniger geeignet erachtete, sondern von solchen
Stellen, wo er selbst willkürlich geändert zu haben scheint,
z- B. I, 3, 13, wo wegen des Glossenies xb ovjyp.a, was in B
102
Sc heil kl.
erst von zweiter Hand liinzugesetzt ist, öywjs yivoto in üyteg
Ysvoito verderbt erscheint, II, 1, 24, wo yjcjOei'v^ ausgelassen ist,
das man wol grammatisch entbehren kann, das aber wegen
des Parallelismus im Satzbaue nothwendig ist, IV, 2, 20 <l>ai-
vstoci, was auch am Rande der Aldina des Victorius steht.
Aus den sechs Citaten bei Suidas ist für die Kritik nichts
zu entnehmen; nur das ist etwa bemerkenswerth, dass er
I, 2, 30 s. v. üs'.y.öv mit A T.poav.rr^ao^ca liest, ebenso Max. Tyr.
26, 8 (vgl. Phot. Lex., wo s. v. Osty-sv im cod. Gal. -pocy.vi-
cracöa'. und von erster Hand üoia, dies auch von Cyrillus bei
Cram. An. Par. IV, 176 überliefert ist).
Wir kommen nun zu unseren Handschriften. Dass die
selben aus einem Archetypus stammen, zeigen die drei grösseren,
von Stobäus ergänzten Lücken II, 3, 19, III, 9, 12, IV, 4, 13,
welche sie alle mit einander gemein haben. Sie zerfallen in
zwei Familien. Die erstere ist durch den Parisinus 1302 (bei
Dindorf A, bei Gail F, bei Edwards in der Oxforder Ausgabe
von 1785 Par. 1) aus dem Ende des dreizehnten Jahrhunderte®
vertreten, welcher bloss die beiden ersten Bücher umfasst.
Wie in allen Schriften, welche in Kanonensammlungen stehen,
ist hier der Text äusserst verwahrlost. Ganze Sätze sind aus
gelassen, besonders bei Homoioteleuta, z. B. I, 1, 9 extcrccqj.svov . . .
OTTEpov, 14 z&v te . . . juvetsÖai, 2, 36 y'üA . .. b Xapiy./öj?, noch viel
häufiger fehlen einzelne Wörter, wofür Beispiele anzuführen
überflüssig wäre; es finden sicli darin zahlreiche Verschrei
bungen, mitunter der seltsamsten Art, z. B. 11, 1, 15, 22, 25, hie
und da auch Correcturen eines ungeschickten Schreibers und
Interpolationen, wie II, 1, 15 oux, otei äor/.surf)ai. Am willkür
lichsten ist aber der Schreiber mit der Wortstellung umge
gangen ; man vergleiche z. B. im ersten Buche I, 1, 19 v^eLs
[jiv -dvTa, 2, 41 tu/siv -outoo, 44 y.ai dvopia <sdvai, 45 elvou i) p.rj
süp.ev, 3, 3 toT? Öcofe y.Eyapiap.sva, toütcu toCi etjodc, 4, 4 y.plv'e'.; spya,
8 boy.dq ti <ppovi|j.ov, 5, 1 avopa sXeaOat, von welchen Varianten
keine die Wahrscheinlichkeit für sich hat. Der Codex ist aus
einem mit Uncialbuchstaben geschriebenen Exemplare geflossen,
wie dies noch deutliche Spuren zeigen, z. B. I, 2, 44 bg o’ für
sca, 6, 5 d eyio für heyco. Und doch hat man dieser so will
kürlich behandelten Handschrift gerade in der neuesten Zeit
einen besonderen Werth beigelegt und seine Lesarten zum
Xenophöntische Studien.
103
Schaden des Textes denen der anderen Familie vorgezogen.
Damit will ich nicht leugnen, dass er an einigen, aber wenigen
Stellen allein das Richtige erhalten hat, z. B. I, 4, 15 die
Spur der richtigen Leseart &ax£p croi au fqq, II, 1, 9 ys \i.bnoi,
6, 5 süvoui;, 10, 1 avaaOaf], wofür in den anderen Handschriften
das Glossem avazopiav) steht. Hätten wir bloss A erhalten, so
stünde es um den Text der beiden ersten Bücher wahrlich
schlecht.
Eine Abschrift von A ist der Vindobonensis XI (jetzt
CII; in meiner Ausgabe V 1 ), welchen ich verglichen habe, um
für diejenigen Stellen, wo Dindorf’s Angaben über A nicht
vollkommen klar sind, einen Anhaitspunct zu haben. Diese
Abschrift ist zu einer Zeit gemacht, als A bereits von der
alten Hand (matius antiqua, wie sie Dindorf nennt) corrigiert
war, aber ehe noch die zweite jüngere Hand ihre Correcturen
eingetragen hatte, wie denn z. B. V 1 I, 4, 15 die Leseart oüok
nicht kennt, dagegen I, 7, 5 ouo’ vor d. nc liest, was in A aus
radiert ist; I, 6, 6 hat er xwXüovxat, nicht iuoXütimat wie A 2 .
Uebrigens irrt Dindorf, wenn er Praef. p. III den V 1 apo-
graphum accuratissimum nennt; denn der Codex ist von Jemand
geschrieben, der bei der Abschrift manches zu verbessern
suchte und, wie es scheint, auch einen Codex der anderen Fa
milie heranzog. So bietet z. B. V 1 I, 2, 23 nicht '(ap tu wie A,
sondern tu yap wie B, 4, 7 nicht Te^vyjgaxi wie A, sondern
■zeyrqp.aG'. wie B, II, 3, IS dXXip.otv (corr. w), 6, 9 -auxa wie B,
nicht xoiauxa wie A, wofern nicht an diesen und anderen Stellen
Dübner’s Collation unzuverlässig ist. 1 Was unter den Lesearten
von V 1 bemerkenswerth ist, habe ich in meiner Ausgabe ver
zeichnet, auf welche ich hier verweise. Interessant ist tkuoö-
[J.svo? ohne y.a! I, 1, 5, oiÖupägßoiv I, 4, 3, das auch in V 3 steht
und das Cobet (Prosop. Xen. 12) vermuthet hat, dann das un
zweifelhaft richtige ^evopievot II, 1, 21, wofür die Uebrigen yivo-
Hsvoi oder yiyvöp.evoi lesen. Wenn übrigens Ernesti angibt, dass
in V 1 I, 2, 24 xoXoaeusiv fehlt, so ist dies völlig unbegründet;
das Wort fehlt weder in V 1 , noch in den beiden anderen
1 Dass BI, I, 10 EaeaOou hat, ivie Dindorf angibt, beruht auf einem lrr-
tlnuue; B gibt E?vai, wahrscheinlich aber stellt heallxi in A, da es V 1
bietet; ebenso hat nicht A I, -i, 2 oua sondern B (V 1 05 Xe'Sov).
104
S chenkl.
Vindobonenses. Eine zweite Abschrift von A scheint der nicht
näher bekannte Venetus Marc. 242 zu sein, da er ebenfalls
nur zwei Bücher enthält.
An der Spitze der anderen Familien steht der Par. 1740
(bei Dindorf B, bei Gail 14), gleichfalls aus dem dreizehnten
Jahrhunderte, welcher bloss die Apomnemoneumata umfasst.
Wenn ihn gleich mancherlei Corruptelen, wie Lücken und
Schreibfehler, seltener Interpolationen, entstellen und auch in
ihm die Lieblingssünde der Abschreiber, die willkürliche Um
stellung von Wörtern hervortritt, so ist er doch unstreitig die
beste Handschrift, welche wir kennen. Dass er mehr als die
anderen Codices das Ärchetypon darstellt, zeigt besonders seine
vielfache Uebereinstimmung mit dem Texte des Stobäus, auch
in kleineren Fehlern, die entweder in allen übrigen Hand
schriften oder nur in einigen von den Abschreibern verbessert
sind. Ich habe ihn daher nochmals sorgfältig verglichen und
theile hier die Nachlese mit, welche sich hiebei für die von
Dindorf benützte Collation Dübner’s ergeben hat. Der Text ist
von vier Händen corrigiert, einer ziemlich gleichaltrigen, einer
bedeutend späteren, welche sich einer braunen Tinte bedient
hat, einer noch jüngeren und endlich einer ganz jungen,
welche mit rother Tinte geschrieben hat. Ich werde diese
Hände, so gut ich sie zu bestimmen vermag (denn manchmal
ist es allerdings schwer), liier verzeichnen und durch die
Chiffern m 2 m 3 m 4 m 5 unterscheiden.
Esvocpwvios trcoxpaxoui; a7;op.v7]|j.sup.aTa>v ßiß)dov a. 1, 1 xeva (ai von einer
eigenen späten Hand, welche auf dem ersten ziemlich abgeriebenen Blatte
einige Züge ergänzte; aus diesem Fehler x£va erklären sich die Correcturen
xiva in A und Ijsva im schol. Aid. Aristoph. Nub. 247), 2 auxov atxiaaaaOat
sicher von erster Hand, 3 yp. xaivoxEpov m 3 , 4 EyfyvtoaxEV, p.ET£p.EXX£, 6 auvs-
ßouXsuEV, ao^Xtov m 2 , 7 Xoyixov (cm s. v. ni|), alpExa (-xia corr. nij), EvouojaEi
(ev add. m 2 ), 0 xpetxrov s. v. m 2 , aOs'p.iaxa (x corr. m 5 ), 015 toenv iXeo) in mg. m 4 ,
11 atoxpaxou; s. v. m 4 , yp. TCEpt m 1? yp. cpuarEw^ m 4 , yp. yEviaeax; m 5 , araoei'xvuE (yp.
£7i£ s. v. in 3 ), 12 xu> (b s. v. m 4 , in mg. yp. ent xo 7zzpl xeov toioutojv cppovx(‘(£iv m 3 ),
14 out 1 oaioXEiaOai, 15 xavOpcoTita (yp. ei s. v. m 3 ), yt'vExai (vor Tcoi^cmv), 16 avöpia,
x(^ apy.tx.bs, p.£V (yp m 3 ), 17 ou (bei Dindorf wahrscheinlich irrthümlicli A
statt B), 18 y.vo'[j.£vo5, xlelovog, 2, 1 eyei (v add. m 5 ), 2 ET:ip.sXüjvxat (yp. i m 3 ),
4 uyeisivvjv (1 corr. mj, 7 oip.at vop.(£ot xo in mg. m 3 , 9 xat (yp s. v. m 3 ),
xuap.Exa> (u add. m 5 , in mg. xuap.£uxb; m 2 ), 12 om. Ey^vsxo B, 15 vop.iaavxEs,
16 p.aXXov auxw (so auch V 1 ), £7cpaxx£X7)V (x add. m 5 ), op£/ O^xvjv (so auch V 1 ),
17 npoaßißa£ovxa<; (ß s. v. m 4 ), 24 yp. <TEp.v6Sv m 3 , 25 otaxsOpap-pivoj (Opu m 3 ),
26 toutou (xouxto m 3 , V 1 ), veco (i s. v. m 4 ), xccpza/j (xo s. v. add. m 3 ), 27 T:o'.7jaai
Xenophontische Studien.
105
(? s. v. m), aXX 1 ouy oato av in mg 1 . m 3 (im Texte aXX’ oaio av), ul^aeiv (iv
corr. m 4 ), 29 yp. a7:oXauovx£? m 3 , 31 om. xou, 32 ol xpiaxovxa (so auch V 1 ),
cwcexxeivov (so auch V 1 ), aoi vor Boxob] (in mg. oi nij), eXccxxou? xe xai (so auch
V 1 ), 34 aüxot? (yp. fj? m 3 ; auxfj? V 1 ), BtjXovoxi vor Ttsipaxiov (so auch V 1 , der
aber früher oijXov oxi hat), 35 7:po7)yop£U[jL£va (so auch V 1 ), eiizep (yp. eit:e in
mg. in 3 ), 37 xaxaxExptyöai (so auch V 1 ), BiaOpuXXoupivou? (so auch V 1 , aber
am Rande), xa? ßoa? (yp. xa? ßou? in mg. m 4 ), 38 om. ouv, 41 si? (oi s. v.
m 4 ), 41 Oswv (ohne Abkürzung), 42 svbpaaav Beiv 7:oieiv (in mg. m 3 ), 44 ccOexoi
in mg. m 4 , 45 xo?? TtoXXo?? (aber wie es scheint corrigiert aus xou? 7toXXou?),
46 oxe osivo'xaxo? TCEpi xauxa yjaOa (in mg. yp. oxs ostvoxaxo? aauxou xauxa f^aOa
Kccpt 1 m 3 ), 47 TCoXixEupivcov, 48 die Puncte über xai Ep[j.oxpax7]? von m 3 , yp.
xai cpai'ocov oe xai aXXoi m 3 , cpaiBibvoa? (eher als eat6cbvo7]?), 49 aXovxi (yp. eXovxi
s. v. m 3 ), 53 yivsxai, 54 xuXXou? (yp. xuXou? in mg. m 3 ), xouxtov, 55 xauxa, uto
aXXou, xo (yp. xto s. v. m 3 ), 56 oau xov, 56 jwjxs aoi'xou pjxE, 57 oe apystv, xe
s. v. m 4 , 58 yp. £p7)xuaaax£ in mg. m 3 , osiBiaaEaOai (urspr. BiostaaEaOai), 6[xoxXij-
aaaxE (yp. 6[j.oxXij<ja<JXE m 3 ), 59 pjx£ spyio, yp. xuy^aviocnv ovxe? (in mg. m 3 ),
61 yup.vo ;:s3(ai? (yp. TtatBEiai? s. v. m 3 ), racvxa (yp. a? m 3 ), 63 ouBiva ys iBi'a,
tuottoxe, 64 [xaXiaxa xtov aXXcov avOpioTuiov, 3, 1 <;uvo'vxa? (so auch V 1 ), 5 Xap.-
ßavr] (yp. eiv s. v. m 3 ), xouxto (yp. xoüxo s. v. m 3 ), swj (yp. r)£i in mg. m 3 ),
TCisfv (yp, Twiveiv s. v. m 3 ), 6 u. 7 xopov (yp. xai s. v. m 3 ), 9 xußicmjaai, 12 oiaOa
ecprj, yp. £7iixp(ߣiv (in mg. m 3 ), 13 aTCEViauxrjarai (yp. xiaai m 3 ), yp. yap av lato?
(in mg. m 3 ), yp. xo Bfjypia (s. v. m 3 ), 4, 1 Et s. v. m 3 , 2 yp. fj.7)-/avd>(j.£Vov (in
mg. m 3 ), 4 ooxouaiv (xou auf der Rasur eines Buchst. m 4 ), ytvo'p.£va, 5 Boxei
£5 apy_7]? o Tioiuiv, TzpoaEX^OTjcav, 6 xaos (so auch V 1 ), Oupwaat, o^puai, arcoyEiatoaai
(<J s. v. m 3 , in mg. m 3 yp. aT:oy£iaioaai), (j//]6s, t:po'aÖEV (s. v. nij), £7x1 (in mg.
m 3 lato? exi), ouxa>?, 7 xou vor Oavaxou fehlt, 8 aauxoi cppo'vipov xi Boxe? (aus
Boxei?), in mg. m 3 au Be aauxov cppo'vipo'v xi Boxe?? e^eiv, cppbvtp.o? (yp. ov m 3 und
in mg. ’iaco? ouBev o’isi cppovip.ov in 3 ), xauxa, yp. euxu^öj? 7üio? Boxe?? auvaprcaaai
in mg. m 3 , 12 aXXayf], 13 xi'vo? [xev yap, 14 yp. ßioxEuouat und yp. xpaxiaxEuovxs?
in mg. m 3 , 15 au (yp. aoi s. v. m 3 ), saOsaOai (ai yp. s. v. ni 3 ), 17 ap.a s. v.
mj, 18 yiyvtbax7)?, xaxap.av0av7]?, 5, 1 jxaXiaxa auxoi, TroXsplou? (aus t:oXe[xio?)
*/£ipoip.£0a xai 7zoj<; av (die Puncte von raj oder m 2 ) äp’ ovxiva av aZaÖavoip.£0a,
3 [X7] BouXov, 4 EiooiVj (ei s. v. nij oder m 2 ; V 1 hat siBei'7]), ixexeu" (über " ein
Zeichen wie II oder N (?) und über diesem ein anderes wie p.., m A oder m 2 ),
ouxco?, 6 ixpax£i (ei in ras.), 6, 2 yp. aocpia? (in mg. m 3 ), cxvutüo'Bexo? (rj s. v. m 3 ),
3 a (in ras.; aber diese Rasur, die auch in die frühere und folgende Zeile
geht, betraf, wie es scheint, nur eine Unebenheit im Pergament), £ucppa(vr)
(yp. ei m 3 ), 7 yi'vovxai (auch V 1 ), yp. asi (in mg. m 3 ), 8 xaXoi (? add. m 4 ),
aXXo (auch V l ), 9 [X7j (yp. 07) s. v. m 3 ), ei (darüber von m 3 ), f] (yp. i)
s. v. m 3 ), £Ü (yp. au s. v. m 3 ), paaxoic paaxco?, 10 yp. syio Be vo[x^w (in mg. m 3 ),
, ß f T _ a
to oe, 11 apyupiou a?iov sivai vopl^cov (ßya m 3 ), 12 yp. oux i^a7:axa? £7x1 7iX£0VE?fa
in mg. m 3 , 13 s^ot (so auch V 1 ), 14 avEiXixxtov (yp. £ s. v. m 3 ), 15 7)7uaxaxo
(yp. axaixo s. v. m 3 ), yp. ei p.o'vo? auxa 7üpaxxoi(xi in mg. m 3 , 7, 1 Euoocjfa, yp.
r.xp. heisst offenbar TTapaoiopOoix^?.
106
Schenkt.
ayaöo'; xe yivotxo xai p7] ooxefv in mg. m 3 , sXeyy^aexat, aet (yp. ap’ oux av, ei
pev e7Ct0up.tov in mg. m 3 ), p7) (. . . . m 3 ) xaux7], 4 catscpevev (at m 3 ), txavio; (in
mg. ’taw? txavou; m 3 ).
Eevocpcovxo; atoxpaxou; a;:opv7]pov£upaxiov ßtßXiov ß. 1, 2 yp. cuxou arcxe-
aOat in mg. m 3 (fehlt im Texte), 3 Bat (e s. v. m A ), s0sXovx7] (yp. xrjv s. v. m 3 ),
Twpoaetvat (etvat in ras. m 4 ), npeizei (yp. oi s. v. m 3 ), 4 yp. v) xa Xotrca £toa in
mg. m 3 (fehlt im Texte), 5 xfj«; xtov acppoBtaitov S7:i0upia; ev aBeia opto; (in mg.
m 3 yp. X7)<; xtov acppoBtaitov ejctOupia; eXauvexat opto; die beiden letzten Worte
auf einer Rasur), 6 Bst (yp. Beiv in mg. m 3 ), roxvu pev ouv ecpyj (s. v. m 4 ), 7 ei
(yp. et; in mg. m 3 ), 8 apiaxtraro; (ausgeschrieben; Dindorf hat A und B ver
wechselt), eauxto (aus ou), ixXeitseiv (yp. eXXebuetv in mg. m 3 ), 9 ys om., 10 rco'xepov
tjBiÖv £toatv (yp. poi £coaiv fjBtov s. v. m 3 ), xapytBo'vtot (7] corr. mj), 7:oxepa (poi
s. v. m 3 ) cot Boxoüatv ot xpaxoüvxs; 7) ol xpaxoup.evot fjBtov £ijv, 12 ouxto;, yp.
xaOtaxavxe; BouXou; ypfjaOat (in 111g. m 3 ), 13 avavBpeiou; (yp. Bpou; s. v. m 3 ),
otcr0a, zpaxouvxat (yp. xap~ouvxat m 3 ), 14 piv aot (yp. xot s. v. m 3 ), a(vt; (in
mg. m 3 yp. aivv7j;), 7upoxpouax7); (in mg. m 3 xpoy.pouazrisj, xaXoupivou; (yp. 01;
s. v. m 3 ), 15 i), OeXot, 17 ot et; (aus o’tet mj oder m 2 ), e’t ye Ttetv^aouatv e’txe
xat Btcjujaouatv e’txe (darüber .... m 3 ) xai ptyibaouat (in mg. m 3 ’tato; e’t ye
Tzsiv^aouai xe xat Butajaouat), xäXXa, aXX’ to ye rj (in mg. m 3 yp. äXXo ye ^
atppocjuv7]), 18 xtov xotouxcov (’tato; xto xotouxto s. v. m 3 ), ff (s. v. m 3 yp. 7j),
xaXXa, 19 yevtopevot (6 m 4 ), oiaOa yp7jv (in mg. m 3 yp. yp7) xat, Äto; oux oia0a
tb; ypri‘,), 20 ßaBtoupyta (in mg. m 3 yp. paBtoupyiat), aOavaxot (s. v. m 4 ), sjcei (in
mg. m 3 yp. s-7|V 8’ et;), tx7]xat, p.rj xa p.aXaza ptoeo p7j xa axXfjp’ eyet; s. v. m 3 ,
21 aoyypapaxt, oppaxo, ytvo'pevot, 22 ouaeto; (uae in ras.), 23 TtXTjcriecrxepov (yp.
7rXij<nai'xspov s. v. m 3 , 7üX7]cjtexepov V 1 ), 24 arfxov (auch V 1 ), 25 xov (darüber ras.,
in mg. m 3 £7x1 xo r.opt^eaOat, darüber ras., in welcher noch £7x1 xo . . .. kenntlich
, ß , a ,
ist), 25 7cavxayo'0e (0ev s. v. m 3 ), 27 ayaOov epyax7]V (ßa m 4 ), 28 aot (s. v. m t
, _ ß T a
oder m 2 ), oppaf; (auch V 3 ), xou; xe cpiXou; eXeuOepouv ouvaaOat (ßya m 3 ), 30 yp.
o4o7totou; (in mg. m 3 ), eauxij; (yp. aeaux7); s. v. m 3 ), 32 aya7t7]X0t (7) s. v. m 4 ),
?;apaaxax7j; (yp. xt; s. v. m 3 ), 33 GatoXiTto'vxe; (yp. axoXei';rovxe; s. v. in 3 ), yp. xa;
(s. v. m 3 ), 2, 1 xo ovopa, xouxo, 2 t:oxe, 4 yp. xou ye (s. v. m 3 ), yp. arcoXuao'vxtov
in mg. m 3 , 5 ^aat (nociai s. v. nij), 6 xouxo (yp. v s. v. m 3 ), 7 yp. 7)87) in
mg. m 3 , 8 Bia, 9 yp. xaxov voouaa in mg. m 4 , 10 yp. uytavet; in mg. m 3 ,
11 Befv steht im Texte, Bia, yp. ßo7)0^ aot in mg. m 3 , yp. eytoye ecp7) in mg.
m 4 , Bat (e s. v. m 4 ), 13 otaOa, a^oBo'vxa; (auch V 1 ), 14 yp. eOs'Xcoaiv in mg. m 3 ,
, .. , ß, “, ,
ou (darüber .... m 3 ) cpuXai-7), 3, 1 eirce poi ecp7j tö y^atpixpaxe; tBwv xov yatpe-
xpax7)V (ßa m 3 ), 4 auvaBeXcpou; ovxa; xtov aBeXtptov (in mg. rn 3 yp. auvaB^Xoou;
ovxa; xtov avaBe'Xcptov, 5 T^avxo; (in mg. m 3 yp. xat ^:av xo evavxtojxaxov), yp. xt f
s. v. m 3 , 7 yp. toa^ep wtteo; in mg. m 3 , 9 xe (Be s. v. m 3 ), etvat (s. v. m 3 ),
11 oxt (yp. e’t xt s. v. m 3 ), B7)Xovoxt, xaxapyotp.t, 12 07]Xovo'xt ( ? über 0 m 3 ),
13 ae auxbv (in mg. m 3 yp. aeauxov), 87]Xovoxt (bis), 14 Tzavxa, yp. xaxto; 7:oitov
(s. v. m 3 ), e^epyaaaaOat (auch V 1 und darnach wol A, weshalb es in den Text
aufzunehmen wäre), 16 to aya0a (yp. e s. v. m 3 ), 17 ouv (s. v. m 3 ), 18 81a-
xefaOov (yp. a s. v. m 3 ), 18 xouxto (yp. ou s. v. m 3 ), BtaxtoXuetv aXXiJXaiv (V 1
Xenophontische Studien.
107
aXX^Xoiv über oiv: cd), 19 xaXXa, opyua?, 4, 2 t:oXXou!; xe (ou s. v. nij), siaa-
yovxs$ (a; s. y. mj), xaXXa, 3 oXiyopoovia:; (co corr. m 3 ), 6 auvßorjOsi’, 7 yp. 8s
s. v. m 3 , yp. 71 pb$ xous cptXou; m 3 , T:ap.oo (ras. 1 vel 2 litt.) pcoxaxou, 5, 1 in
mg. /jpcoTO avxia0sv7) m 2 , auxou xou ajj-sXouvxoi; steht nicht am Rande, 3 bia,
eycoyouv, xov o’ ou8ev (om. av), 7), 6, 2 xcdv xou, 4 xi os (nach ypa>|j.^vcp), 5 xtov
xou acop.axo<;, suoixoc (p s. v. m 3 ), 8 oox7j (nicht öoxeT), ^p.tv (om. xs) ooxrj,
“ A 1
11 p.av0avo'.[j.£v, ouv om. B (es steht in V 1 ), 13 yp. S7i(axaixo a§ m 3 , 15 xai vor
7uov7]pov fehlt, 16 Xs'ys p.oi Aid. m 3 , 18 ai (in mg*. m 3 yp. ai Aid.), fjxiaxa
ou (unter ou .... m t ; in mg*. m 3 yp. Tjxiaxa TCpoaxep.svai), 19 oi ayapiaxoi (in
mg*. m 3 yp. t) ayapiaxoi), ouv (s. v. m 3 yap), 20 xo (yp. xou s. v. m 3 ; in mg.
m 3 yp. xou Aid.), yp. iauxoTi; p.iaouaiv Aid. in mg. m 3 , 21 xai 7)8us p.sv saxiv o,
22 yp. sXo'p.svoi Aid., oip-ai sXxo'p.EVoi in mg. m 3 , xapxepEtv (aus xoivcovsTv mj,
25 xi (s s. v. m 3 ), 26 ÖrjXo^, yp. >:avxa xa aOXa in mg. m 3 , 27 suspysaicov ß7jaa.
in mg. m 3 , 28 etüI xto (yp. xo Aid.), xai (darunter . . . m 3 ) avxi::oOsia0ai (yp.
£7ti0u[j.sia0ai Aid. s. v. m 3 ), 29 Bsfjaav (yp. osfj'aov Aid. in mg. m 3 ), yo. pj au
ouv Aid. in mg. m 3 , aosaxsiv (yp. aai Aid. s. v. m 3 ), (om. 7cpo$) 07]pav avOptb^cov
(darunter otjxai avOpcoTtou? m 3 ), 30 aXX’ co; (in mg. m 3 yp. aXXcos; xe xai),
31 l'axiv (so auch V 1 ), in mg. m 3 yp. svsaxiv Aid., xov (ov in ras.), in mg. yp.
xo Aid., 32 oxi (yp. e’i xi Aid. in mg. m 3 ), 33 aou (in mg. m 3 yp. xaxEWtEiv aou
eyxXtxizw; Aid.), 34 oo^ (so auch V 1 ), aXXauxco (yp. xai s. v. m 3 ), 35 ifjvi'xa
(in mg. m 3 vixav), yp. p.s (s. v. m 3 ), 36 ßouXsi (yp. ßouX7) Aid. in mg. m 3 ),
syco (daraus xayco), yap fehlt im Texte (yp. yap Aid. s. v. m 3 ), rcpo [j.V7]axpToas
(yp. I Aid. s. v. m 3 ), yp. oux cbcpsXsTv ircaivouaas Aid., 7<:po[j.V7]axsuaa[j.s'V7jV (yp.
p.V7]aau.£V7jv Aid. s. v. m 3 ), 37 apa (in mg*. m 3 apa; darunter [j.ev Ttspiypa?.),
xoi (yp. xi s. v. m 3 ), 38 s77aivoi7]V 4eu6o'[j.svo; (in mg. m 3 yp. 4su8o[j.evo(; S7;aivoi7)v
'faaxcov ayaOov, yp. aauxov Aid., t) vor ei von m 3 mit yp. Aid., yp. t:oXix(dv Aid.
(s. v. m 3 ), 39 ßouXsi (so auch Y 1 ; yp. fl Aid. s. v. m 3 ), xauxas (darunter yp.
-oxjclc, AU1. m 3 ), yivtoaxEi? (so auch V 1 ), atayuvoi'pjv (wie es scheint aus
aiayuvop.ai), 7, 1 sxi in mg. m 3 , yp. axEiaOai Aid. iii mg. m 3 , yp. 8uvap.iv Aid.
s. v. m 3 , 2 yp. xe Aid. s. v. m 3 , ouos 8avsi'aaa0ai (bis), yp. oavEi'Co'p.svo; Aid.
s. v. m 3 , 3 xa £7:iX7]Osia (so auch V 1 ), ’iaco«; oXiyou? s. v. m 3 , ckoXfi'aOs (yp.
a;:bX7ja0£ Aid. in mg. m 3 ), 4 yp. sukoieiv Aid. in mg. m 3 , a^opia (yp. ai? Aid.
s. v. m 3 ), 5 yp. oj<; syc5p.a' Aid. in mg. m 3 , 6 oiaOa (so auch V 1 ), T^spiJioiEixai
xai (unter xai . . . ., darüber yp. in 3 , vor Tcsput. yp. xai Aid. s. v. m 3 ), xupixo;
(yp. ß Aid. s* v. m 3 ), xcoXuxeu^, oi'a, 7 xYi'ai (yp. i s. v. m 3 ), xa0eu8efv, yp.
spyaaiav Aid. in mg. m 3 , yp7jaip.ov (yp. p.a Aid. s. v. m 3 ), 8 acp’^ (in mg. m 3
a 07]^) auxa (in mg. m 3 yp. auxai;), xai nach cb; steht im Texte, fehlt dagegen
in V 1 , 9 ouxeu (darunter yp. ouxs au Aid. m 3 ), 10 yp. xaxEi'vaic in mg. m 3 ,
ß a ^
11 ouxco^ (5 tilgt m 3 ), xaXco<; ooxei? (ßa m 3 ), yp. "po'aOev s. v. m 3 , 12 spya'(op.£Voi
1 Dindorf irrt, wenn er aus diesem Zeichen avxiypacpa 8icDpOcop.sva heraus
lesen will; es bedeutet, wie sich aus der Bemerkung zu II, 8, 3 und aus
II, 6, 27 ß7jaa. d. i. Bessarion ergibt, sicher Aldos, worunter wo! die Aldina
von 1525 zu verstehen ist. Ich habe daher im Folgenden des Druckes
wegen Aid. gesetzt.
WmBSi 4k- «OfcES zz trlia
108 Sclienkl.
(yp. ai Aid. s. v. m 3 ), spyaaap.Evat (sic), arcavxa (darüber yp. ya{pcov Aid. und
am Rande yp. acoxpax7)V ^aiptov dt7]y£txo), 13 Etxa, yp. xov Aid. (s. v. m 3 ), yp.
otv Aid. in mg 1 . m 3 , 14 xüva (yp. u s. v. m 3 ; ebenso unten), ota, ouvaaOs (aus
ouvaaOai, V 1 duv7]a0s; in mg. m 3 o~ip.at duvataOs), aTCoX^aOs (aus -aOat; o m 3 ),
8, 1 auxo'Ot (yp. auxoOev in mg. m 3 ), yp. BeTaOai Aid. s. v. m 3 , 2 om. av (so
auch V 1 )) orjXovdxt, 3 rcou (otp.at xou aXoo? in mg. m 3 ), 1 yp. £7Xt[j-eAojj.£vot Aid.
(s. v. m 3 ), 5 7üoi7jaovxa (yp. aav Aid. s. v. m 3 ), cpfj<; (j\ m 3 ), 6 yp. piv as otp.at iv
Aid. in rag. m 3 , 9, 2 xpdoev (st m 3 ), otto aot (in mg. m 3 ’tato«; au), 4 xepdcdveiv
(yp. da s. v. m 3 ), 5 yp. a7:oaxpo<p7]V Aid. in mg. m 3 , ’tato<; eV Euptaxst (darüber
wie es scheint ßrjaa.), 6 a7i7)Xaxxsxo, 7 yp. auxo Aid. in mg. m 3 , rappst (v fügt
m 3 hinzu), 10 yp. otoa Aid. in mg. m 3 , 2 yp. atocrxpa xouxw Aid. in mg. m 3 ,
ovxa fehlt (so auch im V 1 ), G xat su^pat'vot add. m 3 .
Sevofpwvxo? atuxpaxoui; a7;op.V7]p.oV£up.axcov ßtßXtov y. 1,1 ßouXo'p.EVov in
mg. m 3 , 2 o’ auxou (in mg. m 3 yp. ap.sXi]aai auxou Aid.), 4 rcpoa&sat^EV (£e s.
y. m 3 ), yp. cpa(v£aOat in mg. m 3 , xav p7) taxpEU7], om. ojv, 5 yp. tco'Oev Aid. in
mg. in 3 , xrj<; (darüber yp. xrjv Aid. m 3 ) axpax7jy(a; (darüber av m 3 ), aXXov
(v tilgt m 3 mit darübergesetztem yp.), 9 dtayivwaxstv (ebenso weiter unten),
10 eüatpexot, 11 xaxxstv (aus rcpaxxEtv, 2, 1 toat, yp. xouxou Aid. s. v. m 3 ,
3 xouxot?, 3, 1 tTurapxojv (darüber yp., dann eine Rasur), ytvojaxovxat, aXrjOE?
(s yp. Aid. m 3 ), 3 apa (yp. apa Aid. s. v. m 3 ) oxt xat (darüber .... und
yp. t) Aid. m 3 ) xo, t:ou (in mg. m 3 yp. 7] de ap/7] tcou m 3 ), 10 npoc, xouxto (sic),
11 xt<; (aus vtc), 12 ytvsxat, 4, 3 cptXo'vEixo<; (t s. v. n^; <ptXo'vtxo<; in mg. m 3 ),
4 p-ayopivou;, 5 ^uvoXrjv, 6 ytvojaxrj, 8 otp.at 7:poaxaxx£iv (s. v. m 3 ), 9 auxtov,
11 7capi f £i£ (rj s. v. mj oder m 2 ), 12 xa os, 4 sp.X£ßad(a, 8 p.aXiaxa, 10 tzeXoko-
V7]atp (v s. v. nij), 11 xaO 1 auxoug, KeXoTZoYrjGicov, 13 ys scpT], 16 auxou<;, 17 axrjpta,
18 x^po^j 20 xaXXa, 22 yp. xt (s. v. m 3 ), p.s (nach sy/stpwv ohne alle Cor-
rectur), 25 oieXojgtou (aus oieEojgtcu), 26 de (at s. v. m 3 ), p.taot xat rctasTdat, ys
scp^i, 6, 2 sytoyE, 3 orjXovo'xt, 4 ap’ scprj, 5 orj ex (om. E<p7]), 8. yp. r\ (s. v. m 3 ),
eav os 7jxuo xtov, 9 ouxto«;, 12 axoj7:xop.ai (yp. e s. v. m 3 ), 1 ’taax; xouxou (in mg.
m 3 ), tdoj^, yp. ßoYjOsIv (s. v. m 3 ), 14 rcavxa ’taexat p.ev, 7, 1 orjXovo'xt, 3 xaxayt-
vtoaxeig, 7 xaxacppov7]xo'otv, 8 Exstvou? (aus vo«;), 8, 2 otovet, evt'oxe (o in ras.),
3 bcpOaXpaat;, e’txe, 5 xaXXa, 7 sycoys, xaXdv saxt, 8 evdtaixataOai, 9, 1 fehlt de
nach ?:aXiv, 3 bpw oe, 4 xo p.sv xaXa (om. xa), ytvojaxovxa, sxptvsv, 5 xaXa ys,
6 stvat (darüber p.sv m l , halb ausradiert) goüioc$, svo'p.t^sv, ytvtoaxouat, 8 ouxto?,
axuyouat, 11 bp.oXoyrja£i£V, izaVTCcq xous S7UL xrj vrjt, 14 Ttavu p.sv oüv evavxtov,
15 ev oe, 10, 1 Exp.ip.£taOE (aus -aOat), 2 ap.sp.x:xa rcavxa eyovxt in mg. m 3 ,
3 ouxto«;, a7:op.i[i.£fa0at, 6 avdptaat, 7 ^tOavo'xspa, 12 yXa[i.uoa xat xaXXa, 13 yt'vovxat,
xo de (nach wp-tov), dann zweimal xo oe, 14 ooxouatv, 11, 1 auxoti; (yp. fj? s. v.
m 3 ), 7) ysxo Xo'you (yp. axouaaa( ys xou Xoyou s. v. m 3 ), xpstxxov (aus xpEixtov),
2 d£odbx7], ap’ Et, 3 om. xov, yp. it; (s. v. m 3 ), 7 ouxax;, 9 ota, 10 Xeyouaa
(aus -07]), jj-EV (s. v. m 3 ), 12 a^touotv (yp. ota ;:otouatv s. v. m 3 ), 14 osop.s'vous xe,
1 Es ist ein lateinisches e für e; der Corrector hat nämlich öfters latei
nische Glossen, z. B. zu xatxot atqui geschrieben, bisweilen auch mit
griechischen Buchstaben, wie zu a^opt'a: tvoTua; axE^xop-at lesen auch
CDFV 2 V 3 und nach Owen die angeblichen Florentini ABCE.
Xehophontisclie Studien.
109
12, 1 I97] vor e?p.t fehlt, 2 aXystvoxaxa«; (wie es scheint aus arjv-), 4 yp, xat
(s. v. m 3 ) vor Bia, yp. 7j8tov (s. v. m 3 ), 5 oüx (in ras.), yp. 7i:apsaxsuaa0ai (in
mg. ir, 3)i 6 sXa)(fox7]V, yjpeiav, 7 xat X7jv Eus^t'av, 8 y7]paaat, 13 aTurjvxrjaa (yp. aa?
s, v. m 3 ), 2 aXXou 81 Xlyovxos (in mg. m 3 yp. aXXou 81 a (der zweite Buchstabe
niclit erkennbar; sieht wie ein 7] aus) ovxo$, oxt BsiXw? eoWei xaxouu.£vos ecpxj
xouxou <papp.axov ayaOov 8t8a<jX7] (yp. oxt arjotios EdOfst. axoup.svo«; eeprj x. <p. a.
BioaaxEiv in mg. m 3 ), cpvjcxi (darunter .... nij), 3 Xouo'p.£vot, yp. epoßi) (s. v. m 3 ),
6 <rxptop.p.axa, 3 auxos (unter s • • nij), ay.oXij, 4 auxov, '/p7)xat, 6 auxov, 1) (darunter
zwei Puncte m t ), <I>top.ov.
Sevo^wvxos atoxpaxous a7uop.v7)p.ovsup.axcov ßtßXt'ov Ä. 1,3 ytvopivou;, 4 om.
yap, 5 £U9pa{vou (©pp&ou corr. m 3 ), Btaytvtbaxtov, 2, 1 Eu8oxtp.oxaxcov (co m 5 ), x'o
(o in ras.) ^vio^oieT’ov (über ov eine Rasur), 2 ylvsaOat, 0 ou s. v. m 5 , aXXa
(aXXa m 5 ), 7 y(vovxat, 8 auv7j^as (Xo s. v. m,), über xat vor exi steht 1) m 3
oder m 4 , 10 (juXlysu; (X s. v. m 4 ), ap^ixExxwv ßouXst (xtov ßouXEt in ras.), xouxto,
stjei Bl xat, ct£ (add. m 5 ) I7173 ©paaav, 11 o(a, 12 xa auxtov, 14 T:ox£ptocr£ Ow,
B7]Xovoxt, 15 x( Bl (nach eeprj), 20 avaytvtbax7), 22 ByjXovoxt, 24 syfvtoaxov, 25 xrjv
auxou (nach £?Stos), 26 Btaytvtbaxouatv, 28 yfvovxat, auxiov, 29 aBo^ouat xat Bia
xauxa 7cavxa xaxaydXaaxot, ai Bl, 30 yiyvioaxtov (yp. Etv s. v. m 3 ), ’tOi (yp. ’t'aOt
in mg. m 3 ), 31 yap (s. v. m,), 32 arcbXtovxat (co aus Correctur; vielleicht
ursprünglich Xu), atoOwat, aXXa, 33 iaxi, 34 eeprj fehlt (nach xtvSuvsust), TupoaO^-
acop.Ev, 35 apa, 36 u. 39 BrjXovoxi, 3, 9 iaxtv, 11 nach Tcavxtov ein Wort (iaxi)
getilgt, om), 14 ÜEacraaOai, 4, 2 E7tlxps4Ev, 4 p.tXrjXou, 6 auxa, ima/.OTZTcov auxov,
7 ast xa auxa, tov STCtaxaaOat otov STcfaxaaat, anoxpfaei (aTtoxpivi) mj), 8 8’ oi, 8’ ai,
10 zl Bat (e s. v. m t ), a£toxsxp.axxo'xspov, 11 £[j.ßaXovxos, BrjXwaEt, 14 xouxot; (in
mg. m 3 yp. xou; xots), xaxaXuOoTsv, 3) vor xat fügt m 3 hinzu mit yp., 15 l'v
eipyaaaxo (in mg. m 3 yp. svEtpyaaaxo), 16 ouBI (nach aiptovxat) tüoXixeuOsÖ] (mit
Ausnahme von auf einer Rasur, die aber nicht enger ist), yp. o?X7)0eÖ] (in
mg. m 3 ), 17 yp. 7jxxov (s. v. m 3 ), 7ttax£uot£ (yp. geie s. v. m 3 ), 23 87)Xovo'xt,
24 vdp.ip.ov eeprj (aus sgxi), 25 o^oXr), 5, 2 p.aXtGxa y’ (y’ tilgt m 3 ), 3 sXEuOspov
(sXsuO^ptov corrigiert m t ), 5 oi axpaxst«;, 7 xa svavxfa (vor 7:otEtv), 11 x(vt yap (x(
yap m 3 ), 12 ev xto xous auvto'vxas, 6, 1 ouBIttoxe, 3 Eycoys, 5 apa, 7 87jXovo'xt,
Etotv xfvt, 9 aXXo, 10 avBpfav (om. 81), apa, Etatv V7], 11 apa xaxtos? ooxougi (v s.
v. m^, 14 ETcatvots, om. ¥<prj, ap’, 7, 1 e[j.eXXev, Et8ot7], 4 ytvtbaxEtv, BtayiVfuGXOvxas,
aTcoXXuvxat, 8 auvStl^Eiat, 9 Biaytvtoaxovxa, 10 <j7)p.aivouat ouBIt^oxe, 8, 2 aXXoubxspov,
ojiax;, 9 om. yap, 10 p.apxup7j<isaO£' p.ot, 11 aXXa, IBoxet Bl. xIXos xtov ^svoiptovxos
ar:o[xv7){j.ovEup.axtov; dann m 3 ipuXXa xa 7iavxa sxaxov Ixxa^Bsxa xtov a710p.v73p.0vEu-
paxtov (es sind aber 117). (Ende von 117, a.) 1
Nach diesen Ergänzungen wird man sich wol ein ge
naueres Bild von dem Codex entwerfen können, als dies nach
der Collation Dübner’s und den Mittheilungen Dindorf’s, der
1 Auf 117, b ^Evocptovxos p7jxopos ß^os auyypa<psts 7Capa Xaspxfou Btoylvous.
Ich theile die Abweichungen vom Texte Cobet’s mit: xou B7jp.ou apytsuc,
xouxov, CTtoxpax (Rasur eines Buchstabens), oi st. ttou, aTioxpivopivou, ytyvovxat,
exe^vou, mit t]v auxto am Ende der Seite endigt die Handschrift, ist also
unvollständig.
110
S cli e ule 1.
manche Leseart durch ein Versehen irrig angab und besonders
die Varianten von B mit jenen in A verwechselte, möglich
sein dürfte. Man kann mir vielleicht Vorhalten, dass ich in der
Aufzählung der Varianten allzu genau gewesen bin und manche
ganz unbedeutende Leseart mitgetheilt habe. Dindorf hat, wie
er schon in der Praef. p. IV andeutet, gewiss manches derartige
einfach übergangen, hiebei aber, wie Jedermann zugeben wird,
ein bestimmtes Princip nicht eingehalten. Unter diesen Ver
hältnissen schien es zweckmässiger alles zu verzeichnen, um
so mehr als der Raum, der hiefür in Anspruch genommen wird,
eben kein grosser ist.
Wichtige Varianten sind allerdings wenig nachzutragen.
Ich bemerke in diese)' Hinsicht: I, 1, 7 alpsxä, 2, 10 etvai, 2, 32
airexxeivov, EAaiTou; xe, 2, 48 ©atSt!>v8ä<;, 2, 54 xoüxwv, 4, 5 tcpoasxE-
0Y)cav, 4, 7 oo'/.sR; II, 2, 11 oiet oetv, 2, 13 aTxo'Sovxoti;, 6, 5 xou
owpaxo«; statt oiä xou Gibp.axo?, in A steht bloss xrnv fjoovOv; man
vergleiche I, 5, G, IV, 5, 3 und 11 xwv oiä xou cwp.axo? -ijoovwv,
welche Stellen sämmtlich unecht sind; daraus dürfte sich oiä
auch an der oben bezeiebneten Stelle in die Handschriften
ausser AI! eingeschlichen haben; III, 3, 10 xouxw, 4, 3 cfilony.og
(durch Correctur von erster Hand), 13, 2 ©vjctI (schon von erster
Hand getilgt); IV, 3, 14 ÖeäaaaOat (vgl. OectGypai bei Clemens und
Stobäus), IV, 6, 14 fehlt apvj nach lldvu piv ouv, mit Recht, da
dieser Beisatz sich sonst bei keiner Antwort in diesem Ab
sätze findet. 1
Von nicht geringem Interesse ist auch die Frage über
die Correctoren des Codex B, welche durch die genaue Be
zeichnung der Hände ihre Lösung findet. Wie ich schon früher
1 Es sind unter den Lesearten von B noch einige, welche der Beachtung
nicht unwürdig 7,u sein scheinen, wie I, 2, 64 xaXXlaxV); ts, 4, 13 x!vo;
pkv yäp, III, 6, 9 yiypur.Tal so! ys eipj) ye (wornach man vielleicht auf
ysypomTaf yf croi schliessen darf), III, 8, 4 juzvxtos dvop.oioi aXXoc. yap
(wahrscheinlich jcetvxax; ävopoio; aXXoc, wie gleich im folgenden <o; k'vi
avopoioTaxT] steht; Jtävxco; ist schwerlich eingeschwärzt); IV, 3, 14 fehlt
auxtov; IV, 4, 13 empfiehlt es sich vielleicht mehr, 5) vor ouolov, wie B
liest, einzuschieben, als mit Hirscliig das erste or.oio'i in r.oXo'/ zu ändern,
da jj, wie wir später zeigen werden, öfters in unserem Texte ausgefallen
ist. Schliesslich mag noch bemerkt werden, dass in den Varianten von
B sich öfters Spuren der Uneialsehrift zeigen, z. B. I, 4, 2 oaa ecov statt
bi XsTJov, II, 1, 28 öppai'? statt opp.a;.
Xenopliontisclie Studien.
111
bemerkt habe, kann man in den Correcturen, welche nicht von
der ersten Hand herrühren, vier Hände unterscheiden. Die
erste ist dem Alter nach nicht weit von der Schrift des Textes
entfernt; die zweite, durch ihre braune Tinte kenntlich, fällt
erst nach 1525; denn sie hat Lesearten der Aldina eingetragen.
A
Alle Correcturen, welche mit a? bezeichnet sind, finden sich
wirklich im Texte der Aldina. 1 Die beiden anderen Hände
sind also noch jünger. Die Correcturen der zweiten Hand oder,
wie ich sie in der Collation bezeichnet habe, m 3 , geben uns
nun einen ganz sicheren Anhaltspunkt, um über die Varianten,
welche Pietro Vittorio in ein Exemplar der Aldina und in eines
der von ihm besorgten Florentiner Ausgabe von 1551, die sich
nun beide in München befinden, eingetragen hat, ein richtiges
Urtheil fällen zu können. Es sind dies Emendationen, die sich
für einen der Sprache kundigen Mann von selbst ergeben. Was
die einfachen Regeln der Grammatik, was Construction und
Sinn verlangen, hat er hergestellt, ohne sich allzu ängstlich an
die Ueberlieferung auzuschliessen, und dabei, wie sich von selbst
versteht, mitunter fehlgeschossen; stärkere Verderbnisse aber
hat er unberührt gelassen. Es ist ganz dasselbe Verfahren, wie
es in seiner Ausgabe der Elektra des Euripides hervortritt. Er
mag wohl auch die Florentini eingesehen haben, an eine me
thodische Benützung derselben ist aber nicht zu denken. Und
da diese Handschriften nach den Proben, welche uns vorliegen,
nichts bieten, das nicht in den übrigen Codices stünde, so hat
diese Frage für uns gar keine Bedeutung. Zudem offenbart
sich in diesen Noten bereits die Verwerthung von Drucken
unserer Schrift und von der editio Trincavelliana des Stobäus,
z. B. II, 2, 5 et xtva, 3, 14 tptXt'av, III, 3, 7 xoteT, IV, 2, 20
ipatveTat. Das Gleiche gilt von den der Juntina Villoison’s bei
gefügten Noten, welche deutlich die Benützung der Uebersetzung
Bessarion’s verrathen, und von anderen handschriftlichen Be
merkungen dieser Ai*t, über welche man Dindorf Praef. p. V
und Sauppe Praef. p. VI vergleichen möge.
Aus einem ähnlich wie B corrigierten Exemplare sind die
zwei Leidenses geflossen, nämlich der, welchen Ruhnken in
1 Denkbar bleibt freilich, dass diese Correcturen von Aldus selbst oder
nach einem von Aldus verbesserten Codex eingetragen sind.
112
Schenkl.
seinen Animadversiones mehrmals erwähnt, und der andere
oder Vossianus (V), dessen Lesearten er Ernesti mittheilte.
Letzterer, über den schon Bornemann Praef. p. VI ff. richtig
geurtheilt hat, ist so jung, dass er nicht bloss aus der Ueber-
tragung Bessarion’s und der Aldina, sondern auch aus der Pa-
risina von 1547 schöpft. Es versteht sich daher von selbst,
dass er durchaus keine urkundliche Gewähr bietet. Doch hat
der, welcher die Textesrecension im Vossianus machte, einige
Stellen richtig verbessert, wie I, 4, 8 outwc, 9 ouoev, 6, 14 wipeXtjxoi,
II, 2, 7 ei y.ai, 5, 5 aicoSiSoTai, 9, 4 Euipuecj-epoi; (was, aber ohne fi>v,
in den Text aufgenommen werden musste), III, 5, 6 xoXepio'j?,
G, 10 GU[j.ßouX£tj<7£is, 8, 4 y.aXbq, was freilich schon in V 2 steht,
10, 4 iouto Y, IV, 4, 24 Oei'oic. Die Excerpte im Leidensis tertius
oder Meermannianus (N) scheinen, wenigstens nach der Inter
polation IV, 3, 8 zu urtheilen, von einem byzantinischen Gram
matiker gemacht zu sein. Dieselben bieten übrigens für die
Kritik nichts als I, 3, 10 pi^omvouvou und I, 4, 18 die Tilgung von
aÜTÖ oder auTOU? nach siujAEXEiaOat.
Die übrigen Handschriften sind 1. folgende Parisini,
welche ich mit den in meiner Ausgabe gebrauchten Chiffern
bezeichne: C 1642 (bei Gail A), D 1643 s. XV (bei Gail B,
bei Edwards-Owen Par. 3), 1 E 1645 (bei Gail C), F 1794 (bei
Gail E), G Sangermanensis 389 (bei Gail ebenfalls G), H 1739
(bei Gail J). Wir kennen diese Codices einigermassen durch
die Collationen Gail’s, welche aber, wie dies längst bekannt,
sehr ungenau und unvollständig sind; namentlich scheint Gail,
als er die Varianten zusammenstellte, öfters die einzelnen Hand
schriften mit einander verwechselt zu haben. Nur D, von
Michael Apostolios geschrieben, habe ich selbst vollständig ver
glichen. 2. Die Vaticani: J 1950 chart. s. XV bei Gail, der
ihn, als er der Pariser Bibliothek einverleibt war, collationierte,
H), R Urbinas 93, membr. s. XV, dann die drei für Edwards
1 Der Par. 1 bei Edwards ist natürlich A. Was den Par. 2 anbetrifft, der
angeblich nur das vierte Buch enthalten soll, so kann damit nur D ge
meint sein, einmal weil Owen aus diesem nur Varianten der drei ersten
Bücher citiert, sodann weil die aus Par. 2 angeführten Lesearten mit Aus
nahme einer einzigen, nämlich IV, 2, 5 ep-como [j.aOs?v zi roxpa tojv larpwv
ouoiva, wo gewiss ein Irrthum obwaltet, sämmtlich bis auf die Randbemer
kungen mit D übereinstimmen.
Xenophontische Studien.
n?»
verglichenen Vaticani: 1. Urb. 63 bombyc. s. XIV, 2. Vat.
1619 und 3. Vat. 1336, beide s. XV. 1 Von JR habe ich eine
vollständige Collation des dritten Buches, die Herr Dr. A. Mau
gemacht hat. 2 3. Die Florentini (Laurentiani): L Plut. 55, 21
s. XIV, aus welchem Herr Dr. II. Hinck das erste Buch für mich
verglichen hat, dann Plut. 55, 22 und Plut. 80, 13, beide
gleichfalls aus dem 14. Jahrhunderte. Diese drei Codices führt
Bandini in seinem Kataloge an. Nach der Vorrede in der Aus
gabe von Edwards waren für diesen folgende Handschriften
der Mediceischen Bibliothek verglichen worden: A n. 1642
s. XV, B n. 1643 s. XV, C n. 1645 s. XVI, D n. 1794, E
n. 1740 s. XIII. Muss nun schon der Umstand auffallen, dass
diese Handschriften Bezeichnungen führen, wie sie in der Lau-
rentianischen Bibliothek bei den ursprünglich derselben ange-
hörigen Codices (und diese können ja allein hier in Betracht
kommen, weil die Vereinigung anderer Sammlungen, z. B. der
von San Marco, mit der Laurentiana erst später erfolgte) nicht
üblich sind, so wird dieses Bedenken noch dadurch vermehrt,
dass die Zahlen dieser angeblichen Florentini durchaus mit denen
der Parisini stimmen: Flor. A 1642 = Par. C 1642, Flor. B
1643 = Par. D 1643 (und man beachte noch, dass Owen von
Flor. B sagt: ,Michaelis Apostolii', der Par. D aber wirklich
von Michael Apostolios geschrieben ist), Flor. C 1645 = Par.
E 1645, Flor. D 1794 = Par. F 1794, endlich Flor. E 1740 =
Par. B 1740. Von diesem sagt Owen: ,bonae notae s. XIII',
1 Was diese Vaticani anbetrifft, so worden die Angaben von Edwards-Owen
für zwei derselben, nämlich 1336 und 1619, durch das, was mir Herr
Dr. A. Mau gütig mittheilte, bestätigt. Nr. 1336 chart. s. XV enthält
f. 1—50 die Apomnemoneumata, dann 51—79 die Briefe des Isokrates,
79—198 des Dion Chrys. £r)Top'.xai p.EAEtai, 199 — 206 jipo).EYopev« rtov
’Apia-sfSou ).oywv. Die Handschrift scheint ziemlich sorgfältig geschrieben
zu sein. Vat. 1619 siebt nachlässiger aus; f. 1 — 55 sind Pergament und
enthalten Schriften des Manuel Paläologos; dann folgen auf Papier von
anderer Hand (s. XV) Sevotpemo; p^paia (verschrieben statt iijtopo;, wie bei
den anderen Büchern steht) d7ropV7]povsup.dT(üv a u. s. w., f. 118 /'JvpySTA/.d;,
135 hzizapypxos, 145 'Pptuv J) rupawixo?, 157 Tiep! btmxij?, 169 rapi Aax.
“oltrela;, 179 nept nolixeta; ’A0y)vatcov. Hierauf folgen wieder von f. 186
an von anderer Hand Schriften des Manuel Paläologos. Urb. 63 war
nicht an seinem Platze und überhaupt nicht zu finden.
2 Ich verdanke diese Collation, so wie die des Laur. 55, 21 der gütigen
Unterstützung der k. Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. I. Hft. 8
114
Schenkl.
was ganz auf Par. B passt. Dazu kommt, -dass die Varianten
keines einzigen der angeblichen Florentini mit Laur. L überein-
stimmen. Allen Zweifel aber behebt die Vergleichung der aus
ihnen angegebenen Varianten mit jenen der genannten Parisini,
woraus die Identität dieser Codices klar hervorgeht. Es liegt
hier also eine Mystification oder, was mehr Wahrscheinlichkeit
hat, ein gewiss merkwürdiger Irrthum Owen’s zu Grunde. Man
darf daher diese Florentini ruhig bei Seite schieben. 4. Die
beiden Vindobonenses s. XV: V 2 XXXVII (70), den Ernesti
aber nach einer ganz ungenauen Collation benützt hat, und V 3
XCV (48). Ich habe sie selbst vollständig verglichen. 5. Der
Guelferbytanus August. K 56, 22 membr. s. XV, der bloss
das erste Buch enthält. Die Varianten gibt Sauppe in der
Appendix zur Leipziger Ausgabe (1834). Ueber die übrigen
nicht näher bekannten Handschriften vergleiche man Sauppe
in der Praefatio der Tauchnitz’schen Ausgabe.
Diese Codices bilden mit Ausnahme der drei für Edwards
verglichenen Vaticani, welche ziemlich genau mit B über
einstimmen, eine Mischclasse, indem ihr Text, obwol sich
mehr an B anschliessend, doch an einer Reihe von Stellen
mit jenem in A zusammen fällt. Dass sie alle aus einem Arche-
typon stammen, ergibt sich aus einer Reihe von Stellen, wo
sie zusammenstimmend von A und B abweichen. 1
Sie in Gruppen zu theilen ist bei dem Umstande, dass
ich nur von DJKLRV'W 3 genaue Collationen besitze, geradezu
unmöglich. Sicher stammen J und R wiederum aus einer Quelle
und zwar gibt R, obwohl jünger, vermöge seiner sorgfältigen
Schreibung diese Quelle getreuer wieder. Nahe stehen sich
DV 2 und CEF, so weit man aus den Collationen von Gail
schliessen kann.
Für die Kritik bieten sie alle freilich ungemein wenig.
Für die beiden ersten Bücher, wo wir neben B noch A
besitzen, kommen sie eigentlich gar nicht in Betracht. Was
sich von guten Lesearten gegenüber AB in ihnen findet, ist
1 Man vergleiche in dieser Hinsicht die Varianten: 1, 4, 2 fjrj [j.oe/ö[j.evov AB,
dagegen pl, pp/avtöpsvov B 3 und die übrigen, II, 6, 17 013a e<pr) ö iito-
xpazrji AB, welche Worte in den anderen fehlen, IV, 2, ;>7 Kat orju.ov
ap’ otaOa T> lartv; OS|j.at Eytoys B; die übrigen haben diese Worte nicht
u. dergl.
I*-■
Xeuophontisclie Studien. 115
Folgendes: I, 1, 5 xai ou (kuSöp.evo? Marcianus 511 (V 1 , wie
schon bemerkt, thsuoc[j.£vo<; ohne z.ai), 11 e<pv) (corr. e<j>u) L, &pu
(m 2 e/ei) 1, 12 TavOpwxeta (corr. -iva) C, 2, 33 5’ saxxvrjv V 2 V 3 ,
4, 16 touc ävGpuxou; GJ, 6, 10 SeTcGai DV 2 V 3 , 13 sucpuä DFJV 2 ,
xoisixai DFJV 2 V 3 Stob., 7, 1 euBoijiav V 3 (so auch der Meerman-
nianus), II, 1, 1 ävT'.xorjusTa: DV 2 , 30 SeioGai DV 2 , 2, 12 ßouXei
ul» V 2 , 4, 1 elrj E, 7, 8 exipne?oqaöp,evai F, 10 spYacraoGat (e über a)
D, 10, 1 cs. CJ. Man sieht, es sind dies ganz unbedeutende
Kleinigkeiten, die ein Jeder, welcher nur halbwegs des Grie
chischen kundig ist, verbessern kann. Anders stellt sich aller
dings die Sache für die • beiden letzten Bücher, wo wir des
Regulatives von A entbehren. Hier wäre eine vollständige Ver
gleichung von C als dem, wie es scheint, relativ besten der
geringeren Codices wünschenswerth, um eine ganz sichere
Grundlage für die Kritik zu haben. Ich hoffe demnächst diese
Lücke ausfüllen zu können, obwol der Gewinn für den Text
gewiss nicht nennenswerth sein dürfte. Sieht man für das
dritte und vierte Buch von solchen Stellen ab, wo alle oder
doch die meisten der übrigen Codices gegenüber B das Richtige
überliefern, so haben wir bloss folgende gute Lesearten, die
einer oder der andere vereinzelt bietet, zu verzeichnen: III, 2, 2
ts statt ts z.ai R Stob., 3, 3 ixxou Vat. 1 Stob., 7 xorjaei DJ,
10 TouTfo DG,V 2 , 6, 18 Sieveyxü)v F (Sievetz.wv C), 8, 3 ’Äpa fs CV 3 ,
4 z.aXbc V 2 , 7 tc ts J, 9, 18 obracTstvavTa J Stob., 11, 14 tu add. J,
13, 4 ßhaxoTaxop R, 6 s3uvi50y)v V 2 , 14, 7 ä statt iva J, IV, 2, 3
ouveBpi'a? C (Tai? cuveSpt'ai? J), 0Y]|j.Y)-('0piMV EV 2 , 4 axo TaÜTOp.aTOU DV 2 ,
3, 9 uxeveYz.oip.sv C, 13 Be (ohne y®) CJ, xaBe V 3 , 14 lj add. DEV 2 ,
4, 14 auTot G (in mg.) Stob. Es sind wieder Kleinigkeiten von
gar keinem Belange, Correcturen von Lesern, die eigentlich
nicht zu der handschriftlichen Ueberlieferung zu rechnen sind.
Es versteht sich übrigens von selbst, dass ich nur für die
Varianten derjenigen Codices, von welchen ich genaue Ver
gleichungen habe, nicht aber für die der übrigen einstehe, hin
sichtlich deren wir uns auf die Angaben Gail’s stützen müssen.
III.
Es ist das Verdienst Dindorf’s, in der Praefatio zur
Oxforder Ausgabe p. VII ff. zuerst nachgewiesen zu haben,
dass diese Schrift uns nicht in der ursprünglichen Gestalt,
8*
116
S clienkl.
sondern in einer ziemlich willkürlichen Ueberarbeitung' vorliegt. 1
Was vor ihm in dieser Hinsicht vermuthet wurde, gieng nicht
weit und lautete unbestimmt. Indessen dürfte, wie das Folgende
ergeben wird, eine nochmalige und tiefer eingehende Erörterung
dieser Frage wol die Mühe lohnen. Indem ich eine solche unter
nehme, werde ich mich selbstverständlich da, wo ich mit Din-
dorf’s Auseinandersetzungen übereinstimme, auf eine einfache
Verweisung beschränken.
In dem ersten Buche 2 läuft die Darstellung ohne beson
dere Störung dahin. Abgesehen von kleineren Zusätzen, wie
sie sich in jedes Schriftwerk leicht einschleichen konnten,
G-lossemen, Randbemerkungen u. dgl. (wir werden hierüber
später handeln), finden sich nur drei grössere Interpolationen,
welche mit einander in Beziehung stehen und die bestimmte
Absicht zeigen, durch Recapitulationen die Deutlichkeit zu
fördern oder einzelnen Partien einen, wie der Interpolator
meinte, besseren oder schärferen Abschluss zu geben. Die
erste liest man am Ende des dritten Capitels (§. 15): trspi psv
ovj ßpolcEu? %tx\ tocewc xai äiypoo'.atwv ouxco itapsaiceuacpevcx; vjv y.at
wsxo oüosv 3v apy.oüvtwc ijSsaOai xwv mXka. eici xoüxoip Ttpafpaxeuopsviov,
XuxetcOai Be ko'/Jj Ikaxxov. Schon Schneider nahm an dieser Re-
capitulation Anstoss und sicher hätte man dies alberne Gerede
schon längst vor Dindorf verworfen, wenn man nicht den über
lieferten Text als etwas betrachtet hätte, woran man nicht
rütteln dürfe. Denn dieser Abschluss ist ebenso leer und
nichtssagend, als vollkommen überflüssig. Und wie ungeschickt
1 Die vorliegende Abhandlung, im Winter geschrieben, war bereits Anfangs
April der Akademie übergeben, als mir das Buch von A. Krolm ,So
krates und Xenophon 1 , Halle 1875, zukam. Da dasselbe von ganz anderen
Voraussetzungen ausgeht, so schien eine nachträgliche Benützung des
selben nicht geboten und zwar um so mehr, als eine Widerlegung der
darin hinsichtlich der Apomnemoneumata aufgestellten Ansichten, welche
ich nicht billigen kann, die Einschaltung eines neuen Abschnittes erfor
dert hätte. Ich behalte mir übrigens vor mein Urtheil über das Buch
von Krohn an einem anderen Orte auszusprechen.
2 Es versteht sich von selbst, dass die Eintheilung in vier Bücher nicht
von Xenophon herrührt (vgl. Dindorf praef. p. VI). Allerdings fehlt es
nicht, wie ich recht gut weiss, an Solchen, die dies leugnen und auch
die erbärmlichen Proömien in Xenophons Anabasis für echt halten; für
diese aber ist die ganze vorliegende Abhandlung nicht geschrieben.
Xenophontische Studien.
117
hat sich der Interpolator ausgedrückt! Er wiederholt aus dem
Vorhergehenden 7capeox£uacp,£Vo? rjv, er sagt XuxeÜffOai Ss xoAu sXavrev,
wo man Xu7tew0ai Se oüSsv erwarten sollte; av vor ‘(josaOa'. und
äpy.ouvaoc, was schon Bessarion in seiner Uebersetzung ausliess,
sind geradezu unerklärlich, und streicht man auch mit Cobet
(N. L. 688) diese beiden Worte, so ist doch damit den anderen
Schwierigkeiten nicht abgeholfen. 1 Eine zweite derartige Stelle
liest man am Schlüsse des fünften Capitels: xstauxa oe \iym in
£Y'/.paT£C7TEpGv "olc ep-poi? v) toTc AÖyoi? exjxov ezsSec/.vjsv • o : j yap p.6vov
twv O'.a tjü G(!)[iy.~oq vjoivcov ixpaxe!, aAAa -za! T/jc oia xwv /pyjp.axwv,
vo|h£«v xov uapa toü xu/6vxo<; ypr^mza Äap.ßaviv-a SecTOTYjV aauTiO
■Aaö'.axävai y.ai oouXeüe'.v gouXeGv otioap.dk y;xxov aicr/pav. Hier ist
wieder der Ausdruck unbeholfen, der Gedanke verkehrt. Man
wird ebenso an dem unpassenden s-ptpaxecriepov xolc \oyo\c, Anstoss
nehmen, da man ja die syy.pctzsux bloss zn.q spfotc offenbaren kann,
wie an dem sinnlosen zr t q na twv -/p^gäTuv rßorr^. Der Gedanke,
welcher in dem Satze vopi^wv . . . aw/pdv liegt, ist aus I, 2, 6
entlehnt; in den Worten aber ist, wenn man Secrxx6~^v und Sou-
Asiav in’s Auge fasst, die Benützung von I, 5, 5 und I, 6, 2
nicht zu verkennen. Offenbar wollte der Interpolator durch
seinen Zusatz einen leichteren Uebergang von dem fünften zum
sechsten Capitel schaffen, ohne zu bedenken, dass dann die
Worte ’Äcjiov 3’ aüioü sich viel schwerer an das Vorhergehende
anschliessen; denn nach diesem Zusatze sollte man eher eine
1 Ii. Lange in der Dissertation ,de Xenopliontis quae dicitur Apologia et
extremo Commentariorum capite 1 (Halle 1873, S. 46) will auch den 14. Pa
ragraph dieses Capitels für unecht erklären. Und allerdings enthält der
Eingang melireres, was Anstoss erregt, wie dies schon Brodaus und Din-
dorf bemerkt haben, die Construction a:f>po8im«£siv jcpo; riva, das unklare
r.pbg TO'.rxuT«, endlich die nicht minder unklare Verbindung outw orj y.«l.
Da aber das Folgende nichts Auffallendes darbietet, so sehe ich nicht
ein, warum man die ganze Stelle verwerfen soll. Wenn Lange sagt, die
Stelle stehe mit dem Vorhergehenden im Widerspruche; denn früher habe
Sokrates den jungen Leuten sinnliche Genüsse geradezu verboten, wäh
rend er ihnen hier nur ein gewisses Mass zu halten anempfehle; so weiss
ich nicht, wo er jenes Verbot gelesen hat; §. 8 heisst es nur äopooiotuiv
os “apijvEi Ttov zaktov ypuK dn^eaOai, und das Folgende bis §. 14 enthält
nur eine Begründung dieses Satzes durch ein Beispiel. Somit stimmt
§. 14 dem Inhalte nach mit §. S völlig überein. Ich glaube daher, dass
der Interpolator von §. 15 den Eingang dieses Paragraphes überarbeitet bat.
118
Schenkl.
Begründung des darin ausgesprochenen Gedankens, als die Ein
führung eines neuen erwarten. Diese beiden Zusätze verrathen
also einen Interpolator, der jene oben bezeichnete Absicht
verfolgte.
Wir werden demselben ohne Bedenken noch ein drittes
Einschiebsel zuschreiben können, nämlich das in der Stelle
I 2, 5 ob p$v ouS’ epaoi/pYjp.aTOUs ys tou? cuvövta? sicoiet. "üv p.sv
yap aXXwv emOup.iüW sTtaue, tob? os eauxoü smOugouvTai; oux, sixpocrrsto
ypf ( p.a-a. Es ist hier die Rede von dem Charakter des Sokrates,
inwieweit er für Andere ein Vorbild war. Was sollen nun
die Worte töv piv yap a'XXwv em0up.it5v stowe? Wie können diese
als eine Begründung dessen, was Xenophon darlegen will,
erscheinen? Es wäre dies nur möglich, wenn der Satz folgende
Form hätte: ,denn so wie er in ihnen die Begehrlichkeit nach
anderen Dingen unterdrückte, so brachte er sie auch von der
Sucht nach Geld ab' und dies in der Form der Parataxis aus
gedrückt wäre. Aber in welchem logischen Verhältnisse stehen
die Worte tou? 8e . . . yp^p.ax« zum Vorhergehenden? Wie schief
klingt ETrtO'jp.ouvtac im Verhältnisse zu eTO0upit5v! Darnach dürfte
wol die Stelle vor der Ueberarbeitung also gelautet haben:
ob [ay)v obo’ ipa-':/jpr i \xct.xoc l ye (nämlich yjv, was sich leicht aus dem
Früheren ergänzt), tou? yap eauToö .... Die Einschiebsel hat
der Fälscher aus dem zweiten Paragraphe dieses Capitels
hergenommen.
Viel deutlicher tritt die Hand des Ueberarbeiters im
zweiten Buche hervor. Das letzte Capitel des ersten Buches
schliesst mit den Worten: xoiacs ciaksyopsvo;. Darnach müsste
man, wie Dindorf richtig bemerkt hat, erst im Folgenden eine
Auseinandersetzung darüber erwarten, wie Sokrates diejenigen,
welche mit ihm verkehrten, von eitler Scheinsucht abzulenken
verstand, während dies doch im Vorhergehenden dargelegt ist.
Was man vorgebracht hat, um xotdos zu vertheidigen, verdient
keine Widerlegung. Man müsste demnach liier xoiauxa hersteilen,
wenn nicht der Eingang des zweiten Buches noch mehr Schwie
rigkeiten darbieten würde. Zuerst kommt hier jenes xoiauxa
Xsycov in Betracht, wofür xowcoe verlangt wird. Es liegt nun
nahe mit Pluygers, dem sich Cobet (N. L. 691) anschliesst,
anzunehmen, dass ein Schreiber die Worte xoiauxa und xoiäSe,
die unmittelbar über einander standen, verwechselte; dachte
Xenophontische Studien.
119
ja schon Krüger (de auth. An.' p. 16) an eine Verwechslung
von xoiaura Xs-j-oiv und roiäSe äiaAsyo^evoc. Und diese Vermuthung
kann selbst bei der folgenden Erörterung festgehalten werden.
Aber es liegen in diesem Paragraphe noch ganz andere Schwie
rigkeiten vor. Zuerst sind die Worte itpb? eroöupuav rein sinnlos;
schon Bessarion hat sie ausgelassen, Fr. Jacobs in seinem
Sokrates S. 43 hat sie gestrichen. Gleich darauf stossen wir
bei -/.ai piyou; y.al OaX-ouq y.ai t:svou 1 an, die sich nun und nimmer
mit svxpdtsiav verbinden lassen. Es wird daher schon in der
fünften Ausgabe des Leonclavius vorgeschlagen s'f/.pä-siav in
y.aptspiav zu ändern und Ernesti meint, vor y.ai örcvou könnte
y.apTcpiav ausgefallen sein. Auch hier würde es leicht sein die
Worte y.ai piyouc . . . ttovou einfach zu streichen; nur müsste man
auch y.ai öitvou trotz §. 3 beseitigen, da axoXera-o-repioi; lyvna
sich wol nur auf ßptoTOÜ y.ai ttitou y.ai Aafvetas beziehen kann;
aber so viele Aenderungen machen den ganzen Abschnitt ver
dächtig. Diiidorf hat daher jenen Schlusssatz des ersten Buches
und den Eingangssatz des zweiten nebst den Worten r.pbq ~'y.
ToiaOia für unecht erklärt. Und dies wird auch durch od nach
'('/ehe bestätigt, wofür, wenn das Vorhergehende echt wäre,
nothwendig ydp stehen müsste; daher hat auch Bessarion dies
in seiner Uebersetzung wiedergegeben und ebenso Weiske ydp
für od gefordert. Freilich darf man dann tragen, ob sich IWu?
od . . . passend au das Vorhergehende anschliesst; denn, wenn
auch in unserer Schrift keine feste Disposition hervortritt, so
ist doch die Verbindung der einzelnen Theile keine so lose,
wie sie Dindorf anzunehmen scheint. Im letzten Capitel des
ersten Buches wird nämlich gezeigt, wie Sokrates die, welche
mit ihm verkehrten, von eitler Scheinsucht abbrachte, das Ge
spräch mit Aristippos aber weist nach, dass die rjSovv; nicht
als Lebenszweck gelten könne. Wie nun im ersten Buche die
einzelnen Gespräche durch kurze Sätze, welche das Ziel dieser
1 Man vergleiche I, ö, 1, wo fast dieselben Ausdrücke yaurpö? ?, o’ivou i)
aopoöicjttov 5^ tcovou 7) Ötcvou verbunden sind. Hier hat schon der Schreiber
von V 1 die Worte 7Covou 7^ ausgelassen und M. Kaper hat tco'vou ge
strichen. Aber schwerlich hat Kaper Recht, wenn er in rcovou eine blosse
Variante von utcvou sehen will. Auch an unserer Stelle war eyxpaxEiav
novou dem Schreiber von V 1 zu arg, weshalb er 7covou in 7covou$ änderte
und mit aaxEiv verband.
120
Schenkl.
Unterredungen kennzeichnen, eingeleitet sind, was ebenso im
zweiten Buche Capitel 4, 5, 6 hervortritt, so dürfen wir auch
annehmen, dass auch die drei ersten Gespräche des zweiten
Buches solcher einleitenden Worte nicht entbehrt haben. Dar
nach lässt sich vermuthen, dass der Ueberarbeiter, so wie er
sich nicht scheute hie und da Zusätze zu machen, auch manches
ganz wegliess oder durch andere Wendungen ersetzte. Wie
einstens diese drei Gespräche mit dem Vorhergehenden und
unter einander verknüpft waren, das werden wir mit unseren
Mitteln wol niemals in’s Klare bringen. Woher übrigens der
Fälscher seine Interpolation entnahm, ersieht man aus I, 2, 1
und 2; 6, 1; IV, 5, 9.
Doch verfolgen wir den Gedankengang in unserem Capitel.
Die Erörterung schreitet hier ganz angemessen fort bis §. 4.
In diesem und dem folgenden Abschnitte befremdet, dass der
Schriftsteller, nachdem bereits alle Eigenschaften, welche ein
Herrscher besitzen muss, aufgezählt worden sind, die Enthalt
samkeit im Essen, Trinken, im Schlafe, in der Geschlechtslust,
die zapTspia, die GTpaTY)-|Tzr] ~iyrr b nochmals auf die Unmässigkeit
im Essen und Trinken, in der Sinnenlust zurückkommt; ebenso
auffällig ist der Vergleich mit den Thieren und die Declama-
tion über die p.or/oc, an welcher schon Weiske Anstoss nahm.
Alles dieses leitet von dem eigentlichen Gegenstände des Ge
spräches ab und ist ein mlissiges, störendes Beiwerk. Und nun
noch der Ausdruck! Man versuche nur vj vä Xowta zu über
setzen, um sich die Verkehrtheit dieser Worte klar zu machen;
und wie kann s£:c;Täp,Evoi tou xh. ostvä «vaAcv^scöa: von den Wach
teln und Rebhühnern gesagt werden, abgesehen davon, dass
sich diese Phrase mit slji'aTaaOa! toü tppovsfv nicht vergleichen
lässt. Endlich kann ich nicht begreifen, wie man die Worte
a Ts 6 vop.oc cwisiXs? 7ia0s:v za’ evsSpsuGvjvat za: XvjiGsvTa ’jßpujGrjvai
erklären will. Indem nämlich xaOsIv mit den anderen Infini
tiven durch ts — za: verbunden wird, muss man sich diese
beiden Ausdrücke parallel gestellt denken: ,wie die vom Ge
setze angedrohte Strafe zu erleiden, so auch belauert und, wenn
ertappt, misshandelt zu werden'. Darnach hat also der, welcher
dies geschrieben hat, eine zwiefache Bestrafung des Ehebre
chers, nämlich einerseits durch das Gesetz und Gericht und
andererseits durch den Ehemann angenommen. In der That
Xenophontische Studien.
121
aber überliess das Gesetz die Bestrafung des Buhlen dem Ehe
manne, der denselben, wofern er es nicht vorzog, sich mit Geld
abfinden zu lassen, körperlich züchtigen und, wenn er ihn in
flagranti betroffen hatte, auch tödten konnte (vgl. Becker,
Charikles III, 324 f.). Wollte man nun, um der Stelle aufzu
helfen, ts streichen, so wäre auch damit nichts erreicht; aller
dings könnte man dann zai sv. za! X. ößpi<j0?jvat als Apposition
zu iraOsTv fassen, aber es fehlte das, was eigentlich die Haupt
sache ist, das axoOavsiv. Man müsste daher nicht bloss ts, son
dern auch zat sv. zat X. ußptaO^vat aus dem Texte entfernen.
Uebrigens bleibt die Verbindung des ganzen Passus über die
[zotyot mit dem Vorhergehenden, mag man nun mit A zat ot
|j,ot/ol oder mit den anderen Codices wo^sp - ot pt. schreiben,
immer eine unpassende. Mit Recht hat daher Dindorf diese
beiden Paragraphe für ein Einschiebsel erklärt.
Aber damit ist noch nicht alles abgethan. Her §. 6
schliesst sich nämlich an §. 3 ebenso wenig entsprechend an,
als die Abschnitte 4 und 5. Nachdem bereits die oTpaTTp/tzr;
T=-/VYj besprochen worden ist, muss die Erwähnung der zapTspta
ganz unpassend erscheinen, zumal da die ganze Erörterung im
§. 6 nur eine Wiederaufnahme dessen ist, was schon im §. 3
freilich allgemeiner gesagt ist: Ti oe t'o jj.y; ©sbystv to ; j; tovouc,
aXX’ eQsXovtTjv uto[zeveiv, TTo-sp« otv TTpooösTp.ev ,• Zudem ist jene
Bemerkung über die Abhärtung gegen Plitze und Kälte viel
zu allgemein gehalten (man vergleiche nur fEMpYtza? zat t6W
dXXwv oö Ta? sXayiaTac, tou? oe ttoXXou?), als dass sie in den Rah
men eines Gespräches passte, in welchem es sich um die Er
ziehung eines d'pytov und die Eigenschaften, welche er haben
muss, handelt. Erst mit dem nächsten »Satze wird aus dem
allgemeinen Ausspruche in ganz unpassender Weise die Folge
rung für den apytov gezogen.
Auch im Eingänge des siebenten Paragraphes treten uns
noch Schwierigkeiten entgegen. Wir haben hier den Ausdruck
eyzpaTsT? toutwv asdvTwv, der • auf alles Vorausgehende, also auch
auf flx/r t und ÖsIXtcy) bezogen, nicht minder anstössig ist, als die
oben besprochenen Worte im Anfänge des Capitels. Auch jenes
Tob? aouviTOuc -aura toisiv wird man kaum als einen entsprechen
den Ausdruck bezeichnen können. Um daher den Satz Oüzouv
et tou? E-pzpaTEtc . . . mit §. 3 in eine passende Verbindung zu
122
S cli enkl.
MrnnrmfTT
bringen, wird man sich entschliessen müssen denselben etwa
so umzugestalten: Ouy.ouv xou; p.sv oiixw xeicaiBeopivoui; sic xou; äpjri-
xouc, tou? Be [j,yj eiq xou? avxwcow]<yop.evous xou äp%eiv xii;op,ey;
Wir sehen also, dass der Eingang des zweiten Buches
nicht bloss interpoliert, sondern in willkürlicher Weise über
arbeitet ist; wir sehen ferner, dass der, dem dies zur Last
fällt, nicht bloss ein ungeschickter Stilist, sondern auch, wie die
Stelle über die zeigt, mit dem attischen Rechte nicht
vertraut war. Und daraus darf man wol wieder den Schluss
ziehen, dass der Fälscher nicht in Attika zu Hause war und
einer späteren Zeit angehörte.
Ausser der eben besprochenen Stelle findet sich im zweiten
Buche nur noch ein Zusatz, den man demselben Interpolator
zuschreiben könnte, nämlich in demselben Capitel §. 17 die
Worte: eyw p,ev yap ouy, o!B’ 5 xt oiacpepet xo auxo Bepira Izovxa vj
ay.ovxa [AaaxiYOÜaSai v; oXw? xb auxo crwp.a xacn xou; xoiouxoi; exävxa : r t
ay.ovxa TroX'.cpy.ekÖx: aXXo ye ^ (aXXd ye '0 A, äXXa ye V 1 , äXX’ w
ye 7) B Vat. tres) atppoouvv; xpooeoxL xw QeXovxt uxopivetv, welche
W. Dindorf für unecht erklärte. Vergleicht man nämlich die
Antwort des Sokrates T( Be, 3) ’Apuraxxe, 6 Swxpacxr,? etpv], ob ooxei
cot xwv xoiouxwv Biatpepeiv xä ey.ouota xwv axouorKov . . ., so sieht man,
dass sie sich eng an jenes [j.o/ß-qaousiv sxövxe? in dem Einwurfe
des Aristippos anschliesst, das dem ei; i'idy/.-qc, entgegengesetzt
ist. Sodann versteht man nicht, wie die beiden Sätze xo auxo
oepp.a . . . pux!myoua0at und xo auxo awp.a . . . xoXtoxpewOai so neben
einander durch vj oXco; verbunden hingestellt werden können,
da doch die Lage der Sklaven und derjenigen, welche zur
königlichen Kunst erzogen werden, eine wesentlich verschie
dene ist. Kommt denn bei einem Sklaven die Frage, ob er
sich freiwillig oder unfreiwillig geissein lassen soll, überhaupt
in Betracht und kann man auf ihn das, was von der «ppoobvyj
gesagt ist, anwenden? Von der ungeschickten Stilisierung, wie
sie namentlich in jenem v} 5Xw; hervortritt, will ich gar nicht
sprechen. Nur möchte ich nicht die Construction der letzten
Worte ä'XXo ye ij dem Interpolator zur Last legen, sondern
lieber annehmen, dass vor äopooövr; ein oxt einzusetzen ist, da,
wie im folgenden Abschnitte gezeigt werden soll, derlei Wört
chen mehrfach in dem überlieferten Texte ausgefallen sind.
Man vergleiche III, 7, 5, wo oxt nach Gail in zwei Pariser
Xenophontische Studien.
123
Handschriften, die er aber nicht näher bezeichnet hat, stehen
soll, wahrscheinlich aber erst von Castalio hinzugefügt ist.
Uebrigens ist es annehmbarer, dass der genannte Zusatz viel
mehr die Randbemerkung eines Lesers ist, so wie jene alberne
Bemerkung über die "EpM-s? I, 3, 13 (tcio? . . . TiTp(&<ncou<Jiv).
Im dritten Buche hat Dindorf an den Eingangsworten
"Otc 8e tou? opEYop.evcuc töv y.aXwv Emp.sXcIc Cr> Dps^O'-VTO itoiwv wcpeXs'.,
vuv Tou-o o’.-qjtfioym Anstoss genommen. Zuerst rügt er den Ge
brauch von cti statt 6>q oder crao;, und zwar mit Recht; denn
es handelt sich hier nicht bloss darum, das Factum zu con-
statieren, dass Sokrates die, welche nach Ehrenstellen im Staate
verlangten, durch seinen Rath förderte, sondern auch darzu
legen, wie er dies that. Zu diesem Zwecke werden ja die Ge
spräche 1—7 angeführt. So steht auch I, 3, 1, IV, 2, 1; 5, 1
<I)c, nicht oti. Die Stelle IV, 7, 1, wo nach Xäijto: sv. folgt, ist
von der vorliegenden wesentlich verschieden. Viel weniger
können die anderen Gründe Dindorf’s beweisen. Dass Stob.
Fl. LIV, 27 das erste Capitel des dritten Buches mit den
Worten Ay.ouaac 3s -ove einführt, kann uns, wie Sauppe richtig
bemerkt, nicht auffallen. Für seinen Abschnitt wept czparrtfüp
passte nicht ein allgemein gehaltenes Einleitungswort, und liess
er dies weg, so musste er yäp in di ändern. Wie die Excerptc
zeigen, hat sich Stobäus auch in den anderen von ihm aus
gewählten Stücken mancherlei Aenderungen, namentlich Aus
lassungen erlaubt. Man kann daher aus dem ’Azoüa«? os ~c~s
schwerlich den Schluss ziehen, dass Stobäus einen anderen
Text vor sich hatte, was ja auch nach den Erörterungen im
zweiten Abschnitte dieser Abhandlung nicht glaublich ist. Wenn
Dindorf weiterhin bemerkt, der ganze Eingang sei überflüssig
und von dem Interpolator bloss deshalb hinzugefügt worden,
um bei der Eintheilung der Schrift in vier Bücher den Anfang
des dritten zu markieren, so kann ich ihm auch hierin nicht
beistimmen. Ich habe schon früher bemerkt, dass die Anrei
hung der einzelnen Gespräche keine so lose gewesen sein kann,
wie dies Dindorf annimmt. Es müssen daher auch diese sieben
Gespräche, welche ihrem Inhalte nach eine Gruppe bilden,
durch einige Worte eingeleitet worden sein. Dass nun der
Ueberarbeiter bloss co; in Sri umänderte, wird wol Niemand
aniiehmen; übrigens verrätli auch die Wortstellung in vüv toüto
124
Sch enkl.
BiY)Yvjao|j,a! eine fremde Hand. Wir werden daher, weil wir ja
doch über den ursprünglichen Wortlaut nichts ermitteln können,
uns mit der Bemerkung begnügen, dass der Eingang eine Ueber-
arboitung erfahren hat.
Bis zum achten Capitel läuft die Darstellung ohne jeden
Anstoss fort. Dieses Capitel aber steht mit dem Vorhergehenden
in keiner rechten Verbindung; denn, wenn man meint, das
dritte Buch führe uns den Sokrates in Gesprächen vor, die er
mit einzelnen Leuten über ihre specielle Kunst und Beschäf
tigung halte, und es sei, wie früher von der Feldherrnkunst
und Staatsverwaltung gesprochen wurde, so hier von der
Disputierkunst die Rede, so ist dies ein verzweifeltes Aus
kunftsmittel. Wäre dies richtig, so hätte Xenophon nicht nöthig
gehabt, die Gespräche in Capitel 10 und 11, die sich auf
die Künstler und Gewerbsleute beziehen, durch einen eigenen
Passus einzuleiten. Es dürften also in diesem und vielleicht
auch in dem folgenden Capitel einige Umänderungen stattge
funden haben. Ebenso schliesst sich das Gespräch mit Epigenes
(cap. 12) nur ganz lose an das frühere an; auch hier hätte
man einige einleitende Worte erwartet, welche zugleich auf
das, was im 13. und 14. Capitel eröi’tert ist, vorbereiten konnten.
Weitere Vermuthungen hierüber aufzustellen ist freilich eine
missliche Sache.
Im Eingänge des vierten Buches befremdet die Verbin
dung mit oi, wofür man nach den vielen Auseinandersetzungen
im Vorhergehenden eher ouv erwarten sollte. Sodann ist der
ganze erste Paragraph ein miissiges Gerede, das man einem
Xenophon nicht verzeihen könnte. Vollends lächerlich ist der
Satz £-=i •/.?.' tb £■/,£'!von [j-s^i.v^aOai. . ., der schon Weiske Bedenken
machte, da er ihm in den Gedankengang störend einzugreifen
schien. Er klingt, wie Bornemann richtig bemerkt, an die
Schlussworte der Apologie an. Wenn nun Dindorf (praef. ed.
Oxou. XXIX, Lips. IX) aus dem Umstande, dass in der Escu-
rialhandschrift des Stobäus (Fl. I, 103) die Worte 8ti . . . r/.sTvov
fehlen, den Schluss ziehen will, Stobäus habe in seiner Hand
schrift dieselben nicht gelesen, so wird man ihm schwerlich
beistimmen. Einmal hat der Satz ohne ein folgendes ov. keinen
richtigen Abschluss des Gedankens. Dann deutet die Leseart
im Par. A tpavepov eivat -oo awy.pa-ou? ov (ras.) stv) z.at yäp . . .
Xenopliontische Studien.
125
darauf hin, dass doch ursprünglich jene Worte im Texte des
Stobäus standen; denn woher sollte xcü aojy.paxcu:; ov. etv d. i.,
wie Gaisford richtig erkannt hat, xoü Stoy.paxsi ooveivai gekommen
sein? Endlich scheint Arrianos Epict. Diss. IV, 1, 169 die
Worte etie! y.ai xb exetvou . . . gelesen zu haben, wie das die
Stelle rj y.ai itXetov wcps Aip.6? saxiv avOptoxotc fj p,vv;p.Y) andeutet.
Es sind also, wie es scheint, die Sätze cxt. .. szslvov bei Stobäus
nur durch Zufall weggelassen. Darin liegt also kein Beweis, wol
aber in der Gedankenleere und Ungereimtheit der Stelle, in
welcher die einzelnen Sätze keineswegs in einem logischen
Zusammenhänge stehen. Oder schliesst sich etwa y.ai yäp xai'Cwv...
passend an das Voi'hergehende an? Und auch zwischen diesem
und dem folgenden Satze besteht keine richtige Gedankenver
bindung. Endlich befremdet die Construction axoSs^saOai xiva,
für welche man nur Plut. Arist. 12 einigermassen vergleichen
kann, obwol dort äxoSE/eaOai in einem etwas verschiedenen
Sinne steht. Uebrigens ist mit der Ausscheidung des ersten
Paragraphes nichts geholfen. Wenn Dindorf sagt: ,Quod si
totum omittitur, satis apte sequentia y.ai yap -ai^wv . . . xou; cuv-
otaxpi'ßoua 1 . cum ioculciri Socratis etymologia verbi Euio/slcOai, qua
Über tertius clauditur, coniungentur 1 , so will mir dies ,apte‘
nicht in den Sinn. Man sehe nur die Schlussworte des dritten
Buches an und urtheile dann, ob sich y.ai yäp xa'Xwv passend
an dieselben anschliesst. Dazu kommt, dass hier, wie die Worte
ou xüiv xa x^p.axa xpoc &pav und später xa? ayaOac cpuGEic, xaiOEuOsvxac,
xaiost'ac zeigen, nicht von den cuvo'.axpi'ßovxsi; im Allgemeinen,
sondern von Jünglingen die Rede ist, welche mit Sokrates
umgiengen. Daher denn auch gleich im Folgenden über die
Unterredung mit Eutliydemos dem Schönen berichtet wird.
Der Ueberarbeiter scheint sich also hier ziemlich weitgreifende
Umänderungen erlaubt zu haben. Mit dieser Erkenntniss müssen
wir uns begnügen, da wir den ursprünglichen Text doch nicht
mehr herzustellen vermögen.
Xenophon hatte hier eine längere Auseinandersetzung
über den bildenden Einfluss, welchen Sokrates besonders auf
die mit ihm verkehrenden Jünglinge ausübte, eingeflochten
und gezeigt, wie er dabei die Verschiedenheit der Naturen
wol beachtete und je nach der Weise der Einzelnen den
richtigen Weg einzuschlagen verstand. Diese Erörterung schien
126
S c li e u lt 1.
dem Ueberarbeiter, dem wir nach dieser und anderen Spuren
auch die Eintheilung der Schrift in Bücher zuzuschreiben haben ;
besonders geeignet zu sein, als Proömium zu dienen und so
hat er denn hier den Einschnitt gemacht und jene Stelle mit
einigen Umänderungen zur Einleitung des vierten Buches ver
wendet. Es wird dies uns später als Ausgangspunct für eine
wichtige Folgerung dienen.
Dass das dritte Capitel in keiner richtigen Verbindung
mit dem Vorhergehenden steht, hat schon Dindorf praef. p. X
bemerkt. Im ersten Capitel wird nämlich dargelegt, wie So
krates gegenüber den Jünglingen, mit welchen er verkehrte,
die Wichtigkeit der Bildung betonte und nachwies, dass die
selbe weder durch eine gute Naturanlage, noch durch Reich
thum ersetzt werden könne. Das zweite Capitel zeigt in einem
Gespräche des Sokrates mit Euthydemos, wie derselbe Jüng
linge, welche schon eine tüchtige Bildung zu besitzen meinten,
obwol dies in Wahrheit nicht der Fall war, und sich auf ihre
Schulweisheit viel zu Gute thaten, zur richtigen Erkenntniss
führte. Nun folgt im dritten Capitel nach einer Einleitung, die
sich in den uns bereits bekannten, leeren und misstönigen Phrasen
des Interpolators bewegt, ein,e Unterredung mit Euthydemos,
welche denselben Inhalt hat, wie jene mit Aristodemos im
ersten Buche über das Wesen der Götter und ihre Einwirkung
auf die Weltordnung. Man wird zugeben müssen, dass dieses
Gespräch nach der längeren Einleitung im ersten Capitel die
noch weitere Erörterungen über die uaiäsfa erwarten lässt, im
höchsten Grade befremden muss. Weiterhin ist es ganz un
glaublich, dass Xenophon denselben Gegenstand in zwei Ge
sprächen, die noch dazu so weit von einander getrennt sind,
behandelt haben soll. Man könnte die Sache noch annehmen,
wenn sich in dem zweiten Dialoge ein verschiedener Stand-
punct, eine neue Auffassung geltend machen würde. Das ist
aber durchaus nicht der Fall. Und nun beachte man noch,
wie das erste Gespräch mit einer Reihe von Zügen ausgestattet
ist, welche für Sokrates, seinen Mitunterredner und ihre Zeit
charakteristisch ist, während das zweite sich mühsam in ganz
allgemeinen Sätzen hinschleppt, die ebenso gut von anderen
Leuten als Sokrates und Euthydemos vorgetragen werden
konnten. Entscheidend aber für die Unechtheit ist der Stil
Xenopliontisclie Studien.
127
mit seinen unklaren Wendungen, welche auch gegen den Ath
eismus und gegen den Sprachgebrauch überhaupt verstossen,
und die Nachbildung von Stollen der Kyrupädie. Wir wollen
zu diesem Zwecke das Capitel durchgehen und, was in dieser
Beziehung bemerken sw er th ist, kurz zusammenstellen.
Gleich im Eingänge heisst es Tb p.ev ouv Xeztizou; zai
7ipay.Tiz.oui; zai p.Y))ravizoU(: yiyvEoOat touc cuvövTac oüz sgtteuoev. Hier
ist die Häufung der Adjectivbildungen auf -zbc eben nicht wol-
klingend, 1 geradezu auffällig aber p/r^avizouc neben TtpazTizouc,
das in einer ganz anderen Weise III, 1, 6 gebraucht erscheint.
Im Folgenden sollte es statt actzwTEpou; doch vielmehr aotzou;
p.aXXov heissen. Im zweiten Paragraphe hat Niemand bisher
die Phrase outwe bpzXouvTi oder das Imperfectum SwiyoüvTO zu
erklären vermocht, wozu noch kommt, dass hier SwjyeurÖai selt-
samer Weise ohne Object steht. §. 6 heisst es von dem Wasser
auvtpsipstv oe zai aÜTo'u; worüber jeder verständige Leser
den Kopf schütteln wird, besonders wenn er das unmittelbar
folgende tcgcot toT; TpEoouoiv vjjj.ac; vergleicht. Gleich darauf liest
man die Form doOovsoTa-ov, während Xenophon sonst immer
doÜovwxaTO; gebraucht. Wenn Euthydemos §. 8 dvOpOircov evsza
sagt, so ist damit der im §. 9 und 10 folgenden Erörterung
der Boden weggezogen. Der Fälscher hat nicht bedacht, dass
es hier nothwendig töv u.kov svey.a heissen müsse. Weiterhin
beachte man in den Worten t( yap aXXo £wov aiyöv ts zai oiölv
zai ßoojv zai iirrcwv zai ovwv zai twv a’XXtov Opwv . . . nicht bloss
den ungeschickten Ausdruck, sondern auch die unpassende
Nachbildung von I, 4, 14 ou yap Ttdvu . . . ßtOTsüouoi. §. 11 hat
Schneider mit Recht p.vv;p.ovs6ovTE<; gerügt, das der Fälscher
offenbar gesetzt hat, um den chiastischen Parallelismus aiaOa-
vöp.sOa Xoyii^öp.Evoi und p.vv;p.ovEÜcv7sc zaTap.avOdvop.Ev anzubringen.
§. 12 ist eine verkehrte Nachahmung von I, 4, 15. Dass die
Stelle §. 13 zai b tov oXov . . . v^p.Tv eariv aus Xen. Cyr. VIII, 7, 22
entnommen ist, hat schon Schneider angedeutet und Herbst
weiter ausgeführt. Sie erinnert fast in jedem Worte an ihr
Urbild: tov oXov, ouve^wv, aei, aTpißij, äyi^paTov (denn ay^paxa ver
dankt nur dem Irrthume eines Abschreibers seinen Ursprung,
der diese Adjectiva mit zaXa verband), dvap.apT^Twc; cuvTaxTcov
1 Sie findet sich freilich auch in echten Stellen, z. 13. I, 1, 7.
128
Sclienkl.
und y.a/va stammen aus I, 4, 13. Auch hat Krische (die theol.
Lehren der griech. Denker S. 220 ff.) richtig bemerkt, dass
die Gegenüberstellung von ol oXaoi Osot und c xov okov x.6ajj.ov
guvtotuov xe -/.a't cr’Jvr/wv der Sokratischen Theologie widerspricht
und auf einen Stoiker hinweist. Die Stelle, welche Clemens
von Alexandria zweimal im Protrept. 61, 12 und Strom. V,
714, 12 anführt, woraus Cyrill, contra Jul. I, 32, h und Euseb.
Praep. XIII, 678, d geschöpft haben, und die noch etwas voll
ständiger von Stob. ecl. eth. II, 1, 20 citiert wird, scheint ein
Falsificat des Aristobulos zu sein, der die angebliche Xeno-
phontische Stelle, die ihm im Ausdrucke zu einfach erschien,
umarbeitete und mit dem poetischen Colorite ausstattete, um
sie der Sprechweise der Bibel anzunähern. Man vergleiche
oai’|j.ov£c ol xa pey.xxa äiaTtpaucrj^evoi, astwv -/.cd a-pe[A.{^tov, b ■äap.ipaY];
ooy.tov elvai rp.’.oq. Um so wunderlicher ist die Ansicht Cobets
(Mnem. XI, 391), der §. 14 nach jener Stelle 6 zap-sav)? bov.Sk/
elvai Ti'h’.oq schreiben will. Daraus also darf man nicht den
Schluss ziehen, dass die Stelle einmal eine andere Gestalt hatte,
ebensowenig aus dem Citate bei Cic. de deorum. nat. I, 12, 31.
Wie aus Philod. ixepl eüseßeiap fr. 20 hervorgeht, hat Cicero den
Satz: facit enim (Xenophon) . . . Socratern disputantem formam
dei quaeri non oportere aus Philodemos entnommen. Nichts
liegt nun näher als die Vermuthung, dass er auch bei dem
folgenden, wornach Sokrates die Sonne und den Geist als
Götter bezeichnet haben soll, dieselbe Quelle benützte. Wir
wissen freilich nicht, was Philodemos gesagt, ob Cicero dies
nur bloss übertragen oder in seiner Eilfertigkeit, mit welcher
er gerade diese Schrift compilierte, durch ein Missverständniss
einen anderen Sinn hineingelegt hat. Beide waren flüchtig
genug, um aus der Aehnlichkeit, welche §. 14 zwischen der
Sonne und dem menschlichen Geiste einerseits und der Gottheit
andererseits nachgewiesen wird, eine Identität des Wesens zu
machen (vgl. H. Sauppe, commentatio de Philodemi libro, qui
fuit de pietate, Göttingen 1864, S. 7). Minucius Felix p. 154
und Lactantius de ira XI, 13 haben bloss Cicero ausgeschrieben. 1
1 Dass die Stelle des Dion Chrys. Or. III, Vol. I, p. 125 R xo 3k pEyiuxov,
opac xov ip.iov, jcoao) pkv xäiv ävOpciraov ünepfyet p.axaptöxj)xi Oeo; üjv mit
Rüelisiclit auf 'Kr.. IV, 3, 14 geschrieben sei, wie Rulmken und nach ihm
Xenophonti6che Stadien.
129
Der Zusatz zu §. 7 im cod. Meermannianus scheint, wie schon
früher bemerkt wurde, byzantinischen Ursprunges zu sein.
Doch wir kehren nach dieser Abschweifung wieder zu unserem
Capitel zurück. Der Satz §. 14 aXXa p.t)v y.a'i ävöptorou ye -q
• ■ ■ opaxai Se oüS’ auxi5, in welchem die läppische Bemerkung
vorkommt vj ewtep xi x.al akko xwv ävÖpimdvwv xcu Osiou p.exs/ei, ist
wie der eben besprochene xai ö x'ov oXcv . . . aus der Rede des
sterbenden Kyros (Cyr. VIII, 7, 17 und 20, wo opaxai steht),
entlehnt, das ßaciXsüsi ev f]p.Tv erinnert an I, 4, 9 vj-xo3 «J>p.axo;
y.upi'a euxi'v. Was §. 15 gesagt wird, ist nur eine Umschreibung
von 1, 4, 10, ebenso das in §. 16 Erörterte von 1, 3, 1 und 2,
nur mit dem Unterschiede, dass an den echten Stellen alles
kürzer, passender und mehr charakteristisch dargelegt ist; y.axi
86vap.iv ist aus dem Verse Kao o6vxp.iv o’ Ipoetv (I, 3, 3) her
geholt. Was den letzten Abschnitt anbetrifft, so hat schon
Schneider richtig bemerkt, dass hier die Wiederholung desselben
Gedankens mit einer Fülle von Worten lästig sei; auch nimmt
er mit Recht an der Stellung von p.ev vor ouvap-sw? Anstoss,
Dindorf desgleichen an dem zweimaligen /pfj und dem unge
schickten Ausdrucke p.et£(o eXjc(£cov awtppovoiV,. Endlich wäre noch
in den Schlussworten EÜasßecrxepoui; zu bemerken, da doch im
Eingänge bloss von der crwtppocuvv] gesprochen ist, wiewol darauf
kein besonderes Gewicht zu legen ist.
Auch die ganze Satzbildung ist von der des Xenophon
wesentlich verschieden. Die Wortfülle, der Parallelismus der
Sätze, die Häufung von synonymen Ausdrücken erinnert un
willkürlich etwas an den unechten Epilog der Kyrupädie (vgl.
meine Abhandlung in den Jahn’schen Jahrbüchern 1861, S. 555).
Der Eingang des vierten Capitels von ’AXXa p-vjv bis Ttpb?
ä'XXouc p.ev TxoXXay.ip ist schon von J. Geel in seiner Commentatio
Dindorf annimmt, lässt sich keineswegs beweisen. Denn wenn sich auch
die ganze Auseinandersetzung bei Dion hie und da im Gedanken mit
jener in den Apomnemoneumata berührt, so hat dies nichts zu besagen,
da sich diese Beriihrungspuncte bei gleichem Stoffe, besonders bei einem
solchen, von seihst ergeben. Wenn Dion die Sonne als eine Gottheit
bezeichnet, so thut er dies, um den Gegensatz zu üvioupywv und 8ou),e(oiv
ooul.suEiv zu markieren. Dass man die Sonne als Gottheit betrachtete,
brauche ich wol nicht zu beweisen; es genügt, auf die nächstliegende
Stelle Plat. Symp. 2'20, d hinzudeuten.
Sitzungsber. d. pliil.-iiist. CI. LXXX. Bd. f. Hft. 9
130
S cli enkl.
de Xenophontis Apologia Socratis ac postremo capite Memo-
rabilium, 1836, p. 8 sqq. mit hinreichenden Gründen als unecht
verworfen worden. Wie ungeschickt ist der Bau dieses über
mässig langen Satzes, in welchem eine Masse von einzelnen
Gliedern so zusammengepfropft sind, dass man kaum die Fäden
dieses künstlichen Knäuels entwirren kann. Die Beziehung der
Worte '/.cd epfu auf ’/.al skeys. äs oütw?, die man annehmen muss,
um den Verfasser von dem Vorwurfe der grössten Albernheit
zu befreien, ist durch die Masse der dazwischen tretenden
Sätze völlig verdunkelt. Auch ist es seltsam genug, dass x.ai
sp-fw dnreSsowu-ro vorangestellt ist, während y.at ekeye äs outwq nach
folgt, da es doch nach Dindorf’s ganz richtiger Bemerkung
nichts Besonderes ist, wenn von Jemand, der seinen Sinn für
Gerechtigkeit bereits durch Tliaten bewiesen hat, noch gesagt
wird, er habe sich auch in gleicherweise mit Worten geäussert.
Dindorf hat ferner mit Recht darauf hingewiesen, dass jene
Wendung aus §. 10 ei oe pd) AÖycp aAA’ ’ipyu> cbroäe£x,vup.at entlehnt
ist, so wie auch jenes o'm cnzs/.pmxe~o vjv er/e Y v 0|J.r;V sicherlich
durch die Worte tepfv y’ av aux'oi; a7C0<pYjvY) o tt vopu'^et? oiy.aiov sivat
und oüos (eOsXcov) pd)p.v)v aito<patyEo6ai xepi oüSevo«; (§. 9) hervor
gerufen ist. Dazu kommt, dass fast alles, was im §. 2 ganz
kurz und ohne Nennung bestimmter Namen berichtet wird,
schon längst im ersten und zweiten Capitel des ersten Buches
(I, 1, 18; 2, 31 ff.) ausführlicher und richtiger erzählt worden
ist. Kann man ferner glauben, dass Xenophon ev tat? sx.viXtj-
ci'atS 1 exiorarrfi ^svögevo? geschrieben hat? Es musste doch hier
exujTanriq tote y £V °1 j - SV0 ? £v "ji ey-y-Ar^ia oder besser ohne jeden
Zusatz (vgl. I, 1, 18, wo Dindorf ev tw oyjp.w gestrichen hat)
gesagt werden. Dazu kommt, dass diese Stelle die deutliche
Benützung von Plat. Ap. p. 31 B verräth (vgl. xapa touc vöp.out;
ipv)ipiaac8ai mit p.Yjäsv xoisiv xapä tou? vop.ou? y.ai evavxta s<j/v)<piedpT)v,
vjvavTtwGv] TOtaürfj opp/jj mit •pvavTtM0Y)v up,Tv, auv toT? vop.oiq mit p.stä
tou vopou). Geradezu lächerlich ist es, wenn im Folgenden
gesagt wird, Sokrates habe sich allein den Archonten nicht
1 Wie L. Herbst in der Schrift: ,Die Schlacht bei den Arginusen 1 , Ham
burg 1855, S. 46 ff', gezeigt hat, fanden über diese Angelegenheit zwei
Volksversammlungen statt. Jedoch konnte Sokrates begreiflicher Weise
nur in einer Versammlung irj.a~dx'i t c sein.
Xenophontische Studien.
131
gefügt, als sie das Gebot erliessen, man solle sich nicht mit
jungen Leuten unterreden, weil dieses Gebot gegen die Gesetze
verstiess. Erstlich gaben die Dreissig oder, wenn man will,
Kritias und Charikles als Nomotheten bloss die Verordnung
teyrrfi p/ij oioär/.Eiv, das toTc, veot? [avj , StaXsyecOai war nur
eine specielle Weisung der beiden für Sokrates. Xenophon,
der dies selbst ausführlich erzählt hatte, konnte also unmöglich
sagen tolc, te yap veoic cbrayopeuövrtov aütwv (wer damit gemeint
sein soll, wird Niemand verstehen; der Stellung nach müsste
man aürwv auf tou 3v)p,ou beziehen, also durch t<3v toXitwv er
klären) [J.'b SiaXeyeaOat.... p.ovo? oüx, raeiaGy;, abgesehen davon, dass
Sokrates I, 2, 33 ff. ausdrücklich erklärt sich der Verordnung und
der speciellen Weisung fügen zu wollen und nur in seiner ge
wohnten Weise die Verkehrtheit demselben darzulegen sucht. Man
sieht übrigens leicht, wie der Interpolator zu jener ungereimten
Fassung kam; er wollte nämlich diesen Fall mit dem anderen,
welcher den Leon betraf, verknüpfen und dabei möglichst kurz
sein. TJebrigens erinnert in dem zweiten Gliede icpoata^dvcwv . . .
äyayeTv an TcpocsTaijav ayayetv bei Plat. Ap. c. 20. Im dritten
Paragraphe wird viermal hervorgehoben, es sei durch die Ge
setze verboten gewesen, dass Angeklagte den Richtern schmei
cheln oder sie um Lossprechung bitten. Die Unwahrheit dieser
Annahme für die frühere Zeit hat schon Geel nachgewiesen.
Man braucht nur Aristoph. Vesp. 389 ff., 548 ff. zu vergleichen,
um zu sehen, dass im Gegentheile dies stehende Sitte war und
der Demos niemals seine Souveränität besser fühlte, als wenn
er zu Gerichte sass und die Angeklagten ihn knieend anflehten.
Und selbst was die späteren Zeiten anbetrifft, wird wol Nie
mand so leicht dem Athenäos XIII, 590 e glauben, dass nach
dem Processe der Pliryne das Gesetz gegeben worden sei p.Y)oeva
oixT^EcGai Twv ksyövTwv 'j~£p tivoc |j.y;oe ßke^opiEVOv t'ov xavr)YOpo6p.svov
/.ptveaOai. Wer also als Beklagter sich zu Schmeicheleien und
demüthigen Bitten herabliess, der handelte unwürdig und un
gerecht, weil er den Richter von seinem Eide abzulenken suchte,
aber nicht gesetzwidrig. Und daher lässt Platon Ap. p. 3;> B
den Sokrates sagen: /wpi? os tvjc 2> avSpec, oüoe or/.akv p.ot
oo'/.eT slvat oeTcOai toü oixocgtou ouoe oeop.evov <üo:psuyeiv. Aus den
Worten ouoe otxatov, die der Interpolator falsch auffasste, mag
sich auch, wie Geel bemerkt, sein Missverständnis erklären.
9*
132
mmBBBMfgm
Sehen kl.
Köchly (Akad. Vorträge und Reden, S. 370, Anm. 2) macht
noch auf den Widerspruch aufmerksam, der zwischen t£5v äXXcov
eiw0ÖT(j)v, töv sitoOoxwv und dem zweimal ausdrücklich gesetzten
xapä tou? vöp.ou? besteht. Auch ist es befremdlich, dass Xeno-
phon, der im Eingänge seiner Schrift bloss ol ypadictp.evoi gesagt
hat, hier den Meietos nennt, worauf schon Dindorf hingewiesen
hat, der übrigens ganz richtig bemerkt, dass der Interpolator
selbst die Wendung y.at oxe, die er in dem Abschnitte dreimal
verwendet, aus I, 2, 31 entnommen haben dürfte.
So haben denn Geel und Dindorf jene Stelle als unecht
verworfen und selbst der so conservative Sauppe hat sie preis
gegeben; in Breitenbach’s Ausgabe ist wenigstens §. 4 einge
klammert. Da aber jenes Gespräch mit Hippias sich nicht so
einfach mit den Worten oioa 8s lioxe an jenes mit Euthydemos
im zweiten Capitel anschliessen konnte, so muss der Inter
polator ziemlich weitgreifende Aenderungen vorgenommen haben.
Dindorf meint zwar, dass der Dialog mit Hippias eine Art
Gegenstück zu jenem mit Euthydemos bilde, indem er ein
zweites Beispiel gebe, wie Sokrates mit denen, die sich auf
ihre Weisheit etwas einbildeten, verfuhr. Aber Hippias, der,
wie Dindorf selbst sagt, nihil accipiebat a Socrate, gehört doch
nicht zu denen, welche mit Sokrates näher verkehrten, am
wenigsten zu den jungen Leuten, die sich an diesen anschlossen
oder die er an sich zu ziehen suchte. Und von diesen ist doch
im ersten Capitel, welches das Gespräch mit Euthydemos ein
leitet, die Rede. Was dort allgemein gesagt ist, das soll dieser
Dialog durch ausführliche Darlegung eines einzelnen Falles
erläutern. Betrachten wir nun die folgenden Capitel, so stellt
sich, wie ich gleich zeigen werde, heraus, dass das fünfte Ca
pitel unecht ist; echt dagegen sind Capitel 6 und 7, wenn ich
auch im ersteren die Eingangsworte nicht vertreten will. Das
siebente Capitel beginnt mit den Worten: öv. piv cuv a-Xw? xyjv
eauioij Yvüp.v)v aracpalvexo 2ü)y.p<rr/]<; xp'o? xouc 8ptX|i>vxa<; auxw, welche,
wie Breitenbach (Einl. S. 10 Anm.) ganz treffend bemerkt,
auf d-Xo6<jxaxa os y.txi coiaia-axa e^yeizo am Schlüsse des zweiten
Capitels hindeuten. Nichts also liegt näher als die Annahme,
dass sich das siebente Capitel an das zweite anschloss und
dann das sechste folgte. Man sieht daraus, wie willkürlich der
Bearbeiter mit seiner Vorlage verfuhr; er fügte nicht bloss
Xenophontische Studien.
133
seine Machwerke ein, sondern änderte auch den Zusammenhang
nach seinem Belieben, wobei er dann durch kleine Einschiebsel,
die sich hinreichend durch ihre ungeschickte Fassung charak
terisieren, die fehlende Verbindung herzustellen und einen leich
teren Uebergang zu erzielen versuchte.
Die Schlussworte des vierten Capitels Totaüxa . . . Xeywv xe
zai Tcpaxxüv SixaiOTEpou? Egoist xcu? 7tXr)aict£ovxa<; hat Dindorf mit
Recht verworfen. Es stört uns in denselben nicht bloss das
alberne xpaxxwv, während doch nur Xs^uv am Platze sein kann,
sondern auch die ungeschickte Nutzanwendung, welche ganz
den falschen Epimythien der Fabeln gleicht. Wenn dieses
Schlusswort von Xenophon herrührt, dann müsste er angenom
men haben, dass Sokrates auch den Hippias bekehrt und ihm
bessere Ansichten über die Gerechtigkeit beigebracht habe.
Konnte er aber so etwas glauben?
Das fünfte Capitel bezeichnet Dindorf als unecht; Sauppe
Ann. crit. XXX bemerkt hierüber ,Sunt quae displiceant,
maxime extremo capite, ceterum oratio Xenophontea est.‘ Das
würde freilich nur beweisen, dass der Interpolator in diesem
Capitel besser als im dritten den Stil und Ton Xenophons
getroffen hat (und dieses Lob, wenn es ein Lob ist, will ich
ihm auch nicht streitig machen); es sind aber damit die grossen
Schwierigkeiten, welche dieser Abschnitt darbietet, keineswegs
beseitigt. Der Eingang des Gespräches erinnert mit seiner
Breite und seinen leeren Phrasen ganz an die früher bespro
chenen unechten Proömien. Auch im Ausdrucke ist manches
bedenklich. So gleich die Construction vo[R£wv yap Eyy.paxeiav
ÜTtdp^etv ayaObv e’vat iw p.eXXoru y.xXcv xi zpa^siv, wo uzap/siv über
flüssig und unpassend ist, zumal da es ohne Dativ steht, weshalb
es auch schon einige Handschriften (DEJ) und Victorius in den
Randnoten der Aldina auslassen; in V 2 ist statt dieses Wortes
eine Lücke. Weiterhin ist itpüxov p.sv und exsixa an dieser
Stelle seltsam genug. Auch wird man billig erwägen müssen,
ob man Xenophon einen solchen Satz Zutrauen kann: <xsi p.sv
oüv Ttspi xwv Tip'o; äpsxvjv /pr,Gi|i,iov aüxö? xe SisxsXei p.Ep.vy][Asvo?
xai xob? auvovxa? Tjdvxa; ÖTXO[Aip.V(](JX(i)V. Die das Gespräch unmit
telbar einleitenden Worte stimmen ganz mit jenen im vorher
gehenden Abschnitte überein. §. 6 befremdet die Stellung von
ooy.si aot; der Satz i) ou ooy.si . . . atpEtaöai ist überhaupt kein
134
S chcnk 1.
Muster von Stilistik; auch sollte man wohl aiaOop.svoui; YjSr (
erwarten. §. 9 hat schon Dindorf äEioXö-fw; YjäeaOat gerügt,
welches ganz dem apy.oüvxwp ijoscOat in der gleichfalls unechten
Stelle I, 3, 15 entspricht. Und wie armselig ist im folgenden
Satze die Wiederholung xd eipvjp.sva . . . em xol? sipy)p.evo'.c. Noch
auffälliger ist §. 10 die Construction •/.axe/o;j,ev(;> lici xw cttuouSoc^eiv
ixspi xd? e'f/uxäxw vpovdc, welche schon Schneider tadelte; sie
kam schon Abschreibern bedenklich vor, da in B für eixl xw:
Txepl x'o gesetzt ist, was sich aber wegen des folgenden icepl
nicht halten lässt; Schneider und Bornemann haben etc! einge
klammert, Koraes dachte an tab xou. Auch xd? eyY UTi * tü) fjboyä?
ist ein seltsamer Ausdruck. §. 11 begegnet uns die Phrase
xwv Sid xoü crüp.axo? ■/jSoväW, worüber wir schon oben (S. 110)
gesprochen haben; weiterhin fällt zoieTv auf, das Cobet (N. L.
683) streichen will. Am Schlüsse steht der unleugbar schlecht
stilisierte Satz y.ai Abyw y.ai epyco StaXeYovxa? zaxa yivq xd p.ev ayaOa
ixpoaipelaOat, xwv ol y.ay.üv obce^ecOai. Was hier zai Epyw be
sagen soll, ist nicht abzusehen; es wird aber begreiflich, wenn
man erwägt, dass der Interpolator diese Uebereinstimmung
von Wort und That auch schon im vierton Capitel hervorzu
heben suchte, wie denn dies gleich wieder im folgenden ge
schieht; 1 die Phrase hioCKiyo'naq zaxd ysrq, welche an diesem
Platze ganz unverständlich ist, hat er aus dem folgenden ent
nommen, um auf oiakeYEuOai zu kommen. Den ersten Satz im
§. 12 y.ai oüxw? e<prj apiaxoo? xe y.ai Euoaqaoveaxdxou? avSpa? yiy'teaOca
y.ai StaXsYxaÖai Buvaxwxdxou? hat schon Schneider als eine blosse
Wiederholung des Schlusssatzes des Capitels verworfen. Der
Interpolator hat ihn hier eingefügt, weil er hier das offenbar
echte Stück ftpv) ol y.ai . . . BiaXezxizwxaxou?, das ursprünglich in
der Gegend von IV, 6, 15 gestanden haben mochte, anflicken
wollte, um dann mittelst der stereotypen Phrase w? de y.ai . . .
Xlfeiv, welche ihn deutlich kennzeichnet, einen Uebergang zu
gewinnen. Nur hat der Interpolator, wie Schneider ganz richtig
bemerkte, übel daran gethan, YjYsp.öv'.y.wxäxou? in eu§iat|j.ovecjxdxou?
zu ändern. Freilich suoaip.ovEaxdxou? schien ihm besser zum Vor
hergehenden zu passen; auch verdeckte diese Variation doch
einigermassen die Entlehnung. Wenn man diese Einzelnheiten
1 Man vergleiche I, 6, 6, worüber wir schon gesprochen haben.
Xenophontische Studien.
135
zusammenhält, dann wird man wol kein Bedenken tragen
dieses Machwerk mit Dindorf dem Xenophon abzusprechen.
Wir kommen nun zu dem jetzigen Schlusscapitel der
Schrift, welches gerade in der letzten Zeit ein Gegenstand
lebhafter Erörterung geworden ist. Während nämlich R. Lange
in der Doctordissertation: ,de Xenophontis quae dicitur Apo-
logia et extremo Commentariorum capite' (Halle, 1873) die An
sicht vertritt, dieses Capitel sei unecht und zum Theile aus
der gleichfalls unechten Apologie entlehnt, kommt E. Pohle in
seiner Abhandlung: ,die angeblich Xenophontische Apologie in
ihrem Verhältnisse zum letzten Capitel der Memorabilien, eine
kritische Untersuchung' (Altenburg, 1874), zu dem entgegen
gesetzten Resultate, nämlich dass das achte Capitel echt und
die Stellen in der unechten Apologie, welche mit demselben
übereinstimmen, eben daraus entnommen seien. Dieser Ansicht
hat sich A. Hug (Jenaer Literaturzeitung 1874, n. 37, S. 579 ff.)
angeschlossen; nur macht er mit Recht geltend, dass man nicht
die Frage nach der Priorität der beiden Schriftstücke in einen
unlöslichen Zusammenhang mit der Frage nach der Echtheit
der beideu bringen und daher mit Pohle (S. 21) sagen darf:
,Wir stehen vor den beiden letzten Möglichkeiten. Entweder:
die Apologie ist eine echt Xenophontische Schrift; dann ist
Mein. IV, 8 ihr entnommen und unecht. Oder: Mein. IV, 8
ist echt; dann entstammt die Apologie zum guten Theile dem
letzten Capitel der Memorabilien und ist nicht von Xenophon'.
Dass die Apologie unecht sei, hier zu erweisen halte ich
nach dem, was Caspers, Schmitz, Hug und neuerdings Lange
und Pohle hierüber geschrieben haben, für vollkommen über
flüssig. Gibt es doch keinen Philologen, der an ihre Echtheit
glaubt, ausser Cobet, der nach der editio secunda seiner Variae
lectiones seine Ansicht, die Apologie sei eine der reizendsten
Schriften Xenophons und werde mit Recht von einigen Ge
lehrten als der Schluss der Memorabilien betrachtet, nicht
geändert hat. Man wird dies aber nicht auffallend linden, wenn
man erwägt, dass Cobet neuerdings (Mnem. n. s. III, 66 ff.)
die Echtheit des Epilogs der Kyrupädie verficht. Weiter stimme
ich Pohle und Hug darin vollkommen hei, dass der Verfasser
der Apologie das Schlusscapitel der Apomnemoneumata ausge
beutet hat, welche ihm also schon in derselben Gestalt, wie
136
Schenkl.
wir sie jetzt haben, Vorlagen. Es muss jedem Unbefangenen
einleuchten, dass der Bearbeiter durch die ungeschickten Ver
kürzungen und Erweiterungen, welche er vornahm, durch die
Uebertreibungen und die groben Fehler, die ihm zur Last
fallen, sein Vorbild nicht verbessert, sondern verschlechtert hat.
Die gegentheilige Annahme, der Verfasser des Schlusscapitels
habe sein Original, die Apologie, in den Stellen, welche er ihr
entlehnte, verbessert, ist ganz unwahrscheinlich. Ich glaube
aber auch nacliweisen zu können, dass das Schlusscapitel
ebenfalls unecht ist und nach allem Vermuthen von demselben
Fälscher herrührt, dessen Spuren wir schon so oft begegnet
sind. Dass Derjenige, welcher die Apologie schrieb, noch
tiefer stand als der Verfasser jenes Capitels, ist noch kein
Beweis für die Tüchtigkeit des Letzteren und die Vortrefflich
keit seiner Arbeit. Wenn nun Pohle den Schluss der Apomne-
moneumata als echt Xenophontisch erweisen will und selbst
Hug meint, in dem ganzen Stücke finde sich nichts, wo man
nicht mit den gewöhnlichen Mitteln der Textkritik auskommen
könne, so ist gewiss eine ausführliche Erörterung dieser Frage
geboten. Da ich der Ansicht bin, dass Lange in seiner Schrift
eine ganze Reihe treffender Gründe für die Unechtheit dieses
Stückes beigebracht hat, welche durch den Versuch Pohle’s
ihn zu widerlegen nicht im Mindesten entkräftet sind, so werde
ich da, wo ich mit Lange einverstanden bin, die Sache nur
kurz berühren und hinsichtlich des Näheren auf seine Schrift
verweisen.
Der letzte Paragraph des siebenten Capitels ist, wie Din-
dorf Praef. p. XIII bemerkt, seinem Inhalte nach eine blosse
Wiederholung von I, 1, 6, wo dieser Gedanke viel klarer und
ausführlicher dargelegt werde. Auch sehe man deutlich, dass
der Satz hier nur eingeschoben sei, um die folgende Erörterung
über die Vertheidigung und den Tod des Sokrates anzuknüpfen.
Deshalb erklärt Dindorf diese Worte für unecht. Ihm wider
spricht Lange (S. 40), aber mit nicht überzeugenden Gründen.
Allerdings finden sich in unserer Schrift, was nicht zu ver
meiden war, Wiederholungen und ebenso richtig ist es, dass
in dem siebenten Capitel gezeigt wird, wie Sokrates bemüht
war, diejenigen, welche mit ihm verkehrten, zur Selbststän
digkeit im praktischen Leben anzuleiten, wornach sich eine
Xenophontische Studien.
137
gewisse Gedankenverbindung ergibt; wer wird aber glauben,
dass Xenophon eine Thatsache, welche er früher eingehend
besprochen hat, hier nur mit einigen und keineswegs bezeich
nenden Worten angedeutet haben soll, ohne, wie es doch sonst
seine Gewohnheit ist, auf das Vorhergehende zu verweisen.
Dazu kommt, dass die Phrase ei oe v.q \mXko'> f} xazä tvjv LOp«-
7ciwjv uo<pi'av wtpeXsIcrOai ßoulono und auch das ganz allgemeine irepi
twv TcpaYp.oc-rwv sich von Seite der Stilistik nicht besonders em
pfehlen. Aber diese Worte, fährt Lange fort, bilden auch
keinen passenden Uebergang zu dem folgenden Capitel, da in
demselben nicht davon die Rede ist, dass Sokrates nach Höhe
rem strebte, als was der menschlichen Einsicht vergönnt ist,
oder dass er sich der Mantik bediente. Es ist ganz richtig,
dass dieser Uebergang kein besonders gelungener ist; aber dem
Interpolator genügte die allgemeine Erwähnung der Mantik,
um damit die Bemerkung über die Art, wie sich das Dämo-
niou bei dem Processe des Sokrates äusserte, einzuleiten.
Solche nicht gehörig vermittelte Uebergänge finden sich ja
mehrfach in den interpolierten Stellen. Anlass zu dieser Ver
bindung gaben die Paragraphe I, 1, 2 ff., in welchen das Dä
monion als eine Art der Mantik dargestellt wird.
Würde man Jemand, der unsere Schrift bis zu dem End-
capitel gelesen hat, fragen, was er nun für einen Schluss
erwarte (denn das Buch sei hier dem Stoffe nach zu Ende),
so möchte er wol die Vermuthung aussprechen, Xenophon
habe den Inhalt der Schrift kurz recapituliert und daraus noch
mals den Schluss gezogen, wie ungegründet die Anschuldungen
seien, welche man gegen Sokrates vorgebracht habe. Statt
dessen erhalten wir eine Auseinandersetzung über den Process
und Tod des Meisters, welche nach Inhalt und Gedankengang
kein einheitliches Ganze bildet. Wollte Xenophon wirklich den
Vorwurf widerlegen, Sokrates habe sich als Lügner heraus
gestellt, weil er trotz seines Vorgebens, dass ihm das Dämo
nion andeute, was er thun solle und was nicht, von den Rich
tern zum Tode verurtheilt worden sei, so musste dies gleich
im Eingänge der Schrift (I, 1, 4 f.), wo er ausführlich von
dem Dämonion spricht, erörtert, nicht aber hier so nebenher
abgethan werden. Und wie merkwürdig, dass Xenophon hier
mehreres über die letzten Lebenstage des Sokrates berichtet,
138
Schenkl.
während er doch sonst auf das Detail des Processes gar nicht
eiugeht und seine Schrift mit den Worten beginnt: IloXXäy.'.?
eOaüp.aaa r.ai xozs Xoyo'.q ’AGyjvai'oo«; liceiaav ot YP a 4 l0 ‘l JL£Vot SioxpotTYjv w?
aJ;io? eh) Oavxtou ifj toXsi, über welche wir schon im ersten Ab
schnitte gesprochen haben. Dazu kommt, dass wir gleich an
den Eingangsworten Anstoss nehmen müssen. Wenn hier zwi
schen den Sätzen eine logische Verbindung bestehen soll, so
müsste es doch heissen: ,weil Sokrates trotz seines Vorgebens
. . . sich so vor Gericht betrug, dass er zum Tode verurtheilt
wurde' oder ,weil S. seine Verurtheilung durch sein Benehmen
geradezu provocierte', nicht aber: ,weil S. verurtheilt wurde'.
Denn dies konnte ja auch ganz ohne sein Zuthun geschehen
und es konnte ihm dann sein Dämonion nicht helfen; wol
aber vermochte es ihn davor zu warnen, dass er vor den Rich
tern in seiner gewohnten Weise spreche, weil man von dem
Angeklagten eine andere Haltung erwartete. Wollte ferner der
Schriftsteller beweisen, dass Sokrates sich ebenso durch seine
Vertheidigung, wie durch seinen Tod hohen Ruhm erwarb, so
musste er dies doch einigermassen ausführen. Er musste doch
zeigen, wie Sokrates vor Gericht gesprochen hatte. Nun wird
aber dies mit den Superlativen njv ze S(x,t)v ittmwv ävOpdurwv
äXrjOeaTaxa xai eXeoOspuitaTa y.ai SaaiÄraxa ei-wv, die für die Sucht
des Interpolators alles zu übertreiben, ganz charakteristisch
sind, kurz abgethan, während über den Tod doch wenigstens
einiges erörtert wird. Eine solche skizzenhafte Darstellung,
welche bloss für Leser verständlich ist, die über alles Einzelne
unterrichtet sind, entspricht nicht der Tendenz unserer Schrift,
welche, wie schon die Eingangsworte zeigen, ein Appell an das
gesammte hellenische Publicum ist. Hiezu kommen die deut
lichen Spuren von Nachahmung der echten Stelle I, 1, 4 f.
(vgl. xpoarip.ai'veiv, 'isuoop.svov). Auffällig sind ferner die Form
Gcvopwo&yraTa (Xenophon würde, wie Lange S. 45 richtig bemerkt,
avSpstöraxa gesagt haben), die Uebertreibung sv w Tcavte? tvjv
Siavoiav [j.etoüvcai (vgl. Lange S. 34), endlich das Satzungeheuer
st oe -t; . . . hi'f/M'/j dem ich kein ähnliches aus den Schriften
Xenophons an die Seite stellen könnte (Lange S. 43). Im
zweiten Paragraphe befremdet vor Allem avct-fx.v; sveveto aÜTtp
. . . ßtwvat; es ist dies so gesagt, als ob Sokrates den Tod gar
nicht hätte erwarten können, während doch in Wahrheit die
Xenophontische Studien.
139
Sache so liegt, dass Sokrates nichts von seiner gewohnten Art
aufgeben wollte, um sein Leben zu retten. An den Worten
oia to . . . £uaveX0Y) möchte ich im Allgemeinen keinen Anstoss
nehmen (denn Xenophon schrieb ja sein Buch nicht bloss für
die Athener), wol aber an dem Ausdrucke, der unbestimmt
und unklar ist. Zu t'ov Ss vöjj.ov . . . musste doch ,in Athen', zu
Oswpia ,die man jährlich absendet' hinzugefügt werden, wenn
anders die Sache verständlich sein sollte. Dem Interpolator ist
das bekannte: Brevis esse laboro, obscurus fio begegnet. Er
hatte, wie schon Geel S. 21 bemerkt, den Eingang des Plato
nischen Phaidon vor Augen, dem er auch für das Vorher
gehende manche Färbung entlehnte. Darum ist auch auf die
Notiz TpioaovTa %i.spap nichts zu geben (Geel S. 22); sie beruht
nicht auf urkundlicher Gewähr, sondern ist bloss erschlossen.
Dass dieselbe Zahl in der 14. Soldatischen Epistel vorkommt,
ist kein Beweis für ihre Zuverlässigkeit; denn der Verfasser
derselben hat sie höchst wahrscheinlich aus unserer Stelle ent
nommen. Wir werden uns also mit dem unbestimmten irobu?
Zpovo? des Platon begnügen müssen. Den ungeschickten Aus
druck yj Gewpta . . . eiravekOyi haben schon Stephanus und Ruhnken
gerügt. Ueber den dritten Paragraph mit seinen gehäuften
Fragen und lächerlichen Schlüssen hat Schneider mit Recht
gespottet. Wenn irgendwo, so verräth sich hier der Sophist.
Selbst Sauppe hat diese Stelle in seiner Ausgabe eingeklam
mert. Und wie hängt dieses oütw? vor axoOavoi in der Luft!
Um es zu erklären, verfiel man auf den verzweifelten Ausweg
es auf euQ'jp.wi; te -/.ai eunoXw? zu beziehen. Man sieht, der Inter
polator konnte stammeln, aber nicht reden. Wie ungeschickt
ist ferner die Anknüpfung des Gespräches mit Hermogenes
durch die Worte: äl y.at . . . Dieses Gespräch liefert die
eigentliche Widerlegung jenes Vorwurfes, der im Eingänge
unseres Capitels angedeutet ist; es hätte daher, wie der wackere
Schneider erkannt hat, gleich nach diesem folgen sollen. Weil
aber der Interpolator seine schönen Tiraden anbringen wollte,
so hat er es erst später gesetzt und so unpassend an das Vor
hergehende angeschlossen (hinsichtlich der Verbindungs Worte
vgl. I, 4, 2). Ob nun dieses Gespräch wirklich, wie Ilug an
nimmt, aus gut Sokratischen Kreisen stammt, lasse ich dahin
gestellt. Ich kann mir recht wol denken, dass dasselbe ganz
140
Schenkl.
vom Interpolator erfunden ist. Etwas wirklich für Sokrates
Charakteristisches enthält es ja doch nicht; im Gegentheile es
ist sehr auffällig, dass Sokrates dem Hermogenes entgegnet,
die schönste Vorbereitung zur Vertheidigung bestünde in einem
Leben, das auf die Erkenntniss und Uebttng dessen, was
recht ist, gerichtet sei, und hintendrein doch zugibt, dass er
daran dachte, wie er sich vor den Richtern vertheidigen solle.
Und passte es denn für Sokrates eine Vertheidigungsrede zu
entwerfen? Bei Platon Apol. 17, B ff. betont er, dass es ihm
gar nicht in den Sinn kam sich für einen solchen Zweck vor
zubereiten. Er wolle in seiner gewohnten Weise sprechen, da
er der Sprache, wie man sie vor Gericht führe, ganz unkundig
sei; es würde sich ja auch für ihn bei einem solchen Alter
nicht schicken gleich einem ganz jungen Manne mit zierlich
gefügter Rede vor den Richtern aufzutreten. Ich glaube daher,
dass der Interpolator die ganze Sache erfunden und den Namen
des Hermogenes aus I, 2, 48, II, 10 entlehnt hat. Doch ist
dies für die Frage, die wir hier behandeln, gleichgültig. Hug
bemerkt selbst, dass, die Unechtheit dieses Capitels voraus
gesetzt, der Verfasser desselben das Gespräch aus einer älteren
Quelle schöpfen konnte, da es ja auch genug andere Sokra-
tische Dialoge ausser den uns erhaltenen gab. Gehen wir nun
zum Einzelnen über, so befremdet zuerst y)zouaa, da Xenophon
seit der Zeit, wo er Athen verliess, um zu Kyros zu gehen,
seine Heimat nicht wieder sah. Er müsste also den Hermo
genes anderswo getroffen haben, was nicht sehr wahrscheinlich
klingt; auf briefliche Mittheilung kann man nach dem r ( xouua
nicht wol rathen. Sodann muss man an Msänjxou Anstoss
nehmen, weil Xenophon die Ankläger des Sokrates sonst nicht
mit Namen nennt, sondern sie ganz allgemein mit ol ypaiiagsvoi,
b ypadidij.s'/oq (I, 1, 1; 2, 62) bezeichnet (vgl. die unechte Stelle
IV, 4, 4 und Lange S. 9 f.). Die merkwürdige Uebereinstim-
mung der Worte Oü yäp oozö . . . (vgl. Apol. 3) im Gedanken
und im Ausdrucke mit Oikon. 11, 22 hat schon Lange S. 18
angedeutet. Wer übrigens dem Xenophon solche Wendungen
zutraut, wie StaazoTnSv p.sv xd xs Stzaia zat xd aStza, itpaxxwv oe xd
Stzaia zat xüv aoizwv räs'/öp.cvo?, der mag das verantworten und
ähnliche Beispiele solcher Breite und Abgeschmacktheit aus
den echten Schriften beibringen (vergl. Lange S. 34). Die
Xenopliontische Studien.
141
§§. 5 und 6 enthalten nichts, was zu einer Bemerkung- Anlass
gäbe; nur sollte wol Hermogenes statt ot ’ÄÖ-qvvjai Sixaarat viel
mehr ol evOäoe o. sagen. Desto schlimmer steht es um §. 7.
Der erste Satz a eyw . . . yiyvtbcnuü/ ist ein wahres Muster von
ungeschickter und confuser Darstellung. Die Verbindung des
Imperfectum vjcrOavopy)'/ mit dem Perfectum oiaxcxsAsxa, welche
schon Schneider tadelte, der leere Satz idtq oiWoiq ävQpwTroi?
evTUYxavuv, der, man weiss nicht warum, beigefügt ist, endlich
die überflüssige Wiederholung, welche in outio Siaxexekeza Ttepi
ep.a-jxoü yiy/d)o/Mv liegt (vgl. Lange S. 35; Bornemann wollte
diese Worte streichen), zeigen, dass man es mit einem schlechten
Machwerke zu thun hat. Erklären lässt sich allerdings alles
und in einer lateinischen Paraphrase, die ein Bischen nachbessert,
nimmt sich die Sache noch leidlich aus; nur fragt es sich, ob
man sich nicht so selbst in Täuschung führt. Den Fälscher
verräth auch der Gebrauch von xapaOsiopwv für das bei den
Attilcern übliche xapaßdXXwv. Nicht besser ist der folgende Satz
■/.cd ob . . . yiy/eoOca, der sich wiederum in übergrosser Breite
einherbewegt. Man beachte auch den unklaren Ausdruck oütw?
oäv st/ov r.pbq to'o; eautwv cpi'Xou? und das unattische Siöitsp für Siöti.
Man könnte nun annehmen, dass Siöti von Abschreibern ein
geschwärzt wurde, und mit Hug oiöti hersteilen, wenn nur nicht
selbst nach dieser Aenderung genug des Fehlerhaften übrig
bliebe. Dass §. 8 und 9 zwei Sätze hinter einander mit aXXä
I-Mjv . . . ys beginnen, hat schon Lange S. 33 mit Recht getadelt.
Es würde nichts dagegen zu bemerken sein, wenn die beiden
Sätze parallel stünden, wenn der zweite eine Ergänzung oder
nähere Bestimmung des ersten wäre. Das ist aber nicht der
Fall; denn der erste enthält eine Folgerung aus dem Vorher
gehenden, der zweite bringt einen neuen Grund bei. Man ver
suche nur die beiden Sätze in das Lateinische zu übertragen und
mit at vero einzuleiten; es wird dann die Unmöglichkeit einer
solchen Gedankenverbindung klar hervortreten. Ueberhaupt ist
es mit der logischen Anordnung dieser Partie recht schlimm
bestellt. Was Pohle S. 59 zur Rechtfertigung dieser Stelle sagt:
,den beiden einzig möglichen Einwänden des Hermogenes wird
hier, ohne dass ihre Verlautbarung nur abgewartet wird, in
gleicher Form unmittelbar nach einander begegnet', ist mir
nicht recht verständlich. Ebenso wenig ist es ihm gelungen
142
Schenk 1.
nur einigermassen analoge Beispiele einer solchen Wiederholung
aufzufinden. An. III, 1, 37 f. bildet in dem ersten zal vuv die
Partikel vuv, durch exst xoAsp.öc ea~tv erklärt, den Gegensatz zu
cts sipvjvY) v)v, muss also stark betont werden; in dem zweiten
y.at vüv bedeutet dieselbe ,in dem gegenwärtigen Augenblicke'.
’A%. II, 8, 4 und 5 leitet Sokrates zweimal seine Widerlegung
der Einwürfe des Eutheros durch y.ai p.vjv . . . ye ein, was doch
sicher nichts Auffallendes hat. Oh man übrigens dem Inter
polator den albernen Gedanken aßicoro? äv elvj ßio; Zutrauen oder
mit Bornemann das allerdings passende ßiw-'oc herstellen soll,
was leicht in aßioy-oq verderbt werden konnte, wird sich schwer
lich mit Bestimmtheit entscheiden lassen (vgl. Lange S. 36).
Mir ist das Letztere wahrscheinlich. Den Satz st yäp to aBtzsTv
. . . otiouv Trotstv (§. 9) hat schon Schneider eingeklammert und
selbst Sauppe und Breitenhach haben ihn als unecht verworfen;
auch Hug gibt ihn Preis. §. 10 befremdet der Ausdruck ext-
[j.s/.si'a? T£’jE,s[j.ai, da man schwerlich eine andere Stelle, wo
sxiptsXsta so (von einem Verstorbenen) gebraucht wird, nacli-
weisen kann. Am Schlüsse desselben steht Totaura p.sv r.p'oc
'Epp.oy£VY)v ts O'.eXeyß-q y.at xpoc rou? älAouc, in welchem Satze nicht
nur das ganz allgemein gehaltene xpo? zobq aXXouc auffällt, son
dern auch überhaupt die Erwähnung Anderer neben Herrn o-
genes. Das Gespräch wird ja bloss mit diesem geführt. Und
ist es denn glaublich, dass alle Freunde mit der gleichen Auf
forderung an Sokrates herantraten? Der erste Satz im §.11
erinnert etwas an die Worte des Phaidon in dem Platonischen
Dialoge (58, D) y.oct yap t'o p,ep.vijc0at . . ., der zweite, übermässig
gedehnte, ist sichtlich der echten Stelle I, 2, 62 ff. und dem
Schlüsse des Phaidon nachgebildet. Auch im Einzelnen klingen
die gewählten Ausdrücke mehrfach an andere Stellen an, z. B.
|j.Y)Q£ äXXou xpoaoswOat aXX’ aurapiajc etvat xpbc tyjv xoitwv yvioaiv an
II, 6, 2 (vgl. Lange S. 38), KpoipetytxGÜai ex’ dp£TV)v y.ai y.a/.oy.d-j'a-
Oiav an I, 4, 1 ; 6, 14. Ganz verkehrt ist die Behauptung,
Sokrates sei so fromm gewesen, dass er nichts ohne den Willen
der Götter tliat. Darnach müsste er vor jeder Handlung die
Götter befragt haben, was im entschiedenen Widerspruche mit
I, 1, 7 steht (vgl. Lange S. 31). Was Pohle S. 63 dagegen
bemerkt, streift wie mehrere seiner Rechtfertigungsversuche
nahe an das Sophistische, wie dies immer mehr oder weniger
Xenopliontisclie Studien.
143
der Fall ist, wo man schon mit der bestimmten Ansicht, ein
Schriftstück sei echt, den Beweis dafür unternimmt, statt diese
Untersuchung vorangehen zu lassen und dann erst den Schluss
zu ziehen. Gerade die Stelle An. I, 3, 13 ist ein Beweis für
die Richtigkeit der Ansicht Lange’s; denn was heisst aveu xvjc
Kupou ■('/(',iij/qc anders als ,ohne die Zustimmung oder Erlaubniss
des Kyrosh Das auffällige hcyu eizelv könnte man auf Rech
nung eines Abschreibers setzen, der die ursprüngliche Fassung
eforeÜv xe xal hcyw SioptcacOa;, wie dies so oft geschah, durch
Umstellung der Wörter änderte. Ich glaube auch wirklich,
dass der Interpolator AÖytp oiopicaaöat geschrieben hat. Wir
kommen nun zu dem Schlusssätze ei Ss xu \rq apexzei xaöxa,
xapaßaXXwv xo aXXwv rjOoi; icpo? xauxa oüxw xpivexw, wo man das
erste xaöxa nothwendig anders fassen muss als das zweite. Das
erste geht, wie p.v) dpeczet zeigt, auf das Gesammturtheil, näm
lich auf eSbxet xoioüxo? eivai oloq oiv el'rj a'piaxo? xe avrjp y.ai euoai-
goveaxaxo?, das zweite auf die Schilderung des Wesens und
Charakters des Sokrates. Bohle S. 63 will zwar beide Male
darunter ,die einzelnen Puncte des (im Satze vorher über So
krates abgegebenen) Urtheiles‘ verstehen, was aber geradezu
unmöglich ist. Es trifft also den Verfasser mit Recht der Vor
wurf, dass er sich undeutlich ausgedrückt hat. Auch Hug findet
diese Schlussclausel bedenklich. Ich habe bei dieser Erörte
rung manches, was auffällig ist, sich aber doch noch einiger-
massen erklären lässt, absichtlich übergangen.
Wenn man nun diese Einzelnheiten zusammenfasst und
nach dem Gesammteindrucke urtheilt, so wird man wol die
Vertheidigung dieses Capitels aufgeben. Am allerwenigsten
aber darf man da, wo sich Bedenken aller Art so häufen wie
hier, den Versuch machen, durch Streichung der albernsten
Sätze oder Umänderung anstössiger Worte dem Ganzen eine
bessere Gestalt zu geben, wenn man nicht sich selbst täuschen
will. Schon aus diesem Grunde kann ich nicht der Ansicht
beipflichten, welche W. Nitsche in seinem Jahresberichte über
Xenophon (Zeitschr. für Gymnasialwesen 1874, S. 951 ff.) auf
gestellt hat, dass uns der wirkliche Schluss der Apomnemo-
neumata in IV, 8, 1 u. 2 (ei oe xic . . . Octvaxov eveyzelv) und 11
erhalten sei (das Zwischenstück hält er also für interpoliert),
abgesehen davon, dass dieser Schluss nothwendig abgerissen
144
S c h e n k 1.
ohne entsprechende Verbindung der Gedanken und dazu recht
dürftig erscheinen müsste.
Erwägt man nun, dass dieses Schlusscapitel in der Un
klarheit der Gedanken, in der unvermittelten Anreihung der
einzelnen Sätze, in dem Bestreben, alles auf die Spitze zu
treiben, in der Vorliebe für schöne Tiraden, in der Unfähig
keit sich verständlich auszudrücken, in dem mangelhaften Satz
baue, endlich in dem eigenthümlichen Gebrauche von Wörtern
und Wortformen, welcher auf die Periode nach Alexander dem
Grossen hinweist, entschiedene Aelinlichkeit mit den anderen
interpolierten Stellen bat, wie wir sie im Vorhergehenden nach
gewiesen haben, so liegt die Vermuthung nahe, dass diese
Interpolationen sämmtlich von einem und demselben Fälscher
und Ueberarbeiter unserer Schrift herrühren. Wie wir gesehen
haben, ist derselbe mit den historischen Verhältnissen nur
nothdürftig bekannt, über das attische Rechtswesen hat er ver
kehrte Anschauungen (vgl. die Bemerkungen zu II, 1, 4, IV, 4, 4),
er kennt bereits die theologischen Lehren der Stoiker (vgl. die
Bemerkung zu IV, 3, 13), sein Stil, wenn er auch sichtlich
bestrebt ist den Xenophon zu copieren, weicht doch vielfach
vom Atticismus ab und hat die Färbung der sogenannten zoivv)
oiotlezTO?. Nach alle dem war der Mann kein Athener und
lebte nach Alexanders Zeit.
Von ihm rührt, wie die Proömien und Epiloge zeigen,
die Eintheilung der Schrift in vier Bücher her, denen er einen
ziemlich gleichen Umfang zu geben bemüht war. Das erste
Buch entspricht an Grösse ganz dem zweiten; das dritte ist
nur ein wenig stärker als die beiden vorhergehenden, vielleicht
deshalb, weil, wie ich schon früher angedeutet habe, der Ueber
arbeiter die Stelle IV, 1 als Proömium des vierten Buches
benützen wollte. Für das vierte Buch scheint der vorhandene
Stoff nicht ausgereicht zu haben und daher erklärt es sich,
dass der Ueberarbeiter durch grössere Interpolationen diesem
Buche die erforderliche Fülle und einen gleichen Umfang wie
dem dritten zu geben suchte.
Aber, wird man sagen, wie kam denn Jemand auf den
Gedanken eine solche Ueberarbeitung vorzunehmen? Das Buch
muss doch einen Schluss gehabt haben; mit IV, 7 konnte es
unmöglich endigen. Wo ist dieser Schluss hingekommen?
XenophontiBche Studien.
145
Warum soll ihn der Ueberarbeiter verworfen und einen anderen
hinzugefügt haben? Ich könnte auf solche Einwürfe erwidern,
dass wir ja auch noch andere Beispiele von Ueberarbeitungen
haben, ohne den Grund, der dazu bestimmte, angeben zu
können, dass der Interpolator den Schluss, weil er ihm eben
nicht betagte, verworfen und durch einen anderen ersetzt hat.
So ist uns ja auch der echte Epilog der Ivyrupädie verloren,
ein falscher erhalten. Ich könnte darauf hinweisen, dass die
Aenderungen, welche der Redactor an dem ihm vorliegenden
Originale vorgenommen hat, ziemlich weitgehende gewesen sein
müssen, namentlich gegen Ende der Schrift. Manche Stelle
macht den Eindruck eines Excerptes, wie besonders IV, 6, 12 ff.
Alles dies könnte ich erwidern, wenn ich nicht der Ansicht
wäre, dass sich über diese dunkle Partie doch einiges Licht
durch die Erörterung des Verhältnisses, in welchem der Oiko-
nomikos zu den Apomnemoneumata steht, verbreiten Hesse.
Dieser Dialog, der bekanntlich ebenso wie das Symposion
nachweislich zu Ciceros Zeit als eine selbstständige Schrift
betrachtet wurde, beginnt nämlich mit den Worten ijzoutra Be
xcts atnou y.ai icept oiy.ovojj.iai; TOtäBs otaXeYOjj.svou, also mit der For
mel, mit welcher in unserer Schrift mehrfach (vgl. II, 4 u. 5)
Gespräche eingeleitet und an das Vorhergehende angereiht sind.
Schon daraus und dann aus den Wörtchen Be, aÜTou und y.at
erhellt, dass der Oikonomikos unmöglich eine selbstständige
Schrift sein kann. Nichts desto weniger hat man ihn im Alter-
thume für eine solche gehalten, wie dies aus der bekannten
Stelle des Galenos (vol. 12, p. 288 Chart.) erhellt: Kat toi tivs;
st; toooütov ^y.ouat oo^ta; mote tou Esvoowvto; Oiy.ovojj.ty.ou jj.vvjjj.ovsustv
otö|j.svot jj-apiupsTv aurot; s0o; etvat toT; TraXaioT; sv äp/jfl AÖyou yjfrp0at
tm Bs ouvBeojj.M Bia touto oaotv äpjjsaOat t’ov SsvotpuvTa tou ouYYpajj.-
|j.aT0; outm; - ’l-Iyouaa . . . BiaXeY°p.evou, [j.yj yty/dixnionei Sn to ßtßXt'ov
toüto töv SMy.paTtzöv ’ATOjj.vjj[j.ovsujj.äTMv eari t'o sa/aTOv. Aus dieser
Stelle ersieht man, dass Galenos in diesem. Puncte viel ver
nünftiger dachte als so manche Andere, ferner dass in dem
Exemplare, welches er besass, der Oikonomikos unmittelbar
an die Apomnemoneumata angereiht war, wie ja dies auch in
einigen unserer Handschriften der Fall ist. Weitere Schlüsse
daraus zu ziehen wäre höchst bedenklich. Galenos las sicher
die Apomnemoneumata in der Gestalt, wie sie uns vorliegen,
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. I. Hft. 10
146
S chenlcl.
und mit dem gleichen Schlüsse. Seine Erklärung, dass der
Oikonomikos das fünfte Buch bilde, ist freilich verkehrt, wie
dies schon Gfeel bemerkt hat, aber man kann sie einem Manne
wie G-alenos wol Zutrauen. Zu Jenen nun, die einen solchen
Anfang mit Bl . . . y.m für möglich hielten, gehört der Verfasser
der Apologie, welcher seine Schrift mit SwxpaTou; Be ä'ijiov p.oi
Boxe! etvai [AE|j.v^cj0ai xai . . . beginnt, und Nitsche (a. a. 0. S. 954)
mag wol Recht haben, wenn er annimmt, dieser Eingang sei
jenem des Oikonomikos nachgebildet. Es ist aber ganz ver
fehlt daraus zu schliessen, dass die Apologie zu dem Zwecke
verfasst wurde, um den Schluss der Apomnemoneumata zu
bilden, sei es nun, dass man mit Lange S. 30 f. annimmt, diese
Schrift habe jedes Epiloges entbehrt, oder mit Pohle S. 64
dem Verfasser der Apologie die Absicht zumuthet den echten
Epilog zu verdrängen. Wie Hug treffend hervorhebt, kann dies
nicht in seinem Plane gelegen haben. Er will ja gar nicht als
Xenophon erscheinen; er ändert, wie Pohle S. 64 selbst be
merkt, an den Stellen, welche er dem Schlusscapitel entlehnt
hat, überall die erste Person; für -ijy.ouaa '.Epixovlvou; sagt er
'EpgoyEVT)? e^(jfYEtX£, für oiov 8nj-fY)[/.ai setzt er xcaavowv to3 avopb?.
Wenn aber Hug meint, der Verfasser der Apologie habe seine
Schrift doch in loser Weise an die Apomnemoneumata an-
schliessen wollen, ähnlich wie es Xenophon mit dem Oikono
mikos oder Symposion gethan habe, so hat dies nicht mehr
Wahrscheinlichkeit. Welchen Eindruck konnte eine Schrift
machen, die ganze Stellen wörtlich jenem Capitel entlehnt und
andere daraus in erweiterter oder verkürzter Bearbeitung auf
genommen hatte, wenn sie gemäss dem Plane des Verfassers
unmittelbar nach jenem Schlusscapitel gelesen werden sollte?
Ich bin daher vielmehr der Ansicht, dass die Apologie eine
Art Exercitium ist, in einer Rhetorenschule entstanden, eine
Bearbeitung desselben Thema, welches in dem unechten End-
capitel behandelt war, aber in einer etwas erweiterten Fassung.
Diese Schülerarbeit, die ursprünglich ohne den Namen ihres
Verfassers in’s Publicum kam, wurde später dem Xenophon
zugeschrieben, weil man aus der vielfachen Uebereinstimmung
mit Stellen der Apomnemoneumata und namentlich mit dem
Epiloge jener Schrift auf Xenophon als den Urheber derselben
rathen zu müssen glaubte. Dazu mochte auch der Titel Stoxpatou?
I
Xenopliontisclie Studien.
147
&nzo)\0'(i(x zpo? xou? BtxacTac etwas beitragen. Man hatte nun von
Xenophon neben dem Symposion auch eine Apologie, also
Gegenstücke der beiden gleichnamigen Platonischen Schriften.
Wann diese Apologie verfasst wurde, das lässt sich nicht mit
Sicherheit ermitteln. Als Werk des Xenophon las sie Dion
Chrysostomos, der diesen Schriftsteller so oft als Vorbild be
nützt, wie die Nachbildung einer Stelle der Apologie (§. G)
im ersten Melankomas (Or. XXVIII, 535 R) beweist (vgl. Geel
S. 23). Aber offenbar war sie schon um die Zeit des Deme-
trios von Magnesia, also um 60 v. Chr., in das Corpus der
Schriften Xenophons aufgenommen (Diog. Laert. II, 6, 13),
und ihre Entstehung reicht sicher höher hinauf, wol in das
zweite Jahrhundert vor Christus. Dies vorausgesetzt, können
wir die Ueberarbeitung der Apomnemoneumata in das dritte
Jahrhundert vor Christus verlegen.
Wir kehren nun nach dieser Abschweifung wieder zu dem
Oikonomikos zurück. Um den sonderbaren Anfang zu erklären,
hat man verschiedene Hypothesen aufgestellt. So betrachtete
man den Oikonomikos als eine Art Anhängsel an die Denk
würdigkeiten des Sokrates; mit dem Eingänge habe Xenophon
auf die grössere Schrift verweisen wollen. Ich gestehe auf
richtig, dass ich mit dieser Erklärung nichts anzufangen weiss.
Entweder war der Oikonomikos ein Theil der Apomnemoneu
mata oder ein selbstständiges Buch. War er ein Theil, so musste
er wie jeder Theil mit dem Ganzen in einem engen Verbände
stehen, war er als selbstständige Schrift verfasst, dann lässt
sich nicht begreifen, wie Xenophon einen solchen Eingang
wählen konnte. Andere nahmen an, das Büchlein sei von
Xenophon später, nachdem er die Denkwürdigkeiten heraus
gegeben hatte, geschrieben und noch IV, 7 angefügt worden
(vgl. Lange S. 30). Ranke (de Xenoph. vita et scriptis p. 13)
dachte daran, den Oikonomikos an einer Stelle der Apomne-
moneumata unterzubringen und meinte, dass sich am Ende des
dritten Buches ein passender Platz für ihn finden Hesse. Nitsche
endlich in dem Programme ,über die Abfassung von Xenophons
Hellenika* (Berlin 1871, S. 27 f.) meint, der auffallende Ein
gang sei absichtlich gewählt, um schriftstellerischer Fiction zu
dienen, indem derselbe nach Analogie der schon geschriebenen
Apomnemoneumata auch das folgende Gespräch als ein durch
10*
148
Sehen kl.
Xenophon bezeugtes Sokratisches erscheinen lasse. Das habe
er aber gewagt, weil keinem Leser verborgen bleiben konnte,
dass der Gedankeninhalt der Schrift völlig auf Xenophon selbst,
allerdings einen Sokratischen Schüler zurückgeht. Er gebrauche
nach dem Vorgänge anderer Sokratiker in diesem Dialoge das
Sokratische Gespräch, künstlerisch ausgebildet, nur als Form,
um seine selbst erworbenen Kenntnisse in einem zusammen
hängenden Systeme niederzulegen. Dass der Stoff nicht Eigen-
thum des Sokrates sei, lasse er auch deutlich in scherzhaften
Wendungen durchblicken, z. B. c. 2; c. 16, 8. 15. 17 (?). Schon
Ranke hatte S. 10 gesagt: ut pateat in Oeconomico certe Xeno-
pliontem, ne occultare quidem voluisse, Socratem disserentem ipsius
usum esse thesanris, multo labore et periculo paratis. Doch
vermag auch diese Hypothese nicht den Schwierigkeiten abzu
helfen. Erstlich War die Formel ^-/.oyca xots autoü y.ai. . . doch
nicht so feststehend, dass man sogleich aus ihrer Anwendung
auf jene Absicht des Verfassers sc.hliessen konnte; und wenn
dies nicht der Fall war, was sollte der Leser mit dem seltsamen
Eingänge machen? Auch würde eine solche Absicht mehr einem
modernen als einem antiken Schriftsteller anstelien, wozu noch
kommt, dass in jener Zeit die Formen der Composition noch so
einfach und so fest waren. Dann beruht diese Hypothese auf
einer nicht ganz richtigen Ansicht von der historischen Treue
der Denkwürdigkeiten. Man nimmt gewöhnlich an, dass Xeno
phon in diesem Werke das, was er selbst gehört oder von
Anderen vernommen hatte, ganz getreu und genau wieder
gegeben habe, wobei er durch umfassende Aufzeichnungen unter
stützt wurde.- Ich glaube aber, dass man diese Schrift ganz
bezeichnend Dichtung und Wahrheit nennen kann. Allerdings
hatte Xenophon für alles, was er mittheilte, Anhaltspiuicte.
Im treuen. Gedächtnisse hatte er von vielen Gesprächen seines
Meisters, bei denen er selbst zugegen war oder über die er
Kunde erhalten hatte, den Inhalt, zum Theile auch den Ge
dankengang und einzelne für Sokrates charakteristische Wen
dungen bewahrt. In jener Zeit, wo Bücher nicht so leicht zu
Gebote standen wie später, war das Gedächtniss natürlich viel
mehr entwickelt. Auf dieses Gedächtniss beruft er sich selbst
I, 3, 1 xou'wv ei) Ypatfw croca av oia|j.vr,p.ov£ÜG(i), von Aufzeich
nungen ist aber nirgends die Rede. Die Ausführung gehört
Xenophontische Studien.
149
daher in den meisten Dialogen dem Xenophon selbst an und
er hat sich auch gar nicht gescheut seine eigenen Anschauungen
dem Sokrates in den Mund zu legen. Unter solchen Verhält
nissen wird die Darstellung unwillkürlich zur Dichtung und ;
je mehr der Verfasser von seinem eigenen Wesen in dieselbe
einwebt, desto weniger genau nimmt er es mit der historischen
Wahrheit, von welcher die Griechen überhaupt andere An
schauungen als wir hatten. Anachronismen sind unter diesen
Verhältnissen unvermeidlich. Und wenn nun zwischen dem
Erlebten und der Zeit, wo dieses geschildert wird, eine Reihe
von Jahren dazwischen liegt, dann erscheinen manche Gestalten
in einem anderen Lichte, Daten verwirren sich und die ganze
Erzählung erhält das Gepräge jener Zeit, in welcher sie ge
schrieben ist, und der ihr entsprechenden geistigen Entwick
lung des Verfassers. Man muss sich daher wohl hüten alles,
was in solchen Schriften steht, als urkundlichen Beleg anzu
nehmen und daraus Schlüsse zu ziehen. Es ist längst bemerkt
worden, dass die Stelle über die Myser und Pisider (’Ä7:. III,
5, 26) nicht dem Sokrates, sondern dem Xenophon angehört
(Ranke S. 10); ebenso rührt auch der Vorschlag III, 5, 27,
die Athener bis zum Ende des beweglichen Alters mit leich
teren Waffen auszurüsten und bei einem Kriege mit Böotien
die Gebirgspässe besetzen zu lassen, von dem Manne her, der
gerade auf dem Rückzuge die Schwächen der alten Hopliten-
taktik kennen gelernt hatte. Will man noch einige andere Bei
spiele, so vergleiche man III, 3, in welchem Gespräche wol
Niemand die Uebereinstimmung mit dem Hipparchikos, beson
ders mit dem ersten Capitel desselben, verkennen kann, oder
den Schluss von II, 1, wo die Einflechtung jener Fabel des
Prodikos auf Xenophon hinweist, der ja Prodikos gehört hatte
(Philostr. vit. soph. I, 12). Es hindert also nichts auch für
den Oikonomikos anzunehmen, dass demselben ein wirkliches
Gespräch des Sokrates zu Grunde liegt; nur hat es Xeno
phon selbst ausgeführt und darin die Kenntnisse, welche er
sich in der Landwirtschaft erworben hatte, niedergelegt.
Dass Xenophon selbst an den oben angeführten Stellen deut
lich in scherzhaften Wendungen durchblicken lasse, der Stoff
sei nicht Eigenthum des Sokrates, kann ich durchaus nicht
finden. Wenn z. B. Ischomachos 16, 8 den Ausdruck ü-o^'p.vi(r/.sw
150
Sehen kl.
gebraucht und hinzufügt olSa yäp oxi iicicrcapivfa) aoi -ävu xoXXa
<ppä(jto w? Bet yeopyeh, so ist dies ganz in der Denkweise und
Manier des Sokrates gesagt, der doch das Gespräch mit Ischo-
maehos dem Kritobulos mittheilt, natürlich nicht wörtlich, son
dern in eben der Weise umgebildet, wie es Xenophon mit den
Gesprächen seines Meisters that. Der ganze Unterschied zwi
schen dem Oikonomikos und den anderen Dialogen beruht
also darauf, dass der erstere sorgfältig ausgeführt ist. Und
warum sollte man nicht annehmen, dass zu dieser eingehenden
Behandlung des Stoffes den Xenophon eben seine Liebe zur
Landwirthschaft, die Freude an derselben bestimmt hat?
In einer ganz ähnlichen Lage wie bei dem Oikonomikos
befinden wir uns auch bei dem Symposion, welches mit den
Worten beginnt ’AXX’ epoi ooy.et . . . Für diesen ebenso befrem
denden Eingang hat man wiederum dieselbe Erklärung, welche
wir schon früher gehört haben, dass nämlich diese Worte auf
die anderen Schriften, welche sich mit der Vertheidigung des
Sokrates beschäftigen, zurückweisen. Dieser Erklärung können
wir nun auch wieder dieselben Gründe entgegenstellen. Ent
weder war das Symposion ein Theil jenes Werkes, welches
Xenophon zur Rechtfertigung des Sokrates verfasste: dann
musste es mit dem Uebrigen in einem organischen Verbände
stehen; oder das Symposion war eine selbstständige Schrift:
dann ist ein solcher Anfang geradezu abgeschmackt und lächer
lich. Mit dlXa bricht der Schriftsteller die bisherige Erörterung
über den Sokrates, dessen Verhalten in ernsten Dingen er ge
schildert hatte, ab, um denselben nun auch im heiteren Ver
kehre darzustellen, ganz in seiner Weise, in welcher er Scherz
mit Ernst zu mischen liebt; denn Xenophon ist ein heiterer
Mann voll Humor, der überall in seinen Schriften hervortritt,
wenn gleich dabei manch frostiger Witz mitunterläuft. Schon
daraus erhellt, dass das Symposion einst ein Ganzes mit den
Apomnemoneumata gebildet haben muss, worauf auch das
ai;io[AV7]|Aivsu'ca im Eingänge hindeutet, und niemals ein selbst
ständiges Buch gewesen sein kann. 1
1 Wenn inan sich früher, um den Eingang 1 des Symposion zu rechtfer
tigen, auf den Anfang des Buches vom Staate der Lakedämonier ’AXX 1 eyto
£vvor]aa; berufen hat, wie es z. B. Herbst in seiner Ausgabe that, so wird dies
Xenophontische Studien.
151
Allem Anscheine nach standen also die beiden grösseren
Dialoge, über die wir gesprochen haben, am Ende der Denk
würdigkeiten, in der Weise, dass das Symposion den Schluss
bildete. Dieses fügt sich ganz passend an den Oikono-
mikos an, während zwischen IV, 7 und dem Oikonomikos
Einiges ausgefallen sein dürfte. Von diesem Ganzen nun, was
Xenophon Apomnemoneumata nannte, wurde zuerst das Sym
posion losgerissen und als eigenes Buch behandelt, um es dem
gleichnamigen Dialoge Platons gegenüberzustellen, dann wurde
der Oikonomikos abgelöst. Es geschah dies wol zu jener Zeit, wo
man die verschiedenen Oixovo[Mxot zur Bequemlichkeit der Leser
in einem Corpus vereinigte. Vielleicht haben wir einen Rest
dieser Sammlung unter den Schriften des Aristoteles erhalten,
indem uns nämlich in einigen Codices zwei Ot/,ovoi*ix.oi' als erstes
und zweites Buch unter dem Titel ÄptororsXou? Oi-/.ovc|j.r/.cz über
liefert sind, obwol beide diesem Philosophen nicht angehören.
Den ersten schreibt Philodemos ,de virtutibus et vitiis 1 lib. IX, c,
6 u. 27 (bei Hartung; voll. Hercul. III, p. VII, XXVII) dem
Theophrastos zu und ich sehe nicht ein, warum man diesem
Zeugnisse den Glauben versagen soll. 1 Ich stimme daher dem,
was Schümann Opusc. III, 226 ff. hierüber erörtert hat, voll
kommen bei; nur möchte ich nicht mit ihm in diesem Buche
eine Art Collegienheft eines Zuhörers oder eine Skizze zum
Behufe eines Vortrages sehen, sondern, indem ich den Werth
dieser Abhandlung mit Zeller (Phil, der Griechen, II, 1, 768)
höher anschlage, dieselbe für einen Ausschnitt aus einem der
grösseren Werke des Theophrastos über Ethik, ’HOixa oder
vespi. v)Ö6)v, halten, gerade so wie die yapay.-njpes Excerpte aus
einem dieser beiden sind (Zeller a. a. 0. S. 684). Diese An
sicht erhält eine Begründung dadurch, dass in dem grossen
gegenwärtig bei der problematischen Natur jener Schrift und dem Um-
stände, dass dieser Anfang’ jenem des Symposion nachgebildet zu sein
scheint, wol Niemand mehr wagen. Der Eingang des Buches über den
Staat der Athener izspl 8k ’AOrjvafcov xoXizzlcxt; erklärt sich durch die
Verbindung desselben mit seinem angeblichen Gegenstücke über Lake
dämon. Näheres hierüber wird ein späteres Heft dieser Studien bringen.
1 Zeller, Phil, der Griechen II, 1, 768, möchte Eudemos als Verfasser an
nehmen. An der Autorschaft des Aristoteles hält ausser Göttling (Arist.
Oecon. Jena 1860, p. XIII ff.) Spengel fest (Münchner gel. Anzeigen,
Bd. 7 (1838), S. 1005 ff.).
152
Schenkl.
Werke des Philodemos Tcepl äpeTwy xal twv a7Ttxsip,£VMV xamwv das
neunte Buck die Hauswirthschaft behandelt, während das zehnte
Buch zepl uKepYjfavfas ganz ähnliche Charakterbilder gibt, wie
sie uns in der früher erwähnten Schrift des Theophrastos vor
liegen (vgl. H. Sauppe, Philodemi de vitiis lib. dec. Weimar,
1853, S. 8 f.). Der zweite Oikonomikos stammt aus der Peri
patetischen Schule, fällt aber jedenfalls in die Zeit nach Theo
phrastos (vgl. Göttling a. a. 0. p. XVII ff., Rose, de Aristotelis
librorum ordine, Berlin 1854, p. 59 sqq.). So wie nun der Ab
schnitt über die Hauswirthschaft aus der Ethik des Theophrastos
ausgesondert wurde, so löste man auch den Oikonomikos des
Xenophon von den Apomnemoneumata los, um ihn dem Corpus
der Oizovop.'.y.ci einzuverleiben. Diese Sammlung wurde jeden
falls erst eine geraume Zeit nach Theophrastos, also wahr
scheinlich im dritten Jahrhunderte vor Christus angelegt.
Schliesslich wurde das so verstümmelte Werk in vier Bücher
abgetheilt und dabei, wie wir oben gesehen haben, interpoliert.
Bildeten nun, wie wir vermuthen, die drei Stücke einstens
ein Glanzes, dann sind sie jedenfalls um dieselbe Zeit ge
schrieben. Auch lässt sich die Abfassungszeit mit grosser
Wahrscheinlichkeit bestimmen. Wie nämlich schon Geel S. 27
erkannt hat, zeigt uns der Oikonomikos Xenophon als einen
tüchtigen, praktisch durchgebildeten Landwirth. Dabei weht
durch diesen Dialog eine Frische und Freudigkeit, wie sie
rüstiges, erfolgreiches Schaffen hervorruft, und eine Behaglich
keit, wie sie aus dem längeren Besitze und Genüsse eines
schönen Gutes entspringt. Alles dies weist, wie neuerdings
A. Croiset hervorgehoben hat, darauf hin, dass der Oiko
nomikos in Skillus, und zwar nachdem Xenophon schon
einige Jahre daselbst verlebt hatte, geschrieben wurde. Vor
diesem Aufenthalte kam Xenophon auch schwerlich zu der
nothwendigen Ruhe und Stimmung, welche die schriftstelle
rische Thätigkeit erfordert. Immer auf dem Marsche oder
im Lager, mitten unter Kriegsleuten und dabei selbst eine
kriegerische Natur, konnte er wol nicht daran denken die
Musen zu pflegen. Erst als er sich in Skillus eingelebt hatte,
konnte er einen solchen Gedanken fassen und zwar wurde
er hiezu ohne Zweifel durch den Angriff angeregt, welchen
Polykrates gegen Sokrates gerichtet hatte. Es galt diese
Xenophontische Studien.
153
Verleumdungen abzuwehren und den todten Meister vor ganz
Hellas zu vertheidigen, zugleich aber auch hervorzuheben, wie
ungerecht die Verurtheilung desselben gewesen sei. Da nun
die Declamation des Polykrates allem Anscheine nach um 392
v. CI11-. verfasst ist und Xenophon sein Landgut bei Skillus
um 390 erhielt, so dürfen wir annehmen, dass die Denkwür
digkeiten in den nächsten Jahren nach 390 geschrieben und
ohne Zweifel die älteste unter den Schriften Xenophons sind.
Was die Abfassungszeit der Anabasis anbetrifft, so halte
ich trotz der Einwendungen Rehdantz’s (in seiner dritten Aus
gabe der Anabasis S. LIV) an der Ansicht fest, welche ich in
dem ersten Hefte der Xenophontischen Studien S. 634 ausge
sprochen habe. Dort zog ich nämlich aus den in der ganzen
Beschreibung des Landgutes, wo nicht rein locale Momente
erwähnt werden, angewendeten Imperfecten den Schluss, dass
Xenophon, als er diese Stelle schrieb, nicht mehr im Besitze
dieses Gutes war und somit die Anabasis, wenn gleich Xeno
phon an ihr schon in Skillus gearbeitet haben mag, doch erst
nach 371, also nach der Schlacht bei Leuktra, welche seine
Vertreibung aus Skillus zur Folge hatte, herausgegeben worden
sei. Dagegen bemerkt Rehdantz, dass dieser Schluss richtig
sein würde, wenn diese Beschreibung ein Selbstständiges, etwa
wie ein Brief für sich Bestehendes wäre; aber dem Ganzen
einer fortlaufenden Erzählung untergeordnet, gehe sie, was die
Schilderung des Thuns anlangt, in dieselbe Darstellungsform
der Vergangenheit über. Auch habe Xenophon nur so seine
bescheidene Zurückhaltung bewahren können, während er mit
dem Präsens sich dem Leser ungebührlich aufgedrängt haben
würde. Nun verstehe ich zwar Imperfecte, wie mxsTto An. I,
4, 11, von welchen allerdings das gilt, was Rehdantz sagt; wie
aber Xenophon im Besitze des Gutes die Sache so darstellen
konnte, als ob er dasselbe nicht mehr besässe (und so musste
doch jeder unbefangene Leser diese Imperfecte auffassen), das
vermag ich nicht zu begreifen. Wenn ferner die Anabasis
wirklich vor 371 herausgegeben wurde und Jedermann, wie
ich dies a. a. 0. S. 637 f. dargelegt habe, Xenophon als den
Verfasser erkennen musste, so sehe ich nicht ein, was ihn
abhalten konnte die Präsentia zu gebrauchen. Die Nachricht
des Plutarchos, dass Xenophon seine Anabasis unter dem Namen
154
Sehe nkl.
des Themistogenes herausgegeben habe, ist nichts als eine
Hypothese, ein Versuch die Stelle Hell. IH, 1, 2 zu erklären,
kann also hier gar nicht massgebend sein (a. a. 0. S. 635 ff.).
Uebrigens muss Rehdautz, wenn er seine Ansicht rechtfertigen
will, ein Beispiel von einem solchen Gebrauche des Imper-
fectum, wie er ihn annimmt, nachwcisen; ich habe keines auf
gefunden. Es mag allerdings auffallen, dass Xenophon mit
diesem Werke, das freilich der Hauptsache nach lange schon
geschrieben war, so spät hervorgetreten ist; aber wahrscheinlich
hatte er in Skillus Rücksichten zu beobachten, welche später
in Korinth für ihn nicht mehr bestimmend waren. 1
Freilich wäre Oikon. 4, 18 und 19 echt, dann könnte
man, wie dies auch geschehen ist, auf den Gedanken verfallen,
dass dieser Dialog nach der Anabasis geschrieben worden ist;
1 Was die Ursache der Verbannung* des Xenophon anbetrifft, so möchte
ich mit Rücksicht auf die Bemerkung von Rehdantz (in seiner Anabasis,
3. Ausg., S. LI) dem, was ich im ersten Hefte dieser Studien S. (539 ff.
erörtert habe, noch Folgendes beifügen. Man muss hier offenbar zwischen
dem wirklichen und angeblichen Grunde unterscheiden. Der wahre Grund
war sicher kein anderer, als dass er Thibron das Heer übergeben hatte,
keineswegs seine Theilnahme an dem Zuge des Kyros; denn wenn auch
Sokrates nach III, 1, 5 von dieser Theilnahme eine Gefahr für Xenophon
befürchtete, so sieht man doch aus VII, 7, 57 verglichen mit VI, 1, *20;
*2, 15, dass jener Stelle kein so grosses Gewicht beizulegen ist. Zudem
dienten neben Xenophon noch andere Athener im Heere, deren Namen
ich a. a. O. aufgezählt habe, wozu noch Rehdantz den von mir über
sehenen Hegesippos (VII, 3, 28) hinzufügt. Auch hätte, wenn wirklich
jene Theilnahme der Grund zur Verbannung gewesen wäre, dieselbe wol
schon etwas früher erfolgen müssen. Als aber Xenophon das Heer dem
Thibron übergab, war man in Athen gewiss über ihn höchlich erzürnt. Nichts
desto weniger konnte man damals noch nicht so offen auffcreten. Die
Athener hatten ja dem Thibron auf seine Aufforderung dreihundert Reiter
gestellt, freilich solche, welche unter den Dreissig Reiterdienste gethan
hatten, Leute, die sie lieber in der Fremde als in der Heimat, lieber
todt als lebendig sahen (Hell. III, 1, 4), aus welchem Umstande aber
man durchaus nicht mit A. Croiset (Xenophon, Paris 1873, S. 260, n. 19)
und Nitsche (Zeitsclir. für Gymnasialwesen 1874, S. 968) schliessen darf,
dass die Verbannung Xenophons später als 399 erfolgte. Ganz ähnlich
wie bei der Stellung dieses Contingentes werden die Athener bei der
Verbannung Xenophons gehandelt haben. Man getraute sich nicht so
geradewegs gegen ihn zu verfahren und griff daher zu einem Vorwände.
Ob das jener war, den ich S. 641 vermuthet habe, ist freilich eine
andere Frage.
Xenophontische Stadien.
155
denn die Benützung dieser Schrift ist in jenen beiden Para
graphen augenfällig. Ich will nichts von den Worten §. 18 Küpb?
ye, ei sßuixiev, äp'.azcq av coxet d'pyyov yeveaOai sagen, welche aller
dings An. I, 9, 1 ßaatXixdytaToc; ze xai ap/j.tv aqiüzazoq nachgebildet
sein können; sicher aber sind die folgenden xapa p.sv Kupou
oubei? XeyeTa'. a\JTop.oXvjoai xpop ßaotXea, xapa oe ßaaiXeio? xoXXat
[jwpidoep xpo? Kupov aus An. I, 9, 29 xapa p.ev K6pou . . . ouSel?
äxYjet xpo? ßaatXea . . . xapa os ßacnXeu? xoXXoi xpo? Kupov onrijXOov
(vgl. I, 10, 6 tcuc . . . auTopoX-joavTap) entlehnt; ebenso stimmt
die Stelle §. 19: exeivw os xai oi 91X01 ’Qmzi. ts auvsp.äj'OVTO xai
amGavövtt ouvaxeöavov xävxep xepi xov vexpov p.a/öp.evoi xXyjv Aptatou •
ApiaTop S’ exu^ev exi tu suwvup.w xepaxi xexaypivop mit An. I, 9, 31
axoGv^axovTop yap auxoü xavxep oi xspi auxov eu'Xoi xal auvrpobce£ot
äxsOavov [ra^op.evoi [uxsp Kupou] xXyjv Apiaiou • oüxop Ss xexayp.evop
sxuy^avev exi tu sucovup.u xou ixxtxoü i'p'/wv genau überein. Nun
könnte man zwar sagen, dass Xenophon hier Stellen der Ana-
basis, welche er bereits ausgearbeitet hatte, für seine Dar
stellung verwerthet habe; aber gerade diese wörtliche Benützung
macht schon jene Paragraphe im hohen Grade verdächtig. Mit
Recht hat daher Nitsche in dem bereits erwähnten Programme
S. 22 ff. dieselben für unecht erklärt. Der Fälscher glaubte,
dass im Vorausgehenden nicht der ältere Kyros, obwol dieser
durch die Worte ccxep euScxitj.wxaxop Sy) ßaotXsup yeyevvjxai aus-
drücklich gekennzeichnet wird, sondern der jüngere Kyros ge
meint sei, zu welchem Irrthume ihn wohl die Aehulichkeit der
Stelle §. 15 und 1(3 mit An. I, 9, 19 ff. verleitete. Sehr charakte
ristisch für ihn ist die lächerliche Uebertreibung xoXXai p.upiaoep.
Soweit stimme ich nun mit Nitsche vollkommen überein. We
niger überzeugend sind seine Gründe für die Unechtheit von
§. 17. Allerdings wird in dieser Antwort des Kritobulos der
gleiche Gedanke wiederholt, wie im §. 12, aber doch mit dem
Unterschiede, dass, was dort allgemein von den Perserkönigen
gesagt ist, hier im Besonderen über den älteren Kyros aus
gesprochen wird. Auch leugne ich nicht, dass die Antwort
breit gehalten ist, dass das Compositum exaydXXeaöai, welches
sonst in attischer Prosa nicht vorkommt, befremden muss
(vgl. Cobet Nov. lect. 576); ex! tu /wpa? evepyoup xoteiv xal
xaxaoxeuäiie'.v ist eine Wiederholung derselben Worte §. 15 mit
einer blossen Umstellung. Es sind also Verdachtsgründe genug
156
S c h e nkl.
vorhanden; doch ist es auch recht wol denkbar, dass diese
Stelle bloss überarbeitet ist. Entschieden aber muss ich Nitsche
widersprechen, wenn er auch die Erzählung von der Begeg
nung- des Lysandros mit Kyros für eine Interpolation erklärt.
Warum sollte nicht Xenophon neben dem älteren Kyros auch
des jüngeren gedacht haben, den er so gerne mit diesem ver
glich, den er als sein Ideal betrachtete? Und diese Erzählung
ist so vortrefflich geschrieben, ganz im Geiste und Stile des
Xenophon. Der Interpolator, das sieht Kitsche selbst ein, kann
sie nicht gemacht haben; er sagt daher, sie sei anderswoher
entlehnt. Es fragt sich nur woher? Der, welcher sie geschrieben
hat, muss kein unbedeutender Schriftsteller gewesen sein;
und wie kommt es, dass er in der ganzen Manier so sehr mit
Xenophon zusammentrifft? Nein, das ist nicht die Hand eines
Nachahmers, es ist Xenophon, wie er leibt und lebt. Der
Grund, dass sich diese Erzählung ihrem Inhalte nach nicht
direct an die Aeusserung des älteren Kyros (§. 16) anschliesst,
sondern auf §. 13 und 14 zurückgeht, beweist nichts für ihre
Unechtheit. Wie der ältere Kyros sich in seinem Ausspruche
als eifriger Pfleger des Landbaues offenbart, ganz im Sinne
des Zendavesta, so bezeugt dies jene Erzählung auch von dem
jüngeren Kyros. 1 Und wie wäre der Fälscher auf jene Inter
polation, auf jene Verwechslung der beiden Kyros verfallen,
wenn nicht auch der jüngere an unserer Stelle genannt gewesen
wäre? Er hat sicher nicht bloss interpoliert, sondern auch über
arbeitet, wobei es freilich sehr fraglich bleibt, was er von den
Worten, durch welche Xenophon die Erwähnung des jüngeren
Kyros vermittelte, stehen liess und was er selbst hinzuthat;
denn wenn wir auch von einem grossen Theile bestimmt nach-
weisen können, dass er dem Interpolator angehört, so können
doch in dem Reste immerhin echte Worte des Xenophon ent
halten sein. Denkt man sich z. B. die ursprüngliche Fassung
der Rede des Sokrates, welche jene Erzählung enthält, natürlich
eine vorhergehende Erwiderung des Kritobulos vorausgesetzt,
etwa so: Kat p.vjv -/.ai Kupoq o Aapefcu, e<pyj b üor/.pdxY)?, ys, st
Auf das Zeugniss des Cicero Cat. mai. 17, 59 ist kein Gewicht zu legen.
Er las gewiss schon die ganze Stelle in der Form, wie sie uns vorliegt,
da die Interpolation ohne Zweifel in ältere Zeit zuriiekgeht.
Xenophontische Studien.
157
exeßuo (so Cobet Nov. lect. 576; der Fälscher hat dies vielleicht
bei der Ueberarbeitung in eßtwaev geändert) a'ptaxoc av Sox-el ä'pymv
-j-evsaOat, Xeysxat . . ., so würde man an dieser Fassung wohl nicht
Anstoss nehmen. Natürlich ist das nur beispielsweise gesagt;
denn bei solchen überarbeiteten Stellen wird es nie gelingen
die ursprüngliche Hand mit Sicherheit herzustellen. Doch mag
sich dies verhalten, wie es will, so viel steht fest: eine Be
nützung der Anabasis lässt sich im Oikonomikos nicht nach-
weisen und damit fällt auch jeder etwaige Schluss auf eine
spätere Abfassungszeit dieses Dialoges.
Nachdem wir über die ursprüngliche Gestalt der Apo-
mnemoneumata und über die Bearbeitung, in welcher sie uns
jetzt vorliegen, gesprochen haben, kommen wir auf die klei
neren Zusätze, durch welche der Text dieser Schrift entstellt
ist. Die Entdeckung und Ausscheidung dieser zahlreichen
Embleme verdankt man besonders dem Scharfsinne Dindorf’s
und Cobet’s, Einiges haben allerdings schon früher andere Ge
lehrte, namentlich Schneider und Ernesti geleistet, und auch
Bessarion hat manche Stellen, indem er sie in seiner Ueber-
setzung einfach wegliess, als unecht bezeichnet. Die Zusätze
sind nun sehr verschiedener Art. Einige möchte man jenen
Interpolationen anreihen, welche wir in der obigen Erörterung
dem Bearbeiter zugeschrieben haben, so die von Dindorf ver
dächtigte Stelle I, 4, 12 xb äs y.at xac x<5v cbpoätatwv tqäovixi; xou;
gev aXXotc i^woip äouvat xsptYpdthavxec xou stoui; ypävov, vj|Ttv äs cruvsyö?
geypt Y'jpoii; xaüxa xapsyetv, in welcher auveywi; an Guvsyeoxäxot? IV,
5, 9 erinnert, I, 4, 13 v) xpcp gaGyatv ey.xovrjaat, gleichfalls von
Dindorf verworfen, II, 6, 14 Xs'fs'.v xs y.at xpaxxstv, was Schütz
beseitigt hat; denn diese beiden Zusätze sind ganz in der Ma
nier des Bearbeiters. Natürlich kann auch Anderes desgleichen
Ursprunges sein; nur fehlt es zu einer solchen Vermuthung an
einem bestimmten Anhaltspuncte. Eine zweite Gruppe besteht
aus müssigen Randbemerkungen von Lesern. Als solche geben
sich gleich auf den ersten Blick zu erkennen: 1, 1, 18 ev <0
yv ‘/.axa xou; vop.ouc ßcuXeuastv (Bisschop), 1 wie das Imperfectum
V deutlich verräth, dann I, 3, 13 die Notiz tauig os w.\ ot spwxsp
Der Kürze wegen sind hinter den Zusätzen gleicli die Namen derjenigen,
die sie zuerst entdeckt haben, bemerkt.
158
Sclienlcl.
ToSÖTai om touto y.aXotmat, 8t i x.ai itpöucoOsv ot v.otkol mpway-ouciv (Din
dorf), deren Entstehung' das einleitende iomp Bl y.ai hinreichend
andeutet. Weiterhin dürften zu dieser Gruppe gehören I, 1, 8
tv’ ei)ippatvY)tai (Hercher), I, 1, 18 ev t<7> B^p.w (Dindorf), I, 2, 35
üc äXXo xi irotw •}) Ta Tcps^YGpeup.eva (Cobet), 1 I, 2, 59 xai -pap sauTÖv
ouzo) y’ av weto oeüv xaiEcrOai (Dindorf), I, 3 ? 13 eäv Tip auxo Osarai
(Dindorf), was sich als Randbemerkung schon durch seine ver
schiedene Stellung in A und den übrigen Codices verräth, I,
4, 8 epuTa youv y.ai a-oy.ptvoup,at (Bessarion), I, 6, 9 eyco to(vuv
SiaTsXw Taüta vop.^uv (Dindorf), I, 6, 13 uxr-ep itipvoup (Ruhnken),
III, 4, 12 to p.EY'.uTOV, oti oute avsu dvOpdnuüV oüBeTepa y[f)eZM OUTE
oi’ äXXwv p.sv avOpÜTiwv Ta ’iBia itpaTTSTac, oi’ äXXwv Bs Ta y.oiva
(W. Dindorf). Andere Randbemerkungen, die sich ebenfalls in
den Text eingeschlichen haben, sollten der Erklärung dienen, wie
I, 2, 10 Ta Tciaika TrpaTTEiv (Mehler), die Interpolation ist schon
durch za gekennzeichnet, wofür Schäfer to hersteilen wollte,
I, 2, 44 äXXa ßtaoäp.svop (Cobet), was beigesetzt wurde, um den
Gegensatz zu p.v; itEwap zu markieren, aber wegen des folgenden
amyKCxorj nicht möglich ist, I, 2, 62 v.y.v.Coc oup.ßaVTOp (Dindorf),
III, 1, 11 töv Tay.TEuv (Dindorf), ein erklärender Zusatz zu
sy.dcTw, wofür Stobäus t£5v zx-(\)Äzo)u hat, III, 2, 4 Gzpxzqyeiv (Cobet),
so I), die übrigen Gzpavrjyov, III, 5, 4 ote Bouotoi p.ovot iyivovzo
(Cobet; Madvig Adv. crit. I, 359 will diese Worte halten, in
dem er bfy'io'/zo schreibt), eine Erklärung zu trpoTspov, III, 14, 5
ap.a uoXXa eaOtwv [-/.ai] (Dindorf), ein plattes Scholion zu den
folgenden Worten a\m -Kauzoocrza rflüou.aza sip to GTop.a Xapißavwv,
endlich die ganz ähnliche Randglosse IV, 2, 5 etot^Beiov yccp
aÜTolp stY) tou Xoyou a’p/_Eo0ai evteüOev (Bessarion). Reine Glossen
scheinen I, 2, 25 oiEoOapixEVio (Pluygers) zu otaTEOpup.|jiev(i), wiewol
1 Dass die überlieferte Leseart unhaltbar ist, bat Cobet erwiesen. Kühner
wollte zwar &>; gleich inwiefern 1 fassen und Aken (Zeitsehr. für Gym-
nasialwesen 1867, S. 160) fand darin folgenden Sinn: damit eure even
tuelle Behauptung, dass ich gegen das Verbot handle, keinem Streite
unterliege. Aber die erstere Erklärung ist geradezu abgeschmackt und
die letztere entspricht weder den Worten noch dem Zusammenhänge.
Allerdings aber bleibt nach Tilgung der Worte co? aWo . .. Tipmjyopsupiva
die Schwierigkeit, dass c![j.^(ßoXov kein Subject hat und man somit statt
u.) mit Büelisenschütz Phil. XVIII, 277 p.r)8ev erwarten sollte. Es ist
daher wol ap^lßoXa zu schreiben, woraus bei der Uebertragung der Kand-
note in den Text i|j.cpißoXov gemacht wurde.
Xenophontische Studien.
159
liier auch eine bewusste Interpolation vorliegen kann, aus einem
Missverständnisse der Worte eiri oe tokji xouxotp hervorgegangen,
I, 4, 6 [y.a't] ä-irevepceTv (Cobet) zu ä-oaxpsdm. Offenbare Inter
polationen, welche die Construction oder den Sinn verdeut
lichen oder verbessern sollen, sind: I, 1, 14 Söxefv nach stvai
(Pluygers), I, 2, 20 %p'op (itepl) xoup Osoup (Reiske), Ttrspl Oewv
(Dindorf), I, 2, 24 */.oXocxe6etv (Dindorf), I, 2, 54 xo3 awp.axop
(Cobet), mit willkürlicher Veränderung des 3v in o, I, 2, 57
äyaOoup (Weiske), I, 4, 11 sxoirjcroev (Koraes), 1 I, 4, 17 auxo
(aüxoip), schon im Meermannianus getilgt, II, 2, 8 Buoavey.xa
(Dindorf), II, 2, 10 ayaOa (Ernesti), II, 5, 3 y.ai toviov (Dindorf),
II, 6, 36 eSsXetv (Cobet), III, 5, 9 ay.7)y.o6xap (Schneider), III, 3, 9
oi -Xsovxsp (Hirscbig), IV, 4, 19 oip.at xoup vögouc xcuxoup xolp
dvOpwTroip Oeim (Ernesti), IV, 5, 11 raistv (Cobet), IV, 7, 3 p.a-
0Y){xd-ca>v (Bessarion), IV, 7, 9 autou (Weiske). Endlich gehören
hiebei- mehrere Zusätze, welche aus kleinen Wörtchen bestehen,
wie I, 1, 13 soxtv nach Buvaxöv (Dindorf), y.ai I, 2, 49 (Cobet),
II, 5, 5 (Koraes), II, 6, 25 (Sauppe), III, 12, 7 (Dindorf), litt
II, 1, 23 (Hirschig), ouv II, 1, 28 (Dindorf), xi III, 13, 6 (Din
dorf), oi III, 5, 8 (Cobet), t(7i II, 8, 3 (Dindorf), xrjv IV, 6, 15
(Koraes), ä'i I, 2, 6 (Dindorf), xs I, 2, 53 (Morus), welche Par
tikel in einzelne Handschriften unseres Textes, namentlich in A,
häufig eingeschwärzt ist, ouv II, 6, 32 (Cobet), di; III, 3, 14
(Pflugk). Derlei kleine Einschiebsel finden sich freilich auch
fast in allen anderen Texten. — Das Emblem -i) y.aXwp -i) IV,
1, 5 (Dindorf), welches sich als solches schon durch die ver
schiedene Stellung dieser Worte bei Stobäus verräth, scheint
aus der Variante y.aXfiip zu btavup hervorgegangen zu sein;
ebenso dürfte eixiBsipa'. II, 3, 17 (Cobet) aus der am Rande
bemerkten Variante üxooeiipat entstanden sein, wie Stobäus §.16
statt uireTlpai liest. — Oft haben auch die Abschreiber gedan
kenlos Wörter, die unmittelbar vorhergehen, wiederholt. Hieher
1 So A, die übrigen IvEjtofrjaav, was eine offenbare Correctur jenes aus dem
Folgenden hergenommenen £7rofrj(rav ist. Mit Lange und Dindorf xcci oijuv
xat axorjv xat errop.a ercohjciav zu streichen, scheint mir doch nicht räthlicli,
da dann 7)ttov xa/.o7ua0efv zu unbestimmt wäre, während der Gedanke,
dass die am Kopfe vereinigten Sinne des Gesichtes, Gehöres und Ge
schmackes bei der aufrechten Stellung weniger leiden, ein ganz ange
messener ist.
S c, h e n Tc 1-
160
gehören II, 6, 32 itpb? t'o g-o\j.y. vor irpocotaw (schon in der ed.
Parisina getilgt), III, 1, 2 ev x9) xoAei eine offenbare Wieder
holung des sv x9j Tiöhei nach xu-/siv, was Cobet als eine ganz
ähnliche Glosse wie ev tu §vjp.cp I, 1, 18 mit Recht gestrichen
hat; es ist daher nicht gerathen mit Cobet bei jenem ersteren
ev ty] YjöXei bloss ev zu tilgen; III, 3, 11 p,dX'.axa nach amuSaiözavx
(Dindorf), III, 12, 4 Sta xauxa vor töv te (Bessarion). — Wir
haben schon III, 1, 2 an einem Beispiele gesehen, wie eine
Interpolation die andere nach sich zog. Ein anderes dürfte
IV, 6, 5 6 siSö; & . . . Ttpb? aXXijXou? xpr^aOot.'. vop.iij.oc; äv eir; sein.
Zuerst wurde nämlich xrpbc dXXvjXouc ‘/pviaOai am Rande bemerkt,
gerade so wie §. 2, wo uns die Varianten tou? Oeodc xip.äv und
xouxo tcoieIv begegnen; dann wurde diese Glosse mit der Erwei
terung o sioto? & . . . vogiip-oc av eiyj in den Text gesetzt. — Uner
klärlich bleibt der Zusatz |J.r, p.a^öp.Evov I, 4, 2 in AB, wofür
B :s in mg. und die übrigen p/^xavüp.EVov lesen, was eine offen
bare Correctur ist.
Diese Stellen nun kann man mit grosser Sicherheit als
fremde Zusätze aus dem Texte entfernen. Weniger gewiss ist
dies bei folgenden: I, 1, 5 xietGopivo«; nach p.v; (Hirschig), I, 4, 8
<ppövip.ov nach olei (Ernesti), I, 4, 13 aavwxspa saxi nach p.aÖY]
(Pluygers), II, 1, 29 öobv nach ßpay/wcv (fehlt im Meermannianus),
II, 1, 33 'HpdxXei<; (Cobet). Allerdings gewinnt der Ausdruck,
wenn man diese Wörter auslässt; aber es ist bei einem Schrift
steller wie Xenophon, der sich in seinem Stile eine gewisse
behagliche Breite gestattet, oft schwer zu bestimmen, was man
ihm Zutrauen darf und was nicht. Die Stelle töv xä (jd-pcxa xat
v.ak\ujxa cuvxaijavxwv I, 4, 13, die Ernesti verdächtigte, kann wol
von dem Bearbeiter der Schrift eingefügt sein, zumal da in
dem unechten Stücke IV, 3, 13, wie schon bemerkt wurde,
dieselbe Phrase wiederkehrt und derselbe sich selbst auszu
schreiben pflegt.
Was einige andere Stellen anbetrifft, die man gleichfalls
verdächtigt hat, so kann ich mich nicht von der Richtigkeit
der vorgebrachten Gründe überzeugen. So I, 2, 37 xoü xs
Stxafou xal tou öai'ou zai töv aXXwv xöv xotoüxuv, was Dobree und
Dindorf verworfen haben. Doch wenn man nach Dobree xöv
ETrop.EVüjv xoüxotp mit ceteris Indus modi artißcibus übersetzt, so
begreift man die Frage des Sokrates nicht; man müsste denn
Xenophontiscke Studien.
161
annehmen, dass der Schalk damit selbst auf jene Aeusserung
über die ßouxoXot anspielen wollte, was doch allzu herausfordernd
gewesen wäre. Fasst man aber xwv Eixopsvwv als Neutrum, dann
kann es wol nicht ohne eine nähere Bestimmung stehen. Die
Worte oi /.paxoüvxec -)) :\ jcpaxougevoi II, 1, 10, die Dindorf ver
wirft, können wol nicht entbehrt werden, da -oxspoi xo>v 'EXXvjvuv
zu unbestimmt wäre; die Stellung von fjSiov in B, der dies
Wort vor £vjv setzt, beweist schwerlich etwas, indem in B öfters
willkürliche Wortumstellungen Vorkommen. Ebenso wenig über
zeugend ist die Ansicht Valckenaer’s und W. Diiulorf’s, welche
II, 1, 20 die ganze Stelle p.apxupel . . . b/rf, mit den beiden Versen
des Epicliarmos ausscheiden wollen. Wie I, 2, 20 zwei Dichter
stellen neben einander angeführt werden, so konnte doch Xeno-
phon auch hier nach den Versen des He,siodos jene beiden sehr
bezeichnenden Jamben des Epicharmos citieren. Allerdings ist
es nie,ljt denkbar, dass er xozw geschrieben habe; doch dieses
Wort kann recht gut als Glosse zu aXXw beigefügt worden sein;
schon im Codex A hat es der Corrector getilgt und Koraes
und Bornemann haben es mit Recht verworfen. Auch j] ovop.a
f/v 0eoooxr ( III, 11, 1 möchte ich nicht mit Dindorf als unecht
bezeichnen; denn diese Formel ist doch durch die Stellen An.
II, 4, Id, III, 4, 7 und 10, welche in keiner Weise kritisch
bedenklich sind, als echt Xenophontisch erwiesen. Auch deutet
tijv 0soooty)v §. 2 auf eine frühere Nennung des Namens hin.
II, 1, 12 will Madvig (Adv. crit. I, 357) die Worte p/ipe ap^ecOat
streichen, um so zwei Glieder zu erhalten, von denen das zweite
Glied eben einen passenden Ausdruck jenes Gedankens biete,
welchen der Interpolator, der sich der gewöhnlichen Verbindung
äo/siv y.ai ap'/saOai erinnerte, durch seinen Beisatz hersteilen wollte.
Da aber der Nachdruck auf dem zweiten Gliede liegt, so konnte
es der Schriftsteller zuerst allgemein durch pwjxe ap-/ssOai be
zeichnen und dann in den Worten (rrjoe xouc apxovxa? sxwv
Ospaxeuasii; ,und dich daher nicht herbeilassen wirst den Herr
schenden zu dienen' weiter ausführen. Allerdings ist für |j.y)ge,
was, wie ich glaube, zuerst ein Gelehrter in der Halleschen
allgemeinen Literaturzeitung 1835, p. 437 vorgeschlagen hat,
in den Handschriften pjxs überliefert; doch wie oft sind
diese Wörter von den Schreibern mit einander verwechselt
worden!
Sitzungsber. d. pliil.-hist. CI. LXXX. Bd. I Hft.
11
162
Schenk 1.
Die oben bezeichnten Embleme, welche in allen Hand
schriften Vorkommen, sind schon alt, wie dies der Umstand
beweist, dass sich in allen Stellen, welche Stöbäus excerpiert
bat, auch schon jene Zusätze finden. Von da an ist die Inter
polation in den einzelnen Codices weiter vorgedrungen. Man
vergleiche z. B. I, 3, 13 xb orjyiia, welches schon Stobäus kennt,
während es in B erst von dritter Hand mit yp. beigefiig't ist,
1, 7, 2 x£ov kyisvTwv A, II, 6, 17, wo zuerst 3 (i), vj) und dann
in AB oioa e<pvj 6 2co)ipdxY)<; hinzugesetzt wurde, III, 7, 4 fixr-sp
oüoe xaüxov iS!a xe B u. dgl. Ob man aber deshalb, weil IV,
2, 37 die Worte xai ovjp.ov ap ohOx xt ecxiv; Oip.ai eyioye
bloss in B überliefert sind, dieselben mit Dindorf streichen
soll, ist eine andere Frage. Allerdings sind die Worte ent
behrlich; aber eine gewisse Weitschweifigkeit tritt auch in
solchen Gesprächen, welche sich in bestimmten Folgerungen
mittelst kurzer Fragen und Antworten bewegen, öfters hervor.
Audi konnten diese beiden Sätze leicht durch einen Fehler
des Schreibers in Folge des Homoioteleuton s[/.oiys und syotys
in dem Archetypon der übrigen Codices ausgelassen werden.
Mit den so eben besprochenen zahlreichen Ausscheidungen
ist aber die Sache nicht völlig erschöpft, indem noch mehrere
fremdartige Zusätze unbemerkt geblieben sind. Wir wollen
diese hier etwas eingehender besprechen.
I, 1, 1 vj p.cv yäp Ypacpv) y.ax’ aüxou xotdos xic vjv. Dindorf hat
richtig bemerkt, dass, wenn Xenophon also geschrieben hätte,
•/ax’ auxou mit vjv verbunden werden müsste. 1 Und so erklärt
man denn auch gewöhnlich die Stelle: xoidoe xi; rjv (d. i. eypoi-
ipexo, richtiger wo] eypaor,) -/.ax’ auxou vj ypaar t . Wer wird aber
unserem Schriftsteller einen so verkehrten, verschrobenen Aus
druck Zutrauen? Dazu kommt, dass selbst y.ax’ aüxou auffällig
ist. Mit Plat. Leg. XII, 941 A ypa<pixl xaxa xouxojv i'oxojv darf
man wenigstens unsere Stelle nicht vergleichen. Auch ist dieser
Beisatz nach o't ypat];dp.svoi Sw/pax-^v vollkommen überflüssig. Es
dürfte also am gerathensten sein -/ax’ aüxou einzuklammern.
1 Die Beispiele, welche Sauppe zur Rechtfertigung von xax 1 auxoü statt
7] xax’ auxoü beibringt, beruhen durchaus auf Corruptelen; vgl. Dindorf
in der Praef. der Leipziger Ausgabe der Anabasis p. XXIII. Dindorf
will daher auch hier r\ xax’ auxou schreiben.
Xenopliontische Studien.
163
I, 1, 7 rA'na rie TOtaÜTa p.a0yjp.aTa y.ai avOpw-ou aipsrä
£vc|j.t^ev sivai. Cobet (N. L. 647) bezciclmet p,a0v]|.;.a-ca mit Recht
als vitiosum. Xenophon kann hier das Wort nicht gebraucht
haben, weil darin schon das ausgedrückt wäre, was er erst im
Folgenden sagen will. Wenn es ihm darauf ankam den Be
griff ,Kenntniss, Wissenschaft' zu setzen, so musste er
gebrauchen. Cobet will nun p.aö^p.aTa in p.aOvjTä ändern, welche
Wörter allerdings öfters in den Handschriften verwechselt
werden, und Dindorf folgt ihm hierin; aber dann ist yuxl ctvöptlncou
Yvwp/ft alps-a überflüssig und leer. Ich betrachte daher p.aO-jp.a'a
als eine Interpolation. So hat sich auch IV, 7, 3 p,a0r,p.a-(ov
eingeschlichen, was schon Bessarion ausgelassen hat; denn in
der Wiederholung jener Stelle §. 5 fehlt das Wort. Aus Themist.
Or. p. 318 lässt sich, wie Schneider bemerkt, nichts Bestimmtes
entnehmen, da man nicht weiss, ob er die erstere oder die
letztere Stelle vor Augen hatte. Cobet bemerkt noch über unsere
Stelle: molestum est y.ai in y.ai avOpAxou Y'^IVi quasi vero alia
quam, hiimana mente Mae arten addisci posseni. Doch dieser
Grund wiegt nicht schwer. Der Gedanke ist: um ein Sach
verständiger in den genannten Künsten zu sein, bedarf es keiner
höheren Fassungskraft als der menschlichen. Und ist denn nicht
Athene eine textovi/«;, Hephaistos ein -/aAy.euTiy.oc u. dg]., so dass
also der Grund Cobet’s, der übrigens in seiner Beweisführung
ganz unpassend jenes addisci eingesetzt hat, ganz haltlos wird.
Der Hingang von I, 1, 18 ist durch mehrfache Inter
polationen, die wir bereits bemerkt haben, entstellt. Im Fol
genden kann ertia GTpcm)Yob$ neben touc äp.oi GpdcukXov y.ai ’.Epa-
c.vlovjv nicht richtig sein, da diese beiden Ausdrücke ganz
ungeschickt durch das dazwischen tretende pua getrennt
sind. Somit muss einer der beiden interpoliert sein. Upton zu
Ar rian. Hpict. p. 240 bezeichnet den letzteren als unecht, und
ihm treten Valckenaer, Koraes und Dindorf bei. Sind aber
damit die Schwierigkeiten behoben? Ich glaube nicht; denn
es bleibt so der Widerspruch mit Xen. Hell. I, 7, 30 und 34,
wornach nur acht Strategen bei der Seeschlacht zugegen waren
und nur sechs wirklich vor Gericht standen. Es lässt sich be
greifen, wenn Plat. Ap. p. 32 B to : j? osx.a crpar^YO'j; sagt; wie
aber hier neun gerechnet sein sollen, das bleibt unerklärlich;
denn da Archestratos in Mytilene gestorben war und Konon
ll*
164
Sclienkl.
nicht in Betracht kommt, so müsste man höchstens annehmen,
dass wie für Leon Lysins, so für Archestratos ein Ersatzmann
bestellt wurde; ein solcher wird aber nirgends erwähnt. Dazu
kommt noch, dass man doch tou? evvea cTpar^You? erwarten sollte.
Ich sehe daher in svvsa GTpa~i)yohq eine Randbemerkung. Die
Bezeichnung xo ! j<; ap.cp! Gpdcukkov za! ’EpaaiviSrjv ist nicht auffällig,
da nach Xen. Hell. I, 7, 29 diese beiden neben Diomedon in
dem Kriegsrathe, welcher nach dem Siege abgehalten wurde,
die I lauptrolle spielten. Darauf, dass Themistios Or. XX, p. 239 B
und Libanios III, p. 67, 7 bei Erwähnung derselben Thatsache
ähnliche Formeln gebrauchen, lege ich aus leicht begreiflichen
Gründen kein besonderes Gewicht.
I, 2, 12 Kpmaq p.ev yap xojv sv xfl okrpapyj.a. ixdvxtov xXsirtfexaTÖi;
ts za! ßiawxaxoc za! <povtzioxaxo<; sysvsxo, ’AXziß'.aSir)? os aO xüv sv ty]
Svjp.ozpaxi'a xavxwv axpaxsaxaTOi; xs za! üßpicxoTaxo? za! ßiaioxaxoq. Hier
hat A zAsTuxt'cxaxoc, was man gewöhnlich in den Text aufge
nommen hat. Es ist aber nirgends berichtet, dass Kritias Staats
gelder unterschlagen hat, um sich selbst zu bereichern, was
doch zbsxxfexaxo? bezeichnen müsste (vgl. II, 6, 24); er con-
fiscierte die Güter der Demokraten, doch nicht zu seinem Privat
vortheile, sondern um Geldmittel zu haben, über welche er zu
Gunsten seiner Partei verfügen konnte. Daher muss die Leseart
der übrigen Codices xksovszxtaxaxo«; zur Geltung kommen, ein
Ausdruck, der für Kritias vollkommen passt. Weiterhin ist es
schwer zu glauben, dass Xenophon zur Charakterisierung des
Kritias und Alkibiades zweimal dasselbe Prädicat ßia'.oxaxo; ver
wendet habe; auch deutet xs nach xksovezxfcxaxoc und äzpaxecxaxoc,
wie schon Andere bemerkt haben, auf zwei Prädicate in beiden
Gliedern hin. Und wirklich fehlt ©ov.zwxaxo; in LV 2 V 3 , das
zweite ßiaisxaxo; in CG. Aber ipovizioxaxo; ist doch schwer zu ent
behren, da unmittelbar vorhergeht za! ©oveüstv 8s toic xoiouxoi;
ijziaxa <rup.ßatv£t und später §. 32 von den Massenhinrichtungen
unter der Herrschaft der Dreissig gesprochen wird. Dagegen
kann man ßiaiöxaxo;: in beiden Gliedern missen, da es im ersten
durch xAsovezxtaxaxoc, im zweiten durch üßpicxoxaxoc angedeutet
ist. Ich glaube daher, dass die beiden za! ßtaioxaxo? von einem
Interpolator herrühren, der den im Vorhergehenden öfters be
tonten Begriff (ßtaiouc, ß!a, ßiaaOevxa?, ßidi^scOai) auch hier hervor
heben zu müssen glaubte.
Xenophontische Studien.
165
I, 2, 19 öpw vap wuxep xa xou cwp.axoc spya tou? pd; tos gw-
p.axa aozoüvxa? oü Suvapivou? xotav, ouxw zai xa x^c ’buyrfi Ipva xob?
pdj xrjv <Iwj£tjv aazcuvxac oü ouvap.xvouc sind die beiden Schlussworte
wegen der Stellung und wegen des Fehlens von xoieiv im hohen
Grade verdächtig.
II, 1, 30 begreife ich nicht den Beisatz p.v;3ev xoüxwv ivxza
zpdxxsiv sOeXouoa. Die Arete wirft ja der Kakia vor, dass sie
die Genüsse, wie sie die Natur von selbst biete, nicht abwarte,
sondern sie künstlich hervorzurufen suche. Wie kann sie also
sagen: ,wenn du nichts dafür thun willst'? Schlicsst man diese
Worte aus, so erhält man zwei parallele Glieder, an welche
sieh dann vortrefflich der Satz yjx'.c ooSe xr ( v xwv rjBswv exiOupläv
avap-EVEt? anfügt.
II, 2, lo wc out’ äv xa iepa EÜosßox; Ouöp.sva uxsp xv;q xoXeux;
xsuxo'j Oüovxoc oüxs zXXo y.aXw? y.al oizaiwc ouSsv olv xoüxou -pa£avxoc.
AVenn man diese beiden Glieder näher betrachtet, so sieht man,
dass sie offenbar gleich gebaut sein sollten. Sie sind durch
oüxs . . . oüxs eingeleitet und enthalten beide die Construction
des Participium mit av. Wie sich y.aXwc zai oiy.atwc mit xpä£avxo?
verbindet, so sollte im ersteren Gliede EÜasßw? zu Oüovxoc gehören.
Das ist aber wegen Oucp-sva nicht möglich. Man wird daher
dieses Wort aus dem Texte entfernen müssen, 1 und zwar um
so mehr, als Jeder, welcher mit unbefangenem Blicke die Stelle
betrachtet, zugeben wird, dass sÜGsßwc in enger Beziehung zu
üxsp xvj? xoXewc steht und dass, wenn man Ouop.sva beibehält,
die Wortstellung und auch der Artikel vor iepa befremden muss.
Man darf also nicht etwa im zweiten Gliede nach ouBev äv mit
Roiske xpaxx6p,evov oder mit Cobet (N. L. 694) vsvop.Evov einfügen;
denn dadurch wird die Stelle nicht emendiert, sondern vielmehr
weiter interpoliert.
III, 1, 7 xoXb Y“p otaipepsi axpaxeup.a Xexa-fpivov äxäzxou, waxsp
XtOo; xs zai xXtvOo; zai £6Xa za; zepap.0? äxäzxwc p.sv epp;p,p.sva ouBsv
Xpvjaip.a egtiv, exsiBav os xa^Ovj zäxw p.ev zai exixoXvjs xa p/qxe
p.£va p.ijxe xr,zop.£va, o'i x£ XiOot zai 5 zspap.oc, sv p,eaw Bi o: xe xXivOot
zai xa £üXa, wGXsp sv oizooopia (juvxi’Oexai, xoxe viyvsxa; xoXXou a£;ov
zx-f,p.a otzia. Es ist klar, dass dieser Vergleich gewählt ist, um
den jungen Mann selbst auf den Gedanken jener Aufstellung
1 Dindorf sagt bloss: OmiUi poterat Ouo|j.£va.
166
S chenkl.
des Heeres zu bringen, wornaeh das vordere und hintere Glied
aus den tüchtigsten, die mittleren hingegen aus den minder
tüchtigen gebildet werden sollen. Somit bezieht sicli cocrarep iv
ohoSop.i'a auvTiOsiai nicht etwa auf das zunächst stehende Glied,
sondern auf das Ganze. Man wird aber zugeben, dass dann
aiwiOsiat ein unpassender Ausdruck ist. Es kann dies wol von
den Backsteinen und Balkon gesagt werden, minder richtig
aber von den Grundsteinen und Dachziegeln. Nichts liegt daher
näher, als dass aura'Oexai der Zusatz eines Lesers ist, der ein
solches Verbum bei den Worten fixjxsp ev o«ooop.ia vermisste,
während doch die Fassung des ganzen Satzes entschieden ge
winnt, wenn man dasselbe aus tot-/Ovj entnimmt.
IV.
Wie schon im zweiten Abschnitte bemerkt wurde, finden
sich in unseren Handschriften drei grössere Lücken (II, 3, 19,
III, 9, 12, IV, 4, 13), welche durch die Excerpte bei Stobäus
ergänzt werden. Sie sind sämmtlich dadurch entstanden, dass
der Schreiber des Archetypon unserer Codices von einem Worte
auf das gleiche später vorkommende (mpeksla, Xsyovxi) oder auf
ein ähnliches (von ao'.y.oc auf Sbwcwc) abirrte. Alle anderen Lücken,
die bisher nachgewiesen worden sind, betreffen nur einzelne
Wörter. Ich will dieselben, insoferne ihre Annahme und Er
gänzung für sicher gelten kann, hier anführen, um für die
folgende Erörterung einen festen Boden zu gewinnen, und
gelegentlich eine Bemerkung beifügen. Die Stellen II, 6, 39
und II, 9, 5 erweisen sich dem Sinne und der Construction
nach als lückenhaft. An der ersteren Stelle wird man, wie
schon Bessarion andeutete, -otsiv ooicoq zu schreiben haben; auf
das, was in V steht, outm? oip.at oelv Ovjpäv 'ijp.äc ist nichts zu
geben. Ebenso wenig Verlass hat die Ergänzung der anderen
Stelle in V xat aÜTÖiv rtva ^poaszaXsÜTo, die auch in stilistischer
Hinsicht bedenklich ist. Man möchte an -m\ myo. xtva denken,
wenn nicht, wie Madvig Adv. crit. I, 358 mit Recht bemerkt,
schon im Vorhergehenden angedeutet sein müsste, dass es sich
bloss um einen Sykophanten handle, welcher des abschreckenden
Beispieles wegen gepackt und vor Gericht gezogen werde.
Daher vermuthet Madvig tm twv (twv tw) auxo<pavreuvTU)v xov Kpi-
xcüva Iveuptazei. Aber es ist doch sehr bedenklich dieses Verbum
>nssszsi 11■> III Hl II 1 IIP I IHM saamemmi.■
Xenopliontische Studien.
167
herzustellen, weshalb ich vielmehr xwv xou er. x. K. dveupfozet Vor
schlägen möchte. I, 6, 5 hat Cobet (N. L. 704) nach dem
Bruchstücke des Teles bei Stob. Fl. V, 67 xtetvöv und Sttlöiv
nach b piv und 6 oe eingesetzt, deren Ausfall wahrscheinlich
dem Umstande zuzuschreiben ist, dass xueivwv in xxt'vwv verderbt
wurde, II, 6, 27 hat Hindenburg bvxa? nach eXaxxovac hinzu
gefügt, I, 2, 46 Cobet (N. L. 686) auxo? nach cetvcxaxoc. Was
die letzte Stelle anbetrifft, so ist hier xauxa wenig beglaubigt.
A hat bloss am Rande ■üdvxa, was in V 1 in ixdvxwv geändert ist,
B hat im Texte ixept xauxa, am Rande von dritter Hand xauxa,
was in den übrigen Codices steht, mit Ausnahme von V 2 , der
xauxa auslässt. Somit hat xauxa geringe urkundliche Gewähr,
um so mehr als iravxa und Tcep; xauxa ganz wie Glosseme aus-
sehen. Auch ist xauxa nicht nothwendig, da man leicht aus dem
Vorhergehenden xd xotauxa ergänzt. I, 1, 12 ist xxepi vor auxwv
aus Euseb. Praep. ev. XV, 853, d, II, 1, 30 za! vor iva aus
Clemens Alex. Strom. II, 485, 30, IV, 4, 23 ouxw vor xraiSo-
TCtoip.svoi aus Stob. Fl. IX, 60 hinzugekommen. Sonst ist nur
der Ausfall ganz kleiner Wörtchen zu bemerken, der allerdings
häufig vorkommt, so dos Artikels: I, 4, 17 xto vor icavxl, II, 4, 7
oi vor ötpOaXp.o! (Hindenburg), II, 2, 13 xouc vor yoveac, II, 6, 17
xd vor zaAd (Cobet), III, 3, 12 6 vor etc (Stephanus), III, 4, 12
oi vor xd Iota (Zeune), III, 11, 4 xyjv vor p.vjxepa (Hirschig),
III, 12, 5 xoö vor cwp.axoc (Hirschig), III, 14, 1 xo vor xs
(Schneider), IV, 2, 14 xo vor ’jieioeaOat (Ernesti). Ebenso ist
hinzugekommen aus Stobäus II, 1, 22 rj vor &pa, 27 ot vor 6eot,
II, 2, 5 xd vor zsy_aptap,eva, III, 10, 1 und 8 'q vor ypacpizi$ und
bitte, 3 xo vor xtOavwxaxov; man vergleiche z. B. noch I, 4, 16,
wo der Gegensatz zu xouc Oeouc;: xou? avOpwzouc verlangt, was aber
nur in GJ steht, während in den übrigen xouc fehlt. Weiterhin
wurden eingesetzt pev I, 4, 8 nach oauxbv (Cobet), wo es sich,
da AB, oauxw haben, vielleicht empfiehlt cu o’ ev aauxw piv zu
schreiben, was auch dem d’XXoÖt ganz gut entsprechen würde,
II, 8, 5 vor ydp (Hirschig), IV, 4, 24 nach Nop.tp.ov (Cobet), -q
I, 4, 10 (Juntina), III, 11, 5 vor otoiv (Stephanus), IV, 3, 10
vor xtöv (Zeune), IV, 6, 6 vor d (Castalio), xu und p:q III, 11, 14
(Aldina und Cobet), b I, 7, 1 (Brodaus), zai vor xd xotauxa
(Madvig Adv. crit. I, 358), endlich av I, 2, 34 vor ew) (Din-
dorf), I, 5, 5 vor d’veu, 11, 1, 24 nach xivwv und 11, 8, 2 nach
168
S c he nlcl.
■kocio') (Cobet), vgl. II, 3, 9, wo äv vor iydQbv in J steht, wäh
rend es in den übrigen fehlt. Man sehe noch! II, 2, 5, wo d
vor xtva aus O Stob., II, 2, 9, wo ü vor Xs-pEt, IV, 4, 10, wo ocv
nach obo’ aus Stob, hinzugefügt worden ist.
Es bleiben noch einige Stellen übrig, welche nach Mass-
gabe dieser Beobachtung zu verbessern sind. I, 1, 9 ziehe ich es
vor tb vor Lsu-poc einzuschieben, als mit Hirschig (Phil. IV, 862)
ty)v vor vauv zu streichen; denn der Gedanke verlangt, dass
hier: auf seinen Wagen, auf sein Schiff gesagt werde, d. i.
auf welchem er fahren und sich den mit der Fahrt verbun
denen Gefahren aussetzen will. — I, 3, 13 wird man wol
wegen des folgenden aol 3’ d> KptxößouXs im Vorhergehenden ao:
ij.ev, * Hsvoipwv schreiben müssen; das folgende augßouXsboi dürfte,
wie schon Dindorf bemerkt hat, interpoliert sein. — I, 4, 15
ist nach den Zügen in A y.at sxav (gsv s. v. m. 2 ) irejjwrwatv OTcsp
aoü obo (obBs m. 2 ), V 1 hat xa't oxav gev TTspt-timv birsp aco ao:, mit
Dindorf (praef. ed. Dips. p. VII) "Oxav gev iTEp.-watv (oairsp ao:
ab (svjc . . . herzustellen; dann aber verlangt der Gegensatz und
das folgende za: aol, dass vor aogßobAoje: zägo't eingesetzt werde.
— II, 1, 17 möchte ich, wie schon bemerkt wurde, auch dem
Fälscher die Construction aXXo je -i) acppoabv?) -poasaxt nicht zu
schreiben, sondern lieber den Ausfall von Sti nach i) annehmen.
— II, 7, 3 kann ab os iroXXobc xpeatov, wie das vorhergehende
Kspapxov p.sv TioWouq xpeipcov zeigt-, nicht richtig sein. Nach §. 2
hatte Aristarchos, ihn selbst miteingerechnet, vierzehn Personen
zu ernähren, von Keramon aber heisst es aXXä za: TTEprarotstxat
xoaaöxa toaxE za: ttAoutelv; es muss also in seiner Fabrik eine
grosse Anzahl von Sklaven gearbeitet haben. Dindorf möchte
daher ab bk oXtyou; schreiben, wenn dafür ein urkundlicher
Beleg vorhanden wäre. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass
Xenophon ab B’ ob noXXobc geschrieben hat. — III, 1, 8 hat B
y.at yäp sv xo> TroXep.to xoüc te äptaxouc osi -pwxooc xäxxsiv za: xsXeu-
xaicu;, die übrigen y.at yap sv xw to6p ree -poixovc aptaxove oet
xaxxstv y.a: xebe xsXsuxaiouc und so auch Stob. Fl. LIV, 27, wo xe
nur im Paris. A steht, in den übrigen Codices aber fehlt.
Hirschig (Ann. crit. p. 101) hat richtig erkannt, dass der Nach
druck und der Gegensatz zu dem folgenden sv piaw os xobe '/stpt-
axcii? die Voranstellung von -pwxoja bedingt, zumal wenn man
§. 9 zpwxov ;aev y.a: xeXeuxoüov xo zäXXtaxov xaxxsiv vergleicht. Er hat
Xenopliontische Studien
169
daher upwtou; ts tob; dpwtou; 3st tattstv z.ai tsXsutatou; vorgeschlag'en,
mit dem Bemerken, dass man auch tpiotou; jjlsv schreiben könne.
Ich möchte ohne Bedenken xxpt!>xcuc p.sv z.at tsXs'Jtat'ou; osl tattstv
-ob; dptatou; herstellen. Es genügt ja nur einen Blick auf die
Lesearten der Handschriften zu werfen, um zu sehen, dass hier
Umstellungen stattgefunden haben. Und warum hätte sich der
Schriftsteller hier anders ausdrücken sollen, als in der Stelle
§. 9, die, wie ihr Wortlaut zeigt, die unsrige genau wieder
holt? Zudem haben sich die Schreiber der uns vorliegenden
Codices gerade, was die Wortstellung anbetrifft, die grössten
Willkürlichkeiten erlaubt, so dass man sich häufig nicht an A
oder B halten kann, sondern eklektisch verfahren und der
Wortstellung eines anderen Codex folgen oder geradezu selbst
diejenige Ordnung hersteilen muss, welche durch den Sinn und
die Betonung erfordert wird, wie I, 4, 19; 5, 1, wo erst Bin
der! die richtige Stellung der Worte tob; ouvävxa; ... ob jievov
und st; touxkjv angegeben hat. Und so wäre auch wol,
um dies gleich hier anzufügen, I, 6, 13 tptXov eaotw itotfjxai,
xoüxov adxppova voptt^ojAsv herzustellen. Man vergleiche nur im
Folgenden Sott; Ss . . . notsttat, toütov voji.t^ogsv. — IV, 2, 6 hat
Cobet (N. L. 702) für zsptßdXXsoöa:: -sptßaXsTaOat verlangt und
allerdings ist -spißdXXsaOat so, wie es jetzt steht, nicht haltbar.
Schreibt man aber äv ttsptßdXXeaOat, so ist die Schwierigkeit
behoben. Wie leicht dv nach 3o;av ausfallen konnte, liegt auf
der Hand. — IV, 3, 13 hat Schütz mit Recht erkannt, dass
in den Worten -dos. Ss oiy.cvop.wv dopato; tqjj.1v satt durch -des die
Hervorhebung des Leiters mittelst des Pronomen abte; gefordert
ist. Wenn er aber abtb; Ss tdos schreibt, so ist dies weder
paläographisch wahrscheinlich, noch erhält so abto; seinen ge
bührenden Platz. Ich schreibe daher tdos os otz,ovop.töv abtb;
dopato;; vor dopato; konnte abtb; ebenso leicht ausfallen, wie
I, 2, 46 nach Sstvctato;. — IV, 4, 16 hat Reiske erkannt, dass
nach tot; abtotc ein Substantivuni ausgefallen ist; denn os sind
hier vier Glieder, deren jedes ein bestimmtes Beispiel enthält.
Daher wäre das ganz allgemeine toi; abtot; auffällig. An die
Ergänzung von -otYjtat; ist nicht zu denken, weil dann dieser
Satz eine reine Tautologie wäre und, wie schon bemerkt, dieses
Glied ein neues Beispiel bieten muss. Reiske rieth daher auf
Osdpacrtv oder dzoiap.autv, Madvig Adv. crit. 1, 359 vormuthet
170
S c h e n 1c 1.
criTto'.c, was allerdings sehr leiclit nach aüfot? ausfallen konnte.
Man erwartet aber jedenfalls ein den vorhergehenden Beispielen
analoges Wort, was smoiq sicherlich nicht ist. Sollte man etwa
an asp.asiv denken?
Eine etwas längere Auseinandersetzung erheischen zwei
Stellen. Zuerst II, 1, 26 yj os, Ol p.sv ep,o'i ot'Xot, I<pv), xaAoüai [J.s
Eüoaip.ovi'av, ol os p.iuöuvTsq p.s ü-oy.opiCcp.svoi övopa^ouai Kaxi'av. Hier
macht die Erklärung von 6xoy.opi^6p.svoi Schwierigkeiten. Die
Alten erklärten es durch otacupov-sc, vgl. Suid. Phot. Etym. M.
s. v., Schol. Plat. Rep. III, 400, e, Bachmann Anecd. I, 398,
Cram. Anecd. Par. IV, 176. Vergleicht man aber die Stellen
im Thes. Steph. VIII, 355, b, so sicht man, dass es nie diese
Bedeutung hat. Es heisst: kosen, Kosenamen gebrauchen oder
mit solchen Namen belegen, überhaupt einen abschwächenden,
beschönigenden Namen anwenden oder Einem geben. Bei spä
teren Schriftstellern, wie Arr. Epict. IV, 1, 166, Them. Or. 34,
p. 471, 12 1), Theod. Met. Mise. p. 786, kommt es auch in
dem Sinne von ,verkleinern, herabsetzen' vor. Alles dieses ist
für unsere Stelle nicht zu gebrauchen; denn wollte man selbst
annehmen, dass jener spätere Gebrauch sich schon an unserer
Stelle finde, so wäre ein ,verkleinernd, herabsetzend' hier nicht
am Platze, wo es sich um einen Namen handelt, der geradezu
das Gegentheil besagt. Daher hat man schon lange an inro-
y.opt^op.evsi Anstoss genommen. Bessarion wollte es ganz streichen
und ihm folgte Valckenaer. Aber wie sollte das Wort in den
Text gekommen sein? Es sieht doch durchaus nicht wie ein
Glossem aus. Toup (zu Suidas) wollte pd) ü-oxopt£6|j.£voi schreiben,
ein Anonymus Sup.w ^ap^ogevoi, Wyttenbach (zu Plut. Mor. VI,
460 sqq., vgl. Oobet Pros. Xen. 35) uTOxviiJop-EVOi, Thiebout
(Symb. lit. gymn. Bat. doct. II, 133) sogar Otto y.opuiJr ( c; Porson
(Dawes Mise. 76 sq.) wollte nach dem Vorgänge von Ruhnken
üxoy.opi^öp.£voi in das erste Glied vor xaXoüat versetzen und Eücxi-
p.ovtav in Aatp.ovi'av verändern. Keine dieser Conjecturen hat
irgend eine Wahrscheinlichkeit für sich. Uebrigens kommt hier
noch etwas anderes in Betracht. Es ist nämlich klar, dass
Xenophon die andere Frau, von der es erst §. 30 heisst: '/-al
yj 'Aper); sfrtev, so gut wie die erstere als KavJ.j schon an einer
früheren Stelle als ’Apsrr\ bezeichnen musste. So wie jetzt der
Text vorliegt, müsste man ihm den Vorwurf machen, dass er
Xeuophontische Studien.
171
dies den Leser errathen lasse, wählend es doch seine Sache
gewesen wäre, dies selbst auszusprechen. Darauf gründe ich
nun die Vermuthung, dass unsere Stelle lückenhaft ist. Xeno-
phon mag etwa geschrieben haben ol oe ;;,iffouvire? p.s, sttsI njvSe
Aperijv hs-youmv 'j7iox.opi^öij.evot, ipi.s cvop.i£ouc. Kay.tav. Dann wäre
die andere Frau als ’Aperij bezeichnet und vollkommen begreiflich,
wie Xenophon später xai r) Ape-f, sfaev sagen konnte, zugleich würde
durch den Gegensatz zu Apeiv) die Benennung Ka/.ta entsprechend
motiviert; endlich erhielte so oTOXopii^opievoi seine Erklärung.
Die andere Stelle ist IV, 6, 5. Hier läuft die Deduction
ganz entsprechend fort bis zu den Worten: Oüy.oOv o 5 . tcTc vöp.oiq
TtetOsp.svct Sbwua oütoi ttoioügi: llävu p.sv ouv scpvj. Hier aber stossen wir
an. Wer möchte nämlich behaupten, dass dieser Satz sich passend
den drei vorausgehenden, mit Ouxouv eingeleiteten Sätzen an-
schliesst und mit ihnen eine Kette von Folgerungen bildet? Oder
folgt etwa aus dem Satze, dass die, welche mit Menschen gut
umgehen, auch die menschlichen Dinge gut betreiben, der andere,
dass die, welche den Gesetzen gehorchen, gerecht handeln? Daher
vermuthe ich, dass ein Satz ausgefallen ist, welcher den zweiten
Theil der Argumentation einleitete, etwa folgenden Inhaltes:
Muss Jemand den Gesetzen gehorchen, wofern er gerecht han
deln und thun soll, was seine Pflicht ist? Bejaht der Mitunter
redner diese Frage, dann ergibt sich die weitere Folgerung:
Also die, welche den Gesetzen gehorchen, handeln gerecht?
V.
Die Apomnemoneumata sind uns, wenn wir von den zahl
reichen Interpolationen und den nicht häufigen Lücken absehen,
sonst in einem ziemlich reinen Texte überliefert. Es Anden
sich wenige Stellen, welche an solchen Verderbnissen leiden, dass
Sinn und Gedanke ganz unklar geworden sind, und was an
Corruptelen vorliegt, lässt sich gewöhnlich ohne besondere
Schwierigkeit beheben. Mit Recht sagt Cobet (N. L. 647):
,qui Über prae caeteris libris Xenoplionteis loncje emendatior et
paucis tantum sententiae vitiis, paulo pluribus dictionis infectus
circ\nnfertuv‘. Unter den älteren Kritikern haben besonders
Ernesti, Weiske und Schneider, unter den neueren Tlirschig,
Gebet und Dindorf die meisten Fehler dieser Art verbessert.
Es bleibt mir daher nur eine sehr geringe Nachlese übrig.
172
Schenk 1.
II, 3, 1 ot /pr;crtp.t!>TEpov vop.tcoucrt /p'^j.aia j) aoeAsov. Schon
Weiske hat bemerkt, dass /pvjp.aTa unmöglich riclitig sein könne,
und aus atppovcov ovtwv und ßonjOeta? Bs&jrivojv geschlossen, es sei
hier von armenta oder pecora die Rede. Und gewiss kann
man die jjpv^paTa eben so wenig vernunftlos nennen, als man
davon sprechen kann, dass sie der Hilfe bedürfen. Mit der
Aenderung von Koraes y.Tv)p,aTa ist nichts geholfen, da dies
eine zu allgemeine Bezeichnung wäre. Dindorf hat daher an
7ipöß«Ta oder ßca)0}p.ata gedacht, dem Sinne nach gewiss richtig,
vgl. II, 4, 2; doch dürfte den Zügen der Ueberlieferung wol
Opsp.tj.aTa am Nächsten liegen. Uebrigens dürfte es sich in diesem
Capitel empfehlen die §§. 3 und 4 vor §. 2 zu stellen. Dann
würde sich an die Erwähnung der Herden passend die der
Sklaven und Mitbürger anschliessen, so dass man eine stufen
weise aufsteigende Reihe erhielte. Nachdem nun der Nutzen,
welchen Brüder gewähren, dargelegt wurde, wobei zu beachten
ist, dass auch w? ßovjOwv osöp.svot (§. 3) auf einen engen An
schluss an §. 1 hinweist, würde ganz treffend der §. 4 aus
gesprochene Gedanke sich anreihen: Oaup.ac-bv os y.at tsüto, st Ti?
tou? p.sv aSsXtpouc £r,p.tav YppetTat ... ■— II, 5, 4 bleibt es eine sehr
missliche Sache a^toc stvat durch eine Ähakoluthie zu erklären,
als ob nämlich im Vorausgehenden ein persönlicher Ausdruck
stünde. Noch weniger befriedigt der Deutungsversuch Borno-
mann’s, der eine Attraction an das Vorhergehende annimmt
und ein Verbum, wie äva-pzasO^seTai, im Gedanken ergänzen
will. Bedenkt man nun, dass solche Fehler, wie die Verwechs
lung von Casusendungen, sich öfters in unseren Handschriften
linden, dass ferner unmittelbar vorher a-to? steht, weshalb eine
Abirrung um so leichter war, so wird man wol geneigt sein,
das von der Grammatik geforderte a’^tov herzustellen. —• II, 6, 9
hat Totao-a A (nach Dübner, ot TOtaÜTa nach Gail), TauT« V 1 und
die anderen. Da nun Dübner mehr Glauben verdient und ot,
wie Weiske erkannt hat, nicht zu entbehren ist, so liegt der
Gedanke nahe, dass TotaÜTot aus ot -axivx entstanden ist. — II,
6, 29 ist der Plural toütwv auffällig, da tc oiaojv £wt<piAEÜtj0ai,
-cOtöv ävTiuo0st(j0at, £'jTt0jp.tov . . . ävT£7ct0up,sto0at das Ziel des Stre-
bens, nicht aber das, worum es sich hier handelt, das Streben
selbst ausdrücken. Schreibt man aber toutoj, so bezieht sich
einmal dies, wie es auch der Gedanke verlangt, auf HÄo? wpp.rjp.at,
Xenopliontißclie Studien.
173
sodann entspricht oxotv . . . ixoielcGxi dem Satze wv dv emGup^aii)
ävOptowov. Was die Corruptel anbetrifft, so vergleiche man III,
6, 6, wo Plnygers tojxiov nach emp.sX7)6?jvat treffend in xoüxou
verbessert hat. — III, 3, 12 haben die Handschriften uip oxav ys
Xopog etc, e/. xvjaSe zrjp zcXsto; YfyvExai, toc-sp 5 e!c AvjXov xsp/xcp.svoc,
cüoei; «XXoGsv ousapoOsv xoüxw e^ap.iXXos yiyvevxi. Man erklärt hier
si? in doppelter Weise. Einige folgen nämlich Schneider, der es
also fassen wollte: ,auch nur ein Chor', so dass ouSei? aXXoöev ouoa-
piGäv den Gegensatz zu etc bilde. Diese Erklärung ist mir ganz un
verständlich. Sucht man in der Stelle den Sinn: ,alle Chöre aus
den anderen Städten kommen dem einen Chor von Athen nicht
gleich', so ist das ein schiefer Gedanke, abgesehen davon, dass
er auch gar nicht in der vorliegenden Fassung enthalten ist. Will
man aber mit Lange die Stelle also erklären: ,si ex Omnibus Athe-
niensibus unus chorus eligitur, in quem optimi quique cantores
recipiuntur et in nnurn colliguntur 1 , so müsste doch noch näay]?
hinzukommen. Auch war es gar nicht Brauch, dass man die
Choreuten aus der gesammten Bürgerschaft auslas, sondern sie
wurden von den einzelnen Phylen gestellt. Uebrigens wäre es
für Athen kein besonderes Lob gewesen, wenn man erst in
der ganzen Bürgerschaft hätte herumsuchen müssen, um einen
Chor von schönen Männern (denn um diese handelt es sich
hier, nicht um gute Sänger) zusammenzubringen, vielmehr will
Sokrates sagen, dass es in Athen eine Fülle von schönen Män
nern gab. Darnach muss eis aus xt? verderbt sein, was um so
leichter geschehen konnte, als späterhin ei? geradezu für xl?
gebraucht wurde. Der Sinn ist: wenn irgend ein Chor zu einer
Theorie, z. B. zu jener nach Delos, aus unserer Stadt bestellt
wird. — III, 5, 17 ei; wv xoXXrj pev dxvjpfa (B, a-opia D, ä:rsipia cet.)
•/.ai y.x/J.y. xvj xoXet epijuExai. Von diesen Lesearten sind cbxcpfa und
räc'.pia blosse Conjccturen für das ursprüngliche är^pta, das
durch das sehr zweifelhafte Citat aus Plat. com. in Bekker’s
An. 459, 15 nicht gerechtfertigt ist. Und sollte es auch wirklich
ein Substantivum axv;p:a gegeben haben, so würde es doch mit
seiner Bedeutung: ,Schädlichkeit, Verderblichkeit' oder allen
falls noch ,Verblendung' schwerlich für unsere Stelle passen,
namentlich in Verbindung mit v.x/la.. Auch Dindorf zweifelt an
der Richtigkeit der Ueberlieferung und denkt an 7ccvr ( pix, was
§• 18 vorkommt. Noch mehr hätte izag.a. für sich, was der
174
S c h e n k 1.
Besorger der Engelmann’schen Ausgabe in Vorschlag bringt.
Diese beiden Ausdrücke finden sicli verbunden de rep. Ath.
1, 5 sv 8s xtj) agaOia ts ixXsiotrj y.at axatjta xai icovrjpfa. Doch
ist es nicht recht begreiflich, wie diese allbekannten Wörter
in axvjpta verderbt wurden. Ich glaube daher, dass hier ein
seltenes Wort vorlag, welches den Abschreibern Kopfbrechen
machte; vielleicht darf man auf azaaOaXix rathen, das auch
An. IV, 4, 14 steht, freilich nur in den besseren Handschriften,
während die schlechteren xvjc aiOptac lesen. Dass äxacrOaXla gleich
ußptc für unsere Stelle gut passen und sich zweckmässig mit
■/.x/J.y. verbinden würde, liegt auf der Hand. Was den Fehler
anbelangt, so vergleiche man noch III, 5, 13, wo a/J.oi aus
aOXvjxat, das Weiske herstellte, verderbt ist. — IV, 2, 28 xat
ixpotaxacOat xe aöxwv toutouc. Wäre die überlieferte Leseart richtig,
dann müsste man aus dem Vorhergehenden extSugouci ergänzen
und xe mit dem folgenden y.at correspondieren lassen. Aber ich
zweifle sehr, ob sich eine solche Verbindung der beiden Sätze
rechtfertigen lässt. Dazu kommt, dass dann xoixouc, wie Schneider
richtig bemerkt, überflüssig wäre. Somit gewinnt die Vermutlmng
von Stephanus Wahrscheinlichkeit, dass ein Verbum, etwa eOsAougi,
ausgefallen ist, wodurch auch der Bau des Satzes ein mehr ent
sprechender würde; xe aber müsste man entweder mit Stephanus
in ‘(s verwandeln oder, was sich vielleicht noch mehr empfehlen
dürfte, 31 herstellen. — IV, 2, 39 xouc p.sv xupctvvou? etc xov Srjgov
Ö^crogev bemerkt Cobet (N. L. 703) mit Recht, dass xupdvvouc
hier unpassend sei, da es ja im Vorhergehenden xupavvou? xtvä;
heisst. Wenn man meint, xouc p.ev xupotvvouc sei hier so gesagt,
als ob Euthydemos vorher nicht von einigen, sondern von den
Tyrannen im Allgemeinen gesprochen habe, und darin einen
Humor finden will, so ist mir dies geradezu unbegreiflich.
Wenn aber Cobet xoixcu; p.ev hersteilen will, so halte ich es für
leichter, xou; p.ev xotoöxoo? zu schreiben. Da xupavvou? unmittelbar
vorhergeht, so hat ein Schreiber, der dies Wort noch im Ge
danken hatte, es für xotouxovi; gesetzt.
Xenophontische Studien.
175
A n li a n g.
Da ich nachträglich den Parisinus 1G42 (C) erhalten habe,
so will ich gemäss der früheren Andeutung S. 115 die Lesearten
derselben und zwar bei dem geringen Umfange der Schrift
vollständig mittheilen. Die Vergleichung ist nach dem Texte
der Oxforder Ausgabe von Dindorf gemacht, wobei sich von
selbst versteht, dass der Codex alle die Stellen bietet, welche
dort als Interpolation aus dem Texte ausgeschieden sind.
Die äusserst nett geschriebene Handschrift, welche dem
15. Jahrhunderte angehört, enthält auf 277 Blättern '): Xenophons
Ilellenika (f. 2, a bis 61, a), dann nach einigen leeren Seiten
die Apomnemoneumata (65, a bis 107, b), den Agesilaos (107, b
bis 116, a), den Hieran (116, b bis 124, b), dann nach einigen
unbeschriebenen Blättern Platons Kepublik (128, a bis 208, b),
Symposion (208, b bis 222, b), Minos (223, a bis 228, a),
hierauf nach einigen unbeschriebenen Seiten die opoi llXd-wvo?
(231, a bis 233, a). Es folgen "llpwvoc GTspsop-sTpixa (233, b bis
237, a), f. 237, b und 238 sind leer, 239, a und b steht ein
kleiner Tractat Etc ra irspi itpovotag Ttvd aimsAouvra, 240, a bis 244, a
KXauoiou IT-oAsp.aiou irspt xptT7)piou xat ^ysp.ovixoü, f. 244, b und 245
sind unbeschrieben, 246, a bis 250, b KXauSi'ou IHoXsp.atou Trspt
Ttöv oupaviwv xGxXwv , 251, a. bis 259, a IlToXsp,ai'ou
wepl Kpoyäpurt xavöviov, f. 259, b, 260—262 sind leer, 263, a bis
264, b TOtpexßoXv) ix tou ßißXfou tou arociavoö oO yj ixtypa©-/) pwp.aVx<x
ü, ip.cpuXuov ß. c^yxpiatc aXeljavSpou xat xat'oapoc, 264, b bis 275, b
a--iavou pfop.atxöv ejjupuXi'wv o, 275, b bis 276, b cwoOpou Taoat
aXeqdväpou, 276, b bis 277, a tou <piXvj xup s p.avoui]X tou eoegiou gv./oi
dp ~ov ßacuXia aXeljavopov, 277, a tou aurou p.eTa<ppatmxoi axo Ttvo?
~wv tou Xouxiavoö Xöywv eic sixova syouGav i£ürj-pa^y]|j.svov xbv tou
äXsl;äv3pou ydp-ov, 277, a bis 277, b Bruchstück einer naturhisto
rischen Schrift: geXx/ix Xi-psTai öca töv työuwv Xsraoa? oux
Der Codex zeigt sich durch die genaue Vergleichung, wie
nicht anders zu erwarten war, als Vertreter jener Mischclasse,
welcher die sämmtlichen Handschriften ausser A und B und
den von Edwards benützten Vaticani angehören. Der Text ist
jedenfalls bei der Abschrift oder vielleicht schon in dem Exem-
Vgl. C. E. Cbr. Schneider zu Plat. Rep. I, p. XXXII.
176
S clienkl.
plare, welches dem Schreiber vorlag, durchcorrigiert worden.
Daher rührt seine vielfache Uebereinstimmung mit den Lesearten
des rubricator in B. Neues kann man daher nicht von ihm
erwarten; auch ist von den ihm eigentümlichen Varianten
höchstens die eine II, 7, 12 sx toütiov Syj bemerkenswerth. Richtig
gibt er mit anderen Handschriften derselben Classe, welche
mit Ausnahme einiger Stellen, wo es sich um ganz unbedeu
tende Kleinigkeiten handelt, in meiner Ausgabe verzeichnet
sind: I, 2, 12 sxxuXicOsvtai;, II, 1, 20 iyr)C, 3, 9 piya av, 5, 1
’Avtwö^vi), 7, 8 eiti|j.£Xv)cip.evai, III, 6, 2 i-apstc, 13 icpoäBsrtai,
18 Sisveyxurv, 9, 9 [Av ti, 1], 14 tu xwv, 13, 2 om. <prjci, 3 aoü-
gsvoi, IV, 2, 19 3, 13 üytä, 4, 12 to vöp.ip.ov, 8, 11 izpoc-
SsTcOai und äpeaxsi, mit den Victoriani III, 4, 5 av lOeAeiv, IV,
3, 8 p.aA'.cf av, mit Clemens Alex. II, 1, 30 xat iva, mit Stobüus
II, 2, 9 ä Aeyet, mit der editio Parisina von 1541 II, 4, 2 xrf\-
csvxai, mit der Stephaniana I, 6, 7 ep.s . . . [AsAsTÜvta, ITI, 6, 10
rryi ye, IV, 7, 4 om. tou. 1
f. (55, a SevootoVTo; tiioxpaxou«; a7i.o[i.vrjp.o v eup.aTto v Tcpwtov. 1, 1 ccoxpatijv.
— 2 8i£Ts0puXX7)TO. — autoi. — 3 outoi yap, — om. 8s. — 4 £uvovTtov. — 5 xat
ou <j>£uoo|j.£voi;. — TCposXsysv. — 7 p.aOrj[j.aTa. — alpezdäi — 8 to 8s piytaTOV. —
yap toi (in mg 1 , yp. tu>). — o belast. — 10 np(ol. — 11 yfv£Tat. — £7is8e(xvu£. —
12 Tav0pw7:£ta (s. v. ::tva). — avöptoTCtva (s. v. Eta). — 14 xtov yap. xtVEiaÖai
7uavxa. — out’ aj:oXsT(iOai. — 15 yfvETat. — otou 8’ av. — TotouTo. — 16 avopta,
— xat ayaöou«;. — 17 eyfvtoaxEv. — om. ou ante Oau|j.aaTov. — 10 ^yEtaOat. —
20 a(oxpat7]V TUEpt tou«; Oeou«;. — oü8s'v t:ote 7cspt touc Qsou$. — TtparcovTa JESpt
6ewv. — 2, 2 xat ayaOou«;. — 3 auTto. — toiouoSe. — 6 8s auTou. — s7Ci(j.EXE?o6ai.
— 7 yaptv e^ei. — 8 ^uvovTtov auTto. — av ouv. — 9 p.topov. — xaOtaTaaOat. —
XEypfjaOat. — 10 Ta ToiauTa. — 12 aXX’ £<p7) ys o xaT7jyopo; acuxpaTSt xat ou.tX7)Ta.
— 7cXEovEXT(aTaTo'c te xat ßtaio'TaTo«; syivETo. — axpaTSOTaToc xat ußptaTOTaTo«; (om.
xai ßtatoTaTo;). — 13 et 14 aojxparrjv. — 15 6p.iX7jffST7)v. — 16 atoxpaT7)v. —
auyytvopivtov. — cop£yOE{T7)V. — 17 ypfjv. - auTou«;. — 18 ^uvouatv. — crtoxpaT7]
(-T£t corr. m. ead.). — 19 yivt/xjxco. — 20 s’ipyouaiv azo Ttov 7rov7)ptov avOptoziov
opxos. — cjupp.ty7)5. — 21 syytvop.EVTjv. — ETEtOup-EL — 22 xspotov. — 23 auTto
Tto. — 24 oe (7j s. v.) xat. — ey.efaou 8k. — 8uvap.iv 8s. — kauTou. — 25 oe stci.
— 26 E7tX7)|j.sX7)<jaT7)v. — aa)xpaT7jV. — ~ct.piayj.To. — 27 8s xat xt0aptaT7|C. —
TEotTjaat — auTot«;. — 7eX7)P.eXouvtü>v.* — 28 £yst (ot s. v.). — 29 s7ESTtp.aTo. —
30 aa)xpaT7]V. — om. auTto. — TEpoaxvaarOat (( s. v.) — u(8ta. — 31 awxpaT7)V.
1 Beiläufig sei hier bemerkt, dass der Text der Apomnemoneumata in
dieser Handschrift schon vor Gail von Lefebvre de Villebrune verglichen
worden ist, nach der Bemerkung auf f. 1, a: ,Hüne librvm contuli rum
editione tou Tolton Simpson Oxon. 1749. Codex paucis exceptis est bonae
notae. Lefebvre de Villebrune. Parisiis 26 April 1785.
Xenopliontisclie Studien.
177
— oute. — om. out’. — om. tou. — 32 co^xtevov. — Tzpozzpinovzo. — aot Boxet.
— eXaxxoui; xai. — atayuvotxo (j.7)B’ o’foixo. — 33 xaX&ravxec. — atoxpaT7)V. —
::p07jYopEU[j.EVtov. — Be oax7]v. — 35 7Cpo7)yopeu[j.e'va. — 36 pjBs av. — zig. —
*'Bto. — 37 BtaOpuXXoupivouc. — Ercopivtov rot; (in mg-. a7j). — aXXtov iwv Btxat'tov.
— 38 atoxpaxrjv. — 40 auxou. — 41 cpavat (ubique). — 42 ouBsv toi. — eia!
vo'p.oi. — UoTEpov xayaOa Be svofitaav. — xa xaxa Be ou. — 43 oaa B’ av. —
xai av. — 44 avayxaast. — saxtv (v eras.). — yap toi. — 45 avayxa&j rcoietv
xiva. — 47 TTpoa^Eaav. — 48 -/atpsatxpaxvjc (om. xai 'Epp.pxpax7]s). — aiixpia;. —
oaiBcovBrj?. — xaXoi (om. xe). — ouBsv oute. — 49 auxto. — sXovtl xai xov. —
50 aüxo£. — 51 ys £07). — auxto. — 52 aüxio. — 53 om. xe. — auyyevtbv xe xai.
— ys Bto'xt. — yfvexai. — Üjev^yxavxES. — 54 xefveiv. — 55 om. sjctpiXsaGai. —
'jko aXXou. — 56 spyov ouBsv. — pjxs . . . pjxs. — 57 ztzzi^t] b|j.oXoy7jaac. —
xo Be. — aXXo xi. — spyov ouBsv. — 58 ovxtva B’ au. — ßotovxa. — 7/ao. —
59 xe av. — 61 auyyivopivouc;. — 62 ßaXavxtoxop.wv. — 64 svoyoc av. — paXtaxa
xtov aXXtov. — i^xiaxo. — o’ixouc. — 3, 1 £uvbvxa<;. — otzogcov. — 2 om. xai. —
3 om. -oXXa xai p.eyaXa. — euaeßtov. — 4 om. ut:o. — £up.ßouXt'av. — 5 om. xt.
— stxl toutid. — ^v u.7) B'.^ij'. — 6 ep.7rfa:Xaa0ai. — ecpuXaxxe. — 7 xatpov. —
8 arJyzaQai tayyupoSc. — xov xotouxtov. — 9 aXoixo (X s. v.). — 10 pitLoxtvBuvov.
— 11 x( ap\ — om. p.£V. — 12 oiaöa S07] oxi. — 13 ptops. — oiaOa. — sav
T15. — evlyjgI xe. — 7topptoGev. — xai 7:opptoQsv. — aoi Be. — 14 ^ aXXoi. —
15 xaTsaxsuaapsvoc. — 4, 1 atoxpax7)V. — om. et. — 4 aXX’ utto. — ysvrjxai. —
spya Etvat. — 5 om. 6. — toaG’ . . . wax’. — T:posx^07]aav. — om. xtov. — 6 xouxo
(in mg. toBe). — spyov. — auyxXe^exat. — 7j0pbv. — Ep.7Ui7rXaa0ar. — xaxaOeTvat.
— E7ci. — T:opptoxaxco. — 8 cppovtpos. — £)tet<; oua7]c. — apa po'vov. — 9 xtva
tbc. — ytvöpivtov. — asauxou. — 10 eyto ecp7). — om. — 11 7cXetov. — svs-
“ofojaav. — 12 xauxa«;. — 14 xa aXXa. — au Be. — 16 a’taöeaOat. — 17 om. xto.
— ETriu-EXetaOat. — 18 ytvtbaxetc (7) s. v.). — xaxap.av0av7]c (st s. v.). — om.
Oepa::su(ov . . . Oetov. - STapEXeTaGat auxou;. — 5, 1 xai ayaOov. — 1 st; aux7jv. —
ovxtv’ av. — om. av. — 0tot0e{7)jjlev. — awaat. — xpax7jaai. — 2 ^y7j ao'peOa. —
E7wfaxaatv. — 4 ove(Bsi — 5 yap aveu. — xt av ayaOov. — Ixeteueiv. — 6 E7CeBe£-
xvuev. — 6, 2 [jl7|B’ (ou s. v.). — atX7). — avu::bB7)To; (7) ex s). — 3 caioostxvuouatv.
— 5 Xapßavtoatv. — xa ipa. — 7capaax£ua^7). — spot Xs'yto. — 6 orcou. — 7 a
av psXextbai. — 9 om. xe. — -ozdpco rj rXsttov. — sTupeXstaOai. — 0 zl xtov. —
om. eupetv. — Beo'p.£vo? [xaXXov 7^. — paaxot? paaxtoi;. — 11 p.ev Bixatov. —
ytvtbaxetv. — 7rpaxx7). — 14 xai av. — 91X01 yivto^sOa. — 15 ^ystxat. — 7cpaxxsi.
— 7, 1 TTcosxpetiev. — om. xouxo. — ysvotxo (ex y£V7]xat). — om. 0. — 2 tbBe.
— yap av I97]. — ou xa aHta. — ax£U7) xe xaXa. — |o.7)Bev (om. B’). — 3 auxoic.
— om. auxto. — xaux7) Xu7C7)pov. — post xußspvav add. xe. — cdayptoq xe xai. —
5 sxaXst xov ou. — p.sv ouB’ el zu;. — E^TCax^xEi.
atoxpaxoui; a;:o[XV7]p.oveu[j.axo3V Beuxspov. 1,1 p.7) avxt::ot7)a7]xai. — 2 om.
yap. — xo youv. — 3 Tüptoi. — 7:poaOEi7)[j.£V. — aXXa. — 77poa0et7)[j.EV. — Tcpoastvat.
— 4 om. b. — Box7). — 5 E?:iOup.tac eXauvexat. — 6 Bet. — 9 xa etzit. —
auxat?. — xouxtov Tsavxtov. — systv auxot; xe. — sp-auxov xofvuv. — 10 ttoaiv
7)Biov. — 11 post BouXstav add. au. — aXX’ tva. — Boxi). — 12 zl pdvzoi.
[J-T^xe xou;. — xXafovxa; xaOtaxavxe?. — 13 otaOa. — xaxaxXefto. — 14 aiW7](;. —
apuvovxat. — ;:avxa xauxa. 16 aTioxXstovxEi;. — 17 aXXo ye — 18 et (m 2 in
ras.) b. — xaXXa. — cppovtov. - 19 -/Etptbatovxat. — oux otaGa tb; ypr\. — auxou?,
Sitzungsber. d. pliil -hist. CI. LXXX. Bd. I. Hit. 12
178
Schenkl.
— 20 i^epya^saöat. — iXa8ov. — Ire- autTjv. — foyjTau — 8fj ’TUEtxa. — xayaOoc
Qsot. — [J.75 toi p.aXa xaxto; 6 p.7). — 21 post Tuspt add. xou. — ytvo'p,svot. —
22 TupotEvau — post p.syaXa; add. xat. — xaOapbtrjTi. — sxaXXco7utcp.sv7]v. —
ava7U£7Uxaps'va EyEtv. : — 0111. i\. — 23 Eys'vEto (ov s. v.). ’— £7cl xrjv. — iarj. —
8taßitoc7]. — 24 oi£(J7]. — om. v) axouaa;. — tt'vtov (om. av). — 25 cnuav fto;. —
§711 xov. — ^p7jc7]. — 26 om. scpiy — p.s post ovop.a£oucu — 27 ysW7jcavxa. —
ipyaT7jv ayaöov. — 28 X7jv yfjv cpsp£iv cot ßouXst x. a. — cuv rco'votc. — 30 sp.7Ut'-
7uXacat. — 7c(v7);. — 7uapacxEua£7]. — TuapaaxEua^Et;. — 7uotoT; (s. v. £t). — 31 axt-
p.a(^7]. — aauT7)<;. — avbyjxot. — xpE<po'p.svou — 32 oute avOp. — ytvsxau — post p.sv
add. yap. — 2, 1 xo ovop.a. — 2 s!vat. — 3 p.s(£ova suspy. — yoVEt;. — Oavaxou.
— Tuaucovxs;. — 4 tou y£. — ys'votvxo. — 5 7upo7uapacxsua£7j. — 7);. — 8tsvs'yxaca.
— £7utp.£Xs!tai. — ytvtocxov. — aux7]. — om. xa post xau — om. Et. — 6 yovEl;.
—- £7Uip.£Xouvxau — auxoi; ayaöot ys'vtovxat xat to;. — 7 om. xau — o’tst scp7). —
x% p.7]xpo;. — 8 8fa. — 9 auxr,. — om. a. — stvat cot. — o’top.at. — 10 om.
au. — uytaV7j;. — £C7). ~ 11 situe p.01 8\ — 7us{0£c0at (in mg. yp. ETUEcOat). —
lytoy’. — 12 xat av. — £ytoy\ — svxuyyavst;. — 8tacps'pot (7) s. v.). — ETCt-
p.sXsicOau — 13 E7ti[j.£Xsta0au — om. cs. — otcOa. — s7uip.sX£ixau — otfxs av. —
14 Tuat av. — 7capatX7ja7]. — sÖE'Xtoctv. — ou <puXa?7j. — yovsT;. — 3, 1 yatps-
xpax7]V. — auxto. — yatc£xpax7]V. — aSsX^ou;. — 2 apxoüvxa. — 4 syytVExau —
6 E[j.e. — l'pyto xat Xo'yto. — 9 om. tbv. — ßs'Xxtcxo; scxai. — 10 o’top.au —
11 xaxapyotp.t. — 12 E7utp.EXETc0au — 13 ce (pro csauxo'v). — xouxto. — sxsTvo.
— 14 Tuavxa. — <^uctv. — E^EpyaaaaÖau — 15 xat spyou xat Xo'you. — 16 ou
xa07^|x£vov. — Xoyto. — 8180(7];. — 17 auxov. — cptXovsix^cEtv. — om. xat ante
Xo'yto. — 18 Etui to. — 19 om. 7US7UOt7] pivot; . . . tocpsXEta. — xaXXa xt (s. v. xs).
— scpucav (s. v. ev). — ap.a xa etu\ — 4, 1 av s’trj. — s7Utp.£Xoupivou;. — 2 07utc;
otov xe. — cto^ovxa;. — 3 xaXXa (om. xa). — 8s ap-ooxs'ptov. — ayOopivou; xs
xat. — 4 xat Xs'ysiv. — l'ÜEcav (s. v. acavxo). — 5 auxot;. — 7uavu yp7)cxo'v. —
6 xat xtov xotvtov 7upa£stov. — xat av. — av xe'. — 7 om. ou — om. 8s. — 7Upo;
Tou; cp(Xou;. — p.sv 8s'v8pa. — 5, 1 <*uvo'vxtov. — 2 tb; £7ut (yp. cocTusp in mg.) —
8uo. — 8’ou8\ — ei; apyupta. — 3 sytoy 1 ouv. — 7Upoxtp.7)cat'p.7)v (om. av). —
om. av ante xov. — 7upoxtp.7)ca(p.7]V pro 7upta(p.7)V. — 5 TUtoXi) xat a7Uo8toxat. —
6, 1 om. I'cp7). — E7utystpo(7]p.sv. — 2 p.tcsTv. — y’ om. — 3 8uc£up.ßoXo;. —
ou ßouXsxat. — 4 om. tu — xt 8e. — 5 bc pro oaxu;. — {xe'v iaxt. — suopxos
8e xat Eu^upßoXo?. — cpiXo'vstxo«;. — EXXsiTUEcOat. — 7 xotc TupoaOsv opto. — xe-
yp7]p.s'vov (in mg. yp. yptop.£vov). — xat aXXoti;. — 9 Xayto?. — sy^Opou — xauxa. —
10 sauxotc. — 11 o8ucceu. — 12 vop.iEti;. — 13 auxov (bis). — 14 p.s'XXoip.EV. —
16 x£xx7ja0au — 17 Xs'ys [j.ot. — xat ayaOov. — 17 7) xapaxxEt. — om. xa. —
19 p.£v yap. — 21 8uap.£V7j(;. — 22 iyxapxEpstv. — 23 vop.tp.tov. — 25 xt p.vj. —
26 auvÖEpivoti; (s. v. ou). — 27 suspyETtov. — 28 ytyvo'p.svoi;. — Seivoi;. — £uv-
Etvat xat. — ^uvoucta?. — 29 p.7j cu ouv. — tou £7Uip.sX£Tc0at. — 07]pav avOpto-
tcoui;. — 32 7ucoc07jcEu;. — 7Xpo<; xo cxo'p.a TUpocotcw. — .33 ßouXEt. — xe auxov. —
34 systv (c s. v.). — 35 iyy^VExat. — ayaXXrj. — csauxoü. — om. xat . . •
cauxou. — 36 iyto tuoxe. — 7upop.V7jaTpt8a<;. — 8’oux tocpEXstv £7uatv£tv. — 37 ap 1 . —
38 cauxov. — 39 up.a<;. — ytvtoax£i<;. — 7, 2 to; xov. — TEcaapscxai'Ssxa. — xa
8’ ETtiTuXa. — 8oxst [j.01. — 3 xa etuix. — 4 aTuoptat;. — iyto 8e. — 6 otcOa. —
xuptßo;. — 87)p.ta;. — 7 atc0av7]. — om. xe. — a av. — T7jv 8e. — 8 tbcpEX7)07]-
cop.£vau — E7utp.sXoup.Evou — 9 syto ot(j.au — 7Upocxax7]i; — ya(povxa ce. —
Xenophontische Studien.
179
10 ipyaaaaOat. — yuvatxt. — XuaneXet. — 11 ÜTCopivstv. — 12 xoüxtov 8rj. —
sauxac. — aXX7{Xa?. — atoxpax7]v. — 13 stxa. — oiv. — 14 Bt'a. — utc’ ouBevo?. —
8, 1 cpafvrj. — acp7)pi07)p.£v. — xa stcix. — xtvtov. — p.7)8's. — 2 om. av. — xa
£7Ctx. — ÖEvjar]. — 5 Tcoojaavxa?. — BtaytvsaOat. — 6 xe ante cpiXaixtou?. — ijct-
p.sX£7a0ai. — fjxtaxa piv. — 9, 2 eQe'Xei. — 3 a7csyOo'p.svov (av s. v.). — o!a0\
4 aXXoXt. EOtOXE. E7CEp.sXEtxO. 5 a7COXpOCp7)V. aVSUp7|X£l. — TCpOEXaXs'-
aaxo. — 7 vop-sT?. — om. S/j. — acptatv. — 10, 1 s:cip.sX7). — avaxop.ta7j. —
2 om. xoüxou. — avax7)püaastv. — £7ctp.EX7). — xtvBuvsüst. — 3 :capap.ovov xat xo
xsXsuop.svov txavov TcotsTv eyeiv. — 5 spp.oys'v7)v. — oüxs ixs(vto. — G spp.oy£V7)v.
acoxpaxou? a:cop.v7)p.ovsup.axtov xp(xov. 1, 1 «-uvo'vxtov. — ev xf) 7coXet xuy-
yavstv. — 2 ev X7). — 3 xouxou. — 4 Tcpoa&cat^sv. — xat oüxco?. — xav p.7)
taxpsÜ7). — oüBs. — 5 xat sav. — Xoyay7ja7) stcigx. — 7coXtxtxcov. — Ga BeT. —
7 Iptp-iAEva. — auvx^ÖEVxat. — ytVExat. — 8 xoü? xe TCptoxou? aptaxou? Bei*. —
xat xoü? XEXsuxatou?. — p.sv au xiov. — 9 Btayivtbaxsiv (bis). — 10 Euafpsxot. —
11 otcoi. — ixaaxto xwv xaxxstov. — Xsystv. — 2, 1 s7rtp.£XE7a0at BeT. — atoat. —
ois?. — xa S7ctx. — ETCip-EXstaOat. — atoou — xa S7ctx. — 2 xat post xe. —
3 £7Ctp.sX7jxat. — xouxou?. — 4 xaxs'XtTCE. — 3, 1 ytvtbaxovxai. — 2 av post ßs'X-
XtOV. 7)?. 17C7CECOV. 3 TCptOXOV XOUXO. — 8iaV07). — aXX\ — Epyou S7CI-
p.sXsTaOat. — 4 p.7) p.sxaxa£at. — 8uv7)a7). — S7ctp.EXETa0ai. — 6 Bsot (r\ s. v.). —
ETuayayE'tv. — 7cstpaa7). — oiaxcEp ot TCoXEp-tot. — 7 tcoi^ot]. — sacsp (a s. v.). —
TCOtsTv. — 8 ol L7X71:eT«? 7C£t0cOVXat. OUXE 17C7CSCOV OUXE t7C7C(OV (s s. Y.). — 9 TcXofa)
ot TcXiovxs?. — 10 xoüxo. — Bt'a. — 11 £7Ctp.£X£Ta0ai. — aTCOuBato'xaxa p.aXtaxa.—
12 om. 6. — op.ota ev aXXrj tcoXei. — 14 tb? tcoXu. — xoüxco BtsvsyxotEV. —
15 tu cp eX7] 0^(17]. — 4, 1 ot ’AOrjvatot. — toaxs ix. — Eytov. — xat post Be. —
etceBeTxvuev. — avxta0s'v7)v. — 7Ctb7COXE. — 2 xa etcix. — 3 cptXo'vsixo?. — 4 axpa-
X7]yta. — 5 s?Eupt'ax7)xai. — i*uv (bis). — v(x7j. — 6 sytoye. — 7 om. ot. — ixa-
xs'ptov aüxcov xa spya. — 8 TipoaxaxsTv Exaaxot? s7rtX7)8£(oi?. — xoüxo. — xat pro
xo. — 9 post ap.cpoxspoic add. otp.at 7cpoa7jx£tv. — 11 7captet<;. — Be X7jv. —
optov. — cacapaaxEÜaaxo?. — 12 ouBixEpa. — r\ xcov. — om. ot. — oaot. —
5, 2 sxXsy7)vat. — a07)vtov. — 3 cptXocppovs'cjxaxoi. — oüBsv. — E7Ctp.sX£Ta0ai. —
4 ouoe. — sauxoü?. — 5 EÜapEcrxo.x^pco?. — Oapao?. — xat carEtOstav xat pa-
Oup.tav. — 6 7coXs'p.ou?. — 7 av£p£0ia07jvat. — 8 ot aXXot. — E7tip.sXs7cj0ai. —
9 TcaXatoxaxou?. — aüxou? ax7]xoo'xa?. — 10 apa ys. — xat xtov. — ^aat o^Xot
ysyovaatv ixstvot. — 11 om. xe. — sauxou?. — 13 aXXot. — 14 ßsXxtaxou?. —
15 E7uip.£Xou[j.Evcov. — 16 8's oüxot. — di 7SOXE. — aüxoü?. — 17 ip-ipuExat (in mg.:
xeu, volebat ip.cpuxEÜExai). — 19 om. xot. — xotou? M — ucpEarxcoai. — iTCTtst?. —
20 xaXXa. — 21 ouBe'i?. — oaoi xoüxtov apy^ouatv. — 22 om. ottoxs ante 7:a-
XatEtv. — auvEV7)voyivat. — 23 Ey_Et?. — 24 oüB’. — E7tip.£XsTa0ai (bis). — 2G oi
Y £ . — 28 om. aüxojv. — aEauxov. — G, 1 ovxcov. — 2 e<J7]. — Be eo7). — I'(J7]. —
3 a7coxput|>7)?. — et7xs. — ap^7]. — 4 7iEipaa7). — 6 8tavo7). — xa avaX. — xoü
xtov. — 8 7)XXCOV XtOV. 9 77£^IX7JV. — aou. EVEyXE (at s. v.). — 10 om.
7)07). — aup.ßouXEÜEiv. — 11 xat oacxEtjOai. — 12 apyüpta. — 13 ax.s7cx0p.at. —
om. xot. — xoüxo. — yivop.£V7). — E7Cip.EXEta0ai. — 14 E7cip.£XEta0ai. — ys 7coX-
Xou?. — 15 iOiXst. — IG om. ^ ante XsyEtv. — 7, 1 et 2 £7ctp.EXsTa0ai. — 3 xaxa-
yivtbaxEt?. — oTc. — 5 om. E(p7) post cpo'ßov. — om. oxt. — atay^uv7j. — G xva-
axuxEt?. — y^aXxet?. — a7coBtovxat atayuv^. — 7 oü yap. — om. aou. —
SiaXsyop.ivou. — oxveTv. — 9 to ayaO£ — totpEXvjaT). — 8, 1 atoxpax7)V. —
12*
7CE7CEI-
180
Sch enkl.
apivoi. rcpaxxoiEV. — 2 o~sp. — 3 apa yap. — 4 xai aXXo?. — 5 a7COXpfv7]. —
xauxa. — xai ay. — om. xe. — xauxa. — xaXXa. — 6 xa auxa. — 7 xo ys. —
a av. — e/oi. — 8 epioiye 8oxeT. — ekegy.otzei (i s. v.). — xouxo 8$j. — 9 ca»o-
xXst7)xai. — 10 xi0sTxo (oi s. v). — axpißsaxaxT). — etooxac. — ayva>$. — 9, 1 st
^ av8pia. — om. xs. — 2 av8piav. — p.kv (s. v.). — xai ante Xaxs8aip.ovioi. —
Opaljiv sv. — ev xoi-oi?. — 3 -oXXf). — 4 xov. — xai ay. yiv. — xov. — axpa-
xeT$. — y£ (s. v.). — ap.aO£i<;. — otov xe aup.cpspu>xaxa. — 5 xai ay. — om.
jjl7j. — aXXa. — xai ay. — xa aXXa. — xai ay. — 6 p) a. — xai yiv. — yi-
vcoaxouai. — £-ixiOscj0ai. — paxpov. — 8 Sl*sup. — 81 pro (jlevxoi. — 8s? pro
asi. — 9 xi (oi s. v.). — Ecp7] Eupfexsiv. — 10 ßaaiXstc. — 11 apyovxo?. — eze-
8e(xVU£V. £7:i{XEXEt(j0ai. — ETZEOEIXVUEV. — 12 XE. ^7){J.lCO0lja£Xai. — 13 CXTÜO-
xxs£vovxa. — 7UOX6. — xauxa. — 14 aüxio. — £U7cpa?(av. — vopd£oi (ei s. y.). — xi
xai. — om. xi. — 10, 1 xiai. — om. to. — om. — r\ eixaafa. — cpcoxstva. —
3 om. x'o. — xe xai ante ^oigxov. — a7iop.tp.E?cx0ai. — 4 ziozoze pro xo xe. —
xo' ys. — om. 01 ante p.ij. — ytvovxai. — 5 <7co<ppov7]xixo'v. — om. xe post ußpi-
axixov. — 1j.1ti.7jp.axa. — 6 aXXoloug. — 8pop.e?i;. — £cotixov. — £vEpya?7]. — 7 xa
avaarc. — om. xe. — 8 t:oie?v. — om. 7). — 9 xw xa. — 10 x( oüxs. — om.
izkelovoq. — om. scpr,. — om. 8e. — £7:i8sixvucov. — 12 to sav. — ewj pro Eivai. —
xaXXa. — 13 xpEp.avvup.svoi. — yi'vovxat. — x.Xeiocov. — 0Sp.G0v xo 8s. — xo
8s (bis). — cp (ras.) op7]piaxi. — 14 xa £p.a. — 15 xavuv op0ak dzoüfyir). —
11, 1 01a. — ys xou. — 3 om. xov. — 4 xa ercix. — 5 om. v). — xai ßocov xai
atycov. — 7 xi (s. v.). — Xayco;. — 10 ev 8e xouxco (corr. Sv 8s xouxo). — xaxa-
p.av0avoi;. — E-ip.sXoup.Evov. — a-oxXsisiv. — cpiXstv p.sv eu. — apiaxoi. — 12 ap.i-
xpo'xaxa. — aauX7)<;. — 13 zpocjyspr\Tca zp\v. — 14 8s'ovxai. — om. p.7). — xa
xoiauxa 8topa. — 15 av ouv. — p.7]yaV7ja7). — 17 avxia0sv7jv. — aipdav. — rapa-
yiv. — om. xai £”cp8iov. — 18 u7co8s'-oup.ai. — cptXcoxs'pa. — 12, 1 E7uySv7]V. —
£uvo'vxcov. — i8icox7]<; piv scp7]. — 2 xwv <jcop.axiov. — om. xe. — 3 xaXXa y^pr\ai-
p-coxspov xe. — 4 xai 81a xauxa xo'v. — 5 E7ttp.EXE?a0ai. — 6 8oxeT? eXay4ax7]V ....
yps(av. — 7 xa svavxfa. — xai X7jv. — 8 yTjpacrai. — 13, 1 avx£7:poc7Epp7j07j. —
om. xo ante ei. — XutceT. — 2 ecjO(ei axoup.Evoq. — 8i8aax£iv. — 3 zIvel — ßou-
Xei. — ojcjxe XouaacrOai £axiv. — 7t£vovxs; (7x1 in ras.). — om. zoxspov 8S Xou-
aacOai . . . ’Ap.cpiapaou scp7). — 4 yjxkEzcdvEi. — ßXaxtoxaxo;. — 5 cpoß^. — ava-
Tuaua/j. — ß scp7) xevo;. — xaXXa. — tcöji; xi. — 8oxsT. — e’iei. — om. 8s. —
■^8uv7j07)v. — xoaouxov. — 14, 1 |uviovxa>v. — xo 8sTixvov. — om. xo ante xe. —
2 om. t:oxe. — xiva xcov ?uv8. — om. 8^. — oip.ai outtio ezi ys xouxco. — 4 au-
xov. — TrapaxTjpsfxE. — 5 a-^j.p.iyvuouaiv. — 6 zpoayh. — £7X£cr0i£iv £0. p.7j. —
7 xo EucoystaOai. — ecO^eiv. — Iva p.7jx£. — 8uas5p7]xa.
atoxpaxoui; a7:op.V7jp.ovEup.axojv xsxapxov. 1, 1 xouxo xai (st s. v.). — 2 om.
xe. — a av. — 3 sivai Boxoüaai. — yfyvoivxo. — yiyvopiva?. — 4 8eTv. — xaxa
£pya^ovxat. — 5 acpi'cnv oiopivou; xov t:Xouxov. — p.iopbi; (bis). — 8iayiv. — ouxs
7:paxxEiv. — vj xaXco; v) ixavto;. — ayaOo; wv ooxstv. — 2, 1 ^poscpspExo (a s. v.). —
E7Ct aocpfa. — ouxax;. — auxou. — 2 7iapay{v. — 3 atoxpax7jv. — 87]p.7jyopixtov. —
4 xa svavxia. — 5 Sttix^Se^ov y’ av . . . . £vxeuOev. — 6 XSyst. — p.^ add. ante
TCEipwvxai. — om. ou. — 8 om. xai b Ku0u87jp.oi;. — om. ys. — 8uvaip.7)v. — 9 om.
ye. — x£xx7jcj0ai (in mg. yp. xxij). — acoxpaxrjv (ei s. v.; om. xtp). — 10 söt)
oux syioys (in mg. yp. oux.ouv Eycoy’ scp7j). — om. ’AXXa p.rj apyixExxtov .... Ou-
xouv eycoy’ scp7). — 12 om. ecp7]. ante xöjv. — E7ci8sT£ai epya. — 8i7)y7jaaaÖai. —
Xenophontische Studien.
181
8uvapau — 13 ivxauGot (bis). — om. psv. — ^ptv 8oxfj. — xiOaipsv. — 14 om. xo
ante i|>su8sa0ai et si;a7caTav. — 16 81 sav xi;. — tcoisiv oüv. — xl 8s sav. — 7ravxa
pro xauxa. — 16 8iopi<nbps (om. 0a). 17 xa<; aOupfas. — 7coxipa>0u — au-
xoü. — xl 8s sav. — 18 a7cXo'i£s<j0au — 19 7capaXs(7ca). — xpfv7]$. — avayiv. —
21 Ta auxa. — 8s sXaxxo). — 24 Tcavu (ys s. v.) xouxo a>p7]V. — 7]8eiv. — syfv. —
25 yivcoaxsiv (bis). — xäXXa. — outco? (corr. ouxo<;) om. 6. — sauxou (bis). —
26 7capsyou<jiv (s. v. yp. 7ca<iyoucTiv). — 8iayiv. — 27 xaXXa. — 28 auxaiv. —
29 a (s. v. oxi). — sauxou;. — oaai sav. — 30 w atoxpats? s^rj. — sauxuiv ytv. —
31 yivioaxsu;. — p.7j xauxa. — aü xo. — om. xai ante xa. — 32 Xoyov (s. v.
zpor.ov). — 33 saxt. — rj8uvrj0y]. — avapjcaaxou;. — 34 cjuvtsOsitj. — om. ys. —
36 ^apa<jxsua(^7j. — om. ys. — 37 om. Kai bfjpov . . . syioys. — ou8sv 8s. —
38 oi8a yap xau — 39 8tjXovoxi. — 40 7Cpoc7rjsaav. — ßXaxtoxipous. — svo'pi^s
8sTv (om. stöivai). — 3, 3 s’i'yopsv (s. v. tjv). — 4 Tjptv xfjc ^pdpa;. — xaXXa. —
6 xai ouxsusiv. — stvai pro ^ptv. — 7 om. xo. — 8 sv0a wv. — yiyvo'psva. —
9 yfyvoixo (s. v. Tttjyvu). — xaXXa. — 10 uiov (s. v. oi). — om. — Yp7)xai
(s. v. aiv). — 8oxipa£ovxss. — 12 xauxrjv aüxoug i^pTv. — oi ys p7)8\ — 13 8s
aXrjö^. — yvioarj. — avapapx^xcog u7C7jpETOuvxa. — xo'8s. — 14 auxov. — oute
xaxaaxrj^a?. — om. ys. — om. 73. — yap add post psv. — 16 k'cpr] aOup.su —
7:oieTv (corr. aiv). — 17 xoxs p7j. — 5) ca«; p.aXiax’’ av. — 4, 1 S7Cs8sfxvuxo (s. v.
a). — arpaxiau;. — 2 xoiauxa. — ou8iva aXXov. — 4 psXixou. — U7CO xwv 8i-
xaaxaiv acpsGs'u;. — 5 ouxio. — om. xo. — Sixabog. — psyicrxa. — 6 p7) stvai. —
asi xa auxa. — 7 ä xai a xai. — aftoxpfw). — av etaetv. — 8 suprjxcvau —
8’ ou — 8’ au —r supTjxo'xo«;. — 9 axouar]. — OiXa>v. — 10 STiiSsixvupsvoi;. — ou8s
st; aSixog av. — 11 7cbXsi;. — rjyff. — 13 psv Tcpaxxsu — om. TlaS«; .... 8[-
xaiog. — 14 om. 8\ — 7üpaypa. — auxou^. — apapevai (s. v. aipou). — xaxa-
Xuoiev. — xou5 ^oXsp.(ou?. —p£pcp7j. — 16 opoia ys. — opvuouau — fjSovTau —
17 om. 0X7). — xiva>v. — yoV7j<;. — om. TcoXspiou — vopf£ou — ^ xai xoiouxa)
post syOpo«;. — co av. — 18 S7Ci8sfxvup.au — 19 k'cpr] post aürobg. — post 7cpai-
xov add. psv. — 20 yovsu;. — 21 k'cpr] post xiva;. — 22 yovsu;. — 23 om. ITaS^
ouv . . . 7cai8o7coisia0au — ouxouv ouxo) ..... ou yap ouv k'cpr] in mg. — om.
ouxa>. — 24 om. psv. — auxoug. — auxou;. — 8fa. — auxaiv. — 25 7jyfj. —
5, 1 auxai. — sauxov. — 2 xoiauxa. — 3 ys k'cpr]. — 4 s<p7j add. post 81’. —
Tcoxspov. — 5 ^y7j. — axpaxsi?. — 6 8’ add. post xcoXusiv. — 7 aco<ppoauv7]v. —
cpa(7]p.sv (om. ^xxov). — xoux 1 . — STCip-EXsiaOau — xf Xuxixioxspov axpaafa? slvau
_ß “
— xa sv. — 8 stvai aixfav. — xo a’i'xiov. — i] syxpaxsia. — 9 a>a7csp 7)
psv. — p.ovov. — xai 7cspip.sfvavxa?. — 73 8b. — 10 s^Opaiv. — 11 ctxotc^' (ei s. v.) —
Bk ix. — xai xa ydv7]. — 6, 1 ou8s 7cio7cox’. — 73. — 2 Sst xouxo tcoisiv. — 3 7coiaiv
pro stöaji;. — om. a>? 8si post etöiog. — ot8sv (0 in ras.). — 4 apa (om. xa). —
sp-oiy’ ouv. — 5 Tcapa. — 6 oiaOa S073. — xsXsuouai (om. ecpr]). — oux o’fop.au —
oi8a; 8s. — om. 7). — 7 87jXovoxu — av post tu;. — 9 sy^oip-sv. — 10 avSptav
(om. 8s). — av8p(av. — p.a 8P. — vrj 81\ — Jjyrj. — 11 w? oiovxs. — ys k'cpr]
(bis). — 0K0p.au — ye 5073. — xouxou (corr. xouxo). — 12 om. psv ante X7jv. —
13 o)v. — 14 STciaxs^o'psGa. — xpaxsf7j (01 s. v.). — sfxoxw; ys. — xo aXrjOi?. —
15 xauxrjv X7jV. — 7CoXXou — 7, 1 s7cspsXstxo. — aTcsfpaxo?. — 2 psy^pu;. — 8st. —
3 oua^uvsxajv. — 4 Siayiyvioaxovxa. — 7 105 xo psv. — bxi xai. — ouvavxau —
Xap7cpo'xspO(;. — 8 om. 8s ante xou. — 9 7cpoixpE7cs. — £7CipsXsta0au — oaa. —
182
Schenkl.
7tO|i.a. — aup.<p/ß6L — oiayiyvtodxovTa autou. — 8, 1 auTw. — om. tote. — ojctte. —
om. te ante tou. — 2 tsootiote tcov. — twv E^podOsv. — 3 ov «v. — Euöai-
(j-ovEdTaTo?. — 4 (j-sXi'tou. — auTto (corr. auTov) co;. — rjpETo o^ax;. — 5 a-
■/OEdOivTE?. — 6 xal auTov. — av0pio7cco. — £f)v otjj.at. — 7 ouovTat. — 8 xai
E7aXrjd[j.ovcdT£pov a7toßa(veiv. — 10 o’ oti. — 11 aXXco*;. — ap.apTavoVTa e£e-
X£yi*at. — OE add. post söo'xei. — aptdTo; ys. — xpiv^ceo (f. 107, b).
Verzeiehniss der behandelten Stellen.
Mein. I, 1,
I, 1,
I, 1,
I, 1,
I, 2,
I, 2,
I, 2,
I, 2,
I. 2,
I, 2,
I, 2,
I, 2,
I, 3,
I, 3,
I, 3,
I, 4,
I. 4,
1, 4,
I, 4,
I, 4,
I, 5,
I, 5,
1, 6,
I, 6,
1 S. 162.
7 S. 163.
9 S. 168.
18 S. 3 63.
5 S. 118.
10 S. 158.
12 S. 164.
19 S. 165.
25 S. 158.
35 S. 158.
37 S. 160.
46 S. 167.
13 S. 168.
14 S. 117.
15 S. 116 f.
3 S. 103.
6 S. 98.
8 S. 167.
11 S. 159.
15 S. 168.
1 S. 119.
6 S. 117.
5 S. 167.
13 S. 169.
Mem. II, 1, 1 ff. S. 118 ff.
II, 1, 10 S. 161.
II, 1, 12 S. 161.
II, 1, 17 S. 122 u. 168.
II, 1, 20 S. 161.
II, 1, 21 S. 103.
II, 1, 26 S. 170.
II, 1, 30 S. 99 u. 165.
II, 1, 32 S. 98.
II, 2, 13 S. 165.
II, 3, 1 S. 172.
II, 3, 3f. S. 172.
II, 3, 12 S. 98.
II, 3, 17 S. 159.
II, 5, 4 S. 172.
Mem. II, 6, 5 S. 110.
II, 6, 9 S. 172.
II, 6, 29 S. 172.
II, 6, 39 S. 166.
II, 7, 3 S. 168.
II, 9, 5 S. 166.
Mem. III, l, 1 S. 123 f.
III, 1, 2 S. 160.
III, 1, 7 S. 165.
III, 1, 8 S. 168.
III, 1, 11 S. 158.
III, 3, 12 S. 173.
III, 5, 17 S. 173.
III, 8, 1 S. 124.
III, 11, 1 S. 161.
III, 14, 5 S. 15S.
Mem. IV, 1, 1 ff. S. 124 f.
IV, 1, 5 S. 159.
IV, 2, 6 S. 169.
IV, 2, 28 S. 174.
IV, 2, 37 S. 162.
IV, 2, 39 S. 174.
IV, 3 S. 126 ff.
IV, 3, 13 S. 169.
IV, 4, lff. S. 129 ff.
IV, 4, 16 S. 169.
IV. 4, 25 S. 133.
IV, 5, S. 133 f.
IV, 6, 2 S. 160.
IV, 6, 5 S. 160 u. 171.
IV. 7, 3 S. 163.
IV, 7, 4 S. 100.
IV, 7, 10 S. 136 f.
IV, 8 S. 137 ff.
Oecom 1, 1 S. 147 ff.
4, 17 ff. S. 154 ff.
Symp. 1, 1 S. 150.
Verbesserung-:
Seite 109, Zeile 5 ist statt »j: y zu schreiben.
XL SITZUNG VOM 21. APRIL 1875.
Der Vicepräsidcnt gedenkt des am 15. d. M. verstorbenen
Generalsecretärs, Herrn Dr. Anton Schrötter Ritter von
Kr istelli.
Die Mitglieder ehren das Andenken durch Erheben von
ihren Sitzen.
Der prov. Secretär verliest ein Telegramm vom 16. d. M.,
worin das Professoren-Collegium der technischen Hochschule
zu Graz sein Bedauern über das Ableben v. Schrott er’s
kundgibt.
Das c. M. Herr Professor Dr. Werner legt eine für die
Denkschriften bestimmte Abhandlung vor, welche den Titel
führt: ,Der Entwickelungsgang der mittelalterlichen Psychologie
von Alcuin bis Albertus Magnus'.
Das w. M. Herr Hofrath Zimmermann überreicht eine
für die Denkschriften bestimmte ,Textesausgabe und Interlinear-
Uebersetzung des Dramas Ollanta aus der Kechuasprache mit
historischer Einleitung und fortlaufendem Commentar von dem
c. M. Herrn Dr. J. J. von Tschudi, Gesandten der schweize
rischen Eidgenossenschaft am hiesigen Hofe.
184
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, Kgl. Preuss. zu Berlin: Register für die
Monatsberichte vom Jahre 1859—1873. Berlin, 1875; 8°.
— — und Künste, Südslavische: Rad. Knjiga XXX. U Zagrebu, 1875; 8°.
Album, Internationales, aller Kurplätze für Handlung und Gewerbe. Führer in
fünf Abtbeilungen und fünf Sprachen. 13. Jahr. 1875. Paris & London; Folio.
Commissione archeolog'ica muuicipale: Bullettino. Anno II. Nr. IV. Roma,
1875; gr. 8°.
,Revue politique et litteraire“ et ,Revue seieutiiique de la France et de
l’etranger 1 . IV 8 Annee, 2° Sdrie, Nr. 42. Paris, 1875; 4°.
Society, The Royal Geographical, of London: Proceedings. Vol. XIX, Nr. 3.
London, 1875; 8°.
Verein, siebeubürgischer, für romanische Literatur und Cultur des roma
nischen Volkes: Transilvania, Anulu VIII, Nr. 5—8. Kronstadt, 1875; 4°.
— für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde: Jahrbücher und
Jahresbericht. XXXIX. Jahrgang. Schwerin, 1874; 8°.
185
XII. SITZUNG VOM 28. APRIL 1875.
Der Vicepräsident ernennt das w. M. Herrn Regierungs-
ratli Dr. Schenkl zum Mitglied der Kirchenväter- und Grab-
reliefs-Commission.
Der prov. Secretär theilt mehrere Dankschreiben mit,
und zwar für die [Überlassung akademischer Puhlieationen:
von der Direction der Landes-Oberrealschule zu Iglau und
des Ober-Realgymnasiums zu Pilsen, für die Schenkung der
,Tabulae codicum manu scriptorum in bibliotheca palatina
Vindobonensi asservatorum“ von dem Directorium des Germa
nischen Museums zu Nürnberg.
Der prov. Secretär legt ferner vor den im Druck vollen
deten IV. Band des ,Corpus scriptorum ecclesiasticorum lati-
norunr, enthaltend: ,Arnobii adversus nationes libri VIP ex
resensione A. Reifferscheidii.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Accademia Pontificia de’ nuovi Lincei: Atti. Anno XXVIII, Sess. 2“. Roma
1875; 40,
Akademie der Wissenschaften, Kgl. Preuss. zu Berlin: Monatsbericht.
Januar, 1875. Berlin; 8°.
Annali delle Universitä Toscane. Tome XI—XIII. Pisa, 1869—1873; 4t
Christiania, Universität: Akademische Schriften aus d. J. 1865, 1869 bis
1874. 8», 4» u. folio.
186
Jahrbuch, militär-statistisches, für das Jahr 1871. II. Theil; für das Jahr
1872. I. Theil. Wien, 1875; 4».
,Revue politique et littoraire/ et ,Revue scientifique de la France et de
l’etrauger 1 . IV 1 ' Amme, 2° Serie, Nr. 48. Paris, 187ö; 4°.
Society, The Royal, of New South Wales; Transactions for the Year 1873.
Sydney, 1874; 8".
Verein für siebeubürgische Landeskunde: Archiv. N. F. XI. Band, 3. Heft;
Xn. Band, 1. Heft. Hermannstadt, 1874; 8°. — Jahresbericht fiir das
Vereinsjahr 1873/74. Hermannstädt; 8°. — Beiträge zur Kenntniss von
Säclisisch-Reens. Festgabe. Hermannstadt, 1870; kl. 4°. — Geschichte
der terra Siculornm terrae Sehne des Andreanischen Freibriefs oder des
adeligen Gutes Giesshübel bei Mühlbach, von Ford. Bau mann. Her
mannstadt, 1874; 4«. — Der siebenbürgiseh-sächsische Bauer. Hermann
stadt, 1873; 8°.
SITZUNGSBERICHTE
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
LXXX, BAND. II. HEFT.
JAHRGANG 1875. — MAI.
189
XI1J. SITZUNG VOM 12. MAI 1875.
Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter zeigt an,
dass Se. kaiserliche Hoheit, der durchlauchtigste Herr Curator
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften die feierliche
Sitzung am 29. Mai d. J. eröffnen werde.
Eingelaufen sind Dankschreiben für die Ueberlassung
akademischer Publicationen von den Directionen des Mariahilfer
Communal-Real- und Obergymnasiums in Wien, der Landes-
Realschule zu Sternberg und der zweiten deutschen Staats-
Oberrealschule zu Prag.
Herr Dr. Constant Ritter von Wurzbach legt den 29. Band
des biographischen Lexikons des Kaiserthums Oesterreich' mit
dem Ersuchen um die übliche Subventionirung vor.
Das w. M. Herr Dr. Pfizmaier legt eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung, betitelt: ,Denkwürdig
keiten von den Bäumen ChinaV vor.
Das w. M. Herr Custos Kenner macht eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Mittheilung über ,Inschriften aus
der Vardarschlucht'.
190
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academy, The Eoyal Irish: Transactions. Vol. XXIV. Antiquities. Part IX.
Vol. XXIV. Science. Parts XVI -XVIII; Vol. XXV. Science. Parts I—IX.
Dublin, 1870—1874; 4°. — Proceedings. Vol. X. Part IV; Vol. I. Ser. II.
Nr. 1—9. Dublin, 1870—1874; 8".
American Academy of Arts and Sciences: Proceedings. New Series. Vol. I.
(Whole Series. Vol. IX.) Boston, 1874; 8.
— Association for the Advancement of Science: Proceedings. XXII' 1 Meeting.
Salem, 1874; 81.
Commission Imperiale Archeologique; Compte rendu pour les annees 1870
et 1871. Avec un atlas. St.-Petersbourg, 1874; 4° et folio.
Gesellschaft der Wissenschaften, Kgl., zu Göttingen: Abhandlungen.
XIX. Band. Vom Jahre 1874. Güttingen; 4 9 . — Gelehrte Anzeigen.
1874. Band I & II; Nachrichten aus dem Jahre 1874. Göttingen; 8°.
Lese- und Redehalle der deutschen Studenten in Prag: Jahresbericht. 1874
bis 1875. Prag, 1875; 8°.
Löwen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre
1873—1874; 8°.
Mittheilungen aus .1. Perthes’ geographischer Anstalt. 21. Band, 1875;
Heft IV, nebst Ergänzungsheft Nr. 41. Gotha; 4°.
,Revue politique et litteraire 1 et ,Revue scientifique de la France et de
l’etranger 1 . IV C Annee, 2° Serie. Nr. 44—45. Paris, 1875; 4°.
Societe Nationale des Antiquaires de France: Memoires. IV C Serie,
Tome 11°. Paris, 1871; 8«.
Societd Royale des Sciences de Liege: Memoires. 11° Serie. Tome V.
Bruxelles, Paris, Londres, Berlin, 1873; 8°.
— des Sciences de Finlande: Ofversigt af Finska Vetenskaps-Societetens
Förhandlingar. Vol. XIV, XV & XVI. 1871—1874. Helsingfors, 1872 —
1874; 8°. — Bidrag tili Kännedom af Finlands natur och folk. Vol.
XVIII, XIX, XXI—XXIII. Helsingfors, 1871 —1873; 8° — Observations
faites ä l’Observatoire magniitique et metdorologique do Helsingfors.
Vol. V. Helsingfors, 1873 ; 4°,
Strassburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre
1874. 4° et 8°.
Verein, histor., für Oberfranken, zu Bamberg: XXXVI. Bericht. Bam
berg, 1874; 8».
Pfizmaier Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
191
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
Von
Dr. August Pflzmaier.
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
ln der vorliegenden Abhandlung hat der Verfasser die
auf Bäume bezüglichen Angaben, die ihm in chinesischen Bü
chern, hauptsächlich in dem wissenschaftlichen Archiv Thai-
ping-yü-lan, vorkamen und die zugleich für Völkerkunde,
Geschichte, gewissermassen auch Philosophie und Literatur-
kenntniss von Wichtigkeit sind, zusammengestellt und theilweise
mit Erklärungen versehen. Das Ganze, obgleich für dasselbe
nur ein vielleicht wenig versprechender Titel gewählt werden
konnte, enthält innerhalb der für diese Arbeit verhältnissmässig
eng gezogenen Grenzen, eine lange fortlaufende Reihe sehr merk
würdiger Aufzeichnungen, die noch in kein anderes europäi
sches Werk Eingang gefunden.
Da die Abhandlung keine botanische ist, mussten sich
dem Verfasser bei deren Zustandebringen eigenthümliche Schwie
rigkeiten entgegenstellen. Die Mehrzahl der Bäume China’s
zeigt mit den unserigen keine Uebereinstimmung, bei anderen
besteht eine solche Uebereinstimmung, wenigstens der Gattung
nach. Bei den letzteren liess sich der chinesische Name aller
dings durch einen in unserer Sprache üblichen volksthümlichen
Namen wiedergeben, bei ersteren konnte jedoch zu diesem
Zwecke nur auf allgemeine Aehnlichkeit Rücksicht genommen
werden. Die botanischen Namen, deren es für chinesische
Pflanzen viele gibt, sind für den gewöhnlichen Gebrauch selten
192
Pfizmaier.
verwendbar, und wurde das Nähere über die Gründe abwei
chender Bezeichnungen überall in den Noten beigefügt. Dass
die in Japan beibehaltenen chinesischen Zeichen für Pflanzen
namen, in Bezug auf die Sache, nicht unbedingt den chinesi
schen entsprechen, wurde an mehreren Beispielen dargethan.
Die Arbeit behandelt, mit Ausschluss der Fruchtbäume,
denen eine frühere Abhandlung des Verfassers: ,Denkwürdig
keiten von den Früchten China’s 1 gewidmet wurde, vorzugs
weise die in China seit den ältesten Zeiten bis gegen das
achte Jahrhundert n. Chr. bekannten Bäume, Berichte aus spä
terer Zeit höchstens als Anmerkung aufnehmend. Das beob
achtete Vorgehen mag übrigens zur Lösung einiger culturhisto-
rischer Fragen, sowie zur Bestätigung neuerer Entdeckungen,
wie z. B. das Vorkommen einer Palmenart (Chamaerops) in
dem nördlichen China, beizutragen geeignet sein.
Eine Anzahl chinesischer Zeichen fehlte in der Druckerei.
Um die Mittheilung derselben dennoch zu ermöglichen, wurde
vor ein beziehungsweise unvollständiges Zeichen ein * gesetzt,
wodurch angedeutet wird, dass in allen Fällen, wo nichts weiter
bemerkt wird, zur linken Seite des Zeichens der Charakter *
hinzuzufügen ist.
Von (len Bäumen im Allgemeinen.
Die Hüllen des Ursprungslooses des Frühlings und Herbstes:
Der Baum ist das Gespenst des Yang und entsteht in
dem Yin. Deswegen ist das Wasser die Mutter der Bäume.
Baum besagt |lj$j tsch’ö ,anstossen‘. Die Luft regt sich und
springt. Was das Schriftzeichen betrifft, so macht A pä ,acht‘
ein Anerbieten mit -(-* sein ,zehn‘ und bildet A mö ,Baum‘.
Acht ist die Vereinigung des Yin. Zehn ist die Zahl des Yang.
Das Buch der spätem Wei:
PP Thsui-lianff war stechender Vermerker von
Yung-tscheu. Der Fluss 'yPj Wei im Norden der Feste war
seicht und nicht schiffbar. Die Reisenden trafen unwegsame
Gegenden. Liang sprach zu seinen Gefährten: Einst baute
Tti-yü ein Wehr über den gelben Fluss, um wie viel
mehr kann man es hier, wo ein Fluss von verschiedener Länge
Denkwürdigkeiten von den Bfuimen China’s.
193
ist! Ferner gab es zu den Zeiten von Wei und Tsin daselbst
ebenfalls eine Brücke. Ich durchsteche jetzt den Fluss und
will sie bauen. — Alle sprachen: Wenn das Wasser seicht ist,
kann man keine schwimmende Brücke schlagen. Wasserstand
und Länge sind ohne Beständigkeit. Man kann auch keine
Pfeiler setzen. Wir fürchten, es kann unmöglich zu Stande
kommen. — Liang sprach: Einst hatte Thsin den Wohnsitz in
Hien-yang. Er setzte auf einer schrägen Brücke über den Wei
und gestaltete den Weg der Söller. Hierbei baute es aus höl
zernen Pfeilern eine Brücke. Es macht mich jetzt nur nachdenk
lich, dass man die hölzernen Pfeiler nicht erlangen kann. —
Da ereigneten sich starke Regengüsse, die Gebirgswasser kamen
urplötzlich und schwemmten mehrere hundert lange Bäume
herbei. Man legte diese und verwendete sie. Die Brücke ward
hierauf verwendet, und die hundert Geschlechter benützten sie.
Bis zu dem heutigen Tage nennt man sie noch die Brücke des
Fürsten Tlisui.
Das Buch des späteren Tscheu:
Kaiser Thai-tsu gelangte nach '& % Scha-yuen. |ll|l ut
Schin-wu von Tsi entwich in der Nacht. Man verfolgte ihn
bis an die Ufer des Flusses. Man bewältigte und erbeutete
wieder in grossem Masse. Die Menge der Gefangenen von
früher und später betrug siebenmal zehntausend. Man machte
die Gefangenen zum Geschenke in Tschang-ngan. Hierauf
kam die herbeigerufene Streitmacht der Landstriche erst an.
Man hiess sie kämpfen, wo es zweckmässig war. Um die Zeit
wurde den Kriegsmännern befohlen, einen Baum zum Denk
zeichen kriegerischen Verdienstes zu pflanzen.
Das Buch der Thang:
hn Anfänge des Zeitraumes Tsching-kuan ((>27 bis 649
n. Chr.) regnete es in Tschin-lieu Bäume. Dieselben waren so
dick wie ein Finger und einen Zoll lang. Jeder Baum hatte
eine Oeffuung, die nach der Mitte durchging. Die herabfielen,
standen als ob sie gepflanzt wären.
Das Buch Kuan-tse:
Fürst Hoan fragte: Das Volk hungert und leidet Kälte.
Die Dächer der Häuser werden nicht in »Stand gehalten, Wände
und Ringmauern stürzen ein und werden nicht aufgebaut. Was
ist hier zu thun? — Kuan-tse sprach: Man stutze die Aeste
Sitzungsber. d. pUil.-liist. CI. LXXX. Bd. II. litt. 13
194
Pfizmaier.
der Bäume des Weges. — Der Fürst befahl den Leuten seiner
Umgebung, die Aeste der Bäume des Weges zu stutzen. In
diesem Jahre hielt das Volk die Dächer der Häuser in Stand
und baute die Wände und Ringmauern auf. Der Fürst fragte
deshalb. Kuan-tse sprach: Ein einziger Baum gewährte Ruhe
hundert Gespannen. Die kräftigen Leute schossen unter ihm
mit Armbrustkugeln. Den ganzen Tag kehrten sie nicht heim.
Die Väter und Alten schlugen den Baum und erörterten. Den
ganzen Tag kehrten sie nicht heim. Jetzt habe ich die Bäume
stutzen lassen. Am Mittag werfen sie keinen Schuhbreit Schat
ten. Die Wandernden laufen schnell, Väter und Alte kehren
heim und halten die Häuser in Stand.
Das Buch Tschuang-tse:
Nan-pe-tse-khi wanderte an der Grenze von
Schang und sah einen grossen Baum. Da er so gross war,
musste er von ganz besonderem Nutzen sein. Als er hintrat
und die dünnen Aeste betrachtete, waren sie krumm und man
konnte daraus keine Dachbalken verfertigen. Als er sich bückte
und die grossen Wurzeln betrachtete, konnte man daraus keine
Särge verfertigen. Als er die Blätter beleckte, wurde die Zunge
verbrannt. Als er sie beroch, machten sie den Menschen wahn
sinnig und betrunken. Tse-khi sprach: Dieses ist wirklich ein
unnützer Baum. Hierdurch gelangte er zu seiner Grösse.
Das Blich Han-tse:
Wartet man auf Pfeile, die von selbst sich gerade richten,
so haben hundert Geschlechtsalter keine Pfeile. Wartet man auf
Bäume, die von selbst sich runden, so gibt es in tausend Jahren
keine Räder.
Der Gebieter ist die Scholle und Erde. Die Diener sind
die Pflanzen und Bäume.
Das Buch ^ Schang-tse:
Sind die Holzwürmer eine Menge, so bricht der Baum
entzwei. Sind die Lücken gross, so stürzt die Mauer.
Das Buch Wen-tse:
Dass die Blätter fallen: es bewegt sie der Wind. Dass
das Wasser trüb ist: eine Sache rührt es auf.
Das Buch Fu-tse:
Das Wasser entsteht aus »Steinen. Es kam noch nicht
vor, dass Jemand auf Steinen geweilt hätte und ertrunken wäre.
Denkwürdigkeiten von den Baninen Ckina's.
195
Das Feuer entstellt aus Bäumen. Es kam noeli nicht vor, dass
Jemand Bäume umfasst hätte und verbrannt wäre.
Das Buch Hoai-nan-tse:
Der Baum bringt Metall zuwege: er wird dafür ange
stochen. Der Baum bringt Holzwürmer zuwege: er wird dafür
ang efr essen. Der Mensch bringt Geschäfte zuwege: er wird
dafür zu Grunde gerichtet.
Der Himmel besitzt Licht. Er kümmert sich nicht um
die Dunkelheit des Volkes. Die hundert Geschlechter bohren
Thürcn, schneiden Fenster aus und nehmen sich das Licht.
Die Erde besitzt Güter. Sie kümmert sich nicht um die Ar-
muth des Volkes. Die hundert Geschlechter fällen Bäume,
mähen Pflanzen und nehmen sich den Reichthum.
Ein Mensch von Ying kaufte Dachbalken. Er suchte
Bäume von der Grösse dreier Umfassungen, aber die Menschen
gaben ihm Radnaben. Er kniete nieder und mass sie. Die
Dicke that es zwar, allein die Länge war ungenügend.
Was Holz verzehrt, besitzt viele Kraft und ist böse. 1
Was Pflanzen verzehrt, läuft gut und ist dumm. 2
Kao-yang wollte ein inneres Haus bauen und
fragte den Zimmermann. Dieser antwortete: Man kann es noch
nicht. Das Holz ist noch frisch. Wenn man darüber Mörtel
legt, so wird dieser gewiss schlecht werden. Man vertraut das
frische Bauholz dem schweren Mörtel an. Wenn es jetzt auch
gut ist, später fällt es gewiss ab. — Kao-yang entgegnete:
Dem ist nicht so. Ist das Holz dürr, so wird es schwerer.
Ist der Mörtel trocken, so wird er leichter, und der Mörtel fällt
ab. Wenn es jetzt auch schlecht ist, später ist es gewiss gut. —
Der Zimmermann erschöpfte sich in Worten, indem er ant
wortete. Zuletzt baute er das innere Haus. Anfänglich wurde
alles ebenmässig und gut, aber später fiel es wirklich ab.
Dieses ist ein Fall, wo Richtigkeit in den Worten war, aber
davon kein Gebrauch gemacht wurde.
Im Winter kann das Eis gespaltet worden, im Sommer
kann der Baum Früchte tragen. Die Zeit ist schwer zu ge
winnen und leicht zu verlieren. Die Bäume sind eben blätter-
1 Wie Bären und Nashörner.
2 Wie Rennthiere und Hirsche.
13*
P f i z m a i o r.
196
reich und in ihrer Fülle. Den ganzen Tag pflückt man Früchte,
aber man weiss nicht, dass der Herbstwind weht, der Reiffrost
fällt. Eines Abends sind sie zu Ende.
Wenn Metall das Holz bewältigt, zerstört man nicht mit
einem Messer den Wald. Wenn Erde das Wasser bewältigt,
verschliesst man nicht mit einem Erdkloss den Strom.
Wer bei dem Opfer zur Seite steht, erhält etwas zu kosten.
Wer bei Streit zu Hilfe kommt, erhält Wunden. Ein Baum
von unglücklichem Schatten wird durch den Donner zerschlagen.
Von Flügeln und Schwingen schön sein, ist von Nach
theil für die Knochen. Von Zweigen und Blättern schön sein,
ist schädlich für Wurzel und Stengel. Etwas, das von zwei
Seiten schön sein könnte, gibt es nicht in der Welt.
Das Durchdringen der Gewohnheiten:
Der Statthalter von Kuei-yang, Tsch’ang-liao von
Kiang-hia, führte den Jünglingsnamen 7^ Schö-kao. Auf
seinem Felde standen Bäume. Er schickte Gäste hin, damit
sie sie fällen. Nachdem man sechzig bis siebzig Hiebe ge
führt hatte, kam Blut hervor. Die Gäste kehrten entsetzt zurück
und meldeten es Schö-kao. Schö-kao wurde sehr zornig und
sprach: Der Saft in den Zweigen der Bäume kommt hervor.
Wie kann hier von Blut die Rede sein? — Er ging in Eile
selbst hin und Hess sie wieder anhauen. Das Blut floss in
grosser Menge. Schö-kao liess früher die Zweige sammt den
Blättern abhauen, und es zeigte sich eine hohle Stelle. Ein
Mann mit weissem Haupte, der vier Schuh lang sein mochte,
kam plötzlich heraus und ging mit schnellen Schritten auf
Schö-kao zu. Dieser ging ihm entgegen und nahm ihn in
Augenschein. Auf diese Weise fällte man im Ganzen vier
Bäume. Die Leute der Umgebung fielen entsetzt zu Boden,
jedoch Schö-kao blieb ruhig. Als man mit Müsse und genau
hinblickte, waren es keine Menschen. Man fällte hierauf diese
Bäume. Tn diesem Jahre wurde Schö-kao berufen und zum
aufwartenden kaiserlichen Vermerker ernannt. Später wurde
er stechender Vermerker von Yen-tscheu. Auf der Ehrenstufe
eines Angestellten der zweitausend Scheffel, kam er in die
Strassen des Bezirkes und trug am hellen Tage ein Kleid von
fünf glänzenden Farben. Von dieser Art war seine Auszeich
nung.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China 1 «.
197
Das Buch Kin-leu-tse:
Iu ^i|J Li (Li-tscheu) gibt es Wasscrhölzer. In dem Zeiträume
Yuen-kia (151—152 n. Chr.), war grosses Wasser, und über
tausend Bäume schwammen heraus. Die Spuren der Axt waren
an ihnen noch nicht verwischt. Man sagt gemeiniglich: Die
Anführer von Han wollten Yue angreifen. Sie bauten eine
Feste und schwemmten Bäume auf dem Wasser von Li. Ehe
man sie noch fortgeschafft hatte, verlor man in einer Nacht
plötzlich mehrere tausend Stücke. Um jene Zeit hat man sie
vielleicht gesehen. Die Bäume, welche man heutzutage sieht,
sollen es nicht die Bäume sein, in welchen einst Dämonen sich
verbargen ?
Die Einleitungen der Unsterblichen:
7p Wang-siü trat in seiner Jugend ein, um zu
lernen. Er ging und kam sehr weit und war immer der Erste.
Seine Gefährten verwunderten sich darüber. Es sah immer so
aus, als ob er einen drei Schuh hohen Baum erhöbe. Bei der
Ankunft stach er ihn in das Dach. Die Gefährten erfuhren
dieses. Sie nahmen ihn und betrachteten ihn. Später sahen
sie ihn nicht mehr.
Die richtigen Erörterungen:
m fr Sse-kuang sprach: Der Knochenbau des Menschen
ist gleichsam wie bei den Bäumen, unter denen es krumme
und gerade gibt. Die krummen werden Räder, die geraden
werden Wagenkästen. Der Spindelbaum eignet sich zu Spei
chen, die Ulme eignet sich zu Naben.
Die Geschichte der ursprünglichen Mitte:
Die Aeste eines tausendjährigen Baumes sind in der Mitte,
unten und an den vier Seiten hoch. Der Salt eines hundert
jährigen Baumes ist roth wie Blut.
Im Westen des Berges der grossen Bäume befindet sich
der Baum der gepflückten Blüthon. Wenn man ihn als Arznei
gebraucht, versteht man die Sprachen der zehntausend Reiche.
Die Abbildungen des Erdspiegels:
Wenn ein Schatz sich in einem Erdhügel befindet, so
sind die Bäume verändert. Wenn daher ein Baum gebrochen
ii
und verdorrt ist, so befindet sich neben ihm ein Schatz. Dieser
liegt dort, wohin das Gebrochene sich kehrt. Liegt er in der
südlichen Gegend, so ist er von dem Baume acht Schuh
Ü
I
198
Pfizmaier.
entfernt. Liegt er in der östlichen Gegend, so ist er von
dem Baume sechs Schuh entfernt.
Sung die Fichte.
Der Tribut Yii’s:
Tsing-tscheu, sein Tribut sind Firniss, Seide, Blei, Fichten
und wunderbare Steine.
Die von Tsch’ang-pö verfassten Verzeichnisse von U:
[iYj Ting-ku führte den Jünglingsnamen ^
Tsi-tsien und stammte aus Kuei-ki. In dem Zeiträume Pao-
ting (266—268 n. Chr.) wurde er zum Vorsteher der Scharen
ernannt. Anfänglich, als er oberster Buchführer war, träumte
ihm, dass ein Fichtenbaum auf seinem Bauche wuchs. Er
sagte zu den Menschen: Das Schriftzeichen für Fichte (^jv^)
ist + A A Sehi-pä-kung ,achtzehn, Fürst*. 1 Nach acht
zehn Jahren bin ich ein Fürst. Der Traum ging hierauf in
Erfüllung.
Das von Wang-yin verfasste Buch von Tsin:
111 Jp-j" Schan-thao hatte die Trauer um die Mutter und
kehrte in die Gasse des Bezirkes zurück. Obgleich er alt von
Jahren war, ging er bei der Trauer über die Gebräuche hinaus.
Er pflanzte mit eigener Hand Fichten und Pistazienbäume.
Mu-yung-tsclmi griff Fu-pci an.
In Nie gingen die Mundvorräthe zu Ende. Die Pferde hatten kein
Gras. Man zerschnitt bloss Fichtenholz und fütterte sie damit.
Das Buch der Sung:
j||| Ku-hoan liebte das Lernen. In dem Bezirke
war ein Haus des Lernens. Iloan war arm und hatte nichts,
um ein Geschäft zu übernehmen. Er lohnte sich hinter der
Wand des Hauses an und horchte. Es war nichts, das ilnn
entfiel oder das er vergass. Am Abend zündete er Fichten
knoten an und las Bücher.
Das Buch der Tsi:
ijHI ^ Tsch’ang-khan liebte es, vor dem Bethause Fichten
und Pistazienbäume zu pflanzen. Die Zeitgenossen sagten:
Tsch’ang-khan stellt unter dem Dache Leichname aus. -
1 Hiermit der Anfang des ersten Abschnittes (S. 192) zu vergleichen.
2 Weil man diese Bäume auf Grabhügel pflanzte.
Denkwürdigkeiten von don Bäumen China's.
199
Das Buch der Liang:
m m ^jS- Thao-hung-king liebte zu Zeiten den Fichten
wind. 1 In dem Vorhofe und in dem Schlosse pflanzte er lauter
Fichten. So oft er ihr Rauschen hörte, hatte er Freude. Zu
Zeiten wunderte er an den Quellen und Felsen umher. Wer
ihn von ferne sah, hielt ihn für einen unsterblichen Menschen.
Das Buch der Tsehin:
Üt Tsch’ang-ki führte den Jünglingsnamen
Tsch’i-yen. Als der spätere Gebieter zur Nachfolge gelaugte,
war Ki vielseitiger Gelehrter für die Söhne des Reiches und
Gelehrter dos Lernens für den östlichen Palast. Der spätere
Gebieter besuchte einst das Kloster Khai-schen auf
dem Borge £ij] Tschung. Die Diener, die berufen waren
und sich anschlossen, sassen in einem Fichtenwalde im Siid-
westen des Klosters. Man forderte Ki auf, die Bedeutungen zu
erklären. Um die Zeit suchte man den Rennthierschweif, doch
dieser war noch nicht gekommen. Der spätere Gebieter for
derte die Diener auf, einen Fichtenzweig zu nehmen. Er über
gab diesen eigenhändig Ki und sprach: Du kannst ihn statt
des Rennthierschweifes nehmen und auf uns zurückblicken. —
Die Diener sprachen: Dieses ist ja Tsch’ang-ki’s spätere Sache.
Das Buch der späteren Wei:
ISpk Kien-tschin hatte die Trauer um den Vater.
Innerhalb des Begräbnissplatzes pflanzte er mit eigener Hand
Fichten und Pistazienbäume. In den Tagen des vollkommenen
Winters trug er auf dem Rücken Wasser und grub die Erde
auf. Die Greise des Bezirkes bedauerten ihn und halfen ihm
nach Kräften. In zehn Jahren war der Hügel fertig, und die
Bäume hatten Blätterfülle.
|J|j Hiä, König von Peng-tsching, begleitete den Kaiser
auf dessen Reise nach der Hauptstadt von ^ Tai. Man machte
Halt auf dem Gebiete von Thung-ti in Schang-thang auf einem
Gebirgswege, bei einigen Zehenden grosser Fichten. Um die
Zeit hielt der Kaiser den Sonnenschirm vorwärts. Er ging
hierauf umher und dichtete ein bilderloses Gedicht. Er hiess
Leute es Hiä zeigen und sprach: Ich habe ein Gedicht ver
fertigt. Obgleich ich keine sieben Schritte ging, ist auch keine
Den durch die Fichten wellenden Wind.
200
Pfizmaier.
Rede von der Entfernung. Du kannst eines verfertigen wäh
rend der Zeit, in welcher du zu mir gelangst. Es wird dir
geboten, es zu thun. — FTiä entfernte sich von dem Kaiser auf
zehn Schritte. Hierauf ging er bald umher, bald dichtete er. Er
war noch nicht zu dem Aufenthaltsorte des Kaisers gelangt,
und er hatte es fertig.
Das Gedicht lautete:
Der Fichtenwald durchlebt so viele Winter,
Berg’ und Flüsse, wie wären sie so wie einst?
Wind und Wolken, sie sind wie in alter Zeit.
Der Kaiser lachte laut und sprach: Du gibst uns durch
dieses Gedicht auch nur einen Verweis.
Das Buch der Thang:
Der Boden der östlichen Gränzgebiete von ^ 'pj'
Ye-ku-pö-kö hat reichen Graswuchs. Die Menschen daselbst
sind stark und derb. In dem Lande gibt es vielen Reif und
Schnee. Mehrere Zehende von Weglängen nordöstlich liegt
das Gebiet m ^ Khang-kan. An dem Flusse gibt es
Fichtenholz. Wenn dieses in das Wasser kommt, verwandelt
es sich in einem oder zwei Jahren in Stein. Die Farbe dieses
Steines ist grün. Es gibt Menschen des Reiches, welche da
selbst wohnen. Diese Menschen nennen ihn den Stein von
Khang-kan. Er hat später die Streifen der Fichte.
Als pj* ||E HH Ku-kia-yin sieben Jahre alt war, wurde er
als ein göttlicher Knabe berufen und vorgestellt. Um die Zeit
standen der grosse Beruhiger M % M Q Tschang-sün-wu-ki
und der Vorsteher der Räume ß^f) Li-tsi in der Halle des
Hofes. Der Letztere sagte im Scherz zu Kia-yin: Was für
ein Baum ist es, an den ich mich lehne? — Kia-yin antwor
tete : Ein Fichtenbaum. — Tsi sprach: Dieses ist eine Sophora.
Warum sagst du sogleich, es sei eine Fichte? — Kia-yin ant
wortete: Wenn man den Fürsten zu einem Baume gesellt, so
ist es ein Fichtenbaum. 1 — Wu-ki fragte ihn in demselben
Augenblicke: Was für ein Baum ist es, an den ich mich
lehne? — Kia-yin antwortete: Ein Sophorabaum. — Wu-ki
sprach: Kannst du nicht aufs Gerathewohl antworten? —
Kia-yin sprach allsogleich : Wozu brauche ich auf’s Geratho-
kung ,Fürst* und inö jBaum 4 bildet ;jy£V sang ,Fichte 4 .
l
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s, 201
wohl za antworten V Ich nehme blos das, dass man den Dämon
zu einem Baume gesellt. 1
Das Buch Tschuang-tse:
Khung-tse sprach: Wenn die Kälte des Himmels ange-
kommen ist, Reif und Schnee gefallen sind, dann erkenne ich
die Blätterfülle der Fichten und Pistazienbäume.
Das Buch Sün-king-tse:
Wenn das Jahr nicht kalt ist, hat man nichts, um die
Fichten und Pistazienbäume zu erkennen. Wenn die Sachen
nicht schlimm stehen, hat man nichts, um den Weisheitsfreund
zu erkennen.
Das Buch Pao-pö-tse:
Man sagt, im Sommer muss sie wachsen, und die Jäger
tasche verdorrt. Man sagt, im Winter müssen sie welken, und
die Fichten und Pistazienbäume sind blätterreich.
Das Buch Fu-tse:
ft ¥ Fu-tse erstieg mit TG ^ Yuen-tse einen hohen
Berg. Nach unten überblickten sie einen Abgrund von tausend
Klaftern, nach oben waren sie überschattet von Fichten, die
hoch hundert grosse Klafter. In Erregung füllte ihr Geist
eine einzige Efdhöhe. Ihre Worte gingen über Pflug und Pflug
schar nicht hinaus, ihr Herz zog sie nicht weiter als das der
gewöhnlichen Menschen. Sie waren gleichsam hölzerne Hunde,
welche die Tliüre bewachen, irdene Hähne, welche den frühen
Morgen erspähen.
Die Geschichte der früheren Höchstweisen:
|^rj Hiü-yeu wollte den Sinn des Kaisers erforschen.
Er sprach: Wenn der Kaiser in der blumigen Halle sitzt und
zu den beiden Thorwarten das Angesicht kehrt, so ist der
Ruhm des Gebieters im Umblicken auch erlangt. Wenn ich in der
blumigen Halle sitze, so wachsen Fichten hochstehend vor dem
Fenster. Kehre ich auch zu den beiden Thorwarten das An
gesicht, es ist nicht verschieden von dem Ruhme des im Kreise
fliegenden Göttervogels auf dem Kuen-lün. Wie sollte ich
wissen, woher ich den Ruhm nehme V — Der Kaiser lobte
Yeu und nahm ihn zum Lehrer.
' kuei ,Dämon 1 und mö ,Baura‘ bildet hoai ,Sophora‘.
|
;;
I
202
Pfi zm aier.
Die Ueberliefer ungen von Unsterblichen:
Z|b Fö-seng war zu den Zeiten Thang’s Richtiger
der Bäume. Fr verzehrte immer Fichtenharz und baute sich
ein Felsenhaus. Kaiser Wu von Tschou brachte ihm das
Frühlingsopfer. *Jj|'fä: Wö-tsiuen 1 verzehrte gern die Frucht
der Fichte. Er konnte im Fluge einhergehen und erreichte
laufende Pferde. Er schickte Fichtensamen dem Kaiser Yao.
Yao war nicht fähig, sie zu gebrauchen.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
Gegen das Ende der Han waren grosse Wirren. Eine
Bewohnerin des Palastes flüchtete sich vor den Waffen auf
einen Baum des Grabmales über dem kleinen gelben Thore.
Sie verzehrte die Früchte der Fichten und Pistazienbäume und
empfand dann keinen Hunger mehr. Auf ihrem ganzen Leibe
wuchsen Haare von der Länge eines Zolles. Als die Wirren
endeten und der Friede hergestellt war, hörte Wu, Kaiser der
Wei, von ihr und liess sie ernähren. Als sie wieder Korn
frucht und Reis verzehrte, fielen ihr die Zähne aus und ihr
Haupt wurde weiss.
Die Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen :
Wenn man bei Verwüstung und Unordnungen keine Speise
erhält, kann man die Blätter der Fichten und Pistazien klein zer
schneiden. Man nimmt sie mit Wasser und bewirkt dadurch,
dass sie hinabgehen. Je nachdem man es vermag oder nicht,
bemisst man es nach dem nicht hungrigen Zustande. Man mag
sie als Brei oder klar einnehmen, so ist es gut. Man soll fünf
Löffel voll Blätter des Pistazienbaumes und drei Löffel voll
Fichtenblättor gebrauchen. Man darf das Mass nicht über
schreiten.
Die Geschichte von Yün-nan:
In Yün-nan gibt es grosse Fichtenzapfen. Dieselben sind
gleich den Fichtenzapfen von Sin-lo.
Die von Tscheu-king-schl verfasste Geschichte des Berges
ISf Liii:
Der Felsen des steinernen Thoros ist ein Fichtenwald.
Derselbe ragt im Süden über die Schlucht des steinernen Tho-
res. Wenn man aus der Schlucht zu ihm hinaufblickt, so sind
1 Wö-tsiuen war ein unsterblicher Mensch zu den Zeiten des Kaisers Yao.
Denkwürdigkeiten ron den Bäumen China's.
203
es in nahen Zwischenräumen zusammengestellte Rennthier-
schweife. Man nennt sie die Fichten der Rennthierschweife.
Auf der westlichen Berghohe sind sie verschieden und gleich
Pferdemähnen. Ferner heissen diejenigen, deren Blätter fünf
Körner sind, die fünf körnigen Fichten. Wenn man sie als
Arznei gebraucht, erhält man das lange Lohen.
Die Geschichte der Grabmäler der höchstweisen und
weisen Männer:
Die Ueberliefcrungen von m m Wu-khiang, dem Kö
nige Fing von Suug, sagen: Der König kehrte in das Reich
zurück und sehnte sich nach der Mutterstadt. Später starb er
und wurde in Tung-ping begraben. Die Fichten und Pistazien-
bäume auf seinem Grabe neigten sich nach Westen.
Die Ueberlieferungen von früheren weisen Männern von
Ivuang-tscheu:
iji|j Jgj Tün-khi war äusserst älternliebend. Bei der
Trauer um die Mutter führte er allein einen Erdhügel auf.
Nach mehreren Jahren war er damit fertig. Während der
Trauer überschritt er die Anordnungen. Indem er Fichten
und Pistazienbäume pflanzte, bildete er Baumreihen.
Die von Wang-hi-tschi verfasste Geschichte der Wan
derung in den Provinzen:
An der Gränze des Districtes Yung-ning, in dem Meere,
befindet sich das Fichtenthor. Dasselbe besteht in Inseln des
Meeres, auf denen Fichten wachsen. Desswcgen heisst es das
Fichtenthor.
Das Buch der Träume:
Die Fichte ist der Gebieter der Menschen. Sieht man im
Traume Fichten, so erhält man eine Vorladung von Seite des
Gebieters der Menschen.
Das von Sung-yö verfasste bilderlose Gedicht auf den Wind:
Der Wind umkreist die Höhen des Thai-schan, tanzt unter
den Fichten und Pistazienbäumen.
Die Lieder von Fu-fung:
Die Felsen der südlichen Borge sind steil,
Warum sind Fichten und Pistazienbäume zerdrückt?
Die oberen Zweige fegen die grünen Wolken,
Das mittlere Herz hat Umfassungen zehn an der Zahl.
204
Pfizmaier.
Das Ni-ya:
^ Pe ,Pistazienbaum' 1 ist der Baum -s^J Khiö.
Die üblichen Bedeutungen der fünf richtschnurinässigen
Bücher:
Auf den Grabhügel der Lehensfürsten pflanzt man Pista
zienbäume.
Das Buch der Han:
Zu den Zeiten des Kaisers Tschau erstanden alle Pista
zienbäume, welche auf den Erdhügeln von Tschang-ngan ver
dorrt und gefallen waren, und bekamen Blätter. Die Insecten
bildeten durch Zernagen die Schriftzeichen ^ jG jjf
kung-sün ping-ki ll ,der Fürstens'ohn Ping-ki wird eingesetzt'.
Als später der Kaiser Tschao starb, gelangte der König von
Tschang-yi zu der Rangstufe. Nach sieben und zwanzig Tagen
wurde er abgesetzt, und man zog dem Kaiser Siuen entgegen
und setzte ihn ein. Kaiser Siuen führte den Namen Ping-ki.
Später veränderte man den Namen zu ft) Siün.
Das von Sie-sching verfasste Buch der späteren Han:
g| Yti-yen von Tschin-lieu war Aufseher der Post
häuser der Provinz. Kaiser Kuang-wu gelangte auf dem Jagd
zuge des Winters nach Wai-hoang. Er fragte Yen um die
Zahl der Pistazienbäume in den Gärten und Wäldern. Yen
wusste sie überall genau. Er wurde hierdurch bekannt.
Das von Wang-yin verfasste Buch der Tsin:
J- 0, Wang-peu führte den Jünglingsnamen fjjpt Wci-
yuen. Es schmerzte ihn, dass sein Vater nicht durch das Himmels
loos geendet. Er entsagte der Welt und leistete keine Dienste.
Er führte ein Dach zur Seite des Grabes auf und kam am
Morgen und am Abend immer dorthin. Vor dem Grabe ver
beugte er sich und rief schmerzlich mit lauter Stimme. Er
hatte einen der Pistazienbäume vor dem Grabe losgetrennt.
Peu umklammerte ihn immer, schleppte ihn und vergoss
yjjjij Po, ein nicht genau zu bestimmender Baum, wurde durch ,Pistazienbauin 1
übersetzt. Derselbe hat Aehnlichkeit mit dem Baume ^[jj- Fei, der seiner
seits ein Nadelholz mit essbaren Früchten, ln Japan gebraucht man das
Zeichen yjijij mit der Aussprache Kasiwa gemeiniglich und irr-
thümlieh für
Kasiwa, Steineiche.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Ckina’s.
205
Thränen. Die Farbe des Baumes, auf den er sieh legte, war mit
derjenigen der anderen Bäume nicht gleich.
Das Buch der Sung:
In der Provinz Lu, in dem alten Vorhofe Khung-tse’s,
befanden sicli vier und zwanzig Pistazienbäume. Dieselben
hatten Han und Tsin überdauert. Die grossen Hessen sich in
Fortsetzungen umfassen. Zwei waren früher gebrochen und
lagen umgestürzt. Alle Menschen bezeigten ihnen Ehrfurcht
und Niemand verletzte sie. J|| ^ I-kung, König von Kiang-hia,
liess sie alle durch abgesandte Leute umbauen und wegnehmen.
Unter den Vätern und Greisen war Keiner, der nicht seufzte.
Das Buch der nördlichen Tsi:
König Wen-siuen kam zu der Versammlung der Tsin-yang.
Er übernachtete in dem Fichtenthore. Auf der Berghöhe be
fanden sich mehrere Pistazienbäuine, welche bereits tausend
Jahre alt waren. Die Zweige standen weit aus einander und
Blätter waren in Fülle. Es war als ob sie von göttlichen Wesen
in Anspruch genommen würden. Wen-siuen war um die Zeit
bereits vom Weine erregt. Er kehrte sich gegen die Berghöhe,
schmähte mit aufgerissenen Augen, schoss und traf einen Baum.
Nach nicht langer Zeit verdorrte der Baum und starb ab.
Das Buch der späteren Tscheu:
Kaiser Wu griff Tsi an. j'^j: Tschün, Fürst von Yung-
tschang, lagerte in der Ebene von Sjäft Ki-thsi. Hien,
König von Tsi. sprach insgeheim zu Tschün: Krieger befinden
sicli im Widerstreit mit den Wegen. Fortzug und Aufenthalt
ist nicht bestimmt. Sie sehen Triebwerke und erheben sich.
Sie dürfen nicht das Beständige umkreisen. Wenn du jetzt
ein Lager errichtest, darfst du keine Zelte aufschlagen. Du
kannst Pistazienbäume fällen und Hütten bauen. Du zeigst das
Wesen der Gestalt und heissest die Krieger sich davon ent
fernen. Später werden die Räuber noch immer im Zweifel sein.
Der Vorgesetzte von Tsi theilte das Kriegsheer. Zehntausend
Menschen wendeten sich Fusspfaden von tausend Weglängen
zu. Als er gewarnt wurde, entschloss er sich wieder zum Rück
züge und kehrte in der Nacht an der Spitze der Krieger zurück.
Die Menschen von Tsi glaubten wirklich, dass die Hütten aus
Pistazienbäumen Zelte seien. Sie hatten keine Ahnung von dem
206
P f i z m a i er.
Rückzuge des Heeres. Erst am nächsten Morgen wurden sie
es inne.
Das Buch der Thang:
Zur Zeit als ^ t i Ti-jin-khie ein die grosse
Ordnung ergänzender Gehilfe war, wurde der Heerführer
fH Kiuen-schen-thsai in Anklagestand versetzt, weil
er in einen Pistazienbaum von Tschap-ling 1 gehauen hatte.
Jin-khie meldete an dem Hofe, auf dieses Verbrechen stehe
die Entsetzung von dem Amte. Kaiser Kao-tsung wurde zornig
und befahl, Jenen hinzurichten. Jin-khie trat vor und sprach:
Die Menschen des Alterthums Hessen es geschehen, dass man
einen Becher voll Erde von Tsch’ang-ling stahl. Wie kann
derjenige, vor dem ich unter den Stufen stehe, hier etwas hinzu
fügen? Wenn jetzt derjenige, vor dem ich unter den Stufen
stehe, wegen eines Pistazienbaumes von Tschao-ling einen Heer
führer tödtet, was würde man nach tausend Jahren, von dem
jenigen, vor dem ich unter den Stufen stehe, sagen? Ich kann
die Anordnung nicht entgegen nehmen. Meine Meinung ist,
sie möge etwas ungiltig werden.
Das Durchdringen der Gewohnheiten:
Auf eiilen Grabhügel pflanzt man Pistazienbäume. An
das Ende des Weges stellt man einen steinernen Tiger. In den
Gebräuchen der Tscheu tritt das Geschlecht ij Mi Fang-siang
in den Erdhügel und vertreibt den |j|| j^t Wang-siang. 2 Der
Wang-siang verzehrt gern die Leber und das Gehirn der Todten.
Die Häuser der Menschen können Fang-siang nicht immer
gebieten, zur Seite der Grabhügel zu stehen, um ihn abzu
halten. Aber der Wang-siang fürchtet die Fichten und Pistazien
bäume.
Die Ueberlieferungen von vorzüglichen Männern:
Ki-tse von Yen-ling löste das kostbare Schwert und hängte
es an einen Pistazienbaum des Grabes des Landesherrn von
1 Wo ein Ortsname mit ||g Ling ,Anhöhe 1 zusammengesetzt ist, bedeutet
es, dass sich daselbst, der Grabhügel eines Kaisers befindet.
2 Der Wang-siang oder auch einfach Wang ist ein Wassergott. Der
selbe gleicht einem dreijährigen kleinen Kinde und ist von rother und
schwarzer Farbe.
Denkwürdigkeiten von den Baumen China’?*.
207
Das Buch der Gewässer:
Auf dem Berge |5i<f Hing befindet sich der Grabhügel
und der Almentempel iß % # Tsching-tsi-tschung’s.
Daselbst befindet sich von Alters her ein verdorrter Pistazien
baum. Auf der Staubwurzel und dem alten Stumpfe derselben
wachsen viele junge Pistazienbäume. Sie stehen reihenweise
glänzend und grün. Ihr Anblick ist erfreulich.
Die Geschichte der Eroberungszüge:
Die Pistazienbäume in dem Ahnentempel des Thai-schan
messen dreissig Umfassungen. Sie schliessen beide Stufen ein.
Die rothen Augenbrauen hieben einst in einen Baum. Sie
sahen Blut und Hessen ab. Gegenwärtig sind die Axtwunden
noch immer vorhanden.
Die Berechnungen Fan-tse’:
Das Harz der Pistazienzweige kommt aus den drei stützen
den Provinzen. Der höchste Preis ist siebzig (Stücke Geldes),
der mittlere dreissig, der niedrigste zehn. 1
Die Weise der Obrigkeiten von Han:
Am richtigen Morgen (dem Morgen des ersten Tages des
ersten Monats) trinkt man Wein von Pistazienblättern und
reicht ihn als ein Geschenk auf das lange Leben.
Die Ueberlieferungen von Unsterblichen :
mm* Tsch’i-siü-tse verzehrte gern die Früchte
der Pistazienbäume. Seine Zähne, die ausgefallen waren, wuch
sen wieder.
Die alten Gegenstände der drei stützenden Provinzen:
Die Anhöhen (kaiserlichen Grabhügel) von Han standen
unter der Aufsicht des grossen Beständigen. Wer Pistazienbäume
stahl, wurde öffentlich hingerichtet.
Die Geschichte des Thai-schan:
Im Süden des Berges befindet sich der Ahnentempel des
Thai-schan. Man pflanzte daselbst tausend Pistazienbäume. Die
grössten derselben messen fünfzehn bis sechzehn Umfassungen.
Die Aeltesten und Greise erzählen als Ueberlieferung, sie seien
durch den Kaiser Wu von Han gepflanzt worden.
1 Die Gewichtsmenge wird nicht angegeben. Wahrscheinlich ist es ein
Pfund.
208
Pf izmai e r.
Die alterthumsfreundlichen Ueberlieferungen Von Tschin-
lieu:
m % Li-tsch’ung hatte die Trauer um den Vater.
Neben dem Grabhügel dos Vaters war ein Dieb, der in der
Nacht die Pistazienbäume einhackte. Tsch’ung hieb ihn eigen
händig mit dem Schwerte nieder.
Die von Thsui-scln verfassten Gebote der Monate für die
vier Classen des Volkes:
Im siebenten Monate sammelt man die Früchte der Pista
zienbäume.
Die Geschichte der Merkwürdigkeiten:
Unter den Menschen von Tschin-thsang war einer, der ein
merkwürdiges Thier fand. Dasselbe gehörte nach seiner Ge
stalt nicht zu dem Geschleckte der Hunde, es hatte auch keine
Aelmlichkeit mit dem Schafe. Niemand unter der Menge wusste
es mit Namen zu nennen. Zwei Knaben sprachen: Dieses ist das
hm. Wen-wen. Es lebt beständig unter der Erde und ver
zehrt das Gehirn und das Mark der Todten. Will man es
tödten, so bewirkt man, dass es Pistazienblätter auf dem Kopfe
stecken hat.
Die Verzeichnisse des Dunklen und Hellen:
3E c’jfc >|'ff Wang-sching-siang besuchte ^ Jjiijj
Kö-king-schün. Er bat ihn, ihm einen Abriss zu verfertigen.
Als der Abriss vollendet war, meinte Kö, dass er sehr böse sei.
Er sagte: Es ist ein Knoten des Donnerschlages. Du kannst
Befehl zum Einspannen geben und nach Westen einige Weg
längen weit hinausfahren. Wenn du einen Pistazienbaum lindest,
schneidest du aus ihm ein Stück wie die Länge deines Leibes
heraus und legst es an den Ort, wo du gewöhnlich schläfst.
Das Unglück kann dann getilgt werden. — Wang befolgte
dieses. Nach einigen Tagen schlug der Blitz wirklich ein.
Das Holz des Pistazienbaumes wurde zu Staub zermalmt.
Hoai ist die Sophora.
Das Ni-ya:
Ploai ist ^ hoai ,Sophora'. Der Baum hat grosse
Blätter und ist schwarz.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
209
Kriegsmänner
pflanzt
man
Anmerkung: Der Sophorabaum, der grossblätterig und
von Farbe schwarz ist, heisst hoai *.
Die Blätter der palastbewachenden ( ) Sophora
schliessen sich am Tage und öffnen sich in der Nacht.
Die üblichen Bedeutungen der fünf richtschnurmässigen
Bücher:
Auf den Grabhügel der
Sophoren.
Die Worte der Reiche:
Ht Tung-schö wollte das Geschlecht ^ Fan auf
suchen. Schö-hiang sprach: Warum lassest du nicht ab? —
Jener sprach: Ich wünsche, eine Anknüpfung zuwege zu brin
gen. — An einem anderen Tage beklagte sich H US Tung-
khi bei ^ j#|^ Fan-hien-tse und sprach: Man ehrt mich
nicht. — Hien-tse ergriff ihn und hängte ihn an eine Sophora
in dem Vorhofe. Schö-hiang ging an ihm vorüber. Tung-khi
sprach: Warum bittest du nicht für mich? — Schö-hiang sprach :
Was du wünschtest, hast du erreicht. Wozu sollte man noch
bitten ?
Das Buch der Tsin:
In dem Sammelhause des grossen Vorstehers der Pferde
stand ein alter Sophorabaum. m # * Y i n-tschung-wen
stellte sich ihm gegenüber und sprach seufzend: Dieser Baum
schwankt nachlässig. Seine Lust zum Leben ist vergangen.
Die von Thsui-hung verfassten Verzeichnisse des früheren
Liang:
Ursprünglich wuchsen an der rechten Seite des Flusses
kein rother Hartriegel, keine Sophoren, Pistazien- und Firniss
bäume. In dem Zeitalter jjrj| Tsch’ang-siün’s nahm man
sie aus ||| Lung in Thsin und pflanzte sie. Das Ende davon
war, dass sie alle, abstarben. Aber an der nördlichen
Ecke des Palastes von Tsieu-thsiuen wuchsen Sophorabäume.
^ 7Ü Mfc Li-yuen-sching veröffentlichte ein bilderloses Ge
dicht auf die Sophorabäume.
Das Buch der Liang:
Yü-kien-ngu gebrauchte immer die Früchte
noch feine
r=t
der Sophora. Mit siebzig Jahren sah
sein Auge
1 Nach dem Yö-pien bezeichnen beide Namen den nämlichen Baum.
Sitzungsber. d. phil.-hist. 01. LXXX. Bd. II. Hft. 14
210
Pfizmaier.
Schriftzeichen, sein Bart und sein Schläfenhaar waren schwarz.
Zur Zeit der Auflösung und Unruhen floh er nach Kiang-ling.
Das Buch der Sui:
jp| ICao-keng führte den Jünglingsnamen jjj'-j jq
Tschao-yuen und war leitender grosser Beaufsichtiger von Sin-tu.
Er sass immer unter einem Sophorabaume, weil man sich in
dem Gerichtssaale häufig nicht an die Ordnung hielt. Die In
haber der Vorsteherämter wollten den Baum fällen. Er befahl
ausdrücklich, dass man ihn erhalte und nicht entferne. Man
zeigte ihn den späteren Menschen.
Das Buch der Thang:
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Yung-wei (651 n. Chr.)
zog die Kaisertochter * ¥ Thai-ping zu dem kaiserlichen
Eidam jSSv Sie-schao herab. Man machte den District
Wan-nien zum Orte der Zusammenkunft. Für die Wagen der
Kaisertochter stellte man südwärts von dem Thore von Hing-
ngan bis zum Westen der Strasse von Siuen-yang in der Nacht
Leuchtfeuer und Fackeln auf, welche in hellem Glanze den
Weg einschlossen. Unter den Sophorabäumen waren viele,
welche abstarben.
In dem Zeiträume Schang-yuon (674 bis 675 n. Chr.)
wollte der M £ T * -tsch’i 1 die Sophorabaume an den Wegen
der beiden Mutterstädte wegnehmen, sie zu Brennholz machen
und .wieder kleine Bäume pflanzen. Er Hess früher eine Schrift
herabgelangen und in Umlauf setzen. Der Beruhigei- des Di-
strictcs Wei-nan verfertigte eine Schrift, worin er sagte: Was
3 fÖ Schao-pe 2 geschützt hat, mochte man nicht beschnei
den und nicht entfernen. AYo die früheren Kaiser in alter
Zeit wandelten, wie sollte es sich ziemen, es abzuhauen? —
Man Hess hierauf ab.
Der Frühling und Herbst Ycn-tse’s;
Fürst King besass eine Sophora, die er liebte. Er Hess
sie bewachen und entschied: Wer der Sophora etwas zu Leide
thut, wird gestraft. Wer die Sophora verletzt, dem werden
1 Dieser Angestellte beschäftigte sich mit den Abgaben und bemass die
Erträgnisse des Bodens.
2 Schao-pe ist der erste Fürst des Reiches Yen. Derselbe sass immer unter
einem wilden Birnbäume, wenn er Recht sprach. Dieser Baum wurde
noch in späteren Zeiten geschont.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cbina’s.
211
die Füsse abgehauen. — Ein Mensch verletzte in der Trunken
heit die Sophora und sollte die Strafe erleiden. Seiner Tochter
ward hange. Sie wendete sich an Yen-tse und sprach: Ich
fürchte, wenn die Benachbarten dieses hören, wird man sagen:
Der Fürst schont die Sophoren und bringt Verderben über die
Menschen. Darf dieses sein? — Wen-tse trat ein und sprach
darüber. Der Fürst entliess denjenigen, der die Sophora ver
letzt hatte, aus dem Gefängnisse und hob das Verbot auf.
Das Buch Hoai-nan-tse:
Wenn die Sophora wächst, ist sie am fünften Tage des
Eintrittes in den letzten Monat des Frühlings ein Hasenauge.
Am zehnten Tage ist sie ein Rattenohr. ln der erneuerten
Decade fängt sie an zu bemessen. 1 In der zweiten Decade bildet
sie Blätter.
Eine alte Sophora erzeugt Feuer.
Der Sophoramarkt ist das Lernen. Man bepflanzt ihn
mit grünen Sophoren. Die Menschen der Feuerzeuge nehmen
im Herbst das Feuer der Sophora und des Spindelbaumes. Was
der Himmel überdeckt, die Erde in sich trägt, was die sechs
Verbindungen umschliessen, das Yin und das Yang erleuchten,
worauf Rogen und Thau sich stützen, diess alles macht zu Vor
gesetzten den Vater und die Mutter. Was ihnen mangelt, ist
in dem einzigen Einklang. Der Vater ist der Himmel, die
Mutter ist die Erde. Desswegen verbinden sich Sophoren und
Ulmen mit Pomeranzenbäumen und Pompeimusen und werden
Brüder. Die Menschen von Miao verkehren mit den drei
Gefährlichen 2 und bilden ein einziges Haus.
Das Buch Pao-pö-tse:
Die Sophorafrtichte vereinigt mau in einem neuen irdenen
Gefässe und versiegelt dieses. Nach dreissig Tagen ist ihre
äussere Haut verfault. Man wäscht sie dann wie grosse Bohnen
und gebraucht sie als Arznei. Dieser Gegenstand verbessert
vorzüglich das Gehirn. Wenn man sie frühzeitig gebraucht,
so bewirken sie, dass das Haupthaar des Menschen nicht weiss
wird und dass er lange lebt.
1 Die Blattknospen öffnen sich.
? — San-wei ,die drei Gefährlichen 4 heisst ein Berg* in dem Lande
des Volksstammes Miao.
14*
212
P fizmaier.
Die goldene Kiste des grossen Fürsten:
König Wu fragte den grossen Fürsten: Die Menschen der
Welt kommen eine grosse Menge. Ich fürchte, dass ich etwas
ausser Acht lasse. Wie soll ich sie empfangen ? — Der grosse
Fürst sprach: Ich bitte, eine dornige Sophora innerhalb des
Thores des Königs zu pflanzen. Was nützlich ist, kommt herein.
Was unnütz ist, dem stellt sie sich entgegen.
Die gelben Abbildungen der drei stützenden Provinzen :
Im vierten Jahre des Zeitraumes Yuen-schi (1 n. Chr.)
errichtete man die glänzende Halle. Der Himmelssohn baute
dreissig Wohnhäuser der vielseitigen Gelehrten. Er errichtete
einen Markt für die Zusammenkünfte und pflanzte daselbst
mehrere hundert Reihen Sophorabäume. Die Beflissenen ver
sammelten sich zur Zeit des Neu- und Vollmondes auf diesem
Markte. Ein Jeder brachte die Erzeugnisse seiner Provinz.
Sie kauften und verkauften auch gegenseitig Bücher. In Einig
keit und nachgiebig hatten sie Erörterungen und Berathungen
unter den Sophoren. Sie waren ernst und gesprächig.
Die Ueberlieferungen von früheren weisen Männern von
Jü-nan:
Üß Tsching-king von Sin-tsai führte den Jünglings
namen Ir m Tse-tu. Er war verdienstvoller Richter der
Provinz. Die Sophorabäume vor dem Gerichtssaale ||j^
Kao-I’s, Beruhigers der Hauptstadt, hatten Thau, der von der
Art des süssen Thaues war. I fragte die Zugesellten, und diese
sagten, es sei süsser Thau. King allein sagte: Die Lenkung;
des glänzenden Sammelhauses ist noch nicht im Stande, süssen
Thau herbeizuschaffen. Es ist bloss der Saft der Bäume. —
1 hatte hieran keinen Gefallen. Er redete sich auf ein Uebel-
befinden aus und entfernte sich.
Die von Yang-hien-tschi verfasste Geschichte des Buddha
gartens von Lö-yang:
^ i 4^ Li-tschang-nien, König von Kuang-ling
mit dem Namen Yuen-yuen, war seiner Stelle als
Lehensfürst entsetzt und mit einem der drei Vorsteher gleich
gehalten. Er befehligte die Menge und strafte im Norden
Kö-ying. In der Nacht träumte ihm, dass er, mit einem
Drachenkleide angethan, an einen Sophorabaum gelehnt stand.
Er hielt es für ein glückliches Zeichen. Er rief '|5l|
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
213
Yang-yuen-schin zu sich und fragte ihn. Yuen-schin sprach:
Es ist das glückliche Zeichen der drei Fürsten. — Yuen war
hierübei sehr erfreut. Als Yuen-schin sich zurückgezogen
hatte, sagte er wieder zu den Menschen: Kuang-ling ist todt.
Das Schriftzeichen hoai (Sophora) ist ein Dämon ( )
zur Seite des Baumes ( Nach dem Tode wird er die
Stelle eines der drei Fürsten erlangen. Kuang-ling wurde wirk
lich durch Kö-ying getödtet. Man verlieh ihm nachträglich die
Stelle des Vorstehers der Scharen und eines der drei Fürsten.
Die Worte gingen zuletzt in Erfüllung.
Das Ni-ya:
~k Jpt Niü-sang ,der weibliche Maulbeerbaum' ist der
Baum I-sang. 1
Anmerkung: Der kleine Maulbeerbaum mit langen Zwei
gen heisst gemeiniglich der weibliche Maulbeerbaum.
)Ü # Yen-sang 2 ,der Maulbeerbaum Yen' ist der Berg
maulbeerbaum.
|Jjp Sang-licu ,der Maulbeerweidenbaum' sind häss
liche Zweige.
Anmerkung: Es sind krumme und herabhängende Zweige.
Das Sse-ki:
In Tsi und Lu tausend Morgen Landes mit Maulbeer
bäumen bepflanzt, wer diese besitzt, ist mit einem Lehensfürsten
von tausend Thüren des Volkes gleich.
Das Buch der Han:
& & m s - f » -kiung wurde des Amtes entsetzt und
kehrte in das Reich zurück. Er hatte noch kein Wohnhaus
und errichtete zum Bewohnen ein Lusthaus. Verrätherische
Menschen hielten ihn für einen Lchensfürsten und für reich.
Sie beobachteten ihn immer in der Nacht. JH Ku-hoei
kam zu ihm und lehrte ihn ein Mittel, die Räuber zu beschwö
ren. Er sollte sich aus den südöstlichen Zweigen eines Maul
beerbaumes oiucn Dolch verfertigen und die sieben Sterne des
nördlichen Nössels darauf zeichnen. Kiung stand in der Nacht,
von seinem Haupthaar bedeckt, mitten in dem Vorhofe. Er
1 Man schreibt auch I-sang.
2 Unter das erste dieser Zeichen ist noch das Classenzeichen zu setzen.
214
Pfizmaier.
kehrte sich gegen das nördliche Nessel, hielt in der Hand den
Dolch, winkte mit dein Finger und beschwor die Räuber.
Einige Menschen reichten ein Schreiben empor, worin sie sagten,
Kiung hege im Herzen Hass und Groll. Er wurde in Lö-yang
gebunden. Eine höchste Verkündung gebot, er möge im Ge
fängnisse sterben.
Das von Sie-sching verfasste Euch der späteren Han:
SS « Sehin-tu-fan von Tschin-lieu schämte sich,
dass es in der Provinz keine in Zurückgezogenheit lebende
Männer gab. Er verschloss hierauf das Thor und nährte die
Vorsätze. Er verblich in einer Beifusskammer, lehnte sich an
einen grossen Maulbeerbaum und hielt diesen für einen Dach
balken.
m & Kao-hung von Ho-nei war Gehilfe von Lang-ye.
Seine Gattin und seine Kinder kamen nicht zu dem obrigkeit
lichen Gebäude. Sie füllten zubereiteten Trank in Becher von
Maulbeerholz.
^9* Yün-kuen von Jü-nan war verdienstvoller Richter
von Jü-yin. Der Befehlshaber hatte eben erst sein Amt ange
treten. Er fragte: In den Gärten gibt es Maulbeerbäume, mit
denen man die Seidenraupen speist. Wie steht es mit ihnen? —
Kuen sprach: Dieses ist es nicht, womit die Lenkung sich im
Anfänge befasst. — Der Befehlshaber billigte diese Worte.
'/!£• Tsoh’ang-tschen war Statthalter von Yü-yang.
Er ermunterte das Volk zum Ackern und Pflanzen. Die hun
dert Geschlechter sangen:
A11 dem Maulbeerbaum kein Wasserast,
An den Weizenähren zwei Spitzen.
Gebieter Tsch’ang die Lenkung führt,
Die Freude lässt sich nicht ermessen.
|{ij( Tschin-hoa war Befehlshaber von /|X Wu und
führte eine gütige Lenkung. Es wuchsen zweimal zehntausend
Maulbeerbäume. Das Volk hielt sie für ein Geschenk.
Die Denkwürdigkeiten von Scho:
Au dem Zaune der südöstlichen Ecke des Wohngebäudes
des früheren Gebieters wuchs ein Maulbeerbaum, dessen Höhe
fünf Klafter betrug. Von ferne gesehen, erschien er io reicher
Fülle gleich Dächern kleiner Wagen. Die Vorübergehenden
staunten über diesen Baum als etwas Ungewöhnliches. Einige
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
215
sagten, er werde einen vornehmen Menschen hervorgehen lassen.
Als der frühere Gebieter noch jung war, spielte er mit den
kleinen Kindern des Stammhauses unter dem Baume. Er
sagte: Ich muss diesen Flügelhut, das Wagondach ersteigen.
Als die Kaiserin von dem Geschleckte ^ Ku den Nach
folger Min-hoai absetzeu wollte, wuchs vor dem westlichen
Saale ein Maulbeerbaum. Als er einige Monate alt war, ver
dorrte er. Im zwölften Monate setzte die Kaiserin den Nach
folger ab.
0|J ^ Lieu-lin-tschi war als oberster Buchführer
gediegen und liebte den Weg. te ^ Hoan-tsch’ung, Heerführer
der Wagen und Reiter, hörte seinen Namen. Er berief ihn zu
sich und ernannte ihn zum ältesten Vennerker. Lin-tschi wei
gerte sich beharrlich. Tsch’ung kam einst in dessen Haus.
Lin-tschi brach auf dem Baume Maulbeerzweige ab. Der Ab
gesandte richtete seinen Auftrag aus. Lin-tschi sprach: Man
lässt den Gebieter unrecht zum Besuche fahren. Es ziemt sich,
dass er sich früher zum Gebieter des Hauses begebe. —
Tsch’ung schämte sich und begab sich zu dessen Vater.
Die in das Buch der Tsin aufgenommene Geschichte:
IM jjj^£ Fung-pö aus dem nördlichen Yen liess eine
Schrift herabgelangen, worin er sagte: Jetzt sind die Bewahrer
der Gränzen ohne Ermessen. Die hundert Geschlechter lassen
die Beschäftigung ruhen, und die Morgen ihrer Felder liegen
wiist und voll Schmutz. Die Inhaber der Vorsteherämter beauf
sichtigen und untersuchen nicht in Gemässheit der Zeit. Wenn
man bemerken will, dass die Häuser das Genügende den Men
schen reichen, ist dieses nicht auch unmöglich? Die Vermeh
rung der Maulbeerbäume und Buchsbäume ist die Grundlage
des Lebens. Dieses Land besitzt wenig Maulbeerbäume, die
Menschen erkennen noch nicht deren Nutzen. Man kann den
hundert Geschlechtern gebieten, einhundert zwanzig Maulbeer
bäume zu pflanzen.
Die Verzeichnisse des späteren Yen in dem von Tlisui-
lmng verfassten Frühling und Herbst der sechzehn Reiche:
VJ. Kuang 1 war nach Lung-tsching übersiedelt. Er
pflanzte Fichten und machte sie zu Vorgesetzten des Altares.
1 Mu-yuug-kuang, König von Yen.
216
Pfizmaier.
Als Thsin das Haus Yen vernichtete, entwurzelte sie ein Sturm.
Einige Jahre später wuchsen plötzlich auf dem Altäre zwei
Maulbeerbäume. Vordem gab es in Liao-tscheu keine Maul
beerbäume. Als Hoei 1 mit Tsin verkehrte, begehrte er deren
von Tsin und pflanzte sie. Die Maulbeerbäume von Kiang-nan
und Ping-tschuen kamen sämmtlich durch U zu Stande.
Das Buch der Tsi:
Das Wohnhaus des Kaisers Thai-tsu befand sich in Wu
tsin. Im Süden des Wohnhauses war ein Maulbeerbaum. Der
selbe ragte mit einem Stamme von drei Klafter Höhe und schickte
in die Quere vier Aeste hervor. Er war von Gestalt wie ein
Wagendach. Als der Kaiser einige Jahre alt war, lustwandelte
er unter ihm. Sein Vetter ^ ^ King-tsung sagte zu ihm :
Dieser Baum ist für dich gewachsen.
fjL Tseli’in-yü war Befehlshaber von Kien-te. Er
gab die Weisung, dass je ein Mensch des Volkes fünfzehn
Maulbeerbäume und vier Feigen- oder Kastanienbäume pflanze.
Bei Frauen war es die Hälfte. Allo Menschen freuten sich.
Nach einiger Zeit hatte man einen Wald zu Staude gebracht.
ft Han-hi-pe stammte aus Siang-yang. Er
diente seinen Aeltern in Ehrerbietigkeit. Auf dem Gebiete von
Siang-yang war es Brauch, dass Nachbarn an den Feldrainen
Maulbeerbäume als Kennzeichen pflanzten. Weil der Schatten
der Maulbeerzweige für die andere Seite eine Behelligung war,
liess Hi-pe an dem Haine einen Raum von einigen Schuhen
frei. An der benachbarten Gränze eignete man sich den ent
sprechenden Grund an. Hi-pe verpflanzte sogleich wieder die
alten Bäume. Der Nachbar schämte sich. Er gab den Grund,
den er sich angeeignet hatte, zurück, ging selbst hin und ent
schuldigte sich.
Das Reich & # Fu-sang liegt östlich von dem Reiche
des grossen Han in einer Entfernung von zweimal zehntausend
Weglängen. Das Land liegt im Osten des mittleren Reiches.
Der Boden trägt viele Fusangbäume, desswegen gab man ihm
den Namen. Der Fusang hat Aehnlichkeit mit dem Loosbaum.
Er wächst anfänglich wie Bambussprossen, und die Menschen
des Reiches verzehren ihn. Die Früchte sind gleich den Birnen
1 Mu-yung-hoei, König von Yen.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
217
und roth. Man spinnt die Haut und verfertigt daraus Kleider.
Man verfertigt auch daraus feine Flockseide. Aus der Haut
des Fusang verfertigt man Papier.
Die abgekürzten Vorbilder der drei Reiche:
pjt f|l] Sung-tse-sien berief jpr - Tsch’in-king,
Befehlshaber von U, und hiess ihn sich mit den Aufzeichnun
gen der Bücher befassen. Dieser entschuldigte sich beharrlich
wegen Krankheit. Tse-sien ward zornig und befahl, ihn zu ent
haupten. King legte die Kleider ab und ging zu der Hinrich
tung. Er wurde durch die auf dem Wege befindlichen Maul
beerbäume aufgehalten. Man band ihn von Neuem und begab
sich an einen anderen Ort. Einige Leute kamen ihm zu Hilfe,
und er ward befreit.
Das Buch der Sui:
In Ho-thsing in Tsi wurde bestimmt, dass den Einzelnen
des Volkes zur immerwährenden Beschäftigung zwanzig Morgen
Landes verliehen werden, welche Maulbeerfelder sein sollten.
Auf diese pflanzte man fünfzig Maulbeerbäume, drei Ulmen
und fünf Brustbeerbäume, Wo der Boden für Maulbeerbäume
nicht geeignet war, verlieh man Hanffelder auf dieselbe Weise
wie Maulbeerfelder.
Das Buch der Thang:
j|j? fc Li-neng-yü lebte in seinem Hause spar
sam und eingeschränkt. Er sagte immer zu seinen Söhnen
und Enkeln: Ich bin vermöge meiner Sinnesart kein Freund
der Güter. In Folge dessen gerieth ich in Armuth und hatte
Mangel. Da ich jedoch in der Nähe der Feste der Mutter
stadt wohne, schenkte man mir zehnmal hundert Morgen Felder.
Wenn man diese bebaut, kann man sich dadurch mit Speise
versehen. Sind die Maulbeerbäume eintausend, so kann man
sich dadurch mit Kleidung versehen.
Das Buch Lie-tse:
Wen, Fürst von Tsin, hielt eine Versammlung und wollte
Wei angreifen. Der Fürstensohn i|[| Tsiü blickte empor und
lachte. Der Fürst fragte ihn, warum er lache. Jener sprach:
Unter meinen Nachbarn war einer, der sich in Begleitung
seiner Gattin zu einem befreundeten Hause begab. Auf dem
Wege sah er ein Maulbeerweib. Sie geflel ihm, und er sprach
mit ihr. Als er aber zurückblickte, sah er, dass seiner Gattin
218
P f i z m a i e r.
ebenfalls Jemand winkte. Ich vermesse mich, darüber zu
lachen. — Der Fürst ward durch diese Worte aufmerksam ge
macht. Er liess ab und führte das Heer zurück. Es kam noch
nicht so weit, als man seine nördlichen Gränzstädte angriff.
Der Frühling und Herbst des Geschlechtes Liü:
In dem letzten Monate des Frühlings hat der Ermessende
des freien Feldes (|1J’ Jjßi) den Befehl, die Maulbeerbäume
und Buchsbäume nicht zu fällen. Die girrende Taube putzt
die Flügel. Sie trägt einen Hauptschmuck und lässt sich auf
die Maulbeerbäume herab.
Anmerkung: Der Ermessende des freien Feldes ist eine
Obrigkeit, welche den Wäldern vorgesetzt ist. Durch Maul
beerbäume und Buchsbäume kann man Seidenraupen ernähren.
Desswegen hat diese Obrigkeit den Befehl, dem Volke zu wehren,
dass es diese Bäume umhaue.
Das Buch Hoai-nan-tse:
Wenn die Seidenraupen der Hochebene in einem Jahre
zweimal zu Stande gebracht werden, so ist dieses nicht ohne
Nutzen. Dass aber die Vorschriften der Könige es verbieten,
es ist desswegen, weil sie die Maulbeerbäume verderben.
Die von Jin-fang verfasste Geschichte der erzähjten Merk
würdigkeiten :
/^f 1 Hoan-tscli’ung war stechender Vermerker von
Iviang-tscheu. Er schickte Leute aus, welche auf dem Berge
Liü umherwandelten. Er hoffte, dass sie die geistigen
Merkwürdigkeiten beobachten würden. Als sie die Höhe des
Berges erstiegen, befand sich daselbst ein See, an welchem
rings umher Maulbeerbäume wuchsen. In dem See waren kähne
zerstörende, rothgeschuppte Fische. Die Abgesandten waren
äusserst durstig. Sie wollten hingehen und Wasser trinken.
Die rothgeschuppten Fische spannten gegen sie die Mähnen
aus. Die Abgesandten getrauten sich nicht, zu trinken.
Die Ueberlieferungen von Frauen:
Das Beulenmädchen von Tsi war ein die Maulbeerblätter
pflückendes Mädchen der östlichen Vorstadt von Tsi. Sie hatte
an dem Nacken eine grosse Beule. König Min gelangte auf
einer Wanderung zu der östlichen Vorstadt. Alles Volk be
trachtete ihn aufmerksam. Das Beulenmädchen pflückte Maul
beerblätter wie früher. Der König verwunderte sich. Er rief
- ^
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina's.
219
sie herbei und fragte sie. Sie antwortete: Ich habe von den
Aeltern die Weisung erhalten, Maulbeerblätter zu pflücken. Ich
habe nicht die Weisung erhalten, den grossen König zu be
trachten. — Der König sprach: Dieses ist ein wunderbares
Mädchen. — Er freite um sie und holte sie ab.
Das verständige Mädchen des Ostens war ein die Maul
beerblätter pflückendes Mädchen des Reiches Tschin.
Kiai-khiü-fu, ein Grosser von Tsin, reiste als Gesandter nach
Sung. Sein Weg führte ihn über Tschin. Er begegnete da
selbst dem die Maulbeerblätter pflückenden Mädchen. Er hielt
sie an und scherzte mit ihr. Er sagte: Wenn du mir ein Lied
singst, so werde ich dich loslassen. — Das die Maulbeerblätter
pflückende Mädchen sang:
An dem Thore des Grabes sind Dornen,
Mit der Axt haut man sie weg.
Ist ein Mann nicht bieder,
Die Menschen des Reichs es erfahren. 1
Die Lieberlieferungen von Merkwürdigkeiten :
m & Tsch’ang-pe-yuen aus dem Reiche Pei war
zehn Jahre alt, als er erkrankte und starb. Er sah an dem
Fusse des Thai-schan zehn kleine Kinder, welche einen grossen
Wagen schoben. Der Wagen war mehrere Klafter hoch. Pe-
yuen schob ihn ebenfalls. Um die Zeit erhob sich urplötzlich
ein Himmelssturm und verbreitete Staub. Pe-yuen hielt sich
an die Aeste eines Maulbeerbaumes und blieb stehen. Er hörte,
dass eine Stimme rief: Kehre heim! — Alsbald wurde er wieder
lebendig. Sein Haupthaar war voll Sand und Staub. In spä
teren Jahren gelangte er zufällig zu dem Thai-schan. Er er
kannte den Maulbeerbaum. Derselbe war so, wie er ihn zur
Zeit seines Todes gesehen.
Die Geschichte Schi-hu’s in Kie:
In dein Garten der Maulbeerbäume und des Hartriegels
pflanzte man lauter Maulbeerbäume. Am dritten Tage des
dritten Monats, als die Zeit der Seidenraupen gekommen war,
traten mehrere tausend Bewohnerinnen des Palastes der Kai
serin zu den Maulbeerbäumen hinaus, lustwandelten und spielten
unter ihnen.
1 Diese Verse sind aus den Volksliedern des Reiches Tschin.
220
Pf izjn aier.
Die Schrift BZ Ean-sching-tschi’s:
Man pflanzt die Maulbeerbäume im fünften Monate. Man
nimmt Maulbeeren, legt sie in’s Wasser und wäscht sie. Man
nimmt die Samen und trocknet sie im Schatten. Man bestellt
gut zehn Morgen fette Aecker, welche lange Zeit brach gelegen
sind. Man pflügt sie vorzüglich gut. Man nimmt Mohrhirse
und Maulbeersamen, von einem jeden drei Gantang, mengt sie
und sät sie. Die Mohrhirse und die Maulbeerbäume wachsen
nach einiger Zeit in Gemeinschaft, und man jätet sie. Die
Maulbeerbäume macht man dünn auseinanderstehen. Wenn die
Mohrhirse reif ist, erntet man sie. Die Maulbeerbäume wachsen
gerade mit der Mohrhirse und sind mit dieser von Höhe gleich.
Man fährt jetzt mit einer scharfen Sichel über die Erde und
mäht sie ab. Mau dörrt sie in der Sonne. Wenn später ein
Wind weht, zündet man Feuer an und verbrennt sie. Man soll
das Feuer gegen den Wind anzünden. Die Maulbeerbäume
wachsen bis zum Frühlinge. Mit einem Morgen füttert man
drei Matten Seidenraupen.
Das Buch Pen-thsao:
Was neben den Wurzeln der Maulbeerbäume über der
Erde hervorkommt, nennt man -j^ Fö-sche ,die liegen
den Schlangen'. Es hilft gegen Herzschmerzen.
Der Pen-thsao des göttlichen Ackersmannes:
Die weisse Haut der Maulbeerwurzel ist die heutige weisse
Haut über der Wurzel des Maulbeerbaumes. Man sammelt sie
gewöhnlich im vierten Monate. Einige sammeln sie zu unbe
stimmten Zeiten. Wenn sie hervortritt -und über der Erde
sichtbar wird, nennt man sic den Pferdehals. Man nehme sie
nicht, denn sie tödtet den Menschen durch ihr Gift.
Das Schue-wen:
jjjjjj Yü ,Ulme' ist der weisse Baum jfy Fen. * Keng
ist die Bergulme mit stacheligen Schoten. Man kann daraus
|j| Wu-ti 1 bereiten.
Anmerkung: Es gibt zehn Arten des Baumes Yü
,Ulme‘. Deren Blätter sind einander ähnlich, jedoch die Rinde
und die Adern des Holzes sind verschieden.
Abgesohälte und eiugeweidite Ulmenriude.
sMtoXNSSr 'äm- jf&ss**mr
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
221
fH Kiü ist die heutige Stachelulme ( ;jj|j ^jj'). In den
Gedichten heisst es: Auf den Bergen wächst die Stachelulme.
Die Volkslieder von Tschin:
Die Ulmen des Ostthors,
Die Eichen von Yuen-khieu,
Tse-tschung’s Töchter,
Sie tanzen unter ihnen.
Das Buch der Han:
Kaiser Kao-tsu betete an dem Ulmenaltare in Ä. Fung.
Die Denkwürdigkeiten aus der Himmelskunde in dem
Buche der Han :
Zu den Zeiten des Kaisers Tsching, im ersten Jahre des
Zeitraumes Ho-ping (28 v. Chr.), verletzte Dürre den Weizen.
Das Volk verzehrte Ulmenrinde.
Die in dem Buche der Han enthaltenen Ueberlieferungen
von herumziehenden Angestellten:
Kung-sui war Statthalter von Pö-hai. Er er
mahnte das Volk, sich den Ackerbau und die Zucht der Maul
beerbäume angelegen sein zu lassen. Er befahl, dass jeder
Mensch des Volkes einen Ulmenbaum pflanze.
Die Denkwürdigkeiten von Wei:
Jf[$ )ljl Tsching-schi war Statthalter der Provinz Wei.
Den hundert Geschlechtern mangelte es an Bauholz. Er rieth,
Ulmen zu pflanzen und aus ihnen Zäune zu bilden.
Das Buch Tschuang-tse:
Die Elster fliegt auf die Trümmer der hohen Feste und
nistet auf dem Gipfel der hohen Ulmen. Wird die Feste zer
stört, das Nest gebrochen, so erhebt sie sich in dem kühlen
Winde. Ebenso weilt der weise Mann in dem Zeitalter. Er
langt er die Zeit, so handelt er angemessen. Verliert er die
Zeit, so erhebt er sich wie die Elster.
Steineichen, 1
Die zehntausend vollendeten Künste von Hoai-nan:
Im achten Monate bewirken Ulmen und
dass der Mensch nicht hungert.
Erklärung: Man weicht (die Früchte der) Ulme und Stein
eiche in guten Wein, trocknet sie in der Sonne und dünstet sie
mit reiner grosser Hirse und Früchten des purpurnen Portulaks,
| Neu wird als eine Art Steineiche (|)jj|‘) oder Kastanie bezeichnet.
a
222
Pfizmaier.
indem man alles durcheinander mengt,
geniessen will, nimmt man davon
Wenn man keine Speise
man davon drei Finger voll und ge
braucht sie mit Wein. Man wird dann nicht hungrig.
Die von Hoan-tan verfassten neuen Erörterungen:
^l'lj Lieu-tse-tsiün glaubte den eitlen Worten
der Männer der Heilmittel, dass man die Kunst, ein göttlicher
Unsterblicher zu werden, erlernen könne. Ich sah unter seinem
Vorhofe einen grossen Ulmenbaum. Derselbe war längst ab
geschält und gebrochen. Ich zeigte auf ihn mit dem Finger
und sagte: Dieser Baum hat kein Gefühl. Gleichwohl ist er
noch immer dürr und wurmstichig. Wollten die Menschen ihn
auch schonen und aufziehen, wie könnten sie bewirken, dass
er nicht schwindet?
Die Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen:
Wenn man (Früchte der) Ulme verzehrt, so schläft man
und will nicht erwachen.
Die Namen der Paläste und Söller von Tsin:
In dem Garten des blumigen Waldes standenneunzehn Ulmen.
Die vermischten Schriften über die fünf Grundstoffe:
Wenn man im Norden des Hauses neun Ulmen pflanzt,
werden Seidenraupen in grossem Ausmasse erlangt.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Es gibt Muhmenulmen.
Es gibt nahe Ulmen (J3[] ^jjjj).
Die nahen Ulmen haben keine Schoten. Das Holz taugt auch
zu Wagen. Das beste, das -p| |H Thsing-li, kommt aus
Tung-kuang in Pö-hai. Man reicht es den Obrigkeiten dar.
Die Geschichte Sclii-hu’s in Nie:
An den Wegen von Nie in dem Reiche Siang pflanzte
man auf einer Strecke von tausend Längen, die Wege einengend,
Ulmen. In den Monaten vollkommener Hitze wandelten die
Menschen unter ihnen.
Das Buch Tseu-tse:
Im Frühlinge nimmt man das Feuer der Ulmen und Weiden.
Die Berechnungen Fan-tse’s:
Das Ü ft Wu-ti befindet sich in der Erde. Das
jenige mit rothem Herzen ist das gute.
Ku-yii, Muhmenulme. Das Ni-ya setzt wu - ku
,oline Muhme 4 .
Denkwürdigkeiten von den Bäumen CliinaV
223
Anmerkung zu dem Ni-ya: ,01me Muhme' ist die Muhmen
ulme. Sie wächst in den Gebirgen, ihre Blätter sind rund und
dick. Man schält die Rinde ab, mengt sie und weicht sie ein.
Ihr Geschmack ist scharf und gewürzhaft. Es ist das soge
nannte Wu-ti.
Die von Thsui-schi verfassten Gebote der Monate für die
vier Classen des Volkes:
Wenn im zweiten Monate die Ulmenschoten ausgebildet
sind, sammelt man sie, trocknet sie und bereitet daraus einen
Trank. Man richtet sich nach dem Zeitpunkte, sei es früh
oder spät. Man darf das Eintreffen nicht ausser Acht lassen.
Das Buch der Träume:
Die Ulme ist die höchste Menschlichkeit des Gebieters des
Menschen als Tugend. Träumt man, dass man Ulmenblättcr
pflückt, so empfängt man Geschenke und Wohlthaten. Träumt
man, dass man auf dem Baume weilt, so erhält man ein ansehn
liches Amt. Träumt man, dass die Blätter tief gefärbt sind und
in Fülle stehen, so sind Glück und Einkommen vorhanden.
Das Schreiben Ying-khiü’s an Pang-hoei-kung:
Wenn ich betrachte, was die höchste Kunst, dem Volke
zu nützen ist, es ist das Pflanzen der Ulmen von Thsi-nan, das
Setzen der Firnissbäume von Han-tschung.
Die Erörterungen Ki-khang’s über die Erhaltung des
Lebens:
Die Bohnen machen den Menschen anschwe.llen. Die
Ulmen machen den Menschen schlafen. Durch meinen thörichten
Verstand weiss ich dieses.
||fjj Thung bedeutet im Allgemeinen den Loosbaum. 1
Die ferneren Erklärungen der Pflanzen und Bäume:
Es gibt drei Arten Loosbäume: grüne, wcisse und rothe.
Die fernere Erklärung der Bedeutungen der Gedichte:
Der Baum mit den Früchten des Hartriegels und der Rinde
des Loosbaumes heisst 1# i Das gegenwärtige Volk nennt
1 Der botanische Name für diesen Baum ist Paulownia imperialis. Da dieser
Name in gewöhnlichen Aufsätzen nicht gebraucht werden kann, wurde
derselbe in Hinblick auf den gleich unten genannten Baum Tseh’ing-thung,
der eine Art Clerodendron sein soll, hier überall durch ,Loosbaum 4
wiedergegeben.
224
Pfizmai er.
ihn ;j?j ^[[jj ngu-thung. Es gibt einen grünen Loosbaum, einen
weissen Loosbaum und einen rothen Loosbaum. Der weisse
Loosbaum eignet sich zu Harfen. Gegenwärtig spinnen ihn die
Menschen von Tsang-ko in Yün-nan und verfertigen daraus Tücher.
Die Verzeichnisse Tschin-tsclie’s über den Loosbaum:
Es sind zusammen sechs Arten: der purpurne Loosbaum,
der weisse Loosbaum, der ölige 1 mosbaum der stache
lige Loosbaum (M M) der rothe Loosbaum m «
tsch’ing-thungj und der |]jjJ Ngu-thung.
Das Ni-ya:
^ Thsin ist der Baum Ngu. 1 Ying ist der Baum
|lnj Thung. 2
Das Buch der späteren Han:
^ Thsai-yung wandelte auf dem Thai-schan. Er
sah Holz des Loosbaumes, das zum Heizen diente. Er hörte
im Prasseln einen Ton, der sagte: Dieses ist ein vortreffliches
Holz. — Er nahm es und verfertigte daraus eine Harfe.
Das von Tung-tschung-schii verfasste Buch der Bitte um
Regen:
Im Herbst gebraucht man neun Fische aus Loosbaum.
Das Durchdringen der Gewohnheiten:
Der Loosbaum wächst an der Südseite des Berges illlp Yi
auf Felsen. Man sammelt die im Südosten zum zweiten Male
wachsenden Aeste und verfertigt daraus Harfen. Deren Ton
ist sehr klar und angenehm.
Das Buch der entweichenden sechs |=j l Kiä: 3
Wenn der Loosbaum nicht wächst, haben die neun Land
striche verschiedene Gebieter.
Anmerkung: Durch den Loosbaum kennt man die Tage
und Monate. Im ersten Schaltmonate wachsen an ihm zwölf
Blätter. Auf einer Seite sind sechs Blätter, und man zählt
diese von unten. Ein Blatt ist ein Monat. Wenn man zu dem
oberen zwölften Blatte gelangt, ist ein Schaltmonat. Wenn man
das dreizehnte kleine noch übrig bleibende Blatt betrachtet, so
1 Der Baum Ngu-thung.
2 Ebenfalls der Baum Ngu-thung. In Japan heisst dieser Baum awo-giri
,der grüne Loosbaum*.
3 In dem sechzigtheiligen Cyclus ist pH Kiä sechsmal enthalten.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
225
weiss man, welcher Monat der Schaltmonat ist. Wenn sie nicht
wachsen, hat jeder der neun Landstriche einen anderen Ge
bieter, und die Welt ist nicht geeinigt.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Unter den Loosbäumen gibt es weisse. In dem Reiche
®|J Piao gibt es einen weissen Loosbaum, dessen Blätter mit
feinem Haar bedeckt sind. Man nimmt dieses feine Haar,
weicht es ein, spinnt es und webt daraus Tücher.
Die Denkwürdigkeiten der Wanderungen auf berühmten
Bergen :
Auf der Blase-Erdstufe (ek JE) gibt es hohe Loosbäume.
Dieselben messen hundert Umfassungen. Die alleinstehenden
Loosbäume des Berges Yi stehen ihnen nach.
Die Geschichte des Berges Tseu:
Der Berg |||$ Tseu ist der alte Yi. Mö, Fürst von Lu,
gab diesem den neuen Namen Tseu. Gegenwärtig gibt es auf
dem Berge Yi, in dem Orte, der die Südseite des Berges Yi,
noch immer viele Loosbäume. 1
Die Wagebalken der Erörterungen:
Li-tse-tsch’ang führte die Lenkung. Er wollte
das Gewissen der Gefangenen kennen lernen und verfertigte
zu diesem Zwecke aus Loosbaum die Bilder der Gefangenen.
Er grub in die Erde eine Grube und legte die Gefangenen von
Holz hinein. Er sagte: Wenn es mit dem Verbrechen seine
Richtigkeit hat, so bleibt der Gefangene von Holz unbeweglich.
Wurde man zum Geständniss gezwungen, so bewegt sich der
Gefangene von Holz und kommt hervor. — Das Gewissen
der Menschen legte sich an die Menschen von Holz.
Die Denkwürdigkeiten von dem Reiche Hoa-yang:
In Yi-tscheu gibt es Loosbäume. Die Bliitlien derselben
sind gleich fünffarbigen Seidenfäden. Die Menschen spinnen
sie und verfertigen daraus Tücher. Man nennt diese ^ %
Hoa-pu ,Blumentücher'.
Die von Tsch’in-hoai-yucn verfassten Denkwürdigkeiten
von dem südlichen Yue:
1 In dem Tribute Yii’s: Die alleinstehenden Loosbäume der Südseite
des Yi.
Sitzungsber. <1. pliil.-liist. CI. LXXX. Bd. II. Hft. 15
22fi
P f i z m a i e r.
Die Bliithen des grünen Loosbaumes haben ziemlieh Aehn-
lichkeit mit denjenigen der Baumwolle aber über-
trefFen diese um das Doppelte an Glanz.
Die von Fö-heu verfassten Erklärungen des Alterthums
und der Gegenwart:
Zu den Zeiten des Kaisers Tschao, im dritten Jahre des
Zeitraumes Yuen-fung (78 v. Chr.) reichten die Menschen von
Fung-yi sechs Schuh lange Loosbaumzweige. Es waren neun
Zweige. Jeder Zweig hatte ein Blatt.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
In dem Zeitalter des Kaisers Wu von Tsin stürzte die Ufer
bank von Lin-ping in der Provinz U. Man zog eine stei
nerne Trommel hervor. Als man sie schlug, hatte sie keinen Ton.
Man fragte deshalb ijrjj| Tscli’ang-hoa. Dieser sprach: Man
kann JIolz des Loosbaumes von Schö nehmen und daraus eine
Fischgestalt schnitzen. Wenn man die Trommel damit schlägt,
so wird sie tönen. — Man that wie er sagte. Man hörte den
Ton mehrere Zehende von Weglängen weit.
Vor dem Thore % w U-ping’s von Keu-tschang wuchs
plötzlich ein grüner Loosbaum. Auf demselben erklangen die
Töne eines Gesanges. Fing hasste dieses und er hieb den
Baum ab. Ping folgte dem Kriegsheere auf dessen Eroberungs-
zuge im Norden. Es waren im Ganzen drei Jahre, als der ab
gestorbene Loosbaum plötzlich wieder auf der alten Wurzel
stand. Ferne hörte man auf dem Gipfel des Baumes in der
Luft einen Gesang, der lautete:
Der todte Baum ist wieder grün,
U-ping eben kehrt wider Vermuthon heim.
Zu Ohren kommt ihm, dieser Baum, den er getödtet,
Er hat schon wieder Glanz und Schimmer.
Ping kehrte unvermuthet heim, wie der Dämonengesang
es besagte.
Die von Tsü-tai verfassten Wunder der Denkwürdigkeiten:
m ä Theng-pao gelangte zu der Schutzmauer von
Than-khieu. Er erstieg den nördlichen Thurm und
übernachtete daselbst. Bei dem zweiten Glockenschlage des
Abends erstieg ein Mensch, der ein gelbgebeiztes einfaches
weisses Kleid und eine solche Mütze trug, mit Leuten, die in
den Händen Fackeln hielten, den Thurm. Pao fürchtete sich
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
227
und blieb an der Wand stehen. Nach einer Weile erschienen
drei Sclavinnen, die zu den Vorhängen heraufkamen. Die
Sklavinnen brachten ein Mädchen herauf. Dieses trat mit dem
Menschen, der eine weisse Mütze trug, zwischen die Vorhänge
und übernachtete daselbst. Noch vor Tagesanbruch ging der
Mensch, der eine weisse Mütze trug, früher fort. So geschah
es durch vier bis fünf Nächte. Später, als gegen den frühen
Morgen der Mensch, der eine weisse Mütze trug, kaum fort
gegangen war, trat Pao zwischen die Vorhänge, erfasste das
Mädchen und fragte: Wer ist derjenige, der kürzlich fortge
gangen ist? — Das Mädchen antwortete: Der Leibwächter des
Lehensfürsten des Loosbaums. Es ist der Baum des Ahnentempels
im Osten des Weges. •— Um den zweiten Glockcnschlag des
Abends kam der Leibwächter des Loosbaums. Pao hieb ihn
nieder, nahm ihn und band ihn an einen Pfeiler des Thurnies.
Am nächsten Morgen betrachtete er ihn. Er war gestaltet wie
ein Mensch und drei Schuhe lang. Pao brachte ihn unter Ver
schluss und begab sich mit ihm zu dem Reichsgehilfen. Man
hatte den Strom noch nicht zur Hälfte übersetzt, als Wind und
Wellen sich erhoben. Dem Leibwächter des Loosbanmes ge
lang es, sich in das Wasser zu werfen. Wind und Wellen
waren hierauf ruhig.
Die von Jin-fang verfasste Geschichte der erzählten Merk
würdigkeiten :
Der Loosbaumgarten befindet sich in dem alten Reiche
Fu-tsch’a’s von U. Man nennt ihn auch den Harfenfluss. Der
Palast des Loosbaumgartens steht in dem Districte Kiü-yumg.
Die Ueberlieferung sagt: In einem besonderen Schlosse des
Königs von U waren Hartriegel und Loosbäume, die einen Wald
bildeten. Die Früchte dieser Loosbäume waren essbar. Die
Worte in dem Sammelhause der alten Musik: ,des Loosbaum
palastes Herbst 1 sind dasselbe wie ,der Kummer des Königs
von U.‘ 1
Das von Thsui-ki verfasste siebenfache Reine:
Hier sind Loosbäume, die wachsen an dem ursprünglichen
Bache. Sie setzen die Wurzeln an das Faule und Zerstörte, sie
vertrauen sich den steilen Stellen, wachsen an den Abgründen.
‘I Thsien ,Herbst“ wird als tsieu ,Kummer* betrachtet.
15*
5*2» sssoasw*: mur- jv:,.
228
P f i z m a i e r.
Das von Mi-sching verfasste siebenfache Hervorkommen:
Die Loosbäume des Drachenthores messen in der Höhe
hundert Schuhe und haben keine Aeste. Sie sind finster, ver
knüpft, dabei krumm und verdreht. Die Wurzeln stehen weit
auseinander und trennen sich.
Die bösen und grausamen Handlungen des Kaisers Ming
von Wei:
Zwei Loosbäume wachsen in dem leeren Brunnen,
Zweige und Blätter legen sich einander zu.
Sie verkehren mit den Quellen, waschen ihre Wurzeln,
Der Ursprungsregen befeuchtet ihre Aeste.
Die grünen Blätter, warum fallen sie und fallen?
Die grünen Zweige blicken zu den krummen Anhöh’n.
Die von Tsch’ang-hiä verfassten sieben höchsten Befehle:
Die Loosbäume des kalten Berges,
Sie steigen aus dem grossen Dunkel.
Sie halten in dem Mund Glocken und speien Stengel,
Gestützt auf den grasgrünen Spitzberg wachsend einzig.
Yang ist eine grosse Weide. |)j|J Lieu ist eine kleine
Weide.
Das Ni-ya:
•-fcjfll? Sching ist die Flussweide, jjj^ Mao ist die Sumpf
weide. Yang ist die Binsenweide.
Das Buch der Tsin:
J ^ Wang-kung führte den Jünglingsnamen
Hiao-pe. Er hatte ein schönes Aeussere, und die Menschen
fanden häufig an ihm Gefallen. Einige betrachteten ihn und
sagten: Er glänzt wie die Weide des Frühlingsmondes.
Gegen das Ende des Zeitraumes Thai-khang (280 bis 289
n. Chr.) vorfertigte man in der Niederlassung der Mutterstadt
den Gesang der zerbrochenen Weiden. Dieser Gesang begann
mit dem Beseufzen der Angriffswaffen und Lederpanzer, des
Ungemachs und der Mühsal. Er endete mit der Sache des
Erlegens, Fangens, Enthauptens und Durchschneidens. Diese
Sache bezog sich auch auf die drei ijj||f Yang. 1 Dieselben
standen im höchsten Ansehen, wurden aber sammt den Seiten-
1 Die drei Mitglieder des Geschlechtes Yiing ,Weide 1 .
Denkwürdigkeiten von den Räumen China’s.
229
geschlechtern ausgerottet und vernichtet. Die Kaiserin (von
dem Geschlechte Yang) wurde abgesetzt und starb einge
schlossen in dem Palaste. Es war das Entsprechende der ge
brochenen Weiden.
DieUeberlieferungen vonHoan-wen in dem Buche der Tsin.
Wen unternahm von Kiang-ling aus im Norden den
Angriff. Auf seinem Zuge kam er nach Kin-tsching. Er sah
die Weiden, die er in seiner Jugend, als er Lang-ye verwal
tete, gepflanzt hatte. Dieselben massen bereits zehn Umfassun
gen. Er rief wehmüthig: Die Bäume sind noch immer so.
Wodurch soll der Mensch ausdauerin? — Er umklammerte die
Aeste, erfasste die Zweige und vergoss Thränen.
Die Ueberlieferungen von verborgenen Männern in den
Geschichtschreibern des Südens:
ßj|j H* Thao-tsien führte den Jünglingsnamen m m
Yuen-ming. Er hatte hohen Sinn. Zur Seite seines Wohnhauses
befanden sich fünf Weidenbäumc. Dosswegen veröffentlichte man
einst die Ueberlieferungen von dem Frühgeboruen der fünf Weiden.
Das Buch der Wiedererhebung von Tsin:
m u Thao-khan übertraf an hellem Verstand die
Menschen. An den Wegen von Wu-tschang hatte man durch
aus Weiden gepflanzt. Ein Mensch stahl sie und pflanzte sie
in dem Hause. Khan sah sie und erkannte sie. Er fragte:
Warum stiehlst du, was die Obrigkeiten gepflanzt haben? •— Um
die Zeit hielt man ihn für einen Gott.
Das von Tsch’in-yö verfasste Buch der Sung:
j|| |j|:J Siao-hoei-khai war Zugetheilter des Sammel
hauses. 1 Er erreichte nicht seinen Zweck. Vor dem Bethause
innerhalb des Klosters befanden sich wohlriechende Pflanzen.
Hoei-khai hieb sie alle ab und pflanzte Reihen weisser Weiden.
Die Menschen sagten zu ihm: Die weissen Weiden werden
zwischen Erdhügeln und Gräbern gepflanzt. Wie kommt es,
dass du sie in dem Vorhofe und in dem Gebäude pflanzest? —
Er antwortete: Wenn ein Mensch seinen Zweck nicht erreicht,
in wie fern ist er da von einem Todten verschieden? — In
diesem Jahre starb Hoei-khai plötzlich.
' Sc.hao-fu. Dieser Angestellte befasste sieh mit sämmtlichen
Abgaben.
'»ussw* *ar; rv
; is
230
Pfi zmaier.
Das Buch der Tsi:
iE fPJ Wang-king-tsi war Heerführer der zer
streuten Reiter gewesen. Er ging als Gesandter nach Wei und
pflanzte in dem nördlichen Schlosse Weiden. Später wurde
der überzählige Leibwächter j^-L f||| Yü-tsch’ang-yao als
Gesandter nach Norden geschickt. Als er zurückkehrte, fragte
ihn King-tsi: Wie gross sind jetzt die Weidenbäume, die icli
einst gepflanzt habe? — Tsch’ang-yao sprach: Unter den Kriegs
gefangenen 1 hält man sie für süsse Holzbirnen.
Gegen das Ende des Zeitraumes Kien-wu (494 bis 497
n. Chr.) stürzte das östliche Thor des Palastes des grünen
Baches ohne Ursache ein. Ein Sturmwind entwurzelte die
Weiden vor dem Thore des östlichen Palastes. Man fragte
u # m Huen-hiao-tschii. Dieser sprach: Der grüne Bach
ist der alte Wohnsitz des kaiserlichen Hauses. Tsi ist das
Holz. Der Osten ist die Rangstufe des Holzes. Aber das
Thor des Ostens stürzt ein. Das Holz erfährt ein Schwinden.
g?|J '|^ ^ Lieu-tsiün-tschi war stechender Vermerker
von Yi-tscheu. Er machte mehrere Weiden von Scho zum Ge
schenke. Die Zweige derselben waren sehr lang und von
Gestalt gleich Seidenfäden. Kaiser Wu pflanzte sie vor die Vor
halle Hg Ling-ho in Thai-tschang, Er vergnügte sich
immer mit ihnen und rief aus: Diese Weiden sind zierlich und
lieblich. Sie haben Aelmlichkeit mit ausgespannten Faden
enden ! — Um diese Zeit wurden sie so hochgeachtet.
'föf ^ Ho-tien war ein Freund der Geschäfte. Er hörte,
dass die Wohnhäuser föj? 1Ü Lö-hoei-kiao’s und (IM P,ib
l'±. j Ci* jJ-s jij-H
Tsch’ang-yung’s neben einander stehen, dass sich zwischen ihnen
ein Teich und an dem Teiche zwei Weidenbäume befinden.
Er bewunderte dieses und sprach: Dieser Teich ist ja die süsse
Weinquelle. 2 Diese Bäume sind ja der ||| Kiao-jaug. 3
Das Buch der Sui:
IIP Lieu-ki führte den Jünglingsnamen jg 1
Tang-schi. Er hatte in Tscheu gelebt und war zugleich mit
' /iv Lu ,Kriegsgefangene 1 werden die Hiung-nu’s genannt.
2 Ha Li-thsiuen ,die Quelle des süssen Weines' ist auch der Name
eines Districtes.
3 Ein Baum, von dem immer nur zwei einander gegenüber wachsen.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
231
Ngang, Fürsten von Wen-tsching, einem Seitenverwandten, zu
Auszeichnung gelangt. Jetzt wurden sowohl Ki als Ngang äussere
Verwandte (des Kaisers). ^ ^ Yang-su war um diese
Zeit Nä-yen (Rathgeber) und wurde ernstlich zu den
Geschäften verwendet. Der Kaiser gab ein Fest. Su hielt
Ki zum Besten und sagte: Die zwei Weiden 1 sind zerdrückt.
Die einzige Weide 2 ragt allein zur Höhe. — Die Gesellschaft
lachte fröhlich. Ki hatte zuletzt keine Worte.
Kao-ying, Fürst von Pö-hai, war in seiner Jugend
sehr verständig und besass Geschicklichkeit und Gaben. Er
durchging häufig die Bücher und Geschichtschreiber und kannte
vorzüglich gut die Aussprüche und Gebote. Als er ein kleiner
Knabe war, befand sich in dem Hause ein Weidenbaum von
hundert Schuhen Höhe. Derselbe ragte empor wie ein Sonnen
schirm. Die Väter und Greise in dem Dorfe sagten: Dieses
Haus wird einen vornehmen Menschen hervorsenden.
Das Buch der Thang:
In dem Zeiträume Khien-yuen (758 bis 759 n. Chr.) mel
dete iti Wang-ki-kuang, stechender Vermerker von
Kue-tscheu, an dem Hofe: An der Grenze des Districtes Wen-
hiang befand sich der Grabhügel k ^ Niü - kua’s. 2 Im
dreizehnten Jahre des Zeitraumes Thien-pao (754 n. Chr.), als
heftige Regen und Dunkelheit eintraten, verschwand er. Jetzt
hörte man an der Flussseite und in der Nähe plötzlich die
Töne von Donner und Sturm. Man sah, dass der Grabhügel
heraussprang. Auf demselben standen zwei Weidenbäume,
unter ihnen lagen sehr grosse Steine. Jede Weide war eine
Klafter hoch. — Man zeichnete eine Abbildung und reichte
sie dar. Der Kaiser zeigte sie den hundert Obrigkeiten.
Die späteren Worte des Frühlings und Herbstes:
Ngai, König von Wei, ernannte |JJ ^ Tien-siü zum
Reichsgehilfen. Er schätzte ihn und vertraute ihm sehr.
•» Lieu, ,kleine Weide 1 , ist der Geschlechtsname Lieu-ki’s und Ngang’s,
Fürsten von Wen-tsching.
2 Yang, ,grosse Weide 1 , ist der Gesehlechtsname Yang-su’s.
3 Niü-kua lebte zu den Zeiten der fünf Kaiser und erfand die Schalmeien
und Pfeifen. Nach dem Sse-ki läuterte er fünffarbige Steine und besserte
den Himmel aus.
232
Pfizraaier.
m ? Hoei-tse sprach zu Tien-siii: Du verstehst es gewiss,
dich mit den Menschen der Umgebung- zu befassen. Jetzt aber
pflanzt man Weiden. Setzt man sie schräg, so wachsen sie.
Man bricht sie und pflanzt sie: sie wachsen nochmals. 1 Aber
gesetzt, dass zehn Menschen Weiden pflanzen und ein Mensch
sie ausreisst, so wachsen keine Weiden. Dass die Menge von
zehn Menschen, die einen leicht wachsenden Gegenstand pflan
zen, gegen einen Menschen, der ihn ausreisst, nicht aufkommt,
warum ist dieses? Ihn pflanzen ist schwer, ihn entfernen ist
leicht. Wenn du jetzt dich zwar gepflanzt hast in den König,
aber diejenigen, welche dich entfernen wollen, eine Menge sind,
so schwebst du gewiss in Gefahr.
Das Buch Pao-pö-tse:
Die Eibischbäume und Weiden, wenn man sie durch
schneidet und pflanzt, so wachsen sie. Stürzt man sie um, so
wachsen sie auch. Legt man sie quer, so wachsen sie auch.
Unter den Dingen, die leicht wachsen, ist keines gleich diesen
Bäumen.
Die von Thsui-piao verfassten Erklärungen des Altcr-
thums und der Gegenwart:
Die Blätter der weissen Weide sind rund. Die Blätter
der grünen Weide sind lang. Die Blätter der Weide sind auch
lang und dünn. Die Blätter der Holzbirnweide
sind rund und haben einen schwachen Stiel. Bei dem gering
sten Windhauch bewegen sie sich stark. Sie heissen auch: die
Hochfliegenden. Sie heissen auch: die allein sich Bewegen
den. Die Binsenweide m m wächst zur Seite des Was
sers. Ihre Blätter haben Aehnlichkeit mit denen der grünen
Weide. Sie heisst auch jjjt| Pu-yang. Sie heisst auch
•0 m schi-lieu (die Holzbirnweide). Sie heisst auch
jrij Pu-schi (die Binsen-Holzbirne). Die Wasserweide ist
die Binsenweide. Die Aeste der Weide sind stark und bieg
sam. Sie lassen sich zu Geräthen verwenden. Es gibt auch
rothe Weiden. Wenn Reiffrost fällt, sind ihre Blätter rotli.
Holz und Adern sind ebenfalls roth.
1 In den Tafeln der kämpfenden Reiche lautet diese Stelle: Diese Weiden,
wenn man sie schräg pflanzt, wachsen sie ebenfalls. Wenn man sie um
gestürzt pflanzt, wachsen sie ebenfalls.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’8.
233
Das Schue-wen:
Yang ist die Binsenweide. *||| Selling ist die Fluss
weide. Lieu ist die kleine Weide.
Die fortgesetzte Geschichte des Suchens der Götter:
Das Haus m ^ Wei-thsiuen’s von Schang-yü stand
im Norden des Districtes. Plötzlich kam ein Mensch, der mit
einem Kleide der Elternliebe und einem schwarzen Hute be
kleidet war und sich mit einem Taschentuche den Mund ver
deckte, in das Haus Thsiuen’s und sagte: Du besitzest jetzt
tausendmal zehntausend Kupfermünzen, die in kupfernen Ge
lassen vereinigt sind. Geht man zu dem grossen Weidenbaume,
so sind die Münzen unter ihm. Dass du die Münzen nimmst,
wird thunlich sein, doch für dein Haus ist dieses von sehr
unglücklicher Vorbedeutung. Ich werde sie suchen und sie für
dich nehmen. — Mit diesen Worten entfernte er sich sogleich.
Es vergingen dreissig Jahre, und er kam nicht wieder. In
dem Hause Thsiuen’s nahm man auch die Münzen nicht.
Die von Sching-hung verfasste Geschichte vonKing-tscheu:
Zur Seite des Dammes der Feste von Lö pflanzte
man lauter dünne Weiden. Die den Seidenfäden ähnlichen
Zweige verbreiteten sich in dem Winde, der durchsichtige
Schatten legte sich auf die nördlichen Feldwege.
Die abgekürzte Geschichte der drei Tsi:
Im Südosten der Feste von ^ Ke liegt die Erdstufe
der Binsen. Dieselbe ist acht Klafter hoch. Die Stelle, wo
der Anfangskaiser hielt, beiindet sich am Fusse der Erdstufe,
wo man die Pferde anbindet. Bis zu dem gegenwärtigen Augen
blicke wachsen daselbst Binsen, die noch immer blühen. Sie
haben Aehnlichkeit mit Wasserweiden, und es lassen sich aus
ihnen Pfeilspitzen verfertigen.
Die von Khung-schi verfassten Wunder der Denkwür
digkeiten :
jfjk, Sching-yi aus Kuei-ki erhob sich einst am frühen
Morgen. Auf den Wegen waren noch keine Wanderer, als
er auf einem Weidenbaume innerhalb des Thores einen Men
schen sah. Derselbe war zwei Schuh lang, trug ein hellrothes
Kleid und eine Mütze mit herabhängenden Lappen. Er bückte
sich und leckte mit seiner Zunge den auf den Blättern
234
Pf izm ai er.
liegenden Thau. Nach längerer Zeit erblickte er Yi. Er
schien zu erschrecken und war sofort verschwunden.
Die erweiterte Geschichte der fünf Grundstoffe:
Zu den Zeiten des Kaisers Siuen von Tscheu, im zweiten
Jahre des Zeitraumes Ta-ting (356 n. Chr.), fand man in
Yung-tscheu einen weissen Stein, den man in zwei Stücke zer
schlug. Es zeigte sich in ihm das Bild eines Weidenbaumes
mit gelben Wurzeln und purpurnen Blättern.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Die weisse Weide heisst auch der hochfliegende Baum.
Die Blätter sind grösser als diejenigen der kleinen Weide
Die von Thsui-schi verfassten Gebote der Monate für die
vier Classen des Volkes:
Am dritten Tage des dritten Monats nimmt man nach
oben weg und sammelt die Flockseide der Weiden. Die Flock
seide der Weiden heilt Geschwüre.
Das Buch Pen-thsao:
Die Weidenblätter heissen ebenfalls: Flockseide der
Weiden.
Das Buch der Träume:
Die Weide ist der Abgesandte.
n Kuei, ,Zimmtbaum', ist der Baum von Kiang-nan.
Das Ni-ya:
Thsin, ,Zimintbaum', ist der Baumzimmt #)•
Anmerkung: Gegenwärtig benennen die Menschen des
Südens den dickblättrigen Zimintbaum mit dem Namen ,Baum-
zimmt'. Die Blätter des Zimmtbaumes haben Aehnlichkeit mit
denjenigen des Loquat, sind aber grösser. Der Baum hat
weisse Blütlien. Er wächst in Büschen auf Felsen und Berg
hohen. Die Zweige und Blätter sind Sommer und Winter
immer grün. Er ist mit keinen anderen Bäumen vermengt.
Die von Thao-hung-king verfassten besonderen Ver
zeichnisse:
Wenn man blos Kuei ,Zimintbaum' sagt, ist dieses
vielleicht der männliche Zimintbaum Die Menschen
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China's.
235
nennen ihn den mennigrothen Zimmtbaum W #)• Sie mei
nen, dass die Rinde roth ist.
Das Buch der Abbildungen des Pen-thsao:
Es gibt drei Gattungen Zimmtbäume. Der Pilzzimmtbaum
männliche Zimmtbaum (#k #) wächst in den Gebirgsthälern
von Hai-nan. Der (gewöhnliche) Zimmtbaum (^) wächst
in Kuei-yang.
Die späteren Worte des Frühlings und Herbstes:
Su-thsin befand sich in Tsu. Nach drei Jahren
wurde er vorgelassen. Nachdem er seine Rede beendet, ent
schuldigte er sich und reiste weiter. König Wei sprach: Ich
habe den Frühgebornen gehört, als ob ich einen Menschen des
Alterthums gehört hätte. Der Frühgeborne hält tausend Weg
längen nicht für zu weit und blickte auf mich herab. Du
magst dich keineswegs aufhalten. Ich wünsche zu hören, wie du
dieses erklärst. — Su-thsin erwiederte: Die Speise des Reiches
Tsu ist werthvoller als Edelsteine. Das Brennholz ist werth-
voller als der Zimmtbaum. Wer sich zum Besuche meldet,
kommt schwer dazu, den Dämonenkönig zu sehen. Er kommt
schwer dazu, den Himmelskaiser zu sehen. Jetzt hiess man
mich Edelsteine essen und mit Zimmtbaum kochen. Durch
Vermittlung der Dämonen sah ich den Himmelskaiser. Wegen
welcher Sache sollte ich mich nicht entfernen? — Der König
sprach: Der Frühgeborne begibt sich in sein Wohnhaus. Ich
habe den Befehl gehört.
Das Buch der Thang:
Im dritten Monate des vierten Jahres des Zeitraumes
Tsehui-kung (688 n. Chr.) fielen in Tai-tscheu Früchte des
Zimmtbaumes von dem Himmel herab. Nach zehn Tagen hatte
es ein Ende.
Das Buch Iloai-nan-tse:
In dem Monde befindet sich ein Zimmtbaum.
Die von Kö-tse-hung verfasste Geschichte des Dunkeln
und Hellen:
Tung-kö einen Handwagen des
Kaiser Wu hiess
Wolkendunstes des Edelsteines Lang besteigen und sich
auf die Höhe des Erdaltars begeben. Um die dritte Nacht
wache kam die Königsmutter des Westens in einem leichten
236
P f i z m a i e r.
Wagen des ursprünglichen Göttervogels gefahren. An den vier
Seiten des Erdaltares waren in Reihen grüne Zimmtbäume mit
biegsamen Zweigen gepflanzt. Wenn der Wind wehte, fegten
die Aeste der Zimmtbäume auf den Stufen den wandernden
Staub.
Die Geschichte von Thsin-yang:
Auf dem Berge Liü befinden sich drei steinerne Brücken.
Dieselben sind mehrere Zehende von Klaftern lang, ihre Breite
beträgt nicht ganz einen Schuh. Unter ihnen ist eine boden
lose Tiefe. & m U-meng erstieg mit seinen Schülern den
Berg und kam an diesen Brücken vorüber. Er sah einen
Fürsten, der unter einem Zimmtbäume sass und mit einem
Königsbecher süssen Thau auffing. Er gab Meng zubereiteten
Trank.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Der Zimmtbaum stammt aus Hö-phu, er muss aber auf
dem Gipfel hoher Berge wachsen. Sommer und Winter ist er
immer grün. Er ist so beschaffen, dass er für sich einen
Wald bildet. Dazwischen sind keine anderen Bäume gemengt.
In Kiao-tschi legt man Zimmtgärten an.
^ San ist die Cypresse oder Ceder. 1
Anmerkung zu dem Ni-ya: 2 Der Baum hat Aehnlichkeit
mit der Fichte und wächst in Kiang-nan. Man kann daraus
Schiffe und Särge zimmern. Die aus dem Holze verfertigten
Pfeile verfaulen nicht, wenn sie in die Erde vergraben werden.
Die Erklärungen zu den Unternehmungen des Zeitraumes
Hien-khang (334 bis 342 n. Chr.) von Tsin:
Der aufwartende kaiserliche Vermerker m & Thsin-
wu meldete an dem Hofe: Im Osten des vor Ping-ling liegenden
Weges welkte ein Cypressenbaum und starb ab. Man ersetzte
1 Der botanische Name dieses Baumes ist Cupressus japonica. Für
schrieb man ursprünglich ein Zeichen, in welchem zur lin
ken und pfj zur rechten Seite gesetzt ist.
2 In dem Ni-ya wird der Baum auch m pi genannt.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
237
ihn durch einen Pistazienbaum. Ich bitte, den Befehlshaber
der Anhöhe 1 aufzugTcifen und ihn in Untersuchung zu ziehen.
Die vermischten Nachrichten von der Mutterstadt des
Westens:
In der Mitte des Teiches ja 'M Thai-yi befand sich
ein kleiner Teich, dessen Name: der Teich des einzelnen
Baumes. In dem Teiche lag eine Insel. Auf der Insel stand
ein Cypressenbaum. Derselbe mass zehn Umfassungen und
erschien von ferne wie ein Wagendach. Daher benannte man
ihn den Teich.
Die von Lieu-hin-khi verfasste Geschichte von Kiao-tscheu :
Zweihundert Weglängen östlich von Hö-phu stand ein
Cypressenbaum, dessen Blätter, von dem Winde getragen, in
die Feste von Lö-yang 2 fielen. Zu den Zeiten der
Han sagte ein guter Beobachter: Dieses ist ein glückliches
Zeichen. Es wird Einen, der als König herrscht, hervorgehen
machen. •— Desswegen schickte man tausend Leute aus, damit
sie den Baum fällen. Von den Arbeitern starben viele. Drei
hundert Menschen, die auf dem abgehauenen Stumpfe gesessen
waren, forderten sich gegenseitig auf, mehr als zur Genüge
zu essen.
Das Schue-wen:
Der Baum Fung ,Ahorn* 3 hat dicke Blätter und
schwache Aeste, die sich leicht bewegen. Man pflanzt ihn
häufig in den Palästen und Vorhallen von Han. Nachdem Reif
gefallen, sind seine Blätter von lieblicli mennigrother Farbe.
1 Wie bereits oben (S. 16) gesagt worden, bezeichnet [{jfe Ling ,Anhöhe 1
ursprünglich den Grabhügel eines Kaisers.
2 Hier kann nicht Lö-yang in Ho-nan gemeint sein. Welcher Ort durch
diesen Namen bezeichnet wird, liess sich nicht ermitteln.
3 Der botanische Name des in Japan vorkommenden gleichnamigen Baumes ist
Acer trifidum, der japanische Name momidzi, auch kajede und katsüra. Nach
Bretsclmeider ist der Baum, der in China mit dem Namen fung
bezeichnet wird, nicht Acer, sondern Liquidambar formosana. Indessen
scheinen die Worte des Citates aus dem Schue-wen, das auch in dem
japanischen Wörterbuche Sio-gen-zi-kö enthalten ist, ganz gut auf Acer
zu passen. Ob nicht in China in neuerer Zeit der Name auf einen an
deren Baum übertragen wurde, mag dahingestellt bleiben.
238
Pfizmaie r.
Das Ni-ya:
DH[ Fung ist der Baum ^ ;jj|j Tsche-tsche.
Anmerkung: Wenn Wind weht, bewegt sieh der Baum.
Er heisst desswegen ^ Tsche-tsche ,erfasst und gezogen
werden“. Er hat Aelinlichkeit mit der weissen Weide. Die
Blätter sind rund und zweizackig. Sie sind harzig und wohl
riechend. Es ist der heutige Baum ^ Ftmg-hiang ,der
Wohlgeruch des Ahorns“.
Das Buch der späteren Tscheu:
Zu den Zeiten des Kaisers Wu, im siebenten Monate des
ersten Jahres des Zeitraumes Thien-ho (567 n. Cln-.), richtete
man in Liang-tscheu nach oben die Worte: Der Paradiesvogel
sitzt auf einem Ahornbaume. Die Vögel, zehntausend an der
Zahl, warten ihm in Reihen auf.
Die Beschreibung der Pflanzen und Bäume der südlichen
Gegenden:
Die Früchte des Baumes des Ahornwohlgeruchs sind so
gross wie Vogcleier. Die Farbe der Bliithen im zweiten Mo
nate ist weiss. Sie setzen fortlaufende Reihen von Früchten
an. Im achten oder neunten Monate sind diese reif. In der
Sonne getrocknet, lassen sie sich brennen. Man findet den
Baum in der Provinz Kieu-tschin. 1
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
Das Geschlecht |^- Tschin in U-schang hatte eine Toch
ter, welche noch nicht vermalt war. Sie zog die Schuhe an
und stieg geradezu auf den Gipfel eines grossen Ahornbaumes,
ohne sich durch das Gefährliche abhalten zu lassen. Sie blickte
zurück und sagte: Ich soll eine Göttin werden. Ich gehe jetzt
für immer fort. Ist aber zur Linken das Grasgrüne, zur Rech
ten das Gelbe, so kehre ich bald heim. — Alle Menschen des
Hauses kamen heraus, um sie zu sehen. Sie erhob die Hände
und sagte Lebewohl. Hierauf setzte sie wie ein Wirbelwind
hoch und leicht hinüber. Auf dem höchsten Gipfel gesehen,
verschwand sie. Da man den Sinn des Grasgrünen und Gelben
nicht verstand, stellte man jeden Frühling sofort einen gras
grünen Hund, im Herbst einen gelben Hund hin und opferte
ihr unter dem Baume.
1 Heutzutage Gebiet Cochinelüna’s.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
239
Die von Jin-fang verfasste Geschichte der erzählten Merk
würdigkeiten :
Im Süden gibt es Ahornsohnsdämonen. Die ältesten
Ahornbäume nehmen die Gestalt der Menschen an. Man nennt
sie auch die das Reingeistige annehmenden Ahornbäume.
Die Denkwürdigkeiten der Verzeichnisse des Landes
aussex-halb der Berghöhen:
Auf der Berghöhe der Ahornmenschen gibt es viele
Ahornbäume. Wenn der Baum alt ist, so hat er Beulen und
Kröpfe. Wenn in der Nacht plötzlich Gewitter und Platz
regen sich ereignen, so sind die Auswüchse dieses Baumes
dunkel und drei oder mehrere Schuh lang. Man nennt sie
Ahornmenschen. Die Beschwörer von Yue sagen: Wenn man
sie nimmt und daraus Götter und Geister schnitzt, so bringt
man die reingeistige Bestätigung zuwege.
* m Yü-tschang ist der Kampherbaum.
Das Buch der Tschin:
Als ^ j||- ^ Heu-king-tschi den Frieden herstellte,
wurde die Vorhalle der grossen Gipfelung verbrannt. In dem
Zeiträume Yung-ting (557 bis 559 n. Chr.) berieth man sich
und wollte sie aufbauen. Es fehlte blos ein Pfeiler. Im sie
benten Monate schwamm ein Kampherbaum, der achtzehn Um
fassungen dick und vier Klafter fünf Schuh lang war, in
den Flussarm hinter einem Töpferhause des Ankerplatzes.
9f i Tseu-tse-khing, Beaufsichtiger des Kriegsheeres,
brachte dieses zu Ohren. Eine höchste Verkündung erfolgte,
dass ^ Tsch’in-tschung-kien, Gebieter der Bücher,
die Abtheilungen errichten, der oberste Buchführer die Vor
halle der grossen Gipfelung zusammenfügen solle.
Das Buch Hoai-nan-tse:
Die Schminkbohnen wachsen und kriechen weiter. In
einem Tage nehmen sie um mehrere Zolle zu. Man kann aus
ihnen keine Dachbalken verfertigen. Wenn Kampherbäume
wachsen, kennt man es erst in sieben Jahren. Desswegen kann
man aus ihnen Särge und Schiffe verfertigen.
Die Ueberlieferungen hochgesinnter Männer:
Yao suchte =j^ Hiü-yeu auf und ernannte ihn zum
Aeltesten der neun Landstriche. Yeu hörte schlecht und wusch
240
Pfizmaier.
die Ohren in dem Strome, Jjf. Thsao-fu sali es und
sprach zu ihm: Der Kampherbaum wächst auf den hohen Ber
gen. Der Künstler ist geschickt, doch er kann ihn nicht er
langen. Wenn du die Welt meidest, warum verbirgst du dich
nicht tief?
Die Denkwürdigkeiten von der Beschalfenheit der Länder:
Im Süden der Feste der Provinz Yü-tschang stand ein
Kampherbaum, der mehrere Zehende von Klaftern hoch war.
Als man die Provinz gründete, benannte man diese nach ihm.
In den Jahren des Zeitraumes Yung-kia von Tsin (307 bis
312 n. Chr.) war er noch blätterreich.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Wenn der Kampherbaum über sieben Jahre gewachsen
ist, unterscheidet man ihn erst.
Anmerkung: Die gewöhnlichen Bäume haben mit dem
Kampherbaume Aehnlichkeit. Man wartet daher sieben Jahre,
um ihn unterscheiden zu können.
Das Buch der Gewässer:
Das südwestliche Thor der Feste von Yü-tschang heisst
das Thor von Sung-yang. Innerhalb des Thores steht ein
Kampherbaum. Derselbe ist sieben Klafter, fünf Schuh hoch und
fünfundzwanzig Umfassungen dick. Die Aeste und das Laub
stehen weit auseinander. Sie senken den Schatten auf mehrere
Morgen Landes.
Die Geschichte von Yü-tschang:
An dem Thalwasser Fung in dem Districte Sin-thu
steht ein Kampherbaum. Der Setzling, den man verwendete,
wuchs alsbald zu einem Baume heran. Gegenwärtig behält man
noch diesen Baum und umfasst ihn mit vereinten Armen. Da
man ihn verkehrt gepflanzt hatte, senken sich jetzt die Aeste
und Zweige nieder.
Nan ist ein dem Kampherbaume ähnlicher Baum, wird
aber auch für den Kampherbaum selbst gebraucht.
Die Geschichte von Thsin-yang:
Auf dem Berge des gelben Metalls steht ein Kampher
baum. Das erste Jahr blüht dessen östliche Seite, und die
westliche Seite verdorrt. Das folgende Jahr blüht dessen west
liche Seite, und die östliche Seite verdorrt. Jahr um Jahr ist
Denkwürdigkeiten von den Baumen China's.
241
es so. Tsch’ang-hoa sagt: Es ist der Baum gl
Kiao-jang. 1
Kuai ist der Lebensbaum. 2
Das Ni-ya:
Der Lebensbaum hat die Blätter des Pistazienbaumes und
den Körper der Fichte.
Anmerkung: Der Baum erträgt die Kälte. Wenn er
ausgewachsen ist, kann man daraus Särge und Schiffe zimmern.
Das Mao-schi:
Die Ruder aus Lebensbaum, das Schiff aus Fichte.
# Tsö ist die Esche.
Das Ni-ya:
Yü ist der Baum ff Tschii (beides Esche).
Das Mao-schi: Nur die Aeste der Eschen, ihre Blätter
sind in Fülle.
Anmerkung: Die Esche ist ein harter und zäher Baum.
Wenn die neuen Blätter wachsen wollen, fallen die alten erst
ab. Die Blätter haften sehr fest. Die Fruchtschalen bilden
(kleine) Nössel, mit denen man schwarz färben kann. Gemeinig-
oder auch jj^ Yp Yü-teu (beides Eschennössel).
Die vermischten Nachrichten von der Mutterstadt des
Westens:
In dem Palaste der fünf Eschen standen fünf Eschen
bäume, die sich in einer fortlaufenden Reihe umfingen. Die
Aeste der fünf Bäume überschatteten mehrere Zehende von
Morgen Landes.
Die von Thsui-piao verfassten Erklärungen des Alter-
tlmms und der Gegenwart:
Der eingemeisselte Baum (||g % tsü-möj stammt aus
dem Reiche Lin-yi in Kiao-tscheu. Er ist von Farbe schwarz
und hat Streifen. Man nennt ihn auch ^ ^ Wen-mö,den
gestreiften Baum'.
1 Ein Baum, von (lern immer zwei einander gegenüber wachsen. Er wurde
schon oben (S. 230) erwähnt.
2 Der botanische Name ist Thuja orientalis.
Sitzungsber. d. phil.-kist. CI. LXXX. Bd. II. Hft. 16
242
Pfizm aier.
Die von Tscheu-tsch’u
und des Bodens:
verfasste Geschichte des Windes
Nach einer alten
Sage wurde Schün in Schang-yü be-
o-rabon. Ferner lautet eine Nachricht: Er ackerte auf dem Berge
der Districte Ning
J^k Ei und begann damit an der Grenze
und $>|] Sehen. Das Feld, auf welchem Schün ackerte, liegt
dem Fusse des Berges. Auf dem Berge gibt es viele Eschen
au
bäume. Iu U und Yue belegt man die Esche mit dem Namen
hSf Li. Desswegen sagt man: Berg Wz Li (Eschenberg).
Than ist der Spindelbaum.
Das Buch Pen-thsao:
Der purpure Spindelbaum. Der weisse Spindelbaum.
Anmerkung: Der allgemeine Name ist jfly Tschen-than.
Das Mao-schi:
Ich bitte dich, Tschung-tse,
Ueberschreite nicht meinen Garten,
Brich nicht meinen Baum, den Spindelbaum!
Anmerkung: Der Spindelbaum ist ein starker und zäher
Baum.
Die Nachrichten von den Grabhügeln hoch weiser Männer:
Auf dem Grabe Khung-tse’s gibt es Spindelbäume.
ijig Tsche ist der Buchsbaum.
Das Schue-wen:
Der Buchsbaum ist eine Art Maulbeerbaum.
Das Buch der Seidenraupen:
Wenn man mit den Blättern des Buchsbaums Seiden
raupen füttert, so taugt die Seide, die man erhält, zu Harfen.
Die Saiten geben einen klaren Ton von sich und übertreffen
diejenigen von gewöhnlicher Seide.
Das Buch der Gebräuche:
Zu den Pfeilen nimmt man Buchsbaum oder Dornstrauch.
Man entferne nicht die Rinde.
Der Bogner unterscheidet sechs Arten Holz. Das erste
heisst Buchsbaum.
Die Untersuchungen über die alten Geschichtschreiber:
Die Bogen des Rabengeschreies verfertigt man ans Buchs
baumästen.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Ckina’s.
243
Das Buch der späteren Han:
ii m Tsiao-tscheu sagt: Die Aeste dos wilden Buchs-
baums sind kraftvoll. Der Rabe setzt sich auf sie. Wenn er
auffliegt, schnellen ihn die Aeste fort. Der Rahe erschrickt
dann und schreit. Man nimmt sie und verfertigt daraus Bogen.
Man sagt daher: die Bogen des Rabengeschreies.
Die von Thsui-piao verfassten Erklärungen des Altertlmms
und der Gegenwart:
Die Früchte des Buchsbaums heissen Kia.
Das Buch Pen-thsao:
Der Stamm des Baumes färbt mit gelber und rother
Farbe. Man nennt dieses das Buchsbaumgelb. Der Himmels
sohn kleidet sich darein.
Die von Thsui-schi verfassten Gebote der Monate für die
vier Classen des Volkes:
Die Farbe, mit welcher der Buchsbaum färbt, ist gelb
und roth. Sie wird von dem Gebieter der Menschen geehrt.
Anmerkung: Das Gelbe entspricht dem Geehrten. Das
Rothe ist die Gegend des Südens, der sich der Gebieter der
Menschen zuwendet.
Die Geschichte von Yün-nan:
Die Dächer der Häuser von ify J|| Hoei-tschuen rei
hen sich aneinander und bestehen aus Bretern und Riedgras.
Die Wohnhäuser erfüllen die Uferbänke des Flusses. Diese
sind lauter Bäume, die Blüthen tragen. Unter ihnen sind auch
rothe Buchsbäume.
Khi ist der Mispelbaum. Man sagt gewöhnlich « fE
Keu-khi.
Das Kuang-yün:
Der Mispelbaum heisst im Frühlinge ^ -jr Thien-
tsing-tse ,der Sohn des Himmelsgespenstes'. Im Sommer heisst
er Keu-khi. Die Blätter heissen im Herbste n ^
Khiö-lao ,das Alter zurückwerfend'. Das Holz heisst im Win-
ter iül # Jk thi-kö-pi ,die Haut der Erdknochen'.
Das Buch Pen-thsao:
Der Baum heisst auch: der Stab der unsterblichen Men
schen. Die Wurzel heisst auch: die Haut der Erdknochen.
16*
244
Pfizmai er.
Das Mao-schi:
Ich bitte dich, Tsehung-tse,
Ueberschreite nicht mein Dorf,
Brich nicht meinen Baum, den Mispelbaum.
Die fernere Erklärung-: Khi ,Mispelbaum' ist der
Banm ^pj *jj|* Keu-kö .die 11 undeknochen'.
Das kleine Richtige des Mao-schi:
In Fülle der Thau
Liegt auf jenen Mispelbäumen und Dornen.
# Tse ist der Hartriegel. Eine andere Art dieses
Baumes heisst Thsieu. Das Ni-ya nennt ihn den Ratteu-
Hartriegel.
Anmerkung zu dem Ni-ya: Gegenwärtig findet man in
Kiang-tung den Tiger-Hartriegel m #)•
Die von Lö-ki verfassten terneren Bedeutungen des
Mao-schi:
Auf dem weisson Berge wächst der Hartriegel. Das Ni-ya
sagt: Yii ist der Ratten-Hartriegel. — Die Blätter und
die Adei-n dieses Baumes sind wie bei dem Baume ft Thsieu.
Es ist eine verschiedene Art des til ft Sclian-thsieu ,Berg-
Hartriegels'. Die jetzigen Menschen nennen ihn i? ft
Khu-thsieu ,den bitteren Hartriegel'. Wenn er feucht ist, ist
er gebrechlich. Ist er trocken, so ist er hart. Gegenwärtig
geben ihm die Menschen von Yung-tsch’ang den Namen: Ratten-
Hartriegel.
Die von Yö-thse verfassten späteren Ueberlieferungen des
Frühlings und Herbstes:
Der Abgesandte J||j Tsching-khe trat in TTan-kö.
Als er nach Ping-schü gelangte, sah er einen ungeschmückten
Wagen mit weissen Pferden. Man sagte zu ihm: Der Gebieter
des Berges der acht Blumen bringt dem Gebieter des Teiches
ITao eine Schrifttafel. Wenn du nach Hien-yang gelangst
und an dem Teiche Hao vorüberkommst, siehst du einen
grossen Hartriegel. Bei dem Baume ist ein gestreifter Stein.
Du nimmst ihn, klopfest damit an den Baum, und es wird dir
Jemand Antwort geben. Du übergibst ihm den Brief. —
Tsching-khe that, wie ihm gesagt wurde. Er sah Paläste und
Thorwarten gleich dem Wohnsitze eines Königs. Ein Anmeldender
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
245
kam heraus, nahm das Schreiben in Empfang' und trat ein.
Nach einer Weile sagte er: Dieses Jahr stirbt der ahnherrliche
Drache.
Thsieu ist eine Art Hartriegel
Das Ni-ya:
Der Baum :< j5j Thao ist der |J[| Schau -ku ,der
Bei'ghartriegeP. 1 Der kleinblätterige Baum thsieu heisst
7^ ku. Er ist gross und grobrindig. Der Baum thsieu
ist klein und grobrindig.
Das Ytin-hoei:
Der Baum thsieu ist mit dem Baume Tse ,Hart
riegel 1 von Stamm gleich, von Spitze verschieden, gleichwie
der Lebensbaum die Blätter des Pistazienbaumes, den Körper
der Fichte hat.
Das Schue-wen: Der Baum ^ tse ist gross und grob
rindig. Der Baum j.jjp' thsieu .ist klein und grobrindig. Der
Baum, 7^=1 ku ist der )0( thsieu. Er ist auch eine Art
kuai jSophorah
Das Ni-ya:
Der Baum Thsung hat die Blätter der Fichte, den
Körper des Pistazienbaumes.
Die Erklärung Kö-pö’s:
Gegenwärtig verwendet man diesen Baum zu den Balken
der grossen Ahnentempel. P T Schi-tse sagt von ihm:
Die Ratte der Fichten- und der. Pistazienbäume weiss nicht,
dass es in den Hallen und inneren Häusern vortreffliche Fich
tenpistazienbäume gibt.
m Tsiao ist der Pfefferbaum.
Die von Lö-ki verfassten ferneren Bedeutungen des
Mao-schi:
Der Pfefferbaum hat Aelmlichkeit mit dem Oleaster
(« W- & besitzt Nadeln und Stacheln. Er ist hart und
dabei glatt und feuchtglänzend. Wenn die Menschen von Scho
1 Der heutige Baum iii m Schan-thsieu.
246
Pfizmaier.
gewöhnlichen Theo (^), die Menschen von U spätgepfliick-
ten Thee (^) hersteilen, sieden sie die Blätter dieses Baumes
und gebrauchen sie als Würze. Gegenwärtig wächst in den
Gebirgen nächst Tsching-kao ein Pfefferbaum, den man den
bambusblätterigen Pfefferbaum nennt. Derselbe ist ebenfalls
gleich dem Pfefferbaume von Scho. Er ist etwas giftig, hitzig
und taugt nicht zu Zuthäten für Arzneien. Man kann ihn in
Speisen und Getränke geben. Für gedünstetes Huhn- und
Schweinfleisch ist er eine gute Würze. Die Pfefferbäume auf
den Meerinseln von Tung-hai sind von Aesten und Blättern
einander ähnlich. Die Früchte sind lang, nicht rund und sehr
gewürzhaft. Ihr Geschmack hat Aehnliclikeit mit demjenigen
der Pomeranzenschalen. Wenn die Rehe und Hirsche auf den
Meerinsoln diese Pfefferblätter verzehren, so erhält ihr Fleisch
einen Geruch nach Pomeranzen.
Die von Ying-schao verfasste Weise der Obrigkeiten
von Han:
Die Kaiserin heisst das Pfeffergemach. Man nimmt es
in der Bedeutung, dass diese Früchte wuchern und das Gan-
tangmass füllen. Man bewirft das Dach mit Mörtel aus
Pfefferkörnern. Man .nimmt es auch in der Bedeutung ihrer
Wärme.
Die von Tsch’ang-pan verfasste Geschichte der Han:
Die Kaiserin von dem Geschlechte W Tü, Gemahn des
vorhergehenden Kaisers Hoan, starb. W flf Tsao-tsie und
£ H Wang-pu, beständige Aufwartende der Mitte, wollten
sie nach den Gebräuchen für einen theueren Menschen be
graben lassen. Der grosso Beruhiger ^p jffj Li-ku hielt die
Sänfte fest. Er erhob sich, zerstiess Pfeffer und folgte nach.
Er sagte zu seiner Gattin und seinen Kindern: Wenn die
Kaiserin dom Kaiser Hoan nicht gleichgestellt wird, so kehre
ich nicht lebendig zurück.
Die von dem Geschlechte Wei verfassten Ueberein-
stimmungen und Verschiedenheiten des Frühlings und Herbstes:
Tschung-yao, der unechte Sohn von einer be
günstigten Gemalin, setzte seiner Mutter willen die rechtmäs
sige Gemalin ab. Kaiser Wen befahl, sie wieder einzusetzen.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
247
Yao ergrimmte. Er ass Pfeffer und braclite die Mundsperre
zuwege. Der Kaiser stand davon ab.
Das Buch der Tsi:
In dem Zeiträume Kieu-wu (494 bis 497 n. Chr.) em
pörte sich I * M Wang-king-tsT in Kuei-ki. Er wollte
? ft Tse-khö bewegen, den Namen herzugeben, aber
Tse-khö entfloh, und man wusste noch nicht seinen Aufent
haltsort. m % Yao-kuang, König von Schi-ngan, rieth dem
Kaiser, alle Söhne und Enkel der Kaiser Kao und Wu hin
richten zu lassen. Hierauf forderte man m e Tschao-
tsch’eu, König von King-ling, und Andere, über sechzig Men
schen, auf, in das Amthaus von Yung-fö zu treten. Man
befahl dem ersten Arzte, zweimal zehn Nössel Pfeffer zu
sieden. Zugleich erging der höchste Befehl, Holz für mehrere
Zehende von Särgen auszuscheiden. Man sagte zu dem Haus
genossen fj[, Tsch’in-hoei-feu: Wenn der Pfeffer ge
sotten ist, werden sie zu gleicher Zeit mit dem Tode beschenkt.
Um die dritte Nachtwache tödte man sie. — Als der Kaiser
sich für einige Zeit niederlegte, sagte der den Büchern Vor
gesetzte: Man nehme die Eröffnung, halte sich an den höchsten
Willen und werfe sie zu Boden. — Hoei-feu blieb fest und
sprach: Die Sache muss nochmals untersucht werden. — Am
Abend, um die dritte Nachtwache entfloh Tse-khö barfuss und
gelangte zu dem Thore von Ivien-yang. Der Kaiser hörte es
und erwachte im Schrecken. Er sprach: Soll ich den Lehens-
fürsfen noch nicht das Leben schenken? — Hoei-feu antwor
tete. Der Kaiser fuhr mit der Hand über das Bett und sprach:
Yao-kuang bringt oft Falschheit in die Sache der Menschen. —
Als er Tse-khö sah, fragte er ihn rücksichtsvoll und vergoss
Thränen. Allen Lehensfürsten wurden Speisen zum Geschenke
gereicht.
Die von Thsui-sehi verfassten Gebote der Monate für die
vier Olasscn des Volkes:
Am Morgen des ersten Monats reicht man Wein und
lässt die Geister hei-absteigen. Wenn dieses geschehen ist,
setzt sich alles in dem Hause ohne Unterschied reihenweise
vor den Ahnherrn. Von den Söhnen und Enkeln reicht ein
jeder Pfefferwein dem Aeltesten des Hauses. Den Kelch nennt
man ^ |Aj Khiü-pe, ,das Weisse (den Wein) erhebend'.
248
Pfizmaier.
Die von Fan-tse verfassten Berechnungen:
Der Pfeffer von Schö kommt aus Wu-tu. Der rothfarbige
ist der beste. Der Pfeffer von Thsin kommt aus Lung-si und
Thien-schui. Der kleine ist der beste.
Mö-lan, ,die baumartige Luftblume', ist der Biber
baum. 1
Das Buch der Han:
Zu den Zeiten des Kaisers Hiao-hoan, im ersten Jahre
des Zeitraumes Yuen-kia (151 n. Chr.), wuchs die Unsterb
lichkeitspflanze auf einem Biberbaume des rückwärtigen Vorhofes.
Die Ueberlieferungen von göttlichen Unsterblichen:
Yü-kiün von Pe-hai erkrankte an der Krätze.
Er sah einen Mann, der auf dem Markte Arzneiwaaren ver
kaufte. Er ging hin und fragte ihn. Der Mann sprach: Mor
gen werde ich dich unter einem Biberbaume sehen. — Am
nächsten Tage ging Yü-kiün hin und empfing zwei Rollen un
gefärbter Bücher. Er tilgte dadurch Unheil und brachte Hilfe
bei Krankheiten. Alle Krankheiten wurden geheilt.
Die von Kö-tse-hung verfasste Geschichte dos Dunklen:
Im dritten Jahre des Zeitraumes Yuen-fung (108 v. Chr.)
zum Geschenke. Man gab ihnen Blätter des Biberbaumes und
liess die Reiche der Gegenden diese Blätter als Tribut bringen.
Diese Rinder verzehrten nicht viel. Wenn sie ein Blatt ver
zehrten, waren sie Monate hindurch nicht hungrig.
Die von Jin-fang verfasste Geschichte der erzählten
Merkwürdigkeiten:
Die Insel der Biberbäume liegt in dem Strome von Thsin-
yang. Sie enthält viele Biberbäume. Einst pflanzte hier König
Kö-liti von U Biberbäume. Er gebrauchte sic zur Zusammen
fügung von Palästen und Vorhallen.
Auf der Flussinsel der sieben Weglängen befindet sich
das Schiff, welches ^ Lu-puan aus Biber bäum zimmerte.
Es befindet sich bis zu dem heutigen Tage noch auf der Insel.
1 Der botanische Name dieses Baumes ist Magnolia glauca.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
249
Das von Dichtern gebrauchte Wort ,Schiff des Biberbaums £
stammt davon her.
* A Yc-hö, ,in der Nacht sich schliessend', ist der
Name eines Baumes.
Die Geschichte des Windes und des Bodens:
Die Blätter des Nachtschliessens breiten sich am frühen
Morgen aus und schliessen sich am Abend. Sie heissen auch
& # Hö-hoeu, ,der sich schliessende Abend'.
"U" ^ Kan-thang, ,der süsse Holzbirnbaum'.
Das Ni-ya:
Tu ist der süsse Holzbirnbaum.
Die ferneren Erklärungen Kö-pö’s:
Der heutige Baum ^ Tu-li, der von Farbe roth
ist, heisst der rothe Holzbirnbaum. Der weisse heisst ebenfalls
^ thang ,Holzbirnbaum'.
Die ferneren Erklärungen des Mao-schi:
Der slisso Holzbirnbaum ist der heutige Baum Tu-li. Die
Früchte desselben sind von Farbe weiss. Sie sind ein wenig
sauer, schlüpfrig und gut. Die Früchte des rothen Holzbirn
baumes sind herb und sauer, dabei geschmacklos. Das Gefüge
des Baumes ist hart und zäh. Man kann daraus Bogen und
Pfeilschafte verfertigen.
Das Schue-wen:
Der Baum Tu ist der süsse Holzbirnbaum. Der
männliche Baum heisst ^ thang. Der weibliche Baum heisst
Tu. Puan-kuang sagt: Der rothe ist der Tu.
Der weisse ist der ^ thang.
Das Schao-nan in dom Buche der Gedichte:
In Fülle der süsse Birnbaum,
Er werde nicht geschneitelt, nicht gefällt!
Für Schao-pe 1 war er ein Dach.
*H| Tang ist eine Art Oleaster J^f). Nach dem
Tsi-yiin ist es der Pfeffer von Yue.
1 Scliao-jpe ist der erste Fürst des Reiches Yen.
250
Pf i zm ai er.
Das Ni-ya:
Pfeffer, Pfeffer von Yue und Ingwer sind die drei
Gewürze.
Das Iloei-yün:
Der Pfeffer von Yue (fang) stammt aus Miu-tschung und
Kiang-tung.
Der Frühling und Herbst von Sung:
Im sechsten Jahre des Zeitraumes I-hi (410 n. Chr.)
wuchsen grosse rothe Holzbirnbäume und Pfefferbäume von
Yue zur Seite des Erdaltares. Der Pfeffer von Yue schätzt
das Schwarze. Sung ist die Tugend des Wassers. Beides
brachte plötzlich diesen Baum hervor.
Li ist die Eiche.
Das Buch der Gewässer:
An der einzelnen Seitentiefe des Baches # HP Jö-ye
stand ein Eichbaum. gj|J' ||| j||| Sie-ling-yün lustwandelte
einst zu ihm mit seinem Neffen JÜ IS Hoei-lieu. Er ver-
j üt* Ni.
fasste fortlaufende Zeilen und schnitt den Text in die Seiten
des Baumes.
% Yü ist die Rosskastanie.
Das Buch der späteren Han:
Als Li-siün sich nach Lö-yang begab, war eine
Missernte, Tschang-min, Vorsteher der Räume, ^ ^
Lu-kung, Vorsteher der Schaaren, und Andere schickten ein
jeder ihre Söhne, damit sie Mundvorräthe bringen. Es wurde
nirgends etwas von ihnen erlangt. Sie zogen weiter und weilten
unter dem neuen Grenzpasse. Sie lasen Rosskastanien auf und
behalfen sich damit.
Das Buch der Tsin:
f|l JSf| Tschi-yü begleitete den Kaiser Hoei auf dessen
Reise nach Tschang-ngan. Als das Kriegsheer des Ostens ent
gegenkam, entflohen die hundert Obrigkeiten. Diese zerstreuten
sich hierauf in Hu und Tu. Sie traten im Um wenden in das
südliche Gebirge. Sie hatten keine Mundvorräthe mehr und
litten viel Hunger. Sic lasen Rosskastanien auf und verzehr
ten sie.
'
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
251
7t MH Yuen-hien-tschi, Vorsteher der Pferde, zog
aus, um Hoan-yuen zu strafen. Um die Zeit war
der District Yang von Hungersuoth lieimgesucht und leer,
Umführen und Verschiffen nahm keinen Fortgang. Yuen wurde
von dem Wege des Stromes abgeschnitten. Hierauf hatten das
Oeffentliche und Besondere Erschöpfung und Mangel. Die
Krieger wurden blos mit Lattich und Rosskastanien betheilt.
Der Garten der Gespräche:
Mö, Fürst von Khiü, hatte einen Diener, Namens
* m m Tschü-li-fu. Derselbe diente dem Fürsten Mö
und wurde nicht' gekannt. Im Winter weilte er in den Ge-
birgswäldern und ass Rosskastanien und Kastanien. Im Sommer
weilte er auf den Flussinseln und in den Sümpfen und ass
Wasserlinsen. Fürst Mö starb im Unglück. Tschü-li-fu wollte
hingehen und mit ihm sterben. Sein Freund sprach: Du dientest
dem Gebieter und wurdest nicht gekannt. Jetzt hat der Ge
bieter Unglück, und du, mein Sohn, stirbst mit ihm: meine
Meinung ist, dieses darf nicht sein. - Tschü-li-fu sprach: Ich
hatte geglaubt, dass der Gebieter mich nicht kennt. Wenn
jetzt der Gebieter stirbt und ich nicht sterbe, so hat er mich
wirklich nicht gekannt. Ich werde mit ihm sterben, um vor
der Welt denjenigen zu entschuldigen, der seinen Diener nicht
kannte. — Hierauf ging er hin und starb.
* ^ Hu ist der rothe Dornstrauch.
Die Erklärung zu dem Buche der Schang:
Der rothe Dornstrauch taugt zu Pfeilschäften. Er kommt
aus den Sümpfen des Yüu-mung.
Das Mao-schi:
Siehe jenen Fuss des Han! 1
Haselstauden, rother Dornstrauch in Menge.
Die von 1 m-ki verfassten weiteren Erklärungen des Mao-schi:
Der Baum hat Aehnlichkeit mit dem Dornstraucli von
Tsu, hat aber rothe Stengel. Diese haben Aehnlichkeit mit
der Stabwurz. Die Menschen von Schang-thang zernichten ihn
und verfertigen daraus Nössel, Büchsen und Gefässe. Sie
biegen ihn auch und verfertigen daraus Haarnadeln. Daher
1 Jjü Hau ist der Name eines Herges.
252
Pfizmaier.
fragt inan in Schang-thang clio Weiber: Wollt ihr Ocher kau
fen? — Sie antworten: Im Herde haben wir gelbe Erde. — Man
fragt: Wollt ihr Haarnadeln kaufen? — Sie antworten: ln dem
Gebirge haben wir selbst rothen Dornstrauch.
Hg Ling-scheu, ,die reingeistige Langjährigkeit'.
Die Ueberlieferungeu von Khung-kuang in dein Buche
der Han:
Der Kaiser beschenkte den grossen Meister mit einem
Stabe der reingeistigen Langjährigkeit.
Anmerkung: Es ist ein Stab, auf den sich alte Leute
stützen. Fö-khien sagt: ,Reingeistige Langjährigkeit' ist der
Name eines Baumes. Derselbe hat Aehnlichkeit mit dem Bambus
und hat Knoten. Er ist nicht höher als acht bis neun Schuh.
1? d sch ü ist eine Art h irnissbaum. ^
Das Ni-ya:
* Kao ist der Bergfirnissbaum (Ui #)•
Anmerkung: Der Baum ist dem jf,L‘ Tsch’ii ,Firniss
baum' ähnlich. Er ist von Farbe weisslich und wächst in den
Gebirgen. Er hat ebenfalls Aehnlichkeit mit dem ^ Tal
,Firnissbaum'. Ein Sprichwort sagt: Die Bäume * t|| Tsch’ün,
Tsch’ii, Khao und m Tsi sind einander so ähn
lich, als ob sie ein und derselbe Baum wären.
Das Tsi-yiin:
Der Baum ;jf!p Tsch’ü ist ein schlechter Baum.
Das Mao-schi:
Wir wandeln in der Wildniss;
Schattig diese Firnissbäume.
Die vonLö-ki verfassten weiteren Bedeutungen des Mao-schi:
Der Baum |pp Tsch’ü, mit Inbegriff der Rinde, ist dem
Firnissbaume ähnlich. Er ist von grüner Farbe. Seine Blätter
sind übelriechend.
Der Pen-thsao von Thang:
Die beiden Bäume :jfL Tsch’ü und Tsch’ün- sind
von Gestalt einander ähnlich. Das Holz des Tsch’ü ist locker.
Das Holz des Tsch’ün ist dicht.
1 Nach Bretschneider ist der botanische Name desselben AuaTnthus glandulosa.
2 Eine andere Schreibart für den oben (Z. 20) genannten Baum Tsch’iin.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
253
Das Buch Su-sung-thu:
Die Blätter des Baumes Tsch’ün sind wohlriechend und
essbar. Der Baum Tsch’ii ist übelriechend. Die Menschen
des Nordens nennen den ersteren Baum ill # Schan-tsch’ün
,der Bergfirnissbaum'. Die Menschen von Kiang-tung nennen
ihn |7j Kuei-mö, ,das Dämonenauge'.
Das Buch Tschuang-tse:
Tloei-tse sprach: Ich besitze einen grossen Baum. Die
Menschen nennen ihn den Firnissbaum. Dieser Baum ist auf
gebläht, er passt nicht zu Schnur und Tinte. Die kleinen Aeste
sind gebogen und krumm, sie passen nicht zu Zirkel und
Winkelmass. Zu dem Wege, wo er steht, wendet der Zimmer-
mann nicht den Blick. Jetzt hast du gesagt: Was gross und
unbrauchbar ist, von dem gehen Alle sogleich hinweg. —
Tschuang-tse sprach: Warum pflanzt man ihn nicht in den
Bezirk des Nichtseins, in die weite, ungeheure Wildniss? Un-
stät wandert man umher! Man legt sich unter ihm nieder.
Das Durchdringen der Gewohnheiten:
Tn dem Zeiträume Hi-ping (172 bis 177 n. Chr.) wurden
zwei Firnissbäume in einer einzigen Nacht über eine Klafter
hoch. Sie hatten eine menschliche Gestalt, Kopf und Augen
waren deutlich zu sehen. Die Geschichte des Flusses und des
Lö sagt: Die Nordseite des Berges von Lö-yang nennt man
den Berg Mang. Auf derselben gibt es keine grossen Bäume.
In dem Zeiträume Ta-nie (605 bis 617 n. Chr.) befand sich
aut der Berghohe im Norden der Mauern der Hauptstadt ein
alter Firnissbaum, von dem man nicht wusste, woher er kam.
Derselbe tanzte früh und spät auf einer Fläche von vier bis
fünf Morgen im Kreise umher. Seitdem befand er sich in
I-kiue, gerade im richtigen Süden. An dem Tage, wo m &
Yue-kung und Andere die Mauern der Hauptstadt errichten
wollten, bestimmten sie nach diesem Baume den gleichmässigen
Süden und Norden. Es verdross sie, dass man den Firniss
baum einen schlechten Baum nennt. Sie nannten ihn
^ ||5f| po-so-lo-schü, ,den tanzenden Baum der
Reihe'.
„ M King ist ursprünglich der Dornbaum von Tsu. mm
King-ke sind Dornsträuche im Allgemeinen.
254
Pfizmaier.
Das Kuang-ya:
Thsu ist der Dornbaum. M Meu-king ,der
männliche Dornbaum' ist der wuchernde Dornbaum.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Der Dornbaum mit rothen Zweigen und grossen Früch
ten heisst der männliche Dornbaum. Es gibt auch einen Berg
dornbaum.
Das Buch der Han:
Ngan, König von Hoai-nan, sann aut’ Empörung. ft Üfc
U-pei rieth ihm ab und sprach: Einst machte Tse-siü dem
Könige von U Gegenvorstellungen und sagte: Ich sehe jetzt
Büffel und Hirsche einherwandeln auf der Erdstufe von Ku-su.
Ich werde jetzt ebenfalls sehen, dass in dem Palaste Dorn
sträuche wachsen, dass der Thau die Kleider befeuchtet.
Die Geschichte der Han von der östlichen Warte:
HJj Yün-khin ordnete die Gedichte von Han.
Er hütete dabei die Schweine und diente den Seinigen mit
grösster Elternliebe. Er hatte keine Verbindungen und keine
Wanderungen. An dem Thore wuchsen Dornsträuche.
Das Buch der späteren Han:
Pao-yung war Statthalter der Provinz Lu. Um
die Zeit hiess jj§£ ||| Tung-hien die Männer Pheng-
fung, ft Yü-hieu, Pi-tsch’ang und Andere, einen
jeden gesondert, sich an die Spitze von tausend Menschen
stellen und nannte sie Heerführer. Er mochte sich nicht
unterwerfen. Nach einiger Zeit waren an der Thorwarte und
in der Strasse Khung-tse’s ohne Ursache die Dornsträuche von
der Halle der Erklärungen bis zu dem Thore der tausend
Weglängen hinweg. Yung fand dieses seltsam. Er sagte zu
dem Gehilfen des Sannuelhauses und zu dem Befehlshaber von
Lu: Gegenwärtig ist Gefahr und Bedrängniss, jedoch die Thor
warte und die Strasse öffnen sich von selbst. Sollte hierdurch
der Meister den Statthalter die Gebräuche üben heissen wollen
und mir helfen, die Ruchlosigkeit strafen? — Er versammelte
die Menge der Menschen und veranstaltete die Feier des Pfeil
schiessens des Bezirkes. Er bat Fung und die Uebrigen, an
der Versammlung theilzunehmen und zuzusehen. Er wollte
sie bei dieser Gelegenheit gefangen nehmen. Fung und die
Uebrigen wollten ebenfalls Yung bei Seite schaffen. Sie kamen
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’8.
255
mit Rindern und Wein, um ihn zu bewirthen, hielten aber
unter den Armen Waffen verborgen. Yung merkte dieses.
Er führte mit der Hand einen Schlag und tödtete Fung und
Andere. Er nahm deren Genossen und Anhänger gefangen.
Der Kaiser belobte ihn wegen dieser That und ernannte ihn
zum Lehensfürsten innerhalb des Grenzpasses.
Das Buch der Tsin:
^ ijg Sö-tsing wurde zum Statthalter von Tsieu-thsiuen
ernannt. Als Kaiser Hoei zu seiner Würde gelangte, verlieh
er ihm ein Lehensfürstenthum innerhalb des Grenzpasses. Sö
hatte Vorherwissen und weitgehende Ertnessung. Er wusste,
dass die Welt Aufruhr erregen werde. Er zeigte mit dem Finger
auf das kupferne Kameel an dem Palastthore von Lö-yang
und sagte seufzend: Ich sehe eben, wie du dich zwischen
Dornsträuchen befindest.
Die von Tscheu-king-sclri verfassten Ueberlieferungen von
elternliebenden Söhnen:
Im Alterthum waren zwei Brüder, welche sich plötzlich
trennen wollten. Als sie aus dem Thore traten, sahen sie drei
Dornbäume mit einem gemeinschaftlichen Stamme. Die Blätter
stiessen an einander und die Schatten setzten sich fort. Die
Brüder sprachen seufzend: Die Bäume stellen sich noch immer
freudig zusammen. Um wie viel mehr wir, und wir sollten
uns trennen? — Hiermit kehrten sie zurück und lebten in
Eintracht.
Die Ueberlieferungen von göttlichen Unsterblichen:
In U war ein Mann, Namens |||| Siü-sui. Derselbe
wohnte in Tan-tu. Tso-thse kam zu dem Thore Sui’s.
Unter dem Thore befanden sich die gewöhnlichen Gäste in
sechs bis sieben Wagen. Sie betrogen Thse und sagten: Herr
Siii ist nicht zu Hause. — Thse entfernte sich. Die Gäste
sahen, dass ihre Rinder sich auf den Wipfeln der Weiden
baume befanden und in den Naben der Wagen Dornbäume
von der Länge einer bis zweier Klafter wuchsen. Sie er-
schracken und meldeten es Sui. Sui sprach: Dieses ist der
Herr Tso. — Er schickte sie ihm nach. Die Gäste verfolgten
Thse, schlugen die Häupter gegen den Boden und entschuldig
ten sich. Als sie zurückkehrten, sahen sie, dass die Rinder
S1 ch an der alten Stelle befanden. Es gab gar keine Dornbäume.
256
Pfizniaier.
Die von Ku-wei verfasste Geschichte von Kuang-tscheu:
Der Distriet ||£ Fu-nä bringt Golddornbäume
hervor.
Die Abbildungen der Bogen und Pfeile der Gebräuche:
Die bemalten Bogen von Tsu verfertigt man aus Dorn
baum. Man zündet diesen an und richtet ihn durch Brennen.
Dass man Dornbaum gebraucht, ist desswegen: Das Herz
der gewöhnlichen Bäume ist rund, das Herz des Dornbaumes
ist viereckig.
Die Geschichte von Kuang-tscheu:
Der weisse Dornbaum taugt zu Schuhen. Der purpurne
Dornbaum taugt zu Betten.
Die von Tu-pao verfassten Verzeichnisse des Auflesens
des Hinterlassenen des Zeitraumes Ta-nie:
Im fünften Jahre (609 n. Ghr.) schuf man in den süd
lichen Gegenden drei Provinzen: ^ Pe-king, ^ PP
Lin-yi und Plai-yin. 1 Pe-king liegt im Süden von
Lin-yT, in dem grossen Meere und grenzt an Ilai-yin. Sein
Gebiet begreift von Osten nach Westen eintausend Weglängen,
von Süden nach Norden dreihundert Weglängen. Es ist in
dem Meere nach allen vier Seiten abgeschnitten. Im Norden
ist es von der grossen Uferbank dreihundert Weglängen ent
fernt. Einige sagen, die Säule, welche ,jl| ||| Ma-yuon goss,
ist noch immer vorhanden. Das Land ist heiss und enthält
viele grosse Wälder. Die höchsten Bäume messen mehrere
hundert Klafter. Darunter befinden sich Golddornbäume, die
auf hohen Bergen und ansehnlichen Erdhügeln wachsen, Die
grössten messen zehn Umfassungen. Sie sind krumm, gezogen,
beulig und verschrumpft. Ihre Zeichnung ist gleich schönem
Goldstoff, ihx-e Farbe glänzender als echtes Gold. Um die Zeit
des mittleren Sommers geschieht es, dass man sie an der Grenze
des Meeres erlangt. Die Handwerker verwenden den Baum
häufig. Er ist sehr fein, dabei wundervoller und werthvoller
als der versunkene Spindelbaum
1 Sämmtlich Provinzen Cochinchina’s.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
257
Ke heisst im Allgemeinen jede stachelige Pflanze.
Ursprünglich ist es der kleine Brustbeerbaum, der Gebüsche
bildet. In diesem Sinne ist es bisweilen zu verstehen.
Die Ueberlieferungen Tso’s, Fürst Tschao:
K V Tschü-nieu floh nach Tsi. Der Sohn #
Meng-tschung’s tödtete ihn. Er warf das Haupt auf die Dornen
von Ning-fung.
Die Einhüllung des ursprünglichen Befehles des Frühlings
und Herbstes:
Dass man kleine Brustbeerbäume (ijjjji ) pflanzt und unter
ihnen Streitigkeiten schlichtet, es ist, weil die kleinen Brust
beeren rothe Herzen sind und Stacheln besitzen. Es besagt:
Wer die Menschen richtet, hat ein grossmüthiges Herz und
lässt nicht das Rothe, das Gediegene ausser Acht.
Das Buch der späteren Han:
m m Fung-I erschien an dem Hofe in der Mutter
stadt. Als er sich vorstellte, sagte der Kaiser zu den Fürsten
und Reichsministern: Es ist der Vorgesetzte der Tafeln zur
Zeit, als ich die Waffen erhob. Er zertheilte für mich die
Dornsträuche und gab dem Lande in der Mitte des Grenz
passes die Bestimmung.
j^ ’Hj Khieu-lan führte den Jünglingsnamen ■—■
Ki-tschi-yi. Sein Name war Tliang. Er stammte aus
Khao-tsching in Tschin-lieu. Um die Zeit schätzte jä^L
Wang-hoan von Ilo-nei, Befehlshaber von Khao-tsching, in
seiner Lenkung Strenge und Gewalt. Als er hörte, dass Lan
durch seine Tugend die Menschen umwandle, setzte er ihn
zum Vorgesetzten der Tafeln ein. Später schickte ihn Hoan
mit Entschuldigungen fort, indem er sagte: Auf stachelige
Bäume und Dornen setzt sich nicht der Göttervogel. Wie
könnten die hundert Strassen der Weg der grossen Weisheit
sein? An dem heutigen Tage zieht das grosse Lernen eine
lange Schleppe nach, der auffliegende Name und der Ruhm
bleiben hinter dem Vorgesetzten der Tafeln nur zurück. Du
kannst mit dem Gehalte eines Monats die Ausgaben bestreiten
und die Leute aneifern zu leuchtendem Wandel.
Das Buch der Tsin:
Als ^f|J Lieu-kuen nach Ping-tscheu gelangte, bilde
ten die Dornsträuche Wälder, wilde Hunde und Wölfe erfüllten
Sitzungsber. d. phil.-liist. CI. LXXX. Bd. II. Hl't. 17
I
I
258
P f i z m a i e r.
die Wege. Kuen schnitt die Dornsträuche ab, sammelte und
begrub die verdorrten Gebeine. Er baute Sammelhäuser und
Gerichtshöfe, errichtete Märkte und Gefängnisse. Die Räuber
machten bisweilen Einfälle. Früher machte man die Thore
der Festen zu Kampfplätzen. Die hundert Geschlechter trugen
auf dein Rücken Schilde und ackerten. Sie bängten Rogen
gehäuse um und jäteten. Kuen ging beruhigend umher, er
schien tröstend. Er kam in hohem Masse auf den Grund
der Sache.
Das Buch Han-tse:
Ein Mensch von Sung, der für den König von Yen aus
den Enden der Dornen Affen verfertigte, bestimmte, der König
müsse drei Monate fasten, dann erst möge er die Affen sehen.
Der Wagenführer zur Rechten, Beaufsichtige! - der Handwerker,
sprach zu dem Könige: Ich habe gehört: Der Vorgesetzte der
Menschen bleibt keine zehn Tage ohne Festlichkeit. Aber der
König kann nicht lange fasten, desswcgen bestimmte man drei
Monate als die Zeit. Die Dornen sind äusserst klein. Wie
sollten sie sich schnitzen lassen? Der König muss es unter
suchen. — Der König setzte den Mann in das Gefäugniss,
und es war wirklich nichts an der Sache. Der König tödtete
ihn. Der Beaufsichtiger sprach ferner zu dem Könige: Unter
den vorzüglichen Männern gibt es leere Namen und vieles
Sprechen von Dornen.
Die alterthumsfreundlichen Ueberlieferungen von Tscliin-
lieu :
•jpj' Wei-schang wurde gebunden. Eine höchste Ver
kündung befahl die Untersuchung in dem Gefängnisse. Da setzten
sich Sperlinge auf die kleinen Brustbeerbäume des Gefäng
nisses. Schang wahrsagte und sprach: Die kleinen Brustbeer
bäume bezeichnen die Rothe (Aufrichtigkeit) des Herzens. Aus
wendig haben sie Stacheln. Es stellt vor: In meinen Worten
sind Dornen, aber das rotlie Herz ist äusserst wahrhaft.
Die erweiterte Geschichte der fünf Grundstoffe:
Zu den Zeiten des Kaisers Wen von Sui, im ersten
Jahre des Zeitraumes Khai-hoang (581 n. Chi - .) trat ein Manu,
dessen Geschlechtsname jji Wang, in den Dienst und wurde
Heerführer der raschen Reiter. Er liebte es, Thiere zu fan
gen und zu jagen. Die Thiere, die er tödtete, waren eine
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
259
Unzahl. Er hatte fünf Söhne, aber keine Tochter. Später
hatte er eine kleine Tochter, die gerade so aussah, als ob sie
gemalt wäre. Alle, die sie sahen, hielten sie für ein Wunder.
Vater und Mutter Hessen ihr besonders zärtliche Liebe zu
Theil werden. In den Strassen des Bezirkes wetteiferte man,
schone Kleider zu verfertigen und sie ihr zu geben. Als das
Mädchen sieben Jahre alt war, wurde es eines Morgens ver
misst. Man vermuthete Anfangs, in der benachbarten Strasse
habe man sie scherzweise versteckt. Man fragte nach, doch
es hatte sie Niemand gesehen. Die Brüder suchten sie an ent
legenen Orten und entfernten sich von dem Hause dreissig
Weglängen' weit. In einem Dorngebüsche erblickte man sie.
Als man hingehen und sie in die Arme nehmen wollte, ersclirack
sie und entfloh. Man verfolgte sie zu Pferde und erreichte sie
nicht. Die Brüder umzingelten sie mit zehn Reitern, doch sie
brachte mit dem Munde nur die Stimme des Hasen hervor.
Man umfasste sie und kehrte mit ihr nach Hause. Sie konnte
nicht sprechen, und ihr ganzer Leib war von Dornen verletzt.
Die Mutter schüttelte sie und erhielt beide Hände voll Dornen.
Das Mädchen ass nichts und starb.
Die neuen Worte von Thang:
—* Liü-thai-yT war überzähliger Leibwächter
der Abtheilung der Thüren. Die Abtheilung der Thüren grenzte
an die Abtheilung der Angestellten. Der Vorsteher der Ab-
theilung der Angestellten schaffte die Tafel fort und befahl,
an der Mauer und an den Dachrändern lauter kleine Brust
beerbäume zu setzen, um die gebietenden Vermerker an dem
Verkehr zu hindern. Thai-yi meldete durch eine Tafel: Man
sehe jenen allgemeinen besprechenden Vorsteher der Abthei
lung der Angestellten. Er soll das Erforderliche der Schrift
tafeln, den reinen Verkehr erwarten. Warum muss er an
dein festen Zaune kleine Brustbeerbäume aufstecken? In dem
Amte gibt man eine Belohnung, wenn sie geschickt ausgerissen
werden.
Kiün-tse ,der Mann von vollendeter Tugend*
ist ein gleich unten etwas näher bezeiclmeter Baum.
17*
260
P f i z m a i e r.
Die Namen der Paläste und Thorwarten von Tsin:
In dem Garten des blumigen Waldes standen drei Bäume
des Mannes von vollendeter Tugend.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Der Baum des Mannes von vollendeter Tugend hat Aehn-
lichkeit mit der Cypresse und Fichte. ^ 0^ Tsao-schuang
pflanzte ihn in dem Vorhofe.
M £ Tsch’ang-seng, /las lange Leben', ist der Name
eines nicht näher bezeichneten Baumes.
Die Geschichte von Lö-yang:
Vor der Vorhalle des hellen Glanzes standen zwei Bäume
des langen Lebens.
Die Geschichte der Ereignisse in Nie:
Hinter der Vorhalle der goldenen Blumen befand sieh
das Badehaus der Kaiserin Schl-hu’s. Man hatte daselbst zwei
lange Fichtenbäume gepflanzt. Das Zeitalter nannte sie die
Bäume des langen Lebens von der Königsmutter des Westens.
TjÜ Wan-nien, zehntausend Jahre', ist ebenfalls ein
nicht näher bezeiehneter Baum.
Die Namen der Paläste und Thorwarten von Tsin:
In dem Garten des blumigen-Waldes standen vierzehn
Bäume der zehntausend Jahre.
Die Gedichte Sie-yuen-lioei’s:
Der Wind bewegt die Aeste der zehntausend Jahre.
Hoang-pi ist die gelbe Flügelfrucht (pterocar-
pus flavus). Gemeiniglich, aber fehlerhaft schreibt man
j|r ^ hoang-pi.
Das Schue-wen:
Pt ist der gelbe Baum.
Die Geschichte der Provinz Yung-lda:
Thsing-thien bringt dürre Weidenbäume hervor. Unter
den Bäumen zur linken Seite der Bergwege, auf denen man
zieht, bildet die gelbe Flügelfrucht Wälder. Unter den Pflan
zen bedeckt wieder der gelbe Enzian die Erde. Die Menschen
des Landes, welche hingehen und die gelbe Flügelfrucht fällen,
haben Wein und Speise bei sich und beten. Wenn in dem
-
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
261
Gebete etwas nicht nach dem Sinne dos Berggottes ist, so
verwandeln sich die zwei Arzneimittel sofort in andere Dinge.
Man kann sie nicht wieder erlangen.
Die zehntausend vollendeten Künste von Hoai-nan:
Die Flügelfrucht macht das Angesicht gefällig.
Anmerkung: Man nimmt drei Zoll von dem Blatte der
Flügelfrucht, drei Stück Erdhinsen, sieben grosse Brustbeeren,
mengt dieses mit Fett und bestreicht damit das Angesicht. Es
braucht keine vier oder fünf Tage, und das Angesicht ist so
gleich gefällig. Man wäscht das Gesicht früher mit heissem
Wasser und legt dann das Arzneimittel auf.
-jjp- Tsch’i-tse, ,Zweigsohn*, ist ein Baum, mit dessen
Früchten man gclbrotli färbt. Eigentlich ist , Zweigsohn* nur
die Frucht des Baumes. Als Baum ist es der Scliarlachbeer-
baum. In dem folgenden Citate steht jg|j thsien ,Botliwur-
zel* nur als allgemeine Bezeichnung.
Die Ueberlieferungen von Waaren und Pflanzungen in
dem Buche der Han:
Tausend Scheffel Rothwurzel der Kelche (ü ii) las
sen sich ebenfalls mit einem Hause der tausend Gespanne ver
gleichen.
Die Gebote von Tsin:
Unter den Obrigkeiten gab es eine Classe, welche die
Scharlachbeerbäume bewahrte. Man setzte einen Angestell
ten ein.
Die Namen der Paläste und Thurwarten von Tsin:
In dem Garten des blumigen Waldes standen fünf Schar
lachbeerbäume,
Die Denkwürdigkeiten von Wanderungen in den berühm
ten Gebirgen:
Auf dem Berge ;j|j ^ Leu-schi gibt es viele Scharlach
heerbäume.
Das Buch Pen-thsao:
Der Zweigsohn (Scharlachbeerbaum) heisst auch ^ pj
nio-tan ,Baummennig*. Seine Blätter haben zwei Enden und
sind gespitzt gleich denjenigen des Firnissbaumes. Sie haben
die Gestalt der Binsen. Wenn man die Früchte schält, sind
sie gleich denjenigen der Luftblume und gclbrotli.
262
Pfi zmaier.
Das von Kö-hung angegebene Mittel gegen Brechruhr
und Krampf:
Man brennt zwei Stück Zweigsöhne, macht sie zu Pulver
und nimmt sie ein. Man ist auf der Stelle genesen.
jjjf, Wu-hoan, ,ohne Sorge', der Name eines nicht
bestimmbaren Baumes. 1
Die Schrift des rotlicn breiten Bandes:
,Ohne Sorge' ist der Name eines Baumes. Derselbe heisst
auch * Jeu-liü. Mit den Früchten kann man Schmutz
entfernen.
Das Tsi-yün:
Mit der Rinde und den Früchten kann man Kleider
waschen.
Das Thung-ya:
Mit den Früchten des Baumes Hoan kann man den
Schmutz entfernen. Die Kerne sind schwarz wie bei dem Baume
Die von Thsui-piao verfassten Erklärungen des Alter
thums und der Gegenwart:
m m Tsching-ya fragte: Warum führt der Baum *
Lu den Namen: Sorgenlos? — Man antwortete: Einst lebte
ein göttlicher Beschwörer, Namens W Bf Pao-ni. Derselbe
konnte durch Abschnittsröhre die hundert Dämonen bezich
tigen. Wenn er einen Dämon fand, so verfertigte er aus
diesem Baume einen Stock. Mit diesem Stocke tödtete er ihn.
Man überlieferte sich, dass dieser Baum von den Dämonen
gefürchtet wird. Man nahm wetteifernd diesen Baum, ver
fertigte daraus Geräthe, um die Unrechten alten Gespenster zu
1 In Japan ist dieser Name (moku-gen-ziü) ein Synonymum von Bo-dai-
ziü ,Bodhibanm‘ (ficus religiosa). Man setzt vor fR Hoan auch das
Classenzeichen 7fc. Das in Khang-hi angeführte Wörterbuch Tsching-
tse-thung meint, man könne aus den Früchten dieses Baumes Beeren
des Rosenkranzes verfertigen. Dasselbe führt seinerseits eine Stelle aus
buddhistischen Büchern an, worin es heisst: Man soll einhundertacht
Früchte des Baumes Sorgenlos an Fäden reihen, so dass sie sich immer
folgen.
2 Statt ist in diesem Zeichen unten das Classenzeichen ^ zu
setzen.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s. 263
unterdrücken und zurückzuhalten. Dcsswegen sagt man: Sor
genlos.
Die von Pien-king-thsung verfasste Lobrede auf das Polster
von Sorgenlos:
Man sagt: Dieses farblose Kissen, mit Namen heisse es:
der Anfang glückbedeutend. Der Zimmermann schnitt es zu
recht, er machte es zum Geschenk dem weisen Manne.
m Ping-liü ist die Zwergpalme. 1
Das Kuang-ya:
Ping-liü ist der Baum ^ Tsung ,Zwergpalme 1 .
Die Denkwürdigkeiten von U:
Sün-kiuen unternahm den Strafzug gegen TÜ fl
Hoang-tsu. Dieser legte zwei Sperrschiffe in die Quere und
vertheidigte die Mündung des Mien. Er band Steine mit
grossen Seilen aus Zwergpalme und gebrauchte sie als Anker.
Das Buch der Tsi:
Kaiser Kao unternahm den Strafzug gegen den König
von Tsin-ngan. Um die Zeit wurden die Geräthe und Panzer
der Vorhalle des Hofes von dem südlichen Strafzuge in An
spruch genommen. Das Kriegsheer des Kaisers hatte Weniges
in sich gefasst, und sie mangelten. Man nähte Zwergpalmen
rinde zusammen und bildete Pferdegeschirr. Man brach Bam
bus und verschaffte sich den Lebensunterhalt, ln der Nacht
zündete man Feuer an und liess das Heer vorrücken. Die
Räuber sahen dieses und fürchteten sich. Sie entflohen ohne
Kampf.
Das Buch der Liang:
51 # ^ Tsch’ang-hiao-sieu war verständig und um
sichtig. Er liebte keine schwimmenden Blumen. Er trug
immer als Mütze ein Tuch aus dem Baste des Papiermaul
beerbaumes und ging in Binsenschuhen einher. In der Hand
hielt er einen Rennthiersehweif aus Zwergpalmenbast. Seine
Kleidung war kalt, seine Speise spärlich. Zur Zeit des voll
kommenen Winters lag er auf Steinen.
1 Der botanische Gattungsname ist Chamaerops.
264
Pfizmaier.
Das Buch der Thaug:
Das Reich gfjj" Ho-ling liegt in der Gegend des
Südens, auf den Inseln des Meeres. Es bildet Stadtmauern
aus aufgestellten Bäumen. Es baut doppelte Söller mit grossen
Dächern und deckt sie mit Zwergpalmenbast. In ihnen sitzt
der König.
Das Buch der Berge und Meere:
Unter den Bäumen des Berges des Eisvogels gibt es viele
Zwergpalmen.
Anmerkung: Die Zwergpalme hat keine Aeste und ist
zwei Klafter hoch. Die Blätter sind gross und rund. Die
Aeste wachsen auf dem Gipfel. Der Baum hat zugespitzte
Früchte, und der Bast tlieilt sich an ihnen. Eine Reihe Bast
bildet einen Knoten. Man kann daraus Stricke verfertigen.
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
Die Zwergpalme heisst auch Ping-liü. Die Blätter haben
Aehnlichkeit mit Wagenrädern. Wenn man unter dem Baume
steht, hängt sich unten an sie Bast, der sich an den Boden
(der Blätter) legt und sich erhebt. In zwei Decaden sammelt
man ihn einmal. Er wächst bald wieder oben.
Das Schue-wen:
Die Zwergpalme heisst auch Pu-kuei, ,die Bin-
senmalve 1 '.
Anmerkung: Der Stamm ist eine bis zwei Klafter hoch
und hat seitwärts keine Aeste. Die Blätter sind gleich Wagen
rädern und an dem Gipfel des Baumes angesammelt. Unter
ihnen befindet sich Bast, der sie mehrfach einhüllt. Jedes
Stück Bast dreht sich einmal um und bildet einen Knoten.
Die Blüthcn sind gelbweiss und setzen Früchte an. Diese bilden
Kapseln, welche wie Fischrogen aussehen.
Tsao-kiä, ,die schwarze Schote', ist der schwarze
Sehotenbaum. 1
Die erweiterten Denkwürdigkeiten:
H Ki-thsi-tse ,die Frucht der Hühnerstange'
ist die schwarze Schote.
1 Nach Bretschneider’s Angabe Gleditscliia sinensis.
Denkwürdigkeiten von den Räumen China’s.
265
Das Buch der Sung:
Kaiser Ming konnte die Eifersucht der Weiber nicht
leiden. Die Gattin ^|J ^ Lieu-hieu’s, eine Tochter des Ge
schlechtes J- Wang, eiferte. Der Kaiser hörte es. Er ver
lieh Hieu eine Nebenfrau und bewillkommnete die Tochter des
Geschlechtes Wang mit zwanzig Stäben. Er befahl Hieu hin
ter seinem Wohnhause eine kleine Bude zu eröffnen und liess
die Tochter von dem Geschlechte Wang persönlich Kehrbesen
und schwarze Schoten verkaufen. Hierdurch beschämte er sie.
Das Buch der Tsi:
So oft Kaiser Ming sich der schwarzen Schoten bediente,
übergab er mir (die Pflanze) Li 1 und sagte zu seiner
Umgebung: Dieses ist noch immer geeignet, den täglichen Ge
brauch ins Licht zu setzen.
3E Wang-hien zürnte darüber dass JÜ £
Yü-wan-tsclii nach Osten übertrat. Er kam nicht hervor, um
ihn zu geleiten, ln der Vorhalle des Hofes fand keine Ver
leihung von Speise statt. Nach dem Tode Wan-tschi’s begab
sich der überzählige ^ Klnuig-1-zu Hieu und verlangte
die fünf Obrigkeiten von Kuei-ki. Hien wusch sich eben die
Hände. Er warf die schwarzen Schoten auf die Erde und
rief: In deiner Heimat pflegt man Yü-wan-tsclii zu hassen. Er
belästigt die Menschen noch im Tode.
Das Buch der Tschin:
Gegen das Ende der Liang sangen die Knaben das Lied:
Man sieht nicht den Mann auf dem Pferde,
Man sieht nur gelben Staub sich erheben.
Der gelbe Staub beschmutzt der Menschen Kleider,
Die schwarzen Schoten schaffen Ordnung.
Als |j|j; Wang-seng-pien den Frieden horstellte,
meldeten die Diener dem Kaiser Kao-tsu: Wang-seng-pien ritt
ursprünglich auf einem Pferde von Pa und führte den Schlag
gegen Jlf- Heu-king. Der Mann auf dem Pferde ist das
1 Zur Linken dieses Zeichens ist links noch das Classenzeichen y zu
setzen. Von dieser Pflanze konnte nichts anderes ermittelt werden, als
dass es eine Arzneipflanze ist.
- Zur Linken des letzteren Zeichens ist nocli zu setzen.
266
Pfizra aier.
Zeichen ££ Wang. 1 Gelber Staub ist Tschin. 2 In dem
Zeitalter konnte man sich den Sinn der schwarzen Schoten
nicht erklären. Da kam die Zeit, wo Tschin durch Sui ver
nichtet wurde. Der Geschlechtsname des Hauses Sui ist
Yang. Yang ist 2^-. Yang, ,Schaf'. 3 Man erklärte : Die Men
schen von Kiang-tung geben den Widderhörnern den Namen
,schwarze Schoten'.
Die Ueberlieferungen von göttlichen Unsterblichen:
Hfl Lieu-kang empfing den Weg des Gebieters Lao.
Als er ihn zu Stande gebracht hatte, bestieg er einen grossen
schwarzen Schotenbaum und entflog in die Wolken.
Der Greis der Wolkenunsterblichen durchhieb einen
schwarzen Schotenbaum und hielt einen Becher unter. Es war
alles guter Wein.
Die Register der Paläste und Vorhallen von Lö-yang:
Vor der Vorhalle von Kien-schi standen zwanzig Sopho-
ren und schwarze Schoten.
Die Verzeichnisse des Dunklen und Hellen:
In dem Hause, welches JjfJji Yii-wan von Khiö-0
bewohnte, stand ein schwarzer Schotenbaum. Derselbe war
zehn Umfassungen dick und zehn Klafter hoch. Die Aeste
und Zweige breiteten sich weit aus und überschatteten meh
rere Häuser. Die Vögel fanden auf ihm Schutz. Wan befahl
dem Sclaven, die oberen Aeste wegzuhauen. Diese fielen zu
Boden und waren im Absterben. Da ertönten in der Luft
Schmähungen und die Worte: Yü-wan, in welcher Absicht
machst du Angriffe gegen unser Haus, unsere Wohnung? —
Sofort warf man nach ihm mit Ziegeln und Steinen, welche
klein und gross niederfielen. So währte es durch ein Jahr,
dann nahm es allmälig ein Ende.
Die Ueberlieferungen von Fu-nan:
Das Reich Ngan-si bringt sauere schwarze Schoten hervor,
welche man essen kann. Ihr Geschmack ist sehr vorzüglich.
1 f Wang kann aus dem Zeichen ma, ,Pferd“, herausgelesen
werden.
2 Das Wort jjpjj tschin ,Staub 4 ist mit |Jjj^ tschin, dem Namen des
neuen Herrscherhauses, gleichlautend.
3 Der Laut beider Wörter ist derselbe.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen China’s.
267
Die von Fan-tse verfassten Berechnungen :
Die schwarzen Schoten stammen aus den drei stützenden
Provinzen. Der höchste Preis ist eine Kupfermünze für
ein Stück.
Die von Kö-hung angegebenen Mittel zur Wiederbelebung
der Ertrunkenen:
Man stosse schwarze Schoten, wickle sie in Leinwand
und bringe sie in die unteren Theile des Todten. Das Wasser
kommt heraus, und er wird lebendig.
Sin-I ist eine Art Biberbaum. Er heisst auch
^ äj£ mö-pi ,der Baumpinsel'.
Das Buch Pen-thsao:
Das ^ ^ Sin-I heisst auch ^ jtj| Sin-yin. Es
heisst auch & m Heu-thao ,der Lehensfürstenpfirsich'. Es
heisst auch Fang-mö ,der Kapselbaum'.
Der Pen-thsao des göttlichen Ackersmannes:
Das Sin-I wächst in Han-tschung, in Wei, Hing und
Liang-tscheu, an Flüssen und in Thälern. Der Baum hat
Aehnlichkeit mit dem *t # Tu-tschung ,deni kleineh
Spindelbaum', und ist eine Klafter hoch. Die Früchte haben
Aehnlichkeit mit dem Winterptirsich.
Tschü-yü ist eine Art Oleaster.
Der Wald der Grotten:
J-|| Kö-pö ging dem Unglück aus dem Wege und
gelangte zu dem neuen Si. Es war ein Mensch, der Ole
aster gebrauchte und Po darnach rathen hiess. Pö sprach:
Die Früchte sind gleich kleinen Schellen. Es hält in dem
Munde ursprüngliche Perlen und fügt Aeste zusammen. Wenn
man es ausspricht, ist es Oleaster.
Das Schue-wen:
Der Baum Schä hat Aehnlichkeit mit dem Oleaster.
Er stammt aus Hoai-nan. In Yang-tschou gibt es Oleaster
bäume.
Das Thang-yün:
Der Baum Schä hat Aehnlichkeit mit dem Oleaster,
hat aber rothe Früchte.
268
P f i z in a i e r.
Die Geschichte des Windes und Bodens:
Der Oleaster ist der Baum # 7^ Schä. Am neunten
Tage des neunten Monats sind die Früchte reit' geworden. Sie
sind von rother Farbe und können gesammelt worden. In dem
Zeitalter ist es Sitte, an diesem Tage auch die Zweige des
Oleasters zu brechen. Fei-tschang-fang sagt: Man steckt sie
auf das Haupt und auf den Haarschopf. Er sagt: Man ver
meidet dadurch Böses.
Der Garten der Merkwürdigkeiten:
Yü-schao war Befehlshaber von Tung-tu. fjd
Thsung-hiä verfasste mit Schao eine Denkschrift. Am Morgen
gebrauchte er Oleasterwein. Da sah er plötzlich Schao kom
men. Derselbe begehrte sogleich Wein. Er ergriff den Wein
becher und stellte ihn weit weg. Er sagte: Es riecht nach
Oleaster. — Hiä fragte: Hassest du ihn? — Schao sprach:
Die hohen Obrigkeiten haben vor ihm Scheu, um wie viel
mehr ich!
Die vermischten Schriften der acht Grundstoffe:
Wenn man im Osten des Wohnhauses drei Weiden und
drei Oleaster pflanzt, so vermehrt dieses die Jahre, verleiht
Zuwachs der Langjährigkeit. Es entfernt Besorgniss und
Schädigung.
Kö ist der Papiermaulbeerbaum. 1
Das Mao-schi:
Freudevoll jener Garten,
Seine Bäume sind Spindelbäume.
Das Niedere ist Papierbaum nur.
Anmerkung: Der Papiermaulbeerbaum ist ein schlechter
Baum.
Die weiteren Bedeutungen des Mao-schi:
In Yeu-tscheu nennt man ihn spk Kö-sang ,Papier
maulbeerbaum'. Einige nennen ihn Jjf^ tschti-sang (eben
falls) ,Papiermaulbeerbaum'. In King, Yang, Kiao und Kuang 2
nennt man ihn * I# kö. Gegenwärtig spinnt man in Kiang-nan
dessen Bast und verfertigt daraus Tücher. Ferner zerstösst
1 Der botanische Name ist Broussonetia papyrifera.
2 Abgekürzte Namen statt King-tscheu, Yang-tscheu u. s. f.
Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
269
man den Bast und bereitet daraus Papier. Der Baum ist meh
rere Klafter hoch. Er ist rein weiss, feuchtg'liinzend und sehr
schön. Wenn die Blätter erst wachsen, kann man sie als
Speise gebrauchen.
Das Schuö-wen:
Der Papiermaulbeerbaum ist der Baum tschü.
Die von Pei-yuen verfasste Geschichte von Kuang-tscheu:
Die südlichen Barbaren nehmen den Bast des Baumes
|j|j| Selling, 1 klopfen ihn tüchtig und verfertigen daraus grobes
Tuch und Tücher zum Einhüllen des Haarschopfes. Sie breiten
dieses Tuch als Teppich aus.
Die Geschichte von Tsien-thang:
Die vier Breitungen ('fj 7 j) des Berges ||| j|=| Ling-yin
haben Aehnlichkeit mit den Blüthen der Wasserlilie. Sie sind
in der Mitte eingeengt. Es wachsen daselbst Papiermaulbeer
bäume, die sehr hoch und gross sind.
Das Buch Han-tse:
Unter den Menschen von Sung war Einer, der für seinen
Gebieter aus Elfenbein ein Papiermaulbeerblatt verfertigte. In
drei Jahren hatte er es zu Stande gebracht. Man mengte es
unter Papiennaulbeerblätter und konnte es nicht unterscheiden.
Der Pen-thsao des Geschlechtes U:
Der Bast des Papiermaulbeerbaumes hilft gegen Verstopfung
der Kehle und Fluss. Der Baum heisst auch tä tschü.
Die Denkwürdigkeiten von blühenden Bäumen des Königs
von Wei:
In den Nachrichten von den südlichen Gegenden sind die
Früchte des Papiermaulbeerbaumes gleich den Früchten des
Pflaumenbaumes. Im zweiten Monate trägt der Baum Blüthen,
deren Farbe sich noch au die Früchte legt. Diese sind im
achten Monate reif. Die Menschen des Landes salzen sie und
bewahren sie auf. Ihr Geschmack ist scharf. Sie kommen aus
Kiao-tschi.
Ja! Tiao ist der Epheu. 2
Das Ni-ya:
1 Statt, ^ ist bei diesem Zeichen das Classenzeichen zu setzen.
2 Derselbe wird, vielleicht seiner Höbe wegen, zu den Bäumen gezählt.
270
Pfizraaier. Denkwürdigkeiten von den Bäumen Cliina’s.
m * Yü-mö, ,der ein Obdach suchende Baum' (der
Epheu), ist der Baum fi * Yuen-tung, ,der sich anleh
nende Knabe'.
Anmerkung: Es ist der Baum & £ Ki-seng, ,der das
Leben anvertrauende Baum'. Derselbe heisst auch j|l tiao.
Das Buch der Han:
Kaiser Wu Hess Tung-fang-sö auf einen verdeckten Gegen
stand rathen. Der Hausgenosse von dem Geschleckte Kö
sprach: Wenn er es erräth, möge man mir hundert Schläge
geben. Erräth er es nicht, so beschenke man mich mit Seiden
stoffen. — Man verdeckte den Epheu auf einem Baume. So
sprach: Es ist ein Aufsatz (tf! |j^ liü-sö). — Der Hausgenosse
sprach: Er hat es wirklich nicht errathen. — So sprach: Rohes
Fleisch ist Gehacktes (j]|&). Getrocknetes Fleisch ist Dörr
fleisch. Fleisch hinlegen, ist: das Leben anvertrauen (Name
des Epheus). Unter den Schüsseln ist der Aufsatz. — Der
Kaiser befahl, dem Hausgenossen Schläge zu geben.
In Bezug auf das in dem Vorworte über die chinesischen
Zeichen Gesagte ist noch zu bemerken, dass bei den nach
stehenden 4 Zeichen die Classenzeichen hinzuzusetzen sind.
S. 202 bei *J§i links ^
S. 215 bei links
S. 216 bei links J
S. 244 bei *jBj‘ links 'j
S. 268 bei ist links unten statt das Classen
zeichen * zu setzen. In der in der Druckerei vorhandenen
Form hat ‘18' Kö die Bedeutung .Getreide'.
Kenner. Inschriften aus der Yardarschlucht.
271
Inschriften aus der Yärdarschlucht.
Von
Dr. Friedrich Kenner.
Der k. und k. Consul in Priserend, Herr Lippicli, traf
auf einer im Jahre 1874 vorg'enommenen Rundreise in den
Orten Scopia (Üskiib) und Köprili alte Inschriftsteine, welche
noch nicht mitgetheilt wurden. Facsimilirte Abschriften der
selben übersendete er an Se. Excellenz den Herrn Minister
des kaiserlichen Hauses und des Aeussern, Grafen Julius
Andrassy, der sie Sr. Excellenz dem Herrn Oberstkämmerer
EZM. Grafen Folliot de Crenneville übergab; durch diesen
wurden sie dem k. k. Münz- und Antiken-Cabinete mitgetheilt.
Da so selten Nachrichten über Inschriften aus jenen
Gegenden an die Oeffentlichkeit kommen und die von Herrn
Lippich gefundenen weder im ,Corpus Inscriptionum Grae-
carunF, noch im ,C. I. Latinarunü veröffentlicht sind, lege ich
nach dem Wunsche des Auffinders die Abschriften hier vor,
sie mögen als Ergänzung jener Mittheilungen über Inschriften
aus der Nachbarschaft dienen, welche Herr J. G. von Hahn
in der Abhandlung ,Reise durch das Gebiet des Drin und
Vardar‘ in den Denkschriften der philosophisch - historischen
Classe der kais. Akademie der Wissenschaften, Bd. XVI (18G9),
S. 159 f. anführt und die thcils aus Ortschaften stammen, welche
wie Ochrida, Resnja, Monastir, Prilip, Iswor in der Richtung
von Weles gegen Südwesten auf dem Wege zum Ochrida-See,
oder wie Stobi, Woischan, Demir-Kapu, Matschukewo süd
östlich von Weles im Thale des Wardar liegen.
1. Das erste Denkmal ist eine Steinplatte mit griechischer
Grabschrift aus römischer Zeit. Sie findet sich dermals an
272
Kenner.
einem Nebengebäude des Klosters S. Dimitri, welches nebst
der gleichnamigen alten Kirche in der Yard arschlucht südlich
von Weles (Köprili) gelegen ist. Leider ist die Inschrift an
mehreren Stellen beschädigt, wodurch die sichere Herstellung
der Namen, zumal da sie Privatpersonen bezeichnen, wohl für
immer vereitelt ist.
Ich stelle die Abschrift des Herrn Lippich voran a), da
neben die Lesung b), wie ich sie vermuthe:
a)
v A y p n ft i o s
AloNYCiOCKÄ
läteifteiÄ
M A K A I A 0 N I A
s K A I A YI H ftl|[|! A I
ONYGI Ar»'CY
ft I (o * C C: UI
N 10T 10 An AP
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k ft 11 o y ft i e
C T El Ä Z co C * I
MNHMHC
X A PI N
p A
V
M AYPHAIOS
AIONYCIOC KA
I . . CIA6IA
MAKAIAONIA
KAI AYPHAIA AI
ONYCIA T IOY
Alto .... I
Nto Tto ANAP(T)
KAI ONtoPI .
KAI IOYAIA UtoA
KAI IOY AI . . .
. . . A ZtoCI
MNHMHC
XAPIN
M. AüpVjkioc Aiovücnop -m | i (Ea)ciXsta (?) McowuBövia | *at
Aüpi^Xta Ai | ovucta Fafw IouXim (Sspi}) | vw tu avopi | nai Ovwpfe» (?) |
•/.ai Lu/aa IIü)A(Aua?) y.ai louAia crrsia (?) jügi | \J.'rq\i:r\z \ /dpiv.
M. Aurelius Dionysius der Vater und Basilia (?) Mace-
donia die Mutter und deren Tochter Aurelia Dionysia, letztere
also nach dem Vater benannt, sind die Widmenden des Grab
steines. Diejenigen, deren Andenken die Platte gewidmet wurde,
sind der Gatte der Aurelia Dionysia, mithin der Schwiegersohn
des Aurelius und der Macedonia, Namens C. Julius Serenus,
sowie die Kinder desselben. Es sind drei, ein Sohn, Ilonorius
— wenn ich den Namen richtig lese — und zwei Töchter,
beide nach dem Vater Julia geheissen, die eine Julia Politta(?),
die andere Julia Der Ausdruck i^ilici exolujcav, analog
dem lateinischen ,vivis fecerunt', weist darauf hin, dass Gatte
Inschriften aus der Yarclarschluclit.
273
und. Kinder, als der Stein gesetzt wurde, noch am Leben waren.
Was den Namen des ersteren betrifft, so kommt ein Gaius
Julius Serenus auf einer Inschrift in Salona vor (C. I. L. III,
I, 2579), seine Frau heisst dort Valeria Bassila, ihr Sohn
C. Julius Valerianus. Ich erwähne dieses Umstandes, um die
Lesung Serenus zu rechtfertigen. In Z. 9 würde man ein Ad-
jectiv zu dem Worte avSpi erwarten. Allein die vorhandenen
Buchstaben lassen ein solches nicht zu. Die Lesung, welche
ich versucht habe, macht keineswegs den Anspruch, die einzig
richtige zu sein; es steht ihr namentlich entgegen, dass man
den auf den Namen des Vaters zunächst folgenden Namen auf
den Sohn beziehen, dieser aber das Nomen des Vaters tragen
sollte, wie es ja auch bei den Töchtern der Fall ist; man
würde also statt des einfachen Honorius mindestens Julius
Honorius erwarten. Allein dann müsste auch das Praenomen
wenigstens durch einen Buchstaben angedeutet sein. Dafür
gibt die Zeile keinen Platz.
Der Name Honorius kommt sehr selten vor. Das ,Corpus
Inscr. Lat/ nennt ihn aus Thracien, Griechenland und aus
den Donauländern nicht, aus Dalmatien nur einmal (2355 Sa
lona, ohne Pränomen und Nomen).
Der zweite Name der jüngeren Tochter (Z. 12) ist, wie
ich vermuthe, schon im Originale nicht so erhalten, wie er in
der Abschrift erscheint. Sowie die Mutter der Kinder, Aurelia
Dionysia, diese beiden Namen nach ihrem Vater Aurelius Dio
nysius führte, so sollte man erwarten, dass von den beiden
Töchtern des G. Julius Serenus wenigstens eine dessen Cog-
nomen geführt habe. Demnach müsste man in Z. 11 auf 12
Julia Serena lesen. Damit lassen sich aber die entsprechenden
Buchstaben der Abschrift nicht vereinigen; der Dativ verlangt
die Schreibung C6PIINH, nicht C6PHNA. Einen andern Anhalt,
diesen Namen zu ergänzen, bietet die Inschrift nicht; ich lasse
ihn daher als fraglich zurück.
Die Form der Buchstaben scheint nach der Abschrift
ähnlich jener auf dem Denkmal des Kaufmanns Basilianos vom
J. 352 n. Chr., welches in Mitrovic gefunden, nun im kais.
Antiken-Cabinete aufbewahrt wird (vgl. Mommsen, Bulletino
dell’ Ist. d. Corr. Arch. 1868, p. 143). Charakteristisch ist das
lateinische S, für C, am Ende der ersten Zeile.
Sitzungsber. d. phil.-liist. CI. LXXX. Bd. II. Hft.
18
274
Kenner.
2. u. 3. In der Mauer (Strassenseite) des Teke Schems-
eddin in Skopia fand Herr Lippicli einen Meilenstein aus Sand
stein und abgebrochen; ein zweites Bruchstück, gleichfalls von
einem Meilensteine herrührend, befindet sich im Hofe desselben
Tekes. Die Steine sind wie gewöhnlich säulenförmig gearbeitet.
Leider fehlen daran die Zahlen des Tribunates der Kaiser und
die der Meilen. Ich stelle auch hier die Abschrift des Herrn
Lippich meiner Lesung voran. Die Inschrift des einen lautet:
e\ fj CAESARs
DIYI THAL* PART =5
DIVI NERV==sUTVn
l'RAIANO ... . 11A . . 0
AC PMTII . . .
IC . . OT . . . .
CO
Mi I
IMP CAESARI
DIVI TRAIANI PAR(T F )
DIVI NERV(rE) (N)EPOTI
TR AI AN0 PIADRIANO
A(V)G ■ P • M ■ TR(IB VN)
IC(IA ) (P)OT(ESTAT)
CO(S)_. . .
MP I ..
Imperatori Caesari Divi Trajani Parthici filio, Divi Nervae
nepoti, Trajano Hadriano Augusto pontifici maximo tribunicia
potestate . . . consuli . . . Millia passuum I . . .
Die Inschrift des andern ist noch mehr verstümmelt. Die
Buchstaben stehen nicht vollkommen senkrecht, sondern etwas
schief, scheinen aber ursprünglich sehr sauber ausgeführt ge
wesen zu sein.
f I
D . . ._. DE!
NI ICD EVI .
TR AI AN NE
POE . . VIMR
... OTE
(IMP ■ CAES)
D(1VI) (HA)DRI(A)N
NI • F • DIVI
TliAIAN INE
POS (DI)VI jSER
(VyE PRON)T JEL
Imperator Caesar Divi Hadriani filius, Divi Trajani nepos,
Divi Nervae pronepos, T. Ael(ius Iladrianus Antoninus Augu-
stus Pius etc.)
Ein Versuch, die Meilenzahlen zu restauriren, wäre ver
geblich, da Scupi in den alten Strassenverzeichnisscn nicht
erscheint und bekanntlich auch die Landkarten jener Gegenden
nicht so verlässlich sind, um mit voller Sicherheit in den Be
stimmungen der Orte und Entfernungen vorgelien zu können.
Doch lässt sich aus dem Vorhandensein jener Meilensäulen
Inschriften aus der Vardarschlucht.
275
constatiren, dass von den Kaisern Hadrian und Antomnus Pius
für den Strassenbau in jenem Theile von Moesia superior, der
unter dem Kamen Dardania bekannt ist, vorgesorgt wurde.
Man bat bisher aus dem oberen Moesien keinen Meilenstein
gekannt. Die im C. I. L. 1698 und 1699 mitgetheilten In
schriften betreffen bekanntlich Strassenbau-Denkmale an der
Trajansbrücke, nicht Meilensäulen.
4. Eine Stunde von Skopia entfernt sieht man im Hofe
des Haremliks von Bardofze (Landgut Meluned Aakif Paschas)
einen Grabstein, der bei der Mühle von Bardofze gefunden
wurde. Er ist von einem Giebel bekrönt, in welchem inner
halb eines Rundbogens drei Figuren im Relief erscheinen.
Die mittlere von vorne gesehen stellt einen gerüsteten Soldaten
dar; mit der Rechten stützt sie den Speer auf, die Linke ruht
auf einem länglich runden Schild. Neben ihr, zur Linken des
Beschauers, steht eine kleinere Figur, gleichfalls von vorne,
in kurzem Rocke; wie es scheint, hält sie in der Linken den
Hehn des Soldaten, während die Rechte ohne Symbol gelassen
ist. Auf der andern Seite (rechts vom Beschauer) weist die
Zeichnung des Herrn Lippich eine sitzende Figur, von links
gesehen, aus, welche den Kopf neigt, die Rechte erhebt und
die Linke auf die Armlehne des Sessels legt; dieser zeigt eine
hohe Rückenlehne und ist nach Art der Badestühle nicht mit
Füssen versehen, sondern ruht unmittelbar auf dem Boden.
Die Inschrift lautet:
C ■ VIB1VS • ARATOR
MIL • FRuM • LEG ■ vH
C • P ■ F • MIL ■ AA'V • X7II
VIX • AIW ■ XXXX
I-I ■ S • E
IVLIA • OBVLCIIA
FI1IO • PIISSIMO
F • tA • C •
C. Vibius Arator miles frumentarius legionis septimae
Claudiae piae fidelis militavit annis XVH, vixit annis XXXX,
hie situs est. Julia Obulcia filio piissimo faciendum curavit.
Gleichzeitig und an gleichem Orte mit diesem kam ein
anderes Bruchstück zu Tage, offenbar auch zu einem Grab
male gehörig, mit den Brustbildern eines Mannes, einer Frau
18*
276
Kenner. Inschriften aus der Var dar Schlucht.
und eines Kindes; nach Angabe des Gutsverwalters stecken
bei der Mühle in Bardofze noch mehrere ähnliche Steine un-
ausgegraben unter der Erde.
Herr Lippich erwähnt überdies einer Inschrift auf der
inneren Festungsmauer von Skopia oberhalb des alten ver
mauerten Thores, welche über mehrere Quadern hin einge-
meisselt, nach seiner Abschrift die Charaktere zeigt: N6AN"
|ixiN\H0P(on*| 0ArnA5eirRA| enuHK'i niico | Ä. hayho ro
IZovAenre. Die senkrechten Trennungsstriche bezeichnen hier
nicht neue Zeilen, sondern die Fugen der Quadern. — Im
nordwestlichen Eckthurm des Castelles von Skopia ist eine
Tafel eingemauert, welche feine, wie es scheint serbische Cha
raktere enthält, die aber von unten nicht zu lesen sind.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
LXXX. BAND. III. HEFT.
JAHRGANG 1875. — JUNI.
T ÜÄIS. AKADEMIE^
[ WISSENSCHAFTENj
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. 13d. III. Hft.
19
Ausgegeben am 17. November 1873.
XIV. SITZUNG VOM 9. JUNI, 1875.
Das w. M. Herr Regierungsrath von Höfler in Prag
übersendet mit dem Ersuchen um Aufnahme in das Archiv
eine Abhandlung, betitelt: ,Ein Jahr böhmischer Geschichte.
Georgs von Podiebrad Wahl, Krönung und Anerkennung', von
Herrn Dr. Adolf Bachmann, Privat-Docenten an der Prager
Universität.
Das w. M. Herr Professor Jäger in Innsbruck legt eine
Abhandlung, bezeichnet als ,Beitrag zur Tirolisch-Salzburgischen
Bergwerksgeschichte' vor.
Das w. M. Herr Professor Huber in Innsbruck über
mittelt ein zum Druck bereitetes Manuscript: ,Chronik des
Stiftes Marienberg, verfasst von Goswin, Prior und Hofcaplan,
herausgegebon von P. Basilius Schwitzer, Stiftscapitular' und
ersucht um eine Subvention für die Drucklegung des Werkes.
280
Der prov. Secretär legt den sechsten der ,Berichte über
die Untersuchung von Handschriften des sog. Schwabenspiegels',
von dem c. M. Herrn Dr. Ludwig Rockinger in München,
zur Aufnahme in die Sitzungsberichte vor.
Die k. k. Landesregierung in Salzburg übermittelt zwei
von dem Herrn Regierungsarchivar Pirkmayr daselbst er
statteten Berichte, welche die Ergebnisse der fortgesetzten
Nachforschungen nach Weisthümern des Landes zur Kennt-
niss bringen.
Das w. M. Herr Custos Kenner überreicht eine Abhand
lung des verstorbenen k. k. Gymnasiallehrers und Adjuncten
am Münzen- und Antiken-Cabinete des Joanneums in Graz,
Dr. Nathan Kolm.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Accademia, R., di Soienze, Lettre ad Arti in Modena: Memorie. Tomo. XII,
XIII u. XIV. Modena, 1871, 1873 u. 1874; 4». — Andrea Galassi,
Deila instituzione del ginri in Italia. (Gekrönte Preisschrift.) 8°. —
Girolomo Galassini, La libertii politica. (Gekrönte Preisschrift.) 8°.
281
Akademie der Künste und Wissenschaften, Siidslavische: Rad. Knjiga XXXI.
IT Zagrebu, 1875; 8°.
— der Wissenschaften zu Amsterdam: Verhandelingen. XIV. Deel. Amster
dam, 1874; 4°. — Verslagen en Mededeelingen. Afdeeling Letterkunde:
II. Reeks. IV. Deel. Amsterdam, 1874; 8°; Afdeeling Natuurkunde.
II. Reeks. VIII. Deel. Amsterdam, 1874; 8°. —• Jaarboek voor 1878.
Amsterdam; 8°. —Processen-Verhaal. Afdel. Natuurkunde. 1873—1874; 8°.
Catalogus van de Boekerij. I. Deel. 1. Stuk. Amsterdam, 1874; 8°. —
Musa Elegia Petri Esseiva. (Gekrönte Preisschrift.) Amstelo-
dami 1874; 8°.
— — Kgl. Preuss., zu Berlin: Monatsbericht. Februar 1875. Berlin; 8°. —
Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1877. Berlin, 1875; 8°.
— — Kgl. Bayer., zu München: Monumenta boica. Vol. XLII
' Monachii, 1874; 4°. —• Schelling’s Geistesentwicklung in ihrem Zu
sammenhang. Festschrift von Hubert Beckers. München, 1875; 4°.
Central-Commission, k. k. statistische: Statistisches Jahrbuch für das
Jahr 1873. IT. u. V. Heft. Für das Jahr 1874. I. Heft. Wien, 1875; 4°.
Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Baud. XVIII
(neuer Folge VIII). Nr. 4-5. Wien, 1875; 8«.
— für Schlesw.-Holst.-Lauenb. Geschichte: Zeitschrift. IV. Band, Schluss
heft; V. Band, 1. Heft. Kiel, 1873 u. 1874; 8°. — Quellensammlung,
IV. Band, 1. Heft. Kiel, 1874; 8°. — Urkundensammlung. IV. Band.
Fascikel I. Kiel, 1874; 4°.
Institute, Anthropological, of Great Britain and Ireland : Journal. Vol. III.
Nr. 3. January, 1874. London; 8°.
Instituut, Koninkl., voor de taal-land-en volkenkunde van Nederlandsch
Indie: Bijdragen. III. Volgreeks. IX. Deel. l e — 4 e Stuk. ’s Gravenhage
1874; 8°. — J. J.. Meinsma, Babad Tanali Djawi, in proza. ’s Graven
hage, 1874; 8°.
Kasan, Universität: Bulletin et Memoires. 1874. Nr. 3—6. Kasan, 1874; 8°.
Moatscliappij der Nederlandsche Letterkunde te Leiden: Handelingen en
Mededeelingen over het Jaar 1S74 (nebst Bijlage). Leiden; 8°.
Madrid, Universität: Revista. 2 n Epoca. Tomo V, Nr. 3. Madrid, 1875; kl. 4°.
Mittheilungen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. 21. Band, 1875.
Heft V. Gotha; 40.
,Revue politique et litteraire 4 et ,Revue scientifique de la France et de
l’etranger 4 . IV C Ann6e, 2 e Serie, Nr. 46—40. Paris, 1875; 4°.
282
Societä. Italiana di Antropologia e di Etnologia: Archivio. V. Vol. Fase. 1°.
Firenze, 1875; 8°.
Societe d’histoire et d’Archäologie de Geneve: Memoires et Documents.
Tome XIX, Livraison 1. Geneve, Paris, 1875; 8°.
Verein für hessische Geschichte und Landeskunde: Zeitschrift. N. F. IV. Band,
3. u. 4. Heft; V. Band, 1.—4. Heft. Kassel, 1873 u. 1874; 8°. — Fest
schrift der Jahresversammlung am 23. Juli 1874; 8°. — Mittheilungen.
Nr. 4. Hanau, 1873; 4°. — Verzeichniss der Mitglieder. 1874 u. 1875; 8°.
Rockinger. Berichte über Handschriften des sog. Schwahenspiegels.
283
Berichte über die Untersuchung von Handschriften
des sogenannten Schwabenspiegels.
Von
Dr. Ludwig Rockinger.
VI.
JJefasste sich der Bericht, welchen ich zuletzt der kaiser
lichen Akademie der Wissenschaften 1 erstattet habe, mit drei
Handschriften jener Gruppe des sogenannten Schwabenspiegels,
welcher der dritte Theil des Landrechtes fehlt und in welcher
auch das Lehenrecht nur unvollständig beziehungsweise in der
sonstigen Gestalt dieses Rechtsbuches gar nicht erscheint, so
führte derselbe die Untersuchung jener drei Handschriften in-
soferne nicht zu Ende, als die Nothwendigkeit der Mittheilung
einer grösseren Zahl von Artikeln, welche bedeutendere Ab
weichungen gegenüber den gewöhnlichen Texten des kaiser
lichen Land- und Lehen rechtes aufweisen, den Umfang jenes
Berichtes unverhältnissmässig erweitert haben würde, so dass
ich daselbst unter V dieses dem jetzigen Vorbehalten habe.
Er soll sich indessen nicht lediglich mit dieser Mittheilung
beschäftigen, sondern zugleich nähere Kunde auch von jener
Handschrift geben, deren ich dort schon zum Beweise dafür
gedachte, wie eben die Codices der Gruppe von welcher die
Rede ist keineswegs in allen Beziehungen eine ganz und gar
enge Zusammenstimmung verrathen. Ich meine die Hand
schrift 88 der Gymnasialbibliothek zu Quedlinburg, deren auf
fallend gekürzte Reihenfolge der Artikel von 228 der Ausgabe
1 Vgl. die Sitzungsberichte der philosophisch - historischen Klasse, Band
LXXIX S. 85—150.
284
Rockinger.
des Freiherrn v. Lassberg' an dortselbst schon ilire Stelle ge
funden hat, von deren weiterer Berücksichtigung ich aber da
mals abgesehen habe, um nicht in die Behandlung der drei
enge zusammenhängenden Handschriften durch Hineinziehen
eines nicht unmittelbar dazu gehörigen Gliedes eine Störung
zu bringen.
Theilweise die berührte Kürzung, theilweise auch der
Mangel des Lehenrechtes in der sonstigen Gestalt des soge
nannten Schwabenspiegels, welchen sie mit der Handschrift des
Appellationsgerichtes zu Bernburg gemein hat, ermöglichen es,
sie ohne zu grosse Ausdehnung dieses Berichtes hier mit zu
behandeln. Gerade hieraus aber ergibt sich auch jetzt ein
genauer Einblick in das gegenseitige Verhältniss.
Es bildet demnach den Gegenstand dieses Berichtes zu
nächst die gedrängte Erörterung bezüglich der bemerk
ten Handschrift, sodann aber hauptsächlich die bereits im
vorhergehenden angekündigte Mittheilung der wichtigeren
Kapitel der drei dortselbst untersuchten Handschriften,
in deren Noten zugleich auch den betreffenden Abweichungen
der Quedlinburger, soweit diese nicht selbstständig unter
III erscheinen, Rechnung getragen wird.
I.
Ihrer aus Seren Erscheinung nach ist sie auf Papier
im Grossfolioformat in zwei Spalten im 15. Jahrhunderte von
Tilemann Chip gefertigt.
Nach einer Einzeichnung auf der inneren Seite des Vor
derdeckels war sie im Jahre 1530 im Besitze eines [Kon]radt
Breytsprache.
Was ihren Inhalt 1 anlangt, bietet sie ausser den Stücken
des sächsischen Rechtes und ausser dem ,SloteP des Land-
1 Der Schlüssel des Landrechtes bildet einen Bestandtlieil für sich auf
ursprünglich 16 Lagen, wovon jetzt so und so viel fehlt. Dieselben sind
je oben in der Mitte der einzelnen Seiten mit römischen rothen Zahlen
von 1—16 bezeichnet.
Der zweite Bestandtlieil beginnt, mit dem jetzigen Fol. 169, und ist
wieder in der Weise gefertigt, dass anfangs von den 11 Lagen, wovon
aber die zehnte nicht bezeichnet, die eilfte falsch als 10 gezählt ist, die
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegeli
285
rechtes — vgl. Homeyers Sachsenspiegel II 1 S. 31 Num. 75,
Richtsteig des Landrechts S. 19 Num. 64, deutsche Rechts
bücher des Mittelalters und ihre Handschriften S. 140 Num.
576 — von der zweiten Seite des jetzigen Fol. 247 an bis auf
die erste Spalte des Fol. 275 das Landrecht des soge
nannten Schwabenspiegels, ohne Ueberschriften mit Aus
nahme einer einzigen auf Fol. 272 Sp. 1 ,von der scepinge
der werkle' nur mit grösseren oder kleineren Abschnit
ten, wovon die grösseren rothe Initialen haben, die anderen
nur jedesmal ein rothes Raragraphenzeichen, aber immer
mit neuer Zeile.
Ganz oben am Rande der Anfangsseite steht von spä
terer Hand: Dit is keyser recht. Auf Fol. 248 ist bemerkt:
fo 1; während sich auf Fol. 267 die Bezeichnung ,fo XXI'
findet, so dass also damals das jetzt ausgeschnittene vorher
gehende Fol. 20 noch vorhanden gewesen; weiter fo XXII
und fo XXIII. Diese Zahlen stehen je auf beiden Seiten der
genannten Blätter.
Am Schlüsse steht:
Explicit jus cesarie. deo laus.
Qui me scribebat
Tilemannus 1 nomen habebat.
Til tibi sit primum,
medium man, nus sit in ynnim.
II.
Ist man nicht im Stande, nach der bisher allein be
kannten Angabe, dass das Landrecht des sogenannten Schwa-
erste und zweite ganz und von der dritten ein Theil auch wieder je oben
in der Mitte der einzelnen Seiten mit römischen rothen Zahlen versehen
sind, von der vierten weg aber sicli nur mehr immer auf der ersten
Seite des ersten Blattes jeder Lage diese Bezeichnung noch findet. Ganz
oben in der inneren Ecke von 7, 8, 9, der nicht gezählten Lage 10
findet sich auch eine arabische schwarze Zählung 24, 25, 26, 27, während
die letzte Lage, die falsch mit 10 bezeichnete, keine solche arabische
Zählung mehr aufweist. Es möchte hienach den Anschein haben, dass
einmal weiter eine Lage vorhanden gewesen, vielleicht ein Register oder
was sonst? enthaltend.
1 Am Schlüsse des Slotels des Landrechtes steht: per manus Tilemanni
Clup.
286
R o c k i n g c r.
benspiegels in dieser Handschrift 188 ungezählte Kapitel ent
halte, was übrigens keineswegs richtig ist, schon weil Hiebei
der Ausschnitt eines ganzen Blattes nicht in Berücksichtigung
gezogen wurde, sich eine verlässige Vorstellung über dessen
Gestalt zu bilden, so dürfte das wohl durch die nachfolgende
Zusammenstellung der Artikel mit denen der Druck
ausgabe L der Fall sein.
Wenn sie dieser gegenüber in zwei Spalten begegnet, hat
das seinen Grund in der vorhin berührten Erscheinung, dass
sie grössere oder kleinere Abschnitte zeigt, wovon die
grösseren rothe Initialen haben, die anderen nur jedesmal ein
rothes Paragraphenzeichen. Erstere stellt die zweite Spalte
dar, während die Paragrapheneintheilung in der dritten ent
gegentritt.
L
Vorw. a Vorw. a 1
d
e
f
g
h
— cd 2
la Vorw.e 2
lb — f 2
2 —
Vorw. a 1
— b
— cd 2
Vorw. e 2
— f 2
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2 3 \ 2 3
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4 4
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6 6
7 7
8 8
9 9
1 Here hemmelische vader, dörch dyne milde gheschopestu den min-
schen u. s. w.
2 Vgl. hierüber unten in III.
3 Zwischen dem was ich als Vorwort a—f bezeichnet habe, was in der
Handschrift durch rothe Initialen geschieden ist, aber ohne sonstiges Ab
schnittsmerkmal erscheint, und dem Art. 1 ist ein Zwischenraum von
einer Zeile, während dann der Text wieder, fort und fort ohne solchen
verläuft.
Was die Scheidung der Art. 1 und 2 anlangt, stimmt die Fassung so
ziemlich mit der Ortenburg’schen Handschrift, in der Weise, dass die
dortigen Art. 8 und 9 hier nur den einen Art. 2 bilden.
Berichte über Handschriften des sog. Sclnvahenspiegels.
287
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1 Dieser Artikel folgt in III seinem ganzen Wortlaute nach.
2 Hier liegt ein Ausfall vor: vnder (1er nesen. vindet man dar kleyne har,
dar sint drey ghetugen. dar by vindet man dat hey xiiii iar alt is. auer
der iuncfrouwen alter mach man 11. s. w.
3 Het eyn man eyn will — sint ome leddich.
4 Eyn islik man mud wol sinen herschilt — by sinem wyffe bliuet.
5 Lifghedinghe dy sint vnderscheidcn. het eyn man — so neme hey des
lantheren jnghesegel.
6 Is dat eyn here sinem manne des tinses vorsaket, dat schal dy tinsman
hertughen sullf drette.
7 Is dat eyn man gud ghewynnet to tvven lilfen — sin recht dat hey
(larane hebbe. vnd deme hey id gift, dy schal deme heren den tins
gheuen.
s Dieses Kapitel ist in III vollständig mitgetheilt.
288
Rockinger.
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1 So dy iunghelingh xiiii iar alt is, hey nymmet — man Hundert sy wol
mit rechte.
2 So dy iuncfrouwe xii iar alt is, so is sey — ghelouen, hey sal id lier-
tughen mit sammet, der iuncfrouwen alze vor gescreuen is.
3 Dieses Kapitel ist in III vollständig mitgetheilt.
4 Hir seit man von den dy oüer ore rechten plegero andere plegere keysen
schallen hebben wente up xxv iar — so trede hey an sine stede.
5 Dy vader mach sinen hinderen eynen Vormunden gheuen - so mach
man one wandelen alze hir vor gheredet is.
0 Sprickt eyn den anderen an vmme gud, vnde wert hey — mit pen-
ninghen na gliuder wonheit.
7 Wey wedde edder boite noch schulde nicht geuen wil — in dey ioden
setten ane sinen willen, id sy denne vor ut gedragen.
3 Dieses Kapitel folgt in III seinem ganzen Wortlaute nach.
9 Wey tins von ghude — vnderwinden mit des richters boden.
10 Den tins schal eschen dy here edder sin bode to des tinsmanes hus.
vnde schal dy, neybere to sek — dar von dat hey dy ghewere des
glmdes hetli.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
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104 '2
105 '3
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1 Eyn islik werlik gherichte — dy mach von rechtes weghen nicht eyn
richter sin.
2 Eyn islik richter schal veir dogent an sek hebben — schuldich alle
siiien schaden den liey dar von gliewan. dorch dat schulleu sek dy lich
tere lioyden vnde bewaren vor vnrecliter gift.
3 Wey dy richter is gliewesen dy schal gar euene bedencken, vvil liey sek
vntschuldighen, wn liey dat gud to vnrechte glienomen lieblie. vnde dy
dat to vnrechte verloren hebben, den gheue liey dar wedder 11a rechte.
4 Wat wy von den lichteren hebben gheseit — richter schal id ome ghe-
beiden dat liey id doyn möge.
5 Biddet eyn man den anderen — gheseit het. dat is titlik in geistlikem
vnde werlikem glierichte.
6 Dieses Kapitel tlieile ich in III vollständig mit.
1 Jd en mach neyn richter elike dingh — dy bodel schal on roypen vnde
dat vorbeiden.
8 Nymant mach weygeren — nicht bescheiden noch bereden mach.
9 Wey claghe schuldich wert vor glierichte edder dy dar claget, dar
schullen sey beide — vrone bode behalden.
10 Wen dy man to vorspreken glienomen het — eft hey deine anderen
nicht afget.
11 Wey sin liff lind edder har vor gherichte leddiget dat ome mit rechte
vordoilet is, dy is rechtelos.
12 Wey eynen vmmc vngherichte nt borget, vnde bringet on nicht vor, hey
mut — man dar vmme kempen.
13 Wey dryens vor gherichte gheladen wert, vnde nicht en kumpt, js dat
vmme schult, man schal 011 dar vmme nicht vorvesten, wen dar id deme
manne an den liff edder an dy haut geit.
11 Man schal nymande vorvesten noch ordel up on spreken — icht, dat
schal breken an des richters hoithe.
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Rockiuger.
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1 Vorsumet eyn here — dy ghebot (ly schullen stede sin.
2 Sprickt eyn den anderen kempliken — koningh Constantin vnde sinte
Silvester dy hilge pauwes.
3 Diesen Artikel tlieile ich in III vollständig mit.
4 Den römischen König sollen wählen 3 Pfaffen- und 4 Laienfürsten : die
Bischöfe von Mainz, Trier, Köln, der Pfalzgraf von dem Rhein, der
Herzog* von Baiern, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Bran
denburg. Der Erzbischof von Mainz ist Kanzler zu Deutschem Lande,
der hat den irsten doym an deine köre. Der Pfalzgraf von dem Rhein,
des Reichs droste, hat den anderen köre. Der Herzog von Sachsen,
des Reiches Marschall, den dritten: der soll dem Könige sein Schwert
vortragen. Der Erzbischof von Köln ist Reichskanzler to Lamparden,
der Bischof von Trier Kanzler im Königreiche von Arle. Der dritte
Laienfürst ist der Markgraf von Brandenburg als Kämmerer, der vierte
der Herzog von Baiern als Reichsschenke. Anders schal nymaut den
koning keysen. Und die sollen deutsche Leute sein von Vater und von
Mutter. Und wenn sie einen König wählen wollen, so soll ihnen der
von Brandenburg und der Bischof von Mainz eiue Sprache gebieten
bei dem Banne, und der Pfalzgraf von dem Rheine bei der Acht, u. s. w.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
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150
151
152
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155a
155b
156a
156b
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158
159
160
} 137
} 138
139
J 140 6
141
142
142
| 142
143
j 144
145
146
(147) 7
f 154 t
I 155'
| 156
157
158
( 159°
160
161
162
163
164
165
166
167
168
169
170
171
(172) 7
1 Dieser Artikel folgt in III vollständig.
2 So dy koning eynen hoff — ses weken in der achte is ghewesen, so
sai man on to banne doyn. dat sulue recht het ok wedder dy ban.
3 Wu man ouer echtere — boiten na siner ghebort.
4 Andere bischoppe dy vnder erczebissehopen beseten sin — decret vnde
decretal seit.
5 Des koninghes hoff — is vor godde nicht, ok gude werk ane gantzen
ghelouen sin ok vor godde nicht.
(l Wo die Erzählung von Moses beginnt, ist zwar ein Paragraphenzeichen
angebracht, aber kein besonderer Absatz gemacht, so dass ich hier keinen
Paragraphen zähle.
1 Dieses Kapitel beginnt mit Auslassung von L 160a und mehr als der
Hälfte von L 160 b: Sint openberlike wukerere in eyner stat dy Christen
sin, hebben dy borgere ieht schult dar ane? neu. dy here des dy stat is
dy het schult dar ane edder dy richter, eft hey sey nicht dvvinget alze
hey to rechte schal, u. s. w. Das Blatt schliesst mit: vnde hilpet dat
nicht, so beide dy wctlike richter dat man sy ut der stat drive. vnd.
Das nächste Blatt ist ausgerissen, so dass der Schluss des Art. 147
und die folgenden fehlen, welche ich wegen der — abgesehen von der
Kürzung von Art. L ‘228 ab — sonstigen Aehnlichkeit mit der Hand-
292
Rockinger.
L
161
162
163
164
165
166
167
(148)
(149)
(150)
(151)
(152)
(153)
(154)
168a (155)
168b
169
170a i
170b I
170c \
171 I
Z } ( i58 )
174 (159)
175 (160)
I (161)
176a (162)
I (163)
176b (164)
177 (165) 1
(-)
(-)
(156)
(157)
178a
178b
179
180
166
(173)
(174)
(1751
(176)
(177)
(178)
(179)
(180)
(-)
(-)
(181)
(182)
(183)
(184)
(185)
(186)
(187)
(188)
(189)
I (190)'
l 191'
1922
193
194
195
L
181
182
183
184
185
186
187
188
189
190
191
192a
192b
192c
193a
193b
193c
194
195
196
197a
197b
198
199
200
167
168
169
170
171
171
171
171
171
172
173
^ 1 ßa J
196
197
198
199
200
201
202
203
204
205
206
207
} 208
209
210
i 211
| 212
\ 213
l 214
215
216
217
218
Schrift des Appellationsgerichtes zu Bernburg nach dieser gereiht habe,
bis 165 beziehungsweise 100.
1 In diesem Kapitel beginnt das neue Blatt, mit den Worten nach der
Mitte von L 177: dat mach sinen litt' noch sines liues eyn deil nicht
Vorwerken.
Dann folgt als neuer Paragraph die in III vollständig mitgetheilte Be
stimmung: Eyn kint u. s. w.
2 Dieser Artikel folgt in 111 seinem ganzen Wortlaute nach.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
293
174
175
176
L
201a
— b
— c
— d
— e
— f
— §
— h
— i
— k
— 1
— m
— n
— o
~P
— <1
— r
— s
— t
— u
— V 178
202
203
204
205
177
j 219
} 220
221
J 222
223
} 224
I 225 1
l 2262
\ 227
228
2293
230
2313
232
L
206
207a
207b
208
209
210
211
212
213
214
215
216
217a
217b
218
219
220
221
222
223
224
225
226
227a
227b
},
79
180
181
181
181
181
181
1823
183
184
184
184
184
184
184
( 233
] 234
l 235»
236
237
238
2393
240
f 241 4
\ 242 5
243
) 244
2453
246
247
248 3
2493
250 3
Die Zusammenstellung' der Artikel von L 228 an
bereits in meinem fünften Berichte a.
hat
0. S. 86—88 ihren
1 Geit oyn man in eynen wingarden — schal neyne dar ut dragen.
2 Geit eyn minsclie in eyne sad — nocli snyde nicht dar aff.
3 Diesen Artikel tlieile ich in III vollständig mit.
4 Wey sin vehe anderswur driuet wen vor eynen ghemeynen herden —
mach sinen eygenen schap herden liebben.
5 Wat dy herde in silier hoyde — dy lierde gelden vnde deme richtere
wedden. vnde jenne dy schal by. sinenie eyde spreken wes dat vehe
wert was.
Sitznngsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. III. Hft. 20
294
R o c lc i n g e r.
Platz gefunden, so dass ich mich liier 1 einfach darauf be
ziehen darf.
III.
Haben schon in den Noten zu dieser Zusammenstellung'
verschiedene Abweichungen gegenüber 1. Berücksichtigung
erhalten, ist anderen nachher unter IV ihre Stelle angewiesen,
so mögen hier Artikel folgen, welche wegen dieser oder jener
Besonderheiten sich nicht gut in die Form von blos mehr oder
minder abweichenden Lesarten bequemen, wie auch der gegen
über L ein Mehr in dieser wie in der Handschrift des Äppella-
tionsgerichtes zu Bernburg bildende Artikel 25 = Sachsen
spiegel I 12.
Im Vorworte = L Vorwort d
heisst es hier bezüglich der zwei Schwerter, welche unser Herr
bei seiner Himmelfahrt zum Schirme der Christenheit auf dem
Erdreiche Hess:
Dy leit liey sinte Petere beide, dat eyne mit geistlikem
gherichte, dat andere mit weilikeine gerichte.
Dat werlike leit hey deine keysere, dat geistlike deine
pauwese.
Deine pauwese is gliesat to bescheidener tid to ridene
up eynem blancken perde. vnde dy keyser sal om den stegereip
halden, dat dy sadel nicht vntwike. dat beteykend: wat deine
pauwese weder sy dat hey mit geistlikeme gherichte nicht
dwingen mach, dat schal dy keyser mit deine swerde, dat is
mit deine wertliken swerde, richten vnde mit der achte, so
schal dat geistlike gherichte dwinghen mit deine banne.
Sinte Siluester vnde koningh Constantinus satten dit recht.
Vorwort d.
Alse dy man in deine banne is ghewesen ses weken vnde
eyn iar, den schullen dy werliken lichtere in dy achte doyn.
1 Die dort berührten Artikel 185 = 252; 186 = 256, 189 = 261, 262,
263, 264; 190 = 265; 192 = 268, 269, 270, 193 = 273; 199 = 287,
288, 289; 200 = 290, 291, 292, 293, 294 tlieile ich in III ihrem vollen
Wortlaute nach mit.
Berichte über. Handschriften des sog. Schwahenspiegels.
295
Dat recht satte sinte Siluester dy pauwes vnde koning
Oonstantin, satte Clementin, 1 vnde andere manche reclit.
Vnde dat eyn islik Christen man schal driens in deine iare
des vogedes dingh soyken, wen hey to sinen iaren körnen is,
dat is dat hey to sinen xxj iaren ghekomen is, in deine ghe-
richte dar dy man gud jnne heth.
Vorwort e.
Wur gherichte is dar schal eyn bodel sin edder 111er wen
eyn. dy schal ghebeiden des vogedes degedingh.
Jtliken enden is eyn wonheit dat man des vogedes dingh
buth driens in eynein iare, jtliken enden ouer ses weken,
jtliken enden ouer xiiij nacht.
So is ok itliken enden dat man borchgreuen het. dy
richten ouer vnrechte mate, jd sy an brode an beyre edder an
ghelode wur man mit schalen weget, vnde wat to hut vnde to
hare geit.
So schal dy voget den dotslach richten vnde alle vreuele
wunden vnde swert teyn vnde heym soyken vnde wat vntucht
vnde vreuel het. hir na segghe wy denne von rechte.
Vorwort f = L 1 b
lautet von der Stelle an, dass Gott dem Moses nicht allein die
zehn Gebote gab: hey gaff v vnde seshundert ghebot. dat eil
was nicht anders wen dat hey darvon neyine wu hey eyne
islike saken richten scholde.
Vnde na den suluen gheboden hebben sek alle koninghe
vnde forsten gherichtet wente her in dy nyen ee.
Do namen aff beyde dy keysere vnde koninghe vnde dy
pauwese or gherichte alze dy hir bescreuen stau in dissem
boyke.
Neynerhande recht noch lehenrecht noch ander recht steit
hir gescreuen wen alze von römischer art vnde von Karies
rechte herkomen sin. sy sint von twen rechtboikeren genomen,
dat is von decreto vnde von deeretali, wen in den twen bu-
keren vindet man al dey recht der beide geistlik vnde werlik
gherichte bedarff.
■20*
1 Wollt Verseilen anstatt: sinte Elenen son.
296
itocki n ger.
An dissem boike is nickt wen von werliken gherichte
dat meiste deil. dar vrnnie het it dat keyserrecht, wen dy recht
an dissem boike sint in allen landen redelik vnd ghewere.
22.
Wur twene man to eynem ghnde glieboren sin, dar schal
dy eldeste deilen vnde dy iungeste keysen.
Dy eldeste nympt dat swert to vorn, dat andere deilen
sey ghelike mit eyn ander.
25.
Wur brodere edder andere lüde er gud to samene hebben,
hoghen sy dat mit kost edder mit denste, dy vrome is orer
alle ghemeyne. dat sulue is ok dy schade.
Wat auer eyn man mit sinem wyfe nympt, des deilet
hey mit sinen broderen nicht.
Vorspelet auer eyn man sin gud, edder vorhuret hey id,
edder vorgift hey id, dar sine brodere nicht to geplichtet
hebben, den schaden den hey dar aff nymmet dy schal sin
eygen sin, vnde nicht siner brodere noch siner gheferden.
27 (28).
Welk man von ridders art nicht en is, vnde des ker-
schildes nicht enhet, vnde eruet doch wat, hey eruen schal,
doch an dotliff mach hey nicht eruen.
Wur eyn man sterft ane eruen, sin gud schal man dem
lieren antwerden eft hey id vorderet. jssed up deine lande, dy
lanthere schal sek sin vnderwindeq., vnde schal dat iar vnde
dach vnder ome hebben. eft ymant kummet dy id to rechte
hebben schal, deine schal man dat antwerden. kummet hey
auer na deine iare, so mud hey bewisen dat one echt not dar
ane gehindert hebbe: so schal man ome dat antwerden.
40 (42).
Von guter 1 ghewonheit schulle wey spreken, wen wur
gut gewonheit is dar is ok recht, wen gut gewonheit is so gud
alze recht.
1 In der Handschrift stellt: groter.
wasx&s&h'M
Berichte über Haudaciirifteu des sog. Schrvabenspiegels. 297
Dat beweret dy scrift, vnde dat het vor gherichte recht,
wur eyne iowclke stat or suluen recht settet na fulbort des
koning'hes edder der vorsten na wiser lüde rade alze recht is
vnd alze vorghescreuen is, mach man dat mit wysen luden be-
halden, id is so gut alze geistlik recht.
Wat ok dy keyser vnde dy forsten den steden hebben
gegeuen mit orer gunst, dat is recht, eft des wol nicht ge-
screuen is, dat man id doch behelde.
Vnde w.eren dy rechte alle bescreuen, dat were dar to
gud dat man or deste myn vorgheite.
Wey recht in steden malten wil, dy schal dat wisen
luden vorleggen: bevellet id den wol, so is dat stede.
53 (55).
Ny man t mach noch kau Vormunde sin, hey sy xxv iar alt.
Der vrouwen vnde der ltinclere Vormünder heten ichtes-
wur eyn behalder, edder eyn pleger, edder eyn voget. id
schullen truwe frome lüde sin.
54 (56).
Jd en mach nymant Vormunde noch vogit sin, hey en sy
xxv iar alt, is dat hey gude witte hebbe.
Js hey auer nicht wittzig, so sal man ome eynen Vor
munden geuen, up deine lande den lantrichter, in der stat den
statrichter edder sin vogit.
Dy schal sin Vormunde sin, des ghenote hey sy, vnde
sines vader mach, edder eynen utghenomen ghetruwen lantman.
55 (57).
So dy ltnape xiiij iar alt is, so mach hey Vormunden
lteysen, eft hey bewisen möge dat hey an ome ouele hebbe
ghedan.
So dot ok dy maget wen sey xij iar alt is.
Jd mach ok neyn kint vor xiiij iaren icht doyn dat kraft
hebbe.
Ivoft id bynnen den iaren edder vorkoft id, dy Vormunde
schol dat halden hebben. jsset sin schade, hey mach dat
wedder reden.
298
R o c k i n g e r.
Vnde vorspeiet hey icht sines ghudes, man sclial id deme
Vormunden wedder gheuen, vnde jenne dy schal deme richte
dar vmme boithen.
76 (79).
Id en schal nyman vor sinen heren pande edder pen-
ninghe dulden wen so vele alze hey ome tinses schuldich is.
Vnde is dat eyn here von eynem goddeshuse lüde voget
is, wy den luden icht doit, dy rouet dat goddeshus vnde ok
den heren dy or voget is: wen or here dy schal sy to allen
tiden beschermen.
87 (90).
Wur vmme eyn man ghetuch is, dar schal hey neyn gud
vmme nemen.
Vnde kummet hey vor gherichte, vnde schal eyme rechtes
helpen dy dar sweren schal, hey mach on dar mede vorwerpen
dat ome gud darvmme ghegouen sy. vorsaket hey des, des
mut hey sek vntsegghen mit sinen twen vingeren, edder disse
schal one sulff dredde ouer reden dy dy warheit weten dat
hey gud darvmme entfangen hebbe edder ghelouet hebbe to
vntfangene.
Vnd wert hey vorwunnen, hey bot deme lichtere vmme
eynen vreuel, dat sin v schillingh penninghe, vnde mach vorder
nymandes ghetuch mer sin, wen id is eyne grothe vndat.
(118) 127.
Dy forsten schullen keysen eynen koning dy eyn vrye
here sy, also dat sin vader vnde sin müder hoe vryen sin
ghewesen.
Sy schullen ok middel vryen hebben to mannen.
Vnde hebben sey wif to der ee genomen wen man sy
her welit, vnde is sy nicht so vry alze hey, so sal man sy
nicht to koninghe kysen.
(118) 128.
Dy Francken hebben dat recht: slan sy eynen man to
dode, man mut oren eyd dar vmme nemen. sy werden denne
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
299
in der hanthaften dat begrepen, so nympt man ores eydes
niclit: man sol ouer sy richten alze ouer andere lnde.
(126) 139.
Man schal des gherichtes warden von der dridden tid
des dages wente an dy none.
Vnde kummet dy lichter dar, vnde nymant dar klimmet
dy to rechte komen schal, dy wert weddehaft.
Vnde is in ghemeyne dar boden, vnd klimmet dy nicht,
dy is vor godde leddich des dages.
(136) 153.
Werne man sine borch affghewynnot to vnrechte, dy schal
id clagen deine lantheren. dy schal ome richten, vnde dy borch
wedder forderen uppe recht., vnde antwerdet hey ome der nicht,
so vnderwinde sik or dy lanthere vnde alle des hey hat. 1 vnde
schal on vorladen to dren dedinghen.
Klimmet hey vor, berichtet hey dat mit rechte, eft hey
ghewalt het ghedan, so richte man ouer on alze ouer
eynen rouer.
Man venget on ok wol ane des richters orloff wur man
oue viudet, vnde antwerdet on in dat gherichte, dy wile man
eynem manne sine borch mit ghewalt vorbehelt.
(137) 154.
Welk hus vor ordelt wert, dar schal dy lantrichter den
irsten slach slan, dar na dy lantlude mit hacken vnde mit
hauwen. vnde scluillent ut rumen wente up dy erden.
Vnde men schal nicht von dannen bringhen wedder holt
noch steyne, id sy denne roff edder duffe, des vnderwinde sek
dy lichter, vnde behaldet, went ymant kome vnde sek dar to
they mit rechte.
Man schal ok den grauen to vullcn mit alle den dy in
deine gherichte sin by ores sulucs spise, eft id on dy lichter but.
1 In der Handschrift steht: lanthere vnde alle des hey vnde alle des
hey h;it.
300
R o c lc i n g e r.
(137) 155.
Wey schepen sint, dy schullen ordel vinden ouer alle
dirtgh, vnde nymant anders.
Dy richter vncle dy schepen schullen hüfen noch hoyde
noch cappen noch hanczken noch mentelc ane dragen. dy men-
tele schullen sey up dey asselen nemen. sy schullen ok ane
wapen sin, sy endwinghe denne echt nod dar to.
Ordele schullen sey vastene vinden ouer eyn islik lif.
dat recht dat man ouer minschen lif vindet dat schal man vor
alleme flite mit rechte behalden. wey ordele gift gegetten ouer
eynes minschen liff, dy wert des schuldich.
(165) 191.
Eyn kint von seuen iaren, sleit dat ymande to dode, id
vorwerkit sinen liff nicht, noch sines liues eyn deil, noch sines
vader gud: wen vader vnde müder moten in geistlikeme ge-
richte mit karynen vor id boiten. het id der denne nicht, so
don id sine uegesten maghe.
(166) 192.
Dy vader antwerdet nicht vor den utgesuuderden son,
hey hebbe denne sin gud jnne.
Dy son antwerdet ok vor den vader nicht vmnie neyne
sine vndat edder vnghericlite, eft dy vader sterft, dy schult
sy denne hertuget eyr wen hey starff.
Vnde wes hey nicht hertuget, man bot nicht vor on, id
sy denne vor gherichte utghenomen dat man sek tilgen vormat
also: her richter, wey nemen ut, eft dy man sterue eyr dy
dach den vnse tilgen leisten schullen, dat id vns icht schade
an vnsem rechten, vnde mögen dat behalden mit twen dingman
eft man on loykent.
(178) 229.
Wey des nachtes up deine ackere körn stelet, hey is des
galgen schuldich.
Nymant schal des nachtes voderen. dy id auer deit,
vmme eynes penninghes wert id geit ome an dy hant. jsset
Berichte über Handschriften des sog. Schwabeuspiegels.
301
auer eynes schillinges wert, icl geit ome au den halls, so dat
man on lienget.
Vindet eyu man eynen deiff des nachtes in der kerken,
man nympt on wol mit rechte darut.
Vodert eyn man vreueliken eynes dages, so gift eyn pen-
ninghwert den rechten dumen, eyn schillingwert dy hant.
Dot auer hey dy vndat ander stunt, hey vorlust den an
deren dumen. dot hey id drystunt, hey vorlust dy anderen haut.
Vp welker horch edder liusc man dit deit, dar is dey
wert deine richtere schuldich x punt. jn eyner stat so vele.
(178) 231.
Wey eynen euer heit, wilt edder tarn, dy schal ome dy
tenen aff sagen, deit hey des nicht, wat schaden hey deit, den
mild hey seggen.
Wey ok schedelike hunde herte edder beren heit, doden
sey eynen minschen, man schal dat vleisch mit steynen vor-
doymcu, vnde man sal sin nicht eten, wen id is vnrcyne.
Lernet eyn ghetemet deir eynen minschen, sin wert schal
vor id betören, eft hey id na deine schaden linset, edder ant-
werdet ineme vor sinen schaden, edder huset hey id, so mud
hey gelden vnde boiten.
Jssed ein liers, sin wert schal ome alle iar sine horne
aff slan.
Dar na eynem isliken deyre alze dat sin recht wesen mach.
(179) 235.
Vorsten vnde heren, wur dy tilgen schullen, dar schullen
sy opene breue senden mit oren jnghesegeln mit oren ange-
bornen denstmannon. dy schal dat gud vorsprnkcn an sine
stede, vnde schal ok ienes ghowere sin dy on dar het
ghebracht.
Vnde wil des forsten vogit, hey mach id teyn an den
koningli.
Jdoch welkem hey den breff des gudes gift, dy behalt id.
vnde get man des gudes von eynem denstmanne, eft one des
nicht echte nod benymmet.
302
Rockinger.
(180) 239.
Wey eynes anderen mannes acker buwet witliken, vnde
wert hey dar vmme beclaget, liey mud alle den schaden heb-
ben, vnde sin arbeit is vorlorn. vnde schal deine richtere
wedden.
Ynde het id ome auer ymant tho buwene laten, dy schal
ome sinen schaden herleggen.
Wey acker buwet vor der tid edder seyet, vnde id wert
ome vorboden, hey vorluset alle sin arbeit vnd sine sa't, vnde
weddet deine richtere.
182 (245).
An sinte Philippus dage is vordeynet dy lemmer tegede
gelt vnde allerleye fleischgelt, an sinte G-allen daghe dy win.
an sinte Mertens dat körn.
Des mannes sat dy hey buwet is vordeynet wen dy egede
dar aff geit.
Wil eyn here sinen tinsman von deine gude wisen, dat
schal hey doyn to lichtmissen.
Stirft dy tinsman vor lichtmissen, sine eruen treden an
sine stede vnde deynen dar von.
Gleit von molen von munten vnd von tollen is vordeynet
up den dach alze dat bescheiden wert.
(184) 248.
Eft eyn deine anderen lyet eyn perd edder ander gud,
sad hey dat ut, edder lyet hey dat vorbat mit jennes willen,
so het hey recht dar ane.
Lyet eyn deine anderen eyn perd up eyne bcnaute stad
vmme sus, gesehnt ome icht wente up dy stad, hey betert ome
nicht dar an, eft hey id rechte reyse rid vnde gif’t ome sin
voyder. rid hey id auer ouer dy benanten stede, goschut ome
icht, edder wert id om gestolen edder ghenomen, hey mud id
gelten.
Vnde lyet eyn deine anderen eyn pert vmme Ion up eyne
benante stad, geschut ome icht, hey gilt ome nicht, rid hey id
auer vorbat, hey mud id gelden eft ome icht gheschut.
303
Berichte über Handschriften des sog. Schwahenspiegels.
Eyn man schal gelegens gudes bat plegen wen sines
eygens.
Lyet eyn deine anderen vehe, dat hot dat sulue recht.
(184) 249.
Stelet eyn minsche deme anderen, wu junk vnde wu arvn
hey sy, wert hey darmede begrepen, man schal on hengen.
Wey deme to duuerie red, edder ome hulpe dar to gift
dat hey stele, dy is der duue schuldich.
(184) 250.
Wey Stelen wil, vnde geit to eynem vnde biddet on
vmme eyne ledderen to lyene, hey wil in eyn hus stigen vnde
wil stelen, edder dy eynem deyfe dy dore up deit, edder dy
eyn smed dy dufslot maltet, edder welker hande hulpe hey
ome deit, man sal on mit dem deyfe hcnghen.
(185) 252.
Vorkope ek eyneme mynne gud, vnde hey gift mek wat
darup, vnde dat gud bliuet in myner ghewalt, vnde wert id
mek vorstolen, dey schade is sin vnde nicht myn.
(186) 256.
Wert eynem manne eyn gud geantwerdet vor gherichte
mit ghewere, wey ome dy bricket, id geit ome an dy hant,
edder mit x punden to losene, eft hey dar up nicht nymmet.
Nymet hey auer ichteswes dar aff, dat is roff: dat schal
man richten alze hir vore bescreuen steit.
(189) 261.
Het eyn man pauwen edder dufen dy ut sinem huse
vleigen vnde wedder dar in, dy wile dat sy dat doyn, so sin
sey sin.
Körnen sy auer in verteyn nachten nicht wedder, wey
sey dar na vengit, des sint sy.
Wey id auer venget, vnde höret dat man dar na vraget,
id is düue, vnde hey mud id wedder gheuen wu lange hey
304
ßockinger.
dat gelielt. vnde kurnpt dat vor gherichte, so richte dy richter
alze hir vor ghescreuen is vmme allerhande dingh.
(189) 262.
Horire gense ende hebben eyn ander recht, wu lange eyn
dat het, so isset doch myn. vnde wy dat in slut, vnde is nicht
sin, id is dune, dar richte man ouer alze hir vorgescreuen is.
Wu lange man dy wilden vögele jnne het, hey hebbe sy
na der tid edder vor der tid ghevangen, sy sint doch des
deine sy to deine irsten male entfloghen sin.
(189) 263.
Wey eynen glumene liunt edder eynen tarnen hunt heit,
wat schaden sy don, den schal or höre gelden.
Wil hey sek auer vntschulden, dar mede is hey nicht
vnschuldich, wen id is vnrecht, wey wilt by luden temen wil
dat nummer tarn werden kan.
Sleit eyn man eynen glumenen hunt edder der vorghnanten
deir eynen to dode in deine dat id om schaden wolde, hey
enbot nymande dar vmme. ghelouet man ome edder nicht dat
hey sek alsus mochte weren, eft id neman sach, so sal man
sinen eyd dar vmme nemen.
(189) 264.
Wey erst in dy achte kummet eyr wen in den bau, dy
schal ok irsten dar ut körnen, des suluen ghelik is dat ok vrnme
den ban.
190 (265).
Het eyn man eyn kint to leren vele iar edder wenich,
vnde geit dat eyn ghenant gud von, vnde steruet dat kint eir
siner tid, man sal dat gud aff slan na der tid.
Vnde vorderft eyn meister eyn kint mit vnboichliker
tucht, dar mut hey dat Ion wedder glieuen to boite dat hey
vntfangen het.
(192) 268.
Schuldet man eyn hus so dat dar sy roff up ghofort,
vnde riden dy dar aff vnde forden den roff dar up, wil dy
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels. 305
burchhere des loykenen, des schal hey sek bereden mit sinem
eyde up den liilgen. het man auer deine rouere nagevolget
wente up dy horch, dat bewise man sulff dredde. dy vorleggen
des werdes getugen.
Wil auer dy borchhere sin hus mit kampe weren, so schal
eyn vnder den dren dy hant afF teyn von den hilgen. welken
hey wil, hey raut mit ome kempen. sint sy alle dry sine ouer
genoten, sy weygern ome des kampes wol. vnde dy richter
richte dat alze hir vor ghesereuen is.
(192) 269.
Wert eyn wiff edder eyn maget utghcfuret mit gewalt,
edder in deine huse wedder oren willen ghehelset, roppet sy,
alle dy dy in dorne huse sin schullen or helpen.
Hilpet or nyman, vnde mach sy dy sulf dredde ouer-
tugen dy or dat ghedan liebben, man schal sy enthoueden,
vnde alle dat vehe dat dar jnne is doden, hatten hunde hiinre,
vnde dat lins up dy erde breken.
Begrippet man den nottoger, was sy maget, man schal
on leuendich begrauen. was sy eyn wif, man schal ome beyne
vnd arme mit eyner delen af stoten.
Begript man 011, vnde weret hey sek, hey st.eit, in deine
suluen rechte alze dy echter gheliker wijs.
(192) 270.
Papen vnde geistlike lüde dy na oreme rechten nicht
geschoren sin, dot man on iclit, man betert on vullen na alze
eyneni leyen.
Joden, eft sy nicht hoyde dragen, eft sy wapen furen,
eft sy in horhusen begrepen worden, wy on dar jnne iclit deit,
dar vmme betert hey nymaude.
(193) 273.
Sat eyn man deme anderen eyn leuendich pant, vnde
sterft dat in silier gewalt ane sine schult, hey gildet sin nicht:
wen sine penninghe vorluset hey dy hey dar up leth, hey
hebbe denne borgen ghehat darvor, edder hebbet ut ghedinget.
306
Roclcinger.
Wil man ome des nicht ghelouen, dat id ane sine schult
dot sy, so swere hey to den hilgen, man ouertuge one denne
sulff dredde.
Hey schal id ok nergen riden ane iennes willen, doit
hey des nicht, wat ome gheschut, dat mud hey gelden yo von
der mile ses penninghe. dat is dar vmme, eft hey id arbeidet
wedder sinen willen.
(199) 287.
Dy richter schal nymande von der gewere wysen, man
clage erst to deine dy id in glieweren het. man sal one vor
laden alze recht is.
Rechtlosen luden darff nymant vorspreken gheuen.
Yorbannen luden vnde echteren den darff ok nymant
antwerden vor gherichte. claget auer ymant up sey, deine
moten sey antwerden. dit kämmet dar von dat sey von allen
eristenliken dinghen gescheiden sin, id sy geistlik edder werlik
gherichte.
(199) 288.
Wil eyn echter ut der achte körnen, dy schal komen
vor den richter dey on in dy achte deit: vnde schal borgen
setten vmme dy clegere vnde des richters boite.
Vnde sint dy clegere dar iegenwerdich, dy schullen dy
borgeschop entfangen.
Vnde nympt dy richter vnghewisse borgen, hey mut den
schaden hebben, vnde nicht dy clegher.
Dy richter schal dy borgen dwingen dat sey leisten wat
or clage sy. vnde wat sey up on ghehat hebben vnde noch
hebben, dat schal dy richter den bürgen beten gheuen, vnde
sal sy dar to dwingen mit ghericht.
(199) 289.
Spricht eyn dy in der achte was, hey hebbe sek dar ut
ghelost, dat schal hey sulff dredde betugen dy dat liorden
vnde sagen dat one dy richter ut der achte det.
Ok mut hey bysunderen von eyneme isliken richtere
komen dy one in dey achte het mit rechte ghebracht.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
307
(200) 290.
Eyn islik man schal antwerden vor deine gherichte up
den man claget na siner ghebort, dat is na sineme rechten,
vnde nicht des clegers.
Vnde spricht man eynen man kempliken an, des mach
hey wol ouer sin, eft hey von deme lande nicht gheboren is
dar man ome kempet.
Vp wen dy cleger sine boithe gewynnet vor gherichte,
up den ghewint dy richter sin gewedde.
(200) 291.
Eyn man deit nicht ouele, eft hey sines neybers vehe
dat erre geit in driuet mit deme sinen. hey schal dat ok des
morgens wedder ut driuen.
Vnde höret hey dar na vragen, vnde vorswyget dat, so
is hey duffe schuldich dar ane. hey schal ok ueyne nut dar
aff nemen.
(200) 292.
Wey fremde lcorn snyd, vnde meynt id sy sin, edder
sines heren deme hey deynet, dy missedoit nicht dar ane.
Eft hey des herjnnert wert dat id sin nicht en is, so
schal hey dat up deme ackere laten, vnde man schal ome
siner arbeit Ionen.
Vort hey id auer von deme ackere, hey mild id wedder
g'heuen, vnde het sin arbeit vorlorn.
/
(200) 293.
Lopt eyn den anderen an, vnde wert eyner wunden ghe-
wunden edder mer, wu wol eyn dy wunden allene gheslagen
hebbe, doch schallen sy alle boithen dy darby vveren vnde
ome wedder stunden.
(200) 294.
Wur man dy kettere weit, dy sal man wrogen vor geist-.
likeine gherichte.
Vnde wen dy vorwunnen werden, so richte man ouer sy
alze recht is.
808
R o c 1c i n g e r.
Vnde is (Lat sy cly richter bescherinet, by deine hoesten
banne, vnde dat schal doyn dy bischop, vnde dy werlike
richter. vnde wat hey deine kettere sch olde hebben ghedan,
dat schal ome dy liere doyn.
IV.
Soviel von der Handschrift der Gymnasialbibliothek zu
Quedlinburg für sich. Ich schreite jetzt zu der schon im vor
hergehenden Berichte in Aussicht gestellten Mittheilung der
wichtigeren Kapitel der drei dortselbst behandelten
Handschriften.
Hat sich bezüglich ihrer bereits herausgestellt, dass sie
keineswegs in allen Punkten genau übereinstimmen, ist auch
sonst schon davon die Rede gewesen, dass überhaupt die
Codices der ganzen Gruppe um welche es sich handelt viel
fache Verschiedenheiten gegen einander aufweisen, so kann ich
ein theilweise annäherndes Bild hierüber beispielsweise dadurch
gewähren, dass ich aus einigen der hervorragenderen bei den
zunächstfolgenden Proben in den Noten Mittheilung von deren
Abweichungen mache. Es linden sich unter B solche der
Handschrift des Appellationsgerichtes zu Bernburg, unter S
solche der Schnalser. Jene der Quedlinburger habe ich fort
und fort mit Q bezeichnet.
Vorwort = Vorwort L ab.c.
HERRE GOT HIMELISCHER 1 vater durch deine gilt 2
geschuf dv 3 den menschen in dreier valtigen werdichait. div
erst' 1 daz 5 er nach dir gepildet ist. daz ist 6 ein als hoclieu
werdichait daz 7 als menschen chunne 8 dir immer 9 daneben
sol. 10 wan des hab wir michel 11 recht, vil über lierre hime-
lischer vater, seit daz dv vns zv deiner hochen gothait also
1 III almachtiger.
2 S. din milt gvt. III dein milte gilt. B. Q. dine milte.
A 3 III beschuffestu. 4 III erst wirdigkait. 5 S. erste daz ist daz.
ß S. daz öch. 7 S. der dir. III des dir.
8 III künnen. II menschleichs clmnnen. 9 S. immer svnderliclien.
10 B. nümmer vul dankene mach. Q. nummer mer vuldancken.
11 B. groz. Q. grot.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
309
wirdichleich geedelt 1 hast. 2 div ander edelcliait da dv herre
got himelischer vnd almechtiger schepher den menschen zv
geschaphen 3 hast, daz ist div 4 daz dv alle dise werlt, die
sunne vnd den inanen, die stern vnd die vier element feuwer
luft wazzer 5 vnd erde, 0 die vogel in dem luft, 7 die visclie in
dem wage, 8 di tyer in dem walde, die wurm in der erde, golt
vnd edels 9 gestaine, der edelen wurtzen süzzer 10 smach, der
blümen 11 lichteu varwe, der povm wünne berendeu frucht, 12
chorn vnd wein, vnd ot 13 alle creatiwer hast dv 14 dem men
schen ze nvtze vnd ze dinst geschaphen durch di triwe vnd
durch die minne die dv ze menschen clivnne het. 15 div dritte
werdichait ist da dv herre den menschen mit gewirdet vnd
geedelt 10 hast, daz ist div daz der men sehe die wierd vnd die
ere die freud vnd die wünne die du selbe pist daz er die
immer mit dir ze himel haben 17 müz vnd sol. der werlde
dinst ls vnd nütz hast dv herre dem menschen vmb süz ge
geben. da nach sol der 19 mensch merchen vnd trachten wie
groz vnd wie vnzelleich 20 der Ion ist den 21 dv herre dem men
schen vmb seinen 22 dinst geben wild, vnd dar vmb sol ein
ieslich mensch got dienen mit Heize vnd mit triwen, wan der
1 rtl geadelt. B. geschaltet vnd getelet,.
2 B. Q. setzen hier noch bei: des sistü immber geloueÜ.
3 III geadelt. 4 B. ist die e. Q. is dy ee.
5 S. elementen fivr wazzer lüfte. B. elementa wür vnd waczer lüft.
0 III ertrich. 7 B. S. in den lyften. 8 B. Q. watere.
9 S. edel. B. edele. Q. edelen.
19 S. sfazen. Q. vnde gliekrude sutlie. 11 III plümlein.
12 III. S. der bovm frucht. B. Q. vnd den boyemen ere vrücht.
13 In II und III fehlt: ot. S. et.
14 S. creatür daz liastv allez samt herre.
15 II und S. dv zv. dem menschen hast. B. du zu den mensehen bettest.
III du zu dom menschen kunnest haben.
10 11 mit gewii'digt. III mit gewirdigt vnd geadelt.
17 B. Q. das her zü liemele (Q. himmele vor), de werde vnd de vruvde vnd
de wünne de du sclue bist immer mit der ewichliken nüczen (in Q
fehlt: immer u. s. w.).
18 B. Q. de werdicheit. 19 III soltu. 20 II vnzalperleich.
21 B. Q. trachten (Q. betrachten) wie vnsalich her si daz Ion (Q. hey sy
dat Ion) daz.
22 III betrachten, so mag daz wol vnczalparlicli sein daz du herre dem
menschen vmb.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. III. Hft.
21
310
Kockinger.
Ion ist vnmazzen groz daz in dehaines hertzen sin nie 1 be
trachten chvnde noch mensehen zvnge nie vol rechen 2 mochte,
noch äuge nie 3 vbersehen, 1 noch ore nie gehören 5 chunde 0
daz got seinen dieneren hat berait. 7 daz wir nv got der hochen
werdichait gedanchen vnd den grozzen Ion verdienen, des helf
vns der almechtige got. 8
Seit vns nv got in so hoher 9 werdichait geschaphen hat,
so wil er auch daz man im wirdichleich dien vnd ein werdes
leben 10 haben, 11 daz wir an ein ander wierde vnd ere pieten,
triwe vnd warhait, 12 nicht haz noch neit. 13 wir schullen mit
fride vnd mit svn vnder ein ander leben, wan fridleich leben
hat got lieb. 14 wan er chom selbe von himel her auf die erde
durch fride, daz er vns freite 15 vor dem teufel vnd vor der
ewigen marter der helle, 10 ob wir selbe wollen, vnd da von
svngen die engel ob der chrippe do vnser herre Jesus Chri
stus des himelischen gotes svn von vnser vrowen sand Mareien
der ewigen magt geporn 17 wart: gloria in excelsis in deo, et
in terra pax hominibus bone voluntatis. alle die den rechten
frid behaltent mit rainem willen, die habent 1S immer freud
vnd ere in dem himelreiche. vnd do got hie in erde 19 waz, 20
do waz daz sein eieich wort vnd gruz : pax uobis. daz sprichet:
der fride sei mit ev. also sprach er alle zeit zv seinen iungern
vnd ouch zv andern ieuten. nv svlen wir merchon da pei wie
recht lieb der almechtige got den fride hat. wan do got ze
himel für, do sprach er zv seinen iungern: der frid sei mit ev,
1 B. daz iz keyn mensche noch hertze. Q. dat sin neynes minseben lierte.
2 II nye volrecken. 3 B. Q. noch ogen blik mer (in Q. fehlt: mer).
4 Q. schliesst hier mit ,ouer sehn kan* den Satz.
5 B. schliesst liier mit ,gehörten* den Satz. 0 II orn vberhören.
7 III daz du herre beraitt. hast den die dich von hertzen lieb haben.
s II vns got der almächtig. 9 B. grote.
10 B. Q. och daz wir on werdes lobes (Q. one wedder eren vnde louen
in disser werlde).
11 In III ist von ,daz man im* an ausgefallen. 12 II wirdikait.
13 Q. knüpft an den Schluss der Note 10 an: vnde dat wy nicht hat noch
nyt to eyn ander dragen, sunder truwe vnde warheit.
14 III got vast lieb. 15 III frid. 16 B. Q. der bitteren helle.
17 B. Q. crippe do godes söne (III sun Jhesus) geboren.
18 B. Q. med goden willen, gewinnen. 19 II und ITI hy auf erden.
20 B. mensliken wonete. Q minschliken leuede.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
311
vnd enpfalch dem guten sande 1 Peter daz er ein pflegser wer
an g'otes stat vber den rechten fride, vnd gab im den gewalt
daz er den himel entslüzze allen den die den frid behielten,
vnd swer den frid zeprech daz er dem den himel vor ver-
sluzze. daz ist ot 2 also gesprochen: 3 allen die den gotes frid 4
zeprechent, die habent den waren 5 frid zeprochen. seit vns nv
got des geholfen hat daz wir mit rechtem leben vnd fridleich 0
zc himel chomen mvgen, 7 wan daz waz nicht vor Christes ge-
purde: swie wol der mensch tet, er mocht nicht ze himel
chomen.
Got geschüchf 8 des ersten himel vnd erde, ze ivngest
den menschen. den satzt er in daz paradeys. dar inne pracli
er die gehorsam vns allen ze schaden, vnd dar vmb gienge
wir irre sam div hertlosen schaph, daz wir in daz himelrich
nicht mochten vntz 9 an die zeit daz vns got mit seiner marter
den wech dar machte, vnd dar vmb scholde wir got immer
daneben vnd loben vnd eren von allen vnsern sinnen, 10 daz
wir so wol nv zen ewigen freuden 11 chomen, ob wir wolden,
daz hie 12 vor den heiligen propheten vnd patriarchen triwer
waz. div genade vnd div selichait ist vns Christen leuten ge-
maine daz wir wol daz himelreich verdienen mvgen. vnd swer
des nicht tut, daz rieht got pilleich an in vnd an den die den
gewalt von got habent. daz ist der habest, der sol an gotes
stat hie richten vntz an den ivngesten tach. danne 13 wil got
selbe richten vbel vnd gut, groz vnd chlain, ot 14 waz vntzen
dar nicht gerichtet Wirt. vnd dar vmb wil man an disein büch
’ III enpfalch da sand. 2 In II fehlt: ot.
3 B. genieinet. Q. dat, meynet, hey also. III das er also maynnct.
4 II B. gebot. Q. bot. 5 III B. Q. rechten.
6 III mit rechtem vnd mit fridlichem leben. B. Q. rechten vnde mit vre-
delichteme lebende.
I B. Q. fügen hier bei: so sol wir al nach vrede werken (Q. leuen).
8 III beschaff.
0 B. Q. wir zu lijmele nicht mochten komen wante.
10 III von allem vnnserem herczen macht vnd sele. B. Q. von alleine vnsem
hertzen vnde solo vnd maehetc (Q. malten).
II II nu zu dem ewigen leben. 12 In II fehlt: hie.
13 II dann so. ,4 In II und III fehlt: ot.
312
Rockinger.
leren alle die 1 gerichtes pflegent wie si richten svlen 2 nach
gotes willen, so manich hailieh man paide 3 in der alten vnd
in der niwen e richter sint gewesen, vnd also habent gerichtet
daz si mit ir gericht di ewigen freude besezzen 4 habent.
swer 5 auch anders richtet wan als ditz puch leret, der sol daz
wizzen daz got vil 0 zornichleichen richten wil vber in an dem
ivngistem tage.
1.
Seit daz nv got des frides fürste haizet do liez er zway
swert auf der erde 7 do er ze himel für ze scherm der cliri-
stenhait.
Div lech got sande Peter baide. aines mit gaistlichem
gerichte, daz ander 8 mit werltlichem. 9
Daz werltlich gericht leihet der pabest 40 dem chaiser.
daz gaistlich ist dem pabest gesetzet daz er da mit richte.
Dem pabest ist gesetzet ze beschaidener zeit ze richten
auf einem planchen pferfde. 14 vnd der chaiser sol dem babeste
den stegraif haben dar vmbe daz 12 sich der sadel iclit ent
winde. 13 daz bezaichent: swaz dem habest wider ist daz er
mit gaistleichem gerichte 14 nicht twingen 15 mach, daz sol der
chaiser vnd ander werltlich richter mit dem swert richten vnd
twingen 40 mit der sechte. so sol daz gaistlich gericht twingen 17
mit dem banne. 18
1 III die die da.
2 B. Q. plegen wo ses plegen solen (Q. wu sy des plegen schullen). III
pflegennd wie sy gerichts pflegen sollen.
3 II und B. so manich man. 4 II versessen. 5 II vnd wer.
G In II fehlt: vil.
7 B. Q. swert op ertrike. III swert auf ertreich.
8 III hat anstatt ,daz ander*: vnd ains. 9 II weltleichem gericht.
10 B. werliche let her. Q. werlike leit hey.
11 II einem weissen pfard. 12 II haben vmb das das.
13 III en wennd. B. vntwiclite. Q. nicht vntwike.
14 II und B.: rechte. 15 III geczwingen.
10 B. Q. keyser med dem swerde richten vnd mid dem werliken richte
(Q. swerde, dat is mit deine wertliken swerde, richten) vnd. III kaiser
mit annderen werltlichen richtern zwingen mit dem schwert, vnd.
17 III so czwingt daz geistlich gericht.
18 B fügt hier noch an: Sünte Silüester vnd konig Constantius de satten
dit gerecht. Q. Sinte Silüester vnde koningh Constantinus satten dit recht.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
318
2.
Als ein man in dem banne sechs wochen ist und ainen
tacli, danne sol in der werltlicli richter 1 ze techte tvn. 2
Daz recht satzte sand Siluester ein vil hailiger habest 3
vnd der chvnich Constantinus sand Helen svn. vnd auch an-
dreiv manigeu recht. 4
Vnd daz ein ieslich Christen mensche sol dreistvnd in
dem jare des 5 vogtes taidinch suchen so er zv seinen tagen 6
chomen ist, so 7 er ain vnd zwaintzich jar alt ist, in s dem
bistvm da er inne gesezzen ist, oder in dem lande oder in
dem gerichte da der man inne gut hat. 9
3.
Ez sint 10 dreier hande freyen.
Die ersten haizent sembervreien, 11 vnd sint fürsten die
ander vreien 12 ze manne habent.
Die. andern haizent mittervreien 1 vnd sint der obern
vreien man. 13
Die dritten haizent edelinge, 14 vnd sint gepouwern. 15
4.
Swa gericht, da sol ein vron pot 111 sein, oder mer danne
ainer. der sol gepieten des vogtes taidinch. 17
1 III jn werltlich gericht.
2 S. setzt liier noch bei: vnd swer ovcli in der selitc ist sechs wochen vnd
einen tach, den sol der geistliche rihter ze panne tvn.
3 B. S. Siluester der pabst.
4 S. dise zwen satzten disiv reht vnd anderr rechte michel teil an disem bveli.
5 S. daz. c B. S. sinen iaren vol. 7 S. das ist so.
8 III vnd in. S. so sol er daz vogtes dinch svchen in.
8 II man gut jnnen hat ligen. S. hat noch folgenden Satz: hie sol man
hören von den vrien levten.
10 S. wir zeln. 11 II semmer freyen.
12 S. der haizzet ainez semper vrien. der haizzet ainez fürsten vnd di vrien.
13 S. mitter vrien. daz sint die die der vrien man sint.
14 II edelling. III edeling.
la S. dritten vrien daz sint die die da vrie lantsazen sint. vnd si sint ge-
buren. der hat iegelicher als wir her nach gesagen wol.
16 S. ein gebutel. B. eyn bodel. III ein piittel. 17 S. dineh.
314
E. ockinger.
Etwa ist gewonhait daz maus vog'tes taidinch 1 in dem
jar dreistvnd gebeutet, etwa vber sechs woclien, etwa vber zwo, 2
So ist etwa gewonhait daz man purgrafen 3 hat. 1 die
riclitent vber vnrccht motzen, vnd 5 vber vnrecht maze, ez sei
an trincben oder an pr6t,° oder an 7 eilen mezzen, s oder vber
vnrecht golote vnd 11 swaz 10 man mit wage wigt, vnd swaz ze
haut vnd ze har get, vnd vber allen den chauf daz leipnar 11
haizzet. 12
So sol ein vogt richten den totslach vnd alle freuel wun
den vnd 13 swert zuchen vnd haimsüchen, vnd alles 14 daz vn-
zvcht 15 vnd frseuel haizet. 10
5.
Seit vnser herre den menschen in so hoher werdichait
geschaphen hat, 17 so hat er auch den menschen geleret wa
mit er ze himel chomen mvge 18 ze der ewigen werdichait da 10
zv er den menschen hat erwelt. 20 wan do got 21 Moysi div
zehen gepot gab auf dem perge 22 Synay, do west er vil 23 wol
1 S. dinch. 2 J3. ober verzentage.
3 S. burggraven. B. borchgreuen.
4 III so sind etwann burgkgra,uen.
5 In B. fehlt: vber vnrecht rnetzen vnd.
6 S. maze da man trinchen mit git. B. it si an brote oder an bere.
7 S. vnd vnrecht.
8 III an allen massen. In B fehlt: oder an eilen mezzen.
9 In S. fehlt: vnd. 10 B. gelote swa.
11 B. lipneringe. III leibnarung.
12 S. lipnar haizzet. da sol allez ein burggiaue vber rillten.
13 III fräuel vnd all wunden. 14 III vnd was. S. vnd swaz et.
15 II vnrecht.
10 B. fügt liier noch an: Hi nach sage we von rechte (III hat auch: Her
nach sagen wir mer von gerichte). In S. folgt noch: daz sol allez ein
vogt richten. Her nah sagen wir mere von gerichte, wie man ein iege-
lich sache ze relite rillten sol, daz sich die iht verwurken mit vnrehtem
gerillte.
17 S. setzt noch bei: als hie vor gesprochen ist.
18 S. geleret alle die Sache da er zem himelrich mit chomen sol.
19 III zw den ewigen frewden dar.
20 S. fügt hier noch an: daz erzivget man enmanigen ende in der heiligen
schrift.
21 S. do vnser herre. 22 S. perge monte. B. geberge zu.
23 S. er daz. In II fehlt: vil.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegeft.
315
daz die leut maniger 1 liande chriech 2 wurden habent, vnd
gab im nicht alaine div zehen gepot: er. gab im fvmf 3 vnd
sechs hvndert gepot. daz waz nicht anders wan daz er da von
neme wie er ein ieslich Sache richten scliolde.
Wan nach den selben geboten habent sich furbaz 1 alle
chvnige vnd fürsten her gerichtet seit her immer mer vntz 5
in die niwen e.
Do namen die habest chaiser vnd chvnige nach den sel
ben geboten 6 ir gericht als si hie geschriben stent.
[So stet auch] 7 an disem buch dehainer slacht lantrecht 8
noch lehenrecht noch dehainer slacht vrtail 9 wan als ez von
römischer pfat 111 vnd von chvnich Charis recht 11 her chomen
ist. vnd ist auz zwain rechtbüchen genomen, vz dem decret
vnd decretal. 12 wan in den 13 zwain püchen vindet man clliv
div recht des 14 wcrltlich vnd gaistlich gericht bedarf.
Auer ditz püch ist nicht wan vou werltlich 15 ge
richt. 10 dar vmb haizet ez daz lantrecht büch, wan diseu
recht an disem büch sint in allen landen redleich vnd gewer,
wan 17 ein dinch als wir noch her nach gesagen 18 von
1 II lewt vil maniger.
3 III krieg miteinander. S. leute vil maniger liande chriech mit ein ander.
3 S. fv’mf gebot. III v pot.
4 S. vnd von den selben geboten da habent sit immer mer.
5 S. vnd alle rihter nah geriktet vnze her.
0 In B. fehlt: nach den selben geboten.
I S. vnd also stet ovch.
8 B. dichoiner liande recht.
9 III vrtail an disem püch geschriben steet. B. noch keyn recht ortel stet
lur gescreüen.
10 S. vou der römischen pfalit. 11 B. van Karies rechte.'
13 B. genomen decreten vnd decretali. S. zwain bvchen genomen, deeret
vnd decretalis. III könig Karels recht vnd von zwain püchen, decret
vnd decretal, genomen ist.
13 S. vnd in den selben.
14 S. reht inne der. 15 I. gaistlich.
10 In B. lautet dieser Satz: Aue daz büch (später corrigirt in: .disseme
büche) is nicht wen van werlicheme gerechte daz meiste teil.
II S. bvcli. elliv div reht div hie an geschriben sint daz div vber elliv lant
reht vnd gewser sint, an.
18 III wir pasz hernach besehaiden.
316
R o c k i n g e r.
svnderm recht 1 nach gfiter gewonhait svmelicher lande vnd
in 2 steten. 3
6.
ORJGENES weissagte hie vor 1 der weis maister von
Chriechen 5 von siben wer]den, vnd daz ie nach tausent iaren
div werkle 6 abnemen solde, vnd daz in der sibenden werlt
solt disiv werlt zergan. 7
Nv ist vns gechvndet von der hailigen schritt daz sich
an Adame div erst werlt hub, an Noe 8 div ander, an Abra
hame div dritte, an Moyse div vierde, an chvnich Dauiden div
fvmfte, an gotes IJ geburde div sechste. 10 nv sein wir in der
sibenden werlt. div hup sicli pei chafijser Heinreiches Zeiten
an. 11 vnd div sibende werlt [wert] so 12 lange so got wil. 13
Recht in der sibenden werlt weise 14 sint die siben her
schilt vf gesetzet. 15 der römisch chvnich 10 hebt den ersten
herschilt, pischölf vnd septe vnd aptessinne die gefürstet sint
die 17 hevent den andern herschilt, laifursten 18 den dritten,
vrey herren den vierden. mitter vreyn den fünften, dinstman
1 S. svnderlichen rehten. III sunderen rechten.
2 B. sünderine rechte sümecldiker lande nach guter gewonlieyt vnd ouch
in den.
3 II gcwonhait etlicher laud vnd stet. 111 sinnlicher Iannd vnd säm-
licher stet.
4 III weyssagt ennphor hie. 5 B. wissagede hi bevoren.
6 S. hie vor in alten ziten, wie sechs wrerlt solten wesen, vnd ie div werlt
hi tovsent iaren. B. werleden daz de werlt van düsent jaren.
1 S. werlt gar zergen, vnd solt der svntach chomen. B. zu gan vnd der
süudach comen. III zergeen vnd der sönntag körnen.
8 B. an hem Noe. 9 III Cristj.
10 S. fügt noch bei: vnd der sechs weerlt zal ist ie hi tvsent iaren zer
gangen.
11 B. bi keyser Henriches ziten.
12 II vnd die wert so. S. in der sibenden waerlde anc gewisse zal. wan div
sechs tvsent iar div sint gar vz. vnd div sibende werlt stet als. B. werlt
sted swe.
13 Dieser Satz fehlt in III. 14 S. in der selben wise.
II gestechkt. S. geleit. lß S. der chünieh.
17 Der ursprüngliche Text von B ist: Biscope vursten ebbete ehbedischeime.
Dieses ist folgendermassen gebessert: Biscope dy fürsten syn, vursten,
ebbete dy fürsten synt, ebbedischenne dy forstynne syn.
18 B. konige vnd ander leye.n vorsten.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
317
den sechsten, vnd recht zu geleicher weis als man nicht waiz
wann sich div sibende werlt 1 endet, als lutzel waiz man 2 ob
der sibende herschilt leben muge han oder nicht, den sibenden
herschilt hevet ein ieslich man der nicht aigen ist vnd der ein
e chint 3 ist.
Lehenrecht 4 geit man den nicht die vrey vor dom siben-
dem herschilt sint. swann auer ez ein herre der ainem leihet
der des sibenden herschiltes nicht hat, 5 der hat also gut recht
dar an als der in dem sechsten 6 herschilt vert.
\
7.
Nv merchet auch wa sich div sippeschaft 7 an hebe vnd
wa si ende hab.
An dem haupt ist beschaiden man vnd wip die olichen
recht vnd redlichen zer 8 e zesamme IJ chomen 10 sint. also ist
der vater vnd div müter daz haubet.
Div chint 11 div an zwaivnge von vater vnd von müter
geborn sint, daz sint rechtiv geswisterede. 12 an den heuet sich
div erste sippczal. 13 div stent auch von recht an dem näch
sten glide pei dem liaupte. daz ist daz glide da die arm an
die schultern stozzent. daz glide haizet div achsol.
Jst auer zwaivnge au den chinden, so mügen si an einem
glide 14 nicht gestan, vnd schrenhejnjt an ein ander glide.
Geswisterediv chint daz ist div ander sippezal.
Div dritte sippe stet lä an dem dritten glide, daz ist an
dem ellenbogen. 16
Die vierde sippezal ist da div hant an den arm stözet. 17
1 B. S. zal. III sibennd zal diser werlt.
2 S. als wcnicli enwaiz wenne. 3 B. eyn echt kint.
4 III leben. 5 III lierschilds darbet. 6 B. sebeden.
I B. ziwezale. Q. sibbe tale. 8 Q. dy recht vnde eliken to der.
0 B. wif de reckte vrid eliche zu erer e. 10 III zw der ee körnen.
II Q. dy anderen. 12 Q. swestere vnde brodere.
13 B. der erste sibbe. Q. dy irste sibbe au.
14 B. Q. an deme lede.
15 B. Q. Swester kint daz ist de ander sibbe. de sten ouch (Q. dy stan).
10 Den Text dieses Artikels in S. bis Melier hat Ficker in den Sitzungs
berichten XXIII S. 241 mitgetheilt.
17 Dieser Satz ist in II ausgefallen.
318
Rockinger.
Div fvnft sippezal ist an dom ersten glide des vingers.
Div sechst sippezal ist an dem mitterm glide des vingers.
Div sibent stat an dem lesten glide vor 1 dem nagel. vnd
die liaizent nagol mage von div.
Swer sippeschaft raiten vnd zelen 2 wil, der sol merchen
vil eben als ez hie geschriben stet, wan 3 swelcli sippe sich
zwischen dem nagel vnd dem hovpt gestozen 1 mach an ge-
licher sippezal, die nement ovch daz erbe geleich.
8.5
Ein ieslich mach erbet sine mage vntz an die sibenden
sippe.
Jedoch swie der habest erlaubet hab an der fvnften sippe
ze nemen an ein ander, 6 vnd an der sibenden sippe ir erbtail 7
nicht Verliesen, der habest mach doch nicht dehain recht auf 8
gesetzen da mit er vnser lantrecht vnd lechenrecht mit ver-
cheren 9 mvge. 10
9.
Ist daz zwene prüder zwo swester nement, vnd nimt der
dritte prüder ein fremdes 11 weip, iriv chint sint nahen 12 ge
leich an der sippezal, vnd nement auch geliehen erbtail, ob
si 13 ebonwürtich sint.
1 Q. lede des vingers an.
2 B swar siwe zelen. Q. wey dy sibbe teilen.
3 III B. Q. vnd.
4 In der Handschrift stellt: genozen. (III genesen.) II hat: gemessen. Q.
ghes toten.
5 Den Text dieses Artikels in S. hat Ficker in den Sitzungsberichten
XXIII S. 241/242 mitgetheilt.
8 III sipp konscliafft.
7 B. paües georlobet habe an der vünfton siwe kämt scluift, vnd neinach
an der sebeden ir erbe teilen. Q. jodoeh dat dy pauwes her orlouet
liebbc kuntschop, vnde en mach an der seuenden sibbe sin eruc deil.
8 B. vns. Q. en mach vns doch neyn recht.
3 III vnnserew lanndreeht oder lehennrocht verkrennckhen.
10 B. fügt noch bei: oder vorkrenken. Q noch krenken.
11 II ander. 12 B. doch. 13 III sy gleich.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
319
10.
Nimt ein svn wip pei seines vater leben div im eben-
wurticli ist, vnd gewinnet svn pei der, vnd stirbet er da nach 1
e daz sein vater sein erbe mit im getailet habe, des toten
svnes svn nimt geleichen erbtail ans vaters stat neben seinen 2
vctern. noment auer si alle nur eines 3 mannes tail. 1
Da 5 mach den toehtcr chinden nicht wider varen daz si
geleichen erbtail G nemen an 7 muter stat.
11 = III 13.
Hat ein man töchter vnd svne, vnd gelebt er die zeit
daz er töchter vnd svn auz geit, s ainos oder mer, 9 vnd stirbet
er vnd Iset andriv 10 chint dannoch 11 div vngestiwert 12 sint,
vnd lmt seinem weihe varende gut vnd auch ander gut, sol
div muter 13 von dem varendem gut den chinden icht 11 geben?
Daz geschriben recht sprichet also, jst der chinde vater
an gescheit vervaren, vnd mit dem varendem gut nicht ,s ge-
schaphen hat, 10 man sol seiner sele 17 den ersten tail geben,
vnd daz ander gelich tailcn vnder weip vnd vnder. chint div
noch vngestiuret 18 sint.
Habent auer div chint einen bruder der ein phapfe ist, 19
vnd hat er chirchen oder pfrvnde da er sich von begen mach,
div geswistered 20 tailcnt im nicht mit daz varende gut. wie
vil er gulte haben svld von gaistlicher gäbe, daz leit an seiner
edel 21 vnd an chvnste seiner eren. 22
1 B. stirbet der sone. Q. sterft dy sone.
2 B. iren. Q. vor oren.
3 III beginnt diesen Satz so: Aber die kiud alle nemend ni,cht wann ains.
4 B. Swe vil der selben sone si, se nement doch nicht me wan eynen
teil. Q. Wu vele der sulnen ok sy, soy nemen doch nicht mer.
5 B. daz. Q. dat. 0 B. teil. Q. deil.
7 II an irer. Q. an orer. 8 II. der sone vorseheydet.
9 Q. dat hey der eyn edder mer von ome scheidet.
10 Q. mer. 11 III lat darnach anderew kind.
12 B. Q. vngecweyet. 13 Q, vronwe. 14 B. nicht.
15 In II fehlt: nicht. 10 Dieser Satz fehlt in B. und Q.
17 III sele von dem varennden gut. 18 B. Q. vngecweit.
19 B. Q. broder oder (Q. edder) eynen paffen.
20 B. Q. swestere. III kind. 21 III edellcait.
22 III er vnd wirdigkait. B. Q. sinem cdele vnd ane günste siner (Q. der) ere.
320
Rockinger.
Der pfaphe
swistereden. 2
erbet sein aigen mit andern
Aus 12 = III 14.
seinen 1
ge-
Deuf noch wuclier raub noch spil 3 des ist niemen für
den andern schuldich ze gelten, oder ob er wider dehain ge-
richt 1 iclit getan hat.
Jst auer dehain 5 schuld auf in erzeuget an die ich vor
genant han, so büzet man nicht für in. 0
Die erzeugten schulde svlen die erben dem chlager 7 vnd
dem richter biizen.®
14.
Vnd ist daz ein man stirbet der gelten sol, vnd Iset sei
nem weibe nicht 0 noch seinen chinden da von si gelten mugen,
die svlen des geltes ledich sein vor got vnd vor den leuten.
Vnd nimt daz wip einen andern man, vnd gebent ir ir
freunde gut, oder sei nimt ainer 10 durch ir Icibes willen, oder
swie ir got hilfet daz si gut gewinnet nah ir mannes tode, si
noch ir wirt geltent nicht ir ersten 11 mannes gult wan als vil
vnd sei got stvnget. 12
16.
Stirbet ein man vnd solde man im 13 gelten vil oder
lutzel, swer 14 sein gut erbet, dem ist man 15 der gult 16 schul
dich ze geben die man erzeugen mach als recht ist.
1 In II fehlt: seinen. 2 B. Q. swestoren.
3 III Dcwpphait noch raub noch spil noch wucher. B. Q. Dumpheit noch
roüp (Q. Vor dumheit rouff) dopel spil noch wuclier.
4 B. richter. Q. den richter. s II aber doch ain.
6 In III fehlt: so büzet u. s. w. B. of den toten man irzüget, so büzet
ouch de erben nicht. Später ist geändert worden: büzet man oucli den
erben nicht. Uebrigens folgt dieser Satz erst nach dem nächsten. Q. up
den doden hertughet, so boiten ok dy eruen nicht.
7 B. Q. deme cleger gelden.
8 In B. und Q. steht dieser Satz vor dem vorhergehenden.
9 In B fehlt: nicht.
10 B. oder sc nimt eynen. Q. edder nymmet sy eynen.
11 II irs vodern.
12 B. also vele alse gut dünket, was später geändert ist: alse ir gut dünket.
Q. also vele alze on gud dünket.
13 S. solten im leute. 14 S. swer ander.
15 B. Q. S. man oveh (Q. ok). 16 II man seiner geltschuld.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
321
19.
Hie sol man euch wizzen lan 1 wer gezeuge muge sein
vnd wer sein nicht muge sein. 2
Div chincl cliv nicht zir tagen chomen sint, ze vierzehen
jaren. 3 vnd wip, wan vmb eliche Sache: vnd vmb anders nicht
mugen wip 4 gezeuge sein, pvben vnd 5 leute die als tvmb sint
gewesen daz in ir freunde ir gut angewunnen habent vor ge-
richt do si ir pfiegser waren vnd daz ez von ir schulde dar zv
chomen ist. 0 vnd die vnsinnich sint. blinden vnd toren die
nicht gehorent. 7 stummen, vnd verbanne leute vnd sechter.
chetzer vnd mainaide leut. 3 vnd vberzeugte leut vor gericht.
vnd vngelaubige 9 leut an ehristenlichem gelauben, vnd die den
pater noster noch den gelauben nicht chvnnen. 10 die alle
mugen nicht gezivge wesen.
20.
Vnd ist daz einem vater ein chind stirbet, vnd hat er
im gilt hin dan getailet daz varende ist, oder ander gut, 11
stirbet der svn vnd lset weder wip noch chint, der vater erbet
des svns gut. sein bruder noch sein swester mugen ez nicht
erben, da von daz ez von dem vater 12 dar chomen ist.
Vnd hat der svn ander gut 13 gewännen denne daz im
der vater gab, vnd geit im got geschephede, 14 die nechsten
1 S. svlen wir evcli wisen. B. Hir set. Q. Hir seit hey.
2 B. Q. wer her zügen (Q. wey hir tagen) möge oder nicht.
3 B. Q. kint de nicht, zu vierzcen (Q. to verteyn) jaren körnen sin.
4 ß. Q. vmme eliche dinc al eyne mugen.
5 Anstatt ,pvben vnd 4 haben B. und Q. Doue.
G B. vnd wan ir tümplieit daz ist gesehen. Q. dat is or dumheit.
7 B. thoren thobe. Q. dofen.
8 In B, und Q. stellt, nur: vorbannete lute (Q. vorbannene lüde).
9 II hat mit einem »Sprunge nur: ketzer vnd vngelaubig.
10 Dieser Satz fehlt in B und Q gänzlich.
11 B. Q. liad he ime varende oder ander gut. da hin geteilet (Q. dar hen
gliedeilet).
12 B. Q. vater noch lebende (Q. leuendich). 13 B. Q. recht.
14 B. Q. vnd gert im geschephedes (in Q fehlt diese Bestimmung), daz
gew&mene gut gift her wol swem her wel. stirft (Q. sterft hey) aber
ane geschepede.
322
Roclcinger.
erben svlen daz gut nemen, 1 vnd der sei ir tail geben, vnd
von dem andern 2 den leuten gelten.
Jst auer vater noch muter brvder noch swester da, so
nemen ez die nechsten magen. 3
Ein ieslich mensch ist erbe vntz an die sibende sippe
als hie vor daz büch sait. 1
21 = III 12.
Ez 5 mach ein chint seines vaters vnd seiner muter G oder
seiner magen erbeschaft 7 mit vierzehen dingen 8 verwürchen.
Daz erst !l ist. hat der vater ein wip div des svnes stieph-
müter ist, leit er svntleichen pei der vnd wizzenlich, oder svz
pei einem ledigem weihe die sein vater hat gehabt, so hat er
alle sein erbschaft verworcht. 10 daz erzeug wir mit chvnich
Dauiden in der alten e an der chvnich büch. 11 do Absalon
der schone pei seines vaters friwendinne lach wizzenlich, 12 da
mit flös 13 er seines vater hulde vnd sein erbe, vnd daz er sin
mit dem tode verte, 14 da half got ie dem vater von. 15
Daz 111 ander ist. veclit ein svn sein müter wider recht
vnd sleuzt die in, vnd stirbet si 17 in der vanchnusse, da von
hat der svn all sein 18 erb verlorn.
1 B. Q. de neisten (Q. dy neuesten) nemen daz gut. mit rechte.
2 B. Q. vnde da. von.
3 II frewnd. B. erben. Q. eruen.
4 Dieser Satz fehlt in B. und Q gänzlich.
5 III Das erst ist daz. es. 0 II chind vater vnd muter erbe.
7 III vater erb vnd müterlich erbe.
8 III Sachen. 9 III die ain.
10 III fasst diese Stelle so: ob der sun bey seins vater weib leit sunder
mit wissenn die des suns stewffmütter ist, die sein vater eelich oder
ledigklich hat oder gehabt hat, domit hat er verworcht alles daz daz er
von müter vnd von vater wartennd ist.
11 III mit herren Dauid in der könig püch.
12 III sündlich vnd mit wissen.
13 II verloz. III verwarcht.
14 II er sein im mit dem tode wertte. III darumb er seins vater leib offt
warttet wie er in erschliieg.
15 II got dem vater. III doch lialtf Dauiden got ye vnd albegen dauon.
io III die.
17 III ob ein sun seinen vater vächt, vnd versohlewszt, jn wider recht, vnd
stirbt er.
18 II und III fassen diesen Satz kurz: so (III domit) hat er sein.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels. 323
Daz drit ist, ob er [seinen vater geslagen hat]. 1
[Daz vierd ist, ob er] 1 den vater sere vnd merchliche 2
bescholten hat. 3
Daz fvnf'te ist, so ein svn 1 ovf seinen vater so getaniv
dinch sait div im an den lip gent, ez sei danne ein saolie div
wider daz laut sei oder wider den fürsten des landes da sein
vater inne gesezzen sei.
Daz sechste ist, ob der svn ein böswicht worden ist oder
wizzenlich mit bösen leuten wont.
Daz sibende, ob er von seiner sage grozzen schaden ge-
nomen 5 hat.
Daz achtode, ob er den vater an seinem gescheft
geirret (i hat.
Daz niwende, ob er ein spilman 7 wider seines vater
willen worden ist, so daz er gut für ere nimt, des sein vater
nie genam.
Daz zehende, ob er vmb zeitlich gult seines vater purgel
nicht werden wolte.
Daz ainlefte, ob er den vater von vanchnusse nicht
losen wil.
Daz zwelfte, ob der vater vnsinnich wirt 8 von sichtvm,
oder von swelhen dingen der vater von witzen chvmt, so daz
er tobsüchtich wirt, vnd in der svn in dem vnsin nicht bewart.
Daz dreizehende, swanne ein svn dem vater mere denne
halbes gut vertvt mit vnfure. 9
Daz vierzehende, ob ein tochter vngeraten wirt daz si an
des vater willen ein man zv ir leit, die weile si vnder vier-
1 Was ich in Klammern gesetzt habe, fehlt in I und II.
2 III jnnerkliclien.
3 Den zweiten bis vierten Enterbungsgrnnd fasst Q. folgendermassen:
Dat andere is dat cym sine müder weddor recht in ghefengnis steruet.
dat dredde, oft eyn son einen vader geslagen het. dat vorde, eft dy sone
den vader sere vnde lesterliken geschnlden het.
4 III kind.
5 III oh der vater vonn des suns sag grossen schaden enpfanngen.
6 III geschafft vnd an dem leczsten gejrrt vnd geenngt.
1 II spiler.
8 In III fehlt: vnsinnich wirt.
9 III lialbs sein gut. vertut vnd vnnützlich mit grosser vngefür.
i
324
R o c k i n g e r.
zehen jaren ist. missetut auer si nach den jaren, 1 da fleuset
si wol ir ere mit, auer ir erbe nicht.
Mit disen dingen fleuset 2 ein ieslich chint wol sein erbe. 3
Sich mach auch ein vater ge in 4 seinem chinde ver-
wurchen daz er pei seinem lebentigem leibe von seinem erbe
geschaiden wirt.
23 = III 17.
Die Swaben setzent wol ir vrtail vnder in selben 3 vf
swcebischer erden div erecht si. 0 vnd ziehent die vi’tail wol
ovf hoher 7 gerichte. daz gerieht muzzen si nemen, vnd habent
auch die minren 8 volge.
Swaben recht zwaiet sich 9 von den Sachsen 10 wan an
erbe ze nemen vnd vrtail ze geben. 11
24 = III 18.
Nv verneint 12 waz ein ieslich man geporn von ritter
licher 13 art waz der seinem weihe ze morgengab geben muge
des morgens an dem pette oder so er mit ir ze tische get oder
ob dem tische.
So mag er an seiner erben willen seinem weibe geben ze
morgengab ein chneclit 14 vnd ein magt di zir 15 tagen chomen
sint, zevne vnd gezimmer vf ,ß der erden.
Vnd als er stirbet, so sol mans ertreich raumen daz si
der erden nicht verwunden. 17 si sol auer ez 18 bieten ze lösen
nach frvmer leut chvre vnd ir di haizent geben. 10
1 III sy darnach.
2 Zwischen dingen und fleuset ist in O von derselben Hand ver über
geschrieben.
3 III kind sein erbe wol mit recht. 4 II vater an chainem.
5 Q. ordel suluen vnder on.
0 II dew e recht sind. III die recht sind. Q. dy recht sin.
7 Q. up eyn hogher. III vrtail auf ein hoher.
8 Q. minsten. 9 III sich nit. Q. sek nicht.
10 III von der Sachsen recht. 11 Q. vnde an ordele to scheldene.
12 II merkt. III merckhennd. 13 III ritter.
14 III erben vrlaub geben ainen knecht ze morgenngab.
15 II zu. iß II auz.
17 III so daz man daz ertrich nicht verwunde. 18 III es ee.
19 III vnd was jr die haissennd geben, daz sol sie nemen.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
325
Er 1 geit ze morgengab daz hvndert marcli giltet. mitter-
vreien mvgen geben ze morgengab daz zelien marcli giltet.
d'instman daz fvmf marcli giltet. swaz ander leut ist, die mugen
mit recht nicht mehr geben wan ein pferft oder ein vihe. ein
chaufman mag seinem weibe geben seines varenden gutes
zehen marcli. der aigen man geit nicht mer wan fvmf Schillinge
seiner lantphenninge.
Ein römischer chvnich mach geben ze morgengab swaz
er selbe 2 wil ane zal. geit auer er dar des reiches gut, da hat
div vrowe nicht recht zv.
31 = Schluss von III 24.
Swa zwene man geporn sint zv einem tbdleibe, da nimt
der eltör vor hin dan daz swert. daz ander tailent si geleich.
Swa zwene oder mer 3 ein gut tailent, da sol ie der eltor
tailen, der ivngor sol welen.
33 = III 26.
Mvnchet sich ein chint vnder siben jaren, vnd vert ez vz
vnder vierzehen 1 jaren, ez behabt an 5 lehenrehte vnd allez
daz ez erben sol als vollechlichen als ob er nie gemvnche wser.
Daz selbe reht hat ein junchvrowe, auer nicht wan vnder
zwelf jaren.
Pegeit auer sich ein chnabe vber 0 vierzehen jar, der hat
sich von lehenrecht vnd Entrechte vnd von erbtail 7 gelediget.
Recht alsam ist ez vmb ein jvnchvrowen so si chvmt
vber zwelf jar. 8
Jst auer daz ez si geriwe, vnd wil si lovgen daz si nicht
zir 3 tagen vol chomen waz, 10 so sol 11 man ez mit vater vnd
mit muter oder mit andern magen oder swer ez waiz selb dritte
sweren 12 daz si also alt waren, so hant 13 si ir recht verlorn.
1 III Hat ein hohe freye nicht erben, er.
2 III geben was er.
3 II drey. 4 III xiij. 5 In II fehlt: an.
0 II vnder. III nach. 1 In III fehlt: vnd von erbtail.
8 II junkfraw, aber nicht dann vnder czweliff jaren.
9 II zu. III zw jren. 10 II ist. III wär. 11 III erczeug.
12 III waisz der sol es selb dritt erczeugen.
13 II alt was, so hat.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. LXXX. Bd. III. Hft.
22
326
II o c k i n g e r.
Hat man auer nicht gezeug, so sol man den chnaben mit
disen dingen vberzcugen. 1 man sol im greifen oben an den
mvnt vnder der nasen. vindet man da chlaines har, daz ist
der ander gezeug. man sol im greifen vnder div vclisen. vindet
man da chlaines har, daz ist ouch ein gezeuch. man sol im
greifen vnder den nabel. vindet man ein rauchen zvmpf, daz
ist der dritte gezeuch. da mit behabt man 2 daz er vierzelien
jar alt ist oder elter.
Die junchvrowen mag man mit disen dingen nicht vber-
zeugen.man sol sei mit gezeugen vber cliomen.
Swie alt auer ein chnabe oder ein jvnchvrowe sei, vnd
tvnt si sich in gaistlich leben daz si wandel haben ze einem
jar, varent si vor dem jar ovz, si habent ir recht nicht verlorn.
Man mach den chnaben mit den brvdern vberchomen
die mit im in dem chloster habent gewont, ob er jar vnd tach
dar inne sei gewesen. 4 sagent si daz pei ir gehorsam vor ir
maisterschefte, der jvngelinch muz mvnicli sein, oder ein ab-
trvnne von ewen zen ewen. 5
Recht alsam vberzeugt man 0 die maget mit den nvnnen. 7
Jn gelinget auer nimmer s wol die gotes lJ abtrvnne
werdent.
34 = III 27.
Hat ein man ein weip, vnd begeit er sich 10 vber ir willen,
vnd vordert si in vz dem chloster, man muz ir in vz her
antworten, seinev reht hat er nicht verlorn, wan seineu lehen
sint ledicli worden.
1 III vberkömen.
2 III zieht folgendermassen zusammen: man sol jm oben greiffen an den
mund vnd vnnder die vclisen vnd zwischen die pain ob seiner schäm,
vnd vindt man da do klainen miesz, daz sind drej zeugen domit man
behabt.
3 III vber körnen.
4 III mit jm jn dem Orden gewesen sind.
5 II abentranne von eben ze newen.
9 III also vber kömbt man da.
7 III klosterfrauen. 8 III vnd jn gelingt nymmer mer.
9 II got. III die von gottes gehaisz also.
10 III sich selbs jn gaistlichs leben.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
327
Ein iesleicli man mach wol seinen herschilt an seines
weibes 1 vrlaub nider legen, daz ist also, ob sich ein man des
swertes gelaubet 2 vnd doch pei dem weihe peleibet.
35 — III 28.
Swelh man von ritter art nicht ist, noh des herschiltes
nicht hat, vnd erbet doch swaz er erben sol. doch an todleibe
mag er nicht geerben.
Swa ein mensch stirbet an 3 erben, swaz er hinder im
gutes lset, ez sei varende gut oder ander gut, jst ez aigen,
man sol ez dem herren antworten, ob er vordert. oder ist ez
eines gotzhauses, dem sol man ez antworten.
Vordert auer ez niemen, vnd ist 4 ez vf dem lande, so
sol sich sein der lantrichter vnderwinden oder der lantherre. 5
der sol ez jar vnd tach in seiner gewer 11 han, ob iemen chvmt
der ez ze recht haben sol innerhalb jar vnd tages, 7 dem sol
man ez danne s wider lazzen. !l
Chvmt auer er nah dem jar, 10 vnd mag er daz bereden
daz in ehaft not gesaumet hat, man sols im antwürten.
Ehaftiv not ist vanchnusse, herren . gebot, 11 vnd gotes
d'inst, oder sichtvm.
Swelher er des aines mit sinen zwain vingern berait, 12
oder selb dritte, man sols im antwürten.
37 = III 30.
Daz reich vnd die Swaben mügen sich nimmer versovmen
an ir erbe di weil si ez 13 erzeugen mügen.
Daz recht gab in der chvnich Karle den Swaben. daz
geschach vor Rome, do Römer den habest Lewen seinen
brüder 14 an paiden äugen plendoten. da nah besaz do der
* III weibs willen vnd. 2 III geleibend. 3 III on .all.
I III vodert man es aber nit, vnd loitt.
5 II lehenherr. III sieh des der lanndslierre vnnderwinden oder sein richter.
6 III jn gewer.
7 II sol jnner jars. In III fehlt: innerhalb n. s. w.
8 In II fehlt: danne. 9 III es antworten.
10 III nach jars frist. 11 III diennst. 12 III beredt.
13 jJn II fehlt: ez.
II III do die Römer seinen pulen bej dem li [eiligen] pabst Leo.
328
Roclcinger.
chvnich Karl Römer mit herschaft. do viel der hertzog von
Swaben, 1 vnd mit der Swaben hilf twancli chvnich Karl Römer
vnd gesigten. 2
Er leh auch den Swaben, swa man vmb des reiches ere
streiten sol, da svln die Swaben ze vordrist vor aller sprach 3
streiten, vnd sol ir hauptman sein der 4 hertzog von Swaben. 5
jst auer der da niht, so sol ez wesen des reiches marschalch,
daz ist der hertzog von Sachsen. 6
Daz reht 7 gab im s chvnich Karl den Swaben ze eren.
vnd andriv reht habent si verdinet mit ir werdicheit.
40 = III 33.
Ein wip mach nicht ir manne dehain erbgut 9 geben des
si dannoch nicht geerbet hat vnd des si noh wartende ist. reht
alsam ist ez vm den man.
Dehain weip mach ir leipgedinge für aigen haben noh
iren erben gescliapffen nah ir töde. vnd sprichet si pei ir
lebentigem leibe, ez sei ir aigen, vnd mach si daz nicht be-
haben, mit der vnrechten ansprach hat si verlorn ir leip
gedinge.
Also mach einem ieslichem menschen geschechen der vn-
recht ansprach hat. 16
41 = III 34.
Von leipgedinge svle wir churtzlichen sprechen. 11
Leipgedinge sint vnderschaiden.
Vnd hat ein man leipgedinge von einem gotzhaus, der
sol dar vber brif nemen vnd jnsigel 12 des capitels vnd des
aptes oder des prob[s]tes. 13 ist auer daz er nicht brif nimt, vnd
1 II Swaben zu jm. III Schwaben ein Rom.
2 III gesiget jn an. Q. kürzt liier: Dar na besät (ly koniug Karl dy
Romere, vnde gewan on den strid aff.
3 III Schwaben vor aller diott ze vodrist.
4 II ein. 5 Dieser Satz fehlt in Q.
6 Hier schliesst Q. 7 III recht vnd anderew recht.
3 II und III in. o III erb.
10 III geschehen von vnrechter onsprach.
11 Dieser Satz fehlt in III. ^
12 In III fehlt: vnd jnsigel. 13 In III fehlt: oder u. s. w.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
329
hat er nicht gezeuge die niht daz horten vnd Sachen daz ez
im die lilien 1 die sein gewaltich waren ze leihen, nach ir
töde bchabt er ez selb dritte, hat er ez in nutz vnd in gewer
her pracht, 2 vnd ist der lechner tod, er müz ez selb sibende
erzeugen, von div 3 sint brif pesser dan gezeuge. 4 ovf hant-
vesten ist ein toter gezeuch als gut 5 als ein lebentiger.
Swer ovcli von layen leipgedinge gewinnet, der nem di
selben gewishait.
Hat ein laie nicht jnsigels, vnd sitzt er in einer stat,
man sol im der stat jnsigel geben, ob siz hat. vnd hat si nicht,
so nemo des richters oder der stat herre jnsigel. so ist er leich. 0
vnd ist ez vf dem lande, so neme lantherre 7 jnsigelc.
42 = III 35.
Vnd ist daz ein herre seinem manne des zinses laugent
er hab im s nicht geben, daz erzeug' 4 selb dritte.
45 = III 38.
Ein weip div chint trait nah ir mannes töd vnd gewinnet
da nah chint, lu vnd hat si zwen man ze gezeugen oder zwo
vrowen die ir arbait gesehen liant, vnd daz chint lebentieh
ist, 11 daz chint bchabt seines vater erbe.
Vnd stirbet ez da nah, swaz daz chint gerbet sold haben,
daz erbot auch div müter. vnd als daz gedinge daz sein vater
an seinem lohen 12 het gedinget, daz ist dem hehren ledich.
Wirt 13 auer daz chint ze chirchen prallt, so pedarf daz
chint noh div müter nicht gezeuges wan des phaffen der ez
getaufet oder pegraben hat. swer ez auch totes ze chirchen ge-
seclien hat, der ist ovcli wol sein gezeuch. 11
1 III er zwen zewgen die daz salien vnd daz sie im die da lehen,
2 III es mit nutz vnd mit gewer.
3 Anstatt ,von div‘ hat II: vnd denn; III: von des wegen.
4 II zeuknuzz. 5 II nuez. 0 III sicher.
7 II neme des la[n]tzherrn. III nem des lanntrichters.
8 II im in. III im den zins. 0 III erezeugt der zinszman.
10 III vnd geniszt sie darnach des hinds. 11 III wirt.
12 III lehen iemand. 13 III ward.
14 II und III: der mag (III mag sein) auch wol zeug gesein.
330
Rockinger.
48 = III 41.
Man sol allen rovb oder alle deuf 1 zwivaltiges 2 gelten,
ob si ez mit geriolit benotet werdent.
Wirt auer ez vnbedwuncbliech wider geben, si geltent ez 3
niht wan einlich. 4
Vnd ist daz ein raubor oder ein doup ein genomen gut
an greifent, si muzen ez zwivaltich gelten. 5
49 = III 42.
An dreier hand leuten beget man voderlich strazraub: 6
an phaffen, an pilgreim, an chaufleuten.
Yarent phaffen phefflichen 7 beschorn vnd in phet'lichem
gewande vnd an ir gesinde, ob si ane wafen varent. 8
An pilgreimen 9 die stsebe vnd • taschen von ir pharrerren 10
genomen habent oder die in cherreinn 11 gent.
Man beget ovch strazraup an chaufleuten die von lande
ze lande varent.
Vnd ist der strazraup nicht wan fvmf Schillinge wert, da
sol man den strazrauber vmb henchen vf einen svndern 12
galgen zv der strazen.
Vnd gebent si den rovp vnbedwunchlich wider, so be-
habent si ir 13 recht.
Werdent auer si mit gericht bedwungen, 14 so habent si
als ir reht verlorn, wan 15 si sint furbaz verworfen vor gerillt
an vrtail ze geben, an 10 gezeugeschaft.
1 III raub vnd alle deubhait.
2 Q. tweualt wedder gheuen edder.
3 II es anders. 4 Q. eyutvolt.
5 Q. hat hier folgende Fassung: Wert auer dy roff edder dy duue ange-
grepen vnde vorteret, man mut sy tweualdich g'elden to rechte.
0 III leutten mag man den rechten strazraub begen, als.
7 III pfäffenlichen vnd.
8 Dieser Satz lautet in III: daz si nit waffen fixeren.
3 III piligram, ob. i° III von jrem pfarrer.
11 111 die da jn klirrenon. 12 III auf an ainen besunderen.
13 III so Verliesen sie nit jre.
14 II drangen. In III steht: zwingt aber man sy.
15 III so daz. 10 III vnd on.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
331
Sprichet auer man sev an vmb di selben vntat, vnd vber
chvmt man seu mit den gesclivben oder mit 1 gezeugen, so sol
man vber sev richten als ditz büch sait.
Hat auer man der dinge nicht da ovf siv ze gesichten, 2
man sol doch ir aide nicht ncmen als seines frumen mannes.
man sol in drei wal für tailen, wazzer vrtail, oder daz haiz
eisen, oder in einen wallenden chessel woll wazzers :l zo greifen
vntz an den ellenpogen. rihtent 4 si da mit, so sint si vn-
schuldich.
Vnd hat der strazrauber den rovp 5 vertan, er müz in
zwivaltich gelten, ob er halt gar da ist. 1 ’
Swer vmb strazraup in die secht chvmt, nah vierzehen
tagen sol man in ze banne tvn. vnd als er sechs Wochen in
dem pann ist, so ist er elos 7 vnd rchtlos. vnd sint seinev lelien
seinem herren ledich, er sei vrei oder aigen dinstman oder
swer er sei.
Hat auer er chint 8 div sein aigen vnd 0 seinev lelien
erben svlon, lu die svlen seiner vntat nicht engelten.
Vnd gehoront si vf ein gotzhaus oder auf einen lant-
fürsten, 11 den gevalle ir aigen an.
Von dem varendem gut sol man gelten die beraubet von
im 12 sint.
Der richter sol richten vber den leip swa im des stat
geschieht.
50 = III 43.
Von guter gewonhait svle wir sprechen, wan swa gut
gewonhait ist, div 13 ist ovcli reht. div ist oveh nicht wider
1 In II fehlt: gesclivben oder mit. In III steht: sie dann mit der schuld
oder mit.
i
2 In II fehlt: da ovf siv ze gesichten. III ze suchen.
3 In III fehlt: uoll wazzers.
4 III ellpogen, oder mit dem kampff. gericlitennd man.
5 II und III strazraub. 6 In 111 fehlt: ob er u. s. w.
7 111 erlosz. 8 III kiud oder weih.
9 In III fehlt: sein aigen vnd.
10 II aigen oder sein lelien erben sullen sein. III fügt noch an: oder
annder gut.
11 II einen fürsten des lands. III ainen layen fürsten.
12 II und III jn. 13 111 da.
332
Rockinger.
gseistlich reht 1 noch wider menschlich zvcht, vnd ist nicht
wider den seiden leibez vnd der sele. gütev gewonhait ist
als gut.
Da 2 powert div 3 geschrift also, de iure scripto et non
scripto. jus ciuile est quod vna queque ciuitas sibi constituit.
daz haizet purger reht: swa ein ieslich stat ir selbe setzet reht
mit des chaisers oder des lantfursten 1 willen nah weiser 5 leut
rat 6 als recht ist, vnd als hie vor geschriben stat.
Mach man di gewonhait mit weisen leuten behaben, sev 7
ist s also gut so geschribens reht, vnd als gut ane Schrift so
mit Schrift.
Vnd swaz der chaiser vnd die fürsten den steten rehtes
habent geben, vnd si in gemachet liabent mit ir gvnst, daz ist
reht, ob cz halt nicht geschriben ist, daz mans 9 behalde.
Vnd weren div reht elliv geschriben, daz wer dar vmb
gut daz man ir dester minner vergesse.
Swer recht in steten machen wil, der sol sev 10 weisen
leuten für legen, vnd gevallcnt si den wol, so svln si stet sein.
52 = III 45.
Dinstmanne aigen sol nimmer chomen ins reiches 11 ge-
walt vz ir herren gewalt oder vz ir gotzhaus gewalt, 12 ob si
sich versaument vnd 13 verwurchent an ir rechte.
Aigener leute aigen gcvollet ir herren an des aigen
si sint. 14
Man sol au er dem chlager da von bczzern, 15 vnd dem
richter sin püz geben 10 daz man im sol ze reht geben, vnd
dem herren 17 gelten. 1S
1 III die wider geistlich recht nit jst.
2 II das. III gut als geschriben recht, das.
3 III dise. 4 III kaysers vnd mit der fiirsten.
5 III weiser maister vnd. 0 II recht.
7 I so. 6 III ist sie. 3 III man es doch.
10 III sie maisteren vnd. 14 III Q. in des keysers.
12 In Q. fehlt: oder vz ir gotzhaus gewalt.
13 In III und in Q. fehlt: versaument vnd.
14 In III fehlt: des aigen si sint.
15 III aber ee den leutten dauon gelten vnd den klageren.
10 III richter dauon püessen. 17 Q. vnde den luden dar to.
18 In ITI fehlt dieser Schluss: vnd dem u, s. w.
Berichte über Handschriften des sog. Scliwabenspiegels.
333
53 = III 46.
Gewinnet ein man ein cliint vneleichen, der habest ewet 1
ez wol, vnd ovcli der chaiser, als wir her nah wol gesagen.
Auer weder bähest noh chaiser mügen im daz reht
nimmer geben daz si ire mage gerben muge als'- von edeler
müter leibe 3 eehint weren 1 gewesen.
Gewinnet auer si 5 ehint, die erbent wol ir mage.
54 =± III 47.
Die ir reht mit devf vnd mit strazraub verlorn habent,
werdent si besprochen vmb die vntat zem ander male, 6 si
rnvgen sich nicht bereden mit ir aiden: wan mit dem champhe
werent si sieh. 7 jch mainc den rechten strazrauber.
Vnd der trivlos vberait wirt vor gerichte, vnd der her-
flüchtich vz des reiches dinst wirt, dem ist vertailt aigen vnd
lehen, vnd sein leip. wan also ob der 8 herre selbe fleuchet.
nach des fluchte prichet niemen sein triwe.
62 = III 55.
Vnd chaufet ein man wizzenlich dovflsch oder raubigez
gut, vnd hat daz in stiller gewer lenger dann driv jar, ich
frag: hat er ez mit reht, oder nicht?
Wir antwürten !) also: swie lange ein man devflich oder
raublieh gut innen 10 hat, er sols wider geben, chvnit iemen
dar nach, man sol ims recht tvn. jst auer euer tot, sein erben
pebabent ez 11 selb dritte daz ez ires vaters waz 12 des tages
1 II und III ewigt. 2 III als sie. 3 In III fehlt: leibe.
1 II waren. 5 II ez.
6 Q. sy to deine anderen male beredet mit vndat.
7 III wann ze greiffeu jn ainon wallennden lcessel vollen liintz an den
ellpogen nach ainem stain aius ais grosz, oder ze tragen daz Jiaisz eisen,
oder mit kampff sich ze weren. — Q. sek mit oren eyden nicht ent-
reden: sy gripen denue in eyneu seydenen kethel vul waters weilte an
eynen ellenboghen na cynem steyne eynes eyges grot, edder dragen dat
lieito isen, edder mit kampe sik to werene.
8 Q. wen auer dy.
0 Antstatt ,wir antwurten 1 hat II: antwort.
10 III man vnreclitfertig gut. 11 III behabens mit recht.
12 III es sein was.
334
Rockiuger.
do ez verstoln oder geraubet wart: man sol ins wider geben
als gutes als 1 ez do waz mit allem dem nvtze der da von
chomen ist' 2 vber die ivre, ob ez vilie waz. jst auer daz vihe
tot an sein schulde in seiner gewalt, er giltet sein nicht.
Swa der man sein roubich oder sein deuflich gut an clivmt,
man sol ims wider geben an schaden.
Pegreifet auer ein man 3 pei iemen devfe oder roup, vber
den sol man rillten als ditz büch her nach sait, oder er sol
seinen geschvben 1 haben.
64 = III 57.
Hie sol man wizzen wer ze relit mvge pflegei' sein. 5
Ez mach niemen pfloger sein, ern sei danne f'vnif vnd
zwaintzich jar alt.
Da von sprichet daz decretal: quod si periit aliquid de
rebus que svnt in eius tutela dolo vel negligencia tutatoris,
tutatorem enim dare oportet. 0
Der vrowen vnd der chinde vonnvnt die haizent etwa
pfiffiger, etwa ein sicherbot, etwa ein voget, etwa ein behalter. 7
die svlen 3 getriwe leut sein.
An der Schrift sint si gesvndert an ir rehte. aner vor
lantrecht habe wir eines als daz andere. 9
65 = III 58.
Es enmach 1,1 niemon pfiffiger noch vogt gesein, er sei
danne fvmf vnd zwaintzich jar alt so daz er gut witze hab.
Jst auer er nicht witzich, so sol man im einen andern
geben.
Vnd ist daz gut 11 vf 12 dem lande, so sei ez der lant-
herre. 13 jst ez in einer stat, der stetherre 11 oder ir vogt sol 15
ir vormvnt vnd ir pfiffiger lB wesen.
1 III sol im wider geben alles daz gut vnd.
2 II allen den nnczen die danon chomen sind.
3 III begreifft man aber. 4 II geweren. III gescholen.
5 Dieser Satz fehlt in III. 6 III kürzt liier: alt etc. quod etc.
1 II gebalter. 8 II die gut. III die sollen vil.
3 II wir ain recht als der ander. 10 II mag. 11 III ist es.
12 II auz. 13 In III lautet dieser Satz: den lanutriebter.
14 III den statriehter.
15 1 und II: oder.
16 In III fehlt: vnd ir pflseger.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
335
Man sol der vrowen einen voget 1 geben der ir genöz sei
vnd der ir vater müg 2 sein, oder 3 ein getriwen lantman. 1
Aus 66 = III 59.
Ez enmach dehain chint getvn vor vierzchon jaren daz
stsete sei, ob ez halt beraites gut vnder handen hat.
Chaufet auer ez vnd verehaufet, ist ez im gut vnd nütze,
der pfleger sol ez stset haben, jst auer ez im schade, man sols
wider tvn.
Vnd verspilt ez icht seines gutes, man sol ez dom pfleger
wider geben.
68 = III 61.
Wirt ein pfleger 3 gevangen, man sol in u ein andern
geben die weil vntz er ledich wirt. 7
Wirt ein pfleger icht ane mit der chint haut, 8 daz sol er
in ze nvtz an logen.
Tut auer er vnreht mit dem gute, si mögen in an-
sprechcn 0 vnd verwandeln, sint si chomen ze vierzehen 10 jaren,
mit ir freunde rat.
Wellent auer si nach mvtwille 11 nemen, dez sol der
richter nicht gestaten.
Dehain jvngelinch sol vor fvmf vnd zwainzich jaren mit
seinem gut 12 nicht ordenen an seinen pfleger.
Stirbet auer der pfleger, daz chint sol sein gut vordem
in swez gewalt ez daz vindet.
Vnd 13 ist daz gut dem chinde 11 nicht ze nvtz an gelait,
daz man beweisen mach, daz chint sol chlagen hintz dez pfle-
1 III sol jr ainen pfleger. 2 III vater an dem allter möcht.
3 III oder sunst. 1 III getrewer laundsmau.
5 Q. Vormunde. 0 III den kinden.
I Q. gheuen wente dat ienue loz möge werden.
8 In Q. lautet dieser Satz: herwerft dy ielit mit der hindere ghüde.
9 Hier sehliesst in Q. der Satz. Das folgende bis ,ordenen an seinen
pfleger 1 einschliesslich fehlt.
10 III xxiiii. 11 III mit mutwillen pfleger.
12 In III fehlt: mit seinem gut.
13 III vnd hat daz kind mitsambt seinem pfleger ein gut, verkauft!, vnd.
II Q. Vnde het dat leint mit willen siner plegere eyn gut vorkoft, vnde is
ome dat.
336
Roc Finger.
gers erben. 1 vnd bat er in gut lazzen, daz er in e nicht geben
bet,- da sol man 3 von gelten, vnd nicht von ir aigenem 4 gut.
69 = III 62.
Hie sprichet man von den die vber ir pficgcr ander
pflseger svlen han vntz an 5 fvmf vnd zwainzicb jar. swaz si
mit ir pflegern tvnt, daz sol stet sein, daz stat an der pflseger
trivve. wan div chint sint nicht noh so witzige daz si sich be-
waren chvnncn.
Der pflseger mach bereden selb dritte daz er 11 beraites
gut in zc nutz an gelseit hab. jst auer er tot, mit siben mannen
sol man ez erzeugen die dez chiudes genöz sint.
Jst ein chint ein sembervreie, man sol oz mit seinen ge-
nozen vberzeugen.
Vber swen man anders gezeuge laiten sol, die mach man
vberzeugen mit andern leuten die ir reht nicht verlern habent.
wan die leute 7 die mit dem metzen geltent, s die mugen an
den dingen nicht gezeuge sein.
Wir nemen ovz die sembert'rcien vnd mitterfreien, die
mach niemen vberzeugen swa ez in an ir leip oder an ir ere
oder an ir aigen get wan mit ir genozen. ander' dinge vber-
zeuget man sev wol mit vnversprochen leuten, als devf rovp
manslacht. 111
Entweichet auer ein pfleger vom lande, man sol im 11 an
dern geben die 12 hie vor genennet sint. swann auer er wider
cliome, so tret wider an sein stat.
1 III setzt noch bei: ob er tod ist.
2 III nichtz ausgetaillt, hette.
3 Q. dat noch nicht ghedeilet is, dar sal man ome.
4 III von dein vngetailten. 5 III pfleger haben hintz auf.
6 III er jr. 7 III wann mit den lewtten nicht.
8 II gebent. 9 III die man mag mit.
10 In II fehlt: als devf rovp manslacht. III als deub rauber vnd inan-
sclilächter.
11 II in ein. III im die weil ainen.
12 Von hier angefangen bis zum folgenden ,pfleger 4 einschliesslich ist in II
in Folge des f O[j.oioTeX£uxbv ,geben 4 ausgefallen, wodurch auch die Ueber-
schrift des Capitels 70 von I mit dessen Anfang zu Grunde gegangen,
so dass von da ab II eigentlich immer um ein Capitel weniger zählt.
Berichte über Handschriften des sog. Schsvahenspiegols. 337
70 = III 63.
Ez mach ein vater pei seinem leben tigern leibe seinen
chinden einen pflegen geben mit allem reht vber ir gut.
Vnd swenn er 1 stirbot, der chinde pflegen sol sich des
gvtes vnderwinden. daz mach im mit reht niemen geweren, ez
ensei danne daz er in vbel tv, so mag man in wandelen als
da vor gesprochen ist. 2
73 = III 66.
Vnd nimt ein aigen weip einen vreien 3 man vnd wirt
swangen eines cliindes, 4 ir herre het sei vrei, weder ist daz
chint? vrei oder aigen?
Dos vragen 6 einen 0 maister, haizet Marcellus, der half
den chvnigen vil gvtev reht ze 7 machen, der sprichet also, 8
daz dem chinde nicht schade seiner mvter vnedele e daz div
chint geporen werdent. 9 in swelhem recht div mvter ist, in dem
selben reht sint auch div chint.
Wir haben an der rehten schrift, daz niemen aigen svle
sein, jedoch ist ez also dar chomen von gewalte vnd von
twanchsal daz ez nv recht ist daz aigen leut sint.
Doch mach sich nicht dohain vrei mensch ze aigen er
geben, versprechent ez sein erben. 10
76 = m 69.
Div fürsten ampt, sint mit fürsten vnd mit andern 11
dingen gestiftet.
Geit ein frei herre sein aigen leut vf ein furstampt, die
sint nicht dinstman, 12 die sint des fürsten aigen: seu liabent
nicht dinstmanne reht 13 wan von der 14 fürsten ampt.
I III der vater. 2 III schliesst: verwanndelen.
n In III fehlt: vreien. 4 III wirt sie ains kindleins swannger, nu.
5 III fragen wir. ö II fraget ein.
7 II gute red. III kaiseren vil guter lanntrecht.
8 Q. fasst diese Stelle so: vry edder eygen? dat. sprikt magister Macellus,
dy deine koninghe vele lantrechte het gemaket.
9 III ee da es geporen wurd. vnd als daz kind geporen wirt.
19 III sein magen, jdest albeg verstee frewnt.
II HI anderen hohen. 12 In III fehlt: die sint nicht dinstman.
13 III ze recht. » III dem.
338
Rockingur.
Also wart auch daz reich gestiftet von erste.
Ez ist niemen schinberfreie 1 wan des vater vnde müter
schinherfreien waren.
Die mittel-freien sint von müter schinherfreien vnd von
dem vater mittel-freien.
Jngenuus daz sprichet in deutsche 2 der hoch 11 freie, liber-
tinus mittel-freie, liber die lantsazen freien. 4
Jr ieslicher hat svndriv reht als wir her nach wo! gesagen.
77 = III 70.
Swer aigene leute hat, vnd wirt seiner aigener leut eines
in seinem dinst sieche, vnd chvmt im sein herre mit nicht ze
staten in seinem siech pette, vnd wirt der mensch g-esvnt, 5 der
ist i: furbaz frei.
78 = III 71.
Ein cliint daz nicht sibenzehen jar alt ist daz 7 mach 8
seiner aigenen leut mit nichte frei gelan, noch sein voget, noch
dehain 0 sein pfleger. 10 swer ez auer tvt, daz hat nicht 11 chraft.
Wir haben an der waren schrift, 12 daz dehain degeu
cliint u niemen frei gelazen mach, ez ensei zwaintzich 14 jar
alt. so sprichet man etswa nah sibenzehen 15 iaren. vnd die
ivnchvrowe ,(i nah sechzehen jaren. vnd nach gewonliait nach
vierzehen iaren.
Tunt auer si ez vor den jaren, so mügen sis wol wider
vordem so si choment zv ir 17 vollen jaren. ls vnd die sint ze
reht aigen.
1 III semberfrey, wie auch im folgenden. 2 II dewtscli also.
3 III höchst. 4 III liber der landsäsz frey.
5 III vnd geniszt der mensch.
0 Q. in sinem seykedoyme, dy minsclie is denne.
7 Q. kint von xviii iaren. 8 III mag sein aigen nit hingeben, noch.
9 III leiit nicht frej lassen, noch.
10 Q. lüde nicht vorgoucn ane sines vogodcs edder plegers vulbort.
11 II chain. 12 III haben anderew geschrifft.
13 Q. in der scrift, dat neyn der hindere. 14 III sei dann xxij.
15 Q. fasst diesen Satz : icliteswur seit man von xviii.
10 Q. maget.
17 Q. doyn sey auer dat vnder den iaren, sy mögen des wedder körnen
na oren.
18 III tagen.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
33!)
Da von sprichet daz decretal: lex essencialis inpedit
libertatem. daz ist da 1 von daz div chint niht witze habent.
div chint mvgen ez dannoch nicht getvn an 2 ir pfleger.
Auer die maister 3 dises büches tichter durch der leut
nütz vnd durch der chvnich liebe die sprechent: swelh herre
seinen aigenen man ze tode sieht, er ist hinze got mer schul-
dich, vnd dem richter 4 ze biizzen, ob er bechlait wirt. vnd
penimt 5 im pilleicher den leip dan ob 11 er einen fromden man
erslagen ze tode bete. 7
80 = III 74.
Alle die vneleich geboren sint oder die sich vnelich mit
vntat gemachet habent an ir rehte, 8 den sol man dehainen
vormvnt geben, wan den die ze der e gegrifen haut, dannoh
gebristet 9 in maniges rehtes daz e chint 10 habent, als wir
danne wol gesagen. 11
81 = III 75.
Sprichet man iemen 12 chemplichen an der nicht vor-
mvndes hat, man sol im einen tach geben, vnd mach er niht
selbe gechemphen, er stellet wol einen andern für sich, daz er
nicht sein 13 reht verlorn hat.
Jst auer ein man böser äugen oder lam an handen oder
an füzen der chemphen sol, daz man div 14 laeme chiesen 15 mvge,
der wirt 10 wol des cluimphes vberich. er müz iedoch einen
für sich stellen der ez tv durch liebe 17 oder vmb phenninge.
Tut er des nicht willechlichen, der richter sol von des
mannes gut einen chemphen 18 gewinnen so er aller nechste
’ Q. eygen. dat kuramet dar.
2 III es darnach nit thfm noch. 3 Q. meistere vnde.
4 III gcricht. 5 III vnd man nymbt.
0 II pilleicli den leib oh.
I III erschlagen hiet. — In Q. lautet der Schluss: hey is sin vor godde
schuldich, vnde mut on deine riclitere hoithen, eft hey beclaget wert,
gliker wijs alze eft hey eynen fromden gheslagen liedde.
s II an iren rechten. 9 III gepricht.
19 III daz eeliclie eekind vnd vnuersprochen leut.
II Q. hehhen schullen, dat wy dek hir na wol segghen willen.
12 II ainen. 13 III sich der nit seine. 14 II d^r.
15 III man es gekieszen. 10 III wirt selbs.
17 III durch sein lieb. 13 III kempffer.
340
Kockingo r.
mach, vnd mach er in nicht anders gewinnen, er so! im sein
gut e halbes geben, vnd nicht mer.
85 = III 79.
Ez mach ein man mit einer vntat dreier büze schuldich
werden 1 also, ob er ein freuel in dem mvnster 2 tfit oder in 3
dem chirchofe, so müz er gaistlichem vnd werltleichem ge-
l-ichte büzen vnd ienem 4 an dem die fraeuel begangen ist.
86 ■= III 80.
Ez ensol dehain man für seinen herren dehainerslachte
pfenden dvlden wan 5 als vil vnd er im schuldich ist ze geben.
Vnd ist daz ein herre von einem gotzhause leut ze lehen
hat, swer den icht tut, der raubet daz gotzhaus, vnd auch den
herren des die lechen. 0 wan 7 der herre sol seu schermen, vnd
im chlagen der seu ze vnrehte besweret. vnd sol ir niezen in
der weise vnd seu im gelihen sint. vnd neuzet er seu anders,
daz sol der chlagen der ez im gelihen hat do er 8 ez zv rehte
chlagen sol. der holdst nutz den er da von haben sol daz ist, 11
voget recht als im vf gesetzet ist. vnd swaz er der leut dar
vbcr geneuzet, daz ist vnreht, vnd fleuset auch 111 die leut
da mit.
90 = III 84.
Ein iesleich werltlich gerichte hat begvnnen 11 von chüre.
daz sprichet, daz dehain herre den leuten dehainen rieliter
geben schol wan 12 den si welent. 13
An dem sol auch dirre dinge dehaines sein die hie ge-
schriben stent. er sol nicht sein in der rechte noh in dem
banne, nob ein jvde noch ein chetzer noch ein haiden, 14 noch
1 II buzze vntat verdienen. 4 Q. in der kerken. 3 Q. up.
4 III vnd auch jenem. 5 III wann für.
0 II lolien sind. III dos teilen sie sind.
7 Dieser und der folgende Satz feilten in III.
8 III vnd niieszet ein vogt daz gotzhauss des er vogt, ist vber recht, daz
ist siind. daz sol man klagen da man.
0 III ist, sein. ,n In II fehlt: auch.
11 III angenng. 12 II dann. * 3 III wollend.
14 In II fehlt: noch ein haiden.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabeuspiegels.
341
ein chebschint, noch nindert lam, noch plint nocli ein stvmme
noch ein töi'e. 1 er sol auch fvmfvndzwaintzich 2 jar alt sein,
noch vber achzech jar 3 sein.
Swelhes der dinge aines an dem richter ist, der mach
mit rechte 4 niht richter gesein.
91 = III 85.
Ein ieslich richter sol vier tilgende an im haben, die
selben vier tugent haizent cardinales. die sint fürsten 5 vber c
ander tugende.
Aineu ist die 7 rechtichait, div ander weishait, div di'itte
stetichait, div vierde maze.
Rechtichait div sol an einem ieslichen richter sein also
daz er durch liebe 8 noch durch veintschaft noch durch gutes
willen noch durch dehain dinch nicht tv wan daz reht sei.
Div ander tugent die haizet stetichait. die sol auch ein
ieslich richter halden. 9 wan 10 swaz stete ist, daz ist vest vnd
starch. von div sol ein richter starcli sein daz er dem chran-
chen mvte wider ste. 11 vnd ob halt sein hertze einen chranchen
müt gewinne, so sol der leip doch so starch wesen daz er dem
vnrehte vnd 12 dem chranchen 13 mvte wider ste. div 14 tugent
vor allen tugenden get die bösem mute wider stet, ein richter
sol auch also starch sein daz er leip vnd gut sol wagen daz
er daz recht bescherme. 15
Ein richter sol auch weishait also walden 16 daz er daz
vbele von dem güten vnd daz reht von dem vnrechte chvnne
1 III ein tobs kind, oder plint, noch ein stumme, noch ein tor, noch be-
hamelt.
2 III Q. xxi. 3 II jar alt. III vber vnnder xviii jaren nit;
4 II mag zu recht. 5 III die selbig vier tugend sind fürstin.
15 III vber all. 7 II aine haisset. 8 III lieb noch durch laid.
9 II zieht diesen und den vorhergehenden Satz so zusammen: Stätichait
sol auch ain ysleich richter halden.
10 III also.
11 III er dem leib nymmer dhain ding ratte daz wider daz recht sej.
12 In III fehlt: dem vnrehte vnd. 13 II vnreehten vnd chrancken.
14 III von dem spricht ein richter : die. 13 II recht sol beschirmen.
16 III die dritt tugenndt jst weiszhait. die sol auch ain iegklicher richter
wol halten.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. III Hft. 23
342
Roclcinger.
beschaiden. chan ein richter die weishait, so ist er ein gut,
richter.
Die vierdeu tug'ent vnd di besten die ein richter mit
fleize gar haben sol, div ha'izet maze, daz er an allen Sachen
sein leben zv dem wegisten schieben 1 sol vnd mezzen. 2 wan
swer sein leben zv dem wegisten 3 schieben 1 wil, der sol den
getriwen vnd den waren got vor allen dingen fürchten vnd
minnen. 4 div tugent ist ob allen tagenden div beste, wan swer
got minnet, der minnet auch daz reht vnd hazzet auch daz
vnrecht. von div sol ein ieslich richter die tilgende wol halden, 5
vnd sol durch daz reht noch durch daz vnreht nimmer so vn-
mazzen zorn gewinnen daz er immer icht wider daz reht getv
oder vncheuschev wort gespreche von ,j seinem gewalde oder
iemen scheiden. 7 also sol er sein leben mezzen 8 daz er an dem
gerichte ze geche noh ze trsege nicht sei. er sol auch mezich
sein an ezzen vnd an trinchen vnd an allen dingen.
Dise vier tugent sint, also tugenthaft daz aineu an die
andern dehain frvme ist. wan swer ir aineu prichet, der hat
seu alle zebrochen.
Die vier tilgende zement allen herren wol, vnd swem der
raine vnd der wäre got gewalt vnd geribt verliehen hat. vnd
swelh herre ir nicht habent, die hazzet got, vnd missevellet
den weisen.
»Swelh richter vnreht vrtail geit vnd andern leuten ge
stattet daz si vnreht vrtail sprechent, 9 tut er iz durch lieb
oder durch lait oder durch gutes 10 willen, die verliesent alle
gotes hulde.
Vor werblichem gericht sprechent die richter nicht vrtail.
daz ist dar vmbe gesetzet daz 11 vnder den leuten allen die
vor dem richter sitzent mer weiser leut sint dann er selbe. 12
1 II zum wEgisten schicken. 2 III zum wegisten raesz vnd schick.
3 III zum wägristen vnd zum pesten.
4 II vnd lieh haben.
5 III tugennt mit fleisz haben. G III vor.
7 II gewald daz er ymant, scheide. 8 III massen.
9 III geit oder gestät. wo im vnrechte vrtail ze sprechen.
" 10 III lieh oder durch hasz oder durch miett.
11 III daz werltlich richter nit so weisz sind sam gaistlich. vnd ist
Wäger daz.
12 III er ainig.
Berichte über Handschriften des sog. Schw.ibenspiegels.
343
Einem ieslichem riohter zimt dehain gut 1 mer ze nemen
wan sein rechteu 2 büze.
Swer nv anders riohter 3 setzet dan hie geschriben stat,
der tut wider got vnd wider div werlt. 4
Swelh richtei' gut nimt von einem der nicht rechtes hat
wider den der reht hat, der tut reht als der vngetriwe Judas
der daz reht blüt verchaufte vnd nara dar vmb 5 vnreht gut.
also hat der richter getan, der hat seinen bruder verchaufet
vmb ein lutzol gutes, er sol wizzen daz er des rainen vnd des
waren gotes hulde verlorn hat. 6 vnd ist daz in got 7 ermant
daz er gelten wil vnd wider geben, so sol er ez dem nicht s
geben der ims da gab, wan er ez dem richter dar vmb gab
daz er im des vnrechten half, 9 vnd daz recht vertilgete. da
von gah er ez 10 svntlichen vnd scheutzelichen. 11 da nam ez
der richter also vbele. 12 von div sol ez im nicht 13 werden, ez
sol der richter dem wider geben dem da vnrechte 14 geschaclie.
der richter ist im auch schuldich ze gelten allen seinen scha
den den er da von genomen 15 hat. von div 46 svlen sich die
richter hüten daz si niemen dehain vnrecht tun. 17
Von der valschen miete 18 sprichet ein maister disev 19
getichte. 20
Versus.
Heu quantum virtutis habes, mala copia dandi?
Per te 21 dampnantur iusti, florentque nephandi.
1 TI puzz. 2 In II fehlt: rechten.
3 II andre recht. 4 III vnd wider frones recht vnd werltlichs.
5 11 nam daz.
G III er des waren vnd des kindischen gotz kuld verloren bat. dauon
spricht ein maister von pöser vnd von vnrechter iniett etc.
7 III daz got ainen richter stunget vnd.
8 er daz vnrecht enpfanngen gut, nit, dem wider.
9 II hlilff. 10 II ims. III dauon nam es der richter.
11 II scliendleichen. 12 III sündlichen ein. 13 III nicht wider.
14 III vnrecht vnd gwalt. 15 III enpfangen.
,G III vor dem.
17 Q. schliesst hier: dy lichtere koyden vnd bewaren vor vnrechter gift.
18 II von den valschen mietten. 19 II dise nachgeschrihen.
20 Dieser Satz und die folgenden ,Versus* fehlen in III. Vgl. hiezu oben
die Note ß.
21 In II fehlt: Per te.
23*
344
Rockinger.
Sobrius omne pium supplantas, omnia iura.
Illicitum licitumque 1 facis miscens sine cura.
Tu das ecclesias, prebendas, pontificatum.
Ordine mutato laycis das prespiteratum.
Prostituis dominas, peraguntque vicem meretricis.
Nulli namque fidem seruas, nec parcis amicis.
92 - III 86.
Ein ieslicb man der richter ist gewesen, wil er sich vn-
schuldigen, er sol vil reht 2 gedenchen wo 3 er gut ze vnreht
genomen 4 hab vnd gut den leuten ze vnreht verlorn hub. den
geb er daz wider ze rehte oder nach minne.
93 = III 87.
Wir haben von den richtern genüch gesprochen.
Daz selbe spreche wir von den valschen vorsprechen,
wan al div rechtichait sol an in 5 sein als an den richtern.
wan als vil si wol gut nement das; 6 ir gewete ist, alsam 7 die
vorsprechen, reitent si oder gent si vber velt, si muzen chost
haben durch des willen des wort si sprechent. die sol man in
gelten. 8
Ein vorsprech sol niemens wort sprechen wan des der da
rechte hat. vnd sait im 3 sein gut gewizen daz er vnreht habe,
er sol sein wort nicht sprechen, also hat vnser lü lantrecht.
Jst auer daz ims der richter gebeutet, so muz er sein
wort sprechen, des sage wir nicht daz ez recht sei: daz ist
nicht wan 11 ein gewonhait. vnd swer dar vber des wort sprichet
der da vnreht hat, der mach sich chaum des bewaren daz er
gein got recht gevar. 12 hilfet ein vorsprech dem der 13 vurehte
1 II licitum.
2 III ebenn. 3 II daz. 4 III enpfanngen.
5 III wir auch von den vorsprechen, wann an den vorsprechen sol alle
die gerechtigkait.
6 II als. 7 III als sam thund auch, die vorsprechen.
8 III gend vber veld durch des willen des wort sie da sprechen sollen,
die kost sol man in da geben.
9 III einem vorsprechen. 10 III vnnser lanndsherre vnd.
11 III recht sej. wann sein ist nicht: es ist.
J2 II beuar. III far. 13 II der da.
Berichte über Handschriften des 60g. Schwahenspiegels. 345
hat mit seiner chünste, daz ist wider got. wil er sich recht
bewaren vnd behüten hintz got, 1 er sol den richter pitten daz
er in sein erlazze daz er sein wort icht spreche. 2 tut der
richter des nicht, so sprech er anders nicht wan als im ener
sait oder als er von wäre sage höret. 3
Versäumet auch ein vorsprech einen der reht hat mit
wizzen oder mit willen, der ist got vnd enem schuldich als
vil vnd ener verlorn hat.
Vnd ist daz daz er aines wort sprichet vnd er von enem
gut genomen hat vnd disen versäumet des wort er da sprichet
durch der miette willen, der hat nicht minner gesvndet dan 4
als Judas der vnsern herren 5 verchaufte: wan er hat seinen
brüder verchaufet, wan wir alle in got brüder sein, er hat
auch sein valschev 6 zvngen verchaufet. vnd sprichet in ener
an des wort er also vngetriwelichen gesprochen hat vor dem
richter, 7 vnd mag er in selbe dritte vberzeugen, so müz er im
allen seinen schaden abe legen mit zwiualtigem gelte, vnd ist
auch dem richter seiner zvngen schuldich, oder ze losen mit
zehen pfvnden. 8
Ein vorsprech sol armer leut wort durch got sprechen,
vnd tut er des nicht gerne, daz ist wider got, vnd der richter
mach ez im gepieten daz er armer leut wort müz sprechen.
i| II
94 = III 88.
Vnd pitet ein man den andern daz er 9 sein wort sprech
vor gericht, vnd sait im alle sein haimlich vber die 10 Sache,
vnd si choment baide für den richter gein dem die selben
Sache ze wandelen 11 ist, so 12 im der seine sache gesait hat
1 In 11 ist dieser Satz wohl in Folge des 'OiaoioteXeutov ,got‘ ausgefallen.
III hat folgende Fassung: dem mit seiner kunst der da vnrecht hat, der
mag sieh kaum bewaren gegen got. vnd wil er sich wol bewaren.
2 In III fehlt: daz er sein u. s. w.
3 II wäre sagent. III von der warhait waisz.
4 III hat gesiindt als vil.
5 III herren Jesum Christum durch miett.
6 In III fehlt: valschev. 1 III vor gericht.
8 III mit x lib. den. 9 III er jm.
10 III haimlichait vber sein. 11 III hanndeln. 12 III daz.
346
Ro cki n ger.
haimliche, 1 weder mach er sein mit recht enberen 2 vnd 3 vber
werden oder nicht?
Wir sprechen also: gset der vorspreche dar vnd sagt dem
richter 1 daz in der man gein dem div Sache ze wandelen 5 ist
daz im der seine Sache haimlich gesagt habe, vnd sol sweren
zen hailigen daz im also sei, jn sol sein der richter ze recht 6
erlazen daz er sein wort icht spreche, vnd schol im gepieten
daz er des wort spreche der im seine haimliche gesagt hab.
Ditz recht ist zeitleich an gaistlichem vnd an worltlicliem
gerichte.
95 = III 89.
Vnd sprichet ein man vor gericht eines menschen 7 wort,
vnd wirt div saclie vndervaren vnd auf geschoben, vnd hat im
der mensch sein haimlich vber die sache gesagt, 8 der vor
sprech mach mit reht nimmer 9 mer wider'die sache nicht ge
sprochen.
96 = III 90.
Nv svlen wir sprechen von den vngetriwen 10 ratgeben.
Vnd ist ein man so weis daz er gut rat geben chan, vnd
pittet ein mensche daz er im rat gebe vber 11 sein sache, er
ist im 12 nicht schuldich 13 rat zc geben vmb sus: er nimt sein
gut mit recht, also daz er im getriwclichen rate.
Vnd ist im der rat nutze, so ist er im des gutes schul
dich ze geben, vnd ist im der rat nicht nutze, 14 so sol er im
nicht geben.
Vnd ist daz er ieinen 15 auch rat goit der wider disen ist
vmb div selben sache, der 10 hat als vil schulde als der vnge-
triwe vorspreche von dem hie vor gesprochen ist.
1 In iri folgt liier: der nymbt den selben vorsprechen den jener dauor
gepetten bat.
2 II erweren. 3 In III fehlt: enberen vnd.
4 III vnd thüt dem richter kunt. 5 III hanndeln.
6 III vnd schwert des, der richter sol ins.
7 III gericht des annderen.
8 In III fehlt dieser Satz: vnd hat u. s. w.
9 In II fehlt: nimmer. 19 In III fehlt: vngetriwen.
11 III jm ratt vmb. 12 In II fehlt: im.
13 III gepunden. 14 III rat vnütz.
15 II ienen III jenem. 16 111 er.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
347
Er sol auch armen leuten durch got raten, de/, ist er in
schuldich von 1 gote.
Von den ratgeben hab mir mer hie 2 vor vnd her nach.
97 = III 91.
Hie vor hat man ev gesagt wer gezeug müge sein
oder nicht.
Vmb swelh sache der man gezeuch ist, dar vmb sol er
dehain miete 3 nemen.
Vnd chvmt er für gericht vnd sol iemen seines reclites
da gehelfen vber den er da sweren sol, er mag in da mit ver
werfen daz im gut si gehaizzen. 1 vnd laugent er des, des muz
er sich entsachen mit 5 zwain vingern, oder er sol in vber
ohomen 6 selb dritte die ez für war 7 wizen daz er im gut ge-
haizen oder gegeben hab vnd er daz lobt ze nemen oder en-
pfangen habe.
Vnd wirt er des vber zeuget, er büzet. dem richter ein
fraeuel. div ist etswa ein pfvnt vnd etswa fumf Schillinge, vnd
inner jars trist niemans gezeuch müge sein, wan cz ist ein
michel s vntat.
98 = III 92.
Nu ob ein man sein gut nicht anders behaben 0 muge, er
engeb lu dem richter gut vnd den die zv dem gericht gehorent
die wir vor ffenant haben, wir raten im daz er sein miete 11
gebe e daz er sein gut vnd sein reht Verliese« 12 ez ist bezzer
ein lutzel ze geben dan vil ze fliesen. 13 da von ist sein niht
svnde. auer ez ist tödlich svnde die sogetane briet nement. 14
1 II und III vor. 2 II luiben wir mer geschriben.
3 III da sol er nit gut vmb.
4 III gut geliaissen oder geben sej. 5 III mit seinen.
0 II in vberczeugen. 111 sol vber in körnen mit seinen genoszen.
7 III es wars. 8 II grosse.
9 II nicht behalten.
10 II und III gebe. 11 III gut ee.
12 III ee dann er sein gut recht fusse.
13 Dieser Satz fehlt in III.
14 III siiudt den die miett enpfahend. II gibt diesen Satz in folgender
Fassung : die auer so getane miett nement, daz ist tödieich.
348
Rockinger.
Vor der miete hüten sich die richter. die svlen daz recht
minnen. 1 des bedürfen die richter wol.
100 = III 94.
Ein vogtay 2 ist nicht recht lehen. wan swa man richter
welen sol, da sol man in neme 3 nach der leute 4 chvre.
Swer in des chaisers 5 panne, 6 der mach nicht gerichten
wan ze haut vnd ze hare.
Ditz maine wir also: hat ein pfaffenfürste vogtay von
dem chvnige, der mach niemen da von dehainen 7 pan gelihen
da ez den leuten an den leip oder an plüt giezen 8 gat. vnd
ist daz ein richter 9 sein gericht also enpfilchet daz er 10 vber
die blütrewigen 11 richtet, vnd auch swelhe pfafenfurste sein
gerichte also enpfilchet, 12 der wirt schuldich an allen den leuten
di ir plüt vor ir gerichte vergiezent. wil er rechte varn, so
send er den richter zv dem chaiser, 13 oder seinen boten, vnd
pitte in daz er an seinem brife dsen pan dem richter sende. 11
Des bedürfent die laien nicht die gerichte von dem
chvnig 13 habent enphangen. 10
Vnd hat ein furst svndreu gericht da man vber plütige
hant richten sol, der sol einem ieslichem richter den 17 pan
leihen. 18
Aller hande chlage vnd vngerichte mach ein richter der
den pan hat wol richten swa 19 ez in seinem gerichte leit, wan
der auf aigen chlagt, da mag er nicht vmb gerichten wan an 20
der rechten dinchstat. daz ist also gesprochen: swa daz aigen
leit, da sol auch man dar vber richten.
1 Q. dy wysen richtere, alze dy wyse koningh Salomo seit: alle dy dat
ertrike ryken, dy sullen leuen dat recht. UI richter, als könig Salomon
der weisz spricht: alle die das ertrich richtend, die sollen mynnen, jdest
lieb haben, daz recht.
2 II ein ygleich vogtey. 3 III man sie welen.
4 III leut rat vnd. 5 III des römischen königs.
6 II und III panne ist. 7 II nyman chain. 8 III plfltrehen.
9 III daz er. 10 III man. 11 III pluträhigen.
12 In III fehlt dieser Satz: vnd auch u. s. w.
13 III könig. 14 III er jm an seinem brief den pan verleihe.
16 III kayser. 16 In III fehlt: enphangen.
17 III seinen. 18 III verleihen. 19 III vnd wo. 20 III auf.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
349
Swer des chvniges pan eines 1 enphangen hat, der endarf
sein anderstvnt nicht enphaehen. stirbet der chvnich, 2 so hat
er doch 3 den pan mit reht 4 nach seinem tode.
103 = III 97.
Wir sprechen: swa der man recht vordert, da sol er auch
recht bieten, wan 5 gaistlich leute die chlagent wol [vor) werlt-
lichem gerichte vnd pieten reht vor gaistlichcm gerichte, wan
vmb gulte. 0
Jst daz ein gaistlich man einen werltlichen beclaget vor
werltlichem gerichte vmb gulte, 7 der richter sol im richten,
vnd wil er im 8 sein phenning geben oder gut 9 pfant, daz
sol er neinen. vnd der gaistlich man muz im 10 vor dem ge
richte 11 sam tvn daz reht. 12 vmb nicht anders wan vmb
gulte. 13
109 = III 103.
Vnde sprichet ein man den andern an vmbe seine triwe,
vnd wil ener 14 bereden daz er ein getriuwer man sei, daz tut
er wol mit champhe. mach auer ener nicht vngetriwe 15 auf in
vinden, 10 so siecht man im ab die hant. 17
Daz selbe 18 mach man auch tvn vmb einen mainaide. 19
I II ainst. III ainstund. 2 III kaiser.
3 In II fehlt: doch. 4 In III fehlt: mit reht.
5 III wann pfaffen vnd. Q. recht neraen vnde gheuen, wen papen vnde.
6 Q. wen vmbe eyne saken. 7 Q. schulde. 8 I und II: sam.
9 III pfenning schon geben oder. 10 III dem weltlichen.
II II vor gericht.
12 Q. hat hier folgende Fassung: vnde weret on dy leye mit penninghen
edder mit panden vor gherichte, dy pape mud ome recht beiden vor
werlikeme gherichte vmme recht.
13 Q. vnde nicht anders wen vmme schulde.
14 II ener sich. 15 II antworten.
16 III wil jener bereden, er sey getrew, vnd mag er in vberczeugen daz
er ein vngetrewer man sey, er sol doch wissen mit weu oder wie.
11 Q. hat hier folgende Fassung.' vnde wil on also truwelos bereden, mach
hey one ouertughen dat hey vntruwe sy, hey schal doch weten mit weme
edder wo. mach hey sin recht betugen, man sleit ome dy hant aff, edder
hey mach an mit kampe weren.
18 III vnd hat er nit der zeug, er mag jn wol ansprechen mit kempffen. ditz.
19 III mainaidigen man. II tiin einem manayden. Q. vmme eynen ghe-
meynen eyd to swerene.
350
Rockinger.
110 = III 104.
Swer leip oder har oder haut 1 vor gericht erlediget hat
daz im mit recht ertailet 2 wirt, der ist rechtlos.
111 = III 105.
Swer einen man vz porget vmb vngerichtc, vnd pringet
in nicht für, der muz daz alles leiden daz euer sohle ge-
liden han.
Swen man an der hanthaft 3 begreifet, den sol man für
gerichte ’füren, vnd hat er iemen verwundet oder erslagen,
oder swaz ez 4 sei, an deufe oder an raup, daz sol man selb
dritte erzeugen, vnd gset ez im an den leip, man sol in mit
siben mannen vbcrzeugen. get auer ez im an die hant, so er
zeuget man ez mit zwain mannen. 5 vnd hat er 6 der gezeuge
nicht, so sol er 0 dar vmb chempfeu.
112 = III 106.
Swer vor gericht bechlagt wirt, vnd ist er da nicht ze
gesichte, man sol im für taidingen eines, 7 vnd ze dem andern
male, vnd ze dem dritten male, daz ist der layen recht. 8
Vnd chvmt er nicht für, man sol in nicht lan 9 verfechten,
man sol vmb dehaine chlage niemen verfechten wan da ez im 10
an den leip oder an die haut get.
115.
Swer ein man bechlaget vnd der richter nicht liaime ist,
der frone bot sol im für gepieten, wan div fürgebot sint der
frone boten.
1 III leib haut vnd har. 2 III vertailt.
3 II haiittat. III hannt tat. Q. in der lianthaften dat.
4 Q. wat vngherichtis dat id.
5 Q. hant, sulff dredde. III handt, selb dritt müsz man in vberczeugen.
6 III man.
7 II ainist.
8 III in für tädingen ze drein vierczehen tagen.
9 I sau. In II fehlt : lan. III lassen.
10 III wann dem es.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
351
Dehain richter mach 1 niemen für gebieten, wan ez en
ist nicht sein ampt. 2
Swem der richter einen tag- geit, vnd im der gebutel für
gepeutet, vnd clivmt der richter dar nicht, 3 da verleuset niemen
mit sein reht.
117.
Versäumet ein lierre sein lantaidinch, da mit habent die
leut nicht verlorn vntz an ein ander lantaidinch.
Vnd ist iemen da furgepoten, div geböte svllen stast sein:
wan daz eine get abe.
125.
Swa zvvene man geliche für gerieht gsent, vnd si chlagent
paide auf ein ander vmb gulte oder vmb ander vngericht, die 1
svlen paide burgel setzen, der aine daz er die chlage vol füre,
der ander daz er antwurte der chlage als reht sei. 5
Habent auer si gut in dem lande vnd in dem gerichte
daz der chlage wert sei, 6 so endurfen si dehaineu burgel setzen.
128.
Vnde ist daz man einem manne ein vrtail verwirfet, so
schol man si 7 ziehen an den hoharn richter, ze iungiste fin
den richter daz ist der chaiser. 8
Da sol der richter seine boten mit zv senden die ez do
liörent welhes vrtail für ge vor dem chvnege. 0
Vnd geschieht ez in einer graueschaft oder in einer
marcho, so svlen boten sein die freien lantssen. 111 geschieht auer
1 Q. one vorbeideu. wen denue dy richter kumpt, so richtet hey ome. dy
richter schal.
2 Q. wen id hört sin ainmet nicht an. id hört den vronen boden an.
3 Q. bodel vorbut up eynen dach, vnde vorsumed dy richter den dach.
4 Q. vngherichte, sint sy vngewijs, vnde hebben sy nicht gud in deine
lande edder in deine gherichte, sey.
5 Q. dat hey der antwerde warde.
6 Q. hat hier folgende Fassung dieses Satzes: sint sy auer ghewijs.
7 II sich. Q. Vorsprickt eyn man ordele, dy schal man.
8 Q. to mynnest vor den koning.
9 Q. boden to glieuen dy dat hören wat ordele vor deine richtere ghe-
funden werden.
10 II dy frey leut sein. Q. sin des greuen lantseten.
352
Rockinger.
ez in einer stat, so mach man ze boten nemen einen gemainen
man der an seinem rechte volchomen sei.
Den sol der lichter verehosten also, zwene pecher volle
weines, ob ir zwen sein, so sol man in geben prot.
Vnd 1 der herren svlen zwene sein 2 vnd sechs chnechte.
man sol dem herren vier richte gowen, vnd den chnechten
zwo. 3 vnd ieslichem pfserfde vier garbe zwischen tag vnd nacht,
vnd genüch heuwes. vnd man sol deu pferft vorne peslachen
vnd nicht binden, der pfsert svlen sechtiv sein, vnd auch der
manne geeilt. 1
Vnd ist daz vrtail auf geworfen wider auf swsewischer
erden, so der chvnech danne ze Swaben chvmt, dar svlen
danne die poten chomen vnd die vrtail ze ende pringen. 5
Vnd von dem tag vber sechs Wochen vnd als div vrtail
verrichtet wirt vor dem chvnege, so svlen die boten div vrtail
wider für den lichter bringen vor dem si da verworfen wart.
Vnd der die vrtail wider warf vnd hat si der nicht vol-
furet vor dem chvnege, er muz dem lichter gelten seine chost
die di boten haut verzert, vnd müz im bflzze wetten. 6
Vnd ist daz daz die vrtail pehabt wirt, so sol iener vnd
seine volgsere die wider in da waren das selbe tvn.
Dehain verworfnev vrtail die vor einem grauen geschieht
die mach man nicht geziehen an den maregrauen, ez ensei
danne daz der graue seine graueschaft von im habe.
Von swelher hochgerii hant daz gerichte ist, da mach
man eine vrtail an geziechen. div erst hant des gericlites ist
der chaiser. div ander dem er ez leihet, div dritte der 7 ez div
andere leihet, div dritte mag ez nicht furbaz s geleihen da ez
1 In Q. ist von ,(Ien sol‘ angefangen bis hieher ausgefallen.
2 In II ist wohl in Folge des f O[j.oioTEX£'Ji'ov ,zwene sein 4 ausgefallen: so
sol man u. s. w. Q. sin, eft id in eyner graueschop is.
3 Q. fügt hier noch bei: vnde deme heren twene drunke wyns, deme
knechte eynen.
4 Dieser ganze Satz fehlt in Q. 5 Q. ordele bereden.
6 In Q. begegnet folgende Fassung: vnde von deme daghe ouer ses weken
schullen sy dat ordel wedder bringhen dat beschulden was. vnde mach
des jenne nicht vulkomen dy dat ordel beschulden het, hey mut deme
richtere sine kost gelden vnde sine boythe wedden. Hiemit schliesst auch
das Kapitel.
7 II dem. 8 II verrer.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
353
den leuten an den leip gat oder an daz plüt giezen. swer ez
dar vber tut, der wirt schuldich an allen den vber die div
vierde hant richtet.
129.
Swelh phaffen fürste so manigev gerichte hat div vber
plütregen gant, div mag er wol seinen richtern geliehen also
daz er die richter sende mit seinen briefen zv dem chaiser
daz er im den pan verliehe, vnd tvt er des nicht, er vnd seine
richter alle werdent schuldich an allen den leuten da si vber
richtent, oder swie si plüt vergiezent.
Die laifursten vnd ander werltlich richter bedürfen des
nicht daz ire richter den ban svehen, wan si 1 selbe gebent
div vrtail vber den totslach. des entvt der pfaffenfürste nicht,
wan er verlüre sein ampte.
132.
Die Deutzchen welent den römischen 2 chvnech. daz er
wart' in chvnech Karl.
Swen er geweihet wirt vnd gesetzet 3 ' auf den stül ze
Ache mit der gvnst vnd willen die in erwelt hant, 4 so hat er
chvnechlichen gewalt vnd namen. vnd swan in der habest ge
weicht, so hat er des reiches gewalt vnd chaiserlichen namen.
Den chaiser cheuset 5 man ze richter vmb aigen vnd vmb
lehen vnd vmb eines ieslichen mannes leip vnd vmb alles daz
für in ze gerichte u vnd ze chlage 7 chvmt.
Der chaiser mag in allen landen nicht gesein vnd mag
alle vngeriht 8 nicht gerillten, dar vmbe leihet er andern
fürsten grauen vnd herren werltlichev gerichte.
An die vierden hant mach dehaine gericht 3 nicht chomen
da man mit plütiger hant richten sol. 10
1 II die. 2 Q. dndschen forsten dy keysen den.
3 Q. wen liey ghesad wert. 4 Q. mit der forsten willen.
5 II erchiest. 0 II rechte.
' Q. dat ouer on to c lagen e. 8 II vnrecht.
9 II mag chain richter.
10 H fügt hier noch bei: oder vmb all frayse. In Q. fehlt der ganze Satz.
354
R o c 1c i n g e r.
134.
Als man den clivnecli erwelt hat so sol er dem reiche
lmlde sweren. vnd sol in den ait vier dinch nemen, daz er daz
recht sterche vnd daz vnrecht chrenclie, vnd daz er daz vn-
recht verträte 1 an seinem rechte, vnd daz er daz reich ze
allen Zeiten mere vnd nicht crme. 2 ditz schreibet der 3 chaiser
an allen seinen brifen die er sendet, daz er daz reich ze allen
Zeiten mere: Romanorum imperator et semper augustus. 4
Als der chvnech auf den stul ze Ache gesetzet wirt mit
dem merorem taile der fürsten die in welent, 5 so sol er dar
nach nimmer mer dehainen ait gesweren, wan so vil vmb div 6
dinch: ob in der habest ansprichet daz er an dem gelauben
zweiuele, vnd swert wol daz er eine frowen ze der e nimt.
Vnd ist daz er gezeuch sol sein in einer Sache, des sol
er helfende sein vnd sagen 7 pei des reiches lmlden. daz sol
man im gelauben. der chaiser 8 sol für die aide gelubde tvn.
Einen lamen man oder muselsuchtigen 9 oder psennigen
oder in der sechte oder einen ehetzer noch einen walch, 10 die
svlen die fürsten nicht ze chvnech Welen. jst, auer daz si in
welent, die andern fürsten verweruent in wol an der stat swa
ein hof hin gesprochen wirt, 11 ob man in diser dinge aines
vber chvmt als reht ist.
137.
Swem 12 vor dem reiche vertailet. wirt, vber den sol nie
men richten wan der rechte frone bote. etwa haizent 13 si
richter, etwa anders.
1 Q. dat rike rechte bescherme.
2 Q* iyke wille hagen vnde nicht nedderen.
3 Q. dat sulue wort serrft dy koning edder dy.
4 Q. breiten: et semper augustus, dat is: dat rike vmmer to meren.
5 Q. wert von den vorsten. G II drew. Q. disse.
7 Q. sin ouer eyne sake, so schulle hey spreken.
8 Q. koning.
9 II miselsichtigen. Q. maselsuchtighen.
10 Q. eynen dotliken man.
11 Q. wol to deme negesten houe.
12 II swer. 13 II haisst, man.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
355
Vnd ist, recht: so si nevn mannen den leip genement, so
ist der zehende leip ir. den lose man von in als man state an
im vinde. daz reht svllen si han jn deutschen landen allen. 1
138.
So der frone bote von dem chaiser 2 oder von andern
richtern wirt erchorn, so sol er im sweren. 3
Alle die vber verdampnete leibe 4 richtent die sulen freie
lantsazen sein.
Vnd so der richter den edelinch 5 ansichtich wirt, 0 so
sol in der richter nemen 7 pei der haut, vnd sol in setzen vf
einen stul. da sol ein chussein vf ligen. 8 vnd sol im die hailigen
vf die schoz setzen, vnd sol er 9 sweren daz er seiner her-
schefte getriwe sei, vnd daz er nicht sage wan die warhait.
Als daz geschieht, so hat er gewalt ze pfenden vnd zv
streten ein ieslich dinch daz mit vrtail dar zv chvmt. 10
Tut auer er vnrechte da mite, so mach er seinen leip
vnd sein gut verwurehen als ein ander man.
Swert sol er nicht tragen noch furen.
Vnd ist im iemen des rechtes wider, 11 so rvfe er die
leute daz si im des rechtes gehelfen. 12 vnd swer im des rechtes
wider ist, der sol ez dem gerichte 13 vollechlichen büzen. 14
Aus 141.
I
Den römischen chvnecli svlen chiesen drei pfaffen fürsten
vnd vier laifursten.
Der bischolfe von Maintze der ist chauzeler ze teutschen
landen, der hat die ersten stimme an der wal. der pischolf
von Triere di andern wale. der pischolf von Cholen die dritten.
1 II recht haben sy in allen deutschen landen.
2 Q. koninge. 3 Q. so dat hey ome swere.
4 Q. ouer vndedighe lüde. 5 II edling.
0 Q. vnde wen dy edelingh vor gherichte gheit, vnde on dy richter sut.
I Q. schal hey up stan, vnde nemen on.
s II chfizss auf sein gelegt, Q. stoil, dar eyn küssen nppe ligghe.
9 Q. schal dar upp.
10 Q. to pandene vnde to bestedigen alle dingh dat mit ordelen darkummet.
II Q. ymant wedder. 12 Q. lüde an dy ome des helpen.
13 II reich.
14 Q. dy mud id deme riclitere twevalt vorboiten.
356
R o c lc i n g e r.
Ynder den laifursten hat die ersten stimme an der wale
der pfaltzegrave vom Reine, des reiches trüchsetze. die andern
wale hat der hertzoge von Sachsen. 1 der dritte laifurste 2 der
margraue von Brandenburch, des reiches chamrere. 3 der vierde
laiefürste der hertzoge von Paieren, des reiches schenche. so
ist des reiches marschalch der hertzog von Sachsen. 4
Vnd ander niemen sol den chaiser welen.
Ynd die svllen teutsche leut sein von vater vnd von
müter, di vier.
Vnd swanne si in welent, so svlen si ain sprach gepieten
liintz Franchenfürt. di sol gepieten der pischolf von Maintze
pei dem panne, vnd der pfaltzegraue von dem Reine pei der
sechte. si svlen dar gepieten ir 5 gesellen di mit in den chvnech
welent. vnd dar nach den fürsten so vil vnd si ir gehaben
mvgen.
Dar vmb ist der fürsten vngeleich an der zal die di wal
habent: ob drei an ain vallent vnd vier an den andern, daz
di drei den vieren volgen svlen, wan ie div minnor volgen sol
der meroren. 6 daz ist an aller chür reht.
E daz di fürsten den chvnech gewelt hant, so schullen
si auf den hailigen sweren daz si durch lait noch durch lieb
noh durch miete des gütes daz in geben oder gehaizen sei
|noh] durch nicht welen den chvnich daz wert liaizet: wan als
in ir gewizen sage.
Swer anders w*elet wan als hie geschriben stat, der tüt
wider got vnd wider daz reht.
Vnd wirt ir ainiger 7 da nach vber ait daz er gilt gelobt
hab ze nemen oder genomen hab, swer des vber ait wirt mit
recht, 8 daz ist symoneie. der hat sein wal verlorn, vnd sol sei
nimmer mer gewinnen wider, vnd ist dar zv mainade.
Daz sol geschehen swa der chvnich des ersten sein hof
hin gepeut. da sol man den 9 selben fürsten hin gepieten, er
1 II setzt noch bei: dez reichs marschalchk. Vgl. unten 4 .
2 II die dritten. 3 In II fehlt: des reiches chamrere.
4 Dieser Satz fehlt in II. Vgl. oben b
5 II iren. 0 II mynner volg sol der merern volgen.
7 II ainer. 8 In II fehlt: swer des u. s. w.
9 II dem.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
357
sei ein laifurste oder ein pfafenfürste. vnd chvmt er nicht
dar, man sol im zv aim andern hof gebieten, vnd dar nach
zv dem dritten hofe. u. s. w.
147.
Man sol gerichtes warten von tertze zeit vntz an mit
ten tach.
Vnd ist der richter dar chomen, vnd swer dar nicht
chumt der ze recht dar chomen sol, der wirt wethaft.
Vnd ist iemen 1 dar gepoten, der ist vor got ledich,
chvmt der richter nicht: er ist des tages ledich.
163.
Swa sch[e]pfeu sint, di svllen vrtail schefen vber ein
iesleich dincli, vnd niemen anders.
Der richter noch schefen schullen nicht hauben noch hüt
noch chappen nicht 2 auf haben, noh hantschuh noch msentel.
die mtentel svllen si pei der nusch 3 auf ir achsel legen, vnd
svllen sein an Waffen, seu twinge danne dar zv not.
Vrtail svllen si vastunde vinden vber ein ieslichen leib,
daz ist geschriben vnd frons reht, daz man vrtail nuchter vber
menschen leip spreche. 4 daz reht sol man vor allem gericht
mit Heiz pehalten. vnd swer enpizzen hat, vnd spricht er vrtail
vber menschen leib, er wirt schuldich an den leuten.
177.
Zergant di fronen boten in einer grafsclieft, der lant-
herre sol seiner aigen leut so vil lazen frei daz er frone poten
mach di frei sein.
190.
Golt silber vnd edels gestain, vich vnd ros, vnd als daz
man getreiben vnd getragen mach, vnd pfantvnge swie so di
gehaizen sein, vnd gesmeid von silber vnd von gold, daz alles
1 II ienem.
2 II snllen nicht haben hut noch chappen. 3 II mitte.
4 II sol sprechen.
Sitzungaber. d. phil.-hist. €1. LXXX. Bd. III. Hft.
24
358
R o c k i n g e r.
haiz wir varende gut. vnd auch von gewonhait 1 habent ez di
leut für erbgüt. gut gewonhait verspricht ditz püch nicht.
Harnasch geschutze vnd vedergewant hant auch di leut
für varend giit.
196.
Swanne der frone pote sein recht verwürchet gein richter,
also daz er rüget daz er versweigen sol, vnd versweiget daz
er rügen sol, so sol er im wettet des chvniges malter, daz sint
dreizich sieg mit seinem aicheim gserten der zwair oder 2 dreier
dovm eilen lanch sei.
210.
Werfent leut ainen wagen vmb da ein fuder auf leit
swelher lai daz ist, vnd ist an einer straze da leut wider vnd
für gant, di den wagen vmb werfent die sullen also rüfen:
fliechet, gset hin dan. vnd tvnt si des niht, vnd vellet daz
fuder auf einen menschen, daz ez stirbet, alle di den wagen
vmb werfent di sint an im sehuldich, vnd hant ir 3 leib da mit
verworcht.
Geschieht auer daz an todslach, daz sol man püzen als
hie vor geschriben ist.
213.
Ein zinsman der von ritter art ist erbet sein erde bov 4
auf sein erben mit samt den lehen, er hab ez dan seinem weib
ze morgengab geben. 5
215.
Leihet ein man dem anderm ein güt an vnderschaid,
swaz pauwez dar auf ist, daz ist des mannes mit recht. 6
1 II gewonhait varunds gutz.
2 In II fehlt: zwair oder. 3 II den.
4 II hatte anfangs: erbwaw, was sodann in erdwaw umgeändert wurde.
5 Q. hat folgende weitere Fassung:
Dy tinsman eruet sin ertghebuwe up sinen eruen, hey en sy denne
von ritters art dat hey id sineme wiue to morgengaue hebbe ghegeuen.
wert id eynem heren leddich, dy nympt dat ghebuwe mit deine lehne,
dy man hebbet denne to morgengaue gegeuen, als hir vor ghesproken is.
6 Q. mannes mit sammet deme gude, hey dinge denne dat gebuwe ut. dat
dot dy liere wol mit rechte.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels
359
248.
Swelhev dorfer pei wazzer ligent, da sol di gepower-
scliaft 1 sein furslach vnd ain graben für 2 machen 3 daz in daz
wazzer icht schade. 4
Swer des wider ist, den petwinge der lantrichter so daz
man im sein gut vertailen sol. 5 des sol sich der richter vnder-
winden, vnd powe da von so vil vnd daz gut an gepurt. 6 vnd
sol der richter sein puz auf dem anderm han vntz er ez los.
Fleuzet ein wazzer 7 auz, daz sol man weren mit ge-
mainen gut s nach der satzstiwer.
250.
Nv verneint wanne sich ain ieslich nutz ergangen 9 habe.
An sand Philippen tag so ist verdient der lember zehende
gut. an sand Johannes tag so ist verdient 10 aller hande flaisch.
an sand Gallen tag der wein, an sand Merteins tag daz chorn.
Swer zehenden verdienen sol oder ander gut, daz sol er
verdienen ze den Zeiten als hie geschriben ist.
Des mannes gut vnd powe ist verdient daz er powet so
di seyde 11 dar ab gset.
Wil ein herre sein zinsman von dem gut weisen, daz sol
er ze liechtmisse tvn.
Stirbet der zinsman vor, sein erbe trete an sein stat, vnd
geb den selben zins, stirbet auer der herre, so zins man sein
erben da von.
Gelt von mülen vnd von zolen vnd von münzen wirt ver
dient auf swelhen tach der penennet wirt. 12
I II gewerschafft. 2 In II fehlt,: für.
3 Q. gheburschop eynen grauen vor maken.
4 Q. nicht enschade. dar schulten alle dy dorpere to helpen, vnde alle dy
lüde den dat water schaden mach.
5 Q. fasst diesen Satz so: deme schal man vor deine richtere sin gud
vordeilen.
c Q- vnde schal dar von Ionen so vele alze ome glieboren mach.
Q. Briclcet dat water denne. 8 Hier schliesst Q.
9 II vergangen. 10 II vergangen.
II II erde. >2 II benent ist oder wirt.
24*
360
Rockinger.
253.
Swelch man dein anderm ein pferft leihet, oder ein ge-
want, oder ein varende gut, so hat e£ recht dar an in des ge-
walt ez also chvmt.
Leihet ein man pferft an ein stat, vnd nennet di stat,
vnd leichet ez vm sust, geschieht im icht vntz an di stat, er
pezzert im dar an nicht, ob er ez recht raise reitet, vnd im
sein futer geit. vnd reit er ez furpaz denne an di stat penanten,
geschieht im icht danne, oder wirt ez im verstoln oder ge
raubet, er muz ez gelten, nimt auer ez der gemaine tod, er
gilt ez nicht.
Leihet ein man dem andern ein pferft vmb 16n, vnd
penent im di stat, vnd nicht furpaz, daz ist recht als oben ge
sprochen ist.
Wir sprechen also: jst der man frum, er pflegt des
pferftes paz dan ob ez 1 sein selbes sei.
Vnd leihet ein man vich dem andern vmb sust, daz hat
daz selb recht als daz pferft.
Vnd leihet ainer dem andern viche, ros oder rinder, oder
einen pfluch mit solhem gedinge: leihe mir dein vich zwen tag,
ich leich dir daz mein als lange, vnd daz tut er, vnd stirbet
daz vich, ir tweder giltet dem andern 2 nicht, ob er ez ze
recht geai'bait hat, vnd im recht füre geit, vnd er daz pered
zen hailigen.
256.
Stilt ein mensche dem 3 andern, vnd wirt ez pei im pe-
grifen, man sol ez henchen, swie ivnch ez ist, oder swie arm,
wan ain mensch ist vil tiwerer dan ein michel tail gutes. 4
Swer dem andern rsetet oder helfe tut 5 daz er stele, der
ist der devfe schuldich.
257.
Swer Stelen wil, vnd gset er zv einem menschen, vnd
pit im ein laiter leichen, er welle stelen vnd in ain haus
1 II frum, vnd plilegt er dez pherds paz den es.
2 II vielit in yetweder gebalt, ez gilt itweder.
3 II den. 4 II micliels giit. 5 II helfet tuen.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
361
steigen, oder der ainem devp sein tur auf tut oder ein venster,
oder ob er ein deufsluzel machet, oder swelher lai helfe ein
mensch tut die ze devf gehört, di sint alle 1 recht schuldich
als der devp der da stilt. man sol in henchen zv dem devp.
258.
Gib ich ein gut ze chaufen, vnd geit mir ener sein harre
dar an, vnd daz gut peleibet in meiner gewalt, daz wirt mii
verstoln, der schad ist sein vnd nicht mein, han ot 2 ich sein
gehut als ich schold.
261.
Jst daz ein man sitzet pei leuten der pfenning hat in
seinem pevtel, vnd er sneidet sein selbes pevtel abe, vnd
zeicht dan di leut si haben ez getan, oder er nimt sev auz
seinem pevtel, oder er hat dehainen phenninch gehabt, wan
daz er di leut zeicht si haben ims genomen, 3 man sol der leut
ayd da für nemen: ez sei danne daz manz in ir gewalt pe-
greife, so rieht man 1 vber sev als recht sei. vindet auer man
sev in sein selbes gewalt, vnd ist ir sechzich oder mer, man
sol in henchen. da mit hat ein man sein selbes leip mit sein
selbes gut verworcht. daz ist von seiner grozen vntat daz er
andern 5 leuten ir leip wold han genomen.
264.
Ez nimt ein man einen ravb, vnd furt leut mit im di im
helfent, weder sint si alle schuldich, oder nicht? wan den ravb
macht er nicht ain han genomen an der andern helfe.
Vnd pegreift er ir ainen der rauher gewesen ist, er vecht
in wol an gericht, vnd für in für gerichte.
Vnd ist ez der helfer ainer, man sol vber in richten als
vber den selben scolen. ö
1 II alle als. 2 II auch.
3 Q. hat hier folgende kürzere Fassung: vnd snyt sinen bodel suluen aff,
vnde thyet des eynen anderen, vnde spricht, sy hebben sey ome vorstolen.
4 II do rieht.
5 Q. hir mede het hey sinen liff vorloren, dat hey mit seyner vndat den
anderen vnschuldighen.
6 II schollen.
362
ß o c k i n g e r.
Ynd ist daz er laugent, man so] in des raubes vber-
chomen mit den geschvben, ob man seu hat.
Hat er des raubes nicht, man sol in vberzeugen mit siben
mannen, hat er der nicht, so mit drein, daz ist recht vmb den
ravb der nicht ist strazravb.
271.
Vnd hat ein man 1 pfaun di pei seinem haus habent ge-
wont, 2 vnd di iliegent von dem haus vnd wider dar zv, di
weil si daz tvnt so sint si sein.
Als si hin gefliegent vnd inner vier tagen nicht hin 3
wider choment, swer sev dan hin nach gevecht, des sint si.
Swer vederspil vecht in den tagen di hie penennet sint,
vnd sev höret suchen vnd vorschen, vnd ez nicht wider geit,
so ist er devphait schuldich. vnd swie lang er ez dar nach
pehabt, 4 so muz ers doch wider geben, chvmt ez für den
richter, der rieht als hie gesohriben ist.
Ditz recht habent auch di tavben.
Vmb vische vnd vmb vogel venvurehet niemen sein leib
gar, 5 noch vmb wilde.
275.
Swer ein winnvnden hvnt behalt, oder ein zam wolf peren
oder hirzen, swaz schaden si tvnt, den sol euer gelten der
sev zevhet.
Wil auer er sich ir auzen, 6 da mit wirt er nicht 7 vn-
schuldich: wan ez ist vnrecht, swer wilde pei leuten zamen
wil daz nimmer zam werden mag.
Siecht ein man von im ein winnenden hvnt oder ein
zames tyer daz im schadet ze tod, er puzet nicht, gelaubet
man im des nicht, vnd sach ez niemen, so nem man dar vmb
seinen ayd.
276.
Swer in die recht chvmt e in den pan, der sol auch e
auz der recht chomen e von 8 dem pan. daz selb sol auch der
1 II hat ainer. 2 II gebauet.
3 In II fehlt: hin. 4 II behalt. ' 3 n se ; n g. lx t.
6 II ausseren. 7 In II fehlt: nicht. 8 II aus.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
363
-Vv-
tvn der in den pan des ersten chvmt. tweder richter sol in
von den panden lan chomen e daz er von den ersten schvlden
chvmt.
277.
Der ein chind ze leren bet, man oder weip, vil iar oder
lutzel, vnd geit im da von ein genantes gut, daz chinde stirbet
e seines ziles, man sol daz gilt ab slahen als ez gepurt an der
zeit, man sol der ersten zeit ab slahen, wan so hat er aller
maist arbait mit dem chinde.
Vnd verderbet er daz chind mit vnrechter zvcht, so müz
er wider geben daz er enpfangen hat ze puz.
Vnd lauft ez hin durch seinen mutwillen, im peleibent
di pfenninge gar. vnd chvmt ez wider inner vierzehen jaren,
er sol ez auz leren sein zil.
278.
Nv vernemt von 1 fride den der chaiserlicher gewalt ge-
setzet vnd gestetiget hat mit williger chur der fürsten von
devtzchen landen, vnd weiser maister lere vnd rat, vnd aller
weisen pfafen weisvng di pei im in dem lande waren. 2
Alle tag vnd alle zeit schrillen pfaffen vnd gaistlich leut
fride han, rnaide vnd witiben, waisen vnd chaufleut, vnd juden,
an ir leib vnd an ir gut, chirchen vnd chirchhofe, vnd sein
iesleich dorf in seinem zavn, pflüg vnd mule, vnd des chvniges
straze auf wazzer vnd auf lande, daz sol alles steten frid han,
daz si nicht were hant.
Swer icht vbeles in der chirchen tut, den beschermet di
chirch nicht mer: man sol in dar auz ziehen, vnd vber in
richten nach seiner schulde.
Vnd stilt er dar inne dreier pfenning wert, man siecht
im haut vnd har ab, vnd vmb ein schillinch wert henchen.
Ez sint vier tag in der wochen, di sint hoher danne
ander tag. 3 daz ist der tonerstag, vreitag, samztag, svntag. des
tonerstag weicht man den chresem da mit man vns alle zaichent
1 II von dem.
2 Q. bestediget bet mit wilkore der forsten in dudschem lande vnde mit
der lere der meistere vnde mit rade der wisen papen.
3 II böher wen die andern.
ze christenhait in der taufe, des tonerstag' furt got vnser
menschait ze himel, vnd offen 1 vns got den himelischen wech
der vns lang verspart 2 was, vnd furt mit im manige sei di er
ze helle nam. des vreitages geschuf got den menschen, vnd
freit auch in mit seiner pittern marter. des samstages rvwete 3
got do er in sechs tagen alle di werlt geschuf von nicht, vnd
rvwete 4 auch in dem grab nach 5 seiner pittern marter. des
svntages wart vnser herre Jesus Christus von sand Gabriele
gechvndet vnser vrowen sand Marein der rainen 6 vnd der
ewigen maid. des tages wurt wir versv'net mit got vmb Adams
mistät. der svntag waz der erst tag, vnd wirt auch der lest
so wir mit leib vnd mit sele svllen ersten, des tages varend
di guten zen ewigen freuden, vnd die vbelen 7 zer ewigen
marter.
Dar an gedenchen di richter, daz si also richten daz si
an dem jvngestem tag mit den rechten gefrevt werden.
Di vier tag hie genant sint allen leuten ze fride gesatzt.
swer in den tagen deliain vntat peget, vber den sol auch man
in den tagen richten, vnd di sechter schermet dehain tag.
280.
Swer ein sechter oder ein fridprecher vachen 8 wil, vnd
wert er sich, vnd siecht man in ze tod, oder wundet man in,
er ist dem richter nicht schuldich noch seinen vrevnden.
Vnd mag er in nicht gevahen gesvnden, 9 swie totwund
er ist, er sol in doch 10 für gericht pringen. vnd rieht vber in
nah seiner schulde.
JEin richter gepeutet wol mit wapben ze varen di den
fride gesworen hant in seinem gericht den di zv ir tagen cho-
men sint di swert gefuren mugen, ez wende dan eliaftiv not.
Pfafen vnd weib, juden vnd mesnser vnd liierter schullen
nicht raise varen. si svllen auer ir helfe dar zv tvn mit leuten
1 I opfert.
2 II vns vor lang versorgen? verporgen?
3 II geruet. 4 II ruebet.
5 II von. 6 In II fehlt: der rainen.
7 II argen. 6 Q. halden.
9 Q. wundet man on, hey bot deine richtere na den wunden.
10 Q. wu dot hey is, man schal one.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
oG5
oder mit gut. doch ein pfafen fürste vert selb wol raise: vnd
svllen im ir helfe tvn die vor genant sint.
Varent si für ein purch, da svllen si drei tag beleihen
in ir speise, vnd sol den seehter vodern drei tag der richter
so er erste da für chvmt oder für di stat. vnd geit man im
sein nicht, swaz si da geligent, daz svllen si tvn auf des
schaden des di purch oder di stat ist.
Vnd iagt man ainen fridprecher oder ein {echter, dem
soll alles daz nach iagen daz in hört oder sicht, pegreift man
in, man sol in dem gericht antworten, flevcht er in {ein stat
oder auf ein purch, da sol man in vodern von gerichtes halbe. 1
antwürt man in nicht, man sol sev pesitzen, vnd nicht von
danne chorn e daz man in geantwortet hab. vnd fleucht er in
ein ander gericht, der richter sol in vodern. vnd wirt er im
geantwurt, so rieht vber in. vnd antwürt man in nicht, man
sol di stat oder di purch verteilten, vnd als si sechs Wochen
vnd ain tacli dar in sint gewesen, so sol man alle di leut dar
inne ze {echt tvn. vnd ist daz si in der friste nicht ze recht
stant, so chom der richter da für als vor geschoben stat.
Vnd gewillt er di vost, er sol sei auf di erden prechen,
alsam 2 di stat, oz sei mavr oder turn, vnd den graben zv
fvllen.
Vnd hat si der dehaines, man sol ic den leuten in der
stat ir 2 heuser ab prechen da er selb inne ist.
Daz selbe dem richter, ob er den purgern des vnrechtes
pei gestanden ist. alsam gaistlichen leuten, ob si mit gvnst in
des vnrechtes pei gestanden sint.
281.
Jst daz manein haus schuldiget da sei raub auf ge-
füret, vnd di daz taten oder rieten ab der purge, vnd fort den
raub wider dar auf, wil der purch herre des laugen, so pered
ez zen hailigen daz des nicht sei. hat auer man dem raub
nach gevolget vntz auf di purch, daz pered man selb dritte
daz im also sei. di legent des wirtes gezeug hin.
2 I und II als inan.
4 II daz ein man.
1 II begen.
3 II die.
366
Kockinger.
Der richter oder sein poten 1 svllen den ravb vodern. geit
man in nicht wider, man svl di pixrch versechten, vnd alle di
dar auf sint.
Wil auer der purch herre des hauses er mit champf
weren, so ziech ir seinem 2 di hant ab di vber in da sweren
wellent. daz tut er wol vnder den dreien ainem swelliem er
wil. vnd ist er halt sein vber genSz, wil er, er muz mit im
chempfen, ern welle oder nicht. 3 jst auer er im gar ze vber-
genoz, der waigert des champhes wol. sint si alle drei des
wirtes vbergenoz, si werdent des champfes wol vberrich, vnd
muz mit recht ir peredunge nemen.
295.
Swer sein gechlaiten man vmb vngericht mit gewalt dem
gericht 4 nimt, der sol in der selben schuld sein als der pe
chlagt man was. 6 vnd mag er in dar nach nicht für pringen,
er ist für in schuldich. 6 vnd sol dem richter den gewalt puzen. 7
des sol man frist geben drei 8 acht tage.
296.
Vnd stirbt ein pferft oder ein viche daz ein man dem an
dern ze fure lazen hat, der pringe di haut f'ur gericht, vnd
sei ledich. 9
299.
Swer vmb vngericht wirt bechlagt, der ger des ersten
ains vorsprechen, vnd der vorsprech ger ainer sprach, vnd di
erlaub im der richter.
Danne ravne der pechlagt man dem vorsprechen zv alle
sein peredvnge.
1 II pote die. 2 II ainer.
3 In II ist von ,wil er 1 angefangen bis hieher ausgefallen.
4 II richter.
5 Q. alze dy den hey glienomen het.
6 Dieser Satz fehlt in Q.
7 Q. vnde derae richtere to boithe.
8 Q. man ome denne vriste gheuen drystunt.
0 Q. dat man vor gherichte bringheu scholde, man bringhe dy hut, vnde
sy los.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
367
Danne chomen für den richter.
Vnd der vorsprech sprech also: waz sprichet man zv
disem mane? vnd hör dann di ansprach, so sprech der vor
sprech: her richter, habt ir mich disem manne ze seinem vor
sprechen geben, jch ding im ellev soinev recht auz, tage, vnd
sprach, vnd ob ich in savm, daz er mein wandel hab.
Vnd savmt in ein vorsprech, so haiz im ein andern geben.
302.
Der richter sol niemen von der gewer weisen, man be-
chlag in e der daz gut in gewer hat. vnd sol in für laden als
recht ist.
Rechtlos leut svllen dehain vormvnd han, als vor ge-
schriben ist.
iEchtsern vnd verpannen leuten darf niemen vor gericht
antworten, ob si auf iemen chlagent. chlaget auer man auf seu,
si muzen antwurten. daz ist da von daz si von allem christen-
lichem recht pesvndert sin, 1 ez sei vor gaistlichem oder vor
werltlichem gericht: vnder swelhem gericht er ist, daz ist als
vil als ob er in paiden were, in sechte oder in panne.
305.
Frein vnd des reiches dinstman vnd der fürsten 2 di
mügen vber alle frei herre wol gezeugen sein vnd vrtail vber
sev ze vinden.
Auer dinstman di vor genanden di mügen dreier dinge
vber frei herren vnd grauen nicht gezeug sein, da ez in an
den leib gat, oder an ir ere, oder an ir erbe, 3 da sullen ir
genozen vber sprechen, an ir ere, 4 daz main wir also: ob man
.ainem herren an sein ere spricht oder an sein ewerchen daz
er posen gelauben hab vnd daz man in von seiner christen-
hait entsait. diser dingen mag niemen den andern vberzeugen
wan mit seinen genozen.
1 II recht sint. 2 In II fehlt: vnd der fürsten.
3 In II fehlt: oder an ir erbe.
4 I und II erbe.
368
R o c lc i n g e r.
311.
Der römisch chvnech ist gemainer richter vber eines
ieslichen menschen leib vnd gut.
Jn swelher stat schepfen sint, di svllen vrtail geben, vnd
gebent si vnrechtev vrtail, da sol man sev pechlagen vor dem
hocherm richter.
Swer des vber ret wirt daz er ein vnrecht vrtail hab
geben mit wizzen, man siecht im ab di hant, oder er los sei
mit zehen pfvnden.
329.
Nv verment di alten puz die hie vor di chvnich pei alten
Zeiten aller hande leuten auf satzten.
Fürsten vnd frei herren sint geleich an der puz. man
puezt hie vor mit guidein pfenningen, di waren pfvndich, der
man ain gab do für 1 zehen silberein. der gab do für etslich
schulde zehen pfvnt, für etslich min, für etslich mer, ie dar
nach vnd di schuld was.
iEin ieslich vrowe hat eines mannes halbe puz.
Si satzten puz ie dem man nach seiner werdichait. man
gab do einem freien gepowern ze puz ein pfvnt vnd sechs
pfenning vnd ein. helbelinch. aüuem tagwurchen 2 zwene voule
hantschuch vnd ein mistgabel. den chavfleuten ein gantzes
pfvnt. pfaphen chinden vnd chebschinden geit man ein füder
hewes daz zwene iterige ochsen geziehen mugen. spileuten vnd
di gut für ir ere nement vnd di sich ze aigen habent ergeben
geit man den schaten aines mannes gegen der svnnen. räubern
vnd dieben vnd mainayden vnd allen den di ir recht ver-
worcht habent geit man ainen pesem vnd ein schiere. chempfen
vnd schermeren 3 vnd ir chinden den plich von einem schilte
gegen der svnnen.
Disev puz ist gesatzt den leuten, ob seu iemen siecht,
oder ravfet stotzet oder schiltet an plutrvnst.
330.
Vnd ist daz ein man oder mer leut ainen man an laufent,
vnd er wirt wunt ainer wunden oder mer, swie di wunden im
1 II man da für gab.
2 II tagbericher. 3 II sturmeren.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
369
ainer geslagen hab, docli svllen si alle puzen di da mit sint
gewesen.
Hant auer si in nicht geslagen, noch gestochen auf in,
noch in gehabt der da wunt ist, wan daz si mit liefen, so sint
si vnschuldich an der wunden.
Ilabent auer si swert gezvchet, oder ander wafen, da mit
habent si gefrievelt. daz svllen si 1 puzen dem wunden manne
vnd dem richter nach dem recht als da gesetzet ist. doch setz
wir nicht mer puze dem manne danne ein pfvnt der lant-
pfenning. wan gut gewonhait nem wir zaller zeit auz.
331.
Swa man chetzer inne wirt, die sol man rvgen gaistlichem
gericht. daz sol auch seu versuchen des ersten.
Vnd als si vber cliomen werdent, so sol auch sich ir 2
vnderwinden werltlich gericht, vnd rieht vber seu als recht ist.
mau sol chetzer auf hurden prennen.
Vnd ist daz ein richter chetzer schermt vnd in pei ge-
stet, man sol in verpannen pei dem höchsten, daz sol tvn ein
pischolf. vnd swer vber in da werltlich richter ist, der sol
richten vber in. vnd swaz er den chetzern sohl haben getan,
daz sol im sein herre tun.
Swelch laifurste vber di chetzer nicht rieht, vnd seu
schermet, den sol gaistlich gericht ze panne tun. vnd wil er
nicht wider cheren in iares frist, so sol in sein pischolf der in
ze panne tet dem pabest chvnden sein vntät vnd wie lang er
m dem panne sei gewesen, vmb di selben vntät entsetzet in
der pabst mit recht von seinem 3 furstamt vnd von allen seinen
eren. ditz sol der pabest allen seinen chvnigen chvnden vnd
andern werltlichen richtern. di svllen des pabest gericht veste
machen mit ir gericht. man sol im vertailen aigen vnd lehen
vnd alle werltlich ere.
Ditz gericht sol man tun vber herren vnd vber arm leut,
als wir hie pewseren.
332.
Dz was ein pabst ze Rome, der hiez Zacharias, pei des
Zeiten was ein chvnich ze Franchreich, der hiez Lodemeus.
1 II zieht liier zusammen: gezukeht, si. 2 In II fehlt: ir. 3 II dem.
370
Rockinger.
der schermt di chetzer wider daz recht, der was chvnich vor
chvnech Pippein, chvnech Charis vater. den entsatzt der pabest
Zacharias von seinen chvnechliclien eren vnd von dem chunech-
reich. nach dem wart do der edele Pippein chvnech pei enes
lebentigem leib.
Wir lesen auch, daz der pabest Jnnocencius 1 entsatzt
den 2 chaiser Otten durch ander sein vnreht.
Daz tvnt di pabest mit recht, ez sprichet got ze Jeremia:
jch han dich gesetzt vber alle diet vnd vber alle reich ze
richtser.
Swer ainen zeihet, er sei ein chetzer, oder manayd, oder
daz im an sein ere get oder an sein christenhait, mag er ez
nicht auf in peweren als recht ist, er sol alle di weitz leiden
di ener sold haben geliden.
So nicht chaisers ist, so ist doch ditz recht, cvm jm-
perium vacat.
Der pabest vnd swem er sein gericht enpfolhen hat der
mach wol richten 3 swaz werltlich gericht nicht richten wil,
wan vmb plut vergiezen, nach gaistlichem recht.
Swer von der chetzereie chomen wil, den sol mau en-
pfahen. ez sol der pischolf seinen aid offenlichen nemen, daz
er von chetzereie chere.
Hie hebt sich an daz lehen püch.
Swer lehen recht chvnnen wil, 4
der volge disem püch vnd seiner lere:
des hat er immer wird vnd ere,
vnd aller edeler levt gvnst.
Nv 6 sol man des ersten merchen, daz römisch chvnech ge-
setzet habent siben herschilt, wer di füret, vnd wer ir wirdich sei.
Der römisch chvnech fürt 6 den ersten herschilt, pfaphen
fürsten den andern herschilt, laifursten den dritten, frei herren 7
den vierden. mitterfrein den fvmften. dienstman den sechsten,
semberleute 8 fürent den sibenden herschilt.
1 In II fehlt: Innocencius. 2 In II fehlt: den.
3 II gerichten. 4 III wolle.
5 Dieser und der folgende Satz fehlen in III.
6 III hebt. 7 III freyherren fürend. 8 II sember freyn.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
371
Vnd als lutzel man waiz 1 wan div sibende werlt zergat, 2
als lutzel cban man wizzen von 3 dehainer warhait, 4 ob der
sibende lierschilt leben 6 muge bau oder nicht, di (i chvnech
habent so gesetzet, der nicht von ritterart 7 geporn sei, daz er
mit dem sibenden herschilte nicht ze schafen 8 habe, vnd 9
swer in dem 10 herschilt nicht vert, der sol von allem lehen
recht darben. 11
Die erste werlt hub sich an Adam, div ander an heren
Nöe. div dritte an herm Abraham, div vierde an herm Moysen.
div fvmfte an chvnech 12 Dauiden. div sechste werlt an vnserm
herren Jesu Christo, vnd ie div 13 werlt wert tausent jar. 14 dar
nach wart vnser herre 15 Jesus Christus geporn 16 von vnser 17
vrowen sand Maraien der 18 rainen vnd der ewigen maide. 19
daz ist div sibende werlt da wir iezu inne sein an gewisse zal,
wan got wold 20 seinen ivngern noch niemen sagen wan disev
werlt ende nemen 21 solde.
Jedoch si wir nv in der sibenden werlt gewesen ' von
Christes gepurd tausent jar zwai hvndert jar fvmf vnd nevn-
tzich jar do ditz püch geschriben vnd 22 getichtet wart. 23
' III waisz von dhainer warhait. 2 III ein end hat. 3 II in.
4 In III fehlt hier: von dehainer warhait.
5 III lehenrecht. 8 III die römischen.
7 III ritterlicher art. 3 III thfln.
9 III von des wegen. 111 III dem sibennden.
11 III sol auch lehennsreelit darben, jdest manngelen.
12 III herren. 13 III vnd ain yede.
44 III jar. daz; waren vj tausennt jar.
15 III vnnser erlöser vnd vnnser hail.
10 III geporen menschlichen des lebenndigen gots sun.
47 III vnnser lieben. 48 III der vil.
49 III maid vnd jnnekfrawen. 20 III wold nit.
24 III wann sicli die sibend weit ver ennden.
22 In I steht wn mit dem Abkürzungsstriche darüber.
In II lautet der letzte Satz: Jedoch sey wir nu in der sibenten weit
gebesen tausent jar vier hundert jar vnd in dem xlij jar. aber da dicz
puch geschriben vnd geticht worden, dez sind ergangen nach Christi
gepurd tausent jar ij hundert jar fünf vnd newnczig jar.
Der Cod. palat. germ. 170 der Universitätsbibliothek zu Heidelberg
hat in Folge eines Ausfalles: von Christi gepurd tausent iar vnd hundert
iar vnd funff vnd newntzig iar do ditz puech gesellriben vnd geticht wart.
2u Dieser Satz fehlt hier in III. Vgl. hiezu S. 372 Note 3.
372
R o c k i n g e r.
2 = III 2 und 3.
Pfaplien vnd gepowern 1 vnd weip vnd alle di nicht
semberleut sint vnd elliv zv chinde vnd alle di nicht von ritter
art geporn sint di svllen alle lehen rechtes darben, wan als vil
so - wir her nach peschaiden. 3
Als lutzel man nv waiz wanne div sibende werlt ein ende
nimt, 4 als lutzel waiz man auch 8 wer in dem sibenden schilte
lehenpEer r ’ ist oder nicht.
ist auer daz ein herre ir ainem ein gut leihet ze leben, 7
der hat als gut recht dar an als der den sechsten herschilt
furet. 8 vnd seinev cliind erbeut di lehen.
Vrnb alles lehen recht mügen si nicht vrtaile sprechen 9
di des lehen rechtes darbent. 19 daz ist da von daz si des her-
schiltes an sint, wan vor ir herren. also 11 ob zwen man ein
gut ansprechent, vnd si des iehent von einem herren, vnd
pieten paid geleich gezeug, vnd ist der ain zv dem herschilt
geporn, vnd nicht der ander, der herre sol enes gezeug nemen
der zv dem herschilt geporn ist, vnd nicht ienes der 12 sein
darbet.
11 = III 12.
Swer lehen vom reich hat, dem sol der chaiser gepieten 13
hervart mit im ze varen.
Di sol er im clivnden 14 vor sechs 15 wochen vnd aines
tages daz er varen sulle mit seinem versigeltem br'ief vnd pei
I III pauren. 2 III vncl.
3 In III stellt liier noch: nach Cristi vnnsers lieben herren geburde jst
die gewiss zal tausennt jar vnd zwaj hundert jar vnd lxxxij jar, do ditz
püch geseliriben ward, daz ist daz vij tausennt jar, dar jnne dise werlt
zer gen svl, oder wenn got gerüchet.
4 III wann sich die sibend zal enndet vnd die sibend werlt.
5 III liiczel kan yemand ze recht wissen. 0 III lehner.
7 III hat die Fassung: leicht aber ein herre jr ainem ain lehen der des
hersehilcz darbet.
8 III der jn dem sechsten herschilt fert.
9 III vinden noch gesprochen. 10 III darbend jdest mangelen.
II Hier schliesst in III der Artikel 2. 12 III der da.
13 III dem gepewt der kayser wol die.
14 III er den fürsten vnd andern herren verkünden.
13 II im vor chünden sechs.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
373
seinem gewissen poten, vnd daz ez seiner manne zwene hören: 1
ob er laugen welle der potschaefte, daz man ez im 2 an erzeuge.
Di nicht leohens von dem reiche habent, den mag der
chaiser doch wol gepieten: wan den di enhalb osterlant 3 pe-
lehent sin tvon dem reiche, oder des reiches dinstman sint: di
svllen dienen zv den Winden, ze Polan vnd ze Pechaime,
Revzen vnd Prevzen. 4
iEin ieslich man 5 sol dem reich dienen mit sein selbes
chost sechs wocheti, vnd di weil aller hande gericht 0 ledich
sein, vor der hervert sechs Wochen, vnd nach der hervert
sechs Wochen, 7 ez sei vmb lehenrecht oder vmb lantrecht, oder
vmb swelh sache ez sei: des ist er alles inne des mit recht
ledich. 8
12 = III 13.
Swen teutsche fürsten ze chvnege welent, 9 vnd swanne
der ze Rome nach seiner weihe vert, so svllen di fürsten di
in habent erwelt mit samt im da hin varen. daz ist der pi-
scholf von Maintze, vnd der ertzpischolf 10 von Triere, vnd
der ertzpischolf 10 von Choln, vnd der pfaltzgrafe vom Rein,
vnd der hertzoge von Paiern, vnd der hertzog von Sachsen,
vnd der marchgraue von Brandenbürch.
Dar zv svllen alle fürsten vnd herren mit im varen den
er ez gepeutet.
Vnd hat ein man leben von dem reich, vnd hat er daz
lehen 11 furpaz gelihen, den 12 gepeut er auch wol mit im ze
varen. vnd wellent si nicht mit varen, 13 so sullen si di vart
mit dem zehendem tail daz im daz gut aines jares vergelten
1 III ain tag bej seinem gewisenn potten vnd mit seinen brief offennbare.
I III ob er jn sein laugnen wolle, dar. man ims.
3 III jennhalb Österreich.
4 II Riissen vnd Preyssen. III ze Winden als gen Poland vnd gen Belial in
vnd gen Reiissen vnd gen Preiissen.
5 III man jn herfartten. 6 111 vnd alle die weil gerittes alles.
' In III fehlt: vor der hervert u. s. w.
8 Dieser Satz fehlt in III.
9 III erwelend. 10 In III fehlt: ertzpischolf.
II In III fehlt,: lehen. 12 II und III dem.
13 III vnd sind sie des wider.
Sitzungsber. d. pbil.-Mst. CI. LXXX. ßd. III. Hft.
25
müge losen. 1 sweders 2 der man tvn wil, daz tut er wol, di
hervart ze varen, oder daz gut ze geben.
Di selben hervart sol der römisch 3 chvnech gepieten
eines jares e vnd sechs woclien vnd drei tag.
Vnd als der chvnech geweicht wirt ze chaiser, so mag
er sev furbaz mit recht lenger nicht petwingen ze peleiben. 1
20 = III 21.
Sprechent zwene 5 ein gut an, vnd ir tweder n di gewere
hat wanne 7 im daz gilt gelihen wart, vnd wie lanch des sei,
vnd swer vnder 8 zwain der eroren 9 lehenschefte gezeug hat
daz im daz gut gelihen wart 111 des ersten, der pehabt daz gut
mit recht, daz muz er 11 erzeugen mit zwain des herren mannen
zv im selben.
21 = III 22.
Vnd leihet ein herre einem manne 12 ein gut 13 also: jch
nenne dir den man der ditz gut von mir ze lehen hat, der
haizet Chvnrat, oder swie er haizet danne, 14 swenne der dan 15
stirbet, so chom dirre für seinen herren, vnd pit in daz er in
auf sein gut 16 weis mit seinen poten. tut der herre daz, daz
ist gut. 17 tut er des 18 nicht, so vnderwinde sich der man selbe
seines gutes, vnd tut 19 dar an nicht wider daz recht.
1 III so lösen sy die herfart mit dem zehennden tail daz daz lehen ein
iar vergelten mag das er von dem reich hat
2 III wol, er far oder er geb daz gut. 3 In III fehlt: römisch.
4 III er die raysigen leiit nicht lennger auf gehaben.
5 III zwen mann. 6 III jr yetweder nit.
7 III von wem. 8 III vnnder in. 9 III ersten.
10 In II ist in Folge des 'Ou-oioteXeutov ,gelihen wart* von ,vnd wie lanch*
an bis hieher ausgefallen.
11 III müsz auch er. 12 II herren. 13 III gut, vnd spricht.
14 II wye der haysset. III hiäiszt Hainrich. so der nun stirbt, so sej daz
selb gut. dein rechts lehen.
15 In II fehlt: dan. III darnach so der selb.
16 III gut lasz vnd. 17 Dieser Satz fehlt in III.
18 III geit jm der herre des potten nicht.
19 II vnd er tut.
Berichte über Hinulscliriften des sog. Schwahenspiegels.
375
Laugent auer der herre dem manne des leliens, 1 so sol
er sich des leliens nicht vnderwinden e daz 2 er den herren
vberzenge als vor gesprochen ist. 3
28 = III 29.
Ein 1 herre sol ze minste zwelf man 5 haben swa er vmbe
rechtes lelien 6 gut richtet mit seinen mannen. 7
Vnd hat der herre daz gut ze lehen von einem anderm
herren, vnd taidingent si, 8 vnd verwirfet seiner manne ainer
ein vrtail 3 selb dritte, er zevhet di vrtail wol an den ober-
roren herren.
Vnd ist daz gut des herren aigen, so zeuhet er di vrtail
wol auf den lantrichter oder auf 10 den chaiser, ob er in
deutschen landen ist. 11 da sol der herre hin chomen. vnd
chvmt er dar nicht 12 nach dreien manvngen, 13 so hat der man
sein gut 11 pehabt. vnd sol im der 15 chaiser oder der lant
richter 10 fride dar an pannen, ob daz gut in seinem lant-
gericht 17 leit.
32 = III 33.
Vnd nimt ein herre ' 8 seinem manne ein 13 gut 20 daz er
von im ze lehen hat, vnd der man chlagt ez mit rechter clilag,
nv der man stirbet dar nach 21 dem daz gut genomen wart, 22
daz lehen erbet doch sein erben an mit recht.
Vnd hat der herre daz gut von einem anderm herren,
an den chomen di erben, vnd vodern an dem ir lehen. 23 vnd
1 III gfits. 2 Anstatt ,e daz' liat Hi: hinez.
3 II vor geschrlben ist vnd gesprochen.
4 III Der. 5 III man vor jm.
0 III vmb recht lehens täding vnd. 7 III seinem manne.
8 In III fehlt: vnd taidigent si.
9 III vnd wirt vor jm ain vrtail verwarfen.
10 III so ziehe die vrtail an.
11 III fügt hier an: jst er aber nicht da, so ziehe sie an den lanntherren.
12 III er nicht für. 13 III ladungen. 14 III lehen.
1.1 ITT der herre der. 16 III lanndsherre nie vnd.
17 ITT gericht. 18 III herre mit gwalt. 19 In II fehlt: ein.
2.1 III ein lehenns gut. 21 In II fehlt: dar nach.
22 Tn III lautet dieser Satz: vnd stirbt jnner der zeit.
ln III hat dieser Satz folgende Fassung: vnd habt jm der herre daz
selb gut jar vnd tag, vnd hat der herre daz selb gut von yemand ze
lehen, an den sol der man körnen, vnd voder an den seine lehen.
25*
376
R o c k i n g e r.
der sols in 1 leilien mit recht, also oh der gewalt selb dritte
erzeuget wirt.
Vnd ist daz gut der herren aigen, so sol er für den
herren chom, 2 oder für den lantherren, oder für den lant
richter, 3 vnd chlag als vor gesprochen ist.
39 = III 41 und 42.
Swa man drei man ze gezeuge laiten sol, 4 da sol der
herre siben seiner manne vmb fragen ze minste der vrtail.
vnd sol ze minste zwelf man 5 an dem gericht haben. 1 ’
Swelch herre nicht zwelf man 5 an lehens gericht hat,
der sol chomen für seinen oberroren herren 7 von dem er daz
gut ze lehen 8 hat. vnd der sol ir paider man so vil für sich
gepieten so daz er ein vrtail gesammen mvge. da sprechent
wol ir paider man vrtail mit recht.
Vnd ist daz gut des herren aigen, vnd mag er der manne
nicht gehaben als hie vor gesprochen ist, so chom für den
chaiser, ob er im lande ist. 9 jst auer des nicht, 10 so chom für
den lantrichter. 11
40 = III 43.
Von swelhem gut man iserlich zins geit, 12 daz ist nicht
recht lehen.
Sprichet auer der man ez sei sein recht lehen, vnd lau-
gent er sol nicht zinsen 13 da von, vnd ist daz der herre den
man vberzeuget, so hat der man daz gut verlorn.
Jn swelher weis ein man ■ ein gut ansprichet, vnd wirt
er vberret mit recht, so hat er daz gut verlorn, vnd 14 vertailt
man im dar an 15 alle ansprach.
1 III sol jm die. 2 III so köm für den könig.
3 In III fehlt: oder für den lantrichter.
4 III Wo man an lehennstädingen drej man sol leihen ze zeug.
5 III mann vor jm.
6 III setzt noch bei: die vrtail miigen gesprochen vnd verwerfen.
1 III seinen herren der ob im ist.
8 In III fehlt: ze lehen. 9 In III fehlt: ob er u. s. w.
10 III vnd ist er nicht jn tewzschen lannden.
11 III körnen für den lanndherren. 12 III järlich zinst. 13 III zinss geben.
14 III anspricht, vnd verlewszt er daz gut mit recht, so.
15 III daran fürbas.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
377
41 =111 44.
Ein gut mach wol maniges herren sein, also daz ez ie
man von manne 1 ze lelien hab. swie vil ir danne ist, so ist
div gewer nivwer 2 aines mannes vnder in: div gewer sol mit
recht nivwer 3 aines mannes sein.
Vnd swer div gewer an dem gut hat, vnd tut im dar an
schaden 1 oder laster, der sol daz dem puzen der di gewer hat,
vnd niht dem von dem er daz gut ze lehen hat.
45 = III 48.
Niemen darf 3 sein lehen anderstvnde enphahen als er ez
aines enpfangen hat von seinem herren. 6
Vnd geit ein herre seinem obereren herren ein gut auf,
oder er verchavf ez, oder er enpfecht ez anderstvnden, ez sei
danne daz er daz selb 7 gut in gewer hab, 8 so sol er ez vor
dem 9 an swem in sein herre weiset 10 der als erber sei als
er. 11 vnd weist er in niderore, des waigert der man wol.
Ez waigert auch der herre wol 12 daz er sein manschaf’te
icht nidere wan als vil vnd in dvnchet gut.
46 = III 49.
Swenne der man an den oberen herren ge weist wirt mit
recht, so sol er im liulde swern als hie vor gesprochen ist.
vnd sol im nach dem ayd daz gut penennen vnd peweisen
wa ez lig.
Vnd verzeihet im der obere herre, 13 so tv da mit 14 als
hie vor gesprochen ist.
' III daz yemand von manne daz gut.
2 III niemand wann. 3 III nie wann.
4 III daran yemand kain schanndt. 5 II tar. III bedarf!.
6 III sein gut von ainem herren annderstund enpfahen, so er es ainisten
enpfangen hat von im.
7 In II fehlt: selb.
8 Anstatt ,oder er enpfecht 1 u. s. w. hat III: oder er es nit jn gewer hat.
0 III so voder es vnd enpfachs an der stund.
10 II zaiget. 11 In III fehlt: der als u. s. w.
12 In III ist von ,ez waigert 1 an ausgefallen.
13 III vnd beweiszt er nicht bey zeit.
14 III thue baide darüber.
lÜHi
378
Rockinge r.
51 = III 54.
Vnd lset ein man nach seinem tode sein hausvrowen
swanger, 1 vnd gewinnet si ein svn - der als lange lebt vntz
daz man sein stimme hört, 3 vnd arqufenet 4 man in daz er
nicht eieich sei geporn, so erzeug man ez 5 mit zwain 0 vrowen
di ir arbait habent gesechen ze rechter zeit nach rechter
swEeren vrowen zal. 7
56 = III 59.
Scepterlehen vnd vanlehen, daz sol der chaiser 8 leihen,
ja mit vollem gewalt leicht er ez. 3
Sumeleich 10 piseholf enpfahent von dem chaiser munzze
vnd zol. etleieh enpfahent vanlehen. sumeleich enpfahent 11
werltlich gericht. 12
Swelh piseholf auer vber todslach oder vber plutregen 13
richtet, vnd des vom chaiser nicht enpfangen hat, dem piseholf
sol der chaiser 14 di zvngen auz sneiden, oder er los sei von
des chaisers gewalt vnd 15 gnaden.
Vnd verzeihet der chaiser eines pischolfes lichter daz er
im den pan plutiges gerichtes 10 niht leihet, so richtet er mit
1 III Stirbt ein man der iehen hat, vnd liit hinder jm schwannger sein
hausfrawen.
2 III vnd genist sie ains suns.
3 III hört, der herre sol im seine lehen leihen. 4 II archbanot.
5 III vnd wil der herre daz nit gelauben daz es der recht erb sej, man
erczeugt es mit recht.
6 III zwaien erberen.
7 III arbait sahen do sie desselben suns ze kamer gienng.
8 III kayser ganncz.
9 III ja völligklich mit allem dem rechten.
io III all. Jl In II fehlt: enphahent.
12 III zoll, die es mögen haben, ertzbischof vnd primasen vnd ander hoch
bischof enpfaliend von jm phannlehen vnd zeppterlehen, so daz sie mit
stolen vnd mit schwertt richtend.
13 III aber den todschlag oder pluttrewig.
14 III dem sol er.
15 In III fehlt: gewalt vnd.
16 III richter ze ainem mal so daz er jm den pan.
Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
,379
recht ein iar an den 1 pan als ob der pischolf sein recht
vollechlich ciipfangen hct.
Der chaiser sol vil wol wizzen, weihen pischolfen er ze
recht 2 den pan geleihen müge daz er mit recht mit plütiger
haut gerichten müge. 3 da sol er vmb sehen an 1 daz lantrecht
püch. 5 dar an vindet er, weih pischolf mit dem swert ge
richten müge oder nicht. 0
57 = III 60.
Ellev div gericht div vber plütrunst oder 7 vber den tot-
slach gant div miiz man von dem chaiser 8 enpfahen.
So der chaiser nicht in deutschen landen ist, so hat g-e-
walt den pan ze leihen der hertzog von Sachsen, des reiches
marschalch. 9 der sol daz tun 10 in Sachsen 11 vnd in Dvringen
vnd in Hessen vntz an 12 Pechseim vnd vber al Franchen. so
hat der hertzog von Payern, des reiches schenche, den pan ze
leihen vber al Payern vntz dishalb Reines 13 vntz durch
die perge vntz enhalb 11 Driende ainer meile. 15 so hat der
pfaltzgraue vom Reine gewalt den pan ze leihen enhalbes 16
Reines vntz für Metzen sein meile vntz an di Vsen vntz in
Flanderlant. 17
Vnd ob halt der chaiser dem pfaltzgrauen vom Reine 18
nicht den pan leihet, so hat er in doch, daz ist von dem recht:
1 Anstatt ,an den' hat III: sunder.
2 In II und III fehlt: ze recht.
3 III leihen sülle daz sie ze recht mit dem schwert gerichten mügen.
I TI er an sehen. 5 III setzt noch bei: vnd an der kayser püch.
6 III bischof damit richten siillen. 7 III vnd.
8 III römischen könig.
9 III fasst diesen Satz so: oder von des reiehs marschalck, ob der könig
nicht jn teuczschen lannden jst, daz ist der herezog von Sachsen.
10 III der hat gwalt ze leihen den pan.
II In II ist in Folge des '0(j.oioteXe'jtov ,Sachsen* von ,des reiches* an bis
hieher ausgefallen.
12 III an daz lannd ze.
13 HI herezog von Bairen hintz an den Rein.
11 Anstatt ,vntz enhalb* hat III: jennhalb.
15 III ein meil vvegs. 18 III jennhalb.
11 II hintz in Veszen vnd vber all Franckhenlannd.
18 In III fehlt: vom Reine.
380 Bock inger. Berichte über Handschriften des sog. Schwabenspiegels.
swanne di fürsten den chaiser 1 pechlagen wellent, ob er icht
wider daz recht tut, daz svllen si chlagen dem pfaltzgrauen
vom Reine. 2 disev er vnd daz recht hat er von den fürsten 3
so der chvnech 4 von deutschen landen ist vnd daz reich an
chaiser 5 ist.
1 III römischen könig.
2 III setzt noch bei: der richtet mit recht vher jn.
3 III fürsten, dise hie genannt herren haben dise er vnd daz recht.
4 III kayser. 5 III könig.
Kohn. Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
381
Die römische Heerstrasse von Virunum nach
Ovilava.
Von
weil. Dr. Nathan Kohn,
k. k. Gymnasiallehrer und Adjunct im Münzen- und Antiken-Gabinete des Joanneums in Graz.
Vorbemerkung.
Die folgende Abhandlung fand sich nach dem Tode des
Verfassers in dessen Nachlasse als theilweise noch unvollendete
Reinschrift vor. Das Fehlende stellten seine Freunde aus den
Vorarbeiten her, welche gleichfalls in Dr. Ivohn’s Nachlasse
vorhanden waren, mit Ausnahme einiger Noten, für deren Er
gänzung sich kein Anhalt ergab. Mit der Durchsicht und
Prüfung betraut, liess ich den Text der Abhandlung intact und
ergänzte nur die fehlenden Berufungen. Nur in zwei der aus
stehenden Noten scheint der Verfasser die Absicht gehabt zu
haben, längere Bemerkungen beizufügen, wie aus dem grösse
ren dafür freigelassenen Raume im Manuseripte zu schliessen
ist; die eine betrifft die Ausgrabungen von Windischgarsten,
die andere die Etymologie des Namens Tutatio, der, wie sich
aus dem Zusammenhänge ergibt, mit dem Zeitworte tutari in
Verbindung gebracht werden sollte. In allen Fällen übrigens,
wo ich die Noten ergänzte, habe ich solches durch den Beisatz:
,Note fehlt im Manuscript' kenntlich gemacht. Was die Pole
mik des Verfassers gegen meine Bearbeitung desselben Gegen
standes betrifft, werde ich in nächster Zeit auf sie zurück
zukommen Gelegenheit erhalten.
Fr. Kenner.
382
K ohn,
Die römische Heerstrasse von Virunuin nach Ovilava.
Den Lauf der römischen Heerstrasse zwischen Virunum
und Ovilava und die Standorte ihrer Stationen zu erforschen,
ist zu wiederholten Malen unternommen worden. Zu festen,
allgemein angenommenen Resultaten ist es gleichwohl bis heute
nicht gekommen. Diese Thatsache muss um so mehr befrem
den, als reiche Funde von antiken Denkmälern — worunter
auch Meilenzeiger — den Daten der alten Itinerarien zu Hilfe
kommen und auch die Gestaltung des zwischen den genannten
Orten liegenden Terrains die Aufgabe wesentlich erleichtert.
Im Gebirgslande sind die grossen Verkehrsadern in mehr oder
weniger enge und scharf vorgezeichnete Bahnen gewiesen.
Gelingt es da, auch nur einige Strassenpunkte unzweifelhaft
festzustellen, so wird es in der Regel nicht schwer, auch den
Lauf ihrer Verbindungslinien zu ermitteln. Allein die Einen
wollten, ohne jede Rücksicht auf die Bodengestaltung unsere
Strasse über schroffe GebirgSkämme und durch unwegsame
Schluchten und Gräben führen, Andere sprangen mit den Iti
nerarien auf das Willkürlichste um, indem sie ohne ausreichende
Begründung die Aufeinanderfolge der Stationen oder die über
lieferten Masse ihrer Abstände änderten. Andere hielten den
Fund oder auch das Vorhandensein eines römischen Grab
steines, ja selbst eine angeblich alte Sage für genügend, um
eine römisch-keltische Ortschaft zu constatiren. Noch Andere
waren über die Grösse des römischen YVegmasses nicht im
Reinen. Alle aber trifft der Vorwurf, in ihren Messungen
mehr oder minder ungenau gewesen zu sein. Auch Kenner,
der jüngst diesen Gegenstand in den Akademieschriften 1 be
handelte, ist davon nicht ganz freizusprechen. Die Natur der
Sache bringt es aber mit sieh, dass schon ein einziger bedeu
tender Irrthum in der Distanzenmessung die Standorte der
Stationen verrücken, zu falschen Schlüssen über die Weg
richtung verleiten oder auch zu unstatthaften Correcturen in
Betreff der Itinerarien führen muss.
Sitzungsberichte der kais. Akademie LXXI. '1. u. 4.
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
383
Der Hauptknotenpunkt der norisch-pannonischen Reicks
strassen war bekanntlich das volkreiche Aquileia, der Schlüssel
Italiens von der Nordostseite. Von den festen Plätzen kom
mend, welche die Donaugrenze deckten, liefen sie hier fächer
förmig zusammen. Die Route Virunum—Ovilava bildete einen
Theil jener Heerstrasse, welche Aquileia mit der Grenzveste
Lauriacum verband. Wir erfahren ihre Existenz aus zwei
Quellen: aus der Tabula Peutingeriana und aus dem Itinera-
l’ium Antonini.
Die Peutingeriana verzeichnet die Stationen zwischen
Virunum und Ovilava und deren Abstände in folgender Weise:
Matucaio XIIII — Noreia XIII — Noreia XIII — ad pontem
XIIII — Viscellis — Tartursanis IX — Surontio X — Stiriate
XV — Gabromagi XV — Ernolatia VIII — Tutastione XII
— Vetonianis XI — Ovilia XI.
Dagegen finden sich im Itinerarium 1 über dieselbe Route
folgende, in wesentlichen Punkten abweichende Daten: Can-
dalicas XX — Monate XXX — Sabatinca XVIII — Gabro-
mago XXX — Tutatione XX — Ovilavis XX.
Dass die zweite Quelle weniger Stationen als die erste
verzeichnet, ist leicht erklärlich. Sie bekunden ein ähnliches
Verhältniss auch au andern Orten. Auch auf anderen Routen
pflegt das Itinerarium Antonini die kleineren Haltstellen der
Post zu verschweigen, während die Tabula auch diese nam
haft macht. Dass Aehnliches auch liier der Fall sei, geht aus
dem Verhältnisse der Distanzziffern auf das Deutlichste hervor.
Die zahlreicheren Stationen der Tabula stehen durchschnittlich
nur in halb so grossen Entfernungen von einander als jene
des Itinerars. Dort bewegen sich die Distanzziffern zwischen
8 und 15, hier zwischen 18 und 30 m. p. Auffallend ist aber
die Erscheinung, dass von den fünf Ortschaften, welche das
Jtincrar zwischen Virunum und Ovilava verzeichnet, nur die
beiden nördlichsten, nicht auch die übrigen, in der Tabula
begegnen. Aus dieser Thatsache glaubte Mueliar- folgern zu
müssen, dass nur der nördlichste Strassentheil beiden Weg-
1 Itinerarium Antonini Augusti, ed. G. Parthey et M. Pinder, p. 27fi.
2 Mueliar, Das römische Noricum, I. 272 ff. Ders., Geschichte der Steier
mark, I. S7.
384
Ko h 11.
Verzeichnissen gemeinsam sei; von Gabromagus aber bis
Virunum habe unsere Strasse in den Zeiten der Tabula andere
Gegenden durchmessen als in den Tagen des Itinerars. Andere
Schriftsteller, darunter Männert, 1 Knabl 2 und Kenner verfech
ten dagegen die Ansicht, dass beide Quellen durchwegs, also
auch dort, wo sie verschiedene Ortsnamen aufweisen,, eine und
dieselbe Strasse im Auge haben. Die Entscheidung dieser
Frage wäre nicht schwer, wenn die Daten der beiden Weg
verzeichnisse in tadelloser Correctheit vorlägen. Dies ist aber
offenkundig nicht der Fall. Beide fordern, wie sich zeigen
wird, mit zwingender Gewalt zu Correcturen heraus. Natürlich
tielen diese je nach dem Standpunkte des Schriftstellers zur
beregten Frage verschieden aus. Insbesondere mussten jene,
welche eine durchgängige Identität der Wege voraussetzten,
darauf abzielen, die Summen der Distanzziffern beider Quellen
durch Correcturen ins Gleiche zu bringen. Um nicht von
einer vorgefassten Meinung ausgehend — eine überzeugende
Begründung hat bisher weder die eine noch die andere Hypo
these erfahren — den überlieferten Daten Zwang anzuthun,
lassen wir vorderhand diese schwierige Frage ganz bei Seite.
Versuchen wir zunächst den Strassenzug der Tabula und die
Standorte ihrer Stationen auszumittoln. Die Angaben dieser
Quelle sind detaillirter und schon deswegen zuverlässiger als
jene des Itinerars. Für den südlichen Theii werden uns sorg
fältige Terrainstudien und die Daten antiker Meilenzeiger
werthvolle Hilfsmittel an die Hand geben. Für die nördliche
Strecke aber, wo beide Wegverzeichnisse dieselben Stationen
nennen und daher über die Identität des Weges keinen Zweifel
aufkommen lassen, dürfen wir ohneweiters die Daten des Iti-
nerarium Antonini zur Controle heranziehen. Sind wir so zu
einem sicheren Ergebniss über die Strasse der Tabula gelangt,
dann wird die Entscheidung der Frage, ob der südliche Theii
der Itinerarstrasse mit jenem der Tabula Zusammenfalle, um
vieles leichter sein.
Die Tabula Peutingeriana misst die einzelnen Distanzen
unserer Koute von Süden nach Norden. In gleicher Weise
1 Geographie der Griechen und Römer III, 645 ff.
2 Mittheilungen des histor. Vereins für Steiermark, XVIII, 114 ff.
Die römische Heerstrasse von Virtmum nach Ovilava.
385
geht das Itinerarium Antonini in der Aufzählung der Stationen
von Aquileia aus. Es wird sich zeigen, dass auch die Ab
stand sangaben der längs unserer Strasse aufgefundenen antiken
Meilensteine von einem südlicher gelegenen Orte aus berechnet
sind. Nichts ist daher natürlicher, als dass auch wir die süd
lichste Station des hier festzustellenden Strassentheiles zum
Ausgangspunkte nehmen.
Der Standort Virunum’s 1 auf dem Zollfelde — bei Maria-
Saal, zwischen Arndorf, Töltschach und Döschmannsdorf —
ist heutzutage so unzweifelhaft eruirt, dass wir, um nicht Eulen
nach Athen zu tragen, die Zusammenstellung des Beweis-
materials unterlassen. Man findet es am vollständigsten ge
sammelt in dem Werke ,Kärnthens römische Alterthümer* von
Jabornegg-Altenfels 2 und in Mommsen’s ,Corpus inscriptionumh 3
Dagegen gehen schon über die Lage Matucaium’s, der näch
sten Station, welche die Tabula hinter Virunum verzeichnet,
die Ansichten der Schriftsteller ziemlich weit auseinander.
Männert, Muchar und Ankershofen — in der Geschichte Kärn-
thens — verlegen diesen Ort in die Nähe von Zwischenwässern,
1 Virunum in der Tabula entstellt zu Varunum, bei Ptolemaeus Oulpouvov,
bei Suidas Bvjpouviov, bei Stephan Byz. Bspouvo^ genannt, war dem Zeug-
niss mehrerer Steininschriften zufolge eine Colonie des Kaisers Claudius
(Jabornegg-A. p. 13 ff.). Der lateinische Klang seines Namens gab im
Alterthume Anlass zu einem abgeschmackten Märchen, das uns Suidas
aufbewahrt hat. ,Ein Eber 4 , erzählt er, ,habe lange die Fluren Noricums
unsicher gemacht. Erst nachdem die Anstrengungen Vieler, das Land
von dieser Plage zu befreien, gescheitert wären, sei es endlich einem
tapferen Manne gelungen, das IJngethüm zu erlegen. Ob dieser kühnen
That seien die Noriker in den bewundernden Ruf ausgebrochen: ,ein
einziger Mann! 4 was in ihrem eigenthiimlichen Dialekt ,Bspouvoi; 4 gelautet
habe. Daher der Name der Stadt 4 . Das Gezwungene dieser etymolo
gischen Spielerei liegt auf der Hand. Der Ort und sein Name sind
zweifelsohne keltischen Ursprungs. Diefenbach (Celtica. I. p. 343) findet
ihn verwandt mit Verbanus lacus und Verona in Gallia cisalpina, Vironum
in Belgic.a, und erinnert an den von Ptolemaeus (2. 11. 27) erwähnten
Ort Oufpouvov in Norddeutschland. Mone (Celtische Forschungen zur
Geschichte Mitteleuropas S. 248) leitet den Namen von veron, virun,
irisch feorän ab, womit ein Wiesenthal an Fluss- oder Bachufern be
zeichnet werde.
2 S. 13 ff.
3 III. 2, p. 596 sqq.
Ko lin.
386
der Letztgenannte — in einer späteren Abhandlung' 1 — nach
Krummfelden. Knabl sucht ihn zwischen Treibach und Krumm-
felden, Kenner bei Alten markt, Mommsen bei Treibach.
Um über die Lage dieser und der nächstfolgenden Station,
Noreia, ins Reine zu kommen, ist es vor Allem nöthig, den
Lauf des südlichsten Strassentheiles unzweifelhaft festzustellen.
Zu dem Ende müssen wir zunächst die zwischen dem Zoll
felde und dem Murthale gefundenen römischen Meilensäulen
einer sorgfältigeren Prüfung unterwerfen.
Weitaus die wichtigste Meilensäule ist jene, welche im
Jahre 1850 beim Ausgraben des Grundes für den Bau eines
Hauses im Dorfe Krummfelden aus einer Tiefe von 6 Fuss,
also offenbar auf dem ursprünglichen Standorte, ans Tages
licht gefördert wurde. Der Vorzug derselben vor den anderen
besteht nicht blos in der vollständigen Erhaltung der Inschrift,
sondern auch in dem Umstande, dass seine Fundstätte genau
bekannt ist. Von nicht geringer Bedeutung ist auch die That-
sache, dass dieses Denkmal der Zeit, in welcher die Peutin-
geriana entstanden, äusserst nahe liegt. Männert- hat es wenig
stens höchst wahrscheinlich gemacht, dass das Original dieser
Strassenkarte unter Alexander Severus, um das Jahr 230 n. Chr.
gezeichnet worden. Die Meilensäule von Krummfelden 3 ist im
Jahre 244 n. Chr. vom Kaiser Philippus errichtet worden. Die
Ohnmacht der kurzlebigen Regenten, die sich in dem wirren
reichen Jahrzehnt nach Alexanders Tod drängen, verbietet die
Annahme, dass damals an Stelle des in der Tabula verzeich-
neten Strassenzuges zwischen Virunum und Ovilava ein neuer
geschaffen worden. Diese vielbedrängten Fürsten leisteten viel,
wenn sie, wie Philippus, die alten Strassen des fernen Noricum
in Stand erhielten und, wo es Noth that, mit neuen Meilen
zeigern ausstatteten. Dass aber die zu Krummfelden gefundene
Meilensäule keiner anderen als der bezeichneten Strasse ange-
1 Mittheilungen der k. k. Centralcommission zur Erf. u. Erh. der Bau
denkmule 1857, 249.
2 Introd. ad Tab. Peut. p. 12 ff. — Geographie der Griechen u. Römer.
I. 185.
3 Note fehlt im Manuscript. — Der Meilenstein ist mitgetheilt im GVL L.
III. 2, 5730.
Die römische Heerstrasse von Yirunum nach Ovilava.
387
hören könne, dafür bürgt die Lage Krummfeldens. Nicht ,öst
lich von Altenmarkt', wie Knabl angibt, sondern nordwestlich
von Altenmarkt, im Gurkthale liegt dieser Ort: an der Berg
reihe, die das linke Ufer der Gurk begleitet und sich bei Unz-
dorf zur .Ebene des Krappfeldes niedersenkt. Eine Römerstrasse,
die von Virunum kommend (,a. Vir. m. p. XV') über den
Standort des heutigen Krummfelden hinwegzog, konnte kein
anderes Ziel verfolgen, als dem Laufe der unteren Gurk, des
Metnitz- und Olsabaches entlang ins Murthal zu ziehen. Um
in den Görschitzgraben zu gelangen, hätte sie südlich von der
erwähnten Bergreihe, spätestens bei Unzdorf ostwärt abgebogen.
Denn nach Norden hin nimmt der zwischen dem Gurk- und
Metnitzthale einerseits und dem Görschitzgraben anderseits ein
gelagerte Gebirgsstock derart an Breite und Höhe zu, dass
die Chaussee, welche heutzutage Friesach mit dem jenseits des
Gebirges liegenden Kuttenberg verbindet, mehr als anderthalb
Meilen thalabwärts ziehen muss, um erst südlich von Krumm
felden ostwärts abzubiegen. Wo wäre auch eine Passage zu
finden, die jenem Thalwege, der durch die ,Einöd' zum Mur-
thale führt, an Kürze und Becpiemliehkeit gleichkäme! Schon
im frühen Mittelalter, das in unseren Alpenländern mit Vor
liebe die alten Römerstrassen benutzte, pulsirt hier eine der
Hauptverkehrsadern zwischen Italien und Deutschland, der die
älteste Stadt Kärnthens, Friesach, ihre Bedeutung verdankt.
Auch die Post der Neuzeit und die Locomotive benützen diese
von der Natur selbst vorgezeichnete Bahn. Hätte Knabl nur
halbwegs genaue Messungen vorgenommen, so würde er sich
auch überzeugt haben, dass die knappen Masse der Tabula,
die er noch obendrein durch die Ausmerzung einer Station
verkürzt, mit dem weiten Umwege durch den Görschitzgraben
ganz und gar unvereinbar sind. Während er von Treibach
bis Neumarkt mit XIII m. p. gelangen zu können wähnt, ist
es thatsächlich kaum mit dem doppelten Wegmasse möglich,
die von ihm beschriebene Bahn zurückzulegen.
Aber nicht blos über den nördlichen Verlauf unserer
Römerstrasse gibt die Meilensäule von Krummfelden Aufschluss.
Sie wirft auch ein helles Streiflicht in südlicher Richtung auf
die Strassenlinie zwischen Virunum und Krummfelden. Sie
belehrt uns über die Unhaltbarkeit der bisherigen Annahme,
388
K o h n.
wornach die Römerstrasse zwischen dem Zollfelde und dem
Gurkthale die Bahn der modernen Postchaussee eingehalten
haben sollte. Die mächtige Curve, welche diese über St. Veit
beschreibt, erklärt sich durch das Motiv, einen der bedeutend
sten Orte des Landes, die einstige Residenz der kärnthnerischen
Herzoge an den Vortheilen des Handelsverkehrs theilnehmen
zu lassen. Dieses Interesse existirte aber kaum in den Zeiten
der Römer. Ihnen darf man eine so unpraktische Zeit- und
Müheverschwendung umsoweniger zumuthen, als es ihnen be
kanntlich bei jeder Strasse, die sie von Italien an die Reichs
grenzen hinzögen, darum zu tluxn war, eine möglichst kurze
Verbindungslinie für die rasche Beförderung der Heere und
Beamten zu schaffen. Entscheidender als diese allgemeine Er
wägung ist die Thatsache, dass das knappe Meilenmass des
Krummfeldner Steines mit einem derartigen Strassenlaufe
völlig unvereinbar ist. Es gibt eine einzige von der Natur
selbst vorgezeichnete Bahn, welche mit diesem unverwerflichen
Zeugnisse zusammenstimmt: sie vermeidet die Schlangenwin
dungen der modernen Poststrasse und ist auch weitaus be
quemer, weil sie sich durchaus im Flachlande bewegt. Nimmt
man an, unsere Strasse sei über St. Donat und Osterwitz in
der Richtung der heutigen Eisenbahnchaussee in das Gurkthal
hinausgezogen, und habe weiterhin in diesem über Passering,
Lind und Silberegg, wo noch zu Anfang unseres Jahrhunderts
zwei Meilensteine von Garns, Carinus und Numerianus gesehen
wurden, 1 vorbei nahezu nordwärts gestrebt, so erklärt sicli
Alles auf das Beste. Dann wird es auch verständlich, warum
sie überhaupt das an der östlichen Thalwand liegende Krumra-
felden berührt und nicht gleich der Chaussee der Neuzeit sich
in dieser Gegend an die westliche Thalwand hält. Dann, und
nur dann stimmt die Abstandsangabe des Krummfeldner Steines
A VIR. M. P. XV zur thatsächlichen Entfernung seines Fund
ortes von Virunum. Dann bietet endlich auch die Ermittlung
des Standortes der Station Matucaium nicht die geringste
Schwierigkeit. Stand der fünfzehnte Meilenzeiger hinter Viru
num zu Krummfelden, so musste Matucaium, dessen Stand die
Tabula mit XIV m. p. beziffert, y s Meile südlich von
1 Carinthia, Jahrgang- 1819, Nr. 3.
Die römische Heerstrasse von Virunura nach Ovilava.
389
Krummfelden in der Nähe von Unzdorf gestanden haben, da
wo der obenerwähnte Ausläufer des zwischen dem Metnitz-
und Silberbache eingelagerten Gebirgsstockes sich zur Ebene
des Krappfeldes niedersenkt.
Zu dieser Lage von Matucaium und zu dem beschriebe
nen Strassenlaufe stimmen auch die Zeugnisse von zwei ande
ren Meilensäulen. Die Inschrift der einen ist zwar derart
verwischt, dass die Distanzziffer nicht mehr erkennbar und
nur einzelne Siegeln des Kaisernamens Trebonius Gallus sicht
bar sind. Dagegen ist die zweite Säule in allen wesentlichen
Stücken vortrefflich erhalten. Sie ist von Macrinus und Dia-
dumenianus im Jahre 218 errichtet und endigt mit der
Distanzangabe: A VIRVN1 . M . P . XV. Leider aber ist die
Fundstätte dieses Denkmals ebensowenig eruirt, wie die des
anderen. Mommsen’s Angabe, dass dieses Denkmal bei Zwischen
wässern gefunden, beruht auf einem Irrthum. Weder J. Mitter-
dorfer, noch Jabornegg, auf die er sich beruft, wissen hievon.
Nur so viel ist von beiden Meilensäulen bekannt, dass sie vor
ihrer Wanderung ins Klagenfurter Museum lange Zeit an der
Einfahrt des gräflich Egger’schen Schlosses zu Treibach in
Verwendung standen. Der Umstand, dass sich nach dem Zeug
nisse der Tabula zu Matucaium die Römerstrasse gabelte, um
einerseits nach Laureacum, andererseits nach Juvavum zu zie
hen, führt zu zwei gleich berechtigten Annahmen über den
ursprünglichen Standort des von Macrinus errichteten Denk
mals. Entweder gehörte es zu unserer Strasse und stand dem
nach ehedem an derselben Stelle zu Krummfelden, wo später
der Meilenzeiger des Philippus errichtet wurde, oder aber es
gehörte zu der in nordwestlicher Richtung abzweigenden Strasse
nach Juvavum und stand also unmittelbar bei dem nachmaligen
Aufbewahrungsorte Treibach. In jedem Falle stimmt seine
Distanz mit der factischen Länge des beschriebenen Weges
sowohl, als mit der Lage Matucaiums bei Unzdorf überein.
Ueber den weiteren Lauf der Strasse von Unzdorf nach
Norden und die Unzulässigkeit der Knabl’schen Wegführung
haben wir uns schon früher ausgesprochen. Da der genannte
Forscher die paar Grabsteine zu Zeugen seiner Wegführung
aufführt, die zu Hüttenberg und St. Margarethen am Silber-
berge gefunden wurden, so möge zunächt eine gedrängte
Sitzungsber. d. pliil.-hist. CI. LXXX. Bd. III. Hft. 26
390
K o h n.
Zusammenstellung' von wohlbeglaubigten Fundnotizen darthun,
welch’ ungewöhnlich zahlreiche Spuren des römischen Alter
thums die bisher beschriebene Route begleiten. Dass sie
in der ,Einöd' und an deren Zugängen in auffallend dichtem
Bestände auftreten, verdient besonders beachtet zu werden.
Von den sechs Inschriftsteinen, welche sich ehedem zu
St. Donat befanden, sind zwei verloren gegangen; ein dritter
wanderte nach Klagenfurt in die Sammlungen des historischen
Vereines. Die noch vorhandenen sind nebst sechs Reliefs
grösstentheils an der Kirche dieses Ortes eingemauert. 1 Auf
der Bergfeste Hochosterwitz wird ein römischer Grabstein
auf bewahrt. 2 Zu Micheklorf stand noch im Jahre 1870 ein
Grabstein als Stufe des Presbyteriums in Verwendung. Auch
in der benachbarten Filialkirche ,am Lorenzerberg 1 befindet
sich ein Fragment eines römischen Inschriftsteines. 3 Friesach
besitzt drei Relief- und sieben inschriftsteine aus römischer
Zeit. Viele einheimische Alterthumsforscher konnten daher
der Versuchung nicht widerstehen, diese allerdings alte Stadt
zur römischen Poststation zu machen. Die Daten der Itinera-
rien aber gestatten, wie sich zeigen wird, eine solche Annahme
keineswegs. Uebrigens bekundet das Vorhandensein einiger
römischer Grabsteine noch nicht die ehemalige Existenz einer
römischen Ortschaft. Die tägliche Erfahrung warnt eindring
lich davor, Aufbewahrungs- und Fundort als gleichwerthig an
zusehen. Wir erleben es oft genug, dass derartige Denkmäler
in Folge wissenschaftlicher oder wohl auch materieller Werth
schätzung meilenweit wandern müssen. Die grösseren und
älteren Ortschaften haben von jeher die Funde der Umgebung
an sich gezogen. Von keinem einzigen der Friesacher Steine
haben wir Kunde, dass er im Orte selbst gefunden worden
wäre. Dagegen ist es bekannt, dass zwei derselben ehedem
auf der Burg des nahen Gagersberges standen. Der Grabstein
des Ater stammt aus dem zwei Meilen nördlicher gelegenen
Baierdorf. Ein anderer, den eine Primitiva sich und dem
Gatten errichtet hat, stand noch im Jahre 1826 zu Judendorf
' Jahornegg-Altenfels Nr. 54—165.
2 Das. Nr. 169.
3 Das. Nr. ‘273, und Ankershofen, Gesell. Kärnthens, I. 494.
Die römische Heerstrasse von Virunum nacli Ovilava.
391
als Fenstergesimse in Verwendung; 1 ein dritter ist aus St. Ste
phan herbeigeholt, einem Orte, der gleich Judendorf hart an
der südlichen Pforte der ,Einöd‘ liegt. In dem letzteren Dorfe
werden zwei Römersteine aufbewahrt, wovon der eine — ein
Relief — aus Baierdorf stammt, der andere — ein Grabdenk
mal — im Jahre 1822 im Garten des Spitzer’sehen Eisen
gewerkes in der Einöd ausgegraben worden. In demselben
Garten und in den angrenzenden Feldern fand man in den
Jahren 1842—1853 Münzen von Tiberius, Alexander Severus,
Gordianus III. und Diocletianus. Im Jahre 1853 wurden in
der Nähe des Spitzer’schen Wohngebäudes sechs Aschenurnen
mit eben so vielen Inschriftsteinen zu Tage gefördert. 2 Hart
am nördlichen Ausgange der Einöd steht das Schloss Lind, in
dessen Nähe im November des Jahres 1858 Grundmauern von
Wohngebäuden, zahlreiche Architekturglieder, ein Relief, eine
Statue und ein Inschriftstein gefunden wurde. Neumarkt da
gegen, wo nach Knabl’s Ansicht das berühmte Noreia in einem
Umfange von mehreren Meilen gestanden haben soll, kann kein
einziges Römerdenkmal sein Eigen nennen. Von den beiden
Grabsteinen, die dort im Plazota’schen Hause aufbewahrt wer
den, stammt der eine aus St. Marein, der zweite ist im Jahre
1813 nebst mehreren römischen Münzen im Schlosse Neudeck,
also gleichfalls in der Einöd gefunden worden. 3
Während alle diese Funde für die Richtigkeit unserer
bisherigen Strassenführung beredtes Zeugniss ablegen, legt der
ausserordentliche Reichthum der Einöd an Denkmälern aller
Art die Vermuthung nahe genug, dass dort ein Römerort von
einiger Bedeutung gestanden habe. Wir werden gleich sehen,
dass die in der Tabula hinter Matucaium verzeiehnete Station
thatsächlich in der Einöd gestanden haben muss. Vorerst aber
sei es gestattet, auf eine kurze Distanz dem weiteren Verlaufe
der Römerstrasse nachzuspüren. Aus dem Flachlande der
Gurk gelangte sie, wie die Meilensäulen und die anderen Denk
mäler beweisen, längs des Metnitz- und Olsabaches in das
Engthal der Einöd und in die Spalte der Klamm. Ein wesent-
1 Knabl in den Mittheilungen des hist. Ver. f. Steiermark, IV. 38 f.
2 Knabl das. I. 38 f.
3 Muchar, Geschichte der Steiermark, I. 403.
26*
392
K o h u.
liches Abirren des Weges nach rechts oder links wehren hier
die mächtigen Gebirgsdämme der steirisch - kärnthnerischen
Alpen. In der Gegend von Neumarkt aber lässt uns die zu
verlässige Führung des Terrains im Stiche. Ein quergelagerter
Gebirgsstock hemmt den geradlinigen Lauf des aus der Klamm
kommenden Weges. Die nach Ovilava zielende Strasse musste
ihn entweder rechts oder links umgehen, um das Murthal zu
erreichen. Sie konnte, westwärts abbiegend, über Teuffenbach
ziehen, sie konnte aber auch durch die Thäler des Perchauer-
und weiterhin des Doppelbaches ihren Lauf fortsetzen. Die
letztere Bahn ist um nichts beschwerlicher, aber sehr beträcht
lich kürzer. Einen solchen Vorzug wusste Niemand besser zu
würdigen, als der praktische Römer. Diese Passage wurde
auch von der Poststrasse der Neuzeit benützt. Für sie zeugen
überdies die Distanzansätze der Tabula, deren Knappheit mit
dem von Kenner eingeschlagenen Umwege über Teuffenbach
unvereinbar ist.
Die Tabula verzeichnet nämlich unmittelbar hinter Matu-
caium folgende vier Stationen: Noreia mit der Abstandszahl
XIII (m. p.), dann noch einmal Noreia mit der gleichen Ziffer,
hierauf ad pontem mit der Entfernungsangabe XIIII und
Viscellis ohne Distanzziffer. Die Erscheinung, dass zwei von
diesen Stationen den gleichen Namen und die gleiche Schritt
zahl aufweisen, und dass Viscellis ohne Abstandsangabe da
steht, verleitete Alle, die unsere Strasse zum Gegenstände ihrer
Untersuchungen machten, die Tabula an dieser Stelle in mehr
oder minder umfassender Weise zu corrigiren. Männert 1 be
trachtet das zweite Noreia als eine irrthümliche Wiederholung
des Abschreibers und merzt es aus. Seine Distanzziffer dagegen
möchte er nicht als irrthümliche Wiederholung angesehen
wissen. Er schiebt sie vorwärts zu ad pontem und die Ent
fernungszahl dieser Station zum nachfolgenden Viscellae. Muchar 2
will gleichfalls ein Noreia streichen, zieht Viscellis und ad
pontem zu einem Ortsnamen ,Viscellis ad pontem' zusammen
und verschiebt überdies die Distanzziffern sämmtlicher Statio
nen derart, das keine an der Stelle bleibt, die sie thatsächlich
1 III. 647 ff.
2 Noricum I. 271 f.
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
393
in der Tabula einnimmt. Ankershofen 1 meint, dass das süd
lichere Nor eia in Folge eines ,Schreibverstosses' den Platz einer
andersnamigen, nicht weiter bekannten Station einnehme, und
stattet diese und das geduldete Noreia mit XIV, anstatt XIII
m. p. aus. Dr. Knabl' 2 dagegen betrachtet gleich Männert das
nördliche Noreia als einem Versehen des ,Abschreibers' ent
sprungen, will aber die demselben beigefügte Zahl XIII bei
behalten, um damit die Station ad pontem auszustatten, die
angeblich in der Tabula leer ausgehe. Die thatsächlich bei ad
pontem stehende Ziffer XIII1 überträgt er zu Viscellis. Kenner
endlich findet es sehr wahrscheinlich, dass die ursprüngliche
Folge der Stationen folgende gewesen sei: Matucaium XIIII,
Noreia XIII, Viscellis XIII, ad pontem XIIII. Darnach hätte
der Copist folgende Irrthümer begangen: Anstatt hinter Noreia
Viscellis zu verzeichnen, wiederholte er jenen Ortsnamen,
notirte hierauf wohl richtig die Station ad pontem mit ihrer
Abstandsziffer, Hess sich aber das neue Versehen zu Schulden
kommen, das übergangene Viscellis jetzt hinter ad pontem und
ohne Distanzangabe anzusetzen.
Man sieht, keiner der genannten Schriftsteller will die
Daten der Tabula so nehmen, wie sie sich darbieten. Alle
corrigiren, ohne hiefür hinreichende Gründe vorzubringen. Ein
derartiges Verfahren ist aber dieser Quelle gegenüber am
wenigsten zulässig. Bekanntlich ist die Tabula keine gewöhn
liche Handschrift, sondern eine Zeichnung, wo dem Copisten
während der Arbeit das Ganze stets vor Augen lag und
daher gröbere Versehen, falls ihm solche passirten, leicht ins
Auge fielen.
Sehen wir uns den Sachverhalt genauer an. Stände hinter
dem ersten Noreia eine andersnamige Station, bei der sich die
Distanzziffer XIII wiederholte, so käme wohl Niemand auf den
Gedanken Textveränderungen vornehmen zu wollen. Da es
sich in der Tabula überall um Poststationen handelt, so kann
naturgemäss die den Ortschaften beigesetzte Schrittzahl nur
zwischen sehr engen Grenzen schwanken. Es hat darum nichts
Auffälliges — die Strecke Virunum—Ovilavae bietet selbst noch
1 Gesell. Kärnthens I. 562 f.
2 Mitth. des hist. Ver. f. Steiermark, XVIII. Heft, S. 117.
394
K ohn.
zwei andere Beispiele — wenn unmittelbar aufeinander fol
gende Stationen mit derselben Ziffer ausgestattet erscheinen.
Auffallend ist also nur der Umstand, dass sich auch der Orts
name wiederholt. Muss aber deswegen eine Station ausgemerzt
werden, ohne welche mit dem überlieferten Wegmasse unmög
lich auszulangen ist? Konnten denn nicht in Noricum, wo
nach dem Zeugnisse zahlreicher Denkmäler die göttliche Per-
sonification des Landes allgemeine Verehrung genoss, 1 zwei
oder wohl gar mehrere Orte den Namen Noreia führen? Man
versuche nur, die Ortschaften zusammenzuzählen, die heutzu
tage auf norischem Boden nach St. G-eorg oder St. Johann zu
benannt sind. Auch im Alterthume fehlt es keineswegs an
Analogien. Man darf sich nur an die zahlreichen Apollonia
und Heraclea der Griechen erinnern. Unsere Strassenführung
bewegt sich in sehr beträchtlich kürzeren Bahnen als die der
genannten Schriftsteller. Und doch ist es uns absolut unmög
lich, auf irgend eine der in der Tabula verzeichneten Stationen
zu verzichten. Denjenigen, welche eine Station ausmerzten,
macht sich der Abgang nur deswegen nicht fühlbar, weil sie
die Entfernungen nur oberflächlich schätzten, ohne sie zu messen.
Bei Kenner aber, der sorgfältiger zu Werke ging, konnte das
gleiche Verfahren nicht ohne Folgen bleiben. Es wird sich
zeigen, wie er in Folge der Ausmerzung einer Station zu einer
sehr beträchtlichen Erhöhung zweier Distanzziffern gedrängt
wird, gerade auf dem Theile der Strasse, wo die Daten der
Tabula von Seiten des Itinerarium Antonini die kräftigste Be
stätigung erhalten. Hätte er, ohne zu corrigiren, Viscellae und
die beiden Noreia, so wie sie sich in der Tabula darbieten,
als selbständige Stationen genommen, dann hätte er nicht
nöthig gehabt, die Distanzzahlen von Tutatio und Ovilavae zu
erhöhen. Die Correctur im südlichen Strassentheile nöthigte
ihn im nördlichen zu zwei neuen Toxtänderungen. Alle diese
Correcturen erweisen sich als überflüssig, wenn man für Vis-
cella, das durch seine Ablativform, wie durch die isolirte Stel
lung an einem besonderen Strassenwinkel als selbständige
1 Note fehlt, im Manuscript. Im C. I. L. III. 2 finden sieh Votivinschriften zu
* Ehren der Noreia abgedruckt unter Nr. 4806—4810, dann 5123, 5188,
5193, 5300, 5613.
Die römische Heerstrasse von Virnnnm nach Ovilava.
395
Station gekennzeichnet ist, die offenbar ausgefallene Abstands
ziffer zu ermitteln sucht. Dieser Fall steht in der Tabula
keineswegs vereinzelt da. Wir dürfen nach ähnlichen Beispielen
nicht lange ausspähen. An der Strasse zwischen Virunum und
Aquileia, also gerade an der südlichen Fortsetzung der hier
besprochenen Strecke, finden wir eine Station ,ad Silanos' ohne
beigefügte Distanzangabe, obgleich es dem Zeichner hier weni
ger als irgendwo etwa an dem nöthigen Raume fehlte. Es
scheint eben, dass das ihm vorgelegene Original stellenweise
schlecht erhalten, verwischt oder unleserlich war. In gleicher
Weise wie Viscellae wehrt sich auch ad pontem gegen jedes
Attentat auf seine selbständige Existenz. Es leidet weder eine
Verschmelzung mit einem der beiden Noreia noch mit ,Vis-
cellish Auch ad pontem steht an einem besonderen Strassen-
knie verzeichnet und hat überdies seine eigene Distanzziffer.
Am wenigsten dürfte man des Namens wegen seine Selbstän
digkeit bezweifeln. In der Tabula selbst begegnen wir einem
Orte Daciens, der den Namen Pons vetus führt. Im Itinera-
rium Antonini, p. 363, findet sich an der Strasse von Reims
nach Boulogne eine Station, welche schlechtweg Pontes heisst.
Eine Ortschaft gleichen Namens lag zufolge derselben Quelle,
p. 478, in Britannien, an der Strasse zwischen Regnum und
Londinum. Endlich, um die Beispiele nicht zu häufen, sehen
wir im Itinerarium an der Strasse, welche Lindura mit Londi
num verband, eine Station, die genau so wie die unserige be
nannt ist: ad pontem.
Nehmen wir also die Daten der Tabula so wie sie vor
liegen und hüten wir uns vor jeder Correctur, und trachten
wir die Standorte des nördlicheren Noreia und von ad pontem
zu ermitteln. Auf dem bereits geschilderten Strassenlaufe, der
von Kruminfelden nordwärts zunächst die östliche Thalwand be
gleitet, dann durch das Engthal der Einöd, die Schlucht der
Klamm und die Gräben des Perchauer und des Doppelbaches
zieht, beträgt der Abstand Unzdorfs von Scheifling, das am
Eintritt des letztgenannten Grabens ins Murthal liegt, genau
5-2 österr. Meilen. Wir haben hier, wie auch sonst, für jene
Strecken, wo die Strasse sich durch enge Thäler und über
scharf eingeschnittene Bergjoche windet, zur Controle unserer
Messungen ein Hilfsmittel herangezogen, das seiner Bestimmung
396
Kohn.
nach den römischen Itinerarien nahe verwandt ist. Die Daten
der Marschroutenkarte des österreichischen Generalstabes leiste
ten uns überall gute Dienste, wo nach der Beschaffenheit der
Bodengestaltung die moderne Chaussee von der römischen
nicht wesentlich abweichen kann. Den Abstand des nördlichen
Noreia von Matucaium beziffert die Tabula, wie wir gesehen
haben, mit 2 X 13 m. p. Dieses Wegmass kommt aber dem
Abstande Unzdorfs von Scheifling so nahe, dass über die Lage
jener Station in der nächsten Nähe von Scheifling kein
Zweifel obwalten kann. Der Standort des südlichen Noreia
ergibt sich dann von selbst. Er muss in der Mitte dieser
Strecke vom nördlichen Noreia und Matucaium gleich weit (je
XIII m. p.) entfernt gesucht werden: ,bei Einödbad, inmitten
der Einöd'. Dass diese Station mit einer, wie oben gezeigt
worden, an Denkmälern aller Art so reichen Fundstätte zusam
menfällt, ist wohl ein nicht zu unterschätzendes Zeugniss für
die Correetheit der einschlägigen Daten der Tabula einerseits
und unserer Strassenführung andererseits. Das nördliche Noreia
war wahrscheinlich blos Mutatio, während das südliche Mansio
war. Der Beweis für diese Annahme liegt in der Distanz des
letzteren Ortes von Virunum. Virunum selbst, weitaus die be
deutendste norische Stadt auf der ganzen Strasse, war zweifels
ohne eine Mansio. Wenn Kenner sie (Hypothesen zu liebe)
zu einer Mutatio degradirt, so ist er in einem Irrthume befan
gen. Die Mansiones mussten den reisenden Beamten und den
marschirenden Truppen Unterkunft und Lebensunterhalt zu
bieten im Stande sein. Nichts war daher natürlicher, als sie
möglichst in die Städte und in die volkreicheren Ortschaften
überhaupt zu verlegen, welche diese und andere Bedürfnisse
der Reisenden leicht befriedigen konnten. Den Anforderungen
einer Mutatio dagegen konnte auch das armseligste Dörfchen
genügen. Nur in solchen Gegenden, wo auf eine weite, das
durchschnittliche Mass einer Tagereise beträchtlich übertref
fende Distanz kein grösserer Ort existirte, becpiemte man sich
dazu, die kostspieligen Bauten und Einrichtungen einer Mansio
in einem unbedeutenden Flecken herzustellen. Von dieser Regel
der Stationsvertheilung abzugehen, wäre in unserem Noricum,
wo die volkreichen Orte bekanntlich nicht dicht gesäet waren,
doppelt unpraktisch gewesen. Wenn Kenner das Itinerarium
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
397 ■
Hierosolymitanum aufschlagen will, so wird er sich überzeugen,
dass jede Civitas dort auch als Mausio fungirt. Eine Prüfung
der in diesem Reisebuche am Schlüsse der einzelnen Routen
angesetzten Summen der Mansiones und Mutationes ergibt, dass
jede Civitas zu den ersteren gerechnet wurde. Der Verfasser
hielt dies für so selbstverständlich, dass er bei den Städten die
sonst durchgeführte nähere Bezeichnung: ob Mansio oder Mu-
tatio, ganz unterliess. War demnach das grosse Virunum
zweifelsohne eine Mansio, so darf man voraussetzen, dass auch
das südlichere Noreia eine solche gewesen sei, während das
zwischen beiden gelegene Matucaium als Mutatio anzusehen
ist. Nicht als ob wir mit Kenner annähmen, dass auf den
römischen Poststrassen je eine Mansio mit einer Mutatio ab
gewechselt hätte; das ist gleichfalls ein Irrthum dieses Ge
lehrten. Wir begegnen im Itinerarium Hierosolymitanum
zwischen der Civitas Singidunum und der Civitas Aureus mons
drei Mutationes; zwischen der Civitas Auscius und der Civitas
Tolosa standen vier, zwischen der Mansio Midum und der
Mansio Dablae sogar fünf Mutationes. Anderseits fehlt es in
dem erwähnten Reisebuche nicht au Beispielen, wo in sehr
kurzen Zwischenräumen, die man unmöglich für das Ausmass
einer Tagereise halten kann, mehrere Mansiones unmittelbar
aufeinander folgen. Auf die Mansio Atyra z. B. folgt in einer
Distanz von XII m. p. die Mansio Regio und auf diese Con-
stantinopolis in einer gleichen Entfernung. Diese wenigen
aus einer grossen Menge ausgelesenen Fälle beweisen wohl zur
Genüge, dass Kenner’s Annahme einer stetigen Abwechslung
der Mansiones und Mutationes eine irrige ist. Wenn wir also
die Meinung aussprechen, das in der Einöd gelegene Noreia
sei eine Mansio gewesen, so leitet uns hiebei einzig die Grösse
seiner Entfernung von Virunum. Der Abstand Matucaiums
(XIV m. p.) ist für eine Tagreise zu klein, der des nördlichen
Noreia aber (XL m. p.) zu gross. Die Distanz des südlichen
Noreia von Virunum (XXVII m. p.) entspricht eben der durch
schnittlichen Länge einer Tagreise der römischen Post. 1 Uebri-
gens bekundet die ausserordentliche Menge der in
der Einöd zu Tage geförderten Denkmäler eine
1 Kenner in d. eit. Abli. S. 408 ff.
•398
Kolin.
römische Ansiedlung von nicht gewöhnlicher Be
de u t u n g.
Hier dürfte wohl der geeignetste Platz sein, einen Irrthum
zurückzuweisen, der bis auf den heutigen Tag mit seltener
Einmüthigkeit festgehalten wird. Geographen sowohl als Histo
rikern gilt es für eine ausgemachte Sache, dass eines der beiden
von der Peutingeriana auf unserer Route erwähnten Noreia
mit der historisch berühmten Stadt desselben Namens identisch
sei. Auch Mommsen, wie in seiner römischen Geschichte, so
in dem jüngst erschienenen Corpus inscriptionum, glaubt un
bedenklich an diese Identität. Eine Verschiedenheit der Mei
nungen waltet unter den neueren Schriftstellern nur insoferne
ob, als die Einen die südliche, die Anderen die nördlichere
Station Noreia ausmerzen und die geduldete bald dahin, bald
dorthin verlegen. Man beruft sich dabei immer auf Strabo
(Geogr. V. 1. 8), dem zufolge jenes Noreia, in dessen Nähe
Papirius Carbo (im Jahre 641 der Stadt, 1.13 a. Cli.) mit den
Cimbern zusammenstiess und in dessen Umgebung viel Gold
und Eisen gewonnen wurde, 1200 Stadien von Aquileia ent
fernt gewesen sein soll. Nun beläuft sich auf der im Itine-
rarium Antonini 1 verzeichneten Strasse, welche Aquileia mit
Lauriacum verband, der Abstand der erstgenannten Stadt von
Virunum auf 108 m. p. Rechnet man nach den Daten der
Peutingeriana den Weg von 40 m. p. zwischen Virunum und
der nördlicheren Station Noreia hinzu, so erhält man als Aus
druck der gesammten Strassenlänge zwischen der letztgenann
ten Ortschaft und Aquileia die Ziffer von 148 m. p. Eine
römische Millie entspricht bekanntlich 8 Stadien. 2 Das nach
den beiden Itinerarien berechnete Wegmass stimmt also über
raschend genau mit den 1200 Stadien Strabo’s. Allein bei Licht
betrachtet erweist sich diese Uebereinstimmung als eine zu
fällige. Wir sehen davon ab, dass nach Mommscn’s Berech-
nung auf der Route Aquileia—Virunum im Itinerarium Anto
nini ungefähr 10 m. p. ausgefallen sind, auch davon, dass nach
der Ansicht desselben und anderer Gelehrten das nördliche
Noreia nur irrthümlich in der Tabula dasteht, woraus sich
1 Itinerarium provinciarum p. 276.
2 Forbiger I. 555; vgl. Strabo selbst VII. p. 322.
Die römische Heerstrasse von Yinmura nach Ovilava.
399
wieder eine Differenz von 13 m. p. ergäbe. Fürs Erste ist es
unwahrscheinlich, dass die fragliche Strasse schon damals, als
Strabo sein Werk schrieb, 1 bestand, noch unwahrscheinlicher
ist es, dass sie bereits damals genau vermessen war. Wären
ihm aber officiellc Daten zu Gebote gestanden, dann würde er
wohl auch von dem einen oder dem anderen Orte an diesem
Strassenzuge Kunde gehabt haben. Weitaus die meisten Ort
schaften, welche die späteren Itinerarien längs unserer Route
als Stationen verzeichnen, führen keltische Namen und bekun
den damit vorrömische Existenz. Von solchen findet sich jedoch
in seinem Werke keine Spur, wie sich denn allenthalben seine
Kenntniss dieser Gegenden als eine sehr mangelhafte erweist.
Die Römerstrasse zwischen Virunum und Aquileia dürfte kaum
früher entstanden sein, ehe Kaiser Claudius nach dem erst
genannten Orte eine Colonie führte. Colonie und Heerstrasse
sind dem Römer von jeher zusammengehörige Dinge. Die
nördliche Fortsetzung unserer Route aber ist sicherlich noch
bedeutend jünger. Dieselbe verdankt erst den Gefahren der
Markomanneneinfälle ihre Entstehung. Die beiläufige Ueber-
einstimmung zwischen Strabo’s Distanzziffer und den Daten
der im 3. Jahrhundert verfassten Itinerarien erweist sich
vollends als eine rein zufällige, wenn wir Strabo’s Nachricht
genauer ins Auge fassen. Die fragliche Stelle lautet:
, Ei;« 8’sarri to)v ‘Evstuuov spor) yj ’AxuXeiix. — Atopi’coviat 8s ■rcoTap.ü,
psovTi ä~b -öv ’AXicefwv Spwv, ÄvaicXouv iyo'm za! Staxocuov aiaSuov
s~! ~die yOdo'.q äq Nwpijiav toXivJ
Muchar, in seinem altkeltischen Noricum, versuchte die
gewaltsame Auslegung, Strabo habe mit seiner Distanzangabe
nur unmittelbar von Aquileia hinweg eine Wasserstrasse,
weiterhin aber einen Landweg gemeint. Mit dem klaren Wort
laute ist diese Deutung völlig unvereinbar. Weiss unser Geograph
an anderen Orten (VII p. 314 u. 318) von einem grossen Flusse
Namens Noarus zu erzählen, der bei Segestica (Sissek) den
schon früher mit den Gewässern des Savus gespeisten Dravus
aufnimmt (!), so ist es ihm auch voller Ernst mit dem auf
1200 Stadien schiffbaren Strome, der bei Aquileia ins Meer
fällt. Es gibt allerdings einen Fluss, der bei Aquileia in die
1 t 24 p. Chr.
400
K o h n.
Adria mündet und eine Strecke weit die Grenze des Veneter
landes bildet. Auch Plinius (III. 22) kennt den Natiso mit
seinem Nebenflüsse Turro (,Natiso cum Turro praefluentes
Aquilejam colonianV); allein mit seiner Schiffbarkeit ist es übel
bestellt, sein Bett liegt nach Czoernig einen Theil des Sommers
über ausgetrocknet. Es braucht auch kaum daran erinnert zu
werden, dass selbst seine Gesammtentwicklung weit hinter den
1200 Stadien des Strabo zurückbleibt. Nicht viel besser steht
es mit der Schiffbarkeit und Länge des Isonzo und noch weit
unbedeutender sind die anderen Küstenflüsse, die dem Golfe
von Triest zueilen. Ist demnach auch keine Verwechslung
mit einem anderen Flusse der Umgebung denkbar, so wird
man sich bescheiden müssen, die Ortsbestimmung Strabo’s zu
jenen Irrthümern und Märchen zu zählen, die bei Griechen
und Römern über die Alpenländer reichlich im Schwünge
waren. Erst die dauernde Römerherrschaft verbreitete auch
über diese Gegenden ein helleres Licht. Zum Glücke liegen
in Strabo’s Werke selbst und in den Schriften anderer Alten
hinlängliche Nachrichten vor, welche bei sorgfältiger Prüfung
über die Lage des historisch bekannten Noreia Aufschluss
geben. In dem von Ptolemaeus (1. II. c. 11. 12) gegebenen
Verzeichnisse der norischen Städte begegnet uns kein Noreia.
Auch Plinius, der im 27. Capitel des 3. Buches seiner Natur
geschichte die Städte der Provinz Noricum aufzählt, meldet
dort nichts von der Existenz eines Noreia. Dagegen im 23. Ca
pitel desselben Buches, wo Plinius sich noch mit dem 10. Be
zirke Italiens beschäftigt, weiss er zu berichten: In hoc situ
interiere per oram Iramine, Pellaon, Palsatium, ex Venetis
Atina et Caelina, Carnis Segesta et Ocra, Tauriscis Noreia.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass dieses von Plinius
zu den untergegangenen Städten gezählte Noreia kein anderes
als das jedem gebildeten Römer aus der Geschichte seines
Volkes wohlbekannte sein kann. Aus derselben Nachricht des
Plinius geht aber auch auf das Bestimmteste hervor, dass eben
dieses Noreia gar nicht in der Provinz Noricum, sondern eben
im 10. Bezirke Italiens gesucht werden muss. Um dies zu
verstehen, ist zu erinnern, dass das kaiserliche Italien seine
Grenze weit gegen Nordosten vorgeschoben hatte. Es umfasste
nicht blos die Landschaft der Carner im Flussgebiete des Isonzo,
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
401
wo uns Plinius gleichfalls zwei untergegangene Orte zu nennen
weiss, sondern auch den grössten Tlieil des heutigen Herzog-
thumes Krain. Im Itinerarium Hierosolymitantim wird die
Station Hadrans, deren Lage bei St. Oswald am Trojanerberge
unweit der steierischen Grenze festgestellt ist, als Grenze
zwischen Italien und der Provinz Noricum bezeichnet. Hero-
dianus 8. 1 bezeichnet Emona als die erste Station Italiens
für den, der aus Illyricum kommt. Nauportus scheint, wie
Mommsen (Corp. inscr. III. 1. p. 483) erwiesen hat, schon
sogar unter Augustus zu Italien gehört zu haben.
Innerhalb dieses in der Kaiserzeit zum 10. Bezirke Ita
liens gezogenen Keltengebietes, das nordwärts hart an die Save
reichte, muss also nach dem unverwerflichen Zeugnisse des
Plinius der berühmte Taurisker-Ort Noreia gesucht werden.
Wenn man bisher dies hochwichtige Zeugniss des Plinius nicht
genug würdigte, so sind daran nicht zum Geringsten die herr
schenden Ansichten über das Verhältniss zwischen Tauriskern
und Norikern schuld. Zeuss (p. 174. Die Deutschen und ihre
Nachbarn) will den Namen Taurisker als den umfassenderen
angesehen wissen. Die Noriker wären blos als ein Zweig der
Taurisker zu betrachten. Zur Erhärtung dieser Annahme be
ruft sich Zeuss auf Ptolemaeus. Dieser Schriftsteller sagt nun
allerdings, dass es inmitten der Provinz Noricum, zwischen
den Halauni (im Salzkammergute und dessen Umgebung) und
den Ambidravi (an der Drau) einen Volksstamm gab, der die
Bezeichnung Noriker speciell führte. Daraus aber ist billiger
weise nur so viel zu folgern, dass man zu Zeiten zwischen
Norikern im engeren und weiteren Sinne unterschied. Von
Tauriskern spricht Ptolemaeus überhaupt nicht.
Ebenso unhistorisch ist auch die Ansicht derjenigen,
welche die Namen Taurisker und Noriker für identische Be
griffe nehmen. Die Verfechter dieser Ansicht berufen sich
auf eine Stelle des Plinius im 20. Cap. des 3. Buches. Sie
lautet: ,juxtaque Carnos quondam Taurisci appellati, nunc No
rick. Diese Stelle wird aus ihrem Zusammenhänge gerissen
und so gedeutet, als ob sämmtliche Noriker weiland unter dem
Namen der Taurisker begriffen worden wären. Plinius kann
dies umsoweniger meinen, als er bisher von den eigentlichen
Norikern, den Bewohnern der Provinz Noricum noch gar nicht
402
gesprochen hatte. Im 20. Capitel ist er noch mit der Beschrei
bung des 10. italischen Bezirkes begriffen, dein, wie wir bereits
wissen, auch die TauriskerStädte angehörten. Von diesen
Tauriskern nun behauptet Plinius, dass sie zu seiner Zeit
schlechtweg als Noriker bezeichnet wurden. Diese Neuerung,
wenn sie wirklich stattgefunden hat, war um so berechtigter,
als die Taurisker thatsäclilich ein Zweig der Noriker waren.
Strabo sagt dies mit dürren Worten. Nachdem er früher (IV. 8)
berichtet hat: Ol oe OutvSeAty.ot xai Nwpty.o't xvjv ev.xbq raepwpeiav
y.axs/oucjt tb tcXs'ov, fährt er dann fort (IV. 9): Msxä oe toütou?,
ol syybg tjSy; xou ’Aopiaxixcu \ix>yox>, xal xüv xaxa ’AxuXr/fav totuv
oixouoi Nuptxwv xe xivs? xal Käpvot. xiov 3s Nwptxüv eiai xal ol Tao-
pioy.ot. Dass die Taurisker nur ein Zweig der Noriker waren,
bekundet auch ein von Strabo aufbewahrtes Citat aus Polybius,
dem, nebenbei bemerkt, unser Geograph offenbar die Nach
richt vom Goldreichthum Noreias verdankt. Die Stelle lautet
(IV. 12, pag. 208): "Ext fjjm lloXüßtoq so’ eauxou y.ax’ ’AxoXi)tav
p.aAtaxa ev xolp Taupi'ay.ot^ xot? Nwptxou; EÜpeÖijvat /puasTov oüxax; . . .
Aus den beiden letzteren Nachrichten der Alten erfahren wir
zugleich im vollkommenen Gegensätze zu den Ansichten der
modernen Schriftsteller, dass die Taurisker nur ein Zweig
der Noriker waren, und dass sie von allen Norikern Aquileia
am nächsten wohnten.
Die Angabe des Plinius, dass der Mons Claudius die
Grenzscheide zwischen Tauriskern und Scordiskern bilde, ist
dagegen minder bezeichnend. Denn welches Gebirge mit diesem
Namen bezeichnet worden, ist noch nicht mit Sicherheit er
mittelt. Da aber der Mons Claudius auch von Vellejus (2. 112)
im illyrischen Kriege erwähnt wird und die Scordisker von
Ptolemaeus als die südlichsten Bewohner Unter-Pannoniens be
zeichnet werden ([j.ea^p.ßpivwxepoi os SxopSfexot 1. II. c. 14), so
deutet auch diese Nachricht im Allgemeinen darauf, dass die
Taurisker südlich von der eigentlichen Provinz Noricum siedel
ten. Dass dieses Volk vorwiegend das Land zwischen der
Save und dem Mons Ocra (Birnbaumer Wald), also das heutige
Krain innehatte, dafür sprechen die angezogenen Stellen aus
Strabo, dafür die Thatsache, dass der 10. Bezirk Italiens den
genannten Fluss keinesfalls überschritt, und dass die südliche
ren Landstriche von den .lapiden, die von dem Mons Ocra
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
403
westlich gelegenen von den Carnern besetzt waren: rj c’’'0-/.pa
•cb TairstvÖTaxov pipos twv ’Aa-swv sart, y.aQ’5 auvä--ou<ji xoic Kapvoic
(Strabo IV. p. 207).
Die Nähe Italiens brachte es mit sich, dass die Taurisker
schon früh zu den Römern in abwechselnd freundlichen und
feindlichen Beziehungen standen. Taurisker kämpften nach
dem Zeugnisse des Polybius (II. 30) in der Schlacht bei Tela-
mou. In ihrer Nachbarschaft siedelten sich die aus Italien
vertriebenen Bojer an (Strabo V. 1). Zum Schutze gegen die
Raubzugsgelüste dieser Keltenstämme ward im Jahre 180 v. Chr.
die Colonie Aquileia begründet. Bald wurde diese Colonie
aber auch der Mittelpunkt des Handels und Verkehrs zwischen
Italien und den benachbarten Kelten. Dass die römischen
Arbeite]- nach dem von Strabo aufbewahrten Zeugnisse den
Tauriskern in der Ausbeutung der zweifelsohne märchenhaft
überschätzten Goldlager beistanden, fand bereits oben Er
wähnung.
Einem im Jahre 1563 aufgefundenen Fragmente der Acta
triumphorum zufolge triumphirte M. Aemilius Scaurus im Jahre
639 der Stadt (115 v. Chr.) über die Carner. Wenn Mommsen’s
Correctur einer Stelle des Aurelius Victor begründet ist, so
hatte Scaurus auch gleichzeitig schon die unmittelbaren Nach
barn der Carner besiegt, die Taurisker. So viel ist gewiss,
dass diese um dieselbe Zeit zu den Römern in eine Art von
Freundschaftsverhältniss getreten sein müssen. Dies erhellt
aus dem zwei Jahre später (113 v. Chr.) erfolgten Zusammen-
stosse zwischen den Römern und Cimbern. Plündernd und
verheerend war dieses nordische Volle in das Tauriskerland
eingebrochen. Appianus, der auch die Cimbern mit den Teu
tonen verwechselt, sagt freilich nur allgemein, dass sie ins
Gebiet der Noriker eingebrochen seien (4? ttjv y/jv twv Nwpiy.üv).
Ebenso allgemein drückt sich Florus aus, indem er Epit.
0. LXIII sagt: ,Cimbri, gens vaga populabundi in Illyricum
venerunth Dagegen meldet Strabo VII. p. 293 ausdrücklich,
dass die Cimbern sicli zuerst gegen die Scordisker und sodann
von diesen abgewehrt, gegen die Taurisker wandten. Die Tau-
nsker als Freunde und Nachbarn zu schützen, war Roms eigen
stes Interesse. Dass wirklich ein Einfall in das die Grenze
des damaligen Italiens berührende Gebiet der Taurisker
404
Kolin.
stattgefunden, geht übrigens deutlich genug aus dem Zusam
menhang der Erzählung hervor, die Appian über den Feldzug
des Carbo gibt. Appianus meldet ausdrücklich, dass die Bar
baren so weit südwärts vorgedrungen wären, dass der römische
Feldherr schon ihren Einbruch nach Italien besorgte: '0 'Pwpatwv
monoq Jla-ipioc Kapßwv Ssfaa?, p/i] e? rijv ’IxaMav EaßdXoiev iyrfip&je.
xot? ’AXTtet'oic, ^ p.aXwxa eaxiv -q Sidßaui? axEvwxaxr\. Mommsen in
seiner römischen Geschichte 1. Auflage, II. S. 166, bemerkt
wohl ganz richtig, dass der römische Feldherr zunächst auf
den Höhen unweit Aquileias Stellung nahm und die Barbaren
erwartete. ,Da aber jene', erzählt Appian, ,nicht angriffen,
ging Carbo selbst auf sie los, unter dem Vorwände, dass sie
ins Gebiet der Gastfreunde Roms eingefallen seien. Sobald
sich Carbo den Teutonen (richtig: den Cimbern) näherte, Hessen
diese ihm durch Gesandte sagen, sie hätten nicht gewusst, dass
die Noriker (Taurisker) Gastfreunde der Römer seien und sie
würden fortan von ihnen ablassen. Carbo drückte seine Zu
friedenheit aus und gab den Gesandten Wegweiser, welche den
geheimen Befehl hatten, sie auf einem längeren Wege herum
zuführen. Er selbst aber eilte auf dem kürzeren Wege vor
wärts und überfiel so die Teutonen (Cimbern), während sie
eben Rast hielten.' Appianus bezeichnet die Localität der
Schlacht nicht näher, eine oben angeführte Stelle Strabo’s aber
meldet ausdrücklich, dass der Zusammenstoss bei Noreia
stattfand.
Abgesehen davon, dass der ganze Zusammenhang der
vorliegenden Erzählung für eine von der Grenze des damaligen
Italien nicht allzu ferne Diversion des römischen Feldherrn
spricht; sollte Carbo ungeachtet der Arglist seiner den Bar
baren mitgegebenen Führer keinen geeigneteren Ort zum Ueber-
falle gefunden haben, als einen, der hoch oben im Gebiete des
heutigen Obersteier lag? Der Römer mochte es im eigenen
Interesse finden, seine unmittelbaren, zu ihm in einem freund
schaftlichen Verhältnisse stehenden Nachbarn von einem so
gefährlichen Wandervolke zu befreien. Aber welche Motive
sollten ihn bestimmt haben, den bereits weit vom Taurisker-
land entfernten Cimbern in ein unbekanntes Land nachzuziehen.''
Schon die einfachsten Regeln der Strategie verboten Carbo,
fern von jedem Stützpunkte, im fremden Lande, dessen
Die römische He<>rstrasse von Yirunum nach Ovilava.
405
Bevölkerung bisher mit Rom in keinerlei Berührung gekommen,
eine Schlacht zu wagen. Wie sollte es auch der römische
Feldherr angestellt haben, auf eine solche 40—50 Meilen weite
Distanz den Cimbern unbemerkt zu folgen? Mit einem kühnen,
überraschenden Gebirgstibergange war es hier nicht abgethan.
Um die Cimbern in der steiermärkischen ,Einöd‘ oder noch
nördlicher zu ereilen, musste er unumgänglich auch die weiteren
Flachländer Krains und Kärnthens passiren.
So bestätigt auch Appians Erzählung indirect die früher
erwähnten Daten der Schriftsteller über die Lage Noreia’s und
über die Wohnsitze der Taurisker im Allgemeinen.
Selbst die Schriftsteller des 2. und 3. Jahrhunderts nach
Christus wissen noch sein- wohl zn unterscheiden zwischen den
eigentlichen Norikern und zwischen den Tauriskern. Während
jene gerade in Cäsars Tagen zum ersten Male die Bühne der
Geschichte betraten, 1 erlitt die Macht der letzteren um die
selbe Zeit einen tödtlichen Stoss. Geführt wurde er, wie
Strabo berichtet, von Börebistes, dem Dakerkönige. Ihre Nach
barn, die Bojer, sahen sich durch denselben Eroberer sogar
genöthigt, ihr Land zu räumen und nach Gallien auszuwandern.
Wie es kam, dass diese vor ihrem Abzüge sich noch gegen
ihre alten Bundesgenossen wandten und deren Hauptstadt
Noreia berannten, darüber lässt uns Cäsar im Unklaren.
Dieser letzte Krieg scheint die Lebenskräfte des Volkes
vollends erschöpft zu haben. Appianus Ulyr. IX. 16 und Dio
Cassius (49 c. 34, 50, c. 28) melden übereinstimmend, dass
die Taurisker gleichzeitig mit anderen illyrischen Stämmen im
Jahre 33 v. Chr. durch einen beschwerlichen Feldzug des
Augustus unterworfen und gezwungen wurden, den eingestell
ten Tribut neuerdings zu entrichten. Ihre Tributpflich-
tigkeit reicht also in eine noch frühere Zeit zurück. Die
eigentlichen Noriker aber geriethen, wie Dio (54. 20) und an
dere Schriftsteller melden, erst im Jahre 16 v. Chr. unter
römische Botmässigkeit,. Diese Thatsache, dass das Tauriskerland
lange vor dem Königreiche Noricum Roms Scepter gehorchte,
1 Eine Schwester des Königs Voceio ist an den Ariovist vermalt, Caes.
bell. gall. I. lib., derselbe König oder dessen Nachfolger unterstützt Cäsar
im Bürgerkriege mit Reiterei, Caes. bell. civ. I. c. 18.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. III. Hft. 27
406
Ko li n.
erklärt auch zur Genüge, warum es einfach zu Italien ge
schlagen wurde. 1
Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen sich also in
folgende Sätze zusammenfassen:
1. Die Taurisker sind nur ein Zweig der Noriker, und
zwar der am meisten gegen Italien vorgeschobene.
2. Ihre Wohnsitze waren unmittelbar neben denen der
Carner, ungefähr zwischen dem Birnbaumer Wald und der Save.
3. Die Taurisker verloren ihre Freiheit an Rom schon
vor dem Jahre 33 v. Clir., die eigentlichen Noriker (Be'wohner
der nachmaligen Provinz) erst 16 v. Chr.
4. Das historisch bekannte Noreia war gleich Nauportus
eine Stadt der Taurisker.
5. Dieses Noreia existirte schon in Plinius’ Tagen nicht
mehr, umsoweniger in den Zeiten der Peutingeriana.
Bevor wir nach dieser Abschweifung den Lauf unserer
Römerstrasse wieder weiter verfolgen, müssen wir noch ein für
unsere Zwecke sehr wichtiges Denkmal näher ins Auge fassen:
die Meilensäule von St. Georgen. Für sich allein wäre dieses
Denkmal seiner schlechten Erhaltung wegen und vermöge des
Umstandes, dass sein ursprünglicher Standort nicht bekannt
ist, ein sehr unzuverlässiges Document. Allein zusammen
gehalten mit den Daten der früher verhörten Zeugen sind seine
Aussagen nicht ohne Gewicht. Von Kenner wurde diese
Meilensäule gleich denen von Treibach völlig unbeachtet ge
lassen. Gefunden zu St. Georgen, unweit von Neumarkt,
unterhalb der Thorschwelle der im Jahre 1845 niedergebrann
ten Kirche, wohin sie offenbar als Baustein verschleppt
worden, wird sie gegenwärtig im steiermärkischen Münzen-
und Antikencabinete aufbewahrt, ihre Inschrift publicirte der
kais. Rath Di-. Knabl 2 folgendermassen.
1 Wie wenig Appianus geneigt ist, Taurisker und Noriker für identisch
zu nehmen, beweist sein offenes Geständniss, dass ihm über den Zeit
punkt der Unterwerfung der Noriker nichts bekannt geworden sei.
Illyr. 6. 3.
2 Mitth. d. hist. Ver. f. Steierm. 1850, 29.
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
407
D • N•FL• VAL • CO
A/STA NTTNO
PI • INVICTO
AVG •
MP- XXII
Obgleich nun St. Georgen nur etwa eine Viertelstunde
abseits von der von uns beschriebenen Strasse liegt, so meinte
Knabl gleichwohl gerade mit diesem Denkmal den Beweis er
bracht, dass der Römerweg nicht durch die Einöd, sondern
durch den Görschitzgraben — über Guttaring, Hüttenberg,
St. Margarethen am Silberberg und Mühlen — zum Murthale
gezogen sei. Dabei bedachte er nicht, dass auch die von ihm
verfochtene Bahn nicht unmittelbar das verhältnissmässig hoch
gelegene St. Georgen berührt, sondern wie die aus der Einöd
kommende Strasse und ungefähr in gleicher Entfernung daran
vorbeizieht. Ueber die Lage Krummfeldens, wie oben bemerkt
worden, falsch orientirt, fand er sich durch den dort zu Tage
geförderten Meilenzeiger in seinem Irrthuine bestärkt. Auch
die kleine Distanzziffer des St. Georgener Meilensteines ver
leidete ihm seine Hypothese nicht. Mit XXII m. p. gelangt
man vom Zollfelde aus auf dem von Knabl bezeiclineten Wes-e
o
kaum ins Görschitzthal, geschweige denn durch dasselbe nach
St. Georgen oder in die Nähe dieses Ortes. Wir haben früher
wiederholt Wanderungen einzelner Denkmäler constatirt, allein
St. Georgens Umgebung hat bekanntlich keinen derartigen
Mangel an Bausteinen, dass man zu Bauzwecken eine arm
selige Säule etwa aus der Gegend von Guttaring herbeigeholt
haben sollte. Die Möglichkeit einer derartigen Wanderung
zieht übrigens der genannte Alterthumsforscher gar nicht in
Erwägung. Er glaubt eben auf seinem Wege mit XXII m. p.
von Virunum nach St. Georgen gelangen zu können, während
thatsächlich das doppelte Ausmass hiezu erforderlich ist. Mit
der Knabl’schen Strassenführung bleibt demnach der Meilen
stein von St. Georgen auch dann im Widerspruche, wenn seine
Abstandsziffer nicht XXII, sondern XXXII lautet. Und dies
ist thatsächlich der Fall. Wie eine wiederholte Besichtigung
ergab, lautet die äusserst rohe und verschliffene Inschrift fol-
gendermassen:
27*
408
Kolin.
D • N • FL ■ VAL • CO
NS T ANTINO
PI • INVICTO
AVG
V
PXXXII
Die Ligatur von A und N, womit Knabl die zweite Zeile
beginnen lässt, ist nicht vorhanden. Es findet sich an dieser
Stelle, vollkommen correct, nur ein einfaches N, das gleich
den anderen in dieser Inschrift begegnenden schräg einge-
meisselt ist. Zwischen der vierten und letzten Zeile ist der
Zwischenraum so gross, dass unsere Inschrift jedenfalls als
eine defecte zu betrachten ist. Ob das in diesem Raume er
kennbare V der Anfangsbuchstabe von Virunum ist, kann füg
lich dahingestellt bleiben. Jedenfalls kann nach den in den
drei früher erwähnten Meilensteinen vorliegenden Analogien
nur diese bedeutende Stadt als Ausgangspunkt der Messung
gemeint sein. Das M, welches in der letzten Zeile vor P ge
standen haben muss, ist ganz und gar verschwunden. Hinter
diesem folgen — und diese Thatsache ist von entscheidender
Wichtigkeit — nicht zwei, sondern drei Zehner. Die beiden
ersten Zehner sind allerdings sehr verwischt, aber doch bei
guter Beleuchtung erkennbar. Der dritte Zehner und die Ziffer
II treten schärfer hervor.
Trägt man auf dem bisher festgestellten Strassentheile,
von Virunum ausgehend, dieses Längenmass von XXXII m. p.
auf, so gelangt man bis zu einem Strassenpunkte, der in der
nächsten Nachbarschaft St. Georgens liegt. Die Entfernung
des nördlicheren Noreia beträgt nach den Angaben der Tabula
40 m. p. Die 32. Meilensäule muss 8 m„ p. südlicher gestan
den haben. Den Standort jenes Noreia binden wir bei Scheif-
ling. Es unterliegt demnach keinem Zweifel, dass der als
Baustein nach St. Georgen verschleppte Meilenzeiger einst an
der aus der Einöd kommenden Strasse, in der nächsten Nach
barschaft Neumarkts (und St. Georgens) aufgerichtet gewesen.
Auf das zweite Noreia folgt in der Tabula in einem Ab
stande von 14 m. p. die Station ad pontem. In dem Namen
und in der Distanzziffer dieses Ortes liegt eine kaum miss
zuverstehende Andeutung über seine Lage. Dass ähnliche
Oie römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava. -409
Namen im Alterthume zahlreich begegnen, wurde bereits früher
dargelegt. Wir kennen auch heutzutage eine Menge blühender
Orte, die ihrer glücklichen Lage an einem wichtigen Fluss-
übergange Namen und Bedeutung verdanken. So z. B. Bruck,
Ivlagenfurt, Frankfurt, Innsbruck. Mit dem Wegmasse von
14 m. p. gelangt man von Scheifling (Noreia II), dem Mur
laufe folgend, zu einem Dorfe, dessen Name merkwürdiger
Weise gleich dem römischen ad pontem, einen Flussübergang
bezeichnet. Es ist die kleine Ortschaft Furth. Noch über
raschender ist die Thatsache, dass auch die Poststrasse der
Neuzeit, ehe die durch andere Gegenden ziehende Locomotive
sie verödete, bei dem genannten Flecken über die Mur setzte.
Darin liegt eine neue Bürgschaft für unsere Strassenführung,
zugleich aber auch ein deutlicher Wink über die Richtung,
welche unsere Strasse hinter ad pontem eingeschlagen hat.
Furth gegenüber öffnet sich das Pölsthal, welches in allmäliger
Steigung zum Joche des Triebner Tauern hinanführt. Man
darf nur auf einer guten Karte die Lage von Furth ins Auge
fassen, um die Unhaltbarkeit von Mannert’s und Lapie’s Stras
senführung einzusehen. Beide wollen unsere Strasse vom Mur-
thale weg über die nirgends tief genug eingeschnittene ILoch-
gebirgsgruppe des Hohenwart führen. Wollte oder könnte man
überhaupt davon absehen, dass hier nirgends ein für Fahrzeuge
passirbarer Uebergang ins Donnersbachthal existirt, so bleibt
noch immer das schwere Bedenken, dass eine derartige Ver
bindung zwischen dem Mur- und Ennsthale um nichts kürzer,
aber dreimal beschwerlicher als die Tauernstrasse wäre. Mit
der an der Hand der Meilenzeiger, der anderen antiken Funde
und der Daten der Tabida ermittelten Lage von ad pontem
ist eine solche Strassenführung ganz und gar unvereinbar. Eine
Strasse, welche bei Furth über die Mur setzt, wird wohl nicht
rückwärts umbiegen, um über himmelanstrebende Berge (von
7000—8000 Fuss Höhe) das gegenüber liegende, tief eingesenkte
Gebirgsthor zu umgehen! Ebenso unhaltbar erweist sich die
andere Hypothese, welche unsere Strasse murabwärts bis
St. Michael und von dort ins Liesingthal ziehen will. Um
diese Richtung zu verfolgen, hätte die Strasse sicherlich nicht
bei Furth schon den Fluss überschritten. Es gibt dort kein
natürliches Hinderniss, das sie in der Fortsetzung des bisherigen
410
Kolm.
Laufes auf dem rechten Murufer gehemmt hätte. Die Berg
hänge begleiten nach wie vor in bedeutender Entfernung die
Flussrinne, während gerade am entgegengesetzten Ufer ein
südöstlich streichender Gebirgszug sich hart ans Murbett heran
drängt und flussabwärts die Passage erschwert. Thatsächlich
beharrt auch die Strasse, welche heute nach St. Michael führt,
bis Judenburg hinab auf dem rechten Ufer; die moderne Post
hingegen, welche, gleich der römischen, ehedem über das
Tauernjoch zog, setzte ebenso wie diese bei Furth über den
Fluss. In diesem Punkte befinden wir uns in Uebereinstim-
mung mit Kenner, der auf das Schlagendste dargethan hat,
dass die überlieferten Wegmasse ohne sehr weitgehende Cor-
recturen mit dem meilenweiten Umwege über St. Michael nicht
in Einklang zu bringen wären. Darin aber können wir ihm
nicht beipflichten, wenn er seiner früher erwähnten Hypothese
zufolge die Station ad pontem (die er bei St. Georgen sucht)
als Mutatio betrachtet wissen will. Wir haben oben dargethan,
dass Virunum gewiss, und Noreia I, soweit die Funde der
Einöd und die der durchschnittlichen Grösse einer Tagreise
entsprechende Distanz der beiden Orte einen Schluss gestatten,
höchst wahrscheinlich Mansiones gewesen seien. Ad pontem
stand 14 m. p. hinter dem nördlichen Noreia. Sein Abstand
vom südlichen Noreia ist genau so gross, wie die Entfernung
dieser Mansio von Virunum: 27 in. p. Man darf wohl aus
dieser Thatsache den Schluss ziehen, dass ad pontem gleich
falls eine Mansio gewesen sei. Für eine vergleichsweise grös
sere Bedeutung dieser Station spricht aucli ihre günstige Lage
inmitten des Murthaies und, wie eben sein Name beurkundet,
an einem wichtigen, vielleicht befestigten Flusstibergange.
Als nächste Station hinter ad pontem verzeichnet die
Tabula den Ort Viscellae. Die Unhaltbarkeit jener Hypothesen,
welche ihn von seiner Stelle verschieben oder mit anderen
Stationsnamen verschmelzen wollen, ist bereits erwiesen wor
den. Durch die Ablativform des Namens und durch seine
Stellung an einem besonderen Strassenwinkel wird Viscellae
von der Tabula als selbständige Station gekennzeichnet. Der
einzige Lapsus, den sich der Copist auf der ganzen Strecke
zu Schulden kommen liess, besteht darin, dass er die Distanz
ziffer von Viscellae beizusetzen unterliess. Es ist übrigens
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
411
möglich, dass nicht der copirende Mönch, sondern die schlechte
Erhaltung des ihm vorgelegenen Originals diese kleine Lücke
verschuldete. Der Ausfall dieser Distanzziffer hemmt uns aber
in der weiteren Verfolgung unseres Weges. Wir könnten aller
dings zu einer Durchschnittszahl unsere Zuflucht nehmen. Der
grösste Stationsabstand auf der Strecke Virunum —Ovilavae
beträgt XV, der kleinste nicht unter VIII m. p. Man darf
also die Grösse der ausgefallenen Ziffer, ohne wesentlich zu
irren, innerhalb dieser Grenzen vermuthen. Allein es ist glück
licher Weise nicht nöthig, die bisherige Genauigkeit aufzugeben.
Es empfiehlt sich für unsere Zwecke ein einfaches Verfahren,
das Geometern sehr geläufig ist. Den bisherigen Messungen,
welche Virunum zum Ausgangspunkte hatten, stellt sich ein
unübersteigliches Hinderniss in den Weg. Begeben wir uns
also an den anderen Endpunkt der zu messenden Linie.
Zwischen Ovilavae und Viscellae stossen wir, wie sich zeigen
wird, in der Tabula nirgends auf eine Lücke in dem Ver
zeichnisse der Stationen und ihrer Abstände. Suchen wir also
von Ovilavae her messend die Lage von Viscellae zu ermit
teln. Ist uns dies einmal gelungen, dann ergibt sich die aus
gefallene Ziffer, welche die Distanz dieses Ortes von ad pon-
tem ausdrückt, gewissermasseu von selbst.
So sehr die Ansichten über den Lauf des bisher behan
delten Strassentheiles auseinandergehen, über die Richtung,
welche die nördlichste Strecke eingehalten hat, herrscht grosse
Uebereinstimmung. Man streitet mehr über die Lage der ein
zelnen Stationen, als über den Lauf der Strasse. Der Grund
der grösseren Einmüthigkeit ist in der dortigen Bodengestaltung
zu suchen. Es gibt eben nur einen einzigen fahrbaren Ueber-
gang über das mächtige Hochgebirge, welches, das linke Ufer
der Enns begleitend, heute die Grenze zwischen Steiermark
und Oberösterreich absteckt. Will eine Strasse nicht auf un
geheuren Umwegen dieses rechts oder links umgehen, so bleibt
ihr nichts übrig, als das tief eingesenkte Joch des Pirn zu
benützen. Auch die nördliche Zufahrt zu diesem Passe hat
die Natur scharf und bestimmt vorgezeichnet. Von Wels (Ovi
lavae) zum Pirn führt keine andere Bahn, als diejenige, welcher
die Gräben und Thäler der Teichel und Steier Raum geben.
Nur zwischen Wels und dem Steiergraben ist das Terrain von
412
Kohn.
der Art, dass über den Strassenlauf verschiedene Ansichten
aufgestellt werden konnten. In dieser zum Theil ebenen, zum
Theil welligen Gegend, die nirgends bedeutende Terrain hinder-
nisse bietet, muthen einige Gelehrte, darunter auch Kenner,
unserer Strasse eine Schlangenlinie zu, welche mit der sonst
an ihr auffallenden Energie kaum vereinbar ist. Wäre ihre
Hypothese richtig, dann würde die Römerstrasse sogar von
der heutigen, keineswegs im gestreckten Laufe dahineilenden
Postchaussee an Kürze übertroffen sein. Während diese über
Voitsdorf und Michelsdorf zur Steier zieht, soll die Römer
strasse, um dahin zu gelangen, einen Bogen über Pettenbach
beschrieben haben. Zu Pettenbach, oder doch in der nächsten
Nähe davon, soll nämlich die in der Tabula, unmittelbar vor
Ovilavae verzeichnete Station Vetonianae gestanden haben.
Vetonianae ist freilich derselben Quelle zufolge nur XI m. p.
von Ovilavae entfernt, während der Abstand Pettenbachs von
Wels auf jedem beliebigen Wege grösser ist. Allein Jordan,
Muchar und Gaisberger, die älteren Vertreter dieser Ansicht,
nehmen es mit den Massen überhaupt nicht sonderlich genau.
Kenner aber sieht sich genöthigt, hier die Tabula zu corri-
giren, indem er die Distanzziffer von XI auf XV m. p. erhöht.
Indess sind die Gründe, die er ins Treffen führt, keineswegs
von der Art, um Jedermann von der Berechtigung und Noth-
wendigkeit dieser Correctur zu überzeugen. Es scheint gar
nicht so ausgemacht, dass die Namen Strasser, Strasshof, Ober
und Unterstrass, Steinhof, Steinhaus, Steinmaurer, Steinermayer
die Existenz einer durchs Aiterbachthal ziehenden Strasse ver
bürgen. Was vollends von ihm für ,die nächste Umgebung'
des Aiterbaches und des Ortes Pettenbach angeführt wird, darf
wohl mit demselben Rechte für eine Strassenfiihrung in der
Richtung der heutigen Postchaussee in Anspruch genommen
werden. Denn diese zieht ja auch in der Nähe und in der
Richtung des Aiterbaches dahin, wenn sie auch nicht gerade
dessen Windungen folgt. Selbst wenn man einräumen wollte,
— was keineswegs erwiesen ist — dass die in einer Urkunde
von 993 ,als Grenze eines streitigen Gebietes in der Nähe
von Pettenbach' erwähnte ,via publica' auf eine Römerstrasse
zu beziehen sei, so folgt daraus noch nicht, dass hiemit un
sere Römerstrasse gemeint sei, geschweige denn, dass diese
Die römische Heerötrasse von Virunum nach Ovilava.
413
über Pettenbach selbst ihren Lauf genommen habe, lind dass
an diesem Orte die Station Vetoniana zu suchen sei. 1 Man
müsste denn — was Kenner sicherlich zurückweist — zu
Muchar’s 2 etymologischer Ableitung seine Zuflucht nehmen.
,Pettenbach 4 , meint dieser Gelehrte allen Ernstes, ,scheint
seinen keltischen Ursprung von selbst zu verrathen, da es
höchst wahrscheinlich ist, dass man ehevor Vettomag, Betto-
mag, Pettenmag gesprochen habe, woraus nach der leichten
Verwechslung der Buchstaben B, P, V endlich das lateinische
Vetomana, Vetomanis, Yetonianis entstanden ist. 4
Die nächste Station, welche die Tabula hinter Vetoniana
verzeichnet, ist Tutastio. Kenner hält sich mit Recht an die
Schreibart des Itinerarium Antonini, wonach der Ort Tutatio
hiess. Ob indess dieser Name mit dem bekannten keltischen
Gotte Teutates, auf einer Seckauer Inschrift Toutates genannt,
in Beziehung zu bringen ist, mag dahingestellt bleiben. Auch
in Betreff dieser Station will Kenner die Distanzangabe corri-
girt wissen. Nur irrthümlich sei sie mit XI anstatt mit
XV m. p. beziffert. Bei Vetoniana ebenso wie bei Ovilava
sei die ursprünglich auf dem Original der Tabula stehende
Zahl XV vom Copisten für XI gelesen worden. Der zweite
Schrägstrich von V sei schlecht erhalten und die Schrägstel
lung des ersten Striches nicht deutlich genug ausgedrückt ge
wesen. Mit dem in dieser Weise von 2 X H auf 2 X 15
erhöhten Wegmasse gelangt Kenner von Wels über Pettenbach
in das Engthal der Steier bei Klaus. Hier soll das Tutatio
der Tabula gestanden haben. Vermöchte man dies zu beweisen,
dann dürfte man allerdings mit Bestimmtheit die Daten der
1 Um nichts überzeugender wirkt Kenner’s Berufung auf die Existenz
einer bei Pettenbacli gelegenen Besitzung ,im Burgstalk. Es ist noch
sehr fraglich, ob dieser Name ,der constant auftretende Ausdruck für
die Reste eines römischen Castells 4 ist. Er selbst constatirt, dass an
dieser Stelle die Nachforschungen nach Spuren alter Mauern und einer
Römerstrasse vergeblich gewesen. IJeberdies liegt der in viel einfacherer
Weise erklärbare ,Burgstallhof* eine halbe Stunde südwärts von Petten
bach, an dem nach Viechtwang führenden Wege, also völlig abseits auch
von der Bahn, welche Kenner der Römerstrasse anweist.
2 Röm. Noric. I, *272.
414
Ko h n.
Tabula über die Distanz Ovilava — Tutatio für ungenau er
klären, obgleich selbst in diesem Falle, wie später nachgewiesen
werden wird, der Fehler noch immer nicht 8 m. p. betragen
würde. Allein Kenner macht sich diesen Beweis gar zu leicht.
Ohne auch nur die leiseste Spur einer keltischen oder römi
schen Ansiedlung bei Klaus aufzeigen zu können, verlegt er
dahin ein rein aus der Phantasie geschöpftes Festungswerk.
,Hier am Eintritt in die enge Felsenschlucht der Steier, der
man in keiner Weise ausweichen konnte, war der geeignete
Platz ein das Thal verschliessendes Präsidium oder Castellum
anzulegen; ist doch noch der heutige Name eine Erinnerung
an die abschliessende Function, die der Ort von jeher übte/ 1
Kenner lässt es übrigens hei dieser Castellanlage nicht bewen
den. Auch zu Diernbach, Windischgarsten und auf dem Pirn
müssen, weil diese Oertlichkeiten für die Abwehr ins Land
einbrechender Barbaren so ausnehmend günstig gelegen, kleine
Festungswerke von Seiten der Römer erbaut worden sein.
Nachdem er dergestalt ein ganzes Befestigungssystem geschaf
fen hat, kann es ihm nicht schwer werden, die Standorte der
in den Itinerarien verzeiehneten Stationen zu ermitteln. Nimmt
man die Existenz dieser römischen Bollwerke als erwiesen an,
dann darf man freilich folgern: ,dass man in einem Grenz
lande, wie doch Noricum eines war, die Poststationen, wenn
es nur anging, in die nächste Nähe solcher militärischer Schutz
posten verlegt haben werde, um die Sicherheit des Postdienstes
zu vermehren.' 2 Allein es fehlt eben an der Stichhältigkeit
jener Prämisse. An keinem der genannten Orte — Windisch
garsten mit seinen jüngst entdeckten Gebäuderesten nicht aus
genommen — vermag Kenner Spuren von Castellanlagen nach
zuweisen. Solche aber einzig aus strategischen Gesichtspunkten
voraussetzen, dahin die Stationen verlegen und, wo die Masse
der Itinerarien nicht stimmen, Quellencorreeturen vornehmen
— das ist ein Verfahren, das unmöglich zu sicheren Resultaten
führen kann.
1 S. 374.
2 . Sitzungsber. Bd. LXXI, S. 372.
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
415
Die Bedenklichkeit dieses Vorganges einen Augenblick
bei Seite gelassen, wird doch jeder Unbefangene erwarten, dass
Kenner auch im Itinerariuin Antonini die Abstandsziffer für
die Strecke Ovilava—Tutatio von XX auf XXX m. p. erhöhen
werde. Verlieht er doch die durchgängige Identität der im
Itinerar und in der Tabula zwischen Ovilava und Virunum
verzeichneten Route. Insbesondere in Betreff des nördlichen
Strassentheiles, wo zwei Stationen in beiden Quellen begegnen,
ist diese Identität ausser allen Zweifel gestellt. Wie könnte es
auch fraglich sein, dass die Stationen Tutastio und Gabromagus
der Tabula dieselben Orte bezeichnen, wie die Stationen Tu
tatio und Gabromagus des Itinerars! Es kommt hinzu, dass
der Abstand dieser beiden Ortschaften in beiden Quellen genau
gleich bemessen ist. Das Itinerar beziffert ihn mit XX; die
Tabula, welche auch eine Zwischenstation — Ernolatia —
namhaft macht, mit XII -)- VIII m. p. Und dennoch — man
möchte kaum seinen Augen trauen — meint Kenner, das Tu
tatio des Itinerai’s müsse 5 m. p. südlich vom Tutatio der
Tabula, das Gabromagus des Itinerars 5 m. p. südlich vom
Gabromagus der Tabula gesucht werden. Während er also
die Distanz Ovilava—Tutatia in der Tabula mit XXX m. p.
berichtigt, erhöht er die entsprechende Ziffer des Itinerars von
XX auf XXXV m. p. Das Tutatio des Itinerars soll nicht
gleich jenem der Tabula bei Klaus, sondern bei St. Pankraz,
im Bereiche und unter dem Schutze der von ihm zu Diern-
bach erbauten Specula gestanden haben. Diese eigenthümliche
Ansicht annehmbarer zu machen, erinnert Kenner an die Er
scheinung, dass heutzutage die Gehöfte manches Gebirgsdorfes
stundenweit von einander entfernt stehen. Auch von Tutatio
müsse man eine ähnliche Ausdehnung voraussetzen. Die Halt
stelle der Post, welche zur Zeit der ersten Redaction des Iti
nerars am Südende der Ortschaft gestanden, sei in den Tagen
der Tabula an das eine deutsche Meile (5 m. p.) entfernte
Nordende derselben verlegt worden. Hätte übrigens Kenner
die Distanzen genauer gemessen, so würde er diesem von
keinem der alten Geographen und Historiker erwähnten Orte
eine noch grössere Ausdehnung verleihen müssen. Denn der
Abstand der Orte Klaus und St. Pankraz beträgt auf der heu
tigen Chaussee, die bei der Enge des Teichel- und des
416
K o h n.
Steierthales nicht wesentlich länger sein kann als die Römer
strasse, sogar anderthalb Meilen.
Die bisher dargelegten Irrthümer in Kenner’s Unter
suchungen reichen wohl hin, um in den Augen jedes Unbe
fangenen das Vertrauen in die Correctheit seiner Strassenführung
und insbesondere seiner Stationsvertheilung zu erschüttern.
Bringt es doch die Natur unseres Gegenstandes mit sich, dass
schon ein einziger bedeutender Fehler in der Distanzenmessung
oder in der Situationsbestimmung einer Station zu einer ganzen
Reihe von falschen Schlüssen über den weiteren Verlauf der
Strasse und über die Lage der nachfolgenden Stationen führen
muss. Möge der geneigte Leser gestatten, einige der wesent
lichsten Folgerungen, zu denen sich der genannte Schriftsteller
durch irrthümliche Voraussetzungen verleiten lässt, genauer zu
beleuchten.
Die Distanz Tutatio — Gabromagus wird, wie bereits be
merkt worden, in beiden Itinerarien übereinstimmend mit
XX m. p. beziffert. An der Richtigkeit dieser Ziffer vermag
Kenner nicht zu rütteln. Als natürliche Folge seiner selt
samen Hypothese über Tutatio ergibt sich, dass er auch die
Station Gabromagus des Itinerars 5 m. p. südwärts von der
gleichnamigen Station der Tabula verlegen muss. Diese soll
an der oberen Klause am Pirn, jene im Dorfe Pirn gestanden
haben. Auch Gabromagus muss sich eine Ausdehnung auf
eine deutsche Meile gefallen lassen. Es hilft ihm nichts, dass
es im Itinerar verzeichnet steht und demnach wohl eine Mansio
gewesen, dergleichen der praktische Römer begreiflicher Weise,
wo es nur immer anging, in die Ortschaften der Thäler ver
legte. Die Funde bei Windischgarsten müssen unbedingt Er-
nolatia angehören. Daher muss sich Gabromagus, das VIII m. p.
südlicher stand, eine Versetzung aufs Pirnjoch gefallen lassen.
Dort oben, auf keineswegs sehr wirthlichem Erdreich, soll es
sich 5 m. p. weit über beide Abhänge ausgebreitet haben.
Wenn es auch nicht zu bezweifeln ist, dass Gabromagus min
destens in den Zeiten des Itinerars Mansio gewesen, so spricht
dieser Umstand keineswegs gegen Kenner’s Ortsbestimmung.
Diesen, wie auch andere ,offenbare Mängel' seiner Stationen-
vertheiluug schiebt Kenner dem Itinerar zu. ,Er mag aus der
ursprünglichen einfacheren Gestaltung des Postdienstes her-
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
417
rühren, bei welcher es sich zunächst nur um die Beförderung'
von Staatscourieren handelte; es war damals kein Bedürfniss,
aus Rücksicht auf die Bequemlichkeit der Reisenden von dem
Schema abzugehen, welches für die Vertheilung der Stationen
bestand.' Anstatt also über die Richtigkeit seiner Ortsbestim
mung bedenklich zu werden, muthet er lieber der Stations-
vertheilung, wie sie das Itinerar überliefert, das Unmögliche
zu. Nicht nach praktischen Gesichtspunkten, nach einem (un-
findbaren) ,Schema' soll der Römer ursprünglich die Tagreisen
auf unserer Strasse eingetheilt und an diesem Schema, unge
achtet einer zweihundertjährigen Erfahrung in Betreff der fah
renden Post, bis in das Zeitalter des Alexander Severus fest
gehalten haben!
In gleicher Weise will der genannte Schriftsteller die
nothwendige Consequenz eines anderen ihm unterlaufenen Irr
thums als römische Einrichtung, ja als einen eklatanten Beweis
für die Richtigkeit seiner Hypothesen angesehen wissen. Legt
man zwei gleichgetheilte Massstäbe übereinander und schiebt
den einen um 5 Theilstriche über den andern hinweg, dann
müssen begreiflicher Weise die beiden Massstäbe auch am ent
gegengesetzten Ende um 5 m. p. verschoben erscheinen. Auf
unsern Fall angewendet: Kenner hat, wie bereits erwähnt, das
Tutatio des Itinerars 5 m. p. südwärts von jenem der Tabula
verlegt. Da nun in beiden Quellen der Abstand dieses Ortes
vom nachfolgenden Gabromagus übereinstimmend mit NX m. p.
bemessen wird, so wird sich Niemand wundern, dass Kenner,
der die Richtigkeit dieser Ziffer nicht bezweifelt, auch das
Gabromagus des Itinerars genau um 5 m. p. südlich von der
gleichnamigen Station der Tabula zu suchen genüthigt ist. Die
dergestalt offenkundig von ihm selbst verschuldete ,Stetigkeit'
der Stationenverschiebung will er als eine von der römischen
Verwaltung in der Zeit nach Abfassung des Itinerars ins Leben
gerufene Neuerung angesehen wissen.
Fragt man, wie es kam, dass dieser ausgezeichnete For
scher in Betreff unseres Gegenstandes zu so irrigen Ergeb
nissen gelangte, so ist die Ursache vor allem in einem von
ihm selbst eingehend beschriebenen und erörterten Funde zu
suchen. In den Jahren 1867 bis 1869 wurden durch plan-
mässig geleitete Ausgrabungen an der südwestlichen Gemarkung
418
Kolin.
von Windischg'arsten die Grundmauern eines umfangreichen
Gebäudecomplexes biosgelegt. 1 Die Anlage und Construction
dieser Bauten, sowie die innerhalb derselben und in deren näch
ster Umgebung aufgefundenen Gegenstände beurkunden un
zweifelhaft römische Abkunft. Die Lage der Fundstätten an
der nördlichen Zufahrt des Pirnjoches brachte die Vermuthung
nahe genug, dass man es hier mit den Ueberresten einer der
in den Itinerarien verzeichneten Stationen zu thun habe. Dies
anzunehmen war man umsomehr berechtigt, als die fraglichen
Gebäudereste durch ihre Anlage und deutlicher noch durch die
Fabriksstempel vieler Ziegel keine private, sondern eine staat
liche, allgemeine Bestimmung bekundeten. Man fand nämlich
eine grosse Anzahl von Ziegeln, auf denen die zweite italische
Legion und andere Truppenkörper verzeichnet erscheinen.
Auch der Zeit nach stimmte der Fund zur beregten Voraus
setzung. Lindenschmidt, der insbesondere die Fibulae einer
eben so gründlichen als geistreichen Untersuchung unterzog,
gelangte durch Heranziehung und Vergleichung anderer Funde
zu dem Ergebnisse, dass ihre Formen dem 2. und 3. Jahr
hunderte, somit dem Zeitalter unserer Itinerarien angehören.
Die von Kenner verzeichneten Münzen umspannen den Zeit
raum von Nero bis Valens. Einen besonders deutlichen Fin
gerzeig über die Bestimmung dieser Bauten gab eine Anzahl
von Eisengeräthen, welche Lindenschmidt als Schuhe für Maul-
thiere, verwendet zur Schonung ihrer Hufe vor allzu starker
Abnützung, erkannte. Auch die Menge der gefundenen Zähne
und Backenknochen von Pferden und Eseln verdient Beach
tung. Ich pflichte nun gerne Kenner bei, wenn er aus all
diesen Gründen zu dem Schlüsse gelangt, dass man in dem
Funde bei Windischgarsten die Ueberreste einer Station der
Strecke Virunum — Ovilava zu erkennen habe. Selbst darin
möchte ich ihm zustimmen, dass der ungewöhnlichen Ausdehnung
1 Note fehlt im Manuscript. Die Ausgrabungen sind besprochen von
J. Gaisberger in der 23. Lieferung der Beiträge für Landeskunde von
Oesterreich ob der Enns, Linz 1869; dann von Fr. Kenner in den
Sitzungsberichten der phil.-hist. Classe der k. Akad. d. Wissenschaften,
Bd. LXXIV, S. 421. — Ueber die Bronzegegenstände, namentlich die
Gewandhaften handelte L. Lindenschmidt in der 26. Lieferung der ge
nannten Beitr. f. Landesk. von Oesterr. ob d. Enns, 1873, S. 1 f.
Die römische Heerstrasse von Virunura hach Ovilava.
419
der Gebäudespuren zufolge die fragliche Station eine Mansio
und keine blosse Mutatio gewesen. Dagegen geht Kenner ,zu
weit, wenn er an der Hand der gefundenen Münzen beweisen
will, dass man es mit einer Mansio zu thun habe, die erst in
den Tagen des Alexander Severus erbaut worden. Diese Zeit
bestimmung wäre selbst dann problematisch, wenn die von ihm
verzeichneten Münzen einen ihrem Ursprünge nach einheit
licheren Charakter aufwiesen und an einer und derselben Stelle
gefunden wären. Keines von beiden ist hier der Fall. Diese
Denkmäler reichen, wie bereits bemerkt worden, von Nero bis
Valens, gehören vorwiegend der zweiten Hälfte des 3. Jahr
hunderts an; das Zeitalter des Alexander Severus ist darin
nicht stärker vertreten als irgend einer der vorausgegangenen
und nachfolgenden Zeitabschnitte. Es kommt hinzu, dass, wie
Kenner selbst wiederholt anmerkt, alle diese Münzen zerstreut
in den verschiedensten Räumen des Baues und in den angren
zenden Feldern gefunden wurden. Mit seiner Vermuthung
einer zweimaligen Zerstörung der Gebäude verhalte es sich
wie immer; in jedem Falle heisst es graue Hypothesen über
einander thürmen, wenn Kenner diese Münzen wie einen ver
grabenen Schatz behandelt, in künstlich geschaffene ,Gruppen“
abtheilt, und mit diesen beweisen will, dass sämmtliche älteren
Münzen erst nach 217 n. Chr. in das aufgegrabene Gebäude
gelangt sein können u. dgl. m. Durch diese gewaltsame De-
duction gelangt er dann zu dem Schlüsse, dass die bei Win-
dischgarsteu gestandene Station nur eine solche sein könne,
welche sich in der nach 217 verfassten Tabula Peutingeriana
verzeichnet findet. Im Itinerarium Antonini, das seinen Ur
sprung einer älteren Zeit verdanke, könne sie nicht Vorkommen.
Dann hält Kenner unter den nördlicheren Stationen der Tabula
Umschau und findet, dass die besprochenen Funde unzweifel
haft als die Ueberreste von Ernolatia zu betrachten seien.
,Ernus ist ein nicht selten vorkommender keltischer Fluss-
name, wahrscheinlich kein Eigen-, sondern ein Gattungsname;
Haid bezeichnet einen Sumpf. Der Name Ernolatia, der aus
den genannten beiden Wörtern zusammengesetzt ist, bezeichnet
also einen Ort an einem durch sumpfigen Boden fliessenden
Wasser. Auf keinen andern Ort der Route Virunum—Ovilava
passt diese wörtliche Bedeutung von Ernolatia so gut, als auf
420
K o h n.
Windischgarsten und dessen Umgebung/ Die Unzuverlässig
keit einer derartigen Ortsbestimmung liegt auf der Hand.
Wollte man auch von dem problematischen Charakter dieser
etymologischen Ableitung absehen, so bliebe noch immer das
schwere Bedenken, dass die Umgebung von Windischgarsten
wohl einige Teiche aufzuweisen hat, aber durchaus keine
Sumpfgegend ist. Es liegt auch keine historische Nachricht
vor, dass dies ehedem der Fall gewesen. Weder der Dambach
noch die Teichl können, wie übrigens schon ihre Namen be
zeugen, auf die Bezeichnung ,Fluss' Anspruch erheben. Noch
schlagender ist der Einwurf, den die beiden Itinerarien selbst
gegen eine derartige Lage von Ernolatia erheben. Fürs erste
ist dieser Ort, wie aus dem Zusammenhänge ihrer Daten her
vorgeht, niemals eine Mansio gewesen, während Kenner nach
eingehenden Studien über den Windischgarstener Fund zu dem
Ergebnisse gelangte, dass liier die Ueberreste einer Mansio
und nicht einer Mutatio vorliegen. Dass Ernolatia in den
Zeiten des Itinerars keine Mansio gewesen, beweist einfach
die Thatsache, dass es dort, gleich allen übrigen Mutationes
der Route, mit Stillschweigen übergangen wird. Dass es auch
in den Tagen der Tabula nur eine Mutatio war, beweist das
Mass seines Abstandes von Ovilava. Es ist bereits oben nach
gewiesen worden, dass der Römer, wo es nur immer anging,
die Mansiones in die Städte verlegte, wo eben die Bedürfnisse
der Post und der Reisenden in jeder Richtung befriedigt wer
den konnten. Ovilava war, wie die beigesetzten Thürme in
der Tabula bekunden, eine Civitas und überdies nach Yirunum
wohl der bedeutendste Ort auf der ganzen Route. Diese beiden
Städte zu Gunsten einiger Dörfer zu Mutationes degradiren zu
wollen, ist dem praktischen Römer nie in den Sinn gekommen.
Hätte Kenner nicht selbst gleichnamige Orte auseinander ge
schoben, so wäre ihm die Hypothese von einer , Verschiebung
der Stationen' wohl nie in den Sinn gekommen. Es ist nicht
der schwächlichste Grund aufzutreiben, warum im nördlichen
Theile unserer Route, wo die Quellen in den Namen und
Distanzen der Orte so genau übereinstimmen, die Vertheilung
der Stationen zu Zeiten der Tabula eine andere gewesen sein
sollte, als zu Zeiten des Itinerars. Hier wie dort müssen Ovi
lava, Tutatio, Gabromagus als Mansiones, und folglich das
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava. 421
zwischen Tutatio und Gabromagus gelegene Ernolatia als Mu-
tatio angesehen werden. Wenn Kenner für die Zeiten der
Tabula dieses Verhältnis umkehren und Gabromagus, Tutatio
und Ovilava zu Mutationes machen will, so muss er conse-
quenter Weise auch das auf Ovilava folgende Lauriacum als
Mutatio ansehen; denn dieses stand ungefähr in demselben
Abstande (XXVI m. p.) von Ovilava, wie Ovilava von Tutatio
und wie Tutatio von Gabromagus. Nun ist, wie Aquileia
einerseits, so Lauriacum anderseits das Endziel der Strasse.
Kann diese Endstation und Grenzveste etwas anderes als Mansio
gewesen sein?
c Den schärfsten Widerspruch gegen Kenner’s Ansicht er
heben schliesslich die Distaiizangaben der Itinerarien. Erno
latia ist nach den Daten der Tabula von Ovilava 11 -j- 11
-f- 12 m. p. entfernt. Mit diesem Wegmasse von 34 m. p. ist
es absolut unmöglich, von Wels her durch die Engthäler der
Steier und Teichel — und eine andere Bahn wäre nirgends
aufzufinden — die Fundstätte bei Windischgarsten zu erreichen.
Diese Thatsache musste sich Kenner um so bemerklicher
machen, als er zwischen Wels und der Steierschlucht unsere]'
Strasse einen ganz ungebührlich langwierigen Lauf anwies.
Anstatt aber daraus zu folgern, dass die Ruinen bei Windisch
garsten unmöglich Ernolatia angehören können, zieht es Kenner
vor, die Daten der beiden Itinerarien nach seiner vorgefassten
Meinung zurechtzulegen und in der weitgehendsten Weise zu
corrigiren. Die ältere Station sein thci hing des Itinerars sei
nach einem ,Schema 4 durchgeführt gewesen, in den Zeiten der
Tabula seien sämmtliche Stationen durchschnittlich um 5 m. p.
nordwärts verschoben, die Mutationes überall in Mansiones
umgewandelt worden und umgekehrt, in der Tabula seien die
Strecken Ovilava—Vetoniana und Vetoniana—-Ernolatia je um
4, im Itinerar der Abstand Ovilava’s von Ernolatia um 15 m. p.
zu gering beziffert u. dg]. m. Mit den Daten der Itinerarien
in dieser Weise umzuspringen, ist gerade in Betreff des nörd
lichsten Theiles unserer Strasse unstatthafter als irgendwo.
Die Namen und Distanzen der Stationen stehen gerade dort
im besten Einklänge. Das Itinerar beziffert den Abstand
Tutatio’s von Gabromagus mitXX, die Tabula mit XII-)-VIIIm.p.
Das Itinerar berechnet die Distanz Ovilava’s von Tutatio mit
Sitzungsber. d. phil.-liist. CI. LXXX. Bd. III. Hft. 28
422
Iv o li n.
XX, die Tabula mit XI -(- XI m. p. Vergleicht man andere
Fälle, wo Itinerar und Tabula wie liier einen und denselben
Weg verzeichnen, so findet man, dass sie auf dieser Strecke
auffallend genau übereinstimmen. Der Unterschied von 2 m. p.
bei einer Weglänge von 42, beziehungsweise 40 m. p., ist
sicherlich kein beträchtlicher zu nennen. Bei dieser Sachlage
kann es sieh also nur darum handeln, welche von den beiden
Quellen grösseren Anspruch auf Glaubwürdigkeit hat. Die
Entscheidung dieser Frage fällt nicht schwer. Sie kann nur
zu Gunsten der Tabula ausfallen. Während das Itinerar für
den Abstand Ovilava’s von Tutatio eine runde Ziffer ansetzt,
wird dieselbe Strecke in der Tabula zu 2 X H m - p. detäilirt.
Während das Itinerar, wie noch zu zeigen ist, auch an anderen
Orten unverkennbare Lückenhaftigkeit aufweist, fanden wir
im südlichen Strassentheile die Daten der Tabula allenthalben
von Seiten der Meilenzeiger und anderer Funde bestätigt.
Hält man also an den überlieferten Massen fest, so kann
über den Lauf unserer Strasse zwischen Wels und der Steier-
schlucht kein Zweifel obwalten. Die Knappheit derselben ver-
räth, dass die Bahn durch diese theilweise ebene, theilweise
wellige Landschaft eine ziemlich geradlinige gewesen sein
muss. Dafür spricht übrigens auch die Erfahrung, die wir am
südlichen Strassentheile der Tabula gemacht haben. Wir fan
den dort mehrfach die Poststrasse der Neuzeit an Kürze und
Energie überboten. Diese und andere noch zu erörternde
Gründe nöthigen, den Lauf der Römerstrasse zwischen Wels
und der Steier derart zu ziehen, dass sie um etwas mehr als
eine halbe Meile kürzer ausfällt, als die heutige Chaussee.
Wer einen Blick auf die viel und unnöthig gekrümmte Linie
der modernen Strasse und auf die von ihr durchschlängelte
Landschaft wirft, wird eine solche Abkürzung leicht möglich
finden. Das Terrain stellt dieser Forderung der Itinerare keine
irgendwie bedeutenden Schwierigkeiten entgegen. Es ist auch
gar nicht die Art des römischen Ingenieurs, eine Route unter
Aufwand von Geld und Mühe durch einen verhältnissmässig
beschwerlichen Gebirgsübergang (über das Tauernjoch) abzu
kürzen, um dann im Flach- und Hügellande den gewonnenen
Vortheil durch unnöthige Schlingelwege zu verzetteln. Denkt
man sich also die moderne Chaussee zwischen Wels und Klaus,
Die römische* Heerstrasse von Virunum naeli Ovilava.
423
deren Länge die Marschroutenkarte des österr. Generalstabes
mit 6 österr. Meilen bemisst, um s / 5 Meilen straffer angezogen,
dann erweisen sich alle Kenner’schen Correcturen als über
flüssig. Als Standort Tutatio’s — natürlich sowohl desjenigen,
welches die Tabula, als auch desjenigen, welches das Itinerar
verzeichnet — ergibt sich dann, dem Namen des Ortes ent
sprechend, 1 der strategisch wichtige Punkt, wo die zum Firn
ziehende Strasse zwischen Ober- und Unter-Ramsau das Eng
thal der Steier betritt. Genau in der Mitte dieses Weges, bei
Voitsdorf, muss Vetoniana gestanden haben, dessen Entfernung
von Ovilava einerseits und Tutatio anderseits die Tabula mit
XI m. p. beziffert. Nach ihrem Eintritt in das Steierthal bis
zur Ebene von Windischgarsten bewegt sich die Strasse durch
aus in Bahnen, die rechts und links von Gebirgshängen auf
das Bestimmteste vorgezeichnet sind. Hier kann natürlich die
römische Postchaussee von der neuzeitlichen nicht beträchtlich
abgewichen sein. Das Wegmass von 12 m. p., womit die
Tabula die Distanz Tutatio—Ernolatia. beziffert, führt uns aus
der Umgebung der beiden Ramsau nach Diernbach. 2 Hier
stossen wir zum ersten Male auf Spuren römischer Ansiedlung,
welche die Correctheit der in den Itinerarien über den nörd
lichen Strassentheil überlieferten Daten und unserer darauf
basirten Strassenführung bestätigen. Nach einer von Kenner
mitgetheilten Nachricht Gaisberger’s hat man ,in Diernbach
vor vielen Jahren Spuren vom Aufenthalte der Römer gefun
den. Späterhin stiess man etwa 300 Schritte ober der Steier-
brücke bei Planirung des Platzes auf dem sog. Fuchsluger-
berge in einer Tiefe von 3 Fuss auf 4 bis 5 Eisengeräthe, wie
deren ähnliche auch in Windischgarsten vorkamen; man be
trachtet sie als Eisenschuhe für hufkranke Pferde'. 3
Auf Ernolatia folgt in der Tabula in einem Abstande von
8 m. p. die Station Gabromagus. Die Correctheit dieser Ziffer
wird, wie bereits bemerkt worden, indirect vom Itinerar
i
9
1 Note fehlt im Manuscript.
2 dern, dürr, dier verschiedene Formen für das irische dur, Wasser, dii
alle für Bachnamen in Rheinbaiern Vorkommen. Dermbach in Meiuin
gen, Derenbach in Hessen. Mone S. 62.
3 Sitzungsber. LXXI, S. 3715. Vgl. die Note in Bd. LXXIV, S. 495.
28*
.
424
K o lin.
bestätigt. Denn dieses bewerthet die Gesammtläfl'ge des Weges
zwischen den Mausiones Tutatio und Gabromagus genau so wie
die Tabula, mit XX m. p. Mit dem Wegmasse von 8 m. p.
gelangt man von Diernbach, den Lauf der Teichel aufwärts
verfolgend, in die Nähe der südwestlichen Gemarkung von
Windischgarsten. Kann es noch einem Zweifel unterliegen,
dass die hier gelegene Fundstätte nichts anderes als der dürf
tige Ueberrest von Gabromagus ist? Zu dieser Lage inmitten
der Teichelebene stimmt vortrefflich die von Kenner erwähnte
etymologische Ableitung des Ortsnamens, der zufolge dieser
als eine Zusammensetzung aus gabhar (im Irischen = Pferd
oder Ziege) und magh (= Ebene, Feld) anzusehen wäre. 1
Ungleich grösseres Gewicht legen wir indess auf die Thatsache,
dass der Abstand der beiden Fundstätten bei Diernbach und
Windischgarsten der Länge des Weges zwischen Ernolatia und
Gabromagus entspricht. Und hiezu gesellt sich noch die
zweite Thatsache, dass Gabromagus, wie oben eingehend dar
gelegt worden, eine Mansio war, und als solche sowohl in den
Zeiten der Peutingeriana wie auch in jenen des Itinerars be
stand. Unsere Ortsbestimmung befindet sich also auch im
besten Einklänge einerseits mit dem von Kenner festgestellten
Charakter der bei Windischgarsten blossgelegten Gebäude und
anderseits mit den darin gefundenen Gegenständen, welche
einen Zeitraum von 3 Jahrhunderten umspannen.
Die in der Tabula auf Gabromagus folgende Station führt
den Namen Stiriate (Stirias?). Mit Recht weist Kenner die
Annahme Muchar’s zurück, dass dieser Ort seines Namens
wegen am Flusse Steier zu suchen sei und demnach in der
Tabula eine irrthümliche Versetzung der Stationen stattgefun
den habe. Wir haben bereits zu viele Proben von der Cor-
reetheit der Tabula erhalten, um auf derartige Vermuthungen
hin ihre Daten misshandeln zu lassen. Uebrigens bedeutet ster
nach Mone in der bretonischen Sprache so viel wie Bach, Flüss
chen, und man begegnet Namen dieser Wurzel nicht blos in
Oberösterreich, sondern auch in Steiermark. So der Stier
grabenbach, ein Zufluss des bei Ennsliug in die Enns mün
denden Weissenbaches; der Stierlochgraben, ein Zufluss des
7 O /
1 Mone 221.
Die römisclie Heerstraese von Virunum nach Ovilava. 425
Preuneggrabens; cler Steiersee auf der Hochebene des Todten
Gebirges. 1 Die Entfernung der genannten Station von Gabro-
magus beziffert die Tabula mit XV m. p. Mit diesem Weg
masse gelangt man auf der früher beschriebenen Bahn von
der Fundstätte bei Windischgarsten ins Ennsthal bei Lietzen.
Wiederum führen uns die überlieferten Wegmasse, wie bei
Unzdorf, Scheifling und Furth im südlichen, bei Ramsau,
Diernbach und Windischgarsten im nördlichen Strassentheile,
an den Kreuzungspunkt zweier Thäler. Und wiederum, zum
dritten Male, seitdem wir von Ovilava ausgegangen, stossen
wir auf bedeutende Ueberreste römischer Ansiedlung. Am
Kirchthurme von Lietzen befand sich schon in Muchar’s Zeiten
ein römischer Grabstein eingemauert. Ein antiker Dolch und
zwei Bronzegeräthe, welche für Bestandtheile eines Pferde
geschirres gehalten werden, wurden in den Jahren 1868 und
1872 in der nächsten Nachbarschaft dieses Marktes gefunden.
Ueber einen grösseren Fund berichtet Knabl im 9. Hefte der
Mittheilungen des historischen Vereines der Steiermark: ,Bei
Erweiterung der Poststrasse in der Richtung nach Pirn, noch
in der Gemeinde Lietzen, ist zwischen den Jahren 1833—1834
ein vollständiges römisches Grab mit mehreren, leider ver
schleppten Steinfiguren, wovon jedoch zwei nach Admont ge
kommen sind, nebst einem Inschriftsteine aufgedeckt worden'.
Dieser Inschriftstein ist ein mehreren Personen, worunter sich
auch ein Soldat befindet, gewidmetes Grabdenkmal. So stehen
also die drei einzigen Fundstätten römischer Denkmäler, die
den Lauf unserer Strasse zwischen Wels und dem Ennstliale
fixiren, genau in denselben Abständen, wie die Stationen Er-
nolatia, Gabromagus und Stiriate. Kann es einen zuverlässi
geren Beweis für die Richtigkeit unserer Strassenführung und
Stationenbestimmung geben, als dieses ungesuchte Zusammen
treffen der Fundstätten mit den an der Hand der Itinerarien
ermittelten Standorten der Stationen?
Ueber die Richtung, welche die Strasse von Lietzen süd
wärts eingeschlagen, kann, nachdem bereits durch eingehende
1 Schaubach, Die deutschen Alpen, III. 477. Götli, Topographie von
Steiermark, III. 179, 184.
426
K o h n.
Beweisführung- ihr Lauf über den Triebner Tauern sichergestellt
ist, kein Zweifel aufkommen. Zwischen dem Ennsthal und
dem Triebner Tauern bietet eben die Bodengestaltung nur eine
einzige Fahrbahn. Die Römerstrasse musste, ebenso wie die
Chaussee der Neuzeit, die Enns übersetzend, in die schmale
Pforte einlenken, die ins Paltonthal führt und dann bei Trieben
zum Tauernjoch abbiegon. Auf Stirias folgt in der Tabula,
in einem Abstande von XV m. p. die Station Surontium. Nach
ihrer Entfernung von Gabromagus zu schliessen, war sie eine
Mansio, während das in der Mitte liegende Stirias blos als
Mutatio fungirte. Mit dem erwähnten Wegmasse gelangt man
in die nächste Nachbarschaft des Dorfes Trieben,' wo das
Paltenthal sich buchtförmig ausweitet, um den vom Tauern
kommenden Triebenbach aufzunehmen. Der Lauf dieses Baches
führt die Strasse zum Tauernjoche hinan. Das Tauernjoch ist
nicht nur bedeutend höher als die Pirnscharte, sondern auch
sehr beträchtlich länger und beschwerlicher. Seine absolute
Höhe wird von Zollikofer und Gobanz 2 mit 3957, von Wall
mann 3 sogar mit 4600 Fuss berechnet. Bei einem derartigen
Gebirgsübergange wird jede vernünftige Posteinrichtung Sorge
tragen, dass auf der Jochhöhe Halt gemacht und die Gespanne
gewechselt werden. Thatsächlich hatte auch die moderne Post,
ehe die Locomotive ihre Dienste übernahm und ihren Neigun
gen gemäss dem bequemen aber bedeutend längeren Thalweg
den Vorzug gab, auf der Wasserscheide des Passes eine Halt
stelle. Die armselige Ortschaft Hohentauern, auch das Tauern
haus genannt, verdankt wohl einzig diesem Verkehrsbedürfnisse
ihre Entstehung. Denn die Umgebung ist öde und traurig,
durch den spärlichen Ueberzug des Grases schimmert allent
halben das braune Unterfutter des Gneisses. 1 Man darf also
vermuthen, dass auch der Römer, der Altmeister des Strassen-
baues, hier oben eine Mutatio gehabt habe. Diese Vermuthung
1 Der Name dieses Dorfes ist vielleicht ebenso keltischen Ursprungs, wie
der von Surontium. Treabh bedeutet nach Mone im Irischen ,Dorf‘, das
Diminutiv davon lautet treabh&n, , kleines Dorf k (S. 34 u. 141).
2 Höhenbestimmungen in Steiermark, S. 16.
3 Note fehlt im Manuscript.
4 Schaubach HI. 397.
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
427
findet eine Bekräftigung- durch die Analogie, welche die Strasse
zwischen Virunum und Juvavum bietet. Wie unsere Strasse
die östlichste, so benützte jene die westlichste, um nahezu
1000 Fuss höhere Tauernscharte. Auf der Wasserscheide dieses
Joches wurden zu wiederholten Malen TJeberreste einer römi
schen Station ausgegraben, welche die Tabula unter dem Namen
in alpe verzeichnet. Wenn nun den Daten der Tabula zufolge
auch auf der Höhe des Triebner Joches eine Station zu stehen
kommt, dürfen wir darin nicht einen neuen Beweis für die
Correctheit unserer Strassenführung erblicken? Und dies ist
thatsächlich der Fall. Auf Surontium folgt in der Tabula Tar-
tursana. Kenner liest irrthümlich Tartusanis anstatt Tartur-
sanis. Damit fällt die von ihm gegebene etymologische Ab
leitung des Wortes. Dagegen mag seine Vermuthung ganz
berechtigt sein, dass dieser Ortsname vielleicht mit der Be
zeichnung , Tauern* in Verbindung zu bringen ist. Nur hätte
er dann diese Station ,im Tauern* und nicht unten bei Möder-
bruck suchen müssen. ,Das Volk versteht unter Tauern keinen
Berg, keinen Gebirgszug, keinen Gebirgspfad, sondern einen
Hochgebirgspass, ein grosses Bergthor.* 1 Damit verhalte es
sich aber wie immer; so viel ist gewiss, dass Tartursana, dessen
Abstand von Surontium X m. p. betrug, nirgends sonst als
auf der Wasserscheide des Joches gestanden haben kann, da
wo heute die fast nur aus Kirche und Schmiede bestehende
Ortschaft Hohentauern oder Tauernhaus ein kümmerliches Da
sein führt.
Auf Tartursana folgt in der Peutingeriana in einem Ab
stande von 9 m. p. Viscella. Mit diesem Wegmasse gelangt
man bis Möderbruck, also wiederum zu einer Stelle, wo zwei
vielverzweigte Gräben in einander münden. Der von Tauern
kommende Pölsbach nimmt dort den vom Bretsteinbach und
anderen Zuflüssen verstärkten Pusterwaldbach auf, um alle
diese Gewässer der Mur zuzuführen. Sind, wie früher nach
zuweisen versucht wurde, die Stationen Virunum, Noreia I. und
ad pontem im Süden, Ovilava, Gabromagus und Surontium im
Norden des Tauern als Mansiones anzusehen, so folgt daraus
mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass sowohl Viscella als Tar-
i'.
I
Jahrbuch des deutschen Alpenvereines, 1869/70, S. 460.
428
Kohn.
tursana nur Mutationes gewesen. Man wird vielleicht einwen
den, dass der Abstand der Mansiones ad pontem und Suron-
tium (XXXI m. p.) in Anbetracht des schwierigen Terrains
zu gross sei. Eine derartige Verkehrserleichterung fehlte sogar
auf dem von der Strasse Virunum—Juvavo übersetzten Iiad-
städter Tauern, auch dort lag zwischen den beiden Thalstatio
nen Anis und Inimurio nur eine einzige Haltstelle in alpe.
Dann müssen wir daran erinnern, dass auch die Distanz der
Mansionen Gabromago und Surontium, zwischen denen das
Pirnjoch liegt, XXX m. p. beträgt. Der Pirnübergang ist
freilich bedeutend leichter zu bewältigen; allein der Unter
schied wird dadurch mehr als aufgewogen, das die Tauern
passage mit zwei Mutationes ausgestattet war. Nachdem wir
den Standort von Viscella ermittelt haben, hat es weiter keine
Schwierigkeit, die in der Tabula ausgefallene Distanzziffer der
der Strecke Viscellis—ad pontem zu ermitteln. Die Bestimmt
heit der Bodengestaltung bürgt dafür, dass die moderne Chaussee
zwischen Möderbruck und der Murbrücke bei Furth in ihrem
Laufe und also auch in ihrer Länge von der Römerstrasse
nicht beträchtlich abweiche. Auf jener beläuft sich der Ab
stand der beiden genannten Orte auf 12 m. p. Fügt man dem
leer ausgegangenen Viscellis, das, wie oben dargethan worden,
von der Tabula in jeder Weise als selbständige Station ge
kennzeichnet wird, diese Ziffer bei, so stehen alle Stationen
an ihrem richtigen Platze, und es ist keine Distanzangabe auf
zufinden, an deren Correctheit gezweifelt werden dürfte.
Ueberblicken wir jetzt noch einmal den ganzen Strassen-
lauf, so müssen wir der Energie unsere Bewunderung zollen,
mit der der Römer ein an Schwierigkeiten so reiches Terrain
zu bewältigen verstand. Die Länge des ganzen Weges zwischen
Virunum und Ovilava beträgt nicht mehr als 157 m. p. oder
31 2 / 5 deutsche Meilen. Nicht weniger beachtenswerth ist die
ungemein praktische Vertheilung der Stationen. Von einer
einzigen Ausnahme, der unumgänglich nöthigen Haltstelle auf
der Höhe des Tauernjoches abgesehen, liegen alle im flachen
Lande, wo die für den Postverkehr erforderlichen Bauten leicht
herzustellen, die Lebensmittel für Menschen und Thiere und
allenfalls auch Fuhrwerke zur Hand waren. Mit besonderer
Vorliebe sehen wir Punkte zu Stationen auserkoren, wo meh-
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
429
rere Thalwege sich kreuzen, sei es nun, dass der Römer hiemit
Stappelplätze des Handels und Verkehrs schaffen wollte, oder
dass er, wie die meisten keltischen Ortsnamen wenigstens ver-
muthen lassen, an diesen günstigen Terrainstellen solche be
reits vorfand. Während also die zum Theil noch heute un
erreichte Kürze der Strasse die Hauptaufgabe, die Verbindung
der seit dem Markomannenkriege oft gefährdeten Donaugrenze
mit dem grossen Waffenplatze Aquileia in der musterhaftesten
Weise löste, legte die Art und Weise der Stationenvertheilung
die einsichtsvollste und feinfühligste Berücksichtigung der Ver
kehrsinteressen an den Tag.
Wir haben bisher nur diejenigen Daten des Itinerariums
Antonini in Betracht gezogen, welche den nördlichsten Strassen-
theil betreffen. Dabei ergab es sich, dass in der genannten
Quelle die Strecke Ovilavae —Tutatio um II m. p. zu gering
bemessen sei. Von diesem ganz unbeträchtlichen Fehler ab
gesehen, fanden wir das Itinerarium mit der Tabula im besten
Einklänge. Die Uebereinstimmung in den Namen und Distan
zen der Stationen einerseits, die Fundstätten und die Terrain
gestaltung andererseits stellten ausser Zweifel, dass wenigstens
nördlich vom Pirn die Strassenzüge beider Quellen iden
tisch sind.
Es drängt sich nun die Frage auf, ob sie auch südlich
vom Pirn, wo die beiden Quellen ganz verschiedene Stationen
nennen, eine und dieselbe Strasse im Auge haben.
Wie bereits oben erwähnt, will Muchar von der Ver
schiedenheit der Stationen auf eine Verschiedenheit der Bahnen
schliessen. Männert, Knabl (in späterer Zeit) und Kenner da
gegen erklären diese Erscheinung damit, dass im Laufe der
Zeiten im südlichen Strassentheile eine Veränderung der Sta
tionenvertheilung stattgefunden habe. So viel nun auch die
genannten Gelehrten in der ganzen Frage geirrt haben, so hat
doch ihre Annahme einer durchgängigen Identität des ganzen
Strassenlaufes schon aus ganz allgemeinen Gründen die grösste
Wahrscheinlichkeit für sich. Sind doch Aenderungen der Statio
nen auch bei unserer Post keine ungewöhnliche Erscheinung.
Auch sie verlegt die Haltplätze gerne in die volk- und ver
kehrreicheren Orte. Aber die einzelnen Ortschaften sind noch
430
K o h n.
mehr als die Völkermassen dem grossen Gesetze alles Irdischen
unterworfen. Hier geht eine allmälig oder plötzlich zu Grunde,
dort blüht eine andere empor. Die Post muss natürlich der
artigen Veränderungen Rechnung tragen. Allerdings hatte der
römische Ingenieur bei der Anlage der Reichsstrassen nicht
in erster Linie die Interessen des Handels und Verkehrs zu
berücksichtigen. Allein in Betreff der Stationcnvertheilung
fielen diese mit den Interessen der Reichsvertheidigung und
Verwaltung aufs Genaueste zusammen. Die grösseren Orte
boten natürlich den marschirenden Truppen und den reisenden
Beamten eine bequemere Unterkunft und konnten leichter die
nöthigen Fahrzeuge, Gespanne und Lebensmittel herbeischaffen.
Nimmt man also an, dass nach einem verheerenden Barbaren
einfalle oder im friedlichen Laufe der Dinge in der südlichen
Strassenhälfte eine Aenderung der Stationseintheilung vorge
nommen wurde, so erklären sich die verschiedenen Ortsnamen
in ganz einfacher Weise. Auffallender dagegen wäre die Er
scheinung, dass eine Verlegung unserer Strasse in ganz andere
Gegenden stattgefunden hätte. Dies würde einen Fehler in
der ersten Strassenführung voraussetzen, den man dem Genie
und Scharfsinn der römischen Ingenieure nicht leichthin zu-
muthen darf. Wir dürfen es übrigens bei diesen Erwägungen
allgemeiner Natur nicht bewenden lassen.
Die voranstehenden Forschungen über den Strassenzug
der Tabula haben unter anderem ergeben, dass der Ort Gabro-
magus seinen Standort an der Fundstätte von Windischgarsten
hatte, und dass eben dort auch die gleichnamige Station des
Itinerars gestanden habe. Gabromagus ist der südlichste Ort,
der in beiden Wegverzeichnissen erscheint. Und doch ist hier
eine Gabelung des Weges der ganzen Bodengestaltung zufolge
ganz und gar unmöglich. Es gibt nur eine einzige Bahn,
welche von hier südwärts führt. Ein Blick auf die Karte ge
nügt, dies einzusehen. Das Pirnjoch und das Paltenthal können
nicht umgangen werden. Diese von der Natur selbst vorge
zeichnete Bahn hat erwiesener Massen die Strasse der Tabula
eingeschlagen. Erst bei Trieben bietet sich überhaupt die
Möglichkeit zu einer abweichenden Strassenführung. Der Tauern
übergang gabelt sich hier mit dem Thalwege, der die Palten
und Liesing entlang nach St. Michael führt. Hätte die Strasse
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
431
des Itinerars abweichend von jener der Tabula die letztere
Richtung eingeschlagen, dann müssten die Daten des Itinerars
(wie früher nachgewiesen wurde, um eine viel bedeutendere
Summe von Million, nicht weniger als 50 m. p.) zu gering an
gesehen werden. Es ist ferner zu bedenken, dass das Itine-
rariuin genau so wie die Tabula 30 m. p. südlich von Gabro-
magus eine Station verzeichnet, Sabatinca. Mit dem Ausmasse
von 30 m. p. gelangt man aber von der Fundstätte bei Win-
dischgarten, wie gleichfalls früher nachgewiesen worden, nicht
weiter, als bis in die Gegend von Trieben. Die Annahme einer
Verschiedenheit der Strassen stützt sich einzig auf die Er
scheinung, dass von Gabromagus im Itinerar drei Ortsnamen
begegnen, welche in der Tabula nicht Vorkommen. Nun hat
sich aber gezeigt, dass die eine dieser drei Stationen, Saba
tinca, jedenfalls auf der in der Tabula verzeichneten Bahn ge
standen haben müsse, trotzdem sie in dieser Quelle nicht er
scheint. Es ist schon hiedurch der Schluss nahegelegt, dass
es sich mit den beiden anderen Orten des Itinerars in gleicher
Weise verhalten könne, dass auch sie mit den Stationen der
Tabula an einem und demselben zu verschiedenen Zeiten ver
schieden eingetheilten Strassenzuge gestanden haben mögen.
Zu diesem Schlüsse drängen übrigen auch noch andere That-
sachen.
Wir haben schon oben die unvergleichlichen Vortheile
dargelegt, welche die Einödpassage in Bezug auf Kürze und
Bequemlichkeit jeder anderen Wegrichtung gegenüber bietet,
und wie es kaum denkbar sei, dass gerade der praktische
Römer zu irgend einer Zeit diese in die Augen springenden
Vorzüge übersehen haben sollte. Wir haben Funde an römi
schen Münzen, Statuen und Reliefs aufgezählt, die verschiede
nen Jahrhunderten der römischen Herrschaft angehörig, längs
dieses Weges in reicher Fülle zu Tage gefördert wurden. Vor
Allem aber rufen wir uns in Erinnerung, dass wir an dieser
Strassenlinie, die sich mit Gewissheit als die der Tabula er
wiesen hat, 4 Meilensäulen begegneten, welche drei verschiedenen
Jahrhunderten angehörten. Eine gehört einem Kaiserpaare des
2. Jahrhunderts an, die zweite stammt von Macrinus und Dia-
dumenianus um 218 n. Chr., die dritte ist von Kaiser Philipp
errichtet, welcher von 244—249 n. Chr. regierte; der vierte
432
Kohn.
endlich ist Constantin dem Grossen gewidmet, der bekanntlich
337 n. Chr. starb.
Aus diesen Meilenzeigern geht hervor, dass die Strasse Viru-
mmi—Ovilavae vom 2. bis gegen die Mitte des 4. Jahrh. eine und
dieselbe Bahn durch die Einöd festgehalten habe. Nun findet
sich im Itinerarium als Endstation unserer Strasse und auch
sonst noch sechsmal (p. 231, 235, 241, 249, 256, 258) der Ort
Lauriacum erwähnt. Derselbe Ort wird einmal im Itinerarium
(p. 249) auch als Standort der 2. Legion 1 bezeichnet. Lauria
cum ist aber, einer Inschrift 2 zufolge, eine Colonie des Kaisers
Marc Aurel, von dem auch die genannte Legion, die noch in
den Tagen der notitia utriusque imperii in Lauriacum garni-
sonirte, ins Leben gerufen worden war. Andererseits ist es
bekannt, dass das Itinerarium provinciarum nach dem Urtheile
competenter Gelehrten in der heute vorliegenden Fassung nicht
aus den Zeiten des Septimius Severus oder Caracalla, sondern
aus den Tagen Diocletians herrührt. Nur in einigen Codices
der jüngeren Classe finden sich einzelne Ortsnamen, die in die
Zeit Constantins des Grossen hinausreichen. Hält man diese
äussersten Zeitgrenzen des Itinerariums zusammen mit den
vorerwähnten Meilensteinen, so ergibt sich daraus zur Evidenz,
dass auch in den Zeiten der letztgenannten Quelle der süd
lichste Theil unserer Strasse dieselbe Landschaft durchmass,
wie in den Tagen der Tabula, durchs Gurk-, Metnitz- und
Olsa-Thal nach Scheifling u. s. w.
Hat sich, wie wir glauben, die Identität der beiden gan
zen Strassen aus all’ dem Vorhergesagten genügend erwiesen,
so müssen wir jetzt unbedenklich die Distanzangaben des Iti-
nerars mit den als richtig gefundenen der Tabula in Einklang
zu bringen suchen. Dies ist auch nicht so schwierig, wie es
auf den ersten Blick erscheint. Denn die Lückenhaftigkeit des
Itinerars reducirt sich bedeutend, wenn wir in Betreff der
1 Parthey und Pinder haben sich zwar für die Leseart ,leg-. I1I‘ entschie-
den. Allein Männert (III. 637) schon hat mit Berufung; auf die notitia
imp. occidentalis ,leg. II £ zu lesen vorgeschlagen. Diese Lesart findet
sich auch thatsächlich in der Handschrift Q bei Parthey und Pinder.
Auch das ,leg. U‘ der Handschrift O ist offenbar nur eine Entstellung
der Ziffer II.
2 Gruter p. 245.8, Muchar Noricum, I. 163.
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
433
Distanzziffer der schon genannten Station Sabatinca der Leseart
des von Parthey und Pinder unter D angeführten Codex
Parisiensis folgen. Diese dein 10. Jahrhundert ungehörige, von
den genannten Herausgebern des Itinerarium Antonini als
eine der originellsten und zuverlässigsten bezeichnete Hand
schrift, beinisst abweichend von den anderen die Strecke
Monate—Sabatinca mit XXVIII m. p. Diese Variante wurde
seltsamer Weise bisher völlig ausser Acht gelassen. Einstim
mig wurde an der von den anderen Codices überlieferten Ziffer
XVIII festgehalten. Man sah wohl ein, dass diese Distanz
kleiner als die sonst auf unserer Strasse begegnenden sei und
vermuthete, dass hier eine Verstümmelung vorliege. Allein die
meisten entschlossen sich mit Kenner die Ziffer XVIII durch
Correctur auf XXIII zu erhöhen, und meinten hiedurch und
durch Ausmerzung einer Station der Tabula die Uebereinstim-
muug zwischen beiden Strassenverzeiclmissen hergestellt zu
haben. Die eine Correctur ist ebenso willkürlich, wie die
andere. Dass es in der Tabula keine überzählige Station gäbe,
und dass eine irgendwie beträchtlich kürzere Verbindungsstrasse
zwischen Virunum und Ovilava als die in der Tabula ver-
zeichnete überhaupt nicht möglich sei, ist bereits oben erwiesen
worden. Hält man an diesen Resultaten fest und acceptirt die
vom Codex D überlieferte Distanzziffer von Sabatinca, so er
scheinen auch die Daten des Itinerars in einem viel günstigeren
Lichte als es bisher der Fall war. Die Lückenhaftigkeit der
selben reducirt sich genau auf VII m. p., um so viel erweist
sich die Summe seiner für die Strecke Virunum—Gabromagus
angesetzten Masse geringer, als die wirkliche Weglänge. Es
entsteht nun die Frage: Wo hat man diese, entweder vom Ver
fasser des Itinerars oder von späteren Copisten verschuldete
Lücke zu suchen? Soll man die runde Distanzziffer von Can-
dalicas (XX), Monate (XXX) oder jene von Gabromagus (XXX)
als verstümmelt ansehen. Die Tabula und der Fund von Win-
dischgarsten geben uns hierüber Bescheid. Beide zusammen be
lehren uns, dass Gabromagus nicht blos in den Tagen des
Itinerars, sondern so weit überhaupt unsere Kenntniss von der
Existenz der Strasse Virunum—Ovilava reicht, jederzeit eine
Mansio gewesen. Auch bezüglich des Abstandes dieser Mansio
von der in südlicher Richtung nächstfolgenden herrscht zwischen
434
Iv o h n.
beiden Itinerarien die genaueste Uebereinstimmung. Beide be
ziffern diese Distanz auf XXX m. p., eine Zahl, die auch, ab
gesehen von den früheren Gründen, schon wegen ihrer Grösse
eine weitere Erhöhung schwer zulässt. Ebenso bedenklich wäre
deshalb auch eine Yergrösserung der Distanzziffer von Monate,
die gleichfalls XXX m. p. beträgt. Somit kann also bei einer
Aenderung nur die Ziffer von Candalicas, XX, in Betracht
kommen. Es ist auch kaum zu bezweifeln, dass hier ein
Lapsus vorliegt, in Folge dessen die im Originale den beiden
Zehnerzeichen beigefügte Ziffer YII schon frühzeitig in Weg
fall kam. XX m. p. von Virunum weg, das ist bei Kalnitzeu
im Metnitzthale ist nie ein antiker Fund von irgend einer
Bedeutung zu Tage getreten. Dagegen gelangen wir mit
XXVII m. p. zu einer Fundstätte von ganz ungewöhnlicher
Ergiebigkeit. Man erinnere sich nur an die obenerwähnten
verschiedenen Jahrhunderten der Kaiserzeit angehörigen Denk
mäler, welche in unseren Tagen in der Einöd zu Tage geför
dert wurden. Sie bekunden nicht blos die Existenz einer
römischen Niederlassung, sondern auch die ehemalige Anwesen
heit römischer Truppenkörper. 1
An bedeutenderen Orten war in unserem Noricum kein
derartiger Ueberfluss, dass es bei der Stationsvertheilung auf
der hier durchziehenden Strasse übergangen sein sollte. Sein
Abstand von Virunum entspricht übrigens gerade der durch
schnittlichen Entfernung zweier Mansiones. Es kommt hinzu,
dass thatsächlich auch die Tabula genau XXVII m. p. hinter
Virunum eine Station verzeichnet. Dort wird der Ort aller
dings nicht Candalicas, sondern gleich der nächstfolgenden
Station Noreia zubenannt. Nach dem bereits vorliegenden Ana
logon, dass dieselbe Station, welche XXX m. p. südwärts von
Gabromagus stand, im Itinerar Sabatinca, in der Tabula Suron-
tium heisst, wird man auch an der Verschiedenheit dieser bei
den Ortsnamen keinen Anstand nehmen dürfen. Man hat übri
gens die Wahl entweder hier wie dort eine Umtaufung des
Ortes anzunehmen oder aber das correspondirende Noreia als
einem Versehen des Copisten der Tabula entsprungen zu be
trachten. Anstatt Candalicas zu verzeichnen, wiederholte er
1 Viele N.r. 5044 u 5043 bei Mommsen.
Die römische Heerstrasse von Virunum nach Ovilava.
435
den voranstellenden Namen Noreia. Dies konnte ihm um so
leichter begegnen, als beide Orte mit derselben Distanzziffer
(XIII) ausgestattet waren. Entschliesst man sich zu dieser ein
zigen Correctur, die durch die Daten der aufgefundenen Denk
mäler und der Peutingeriana wohl zur Genüge gerechtfertigt
ist, so ist der Einklang zwischen beiden Wegverzeichnissen
aufs Genaueste hergestellt.
Es bleibt nur noch übrig, den Standort von Monate aus-
zumitteln. Diese Mansio ist von Candalicae (Noreia) XXX m. p.
entfernt. Mit diesem Wegmass gelangt man noch um III m. p.
über ad pontem (Furth) hinaus zu einem Punkte, der genau
eine Meile südlich von Unterzeiring bei Enzersdorf liegt.
Auf diese kleine Verschiebung der zweiten Mansio hinter
Virunum reducirt sich der ganze Unterschied zwischen Tabula
und Itinerar. Die kleinen Haltstellen für den Gespannwechsel
mögen in den Zeiten des Itinerars so ziemlich die nämlichen
gewesen sein, wie in den Tagen der Tabula: Matucaium, wo
sich die beiden römischen Tauernstrassen gabelten, Noreia,
Tartursanae und Stiriate. Wenigstens hat diese Annahme weit
aus mehr Berechtigung als die Hypothese, wonach die Muta-
tiones des Itinerars ohne Rücksicht auf das Terrain und auf
die von der Strasse passirten Ortschaften rein schematisch in
der mathematischen Mitte der Mansiones angelegt gewesen
sein sollten.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind durch die auf
der nächsten Seite folgende Tabelle zusammengefasst. Die
erste Columne veranschaulicht die richtig gestellten Daten des
Itinerars, die zweite jene der Peutingeriana, die dritte Columne
verzeichnet die Namen der heutigen Ortschaften, welche den
Standorten der alten Stationen am nächsten liegen.
436
Ko hu. Die römische Heerstrasse von Yiruuum nach Ovilava.
Itinerar
Tabula
Virunum
XX(VII)
Candalicae
XXX
Monate
XXVIII
(Handschrift D)
Sabatinca
XXX
Gabromagus
XX
Tutatio
XX(II)
Ovilava
Virunum
XIITI,
Matucaium
XIII,
Noreia (recte Candalicae)
XIII
Noreia
XIIII
ad pontem
(XII)
Viscella
IX
Tartursana
X
Surontium (= Sabatinca)
XV
Stiriate
XV
Gabromagus
VIII
Ernolatia
XII
Tutastio
XI
Vetonianae
XI
Ovilia
Summe CLVII m. p. = CLVI1 m. p.
Heutige Ortsnamen
Maria Saal
Unzdorf
Einöddorf
Seheifling
Fürth
Euzersdorf
Möderbruck
Hohentauern
Trieben
Lietzen
Windischgarsten
Diernbach
Eamsau
Voitsdorf
Wels
XY. SITZUNG YOM 16. JUNI 1875.
Die Divectiou der Staats-Oberrealschule zu Steyr spricht
den Dank aus für die überlassenen akademischen Publicationen.
Das w. M. Herr Dr. Pfizmaier legt eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung, betitelt: ,Japanische
Etymologien' vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie des Inscriptions et Belles-Lettres: Comptes rendns dessdances de
l’annee 1875. IV« Serie. Tome III. Bulletin de Janvier-Fevrier-Mars.
Paris; 8°.
— Imperiale des Sciences de St.-Petersbourg: Memoires in 8°. Tome XXIII,
2 e Partie. St.-Petersbourg, 1874. — Repertorium für Meteorologie.
Band IV. Heft 1. St. Petersburg, 1874; 4°.
Accademia Pontificia de’ nuovi Lincei: Atti. Anno XXVIII, Sess. 3“.
Roma, 1875; 4°.
— Reale dei Lincei: Atti. Tomo XXVI, Sess. 2“ —4 n . Roma, 1874; 4°.
— R., delle Scienze di Torino: Atti. Vol. IX., disp. l a —5 a . Torino 1873—
1874; 8".
— R., Virgiliana di Mantova: Atti e Memorie. ßiennio 1871 — 72. Manfova,
1875; gr.-8°.
— di Scienze, Lettre ed Arti di Palermo: Atti. Vol. IV. Palermo, 1874; 4°.
Gesellschaft der Wissenschaften, Kgl. bühm., in Prag: Sitzungsberichte.
1875, Nr. 1—2. Prag; 8°.
Greifswald, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften, erschienen
seit Januar 1874. 4° u. 8°.
Institut National Genevois: Bulletin. Tome XX. Geneve, 1875; 8°.
Madrid, Universität. Revista. 2 a Epoca. Tomo V, Nr. 2. Madrid, 1875, kl. 4 n .
Musee Teyler: Archives. Vol. III, Fase. 4 a . Harlem, Paris u. Leipzig,
1874; 4°. — Verhandelingen rakende de natunrlijke en geopenbaarde
godsdienst. Tlitgegeven door Teylers godgeleerd Genootschap. N. S. III.
Deel, 1° u. 2° Stuk. Harlem, 1874; 8°.
Sitzungsber. d. pliil.-liist. CI. LXXX. Bd. III. Ili't. 29
438
,Revue politique et litteraire“ et ,Revue scientifique de In France et de
l’etranger 1 . IV 0 Annee, 2° Serie, Nr. 50. Paris, 1875; 4°.
Society, The Royal Geographical, of London: Proeeedings. Vol. XIX. Nr. 5.
London, 1875; 8».
— The American Philosophical: Proeeedings. Vol. XIV, Nr. 92. Philadelphia,
1874; 8°.
Verein für Geschichte und Alterthümer der Herzogthümer Bremen und
Verden und des Landes Hadeln zu Stade: Archiv. V. 1875. Stade; 8°.
— für Geschichte und Alterthümer Schlesiens: Zeitschrift. XII. Band, 1. und
2. Heft. Breslau, 1874 u. 1875; 8°. — Sc.riptores rerum Sile-
siaearum. IX. Band. Breslau, 1874; 4°. — Regesten zur Schlesischen
Geschichte. Von C. Grünhagen. Vom Jahre 1559 bis 1280. Breslau,
1875; 4".
Volkmann, Wilhelm, Ritter von Volkmar, Lehrbuch der Psychologie
vom Standpunkte des Realismus und nach genetischer Methode. 1. Band.
Cöthen, 1875; 8°.
Pfizmaier. Japanische Etymologien.
439
In
N
Japanische Etymologien.
Yon
Dr. August Pfizmaier,
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
Unter den in Japan über einheimische Sprachforschung,
eine, wie es scheint, erst in neuerer Zeit gepflegte Wissen
schaft, veröffentlichten Werken ist das im Jahre 1830 gedruckte,
von J|| p| Tani-gawa-si-sei verfasste Jp =J|| FT
Wa-kun-siwori ,Wegweiser zu japanischen Lesungen' in 38 auf
34 Bände vertheilten Büchern, das gründlichste. Wie ein
kurzes Nachwort besagt, waren von diesem alphabetisch ge
ordneten Werke anfänglich nur neun Classen — a bis sa —
gedruckt. Das Uebrige gab der Sohn des Verfassers nach
dem hinterlassenen Mänuscripte in Gemeinschaft mit einem
gelehrten Freunde des Vaters nach und nach vollständig her
aus. Dieses Vorwort schreibt sich von dem eilften Jahre
Mon-sei (1828), die Herausgabe von dem dreizehnten Jahre
Mon-sei (1830). Das Aeussere des Buches weist jedoch auf
ein weit geringeres Alter hin. Möglich, dass es eine neue
Auflage oder vielmehr ein neuer Abdruck ist.
In dem genannten Werke hat sich dessen Verfasser die
Aufgabe gestellt, die japanischen Lesungen sämmtlicher in
Japan üblichen chinesischen Zeichen und Zeichenverbindungen
mit Angabe der Autorität zu sammeln, die japanischen Grund
bedeutungen zu ermitteln und die Ableitung eines jeden Wortes
29*
440
P fi 7,m ai er.
mit so viel Gewissheit, als aus den vorhandenen Analogien
hervorging, zu bestimmen. Die angeführten Autoritäten sind
durchaus alte classische Werke, deren es eine grosse Menge,
zum Theile von bedeutendem Umfange gibt, dann auch einige
Werke, wie das ^0 ^ # Wa-mei-sed, , Aufzeichnungen
japanischer Namen', zi-no Icagami, ,der Spiegel der
Schriftzeichen' u. a., in denen der Sprachschatz der Japaner
niedergelegt zu sein scheint. Die meisten Gegenstände werden
mit sehr grosser, vielleicht allzu grosser Ausführlichkeit be
handelt, wobei es allerdings bisweilen geschieht, dass gerade
bei Dingen, über welche genaue Auskunft erwünscht wäre,
kurz abgebrochen oder das nöthige Citat nicht gebracht wird.
Da der Inhalt dos Wa-Jcun-siwori, insofern er sich auf
die erwähnten classischen Werke bezieht, ohne diese nicht
leicht dargelegt werden kann, wurden in dieser Abhandlung
hauptsächlich die etymologischen Forschungen ins Auge ge
fasst und Alles, was in dieser Hinsicht neu und philologisches
Wissen zu erweitern geeignet ist, nach dem Texte des Werkes
und gewöhnlich mit dessen Worten mitgetheilt. Das Buch
gibt die Ableitung beinahe aller in ihm verzeiclineten Grund
wörter, oft mit Bestimmtheit, oft auch nur als Muthmassung.
Viele dieser Ableitungen sind indessen älteren Ursprungs und
in Japan allgemein angenommen. Es lässt sich hieraus er
kennen, wie die Japaner ihre Sprache betrachten und wie sie
manche für uns in etymologisches Dunkel gehüllte Ausdrücke
erklären.
Diese Abhandlung liefert nur die von dem japanischen
Verfasser aufgestellten Etymologien, und wurde dasjenige, das
für uns ohnehin keine Schwierigkeit bietet oder das allzu Un
bestimmte weggelassen. Mit einer Anzahl Etymologien, welche
zu gewagt sind, dürfte man nicht einverstanden sein. Es schien
jedoch misslich, über Dinge, die gelehrten Japanern in ihrer
Sprache zweifelhaft Vorkommen, eine eigene Meinung aus
sprechen zu wollen. Eine geringe, in ihrer Art übrigens merk
würdige Ausbeute wurde nebenbei auf dem Gebiete der Dia-
lecte gemacht.
Das japanische Werk reiht die Zeichen der Sylbensehrift,
abweichend von dem Irofa, in folgender Ordnung:
I
■■■
^ S0 - m
mSBffimSsti ^ssatmwma
Japanische Etymologien. 441
T1^I7 I >r 3 I 11 Zs Z-ty I
t^xfy|nt7^$I^ £
I ^33 I 7 | y#2^-
In dieser Abhandlung wurde, der sich ergebenden Uebel-
stände wegen, von der Ordnung des Irofa nicht abgewichen,
dagegen in den Unterabtheilungen, in Hinsicht des aut' den
Initial folgenden Zeichens, das obige System unverändert ge
lassen.
Ferner wurden bei sämmtlichen der Forschung unter
zogenen Wörtern in der romanischen Umschreibung die alten
ursprünglichen Laute der Schriftzeichen beibehalten und auf
die neuere Aussprache, der zufolge ) ^ in ^7, in y/.
in 31 übergehen kann und Zusammenziehungen ent
stehen, keine Rücksicht genommen, weil sonst jede sprachliche
Forschung unmöglich gemacht wäre. Bios in den Erklärungen
wurde, wenn es nicht die eben angedeuteten Wörter betraf,
der allgemeinen Sitte Rechnung getragen.
Fito-no na-no owari-ni iü-iva tare-ka-to jobi-idasü Jca-no
gotosi. Man-jed-siii-ni ije-nctru imo-i niatci Icoku-ioö-i-no tagui
o-osi. Wenn / am Ende eines Personennamens steht, so hat
es den Sinn des herausrufenden ka in dom Worte tare-ka
,werV‘ Es gibt Vieles dieser Art, wie in der Sammlung des
Man-jeo: ,Schwester, die in dem Hause du bist! 1 Ferner in
dem fortgesetzten Nippon-ki: ,König des Reiches! 1
In dem Kami-jo-no fumi hat .Luft 1 die Lesung I.
Es ist die Abkürzung von iki.
Ikaru, zürnen. ^ |* Iki-agaru-no kokoro nari. Hat
den Sinn von iki-agaru, die Luft steigt auf.
Ikadzutsi, Donner. | no kokoro-to ijeri. Tsutsi-
10a jama-tsutsi-wo jama-ikadzütsi-to i-i no-tsutsi-wo no-ikadzutsi-
to kaku-ga gotosi. Man sagt, das Wort habe den Sinn von
ikasi-tsutsi, der strenge Erdgeist. Tsutsi ,Erdgeist 1 , ist von der
Art wie man jama-tsutsi für ,Bergdonner 1 , no-tsutsi für ,Feld
donner 1 schreibt.
i
442
Pfizmaier.
Luft stösst an'
I-ga-ta-u-me. Aus dem Geschlechte Gen. Hat den Sinn:
das alte Weib von I-ga. Man sagt, es bedeute den Fuchs.
IM, Atliem. m no kokoro nari. Hat den Sinn von
Hat, leben.
Ikiru, leben. £ ^ ivo nobe-taru Icotoba. Kiru R leaje
ku nari. Ist ein Wort, in welchem iku ,leben' gedehnt wurde.
Das Umschlagen von kiru ist hu.
Ihifofi (ikiiuoi), Stärke, Macht, ^ $j£ ? no kokoro naru-
besi. Kann den Sinn von ikifafu ,der Geist dehnt sich aus'
haben.
Iki-bure, Unreinigkeit treffen. Aus dem Geschlechte Gen.
no kokoro naru-besi. Kann den Sinn von iki-bure ,die
haben.
lku, leben. to kokoro-kajojeri. Hat mit iki ,Athem'
den Sinn gemein.
Ikusa. Kriegsherr. -C { ai-tsüke-süru-no sei-ni jori-
te kun-su. fr kusaru-no kokoro nari-to ijeri. Das Wort wird
so ausgesprochen, weil die Einrichtung besteht, dass die Ge
nossenschaften von fünf Männern zu einander gehören. Man
sagt, es habe den Sinn von i-husaru, fünf gekettet.
lkufa. Dieses ist in dem Nippon-ki die Aussprache voii
Zielscheibe. i|vj' wo i-kufu-to-mo jomere-ba sono kokoro
naru-besi. Da int ,schiessen' auch i-kufu ausgesprochen wird,
so kann das Wort diesen Sinn haben.
Ike, Teich. Uivo-wo ikuru-jori na tsükuru naru-besi. Es
kann sein, dass man aus ikuru (Fische) ,lebendig erhalten' den
Namen bildete.
lkofu, ruhen, £ no kokoro naru-besi. Ki o kajeru
ko nari. Kann den Sinn von iki-ofu ,Athem wachsen' haben.
Ki und o werden im Umschlagen zu o.
I-ko-zi. Hat dieselbe Bedeutung wie ne-ko-zi, mit den
Wurzeln ausreissen.
Isari, Fischfang. Iso-hari-no kokoro. So ka kajeri sa-
nari. Hat den Sinn von iso-kari, die Jagd an dem Meerufer.
So ka bildet im Umwenden sa.
Isago, Sand. ^ -f /Jn -tp = no kokoro nari. Hat den
Sinn von i-sa-ko (für isi-sa-lco) ,kleine Söhne Stein'.
Isakafu, streiten. Isa-sahafu-no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von isa-sakafu ,wetteifernd sich entgegen stellen' haben.
Japanische Etymologien.
443
Isatsuru. Ist in dem Nippon-lei die Aussprache des
Zeichens ,weinen'. In dem Ko-si-ki findet sich auch
isatsiru. Isa-wa t)- no kokoro-ni-ja. Sed-ni-no naku-
110 setsi-naru sama-wo mono-ni suri-wo site naJcu nado iü-ga
gotosi. Isa steht vielleicht in dem Sinne von isa, hin- und
zurückgehen. Es ist wie man von einem heftig weinenden
Kinde sagt: An einer Sache sich reibend, weint es.
Isawosi,, Verdienste. Isami-wo-wo-siki kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von isarni-wo-wo-sisi .tapfer und kühn' haben.
Isasaka, ein Geringes. I-wa fatsü-go sazajaka-naru kokoro
nari. Hat den Sinn von 1, einer Anfangspartikel, und sazajaka-
naru, winzig.
Isasame, leicht, gering. Kari-some-no kokoro nari-to ijeri.
Man sagt, es habe den Sinn von kari-some, geringfügig.
Isi, Stein. I-wa fatsü-go si-iva nari-to ijeri. Man
sagt, I sei eine Anfangspartikel und si bedeute sita, unten.
Iso, ein felsiges Ufer. Isi-no i|^. nari jote iso-ioo si-to-
mo jomi isi-wo iso-to-mo jomi. Ist die Umwendung von isi,
Stein. Desswegen liest man iso auch si, und isi ,Stein' liest
man iso.
Isofu, streiten. I-to ki-to kajowasu kisofu-to onazi. Man-
jed-siü-ni isofaku-to iü-mo fa kn kajeri fu no,re-ba arasoi-no
kokoro naru-besi. Indem 1 und ki mit einander verwechselt
werden, ist es mit kisofu gleichbedeutend. In der Sammlung
des Man-jeo heisst es auch isofaku. Da faku umgewendet fu
ist, wird dieses Wort den Sinn von isofu haben.
Isogu, eilen. I-wa fatsu-go siku-no kokoro nari. Nippon-
ki-no uta-ni i-sike-to ijeru-wa fftff no kokoro-ni site isogu-no
kokoro ari. Hat den Sinn von 1, einer Anfangspartikel und
siku. 1 Der in den Liedern des Nippon-ki vorkommende Aus
druck i-sike hat den Sinn von siku ,erreichen' und bedeutet
isogu, eilen.
Isosi. So wird in dem Nippon-ki das Zeichen |^/j ,die
Kraft anstrengen' gelesen, ln dem fortgesetzten Nippon-ki
kommt auch isosi-mi vor. Isawosi-ki-wo in. Sa too kajeri so
nari. Ima-mo iso-iso-sura-to-mo ijeri. Es bedeutet isawosi-si
Siku hat, wie an einer anderen Stelle angegeben wird, den Sinn des
Zeichens [ff ,schwer 4 , Gewöhnlich hat es die Bedeutung ,ausbreiten 1 .
444
Ffizmaier.
,thatkräftig“. Sa wo umgewendet bildet so. Gegenwärtig sagt
inan auch iso-iso-suru, tliätig sein.
Ita, Brot. I-iva fatsu-go ta-wa te-no fira naru-wo iü.
I ist eine Anfangspartikel. Ta (für te .Hand“) besagt, dass
es eine Handfläche ist.
Itaru, ankommen. Jjl no kokoro-ni-ja. Stellt viel
leicht in dem Sinne von iku-taru, das Gehen genügt.
Itasu, zu Stande bringen. rasu-no riaku naru-besi.
W. M no kokoro nari. Kann die Abkürzung von itarasu
,ankommen lassen“ sein. Hat den Sinn von ,gelangen lassen“.
Idaku, umfassen. I-wa fatsu-go-nite tsune-ni daku-to nomi-
mo ijeri. Nippon-ki-ni-wa mudaku-to-mo udaku-to-mo jomeri.
Take-don-mono-gatari-ni idakafete (idakajete) mata zoku-ni
dakajeru-to-mo iü. Fern kajeri fu ka fu kajeri ku-ni tsite daku-
to onazi. I ist eine Anfangspartikel. Gewöhnlich sagt man
auch nur daku. In dem Nippon-lei wird auch mudaku und
udaku gelesen. In der Geschichte von Take-dori heisst es
auch idakajete und im gemeinen Leben auch dakajeru. Fe ru
umgewendet ist fu. Ka fu umgewendet ist ku. 1 Es ist so
viel als daku.
Itamu, schmerzen. Iki-ivo tamüru-no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von iki-ivo tamuru ,den Atliem pressen“ haben.-
I-ta-ka. Sioku-nin uta-awase-ni nagare-kuan-deo-ivo site
mono-morb mono-ivo ijeri. Ima-mo mijako-ni-wa kakaru mono
ari. I-ta-ka bedeutet in der ,Liedersammlung der Amtleute“
Menschen, welche einen Zusammenfluss des Wassers lierstelleu
und betteln. Gegenwärtig gibt es in Mijako noch solche
Menschen.
Itadzura, vergeblich. Itaku tsurasi-no kokoro naru-besi
Kann den Sinn von itaku tsurasi ,schmerzlich und trübselig“
haben. Mi-no itadzura nado nta-ni jomeru-wa si-nuru koto-wu
ijeri. Munasi-ku-no kokoro nari. Wo mi-no itadzura, Vergeb
lichkeit des Leibes“ und Anderes in Gedichten belesen wird,
bedeutet es das Sterben. Es steht im Sinne des Leerseins.
1 Dieses stellt in Bezug auf idalcaju, welches der Form idalcajera zu
Grunde liegt.
2 Uebereinstimmend hiermit ist tame-iJci, Seufzer.
3 Ueber die Ableitung des Wortes wird nichts gesagt.
Japanische Etymologien.
445
Itadaki, Scheitel, Gipfel. M IRJ no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von Hatte takasi ,sehr hoch' haben.
Ita-gai. ivo jomeri. •'jfgj no kokoro nari. Ist eine
Losung' von siki-ita, Krippe. Hat den Sinn von ita-gai, auf
dem Brete füttern.
Itsi, Markt. + m no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von i-so-tsi ,fünfzig Wege' haben.
Sin-zen-ni kagura-wo suru onna-wo itsi-to iü-wa itsuki-no
kokoro-ni-ja. Tsuki kajeri tsi nari. Wenn man die Mädchen,
welche vor den Göttern die gottesdienstliche Musik aufführen,
itsi nennt, so hat dieses Wort vielleicht den Sinn von itsuki
,beten'. Tsuki lungewendet wird tsi.
In Itsi-fajasi ,sehr schnell' und ähnlichen Wörtern ist itsi
ursprünglich itsu ,streng' und drückt die Steigerung aus.
Itsi-zirusi, offenbar. Ito-siroki-no kokoro nari. Hat den Sinn
von ito-sirosi, sehr weiss.
Itsuku, beten und fasten. Imi-wo tsukusu-no kokoro naru-
besi. Kann den Sinn von imi-wo tsukusu, ,die Vermeidung er
schöpfen' haben.
Idzumi, Quelle. Idzu-midzu-no kokoro nari. Hat den Sinn
von idzu-midzu, hervorkommendes Wasser.
Itsufaru (itsuwaru), lügen. m i# ui no kokoro an-
mai-no kokoro naru-besi. Kann den Sinn der Dunkelheit in dem
Sinne von itsu-faruru ,zu einer Zeit hell sein' haben.
Itsuki-me. m :k ltsuki-me nari. Ist ein betendes und
fastendes Mädchen.
Itsuki-musume. Aus dem Geschlcchte Gen. Man sagt,
es sei so viel als dasjenige, wovon es in der Sammlung Man-
jeö heisst: kinu aja-no naka-ni tsutsumeru iwai-lto ,die in Seide
und Damast eingehüllte Tochter dos Gebotes'.
Itofu, Widerwillen empfinden. Itamu-no marobaserü icotoba
naru-besi. Kann die Umwendung des Wortes itainu ,schmer-
zen' sein.
Itoma, Müsse. Idzuru na-no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von idzuru na ,die hervorgehende Zwischenzeit' haben.
Itoko, Neffe. Idzuru ko-no kokoro. Hat den Sinn von
idzuru ko ,der hervorgehende Sohn'.
Inabi, verweigern. Man findet auch inaburu. Die Umwen
dung von bu ri ist bi. Man sagt auch inami und inamu.
446
Pfizmaier.
Ini-si-fe (ini-si-je), das Alterthum. si fe nari.
Mukasi-wo mukasi-be-to iü-ga gotosi. Ist ini-si fe ,die Seite,
wohin man gegangen ist'. Aut' gleiche Weise wird mukasi
,ehemals' durch mukasi-be ausgedrückt.
Inu, Hund. Ije-ni nuru-no kokoro naru-besi. Jo-wo mamoru
mono nari. Kann den Sinn von ije-ni nuru ,im Hause schlafen'
haben. Es ist ein Thier, welches die Nacht hindurch bewacht.
Ine, die Reispflanze. |i^ ;j>J| no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von i-i-ne ,Wurzel der Speise' haben. Man sagt
auch ina.
Inotsi, das Lebensloos. ^ 5 j% -f naru - besi. Kann so
viel als inotsi (für ki-no utsi), ,innerhalb des Athems' sein.
Inoru, beten. ‘ff ru-no kokoro nari. Hat den Sinn
von imi-noru ,die Vermeidung bekannt geben'.
Ifa (iwa), Fels. O-o-isi nari. Iff ’j^j" no kokoro-to ijeri.
Ist ein grosser Stein. Man sagt, es habe den Sinn von isi-fa,
Steinzähne.
Ifa-fo (iioa-ioo), Felsenwand. Fo-ioa fi-ide-idzuru-no kokoro.
Fo ,Kornähre' hat den Sinn von ß-ide-idzuru ,hervorsprossen'.
Man sagt auch ifa-fo-ro. Bo ist ein Hilfswort.
Ifaku (iwaku), sagen. zi-wo jomeri. Fa ku kajeri
fu nari. So wird das Zeichen ifu ,sagen' gelesen. Fa ku um
gewendet ist fu.
Ifane-iro. Kutsi-nasi-iro-wo iu. pj no kokoro-wo mote
iro-to iü nari jote jama-buki omina-besi nado-no ki-
iro-ni-mo jomeri. Bedeutet die Farbe des Jasmins. Durch die
Bedeutung von kutsi-nasi (ohne Mund, Jasmin) bezeichnet es
ifanu iro ,die ungenannte Farbe'. Desswegen wird es auch von
der gelben Farbe der Musspflanze, des Baldrians und anderer
Pflanzen gelesen.
Ifi-bo, Reiskörner. Fo-wa tsubu-no kokoro ari. Fo hat den
Sinn von tsubu, Korn.
Ifu. I-to ju-to-wa db-in naru-wo mote ifu-wo djf ni i-i-
kdke-td.ru uta ko-rai o-osi. Da / und ju gleichlautend sind, gibt
es von Alters her viele Gedichte, in welchen man den Laut
ifu dem Worte jufu ,Abend' beilegt.
Ife (ije), Haus, ff no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von i-fe ,fünf Thüren' haben.
Japanische Etymologien.
447
Ifo, Hütte. Ina-fo-jori ide-taru lcotoba naru-besi. Kusa-
ije nari-to ijeri. Kann ein von ina-fo ,Reisähre' abgeleitetes
Wort sein. Man sagt, es sei ein Pflanzenhaus.
Ifori, Hütte. m % naru-besi. Kann ife-wori ,in dem
Hause wohnen' sein.
Ima, jetzt. I-wa fatsu-go ma-wa Jjjj no kokoro me-no
maje-no kokoro naru-besi-to ijeri. Man sagt, 1 sei die Anfangs
partikel, ma bedeute me ,Auge', und das Wort könne den Sinn
von me-no maje ,vor den Augen' haben.
Ime, Traum, fff no furu-koto. Jume-to iü-ioa notsi-no
koto nari. 110 kokoro nari. Ist das alte Wort für
Traum. Jume wurde erst später gesagt. Steht im Sinne von
i-mi, im Schlafe sehen.
Imo, jüngere Schwester. I-wa fatsu-go mo-iva mukafu
kokoro nari-to ijeri. Man sagt, I sei eine Anfangspartikel und
mo habe den Sinn von mukafu, gegenüber stehen.
Ijasi, niedrig und gemein. Ija-simo-no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von ija-simo ,immer mehr unten' haben.
Ijatsiko. Nippön-ki-ni jjjfj wo jomeri. fjjjl ki-no
kokoro naru-besi. Man-jed-siü-ni-wa itsi-zirusi-to jornaseri. So
wird in dem Nippon-ki das Wort ,klar und deutlich' gelesen.
Es kann den Sinn von ija-tsikasi ,immer näher' haben. In
der Sammlung Man-jeö liess man es itsi-zirusi aussprechen.
Iju, genesen. Ijeru-wo jomeru. Ito-jamu-no kokoro. Ja mit
kajeri ja nari. So liest man ijeru, genesen. Hat den Sinn
von ito-jamu, der Schmerz hört auf. Ja mu umgewendet ist ju.
Ijo-jaka, hochragend. Man sagt auch ija-jaka. Ijo hat
den Sinn von ija, immer mehr. Jaka bedeutet die Fülle der
Pflanzen und Bäume.
Ira-tsu-ko. Nippon-ki-ni 115 ¥ ico jomeri tsu
¥ no kokoro. Iro-ioa wakaki kokoro. Tsu-wa zio-gö naru-
besi. So wird in dem Nippon-ki das Wort rb-si ,junger Leib
wächter' gelesen. Hat den Sinn von iro-tsu ko ,Sohn der Farbe'.
Iro ,Farbe' hat den Sinn von wakasi Jugendlich'. Tsu kann
ein Hilfswort sein.
Iranaku, rauh, grob, jäjf naku-no kokoro. Naku-wa zio-
go. Iranage-to onazi-kolcoro naru-besi. Plat den Sinn von iranaku,
448
Pfizraaier.
rauh. Naku ist ein Hilfswort. Es kann mit iranage gleich
bedeutend sein.
Iri, Wasserrohre. Ist ein aus ifi ,Wasserrohre' umgewan-
deltes Wort.
Fa, Blatt. Fira-no leajeri nari. Wa-mei-sed-ni m ^
ivo ßra-de-to jorni sin-saru-gaku-ki-ni-mo ^ ^ wo tsi-fira-to
jomeri. Das Wort ist die Umkehr von fira ,flach'. In dem
Wa-mei-seö hat fa-te ,Blätterhand' die Aussprache fira-cle. Auch
in der neuen Geschichte der Musik Saru hat tsi-fa ,tausend
Blätter' die Lesung- tsi-fira.
■j|| Fa-mo rti onazi. Auch ja ,Zahn' ist mit fa
jBLitt.' gleichbedeutend.
ffj wo jomu-wa mono-wo kiru-jori-no lcokoro naru-besi.
Die Aussprache fa für Klinge kann den Sinn haben, dass diese
einen Gegenstand zerschneidet.
J|i Fa für fu-moto ,der Fuss des Berges' hat vielleicht
den Sinn von faje ,wachsen'.
m wci ’f no kokoro naru-besi. Fa ,Flügel' kann den
Sinn von faru ,ansspannen' haben.
fjf ,freier Platz' wird ha ausgesprochen. Obgleich das
Wort einen trüben Laut hat, kann es die Abkürzung von niwa
,Vorhof' sein.
Faka in Wörtern wie asa-faka, ato-faka, soko-faka, ate-
faka ist ein Hilfswort.
J^jL wo jomu-wa. ato-faka-mo naku soko-faka-to-naku naclo
iü kokoro-nite sono ato-ivo nonvi nokor er u-jori-no na naru-besi.
Die Lesung faka für ,Grab' kann ein Wort sein, welches be
deutet, dass keine Spur (ato-faka), kein Boden (soko-faka) oder
sonst etwas vorhanden und nur das Nachfolgende zurückgelas
sen wurde.
Fagatsu. Kami-jo-bumi-ni | wo jomeri. Fanatsu-to won-
gi tsü-seri. So wird in dem Kami-jo-bumi das Wort ,abschat-
fen' gelesen. Laut und Bedeutung von fanatsu ,loslassen'
gehen in einander über. In Je-do nennt man den Westwind:
fagatsi.
Falca-se vielseitiger Gelehrter'. fi ± no den-ioonnari.
Ist die Lautumdrehung von faku-si.
Japanische Etymologien
449
Fa-gaki, Papiergeld. Wird m m fa - gaki ,Flügel-
Schrift' geschrieben. Tobi-te tsü-jb-sv-beki kokoro-ni-ja. Viel
leicht in dem Sinne, dass es im Fluge in den Verkehr und in
Gebrauch kommen solle.
Fakä-nasi, vergänglich. Nani-no fakari-mo aranu kokoro
naru-besi. Kann in dem Sinne stehen, dass es für etwas keine
Berechnung gibt.
Fa,ko, Kiste. Futa-ko-no Icokoro narr. Fu-ta-no kajeri fa
nari. Fiat den Sinn von futa-ko ,ein Korb mit einem Deckel'.
Fv ta umgewendet ist fa.
Fakobu, verführen, von einem Orte zum anderen schaffen.
FaJco-jori ide-tarn jomi-ni-ja. Vielleicht als Lesung, dass aus
Kisten (fako) herausgebracht worden.
Fasavm, von zwei Seiten einschliessen. meru-no
kokoro naru-besi. Me ru-no kajeri mn nari. Kann den Sinn
von fa-sa-meru ,mit den Flügeln einengen' haben. Me rn um
gewendet ist mu.
Fast, Rand. Fazim'e-no kokovo-nari. Hat den Sinn von
fazime, Anfang.
Fasiki. So wird ,liebenswürdig' gelesen. üruwasi-
ki-no kokoro kuwasi-ki-no riaku-ni-ja. Hat den Sinn von uruwasi-
si ,und ist vielleicht die Abkürzung von kuwasi-si, innig.
Faziku, schnellen. Ziku-no kajeri zu nari —100 fazu-
to iü-ni kokoro kajojeri. Mata. $t? ^ ^ no kokoro nari.
Fazikaru-to-mo in. Ka ru-no kajeri ku nari. Zilcu umgewendet
ist zu. Da man die Pfeilkerbe fazu nennt, gehen die Bedeu
tungen in einander über. Fs hat ferner den Sinn von fane-
siku, abspringend erreichen. Man sagt auch fazikaru. Ka ru
umgewendet ist ku.
Fasira, Pfeiler. no kokoro nari.-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von fasi-wori, Leitersitz.
Fasiru, laufen. Siru-no kajeri m nare-ba fasu-ni onazi.
Da siru umgewendet su ist, so ist das Wort mit fasu ,rennen'
gleichbedeutend.
Fasime (fazime), Anfang. ]j^ fff no kokoro naru-besi.
De-wa-nite si-ioo sumi-te torib. Kann den Sinn von fasi-me
,Randknospe' haben. In De-wa wird si klar ausgesprochen.
Fa-sike-jasi. Man-jed-siü-ni io kakeri. Mata
% Jg £f|j to-mo miju. Si-wa zio-go nari. Mata
450
Pfizmaier.
jasi-wa josi-no den-ni-ja. Nippon-lci-ni-wa fa-siJci-josi-to-mo
mije-tari. In der Sammlung Man-jeö werden für dieses
Wort die Zeichen von itsukusimi-kana ,wie lieblich!' geschrie
ben. Man findet auch fa-siki-jasi. Si ist ein Hilfswort. Ferner
ist jasi vielleicht die Umdrehung von josi, gut. In dem Nippon-
ki findet man auch fa-sihi-josi.
Fasu, einherjagen. m suru nari. Ist so viel als fa-suru
Flügel machen. Fasu , Wasserlilie' ist die Abkürzung von
fatsisu.
Fata, Webstuhl. m t no kokoro-ni-ja. Steht vielleicht
im Sinne von fa-ta, Flügelhand.
Fata, Fahne. m m no lcokoro naru-besi. Kann den
Sinn von fa-taru ,die Flügel hängen nieder' haben.
Fata, Acker. •X EB nari. Inisi-je kusa-ivo jaki-te
kojasefsi-jori-no na nari. Ist fo-ta, Feuerfeld. Das Wort ent
stand, weil man ehemals die Felder durch Verbrennen des
Unkrauts düngte.
Fada, der blosse Leib. Man-jeo-siu-ni zi-wo jomeri
fi-fada ki-fada-no tagui nari. no kokoro-ni-ja. So wird in
der Sammlung Man-jeö das Wort kaum ,Haut' ausgesprochen.
Es ist etwas Aehnliclies wie in fi-fada ,Rinde des Lebens-
baumes', ki-fada ,Baumrinde'. Es steht vielleicht in dem Sinne
von fata, der Rand.
wo jomu-wa fada-zi fazimete kinu-wo tsukuri-te fada-
je-wo atatamuru-jori kokoro kun-seri. Was die Aussprache fada
für (das chinesische) Tlisin betrifft, so ist sie entstanden, weil
das (japanische) Geschlecht Tlisin zum ersten Male Seiden
stoffe verfertigte und dadurch den blossen Leib erwärmte.
(Findet sich in dem Ko-go-siü-i ,dem Auflesen des Hinter-
lassenen der alten Sprache.)
In dem Spiegel der Schriftzeichen hat jj^h nugu ent
kleiden' die Aussprache fada-namerakesi.
Fada-fe (fada-je), der blosse Leib. Im Sinne von
fada-fe, die Seite der Haut. Lautet auch kafa-fe
(kawa-je), die Seite der Haut.
Fata-ke, hoher Acker. Ke-wa ^{=- no kokoro. Mono-wo
uje-tsuke-taru kokoro naru-besi. Ke hat die Bedeutung ke,
,Haar'. Kann den Sinn haben, dass etwas hinzugepflanzt
worden.
Japanische Etymologien.
451
Fataru, fordern, wird gewöhnlich durch ^ ausgedrückt.
Fataku-ni kokoro-kajojeri. Ima-mo de-wa-ni. Icono Jcotoba an.
Geht in fataku ,ausklopfen' der Bedeutung nach über. Gegen
wärtig kommt auch in De-wa dieses Wort vor.
Fatare, halbgeschmolzener Schnee. In dem Dai-nikkiö
hat fatara die Bedeutung: Blätter. Das Dai-butteö sagt, es
bedeute: weiss. In der fortgesetzten späteren Gedichtsammlung
steht: niwa-mo fatara-ni juki furi-ni-keri ,in dem Vorhof fiel
bunt durcheinander Schnee'. Ru-setsu-ni matara-to tsü-su-to ijeri.
Matara-mo bon-go nari. Jetsi-go-nite foro-foro furu juki-wo
ijeri. Tb-bu-nite kinu-bo-si-juki-to iü-wo tsiü-koku-nite fe-tare-
juki-to i-i jetsi-ro-nite bota-juki-to i-i sai-koku-ni bora-
juki-to iu. In den alten Erklärungen heisst es, dass das Wort
in matara (madara) ,bunt' übergehe. Matara ist auch ein
Sanskritwort. In Jetsi-go sagt man foro-foro furu juki, der zer
bröckelnd fallende Schnee. In T6-bu sagt man kinu-bb-si-juki,
der Schnee der seidenen weissen Mütze. In den mittleren
Reichen sagt man fe-tare juki, der im Vorbeigehen herab
gelassene Schnee. In Jetsi-ro sagt man bota-juki, der Schnee
der Baumstümpfe. In den westlichen Reichen sagt man fana-
bora-juki, der Schnee der Blumenschnecken.
Fadalca, nackt. M # ho kokoro. Hat den Sinn von
fada-akaru, die Haut im Lichte.
Fadasi, barfuss. Fadaka-asi-no kokoro. Hat den Sinn
von fadaka-asi, der nackte Fuss.
Fada-tatsi. Iki-no fada-tatsi sini-no fada-tatsi-to mije-tari.
Fito-wo jaburi kizu tsuke kabane-wo mote katana-wo tamesu-no
tagui-wo iu. Man findet: die Haut der Lebenden durchschnei-
den, die Haut der Todten durchschneiden. Bedeutet Dinge
wie: die Menschen beschädigen und ihnen Wunden beibringen,
an den Todten das Schwert versuchen.
Fatsi-huku, Bienenblasen. Gen-zi-mono-gatari-ni fatsi-buki-
ije-ba-to mije-tari. Fat.si-ivo fuku-ga gotoku-no kokoro kirajeru
tei-wo iu Jcotoba nari. In der Geschichte des Geschlechtes Gen
findet sich: Als man es bienenblasend sagte. —- Hat den Sinn
von fatsi-tvo fuku-ga gotolcu ,als ob man Bienen wegbliese'.
Ist ein den Abscheu ausdrückendes Wort.
452
Pfizmaidr.
Fat,sv, der Anfang, das Erste, fljjjjj JJJ- no kolcoro naru-
besi. Kann den Sinn von fasi-idzu ,an dem Rande hervor
kommen' haben.
Man-jeb-siu-ni ^ no zi-wo jomeri. Khoamari-fate-taru
kolcoro nari. In der Sammlung Man-jeö ist fata die Aussprache
des Zeichens Icoku, die Gipfelung. Es hat den Sinn, dass etwas
gipfelt und geendet hat.
Fana, Blume. n0 kun-gi-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von faru na.ru ,im Frühlinge entstehen oder sich ver
wandeln'.
Fana. Nase. j||_ wa fazime nari. Mono-no fazime koto-
no fazime rnina fana-to ijeri. Die Nase ist der Anfang. Den
Anfang der Wesen, den Anfang der Dinge nennt man gleich-
massig fana, Nase.
Hana-da, blau. EU Fana - da - no kolcoro - ni - ja. Hat
vielleicht den Sinn von fana-da, Blumenfeld.
Fanu.ru, getrennt sein, jj^ ni naru-no kokoro-ni-ja. Hat
vielleicht den Sinn von fa-ni naru, an dem äussersten
Rande sein. ,
Fani, Lehm. Neba-ni-no riaku-ni-wa tsutsi-no ko-go naru-
besi. Kann die Abkürzung von neba-ni ,klebrige Erde' und
das alte Wort für tsutsi ,Erde' sein. In der alten Sprache hat
J - ,Erde' die Aussprache ni.
Faha, Leinwandbreite. m c no kolcoro na,ru-besi. Mata
fata-ba-no riaku-go-to ijeri. Kann den Sinn von fa-ba. ,Flügel
rand' haben. Man sagt auch, es sei die Abkürzung von fata-ba.
Fabamu, hemmen, zerstören. Fabakaru-to kolcoro kajojeri.
Ist ein Uebergang des Sinnes Von fabakaru, sich scheuen.
Fama, Meerufer, Z no kolcoro nari-to ijeri.
Man sagt, es habe den Sinn von fa-ama, Meer des äussersten
Endes.
Faja.su. Kusa-ki-wö fajasu-to iü-wa. tno kolcoro
nari. Auf Pflanzen und Bäume bezogen hat dieses Wort den
Sinn von fajasu, wachsen lassen.
Fajasi, Wald. £ sn-no kolcoro nari jote faje-to-mo ijeri.
Hat den Sinn von fajasu, wachsen lassen. Man sagt daher
auch faje.
Fora, Ebene. Nippon-ki-ni wo fara-fara-t.o jomeru
kolcoro nari. Tsilcu-si-bito-wa faru-to iü-to-mo ijeri. Hat den
Japanische Etymologien.
453
Sinn von fara-fara, das in dem Nippon-ki die Lesung von
kai ,öffnen' ist. Es heisst auch, dass die Menschen von Tsiku-si
dafür fa.ru sagen.
In dem Nippon-ki ist es auch die Lesung ,Wald*.
Man liest take-fara ,Bambuswald*, matsu-fara ,Fichtenwald* und
Anderes.
Fara, Bauch. Nin-zin-tsiü-no Jjjt to iü-besi. Kann die
Ebene (fara) in der Mitte des menschlichen Körpers be
zeichnen.
Farafu, fegen. m jori ide-taru kotoba naru-besi. Kann
ein von fa ,Flügel* abgeleitetes Wort sein.
Pari, Nadel, ifp * no den nari-to ijeri. Man sagt, es sei
die Umwendung von fori, aushöhlen.
Fa.ru, Frühling. no kokoro. Hat den Sinn von fara,
ausbreiten.
Ni als Lesung von ,weggeben* ist die Abkürzung
von ini.
J • wo jomu-wa ko-go nari. Ni als Lesung von {-
,Erde* ist alte Sprache.
wo jomu-wa wa-mei-sio-ni miju. fj- no so-mib
nari. Ni als Lesung von fj ,Mennig* kommt in dem Wa-
mei-sio vor. Es ist eine allgemeine Benennung des Mennig
rothen und Grünen.
Ni als Lesung von ,sieden* ist eine Abkürzung für nije.
Nijeru, sieden, juru-no marobäse-si. Zoku-go-ni juru-wa
no kokoro nari. Nije-ju-wa nari. Ist die
Uinweudung von nijuru. In der gewöhnlichen Sprache hat
ju.ru den Sinn von nijuru, gesotten werden. Nije-ju ist sieden
des Wasser.
Nigasi, bitter. n ^ ki kokoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von ni-karasi, mennigscharf.
Nige-nasi. Aus der Geschichte von Ise. MtIM
no kokoro nari-to ijeri. Man sagt, es habe den Sinn von ni-ke-
nasi, ohne ähnliche Luft.
Nisi, West. Fi-no ini-si-no kokoro nari-to ijeri. Man sagt,
es habe den Sinn von fi-no i.ni-si, die Sonne ist weggegangen.
Nizi, Regenbogen. ft no kokoro. Zi-wa sudzi-no kajeri
nari. Hat den Sinn von ni, mennigroth. Zi ist die Rückkehr
Sitznngsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. III. Hft. 30
454
Pfizmäier.
von xndzi, Ader, Zweig. Tn dein Nippon-ki wird nuzi, in der
Sammlung Man-jeö wird nozi gelesen. Noch gegenwärtig wird
in der gemeinen Sprache der östlichen Reiche nozi gesagt.
Ni-si-kiBrocat. |fj ^ wo kokoro nnri. Hat den
Sinn von ni-siro-ki, mennigroth, weiss, gelh.
Nina ,Muschel' steht für mina.
Nino ,Strohmantel' steht für mino.
Nif anaß. Ni-i-name-wo hi. Nippon-ki-ni miju. Mata nifa-
no afi-to-mo jomeri. Nifa-no afe-no kokoro nari. No a-no kajeri
na jote nifa-nafi-to-mo iü nari. Nifa-wa iwai-niwa-wo in. Mata
ni-fi-to ni-fa-to tsü-sure-ba tada-ni nifi-no kokoro naru-ni-ja. Mata■
nifa-nafe mata nifi-name mata nifa-fi mata nifi-fe-to-mo miju.
Jst das Opfer des neuen Getreides. Aus dem Nippon-ki. Es
wird auch nifa-no aß (niwa-no ai.) gelesen. Hat den Sinn von
nifa-no afe ,die Bewirthung des Vorhofes'. Die Rückkehr von
no a ist na. Deswegen heisst es auch nifanafi. Nifa (niica)
,Vorhof' ist der Vorhof des Gebetes. Da ferner ni-fi und ni-fa
in einander übergehen, hat es vielleicht nur den Sinn von nifi
(ni-i), neu. Man findet auch nifa-nafe, nifi-name, nifa-fi und
nifi-fe.
Nifi. (ni-i), neu. n 0 no Icokoro-nite fi-idzurn-jori i-i-
some-taru kotoba naru-besi. Niwi-to kake-ba arazu. Nifi-makura,
nifi-manabi, nifi-fad.a nado iü köre nari. Ima riaga-to-no kuni-
ni atarasi-lci-wo nifi-na-to ijeri. Kann den Sinn von ni-fi ,men-
nigrother Tag' haben und ein Wort sein, welches man anfäng
lich von dem Sonnenaufgang gebraucht hat. Ni-wi soll man
nicht schreiben. Es ist dasselbe Wort wie in nifi-makura
,neues Polster', nifi-manabi ,neues Lernen', nifi-fada ,neue Haut',
und anderen Ausdrücken. Gegenwärtig wird in dem Reiche
Naga-to für atarasi-si ,neu' das Wort nifi-na (ni-i-na) ge
braucht.
Fo, Feuer. wo fo-to jomu-wa tsü-in nari. Arui-wa
tu-won nari-to ijeri. Sare-do Ico-sio o-oku fo-to jomere-ba zi-go
naru-besi. Die Aussprache fo für ji ,Feuer' ist ein übergehen
der Laut. Einige sagen, es sei der chinesische Laut. Da
jedoch in alten Büchern häufig fo gelesen wird, so muss es
ein einheimischer Laut sein.
Japanische Etymologien.
455
ij|j| iva jori den-seri. Fo-no ide-fazimuru iro mina
akasi ina-bo-wo moto-to su. Fo ,Kornähre* ist aus fo ,Feuer*
umgewendet. Die anfänglich hervorkommende Farbe der Korn
ähren ist roth. Man legt die Reisähren zu Grunde.
Jari-no sctki-ioo fo-to iü-mo ij|li no kölcoro naru-besi. Dass
die Lanzenspitze fo genannt, kann ebenfalls den Sinn von fo
,Kornähre* haben.
wa ijHi den-seru-ni-ja. To-oku-jori arawa-ni
mijuru kokoro naru-besi. Subete arawa-naru koto-wo ni-
mo ni-mo josete ijeri. Mata m to kazö-naru-besi. Zi-
je-ni furu fune fa nari-to mije-tari. Fo ,Segel* ist vielleicht
die Umwendung von fo ,Kornähre*. Es kann den Sinn haben,
dass etwas von ferne deutlich zu sehen ist. Jede deutliche
Sache wird in der Rede sowohl an fo ,Segel* als an fo ,Korn
ähre* herangebracht. Ferner kann es auch in fa ,Flügel* über
gehen. In dem Tse-hoei findet man: Die schwankenden Schiffe
sind Flügel.
Fogaß. Aus dem Nippon-ki. Gafi-no lcajeri gi nari.
ift wo fogi-to jomu-ni onazi.. Die Rückkehr von gaß ist gi.
Ist so viel als die Lesung fogi für ifafu, den Gottesdienst
halten.
Foki. Gen-zi-ni jo-ni-mo foki-taru koto-to-zo siri-to miju.
Foke-taru-to iü kotoba nari-to ijeri. In dem Geschlechte Gen
findet sich: Durchaus nicht wissen, dass es eine alberne Sache
ist. Foki-taru ist ein Wort, welches foke-taru ,albern* bedeutet.
Ku-go-ni foki-to ft ru nado iü-wa sono koje-ni-ja. In
Ausdrücken der mündlichen Rede wie foki-to ivoru ,entzwei
brechen* ist. es vielleicht, der Laut.
Fogi. Ko-sio-ni j|A‘ no zi-wo jomeri. Fogu-ni onazi. In
alten Büchern wird so das Schriftzeichen für inoru ,beten' 1
ausgesprochen. Es ist mit fogu gleichbedeutend.
Fogu. Kami-jo-bumi-ni ^ no zi jjfJJ no zi no zi
nado-wo jomeri. ^ jjfJJ moto tsü-su. Fogafi-no kokoro nari.
So werden in dem Kami-jo-bumi die Schriftzeichen für mazinai
,verwünschen*, iwai ,den Gottesdienst halten*, inoru ,beten*
ausgesprochen. ,Verwünschen* und ,den Gottesdienst halten*
wird mit einander verwechselt. Es hat den Sinn von fogafi.
1 Nebst einigen anderen Schriftzeiclien von derselben Bedeutung.
30*
456
P f i z m a i e r.
Foke. Gen-zi-ni folcerarete-to ijeru-wa fore-taru kokoro
nari-to ijeri. Mata foke-tari-to-mo mije-tari. Man sagt, der Aus
druck fokerarete in dem Geschleckte Gen habe den Sinn von
fore-taru, blödsinnig, albern. Man findet auch foke-tari.
Foko, Lanze. M ^ nite wo mote moto-to suru
naru-besi. Kann fo-ko ,Kornährenbaum' sein, wobei man ko
,Baum' zu Grunde legt.
Fosi, Stern. X F naru-besi. Kann fo-isi ,Feuerstein'
sein. In dem Kami-jo-bumi findet sich: ,die an dem Himmels
flusse stehenden fünfhundert Felsen'. Dieses bezeichnet die
Gestalt der Sterne an dem Himmelsflusse.
Fotoke, Buddha. y'fji no koje nari. Sind die
chinesischen Laute von fu-do-ke.
Fototogisu, Kukuk. Naku-koje-wo ^|] * ^ i- jjipj i- V
i||. x to iü josi ziü-ivb-kib-ni mije-tari. Itsuwari- nare-do
wa-zin-no tsukuru-ni arazu-to ijeri. Dass der Gesang dieses
Vogels fototogisu lautet, ist in dem Buche der zehn Könige zu
finden. Man sagt: Obgleich es ein lügenhaftes Buch ist, wurde
es von keinem Japaner verfasst.
Föne, Knochen. •X « no kokoro-to ijeri. Man sagt,
das Wort habe den Sinn von fo-ne ,Feuerwurzel'.
Fonoha, undeutlich. no no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von fo-no ha ,Geruch des Feuers' haben.
Fonofo, Flamme. no ^ nari-to ijeri. Man sagt, es
sei so viel als fo-no fo ,Kornähren des Feuers'.
Fora, Grotte. Fogaraka-naru kokoro nari. Hat den Sinn
von fogaraka-naru, geräumig.
Be-ka-lco. Ko-asobi-ni ma-buta-wo R si-te kaku iü-wa
no kokoro naru-besi. Zo-kagami-ni-ioa me-ka-ko-u-
to kake-tari. Man sagt so in dem Kinderspiele, wenn man die
Augenlider zurückkehrt. Es kann den Sinn von me-aka-ko
,Augenkind' haben. In dem vermehrten Spiegel wurde me-ka-
ko-u geschrieben. 1
1 Sonst keine Erklärung und keine Angabe der Autorität, so nothwendig
beides bei dem unbekannten Worte auch gewesen wäre, Be steht übri
gens für me Auge.
Japanische Etymologien.
457
Fetsufi, Hercl. y§j4 no kokoro jj^ ^ wo yl
ni fi-site iü kotoba nari-to ije-do P m 'K no kokoro wa
R P ivo iü nari. Man sagt, es habe den Sinn von fe-tsu-ß
,Feuer des Ufers' und sei ein Wort, in welchem olü ,Leucht
feuer' mit oki ,Bucht' verglichen werde. Jedoch in dem Sinne
von fe-tsu-fi ,Feuer der Thüre' würde fe die Thüren des Volkes
bezeichnen.
Fetsuru, spalten. Fegu-ni onazi. Tb-koku-nite kan-do-ivo
fetsuri-mitsi-to i-i ki-nai-nite-wa feri-mitsi-to ijeri. Ist mit fegu
,schälen, splittern' gleichbedeutend. In den östlichen Reichen
nennt man einen Seitenweg fetsuri-mitsi ,gespaltener Weg'. In
Ki-nai sagt man feri-mitsi, ein Saumweg.
Fetsurafu, schmeicheln. Rafu-no kajeri ru nari: m #t
110 kokoro ari. Ra fu zurückgekehrt ist ru. Hat den Sinn
von fetsuru, spalten, brechen.
Beni, rothe Schminke. no kokoro nari. Beni-
110 fana nobe-taru ni nari-to ijeri. Beni-kawa o-ran-kuni-jori idzuru.
Hat den Sinn von nobe-ni ,gedehntes Mennigroth'. Man sagt,
beni-110 fana ,Saffran‘ sei gedehntes Mennigroth. Beni-kawa
,mennigrothes Leder' kommt aus Holland.
Fe-funda. Nippon-ki-ni
ivo jomen.
onazi.
P
no kazu-wo sirusu-no
fuda
P
mo
nari.
In dem Nippon-
ki wird so das Zeichen für ,Schrifttafel' gelesen. Ist mit fe-
Thüren' gleichbedeutend. Ist eine
man die Zahl der Thüren des Bezirkes
fuda ,Schrifttafel der
Schrifttafel, auf welcher
verzeichnet. 1
Fe-bito. Nippon-ki-ni m wo jomeri. Dai-zin-kü-siki-ni
P A to miju. Mata P P ivo jomeri. So wird in dem
Nippon-ki das Wort für ,Umgränzung, Lehen' gelesen. In den
Vorschriften des Palastes des grossen Gottes findet sich fe-bito,
Menschen der Thüre. Es wird auch fe-gutsi ,Mund der Thüre'
ausgesprochen.
Fe-be. |{pj" ^jj ^ nari-to ijeri. Fi-bi-to-to-mo iü. Mata
"A goja-to-mo i-i sai-koku-ni foro-mekasi-to-mo sei-siü-nite yfjj
Funda ist eine andere Aussprache für fuda.
|
458
Pfizmaier.
mi-gaja-to-mo ijeri. Man sagt, es sei (die Pflanze) a-bossan.' Man
sagt auch fi-bi-to> ferner inu-gaja, die Hundebinse. In den
westlichen Reichen sagt man foro-mekasi, in Ise auch abura-
mi-gaja.
Fera-ba. Aus dem Nippon-si-ki (dem besonderen Nippon-
ki). Tori-no ivaki-no sita-no ke-wo iü-to ijeri. Ima zoku-ni foro-
ba-to iü-wa damarinari-to ijeri. Man sagt, es bedeute die
Federn unter den Flügeln des Vogels. Dass man gegenwärtig
im gemeinen Leben foro-ba sagt, soll eine falsche Aus
sprache sein.
. Bera-nq.ri. W & no kokoro. Be-karan-no tsudzume-
kotoba-ni-ja. Ko-kon-siu-ni o-osi. Hat den Sinn von ka-nari,
es kann sein. Ist vielleicht ein Wort, in welchem be-karan
zusammengezogen wurde. In der Sammlung des Alterthums
und der Gegenwart kommt es häufig vor.
Fero. Wo-wari-nite n ico ijeri. Siun-siü-ni ai-name-
wo iu. Je-zo-nite uwo-wo feroke-to iü. Man-jeo siü-ni joko-
jama-bero-to ijeru-wa jjj nari. Ro-ioa sio-zi nad
ln Wowari hat dieses Wort die Bedeutung ,Schlamm'. In
Suruga bedeutet es den Gründling (ai-name). Auf Jezo be
zeichnet man den Fisch durch fevoked- Die Worte in der
Sammlung Man-jeo: joko-jama-bero bedeuten: die Seite des
schrägen Berges. Ro ist ein Hilfswort.
I-jo-no fi-zoku ico bero-to ijeri. To-koku-mo onazi. In
der gemeinen Sprache von I-jo heisst die Zunge: bero. 3 Ebenso
in den östlichen Reichen.
To, Thüre. Toworu-no kokoro-to ijeri. Man sagt, das
Wort habe den Sinn von toivoru, durchdringen.
Toga, Sünde, Schuld. Togaru kokoro-nite surudoki kokoro
nari. Hat den Sinn von togaru ,spitzig' und zugleich den Sinn
von surudosi, scharf.
Tohi, Zeit, no kokoro nari. Hat den Sinn von toko,
beständig.
1 Ein durch diese Zeichen ausgedrückter Pflanzenname konnte bisher nir
gends aufgefunden werden.
2 ,Fisch* heisst in der Ainosprache tsepp. Herold ist der Häring.
3 Wohl mit fera ,Spatel* zu vergleichen.
Japanisclie Etymologien.
459
wird toko gelesen. Der Sinn geht in denjenigen von tolä
,Zeit* über.
tosi ,schnell' nnd tosi ,scharf* geht gegenseitig über.
Tosi als Lesung von tosi ,Jahr* hat den Sinn von
^ tosi, schnell.
Tosi-gi. no kokoro. Tosi-gi koru-to-mo tsumu-to-
mo jomeri. Jama-bito-no fciru-no jo-i-ni siba-wo kori-tsumu-wo
iü nari. Hat den Sinn von tosi-gi, Jahresholz. Man liest tosi-
gi Icoru ,Jahresholz brechen* und tosi-gi tsumu ,Jahresholz
sammeln*. Bedeutet, dass die Bergbewohner für den Frühling
Brennholz brechen und sammeln.
To-daru. + £ no lcoikoro + £ no kokoro nari.
Bedeutet to-taru ,zehnfach genügen* und hat den Sinn von to-
mattaku -,zehnfach vollständig*.
To-daje. ^ no kokoro naru-besi. Kan-dan-no lcokoro-
ni ijeri. Kann die Bedeutung von äto-taje ,die Spur abge
schnitten* haben und steht in dem Sinne von kan-dan, unter
brochen.
Todzu, verschliessen. p*j i- wo fatarakasi - taru kotoba
naru-besi. Kann ein Wort sein, in welchem man to ,Thor* ins
Werk gesetzt hat.
Toto. Zi-zio-no , 4^
nan-
teb uwo-ivo jobi-te to su-to mije-tari. Tattan kotoba nari-to
ivo iü-wa kasane taru nari. ivo te-te-to Ol
ga gotosi. Die kleinen Mädchen nennen den Fisch: toto. In
den Erklärungen von Siba-mine heisst es: An dem südlichen
Hofe 1 ruft man die Fische mit toto. Man sagt, es sei ein
tatarisches Wort. Toto für ,Vogel* ist das verdoppelte te ,IIand‘.
Es ist von der Art wie das Wort te-te.
Zoku-ni tsitsi-wo iü-wa tsitsi-to on tsü-su. Nan-bu-no zoku-
wa tsijoi (tschoi)-to iü. Nagasaki- nite tsijan (tschan)-to iü.
Im gemeinen Leben nennt man den Vater: toto. Der Laut hat
mit tsitsi ,Vater* Gemeinschaft. In Nan-bu sagt man gemeinig
lich tsijoi. In Naga-saki sagt man tsijan.
460
P f i z m a i o r.
Suge-kijo-ko-ki-ni zok u-ni m wo toto-to iü-to wo-wari-no
kuni toto J|| no koto-ni ijeri. In der Geschichte Suge-kijo-ko’s
wird bei dein Gegenstände des Flusses toto-gawa in dem Reiche
Wowari angegeben, dass man im gemeinen Leben toto für ato,
,Fussspuren', sagt.
Tonafu, her sagen. ff nafu-no riaku-go nari. Ist ein ab
gekürztes Wort für Woto-nafu.
Tonari, Nachbar. no kokoro. Rabi-no kajeri ri
nari-to ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von to-narabi,
die Thiire gleichgestellt. Die Rückkehr von rcibi sei ri.
Tono, Palast. Kü-den-no tsukuri o-o-to-no dzi-no mikoto-
jori fazimaru-to kami-jo-bumi-so-ni-mo mije-tare-ba kami-no na-ni
joru-ni-ja. Mata P % no kokoro naru-besi. Mija-no naka-
ni moro-moro-no tono ari-te ono-ono sono na-nite wakate-ba kakn
joberu naru-besi. Der Bau der Paläste hat von dem Gotte
O-o-to-no dzi-no mikoto (dem Gotte des Weges der grossen
Thüren) seinen Anfang genommen. Da dieses auch in der
Erklärung des Kami-jo-bumi zu sehen ist, wird das Wort wohl
von dem Namen des Gottes abstammen. Es kann auch den
Sinn von to-na ,Namen der Thüre' haben. In dem Palaste
befinden sich die Fürsten, und da er nach dem Namen eines
jeden abgetheilt ist, kann man ihn so genannt haben.
Tofu, fragen, ^fj« i- =2“ ^ no kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von to-ifu, ausserhalb sprechen.
Tobu, fliegen. ^ ku ru-no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von tokn-furu ,schnell vorübergehen' haben.
Tomara,, anhalten, verweilen. Tsumaru-no ten nari.
Todomaru-to iü toki-wa tsudzamaru-to kajojeri. Ist die Urn-
wendung von tsumaru, bedrängt sein. Wenn es todomaru
,aufhören' bedeutet, geht es in tsudzumaru ,zusammengeschrumpft
sein' über.
Tomi, Reichthum. |JJ ‘jSj no kokoro naru-besi. Issetsu-
ni nari. Takara-wo tsumu-wo iu-to ijeri. Kann den Sinn
von ta-mi ,Früchte des Feldes' haben. Nach einer Erklärung
ist es tsumu, häufen. Man sagt, es bedeute: Güter häufen.
Tomosu, anzünden, ru kokoro nari. Mo su-no kajeri
mu. Hat den Sinn von tomoru, zurückhalten. Die Rückkehr
von mo su ist mu.
Japanische Etymologien.
461
TomogaJci,
no - kokoro. Jiff
Freunde.
# ^ ni
riaku nari-to
dem
tn.
Kami-jo-bumi. 4t ^
Mata
von tomo-gaki
Aus
;j^ suru kokoro.
ijeri. Hat den Sinn
Bedeutet, dass man sich gegenseitig
sei die Abkürzung von tomo-ga kimi,
ga ;g no
gemeinschaftlicher Zaun,
stützt. Man sagt auch, es
der Gebieter als Freund.
Togo, fruchtbar. H üfc no kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von tomi-jo, reiches Zeitalter.
Tori, Vogel. ^ ^ no kokoro-ni-ja.
den Sinn von tobi-ioiru, fliegen und aufsitzen.
Hat vielleicht
3L wa ij nari. Ta ri-no kajeri tsi. Tsi ,Milch'
ist tari, herabrinnen. Die Rückkehr von ta ri ist tsi.
[fj| Tsi, Blut, to onazi-kokoro-ni-ja. Rb-si-kib-ni
a it n « mije-tari. Ist vielleicht mit tsi ,Milch'
gleichbedeutend. In dem Buche Lao-tse heisst es: Tsi-wa kua-
site tsi-to naru, das Blut verwandelt sich in Milch.
ivo jomeru-wa tsuri-no lcajeri-nari. Tsi ,Angelhaken'
ist die Umkehr von tsuri, Angelhaken.
wo jomu-wa tosi-no kajeri nari. Tsi ,Jahr' ist die
Umkehr von tosi, Jahr.
Tsikara, Stärke, iji^ no kokoro nari. Hat den Sinn
von suzi-kara, Stiel der Sehnen.
Tsigiru, einen Bund schliessen. ^ m no kokoro. Te
ni-no kajeri tsi nari. Me-no kami-no te-wo nigiri-to ijeru köre
nari. Hat den Sinn von te-nigiru, die Hand ergreifen. Die
Rückkehr von te ni ist tsi. Die Worte: ,Er ergriff die Hand der
Göttin' sind dasselbe.
Tsiri, Staub. no kokoro. Hat den Sinn von tsiru,
zerstreut sein.
Tsiru, zerstreut sein. -^j— wo fatarakasi-taru kotoba naru-
besi. Kann ein Wort sein, in welchem man tsi ,tausend' in
Thätigkeit gesetzt hat.
Nu, die Lesung von ,nicht'. Naku-no kajeri nu nari..
Die Umkehr von naku ,nicht vorhanden sein' ist nu.
Nuka, Stirne. |f)| no kokoro naru-besi. Nu-to mu-to
do-un nari. Kann den Sinn von mnka ,entgegenstehen' haben.
Nu und mit haben einen gemeinschaftlichen Endlaut.
462
Pfizmaier.
NrtJcij Einschlag. Joko-ni p no kokoro nari. Hat den
Sinn von joko-ni nuku, in der Quere durchziehen.
Nusi, Gebieter. In dem Nippon-ki auch usi. Das Wort
ist aber aus no und usi zusammengezogen. In der alten Sprache
ist es also no usi .der Gebieter der und der Sache',
wobei das Zeichen ^ no hinzugesetzt worden.
Woka, Bergrücken. no kokoroni-ja. Hat viel
leicht den Sinn Von wo-iaka, kleine Höhe.
Wogctmu, verehren, anbeten. % bB ni mi-ioo ori-kagamu-
no kokoro-to ijeri. In der besonderen Gescliichte wird gesagt,
das Wort habe den Sinn von ori-kagamu, (den Leib) brechen
und biegen.
Wokasu-, übertreten. b? m | a no kokoro naru - besi.
Kann den Sinn von wo-kasumu ,klein rauben' haben.
Woguna. Nippon-ki-ni /Jn ßj jjj ßr domo-wo jomeri.
Okina-ni tai-si-taru kotoba nari. Ko -si-ki-ni * Ir mo
jomeri. So wird in dem Nippon-ki für ,kleine Knaben' und
,kleine Mädchen' gelesen. Es ist ein Wort, welches den Gegen
satz zu den Greisen ausdrückt. In dem Ko-si-ki stellt es für
,kleine Söhne'. 1
Wogoku. Ifß) ku-wo ijeri. Ugoku-to tsü-sevi. Bedeutet
ugoku, sich bewegen. Geht in ugoku über.
Wogoru, stolz sein. ru-no kokoro-ni-ja. Steht
vielleicht in dem Sinne von ivo-koru, männlich gefrieren.
Wokodzuru. Nippon-ki-ni jjßj zi-wo jomeri. * p\] 'j
ru kokoro narii-besi. So wird in dem Nippon-ki das Zeichen
izanafu ,verleiten' gelesen. Kann den Sinn von woki-tsureru
,herbeiwinken und mitnehmen' haben.
Wogomeku. f||| wo jomu. Ugomeku-ni onazi. So wird
ugomeku gelesen. Ist mit ugomeku ,kriechen wie Insecten'
gleichbedeutend.
Wosifu, lehren. Fito-ivo wosifüru-wa ai-ziaku-suru nasake
okire-ba fatarakasi-taru kotoba naru-besi. Da bei dem Belehren
der Menschen das Gefühl des Mitleids sich regt, so kann es
ein dieses in Thätigkeit setzendes Wort sein.
1 Ueber die Abstammung dieses Wortes wird nichts angegeben
T
Japanische Etymologien
463
Wodzi, Oheim. no kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von wo-tsitsi, kleiner Vater.
Wotoko, junger Mann. * m ? nari. Tsu-wa zio-go
ko-v:a nan-si-no tsü-sio nari. Bedeutet wo-tsu-ko ,kleiner Sohn'.
Tsu ist ein Hilfswort. Ko ,Sohn' ist eine durchgängige Be
nennung für ,Mann‘.
Wotome, junges Mädchen. Ist 'b ~k ivo tsn-me.
Tsu ist ein Hilfswort. Ist dem Worte wotoko ,junger Mann'
entgegengestellt.
Wototsufi, vorgestern. i* H nari. Ist wotsi-tsufi,
jener Tag.
Wototosi, das vorletzte Jahr. 4p ho kokoro nari.
Hat den Sinn von wotsi-tosi, jenes Jahr.
Wone. Sinano-ni-wa jama- wo ivone-to joberi. 'b #
ko-dani-wo wo-une-to kun-suru tamesi-nite no kokoro nari-
to ijeri. In Sinano nennt man den Berg: ivone. Man sagt,
nach dem Beispiele, dass ,kleines Thal' die Aussprache wo-une
,kleiner Morgen Landes' hat, habe das Wort den Sinn von
uns ,Morgen Landes'.
Woba, Muhme. * # no kokoro nari. Hat den Sinn
von wörfawa, kleine Mutter.
Wofaru, enden. jori idziiru. Fa ru kajeri fu-nite
wofu-to-mo iu. Stammt von wo, Schweif. Da fa ru zurück
gekehrt fu ist, sagt man auch wofu.
Wofi, Neffe. ^ u no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von wo-ofi ,Maun und wachsen' haben. 1
Wofu, enden. Bedeutet wofaru. Faru kajeri fu nari.
Die Rückkehr von faru ist fu. Wofen (wojen) ist das Futurum.
Womina, Weib. 0 $W ^ no kokoro naru-besi. Nippon-
ki-no uta-ni womi-no wotome-to-mo miju. no Afi k
nari. IE ni womina-no tana-su-e-no mitsugi-to ijeru kokoro-ni-
ja. Wo-una wonna-to-rno iü-wa ivon-ben nari. Kann den Sinn
von wo-umi-nä ,Name des Hanfspinnens' haben, ln den Lie
dern des Nippon-ki findet sicli auch womi-no wotome. Dieses
ist wo-umi-no wotome ,das junge Mädchen des Hanfspinnens'.
Es steht vielleicht in dem Sinne der in dem Nippon-ki ent
haltenen Worte: womina-no tana-su-e-no mitsugi ,der Tribut der
. 1 Entsprechend dem Zeichen
, NeftV.
i
464
P f i z m a i e r.
Fingerspitzen des Weibes*. Dass man auch wo-una und wonna
sagt, ist lautbequem.
Wonna-me. Nippon-ki-ni 4^- wo jomeri.
no kokoro naru-besi. Ima-mo wd-siit nado-ni-wa iü kotoba nari-
to-zo jü-sen-katsu-ni-wa wonna-go-to kun-seri. Kami-jo-bumi-ni-iva
ivo kun-su. To-sa-nikki-ni-mo musume-no koto-wo ijeri. So
wird in dem Nippon-ki das Zeichen für me-kake ,Nebenfrau*
gelesen. Es kann den Sinn von wo-umi-na-me ,Gattin des
Namens des Hanfspinnens* haben. Es ist ein Wort, das man
noch gegenwärtig in Mutsu und an anderen Orten sagt. In
der Grotte der umherschweifenden Unsterblichen wird es loonna-
go ausgesprochen. In dem Kami-jo-bumi wird so das Zeichen
für loomina ,Weib* gelesen. Auch in dem Tagebuche von To-sa
bedeutet es ein Mädchen.
Wo-mono. Nippon - ki - ni wo jomeri. ^ p, no
kokoro nari. So wird in dem Nippon-ki das Zeichen für kate
,Mundvorrath* ausgesprochen. Es hat den Sinn von ivosi-mono,
Esswaare.
Woru, brechen. ^ m no kokoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von wo-toru, wenig pflücken.
Worotsi, Schlange. Wo-/ca IM
jama-tori-no woro nado iu-ga gotosi.
osoru-beki-wo iu nari.
no kokoro. Ro-ica zio-go
Tsi-wa
no kokoro
ist ein Hilfswort, gleichwie
Wo hat den Sinn von ivo, Schweif. Ro
in dem Ausdrucke jama-tori-no
der Schweif des Bergvogels. Was tsi betrifft, so sagt
man, es habe den Sinn von ikadzutsi ,Donner* und bedeute:
fürchterlich.
woro,
Wakasi, jung und schwach, jori ide-taru koto ko-go-
ziü-i-ni mije-tari. Kasi kajeri kinari. In dem Auflesen des
Hinterlassenen der alten Sprache ist zu sehen, dass das Wort
von waki ,Brustseite* stammt. Die Rückkehr von kasi ist lti.
Wald, die Seite der Brust. ^|j wo jomeru-ni kokoro
kajojeri. Da waki die Aussprache für ,trennen* ist, ist der Sinn
übergegangen.
Waku, sieden. no kokoro naru-ni-ja. Hat viel
leicht den Sinn von wa-ku, sich drohen und kommen.
Wasuru, vergessen. |pj| ijklji. suru kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von wa-suru ,ein Rad, eine Di’ehung machen* haben.
Japanische Etymologien.
465
Wata, Eingeweide. [fjJ v -jjj n/ no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von wa-taruru ,sich drehen und sich herablassen'
haben.
Wata., Baumwolle. JJJ| no hokoro naru-besi. Kann den
Sinn von wata ,Eingeweide' haben.
Wata, Meer. Wataru JcoJcoro nari. Hat den Sinn von
wataru ,übersetzen'.
Watahusi, selbstisch. Wata-wa [jj| no hokoro naru-besi.
Wata. kann den Sinn von wa ,Krümmung' haben.
Wadzuka, ein wenig. no hokoro-ni-ja. Hat viel
leicht den Sinn von wa-tsuka ,mein Griff'. In der gemeinen
Sprache jb-jb-ni-ja.
Wadzurafu, unwohl sein, jJ- tsurasi-nokokoro-ni-ja. Steht
vielleicht im Sinne von wa-tsurasi, ich bin betrübt.
Wana, Schlinge, ijfjß no hokoro naru-besi. Kann den
Sinn von wa-nawa , Radschnur' haben.
Wanalci, sich erhängen. Wana-ni kaka.ru hokoro naru-besi.
Wataki-to-mo mije-tari. Kann den Sinn von wana-ni kakaru
,an der Schlinge hängen' haben. Man findet auch wataki.
. Wananaku, vor Furcht zittern. Wononoku-to tsü-seri. Wa-
110 no hokoro. Wata-naku-to-mo miju. Wa-wa naku koje-
wo iü nari. Watto naku-to iü-ni onazi. Geht ln wononoku
über. Hat den Sinn von wa-no naku, laut weinen. Man findet
auch watonaku. Wa bedeutet den Ton des Weinens. Es ist
mit dem Worte watto naku ,laut weinen' gleichbedeutend.
Wabi. Ist die Lesung von & ,flehen'. Wa-wa ura-no
kajen, bi-wa buri-no kajeri naru-besi. Sen-hata-naku-te-no
hokoro nari. Wa kann die Rückkehr von um, bi die Rück
kehr von buri sein. 1 Hat den Sinn von sen-kata-naku-te, rath
los sein.
Warafa, Kind. ^ ^ no hokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort stehe im Sinne von tsigo warafu, das Kind lacht.
Waro. Man-jeb-siü-ni to iü kokoro-ni ijeri. Zöku-go-
ni waro-u-t.o-mo iü warawa-no namari naru-besi. Wird in der
Sammlung Man-jeo im Sinne von wäre ,icli' gesagt. In der
1 Somit uraburi, traurig sein.
466
Pfizmaier.
gemeinen Sprache sagt man auch waro-u (ward). Es kann eine
falsche Aussprache von ivarawa sein.
Kn. wo-jomu-wa 0 H 0 no tagui nari.
Nippon-ki ko-hon-siü-ni iku-ka-no Q to kaki - si - iva kasane-
kotoba. nari. Ka-wa BJJ raka-naru-wo iü kotoba nari. Kasu-ga-
too ^ to kaltu-mo mata onazi. Die Aussprache ka für
,Tag' ist von der Art wie futsu-ka ,zwei Tage', mi-ka ,drei
Tage'. Die in dem Nippon-ki und der Sammlung des Alter
thums und der Gegenwart vorkommende Schreibung iku-ka-no
fi ,wie viele Tage' sind wiederholte Wörter. Ka ist ein Wort,
welches akiraka-naru ,hell sein' bedeutet. Die Schreibart
kasu-ga für ,Frühlingstag' (der Name eines Tempels) bezeich
net das Nämliche.
Uta-ni Icana-wo riaku-site ka-to nomi ijeru-mo o-si. Mata
iHt no zi-wo garu-to jomu-wo riaku-site ga-to nomi jomeru uta
ari. Nigori-te jomu-beki-ni-ja. Mata jamme-zi-ni oki-taru ka-
mo ari.. In Gedichten geschieht es häufig, dass man kann ab
kürzt und blos ka sagt. Auch gibt es Gedichte, in welchen
das Zeichen kamo-na in der Lesung garu abgekürzt und blos
ga ausgesprochen wird. Es muss wohl trüb gelesen werden..
Ferner gibt es ein ka, welches als Ruhezeichen gesetzt wird.
Man jeo-siü-ni ^ wo jomeri. Kare-no riakn nari. In
der Sammlung Man-jeö wird ka für ,jenes' gelesen. Es ist die
Abkürzug von kam.
wo jomu-wa koje-no tsudzumari-te kun-to nareru naru-
besi. Dass ka für ,Geruch' gelesen wird, kann eine durch Zu
sammenziehung der Laute entstandene Lesung seih. 1
ioo iü-wa p.i koje naru-besi. Ka in der Bedeutung
,Mücke' kann der Laut ka sein.
ico jomu-w'ä sika-no riaku nari. Die Aussprache ka
für ,Hirsch' ist die Abkürzung von sika.
Yowaki-wo ka-jowaki fosoki-wo ka-bosoki-to iü tagui-no ka-
ica kotoba-no uje-no suke nari-to man-jed-siü-seq-ni mije-tan.
Tsusi-ma gaku-ni ka-jori-afi gen-zi-ni ka-joreru to iü-mo
onazi. Ka von der Art wie in den Wörtern ka-jowaki. für
joicaki ,schwach', ka-bosoki für fosold ,dünn', ist ein über das
1 Aus lcawori.
Japanische Etymologien.
467
Wort gesetztes Ililfswort, wie in den Aufzeichnungen der
Sammlung Man-jeö zu ersehen ist. Die Wörter ka-jovi-afi
,Versammlung' in der Musik von Tsusi-ma, ka-joreru svqdta
,ein verwirrtes Aussehen' in dem Gesclilechte Gen sind von
der nämlichen Art.
Ka-a. Tori-no naku koje-wo ijeri. Sode-naka-seö-ni-wa
kako-kako-to naku-to i-i makura-sb-zi-ni-wa ka-u-to naku-to ijeri.
Bedeutet den Gesang oder die Stimme der Vögel. In den
Aufzeichnungen der Aermelmitte heisst es: kako-kako-to naku
,kako-kako singen'. In dem Pflanzenpapier des Polsters steht:
ka-u-to naku ,Ka-u singen'.
Ka-awo. Aus dem Man-jeö. Ka-wa fatsu-go. Awold-wo
ijeri. Ka-kuroki nado iü-ga gotosi. Ka ist eine Anfangspartikel.
Das Wort bedeutet awoki, grün. Es ist von der Art wie ka-
kurolä ,schwarz' und andere Wörter.
Kai-ma-mi statt kaki-ma-mi, durch die Mauer sehen. In
dem Pflanzenpapier des Polsters findet sich kai-ba-mi site ,durch
die Mauer sehend'. In der Geschichte von Jamato steht kai-
ma-me-wa.
Ka-ube. Ist in dem Nippon-ki die Lesung von tf j Haupt'.
Es kann den Sinn von kami-be ,die obere Gegend'
haben. Nach einer Erklärung ist es kami-be ,die
Seite des Haupthaares'.
Kaka. Fi-zoku-ni # ivo nt. Ka-to fa-to in tsü-su.
m m iSl tsiü-ni iwai-no sio-wb mina .wo jobi-te
to su-to-mo rniju. Im gemeinen Leben hat kaka die Be
deutung fafa ,Mutter'. Ka und fa haben den Endlaut gleich.
In der Erklärung des tsü-kan-ko ist auch zu sehen, dass die
Könige des Gebetes ihre Mütter mit dem Worte ka-ka rufen.
I-naka-ni tsuma-wo-mo kaka-to ijeri ^ ni kaka je iü nari.
Sai-do-ni fawa-wo ma-ma-to i*i kib-dan-ni tsuma-wo-mo ma-ma-
to iü-ni onazi.. Auf dem Lande wird die Gattin kaka genannt.
Es bedeutet ko-ni kakdje ,das Kind umfassen'. In dom west
lichen Lande (China) nennt man die Mutter ma-ma. Dass
man in der Dorfsprache auch die Gattin ma-ma nennt, hat die
gleiche Bedeutung.
Kagami, Spiegel. ßß 1 { s. no kokoro nari. Mata
nari. Mata j|j|Jj to kokoro tsü-su. Kagami-wa sin-mei-no tei
468
P f i z m a i e r.
nari. Hat den Sinn von kaka-mi. ,hell sehen*. Es ist aucli
kage-mi, das Bild sehen. Ferner hat es die Bedeutung mit
kami ,Gott* gemein. Der Spiegel ist der Stoff des göttlichen
Lichtes.
Mata to iü mo ari. Es gibt ferner einen
Gegenstand, welcher kagami-makura ,Spiegelpolstcr* heisst.
Kaki, Mauer. m ru-no kokoro nari. Hat den Sinn von
kagi.ru, begrenzen.
Kagi, Schlüssel. JE no katatsi nare-ba kagami-no
kokoro naru-besi. Ga. mi kajeri gi nari. Da der Schlüssel von
gekrümmter (kagami-no) Gestalt ist, kann das Wort den Sinn
von kagami. ,gekrümmt* haben. Die Rückkehr von ga mi
ist gi.
Kagu, riechen. wo kagu-to-mo jome-ba sono kokoro-
jori ide-taru kotoba naru-besi.. Da kawori ,Geruch* auch kagu
ausgesprochen wird, kann es ein von dieser Bedeutung abge
leitetes Wort sein.
Kakuru, verbergen. |jj tr ^ ru-no kokoro nari. Mata
kage.ru to tsü-zeri. Hat den Sinn von ka-lcureru ,der Tag (die
Sonne) geht unter*. Es hat auch Gemeinschaft mit kageru,
schwinden.
Kagura, die gottesdienstliche Musik (die Freude der
Götter). fl wo jomeri. Kan-ralcu-to iü-wo ioon-ben-nite
kaku iü naru-besi. Raku-wa no koje-wo joberi. So wird
sin-raku ,Freude der Götter* ausgesprochen. Man kann das
Wort kan-raku (statt kami-raku, Freude der Götter) laut-
bequem so gelesen haben. Raku lautet die (chinesische) Aus
sprache von tanosimi, Freude.
Kakurofu. Aus dem Jen-gi-siki. ||| ru nari. Ro fu
kajeri ru nari. Ist kakuru, verbergen. Die Rückkehr von ra fu
ist ru.
Kake. Man-jeo-siü-ni ||j| wo jomeri. Nippon-ki-ni niwa-
tsu tori kake-wa naku nari-to m.ije tsusi-ma-galcu-ni-mo kakero-
to naki-nu-nari-to ije-ba naku koje-wo kaku joberu na nari.
Niwa-tori-no Icoje-to iü-wa fi-ga koto nam-to ijeri. Bon-ni-iva
niwa-tori-no koje-wo - ku-ku-ra-to mije-tari. So wird
in der Sammlung Man-jeo das Wort ,Hahn* gelesen. In dem
Nippon-lti findet man niwa-tsu tori kake-wa naku, der Vogel
in dem Vorhofe kräht (er singt koke). Da es in der Musik
Japanische Etymologien.
469
von Tsusi-ma auch heisst: kakero-to naki-nu nari, ,er hat kaiw.ro
gesungen', so ist es ein Wort, welches den Ton des Krähens
ausdrückt. Man sagt, die Wörter für das Krähen des Hahnes
seien abweichend. Im Sanscrit findet man für die Stimme des
Hahnes das Wort ku-ku-ra.
Kage, Schatten, wo jomeri. JjJ t/ fr no kokoro
naru-besi. Fi-ltage-to iü-wa wa moto |J joriidete JJ
to-mo iü-ga gotosi. So wird das Zeichen für ,Schatten' aus
gesprochen. Es kann den Sinn von ka-ke ,Luft der Sonne'
haben. Was das Wort fi-lcage ,Sonnenschatten' betrifft, so
kommt das Licht ursprünglich von der Sonne, und es ist,
als ob man ji-kage ,Sonnenlicht' sagte.
ivo jomu-iva ikkb fi-no ataranu tokoro-ni tsui-te ijeri.
AVenn kage für in ,Verborgenheit' gelesen wird, bezieht es
sich durchaus auf einen Ort, den die Sonne nicht bescheint.
Kako, Matrose. wo iü-wa m ? no kokoro-
nite fari-ma-no m t mina-to-mo onazi-kokoro naru josi.
Ka-ko ,Matrose' hat den Sinn von ka-ko junger Hirsch'. Auch
ka-ko-mina-to ,das Fahrwasser des jungen Hirsches' in Fari-
ma hat denselben Sinn. In der Sammlung Man-jeö heisst es:
Nägo-no umi-ni asa köki-kure-ba umi-näka-ni sika-zo naku
naru aioare sono ka-ko. Auf dem Meere von Nago am Morgen
rudernd wenn man kommt, mitten auf dem Meere lässt der
Hirsch die Stimme ertönen, leider dieser junge Hirsch (Ma
trose) !
Kago, Korb. Kakomu-no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von kakomu , um schilp ssen' haben.
Kasa, Deckel, Hut. fjf Kasanaru-no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von kasanaru. ,doppelt' haben.
Kazasi, aufgesteckte Blumen. »|j|J no kokoro naru-
besi. Kann den Sinn von kami-sasi ,auf das Haupthaar ge
steckt' haben.
Kazaru, schmücken. M, 'fit 110 kokoro-ni-ja. Hat viel
leicht den Sinn von fü-riü (kaza-nagaru) ,zierlich 1 .
Kasi, Eiche, no kokoro-nari. Kata-gi nare-ba na-to
m "i. Hat den Sinn von katasi, hart. Da es ein hartes Holz
Jst, bildete man davon den Namen.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. UI. Hft.
31
470
Pfjzmaier.
Kasifa, Steineiche. ä]j£ n no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von kasi-fa ,harte Blätter' haben.
Kasira, Haupt. ni f£ te % M kokoro nari-to
ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von kami-ni ari-te
siru-ki ,oben befindlich und hierdurch bekannt sein'.
Kazu, Zahl. 0 ffc n0 kokoro-ni-ja. Kazofu-to-mo iü.
Zofu kajeri zu nari. Kazoferu-to-mo iü. Fern kajeri fu nari.
Hat vielleicht den Sinn von ka-sofu ,Tage hinzugefügt'. Man
sagt auch kazofu (zählen). Die Rückkehr von zofu ist zu.
Man sagt auch kazoferu. Die Rückkehr von fern ist fu.
Kasumi, rother Wolkendunst, Nebelrauch. TjfJj =
no kokoro nari. Hat den Sinn von aka-somi, rothgefärbt sein.
Kaze, Wind. Käse kajeri ke. no kokoro naru-besi.
Die Rückkehr von lease ist ke. Das Wort kann den Sinn von
ke ,Luft‘ haben.
Ka-segi, Hirsch. Nippon-ki-ni fff wo jomeri. Tsuno-no
tei kasegi-ni ni-taru-jori-no na nari-to ijere-do ffft/ % wo
tada-ni sono mono-ni jobi-taru na naru-besi. I-dzu fu-to-ki-m
fff fffjf no i-te-to iü koto mije-tari. Sika-fusegi-ne jomi naru-
besi. In dem Nippon-ki wird das Zeichen für ,Hirsch' so ge
lesen. Man sagt, das Wort sei davon abgeleitet, dass das Horn
Aehnlichkeit mit einem Weberschützen (kasegi) hat. Allein es
kann ein Wort sein, welches bei diesem Thiere geradezu ka-seki
,Hirschumzäunung' bedeutet. In der Gleschichte des Windes
und Bodens von I-dzu findet sich ,Schütze der Hirschumzäu
nung'. Es kann hier die Lesung von sika-fusegi stattfiuden.
Kataru, sprechen. Gon-go-ni jori-te sono wo arawururu-
wo m.ot.e iü kokoro naru-besi. Kann den Sinn ausdrücken, dass
durch die Rede die Gestalt offenbar wird (kata-wo arawaruru).
Katasi, hart, ff, suru kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von knta-suru ,Gestalt machen' haben.
Kataki, Feind. Jj|t n-suru-no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von nan-su.ru ,schwer machen' haben. 1
Kata-wi, Bettler. Mitsi-no katawara nado-ni wi-te mono-
tvo ko-wa fff: fff to iü-ni-ja. Zur Seite der Wege und an
anderen Orten weilen und betteln. Hat vielleicht den Sinn
von kata-wi, zur Seite weilen.
1 Katasi, schwer oder unmöglich. KataJcu surv, schwer machen.
Japanische Etymologien.
471
Katana, Messer, Schwert. fr üJ no kokoro. Fa-to na-to
in-tsü-seri. Arui-wa ^j| no kokoro-to ijeri. Mata ^
no kokoro. Hat den Sinn von kata-fa, ,einseitige Schneide'.
Die Endlaute fa und na gehen in einander über. Einige sagen,
es habe den Sinn von kata-nagu ,seitwärts abmähen'. Ferner,
es habe den Sinn von ka-tasi-na, eingeschmiedeter Name.
Kudamcisi, verrätherisch. Kado-ga-masi-no kokoro. To ga
kajeri da nari. Hat den Sinn von kado-ga-masi, winkelartig.
Die Rückkehr von to ga ist da.
Kata-zi-ke-nasi, danken. ||| n-zuru-no naki - wo
iü nari. wa kegasu J|p wo, fadzukasimv.ru kokoro nare-ba
kare-wo agame-tattonde onodzukara-wo feri-kudasuru kotoba nari.
Bedeutet nan-zuru-no ke-nasi, ohne Luft des Einwendens. Da
^ den Sinn von ,beschmutzen', den Sinn von ,beschä
men' 1 hat, so ist es ein Wort, durch welches man den Anderen
ehrt, sich selbst erniedrigt.
Katsu, siegen. jori ten-seru kotoba nari. Ist ein aus
kami ,oben' umgewendetes Wort.
Kadzura, Perrüke. ^ j||i no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von kami-tsuranaru ,das Haupthaar in Reihen ge
ordnet' haben.
Kate, Mundvorrath. Kari-te-no riaku nari. Kari-te-wa
kare-fi-te nari. Re fi kajeri ri nari. Man-jed-siü-ni kari-te-wa
nasi-ni-to iü-ivo fito-tsu-ni-wa kare-Ji-wa nasi-ni-to mije-tari. Te-
iva kutsu-te salia-te nado iü te-no gotosi. Ist die Abkürzung
von kari-te. Kari-te ist kare-fi-te ,getrocknete Reisspeise'. Die
Rückkehr von re fi ist ri. In der Sammlung Man-jeo findet
sich kari-te-wa nasi-ni ,da kein Mundvorrath vorhanden', und
einmal kare-fi-wa nasi-ni ,da keine getrocknete Reisspeise
(Mundvorrath) vorhanden'. Te ist gleich dem te in kutsu-te
i Preis der Schuhe', saka-te ,Weinpreis' und anderen Wörtern.
Kado, Thor. P no kokoro nari. ^ wa wo
mote katamuru. Hat den Sinn von kane-to, Eisentlnire. Das
Thor befestigt man mit Eisen.
Kanafu, er füllen. Ü ^ no kokoro naru - besi. Ne a
kajeri na nari. Kann den Sinn von kane-afu ,zusammengefasst
entsprechen' haben. Die Rückkehr von ne a ist na.
' Hit einem von diesen beiden Zeichen wird lcata-zi-ke-nasi geschrieben.
Statt dem nan der Erklärung ist die Aussprache kata zu Grunde gelegt.
31*
472
P f i 7. m a i e r.
Kanarazu, gewiss, jjr^ * narazu-no kokoro nari-to ijeri.
Issetsu-ni narazu-no kokoro utagai-naki kokoro nari-to-mo
ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von kari-narazu,
nicht unecht. In einer Erklärung heisst es auch, es habe den
Sinn von ka-narazu ,es ist keine Frage' 1 und bedeute: ohne
Zweifel.
Kanasimv, traurig sein. no kokoronaru-besi. Kann
den Sinn von kana-tsutsusimu, ,auf das Eisen aufmerksam
sein', haben.
Kanutsi, Schmied. tr no kokoro. Hat den Sinn von
kane'-utsi, das Eisen schlagen.
Kane, Metall. ]£■£ fjjj no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von kata-neri, ,hart und läutern' haben.
Kofa, Fluss. ru-no kokoro. Juku midzu-no tsiu-ja-ni
todomarazu m m no utsuri-kaib'aru-naru-wo iü nari. Hat
den Sinn von kawaru, sich verändern. Das Wort bezeichnet,
dass das fliessende Wasser Tag und Nacht nicht stillsteht und
dass Tiefen und Untiefen abwechseln und sich verändern.
Kafa, Seite. Wurde ehemals ,Wange' geschrieben.
Kawo-no ten-go naru-besi. Kann das umgeschlagene Wort kawo
,Angesicht' sein.
Kafa, Haut. Mi-no soto-fo nare-ba db-i naru-besi. Da
die Haut die äussere Gesichtsseite des Leibes ist, kann das
Wort denselben Sinn (wie das vorhergehende kawa, Seite)
haben.
Kabane, Leichnam. Kawa-bone-no kokoro nari. Hat den
Sinn von kawa-bone, Haut und Knochen.
Kafadzu, Frosch. In dem Man-jeo-siü wird fär w
kawa-dzu geschrieben. 1-dokoro-wo mote na-wo je-taru nari.
Hat von dem Aufenthaltsorte den Namen erhalten.
Kaf-ko, Seidenraupe, ijt* no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von kafi-ko ,ernährtes Kind' haben.
Kafu, tauschen. Ist die Aussprache von Jjfj und lautet
auch kaferu und kafaru.
Kafu, kaufen. Ist die Aussprache von jlrjj und hat den
Sinn von kafaru, tauschen.
1 Ka ist die oben ausgedrückte Fragepartikel.
Japanische Etymologien.
473
Kafti. Nippon-ki-ni wo jomeri. Epf no kokoro
naru-besi. So wird in dem Nippon-ki das Zeichen für ,Stein
eiche' gelesen. Kann den Sinn von Jca-fe ,Geruch mehrfach'
haben.
Kafo, Angesicht. ^ no Jcokoro naru-besi. Kann den
Sinn von lcata-fo ,Bltithe der Gestalt' haben.
Kama, Sichel. Kari-maguru-no IcoJcoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von Jcari-maguru, mähend krümmen.
Kami, Gott. m & s. no Jcokoro. Hat den Sinn von
aka-mi, hell sehen.
Kannagi, Beschwörer. II no koJcoro nari. Hat
den Sinn von kami-nagi, die Götter beruhigen.
Käme, Schildkröte. II to kokoro-Jcajojeri. Hat mit kami
,Gott‘ die Bedeutung gemeinschaftlich.
Ka-jasuku, ruhig. Ka-wa soje-taru Jcotoba nari. Ka ist
ein hinzugefügtes Wort.
Kaju, Grütze. '/Jßj cl no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von kasi-ju ,heisses Wasser zum Kochen' haben.
Kajusi, jucken. jusuru-no Jcokoro naru-besi. Kann den
Sinn von kaki-jusuru ,zum Kratzen bewegen' haben.
Kurasu, Babe, jpä si-to in-tsü-suru josi man-jeb-siu-seb-ni
mije-tari. In den Aufzeichnungen des Man-jeo-siü ist zu sehen,
dass bei diesem Worte ein Uebergang des Lautes von kurosi
,schwarz' stattiindet. Issetsu-ni naku Jcoje-ivo siö-su-to-mo ijeri.
In einer Erklärung wird auch gesagt, dass man den Ton seiner
Stimme so bezeichnet.
Kari, Gans. Kari-wa uta-ni-mo kari-kari-to naku-to jome-
ba naku koje naru-besi. Man-jeö-siü-ni-mo iku-jo-wo fete-Jca ono-
ga na-wo jobu-to jomeri. Issetsu-ni uta-ni-mo n nijosete jomeri.
Aki kitari-te faru Jcajeri ■j||J no £ M suru tori nare-ba
nadzuku-to ijeri. Da man von der Gans (Jcari) in Ge
dichten kari-kari-to naJcu ,sie schreit kari-kari 1 liest, so wird
dieses (kari) ihre Stimme sein. In dem Man-jeo-siü liest man:
,Wie viele Alter hindurch ruft sie ihren Namen'. In einer
Erklärung wird gesagt, dass auch in Gedichten auf Jcari ent
lehnt, zeitweilig' angespielt wird. Da es ein Vogel ist, der
im Herbst kommt, im Frühling zurückkehrt, also eine zeit
weilige Wohnung hat, gibt man ihm davon den Namen.
474
Pfizmaier.
Kari, Jagd. wo to site iü-ni-ja. Heisst vielleicht
so, weil man dabei den Hirsch (ka) zur Hauptsache macht.
Karu, entlehnen. to Icokoro kajojeri. Bei diesem
Worte g-eht der Sinn zu kare jener £ über.
Karu, mähen. Karu-wa ldru-to koje kajojeri. Bei karu,
,mähen', ist eine Gemeinschaft des Lautes mit ldru, schneiden.
Karosi, leicht. Nippon-ki-ni ico ijijS to kajowase-si
koto mije-tari. Karure-ba karosi kokoro-mo kajojeri. Aus dem
Nippon-ki ist zu ersehen, dass man karuru ,trocken sein' in
karosi ,leicht' übergehen Hess. Wenn etwas trocknet, ist es
leicht, und der Sinn geht gegenseitig über.
Jo, Zeitalter. no kokoro nari. Hat den Sinn von
joru, sich stützen.
Joki, Holzaxt. Joko-ni kiru kokoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von jolio-kiru, schräg schneiden.
Jogu. ru iü. Jogiru-no kokoro. Giru-no Jcajeri gu
nari. Bedeutet sakaru, auä dem Wege gehen. Hat den Sinn
von jogiru, vorübergehen. Die Rückkehr von giru ist gu.
Jofafi (jowai), das Lebensalter. jj£ ^j£ j no kokoro naru-
besi. Kann den Sinn von jo-fafi ,das Zeitalter kriecht fort'
haben.
.Jomidzi, Unterwelt. |4jj no kokoro nari. Hat den
Sinn von jami-dzi, der finstere Weg.
Joru, Nacht. wo jo-to-mo joru-to-mo ijeri. Tai-jd-no
kotoba nari. wo firu-to-mo ten-suru-ga gotosi. Die Nacht
heisst jo und auch joru. Ist ein als Körper gebrauchtes Wort,
gleichwie man fi ,Tag' auch zu firu umdreht.
Jorodzu, zehntausend. no kokoro nari-to ijeri.
Issetsu-ni jorofu-wa mono-no gu-soku-suru kokoro nare-ba jorodzu-
ico jomeri-to-zo. Man sagt, das Wort habe den Sinn von moro-
dzu ,alle Fahrwasser'. In einer Erklärung heisst es: Weil
jorofu den Sinn ,zur Genüge vorhanden sein' hat, wird (das
Wort zehntausend) jorodzu ausgesprochen.
Jorokobu, sich freuen. & m no kokoro - ni -ja. Hat
vielleicht den Sinn von jori-koburu ,angelehnt schmeicheln'.
Jorobofu, schwanken. ft iü no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von jori-fafu, ,angelehnt kriechen', haben.
Japanische Etymologien.
475
Ta, Acker. ¥ rano kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von taira , eben 4 haben.
Ta-u.
von Speise und Trank gesagt, kann der (chinesische) Laut
des Zeichens für ,heisses Wasser 4 sein.
Taka, Falke. Takelet nari. Arui-iva takaku tobu mono
nare-ba ncidzulcu-to ijeri. Ist takesi, kühn. Einige sagen, weil
der Falke hoch (takaku) fliegt, werde er so genannt.
Talcara, Kostbarkeit. ffl % no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von ta-tsikara ,Stärke des Ackers 4 haben.
Tagafi-ni, gegenseitig. no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von ta-kaicaru ,die Hände tauschen 4 haben.
Taki, Wasserfall. ^ no kokoro mata ä{£ to iü kokoro ari.
Hat den Sinn von itaki, schmerzlich, auch schnell. Es hat
ferner den Sinn des Wortes taruru, herabhängen.
Take, Länge, Höhe. Takald-no kokoro nari. Hat den
Sinn von takaki, hoch.
Tasokare, Abenddämmerung. ^ to mi-wake-gataku
utagawasi-ki toki-wo iü nari. Bezeichnet die zweifelhafte Zeit,
in welcher sich schwer erkennen lässt, wer Jener (taso kare) ist.
Tataru, heimgesucht werden. fl# no loazawai-wo iü. Tatsi-
aru-no kokoro. Tatsu-wa fara-tatsuno kokoro naru-besi. Be
deutet Unglück durch Götter. Hat den Sinn von tatsi-aru,
,Aufsteigen haben 4 . Tatsi kann den Sinn von tat.su in fara-
tatsu ,der Bauch steigt auf, d. i. man wird zornig 4 , haben.
Tatamu, falten. ^ m ru kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von ta-tatamu ,mit der Hand gerade richten 4 haben.
Tatakafu, kämpfen. Tatalci-afu nari. Ist tataki-afu, gegen
seitig schlagen.
Tadamuki, Arm. ^ = f»J no kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von ta-ta-muki, Hand der Hand
zugekehrt.
Tatsi, grosses Schwert, ||(|f no kokoro naru - best.
Kann den Sinn von tatsu ,abschneiden 4 haben.
Tadzu, Storch. |JJ nari-to ijeri. Man sagt, das Wort
sei ta-tsuru, Ackerstorch.
Tadzusafu, an der Hand tragen. wo gjJ no kokoro
naru-besi. Kann den Sinn von te-ivo sofu ,die Hand zuge
sellen 4 haben.
m lu-wa
no
naru-besi. Ta-u,
476
Pfizmaier.
Tate, Aufzug der Webe. no kokoro nari. Hat den
Sinn von täte, aufstellen.
Tate, Schild. Ife no kokoro nari. Hat den Sinn von
fedate, Scheidewand.
Tani, Thal. 7 fj£ no kokoro. Jama-no natari-ioo iü nari.
Ni-to ri-to in-tsü-su. Jote Jlift # ICO to kaki-si
# # - # & to mije-tari. Hat den Sinn von tari,
herabhängen. Bedeutet das Herabhängen der Berge. Ni und
ri haben den Endlaut gemein. Demgemäss ward kami-tari für
kami-tani geschrieben. Für wi-tani findet sieh wi-tari.
Tane, Saat. |jj no kokoro naru best. Kann den Sinn
von ta-ne ,Ackerwurzel' haben.
Tanosi. wo jomeri. Fi-no kami-no iwa-to-wo ide-
tamai-te moro-moro-no lcami-tatsi te-wo nobete utai- si-joriiu
josi ko-gonsiü-i-ni mije-tari. Tanosifi tanosimi tanosifu tanosimu
miha tsü-seri. So wird das Zeichen für tanosimu ,sich belusti
gen' ausgesprochen. Die Worte: ,Die Sonnengöttin trat aus
der Felsenthüre. Alle Götter streckten die Hände aus, sangen
und belustigten sich' (utai-tanosi) findet man in dem Auflesen
des Hinterlassenen der alten Sprache. Die Wörter tanosifi,
tanosimi, tanosifu, tanosimu bedeuten das Nämliche.
Tanomu, sich verlassen, verlangen. ^ m no kokoro
nari. Mata jJJ / jori ide-taru kotoba-ni-ja. Hat den Sinn
von ta-nomi, mit der Hand beten. Vielleicht ist es auch ein
von ta-no mi ,Frucht des Feldes' abgeleitetes Wort.
Tafake, ausgelassen, ausschweifend sein. Tafare-mo onazi.
Re-to ke-to do-in nari. Zi-no kagami-ni tafaru-to jomeri. Ist
mit tafare gleichbedeutend. Re und ke haben den gleichen
Endlaut. In dem Spiegel der Schriftzeichen wird tafaru gelesen.
Tafasi-ki. Nippon-ki-ni J||| a wo jomeri. Aki kure-ba
no-be-ni tafaruru womina-fesi-to jomeru köre nari. So wurden
in dem Nippon-ki die Zeichen mi-mi gelesen. Es ist das, was
in den Versen: ,Wenn der Herbst kommt, an der Feldseite ist
ausgelassen der Baldrian' gelesen wird.
Tafafure. Tafare- no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von tafare-fure ,ausgelassen anstossen' haben.
Tabi, Reise. rjif' Q no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von tatsi-bi ,Tag des Aufbruchs' haben.
Japanische Etymologien.
477
Tafira, eben. no kokoro nari-to ijeri. Zoku-ni tana-
gokoro-wo no fira-to i-i mata mono ßrdka-naru-wo tana-
gokoro-no gotosi-to ijeri. Issetsu-ni ffl Pi ku-no kokoro nari-
to-mo ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von ta-fira
,Fläche der Hand 4 . Man sagt, im gemeinen Leben sage man
te-no fira ,Fläche der Hand 4 statt tana-gokoro ,Handfläche 4 ,
ferner sei ein flacher Gegenstand gleich der Handfläche. In
einer Erklärung heisst es auch, es habe den Sinn von ta-firaku,
das Feld breitet sich.
Tabisi. Nippon-rei-i-ki-ni wo tabi-isi-to jomeri. Tcibi-
wa tobu-to tsü-su. no kokoro nari. In der Geschichte
der geistigen Merkwürdigkeiten von Nippon hat das Zeichen
für ,kleine Steine 4 die Aussprache tabi-isi. Tabi und tobn gehen
in einander über. Das Wort hat den Sinn von tobi-isi, flie
gende Steine.
Tabute. Aus dem Man-jeo-siü. Tobi-isi-wo iü nari. Ima
tsubute-to ijeri. Bedeutet fliegende Steine. Gegenwärtig sagt
man tsubute.
Tama-si-fi, Seele. no kokoro. Si-wa zio-go nari.
Hat den Sinn von tama-fi, Edelsteinfeuer. Si ist ein Hilfswort.
Tawara, Strohkorb. |JJ 4|| no kokoro-ni-ja. Hat viel
leicht den Sinn von ta-wara, Feldstroh.
So. mata bßj wo jomu-wä se-to kajojeri. Ist die Aus
sprache des Zeichens für se ,Rücken 4 und se-bone, Rückgrat.
Es ist ein Verkehr mit dem Laute se.
Sokondfu, verletzen. Sogi-nasu-no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von sogi-nasu ,das Schneiden bewerkstelligen 4 haben.
£ ivo jomu-wa mi-ni jjjj» no kiru naru-wo mote nari.
Dass dem Zeichen für koromo ,Kleid 4 die Aussprache so ge
geben wird, ist desswegen, weil dasjenige, was sich dem Leibe
anschliesst (mi-ni soi), zugeschnitten wird.
Sosiru, übel nachreden. suru-no kokoro-ni-ja. Mata
surv-nija. Hat vielleicht den Sinn von so-surn ,hinter
dem Rücken bewerkstelligen 4 , vielleicht auch von sogi-suru,
Schneiden bewerkstelligen.
So-su-tsu. So wird in dem Spiegel der Schriftzeichen das
Zeichen für ,jäten 4 gelesen. Es wird auch kirn gelesen. tr ft
nan-to tsiü-seri. So-iva 7^ no kokoro. Su-tsu-iva ntja. Ima-
478
Pfizmaier.
mo. sogi-sutsu-to iü. Man erklärt, es bedeute: ausrotten. So
hat deu Sinn von sogu, schneiden. Su-tsu ist vielleicht sutsuru,
wegwerfen. Noch gegenwärtig sagt man sogi-sutsu.
So-da, Brennholz. 110 zi-wo motsi-ure-do sogi
naru-b'esi. Obgleich man sich der (obigen) Zeichen so-da
bedient, kann das Wort so viel als sogi-jeda ^geschnittene
Aeste' sein.
Sodatsi, aufziehen, ernähren. g|J no kolcoro naru-
besi. Kann den Sinn von sofi-tatsuru ,hinzufügend hinstellen'
haben.
Sode, Aermel. £ ^ no kokoro nari. Hat den Sinn
von so-de ,Hand des Kleides'.
Soto, ausserhalb. H PI no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von so-to ,Thor des Rückens 4 haben.
Sono, Garten. nr m no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von so-no ,freies Feld des Rückens' haben.
Somuku, sich widersetzen, [pjfj no kokoro nari. Hat
den Sinn von so-muku, den Rücken kehren.
Sora, Himmelsfeste. Zi-nen-no kotoba naru-besi. Kann ein
von selbst entstandenes Wort sein.
Tsu. ') no tsu-wa fito-no atsumaru-jori i-i (ZJ
no- tsu- wa no atsumaru-jori ijeri. no zi-wo tsu-to-mo
tsume-to-mo jomeru kore-nari. Das Wort tsu ,Fahrwasser' in
tsu-no watari ,Uebergang des Fahrwassers' stammt von fito-
no atsumaru ,die Menschen sammeln sich an'. Das tsu
,Speichel' in kutsi-no tsu ,Speichel des Mundes' stammt von
tsubaki-no atsumaru, der Speichel sammelt sich an. Das Zeichen
für das Wort atsumaru ,sich ansammeln' wird nämlich auch
tsu und tsume ausgesprochen.
Tsuitatsi, der erste Tag des Monats. nari. Tsuki-
no tatsi-fazimuru-wo iü. Farn tat-u aki tatsu-to iü-ga, gotosi.
Ist tsuki-tatsu, der Mond ersteht. Bedeutet das erste Entstehen
des Mondes, gleichwie man faru tatsu ,der Frühling entsteht',
aki tatsu ,der Herbst entsteht' sagt.
Tsuka, Griff. Tsukamu-no kokoro nari. Hat den Sinn von
tsukamu, erfassen.
Japanische Etymologien.
479
Tsukamu, mit der Hand fassen. )K ^ no kokoro naru-
besi. Kann den Sinn von tsume-kamu ,mit den Nägeln beissen'
haben.
Tsugafu, anfügen. ||| nari. Ist tsugi-afu, fortge
setzt verbinden.
Tsukaru, ermattet sein, '^jt no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von tsu-karuru ,das Fahrwasser vertrocknet'
haben.
Tsukari, Kette. nuru kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von tsukanuru ,zusammenbinden' haben.
Tsukasa, Vorsteher. Id tokoro-wo iü. Bedeutet einen
hohen Ort. 1
Tsuki, Mond. ru-no kokoro-wo mote na-to su. Der
Name hat den Sinn des Wortes tsukiru ,aufhören'.
Tsulmru, verfertigen. m m jori ten-seru nari. Ist aus
tsukeru ,hinzusetzen' umgewendet worden.
Tsutafu, überliefern. Tafu-no kajeri tsu nari. Tsudzuku
kokoro. Die Rückkehr von tafu ist tsu. Das Wort hat den
Sinn von tsudzuku, sich fortsetzen.
Tsuta-nasi, ungeschickt. ^ m no kokoro. Hat den
Sinn von tsutaje-nasi, ohne Ueberlieferung.
Tsutsi, Erde. no koje-no gotoku ije-do idzuku
made-mo -± nare-ba tsudzuki-no kokoro. Tsu ki-no
kajeri tsi nari-to ijeri. Das Wort hat zwar eine Bedeutung
gleich den (chinesischen) Lauten tsu-tsi ,Erde', da aber'über
allhin sich ausbreitende Erdklösse sind, so hat es den Sinn
von tsudzuki, sich fortsetzen. Man sagt, die Rückkehr tsu ld
sei tsi.
Tsutsi, Hammer. Utsi-no ten-go nari-to ijeri. Mata lcoje
naru-besi. Man sagt, es sei ein umgewendetes Wort statt utsi,
schlagen. Es kann auch der (chinesische) Laut sein. 2
Tsutsumi, Damm. | - no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn tsutsi-tsumi ,Häufen der Erde' haben.
Tsuwa-mono, Bewaffneter, fjtjl no kokoro nari jote
fei-ki-ivo-mo sika ijeri. Hat den Sinn von tsujoki mono ,etwas
Starkes'. Desswegen werden die Waffen auch so genannt.
1 So viel als takasa, Höhe.
2 Der chinesische Laut von M tsutsi ,Hammer 4 ist tsui.
480
P f i z m a i e r.
Tsubi, Muschel. no Icokoro naru-besi. Kann den Sinn
von tsubo ,Topf' haben.
Tsubu, Korn. In dem Nippon-ki auch die Aussprache von
Ü tsubo., Topf. In dem ßei-I-ki hat jjijp tsubu ,Korn' die
Aussprache tsubi.
Tsuma, Gatte, auch Gattin. Mutsumazi-ki-no Icokoro nari-
to ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von mutsumazi-si,
freundschaftlich.
Noki-no tsuma koromo-no tsuma afugi-no tsuma kusa-no
tsuma nado mina ico in fr no Icokoro nari. Tsuma in
noki-no tsuma. ,Rand des Vordachs', koromo-no tsuma ,Rand, des
Kleides', afugi-no tsuma , Fächerrand', kusa-no tsuma ,Pflanzen
rand' und anderen Wörtern bedeutet fasi ,äusserstes Ende'
und hat den Sinn von tsume Nagel, Klaue.
Tsuma-gusi. In dem Kami-jo-bumi findet man fr m
tsuma-gusi, Klauenkamm. Kusi-no "j§J tsume-no katatsi-ni ni-
tari-to ijeri. Issetsu-ni mukasi-no kusi-wa zen-tai-wo tsume-no
kata si-tari. ni kusi-gata nado iü na aru ima-no kusi-no
tai-ni-wa arazu-to ijeri. Sare-ba tsumami-gusi-no kokoro nari.
Man sagt, die Zähne des Kammes haben Aehnlichkeit mit der
Gestalt der Klauen. In einer Erklärung heisst es, die ehe
maligen Kämme waren im Ganzen in der Gestalt von Klauen
verfertigt. In den Vorhallen hatten sie den Namen kusi-gata,
Kammgestalten. Es sei nicht der Körper der gegenwärtigen
Kämme. Indessen hat das Wort den Sinn von tsumami-gusi,
Kamm mit einem Griffe.
Tsume, Klaue. M & to iu-ni-ja. Bedeutet vielleicht
tsuno-me, Hornknospe.
Tsuju, Thau. Tsu-wa ft nari. Ju-wa nari.
keppaku-naru wo ijeri. Tsu ist tsubu, Korn. Ju ist ju (für
imu), fasten. Bezeichnet, dass Korn an Korn rein weiss ist.
Tsujosi, stark. ||| no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von tsugi-josi fortgesetzt gut' haben.
Tsurara, Eiszapfen. jjp no kokoro nari. Hat den
Sinn von tsuranari-taruru, in Reihen herabhängen.
Tsurugi, ein grosses Schwert. f, ^j|J ^ no kokoro - to
ijeri. Issetsu-ni tsuru-wa '£fj nari. ä m ivo tsu.ru - ga-to
iü-ga gotosi. Ki-wa wo iu kotoba nari. Man sagt, das Wort
Japanische Etymologien.
481
habe den Sinn von suru-toki, spitzig und scharf. Nach einer
Erklärung ist tsuru so viel als tsuno ,Horn', gleichwie ,ge
hörnter Hirsch' durch tsuru-ga ausgedrückt wird. Ki ist ein
Wort, welches ,Schneide' bedeutet.
Ne-u. Gen-zi-ni neko-no koje-wo ne-u-ne-u-to ito ra-utake-
ni ncike-ba-to mije-tari. Ima nijawo-nijawo-to iü-ga gotosi. In
dein Geschlechte Gen findet man dieses Wort als Bezeichnung
der Stimme der Katze, indem es heisst: Sie (die Katze) schrie
kläglich ne-u-ne-u. Es ist gleich dem gegenwärtigen nijaioo-
nijavoo.
Negi. Nippon-ki-ni j[jff wo jomeri. Jp[ fi-no kokoro. Ga
fi-no kajevi gi nari. Neganu-wa T' m nari. In dem Nippon-
ki wird inoru ,beten' so gelesen. Das Wort hat den Sinn
von negafi, wünschen, begehren. Die Rückkehr von ga fi ist
gi. Neganu bedeutet negawanu, nicht begehren.
Ne-gutare-gami. 1)^ ^ J|| no kokoro nari. Ima iü
ne-midare-gami. Ne-gutare-no asa-gawo-to-mo mije-tari. Hat
den Sinn von ne-kusare-gami ,vom Schlafe verdorbenes Haupt
haar'. Gegenwärtig sagt man ne-midare-gami, vom Schlafe ver
wirrtes Haupthaar. Man findet auch ne-gutare-no asa-gaivo,
die vom Schlafe verdorbene Trichterwinde.
Neko, Katze, no kokoro naru. Nemuru-wo konomu
Jceda-mono nari. Wa-mei-seb-ni-wa neko-ma to ijeri. Hat den Sinn
von ne-ko, schlafender Sohn. Es ist ein Thier, welches gerne
schläft. In dem Wa-mei-sed heisst das Wort: neko-ma.
Nezumi, Maus. jj|ä: vAt no kokoro naru-besi. Fito-no nete
notsi-ni jojo idete mono-ivo nusumi-kurb mono nari. Kann den
Sinn von he-nusumi ,im Schlafe stehlen' haben. Es i:
Thier, welches, nachdem die Menschen eingeschlafen sind,
hervorkommt und Sachen stiehlt und verzehrt.
Netamu, beneiden. * 'Ji no H no ^
naru-besi. Kann den Sinn von ne-itamu ,langwierig schmer
zen', und den näheren Sinn ne-ikaru ,langwierig zürnen' haben.
Neburu, schlafen. no kokoro nari. Hat den Sinn
von ne-furu, schlafend verbringen.
Ne-ro. Aus dem Man-jeo-siü. Fako-ne-no ne-ro nado-mo
jomeri. wa mine-ivo iü. lio-wa suke-kotoba naru-besi. Man
liest fako-ne-no ne-ro ,der Berggipfel von Fako-ne' und Anderes.
ein
leise
482
Pfizmaier.
Ne (durch das Zeichen für ,Wurzel' ausgedrückt) bedeutet
mine, Berggipfel. 1 Bo kann ein Hilfswort sein.
Ne-watasi, des Berggipfels Herübersenden. Fi-ra-no ne-
ivatasi nädo jomeri. Fi-ra-no mine-jori ko-sui-je fuki-ivatasu
kaze-wo iii nari. Fi-ra-no ne-watari-to jomeru-wa juki nari-to
ijeri. Man liest fi-ra-no ne-watasi ,das Herübersenden des
Berggipfels von Fi-ra' und Anderes. Es bedeutet den Wind,
der von dem Berggipfel von Fi-ra zu dem See hinüberweht.
Man sagt, die Lesung fi-ra-no ne-watari ,der Uebergang des
Berggipfels von Fi-ra' sei der Schnee.
Na, Name. Na-wa £ nari nari. Na ,Name'
ist naru ,entstehen', naru ,vollendet werden'.
Naka, Mitte. Hjj lo kajo-naru-besi. Kann mit aka ,hell'
in Verkehr treten.
Nalia-ba, Hälfte. pj4 jjno kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von naka-fasi ,das mittlere Ende' haben.
Nakara. ivo jomeri. pj4 no kokoro nari. Ra - wa
suke-no kotoba. So wird fan ,Hälfte' gelesen. Hat den Sinn
von naka, Mitte. Ra ist ein Hilfswort.
Nagara, während. Naku aru-no kokoro. Kn a-no kajeri
ka nari. Man-jeo-siu ni nagara-si-wo fit M Z to kakeru-
ga gotosi. Hat den Sinn von naku aru ,Nichtsein und Sein'. 2
Die Rückkehr von ku a ist ka. Auf ähnliche Weise stehen
in dem Man-jeo-siü für nagara-si die Zeichen ,Nichtsein und
vorhanden sein 1 .
Nagaru, fliessen. ru kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von nami-sagaru, ,die Wellen steigen herab', haben.
Nageki, Wehklage. Ö no kokoro nari. Hat den
Sinn von naga-iki, langer Athem.
Nago. China-wo sasi-te ijeri. no kokoro. Womina-go-
to iü-ga gotosi. Zin-mu-ki-ni-mo konami-ga nago uwanari-ga
nago-to ijeri. Bezieht sich auf das Weib. Hat den Sinn von
na-go ,Namenskind'. Es ist wie bei dem Worte womina-go.
Auch in der Geschichte des Kaisers Zin-mu heisst es: konami-
ga nago ,das frühere Weib' und uwanari-ga nago ,das spä
tere Weib'.
1 Ne ist flie Abkürzung von mine.
2 D. i. bald nicht sein, bald sein.
L U Hill » 11(111 "1111 IIP<|lull in i i
Japanische Etymologien. 483
Nata, krummes Messer, ||||| no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von nagi-tatsuru ,mähen und abschneiden'
haben.
Nada, das ferne Meer. no kolcoro nari-to ijeri.
Sare-do kami-jo-no bumi-ni iu « PI no ten-se.ru naru-besi.
Man sagt, das Wort habe den Sinn von nami-taka ,die Wellen
gehen hoch'. Indessen kann es eine Umdrehung des in dem
Kami-jo-no bumi vorkommenden Wortes na-da ,berühmtes
Thor' sein.
Natsu, Sommer. ffc no kokoro nari-to-mo no kokoro
nari-to-mo ijeri. Issetsu-ni Jjjjijt ff no kokoro ine-ni jori-te-no
na nari. Man sagt, das Wort habe den Sinn von atsu ,heiss'
und auch von naru, entstehen. Nach einer Erklärung hat es
den Sinn von nari-tatsu ,entstehen und sich erheben' und sei
ein Wort, das sich auf die Reispflanzen bezieht.
Nawa, Schnur. jj|[ ki kokoro. Hat den Sinn von nawosi,
gerade.
Nabiku, sich neigen. no kokoro-ni-ja. Hat viel
leicht den Sinn von naje-fiku, erschlaffen und ziehen.
Naburu, zum Besten haben. m buru-no kokoro nari.
To-koku-ni idziru mata ibiru-to iu. Hat den Sinn von nure-
buru, vertraut anstossen. In den östlichen Reichen sagt man
idziru und ibiru.
Nabe, Kessel, -r no kokoro naru-besi. Mata
name-to-mo jomeri. Je-do ni kutsi-nabe, idzumi-ni te-tori-nabe-
to iu. Kann den Sinn von na-be ,Fischgefäss' haben. Man
liest auch name. In Je-do sagt man kutsi-nabe ,Mundkessel',
in Idzumi sagt man te-tori-nabe ,ein in die Hand genommener
Kessel'.
Nami, Welle. Fj|| jjjj. no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von na-mi ,tönendes Wasser' haben.
Namida, Thräne. yj£ ff| ru-no kokoro-ni-ja. Hat
vielleicht den Sinn von naki-mi-taruru, im Weinen kommt
Wasser herab.
Nandzi, du. % ft no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von na-motsi ,Namenbesitzer' haben.
Najamu, sich kränken. :|j|; no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von naje-jamu ,erschlaffen und erkranken' haben.
484
P fi zm ai er.
Narafu, nachahmen, sich üben. Narabu-no kokoro nari-
t.o ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von narabu, in
Ordnung gestellt sein.
Naruru, sich gewöhnen. ^ no kokoro. Rafu-no kajeri
ru nari. Hat den Sinn von narafu, sich üben. Die Rückkehr
von rafu ist ru.
Naioi, Erdbeben. fj|| no lcokoro-ni-ja. Mata nawi-
furu-to-mo jomi. Zoku-ni na-e-to joberi. Ilat vielleicht den
Sinn von na-wi, tönend weilen. Man liest auch nawi-furu,
Zittern des Erdbebens. Im gemeinen Leben sagt man na-e.
Mukasi, ehemals. [pf) fi-si-no kokoro nari. |pj] no zi-wo
saki-to-mo jomeru T=f ni-si kata-wo iü nari. Hat den Sinn
von mukafi-si, entgegen gekehrt. Das Zeichen mukafi wird auch
saki ,früher' ausgesprochen. Das Wort bezeichnet den ver
gangenen (sugi-ni-si) Theil.
Mnkuro, Rumpf. Jjp jp§ no kokoro nari-to ijeri.
J|! % too iü nari. Man sagt, das Wort habe den Sinn
von mi-hukuro, Sack des Leibes. Es bezeichnet mi-kara, Schale
des Leibes.
Muko, Eidam. Mesu-ko naru-besi. Me su kajeri mu nari.
Mesu-ica nari. Ko iva nari. Kann mesu-ko bedeuten.
Die Rückkehr von me su ist mu. Mesu ,herbeirufen' ist ,ab
holen'. Ko ist ko, Sohn.
Musi, Insect. VE nari. £ Vc no o-oki-wo iü nari.
Ist musu, hervorbringen. Bezeichnet, dass etwas in Menge
wächst und sich verwandelt.
Musiro, Matte. ^ no kokoro. ffj wa ]|Ejr 4g? wo iü
nuru-besi. Hat den Sinn von mo-siro, Stellvertreter des unte
ren Kleides. Mo kann siki-mo ,ausgebreitetes unteres Kleid'
bezeichnen.
Musiro, lieber. Mosi-to kajojeri. no kokoro. Ro-iva
zio-go naru-besi. Tritt mit mosi ,wenn' in Verkehr. Hat den
Sinn von mosi, wenn. Ro kann ein Hilfswort sein.
Musu. In dem Kaini-jo-bumi steht das Zeichen j||| ,her
vorbringen'. Man findet fige musu ,der Bart wächst', koke
musu ,das Moos wächst', kusa musazu ,die Pflanzen wach
sen nicht'.
Japanische Etymologien.
485
Musume, Tochter. n iK ivo iü 110
nan.
Bedeutet die eigene Tochter. Das Wort hat den Sinn von
musu-me, die wachsende Tochter.
Musuko. Tjf -3t* wo iü. fä no kokoro. [4 «>«
. VAJ v ./lirt .iuji
4- wart. Bedeutet den eigenen Sohn. Das Wort hat den
Sinn von musu-ko, der wachsende Sohn. Das Zeichen 1=3
. •'nA
ist ,wachsen'.
Musubu, knüpfen. Jno kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von mure-subu ,in Schaaren zusammenfassen' haben.
Mutsi, Peitsche. * ft no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von mi-utsi ,den Leib schlagen' haben.
Mu-tsu, sechs. Mu-tsu-no ten-go to to-wo awasete
mu-tsu-to su. Ist e'n umgewendetes Wort für mi-tsu, drei. Drei
und drei vereinigt, ist sechs.
Mutsu, Freundschaft. Mutsubu-no riaku naru-besi. Kann
die Abkürzung von mutsubu ,Freundschaft* sein.
Mutsubu, Freundschaft. jori ide-taru kotoba naru-
besi. # »t no kokoro am. Kann ein aus mu-tsu ,sechs'
entstandenes Wort sein. Fs hat den Sinn, dass man sich ein
ander gegenüber befindet.
Munasi, leer. ff« 3t no kokoro nari. Hat den Sinn
von mi-nasi, ohne Frucht.
Mune, Brust. *j||* no kokoro nari-to ijeri. Man sagt,
das Wort habe den Sinn von mura-fone, die Schaar Knochen.
Mubafu, entreissen. Ist mit ubafu gleichbedeutend.
Mura, Dorf oder Stadt. ^ no kokoro nari. Hat
den Sinn von mura-wi, in Schaaren wohnen.
Murasaki, purpurn. Jp? D^j no kokoro. Hat den Sinn
von mure-saki, in Schaaren aufhlülien.
Muro, inneres Haus. Komoru kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von komoru, sich verbergen.
Uwo, Fisch, J|| no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von uku ivo ,schwimmender Schweif' haben.
Ukabu, schwimmen. wo iü. Ka bu kajeri ku nari.
Ukamu-to-mo kakeri. to kokoro kajojeri. Bedeutet uku,
schwimmen. Die Rückkehr von ka bu ist ku. Es wird auch
Sitzungaber d. phil.-liist. CI. LXXX. Bd. III. Hft.
32
P f i •/. in a i o r.
486
ukamu geschrieben. Das Wort verkehrt mit dem Sinne von
ufe, oben.
Ukami, spähen. Aus dem Nippon-ki. Ukagai-miru-no
kokoro nari-to ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von
ukagai-miru, spähend blicken.
Ukagafu, spähen. p^J wo ru-no kokoro nari-to ijeri.
Man sagt, das Wort habe den Sinn von utsi-wo kangafv.ru,
das Innere untersuchen.
no kokoro naru-besi. Su-wa mono-
wo ireru-jori iü kotoba nari. Kann den Sinn von utsi-su ,Nest
des Schlagens' haben. Man sagt, das Wort su ,Nest', weil
man Gegenstände hineinlegt.
Uso, Luge, '/iji no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von uki-sora ,schwimmende Leere' haben.
Utsi-fa, Fächer. m m no kokoro nari. Hat den Sinn
von utsi-fa, schlagender Flügel.
Utsi-gi, Ueberkleid. *r it no kokoro. Hat den Sinn
von u\si-ki, schlagend anziehen.
Utsu, leer, hohl, yiji tsu kokoro-ni-ja. Hat vielleicht den
Sinn von uki-tsu, schwimmend.
Udzu, Wasserwirbel. Ö & no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von usu-midzu ,Mörserwasser' haben.
Utsukusi, schön. % jff; f no kokoro nari. Hat den
Sinn von utsu-kusi, kostbar und wunderbar.
Ude, Arm. ± ^ no kokoro-to ijeri. Man sagt, das
Wort habe den Sinn von ufe-de, obere Hand.
Utena, Terrasse. _|^ ^ \%\ n0 kokoro. Hat den Sinn von
nfe-tana, das obere Gerüst.
Unawi, das herabhängende Haupthaar eines Kindes.
Xfj jjj no kokoro. Kami-wo agene-ba una-ni aru kokoro naru-
besi. Hat den Sinn von una-wi, an dem Halse weilen. Es wird
bedeuten: Wenn man das Haupthaar nicht emporhebt, so be-
lindet es sich an dem Halse. 1
Unate, Wassergraben. SA ^ no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von une-te ,Hand des Ackers' haben.
Ufanari, zweite Gattin. Ufa-iva ru kokoro nari.
Nari-wa no kokoro. Ra bi kajeri ri. Ufa (äusserlich) hat
Usu, Mörser. fr
1 Una ist so viel als unazi, Hals.
JapanischeJEtymologien.
487
den Sinn von kasanaru, doppelt sein. Nari hat den Sinn von
narabi, in Ordnung gestellt sein. Die Rückkehr von rabi ist ri.
Ufi, Anfang. &Z 0 no kokoro. Hat den Sinn von
umu fi, Tag der Geburt.
Ufe, oben. V ^ naru-besi. Kann so viel als u-fe
(für uki-fe) ,schwimmende Seite* sein.
Wi, Brunnen. kokoro. Midzü-rio atsumaru-wo iü.
Hat den Sinn von wiru ,sich sammeln*. Bedeutet die An
sammlung des Wassers.
Wi, dunkelblau. A-wi-no riaku nari. Ist die Abkürzung
von awi.
Wi, Schwein. no kokoro. Kasira-no wi-suwari-taru-
jori iü naru-besi. Hat den Sinn von wi, verbleiben. Das Wort
kann daher entstanden sein, dass der Kopf dieses Thieres un
beweglich sitzen geblieben ist.
Winaka, Land im Gegensätze zu Stadt. |JJ ^ no bjü
to iü-ni-ja. Mata to iü-ni-ja. Hat vielleicht den Sinn
von ta-wi-no naka ,Mitte der Feldwohnungen*, vielleicht auch
von wi-naka ,Mitte des Dammes*.
Noki, Vordach. iä no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von noki ,sieh zurückziehen* haben.
Noku, sich zurückziehen. Nukeru-to iü-ga gotosi. Ist ein
Wort gleich nukeru, sich entziehen.
Nozoku, wegnehmen. A* & no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von noki-soku ,sich zurückziehen* haben.
Noboru, steigen. to kokoro kajojeri. Geht in den Sinn
von nobiru ,sich strecken* über.
Nomi, Floh. A no IDL wo nomu-no kokoro nari. Hat
den Sinn, dass dieses Thier das Blut der Menschen trinkt
(nomu).
Nora, freies Feld. Ist so viel als §fj- no. Ra ist ein
Hilfswort.
Nori, Vorschrift, nari jljLu nari. Ist noru ,mel
den* und noru ,verbreiten*.
Noru, verbreiten, melden. Noburu-no kokoro nari. Hat
den Sinn von noburu, ausdehnen.
32*
48«
P f i 7, in a i o i*.
Norofu, verwünschen. Jfj| jori ten-si-ta.ru kotoba naru-
besi. Kann ein aus noru ,schelten' umgewendetes Wort sein.
OJci-bi, Leuchtfeuer. & yc no kokoro nun. Oki-to nomi-
mo ijeru. Hat den Sinn von okiru. fi, aufsteigendes Feuer. Man
sagt auch oki allein.
Okina, Greis. %L * no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von oi-na ,Greisenname‘ haben.
Ogiro, Kinn. Jü-sin mi-gataki nari-to tsiü-seri. Ogi-wa
nari. Ro-iva zio-go inisije-bumi-ni tafutoki-ro kasikoki-ro-
to ijeru-ga gotosi. Wird durch ,verborgen und schwer zu sehen'
erklärt. Ogi ist oki, verborgen. Ro ist ein Hilfswort gleich
wie in alten Büchern tafutoki-ro ,geehrt', kasikoki-ro ,ehrwür
dig' gesagt wird.
Oginufu, ausbessern. Jjjjj j|^| no kokoro naru-besi. Oginafi
oginofu nado-mo jomeri. Kann den Sinn von oki-nufu ,hin
legen und nähen' haben. Man liest auch oginafioginofu und
Anderes.
Okuru, begleiten. iE ^ no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von ofi-kuru ,folgend kommen' haben.
Okonafu, handeln, verrichten. fj|L si Jt no kokoro naru-
besi. Kann den Sinn von okosi-nasu ; erheben und vollenden'
haben.
Osore, Furcht. Jjjjf 9' jori ide-taru kotoba naru-besi.
Zoku-ni sora-osorosi nado-mo ijeri. Kann ein von o-o-sora
,Himmelsfeste' abgeleitetes Wort sein. Im gemeinen Leben
sagt man sora-osorosi und Anderes.
Osofu, einen Einfall machen, |||;£lu no kokoro naru-
besi. Si o kajeri so nari. Kann den Sinn von osi-ofofi ,nie
derdrückend überdecken' haben. Die Rückkehr von si o ist so.
Otsu. In dem Man-jeo-siü die Lesung von otsura
,fallen'.
Otoru, nachstehen. Otsiru-to kajojeri. Das Wort hat mit
otsiru ,fallen' Gemeinschaft.
Qdoroku, erschrecken, E keru kororo-ni-ja. Hat
vielleicht den Sinn von o o-torokeru, stark schwanken.
Otorofu, schwinden. Ro fu-no kajeri ru. to kokoro
kajojeri. Die Rückkehr von ro fu ist ru. Das Wort hat mit
dem Sinne von otoru ,nachstehen' Gemeinschaft.
Japanische Etymologien,
489
Oni, Dämon. ^ no ^ wo motu ^||| to seri-to ijeri.
üare-do inisi-je-wa oni-tefu =y nasi. Mina mono-to jomeri.
Kdnii-jo-bumi-no oni-mo mono-to jomu-besi. Man sagt, es sei
der (chinesische) Laut on, oni ,Verborgenheit' zur (japanischen)
Lesung gemacht worden. Indessen gab es in dem Alterthum
kein Wort, welches oni ,Dämon' bedeutete. Es wird überall
mono ,Wesen' ausgesprochen. Auch das in dem Kami-jo-bumi
vorkommende oni soll mono ,Wesen' ausgesprochen werden.
Ofi. wo jomeri. no Icolcoro nnri. Fnmi-wo ofu
fako nari-to tsiü-seri. Ist die Lesung von ofi. ITat. den Sinn
von ofi, auf dem Kücken tragen. Die Erklärung sagt, das
Wort bedeute einen Koffer, in welchem man Bücher auf dem
Rücken trägt.
Oboreru, untersinken. - foreru nari. Oboru-to-mo
iü. Tötbmi-fito-wa omoru-to-mo i.je-ba pjj ki ^ nari-to-mo
ijeri. Kami-jo-bumi-ni wo oborasu-to-mo ijeri. Ist so
viel als o-oi-ni foreru, sehr abgelebt sein. Man sagt auch: da
die Menschen von Totomi auch omoru sagen, so habe das Wort
den Sinn von omoki, schwer. In dem Kami-jo-bumi wird das
Zeichen für ,untersinken' durch oborasu ausgedrückt.
Omofu, denken. ||j to kokoro kajojeri. Hat mit dem
Sinne von .omo ,schwer' Gemeinschaft.
Ojoso, jeglicher. O-o-joso-no riaku nari. Ist die Abkür
zung von o-o-joso, gross äüsserlich.
Kuga, festes Land. ^ wo kuni-gata-to jomeru kokoro
kajd-besi. Kann mit dem Sinne des Wortes kuni-gata ,Gestalt
des Reiches', welches die Aussprache von dzi-gio ,Gestalt der
Erde' ist, Gemeinschaft haben.
Kuku, Chrysanthemum. Ist eine Lautumwendung von
kiku.
Kusa, Pflanze, Gras. Tosi-goto-ni ru mono nare-
bei iü-naru-besi. Da die Pflanze ein Gegenstand ist, der all
jährlich verdorrt und verfault (kusaru), so wird sie davon den
Kamen haben.
Kusi. -yg- no zi-ioo jomeri. mata wo jomu-wa
"ft no kokoro fomuru kotoba nari. Mi-kusi-to i-i kusi-kedzuru
nado iü köre nari. Kusi ist die Aussprache des Zeichens ajasi-
490
Pfizmaier.
si ,wunderbar'. Dass kami , Haupthaar' und kasira ,Haupt'
ebenso gelesen wird, hat den Sinn von ajasi-si ,wunderbar',
und es sind lobpreisende Worte. Dieses ist der Fall in mi-
kusi ,das erhabene Haupt', kusi-kedzuru ,das Haupthaar kämmen'
und anderen Ausdrücken.
iva kami-ni motsijuru mono ju-e-ni na-to-su. Weil
kusi ,Kamm' ein für das Haupthaar gebrauchter Gegenstand
ist, wurde ihm dieser Name gegeben.
Kusibi. In dem Kami-jo-bumi die Lesung des Zeichens
,reingeistig', pj 0 kusi-bi-no kokoro nari. Hat den
Sinn von kusi-bi, wunderbarer Tag.
Kusiro, Egge, ^ no kokoro naru-besi-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von kusi-siro, Stellvertreter des
Kammes.
Kusuri, Arznei, jpf suru-nari. Bedeutet kusa-suru, Pflan
zen bereiten.
Kususi, Arzt. ü m no kokoro nari. Hat den Sinn
von kusuri-si, Meister der Arzneien.
Ruda, Rohr. pjv T si nk T suru-ni jote nadzukuru-
naru-besi. Kann so genannt worden sein, weil man in das
Rohr hinabbläst (fuki-kudasi) oder zur Unterhaltung hinab
bläst (jorokobi-kudasuru).
Kuda-mono, Früchte. 7ft - H #J no kokoro. Hat den
Sinn von ko-dane-mono, Sachen der Baumsamen.
Kutasu. Man-jed-siu-ni \ to mije-tari. Omofi-
kutasu ifi-kutasu nado uta-ni jorneri. ln dem Man-jeo-siü findet
sich kutasu, verfaulen machen, verderben. Man liest in Ge
dichten omofi-kutasu ,in Gedanken verderben', ifi-kutasu ,durch
Worte verderben' und Anderes.
Kutsi, Mund. JU wa kutasi nari. Ta si kajeri tsi
nari. Sioku - motsu - wo ]|jfc suru-jori nadzuku-to ijeri.
Kutsi ,Mund' ist kutasi, verderben. Die Rückkehr von ta si
ist tsi. Man sagt, weil der Mund die Speisen verdirbt und gar
macht, wurde er so genannt.
Kutsi-wosi, bedauernswerth. jpj no kokoro naru-besi.
P 1t to kaku-wa arazi. Kann den Sinn von kutsi-wosi,
,verfault bedauerlich', haben. Die (gegenwärtig übliche) Schreib
art kutsi-wosi ,Mund bedauerlich' kommt nicht vor.
Japanische Etymologien.
491
Kutsi-biru, Lippe, pf no kokoro nari. >j|p ni-mo
pj no näri-to ijeri. Hat den Sinn von k-utsi-feri, Saum
des Mundes. Auch in buddhistischen Büchern heisst es, das
Wort sei lcutsi-no feri, der Saum des Mundes.
Kudzuru, einstürzen. |kolcoro naru-besi.
Kann den Sinn von kvje-otsuru ,vergehend herabfallen' haben.
Kudoku, berathen. jZf no kolcoro. Ku-wa pj no
riaku nari. Hat den Sinn von kutsi-toku, mit dem Munde er
klären. Ku ist die Abkürzung- von kutsi ,Mund'.
Kuni, Reich. M wo kumi-to jomeru kokoro-nite » *
suru to-tsi-wo ijeru-m-ja. Das Zeichen jo wird kumi ,theil-
nehmen' gelesen. In diesem Sinne bedeutet das Wort viel
leicht das Land, an welchem man einen Antheil hat.
Kufa, Maulbeerbaum. Kua-wa kai-ko-no kuro fa nare-ba
nadzukuru nari. Ku-to ko-to tsü-su. Ko-wa kai-
ko nari. Da der Maulbeerbaum aus Blättern besteht, welche
die Seidenraupe verzehrt, so gab man ihm den Namen ko-fa,
Blätter der Seidenraupe. Ku und ko gehen in einander über.
Ko ist lcai-lco, Seidenraupe.
Kufafi. p^p- zi-wo jomeri. Mi-to-no ma-gufafi-no tagui-nari.
Zp- no kokoro naru-besi. Fi a kajeri fa nari. So wird
das Zeichen für ,sich verbinden' gelesen. Es ist von der Art,
wie in dem Worte mi-to-no ma-gufafi. Es kann den Sinn
von kufi-aji ,mit einander essen' haben. Die Rückkehr von
fi a ist fa.
Kubi, Nacken. Kasira-no kuki nari-to are-ba kubomi nari.
Bo mi kajeri bi nari. Unazi-no kabo-to-mo ijeri. Da es heisst,
der Nacken sei der Stengel des Hauptes, so bedeutet es kubomi,
Höhlung. Die Rückkehr von ho mi ist bi. Es wird auch gesagt,
es bedeute unazi-no kubo, Höhlung des Halses.
Kufu, essen, rafu-wo riaku-suru kotoba nari. Ist ein
Wort, bei welchem kurafu ,essen' abgekürzt wird.
Kümo, Wolke. j||| ^ ru-no kokoro nari. Das Wort hat
den Sinn von komoru, sich verbergen.
Kura, Sitz. Ist die Lesung des Zeichens J|j? ,Sitz'.
f no kokoro naru-besi. Kann den Sinn von ki-woru
,kommen und weilen' haben.
492
Pfizraaie r.
Kvrufu, wahnsinnig- sein. jff ij^ no kokoro ari. TJta-
ni kurufosi-to miju. Hat den Sinn von kururi-to marobu, rings
sich umdrehen. In Gedichten findet man kurufosi.
Kuruvici, Wagen. ijä|i |tj|) no kokoro. Ma-to wa-to tsü-
seri. Hat den Sinn von kuru-wa ,sich drehendes Rad'. Ma
und iva gehen in einander über.
Jakara, Leute, Genossen.
|| % ■ no
Kann
kokoro naru-
den Sinn von
Einige sagen, es sei
besi. Arui-wa ^ jjtf. * nari-to ijeri
ija-kara ,immer mehr Anhänger' liaben.
ije-kara, Leute des Hauses.
Jakazu. In dem Wa-mei-seb für ^ ,Dachrand'. f|
no kokoro nari. Hat den Sinn von ja-kazu, Dächerzahl.
Jagate, sogleich. it Hfl? no kokoro. Hat den
von jami-gate, aufzuhören unmöglich.
Sinn
Ja-gura, Thurm. >
taru-ivo iü-to ijeri. Hat
W» 1
den
Ipji no kokoro. Kasane - tsuknri-
Sinn von ija-kura, immer mehr
Man sagt,
das Wort bedeute die mehrfache Her-
Kammern.
Stellung.
Jake-fu. £ 7 no kokoro. Faru-no no-tvo jaki-te
ato -ni £ tant kusa-wo ijeri. Hat den Sinn von jake-fu, ver
brannt wachsen. Bedeutet die Pflanzen, welche wachsen, nach
dem man im Frühling das freie Feld angezündet.
Jasiro, Altar. ^ no kokoro. Mata
kalteri. Hat den Sinn von ije-siro, Stellvertreter
Das Wort wird auch ja-siro
schrieben.
ft t0
Hauses.
Stellvertreter des Daches' ge-
des
Jasinafu, ernähren, ^ no kokoro-ni-ja. Hat viel
leicht den Sinn von ija-sinobu, immer mehr ertragen.
Jasumu, ruhen. Jg no kokoro nari. Hat den Sinn
ja-sumu, unter dem Dache wohnen.
Ja-tsu, acht. JKJ wo kasane-taru kazu nare-ba jo-tsu-no
ten-go-nite no kokoro nari. Da das Wort eine die Zahl
vier (jo-tsu) verdoppelnde Zahl bedeutet, so ist es ein umge
wendetes Wort und hat den Sinn von ija-tsu, immer mehr.
Jatsuko, Sclave. ij^T no kokoro. Hat den Sinn von
jatsure-ko, abgemagertes Kind.
Japanische Etymologien.
49:1
Jana, das Wehl'. J|i no kokoro. wo josete uwo-
wo toru mono nari. Hat den Sinn von ja-na, Fisch des Daches.
Man legt Bäume an und fängt damit Fische.
Janagi, Weidenbaum. m * naru-besi. Midzu-no fotori-
ni o-old nari. Mata no 7fk no kokoro. Inisi-je kono
ki mote ja-to se-si koto sai-do-no fumi-ni-mo mije-tari. Kann
jana-ki ,Baum des Wehres' sein. Zur Seite der Gewässer
sind viele Bäume. Es hat auch den Sinn von ja-no ki, Baum
der Pfeile. Dass man in den alten Zeiten aus diesem Baume
Pfeile verfertigte, findet man in den Büchern des westlichen
Landes.
Jani, Harz. to kun-i tsü-seri. Neberi-tsuku-no kokoro
nari. Das Wort hat Lesung und Bedeutung mit fani ,Lehm'
gemein. Es hat den Sinn von neberi-tsnku, ankleben.
Jabn, Dickicht. 5» £ no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von ija-fu ,immer mehr wachsen' haben.
Jaburu, zerbrechen. Jffi no kokoro-ni-ja. Hat viel
leicht den Sinn von ja-furu, der Pfeil stösst an.
Jama, Berg. It no kokoro. Ugokazaru-ioo sio-su-to ijeri.
Issetsu-ni 'jjj, no kokoro ija takaku ßjj^ seru-wo iü
nari-to-mo ijeri. Hat den Sinn von jamu, Stillstehen. Der Berg
wird so genannt, weil er sich nicht bewegt. In einer Erklä
rung heisst es auch, das Wort habe den Sinn von ija-ma,
immer mehr Zwischenraum. Es bezeichne, dass der Berg
immer höher wird und Zwischenräume und Scheidewände bildet.
Jamaß, Krankheit. jJ- no kokoro nari-to ijeri. Itsuki-
mija imi-kotoba-ni-mo jamai-wo jasumu-to iü-to mije-tari. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von jami, innehalten. Auch in
den vermeidenden Worten des Palastes des Gebetes findet
man, dass die Krankheit ,das Ruhen' genannt wird.
Jama-gatsu, ein Bergbewohner. Ui » ~ A to iü
kokoro. Tsu-iva adzüma-tsu-no tsu-no gotosi. Hat den Sinn des
Wortes jama-agata-110 fito, Mensch des Bergbezirkes. Tsu ist
gleich dem .tsu in adzuma-tsu, Mensch der östlichen Länder. 1
1 Demnach läge jama-agata-tsu zu Grunde. Statt adzuma-tsu steht an einer
anderen Stelle adzuma-dzu. Ein Synonymum des letzteren Wortes ist
adzuma-udo. Tsu oder dzu ist daher so viel als udo, welches seinerseits
für fito oder bito ,Mensch 1 gesetzt wird.
494
Pfizmaier.
Jami, Finsterniss. ifc no kokoro naru-besi. Jami-no jo-
to-mo ijeri. Das Wort kann den Sinn von jamu ,aufhören'
haben. Man sagt auch jami-no jo, die finstere Nacht.
Jamu-wo, Witwer. B 8 no kokoro nari. Hat den Sinn
von jamu-wo, aufhörender Mann.
Jamu-me, Witwe. B k no kokoro■ nari. Hat den Sinn
von jamu-me, aufhörendes Weib. 1
Ma-uke, erlangen. Matsi-uke-no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von matsi-uke ,erwarten und empfangen' haben.
Ma-udzu, sich an einen Ort begeben. jjj no kokoro
nari. Hat den Sinn von mawi-idzu, in Gesellschaft hinaus
treten.
Ma-Vrtsi-gi-mi, ein grosser Würdenträger. Mafe-tsugi-mi-
no ten-suru nari. Issetsu-ni 0 ft 4V no kokoro-to ijeri.
Ist die Umdrehung von mafe-tsugi-mi, in Gegenwart zunächst
folgender Leib. Nach einer Erklärung hat es den Sinn von
mawi-utsi-kimi, in die Gesellschaft kommender Fürst des
Inneren.
Makaru, sich wegbegeben. |- |jj| * " no kokoro naru-
besi. Kann den Sinn von ma-karuru ,inzwischen sich trennen'
haben.
Makadzu. Ist die Lesung des Zeichens j|4 ,sich zurück
ziehen'. jjj no kokoro. Hat den Sinn von makari-idzu,
sich wegbegeben und austreten. In dem Nippon-ki findet sich
auch makade.
Makasa, Auftrag geben, fgf 'fpj no kokoro-ni-ja. Hat
vielleicht den Sinn von ma-kasu, wirklich leihen.
Makura, Polster. |=j Jy£ no kokoro nari. Mala ||!
no kokoro nari-to-mo ijeri. Hat den Sinn von ma-kurct, Augen
sitz. Man sagt auch, das Wort habe den Sinn von makuru,
aufrollen.
Masura-ioo, Held. nari-to ijeri. Man sagt,
das Wort bedeute masari-wo, ein übertreffender Mann.
Matsi, Gasse. % no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von ma-dzi, ,Zwischenweg', haben.
1 Diese zwei Wörter lauten gejneiniglieli jamo-ioo und jamo-me.
Japanische p]fcymologien.
495
Matsu, Fichte. Matsu-wa motsu-to kajo. Fisasi-ki-wo
motsu-no kokoro nari-to ijeri. Das Wort matsu ,Fichte* ver
kehrt mit motsu, festhalten. Man sagt, es habe den Sinn, dass
die Fichte lange Däner besitzt (festhält).
Mado, Fenster. J=f no kolcoro nari. Hat den Sinn
von ma-do, Zwischenthüre.
Matoha, rund. Mataki-to tsü-su. •no zi-no kolcoro.
Tritt in den Verkehr mit mataki, ganz. Das Wort hat den
Sinn des Zeichens mattaku, vollständig.
Manabu, lernen. Manebu-no ten-go nari. Ist ein um ge
wendetes Wort für manebu, lernen.
Manukaru, entkommen. m m no kolcoro nari. Mono-
ni manogaru-to-mo mije-tari. Hat den Sinn von ma-nigeru, da
zwischen entfliehen. Man findet auch mono-ni manogaru, einer
Sache entkommen.
Manebu, lernen, jjt buri nari. Ist ma-ni-buri, die
Weise des wahren Aelmlichen.
Mafu, tanzen. Maioaru-ni onazi. Ist mit mawaru ,sicli
drehen* gleichbedeutend.
Mafe, vor, vorn. — no lcokoro nari. Hat den
Sinn von ma-fe, Augenseite.
Maborosi, Zauberkunst. 0 tr no lcokoro nari-to ijeri.
Kari-some-ni me-ni miru-ka-to sure-do zitsu-wa moto mono-naki
nare-ba jagate kije-usenuru-wo iu. Man sagt, das Wort habe
denn Sinn von ma-forobosi, vor den Augen vernichten. Es be
deutet, dass man vorläufig thut, als ob man etwas vor Augen sähe.
Da es aber in Wirklichkeit nichts ist, verschwindet es sogleich.
Marne, Bohne, igh jlj* no lcokoro nari-to ijeri. Man
sagt-, das Wort habe den Sinn von ma-mi, wahre Frucht.
Mamoru, bewachen. 0 H no kolcoro nari. Hat den
Sinn von ma-moru, das Auge in etwas füllen.
Maja, Augenbrauen. 0 - ± - no kokoro. U fe-no
kajeri je ten-site ju-to naru nari. Mata nippon-ki-ni majo-to-
mo jome-ba 0 # no kokoro-ni-ja. Hat den Sinn von ma-
ufe, über dem Auge. Je, die Rückkehr von u fe, wird umge
wendet ju. Da man in dem Nippon-ki auch majo liest, hat
es vielleicht den Sinn von ma-joru, das Auge stützt sich.
Majofu, sich verirren, [gj pj^ no ten-seru-ni-ja. Ist
vielleicht die Umwendung von ma-jofu, das Auge trunken.
496
Pfi zinaier,
Mara-uto, Gast. # A no kolcoro nari. Hat den Sinn
von mare-fito, seltener Mensch.
Ktifjare, schmutzig'. no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von ke-kare ,die Luft vertrocknet' haben.
Kefu, heute. Itfc 0 no kokoro nari. Ko-to ke-to fi-to
fu-to tsü-seri. Mata kofu-to-mo jomi. Hat den Sinn von ko-fi,
dieser Tag. Ko und ke, ß und fu verkehren mit einander.
Man liest auch kofu.
kemu-to ijeri. Sare-ba kemuri-to haku-mo tsü-su. Hat den Sinn
von ke-furi, Schütteln der Luft. In Jede sagt man kemu. In
dessen hat dieses auch Gemeinschaft mit der Schreibart kemuri.
wo ke-da-mono-to kun-seri. Hat den Sinn von ke-mono, haariges
Wesen. Das Zeichen für ,Hausthier' liest man ke-da-mono,
haariges Feldwesen. 1
Fu, die Lesung von £ ,wachsen', ist die Abkürzung
von ofu.
Fuigafa, Blasbalg. p'k fuki-kawa-no kokoro nari.
Hat den Sinn von fuki-kawa, Blashaut. Man sagt gegen
wärtig fuigo.
Fuje, Flöte. fA $ no kokoro nari. Hat den Sinn von
fuki-je, Blaseast.
Fuku, blasen. 1^7 ^7 * no kokoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von fu-ku, vorübergehend kommen.
Fukumu, in dem Munde halten, ^ =|=| j no kokoro-to
ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von fofo-komu, in
den Wangen verbergen.
Fukuru, schwellen. pA no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von fuku ,blasen' haben.
Yo-no fukuru, spät in der Nacht. Fukuru (Wurzel fukej
hat den Sinn von fukasi, tief.
1 Gegenwärtig wird ke-mono für ,Haustliier‘ und ke-da-mono für ,wildes
Thier 1 gebraucht.
Japanisch«' Etymologien.
497
Fukuro, Sack. Mono-wo ire-ba fukururn-jori na-to su-to
ijeri. Man sagt, das Wort heisse so, weil der Sack aufschwillt,
wenn man etwas hineingibt.
Fusunia, Mantel, Bettdecke. & m. no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von fusu mo ,unteres Kleid, unter welchem
man liegt'' haben.
Fusegu, vertheidigen. Fusagu-no ten-seru naru-besi. Kann
aus fusagu ,verstopfen' umgewendet sein.
Futa, Deckel. tsu kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von fedatsu ,abschliessen' haben.
Futsi, Wasserwirbel. * no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von fuka-midzu ,tiefes Wasser' haben.
ss
nari-to ijeri. Nippon-ki-ni
Futokoro, Busen.
futsukoro-to-mo mije-tari. Man sagt, das Wort sei so viel als
fu-tokoro, der in sich fassende Ort. In dem Nippon-ki findet
man auch futsukoro.
Fune, Schiff. to in-gi kajojeri. Hat Laut und Be
deutung mit fane ,Flügel' gemein.
Fumi, Schrift. Ä no kokoro naru-besi.
no in-ten-to ijeri. Kann den Sinn von fu-mi
gehend sehen' haben. In einer Erklärung heisst es, das Wort
sei die Umwendung des (chinesischen) Lautes bun.
Funde, Pinsel. Wa-mei-sed-ni fumi-de-to miju: £ #
no nari-to ijeri. Fude-to-mo ijeri. In dem Wa-mei-seo
findet man fumi-de. Man sagt, das Wort sei so viel als fumi-
no te, die Hand der Schrift. Man sagt auch fu.de.
Fuju, Winter, no ten-seru nari. Ist die Umwendung
von fija, kalt.
Furusi, alt. {
furu, vorübergehen.
Furumaß, ein Fest, (j
von furu maß, erregtes Tanzen.
Issetsu-ni
,vorüber-
uo kokoro nari. Hat den Sinn von
no kokoro. Hat den Sinn
Ko-asi. Ist die Lesung des Zeichens lcara ,Sten
gel, auch Stamm'. * & no kokoro nari. Hat den Sinn
von ko-asi, Baumfuss.
Koke, Moos. % no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von ko-ke ,Baumhaar' haben.
498
Pfizmaier.
no kokoro-to ijeri. Fo ko tsü-su.
Kokoro, Herz.
Kami-jo-bumi-ni ivo lcori-to jöineru kono kokoro nari. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von fo-kogoru, das Feuer ge
friert oder gerinnt. Fo und ko verkehren mit einander, ln
dem Kami-j o-buini hat das Zeichen für /Herz' die Aussprache
kori gefrieren'. Es hat diesen Sinn.
Kosi, Lende. ^ no kokoro nari. _t T no üc Itk
nari. Hat den Sinn von kosi, das Ueberschreiten. Es ist der
nothwendige Ort für die oberen und unteren Theile.
Kotafu, antworten. j no kokoro. To ka kajeri
ta fe su kajeri fu nari. Hat den Sinn von koto-kafesu, das
Wort zurückgeben. Die Rückkehr von to ka ist ta. Die Rück
kehr von fe su ist fu.
Kotobuki. =y j|jj£ 4 no kokoro nari. jjjj^ ^ no kokoro
nare-ba ni sika jomu-wa ajamari nari. Hat den Sinn
von koto-fogi, mit Worten beten. Da das Wort den Sinn von
,flehen und beten' hat, ist es ein Irrthum, wenn das Zeichen
für ,Lebensdauer' so gelesen wird.
Koneru, kneten, ^jj|i no kokoro nari. Hat den Sinn
von ko-neru, Mehl läutern.
Kofi, lieben. ru-no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von lcofi-motomum ,bitten und begehren' haben.
Kobi, schmeicheln. buri nari. Buri kajeri bi nari.
Ist so viel als kofi-buridie Weise des Liebens. Die Rückkehr
von buri ist bi.
Kofu, bitten. 2 no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von ko-fu ,kommen und vorübergehen' haben.
Komu. A ru-ioo komu-to-mo iü. ru-no kokoro nari.
Statt iru ,eintreten' sagt man auch komu. Es hat den Sinn
von komoru, eingeschlossen sein.
Konxe, Reis, yj'» U no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von ko-mi ,kleine Frucht' haben.
Kojomi, Kalender. Q no kokoro. Hat den Sinn
von ko-jomi, Lesung der Tage. 1
Korosu, tödten. su-no ten-go nari. Mata korobasu-no
kokoro mizo-ni korobasuru-no kokoro naru-besi. Ist ein aus
karasu ,verdorren machen' umgewendetes Wort. Es kann auch
1 Ko-jomi wird für ka-jomi stehen, was nicht angegeben wird.
Japanische Etymologien.
499
den Sinn von korobasü ,stürzen' haben lind ,in Gräben stür
zen' bedeuten.
Koromo, Kleid. Jjj| f no lcokoro naru-besi. Kann den
Sinn von kiru-mono ,Kleidungsstück' haben.
Ko-e, Stimme. =5" no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von koto-emu ,mit Worten lachen' haben.
Je, ei-langen. Die Rückkehr von uke ,erlangen' ist je.
Das Wort verkehrt auch mit u, erlangen.
Je ,Ast' ist die Abkürzung von jeda.
Je ,Handhabe' kann den Sinn von je ,Ast' haben.
fr Je, grosser Fluss. Je-wa umi-no je-to-mo iü-ni-
ja. Je hat vielleicht auch den Sinn von umi-no je, Ast des
Meeres.
Jtn wo je-to-mo ijeri. Der ältere Bruder (konokami)
heisst ebenfalls je.
Je-ko ist in dem Nippon-ki die Lesung von M ¥ jähe
ster Sohn'. no kokoro nari. Hat den Sinn von je-ko,
der Sohn als älterer Bruder.
Jebi. Zoku-ni tsukane-gami-no saki-zvo jebi-to iu-mo
iat fM no kokoro nari. Jebi, womit man im gemeinen Leben
den Vordertheil des zusammengebundenen Haupthaares bezeich
net, hat den Sinn von jen-bi, Schwalbenschweif. 1
Te, Hand. -=Ji- ica |Jj nari-to ijeri. ;fjg ivo-rno jomeri.
Man sagt, te ,Hand' sei so viel als de, hervorkommen. Auch
jubi ,Finger' wird so gelesen.
Tefu, Schmetterling, (Kt wo jomu-wa koje nari. Sagami
simo-tsuke mutstt-ni tefu-ma tsu-garu-ni kani-be mata te-ko-na
aki-da-ni fera-ko jetsi-go-ni tefu mabe tsutara sinano-ni ama-
bira-to iü. Kai-ko-no tefu-wa [Ijjjjr nari. Sinano mutsu kbdzuke-
ni firu-to iü. Sai-ltoku-ni firu ro-u-to i-i i-se-ni fi-i-ro-to iü.
fp ± g|5 to joberu mono ari * i[j^ nari. Die Lesung
des Wortes ,Schmetterling' ist der (chinesische) Laut. In
Sagami, Simo-tsuke und Mutsu sagt man tefu-ma. In Tsu-garu
sagt man kani-be und te-ko-na, in Aki-da fera-ko, in Jetsi-go
tefu mabe tsutara, in Sinano ama-bira. Der Schmetterling der
1 Mit chinesischen Lauten ausgesprochen.
500
Pfizmai er.
Seidenraupen ist der Seideuschmetterling (firu,). In Sinano,
Mutsu und Ködzuke sagt man firu. In den westlichen Reichen
sagt man firu ro-u, in Ise fi-i-ro. Es gibt ein Thier, welches
janagi-me-ro, die ,Weidenmagd 1 ', heisst. Es ist der Wasser-
schmetterling.
Teva, Tempel. Josowoi-no teri-kagajaku kokoro-ni-ja. Ima-
no teo-sen kotoba-ni teru-to ije-ba moto pE n { - j a . Hat
vielleicht den Sinn, dass die Ausschmückung hell glänzt (teri-
kagajaku). Da ,Tempel* in der heutigen Sprache Corea’s teru
heisst, so ist es ui-sprünglich vielleicht ein coreanisches Wort.
Terafu, feilbieten. ni m su kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von fito-ni terasu ,für die Menschen beleuchten* haben.
Teru, leuchten, glänzen. Ta fe-no kajeri te nare-ba tP
wo fatarakasi-taru kotoba naru-besi. Da ta fe zurückkehrend
te ist, kann es ein Wort sein, in welchem tafe-nari ,wunder
voll* in Thätigkeit gesetzt wurde.
Aje. Siba-no fosoki-wo-mo ijeri. BBS # x. naru - besi.
Aje bedeutet auch dünnes Brennholz. Das Wort kann so viel
als afi-je ,Zwischenäste* sein.
Awosi, grün. mi * 9 no kokoro. Si-wa zio-go nari.
Hat den Sinn von aka-wo, hell klein. Si ist ein Hilfswort.
Aka, Schmutz. ft m 1j no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von ase-ka ,Schweissluft* haben.
Äkasi, roth. wa fi-no iro nare-ba j si-no kokoro
nari. Da roth (aka) die Farbe des Tages ist, hat das Wort
den Sinn von ake-si, es ist Tag geworden.
Agatsu, ausbreiten, theilen. Aus dem Kami-jo-bumi.
Wakatsu-no kokoro nari. Hat den Sinn von wakatsu, theilen.
Agamu, hochschätzen. Man sagt auch agamaferu. f'
ru-to kokoro kajojeri. Das Wort hat den Sinn mit aguru
,erheben* gemein.
Akafu, Handel treiben. Gegenwärtig sagt man akinafu.
Mm no kokoro-ni-ja. Hat vielleicht den Sinn von afi-
kanafu, gegenseitig erfüllt werden.
Äka-mono. S! ■no kokoro nari. Mi-no wazawai-wo
akafu mono-to iü kokoro nari. Hat den Sinn von akafu mono,
ein handeltreibender Mensch. Bezeichnet einen Menschen, der
das eigene Unglück verhandelt.
Japanische Etymologien.
501
Aid, Herbst. no kokoro nari. Tana-tsu mono sude-ni
nari-te ban-min aid-taru-no toiki nare-ba sika iü-meri. Hat den
Sinn von aki, satt sein. Da der Herbst die Zeit ist, wo die
Feldfrüchte bereits entstanden sind und das Volk zur Genüge
hat, wird er wohl so benannt.
Agi, Zahnfleisch. Agari-no kolcoro. Ga ri lcajeri gi nari.
Agito-to-mo ijeri. To-wa ES no kolcoro nari. Zoku-ni ago-to
iü. Gi to kajeri go nari. Agota-to-mo iü. Hat den Sinn von
agari, aufsteigen. Ga ri zurückgekehrt ist gi. Man sagt auch
agito. To hat den Sinn von to, Thüre. Im gemeinen Leben
sagt man a.go. Gi to zurückgekehrt ist go.
Agu, erheben. Zoku-ni ageru-to-mo iü. Ge ru kajeri gu
nari. Im gemeinen Leben sagt man auch ageru. Ge ru zurück
gekehrt ist gu.
Agura, eine Bank. £ m no kolcoro nari. Zoku-ni
Jl to iü köre nari. Hat den Sinn von asi-kura, Fuss-
sitz. Es ist das im gemeinen Leben übliche sio-gi, Bank.
Akutaru. no kolcoro. Hat den Sinn von
aku-taru, das Herabrinnen von Lauge.
Aku-no tare-kasu, der herabrinnende Bodensatz der Lauge.
Kuroki inu-ni kuwarete aku-no tare-kasu-ni odziru-to iü kotowaza.
Es gibt ein Sprichwort: Wenn man von einem schwarzen
Hunde gebissen wurde, fürchtet man den herabrinnenden Boden
satz der Lauge. 1
Akuta-fu, Mist, Kehricht. Fu-wa £ no kolcoro. Ima iü
go-moku- m nari.. Fu hat den Sinn von fu ,wachsen'. Das
Mort ist das jetzt übliche go-moku-doliovo.
Äkugaruru. Älcogaruru-to-mo ijeri. Ukaruru-to db-i. A lcu
kajeri u nari. Man sagt auch akogaruru. Ist mit ukaruru
,umherschweifen' gleichbedeutend. A lcu zurückgekehrt ist u.
Man sagt auch, das Wort habe den Sinn von aki-kogaruru,
vor Sattheit vergehen.
Ake, hell, auch roth. HjJ gata alcaki-ni somaru-no tagui
nari. Ist ein Wort von der Art wie ake-gata akaki-ni somaru,
die Morgendämmerung ist roth gefärbt.
1 Aehnliche chinesische Sprüchwörter sind: Wenn man vor siedender
Brühe gewarnt wird, bläst man halte Zwiebeln. Wenn man von einer
Schlange gebissen wurde, fürchtet man ein Strohseil.
Sitzungaber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. UI. Hft. 33
502 Pfizmaier.
Agedzurafu, erörtern. Age-ica nari. Tsurafu-wa sono
snma-wo iü kotoba ) dzurafu ^|> * dzurafu-no cjotosi. Rafu
kajeri ru nari. Age ist age, erheben. Tsurafu (für tsuru)
,anhaken' ist ein die Art und Weise bezeichnendes Wort,
ähnlich wie in fikodzurafu ,heranziehen', kakadzurafu, anhän-
gen. Rafu zurückgekehrt ist ru.
Alto. ? no kokoro nari. Ima ami-ko-to iü. A mi-wo
fiku tote ako-domo-wo kari-mojbsu-wo uta-ni a-biki-su-to alw-
totonofuru nado jomeri. Hat den Sinn von ami-ko, Netzsohn.
Gegenwärtig sagt man ami-ko. Man treibt Netzsöhne an, damit
sie die Netze ziehen. In Gedichten liest man a-biki-su-to ako-
totonofuru, Netzsöhne bereit halten, damit sie das Netz ziehen.
Ä 9°- ff T no kokoro. Sitasimu kotoba naru-besi. Hat
den Sinn von a-ko, mein Sohn. Es kann ein Wort der Ver
traulichkeit sein.
Akome. Ijasi-ki wonna-wo iü. Ako-iva. -J-- me - wa
wonna-no tonn je nare-ba naru-besi. Bedeutet ein gemeines Weib.
Ako ist a-ko, mein Sohn. Me kann die Benennung des
Weibes sein.
Akome, Hemd oder kurzes Kleid. Migi-no akome-no kiru-
mono nare-ba onazi-ku iü naru-besi. Issetsu-ni aka-some kokoro
nari. Da dieses Hemd ein Kleidungsstück des gemeinen Weibes
(des oben angeführten akome) ist, so wird man es eben so be
nennen. Nach einer Erklärung hat das Wort den Sinn von
aka-some, roth färben. Ka so zurückgekehrt ist ko.
Akoje, Hahnensporn. »r ,J> = ft x no kokoro nari.
Ima iü ke-dzume nari. Hat den Sinn von a-ko-je (statt asi-ko-
je), kleiner Ast des Fusses. Es ist das heutige Wort ke-dzume.
Asa, Morgen. A-wa ku nari. Sa-wa /Jn nari.
nari. Bun-go-no fo-gen-ni asura-to ijeri. Suva kajeri sa nari. A
ist aku, hell werden. Sa ist sa ,klein' oder sa ,eng'. In der
Mundart von Bungo sagt man asura. Sura zurückgekehrt ist sa.
Asa, Hanf, ki kokoro nari. Hat den Sinn von asasi,
seicht, licht von Farbe.
Asasi, seicht. t^JJ to kokoro kajojeri. Hat den Sinn mit
asa ,Morgen' gemein.
Asi, Fuss. Ijasi-no kokoro. Ija kajeri a nari. Hat den
Sinn von ijasi, niedrig, gemein. Ija zurückgekehrt ist a.
Japanische Etymologien.
503
Asu, der morgige Tag. Akasu-no kokoro nari. Hat den
Sinn von akasu, den Morgen erreichen.
Ase, Schweiss. tjtfb y^|, £ ') no kokoro. Si me kajeri se
nari. Hat den Sinn von atsv-simeri, heiss befeuchtet sein. Si
me zurückgekehrt ist se.
Ata, Feind, ru-no kokoro. Hat den Sinn von ataru,
treffen.
At.afi, Preis. ^ * no kokoro. Te ka kajeri ta
nari. Hat den Sinn von ate-kafi, treffend vertauschen. Te ka
zurückgekehrt ist ta.
Atafu, geben. no lcokoro-ni kajojeri. Hat mit dem
Sinne von atafi ,Preis' Gemeinschaft.
Atarasineu. ri-si-no kokoro. Hat den Sinn von
atari-si, es ist begegnet oder zugetroffen.
Atakamo, eben, eben zutreffend. Th ^ no kokoro nari.
Hat den Sinn von atari-kamo, zutreffend! als Ausruf.
Adzifaß, Geschmack. Fafi-wa zio-go nari. Jote adzi-to
nomi-mo ijeri. fjJ ’j] no kokoro. Unia kajeri a.
Dari kajeri dzi nari. Fafi ist ein Hilfswort. Demgemäss sagt
man auch adzi allein. Hat den Sinn von uma-dari, süss herab
kommend. V ma zurückgekehrt ist u. Dari zurückgekehrt
ist dzi.
Atsu steht für ataru, treffen.
Atsumu, versammeln. A-wa fatsa-go nari. .Jote tsume-to-
mo tsumu-to-mo jomeru. Sare-ba to kokoro onazi. Atsumeru-
to-mo atsumaru-to-mo iü. Meru kajeri maru kajeri, rnina mu.
Zi-ta-no kotonari nari. A ist ein Anfangswort. Somit liest
man auch tsume und tsumu. Es ist also mit tsumu ,häufen*
gleichbedeutend. Man sagt auch atsumern, und atsumaru. Meru
und maru zurückgekehrt sind beide mu. Es ist der Unter
schied der eigenen und der fremden Person.
Adzuku, anvertrauen. no kokoro naru - besi.
Kann den Sinn von ate-tsuku ,treffen und hinzufügen* haben.
Atsurafu, bestellen. Afi-t.sureru-no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von afi-tsureru ,einander Gesellschaft leisten* haben.
Ato, Fussspur. & JS no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von asi-no tokoro ,Ort des Fusses* haben.
Aja, Hirse. si-ki kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von afasi-ki ,schaal* haben.
33*
504
Pf i zin aier.
Afugi, Fächer. Afugu-wo ni ijeru kotoba nari. Tsuki-
no tatbru-mo sai-do-ni-mo tsulii-no afugi-to mije-tari. Ist ein
Wort, in welchem afugu ,in die Höhe blicken' von der Be
schaffenheit gesagt wird. Der Fächer wird auch mit dem Monde
verglichen. In dem westlichen Lande (China) findet man auch
das Wort Mondfächer.
Abumi, Steigbügel. -fc # m no kokoro nari. Hat
den Sinn von sa-u-ai-bumi, rechts und links zugleich treten.
Afufi, Malve. Afüfi-ioa fa-ivo katamuke fi-ni mukb-to ijeri.
jfl gu jjj no kokoro nari. Man sagt, die Malve neige die
Blätter seitwärts und kehre sich der Sonne zu. Das Wort hat
den Sinn von afugu fi, die Sonne, zu der man emporblickt.
Afugu, in die Höhe blicken, ni |jj] ku-no kokoro
nari. Hat den Sinn von ame-ni muku, sich dem Himmel zu
kehren.
Ama. fff wo iü-wa nippon-lci man-jeo-siü-ni miju. Awomi-
no ten-go-ni. site fff no kokoro naru-besi. Das Wort ama
für .Meer' ist in dem Nippon-ki und Man-jeo-siü zu sehen. Es
kann ein umgewendetes Wort für awomi sein und den Sinn
von awo-umi ,das grasgrüne Meer' haben.
Ama, Fischer, fff jori ten-si-taru, nari. Dieses Wort ist
aus ama ,Meer‘ umgewendet worden.
Amaru, überflüssig. % JE 110 kokoro. Me ta kajeri ma
nari. Hat den Sinn von ame-taru ,der Himmel genügt'. Me ta
zurückgekehrt ist ma.
Amata, viel. m ^ no kokoro-ni-ja. Hat vielleicht den
Sinn von amari-ta, überflüssige Hand.
Amasi, süss. no ^ reru kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von adzi-no amareru ,der Geschmack ist im Ueber-
flusse' haben.
Ami, Netz. m 0 no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von abara-me ,wüste Augen' haben.
Ame, Regen. no tsutsumari-taru kotoba nari.
Man-jeo-siü-ni wo ama-tsu midzu-to jomeri. Ist ein aus
ama-midzu ,Himmelswasser' zusammengezogenes Wort. In dem
Man-jeö-siü hat das Zeichen für ,Regen' die Aussprache ama-
tsu midzu, das Himmelswasser.
Japanische Etymologien.
505
Amo. & ± T no Jcotoba-ni wo iü. ■M* ki
kokoro nari. In der Sprache der kleinen Mädchen heisst so der
Kuchen. Das Wort hat den Sinn von amaki, süss.
Ajasi, wunderbar, merkwürdig. Aja-to suru kof.oba
naru-besi. Kann das als ein Ausruf der Bewunderung gebrauchte
Wort aja sein.
Ajakaru, ähnlich sein. no kokoro nari. Hat
den Sinn von aje-karu ,die Aehnlichkeit der Art leihen'.
Ajufi, Fussgürtel. Aus dem Nippon-ki. Man liest auch
asi-jtifi, das Binden der Füsse. Suzu-mo isuke-taru-ni-ja. Viel
leicht wurden auch kleine Glocken angeheftet. 1
Arasi, rauh. ru-no kokoro nari. Hat den Sinn von
aruru, wüst sein.
Arata, neu. & 5* ru-no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von are-kitaru ,entstehend kommen' haben.
Arafu, waschen, to iu-gi tsü-seri. Hat mit farafu
,wegfegen' den Laut und den Sinn gemein.
Ariku, gehen. M n no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von ari-juku ,es ist, dass man geht' haben.
Aru, haben, auch vorhanden sein, /fc X, no ten-go nari-
to ijeri. Man sagt, es sei ein umgewendetes Wort für naru,
entstehen.
Aruzi. Gebieter des Hauses. Ri nu kajeri ru nari. Ije-
ni aru nusi-no kokoro nari. Man-jeö-siü-ni arozi-to-mo miju. Ri
nu zurückgekehrt ist ru. Hat den Sinn von ije-ni aru nusi,
der in dem Hause befindliche Gebieter. In dem Man-jeo-siü
liest man auch arozi.
Aiva, Schaum. no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von atne-wa ,Regenkugeln' haben.
Awi, dunkelblau. Awoki siru-no ru mono nare-ba
nadzuke-si naru-besi. Da der grüne (dunkelblaue) Saft etwas
Dauerhaftes ist, kann die Farbe davon (von aivo ,grün' und
wi, verbleiben) den Namen erhalten haben.
Saka, Bergtreppe, fu nari. Nobori-kudari zijun-ro
narazaru kokoro nari. Ist so viel als sakafu, widerhaarig. Hat
1 Ajufi nennt man auch das in China übliche Zusammenschnüren der
Frauenfüsse.
506
P fi zm ai er.
den Sinn, dass beim Auf- und Niedersteigen kein willfähriger
Weg ist.
Sakari, blühend. ^ je-aru-no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von sakaje-aru ,Bliithe besitzen' haben.
Sakaru, sich trennen. no kokoro. Hat den Sinn von
saku, zerreissen. Ka ru zurückgekehrt ist ku.
Sakasi, weise, to kokoro kajö naru-besi. Kann mit
sakaje ,blühend' den Sinn gemein haben.
Sakafogafi, beten. Aus dem Nippon-ki. yjSj no kokoro.
Hat den Sinn von saka-fogi, mit Wein anrufen.
Saku, zerreissen. yj> ^ |jj| J no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von sa-aku ,klein öffnen' haben.
Sakuri, der Schlucken, yj'« no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von sa-kuri ,klein drehen' haben.
Sakuri, zerbrechlich. no kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von saku ,zerreissen'.
Sakura, Kirschbaum. Hl HP no ten-seru nari-to ijeri.
Arui-wa jj#' ru-no kun-gi-to su. Kimu kajeri ku nari.
Man sagt, das Wort sei die Umwendung von saku-ja (in dem
Namen der Göttin ko-no fana-no saku-ja-bime), Einige meinen,
es habe die Lesung und den Sinn von saki-muragaru, auf
blühend in Büscheln stehen. Kimu zurückgekehrt ist mu.
Sake, Wein, je-no kokoro. Kaje kajeri ke nari. Nomu-
wa jemi-sakaje-tanosimu-no kokoro nari-to ijeri. Hat den Sinn
von sakaje, blühen. Kaje zurückgekehrt ist ke. Man sagt,
das Wort habe den Sinn, dass der Trinkende lachend erblüht
und sich vergnügt.
Sakebu, laut rufen. Sakaje-jobu-no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von sakaje-jobu ,in der Fülle der Blüthe rufen' haben.
Sadamu, bestimmen, jfäp no kokoro-ni-ja. Hat
vielleicht den Sinn von sika-tornu, so niederschreiben.
Sadzuku, verleihen. Bit -tt m no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von sa-tsukeru ,wirklich hinzugeben' haben.
Sato, Bezirk, Dorf. no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von sa-tokoro ,enger Ort' haben.
Satori, Erkenntniss. * JR no kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von sari-tori, weggehend nehmen.
Sane, Kern, yj'» no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von sa-tane ,kleiner Samen' haben.
Japanische Etymologien.
507
Saii, Rost. /J'» no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von sa-bije ,kleines Erkalten 4 haben.
Safurafu, aufwarten. no kolcoro naru-besi. Sare-
ba samurafu-to liaki-te ajamari-ni-wa arazaru-besi. Kann den
Sinn sa-mamoru ,eng bewachen 4 haben. Somit kann die Schreib
weise samurafu kein Irrthum sein.
Safedzuru, zwitschern. [Jjp ru-no kolcoro. Tori-ni iu,
kotoba nari. Hat den Sinn von safari-idzuru, aus dem Hin
dernisse herauskommen. Ist ein Wort, das von den Vögeln
gesagt wird.
Same, Roche. #5 BR no kokoro nari. Tei-jori-wa rnanako-
no itatte fosoki mono nari. Hat den Sinn von sa-me, enges
Auge. Der Roche ist ein Thier, welches ein äusserst kleines
Auge hat.
Saja, Schote. #5 Jt no kokoro nari. Hat den Sinn
von sa-ja, enges Haus.
Ki. 7/J wo ki-to ijeru ko-yo o-osi. Es gibt viele alte
Wörter, in welchen fa ,Schneide 4 durch ki ausgedrückt wird.
Kiku, hören. ^ t 27 no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von ki-ku ,kommen, kommen 4 haben.
Kisa, die Adern des Holzes. Gegenwärtig ki-me. m
mu-no kokoro naru-besi. Kann den Sinn von kisamu ,ein
schneiden 4 haben.
Kisa, Elephant. ^/p no kisa-ni ni-taru are - ha sio-
suru naru-besi. Weil die Zähne des Elephanten eine den Holz
adern (kisa) ähnliche Zeichnung haben, wird er so benannt
werden.
KisakiKaiserin. ^ t no kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von kimi-saki, Beglückung des
Gebieters.
Kisi, Uferbank. |^| no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von kiwa-isi ,Steine der Gränzscheide 4 haben.
Kita, Nord. ru kolcoro. -jp no ^ nare-ba —*
rai-fuku-no kokoro naru-besi. Hat den Sinn von lcuru, kom
men. Da das Wort die Stufe des (ersten cyclischen Zeichens)
ne ist, kann das Wort den Sinn haben, dass ein Yang immer
wiederkommt.
508
Pfi zm ai er.
Kida, ein Stück. 7t* re no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von ki-ta ,Zoll und Schuh' haben.
Kitanasi, unrein. IhE no lcokoro-to ijeri. Fun-mib-
naranu kokoro nari. Man sagt, das Wort habe den Sinn von
kida-nasi, ohne Stück. Es besagt, dass keine Klarheit ist.
Kitsuku, mauern, no kokoro nari. Hat den Sinn
von ki-tsuku ,mit der Mörserkeule (Kelle) anstossen'.
Kitsune, Fuchs. Man sagt auch kitsuni, kitsu und ketsune.
tsu jo-to iü-voa furuki setsu nare-do kokoro-je-gatasi.
Ki-wa p=f nari. Tsu-wa zio-zi. Ne-wa no riaku naru-
besi. Die Worte ki-tsu ne-jo ,man ist gekommen, schlafe!'
sind eine alte Erklärung, aber schwer zu verstehen. Ki ist
ki, gelb. Tsu ist ein Hilfswort. Ne kann die Abkürzung von
neko ,Katze' sein.
Kinofu, gestern. ff | »o 0 no kokoro nari. Fi-to fu-
to tsü-su 4 0 wo kefu-to iü-ga gotosi. Hat den Sinn von
saki-no ß, der frühere Tag. Fi und fu gehen in einander über,
gleichwie statt kono fi ,dieser Tag' kefu gesagt wird.
Kiba, Hundszahn. no kokoro nari. Zoku-ni
kiri-ba-to. Hat den Sinn von kiri-ba, abschneidender Zahn.
Im gemeinen Lehen sagt man ito-kiri-ba, der fädenschnei
dende Zahn.
yfv no kokoro-mo ari. Kiba hat auch den Sinn von
ki-ba, Baumplatz.
Kifamu, erschöpfen. wo fatarakasi-taru kotoba nari-
besi. Kann ein Wort sein, in welchem kifa ,Gränzscheide'
in Thätigkeit gesetzt wurde.
Kibi, Mohrenhirse, (pf nari-to ijeri. Man sagt, das
Wort sei so viel als ki-mi, gelbe Frucht.
Ki-fe-juku. tr no kokoro. Tosi - tsuki - no
kuru mama-ni fete juku-ioo iü. Hat den Sinn von ki-fe-juku,
kommen und vorüber gehen. Bedeutet: Jahre und Monde,
während sie kommen, gehen vorüber.
Kimi, Gebieter. m m futa-mikoto-no na-wo awase-taru
kokoro nari-to ijeri. Mata kami-to tsü-seri. Arui-wa no to-
in nari-to-mo ijeri. Man sagt, das Wort habe einen Sinn, in
welchem die Kamen der zwei Götter Nagi und Nami (Izanagi-
no naikoto und Izanami-no mikoto) vereinigt sind. Es hat
Japanische Etymologien.
509
ferner mit kamt ,Gott' Gemeinschaft. Einige sagen auch, es
sei der chinesische Laut des Zeichens kun, Gebieter.
Kimo, Leber. no naru-besi. Mata no
nari-to ije-ba TG no kokoro naru-ni-ja. Kann so viel als
ki-no moto ,der Grund der Luft' sein. Da man auch sagt,
die Leber sei der Geist des Holzes, so hat es vielleicht den
Sinn von ki-moto, Grund des Holzes.
Kijosi, klar und rein. m # i/ no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von iki-josi ,die Luft gut' haben.
Kiri, Nebel. Ikiru-no kokoro nari. Hat den Sinn von
ikiru, leben, atbmen.
Kiru, schneiden. wo ki-to ijeru-jori ide-taru naru-besi.
Das Wort kann von Id, welches für fa ,Schneide' gesetzt
wird, abgeleitet sein.
wo jomu-wa i mu kajeri ju nari. So
für imu ,fasten' gelesen. I mu zurück-
Ju, fasten. ;
wird das Zeichen
gekehrt ist ju.
Juka, Bett. ka-no kokoro. An-za-no tokoro nari-to
ijeri. Man sagt, das Wort habe den Sinn von jutaka, gemäch
lich. Es sei ein Ort, wo man bequem sitzt.
Jugamu, schief sein. n ± no kokoro nari-to ijeri.
Man sagt, das Wort habe den Sinn von jumi-kami, der Ober-
theil des Bogens.
Jukasi, sehnsüchtig.
besi. Wird den Sinn haben,
(jukan-to si).
no n-to suru kokoro nanc-
dass das Herz fortziehen will
Juki, Schnee. x fpf a 110 kokoro keppaku-wo iü naru-
besi. Kann den Sinn von ju-kijo ,fastenrein' haben und das
reine Weiss bezeichnen.
Ju-ki-no jo-ro. Tjfij JA no nari. Eo-wa suke-kotoba.
Ist so viel als ju-ki-no jo ,die Nacht des Fastens'. Ro ist ein
Hilfswort.
Yumi, Bogen. ^ u. ^ * no kokoro nari. Tsikara-wo
motsi-wite ßki-faru mono nari. Hat den Sinn von jume, Acht
haben. Der Bogen ist ein Gegenstand, den man mit Anwen
dung der Kraft spannt.
510
Pfizinaier.
Jume, Acht haben, fasten. Aus dem Nippon-ki und Man-
jeö-siü. =|| me-110 kokoro nari. Hat den Sinn von imi-
tsutome, vermeiden und Acht haben.
Jume-jume. W % ze no kokoro nari. Nippon-ki-ni
% Ü % % wo tsutome - tsutome - to jomeri. Hat den Sinn
jume-jume, Acht haben, Acht haben, ln dem Nippon-ki haben
die Zeichen für jume-jume die Aussprache tsutome-tsutome, Acht
haben, Acht haben.
Jujusiki. Man-jeb-siu-ni s wo jomeri. I mu-no kajeri
ju naru ju-e nari remir-tsutsumasi-ki kokoro nari. Zoku-ni
ima-imasi-ki-to iü kokoro nagara ima-no fito-no omb-to-wa ^|j
nari. In dem Man-jeö-siü ist dieses die Aussprache der Zeichen
imu-imu, vermeiden, vermeiden. Es ist desswegen, weil i mu
zurückgekehrt ju ist. Das Wort hat den Sinn: schüchtern,
verschämt. Obgleich es den Sinn des im gemeinen Leben
üblichen ima-imasi-ki hat, ist es von dem, wie es die jetzigen
Menschen verstehen, verschieden.
Notsi-no jo-no mono-ni siki kokoro-mo tsutajeru nari.
Mata ju-e-ju-e-siki kokoro-ni ijeru-mo mije-tari. Das Wort ist
auch als Bedeutung des in späteren Zeiten üblichen mono-ni
ju-ju-silci ,an etwas Freude haben' überliefert. Ferner findet
man, dass es auch in dem Sinne von ju-e-ju-e-siki ,ursächlich'
gesagt wird.
Juri, Lilie. Fana o-oki-ni kuki fosoku-te kaze-ni juru mote
nadzukuru naru-besi. Fon-rui o-osi. Die Lilie kann diesen
Namen erhalten haben, weil ihre Stengel sehr dünn sind und
in dem Winde schwanken (juru). Es gibt viele Arten.
Ju-en. Ju-e-ni-no ten-se-si nari. Das Wort ist aus ju-e-ni
,desswegen' umgewendet.
Me, Auge. M to kajojeri. Hat mit mi ,sehen' Gemein
schaft.
Meku, das Aussehen haben, (pjj no ten-go nari. Issetsu-
ni mije-no kajeri me JL5 ^ y no kokoro nari. Ist ein um
gewendetes Wort für muku ,entgegengekehrt sein'. Nach einer
Erklärung ist mije zurückgekehrt me, und das Wort hätte den
Sinn von mije-ku, zu Gesicht kommen.
Meid, ^ meki-to iü-wa muku-no kokoro. Ku-go-m
meki-to nado iü-mo meku-no kokoro naru-besi. Mekkiri-to-mo
Japanische Etymologien.
511
ijeri. In dem Worte siko-meki ,hässlich' hat meki den Sinn von
muku, entgegengekehrt sein. Das in der gesprochenen Sprache
übliche melä-to und Anderes kann den Sinn von muku haben.
Man sagt auch mekkiri.
Megumu, knospen. *E no Tcokoro naru-besi. Kann
den Sinn von me-kumu ,Knospen flechten“ haben.
Megumu, gütig sein. Megumu-jori ijeru naru-besi. Kann
von megumu ,knospen“ abgeleitet sein.
Mesu, vorladen. Ko-si-ki-ni wo jomere-ba mi-su-no
ten-seru naru-besi. Da in dem Ko-si-ki das Zeichen für ,sehen“,
so gelesen wird, kann das Wort aus mi-su ,das Sehen bewerk
stelligen“ umgewendet sein.
Medzuvu, lieben. w tu no kokoro. Hat den Sinn von
me-idzuru, die Knospen kommen hervor.
Medzurasi, selten, wunderbar. Medzuru-jori ten-i-se-si
kotoba naru-besi. Kann ein aus medzuru ,lieben“ dem Sinne
nach umgewendetes Wort sein.
Mefi, Nichte. no kokoro tcofi-ni tai-se-si kotoba
naru-besi. Kann den Sinn von me-ofi ,Mädchen und wachsen“
haben und ein Wort sein, welches dem Worte wofi ,Neffe“
(erklärt durch wo-fi, Mann und wachsen) gegenübergestellt
wurde.
Mero. Aus dem Kami-jo-bumi. Mero-nisi-to ijeru-wa
Ä , u no kokoro nari. Miru-to in-tsü-seri. Das Wort
mero-nisi hat den Sinn von miru-josi, das Sehen. Es hat mit
dem Laute von miru ,sehen“ Gemeinschaft.
Mild, Opferwein. Das Wort war ehemals mit sake ,Wein“
gleichbedeutend. Gegenwärtig bedeutet es den Opferwein.
Mi-wa nari. Ki-wa iki-ni riaku■ no tsujoki mono
nare-ba sake-wo in nari. Mi ist mi, kaiserlich. Ri ist die Ab
kürzung von iki, Luft, Geist. Da der Wein ein Gegenstand
von starkem Geiste ist, gab man ihm diesen Namen.
Migiri, die linke Seite. Nan-men-no sei-wi-wo motte ije-ba
k wa nisi - ni atareri. Fi-no iru-wo ru kokoro nari-
to ijeri. Wenn man es von der nach Süden gekehrten rich
tigen Stufe bespricht, so liegt die rechte Seite im Westen.
Man sagt, das Wort habe den Sinn von fi-no iru-wo mi-kagiru,
durch die Sichtbarkeit des Sonnenunterganges begränzt sein.
512
Pf i zra ai er.
Mizore, nasser Schnee. Midzu-arare-no kokoro kotoba naru-
besi. Kann ein Wort von dem Sinne von midzu-arare ,Wasser
hagel' sein.
Mitsi, Weg. ru-no kokoro. Hat den Sinn von mitsuru,
voll sein.
Midzu, Wasser, ru-no ten-seru naru-besi. Kann aus
mitsuru ,voll' umgewendet sein.
Mi.dori, grün. Midzu-ki-no isagijoki iro-wo kari-te iü.
Midori-iro-no u % kotoba guro-un-to iü. Man hat bei dem
Worte die klare Farbe der Luft des Wassers entlehnt. Die
grüne Farbe heisst in der Sprache der rothhaarigen Barbaren
guro-un. 1
Mina, alle. # $ no hokoro-ni-ja. Hat vielleicht den
Sinn von mi-naru, der Leib entsteht.
Minami, Süd. If Ä ju-no kororo. Hat den Sinn von
mina-miju, alles wird gesehen.
Mine, Berggipfel. A* II no kokoro naru-besi. Kann
den Sinn von mi-ne ; grosse Wurzel' haben.
Mijako, Hauptstadt. n* m no kokoro nari-to ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von mija-ko (statt mija-tokoro),
Ort des Palastes.
Mijabi, zierlich. 1 ji»‘ buri nari. Buri-no kajeri bi nari.
Ist so viel als mija-buri, Weise des Palastes. Buri zurück
gekehrt ist bi.
ivo si-to iü-mo koje-ni arazu. Nani nu ne no-no
nite motsi-ü-lceri. Su gi kajeri si nari. Die Aussprache si für
das Zeichen ,sterben' ist kein chinesischer Laut. Es wurde
als Handlung von nani nu ne no gebraucht. Su gi zurück
gekehrt ist si. 2
Si-uto si-uto-me, Oheim und Muhme. m a wt
A A me-no kokoro-ni-ja. So fi kajeri si. Hat vielleicht den
Sinn von sofi-uto ,zur Seite stehender Mensch' und sofi-uto-me
1 Das holländische groen (Aussprache grün).
2 Dieses deutet darauf, dass sugi ,hinübergehen‘ zu Grunde liegt, was unter
sinu ausdrücklich angegeben wird.
Japanische Etymologien.
513
,weiblicher zur Seite stehender Mensch'. So fi zurückge
kehrt ist si.
Siworu, verwelken. Si-wa tsuke-zi. Wori-sokonanaruru
kokoro naru-besi. Si ist ein hinzugefügter Buchstabe. Das
Wort kann den Sinn von wori-sokonawaruru ,gebrochen und
beschädigt werden' haben.
Siwori, in dem Gebirge Zweige brechen, um den Weg
kenntlich zu machen. no kokoro mcita % no
kokoro naru-besi. Kann den Sinn von sime-woru ,Kennzeichen
brechen' oder von siba-woru ,Brennholz brechen' haben.
SiJca, Hirsch. no kolioro-ni-ja. Hat vielleicht den
Sinn von sisi-ka, Wohlgeruch des Fleisches.
Sigafu. Ken-seo-no setsü-ni sigafu-wa kusa-wo kari-te
tsukanete tsuka-wo musubi-awasuru-wo iü. Sukafu-to-mo iü.
Tsugafu kokoro nari-to ijeri. Nach der Erklärung Ken-seö hat
sigafu die Bedeutung: Gras mähen, es zusammenfassen und
die Büschel zusammenbinden. Man sagt auch sukafu. Es
heisst, es habe den Sinn von tsugafu, zusammenfügen.
Silciri, häufig, oft, fortgesetzt. JjJ ||| no kokoro nari.
Hat den Sinn von siki-sigeri, dicht stehend, mannigfaltig.
Siki. Nippon-ki-ni fpf no zi ko-si-ki-ni ||| no zi-wo
jomeri. no kokoro nari. Siki ist in dem Nippon-ki die
Aussprache des Zeichens für kasanari ,wiederholt', in dem
Ko-si-ki die Aussprache des Zeichens für sigeri, mannigfach.
Das Wort hat den Sinn von siku, ausbreiten.
Sigure, Herbstregen. Sora kumori-te kosame-suru-wo iü.
/jpl -|^ no kokoro. Bedeutet, dass der Himmel dunkel wird
und Rieselregen fällt. Das Wort hat den Sinn von sikiri-kure,
häufig Abenddunkel.
Sigeru, dicht stehen, mannigfach sein. Keru kajeri ku.
ffj to kokoro kajojeri. Keru zurückgekehrt ist ku. Der Sinn
des Wortes hat mit siku ,ausbreiten' Gemeinschaft.
Sizolcu. Aus dem Tagebuche von To-sa. m. ku kokoro
nari. Hat den Sinn von sirizoku, zurückweichen.
Sita, Zunge. Sinafu kokoro-ni-ja. Na-to ta-to win-tsü-
seri. Hat vielleicht den Sinn von sinafu, geschmeidig. Na
und t.a haben in dem Endlaute Gemeinschaft.
514
Pf i zm a i er.
Sita, unten. Sitaru-no riaku naru-besi. Kann die Ab
kürzung von sitaru ,herabhängen' sein. 1
Sitagafu, gehorchen. ~ni furu Icokoro naru-besi.
Kann den Sinn von sita-ni tsulcgfuru ,unten dienen' haben.
Sidarifa. ||| :j|j| no Icokoro nari. Flat den Sinn von
tare-fa, herabhängende Blätter.
Sitataka, kräftig. T Sft wo 2 kokoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von sita-tasika, unten sicher.
Sitasimu, freundschaftlich sein. T ifc no Icokoro.
wäy ico iu naru-besi. Flat den Sinn von sita-simu, unten
färben oder Einwirkung machen. Sita ,unten' kann das Herz
bezeichnen.
Sidzumu, untersinken. T ni ito kokoro-ni-ja. Hat
vielleicht den Sinn von sita-ni tswnu, unter sich häufen.
Sini-sen. n sen-no kokoro. Hat den Sinn von si-sen,
sterben werden. Sini-senu-wa senu-no kokoro. Sini-senu
hat den Sinn von si-senu, nicht sterben.
Sinu. Nippon-ki-ni n wo jonieri. Uta-ni-mo inotsi
sinamasi-to mijn. no kokoro nari. Sari lcajeri si nari. #
ni arazu. Issetsu - ni nu nari. Sugi kajeri si nari. Karni-
jo-bumi-ni j]j|Jj to i-i n wo makaru-to jomi man-jeo-siu-ni
^ f to mije-tari. So wird in dem Nippon-ki das
Zeichen si ,sterben' gelesen. In Gedichten lindet sich: inotsi
sinamasi, das lieben wird sterben. Das Wort hat den Sinn
von san, Weggehen. Sari zurückgekehrt ist si. Es ist kein chine
sischer Laut. In einer Erklärung ist es sugi-nu. Sugi. (hinübergegan
gen sein) zurückgekehrt ist si. In den Kami-jo-bumi heisst es:
kamu-sari, göttlich Weggehen. Si,sterben' wird makaru ,scheiden,
Weggehen' gelesen. In dem Man-jeö-siü findet sich sugi-ni-si
fito, der hinübergegangene Mensch.
Sifo, Salz. [Aj no kokoro naru-besi. Kann den Sinn
von sira-fo ,weisse Kornähren' haben.
Sima, Insel. Midzu-no naka-ni tsutsi-no simaru tokoro
nari. Issetsu-ni sumi-to tsü-su. Midzu-no naka-ni wiru-beki-no
1 Sitarn, selbst (sonst sidari und nur in Zusammensetzungen vorkommend)
ist eigentlich si-taru, aus ^ }y si ,sein‘ und tam.ru ,herabhängen 1 ,
gebildet.
2 / ' jU ist links das Classenzeiclien zn setzen.
Japanische Etymologien.
515
tokoro-wo iü. Ist so viel als ein Ort, au welchem in der Mitte
des Wassers die Erde zusammengedrückt ist (simaru). Nach
einer Erklärung hat das Wort Gemeinschaft mit siimi, wohnen.
Es bedeutet einen Ort, an welchem man in der Mitte des
Wassers verbleiben kann.
Simo, Reiffrost. Sibomu kokoro. Kusa-ki simo-ni bte
m
j» suru-ivo mote nadzukuru naru-besi.. Hat den Sinn von
sibomu, verwelken. Der Name kann daher stammen, dass
Pflanzen und Bäume, wenn sie der Reiffrost trifft, verwelken
und die Blätter fallen.
Siraga, weisses Haupthaar. ^ no riaku. Ist die
Abkürzung von sira-kami, weisses Haupthaar.
Siri, Hintertheil. — J\ ^ f) no kokoro nari-besi. Kann
den Sinn von simo-won ,unten verbleiben' haben.
Sirosi, weiss. Sirusi-no kokoro. Akiraka-ni mijuru-wo iü
nari. Hat den Sinn von sirusi, Kennzeichen. Das Wort be
sagt, dass etwas deutlich gesehen wird.
Eguru, aushöhlen. if l|il|ino kokoro nari. Hat den
Sinn von eri-kuru, meisselnd drehen.
Emu, Hund. Ije-ni kb mono nare-bn no kokoro
naru-besi. Da der Hund ein Thier ist, welches man im Hause
ernährt, so kann das Wort den Sinn von e-inu ,PIund der
Speise' haben.
Efu, betrunken sein. jori ide-taru kotoba naru-besi.
Kann ein von em.v. ,lachen' abgeleitetes Wort sein.
Emafi. So wird in dem Man-je6-siü häufig das Zeichen
emi ,lachen' gelesen. Mafi-no kajeri mi nari. Maß zurück
gekehrt ist mi.
Emu, lachen. Ko-si-ki-ni asa-fi-no emi-sakajete-to-mo jomeri.
Fana-ni iü-mo onazi. In dem Ko-si-ki liest man auch asa-fi-no
emi-sakajete, indess die Morgensonne lachend erblüht. Von den
Blumen gesagt, bedeutet es das Nämliche.
Eme.ru. wo jomeri. Me ru-no kajeri mu nari. So wird
das Zeichen für ,lachen' gelesen. Me ru zurückgekehrt ist mu.
Eragu, fröhlich sein. Zoku-nippon-ki-ni mi-ki ^ £ be
eragi-to miju. Ra gu-no kajeri ru nari. Eru-wa emi-suru nari.
In dem fortgesetzten Nippon-ki findet man mi-ki ta-u-be eragi,
516
Pfizmaier.
bei Wein und Speise fröhlich sein. Ra gu zurückgekehrt ist
ra. Eru ist so viel als emi-suru, lachen.
Eri, eine Fischreuse im Meere. ni A no kokoro
naru-besi. Kann den Sinn von e-ni iri das ,Eintreten zum
Köder' haben.
Eru, meissein. Ugeru kokoro. Uge-no kajeri e nari. Hat
den Sinn von ugeru, aushöhlen. 1 Die Rückkehr von uge ist e.
Zi-no kagami-ni Ihjijj wo jomeru-wa wo fatarakasi-
taru naru-besi. Eru ist in dem Spiegel der Schriftzeichen die
Aussprache des Zeichens für azakeru, verspotten. Hierbei wird
emu ,lachen' in Thätigkeit gesetzt sein.
Fi-idzu, in Blüthe stehen. B Hi no kokoro nari. Issetsu-
ni wo fo-to-mo jomeri. jjj no kokoro nari-to ijeri.
Hat den Sinn von fi-idzu, die Sonne geht auf. Nach einer
Erklärung wird das Zeichen für fi-idzu auch fo gelesen. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von fo-idzu, die Kornähren
kommen hervor.
Filcari, Licht. 0 BJ ru - no kokoro naru - besi. Kann
den Sinn von fi-akaru ,die Sonne ist hell' haben.
Figasi, Ost. j^J no kokoro nari-to ijeri. Mata fingasi-
to-mo ije-ba 0 ft fi-si-no kokoro naru-besi-to-mo ijeri. Man
sagt, das Wort habe den Sinn von fi-kasira, Sonnenhaupt. Man
sagt ferner: Da man auch fingasi sagt, könne es auch den
Sinn von fi-mukafi-si ,wohin die Sonne sich gekehrt hat' haben.
Fiku, ziehen. 0 ft no kokoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von fi-juku die Sonne geht.
Fige, Bart. ff| iS* £ no kokoro nari-to ijeri. Man sagt
das Wort habe den Sinn von fire-ke, Haar der Fischflossen.
Fikerakasu. Fito-ni terb-wo iü zoku-go nari. Terafu-mo
{!(' su kokoro nare-ba ^ rakasu-no kokoro naru-besi. Ist so
viel als das im gemeinen Leben übliche Wort fito-ni terb,
etwas den Menschen zur Schau stellen. Da auch terafu ,zur
Schau stellen' den Sinn von terasu ,beleuchten' hat, so wird
das Wort den Sinn von fikarakasu ,glänzen lassen' haben.
1 Das Wort ugeru ist sonst weder in dem Wa-kun-siwori, noch in einem
anderen Wörterbuche enthalten, muss aber mit ngatxu ,aushöhlen' gleich
bedeutend sein.
Japanische Etymologien.
517
Fiza, Knie. 31 wizaru-no kokoro naru-besi. Wird den
Sinn von fiki-wizanu ,ziehend rutschen' haben.
Finnin, lange Zeit. Fisa-ni-to-mo fisasa-to-mo miju. 0
110 kokoro-to ijeri. De-wa-nite-wa fijasi-to iü. Man findet auch
fisa-ni und fisasa. Man sagt, das Wort habe den Sinn von
fi-sari., die Tage gehen fort. In Dewa sagt man fijasi.
Kuan-zei-ni kuan-tb-ni JZJ ni iü-wa jatto-to i-i mata.
etto-to iü. De-wa-ni jopparu-to iü. |{h no kolcoro
narv-besi. In Kuan-zei und Kuan-tö sagt man (für fisasi, lange
Zeit) in der gesprochenen Sprache jat.t.o und auch etto. In
De -wa sagt man jopparu. Dieses kann den Sinn von jo-faruka
,in dem Zeitalter fern' haben.
Fisoka, geheim. 0 Jgj no kolcoro naru-besi. Kann den
Sinn fi-soko ,Boden des Tages' haben.
Fit.a. So liest man in dem Nippon-ki die Zeichen
,beständig', ]jij} ,hastig' und Anderes, 0 ,'j no kolcoro naru-
besi. Es kann den Sinn von fi-tatsu ,die Sonne erhebt sich'
haben. Man liest auch so das Zeichen ,gerade'.
Fi.da.ri, die linke Seite. Nan-mm-mre-ba figad-ni atareri
jote ^ |j£ to iu-ni-ja. Fi-no ten-ni lcatatsi-wo taruru kokoro
nari. Wenn man das Gesicht nach Süden kehrt, liegt die linke
Seite im Osten. Somit bedeutet das Wort vielleicht fi--taruru,
die Sonne lässt herab. Es hat den Sinn, dass die Sonne am
Himmel ihr Bild herablässt.
Fitafi, Stirn. jj|f 0 no kokoro nari. Fi-ni mvk.ajo.-ba mdäzv
ataru tolcoro nari. Hat den Sinn von fita-fi, die gerade Sonne.
Wenn man sich gegen die Sonne kehrt, ist die Stirn das Erste,
worauf sie scheint.
Fitahuru, ewig. n0 kokoro nari. Hat den
Sinn von fita-furu, beständig verbringen.
Fitasura, dringend. % fjaj’5 110 kokoro nari. Hat den
Sinn von fita-sura, beständig schätzend.
Fitsuki, Sarg. A A no kokoro nari. Hat den Sinn
von fito-ld, Menschenholz.
Fito, Mensch. 0 M no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von fi-t.o ,zugleich mit der Sonne' haben.
Fito-t.su, eins. 0 Jfi tsu-no kokoro. Mata to kokoro
kajojeri. Hat den Sinn von fi-to-tsv, was mit der Sonne zugleich
ist. Hat auch den Sinn mit fito ,Mensch' gemein.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. III. Hft.
34
518
Pfizm ai er.
Fitori, ein einzelner Menscli. Fito-tari-no riaku nan. Ist
die Abkürzung von fito-tari, ein einzelner Mensch.
Fitoja, Gefängniss. A M no kokoro nari. Hat den
Sinn von fito-ja, Menschenhaus.
Firn, Blutigel. % ni % ru-jori na-wo je-tari. Der
Blutigel hat diesen Namen erhalten, weil er in dem Schlamm
sich aufhält. 1
Fire, Fischflosse. no tsutsumari-taru na nari.
Ist ein aus furi-te ,schwingende Hand' zusammengezogenes
Wort.
Mo ist die Lesung von ,sehr'. Motomo - no kokoro.
Hat den Sinn von motomo, Äeusserstes, zumeist. So in mo-naka
,die Mitte' und anderen Wörtern.
Moto, Grund. Jj|r )jjfi no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von mo-tokoro ,äusserster Ort' haben.
Mono, Sache. no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von momo-na ,hundert Namen' haben.
Momi, roth. no kokoro. Beni-fana-wo momi-te some-
iro-to suru nari. Hat den Sinn von momi, reiben. Man reibt
Saffran und bereitet daraus Farbe.
Momidzi, Ahorn. ^ no kokoro. Da si kajeri dzi
nari. Moto-wa momidzi-fa-to iü-beki-wo riaku-site momidzi-to
nom.i ijeri. Hat den Sinn von momi-dasi, das Roth herausbrin
gen. Da si zurückgekehrt ist dzi. Eigentlich sollte man momi-
dzi-fa ,Blätter, welche das Roth herausbringen' sagen. Man
kürzt es aber ab und sagt blos momi-dzi.
Momo, hundert, jpf z no kokoro. Hat den Sinn von mo-
mo ,sehr, sehr'.
Momo, Schenkel. Mukafu-no kokoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von mukafu, entgegengekehrt sein.
Momo, Pfirsich, no kokoro naru-besi. Kann den
Sinn von mojuru mi ,brennende Frucht' haben.
Momo-siri, Pfirsichhintertheil. Muma-ni noru koto-ni ijeri.
Momo-no mi-no roku-ni suwaranu-wo mote tatoru nari. Aru setsu
ni momo-no ki-wa mi-tose-me-nite kanarazu vje-kawaru-wo ^
to sh. Sikarazare-ba karuru mono nari. Jot.e fito-tokoro-ni siri-
1 Somit die Zusammenzicliung von fitsi-wovu.
Japanische Etymologien.
519
110 suwaranu-wo momo-siri-to iü-to ijeri. Wird (in dem Tsure-
dzure-gusa und einigen anderen Werken) von dem Reiten ge
sagt. Es ist eine Vergleichung mit dem Pfirsiche, der nicht
gerade aufsitzt. In einer Erklärung heisst es: Man hält es für
gut, wenn man den Pfirsichbaum im dritten Jahre verpflanzt.
Geschieht dieses nicht, so verdorrt er. Wenn daher der Hinter-
theil nicht an einem und demselben Orte aufsitzt, so nennt
man dieses momo-siri, Pfirsichhintertheil.
Moju, brennen, wie ein Feuer. £ ju-no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von mijn ,gesehen werden' haben.
Mori, Wald. ^ v.o kokoro naru-besi. Kann den Sinn von
mori ,füllen' haben.
Moru, füllen. pj|r wo fatarawasi-taru-ni-ja. In dem Worte
wurde vielleicht mo ,sehr' in Thätigkeit gesetzt.
Sezeragi, Untiefe. Seze-wa saza-to tsü-su. /Jn no kolcoro
nari. Midzu-no asaku riagaruru tolcoro-ioo ijeri. Seze und saza
haben miteinander Gemeinschaft. Das Wort hat den Sinn von
saza, klein. Es bedeutet die seichte Stelle eines fliessenden
Wassers.
Sema. So wird in dem Nippon-ki das Wort m sima
,Insel' gelesen. Kara Jcotoba naru-besi,. Ima-no ted-sen kotoba-
ni seniu-to iil-to-zo. Es kann ein chinesisches Wort sein. In
der heutigen coreanischen Sprache sagt man semu.
Semegu, streiten. Megu kajeri mu. Semeru-to onazi-kokoro
nari.. Megu zurückgekehrt ist mu. Das Wort ist mit seinem
{semu') ,bedrängen' gleichbedeutend.
Seri, Petersilie. In dem Kami-jo-bumi findet man auch
sori. Kono kusa fito-tokoro-ni seri- te £ suru-wo mote na-
to seru nari. Diese Pflanze erhält den Namen, weil sie an
einem und demselben Ort zusammengedrängt (seri-ai-te) wächst.
Seru. Zoku-go nari. Semaru-no zoku-go naru-besi. Ist ein
Wort des gemeinen Lebens. Es wird ein gemeinhin übliches
Wort für semaru ,gedrängt sein' sein.
Sugi, Cypresse. j|f,) ni £ furu mono ju-e-ni na-to
suru josi man-jeö-siü-seö-ni mije-tari. Dass man der Cypresse
34*
520
Pfizmaier. Japanische Etymologien.
diesen Namen gegeben hat, weil sie gerade (sugu-ni) wächst,
ist in den Aufzeichnungen aus dem Man-jeö-siü zu sehen.
Suguru, hinübergehen. ® A no kokoro-ni-ja. Hat viel
leicht den Sinn von sugu iru, gerade eintreten.
Sukosi, klein. Sukunasi-no riaku naru-besi. Kann die Ab
kürzung von sukunasi ,wenig' sein.
Sudzi, Sehne, auch Ader. ® % no kokoro naru-besi.
Kann den Sinn von sugu-dzi ,gerader Weg' haben.
Suna, Sand. m ni kokoro-ni-ja. Hat vielleicht
den Sinn von su-ni naru ,auf der Insel entstehen'.
Sumu, klar. m Ä« no kokoro nari-to ijeri. Man sagt,
das Wort habe den Sinn von sugu-mi ,gerade sehen'.
Subu, lenken. Suburu-to-mo iü. Man sagt auch suburu.
Sube, Kaiser. ^ no kokoro nari-to ijeri.. Man
säet, das Wort habe den Sinn von dai-it.si snbu ,das erste
Lenken'.
Suberagi, Kaiser, ru no kokoro naru-besi. Su-
meragi-to-mo ijeri. Kann den Sinn von sumeru kirni ,der len
kende Gebieter' haben. Man sagt auch sumeragi.
Sumera-mikoto, Kaiser. ru j|i[ no kokoro. Hat den
Sinn von sumuru mikot.o ,der lenkende Geehrte'.
Smva.ru, aufsitzen. Sugu-ni woru-no kokoro naru-besi. Wa
te, wo-to kajo tamesi o-osi. Kann den Sinn von sugu-ni woru
,gerade weilen' haben. Es gibt viele Beispiele, dass wa und
wo miteinander Gemeinschaft haben.
XYI. SITZUNG- VOM 23. JUNI 1875.
Herr Dr. Nolte in Darmstadt übersendet: ,Des Abtes
Heinrich zu Bretenau passio (inedita) s. Thimmonis archi-
episcopi Juvaviensis'.
Das w. M. Herr Custos Kenner legt eine Abhandlung
unter dem Titel ,Ernolatia' vor.
Das w. M. Herr Professor Conze erstattet einen ,Be
richt über die Vorarbeiten zur Herausgabe der griechischen
Grabreliefs'.
Herr A. Habel aus New-York hält einen Vortrag über:
,Die Monoliten von Sa. Lucia Cosumalwhuapa'.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akad eraie der Wissenschaften, Kgl. Preuss., zu Berlin: Monatsbericht.
März, 1875. Berlin; 8°.
~ — Kgl. Bayer., zu München: Sitzungsberichte. Philos.-philolog. und histor.
Classe. 1875. Bd. I. Heft 1; mathem.-physikal. Classe. 1875. Heft 1.
München; 8°. — Ueber den religiösen Charakter des griechischen
Mythos. Festrede von Conrad Bursian. München, 1875; 4°. — Mono
graphie der Sapindaceen-Gattung Serjania. Von L. Radlkofer. (Mit
dem Aug. Pyr. He Candolle’schen Quinquennal-Preise gekrönte Abhand
lung.) München, 1875; 4°.
522
Ateneo Veneto: Atti. Serie II. Vol. X. Punt. 4“; Vol. XI. Punt. 2“—3“.
Venezia, 1873 u. 1874; 8°.
Catalogue of Sanskrit Manuscripts in private Libraries of tlie North-West
Provinces. Part I. Benares, 1874; 8°.
Dudik, B., Mährens allgemeine Geschichte. VI. Band. Briinn, 1875; 8°.
Erlangen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1874;
4° und 8°.
— juristische, zu Berlin: XVI. Jahresbericht. 1874—1875. Berlin; 8 n .
—• Deutsche Morgenländische: Zeitschrift. XXIX. Band, 1. Heft. Leipzig,
1875: 40.
Ilelsingfors, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J.
1873-1874; 4« u.
Institut Royal Grand-Ducal de Luxembourg: Publications de la Section
historique. Annee 1874. XXIX. (VII). Luxembourg, 1875; 4 n .
Istituto, K., Veneto di Scienze, Lettere ed Arti: Memorie. Vol. XVIII,
Parte II. Venezia, 1874; 4°. — Atti. Toino 111°, Serie IV“, Disp. 7“—9“.
Venezia, 1873—74; 8°.
Report on the Census of the Madras Presideney. 1871. Vol. I—II. Madras,
1874; 1872, Parts I—II. Bombay, 1875; kl. Folio.
— of the Commissioner of Agriculture for the Year 1872. Washington,
1874; 8°.
Reports, Monthly, of the Departments of Agriculture for the Year 1873.
Washington. 1873; S°.
,Revue politique et litteraire 1 et .Revue scientifique de la France et de
l’etranger“. IV L annee, 2 C Serie. N° 51. Paris, 1875; 4°.
Sayous, Edouard, los origines et l’epoque pai'enne de l’histoire des Hongrois.
Paris, 1874; 8».
Schlegel, Gustave, Uranographie Cliinoise etc. l ro et 2 dc Partie, avec un
Atlas celeste. La Haye & Leyde, 1875; 4°.
Societas, Regia, scientiarum Upsaliensis: Nova acta. Seriei
IHtiao, y 0 i, ix., Fase. I. 1874. Upsaliae; 4°. — Bulletin meteoro-
logique monsuel de l’Observatoire de l’Universite d’Upsal. Vol. V. N° 7—13.
Juni—Decembre 1873. Upsal, 1873; 4°.
Verein, liistor., von Unterfranken und Aschaffenburg: Archiv. XXIII Band.
1. Heft. Würzburg, 1875; 8".
Kenner. Ernolatia.
523
Ernolatia.
(Mit 4 Tafeln.)
Von
Dr. Friedrich Kenner,
Gustos des k. k. Münz- und Antiken-Cakinetes.
Seit dem Erscheinen meiner Abhandlungen über ,die
römische Reichsstrasse von Virunum nach Ovilaba und die
Ausgrabungen in Windischgarsten |( hat dieser Strassenzug zwei
neue Bearbeitungen gefunden. Die eine von Th. Mommsen
im Corpus inscriptionum latinarum 2 deutet dem Zweck des
grossen Werkes entsprechend die Lösung der Frage mehr nur
in ihren Hauptzügen an, als dass sie sie ausführte. Die andere,
von Dr. Nathan Kohn ist vor Kurzem in diesen Sitzungs
berichten erschienen und behandelt ausführlich die Schwierig
keiten der Frage 3 .
Durch diese wiederholte Durchforschung hat letztere
unleugbar eine einfachere Gestalt gewonnen. Manche Ansichten,
die sie früher weitläufig machten, sind als beseitigt zu betrachten,
so jene von der Richtung des Weges über den Hohenwart
statt über den Rottenmannertauern (Männert, Lapie) oder jene,
welche nur die Strasse des Itinerarium über das letztgenannte
Gebirge führt, die Strasse der Tabula aber dasselbe umgehen
lässt (Muchar); mit dieser Ansicht fiel auch die von Richard
1 I in den Sitzungsber. der phil.-hist. Classe der kaiserl. Akad. d. W.
Band LXXI (1872) S. 357;— II ebenda Band LXXIV (1873), S. 421.
2 Tom. III pars 2, p. 618 et 682. Berolini 1873.
3 Sitzungsber. Band LXXX. (1875) S. 381.
524
Kenner.
Knabl aufgestellte, dass die Strassen beider Verzeichnisse das
Gebirge im Thale umgangen haben. Ebenso ist die Richtung
vom Zollfeld über Hüttenberg nach Neumarkt (Muchar, Knabl)
nicht wieder aufgenommen worden.
Dafür spitzt sich die Frage, wie sie heute steht, in einem
anderen Punkte zu, in welchem nunmehr die Entscheidung liegt.
Die wirkliche Weglänge von Virunum nach Ovilava beträgt
153 mp. Die Tabula gibt nur 145, bleibt also um 8 mp. zurück.
Es fragt sich nunmehr, wo soll dies Minus eingebracht werden.
Die Tabula selbst bietet drei Stellen dar', in welchen ein
Irrthum des Copisten nachweisbar ist, sei er nun durch seine
eigene Schuld entstanden oder in Folge schlechter Erhaltung
des Originales, das ihm dabei vorlag. So erscheint zuerst der
Ortsname Noreia zweimal hintereinander eingetragen. Hier hat
Mommsen das Minus wenigstens zum grösseren Theile ein
gestellt. Weiter fehlt bei dem Namen ,Visceilis < die Meilenzahl;
dies benützte Kohn, um die Differenz der Weglängen auszu
gleichen. Endlich ist das Ende der Route manniehfach entstellt.
Dort habe ich das Minus unterzubringen gesucht.
Wird nun dieses bei Noreia oder Viscellae d. i. südwärts
vom Tauern hereingebracht, so wird die Meilonzahl zwischen
diesem und Virunum um 8 mp. grösser, dadurch werden die
folgenden Stationen um ebensoviel gegen Norden gerückt.
Geschieht dagegen die Einstellung erst am Ende der Route,
so bleiben alle Distanzen, welche die Tabula überliefert, bis
zu den letzten Stationen vor Ovilava gewahrt. Am schärfsten
äussert sich diese Consecpienz in der Bestimmung jenes Ortes
der an Stelle des heutigen Windischgarsten lag. Die Entfernung
von Virunum bis dahin beträgt in Wirklichkeit 111 mp.
(22 l / 5 d. Meilen). Die Tabula verzeichnet nun in einer Ent
fernung von 103 mp. von Virunum die Station Gabromagus;
von dieser lag die nächste Station Ernolatia 8 mp. ab; zufällig
ist dies dieselbe Zahl, welche auch das Minus ausmacht. Bringt
man letzteres erst am Ende der Route ein, so kommt nach den
Angaben der Tabula Ernolatia an den 111. Meilenstein; bringt
man das Minus aber früher, südlich vom Tauern ein, dann
werden die Stationen um 8 mp. verrückt und es kommt
1 Vergl. Fig. 2 und 3.
Ernolatia.
525
Gabromagus an den 111. Meilenstein. Es tritt also äusserlicb
die Verschiedenheit der Lösung in der weiteren Frage hervor,
ob - inan Gabromagus oder Ernolatia in Windischgarsten zu
suchen habe. Die Bedeutung dieser Frage erhält eine grössere
Intensivität durch den Umstand, dass die in Windischgarsten
ausgegrabenen Bauten auf das Vorhandensein einer Mansio,
einer Nachtherbergestelle der römischen Post hinweisen. War
Gabromagus diese Mansio, dann bestanden zur Zeit der Tabula
dieselben Nachtherbergestellen, wie zur Zeit des Itinerar’s; lag
dagegen Ernolatia an jenem Orte, so müssen zur Zeit der
Tabula die Mansionen an andere Punkte verlegt worden sein,
als sie zur Zeit des Itinerars angebracht waren. Mommsen
und Kohn verlegen nun Gabromagus, ich Ernolatia dahin.
Kohn hat eigenthümlicher Weise über die Andeutungen,
welche Mommsen gegeben, geschwiegen; nur dessen Ansatz
von Noreia auf Neumarkt bekämpft er. Dagegen beschäftigt
er sich mit Vorliebe mit meinen Ausführungen und befleissigt
sich einer kräftigen Polemik gegen dieselben. Dies fordert
mich heraus neuerdings denselben Gegenstand zu behandeln.
Ich werde dabei allerdings einige der früher ausgesprochenen
Ansichten zurücknehmen müssen und erkenne gerne, dass dies
zum Theile durch die Bearbeitungen von Mommsen und
Kohn bewirkt wurde; in anderen Fällen, zumal bei der Be
stimmung der Stationen Noreia (II), Ad pontem und Viscellae
bin ich selbst in Folge der wiederholten Bearbeitung zu
andern Ansichten gelangt, als ich früher aussprach. In dem
Hauptpunkte aber muss ich die Lösungen von Mommsen und
Kohn so gut wie früher die von Männert und Muchar als
ungenügend bezeichnen. Ich werde daher vorzüglich nachzu
weisen haben, dass das Minus der Tabula südwärts vom Tauern
nicht untergebracht werden dürfe. Auch werde ich bei aller
Rücksicht auf das Andenken eines verstorbenen Gegners, dessen
Arbeit mir Achtung eingeflösst hat, seine Vorwürfe abwehron
müssen, wo sie mir ungerechtfertigt zu sein scheinen.
Ungeachtet nun diese neue Bearbeitung den ganzen
■Strassenzug von Virunum nach Ovilava umfasst, gebe ich ihr
den Titel: ,Ernolatia', theils um sie von der älteren zu unter
scheiden, theils weil, wie gesagt, die Bestimmung dieser Station
die Art der Lösung der schwebenden Frage in sich schliesst. —
526
K e n n e r,
Ich habe noch zu bemerken, dass ich denselben Strassenzug
schon vor der Bearbeitung in den beiden genannten akademischen
Abhandlungen zum Gegenstände einer Untersuchung gemaeht
habe. Dies geschah in meiner Schrift ,Noricum und Pannonia‘ 1
allerdings in einer dein gebotenen Baume entsprechenden ge
drängten Weise. Auf diese habe ich mich in der späteren
Arbeit, welche vorzüglich die auf Oberösterreich entfallenden
Stationen behandelte, berufen.
Es liegt mir ob dem dargelegen Plane entsprechend, dem
von Kohn eingeschlagenen Wege zu folgen, ihn gleichsam auf
seinem Gange zu begleiten. Er sucht zuerst die Stationen der
Tabula festzustellen und sodann das Verhältniss derselben zum
Itinerarium zu bestimmen. Dabei geht er von Virunum aus;
auch ich werde von hier aus die Untersuchung beginnen und
schicke gleich ihm, um dem Leser das Nachschlagen zu ersparen,
die betreffenden Stellen des Itinerars (a) und der Tabula (b)
mit den Namen der Stationen und den Meilenzahlen hier voraus:
a) p. 276 Wess.: (Viruno —) Gandalicas XX — Mo
nate XXX — Sabatinca XVIII — Gabromago XXX — Tu-
tatione XX — Ovilavis XX — Lauriaco XXVI.—
b) Segment III und IV: (Varuno). XIIII • Matucaio
XIII . Noreia ■ XIII ■ Noreia . XIIII • Ad pontem Viscel-
lis . IX • Tartursanis • X ■ Surontio • XV . Stiriate . XV • Gabro-
magi ■ VIII . Ernolatia • XII ■ Tvtastione • XI ■ Vetonianis • XI •
Ouilia • XIIII . Blaboriciaco.
(Matucaium XIIII mp.) Wie man sich aus dem Kärtchen
(Fig. I) 2 überzeugen kann, liegen die Ortschaften Treibach,
Krummfelden, Unzdorf, Althofen und Altenmarkt sehr nahe
beisammen. In Treibach waren zwei Meilensteine aut bewahrt,
der eine mit nicht mehr erhaltener Distanz, der andere mit
XV mp., dorthin verlegt Mommsen die Station Matucaium
1 Ber. u. Mitth. des Wiener Altertliumsvereines Band XI.
2 Die Zeichnung beruht auf einer Pause nach der Generalstabskarte von
Illyrien (Massstab: 1 Zoll — 2000 Klafter).
Ernolatia.
527
(,ad Treibach fere raansionem fuisse Matucaium'). 1 Ein dritter
Meilenstein kam in Krummfelden zu Tage mit der Meilen-
zahl XV; da Matucaium XIV mp. von Virunum abstand, muss
es 1 mp. südlich von Krummfelden belegen gewesen sein.
Dies ist der Grund, wesshalb Kolm dieselbe Station nach
Unzdorf versetzt; ich habe sie in die Nähe nach Altenmarkt
verlegt, welches gleichfalls von Krummfelden 1 mp. abliegt,
jedoch nicht in südlicher, sondern in südöstlicher Richtung.
Wenn Kolm an einer späteren Stelle bemerkt, dass ich die
Meilensteine gänzlich unbeachtet gelassen, so ist dies nicht
genau. Den Treibacher Stein mit der erhaltenen Meilenzahl
habe ich in der ersten Bearbeitung aufgeführt als Beleg meiner
Führung; 2 jenen von Krummfelden, der die gleiche Meilenzahl
nennt, Hess ich damals aus diesem Grunde unbeachtet. In der
zweiten Bearbeitung, bei der mir wie bei der ersten eine
Specialkarte von Kärnten nicht zur Hand war, besprach ich
auch den letztgenannten Meilenstein; irregeleitet durch die
Angabe Knabls, dass Krummfelden östlich von Althofen
liege, der Meilenstein also für den Lauf der Strasse über
lliittcnberg spreche, bemerkte ich, dass diese (vorgebliche)
Lage des gedachten Ortes nichts gegen die Führung der
Strasse über Friesach entscheide, da ja auch anderwärts der
Fall vorkomme, dass Meilensäulen auch an Nebenstrassen ge
funden wurden. Den Irrthum Knabl’s hat nun Kolm nach
gewiesen. Ueber den St. Georgener Meilenstein werde ich unten
eine Bemerkung machen.
Uebrigens habe ich mich bei Bestimmung von Matucaium
hauptsächlich durch das Auftreten der Namen Altenmarkt
und Althofen leiten lassen, zumal als die Distanz von Virunum
aus in die Gegend führt, wo sich diese Ortschaften finden.
•Icder, der sich viel mit Studien über Römerstrassen in den
mittleren Donauländern beschäftigt, wird oft die Erfahrung
gemacht haben, dass mit ,alt‘ zusammengesetzte Ortsnamen,
1 Das Nebenkärtchen ,Regio inter Virunum et Noreiam 1 auf der Karte des
Corpus setzt irrthiimlich Matucaium zwischen die Orte Zwischenwässem
und Krummfelden, statt zu Treibach an; ebenso erscheint Candalicae bei
Friesach, statt bei Einöddorf.
2 Mitth. u. Berichte des Wiener Alterthumsvereines XI, S. 134, Note.
528
Kenner.
deren zweiter Thcil einen Gattungsnamen, nicht einen Eigen
namen, enthält, wie: Altenstadt, Altenburg, Altendorf, Alten
markt, Altenhof u. s. w., dass solche Ortsnamen auf das Vor
handensein der Reste römischer Ansiedlungen hindeuten, welche
noch bewohnt waren, als sich im hohen Mittelalter in der Um
gebung neue Ortschaften bildeten. Wenn nun im Gurkthale,
durch welches uralter Verkehr nach Süden führte, an einer
Stelle, die nahe mit einer römischen Station zusammenfällt,
zwei solche Ortsnamen erscheinen, beide kaum 1 mp. von ein
ander entfernt, so ist das doch wohl nicht ohne Bedeutung.
Man wird die Orte Altenmarkt und Altenhof mit Recht als
die noch im hohen Mittelalter vorhandenen und besiedelten
Reste eines ausgedehnten keltisch-römischen Ortes betrachten
dürfen. Die römische Station mag in nächster Nähe, nahe beim
XIV. Meilenstein angebracht gewesen sein. Ich sehe wenigstens
kein Hinderniss dieser Annahme, da die römischen Ingenieure
bei der Tracirung die möglichst kurzen Weglinien aufsuchen
mussten und keine Rücksicht darauf nehmen konnten, dass
eine auch etwas grössere Ortschaft */ 2 oder 1 mp. vom Wege
ab zu liegen kam. Bei dem Aufwande und der Solidität, mit
welcher die Strassen gebaut wurden, lässt sich voraussetzen,
dass alle thunlichen Wegersparungen angestrebt wurden, ähnlich
wie bei unsern Eisenbahnen, deren Stationsgebäude an Orten,
die nicht in ihre Linie fallen, häufig entfernt von denselben
angelegt werden. So kann sehr wohl auch in unserem Falle
die Strasse die directe Linie Unzdorf — Krummfelden einge
halten und die Station der römischen Post bei Unzdorf gelegen
gewesen sein, während die betreffende keltische Ortschaft
Matucaium seitwärts am Eingänge des kleinen Q.uerthales lag,
welches in das Thal des Görtschitzbaches hinüberführt.
(Noreia, das südliche, XIII mp.) Wie Fig. 2 zeigt, 1
hat der Copist der Tabula den Ortsnamen Noreia wiederholt
geschrieben, wie man allgemein annimmt, in Folge eines Irr-
tliums seinerseits. Kohn lässt bei Erklärung dieses Namens die
Möglichkeit offen, dass in der That beide Noreia giltig seien,
1 Die Zeichnung beruht auf einer Pause nach dem Originale in der kais.
Hofbibliothek, deren Vorstand Hr. Hofrath Pr. Birk die Abnahme freund
lich gestattete.
Ernolatia.
529
da sich wohl voraussetzen lasse, dass es in einem Lande, welches
seiner Schutzgöttin so grosse Verehrung zollte, mehrere nach
ihr benannte Orte gegeben habe. Man wird dies nicht ohne
Weiters zugeben können; denn in diesem Falle müsste der
eine der beiden Namen einen unterscheidenden Beisatz gehabt
haben, wie auch in unserer Zeit die vielfach vorkommenden
St. Johann, St. Georgen, St. Michael, welche in demselben
Lande liegen, durch einen die örtliche Lage bezeichnenden
Beisatz kenntlich gemacht werden. Dies lässt sich umsomehr
voraussetzen, als die beiden Noreia nur 2 ;, / 5 deutsche Meilen
(XIII mp.) von einander entfernt waren, als bei beiden dieselbe
Meilenzahl angegeben ist, und als die Tabula doch ein Stationeu-
verzeichniss war, von welchem bei seinem sonst so sparsamen
Inhalte wenigstens eine prägnante, jedes Missverständniss aus-
schliessende Bezeichnung der Orte, die ja die Hauptsache
bilden, zu erwarten steht.
Es darf also nicht bezweifelt werden, dass die Wieder
holung des Ortsnamen Noreia auf einem Irrthume des Copisten
beruhe, und es handelt sich nur mehr darum, welcher von beiden
der gütige und welcher der wiederholte sei. Einen bündigen
Aufschluss hierüber gibt die Tabula selbst. Der Zug der Schrift
weist darauf hin, dass der Copist, wie es ja an sich natürlich
ist, die Ortsnamen nach der gewöhnlichen Schreibweise, d. i.
von links nach rechts vorgehend, eingetragen habe; sonst würde
er Gefahr gelaufen sein, das eben Geschriebene durch das Auf
legen der Hand, um das Nachfolgende einzutragen, zu ver
wischen. Demnach hat er zuerst jenen Namen Noreia, der auf
Ad pontem folgt, und erst nach diesem den zweiten, weiter
rechts näher gegen Varuno stehenden Namen Noreia einge
tragen; daher kann nur dieser letztere durch irrthümliche Wieder
holung in die Tabula gelangt sein, nicht aber der erstere. Das
gütige Noreia ist also das nördliche, 40 mp. von Virunum ent
fernte, das wiederholte hingegen ist das südliche, 27 mp. von
der genannten Stadt entfernte, zunächst auf Matucaium folgende.
Wie diese Station ursprünglich geheissen, kann nach dem heutigen
Bestände unserer Hilfsmittel nicht nachgewiesen werden. Kohn
vermuthet, dass, wenn der Name des südlich gelegenen Noreia
durch einen Irrthum dos Copisten entstanden sei, der ursprüng
liche Name Candalicae gelautet haben müsse; er kommt zu
530
Kenner.
diesem Schlüsse in Folge der Correcturen, welche er an den
Meilenzahlen des Itinerars anbringt. Wie wir sehen werden,
hängen diese Correcturen mit Voraussetzungen zusammen, die
sich nicht bewähren. Da ich nun einen Namen für diese Station
nicht anzugeben vermag, bezeichne ich sie im Folgenden als
das ,südliche‘ Noreia.
Im Gegensätze zu allen früheren Topographen, die über
unsere Strasse schrieben, habe ich diese Station meines Wissens
zum ersten Male nach Einöddorf verlegt, weil die Distanzzahl
XIII, von Matucaium aus, daraufhinwies. Auch Kohn verlegt es
dahin 1 und beruft sich für seine Ansicht, dass in der Einöd ein
grösserer Ort existirt habe, auf die ausserordentliche Menge
der dort gefundenen Denkmäler. Diese reduciren sich für Einöd
dorf auf Münzen, sechs Aschenurnen und sieben Grabsteine. 2
Die übrigen Funde, darunter namentlich jene von Neu deck,
wurden in der Einöd zerstreut gemacht auf einer Strecke von
einer deutschen Meile Länge (Judendorf bis Lind), 15 sie können
also nicht für das Bestehen eines grösseren Ortes in Einöddorf
sprechen. Vorzüglich aber tritt dieser Ansicht der Umstand
entgegen, dass die örtlichen Bedingungen kaum das Aufkommen
eines grösseren Ortes daselbst begünstigt haben; der auch im
Mittelalter gleiche Bahnen befolgende Verkehr hat ober- und
unterhalb von diesem Engthale in Friesach und Neumarkt, nicht
aber in dem Thale selbst die noch blühenden grösseren Orte
geschaffen.
Im weiteren Verfolg der Strasse treffen wir bei St. Georgen
einen nun im Joanneum befindlichen Meilenstein, dessen Distanz
angabe schlecht erhalten ist und von Knabl als XXII, von
Mommsen (Nr. 5731) als XXVI gelesen wurde. Ich habe ihn
in der ersten Bearbeitung für meine Strassenführung nach Kn ab l’s
Lesung benutzt und die Vermuthung ausgesprochen, dass auf
dem Steine ursprünglich wohl XXXII oder XXXIII statt XXII
1 Im Texte nennt er wohl nur irrthiüülich Einödbad, das XV mp. von Matu-
caium abstellt; im Verzeichniss der richtig gestellten Stationen am Schlüsse
seiner Abhandlung nennt er es Einöddorf.
2 C. I. L. III 2, 5043—5049.
3 5039, 5045, 5050—5052.
Ernolatia.
531
gestanden habe. 1 Kohn, der diese erste Bearbeitung nicht
kannte und mir, wie bemerkt, vorwirft, ich hätte die Meilen
steine ausser Acht gelassen, fand meine Vermuthung bei wieder
holter Prüfung des Originales, die eine abweichende Lesung
von jener Mommsen’s ergab, bestätigt; der Meilenstein zeigt
in der That die Zahl XXXII.
(Noreia, das nördliche, XIII mp.) Während ich bis
her mit Kohn in der Führung der Strasse und in der Bestim
mung der Stationen übereinstimme, zeigt sich nördlich von Neu
markt die erste Differenz. Den Gebirgstock, welcher dort der
Strasse den geradlinigen Fortgang wehrt, umgeht er im Osten,
wie die moderne Reichsstrasse, und gelangt mit XIII mp. nach
Scheifling, wohin er das nördliche Noreia verlegt; ich umgehe
ihn im Westen und gelange mit gleichem Ausmasse in die
nächste Nähe von Teuffenbach. Der Einwurf, dass diese Führung
mit der Ziffer der Tabula nicht stimme, nöthigte mich zu einer
neuen, möglichst genauen Abmessung, die ich auf Grundlage
der Generalstabskarte des Königreiches Illyrien (Massstab 1 Zoll
= 2000 Wr. Klftr.) vornahm. (Tch füge eine Zeichnung der
Strasse von Einöddorf bis Zeiring bei, welche auf einer Pause
nach der Generalstabskarte von Steiermark [Massstab 1 Zoll =
4000 Wr. Klftr.] beruht, Fig. 4.) Mit Einrechnung der Strassen-
krümmungen erhalte ich von Einöddorf bis Neumarkt — dieser
Theil ist beiden Führungen gemeinsam — reichlich 6 mp.
Von hier nach Teuffenbach beträgt der Weg abermals G mp.,
von letzterem nach Scheifling 3 mp. Es ergibt sich also für
die Strecke von Einöddorf nach Scheifling (über Teuffenbach)
eine Summe von 15 mp. Von Neumarkt nach Scheifling über
Perchau (Kohn’s Weg) macht die Strasse grosse Krümmungen;
ich erhalte 8 mp., so dass in dieser Richtung die Entfernung
zwischen Einöddorf und Scheifling 14 mp. beträgt. Die heutigen
Orte also, auf welche wir beide Noreia ansetzen, treffen nicht
ganz genau mit der Distanzangabe der Tabula zusammen; meine
Bestimmung (Teuffenbach) ist um 1 mp. zu kurz, jene Kohn’s
(Scheifling) ist um 1 mp. zu lang. Darin stehen wir also gleich;
es ist auch kein Grund vorhanden, anzunehmen, dass die römische
Station gerade auf diese Orte entfallen müsse; das Ausmass
Rer. u. Mitth. des Wiener Alterthumsver. XI, S. 134, Note.
532
Kenner.
der Tabula würde vielmehr dafür sprechen, dass sie 1 mp. von
derselben entfernt waren. Wohl aber ist der Weg Kohn’s
um 1 mp. kürzer als der meinige, er gelangt mit 14, ich mit
15 mp. nach Scheifling, über welches die Strasse gegangen sein
muss. Ich will nun hier kein Gewicht darauf legen, dass ein
Umweg von 1 mp. an und für sich unbedeutend ist; wohl aber
muss ich die Umstände geltend machen, gegen welche dieser
Umweg ganz bedeutungslos wird. Erstlich geräth man durch
den Kohn’schen Ansatz Noreia-Scheifling in die grössten Schwie
rigkeiten bezüglich der folgenden Stationen. Kohn selbst wurde
dadurch verleitet zur Annahme eines unhaltbaren Murüberganges;
wie wir sehen werden, lassen sich diese Anstände nur lösen
durch den Ansatz Noreia-Teuffenbach. Zweitens liegt der letztere
Ort unvergleichlich besser für eine Station, als Scheifling. Teuffen-
bach ist eine Art Brennpunkt localen Verkehres. Von Südosten
mündet das ziemlich weite Thal, durch welches unsere Strasse
von Neumarkt herankommt, von Südwesten das Thal der Thaya,
an welches sich der über St. Lamprecht (Römerstein) 1 und
Lassnitz nach Murau führende Uebergang im Lassnitzthale an-
schliesst; durch letzteres lief eine andere römische Heeresstrasse
(Virunum-Juvavum) nach Murau hinaus ; nach Westen und Osten
erstreckt sich von Teuffenbach das Murthal selbst; im Norden
öffnen sich abermals zwei Thitler, und zwar nordwestlich das
Katschthal, (in Katsch ein Römerstein) 2 welches nach St. Peter am
Kammersberg (Römerstein) :1 undFeistriz weiter geleitet, nordöst
lich das Thal des Wölzerbaches. Es münden also vier Seitenthäler
bei Teuffenbach in’s Murthal. Dies ist doch wohl ein Umstand, der
nicht blos letzteren Ort selbst wichtig machte und die Bedingungen
schuf für das Emporkommen einer hier bestehenden Ansiedlung,
sondern der auch die Römer bewegen mochte, die Strasse viel
mehr hieher zu traciren, als nach Scheifling, dessen Wahl nur
einem der oben genannten Seitenthäler, jenem des Wölzer
baches, zu Gute kam. Umsomehr konnte solches geschehen, als
die Weglänge fast die gleiche war und die Strassenanlage nach
1 C. I. L. III 2, 5061, 5062.
2 A. a. O. 5064.
3 A. a. O. 5070, 5071.
Ernolatia.
533
Teuffenbach viel weniger Schwierigkeiten verursachte als jene,
die über Perchau nach Scheifling gieng.
Während Kohn das berühmte Noreia, bei welchem die
Römer unter Cn. Papirius Carbo eine gänzliche Niederlage
von den Cimbern erlitten (113 v. Chr.), auf krainerischem
Boden sucht, hält Mommsen (C. J. L. III 2, p. G18) das
südliche Noreia der Tabula für den herabgekommenen Rest
dieser Stadt und sucht es bei Neumarkt. Wir werden im Laufe
unserer Untersuchung Anlass linden, über diese Bestimmung
zu sprechen.
(Adpontem XIIII, Viscellis . . . ). —Die beiden folgen
den Stationen sind für uns von grosser Wichtigkeit. Da wir bereits
am Ufer der Mur stehen und der nächste Ortsname der Tabula
Ad pontem lautet, kann damit nur der Uebergang über die
Mur gemeint sein; es handelt sich also darum, die geeignetste
Stelle für die Ueberbriickung des Flusses zu suchen. Die Be
stimmung desselben hängt aber, wie sich zeigen wird, innerlich
zusammen mit der Feststellung des Ortes Viscellae, zu welchem
die Tabula keine Distanzzahl .verzeichnet. (Siehe Figur 2).
Ich untersuche auch hier zunächst die Strassenführung
Kohn’s und bemerke voraus, dass nach seinen Ortsbestimmun
gen das Monate des Itinerars auf Enzersdorf entfällt; da Tabula
und Itinerar denselben Strassenzug darstellen, muss jener der
ersteren gleichfalls über Monate d. i. über Enzersdorf in das
Thal des Pölsbaches gegangen sein.
Indem nun Kohn das nördliche Noreia auf Scheifling
ansetzt, gelangt er am Südrande des Murthaies fortgehend mit
XIIII mp. über Pichl hinaus zu einer Stelle unterhalb St. Peter,
wo die Ortschaft Furt liegt und noch heute die Tauernstrasse
über die Mur setzt (Vgl. Karte Fig. 4). Der Ortsname zeigt
deutlich eine Furt im Murflusse, also eine Stelle an, wo der
Uebergang sehr leicht bewerkstelligt werden kann.
Das Zusammentreffen seiner Station mit diesem Punkte
erfüllt ihn nun mit der grössten Sicherheit in Rücksicht auf
die Bestimmung des Strassenlaufes, die er gegeben; es ist ihm
ein glänzender Beweis für ihre Richtigkeit. Und doch liegt
gerade hier der wunde Punkt seiner ganzen Darstellung.
Die Strasse, an der Stelle angelangt, wo heute Pichl liegt,
gieng also nach Kohn nicht direct auf Enzersdorf (Monate)
Sitzungsber. il. phil.-Bist. CI. LXXX. Bd. III. Hft. 35
534
Kenner.
los, welches sie leicht in 1 '/ 2 m P- erreicht hätte, sondern sie
lief in entgegengesetzter Richtung 2 mp. gegen Südosten, über
setzte bei Furt die Mur, und musste folgerichtig am linken
Flussufer wieder 2 mp. gegen Nordwesten zurücklaufen, um
nur an einen Punkt zu gelangen, der in gleicher Entfernung
von Enzersdorf liegt, wie Pichl, welches dieselbe Strasse schon
4 mp. früher passirt hatte. Kohn’s Murübergang ist also mit
einem Umweg von 4 mp. d. i. 96 Minuten Weges verbunden,
welche bei der von mir in der zweiten Bearbeitung nach
gewiesenen gewöhnlichen Fahrgeschwindigkeit der römischen
Post eine Verschwendung von 48 Minuten Fahrzeit in sich
scliliesst. Ich kann gleich hier darauf hinweisen, dass der
Unterschied zwischen meiner und Kohn’s Bemessung der ge
summten Weglänge zwischen Virunum und Ovilava genau 4 mp.
beträgt, (er findet 157, ich fand 153 mp). Beseitigt man diesen
Umweg, so stimmen wir in der gesummten Weglänge voll
kommen überein. Soviel zur Abwehr seines Vorwurfes, dass
ich, obwohl sorgfältiger messend als meine Vorgänger, auch
nicht von Ungenauigkeiten frei zu sprechen sei.
Das Missliche jenen Umweg anzunehmen kann Kolm
nicht entgangen sein, denn er spricht an verschiedenen Stellen
seiner Arbeit seine Bewunderung für die Knappheit und Strenge
der Linienführung in unserem Strassenzuge aus. Also muss er
ganz besonders wichtige Motive gehabt haben, um ihn zu ver
antworten. Als solche bezeichnet er aber keine andern als das
Vorhandensein einer Furt über die Mur bei dem Orte Furt
und den Umstand, dass eben dort noch heute die Tauernstrasse
den Fluss übersetzt.
Was die Furt betrifft, so wäre denkbar, dass die römischen
Ingenieure gelbst mit dem Opfer eines Umwegs von anderthalb
Stunden sie aufgesucht und zum Brückenbau benützt hätten,
wenn die Mur in jener Gegend ein so breites, tiefes und
schwieriges Wasser wäre, als sie in Wirklichkeit nicht ist, und
wenn auf der langen Strecke vom nördlichen Noreia bis Ad pontem
(XIIII mp.), auf welcher die Strasse neben dem Flusse ein
herlief, keine andere Uebergangsstelle vorhanden wäre. Nur
dann kann man dem römischen Strassenbau einen so weiten
Umweg zumuthen. Beides ist aber nicht der Fall. Die Mur,
welche erst bei Judenburg, unterhalb Furt, etwa 1 */ 2 Stunden
Ernolatia.
535
von diesem entfernt, schiffbar wird, 1 bietet anf jener ganzen
Strecke der Ueberbrückung keinerlei Hindernisse dar. Es finden
sich oberhalb Pichl zu St. Georgen bei Unzmarkt, dann zu
TJnzmarkt selbst und bei Lind treffliche Uebergangsstellen;
jene zu St. Georgen ist mit einer sehr alten Brücke bestellt.
Wäre weiter unterhalb von diesem Orte irgend eine Schwierig
keit für den Brückenbau vorhanden gewesen, so hätte die
römische Strasse ja viel besser bei St. Georgen selbst den
Fluss übersetzt; dann verlor sie nicht 1 mp. Weges, der Ueber-
gang lag auf dem Wege, den sie zu machen hatte. In der
That haben Muchar und in neuerer Zeit Mommsen den
Murübergang in dieser Gegend gesucht, der eine bei St. Georgen,
der andere bei Unzmarkt, beide weil sie das eine oder andere
Noreia der Tabula bei Neumarkt suchten; ich selbst muss
mich neuerdings für die Ansicht Muchar’s entscheiden, wie
noch erörtert werden soll.
Der andere Grund Kohn’s, die Analogie des Flussüber
ganges der modernen Tauernstrasse, besteht nur in einer Täu
schung seinerseits. Wie unser Kärtchen (Fig. 4) zeigt, theilt
sich die heutige Tauernstrasse bei Sauerbrunn, wo sie aus dem
Thale des Pölsbaches in jenes der Mur gelangt, in zwei Theile,
deren jeder letztgenannten Fluss übersetzt. Der eine Theil
läuft südlich und setzt bei Furt über die Mur, um weiter mit
der modernen Reichspoststrasse murabwärts nach Judenburg
und Bruck zu gehen. Der andere Theil läuft westlich, geht bei
St. Georgen über den Fluss, vereinigt sich hier gleichfalls mit
der durchaus am rechten Murufer geführten modernen Reichs
poststrasse und zieht weiter aufwärts über Neumarkt nach
Kärnten. Man sieht, die Theilung der heutigen Tauernstrasse
verfolgt lediglich die Absicht der Abkürzung des Weges in
das obere und untere Murthal. Wenn ihre Anlage, so weit sie
sich im Murthale bewegt, mit Recht für den römischen Strassen-
zug herangezogen werden kann, so ist es das einzig Mögliche
und einzig Logische, den ins obere Murthal laufenden Theil
mit dem Flussübergange bei St. Georgen heranzuziehen; denn
dieser, nicht der andere fällt mit der Richtung der römischen
Strasse zusammen.
1 Schmutz, Steir. Topographie II 588.
35*
536
Kenner.
Die Gründe also, welche Kohn für seinen Ansatz: Ad
pontem — Furt und seinen Umweg- von 4 mp. anführt, sind
an und für sich auffallend schwach und insbesondere mit der
knappen Strassenführung- der Römer, welche selbst den kost
spieligen Gebirgsübergang über den Tauern nicht scheuten, um
den Weg abzukürzen, nicht vereinbar. Sie reichen bei weitem
nicht hin, einen so beträchtlichen Umweg zu erklären; wir
müssen einen solchen zumal an dieser Stelle unbedingt ver
werfen, da überhaupt, weder im ebenen Terrain des Mur
bodens, noch im Flusse selbst irgend ein triftiger Grund für
seine Annahme gefunden werden kann. Alle Folgerungen, die
Kohn auf derselben auf baut, werden sich denn auch in dem
weiteren Verfolg der Untersuchung als falsch erweisen.
Nach Ad pontem gibt die Tabula in der Richtung gegen
Ouilia die Station ,Viscellis‘ an; die Strassenlinie macht ein
Knie, Viscellae ist also eine Station, die Ziffer aber fehlt
(Vgl. Fig. 2). Der nächste Schluss ist, dass die Distanz aus
gefallen sei.
Um die fehlende Zahl zu bestimmen, verlässt Kohn die
Strasse beim Murübergange und beginnt vom andern Endpunkte,
Ouilia, aus nach Süden gehend die Distanzen der Tabula ab
zumessen und die Stationen zu bestimmen; wir werden auf
seine Ergebnisse zurückkommen. Mit dem 91. Meilensteine —
soviel zählt die Tabula von Ouilia bis Viscellae — gelangt er
nach Möderbruck. Andererseits war er mit 54 mp. von Virunum
her nach Furt (Ad pontem) gekommen. Diese Strecken betragen
zusammen 145 mp. Zu seinem, Kohns, Ausmass der gesarmn-
ten Weglänge von 157 mp. fehlen mithin noch 12 mp. Das
ist also die nach seiner Ansicht bei Viscellae ausgefallene
Distanz. Die Orte Möderbruck und Furt sind ferner 12 mp.
von einander entfernt, also trifft dieser Abstand mit jenem
überein, der zwischen Viscellae und Ad pontem in der Tabula
ausgefallen ist und es müssen zu ersterem Orte ,XII mp/ ein
gesetzt werden; Viscellae muss nach Möderbruck, Ad pontem
nach Furt vei-legt werden.
Da nun letzteres nur möglich wird dadurch, dass die
römische Strasse 4 mp. Umweg macht und da dieser Umweg
nicht zugegeben werden kann, so schiene es die einfachere
Ernolatia.
537
und entsprechendere Auskunft denselben zu streichen, Ad pontern
bei Pichl anzusetzen, an welchem Orte der Murübergang keine
Schwierigkeit hätte, und dafür die ausgefallene Distanz mit
IX mp. einzustellen. Damit wäre der widersinnige Umweg erspart.
Allein Koh n war gezwungen gerade diese Ziffer XII bei
Viscellae einzusetzen, gezwungen durch die Art und Weise, wie er
die Identität der Stationen des Itinerars mit den betreffenden,
aber anders benannten der Tabula nachzuweisen suchte.
Das Itinerar weist nur sechs Stationen mit den Distanzen :
1) XX , 2) XXX , 3) XVIII , 4) XXX , 5) XX , 6) XX ,
zusammen 138 mp. aus, steht also gegen die wirkliche Weg
länge von 157 mp. (n. Kolm) um 19 mp. zurück, welche auf
die einen oder andern Distanzen vertheilt werden müssen.
Nun ist die zweite und vierte schon an sich gross, so dass sie
eine Erhöhung nicht zulassen; die fünfte ist unantastbar, die
sechste ist durch die Concordanz mit der Tabula, welche an
der entsprechenden Stelle XI -|- XI mp. verzeichnet, bestätigt,
höchstens dass man 2 mp. ihr zufügen kann, so dass sie XXII
statt XX lautete. Geschieht dies, so sind noch 17 mp. einzu
bringen und diese können nur auf die erste und dritte Distanz
vertheilt werden, die allein eine Correctur vertragen.
Nun findet Kohn in dem von Parthey undPinder mit
D bezeichneten Pariser Codex für die dritte Distanz die An
gabe ,Sabbatinca XXVIII', während die übrigen Codices ,Saba-
tinca XVIII' schreiben. Die Trefflichkeit des Pariser Codex ist
ihm der Anhalt, die Distanz 3 um X mp. zu erhöhen und statt
XVIII XXVIII einzustellen. Es sind also nur noch VII mp.
unterzubringen und diese können folgerichtig nur bei der einzigen
noch übrigen Distanz, bei der ersten, ausgefallen sein, die er
denn auf XXVII erhöht. Einen Beweis der Richtigkeit dieser
letzteren Correctur findet er darin, dass die zwei Detailabstände
der Tabula von Virunum weg (— Matucaio XIIII — Noreia
XIII) in der That zusammen XXVII mp. ausmachen. Kein
Zweifel also für Kohn, dass das südliche Noreia der Tabula
derselbe Ort sei wie das Candalicae des Itinerars, sei es, dass
dieser in der That zur Zeit der Tabula Noreia hiess, also zwei
Namen nach einander hatte, sei es, dass der Schreiber der Ta
bula statt: Candalicis XIII — Noreia XIII, durch einen Irrthum :
Noreia XIII — Noreia XIII geschrieben hat.
538
Kenner.
Nach den angeführten Correcturen entfällt Monate statt
auf den 50. auf den 57. Meilenstein, also ganz nahe von der
Station Ad pontem (Furt), welche 54 mp. von Virunum absteht;
dies sei die einzige Verlegung einer Station, welche in der Zeit
zwischen der Abfassung des Itinerars und jener der Tabula vor-
gekommen sei. Sabatinca entfällt sodann auf den 85. Meilen
stein, wohin auch Surontium zu stehen kommt, wenn bei Viscellae
die Meilenzahl XII eingesetzt wird; ebenso fallen dann die
Gabromagus beider Verzeichnisse auf den 115., die Tutatio auf
den 135., endlich Ovilava auf den 157 Meilenstein.
Die beiden Praemissen, auf welchen diese Lösung unserer
Frage beruht: die Einsetzung der Distanzziffer XII bei Viscellae
und dieCorrectur der Meilenzahl bei Sabatinca XVIII in XXV11I
hängen innerlich zusammen, sie bedingen sich gegenseitig; daher
stehen und fallen sie mit einander. In der That, würde man
den Umweg, wie oben angedeutet, hinweglassen und den Mur
übergang auf den äusserst möglichen Punkt am rechten Fluss
ufer bei Pichl ansetzen, dann wäre die Entfernung zwischen
Ad pontem und Viscellae (Möderbruck) nur IX mp. gross und
es käme bei letzterer Station diese Zahl, als die ausgefallene
Distanz einzusetzen. Sofort zeigte sich die Rückwirkung auf
das Itinerar. Es müsste, um die Uebereinstimmung mit diesem
herzustellen, statt der Gorrectur Sabatinca XXVIII die Correctur
XXV aufgenommen werden, damit entfiele aber die Beweis
kraft des Pariser Codex D und folgerichtig auch die Identität
von Candalicae mit dem südlichen Noreia. Man muss also die
Distanz XII bei Viscellae zugeben, wenn man überhaupt die
Kohn’sche Lösung acceptirt. Die Einstellung dieser Distanz
aber hat nun zur nothwendigen Voraussetzung jenen Umweg der
römischen Strasse über Furt, für den sich kein irgendwie plausibler
Grund geltend machen lässt und der schon deshalb oben als
durchaus unannehmbar bezeichnet wurde.
Nicht viel besser steht es mit der andern Praemisse, der
Erhöhung der Meilenzahl bei der Station Sabatinca. Sie stützt
sich einzig und allein auf die Angabe des Pariser Codex D.
Die Herausgeber des Itinerars 1 loben ihn allerdings, sie sagen
1 Itinerarium Antonini Augusti ex libris manu scriptis ediderunt G. Par
they et M. Pinder. (Beroliui 1848.) p. XIV, XXXII f.
Ernolatia.
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t_____
539
aber auch, dass er lückenhaft geworden sei durch den Ausfall
von Wörtern und Buchstaben, sowie durch häufigen Mangel
der Meilenzahlen. Dafür sei als Beispiel sogleich hier erwähnt,
dass er auf unserem Strassenzuge die Zahlen bei Ovilava und
Lauriacum ganz weglässt und Virduno statt Viruno, Candalicos
statt Candalicas, Sabbatinca statt Sabatinca, Laurici statt Lau-
riaco schreibt. Auch wird er von den Herausgebern seinem
Werthe nach in die dritte Reihe gestellt, während der Wiener
Codex L aus dem VIII. Jahrhundert mit den ihm vielfach
folgenden, aber in der Anlage vielfach auch verschiedenen
Codices Vaticanus N und Remensis J in die erste, der Codex
Scorialensis P in die zweite Reihe kommen. Der letztere, etwa
von gleichem Alter mit dem Wiener Codex L, steht ganz
originell da, manchesmal stimmt der Pariser Codex D mit ihm
allein, manchmal weichen sie beide von einander und von allen
übrigen ab. Würde nun der Codex D mit P in der Zahl XXVIII
übereinstimmen, so wäre das ein günstiges Zeugniss für die
Richtigkeit der Angabe des ersteren. Dies ist aber nicht der
Fall, Codex P stimmt mit dem Wiener L. Da nun in letzterem
häufig gerade die Meilenzahlen durch zweite Hand geändert
wurden, verschaffte ich mir selbst die Ueberzeugung an dem
in der kais. Hofbibliothek befindlichen Original und unter
suchte, ob in ihm die Zahl bei Sabatinca etwa auch eine
Aenderung erfahren habe. Ich fand aber davon nicht die ge
ringste Spur; unser Strassenzug, sowie die nächst vorhergehenden
und der Beginn des nächstfolgenden stehen so gleichmässig
intact in ursprünglicher Schrift auf einer Seite geschrieben,
dass von einer Refiction nicht die Rede sein kann. Dem Pariser
Codex D treten also mit Rücksicht auf die fragliche Zahl
geschätztere und ältere Codices übereinstimmend entgegen.
Auch die übrigen, welche von den Herausgebern um ihres
Werthes Willen verglichen wurden, folgen dem Wiener und
dem Scorialensis, nicht dem Pariser. In diesen Umständen
liegt ein sehr gewichtiger Grund gegen die Wahrheit der An
gabe des letzteren, welche tiberdiess, wie sich noch zeigen
wird, durch die Concordanz des Itinerars und der Tabula an
dieser Stelle und durch die Uebereinstimmung der Terrain
bildung auf der entsprechenden Strecke unserer Strasse wider
legt wird.
540
Kenner.
Wir sehen also, die beiden Gründe auf welchen die von
Ivohn aufgestellte Combination ruht, reichen keineswegs aus,
sie zu halten.
Ich gehe aber noch weiter und behaupte, es dürfe bei
Viscellae eine neue Distanz gar nicht eingefügt werden. Nicht
blos die Kohn’sche Combination, sondern jede andere, welche
die Schwierigkeiten unserer Frage durch Aufnahme einer solchen
neuen Distanz zu lösen versucht, wird sofort mit den nächst
folgenden Meileuzahlen der Tabula, welche die Uebersetzung
des Tauern, betreffen, in Conflict gerathen.
Bleiben wir bei diesem Punkte stehen, und prüfen die
Kohn’sche Führung. Zu diesem Zwecke legen wir eine Zeich
nung der Tauernstrasse (Fig. 5) ein, welche nach einer Pause
von der Generalstabskarte des Königreiches Illyrien (Massstab
1 Zoll = 2000 Wr. Kl.) angefertigt ist.
Durch Einstellung von 12 mp. bei Viscellae ist Kolm
von seinem Murübergango bei Furt bis Möderbruck gelaugt.
Es ist eine durchaus nothwendige Consequenz davon, die beiden
hinter Viscellae sich zeigenden kleineren Abstände in der Ta
bula, IX und X (= 19) mp., welche von den vorausgehenden
(XIIII , XIII , XIII , X1III) und den nachfolgenden grösseren
Distanzen (XV, XV) scharf abstechen, auf die beiden Abhänge
des Tauern (Möderbruck—Hohentauern und Trieben — Hohen-
tauern) zu beziehen; dies kann scheinbar um so mehr geschehen,
da letztere zusammen eben 19 mp. ausmachen. Auch das kann
darin bestärken, dass die nächst auf Viscellae folgende Station
Tartursana heisst, ein Name, in welchem wahrscheinlich eine
Hinweisung auf das Tauerngebirge liegt. Sowie heute der
kleine Ort auf dem einen Endpunkte der Jochhöhe Hohen
tauern heisst, so kann auch im Alterthum die Station auf dieser
Stelle nach dem Gebirge benannt worden sein.
Diese Motive waren es offenbar, die Kohn bestimmten,
Tartursana (IX mp.) nach Hohentauern, die folgende Station
Surontium (X mp.) nach Trieben zu verlegen.
Allein damit stimmen die Meilenzahlen der Tabula, auf
deren Verlässlichkeit Kohn mit Recht grosse Stücke hält,
durchaus nicht überein. Die beiden Abhänge des Tauerngebirges
sind sehr ungleich; zudem ist auf ihnen die Beschaffenheit der
Thalschlucht, welche hinanführt, derart, dass eine andere
Ernolatia.
541
Führung des Weges als jene, welche die heutige Tauernstrasse
befolgt, gar nicht angenommen, also auch weder an eine etwaige
Abkürzung, noch an eine Verlängerung gedacht werden kann.
Der südliche Abhang von Möderbruck bis Hohentauern ist
12 mp., der nördliche (Hohentauern-Trieben) dagegen nur
5 */ 2 nl P- l an g 5 da, wo die Strasse den Triebenstein im Süd
osten umgeht zwischen dem Triebenbache und Hohentauern,
macht sie auf einer Strecke von kaum 1 V 2 mp. viele, wenn
gleich kurze Krümmungen. Veranschlagt man auf diese Strecke
das doppelte Mass (3 mp. statt 1 */ 2 ), so beträgt der Weg am
nördlichen Abhang 7 mp. Eine höhere Ziffer anzunehmen,
aus dem Grunde, weil hier die Steigung ungewöhnlich gross
ist, geht nicht an; denn es handelt sich hier um das Wegmass,
nicht um das Mass der Fahrzeit. Letztere kann im Allgemeinen
ein wichtiges Motiv bei der Anlage einer Strasse abgeben,
um jene Linie zu linden, welche das möglichst grosse Zeit-
ersparniss liefert; aber bei Bestimmung einer Detailstrecke
innerhalb eines schon gegebenen Rahmens kann nur das Weg
mass berücksichtigt werden; nur dies, nicht die Fahrzeit ist
durch die Zahlen der Tabula ausgedrückt.
Würden nun in der That die nach Viscellae folgenden
Strecken auf die beiden Abhänge des Tauern zu beziehen
sein, so müsste naturgemäss Tartursana auf die Jochhöhe zu
stehen kommen; dann aber müssten in der 'Tabula andere
Zahlen stehen, nämlich: Viscellis (Möderbruck). XII . Tartur-
sanis . VII . Surontio, statt der thatsächlich angemerkten:
Viscellis . IX . Tartursanis . X . Surontio.
Es treffen also die auf Viscellae folgenden zwei Distanzen
in ihrer Gesammtziffer (19 mp.) zwar zufällig mit der Weg
länge des Tauernüberganges zusammen; aber die Eintheilung
der Stationen stimmt nicht mit den von Natur aus gegebenen
Punkten am südlichen und nördlichen Ende der Steilabhänge
und am Scheitelpunkt des Joches, sie werden vielmehr beträcht
lich verschoben.
Dies zeigt sich nun sehr deutlich in der Kohn’schen
Führung. Er geht, wie gesagt, von der Wahrnehmung aus, dass
die Meilenzahlen, welche die Tabula auf unserer Strecke gibt,
richtig seien. Wenn wir uns gerne auf diesen Standpunkt stellen,
so finden wir uns sofort vor einer Alternative. Es lag dann
542
Kenner.
entweder Tartursana nicht an der Stolle des heutigen Hohen-
tauern, sondern 3 mp. südlich unterhalb dieses Ortes, oder es
lag Viseellae nicht bei Möderbruck, sondern 3 mp. nördlich
davon. Es kann nur das eine oder das andere wirklich der
Fall sein; beides annehmen zu wollen, wie Ivohn thut, ist un
möglich.
Setzen wir nun zuerst den Fall, Tartursana habe an der
Stelle des heutigen Hohentauern gelegen, so entfällt Viseellae
nicht auf Möderbruck, sondern 3 mp. nördlich davon. Dann
stehen wieder zwei Möglichkeiten offen. Entweder man hält an
der Zahl XII für die mangelnde Ziffer bei Viseellae fest; sodann
kommt Ad pontem nicht nach Furt, sondern nach Pichl, das
nördliche Noreia nicht nach Scheifiing, sondern nach Teuffen-
bacli zu stehen, der Umweg von 4 mp. muss dann gestrichen
werden, und die gesammte Weglänge Virunum—Ovilava beträgt
nicht 157, sondern 153 mp., lauter Consequenzen, die wir ohne
Bedenken annehmen würden, wenn nicht noch eine letzte Con-
sequenz diese Annahme unmöglich machte. Es entfiele nämlich
dann Surontium nicht auf Trieben, sondern 3 mp. westlich davon,
da es nach der Tabula von Tartursana (Hohentauern) X mp.
absteht, die factische Entfernung jener heutigen Orte aber 7 mp.
ausmacht. Es müssten also folgerichtig entweder alle folgenden
Stationen 3 mp. weiter von Virunum abstehen als Kolm dar
stellte, oder es' müsste eine der Meilenzahlen geändert werden,
entweder die von Surontium aus X in VII, oder die von Stiriate
aus XV in XII, was gegen die oben genannte Voraussetzung
ist und auch an sich schwierig wäre.
Die andere Möglichkeit im ersten Falle unserer Alternative
ist, dass man ungeachtet des oben öfter Bemerkten an dem
Umwege der Strasse und an dem Ansätze Ad pontem-Furt
festhielte. Dann wären von Viseellae (in dem oben angenommenen
Falle 3 mp. nördlich von Möderbruck) nach Ad pontem nicht
XII sondern XV mp., es müsste bei ersterer Station die man
gelnde Ziffer mit XV ergänzt werden und folgerichtig käme
Surontium nicht auf den 85., sondern auf den 88. Meilenstein
von Virunum zu stehen. Daraus würde wieder folgen, dass
man, um die Identität der Stationen des Itinerars und der Tabula
herzustellen, bei der Station Sabatinca statt der Correctur XXVIII
die Correctur XXXI, oder bei Candalicae statt XXVII XXX
Ernolatia.
543
einstellen müsste; in dem einen dieser Fälle würde die Beweis
ziffer des Pariser Codex D, im andern die Identität von Candalicae
und dem südlichen Noreia entfallen. Endlich würde sicli zum
Schlüsse zeigen, dass auch bei dieser Annahme die Meilenzahlen
der nördlich von Surontium gelegenen Stationen nicht stimmten ;
es müsste auch an diesen, sei es bei Surontium oder Stiriate
eine Correctur jener Art vorgenommen werden, wie sie oben
bezeichnet wurde.
Der zweite Fall der Alternative führt zur Annahme, dass
Viscellae in der That bei Möderbruck zu suchen sei. Dann
entfiele Tartursana nicht auf Hohentauern, sondern 3 mp. süd
lich von diesem, etwa an die Stelle, wo die Tauernstrasse ab
wärts gehend zum ersten Male den Pölsbach übersetzt. Der
Tauernübergang erlangte in dieser Form wenigstens insoferne
eine den Angaben der Tabula entsprechende Eintheilung, als
von dem freilich nicht auf der Jochhöhe gelegenen Tartursana
bis Viscellae (Möderbruck) einer- und bis Surontium (Trieben)
andererseits die Distanzen zutreffen; man kam von dem so
gelegenen Tartursana wirklich in ü mp. nach Viscellae, in 10 mp.
nach Surontium. Aber es ist ganz unwahrscheinlich, dass man
die Station Tartursana fast fünf Viertelstunden Weges unter
halb der Jochhöhe angebracht haben sollte, an einer Stelle, wo
das Engthal des Pölsbaches steil abwärts führt. Auch könnte
diese Bestimmung nur mit dem Zugeständnisse angenommen
werden, dass Ad pontem bei Furt lag, also die Strasse den
öfter besprochenen Umweg gemacht habe. Würde man, um
letzteren nicht annehmen zu müssen, zwar diesen streichen, aber
die Ziffer XII für Viscellae beibehalten, so käme die Station
Ad pontem mit dem Murübergange 3 mp. westlich von Pichl,
d. i. in die Nähe von St. Georgen zu stehen, das von Pichl
nur 3 3 /, mp. entfernt ist. Die weitere Folge wäre, dass das
nördliche Noreia, welches ja XIII mp. von Ad pontem gegen
Westen lag, weder mit Scheifling noch mit Teuffenbach,
sondern mit einem Punkte zusammenfiele, der 3 mp. westlich
von Teuffenbach lag und noch oberhalb Trojach einfällt. Daun
würde die Strasse westlich einen ähnlichen Umweg gemacht
haben, wie sie nach Kohn östlich bei Furt macht. Auch
wäre eine solche Bestimmung von Noreia ganz gegen Kohn’s
Ansicht.
544
Kenne r.
Alle diese Fälle führen also zu Widersprüchen mit den
von Letzterem selbst ausgesprochenen Voraussetzungen, ein
neuer und vollgültiger Beweis, dass die Ziffer XII für die
mangelnde Distanz bei Viscellae nicht die richtige sei. Zu
wundern ist nur, dass Kolm den Widerspruch, den die
überlieferten Zahlen gegen seine Bestimmungen äussern, gänz
lich ignorirt hat.
Es fragt sich weiter, ob die Lösung der vorhandenen
Schwierigkeiten durch Anwendung einer andern neuen Ziffer,
die bei Viscellae einzustellen käme, besser erreicht würde.
Man könnte nun nur auf eine solche rathen, durch welche zu
gleich die Differenz der Weglänge der Tabula mit der wirk
lichen ausgeglichen würde. Jede grössere Ziffer würde ja wieder
eine Differenz schaffen, nur dass das Plus dann auf die Tabula,
nicht auf die wirkliche Weglänge entfiele; jede kleinere Ziffer
würde dagegen zur Folge haben, dass man um den Rest der
Differenz unterzubringen noch eine zweite Correctur an einer
andern Meilenzahl vornehmen müsste, was mit den grössten
Schwierigkeiten verbunden wäre. Die Differenz der Weglänge
der Tabula gegen die wirkliche zu 153 mp. beträgt 8 mp.
Setzen wir also die Ziffer VIII bei Viscellae ein, indem wir
zugleich den Murübergang nach Pichl versetzen, so trifft jener
Ort auf eine Stelle 1 mp. unterhalb Möderbruck, Tartursana
4 mp. unterhalb Hohentauern, Surontium 1 mp. oberhalb Trieben
ein. Ferner müsste im Itinerar an der ersten und dritten Distanz
eine Correctur vorgenommen werden, durch welche Sabatinca
mit Surontium — d. h. nach dieser Voraussetzung mit dem
81. Meilensteine — zusammenfiele. Diese Correctur wäre 13 mp.,
die man wie immer auf Distanz 1 und 3 vertheilen könnte,
ohne auch nur einen sicheren Anhalt dafür aufführen zu können.
Man würde also mit dieser Ziffer genöthigt werden zu einer
sehr unpassenden Eintlieilung der Stationen und zu einer will
kürlichen Behandlung der Meilenzahlen des Itinerars.
Gerade jene Distanz des letzteren aber, an der eine be
deutende Correctur vorgenommen werden müsste, — Saba
tinca XVIII — darf nicht angetastet werden. Ich gehe damit
auf den zweiten Grund über, welcher für meine Ansicht
spricht, dass eine neue Distanz bei Viscellae nicht eingestellt
werden dürfe.
Ernolatia.
545
Das Itinerar nennt in der Aufeinanderfolge seiner Ab-
standszahlen (XX , XXX , XVIII , XXX , XX , XX) vom
50. Meilensteine weg eine kleine Ziffer XVIII, die von der
vorhergehenden und nachfolgenden sich scharf abhebt und
auch hinter den übrigen zurückbleibt. Eine ähnliche Erschei
nung bietet die Tabula (XIIII, XIII, XIII, XIIII, IX , X ,
XV , XV , VIII, XII , XI, XI), nur dass hier die zwei klei
neren Detaildistanzen IX und X vom 54. Meilensteine an be
ginnen und um 1 mp. mehr ausmachen als die entsprechende
Distanz des Itinerars. Der Unterschied von 5 mp. kann gegen
die hier offenbar vorhandene Concordanz nichts beweisen, da
wir ja wissen, dass die Gfesammtheit der Meilenzahlen des
Itinerars gegen die wirkliche Weglänge um ein bedeutendes
zu klein ist und einzelne Distanzen in jedem Falle einer Cor-
rectur bedürfen. Vielmehr, es wird jener Unterschied von 5 mp.
uns ein Fingerzeig sein, um wie viel die erste oder zweite
Distanz geändei’t werden müsse. Da die zweite zu 30 mp. keine
Erhöhung duldet, kann nur die erste Distanz (Candalicas XX)
es sein, an der die Correctur vorzunehmen ist. Erhöhen wir
sie um jene 5 mp., so erhalten wir für die vier ersten Distanzen
des Itinerars die Zahlen: XXV , XXX , XVIII, XXX. Nun
ist die Concordanz beider Strassenverzeichnisse um vieles klarer;
im Itinerar beginnt am 55., in der Tabula am 54. Meilensteine
von Virunum eine fast gleiche und zwar auffallend kleine Tag
reise, deren Endpunkt in beiden auf den 73 Meilenstein entfällt.
Schon in meiner zweiten Bearbeitung habe ich auf die Wichtig
keit dieser Concordanz hingewiesen und an zwei Stellen (S. 371
und 387) ausdrücklich bemerkt, dass die Meilenzahl bei dem
Ortsnamen Sabatinca in keiner Weise geändert werden dürfe.
Wenn also Kohn sagt, dass die meisten seiner Vorgänger
,mit Kenner' sich entschlossen hätten, diese Meilenzahl durch
Correctur auf XXIII zu erhöhen, so ist dies offenbar unrichtig.
Nur die Voraussetzung, dass er, wenn er länger gelebt und
die Schlussredaction seiner Arbeit selbst hätte vornehmen können,
diese Bemerkung richtig gestellt haben würde, hält mich ab,
mich so über sie auszusprechen, als sie verdiente.
Es besteht also augenscheinlich eine Concordanz zwischen
beiden Strassen-Verzeichnissen, indem sie vom 54. und 55.
Meilensteine von Virunum weg eine auffallend kleine Distanz,
546
Kenner.
das Itinerar von 18, die Tabula von 9 + 10 mp. anmerken.
Dies stimmt nun genau mit der thatsächlich existiren-
den Beschaffenheit des Terrains airf der Strecke über
ein, welche nach den Meilenzahlen der Strassen-Verzeichnisse
dabei in Betracht kommt.
Nach den Höhenbestimmungen in Stei ermark von Z o 11 i k o f e r
und Gobaunz (Graz 1864), auf welche mich Herr Hofrath
J. M. Ritter von Becker aufmerksam zu machen die Güte
hatte, finden wir unter den hier anzuführenden Bestimmungs
nummern folgende, unsere Strasse betreffende Punkte angeführt:
Wr. Kuss
Seeliölie
a) Bestimmungs-Nr. 1379: Murspiegel bei Unzmarkt . 2250
b) „ 556: Enzersdorf 2485
c) „ 554: Unter-Zeiring 2812
d) ,, 551: St. Johann im Tauern . . 3213
e) „ S. 16: Hohentauern 3957
f) „ 1610: Dorf Trieben 2074
g) „ 1329: Ensspiegel bei Lietzen . . 2023
Demnach beträgt die gesammte Erhebung vom Murspiegel
bis Hohentauern 1707 Fuss; bis Enzersdorf erhebt sich die
Strasse 235, von hier bis Unter-Zeiring (2 mp. = 48 Minuten
Weges südlich von Möderbruck) 327, von hier bis St. Johann
401, von hier bis Hohentauern 744 Fuss. Da ferner von Unz
markt bis Enzersdorf 8 mp. Weges sind, beträgt die Erhebung
rund 5 Klafter auf 1 mp. (= 780 Klafter) oder je 1 Klafter
auf 156 Klafter Weges ; von Enzersdorf bis Unter-Zeiring sind
5 mp. (1 Meile) Weges, es beträgt also die Steigung auf dieser
Strecke durchschnittlich öö'/j Fuss auf 1 mp., d. i. 1 Klafter
Steigung auf 72 Klafter Weges. Von Unter-Zeiring bis St. Johann
sind 7 1 / 2 , rund 8 mp; die Steigung macht hier 50 Fuss auf
1 mp., oder 1 Klafter Steigung auf 93 3 / s Klafter Weges. Eben
so gewinnen wir für die Strecke von St. Johann bis Hohen
tauern (6 mp. Weges) 124 Fuss auf 1 mp. oder 1 Klafter
Steigung auf rund 32 Klafter Weges. Von der anderen Seite
erhebt sich die Strasse von Lietzen bis Trieben (15 mp.) 56 Fuss
oder auf 1 mp. kaum 4 Fuss. Von Trieben bis Hohentauern
hingegen steigt sie in 7 mp. 1883 Fuss, d. i. 269 Fuss in 1 mp.
oder 1 Klafter Steigung auf 17 Klafter Weges. Ich stelle hier
Ernolatia.
547
diese Angaben übersichtlich zusammen, indem ich nach der Be
zeichnung der Strecken zunächst die Ziffern anführe, welche der
Erhebung von einem Orte zum andern gelten, hierauf jene Ver-
hältniss- Angabe, welche die auf eine Klafter Steigung entfallenden
Klafter Weges bezeichnen : Von
Unzmarkt bis Enzersdorf,
Enzersdorf b. Unterzeiring,
Unterzeiring bis St. Johann,
St. Johann bis Hohentauern,
Lietzen (Ensspiegel) b. Trieben,
Trieben bis Hohentauern,
8
5
8
6
15
7
mp.
235 F. d. i. 1:156
„ 327 „
(rund) 401 „
» ' 744 „
„ 56 „
„ 1883 „
1: 72
1: 93%
1: 32
1:209 (rund)
1 : 17
Wenn wir die in letzter Reihe angegebenen Zahlen ver
gleichen, so sehen wir ziffermässig das Verhältniss des südlichen
zum nördlichen Anstieg auf das Tauerngebirge ausgedrückt. Da
die Erhebung vom Murspiegel bei Unzmarkt bis Enzersdorf un
bedeutend ist, so kann diese Strecke noch als eben betrachtet
werden. Von Enzersdorf weg wird die Steigung doppelt so gross.
Hier kann der Beginn des südlichen Anstieges auf den Tauern
angenommen werden. Dieser Anstieg ist von Enzersdorf bis
Hohentauern d. i. bis zum äussersten nordöstlichen Ende der
Jochhöhe 19 mp. lang, die Strasse erhebt sich auf dieser Strecke
1472 Fuss. Der nördliche Anstieg beträgt nur 7 mp. und erhebt
sich dabei 1883 Fuss. Es ist also der südliche Anstieg fast
dreimal so lang als der nördliche und dem entsprechend be
deutend weniger steil. Doch ist die Erhebung auch hier nicht
unbeträchtlich; von Enzersdorf bis Unter-Zeiring beträgt sie nahe
zu die Hälfte des südlichen Steilanstieges (St. Johann—-Hohen-
tauern), dafür ist sie von Unter-Zeiring bis St. Johann, also auf
der zweiten Strecke, wieder geringer, sie beträgt nur 1 / 3 des
südlichen Steilanstieges.
Ich behalte mir vor weitere Folgerungen aus dieser Terrain-
besehaffenheit für die Bestimmung der Stationen zu ziehen, und be
gnüge mich an dieser Stelle zu constatiren, dass von Enzersdorf an,
d. i. zwischen dem 54. und 55. Meilensteine von Virunum weg,
die Strasse durch 19 mp. und zwar erst mässig, dann steiler sich
erhebt, bis sie auf das Joch gelangt. Itinerarium und Tabula ent
halten nun gleichfalls vom 54. und 55. Meilensteine an genau
dieselbe Distanz, die nach ihrem geringen Ausmasse auf Terrain-
548
Kenner.
Schwierigkeiten hinweist, welche ebendort thatsächlich vorhanden
sind. Die Concordanz der beiden Strassenverzeichnisse wird
also durch das Zutreffen der natürlichen Gestaltung des Bodens
auf der entsprechenden Strecke in auffallender Weise unterstützt.
Um so weniger darf sie zerstört werden; sie bildet vielmehr
für die Bestimmung der römischen Strassenführung von Virunum
nach Ovilava einen der werthvollsten Anhalte vermöge der Sicher
heit, die sie gewährt.
Kohn tadelte nachdrücklich an meiner früheren Bearbei
tung, dass sie die Schlussdistanzen unserer Route in beiden
Verzeichnissen geändert habe, obwohl dieselbe durch ihre
UebereinStimmung gesichei’t seien. Wir werden sehen, dass die
Terrainverhältnisse dort grössere Zahlen als die überlieferten
verlangen. Wenn nun Kohn so viel auf Concordanzen in den
beiden Strassenverzeichnissen hielt, dass er sie gewahrt wissen
wollte auch im Widerspruch mit der Bodenbeschaffenheit, so
darf man erwarten, dass er auf sie um so mehr Gewicht ge
legt haben werde, wenn wie in unserem Falle die Terrainver
hältnisse nicht gegen, sondern vielmehr für sie sprechen. Das
geschieht aber nicht; ja er übergeht diese Concordanz ganz
und gar. Nicht mit einem Worte erwähnt er ihrer. Ohne auch
nur eine Bemerkung gegen sie zu machen, vernichtet er sie,
indem er bei Viscellae die Zahl XII einstellt. Dadurch werden
die Anfangspunkte der Concordanz, welche doch nahe zusam
men fallen sollten, aus einander gerissen. Sein Monate entfällt
in Folge des öfter genannten Umweges auf den 57., das corre-
spondirende Viscellae der Tabula auf den 66. Meilenstein von
Virunum weg. Ich glaube, diese Bemerkung spricht laut genug
gegen die Art seines Vorgehens.
Aber nicht blos durch Einstellung der Zahl XII, sondern
auch der Zahl VIII würde diese Concordanz und deren Zu
sammentreffen mit dem südlichen Anstieg auf den Tauern
verloren gehen. Es darf also —• darin besteht das Ergebniss
unserer bisherigen Untersuchung — die ausgefallene Mei
lenzahl bei Viscellae nicht durch eine neu einzu
schaltende Ziffer ergänzt, sondern es muss dieser Ausfall
in einer andern Weise erklärt werden.
Eine andere Consequenz, die aus der eben aufgestellten
Betrachtung sich ergibt, besteht darin, dass sich für Viscellae
Ernolatia.
549
die Lage genau bestimmen, für Noreia die schon bestimmte
controliren lässt. Ersteres muss nahe an jener Stelle gelegen
haben, wo der südliche Anstieg auf den Tauern begann. Beide
Strassenverzeichnisse nennen von ein und derselben Station
Gabromagus 30 mp. gegen Virunum zu verschiedene Ortsnamen,
die nach dieser Entfernung auf denselben Punkt entfallen
müssen, das Itinerarium Sabatinca, die Tabula Surontium.
Weiter verzeichnet ersteres von Sabatinca gegen Virunum in
einem Abstande vom XVIII mp. die Station Monate, letzteres
von Surontium weg in gleicher Richtung und in einem Abstand
von XIX mp. Viscellae. Daraus folgt, das Monate und Viscellae
1 mp. von einander entfernt waren und dass letzteres um 1 mp.
näher gegen Virunum zu lag. Mittelst einer ganz zulässigen
Correctur im Itinerar konnten wir Monate auf den 55. Meilen
stein bestimmen, was nahe mit Enzersdorf zusammen trifft;
sodann lag Viscellae am 54. Meilensteine, d. i. bei Sauerbrunn.
Beide Stationen kommen in der That an den Beginn des süd
lichen Anstieges auf den Tauern zu stehen. Ferner hat sich
gezeigt, dass das gütige Noreia auf den 40. Meilenstein von
Virunum entfalle; es muss also 14 mp. von Viscellae gelegen
haben. Dies trifft nun mit dem Abstand von Teuffenbach und
Sauerbrunn zusammen, aber auch nur in der nächsten Nähe
von Teuffenbach kann dann Noreia gelegen haben; jede andere
Bestimmung würde gegen die viel besprochene Concordanz
verstossen. Darum kann Noreia auch nicht bei Scheifling, das
nur 11 bis 11 V 2 mp. von Sauerbrunn abliegt, angesetzt werden.
Wenn endlich die Tabula schon bis zur Station Ad pontem
54 mp. 1 von Virunum zählt, also einen Abstand erhält, welcher
vielmehr der thatsächlichen Entfernung von Virunum bis Vis
cellae entspricht, d. i. bis Sauerbrunn, das von der Mur land
einwärts liegt und daher nicht mit einer Brücke über diesen
Fluss versehen gewesen sein kann: so folgt daraus wieder,
dass die bei Viscellae ausgefallene Distanz keine neue sein
könne, sondern eben in der letzten Meilenzahl, in jener von
Ad pontem, inbegriffen sein müsse, und dass hier einfach ein
Versehen des Copisten vorliege.
1 14 -f- 13 -f 13 -f- 14.
Sitznngsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. III. Hft.
36
550
Kenner.
Bevor wir den Versuch unternehmen, dieses Versehen zu
erklären, haben wir noch die Bestimmungen zu erwägen, welche
Mommsen im Corpus Inscriptionum Latinarum angedeutet hat.
Matucaium wird, wie schon bemerkt, in die Nähe von
Treibach versetzt; ,Candalicae deinde videntur fuisse prope
Einöddorf, ubi tituli non pauci eruderantuD 1 und ,quae sequitur
Noreia, secundum mensuras collocanda prope Neumarkt prope
quod in pago s. Georgii repertus est lapis a Viruno 26 mp., saepe
nominatur ab auctoribus, qui septimi urbis saeculi res illustrarunt'.
Der St. Georgner Meilenstein zeigt, wie schon oben ge
sagt wurde, die Meilenzahl XXXII; aber auch wenn die
Lesung XXVI sich bestätigt hätte, würde sie sich für die Be
stimmung der Lage von Noreia an der Stelle von Neumarkt
nicht ausbeuten lassen, weil letzteres von Virunum 33 mp. ab
steht, die Meilensteine aber eben von dieser Stadt aus, als der
wichtigeren, rechneten. Uebrigens folgt aus der Bestimmung
von Noreia auf Neumarkt mit Nothwendigkeit eine Correctur
der Tabula. Diese gibt die Entfernung von Matucaium nach
Noreia auf XIII mp. an, während Neumarkt von der Stelle
des ersteren XVI1II mp. abliegt. Die Distanz von Noreia wird
also durch Mommsens Ansatz um 6 mp. erhöht.
Dafür streicht Letzterer das nördliche Noreia, er betrachtet
dessen Namen als irrthümliche Wiederholung, bewahrt aber
die dort angemerkte Distanz von XIII mp. Mit dieser gelangt
er von Neumarkt nach Unzmarkt, wohin er Ad pontem verlegt
(,nam ex statione quae post Noreiam sequitur ad pontem,
scilicet per quem transibatur fluvius Mur, quae statio fuerit
necesse est prope Unzmarkt, non habemus nisi unum titulum/)
Die Meilenzahl von Ad pontem (XIIII) auf Viscellae beziehend
gelangt Mommsen, indem er die Strasse bei Unzmarkt auf
das linke Murufer überführt, mit dieser Zahl in die Gegend von
Unter-Zeiring, etwa 2 mp. südlich von Möderbruck. Allerdings
ist dies im Texte des Corpus nicht ausgesprochen, weil eben
keine Inschriften aus dieser Gegend bekannt sind, aber in der
Karte erscheint neben Viscellae Zeiring eingeklammert, offenbar
doch zur Orientierung der Lage des ersteren. Diesem entspricht
auch der wirkliche Abstand, zu 14 mp. von Unzmarkt aus.
1 Nr. 5043—5049.
Ernolatia.
551
Tartursana wird gleichfalls nicht erwähnt. Nach der Be-
stimmung von Viscellae auf Zeiring und der Meilenzahl der
Tabula (IX) entfällt es auf einen Punkt der 5 mp. von Hohen-
tauern abwärts gegen Süden zu liegt, kam also nahe von
St. Johann im Tauern zu stehen. Folgerichtig müsste Surontium
mit X mp. auf eine Stelle entfallen, welche 2 mp. oberhalb
Trieben liegt. Allein da nach Mommsen (p. 682) ,post summam
alpem quae prima est statio Sabatinca vel Surontium paullo
infra (sic) Rottenmann et secunda Stiriata fere prope Lietzen'
lagen und da Stiriate 15 mp. von Surontium und Lietzen eben
soviel von Trieben entfernt ist, endlich da auf der Karte des
Corpus bei Surontium der Ortsname Trieben eingeklammert
erscheint, so hat Mommsen diese beiden Stationen als zu
sammenfallend mit dem Dorfe Trieben erachtet. Er hat also
für den Uebergang über den Tauern 2 mp. mehr angenommen
als die Tabula verzeichnet; diese nennt von Viscellae bis
Surontium 19 mp., während die ihnen nach Mommsen ent
sprechenden heutigen Orte, Ünter-Zeiring und Trieben, 21 mp.
von einander entfernt sind. Die übrigen Distanzen der Tabula
findet Mommsen zutreffend; wir werden darauf zurückkommen.
Aus dieser Führung der Strasse ergeben sich nachstehende
Folgerungen. Mommsen hat dieselbe Weglänge von Virunum
bis Ovilava wie ich gefunden, 153 mp. 1 Das Minus der Tabula
(8 mp.) bringt er an zwei verschiedenen Punkten herein, indem
er die Distanz zwischen Matucaium und dem südlichen Noreia
um 6 (von XIII auf XIX) und den Tauernübergang um 2 mp.
erhöht. Demnach entfällt Surontium auf den 81. Meilenstein
von Virunum. 2 Da ferner die Station Sabatinca mit der letzt
genannten identificirt wird, und die überlieferten Meilenzahlen
des Itinerars bis dahin (XX , XXX , XVIII) zusammen nur
68 mp. ausmachen, müssen sie durch Correcturen auf 81 ge
bracht, also um 13 mp. erhöht werden. Indem Candalicae nach
Einöddorf versetzt wird, ist damit factisch die erste Distanz von
XX auf XXVII erhöht; die noch übrig bleibenden 6 mp. können,
da die zweite Distanz zu XXX mp. keine Vermehrung zulässt,
1 14 19 -f 13 -f- 14 -f- 21 (9 + 12 oder 11 + 10 statt 9 10) -f- 15
+ 15 -f- 8 ff- 12 -f- 11 -f- 11 == 153.
2 14 -J- 19 -f- 13 -f- 14 -f- 21 = 81.
36
552
Kenner.
nur bei der dritten (Sabatinca XVIII) Unterkommen; diese muss
also um 6 mp. d. i. auf XXIIII erhöht werden. Der noch übrige
Rest von 2 mp. wird wohl, ohne dass davon die Rede ist, der
letzten Meilenzahl zwischen Ovilava und Tutatio zugelegt worden
sein, wie ähnliches auch Kohn gethan hat.
Die in solcher Weise von Mommsen aufgestellte Com-
bination beruht auf der einzigen Voraussetzung, dass Noreia das
heutige Neumarkt sei. Er führt dafür jene Stelle Strabo’s an,
nach welcher Noreia von Aquileia aus auf einem Flusse in 1200
Stadien erreicht wurde, und in seiner Nähe Bergwerke von selte
nem Reichthume an Gold und Eisen lagen, welch’ letztere noch
heute bei Hüttenberg, also nahe von Neumarkt vorhanden sind. 1
Aquileia liegt von Virunum nach dem Itinerar 108 mp.
ab, wobei aber wahrscheinlich zwischen Larice und Santico 12
mp. ausgefallen sind; 2 in Wahrheit beträgt die Distanz 120 mp.
Rechnet man dazu 33 mp. Entfernung zwischen Virunum und
Neumarkt, so beträgt dessen Abstand von Aquileia 153 mp.
oder, 1 mp. zu 8 Stadien gerechnet, 3 1224 Stadien, wofür Strabo
recht gut in runder Zahl 1200 angeben konnte. Allein wie
oben (S. 529) gezeigt wurde, ist es durchaus wahrscheinlich,
dass nicht das nördliche Noreia durch Wiederholung in die
Tabula gekommen sei, sondern das südliche, daher der Name
des letzteren getilgt, jener des ersteren aber bewahrt werden
muss, so dass das gütige Noreia an das Murufer zu stehen kommt
und 40 mp. von Virunum, also 160 von Aquileia abstand. Dies
gibt 1280 Stadien. Wenn nun Strabo’s Angabe für so genau
genommen werden soll, dass man darnach Stationen der Tabula
zu bestimmen im Stande ist, dann darf man nicht voraussetzen,
dass seine 1200 Stadien nur als eine runde Zahl für 1280 zu
nehmen seien; zum mindesten würde er dann — wenn die Zahl
nur etwas genau hätte werden sollen — rund 1300 angegeben
1 ,Nune ibi flösse et auri et ferri fodinas uberrimas Strabo (5, 1, 8) refert
et eo usque negotiatores exeurrisse ab Aquileia indicat, errore addens,
Noreiam et Aquileiam flnmine jungi per stadia MCC navigabili.“
2 Noricum und Pannonia, Ber. und Mittb. des Wiener Alterth.-Ver. XI, S. 135,
Note 1.
3 Fr. Hultsch, griech. u. röm. Metrologie S. 300. 40 Stadien gleich 1 deutschen
Meile.
""
t — ■ in
Ernolatia. 553
haben. Entweder ist also Strabo’s Angabe als ganz genau zu
verstehen, dann kann sein Noreia nicht jenes der Tabula ge
wesen sein; oder sie ist nur eine beiläufige, dann kann sie gegen
über der ausdrücklichen, abweichenden Angabe der Tabula nicht
als Motiv zur Bestimmung des Ortes betrachtet werden, zumal
als von der Tabula eine weit genauere Kenntniss jener Gegend
erwiesen ist, als von Strabo, der in der berufenen Stelle seine
Unkenntniss des Landes auffallend dargethan hat.
Ein anderer Beweis gegen die Bestimmung von Mommsen
ist die unverhältnissmässige Grösse, zu welcher die Meilenzahl
des südlichen Noreia erhöht werden müsste, damit es auf Neu
markt entfiele. Sie müsste statt XIII, wie sie im Original ge
schrieben ist, XYIIII lauten. Auf unserer Strecke kennt die
Tabula kein höheres Ausmass für eine einzelne Distanz als
XV mp. Auch eine solche würde hier überraschen, da die Boden-
beschaffeuheit, der Uebergang über die Wasserscheide zwischen
Mur- und Draufluss, keineswegs von Schwierigkeiten; ganz frei ist.
In gleicher Weise, wie durch die von Kohn, wird ferner
auch durch die von Mommsen gewählte Aushilfe die oben be
sprochene Concordanz der Strassenverzeichnisse und deren Zu
sammentreffen mit dem südlichen Anstieg auf den Tauern zer
stört ; in seiner Reihe der Distanzen des Itinerars verglichen
mit der Correctur, welche er an der Tabula vornimmt, erkennt
man keine Spur mehr davon. Diese Concordanz aber zu ver
nachlässigen, dazu gibt der Ansatz von Noreia auf Neumarkt
ebensowenig Recht, wie die Ziffer des Pariser Codex D.
Was endlich die Eliminirung des nördlichen Noreia unter
gleichzeitiger Beibehaltung der entsprechenden Distanz und die
Beziehung der letzteren auf den nächstfolgenden Ortsnamen
Ad pontem, sowie die Beziehung der Meilenzahl von Ad pontem
auf den Namen Viscellis betrifft, so geht auch diese Auskunft
von der Voraussetzung aus, dass der Name des nördlichen
Noreia der vom Copisten der Tabula irriger Weise wiederholte
sei. Ich selbst habe früherhin diese Ansicht gehabt und die
falsche Vermuthung ausgesprochen, dass der Ortsname Viscellis
von dem Copisten irrthümlich statt vor, hinter Ad pontem ein
gestellt worden sei. Dies ist nun, wie schon wiederholt bemerkt
wurde, unrichtig; nicht das nördliche, sondern das südliche
Noreia ist der wiederholte Ortsname, das nördliche muss mit
554
Kenner.
seiner Meilenzahl erhalten bleiben, weil es an seinem richtigen
Platze steht. Es darf daher seine Distanz nicht auf Ad pontem
bezogen werden. Ebensowenig kann folgerichtig die bei letzterer
Station angebrachte Meilenzahl in die Lücke bei Viscellis ein
gerückt werden.
Damit fällt, um auch von diesem zu sprechen, der Mur
übergang bei Unzmarkt. Dieser ist schon aus einem andern
Grunde nicht annehmbar, aus einem Grunde, welcher bei der
strengen Wegführung der Römer volle Berücksichtigung verlangt.
Zwischen Unzmarkt und St. Georgen macht das Murthal
einen mächtigen Bogen, den ihm die es umstehenden Gebirge
vorschreiben. War nun die Brücke bei Unzmarkt, so musste
die Strasse am linken Ufer des Flusses die grössere äussere
Curve der Krümmung (Unzmarkt — Frauendorf—Unzdorf —
Scheiben—Pichlhofen) beschreiben. War dagegen die Brücke
bei St. Georgen, so brauchte sie nur die kürzere innere Curve
zu machen. Der Unterschied beträgt nach meiner Messung 1 mp.,
indem zwischen Unzmarkt und Sauerbrunn an der inneren
Curve 7 */ 2 > an der äusseren 8 '/. 2 mp. zurückzulegen sind. In
der That folgt die moderne Reichspoststrasse dieser kleineren
inneren Curve; ja die von Nieder-Wölz herabkommende Seiten
strasse tritt bei Unzmarkt auf das rechte Murufer über um
die innere Curve zu gewinnen und kehrt erst unterhalb von
deren Ende, bei St. Geoi-gen, als westlicher Zweig der Tauern
strasse wieder aufs linke Ufer zurück. Die äussere Curve wird
nur von einer Vicinalstrasse beschrieben, welche lediglich den
Zweck hat, die oben genannten Orte zu verbinden. (Vgl. Fig. 4).
Das Gleiche gilt auch für den Fall, dass man zwar das
.südliche Noreia nach Einöddorf versetzte, statt des nördlichen
aber Ad pontem mit der Distanz XIII einstellte und dabei
der Richtung der heutigen Reichspoststrasse folgte, so dass
letztere Station in die Nähe von Scheifling zu stehen käme.
Würde man hier die Murbrücke annehmen, so könnte man
sich zwar auf Untiefen berufen; nach Schmutz (Steir. Topo
graphie II 588) kann man den Fluss, wenn ihn nicht das
Schmelzen des Schnees oder anhaltender heftiger Regen ver-
grössern, bis in die Gegend von Scheifling durchwaten. Allein
dann würde die Strasse am jenseitigen Ufer eine noch grössere
Curve haben beschreiben müssen, als von Unzmarkt aus (Lind,
tzmsßM&eäi
Ernolatia. 555
Wolfersbach, Frauendorf, Unzdorf, Scheiben, Piclilliofen), nach
meiner Messung’ beträgt der Weg von Scheifling bis Sauerbrunn
an der äusseren Curve 13 '/. 2 , an der innei'n 11 1 / 2 mp. Es
ergibt sich daraus, dass eine mit dem Weg und der Fahrzeit
sparende Führung den Murübergang nicht wohl oberhalb
St. Georgen bewerkstelligt haben kann.
Dies sind die Gründe, welche mir auch die von Mommsen
aufgestellte Lösung unserer Frage nicht als genügend erschei
nen lassen.
Um zu dem Ausgangspunkt dieses Theiles unserer Unter
suchung zurückzukehren und den Murübergang zu bestimmen,
so kann dieser, wie sich eben zeigte, nicht oberhalb von
St. Georgen angenommen werden. Es ist nun ebenso unwahr
scheinlich, dass er unterhalb dieses Ortes lag. In der früheren
Bearbeitung habe ich ihn auf Pichl angesetzt, welches dem
sog. Pölshalse, d. i. dem kurzen Thalwege, der aus dem Mur
in das Pölsthal führt gerade gegenüber liegt, dabei 14 mp.
von Teuffenbach (Noreia) abstelit, wie die Tabula angibt, und
den äussersten Punkt bezeichnet, wo die Murbrücke gestanden
haben kann; jeder Schritt darüber hinaus schliesst einen Um
weg in sich, da von Pichl weg die Mur eine der Tauernstrasse
entgegengesetzte Richtung nach Südosten einschlägt. Diese Be
stimmung nehme ich hiermit zurück, aus demselben Grunde,
aus dem ich die Brücke auch nicht bei Unzmarkt gelten lassen
kann. Es beschreibt nämlich die Strasse, einer kurzen aber
jäh gegen Süden vortretenden Krümmung der Mur ausweichend,
auch hier einen Bogen und zwar im Gegensinne desjenigen,
der zwischen Unzmarkt und St. Georgen vorhanden ist, d. h.
wie in diesem letzteren Falle die längere äussere Curve am
linken, liegt im andern dieselbe am rechten Ufer. Von Teuffen
bach — '/2 m p. von diesem murabwärts — gelangt man, die
Brücke bei St. Georgen voraussetzend, in 14 mp. nach Sauer
brunn am südlichen Ende des Pölshalses; nimmt man die
Brücke bei Pichl an, so beträgt die Entfernung jener beiden
Orte 15 mp. Es wird also 1 mp. Weges erspart, wenn der
Uebergang über den Fluss bei St. Georgen angesetzt wird.
Es ist auch an und für sich sehr wahrscheinlich, dass
die heutige Tauernstrasse nicht blos auf den Abhängen des
Gebirges, wo nur eine Tracierung möglich ist, sondern auch
556
Kenner.
auf der Thalstrecke bis St. Georgen die Richtung der römischen
Strasse befolgt. Schon das spricht dafür, dass man im Murthale
in keiner Richtung, wie man immer die Strassenlinien ziehen
mag, eine zweckmässigere und dem Charakter der römischen
Wegführung entsprechendere als die der heutigen Tauernstrasse
findet. Wir werden daher mit der grössten Wahrscheinlichkeit
den Murübergang mit der Station Ad pontem bei St. Georgen
annehmen dürfen; diese Station lag also X mp. von Noreia
und IIII mp. von Viscellae entfernt.
Dadurch gestaltet sich unsere Aufgabe, die Erklärung der
Lücke bei Viscellae, um Vieles einfacher.
Wir haben zwischen dem 40. und 54. Meilensteine drei
Stationen: Noreia, Ad pontem, Viscellae, welche mit den heu
tigen Orten Teuffenbach, St. Georgen bei Unzmarkt und Sauer
brunn ganz oder nahezu zusammenfallen. Die ursprüngliche
Textierung der betreffenden Stelle in der Tabula muss nach
den Abständen dieser Stationen von einander gelautet haben:
Noreia . X . Ad pontem . IIII . Viscellis.
so dass von der überlieferten Zahl bei Ad pontem (XIIII) der
zweite Theil IIII ursprünglich nicht daselbst, sondern in der
nunmehrigen Lücke bei Viscellis gestanden hätte.
Es muss nun untersucht werden, ob eine solche Textierung
dem Gebrauche der Tabula nicht entgegen stehe; ferner muss
erklärt werden, wie es komme, dass auf einer Strecke von
14 mp., welche dem durchschnittlichen Ausmasse einer halben
Tagereise sehr nahe steht, ausser dem Anfangs- und Endpunkte
noch eine Zwischenstation (Ad pontem) genannt wird, dann,
wie es komme, dass in der Tabula gegen ihre Gewohnheit die
Distanz bei der Zwischen- statt bei der Schlussstation der
Strecke eingestellt wurde.
Was den ersten Punkt betrifft, bietet die Tabula mannig
fache Analogien dar. Dasselbe Blatt nennt von Vindobona nach
Carnuntum:
Vindobona . X . Villa Gai . IIII . Aequinoctio . XIIII .
Carnunto.
Vermuthlich ist hier wie in den folgenden Beispielen ein
Flussübergang und zwar der Uebergang über die Fischa ge-
Ernolatia.
557
meint, welche halben Weges zwischen Vindobona und Carnun
tum den Uferrand durchbricht und in die Donau mündet. 1
Auf dem dritten Segment der Tabula findet man die Reise
von Ravenna nach Ariminum mit dem Uebergange über den
Rubicon so dargestellt:
Ravenna . XI . Sabis . XI . Ad nouas . III . Rubico fl.
(Fluss eingezeichnet) XII . Arimino.
So wie man von der Villa Gai 4 mp. bis zum Uebergang
über die Fischa bei Aequinoctio und von hier noch X1III mp.
bis Carnuntum fahren musste, oder wie man im zweiten Falle von
Ad nouas 3 mp. bis zum Uebergang über den Rubicon, und
von dieser Stelle 12 mp. zurückzulegen hatte, um nach Ari
minum zu gelangen, ebenso hatte man auf unserer Strasse von
Viscellae 4 mp. bis zur Murbrücke und von dieser noch 10 bis
Nor eia zu fahren. Auch die Fahrt von Bononia nach Claterna
auf demselben Segment der Tabula enthält eine ähnliche Stelle;
die 10 mp. betragende Strecke wird so detaillirt:
Bononia . IIII . Isex fl. (Fluss) VI . Claterna.
Ebenso führt die Tabula von Fauo Furtune nach Sena
Galli an:
Fano Furtune . II . Matavrum . (der Ortsname getrennt
durch den eingezeichneten Fluss Matava [Metaurus]) VIIII .
ad pirum . Filumeni.
Ein anderes Beispiel bietet das erste Segment:
Nouiomagi (dabei der Fluss Patabus) . III . Ceuclum .
XXII . Blariaco . XII ; oder Segment VIII:
Sagaris fl. XX . XIX . flo Hyppium. Byleum flo . ii .
Zygum. flo IIII . Heraclea . XXX.
oder ebenda:
Alexandria troas . (Fluss) IIII . Sminthium . XV . Assos .
XXIIII . Gargara.
1 Gewöhnlich nahm man in früherer Zeit eine Inversion der Stationen an
(Vindobona . IIII . Villa Gai . X . Aequinoctio), weil zwischen Schwechat
und Fischamend, wohin nach den überlieferten Meilenzahlen Villa Gai
fiele, weder ein entsprechender Ort, noch Funde nachgewiesen werden
konnten. Die folgenden Analogien lehren aber, dass die Angabe der
Tabula richtig und die mutatio 10 mp. von Vindobona in Villa Gai lag,
Aequinoctio aber nur genannt wurde, weil vermuthlich ebendort eine durch’s
Thal der Fischa südlich führende Strasse mit dem Limes zusammentraf.
558
Kenner.
oder endlich auf Segment X:
Samosata .... Ad fl. capadocem . III . ad pon. Singe .
XXIIII'. Arubis . XXIIII.
In all diesen Fällen zeigen sich sehr kleine Distanzen
von II bis IIII mp., die immer in Verbindung mit Flussüber-
gängen stehen. Die betreffenden Punkte kann man bei den
geringen Abständen nicht als Wechsel- oder gar Nachtherberge
stellen betrachten, auch kann ihre Nennung' nicht den Grund
haben, dass hier überhaupt Flussübergänge bestanden, denn
viele andere Uebergänge werden von der Tabula keineswegs
in gleicher Weise speciell hervorgehoben. Es muss also ihrer
Nennung eine besondere Absicht zu Grunde liegen, die wohl
keine andere sein kann, als die Kreuzungspunkte mit anderen
Strassen, d. i. die Haltestellen der Post hervorzuheben, an denen
man diese verlassen konnte, um irgend einen andern Weg
weiter fortzusetzen, der eben am Flussübergänge mit der Post
strasse zusammentraf. In unserem Falle wenigstens war dieser
Grund der bestimmende, wodurch sich die zweite der oben
aufgeworfenen Fragen beantwortet.
Im Murthale weiter abwärts befanden sich Bergwerke auf
Eisen bei Eisenerz und Vordernberg, ein Bestandteil der
norischen Eisenminen, welche verpachtet waren. Nach den
Inschriften erscheint es als sehr wahrscheinlich, dass der Sitz
der obersten Verwaltung derselben im heutigen Kärnten, in
Virunum war.' Eine grössere Frequenz im Murthale selbst 2
und ein lebhafterer Verkehr mit Virunum musste die Folge da
von sein. Es war nun für alle, welche auf dieser Strecke
reisten, von Vortheil für die Hin- wie Rückfahrt, in der Station
Ad pontem eine Haltestelle und den Anschluss einer direct
ins untere Murthal führenden Strasse zu iinden, so dass sie
1 C. I. L. 4809 aus Hohenstein bei Pulst (Virunum) nennt einen Q. Septueus
Clemens als Conductor ferrariarum Noricarum zugleich mit drei Pro-
euratoren: Ti. Claudius, Cn. Octavius, beide Secundus, und Q. Septueus
Valens. Ein Stein in Friesach (5036) nennt einen Conductor Q. Calpur-
nius Phoebianus, ein anderer Stein in Tiefen (Kiirnthen) nr. 4788 einen
Conductor M. Trebius Alfius.
2 Es ist bezeichnend dafür, dass das Corpus Inscr. lat. aus dem Murthale
von Bruck bis Judenburg '24 Römersteine (Nr. 5460—5482) aufzuweisen
Vermag.
Ernolatia.
559
nicht nöthig hatten, den Umweg über die Station Viscellae zu
nehmen. Für diejenigen,-welche aus derb Uferlande von Noricum
ins untere Murthal und umgekehrt reisten, mag gleichfalls zur
Abkürzung des Weges eine directe Verbindung zwischen Vi
scellae und der unteren Mur über Furt bestanden haben, so
dass möglicher Weise schon in römischen Zeiten das Dreieck
der Strassen: Sauerbrunn — St. Georgen — Furt bestanden hat.
Doch gehörte davon selbstverständlich nur die eine Seite Sauer
brunn— St. Georgen zur Reichsstrasse, während die beiden
andern blos Vicinal- oder Municipalstrassen waren. — Fs war
nach dieser Einrichtung die Station Ad pontem weder Wechsel
stelle noch Nachtherberge, sondern eine Haltstelle, ihre
namentliche Aufführung in der Tabula aber als solche der
Gewohnheit derselben ganz entsprechend.
Was die dritte Frage betrifft, so glaube ich keineswegs,
dass der Copist willkürlich die beiden Abstände (X und 1III)
in eine Ziffer zusammengezogen und diese, sei es absichtlich
oder zufällig, hinter Ad pontem eingestellt habe; denn es lässt
sich ein genügender Grund dafür keineswegs geltend machen.
Ich vermuthe vielmehr ein ganz einfaches Versehen. Unterhalb
unserer Strassenlinie läuft in der Tabula jene hin, welche die
Reise von Varuno nach Ivavo darstellt (Fig. 2), so zwar, dass
gerade unterhalb Viscellis die Station Grauiacis und unterhalb
Ad pontem die Station Tarnasici zu stehen kommen, beide mit
den Meilenzahlen XIIII. Da war nun nichts leichter möglich,
als dass der Copist beim Einträgen der Distanzen zu den offen
bar früher geschriebenen Ortsnamen, von Zeit zu Zeit einen
Blick auf das Original werfend und die richtige Strassenlinie
verfehlend, die unter Ad pontem stehende Ziffer XIIII der
Station Tarnasici bei Ad pontem eingestellt hat. Eine Correctur
des Fehlers war gerade an dieser Stelle nicht thunlich. Wie
Fig. 2 zeigt, finden sich dort zwei Löcher im Pergamente, das
eine zwischen dem Namen Ad pontem und der Zahl XIIII, das
andere unter der Zahl bei Tarnasici. Indem die Schreibung
von Namen und Zahlen den Löchern ausweicht, beweist sie,
dass letztere im Pergamente schon vorhanden waren, als es für
die Abschrift der Tabula benützt wurde. Zwischen beiden Löchern
ist das Pergament dunkler, rauh und abgerieben, namentlich
bei der Zahl von Ad pontem, weshalb diese auch nicht so klar
560
Kenn er.
und deutlich hervortritt als die anderen Zahlen. Bei dieser
Beschaffenheit des Materiales mag' der Copist befürchtet haben,
durch Austilgung der fehlerhaften Zahl mittelst Abreibens mit
Bimsstein den Schaden noch zu vergrössern. Da überdies die
Zahl XIIII zur Summe der Detail-Distanzen bei Ad pontem
und Viscellis stimmte, mag er sich damit begnügt haben, bei
letzterem Orte keine Distanz einzustellen.
Die wie ich glaube auf sachliche und sichere Gründe sich
stützende Bestimmung der Stationen Noreia, Ad pontem und
Viscellae auf die oben genannten heutigen Orte, das Verhält-
niss der Entfernungen der letzteren von einander, das Vor
handensein eines Flussüberganges zwischen dem ersten und dritten
und das Zutreffen mehrfacher Analogien in Darstellung von
Flussübergängen auf der Tabula, ferner die Verkehrsverhältnisse
im Murthale selbst, endlich die Beschädigung der Tabula gerade
an der Stelle, wo Ad pontem und Viscellis eingestellt sind, —
alle diese von einander ganz und gar unabhängigen Umstände
bestätigen die Annahme, dass die ursprüngliche Fassung dieses
Passus in der Tabula. so gelautet habe, wie oben angegeben ist.
Nunmehr bei Viscellae angelangt und einen Blick auf die
Bestimmungen werfend, die wir kennen gelernt, findet sich,
dass die Versuche das Minus der Tabula auf der Strecke süd
wärts vom Tauern unterzubringen, verbunden sind mit der Be
seitigung des wichtigsten Kriteriums, welches uns die beiden
Verzeichnisse für die Führung in diesem Theile der Route an
die Hand geben; die einzige Concordanz, die sich südlich vom
Tauern findet und in der deutlichsten Weise durch das Zusammen
treffen mit dein südlichen Anstieg auf dieses Gebirge gestützt und
hervorgehoben wird, muss zerstört werden, sobald man, sei es wo
immer, zwischen Virunum und Viscellae jenes Minus unterzu
bringen sucht. Sie wurde von Mominseii und Ko hu fallen ge
lassen, obwohl dadurch die auf letzteren Ort nächstfolgenden
Meilenzahlen Schwierigkeiten verursachten, über die sich nament
lich Kohn, der doch sonst so grosse Stücke auf die Genauig
keit der Meilenzahlen der Tabula hält, allzuleicht hinaussetzte.
Auch gewahrt man nirgends einen zwingenden Grund zur
Beseitigung jener Concordanz. Vielmehr lässt sich aus Analogien,
welche die Tabula selbst darbietet und aus anderen Umständen,
die wir besprochen haben, der Anstand entfernen, den die
Ernolatia.
561
mangelnde Meilenzahl bei Viscellae bereitet. Südlich vom Tauern
ist man also nicht blos nicht genöthigt, sondern vielmehr gar nicht
berechtigt von den überlieferten Zahlen der Tabula abzugehen.
Die Ausgleichung der von ihr überlieferten mit der wirklichen
Weglänge kann daher nur nördlich vom Tauern erfolgen.
Mit diesem Ergebnisse setzen wir unsere Wanderung fort.
(Tartursanis IX., Surontio X.) Von Viscellae und
Monate weg hebt der südliche Anstieg auf das Tauerngebirge
an. Von den Steigungen, welche die Strasse hier machen musste,
war schon oben die Rede. Es sei hier nur wiederholt, dass sie
auf 19 mp. Weges (3 4 /.- Meilen) 1472 Fuss betragen. Anfäng
lich — bis St. Johann — ist die Erhebung nicht sehr bedeutend;
von hier an aber übertrifft sie, um bekannte Beispiele anzuführen,
die grössten Steigungen der Semmering- und Brennerbahn, welche
1 Klafter auf 40 Klafter Weges erreichen. 1 Es ist selbstver
ständlich, dass man eine so lange, stetig ansteigende Strecke
ohne Pferdewechsel nicht zurücklegen konnte. Die Bergfahrt
ward denn auch in zwei Theile zerlegt, von denen der eine 9,
der andere 10 mp. lang ist. Die Station am Schluss des ersten
wird in der Tabula Tartursanis genannt und kam nach der
Bestimmung von Viscellae auf Sauerbrunn, etwa '/ 2 mp. (12 Mi
nuten) Weges oberhalb von Möderbruck zu stehen.
Der Name ,Möderbruck' bezeichnet den Uebergang der
Tauernstrasse über den Brettsteinbach, welcher nahe bei diesem
Punkt sich mit dem vom Tauern herabkommenden Pölsbache
vereinigt, ln dem ersten Theile des Wortes ist noch eine Er
innerung an den alten keltischen Namen des Brettsteinbaches
enthalten, wie er lautete, bevor ihm dieser deutsche Name bei
gelegt wurde. Der in Deutschland erscheinende Ort und Fluss
Moder heisst in Urkunden der Zeit von 702 —1017 Mätra,
welchen Namen Bacmeister 2 mit dem gallischen Namen Mätröna
(— Marne) zusammenstellt. Dasselbe ist dann wohl auch der
Fall mit dem ,Moder' im ersten Theil des Namens Möderbruck ;
auch ein Moderbach, hinter dem Schöckel, in der östlichen
Steiermark, welcher bei Erzberg in die Raab fallt, 3 dann der
1 Nacli mündlicher Mittheilung des Chef-Ingenieurs ITrn. Adolf Doppler, der
den Bau der Brennerbahn leitete.
2 Keltische Briefe, herausgegeben von Otto Keller. Strassburg 1874, S. 119.
3 Schmutz, Steil*. Topographie II. 5(30.
Kenner.
562
Ort Möderndorf (Dorf an der ,Moder'), südwestlich von Bad
Hall, und das Modereck auf der Daclisteingruppe in Oberöster-
reicli dürfen hieher gezogen werden. Ich vermag allerdings
nicht anzugeben, wann zum ersten Male der Name Brettstein
bach auftaucht; vielleicht lässt sich solches nicht genau nach-
weisen. Jedenfalls aber ist der Name ,Müderbruck' sehr alt
und greift in eine Zeit zurück, da der Name des Wassers noch
nicht umgeändert war. Dies ist insofern wichtig für uns, als
sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen lässt, dass, wenn
zur Zeit der Abfassung unserer Strassenverzeichnisse hier
wirklich schon eine Ortschaft bestand, diese ebenso wie das
heutige Möderbruck, von dem Bache benannt war, der hier
übersetzt wurde; es wäre dann in der That hier nicht die
Stelle einen Ort mit ausgesprochen anderem Namen, wie Vi-
scellae oder Tartursana, unterzubringen.
Der letztere Name, den ich früher nach Männert und
Mone Tartusana las, während Mommsen und Kohn mit Recht
die Schreibung der Tabula: Tartursana vorziehen, bezeichnet
ein altes an einem Wasser oder Berge (Tai’) gelegenes Haus.
Diese Bedeutung hat der Name nach den Meistern der keltischen
Sprachforschung, die ich allerdings nicht zu controliren im
Stande bin; ob die zweite Silbe tu oder tur lautete, ist beinahe
gleich. Wenn Kohn meint, die von mir in der älteren Be
arbeitung angeführte Erklärung (altes Dorf an einem Berg oder
Wasser) werde dadurch beseitigt, dass man nach der Tabula
Tartursana, nicht Tartusana lesen müsse, so ist das nicht ohne
weiters zuzugeben. Wenn tu Dorf heisst, so finden sich in
Mone’s keltischen Forschungen vielfache Belegstellen dafür,
dass dur, dürre, dürr, tora, tura, irisch tuar, plur. turu Haus
bedeutet (p. 68, 137, 243 u. an anderen Stellen). Die Sylbe
Tar hingegen kommt vorzüglich für ein Wasser vor; es ist
nur eine Vermutlning Diefenbach’s, dass nach der inneren Be
ziehung von Berg und Wasser, Tar auch ersteren bezeichnen
könne. Uebrigens auch eingeräumt, dass in unserem Fall Tar
den Tauern bezeichne, was an sich ja wahrscheinlich ist, so
folgt daraus noch nicht, dass Tartursana am Scheitelpunkte des
Joches gestanden haben müsse. Schon der heutige Name
Hohentauern schliesst in sich den Gegensatz zu einem niedriger
gelegenen Orte gleichen Namens, der wahrscheinlich St. Johann
Ernolatia.
563
im Tauern ist, wie er seit der Erbauung eines Gotteshauses
genannt worden sein mag; seinen älteren Namen habe ich
nirgends nachgewiesen gefunden. Aber es steht zu vermuthen,
dass er Unter-Tauern oder einfach Tauern gelautet habe. So
findet sich auch am Radstätter Tauern auf der Jochhöhe das
Tauernhaus mit der Kirche, auf dem nördlichen Abhange der
Ort Unter-Tauern mit der heutigen Poststation. Dass Tauern
ursprünglich das Bergthor, also die Jochhöhe, die eigentliche
Uebergangsstelle im strengen Wortsinne bedeutet, kann nichts
entscheiden, da wir ja wissen, dass im Volksmunde dieser
Name im weiteren Sinne auf das gesammte Gebirge, auf den
Bach und die Ortschaften an demselben überging.
Allerdings sollte man erwarten, dass der Ort, in welchen
eine römische Station verlegt wurde, eher bei Möderbruck an
dem Zusammenflüsse der beiden Bäche zu suchen sei, wo auch
deren Thäler ineinander münden, als '/ 2 mp. weiter oberhalb.
Allein an und für sich ist die Strecke von mp. zu unbe
deutend, als dass sie weiter in Betracht kommen könnte, dann
haben wir es hier mit hochgelegenen Thälern zu thun, die in
ihrer weiteren Ausdehnung nur zwei ganz kleine Ortschaften,
Pusterwald und Brettstein, enthalten, bei deren Lage an einen
lebhaften Verkehr, der zu berücksichtigen gewesen wäre, wahr
lich nicht gedacht werden kann.
Die andere Strecke bis zur Jochhöhe hinan, zerfällt wieder
m zwei ganz gleiche Abtheilungen, in deren Mitte St. Johann
nn Tauern liegt; daselbst beginnt auch der südliche Steilabhang.
Von dem Punkte, wo unser Tartursana lag, sind bis St. Johann
5 mp.; auf dieser Theilstrecke ist die Erhebung, wie wir oben
sahen, noch geringer als von Viscellae nach Tartursana. Die
andere Theilstrecke begreift den Steilanstieg bis auf den Rücken
des Joches und beträgt von St. Johann aus, ebenfalls 5 mp.
Nach der Angabe der Tabula, die bis Surontio X mp. ver
zeichnet, kommt nun diese letztere Station 1 mp. westlich von
Hohentauern zu stehen. Dies ist eine vollkommen zulässige
Bestimmung. Denn Hohentauern liegt nicht am höchsten Punkte
des Rückens, nicht an der Wasserscheide zwischen Tauern-
und Pölsbach, sondern reichlich 1 mp. östlich davon (Vrgl. die
Zeichnung 5). Nach dieser Lage der römischen Stationen kam
der Beginn des südlichen Steilabhanges (bei dem heutigen
564
Kenner.
St. Johann im Tauern) genau in die Mitte der Strecke zu liegen:
wir werden, da eine Vorspann durchaus nothwendig war, um
den Steilabhang zu erklimmen, in dem heutigen St. Johann
die Stelle annehmen müssen, wo sie bereit stand und zwar
nicht blos für die Reichspost, sondern für alle Last- und
Personenwagen, welche den Tauern passirten. — Ueber das Zu
sammentreffen der Ortsnamen Sabatinca und Surontium wird
weiter unten gesprochen werden.
(Stiriate . XV.) Der nördliche Steilabhang ist nach dem
Wegmasse von 7 mp. (die Krümmungen eingerechnet) zu kurz,
um eine selbstständige Poststrecke darzustellen, und zwar auch
dann, wenn Surontium nach unserer Bestimmung 1 mp. westlich
von Hohentauern lag, die Fahrt über den nördlichen Steil
abhang also 8 mp. (1 3 / 5 Meilen) betrug. Wir werden am Fusse
desselben, bei dem Orte Trieben, so gut wie in St. Johann
am Tauern am Fusse des südlichen Steilabhangs, die Stelle
annehmen dürfen, wo für die Bergfahrt die Vorspann genommen
wurde. Keineswegs aber ist dort eine Poststation vorauszusetzen.
Die Distanz der Tabula, welche zur nächsten Station Stiriate
XV mp. anmerkt, Hesse sich damit durchaus nicht vereinigen.
Der Ortsname ,'Trieben* ferner ist keltischen Ursprunges, wie
Kohn hervorhebt. Treb heisst ,wohnen' (Bacmeister, Kelt.
Briefe S. 56), cymr. t.ref das Dorf, ebenso corn. tre, arm. treb
und tref, Treabhan das kleine Dorf, was Kohn selbst bemerkt.
Bacmeister führt als schlagenden Beweis die Uebersetzung
,Tribina villa' aus dem hohen Mittelalter an. Auch der Ortsname
Triebendorf bei Murau kann hiehergezogen werden, da wie in
vielen anderen Fällen, so auch hier der zweite Theil des Namens
die germanische Uebersetzung des ersten in sich schliesst. Lag
nun hier wie Kohn und Mommsen annehmen eine der Sta
tionen der Post (Surontium), so erhalten wir für dieses kleine
Dorf drei keltische Namen, den ursprünglichen: Treb, und
die in beiden Strassenverzeichnissen erscheinenden: Sabatinca
und Surontium. Das dürfte denn doch etwas schwer zu erklären
sein! Dagegen stimmt es trefflich, dass man mit 8 mp. von
Surontium nach dem heutigen Dorfe Trieben in’s Thal, mit
den folgenden 7 von hier fast eben aus nach dem heutigen
Städtchen Rottenmann gelangt, dem ersten bedeutenderen Orte
im Thale des Paltenbaches nach dem Uebergange über den
Ernolatia.
565
Tauern. Es ist dies einer jener Punkte, welche ihr Aufkommen
nicht einem speciellen Industriezweige, sondern lediglich der
günstigen Lage für den Verkehr verdanken. In der Mitte zwi
schen beiden Gebirgsübergängen, über den Tauern und Pirn,
und nahe an der Vereinigung zweier wichtiger Thäler gelegen,
des Ennsthaies und des Paltenbachthales, welch letzteres im An
schluss an das Thal des Liesingbaches die Verbindung mit dem
Murthale über Leoben darstellt, — in solcher Lage musste
Rottenmann ein Knotenpunkt des Verkehres werden, sobald
nur der Uebergang über das Tauerngebirge geschaffen und
die Ausbeutung der Eisenwerke um Vordernberg und Eisenerz,
sowie der Salinen im Salzkammergute und in Aussee begonnen
war. Zu römischer Zeit bestanden diese Bedingungen schon,
und es trifft damit zusammen, dass in Rottenmann wieder
römische Inschriften auftauchen, nachdem jenseits des Tauern
in Frauendorf, gegenüber von Unzmarkt, der letzte Fundort für
solche constatirt ist. Es sind von Rottenmann vier Grabsteine
bekannt, von welchen einer noch an der Kirche eingemauert
ist, die übrigen nach dem von Mommsen gegebenen Nach
weise nach Rottenmann oder doch in seine Umgebung gehören
(C. I. L. III 2 5636 — 5639).
(Gabromagi . XV.) In den beiden nächsten Stationen
ist der Uebergang über den Pirn inbegi’iffen. Von Lietzen selbst,
dem Kirchenpflaster, welches 2105 Wr. Fuss Seehöhe hat,
erhebt sich die Strasse bis zur Jochhöhe auf 2884 Wr. Fuss
(nach C. Kreil), sie steigt also von Lietzen 779 Fuss, odei’, da
der Weg bis dahin 7 mp. beträgt, I8V2 Klafter in einer römi
schen Meile, was eine Steigung von 1 Kl. auf rund 42 Kl.
Weg ;es ergibt. Die Erhebung ist hier geringer als jene über
den südlichen Steilabhang des Tauern. Gegen Norden zu fällt
der Weg von der Jochhöhe (2884 F.) bis Spital am Pirn
(2060 F.) 1 um 824 Fuss. Die Länge dieses Weges ist 4 mp.,
die Steigung beti'ägt hier 76 Kl. auf 1 mp., es entfällt also
1 Nach Franz Karl Ehrlich ,Oberösterreich in seinen Naturverhältnissen 1
S. 15 f. beträgt die Seehöhe von Spital am Pirn nacli C. Kreil 1060 F.
vom Posthaus. Offenbar ist hier ein Druckfehler unterlaufen und sollte
die Zahl 2060 F. heissen, da Windischgarsten schon 1996*5 F. über dem
Meere liegt.
Sitzungeber. d. pliil.-liist. CI. LXXX. Bd. III. Hft. 37
566
Kenner.
1 Kl. Erhebung auf rund 23 Kl. Weges. Von Spital am Pirn
bis Windischgarsten (Hannsfeld, 1996 F.) endlich fällt die
Strasse auf 4 mp. Weges um 64 F., was für 1 mp. 2 2 / 3 F.
und für rund 260 Kl. Weges 1 Kl. Senkung ausmacht.
Der Uebergang über den Pirn ist daher in kleinerem
Massstabe jenem über den Tauern ähnlich; der nördliche Ab
hang ist kürzer und steiler als der südliche; beide lassen sich
ohne Anwendung der Vorspann nicht bezwingen. Die Stellen
für diese waren die unmittelbar am Fusse der Steilabhänge
liegenden Orte, das heutige Lietzen mit seinen Römersteinen
un,d das heutige Spital am Pirn.
Von Stiriate (Rottenmann) ging der Weg in der ersten
Hälfte bis Lietzen fast eben aus, dann 8 mp. den südlichen
Abhang hinauf bis an die Wasserscheide, in deren Nähe am
XV. Meilensteine die Station Gabromagus lag. Dieser Name
ist nach Diefenbach und Mone von strittiger Bedeutung, so
dass man zwischen der Verdeutschung ,Ziegenhof' oder ,Gaisdorf'
und ,Rossfeld' schwanken konnte. Kohn, dessen Gabromagus
auf Windischgarsten entfällt, findet natürlich letzteren zu
sagender. Ich kann mir selbstverständlich nicht anmassen selbst
eine Entscheidung hierin zu treffen, da ich mich auf keltische
Sprachforschung nicht verstehe. Allein ich kann es anderer
seits nicht unerwähnt lassen, dass Baumeister in den schon
genannten keltischen Briefen den Namen Gabromagus einer
Prüfung unterwirft, die er um so sorgfältiger angestellt haben
mag, als er der Erklärung der mit Gabro zusammengesetzten
Namen den Ausruf vorausschickt (S. 57.): ,Was gäben wir
darum, wenn wir die Bedeutung dieser Orte gewiss wüssten'.
Dann sagt er, gabrus heisse vielleicht die Ziege, der Bock, die
Gemse. Gewiss sei, dass gabor caper bezeichne, sowie das
eymbr. gafr, die Ziege, corn. gavar, arm. gaffr, nord. hafr,
angelsächs. häfar, den Bock. (Vgl. d. franz. chevre, die Ziege.)
Man sieht, Baumeister weiss von einer Beziehung des Wortes
gavr auf ,Ross' nichts; der geistreiche und mit seinem Gegen
stände so vertraute Forscher würde dies sicher bemerkt haben,
wenn er ausreichende Gründe dafür gehabt hätte. Im Gegen-
theile, unmittelbar darauf das Pferd abhandelnd, bringt er nicht
einen Ausdruck vor, der mit dem Worte gavr irgend eine
Aehnlichkeit hätte. Fr findet im Irischen dafür ech, im Cymbr.
Ernolatia. 567
ep, ebawl, im Corn. ebol, ebel (Pferdfüllen), erwähnt aber des
,gavr' keineswegs. Man wird also vorläufig die Deutung dieses
Wortes auf ,Ross‘ dahingestellt sein lassen müssen, wenigstens
der durch so viele Analogien bezeugten Deutung auf Ziege sie
nicht vorziehen dürfen. Gleiches ist der Fall mit dem Worte
mag. Di efenbacli, der darüber ausführlicher gegen Holzmann
polemisirte (S. 228, 229), gibt selbst zu, .dass es sowohl Feld
als auch Hof bedeute; die Uebersetzung Montalomagensis vicus
deutet ausdrücklich auf einen Hof. Bacmeister, der nach
seinen eigenen Worten früher mag mit Breite und Gebreite,
also mit Feld gleichbedeutend erachtete, kam später, geleitet
durch mehrfache Analogien dahin, die Deutung auf Haus oder
Gebäude vorzuziehen (S. 57); lautlich stehe es dem gall. mag,
dem altsächs. makön, angelsächs. makian (verbinden, zusammen
fügen) gegenüber; ja Diefenbach (Sprachl. Documente I. 78)
bringt selbst die Stelle aus Beros. V ,Magum linqua Gallica
domificatorem dick bei. Es dürfte darnach auch in diesem
AVorte die Beziehung von magus auf Haus oder Hof oder Ort
mindestens ebenso, wenn nicht berechtigter sein, als jene auf
Feld.
Vom Gipfel des Pirn gelangt man mit 4 mp. zu seinem
nördlichen Fusse und mit abermals 4 mp. nach Windischgarsten,
auf welches Ernolatia entfällt.
(Ernolatia. VIII). Der Umstand, dass die hier gemachten
Ausgrabungen, welche ich in der früheren Bearbeitung eingehend
besprochen habe, auf eine Mansio hindeuten, was auch Kohn
zugibt, lässt, wie ich schon am Eingänge bemerkte, gerade an
diesem Punkte die Verschiedenheit unserer Ansichten am schärf
sten hervortreten, so zwar, dass hier gewissermassen die Ent
scheidung für die Richtigkeit der einen oder anderen Ansicht
liegt. Kohn erhält durch Einsetzung der Zahl XII bei Viscellae
für die Station Gabromagus 115 mp. Gesammtabstand von
Virunum, wobei sein Umweg von 4 mp. in Rechnung gebracht
werden muss, nach dessen Abzug 111 für diese Entfernung-
übrig bleiben. Ich erhalte einfach den Angaben der Tabula
folgend als Gesammtdistanz von Virunum nach Ernolatia 111
mp., was der wirklichen Entfernung zwischen Virunum und
dem heutigen Windischgarsten entspricht. An diesen Ort ver
legen Kohn und Mommsen Gabromagus, ich Ernolatia. An
37*
568
Kenner.
und für sicli ist es allerdings unwichtig, ob die Station in
Windischgarsten Ernolatia oder Gabromagus geheissen habe.
Aber für die Einteilung der Nachtherbergen und Wechsel
stellen auf unserer Strasse ist diese Frage von directem Ein
flüsse.
Sie hängt, wie schon in der Einleitung bemerkt wurde,
mit der andern Frage zusammen, ob jene 8 mp., um welche
die Weglänge der Tabula kürzer ist als die wirkliche, in einer
der Distanzen eingebracht werden könne, welche von Virunum
weg vor Gabromagus erscheinen, oder in jenen, die diesem
folgen. Ist Ersteres der Fall, dann kann Ernolatia, ist Letzteres
der Fall, dann kann Gabromagus nicht auf Windischgarsten
entfallen.
Es ist nun oben nachgewiesen worden, dass zwischen
Virunum und Surontium (Sabatinca) jene Differenz nicht unter
gebracht werden könne. Die nächstfolgende Distanz des Itinerars
Sabatinca—Gabromagus zu XXX mp. mit den Detaildistanzen
XV und XV in der Tabula lassen ebenfalls die Einstellung
nicht zu, da sie an sich schon die grössten Ziffern zeigen, die
auf dieser Strecke überhaupt erscheint. Die Correctur um die
es sich hier handelt, darf also in den vor Gabromagus gegen
Virunum zu angemerkten Distanzen nicht angebracht werden.
Damit ist nach meiner Ansicht der Namenstreit entschieden, so
lange wenigstens, bis nicht eine neue, auf andere und zwingende
Gründe gestützte Combination aufgestellt wird, welche die Mög
lichkeit und die Nothwendigkeit darthut, jene 8 mp. auf dem
Strassentheile südlich vom Pirn und Tauern einzuschalten. Bis
dahin halte ich an der Bestimmung von Ernolatia gleich Windisch
garsten fest und überlasse .es gerne Jedem, der meiner Dar
legung gefolgt ist, zu urtheilen, ob diese Bestimmung die (Kon
sequenz einer blossen Hypothese, wie mir Kühn bis zum Ueber-
drusse oft vorwirft, oder die Folgerung aus einer sachlich an-
gestellten Untersuchung sei.
Der Name Ernolatia wird von Diefenbach (Sprachl.
Documente I. 88) mit Arelate zusammengestellt. Letzteres,
sagt er, soll nach Boxh (42) ,am Moraste' bedeuten, von ar =
am und Cymbr. llaid = lutum, Brz. latar = liumidite, gael.
läthach = Sumpf. Gleichen Stammes sei vermuthlich Ernolatia,
welchen Namen Adelung (Mithridates II) anders erklärt, als
Ernolutia.
569
,ßergleite'. Ferner sei Ernus ein Gattungsname für einen Fluss,
der im Gallischen häufig vorkomme. Ernolatia bezeichnet dem
nach eine sumpfige Gegend, durch die ein Fluss läuft. Das
passt nun trefflich auf Windischgarsten und nur allein auf
diesen Ort unter allen andern, die auf unserer Iioute begegnen.
Dann konnte aber Gabromagus nicht ebenda liegen. Kohn
findet daher nicht blos diese Etymologie offenbar unzuverlässig,
ohne irgend einen Grund dagegen aufzuführen, sondern er wagt
sich sogar zu Behauptungen vor, die er lieber nicht hätte aus
sprechen sollen: es seien allerdings einige Teiche in der Nähe
von Windischgarsten, aber es sei dort ,durchaus' keine Sumpf
gegend. Auch sei weder der Tambach noch die Teichel ein
Fluss, Ernus als Flussname könne also auch keine Anwendung
auf sie finden. Nun ist allerdings heute kein eigentlicher Sumpf
in der vollen Bedeutung dieses Wortes dort mehr vorhanden,
wohl aber sprechen alle Anzeichen dafür, dass früher ein
solcher dort war. So finden sich auf verhältnissmässig kleinem
Umfange von etwa einer Meile dreizehn Teiche zu 6 und 7,.
aber auch zu 14 und 16 Joch Ausdehnung; die beiden letzteren
grösseren, der Haus- oder Hofbauernteich und der Egelbühel
teich liegen zwischen Spital am Pirn und Windischgarsten. 1
In der Gemeinde Edelbach, etwa eine halbe Stunde südöstlich
von letzterem Markte, — die Poststrasse führt durch sie —
Hiesst der Edelbach durch moosige Gründe, wie die hier öfter
vorkommenden Namen: Scheffermoos, Moosgiel, Pieglmoos be
weisen. Ebenso trifft man mit ,Egel' zusammengesetzte Namen
in der nächsten Nähe von Windischgarsten, wie Egelhof und
Egelbühel. Egel bezeichnet nach Mone (S. 70) ein sumpfiges
Thal, weshalb sich die Namen Egelbach und Egelsbach an
verschiedenen Orten einstellen. Als Beleg für die Richtigkeit
dieser Deutung weise ich auf den Namen ,Egelmoos' (in Ischl,
Obei’österreich) hin, dessen zweite Hälfte auch hier eine ger
manische Uebersetzung der ersten ist. (Vgl. Egelmoos zwischen
Füssen und Lechbruck am linken Ufer des Lech in einer gleich
falls wasserreichen Niederung). Endlich findet sich bei Windisch
garsten auch ein Torfmoor von 20 Joch Flächenraum, über
welches Dr. A. Pokorny, Berichterstatter der Commission zur
1 Pilhvein, Traunkreis S. 118, 119.
570
Kenner.
Erforschung der Torfmoore Oesterreichs, in den Verhandlungen
der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien (Jahr
gang 1860, S. 747 f.) einen Bericht des Herrn Dr. Karl Schieder-
mayr aus Kirchdorf mittheilt. 1 Dort heisst es über die Be
dingungen der Entstehung: Die meiste Wassermasse wird durch
den Edelbach zugeführt, welcher an der südlich gelegenen Hügel
kette nahe bei Spital entspringt und wegen geringen Gefälles
einen trägen Lauf annimmt, auf seinem Wege einige der früheren
Probstei Spital am Pyhrn gehörige, nunmehr aber aufgelassene
und mit Rohrbeständen durchwucherte Fischteiche ausfüllt, und
sich endlich im Moore verliert. Der Abfluss des Wassers ist
von dem wallartig aufgeworfenen, aus den rothen Schiefern der
bunten Sandsteinfonnation gebildeten linken Ufer des Tambaches,
welcher in der Richtung von Ost nach West, also senkrecht
auf die Richtung des Torfmoores das Thal von Windischgarsten
durchströmt, wie durch einen natürlichen Damm aufgehalten.
Die für das Wasser undurchdringliche Bodenunterlage wird durch
ein Thonlager gebildet, welches zwar auf dem Grunde des
Moores bis jetzt nicht erreicht, jedoch bei dem Baue des dicht
an der Reichsstrasse und ganz in der Nähe des Moores gelegenen
Wegmacherhauses nach Durchgrabung der 8 Zoll starken Humus
schichte in einer Mächtigkeit von 2 bis 2 ‘/ 2 Schuh aufge
schlossen wurde und daher in seiner Fortsetzung dem tiefer an
der Strasse gelegenen Torfe die Basis geben muss. Das süd
liche Ende, heisst es weiter, grenzt an die ausgedehnten
Sumpfwiesen und Rohrbestände, welchen der Edelbach
Nahrung gibt. Der Flora nach erweist sich das Torfmoor als
alpines Hochmoor und zwar als Eriophoreto — Calluneto —
Sphagnetum, welches unter den der Torfbildung günstigen Be
dingungen aus einem Arundineto — Caricetum entstanden ist.
Die jährliche Ausbeute belief sich zwischen 1857 und 1859 auf
105.000 Stück Torfziegel.
Nach diesen Bemerkungen wird man nicht mehr anstehen,
anzuerkennen, dass der sumpfige Charakter der Gegend von
Windischgarsten eine Thatsache, dass er nicht blos erst in
1 Auf denselben bin ich durch die Güte des Prof, und Directors des k. k.
Hof-Mineralien-Cabinetes Herrn Dr. Gustav Tschermak aufmerksam ge
macht worden.
Ernolatia.
571
neuerer Zeit entstanden, sondern uralt sei und daher in der
römischen ebenso, wenn nicht — was wahrscheinlich ist wegen
der geringen Bodencultur — noch ausgesprochener vorhanden
gewesen sei als in der neueren Zeit.
Was die Teichel betrifft, so führt sie allerdings den Namen
Fluss (auch schon in einer Urkunde von 1125 wird sie ,fluvius
Tyecha‘ genannt,) 1 erst auf der Strecke unterhalb Windisch-
garsten bis Steierling, nachdem sie sich mit dem Tambache
vereinigt und den See- und Pilslingbach aufgenommen hat.
Allein es scheint denn doch die Genauigkeit zu weit getrieben,
wenn man in einer, ein keltisches Wort betreffenden etymolo
gischen Ableitung darauf Gewicht legen wollte, oh ein fliessendes
Wasser nach unseren Anschauungen ein Fluss oder ein Bach
sei, und ob es erst von einer bestimmten Stelle aus den Namen
Fluss verdiene, endlich oh ein Fluss als solcher den Sumpf
durchzieht oder ob seine wichtigsten Zuflüsse erst durch einen
Sumpf gehen und dann zum Flusse sich vereinigen. Die beiden
Begriffe, welche der Name Ernolatia ausdrückt, lassen sich ja eben
so gut auf einen Ort deuten, der an einem Flusse lag, welcher
aus einem sumpfigen Terrain abfloss, als auf einen solchen, der
durch einen sumpfigen Landstrich floss. Gegeben sind nur die
Begriffe Sumpf und Fluss; in welch’ gegenseitiger Beziehung sie
zu denken seien, das ist lediglich Sache der Interpretation.
Der sehr bedeutungsvolle Anhalt, welchen die Etymologie
des Namens Ernolatia für die Bestimmung dieses Ortes an die
Hand gibt, ist also durch die oberflächlichen Bemerkungen
Kohn’s keineswegs beseitigt. Er besteht vielmehr fort und
spricht, da Dieffenbach’s Vermuthung durch die Bodenbeschaffen
heit in der nächsten Nähe von Windischgarsten eine treffliche
Bestätigung erhält, sehr vernehmlich für unsere Bestimmung.
(Tuta(s)tione . XII . Yetonianis . XI . Ouilia . XI . ).
Wir lassen auch hier wieder Kohn den Vortritt, obwohl selbst
verständlich seine Bestimmung von der unseligen nunmehr
weit abweicht. Da er Gabromagus bei Windischgarsten findet,
kommt ihm die nächste Station Ernolatia (8 mp.) nach Diern-
bach zu stehen; für die zweitnächste Tutatio gelangt er schon
an den Ausgang der Steierschlucht nach Ramsau, weiter mit
1 Urkundenbuch von Oberösterreicli, II S. 167.
572
Kenner.
Vetoniana nach Voitsdorf, und schliesslich nach Wels. Unter
diesen Bestimmungen ist jene von Tutatio entschieden ein Irr
thum. Auch wenn man seine Voraussetzungen für die übrigen
Stationen annehmen wollte, kann Tutatio nicht mit Rarnsau
zusammenfallen. Erstlich weil es undenkbar ist, dass man die
Strasse am linken Ufer des Steirflusses geführt, die Station
aber ans rechte versetzt haben sollte, zumal als sich die Strasse
auch weiterhin am linken bewegen musste. Zweitens liegt
Rarnsau von Voitsdorf nicht 11, von Diernbach nicht 12, son
dern von ersterem reichlich 15 '/ 2 , von letzterem kaum 7 mp. ab;
da Kohn zwischen Tutatio und Ovilava die Strassenkrümmun-
gen auf 3 mp., also bis Voitsdorf l 1 / 2 mp. veranschlagt und
hinweglässt, stünde sein Tutatio von seinem Vetoniana noch
immer 14 statt 11 mp. ab. Lag Gabromagus bei Windisch-
garsten, Ernolatia bei Diernbach, so konnte Tutatio nur bei
Mittel - -Micheldorf liegen. 1 — Mommsen nimmt als wahr
scheinlich an, dass Gabromagus bei Windischgarsten, Ernolatia
bei St. Pankraz, Tutatio bei Kirchdorf, Vetoniana nahe bei
Kremsmünster gelegen habe. Mit beiden letzteren würden die
Angaben der Tabula stimmen; bezüglich Ernolatia bestünden
aber beträchtliche Unterschiede. Denn St. Pankraz steht von
Kirchdorf nicht 12, sondern nahezu 16 mp., von Windisch
garsten nicht 8, sondern schwach 7 mp. ab.
Was den Namen Tutatio betrifft, so scheint Kohn ge
neigt ihn als lateinisches Wort zu betrachten und von tutari
ableiten zu wollen. Er spricht dies allerdings in der Form, in
welcher seine Abhandlung uns zurückgelassen wurde, nicht
bestimmt aus. Aber aus dem Zusammenhang des Textes geht
dies hervor; die Note, die er dazu auswarf, aber nicht mehr
selbst schrieb, liess sicli nicht ergänzen und fehlt daher. Da-
1 Da Kohn so viel auf die Angaben der Militär - ßouten für die Bestim
mungen der Distanzen der römischen Stationen hält, ist es eigenthiimlich,
dass er in diesem Falle gegen sie handelt. Die Militär-Route Linz—Liezen
(Piliwein Traunkreis S. 168) zählt zwischen Windischgarsten und Kirch
dorf 4 Meilen d. i. 20 mp., was gerade den Distanzen der Tabula VIII
-f- XII zwischen Gabromagus und Tutatio gleichkommt. Lag nun ersteres
bei Windischgarsten, so kam nach der Militär-Routenkarte Tutatio nach
Kirchdorf, von welchem das Tutatio Kohns (Rarnsau) 5 mp. weit gegen
Süden entfernt liegt.
27.. ■".aMBaBBMHI
ICTPSSaÜQÖSi 'Mmsaräm-^askamus
Ernolatia. 573
gegen bemerke ich ausser dem, was ich schon früher dagegen
vorgebracht, dass die Orte, welche die Strassenverzeichnisse
auf unserer Route nennen, alle mit einer Ausnahme (ad pon-
tem) keltische Namen tragen, dann dass keltische Ortsnamen,
welche die Sylbe tut enthalten, nicht so selten sind; Dieffenbach
Celtica II 1, p. 340 führt deren mehrere auf: Tutela, ein kelt-
iberischer Ort, Tutia (Hisp. Tarraconensis), Tuticum (Samni-
tisch), ToSriXa ß(3p,o? (Corsiea), Tutina (Stamm in Calahrien).
Man vergleiche damit, was Baumeister in den öfter genannten
keltischen Briefen beibringt (S. 70). Nach seiner Ansicht ge
hören Tutus, Tuta, Toutius, Toutio-rix (Apollo), Teutätes, Teu-
talus (Teuta) zu einer Form, welche sich im Irischen wieder
holt: tuath Volk; plur. Tuati (laiei); Cymr. tut Volk, ir. all-
tudion (peregrinorum wie ahd. ali-landi, vgl. allobroges), corn.
tüs, arm. tut. Aehnlich wie das Dorf ursprünglich ■ die ver
sammelte Menge, später deren Wohnort bezeichnet, so erscheint
umbrisch und oskisch tauta, tota, touta Stadt, tuticus städtisch;
altpreuss. touta Land, Gott; dagegen thiuda Volk, thiudans
König, thiudislc volklich, ahd. diota, diot, mhd. diet Volk,
diutisch, diutsch volklich. — Es mag nun unser Name ursprüng
lich beruhen auf Touta in dem Sinne eines Wohnortes einer
Volksmenge, oder auf Toutat, — wie ich vermuthe, als Cult-
stätte des Handelsgottes Toutates, jedenfalls wird sein Ursprung
weit eher als keltisch, denn als lateinisch zu betrachten sein.
Möglich ist. es allerdings, dass die Römer den Namen, als sie
ihn vorfanden, in die ihnen geläufigere Form Tutatio umbilde
ten und um so eher mit dem Begriffe, den das lateinische
Wort tutatio hat, verbanden, als an diesem Orte — bei Klaus —
die Bedingungen der Situation derart waren, dass man dort
ein kleineres den Pirnübergang beschützendes Bollwerk an
nehmen kann, —
Um meine Führung zwischen Wels und Windischgarsten
zu begründen, sei zunächst die Bildung des Terrains betrachtet.
Da der letztgenannte Ort von Virunum 111 mp. abliegt
und die wirkliche Weglänge zwischen dieser S.tadt und Ovilava
153 mp. beträgt, misst die kStrecke, die wir noch zu unter
suchen haben, 42 mp. Die Bodenbeschaffenheit auf derselben
lässt bis in die Nähe von Micheldorf nur eine Richtung der
Strasse zu, da bis dahin das Thal sehr enge ist. Vom letzteren
574
Kenner.
Punkte betrat sie das weitere Thal der Krems und verliess
dieses wieder bei Inzersdorf, um sieh dem Alpenvorland zu-
zuwenden.
Letzteres gleicht einer unmerklich gegen das Rinnsal der
Traun geneigten schiefen Hochebene, die erst nahe an letzterem
Flusse sich plötzlich 200 Fuss tief in dessen Thal absenkt.
Für hier in Betracht kommende Punkte fand ich in C. Ehr-
lich’s schon genannter Schrift Windischgarsten mit 1996,
Klaus (das Schloss) mit 1576, Wels mit 1026 F. Seehöhe an
gemerkt. Souvent’s Karte von Oberösterreich, welche nach den
Materialien des Katastralmappen-Archivs sehr sorgfältig ange
fertigt ist, gibt für die Höhe des Steilrandes der Hochebene
gegen die Traun zu 1226 F. Die Steigung beträgt also:
a) von Wels nach Windischgarsten
970 Fuss auf 42 mp. Weges, d. i. 23 F. per 1 mp. oder 1:195°
b) von Wels nach Klaus
550 Fuss auf 30 mp. Weges, d. i. 18 1 / 3 F. per 1 mp. oder 1:260"
c) vom Rand der Hochebene bei Wels nach Klaus
350 Fuss aufc. 28 mp. Weges, d. i. 12 [ /. 2 F. per 1 mp. oder 1:390"
d) von Klaus nach Windischgarsten
420 Fuss auf 12 mp. Weges, d. i. 35 F. per 1 mp. oder 1:130°
Wir ersehen daraus, dass die Steigung auf die ganze
Strecke vertheilt (a) sehr unbedeutend ist und noch weniger
beträgt, als jene von Lietzen nach Trieben. Von Klaus bis
Windischgarsten (d) ist sie dreimal so gross als von Klaus
bis zu jenem, jähen 200 Fuss betragenden Abfall der Hoch
ebene in das Traunthal (unmittelbar vor Wels [c]). Letztere
Distanz beträgt 28 mp., also zwei Drittel der gesammten Länge
der Entfernung zwischen Windischgarsten und Wels. Auf
diese) 1 kann demnach der Boden als eben gelten, abgesehen
von leichten wellenförmigen Erhöhungen, welche keinerlei
Schwierigkeit verursachen.
Vei'gleichen wir damit die Bestimmungen von Kohn und
Mommsen, welche G-abromagus auf Windischgarsten ansetzen.
Alsdann wurde jene Strecke von 42 mp. und meist ebenem
Terrain in zwei Tagreisen, eine zu XX (Itinerar) oder
VIII XII mp. (Tabula), die andere zu XX(II) Itinerar
oder XI -f- XI mp. (Tabula) zurückgelegt. Dabei machte man
8 bis 8(4 Wegstunden und fuhr, das in meiner früheren Be-
Ernolatia.
575
arbeitung nachgewiesene Mass der Fahrgeschwindigkeit bei-
behalteu, an einem Tage nur — vier ganze und eine Viertel
stunde. Bei der ersten Tagreise mag das noch angenommen
werden; denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass die römische
Strasse anders angelegt war, als die neue Reichspoststrasse,
welche zwar in sehr bedeutenden Krümmungen, aber fast eben
ausgeht; die römische Strasse hat diese Krümmungen, wie
es ihre Gewohnheit war, voraussichtlich vermieden, und den
Weg directer genommen, dafür aber auch schwierigere Fahrt
gehabt, welche längere Zeit in Anspruch nahm. Anders aber
ist es mit der zweiten Tagreise, die sich durchaus auf einem
Terrain bewegt, welches auf 390 Klafter Weges nur um eine
Klafter fällt und verschiedene Tracirungen der Strasse zu
lässt, so dass sie nicht an eine bestimmte Richtung gebunden
war wie im Steierthale, sondern die zusagendste wählen konnte.
Dass unter solchen Bedingungen des Terrains die Staatspost
in einem Tage nur 4 bis 4 1 / 2 Stunden gefahren und dabei
nur einen Weg von 8 4 / 5 Stunden zurückgelegt habe, ist geradezu
unglaublich. Ich wiederhole, was ich schon in der früheren
Bearbeitung bemerkte, dass, wenn die Schlechtigkeit der Pferde
zumal in späterer Zeit häufigen Anlass zu Klagen gab, solches
doch nicht als Motiv für die officielle Eintheilung der Sta
tionen gelten könne.
In welcher Zeit die heutige Post die Strecke von Wels
nach Windischgarsten zurücklege, erhellt aus den Angaben die
in der Anmerkung 1 zusammengestellt sind nach den gütigen
Mittheilungen des k. k. Postmeisters in Voitsdorf, Herrn
C. Winkler. Da der Weg 42 mp., d. i. 8 2 /s deutsche Meilen
oder 16 Stunden 48 Minuten beträgt, legt ihn die gewöhnliche
1 Die gewöhnliche einfache Post mit ,ordinärer 1 Bespannung legt die nach
stehend bezeichneten Strecken in der unter a) eingetragenen Zeit zurück;
die Eilpost mit couriermässiger Bespannung ist unter den mit b) ange
zeigten Zeitangaben zu verstehen:
Wels—Voitsdorf . . . . a) 2 Stunden 10 Min. — b) 1 St. 30 Min.
Voitsdorf—Kirchdorf . . . a) 1 „ 35 „ — b) 1 B 10 ,
Kirchdorf—Diembach . . . a) 2 „ 25 „ — b) 1 „ 50 r
Diernbaeh—Windischgarsten a) 2 „ — „ — b) 1 „ 30 „
Zusammen ergeben sich für a) 8 „ 10 „ — b) 6 „ — r
Der Postomnibus macht die gleiche Strecke in 10V2 Stunden.
576
Kenner.
Post mit zweifacher, die Eilpost fast mit dreifacher, der Omnibus
mit etwas mehr als 1 '/.jfacher Geschwindigkeit zurück.
Was im Besonderen die Strecke unserer letzten Tagreise
(Tutatio—Ovilava) betrifft, die 22 mp. beträgt, so würde sie von
der gewöhnlichen einfachen Post in 4 Stunden 20 Minuten,
von der Eilpost in 3 Stunden zurückgelegt werden, wobei wir
Tutatio nach Kohn’s Ansatz: Ernolatia = Diernbach, nach
Mitter-Micheldorf verlegen. Dabei sind aber inbegriffen die
Krümmungen der heutigen Poststrasse, durch deren Beseitigung
Kohn 3 mp. Weges gewinnt, die also von den oben genannten
Zahlen abgezogen werden müssen; die einfache Post würde
diese in 36 Minuten, die Eilpost in 24 zurücklegen. Dann
würde die heutige einfache Post unsere letzte Tagreise in
3 Stünden 44 Minuten, die Eilpost in 2 Stunden 36 Minuten
zurücklegen. Es ist nun sehr unwahrscheinlich, dass die römische
Post auf eine in solcher Zeit zu bewältigende Strecke einen
ganzen Reisetag verwendet haben soll. Im Durchschnitte war
ihre Geschwindigkeit, wie bei der heutigen Post eine zwei
fache, wo also das Terrain günstig war, werden wir eine noch
grössere, wo es ungünstig war, eine kleinere annehmen dürfen.
Auf unserer Tagereise ist gerade Ersteres der Fall, da zwei
Drittel des Weges beinahe eben sind.
Vergleichen wir ferner die Distanzreihen, wie sie sich
nach den Correcturen von Mommsen und Kohn ergeben.
Ersterer erhält für das Itinerar (a) und die Tabula (b):
a) XXVII , XXX , XXIJII ,
b) XIIII + XV1III , XIII + XI1II , IX + XII (oder X -f XI),
a) XXX , XX , XX (II)
b) XV + XV , VIII + XII , XI + XI
Letzterer erhält dafür:
a) XXVII , XXX , XXVIII
b) XIIII + XIII , XIII + XIIII , (XII) + IX + X ,
a) XXX , XX , XX(II)
b) XV -j- XV , VIII + XII , XI + XI
Jeder der diese Reihen überblickt ohne das Terrain zu
kennen, wird zur Vermuthung kommen, dass die beiden letzten
Distanzen des Itinerars und ihre Th eilstrecken in der Tabula
auf einen sehr schwierigen Boden entfallen seien, welcher die
Ernolatia.
577
gewöhnliche doppelte Fahrgeschwindigkeit nicht gestattete, son
dern höchstens die anderthalbfache. Wie müsste er aber
erstaunen zu hören, dass namentlich auf der letzten Distanz
keinerlei Terrainschwierigkeit vorhanden, dass aber z. B. in
der dritten Distanz des Itinerars der Uebergang über den
Tauern, in der vierten der über den Pirn enthalten sei. Fin
den ersteren entfällt nach Kolm eine Tagreise von 31, fin
den letzteren nach Kohn und Mommsen eine solche von
30 mp. Dieser Ansatz könnte für die Eintheilung der Stationen
der Tabula zugegeben werden, weil beide Uebergänge, wenn
sie in einem Tage gemacht werden, nicht in kürzerer Zeit
bewerkstelligt werden können. Dann aber hat man das Recht
auch für die letzte Station der Route eine grössere Strecke,
eine zum mindesten gleich grosse Distanz vorauszusetzen, oder
man müsste der römischen Vertheilung der Stationen zumuthen,
dass sie auf die Hochebene zwischen Wels und Klaus eine
kleinere Tagreise aufgewendet habe, als auf den südlichen An
stieg- des Tauern, d. h. dass sie unnöthiger Weise in der
Ebene die Fahrzeit vertändelt habe, um diesen Nachtheil durch
längere Tagreisen im Hochgebirge, also auf ungünstigerem
Terrain hereinzubringen. Das wäre eine durchaus irrationelle
Eintheilung, wie wir sie den Römern nicht zumuthen dürfen.
Die Bodenbeschaffenheit verlangt also hier, in der letzten
Distanz, zwischen Tutatio und Ovilava, eine Erhöhung der
Meilenzahlen, sie verlangt hier das grösste Ausmass, welches
die Strassenverzeichnisse auf unserer Route kennen. Dies sind
XXX mp., welche die Tabula zu XV -f- XV detailliren würde,
wie diess aus der einzigen Stelle, in der die gleiche Abstands
zahl und die Coneordanz erhalten ist (zwischen Stiriate und
Gabromagus), hervorgeht. Diese Eintheilung ist um so wahr
scheinlicher, als in der Mitte der Strecke, wie wir sehen
werden, in der That ein Knotenpunkt des Verkehres sich Vor
land. Auch der Umstand spricht für sie, dass bei jeder andern
Vertheilung der Stationen (z. B. XIII1 und XVI , XIII und
XVII , XII und XVIII) die eine der Detaildistanzen das
grösste Ausmass, das für dieselben auf unserer Route besteht,
überschreiten würde.
Setzen wir nun diesen Anzeichen folgend eine solche
Distanz zwischen Tutatio und Ovilava voraus, so erhalten wir
578
Kenn er.
für das Itinerar XXX, für die Tabula: Ouilia . XV . Veto-
nianis . XV . Tutatione. Dadurch wird die Weglänge beider
Strassenverzeichnisse gleich der wirklichen. Von dem Minus
im Itinerar (153 — 138 —) 15 mp. haben wir 5 mp. schon
bei Candalicae eingestellt. Indem wir bei Ovilava den Ausfall
eines X annehmen und diese Zilfer restituiren, werden die
noch übrigen 10 mp. untergebracht. Bezüglich des Minus der
Tabula, welches (153 — 145 =) 8 mp. beträgt, war schon
oben davon die Rede, dass es in den Stationen zwischen
Virunum und Gabromagus nicht hereingebracht werden könne;
es bleiben nun nur noch die vier letzten Distanzen hiefür
übrig. Von ihnen sind die beiden unmittelbar auf Gabromagus
folgenden mit XX mp. im Itinerar und VIII + XII mp. in
der Tabula vollkommen sicher. Schon die eigenthümliche Thei-
lung der ganzen Strecke in jene Detaildistanzen spricht für
die Originalität dieser Zahlen. Es kann daher das Minus der
Tabula auch vor Tutatio nicht eingestellt werden, dieses muss
also hinter letzterem Orte geschehen. Dann ist aber eine andere
Auskunft, als die wir treffen, gar nicht möglich.
Dass sie zulässig ist, wird man wohl nicht abstreiten
können. In jedem Falle müsste ja die Meilenzahl des Itinerars
hei Ovilava erhöht werden; man muss annehmen, dass hier
ein Zahlzeichen ausgefallen sei. Ist aber dies geschehen, dann
wird es als ganz gleich gelten können, ob ein II oder X aus
gefallen sei. Hat doch Kohn selbst die von den älteren und
mehreren Codices überlieferte und auch sonst geschützte Zahl
XVIII bei Sabatinca eben durch Beifügung eines X auf
XXVIII erhöht. Nicht minder ist es gestattet, anzunehmen,
dass im Original der Tabula die beiden Zeichen XV bei
Vetonianis und Ovilia in Folge einer Beschädigung nicht mehr
vollkommen lesbar gewesen seien; wenn die Zahlen nicht so
gleichmässig geschrieben waren, als sie sich im Drucke ansehen
und der zweite Schrägstrich des V undeutlich war, so konnte
die Zahl sehr wohl für XI gelesen werden. Auch hierin ist
meine Auskunft von jener lvohn’s nicht wesentlich verschie
den. Auch er erklärt den Ausfall der Distanz bei Viscellae
durch eine Beschädigung des Originales. Doch befinde ich mich
ihm gegenüber in so ferne im Vortheile, als ich die Beschädi
gung des Originales an eben dieser Stelle vollständig nach-
mmmmmsgzäan
Ernolatia.
579
weisen kann. Sie muss gerade dort, wo die Angabe . XI. Ve-
tonianis . XI . erscheint, auf einen Umfang von mindestens
1V 2 bis l 3 / 4 Zoll (4 — 4.6 Cm.) Länge und */ 2 Zoll (13 Mm.)
Breite (vgl. Fig. 3) stattgefunden haben, so dass Ortsnamen
und Distanzen zwar nicht vollkommen zerstört, aber doch so
entstellt wurden, dass sie von dem Copisten durchaus unrichtig
gelesen wurden. Unmittelbar über jener Angabe steht Ouilia
statt Ovilava und Blaboriciaco statt Lauriaco. Zwischen beiden
letzteren Orten ist eine einzige Distanzzahl XTTTT angegeben;
bezieht sich diese auf den Abstand zwischen Ovilava und
Marinianium, dann fehlt die Meilenzahl bis Lauriacum gänzlich.
Bezieht sie sich aber auf letzteres, so ist sie vollständig un
richtig. Nach der factischen Entfernung von Wels und Enns,
welche das Itinerarium an vier Stellen (p. 231, 256, 258, 277)
richtig angibt, sollte entweder XXVI stehen, oder was noch
wahrscheinlicher, es ist hier überdies ein Ortsname — Ovilatus —
an der Stelle, wo die Seitenstrasse nach Marinianio abzweigt,
nebst einer zweiten Meilenzahl ausgefallen. Dieser Ort liegt
nach dem Itinerar (p. 248) X mp. von Ovilava und XVI mp.
von Lauriacum. Ebenso ist sicher, dass die Meilenzahlen
zwischen Ad pontem Ises und Elegio, sowie zwischen diesem
und Blaboriciaco vollkommen entstellt sind, da das Itinerar
an zwei Stellen (p. 234 und 248) die Entfernung von Arelate
nach Lauriacum auf 46 und 45 mp. angibt, während die Ta
bula nur 44 verzeichnet. Und zwar führt Ersteres die Sta
tionen so an: Arlape — Loco felicis XXVI (p. 234) und
XXV (p. 248), Lauriaco XX (in beiden gleich). Die Tabula
dagegen erhält von Arelate Ad ponte Ises . VIII . Elegio .
XXIII . Blaboriciaco . XIII . Name und Zahl stimmen be
züglich der ersten Station; bei der zweiten sind beide entstellt.
Auf der ganzen ltoute zwischen Lauriacum und Vindobona
kommt eine so grosse Ziffer wie XXIII nicht vor. Sehr wahr
scheinlich hat die Zahl im Originale XVIII gelautet, so dass die
Distanz von Arelate bis Elegium (18 -)- 8 = 26) der Angabe
aut p. 234 des Itinerars gleich kommt. Dass der Name ELEGIO
aus locus FELICis entstellt sei, hat schon J. Aschbach nach
gewiesen (Sitzungsber. XXXV, 16.) Es kann daher die Ziffer
bei dem gleichfalls entstellten Blaboriciaco nicht XIII, sondern
sie muss ursprünglich XX gelautet haben, oder es ist auch
580
Kenner.
liier ein Ort mit einer Detaildistanz ausgefallen. Wir haben
also hier in sehr engem Umkreise fast so viele Unrichtigkeiten
als Angaben. Gerade und hart unter dieser Stelle steht . XI .
Vetonianis . XI. Lässt sich unter solchen Umständen annehmen,
dass nur die beiden Ziffern XI vor und nach ,Vetonianis 4
intact geblieben seien? Liegt etwa eine Willkür in der Vor
aussetzung, dass die Beschädigung des Originales der Tabula
an dieser Stelle die Ursache des Minus von 8 mp. sei, um
welches ihre Weglänge zwischen Virunum und Ovilava gegen
die wirkliche zu kurz ist. Im Gegentheile; an allen übrigen
Stellen stimmen die Distanzen der Tabula mit der Weglänge
und zugleich mit der Bodenbeschaffenheit überein, wenn auch
der eine Ortsname Noreia wiederholt worden ist. Am Ende
der Route aber stimmen die Distanzen nicht mit der Boden-
beschaffenheit überein und gerade an dieser Stelle hat eine
Beschädigung der Tabula stattgefunden. Es ist also eine ein
fache Forderung der Logik und keine Willkür, hier die durch
aus nöthige Correctur vorzunehmen. Endlich wird man zugeben,
dass die Aenderung der beiden XI in XV, der Tabula keine
Gewalt anthut. Unsere Correctur beseitigt keine vorhandene
Ziffer und stellt keine neue ein; sie betrifft nur je einen
Strich in zwei schon vorfindlichen Zahlzeichen und an einer
Stelle, welche offenbar gelitten hat; sie ist daher eine der
schonendsten, die man sich denken kann. Wie Kohn, wenn
er anders meinem Vorgehen jene Aufmerksamkeit schenkte,
die man nach seinem herben Urtheile über sie vermuthen sollte,
wie er mir willkürliches Umspringen mit den Meilenzahlen
vorwerfen konnte, ist mir nicht recht begreiflich.
Durch unsere Correctur wird die Concordanz mit dem
Itinerar überdies nicht blos nicht zerstört, sondern noch reiner
dargestellt, als sie in den überlieferten Zahlen erscheint. Aller
dings muss zugleich auch im Itinerar eine Correctur vorge
nommen werden, weil auch in diesem von den ausständigen
Meilen vor dem 55. nur 5, nach demselben bis zur sechsten
Distanz (Ovilava) keine mehr untergebracht werden kann; die
fünfte, vierte und dritte sind ja durch die Uebereinstimmung
mit der Tabula und dem Terrain, die zweite durch ihr an sich
grosses Ausmass gegen jede Erhöhung gesichert; daraus folgt
mit Nothwendigkeit, dass die noch übrigen 10 mp. seines
gmssexmssh
Ernolatia. 581
Minus eben bei der letzten Distanz ausgefallen seien. Der
Zufall, welcher in beiden von einander unabhängig entstan
denen Quellen gerade die Schlussdistanzen zerstörte, hat dabei
nicht wunderbarer gewaltet, als jener, welcher in dem einzigen
Pariser Codex D die Zahl XXVIII bewahrte, und eben nur
diese Zahl, die allein zu dem Umwege der Strasse über Furt
stimmte, oder jener, welcher von den Meilenzahlen der Stationen
südwärts vom Tauern nur so viel zerstörte, dass durch deren
Restitution Sabatinca mit dem Surontium der Tabula auf den
81. Meilenstein von Virunum weg entfällt.
Eine wichtige Consequenz unserer Correctur tritt sofort
zu Tage. Wie man immer die Strasse führen mag, die Station
Tutatio, welche sodann 30 mp. von Ovilava entfernt lag, fällt
mit Klaus zusammen; es gibt keinen andern Ort in der Schlucht
der Steier, auf welchen der 30. Meilenstein von Wels aus zu
stehen käme; denn Klaus selbst dehnt sich zwei Stunden in
die Länge neben dem Flusse hin. Weiter aber kommt die
12 mp. von Tutatio entfernte Station Ernolatia nach Windiscli-
garsten, wo wir sie auch getroffen haben, indem wir den An
gaben der Tabula genau folgend 111 mp. von Virunum zu
rücklegten.
Die Führung der Strasse selbst kann, soweit sie die
Schlucht der Steier betrifft, nicht zweifelhaft sein, wohl aber
sind von Mitter-Micheldorf, wo das Thal breiter wird, ver
schiedene Richtungen möglich. In dem Kärtchen Fig. 6 habe
ich dieselben zusammengestellt, wie sie Mommsen, Kohn und
ich vermuthen; die Zeichnung beruht auf einer Pause nach der
schon genannten vom k. k. militär-geographischen Institute
herausgegebenen Karte von Ober-Oesterreich (11 Linien =
1 geogr. Meile).
Zwischen dem Aiterbach und der Krems erhebt sich ein
Höhenrücken, der gegen Norden streichend von Unter-Inzers-
dorf bis hart vor Wels reicht. Von seinen gegen Nordost ge
richteten Abhängen fliessen nacheinander mehrere kleinere
Wässer der Traun zu, der Weyer- Mühl- und Sipbach, welche
tiefe Gräben und Furchen in jenen Rücken geschnitten haben.
Theils auf dem Kamme dieses Höhenzuges, theils aber und
sehr häufig in die Gräben jener Wässer abbiegend, hügelauf
und ab bewegt sich die heutige Reichspoststrasse, die ihrer
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. III. Hft. 38
1
I
582
Ke u n er.
Anlage nach keine sehr alte sein kann, da ihr Bestreben dar
auf gerichtet ist, die heutigen Ortschaften, wenn auch mittelst
verschiedener Krümmungen, zu erreichen. So biegt sie, nach
dem der Steilrand der Hochebene von Wels aus erreicht ist,
in der Richtung gegen Steinhaus zu südwestlich ab, streicht
dann gegen Südosten, um den nächsten Anschluss für die
Seitenstrasse nach Kremsmünster darzubieten, lenkt bis Maidorf
südlich, und geht von hier mit einer leichten Krümmung über
Grossendorf nach Voitsdorf. Hier ersteigt sie den höchsten
Kamm des Höhenrückens und geht auf demselben über Hiers-
dorf nach Galtbrunn; endlich steigt sie, ein gewaltiges Knie
bildend, durch einen Einschnitt im Abhange bei Haselböckau,
in das Kremsthal. Keineswegs geht sie nun direct auf Kirch
dorf, sondern berührt in einem grossen Bogen Wanzbach,
läuft nahe bei lnzersdorf vorüber und durchsetzt erst hier die
Ebene des Kremsflusses, indem sie östlich und weiter wieder
südlich nach Kirchdorf streicht. Kohn folgt dieser Strasse,
will aber deren Krümmungen vermieden wissen, wodurch er
3 mp. zu ersparen denkt.
Eine andere Richtung schlagen Männert und Mommsen
ein. Sie führen die Strasse über Kirchdorf in dem fast gerade
nördlich streichenden Kremsthale bis Kremsmünster, von wo
sie nordwestwärts abbiegt, um die heutige Reichspoststrasse
zu gewinnen und mit dieser nach Wels zu ziehen. Diese Rich
tung der Strasse hat einen grossen Vortheil gegen jene von
Kohn, indem sie die ganze XI mp. betragende Strecke von
Kirchdorf bis Kremsmünster so zu sagen auf ebener Thalsohle
macht. Man würde sie unbedenklich annehmen können, da
auch auf diesem Wege Klaus, wohin unser Tutatio entfällt,
mit 30 mp. erreicht würde. Allein es steht dem entgegen, dass
sich für Vetoniana mit dem 15. Meilensteine von Wels aus,
also 4 mp. südlich von Kremsmünster, kein Punkt aufünden
lässt, wohin diese Station verlegt werden könnte. Auch steht
ein anderer weitaus bequemerer Weg zu Gebote, der die letzt
genannte Schwierigkeit behebt. Dies ist der von Kohn so arg
verkannte und mit so übelangebrachter Vornehmheit behandelte
Weg über Petenbach.
In den Boden der Hochebene, welche das Alpenvorland
bildet, gräbt der Aiterbach einen vielfach gekrümmten, nahe
Ernolatia.
583
an drei Meilen langen Thal weg ein, welcher vor der Mündung
des Baches in die Traun den Steilrand des Plateaus in der
Nähe von Schauersberg unterbricht. Dadurch bietet dieses
Thal den sehr grossen Vortheil dar, dass eine längs desselben
geführte Strasse nicht nöthig hatte, den Steilrand selbst zu
erklimmen, sondern der Thalfurche folgend in allmählicher
Steigung die Höhe erreichte, in der Weise etwa, wie heute
die von Wels nahe an Schauersberg vorüberziehende kleine
Strasse nach Steinhaus angelegt ist. Sie berührte weiter die
Plöfe Strass, Gassenhof, Steinliof, lauter bezeichnende Namen,
und brauchte keineswegs den Krümmungen des Baches zu
folgen, sondern hatte Spielraum genug, um eine beinahe gerade
Linie nach Süden einzuhalten Bei Littering mag sie den
Aiterbach übersetzt und dessen Thal verlassen haben, um die
Plölie zu gewinnen, welche dieses vom Thale des Petenbaches
trennt. Auf diesem Höhenrücken lief sie fort und stieg etwa
bei Bergern in das Thal des Petenbaches hinab; in dem Orte'
Petenbach selbst erreichte sie einen Punkt, an welchem noch
heute zwei Strassen von keineswegs blos localer Geltung sich
kreuzen, die eine führt von Kirchdorf nach Lambach, in wei
terem Sinne von Steiermark (über den Pirn) und von Steier
an den Inn; die andere von Gmunden und Grünau nach Wels,
Enns und Steier. Die erstere ist es offenbar, welche im J. 993
in einer Vergleichsurkunde zwischen Bischof Christian von
Passau und dem Grafen Arnolf von Lambach erwähnt wird
als ,uia publica que pergit de pettinbach usque ad Egininsteinf
(Egenstein an der Ahn). 1 Soweit wird die Strasse als Grenze
eines Waldes erwähnt. Nach verschiedenen Stellen, welche
Du Cange im Glossar, dipl. (VI 799) aus alten Gesetzen sam
melte, fallen die Ausdrücke via publica, Regia und militaris
zumeist zusammen und bezeichnen die auf öffentliche Kosten
erbaute und gepflasterte (munita) Heeresstrasse für deren
Himensionen gewisse Bestimmungen getroffen waren, deren
Passage frei war und von Niemand gesperrt werden durfte,
die endlich zu einer Stadt, einer Burg oder einem Hafen führte.
Wenn unsere via publica sich von Petenbach aus, nordwestlich
m der Richtung nach Egenstein fortsetzte, so muss wohl ange-
1 Urkundenbuch von Oberösterreich II, p. 69.
38*
584
Kenner.
.nommen werden, dass sie in entgegengesetzter Richtung noch
einen andern Zielpunkt gehabt habe. Kohn scheint freilich
als solchen Grünau anzunehmen. Einen Anhalt dafür hat er
nicht; es ist nicht wahrscheinlich, dass eine via publica schon
im 10. Jahrhunderte nach Grünau gegangen sei. Man wird für
diese Zeit doch wohl nicht annehmen wollen, dass man in das
abgelegene Gebirgsthal der Alm, das keinen weiteren Verkehr
aufzuweisen hatte, als jenen welchen der Transport des Salzes
von Gmunden ins östliche Vorland bedingt, eine via publica
gebaut habe, zumal als damals die Salinen des Salzkammer
gutes noch keineswegs monopolisirt waren und Gmunden
höchstens ein einfacher Verladeplatz für Salz, keineswegs aber
ein Ort mit einer Kirche oder gar eine Civitas war. Viel
wahrscheinlicher ist es, dass die Fortsetzung dieser Strasse in
das Krems- und Steierthal und über den Pirn geführt habe
und auch als solche nicht im hohen Mittelalter geschaffen wor
den, sondern die römische Strasse gewesen sei, die alsdann
Petenbach berührt haben muss.
Lassen wir aber dies bei Seite; wir finden in einer Ent
fernung von 15 mp. von Wels aus keinen Knotenpunkt des
Verkehres als Petenbach, welches auf diese Distanz von
ersterem Orte abliegt. Von hier aus bewegte sich die Strasse
in der Richtung auf das Kremsthal, in welches sie etwa durch
die Vertiefung des Grösslingbaches bei Unter-Inzersdorf vom
Höhenrücken hinabstieg, um gerade auf Mitter-Micheldorf und
weiter mit der heutigen Poststrasse nach Klaus zu gehen, das
von Pettenbach 15 mp. absteht.
Die Linie, welche ihre beiläufige Richtung auf dem Kärt
chen darstellt, ist mit Rücksicht auf die Terrainbildung ge
zeichnet, wie die Generalstabskarte sie angibt. Man wird daraus
ersehen, was von der Behauptung Kohn’s zu halten sei, dass
ich die Strasse in einer Schlangenlinie geführt hätte, die noch
länger sei als die heutige Poststrasse über Voitsdorf mit all
ihren Krümmungen. Ich habe, um diese Behauptung zu prüfen,
die Strasse nach Souvent’s Karte abgemessen, deren Massstab
(1 Zoll = 1000 Klafter) so gross ist, dass ein mille passüum
eine Länge von 9'/ 2 Linien (= 2 Cm.) erhält und halbe und
Viertel-mille noch deutlich aufgetragen werden können. Mit
diesem Massstabe zählte ich von Wels auf der heutigen Post-
Ernolatia. 585
strasse über Yoitsdorf nach Mitter-Micheldorf mit Einrechnung'
aller Krümmungen 26 mp.; ich wählte letzteren Ort als den
einen Endpunkt, weil von Wels bis dahin die Terrainbildung
verschiedene Führungen und Abkürzungen gestattet. Von Wels
über Petenbach nach der Linie, in der ich den Lauf der Strasse
vermuthe, zähle ich 24 mp. -— Mit Rücksicht airf die Krüm
mungen ist also der Weg über Pettenbach nicht länger, sondern
kürzer, als der über Yoitsdorf. Wenn man die Krümmungen
des letzteren abrechnet und sie nach Kohn’s Vorgang auf
3 mp. veranschlagt (indem man die von der Marschrouten
karte zwischen Wels und Klaus auf 6 deutsche Meilen berech
nete Distanz um 3 / 5 Meilen ,straffer anzieht'), erhält man
für die römische Strasse über Voitsdorf 23 mp. Weglänge,
welche also, nur in diesem Falle, gegen jene über Petenbach
um 1 mp. kleiner ist. An und für sich ist dieser Unterschied
sehr geringe, er verschwindet völlig gegen die Vortheile, welche
dieser Weg darbietet, indem er die Ersteigung des 200 Fuss
hohen Randes der Plochebene bei Wels entbehrlich macht und
auch für den Abstieg ins Kremsthal den Grösslinggraben be
nützen konnte. — Was den Umstand betrifft, dass nach meiner
Annahme die Strasse einen mächtigen Winkel beschreibt, indem
sie zunächst vom Engthale weg nach Nordwesten auf Peten
bach läuft, so wird ein möglicher Nachtheil dieser Richtung
dadurch aufgewogen, dass sie von letzterem Punkte aus in der
fast geraden Linie Petenbach-Wels sich bewegt. Die Führung
von Männert und Mommsen bietet eine ganz analoge Er
scheinung dar, nur darin ist sie verschieden, dass sie in der
südlichen Hälfte der Strecke fast gerade nordwärts zielt und
erst in der nördlichen (von Kremsmünster an) nordwestlich
abbiegt. Wenn meine Annahme so sehr den Grundsätzen der
römischen Strassenführung widerspricht, so hätte ein Gleiches
auch von der andern bemerkt werden sollen.
(Die Vertheilung der Mansionen). Die Reihe der
Distanzen, welche nach unseren Correcturen für Itinerar und
Tabula sich ergeben, stellt sich nun so:
Itinerar: XXV XXX XVIII XXX XX XXX
Tabula: XIIII + XHI xTlI+XfiTl IX+X XV-fXV VIII-) XII XV-fXV
586
Kenner.
Man ersieht daraus, dass nicht blos die drei letzten Con-
cordanzen bewahrt bleiben, sondern auch die wichtige viert
letzte zwischen dem 54. (55.) und den 73. Meilensteine von
Virunum, welche, wie schon öfter bemerkt, durch die Correcturen
von Morn ms en und Kolm zerstört wird. Auch entspricht die
Länge der Tagreisen durchaus der Bodenbeschaffenheit, was
bei der Gestalt, welche die Wegführung der eben genannten
Gelehrten erhält, bezüglich der letzten Distanz nicht der Fall
ist (vgl. S. 574). Das sind zwei bedeutsame Momente, welche
für unsere Ansicht sprechen.
Wir haben hier nur noch eine Consequenz der letzteren
zu behandeln, die eben weil sie sich naturgemäss aus ihr ergibt,
von Kuhn mit scheinbarem Erfolg gegen unsere Ansicht ver-
werthet wird.
Dies ist die Eintheilung der Nachtherbergen und Wechsel
stellen auf die Stationen nach der von uns gegebenen Bestim
mung. Zunächst seien jene des Itinerars mit den Bestimmungen
von Mommsen (a) Kohn (b) und mir (c) hier übersichtlich
zusammengestellt.
Candalicae Monate Sabatinca Gabromagus Tutatio
a) Einöddorf b. Mauterndorf Trieben Windischgarsten Kirchdorf
b) Einöddorf Enzersdorf Trieben Windischgarsten Ramsau
c) b. Judendorf Enzersdorf b. Hohentauern Pirn Klaus.
Während nach den Bestimmungen a) und b) die Mansionen
Sabatinca und Gabromagus in die Thäler des Paltenbaches und
der Teichel entfallen, kommen sie nach meiner Bestimmung (c)
auf die Scheitelpunkte der Uebergänge über den Tauern und
Pirn zu stehen. Dagegen spricht sich Kohn auf das entschie
denste aus. Die Mansionen seien nur in Orte verlegt worden,
in welche die Zufuhr von Lebensmitteln leicht möglich war;
sie seien zugleich und ursprünglich Stationen der marschieren
den Truppen gewesen, welche daselbst Käst hielten, hier also
auch Quartier und Proviant finden mussten. Darum können
als Mansionen nur grössere Orte im Thale, am liebsten am
Ausgangspunkte zweier oder mehrerer Thäler angenommen
werden; dagegen sei es unstatthaft sie auf so beträchtliche und
verlassene Höhen zu verlegen.
Dieser Behauptung widersprechen auf das bündigste an
dere hohe Gebirgsübergänge, welche mit Mansionen ausge-
Ernolatia.
587
stattet waren. Auf jenem über den Radstätter Tauern, welcher
allerdings nur in der Tabula erhalten ist (Strecke Ivavo—
Varuno), 1 trifft eine der Mansionen mit dem bezeichnenden Namen
In alpe auf die Höhe des Joches, 5499 F. über dem Meere.
Kohn behauptet allerdings, es sei hier nur eine Haltestelle,
keine Mansio gewesen. Allein dagegen spricht schon der ein
fache Bestand der Meilenzahlen. Man wird entweder durchaus
je zwei der betreffenden Distanzen auf eine Tagereise rechnen
und erhält sodann Mansionen in Vocario (31 mp.), In alpe
(33 mp.), Grauiacis (30 mp.), Beliandro (28 mp.), Varuno
(27 mp.), oder man wird je nach der Höhe der einzelnen
Stationen am Anfang und Ende der Strecke je zwei, in der
Mitte aber, wo die Steigungen beträchtlich sind, je eine Distanz
auf eine Tagreise ansetzen, dann waren Mansionen in Vocario
(31 mp.), Ani (17 mp.), In alpe (16 mp ), Inimurio (14 mp.),
Grauiacis (16 mp.), Beliandro (28 mp.), Varuno (27 mp.). In
jedem Falle also entfällt auf In alpe eine Mansio. Man hat
auch in der That nicht blos am Freithof selbst Funde gemacht, 2
sondern ausserhalb der Mauern desselben, auf der dem Ein
gänge entgegengesetzten Seite finden sich mit Humus über
zogene Erhöhungen von regelmässiger Gestalt und 10 Klafter
in Länge und Breite, welche sehr wahrscheinlich die Reste eines
ziemlich grossen Gebäudes bergen.
Andere Beispiele geben die Uebergänge über die Pyre
näen von Spanien nach Frankreich. Das Itinerarium führt
1 Ivavo . XIIII . Cuculle . XVII . Vocario . XVII . Ani (bei Radstatt,
2037 F. hoch, Pilhvein, Salzburgerkr. S. 459). XVI . In Alpe (Höhe des
Freithofs auf dem Tauern, 5499 F. hoch, Kürsinger, Lungau, S. 65).
XIIII . Inimurio (b. Tanesweg, 3236 F. Piliwein a. a. 0. S. 494). XVI .
Grauiacis . XIIII . Tarnasiei XIIII . Beliandro . XIII . Matneaio .
xmi . Varuno. Ueber die auf salzburgischem Gebiete liegenden Stationen,
vgl. Dr. Alois Huber in den Mitth. f. Slzbrg. Landeskunde X. Band
(1870) S. 1 ff.
2 Es waren sehr viele Mörtelstiicke und Theile der Ausrüstung eines Reiters
(Schwert, Zaum, Steigbügel, Stücke des Pferdegeschirres), dann Münzen,
Bruchstücke von Gefässen aus Terra sigillata und Knochen, unter letz
teren sehr grosse, wie man vermuthete, von einem Kameele. Kürsinger,
Lungau S. 59.
588
Kenner.
deren drei an, von denen der östliche über den Col de le Per-
thus nach Narbonne führende hier übergangen wird, weil die
einfallende Mansio Summo Pyreneo (Itin. p. 397) nur 918 Wr.
Fass Höhe hatte. 1 Dagegen der mittlere Uebergang führte
Liber die Einsenkung von Sumport, wohin die meisten Topo
graphen die entsprechende Mansio Summo Pyreneo (Itin. p. 452)
verlegen; darnach war diese Mansio in einer Höhe von rund
4500 Pariser Fuss erbaut. 2 Der westliche Uebergang ist jener
über Roncesvaux, wo Lapie die dritte Mansio Namens Summo
Pyreneo (Itin. p, 455) sucht. Nach der grossen Karte von
Spanien (1862, Massstab 1 : 200.000) liegt dieser Punkt 3532
Fuss über dem Meere. 3 — Auch der Uebergang über den
grossen St. Bernhard darf hieher gezogen werden, wenngleich
seine Verhältnisse grossartiger sind, als die der bisher genann
ten Uebergänge. Die im Itinerar genannte Nachtherbergestelle
Summo Penino (p. 351) entfällt auf den Col du Grand S. Ber-
nard, in die nächste Nähe des heutigen Hospiz, d. i. 7617 Fuss
über dem Meere. 4 Man sieht am Hospiz um den Tempel des
Jupiter Poeninus eine Sammlung von römischen Alterthümern,
darunter Votivsteine und Votivgaben. 5
Es gab also in der That an den wichtigsten der hohen
Gebirgsübergänge Nachtherbergestellen in einer Höhe von 3500,
4500, 5500, 7600 Fuss über dem Meere; man wird von all’
diesen Fällen nicht sagen können, dass man die Mansionen
nicht auch an tiefer gelegenen Stellen, auf den Abhängen der
Gebirge hätte an legen können, so etwa, dass auf die Scheitel-
1 Specialkarte von Frankreich, Blatt 258, Col de le Perthus 290 Meter.
2 Parthey und Pinder im Ortsverzeichnis p. 386: Summo Pyreneo 452
Santa Christina Lapie, Sumport alii. — Vgl. die Höhenprofile zur Karte
von Spanien in Stieler’s Handatlas.
3 Ich konnte die genannte Karte durch die Güte des Herrn Hofrathes
Dr. E. Birk benützen.
4 Daniel, Handb. d. Geographie, III, 125.
5 Desjardin im Texte zu seiner Ausgabe der Tabula p. 36. Unter den
Votivgaben sei einer kleinen Bronzetafel Erwähnung gemacht mit der
Aufschrift: POENINO | PRO • ITV • ET REDITV | C • IVLIVS • PRIMVS
V ' S • L • M, deren Facsimile in der Revue Archeologique VI,
(1862), p. 79.
Ernolatia.
589
punkte der Uebergänge blosse Wechselstellen entfallen wären.
Es hat daher nichts Befremdliches an sich, wenn nach den
Meilenzahlen des Itinerars eine Mansio auf den Tauernüber
gang am Triebner-Joch, nahe 4000 Fuss über dem Meere, ent
fällt. 1 Was den anderen Grund Kohn’s betrifft, ist es bekannt,
dass das Wort Mansio , auf die Nachtherbergestellen der Post
übergegangen sei von den Baststellen oder Nachtstationen der
Truppen. Aber es liegt auf der Hand, dass beide Begriffe mit
der weiteren Entwicklung der Post vollständig auseinandergehen
mussten, und der Name Mansio das einzige Gemeinsame; bleiben
konnte. Den Truppen musste in jedem einzelnen Falle die
Marschroute vorgeschrieben werden, da die Geschwindigkeit
des Marsches, die Zahl der Soldaten, der Pferde, die Grösse
des Trains ja nicht immer dieselben waren, während die Post
regelmässig zu sein als ihre erste Aufgabe zu betrachten pflegt. 2
Für die Truppen hatten die Mansionen der Post keinen ande
ren Werth, als den, bestimmte Punkte zu sein, deren Distan
zen der Eintheilung ihrer Märsche und der Bestimmung jener
Punkte zu Grunde gelegt werden konnten, an welchen für die mar-
schirenden Soldaten, sowie für Reit- und Zugthiere Lebensmittel
und Futter aus den umliegenden Ortschaften herbeigeschafft
werden sollten. 3 Die Soldaten trugen den Proviant bis in die
1 Ein wichtiges Merkmal, welches einen schlagenden Beweis für das Vor
handensein einer Mansio auf der Jochhöhe des Tauern bilden würde,
wenn es sich mit Bestimmtheit erweisen Hesse, führe ich aus letzterem
Grunde nur im Vorübergehen an. Ich spreche damit keine Behauptung
aus, aber ich kann andererseits die Möglichkeit des Falles nicht durch
aus ausschliessen. Möglicher Weise ist nämlich die Schreibung des Wiener
Codex L ,Montana 4 statt ,Monate 4 (Codex D und P) die richtige. Dann
hat im Itinerar eine Inversion der Ortsnamen stattgefunden, in Folge
deren Montana (Monate) hinter Sabatinca kommen sollte, statt vor das
selbe. Sodann entfiel die Mansio ,Montana 4 auf die Jochhöhe des Tauern,
die Mansio Sabatinca auf Enzersdorf. Es wird davon weiter unten, wo
die Gleichheit der Ortsnamen besprochen werden wird, nochmals die
Rede sein.
2 Miles itinerarium ab imperatore accipit et custodit illud; proscripto
incedit ordine, cum armis suis ambulat rectaque via conficit iter.
S. Ambr. Sermo V, ps. 118.
3 Gesetzstellen und Belege dafür fand ich in Vicat, Vocabularium Jur.
utriusque s. v. mansio.
590
Kenner.
Zeit des K. Alexander Severus selbst mit sich; erst der Milde
desselben wird es nachgerühmt (Historia Aug. Alex. Sev. c. 47),
dass er die Truppen zur Zeit eines Feldzuges so aufstellte,
dass sie in bestimmten Mansionen Mundvorrath vorfanden,
und diesen nicht, wie sie ,pflegen', auf siebenzehn Tage mit
sich schleppen mussten, mit Ausnahme der barbarischen (d. i.
feindlichen) Länder. Der Kaiser liebte, für seine Feldzüge
einen genauen Plan zu veröffentlichen, mit Angabe aller Statio
nen, die er machen würde, ,per ordinem mansiones, deinde
stativae, deinde ubi annona esset accipienda' etc.; dies deutet
darauf hin, dass nicht in allen, sondern nur in bestimmten
Mansionen Proviant vorhanden war.
Aehnlich verhielt es sich mit den Nachtquartieren mar-
schirender Truppen; es ist doch klar, dass man sie in einer
Nachtherbergestelle der Post nicht unterbringen konnte. Wenn
eine Legion oder auch nur eine Cohorte über den Tauern zu
dirigiren war, wird man die Soldaten truppweise in den Dör
fern und Gehöften der Thäler des Pölsbaches, des Paltenbaches
und der Mur ins Quartier gelegt und sicher an einem Tage
über das Hochjoch geführt haben; wahrscheinlich haben sie
auch in den Thälern zur Zeit des Sommers bivouakirt.
Die Bedenken also, welche gegen die hohe Lage der
Mansionen Sabatinca und Gabromagus von Kohn vorgebracht
werden, lassen sich sehr wohl beseitigen; sie berechtigen keines
wegs, gegen die klaren Angaben des Itinerars Correcturen vor
zunehmen, durch welche diese Mansionen in die Thäler zu
stehen kämen.
Wesentlich anders verhält es sich mit den Stationen der
Tabula. Ich fasse auch hier zunächst die Bestimmungen nach
derselben Folge zusammen.
Matucaium
a) b. Treibach
b) Unzdorf
c) Altenmarkt
Viscellae
a) U. Zeiring
b) Möderbruck
c) Sauerbrunn
(Noreia), Noreia
Neumarkt
Einöddorf, Scheifling
Einöddorf,Teuffenbach
T artursana
Hohentauern
Idohentauern
b. Möderbruck
Ad pontem
b. Unzmarkt
Furt
St. Georgen
Surontium
Trieben
Trieben
b. Hohentauern
Ernolatia.
591
Stiriate
a) Lietzen
b) Lietzen
c) Rottenmann
Gabromag'us
Windischgarsten
Ernolatia
St. Pankraz
Windischgarsten Diernbach
Pirn Windischgarsten
Tutatio Yetonianis
a) Kirchdorf Kremsmünster
h) Ramsau Voitsdorf
c) Klaus Petenbach.
Da nach unseren Nachweisen Ernolatia auf Windisch
garsten entfällt und an diesem Orte Gebäudereste gefunden
wurden, welche, wie selbst Kohn zugibt, einer Mansio ange
hörten, so muss Ernolatia eine solche gewesen sein. Da ferner
unter den Mansionen des Itinerars nicht diese Station, sondern
Gabromagus genannt wird, muss man folgern, dass in der Zeit,
welche zwischen der Abfassung beider Strassenverzeichnisse
liegt, eine Umlegung stattgefunden habe. Setzen wir zunächst
den Fall, dass diese nur die eine Station Gabromagus betroffen
habe, indem man die Mansio von hier nach Ernolatia verlegte,
während die übrigen Mansionen an den Orten blieben, wo sie
bisher lagen. Alsdann waren die Mansionen der Tabula: Viruno—
Noreia? (Einöddorf) XXVII, — Viscellis XXVII, — Surontio
XIX, — Ernolatia XXXVIII, — Tutatio XII, — Ouilia
XXX. Man wird diese Eintheilung jedoch nicht zugeben, da
sie für die Tagreise von Surontium bis Ernolatia eine
ungewöhnlich grosse, für jene von Ernolatia nach Tutatio eine
ungewöhnlich kleine Distanz voraussetzt, wie sie auf unserer
Route beide Strassenverzeichnisse nicht kennen. Auch die Ter
rainverhältnisse sprechen dagegen.
Ein anderer Fall, der hier gesetzt werden kann, besteht
darin, dass die Umlegung nicht blos Gabromagus, sondern auch
die andere auf der Tauernhöhe gelegene Mansio Surontium be
troffen habe; die Nachtherbergen würden dann folgende ge
wesen sein:
Viruno — Noreia? (Einöddorf) XXVII, — Viscellae
XXVII, — Stiriate XXXTTTT, — Ernolatia XXIII, — Tutatio
XII, — Ouilia XXX. Dann waren die hochgelegenen Man
sionen gänzlich beseitigt, aber das Missverhältniss war dasselbe.
Man hatte auf der schwierigsten Stelle der ganzen Route (über
den Tauern) die grösste Tagreise zu machen; dagegen zwischen
t
592
Kenner.
Ernolatia und Tutatio blieb, so wie im früher gesetzten Falle,
eine solche von nur 12 mp. Man wird sich also entschliessen
müssen, noch weitere Aenderuugen anzunehmen, um diese Ano
malien zu beseitigen. Namentlich wird man in Beziehung auf
Tutatio die Nachtherberge entweder nach Vetoniana oder Oui-
lia verlegen. Für ersteres betrüge die Distanz von Ernolatia
27, für letzteres 42 mp.
Diese letzte Eintheilung ergibt wieder eine viel zu grosse
Entfernung im Vergleich zu den sonst auf unserer Route ge
wöhnlichen Distanzen, während die andere, die Verlegung einer
Mansio nach Vetoniana, zur Folge hat, dass auf Ovilava eine
Mutatio, auf Ovilatus (bei Pucking) eine Mansio, endlich auf
Lauriacum wieder eine Mutatio entfällt. Gleiches wird gegen
Süden der Fall sein. Fasst man, um für den schwierigen Tauern
übergang eine kleinere Tagreise zu erhalten, die Strecken Tartur
sana— Surontium (X mp.) und Surontium—Stiriate (XV mp.) in
eine solche zusammen, so erhält man für sie 25 mp. und eine
Mansio in Tartursana. Dafür muss aber die Distanz Viscellae—
Tartursana mit 9 mp. mit der nächstfolgenden Tagreise ver
einigt werden; es würde zwischen dem südlichen Noreia (Ein
öddorf) und Tartursana eine Tagreise von 36 mp. entstehen,
oder es müsste, um deren abnorme Länge abzukürzen, die
Mansio vom südlichen ins nördliche Noreia (Teuffenbach) ver-
legt werden, wornach die entsprechende Tagreise (Viscellis
XIIII und Tartursanis IX) 23 mp. betrüge. Die Folge davon
ist, dass die letzte Tagreise entweder vom nördlichen Noi’eia
bis Virunum ausgedehnt, also 40 mp. lang wird, oder dass in
Matucaium bei Altenmarkt eine Mansio bestand, wornach von
letzterer bis Virunum nur eine halbe Tagreise entfiele.
Man kann nun was immer für eine dieser Combinationen
wählen, deren Möglichkeit ich offen lasse, man kann selbst
annehmen, dass die nicht gut eintheilbaren halben Tagreisen
am Anfänge und am Ende unserer Reise als ganze genommen
worden seien, wofür sich namentlich im Itinerarium Hieroso-
lymitaniun Analogien finden; ich bin der Ansicht, dass es sich
mit dem Ausmasse der halben und ganzen Tagreisen, wie sie
für unsere Strecke bestehen, sowie mit den Terrainverhältnissen
am besten vereinbaren lasse, alle die genannten Aendei'ungen
durchzuführen. Die Mansionen würden dann folgende sein:
Ernolatia.
593
Matucaium XIV, Nor eia (Teuffenbach) XXVI, Tartur-
sanis XXIII, Stiriate XXV, Ernolatia XXIII, Vetonianis
XXVII, Ovilia XV, wobei die erste und letzte Strecke halbe
Tagreisen darstellen. 1
Dann entfallen auf die beiden Gebirgsübergänge über
Tauern und Pirn zwei massige Tagreisen zu 25 und 23 mp.;
auf die Strecke von Matucaium bis Noreia entfallen 26, auf
den Murboden und die erste Terrasse des Tauern (bis Möder-
bruck) 23, auf die Strecke Windischgarsten — Petenbach die
genau dem Terrain entsprechenden halben Tagreisen von 12
und 15, zusammen 27 mp. Ferner sind die hochgelegenen
Nachtherbergen beseitigt und entfallen die Mansionen über
haupt auf Orte, denen noch im Mittelalter bis herab auf das
Eisenbahn-Zeitalter die günstige Lage für den Verkehr, und
diese allein eine grössere Bedeutung gegeben hat. Als solchen
haben wir Petenbach kennen gelernt, Windischgarsten ist der
bedeutendste Ort des oberen Steierthales, Bottenmann (Stiriate)
der wichtigste für das Ennsthal mit Rücksicht auf die Tauern
strasse. Gleiches haben wir für Teuffenbach (Noreia) nach
gewiesen. Dazu kommt, dass die beiden letzten Mansionen
Matucaium und Ovilatus Ortschaften sind, in welchen je zwei
Reichsstrassen zusammentrafen; bei ersterer mündete die von
Virunum über den Radstätter Tauern nach Ivavum, bei letz
terem die nordwärts an die Donau führende Strasse in unsere
Route ein. Mit einziger Ausnahme von Tartursana (b. Möder-
bruok) erlangen wir also nach unserer Eintheilung für die ver
schiedenen Mansionen der Tabula lauter Mittelpunkte localen
Verkehres, während, um dies noch anzumerken, die Mansionen
Kolin’s (Einöddorf, Furt, Trieben, Windischgarsten, Ramsau,
Voitsdorf) mit einziger Ausnahme von Windischgarsten, kleine
unansehnliche Orte geblieben sind, obwohl die Richtung des
Verkehres durchs ganze Mittelalter herab, bis in die Zeit der
Eisenbahnen dieselbe war, wie in der römischen Epoche. Von
ihnen konnten nur Furt und Ramsau Bedingungen eines leb
hafteren Verkehres in ihrer örtlichen Lage finden, ohne dass
ihnen diese irgend jemals wirklich eine Bedeutung gegeben
1 Ihre Bildung’ ist in der voransteh enden Darstellung der Distanzen durch
unterwärts angebrachte Klammern veranschaulicht.
594
Kenner.
hätte. Vielmehr hat, ähnlich wie es oben bezüglich der Einöd
nachgewiesen wurde, der in gleichen Bahnen wie im Alterthum
sich bewegende Verkehr des Mittelalters statt Furt Judenburg,
statt Ramsau Kirchdorf emporgehoben.
Ich wiederhole nun hier, dass ich diese Eintheilung der
Mansionen zwar für die entsprechende halte, aus den eben ge
nannten Gründen, ferner dass sie keineswegs auf einer blossen
Hypothese beruhe, sondern eine Consequenz der Bestimmung
von Ernolatia auf Windischgarsten und des Bestehens einer
Mansio daselbst sei, an der ich aus triftigen Gründen festhalte.
Aber ich lasse demungeachtet die Möglichkeit offen, dass eine
andere Combination gefunden werde, die gleichfalls von dem
Bestehen der Mansio Ernolatia in Windischgarsten ausgeht
und etwa besser begründet wird, als mir bezüglich meiner
Darstellung bei dem mangelhaften Materiale über die Gestal
tung des römischen Postwesens in verschiedenen Zeiten mög
lich war.
Gegen diese meine Eintheilung der Mansionen spricht
sich nun Kühn abermals entschieden aus und führt zwei Gründe
gegen sie an. Erstlich sei Lauriacum im Itinerarium Antonini
ganz bestimmt als Endpunkt der Reise angegeben, und es sei
durchaus unwahrscheinlich, dass man an den Beginn und an
das Ende blosse Wechselstellen verlegt habe. Zweitens seien
die Mansionen in die Städte — Civitates — verlegt worden,
wo es nur immer möglich gewesen sei. Den Beweis liefere
das Itinerarium Hierosolymitanum, in demselben werden alle
Civitates als Mansiones gerechnet; für so durchgehend iden
tisch hätten beide Begriffe gegolten, dass bei einer Oivitas die
Anführung dieses Wortes genügte, um sie als Mansio zu be
zeichnen, daher letzterer Beisatz sich bei Orten, welche Civi
tates waren, gar nicht finde. Nun seien Virunum, Ovilava und
Lauriacum in der Tabula als Civitates durch zwei Thürme
kenntlich gemacht, kein Zweifel also, dass dort Mansionen und
nicht blos Mutationen gewesen seien.
Der eine Grund, dass an die Endpunkte einer Reise
Nachtherbergestellen eingefallen seien, lässt sich so wenig nach-
weisen, als die Voraussetzung selbst, dass Lauriacum als End
punkt einer Reise zu nehmen sei. Aehnlich so wie in den
Fahrordnungen unserer Eisenbahnen jene Station, die an einem
Ernolatia.
595
Knotenpunkte liegt, in der einen Richtung- als Durchfahrt
station, in einer anderen als Anfangs- und Endstation genannt
wird, ebenso erscheint Lauriacum im Itinerar als Knotenpunkt,
an dem sich verschiedene Richtungen scheiden. Daher wird
es ausser in den grossen Reisen a Sirmi per Sopianas Tre-
veros usque (p. 235) und per ripam Pannoniae a Tauruno
in Gallias ad leg. XXX (p. 249) für folgende Fahrten und
Richtungen aufgeführt: a) a Lauriaco Veldidena (p. 256),
b) a Lauriaco per medium Augusta Vindelicum usque Bri-
gantia (p. 258), c) ab Aquileia Lauriaco (p. 276); Virunum
dagegen erscheint nur einmal (p. 276), und zwar als Durch-
lahrtstation. An und für sich ist es ja das Natürliche, dass
alle Postfahrten ineinander greifen und nur einen End- und
Ausgangspunkt haben — die Hauptstadt des Reiches —
,alle Wege führen nach Ronr. Im Einzelnen, für kleinere
Reisen ist der Begriff Endpunkt sehr relativ, er hängt nicht
von der Post, sondern vom Reisenden ab. — Wenn ferner
Virunum und Lauriacum im Itinerar als Schlusspunkte von
Tagreisen, also als Mansionen erscheinen, so entscheidet dies
für unsere Frage nichts. Denn die Tabula gibt weder Man
sionen noch Mutationen an, während das Itiuerarium Antonini
nur erstere, das Hierosolymitanum beide anmerkt. Aus dem
Vergleiche der letzteren wird sich weiter unten ergeben, dass
Umlegungen von Stationen im Einzelnen und auf ganzen
Strecken, sowie Umgestaltungen von Mansionen in Mutationen
in der That vorgefallen sind. Man ist daher keineswegs be
rechtigt oder gar gezwungen, die Eintheilung der Mansionen
im Antoninianum auch der Tabula zuzuschreiben.
Die Thatsache, welche Kohn bezüglich der Civitates im
Itinerarium Hierosolymitanum gefunden hat, besteht lediglich
darin, das dieses jene Orte, welche Civitates waren, als solche
allein und nicht als Mansionen anführt. Daraus folgt nun
keineswegs, dass in allen Civitates Nachtherbergen der römi
schen Post angelegt gewesen seien; mit viel grösserem Rechte
wird man das Gegentheil folgern: dass solche Anstalten in den
Civitates gar nicht bestanden haben, weil sie dort nicht noth-
wendig waren. Der Zweck der Mansionen war ja doch der,
den Reisenden in kleineren Orten, wo schwer eine entsprechende
Unterkunft zu finden war, eine solche in eigens vom Staate
596
Kenner.
hiefür aufgeführten Gebäuden zu gewähren. Dieser Zweck fiel
in den Civitates, als grösseren Orten, von selbst hinweg. Denn
es fanden hier die Reisenden in den Gasthöfen der Stadt wohl
noch zusagendere Unterkunft, als in den ärarischen Nachther
bergen, die man sich keineswegs als grosse Hotels denken
darf, sondern als Bauten, welche eben den durchschnittlichen
nächsten Bedürfnissen der Reisenden entsprachen und zu mehr
auch nicht verbunden sein konnten. In der That unterscheiden
die Gesetze und Verordnungen der Kaiser zwischen Civitates
und Mansiones; so leg. 2 Cod. de Conditis in publ. horreis
(X, 26), wo es heisst: Cum ad quamlibet urbem mansio-
nemve accesseris etc. Die Verordnung datirt vom J. 364.
Oder de susceptoribus, praepositis et arcariis (X 70, const. 9
,Modios‘): Modios aeneos vel lapideos cum sextariis atque pon-
deribus per mansiones singulasque civitates jussimus
collocai’i etc. (Jahr 386). Oder leg. 2 de lucris advocatorum
(XII, 62): Praeter solennes et Canonicas pensitationes multi a
provincialibus indignissime postulantur ab officialibus et Schola-
sticis non modo in civitatibus singulis, sed [etiam] man-
sionibus dum ipsis et animalibus eorundem alimoniae sine
pretio ministrentur (Jahr 344). 1
Nur durch Auseinanderhalten der Begriffe Civitas und
Mansio wird erklärlich, wenn im Itinerarium Hierosolymitanum
auf der Strecke von Aulona nach Capua (p. 610) hinter Civi
tas Benevento mit X, Civitas et mansio Claudius mit XII mp.
genannt wird. Dieser Pall ist eine Ausnahme, es muss also
auch eine Besonderheit gewesen sein, wenn in einer Civitas
eine Mansio der Post angebracht war. Nur so erklärt sich
ferner die Erscheinung, dass die Entfernungen jener Orte,
welche als Mansionen bezeichnet werden, mit wenigen sicheren
Ausnahmen, 2 grösser sind, als die Entfernungen der meisten
1 Vgl. Du Cange, Glossarium, IV, p. 236: mansiones et mutationes in
numero Civitatum non habebantur.
2 Dieselben entfallen auf schwieriges Terrain und sinken, mit einziger
Ausnahme von Mansio Regio mp. XII (p. 570) und Vapinco mp. XII
(p. 555) in gebirgiger Gegend, nicht, unter XVI bis XV mp. herab. Von
letzterer Zahl ist nur die eine Mansio Fidentiae (p. 616), ganz sicher,
die beiden anderen, Pandicia und Mido (p. 572/3), unsicher, Sicamenos
(p. 584) sicher unrichtig.
■ * ■ -Z; ' STA
TI
Ernolatia.
597
als Civitates bezeichneten Stationen. ' Die Distanz von Aureo
monte nach Viminacium z. B. gibt das Itinerarium Antonini
p. 132 auf 24 mp. an und detaillirt die Strecke per paren-
tbesim so: (Ab Aureo monte Yinceia VI — Margo VIII, inde
Viminacio X). Das Itinerarium Hierosolymitanum p. 564 gibt
die Strecke ohne Parenthesen folgender Art: civitas Aureo
monte — mutatio Vingeio VI — civitas Margo VIIII — civi
tas Viminatio X. Nach dem Itinerarium Antonini war eine
Mansio der Post zwischen Aureo Monte und Viminacium gar
nicht vorhanden, wohl aber die Civitas Margus. Das Itinera
rium Hierosolymitanum führt nun letztere auf und rechnet sie
als Mansio. Nimmt man das Wort als eine ärarische Nacht
herbergestelle am Schlüsse einer Tagreise, so hätte man zwischen
Aureo Monte und Margus eine Strecke von 15, zwischen letz
terem und Viminacium eine solche von 10 mp. zurückgelegt,
d. h. in zwei Reisetagen nur 10 Wegstunden gemacht. Auf
fallender noch stellt sich diese Erscheinung dar auf jenen
Strecken, welche dichter mit Städten besetzt waren. Auf dem
Wege von Rom nach Foro Semproni nennt das Itin. Anton,
p. 126 f. die vier Civitates Utriculi, Narnia, Interamnia, Spoli-
tio mit den Distanzen: 21, 12, 8, 18 und mit der Bezeichnung
,Civitas'. Dann folgen drei vici: Foro Flamini, Helvillo und
Calle mit den Distanzen: 18, 26, 23. Die letzteren Entfer
nungen sind schon grösser und lassen sich als Tagreisen
auffassen. Niemand wird aber glauben wollen, dass man eine
Tagreise aufgewendet habe, um von Utriculi nach Narnia
(12 mp.) und eine zweite, um von letzterer Stadt nach Inter
amnia (8 mp.) zu gelangen. Noch eigenthümlicher nimmt sich
die Darstellung derselben Strecke im Itin. Hieros. p. 613 f.
aus. Nach einer Strecke von 44 mp. kommt es von Rom,
ohne eine Mansio zu nennen, nach Ucriculi, und nennt zwischen
Spolitio und Foro Flamini, welch’ letzteres als Civitas, nicht
mehr als Vicus erscheint, zwei Civitates mehr als das Anto-
ninianum: Trevi, die von Spolitio 12, und Fulginis, die von
Trevi 5 mp. abliegt, worauf sogleich die neue Civitas Foro
Flamini mit einem Abstand von 3 mp. folgt. Ebenso nennt
es zwischen letzterer und der Mansio Herbelloni zwei Städte
mehr: Noceria mit 12, Ptanias mit 8 mp. Entfernung von erste-
rer. Demzufolge erhält man von Rom bis Ptanias — es werden
Sitzungsber. d. phil.-liist. CI. LXXX. Bd. UI. Hft. 39
598
Kenner.
hier nur drei Mutationen und neun Civitates aufgeführt —
zwischen letzteren folgende Distanzen: 44, 12, 9, 20, 12, 5,
3, 12, 8. Hier ist doch klar, dass diese Abstände keine Tag
reisen der Post, ihre Endpunkte also, obwohl sie Civitates sind,
keine Nachtherbergestellen der Post sein können. Im weiteren
Verfolg der Reise von Foro Semproni nach Mediolanum nennt
das Antoninianum (p. 126 s.) 13 Civitates, mit der ausdrück
lichen Bezeichnung als solche, und eine Mansio; die Distanzen
sind: 16, 8, 24, 20, 24, 10, 24, 25, 17, 18, 15, 24, 24, 16.
Das Hierosolymitanum nennt p. 615 f. um drei Städte (Foro
Populi, Foro Livi, Claterno) mehr, also 16 Civitates und eine
Mansio; die Distanzen derselben sind: 17, (8), 24, 18, 6, 6,
5, 10, 13, 10, 28, 13, 18, 15, 21, 25, 14. Auf der Fahrt von
Capua nach Rom nennt das Antoninianum (p. 107) sechs Städte
und drei Mansionen inzwischen, letztere nicht als solche be
zeichnet; die Abstände sind: 16, 9, 9, 13, 16, 18, 10, 17, 16.
Das Hierosolymitanum (p. 611) nennt dieselben Städte und
fünf Mutationen; die Abstände der ersteren sind: 26, 9, 9, 12,
13, 19, 21, 16.
Es zeigt sich in diesen Beispielen, dass die Civitates von
dem letztgenannten Verzeichnisse durchaus aufgeführt werden,
wenngleich die Entfernungen häufig nur auf eine halbe, selbst
nur auf ein Viertel einer Tagreise, ja auch noch weniger aus-
kommen. Die Absicht, welche ihrer Aufnahme ins Verzeichniss
zu Grunde liegt, kann also keine andere sein, als überhaupt
alle Civitates, die sich auf einer Fahrtstrecke der Post finden,
namhaft zu machen, weil sie die wichtigeren Knotenpunkte
waren, und zwar nicht blos des amtlichen, sondern auch des
socialen Verkehres. Auch das Itinerarium Antoninianum fügt
an einzelnen Stellen den Namen der Orte, welche Civitates
waren, diesen Titel bei. Das ist auch selbstverständlich. Durch
Orte von diesem Range konnte die Post nicht einfach durch
fahren, auch dann nicht, wenn weder eine Pferdewechsel- noch
eine Nachtherbergestelle einfiel. Sie musste vielmehr wenig
stens so lange Halt machen, bis die etwaigen amtlichen Sen
dungen und die absteigenden Reisenden expedirt, neue aufge
nommen waren. Die Civitates waren also mit Rücksicht auf
die Post nichts anderes als Haltestellen, an welchen die Fahrt
auf kurze Zeit unterbrochen oder, wenn man so will, beendigt
Ernolatia.
599
und eine neue Fahrt begonnen wurde. Insoferne und weil
jeder Reisende in jeder Civitas die Reise unterbrechen konnte,
und einer öffentlichen Unterkunft sicher war, konnten die Civi-
tates zu den Mansionen gerechnet werden, was im Hieroso-
lymitanum auch geschieht. Falsch aber ist es, das Wort Mansio
in diesen Fällen im engeren Sinne als Bezeichnung einer ärari
schen Nachtherbergestelle der Post zu nehmen, deren nur am
Schluss einer Tagreise einiielen und nur in kleineren Orten,
in Civitates höchstens ausnahmsweise angelegt waren. Wäre
dies wirklich der Fall gewesen, so müsste, um ein Beispiel zu
nennen, die römische Post von Fulginis nach Foro Flamini
zwei Tage gebraucht haben; sie würde in der ersten Tagreise
5 mp., d. i. eine deutsche Meile, in der zweiten gar nur 3 mp.
= 72 Minuten Weges zurückgelegt haben, und dabei am ersten
Tage eine Stunde, am andern eine halbe Stunde gefahren sein.
Es waren daher selbstverständlich Virunum, Ovilava
und Lauriacum, da sie Civitates waren, Haltestellen der Post
und mit Rücksicht auf die Distanzen sicher auch Wechsel
stellen. Keineswegs aber folgt aus ihrem Range als Civitates,
dass sich dort auch ärarische Nachtherbergestellen befunden
haben mussten, also der Schluss einer Tagreise ebendort ein
getroffen sein müsse.
Was endlich die Aenderung in der Eintheilung der Statio
nen betrifft, so sind deren auch anderwärts nachweisbar. Wenn
Kolm bemerkt, es sei unstatthaft, vorauszusetzen, dass die
Römer durch so lange Zeit, seit der unsere Strasse überhaupt
bestand, bis in die Epoche des K. Alexander Severus an der
unbequemen älteren Eintheilung festgehalten und sie erst unter
diesem Kaiser durch eine bessere ersetzt hätten, während ihre
Tüchtigkeit im Strassenbau und Verkehrswesen vielmehr an
nehmen lasse, dass sie gleich vom Anfänge an das Richtige
getroffen hätten; wenn Kohn mir diese Bemerkung entgegen
stellt, so hat er zwei wesentlich verschiedene Momente zusam
mengeworfen. Der Strassenbau hatte zu allen Zeiten die gleiche
Aufgabe, die möglichst kurze und entsprechende Linie zu finden;
die Strasse blieb auch in unserem Falle durch alle Zeiten die
selbe, an ihr hat die Umlegung der Stationen nichts geändert.
Letztere hängt aber von Verkehrs Verhältnissen ab, deren Ge
staltung sich nicht voraus berechnen lässt. Es dürfte als eine
39*
600
Kenner.
erwiesene Thatsache gelten, dass die Noriker bei dem lange
dauernden Frieden und der Stetigkeit der Gebirgsvölker nur
allmälig die römische Cultur aufnahmen. Ein Wendepunkt trat
erst in Folge der Markomannenkriege hervor; erst als sich das
Land unter Commodus und Septimius Severus von den Ver
wüstungen und Leiden derselben erholt hatte, drang die Roma-
nisirung durch und schuf neue Verkehrs- und Lebensverhält-
nisse in den verschiedenen Schichten des Volkes. Es ist keine
überraschende Erscheinung, wenn in Folge davon einzelne
früher weniger bedeutende Orte nun als Knotenpunkte des
Verkehres rascher aufblühten, die Frequenz der Reisenden zu
nahm und beide Umstände dahin führten, die auf ältere Ver
hältnisse und ausschliesslich auf den Dienst des Staates berech
nete Vertheilung der Stationen zu verlassen und eine neue, den
veränderten Zeitverhältnissen mehr entsprechende vorzunehmen.
Dass — wohl aus gleichem Grunde — Umlegungen von Statio
nen an andere Orte oder eine geänderte Eintheilung derselben
auch anderwärts vorkam, lässt sich aus der Vergleichung der
beiden Itinerarien erweisen. Drei Stationen, die im Antoni-
nianum zwischen Nemausus und Cessero (p. 396) genannt
werden: Ambrussum, Sextantis und Forum Domiti(i), nach der
gewöhnlichen Anschauung also für Mansionen betrachtet werden,
erscheinen im Hierosolymitanum (p. 552) als Mutationen. An
statt der (Mansio) Lissas des einen (p. 131 f.), erscheint im
andern (p. 568) die Mutatio Alusore, statt der Mansio Opizo
(p. 136) in jenem, eine Mansio Cillio (p. 568) in diesem. Die
Mansio Totaia des einen (p. 141) findet sich im andern (p. 573)
als Mutatio Tutaio wieder. Dort erscheint (p. 143) die Mansio
Rosolociaco, hier (p. 575) die Mutatio Rosolodiaco; statt des
Cenon Gallicanon (p. 141) in dem einen, finden wir im andern
eine Mansio Ceratae (p. 574), ebenso dort die Mansio Ramae
(p. 357), hier die Mutatio gleichen Namens (p. 555). Ja, von
Heraclia in Thracien aus weisen beide Verzeichnisse (p. 138
u. 570) auf mehr als 60 mp. andere Stationen, das Antoni-
nianum: Cenofrurio XVIII, Melantiada XXVIII, Byzantio
XVIII, das andere Mansio Salamembria XXII, Mansio Atyra
XX, Mansio Regio XII, Civitas Constantinopoli XII. — Wenn
in unserem Falle die Aenderung in der Eintheilung sich noch
weiter erstreckte, so mag davon die Ursache sein, dass die
Ernolatia.
601
Strasse zwei bedeutende Gebirgsübergänge und auch sonst
nicht unerhebliche Terrainschwierigkeiten zu überwinden hatte,
Avas für die neue Eintheilung das wichtigste Motiv abgeben
musste.
Die Verschiedenheit der Namen, welche in beiden
Verzeichnissen für die Stationen südlich vom Pirn erscheinen,
rief in mir früher die Ansicht hervor, dass auch die Unter
schiede ihrer Entfernungen von einander und von Virunum
aufrecht erhalten werden müssten, und dass beide Erscheinun
gen auf eine durchgehende Verlegung der Stationen in der Zeit
ZAvischen der Abfassung beider Verzeichnisse hindeuten. Ich
stellte daher, um in dem Verhältnis der Distanzen des Itine-
rars zu jenen der Tabula keine Aeuderung hervorzurufen, das
ganze Minus des Itinerars (XV mp.) auf die letzte Distanz
(Ovilava XXXV). Jene Unterschiede der Entfernungen, unter
sich allerdings abwechselnd, ergaben im Durchschnitte nahe
5 mp., ein Ausmass, gross genug, um einerseits die Verlegung
aller Stationen des Itinerars in jene anderen Orte der Tabula
anzunehmen, welche diese südwärts vom Pirn nennt, anderer
seits doch nicht zu gross, um die Voraussetzung zu begründen,
dass ungeachtet der Verlegung die Stationen nordwärts vom
Pirn in denselben Ortschaften verblieben, wo sie sich früher
befanden. Demi die enge Schlucht der Steier und des Weges
zur Hölie des Ueberganges über den Pirn Hessen es gerecht
fertigt erscheinen, sehr langgestreckte Ortschaften, Avie deren
noch heute dort bestehen, anzunehmen. Ich habe dabei nicht
unterlassen, auf die Verschiedenheit der Bedingungen hinzu-
Aveisen, Avelche in dem Thal der Steier das Aufkommen zahl
reicher Ortschaften verhinderten, während sie das Aufblühen
solcher südwärts vom Pirn begünstigten. Diese Ansicht nun,
von einer durchgehenden Verlegung aller Stationen, nehme ich
zurück, nicht auf die Bemerkungen Kohn’s hin, Avelche ja, an
sich betrachtet, keine Gründe enthalten, die dagegen sprechen
würden, sondern Aveil die vollständige Restitution der Concor-
danz beider Verzeichnisse mit dem südlichen Anstieg auf den
Tauern, Avie ivir gesehen, die Erhöhung der Meilenzahl bei
Candalicae von >XX auf XXV mp. verlangt (oben S. 545),
602
Kenner.
womit die Unterschiede der Entfernungen für die Stationen
südlich vom Pirn beträchtlich herabgemindert, für die nörd
lichen ganz beseitigt werden.
Ich finde hier Gelegenheit, ein Missverständniss zu be
leuchten, welches Kohn veranlasste, mir eine Behauptung zu-
zumuthen, die ich nicht gemacht habe. Wie oben gesagt wurde,
hielt ich früherhin die Unterschiede der Entfernungen bei den
Stationen der beiden Verzeichnisse für eine Folge ihrer Ver
schiebung in der Tabula und war bestrebt, sie deutlich und
kurz in einer Durchschnittszahl darzustellen. Die Stationen
des Itinerars und die ihnen entsprechenden je zweiten der
Tabula ergaben für ihre Abstände von Virunum 1 sechs Unter
schiede von 7, 4, 5, 5, 5, 7 zusammen 33 mp., also im Durch
schnitte 5 1 /. 2 mp. Um nun zu zeigen, dass auch die inzwischen
fallenden Stationen verlegt worden seien, und um für die Be
rechnung der Unterschiede der Entfernungen derselben gleich
falls eine Durchschnittszahl zu gewinnen, wollte ich auch
sie zur Vergleichung heranziehen. Da nun das Itinerar die
Mutationen nicht nennt, so stellte ich deren n ormale Entfer
nungen ein, indem ich beifügte, dass sie zumeist in der
Hälfte der Entfernung der grösseren Orte angelegt gewesen
seien; sie sollten, wie ich ausdrücklich sagte, als Anhalte zur
Vergleichung mit den Zwischen Stationen der Tabula dienen.
Ich habe also nur die halben Entfernungen der Stationen
des Itinerars eingestellt, und nicht behauptet, dass auf ihre
Endpunkte alle Wechselstellen auch in Wirklichkeit eingefallen
seien, sondern ich habe sie nur als die normalen den effec-
tiven Distanzen der Tabula entgegengestellt, und sie nur für
die in Rede stehende Route, endlich auch hier nur für den
Zweck der Vergleichung und Gewinnung einer Durchschnitts
zahl angewendet. Für diesen Zweck ist es nun ganz gleich-
giltig, ob die normalen oder effectiven Distanzen benützt werden;
denn es handelt sich hier um je zwei Theildistanzen zwischen
je zwei grösseren Stationen; wenn die eine effectiv grösser
oder kleiner ist als das Normale, so gleicht sich dies aus da
durch, dass dann die andere respectiv kleiner oder grösser
1 Diese Abstände sind für das Itinerarium: 20, 50, 68, 98, 118, 138 (153);
für die Tabula: 27, 54, 73, 103, 123, 145 (153). >
Ernolatia. 603
ausfallen muss. Auch können die Unterschiede zwischen beiden
nicht so gross sein, dass durch sie die Durchschnittszahl, um
die es sich hier vorzüglich handelt, merklich alterirt würde.
Ich zeige dies an unserem Falle. Die normalen Hälften der
Distanzen des Itinerars zeigen folgende Abstände von Virunum:
10, 35, 59, 83, 108, 128 mp.; die damit verglichenen Zwischen
stationen der Tabula zeigen hingegen die Abstände: 14, 40,
63, 88, 111, 134 mp. Die sechs Unterschiede sind: 4, 5, 4,
5, 3, 6, zusammen 27, der Durchschnitt ist also gleich 4 2 / 3 mp.
Nehmen wir an, es seien die Wechselstationen des Itinerars
nicht nach dem normalen Ausmass, welches auf die Hälfte
einer Distanz auskommt, sondern sie seien effectiv an anderen
Punkten, als gerade in der Mitte angelegt gewesen, z. B.
zwischen Virunum und Gandalicae (XX mp.), nicht am X.,
sondern am VIII. oder XII. Meilensteine (vom ersteren aus),
dann zwischen Candalicae und Monate (XXX mp.) nicht
am XV., sondern am XIV. oder XVI., zwischen Monate und
Sabatinca (XVIII) nicht am IX., sondern VIII oder X (die
Eintlieilung der übrigen ist durch die Analogien der Tabula
gegeben), so waren in dem einen Falle die Unterschiede der
Zwischenstationen 6, 4, 5, 5, 5, 5, zusammen 30, ihr Durch
schnitt 5 mp., der Durchschnitt dieser Unterschiede und
jener der Hauptstationen wäre (63:12) 5 ’/ 4 mp. Im andern
Falle wäre die Summe der Unterschiede der Zwischenstationen
28, ihr Durchschnitt 47», während für die Gesammtheit der
Unterschiede aller Entfernungen (61:12) ein Durchschnitt
von 5'/ 12 erfolgt. Eine andere Eintlieilung der Wechselstellen
des Itinerars, welche diese Durchschnitte alteriren würde, ist
wie gesagt nicht wohl anzunehmen, weil dann ja die einen
oder anderen der Distanzen zu klein oder zu gross ausfallen
würden, im Vergleich mit den sonst auf unserer Route be
gegnenden. Es ist also für den ganz speciellen Zweck, für
welchen ich die normalen Entfernungen der Zwischenstationen
des Itinerars einstellte, ganz gleichgiltig, ob die effectiven genau
mit denselben zusammeufallen oder nicht.
Diesen Vorgang hat nun Kohu so aufgefasst, als hätte
ich die Behauptung ausgesprochen, dass die Römer durchweg
nach einem a priori construirten Schema die Wechselstellen in
die mathematische Mitte zweier Mansionen verlegt hätten, ohne
604
Kenner.
Rücksicht auf die Beschaffenheit des Bodens und etwa schon
vorhandene Orte. Er schmiedet daraus einen öfter wiederholten
Vorwurf gegen mich. Man wird aber diese Behauptung in
meiner Schrift nicht finden. An und für sich ist es selbstver
ständlich, dass man so viel als möglich gesucht hat, die Wechsel
stellen in die Mitte zweier Mansionen zu rücken, da dies mit
mannigfachen Vortheilen für den Postdienst verbunden war.
In der Tliat finden sich in der Tabula gleiche Distanzen sehr
häufig, auch auf unserer Route; in meiner früheren Bearbeitung
(Sitzungsher. LXXI, 409 f.) habe ich aus dem Itin. Hierosol.
dargelegt, dass im Durchschnitte die Mansionen nach je 24,
die Mutationen nach je 12 mp., also in der halben Entfernung
der ersteren eingestellt waren, wenngleich im Einzelnen sich
die Distanzen anders stellen. Als Normale für die Anlage der
Mutationen hat man daher sicher die halbe Entfernung der
Mansionen betrachtet. Aber in der Durchführung stellten sich
diesem Schema vielfache Rücksichten in den Weg, deren Ge
wicht jene Vortheile in einzelnen Fällen überwog, daher die
effectiven Entfernungen vielfach vom Normale abweichen, wovon
eben auch unsere Strecke auf der Tabula Zeugniss gibt. Das
ist übrigens eine so allgemein bemerkbare und in der Sache
selbst begründete Erscheinung, dass es wundern müsste, wie
Kohn auch dadurch nicht auf den Gedanken geführt wurde,
die falsche Behauptung, die er mir zuschreibt, beruhe vielmehr
in einem Missverständnis seinerseits. Dies wird aber sofort
erklärlich durch die Erwägung, dass es ihm in Folge seiner
Bestimmung von Sabatinca auf Trieben darum zu thun sein
musste, den gesammten Tauernübergang in eine Tagreise zu
sammenzufassen; er setzt die eine Mansio auf Ad pontem (Furt),
die andere auf Surontium (Sabatinca = Trieben) an und er
hält zwischen beiden zwei Stationen Viscellae und Tartursana,
die somit Wechselstellen gewesen sein müssen, so dass hier
auf eine Tagreise nicht eine, sondern zwei Wechselstellen ent
fielen. Auch bei Kohn ist dies nur ein einzelner Fall; im
Uebrigen nimmt auch er eine Wechselstelle für eine Tagreise
in Anspruch, so dass von je zwei Stationen der Tabula die eine
die Nachtherberge, die nächstfolgende die Wechselstelle darstellt.
Um zur Verschiedenheit der Namen jener Stationen,
welche südwärts vom Piru erscheinen, zurückzukehren, so ist
Ernolatia
605
kein Zweifel, dass die Namen Sabatinca und Surontium auf
denselben Ort entfallen, sobald man den Gedanken an eine
durchgehende Verlegung’ der Stationen aufgibt. Denn alsdann
fallen die beiden Gabromägus des Itinerars und der Tabula
zusammen; am Schluss der nächsten Distanz des Itinerars
(XXX) erscheint Sabatinca, am Schluss der nächsten Detail
distanzen der Tabula (XV -|- XV) Surontium. Es lag also
von Gabromagus an derselben Strasse 30 mp. entfernt ein Ort
mit zweifachem keltischem Namen. Die Erklärung dieser Er
scheinung ist schwierig, mag man nun den Ort auf der Höhe
des Tauern oder an dessen nördlichem Fusse bei Trieben vor
aussetzen. Man kann nach den Distanzangaben nicht wohl
auf zwei nahe bei einander gelegene Ortschaften schliessen;
eben so unzulässig ist die Annahme, dass der eine Ort, welcher
früherhin Sabatinca geheissen, später abermals einen keltischen
Namen: Surontium, gehabt habe. Namenänderung bei kleineren
Ortschaften erfolgt sehr selten und dann aus einem besonderen
Grunde, im Alterthume meist aus Anlass der Gründung einer
Colonie, die wieder was immer für eine politische oder com-
mercielle Ursache hatte. Dann aber und speciell in unserem
Falle würde der zweite Name gewiss kein neuer keltischer,
sondern ein lateinischer gewesen sein. Ganz anders stünde die
Frage in der Tliat, wenn einer der beiden Namen für die hier
in Rede stehende Station ein lateinischer wäre, der entweder
bei Errichtung der Station gebildet worden und später vor
dem ursprünglichen keltischen Namen zurückgetreten, oder
der umgekehrt in jüngerer Zeit an die Stelle des alten kelti
schen getreten wäre. Wenn mit sicheren Gründen im Itinerar
eine irrthiimliche Folge der Namen Monate und Sabatinca
nachgewiesen werden könnte, so dass jener Passus ursprüng
lich statt: Monate XXX — Sabatinca XVIII gelautet hätte:
Sabatinca XXX — Monate XVIII, so würde man mit Recht
darauf hinweisen können, dass nur die obengenannten Codices
D und P — allerdings wo sie übereinstimmen, sehr beachtens-
werthe Quellen — den Namen Monate schreiben, während alle
übrigen Codices übereinstimmend einen lateinischen Namen:
Montana überliefern. Man könnte weiter folgern, dass diese
Schreibung, eben weil sie durch die Mehrzahl der Codices,
namentlich durch den Wiener L bewahrt blieb, die richtige
606
Kenne r.
sei, dass also ursprünglich die auf dem Tauern bei dem Orte
Surontium gelegene Herberge: Mansio oder Statio Montana
benannt worden sei, d. h. Station ,im Gebirge', wie jene auf
dem Radstätter Tauern kurzweg: (Mansio) ,In alpe' hiess; dass
späterhin aber der ursprüngliche keltische Name wieder mehr
in Aufnahme gekommen sei und das Uebergewicht erlangt habe.
Allein da ich für eine derartige irrthümlicke Verstellung der
beiden Ortsnamen einen durchschlagenden positiven Grund
nicht • anzuführen vermag und eine andere Erklärung nicht zu
geben weiss, bescheide ich mich mit Constatirung der That-
sache, dass hier ein zweifach benannter Ort bestanden habe,
ohne eine Erklärung derselben zu versuchen.
Noch zwei andere Stationen des Itinerars fallen in die
Nähe von Stationen der Tabula, so dass eine späterhin erfolgte
Verlegung der ersteren an die Stelle der letzteren gefolgert
werden kann. Dies sind Candalicae und Monate des Itinerars,
das südliche Noreia und Viscellae der Tabula. Durch Kohn’s
Correcturen fallen auch Candalicae und Noreia zusammen, ent
weder, so vermuthet er, habe Noreia früherhin Candalicae ge
heissen, oder es habe der Abschreiber der Tabula irrthümlich
statt Candalicae den Namen Noreia an dieser Stelle wiederholt.
Wenn wir überhaupt mit Kohn’s Correctur der Meilenzahl von
Candalicae (statt XX, XXVII) einverstanden sein könnten, so
würde die letztere Erklärung uns weit annehmbarer als die
erstere dünken, und zwar aus dem ebengenannten Grunde,
weil dann wieder zwei keltische Namen für einen Ort erschienen.
Nach den Bestimmungen von Mommsen und mir entfallen jene
Namen, von denen hier die Rede ist, in der That auf ver
schiedene Orte. Nach Mommsen lag Candalicae 6 mp. süd
licher als Noreia, Monate 3 mp. südlicher als Viscellae; nach
meinen Bestimmungen lagen die beiden ersteren Orte 2, die
letzteren 1 mp. von einander entfernt. Es hat demnach süd
lich vom Tauern eine Verlegung einzelner Stationen allerdings
stattgefunden; diese war aber keine tiefergreifende Massregel,
sondern geschah offenbar nur aus Opportunitätsgründen, indem
man die früher am südlichen Ausgang der ,Einöd' befindliche
Station, in die Mitte des Engthaies hinaufrückte und ebenso
jene Station, die ehedem am nördlichen Ausgang des ,Pöls-
halses', d. i. des Passes lag, der vom Thale des Pölsbaches in
Ernolatia.
607
das der Mur führt, an den südlichen verlegte, also an jenen
Punkt, wo die Tauernstrasse in ihre beiden Zweige ausein
anderging.
Von allen Bemerkungen, die Kohn gegen meine Aus
führungen gerichtet, hat mich am meisten die Kritik über
rascht, die er an meiner Behandlung der Fundmünzen in
den Ausgrabungen von Windischgarsten übte. Schon
zweimal zeigte sich im Verlaufe dieser Untersuchung, dass er
mir entweder eine folgenschwere Behauptung zuschrieb, von
der ich gerade das Gegentheil annahm, oder dass er den Sinn
einer von mir aufgestellten Behauptung gänzlich verkannte.
Etwas Aehnliches treffen wir auch hier. Es heisst graue Hypo
thesen übereinander thürmen, ruft er aus, wenn Kenner diese
Münzen wie einen vergrabenen Schatz behandelt, in künstlich
geschaffene Gruppen eintheilt und mit diesen beweisen will,
dass sämmtliche älteren Münzen erst nach 217 in das Gebäude,
das bei Windischgarsten aufgegraben wurde, gekommen sein
können. Dies ist nun wieder durch und durch falsch. Jeder
mann kann sich überzeugen, dass ich an betreffender
Stelle 1 den eben angeführten Schluss nicht aus dem Charakter
der Münzengruppen gezogen habe. Ich habe bezüglich dieser
nur constatirt, dass sie die Merkmale des Courantes an sich
tragen, wie es zur Zeit des K. Alexander Severus bestand.
Da nun, so schloss ich weiter, nach meinem in dem ersten
Theile der Untersuchung auf Grundlage einer durchgehenden
Verlegung der Stationen gegebenen Bestimmungen zur Zeit des
Itinerars, also bis zum Schlüsse von Caracalla’s Regierung
(217) die Mansio Gabromagus am Pirn, die entsprechende
Mutatio aber in Spital am Pirn lag, da mithin zu jener Zeit in
Ernolatia weder eine Nachtherberge noch eine Wechselstelle
bestand, endlich da aus eben diesen Gründen das in Windisch
garsten ausgegrabene Gebäude, indem es eine Mansio darstellt,
nicht vor Ende der Regierung Caracalla’s erbaut sein könne:
so können auch die ältesten Fundmünzen nicht früher in das
selbe gekommen sein. Dazu nun stimme der Umstand, dass
1 Sitzungsber. Bd. LXXIV, 462, Separatabdr. S. 42.
608
Kenner.
die ältere Gruppe derselben eben jenes Courant abspiegle, wie
es in der Zeit Alexander Severus’ beschaffen gewesen sei. Die
eine Zeitgrenze (217) habe ich also, wie man sieht, nicht aus
den Fundmünzen, sondern aus den Angaben des Itinerars und
aus der Annahme einer durchgehenden Verlegung der Stationen
geschöpft, aus einem Anhalte also, der gerade mit den Fund
münzen gar nichts zu tliun hatte.
Ferner ist falsch, dass ich die Fundmünzen von Windisch-
garsten wie einen vergrabenen Schatz behandelt habe, indem
ich (a. a. 0. S. 460 f.) im geraden Gegentheile ausführlich
darlegte, dass wir es hier mit einzeln und zu verschiedenen
Zeiten verstreuten Münzen zu thun haben. Diese Auffassung
zieht sich durch meine ganze Behandlung derselben hin. An
dererseits wird man nicht leugnen können, dass Fuudmiinzen
wissenschaftlich behandelt werden dürfen nur nach den Ge
setzen der Entwickelung des Münzwesens. Denn es liegt auf
der Hand, dass ihr Zusammenerscheinen an einem und dom
seihen Orte im letzten Grunde doch durch jene Gesetze be
dingt wird, gleichviel, ob sie einst einen Schatz bildeten oder
nicht; nur etwa dass in einem Schatze die wahrnehmbaren
Erscheinungen klarer und schärfer hervortreten als in einer
Reihe von einzelnen Münzen, die zwar nicht an derselben, aber
doch an örtlich sich nahe liegenden Stellen gefunden wurden.
Was namentlich die ältere Münzgruppe betrifft, um die
es sich hier vorzüglich handelt, so ist ihre Bildung angezeigt
schon durch den einen Umstand, dass die Münzen vor Septi-
mus Severus abgenützt, grösstentheils gänzlich verschliffen
waren, jedenfalls also lange Zeit circulirten, bevor sie unter
die Erde gelangten. Ich muss mich daher gegen den Vorwurf
verwahren, künstliche Gruppen geschaffen zu haben, es ist
keine Verkiinsteluug einer Sache, wenn man sie nach den
Normen ihrer inneren Entwickelung behandelt.
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Einwurfe, welchen
Kolm den Castellanlagen entgegenstellt. Ausgehend von dem
Gedanken, dass man römisekerseits nach den im Markomannen
kriege gemachten Erfahrungen bestrebt gewesen sein müsse,
den Uebergang über den Pirn durch militärische Werke zu
sichern, habe ich als die passendsten Punkte hiefür Klaus,
Diernback und Windischgarsten bezeichnet; an beiden ersteren
Ernolatia.
609
mögen kleinere Vorwerke, an letzterem das Castell gelegen
haben. Ein Blick auf eine genaue Terrainkarte wird lehren,
dass diese Punkte in der That im Steier- und Teichelthale die
geeignetsten und römischer Gewohnheit entsprechendsten für
solchen Zweck waren. Mit dem weiteren Schlüsse, dass man
in einer Grenzprovinz die Poststationen der Sicherheit wegen
in die nächste Nähe der Bollwerke verleg't haben werde — ein
Schluss, der, wie mir scheint, durchaus gerechtfertigt ist —
gelangte ich zu einem Merkmale, an welchem sich meine Be
stimmung der Stationen nördlich vom Pirn erproben könnte.
Ich habe nämlich schon damals die Ansicht ausgesprochen, dass
die Schlussdistanz im Itinerar von XX auf XXXV mp. aus dem
Grunde erhöht werden müsse, weil es gerade solche grössere
Distanzen auf jenen Strecken, wo der Weg meist eben sei,
aufführe. Zu diesem in der Bodenbeschaffenheit begründeten
Motive meiner Correctur traten noch die Umstände, welche
oben bei Bestimmung von Vetoniana ausführlicher dargclegt,
aber auch schon in der früheren Bearbeitung von mir in der
Hauptsache berührt wurden. Nach jener Correctur entfalle das
Tutatio der Tabula auf Klaus, jenes des Itinerars nahe von
Diernbach gegen St. Pankraz zu, Ernolatia aufWindischgarsten ;
dort also, wo man nach den Bedingungen der Situation Castell
und Vorwerke desselben anuehmen könne, fallen nach den
Meilenzahlen auch die Stationen der Post ein. Ich hebe aus
drücklich hervor, dass ich die Castellanlagen und die Correctur
der letzten Distanz des Itinerars vollständig auseinanderhielt
und letztere auf Gründe hin vornahm, die mit ersteren gar
nichts zu thun haben.
Dagegen verwirft nun Kohn die Castelle, weil man sie
— nicht gefunden habe, und fügt die Bemerkung bei, solche
aus einzig strategischen Gesichtspunkten voraussetzen, dahin
Stationen verlegen und, wo die Masse der Itinerarien nicht
stimmen, Quellencorrecturen vornehmen — das sei ein Ver
fahren, das unmöglich zu sicheren Resultaten führen könne.
Mit diesen Worten bietet Kohn eine treffliche Gelegenheit, das
eigene Geschoss gegen ihn selbst zu wenden, wenn es sich in
dieser Schrift überhaupt darum handelte, seine Ausfälle zu er
widern. Insoferne aber seine Aeusserung so gedeutet werden
könnte, als hätte ich die Correctur auf Grundlage der ver-
610
Kenner. Ernolatia.
mutheten Castelle ausgeführt, muss ich bemerken, dass die Ver
wechslung dieser zwei von einander ganz unabhängigen Momente
nicht von mir, sondern von Kohn selbst verschuldet wurde.
Allerdings wäre es sehr erwünscht, für erstere ausser den rein
strategischen, übrigens sehr wichtigen Gesichtspunkten, Belege
anführen zu können, sowie es überhaupt erwünscht wäre, statt
mit Conjecturen mit sicheren Thatsachen zu rechnen. Dass
dies nicht immer vergönnt ist, mag Kohn selbst bei Abfassung
seiner Schrift in mehr als einem Falle gefühlt haben; wir fühl
ten es wenigstens bei der Lecture derselben.
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Conze. Zweiter Bericht über die Vorarbeiten z. Herausg. d. griecb Grabreliefs. 611
Zweiter Bericht über die Vorarbeiten zur Heraus
gabe der griechischen Grabreliefs.
Von
Dr. Alexander Conze,
wirkl. Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften.
Es sind nahezu anderthalb Jahre vergangen, seit über
den Stand der Vorarbeiten zur Gesammtausgabe der griechi
schen Grabreliefs ein erster Bericht erstattet wurde (Sitzungs
berichte d. phil.-hist. CI. Jänner 1874, LXXVI, S. 5 ff.). Zu
dem, was darin der Berichterstatter heute selbst vermisst, ge
hört (was vielleicht gerade als zu selbstverständlich nicht den
doch gebührenden Ausdruck fand) die Erinnerung an den Ein
fluss, welchen namentlich auch O. Jahn geübt hat, um die
archaeologische Forschung als auf heutige Hauptaufgaben auf
umfassende Unternehmungen, wie ihrer eine die Publication der
Grabreliefs ist, hinzuleiten.
Wenn nicht allein die inzwischen verflossene Zeit, sondern
auch das in ihr Geschehene abermals zu einer Rechenschafts
legung auffordert, so muss diese einen wesentlich verschiedenen
Charakter tragen, als jener erste Bericht. Damals wurde das
grosse Ziel, welches die Akademie als ein ihrer Bestimmung
angemessenes sich steckte, in allgemeinen Umrissen gezeichnet,
und es wurde von einigen allerersten Schritten Meldung gethan.
Jetzt sind wir dem Ziele bereits um eine gute Strecke näher
gerückt, doch es ist uns ergangen, wie dem Wanderer, dem
eine Bergspitze beim Aufbruche lockend sich zeigte, dem sie
dann aber während des Marsches auf lange hin wieder ver
schwindet, während Blick und Bemühungen von den Hindernissen
[
i
II 1
612 Conz e.
des Weges in Anspruch genommen werden. Vorübergehend
richtet sich dann wohl alles Streben zunächst darauf, nur eine
Vorhöhe zu gewinnen, und erst bei der Rast auf dieser mag
sich der Blick entschlossener von Neuem auf das letzte höchste
Ziel richten.
Die Hindernisse, denen wir begegneten, bestehen vor
Allem in der nicht ganz vorhergesehenen Grösse des zu ver
arbeitenden und zu dem Zwecke erst zu sammelnden Materials.
Dass wir an das ganze Unternehmen nicht fremd und unvor
bereitet herantraten, wird der erste Bericht zur Genüge haben
erkennen lassen; wir übersahen nicht allein das Material seiner
heutigen örtlichen Vertheilung nach im Allgemeinen, sondern
wir kannten dasselbe an vielen Punkten bereits bis in seine
Einzelheiten genau. War doch die Arbeit seit dem Beginne
durch A. Michaelis im Jahre 1860, also dreizehn Jahre lang,
ich glaube kein Jahr ohne einige Förderung geblieben, sei es
durch Michaelis selbst, sei es durch meine von ihm ange
regte Aufmerksamkeit und Bemühung, bis endlich die kaiser
liche Akademie die Sache in ihre stärkere Hand nahm.
Aber nicht allein neue Entdeckungen, namentlich in Athen,
haben inzwischen mehr und mehr Zuwachs an Material ge
bracht , sondern auch dadurch stellt sich die Anzahl der
Grabreliefs und der Reste von solchen weit grösser, als ich
veranschlagt hatte, heraus, dass man zunächst unwillkürlich zu
sehr dem Hervorragenden, dem aus der Masse Heraustretenden
sich zuwendet, die an Zahl ausserordentlich überwiegende Menge
des Gewöhnlichen aber als mitzählend erst dann unerbittlich
sich einstellt, wenn die Arbeit selbst planmässig begonnen wird,
welche möglichste Erschöpfung alles Vorhandenen verlangt
und nicht von vorn herein nur bequem eklektischem Verfahren
nachzugeben gestattet. Letzteres gilt freilich gleicher Weise
von einem jeden nach unserer heutigen Auffassung ernsthaft
wissenschaftlichen Unternehmen, auf dem archaeologischen Ge
biete gesellt sich dazu jedoch der erschwerende Umstand eines
grossen, durch das vorerst unerlässliche Herbeiziehen des Un
bedeutenden wie des Bedeutenden sich steigernden Geldauf
wandes. Oekonomische Rücksichten mussten deshalb die Aka
demie bestimmen, zwar nichts von dem Gesammtplane endgültig
aufzugeben, aber zu allererst die wirkliche Vollendung nur
lieber die Vorarbeiten zur Herausgabe der griechischen Grabreliefs.
613
eines Theiles zu beschliessen, des besonders wichtigen der
attischen Grabreliefs. Dieser Abtheilung sollen vorläufig
allein die Geldmittel zugewandt, ihr Abschluss in druck-
fertiger Form soll zunächst herbeigeführt werden. Der Arbeiter
soll und wird aber deshalb doch nie vergessen, dass es
der Idee nach an letzter Stelle der Umfassung aller griechischen
Grabreliefs gilt; er wird in diesem Sinne unbeirrt arbeiten,
gleichviel ob die Akademie hoffentlich später gewillt sein wird,
selbst so weit auch auszuhalten, oder ob sie einmal den Ab
schluss des Ganzen entsagend aus der Hand geben wird.
Laut dem ersten Berichte waren zur Beschaffung des
Materials die Dienste der Photographie in Anspruch genommen,
ohne dass damit über die Form der Vervielfältigung zum
Zwecke der eigentlichen Publication praejudicirt sein sollte.
Aeussere Umstände, deren Gunst benutzt sein wollte, hatten
veranlasst, dass zuerst die Ausbeutung der Sammlungen und
der verstreuten Stücke in Konstantinopel und Athen, in
England und Holland unternommen ward. Bei Abfassung
des ersten Berichtes waren Photographien eines grossen Theiles
der Grabreliefs an diesen Orten bereits in unseren Händen.
Heute verfügen wir über alles dort Befindliche, hier und da
nur noch einen Nachtrag, sei es von Neugefundenem, sei es
von Uebersehenem, erwartend.
Die Zahlen des so beschafften Apparates haben sich
hauptsächlich für Athen erheblich vermehrt. Die Aufzählung,
welche Michaelis von den in englischen und holländischen
Sammlungen Vorgefundenen griechischen Grabreliefs gab (I. Be
richt S. 21 ff., Separatabdruck S. 19 ff.), entspricht ziemlich
genau dem, was der Apparat heute von Photographien aus
England und Holland- besitzt. Michaelis zählte 274 Nummern,
im Apparate besitzen wir davon 252. Diese vertheilen sich
auf die einzelnen Sammlungen wie folgt:
London: Britisches Museum 145
Cambridge: Fitz William-Museum 9
„ Trinity-College 4
Oxford: Schools 16
,, Ashmolean Museum 5
„ University-Galleries 7
Liverpool: Public Museum 2
Sitzuugeber. U. phil.-liist. CI. LXXX. Bd. III. Hft.
40
614
Conze.
Brocklesby-Park: Earl of Y;ärborough . 14
Ince-Blundell-Hall, Mr. Weld-Blundell . 2
Lowther-Castle, Earl of Lonsdale ... 2
Rokeby-Hall, Mr. Morritt 5
Wiltonhouse, Earl ofPembroke . . . . 5
Leiden: Museum van Oudheden 36
Summe . 252
Die Differenz liegt, wie im Einzelnen durch Vergleichung
des ersten Berichtes leicht ersichtlich wird, hauptsächlich darin,
dass die Photographien der Reliefs im South-Kensington-Museum,
in Lansdownehouse, Marbury-Hall, Richmond und Woburn-
Abbey, sowie die des vereinzelten Exemplares in Utrecht, bis
jetzt nicht beschafft werden konnten. Michaelis weiss sich aber
zur Erreichung des noch fehlenden kleinen Restes, soweit die
Aufstellung überhaupt eine photographische Aufnahme gestattet,
des Beistandes unserer früher genannten dortigen Freunde und
Helfer gewiss, neben denen inzwischen auch Herr Herrn.
Fort läge in London durch freundliche Uebernahme der Aus
zahlungen an die Photographen uns wiederholt zu Dank ver
pflichtet hat.
Den 47 Aufnahmen in der Irenenkirche zu Stambul
nach Constatirung eines dort vielleicht nicht ganz mangelnden
Zuwachses neue hinzuzufügen, konnten wir uns für jetzt nicht
angelegen sein lassen, nachdem der Beschluss über die vor
läufige Beschränkung auf das attische Material von der Aka
demie gefasst worden war.
Diesem Beschlüsse entspricht dagegen die bereits vor
seiner Fassung vollendete Herbeischaffung aller in Athen selbst
befindlichen Grabreliefs, wobei es ganz unthunlich gewesen
wäre, eine Ausscheidung der verhältnissmässig wenigen nicht
aus Attika selbst (namentlich z. B. aus Rheneia) stammenden
Exemplare vorzunehmen. Die grosse Fülle von Grabreliefs in
Athen und die Hin- und Herbewegung, in der sie sich theil-
weise bei dem meist provisorischen Zustande der dortigen
Sammlungen befinden, forderten gebieterisch, erst einmal alles
bis zu einem gewissen Zeitpunkte dort Vorhandene ausnahms
los und ohne Zögern zu erledigen. Die dann leichtere Aufgabe,
das Neuhinzukommende fernerhin zu überwachen, hat unser
Hauptmitarbeiter in Athen, Achi Ileus P ostolakkas, auf sich
Ueber die Vorarbeiten zur Herausgabe der griechischen Grabreliefs.
615
genommen, dem für seine bei grosser Mühsamkeit sorgfältigst
durchgeführte Katalogisirung und die Leitung der ganzen Auf
nahmen in Athen auch nacli allem erstatteten Danke immer
wieder gedankt werden muss, wie nicht minder Herrn Consul
Karl Wilberg für seine unverdrossen bereitwillige Fortführung
der Rechnungen und Vermittlung der Auszahlungen.
Ich lasse die Zahlen der aus den verschiedenen Samm
lungen und Aufbewahrungsorten in Athen in unsern Besitz
gelangten Photographien folgen:
Sammlung der archaeologischen Gesell
schaft im Barbakeion 291
Neues Museum 164
,Thurm der Winde 1 57
Im Garten des k. Schlosses 13
Bei der Agia Trias 108
Auf der Akropolis 261
,Hadriansstoa 1 264
, Theseion 1 267
Im Privatbesitz 255
Im Kultusministerium 16
Am Dimitrios Katiphoris ....... 12
An der Panagia Gorgopiku 3
„ „ Agia Saba 1
„ „ Christokopidi 1
Im Münzkabinet 1
An der Nationalbank . .. 2
An der Attalosstoa 2
Monument des Philopappos 1
Dazu kommen weiter in Attika:
Piraeeus: Museum 67
„ Privatbesitz 51
„ Gottesacker 8
Eleusis 2
Tatöi 12
Summe 1859
Bei Abfassung des ersten Berichtes waren davon theils
schon in unseren Händen, theils erst in Arbeit im Ganzen
1157 Stück.
40*
616
C-onz e.
Besonders ansehnlich ist der Zuwachs der vereinzelt im
Privatbesitz zu Athen und im Piraeeus befindlichen
Reliefs. Unter diesen bei freundlichem Entgegenkommen der
Eigenthiimer durch Postolakkas Fleiss und Örtskunde zu
sammengebrachten 306 Exemplaren kann eine grosse Anzahl für
bisher ausserhalb Athens so gut wie unbekannt gelten; einzelne
von ihnen treten aber auch, sei es der Darstellung oder der
Güte der Arbeit wegen, sei es durch Eigentümlichkeiten der
Technik oder treffliche Erhaltung, aus der Masse aller bekannten
Grabreliefs als besonders merkwürdig hervor.
Beispielsweise nenne ich als eines der beachtenswertesten
Stücke im Privatbesitz den über einer Hausthür der Asklepios
strasse im Piraeeus eingemauerten Grabstein des Ky^toc Kv;-
<ptsoS(!)po[u] KcpuBaXkeui; (App. Pir. Privates. 26. Kumanudis 693).
Er zeigt den Verstorbenen allein bei der Mahlzeit liegend.
Nach dem Charakter der Schrift, nach der dieser Classe von
Grabbildern später nicht mehr eigenen flachen Reliefzeichnung,
womit auch die Einfachheit der Darstellung stimmt, ist es
eines der älteren sog. Todtenmahle, welche dann in römischer
Zeit so sehr überhand nahmen.
Aus dem zahlreicheren Privatbesitze in Athen selbst ist
gleich n. 1 unseres Apparates (Athen, Privatbesitz) hervorzu
heben, eine an der Kephisiastrasse nahe dem k. Palais am
16. September 1873 ausgegrabene Marmorvase mit der Relief
darstellung des Hermes, der die Verstorbene Muppivv; in Gegen
wart dreier Angehörigen fortführt. Dass dieses Relief nicht
leicht ganz ohne Einfluss 'auf unsere Auffassung des dreifach
(Neapel, Villa Albani, Louvre) vorhandenen sog. Orpheus- und
Eurydike-Reliefs bleiben wird, ist bereits von Lüders in der
Eröffnungssitzung des deutschen archaeologischen Institutes in
Athen hervorgehoben; publicirt und eingehender besprochen
wurde es von Ravaisson in der Gazette archeologique pl. 7,
Heft 1 u. 2. (Vgl. auch arcli. Zeitung 1871 S. 150.)
In werkwürdiger Realität stellt sich auf ihrem Grabsteine
(App. Athen Privatbes. 81. Kumanudis 3228) die kleine ’OXuviua;
dar, ihre Taube an die Brust drückend, wie ein prosaisches
Gegenbild zu dem im ersten Berichte (S. 22) von Michaelis
aufs Neue hervorgehobenen parischen Mädchen mit den Tauben
in Brocklesby-Park.
Ueber die Vorarbeiten zur Herausgabe der griechischen Grabreliefs.
617
Mir einstweilen vollkommen räthselhaft, nach Posto-
lakkas Meinung schwerlich sepulcraler Bestimmung, ist ein
Relief bei Herrn Timoleon Bassos (Piraeeusstrasse 44)
(App. Athen Privatbes. 190). Rechts ruht, den Kopf auf die
linke Hand gestützt, auf einem Kelsen eine bekleidete weib
liche Gestalt, die in der rechten Hand vorn vor dem Felsen
einen Kranz herabhängen lässt; links steht mehr im Vorder
gründe in voller Vorderansicht eine geflügelte weibliche Gestalt
in kurzem wehenden Chiton; sie hält mit ausgebreiteten Armen
ein grösseres Gewand hinter sich ausgespannt. Beide Figuren
zeigen keinerlei Beziehung zu einander.
Die nach Schräder und Stephani zuletzt von mir in den
Sitzungsberichten dieser Akademie (1872, LXXI, S. 330 f.) ge
gebene Zusammenstellung von Sirenen als Krönungen von Grab
steinen wird sich aus dem athenischen Privatbesitze (App. 150.
181), sowie durch andere im Apparate vorhandene Beispiele
ziemlich ansehnlich vermehren lassen.
In verschiedener Form sind unter den Grabstelen im
Privatbesitze zu Athen solche vertreten, die nur bemalt waren,
(App. 90. 103. 105. 116. 117. 158. 203 u. a.), und wiederum
solche, an denen die Ausführung einzelner Theile des Bildwerks
in Relief, anderer nur in Malerei kenntlich ist (App. 104. 111.
135. 139). Aeusserst hervorragend, etwa praxitelischer Zeit
zuzuschreiben, ist eine bis auf den Fuss ziemlich unverletzt,
namentlich aber im Bildwerke auf das Frischeste erhaltene
Grabvase im Besitze des Herrn Konstantin N. Kostis, auf
welcher Hoch- und Flachrelief bis zur blossen eingetieften
Umrisszeichnung und Malerei vereint in Anwendung gebracht
sind (App. 189 a — d . Kumanudis 473.)
Die schon länger aus Gipsabgüssen weiterhin bekannte
grosse Grabvase im Hause des Herrn Joh. Kuzikakis (Musen
strasse 7) mit der leicht eingetieften, kaum zu der übrigen
Hochreliefdarstellung wirklich gehörigen Umrisszeichnung der
sitzenden Frau, an deren Schultern ein Mädchen lehnt (App.
248 a— °. Arch. Zeit. 1864 Taf. 183, 1. 2.) zählt ebenfalls zu
den auserlesenen Stücken im athenischen Privatbesitz.
Das Grabrelief der Mv]Xi; (MHAIA02) und des Knaben
’AvTicpävvjc im Hause des Herrn Skarlatos Sutzos (Sophokles
strasse) (App. 92. Kumanudis 3141) nähert sich noch mehr als
618
Co n ze.
andere zum Vergleich herbeizuzieliende Sepulcralgruppen (vgl.
Sitzungsber. 1872, LXXI, S. 329) der vor einer leicht an-
gedeuteten Grabstele sieb bewegenden Gruppe des Menelaos
in Villa Ludovisi, so dass man bei den schwankenden Er
klärungsversuchen dieser Gruppe nicht unterlassen sollte nach
dieser Stütze zu greifen.
Auch von einem anderen attischen Grabrelief — dieses
nicht im Privatbesitze, sondern auf der Akropolis (App. 25.
Kumanudis 882) -- fällt ein Licht auf ein Kreuz der Inter
preten, die Priesterfigur im östlichen Parthenonfriese (Michaelis
n. 34). Vergl. Zeitschr. f. Österreich. Gymnasien 1875, S. 443.
Man wird die freudige Hinweisung auf so manchen Ge
winn, dergleichen das Unternehmen der Sammlung der Grab
reliefs freilich mit der Zeit grösser und gereifter wird bieten
müssen, nicht voreilig nennen, und ebensowenig unpassend dürfte
es sein, bei dieser Berichterstattung auch von dem Neuest-
gefundenen einiges nicht allzu Unbedeutende gleich aufzuführen.
Am 27. December 1874 berichtete uns Postolakkas
über 15 neu bekannt gewordene Grabreliefs oder Bruchstücke
von solchen. Drei davon gehören zu der Nekropolis vor dem
Dipylon, gewöhnlich und so auch in unserem Apparate nach
der Kirche der Agia Trias benannt. Man stiess auf sie am
16. October 1874. Das eine, auf einem Cippus, stellt in flachem
Relief eine Vase dar, die Inschrift lautet: llpaipwv Eufslxovss
Asexovoeü?; das andere ist nur ein Bruchstück, das dritte eines
der ansehnlichsten Beispiele des sog. Todtenmahls.
Wichtiger ist die Entdeckung, welche am 2. December
1874 beim Kiesgraben im Bette des llissos gemacht wurde.
Das Relief, welches hier zum Vorschein kam und in das neue
Museum geschafft wurde (1*645 Met. hoch), stellt in fast bis
zu freier Rundung sich erhebendem Hochrelief einen von vorn
gesehenen jungen Mann dar, der, bis auf ein leicht umgeworfenes
Gewand nackt und wie ein Jäger mit einem kurzen Knoten
stocke bewehrt, mit über einander geschlagenen Beinen an
einem kurzen Pfeiler lehnt. Neben ihm steht rechts ein
Greis, der, mit der Linken auf seinen Stab gestützt, die
Rechte an den Bart legt. Die Figur dieses Alten ist in minder
hohem Relief gearbeitet, als der als Hauptfigur stärker heraus
gehobene junge Mann, neben dem als weitere Begleiter einer-
lieber die Vorarbeiten zur Herausgabe der griechischen Grabreliefs.
619
seits ein Hund, andererseits, auf einer Stufe des Pfeilers ein-
geschlafen, ein kleiner Knabe erscheinen. Das bester Zeit un
gehörige Relief ist leider nicht ohne Beschädigungen. Zu der
Bedeutung desselben an sich gesellt sich als zur Erkenntniss
der G-rabreliefs überhaupt förderlich der Umstand, dass eine
zugleich wesentlich übereinstimmende und dabei doch frei ab
weichende Wiederholung schon länger bekannt ist (App. Athen
Hadriansstoa 30. Heydemann 203), mit welcher abermals drei
andere Exemplare, die aber ungleich gut erhalten und uns
ungleich gut bekannt sind, nahe zusammengehören (s. Anzeiger
der k. Akad., phil.-hist. Classe, Sitzung vom 15. Juli 1875.
Ravaisson, Revue archeol. Juni 1875, zu Taf. XIV).
Wie dieses ausgezeichnete Relief befinden sich im neuen
Museum auch die noch übrigen elf von Postolakkas als neu
zum Vorschein gekommen verzeichneten Grabsteine, von denen
hier nur die Inschriften mitgetheilt werden können. Zuerst eine
aus athenischem, nicht näher bestimmten Fundort stammende
Vase mit drei Figuren in Relief: Agapen; . ’laiaSr,? EheiaTo?.
OeoTuofj.Tro? Eaeiaioq. Eine im Piraeeus gefundene Stele zeigt
die Figur eines jungen Mannes: ’bi'coxoc ’Ioiowpou MtXifcioc.
Eine andere ebenfalls aus dem Piraeeus herrührende Stele,
deren jetzt glatte Fläche einst bemalt gewesen sein wird, trägt
die Inschrift Aa-<pw Ib.pafj.svou K’joaÖvjvso? (so) yuvr,. Auf dem in
Athen gefundenen Obertheile einer Stele ist noch die Figur
einer sitzenden Frau 'Av.lq sichtbar, vor der ein Mädchen ein
Wickelkind hält. Auf wieder einer anderen Stele aus Athen,
deren Akroterion Reste blauer Färbung trägt, können, obgleich
Postolakkas das nicht ausdrücklich bemerkt, die drei Figuren
zu den eingemeisselten Namensinschriften in Malerei ausgeführt
gewesen sein: IIpsy.Avjc ’AypuAvjOsv . Apo[j.L--o; AYpu/.vjOsv . MuprdAYj.
Aus Atalante ist eine Stele nach Athen in das neue Museum
gebracht mit einer von einem Knaben begleiteten männ
lichen Rclieffigur: Newafvets ^pr,erxe "/alps.
Mittheilungen aus Athen erhielten wir ferner von Herrn
Evstratiadis, der schon früher unser ganzes Unternehmen
auf das Förderlichste unterstützte, und jetzt durch Herrn Klein
uns auf eine Sammlung von Grabreliefs auf Aigina aufmerk
sam machte, die inzwischen genau erkundet wird. Herrn
Rhu sopulos verdanken wir eine briefliche Nachricht vom
620
Conz e.
5./17. Juli 1874, durch welche wir zum ersten Male von
einem unzweifelhaft sehr eigenthümlichen altböotischen Grab
relief aus Tanagra Nachricht erhielten. Rhusopulos fand es
im October 1873 im Hause eines gewissen KO-cyj; AsßaSttTjs
in Tanagra. Als Fundort wurde ihm Ko/.xai neben der Burg
von Tanagra angegeben. Die Gesammthöhe beträgt 1*965 Mot.,
die Breite an der Basis 0*52. In der Mitte ist der Stein durch
gebrochen. Das Material ist Poros, die Darstellung zeigt in
sehr hohem Relief zwei lebensgrosse nackte männliche Figuren,
die neben einander stehend sich mit je einem Arme um die
Schultern fassen, während jede den andern Arm stramm mit
geballter Hand an der Hüfte herabhängen lässt. Die Köpfe
sind leider sehr zerstört. Das Haar fällt in alterthümlich ge
ordneten Locken beiderseits auf die Brust herab. Die Körper
sind auffallend mager und schmal. Auf der Basis, die, ebenso
wie ein oben vorspringender Rand, aus einem und demselben
Steine mit dem Relief ist, steht, wie ich nach Rhusopulos
Facsimile lese, folgender wegen des widerstrebenden Namens
nicht ganz wohl gerathene Hexameter:
’AjxcpaXy.^t; [sffjraa 1 litt KitöXw ■qo’ sH Aepp.u[i].
Zu beiden Seiten der Figuren sind die Namen noch ein
mal angebracht, links Aspp.u;, rechts KrwXo?. Rhusopulos hebt
gewiss mit Recht bei der Mittheilung der hier befolgten Be
schreibung hervor, wie bedeutsam dieses Monument in die
Reihe der bisher bekannten altgriechischen Sculpturen eintritt.
Dem ersten Hinweise ist inzwischen nicht bloss eine Be
sprechung von Stamatakis und Kumanudis- im ’Aöipiatov 1873
S. 405, sondern auch durch Vermittlung und Bemühung der
Herren Klein und Robert vielleicht bereits die Formung des
Reliefs gefolgt, so dass eine genaue Kenntniss desselben bald
allgemein würde gewonnen werden können. Herrn Kleins An
regung wird es ebenfalls verdankt, dass auch das alte, jetzt nach
Dieben gebrachte Grabrelief von Thespiae, dessen Inschrift
Kaibel im Hermes VIII, S. 417 f. n. 9 herausgegeben hat
([p,]vajj.’ km [A]a0wvt -/.apicToy.pcast), von Martinelli geformt worden ist.
Auch ausserhalb Athens ist unsere Bitte um Unterstützung
nicht ganz erfolglos geblieben. Wir verdanken Herrn Professor
Bergau in Nürnberg die Photographie eines in seinem Besitze
Ueber die Vorarbeiten zur Herausgabe der griechischen Grabreliefs..
621
befindlichen, ehedem im römischen Handel erworbenen Reliefs,
welches seiner gesammten höchst auffallenden Eigenthümlich-
keit nach meines Wissens nur in einem Relief im britischen
Museum (App. brit. Mus.) seines Gleichen findet. Prof. Berg-au
erwidert auf die Mittheilung der Londoner Photographie, dass
beide Reliefs offenbar von einer Hand seien. Ausserdem über-
liess uns Herr Prof. Bergau aus dem in seinen Besitz überge-
gangenen Nachlasse des als Erforscher Griechenlands im Anfänge
diesesj Jahrhunderts bekannten Architekten von Haller sieben
Zeichnungen von Grabreliefs aus verschiedenen Orten, darunter
auch eines nach der beigefügten eigenen Notiz Hallers für
Ludwig von Baiern angekauften Grabsteines mit der Figur
eines Reiters und der Inschrift Zw-upoc ’ApiG-ojj.ä^ou. Auch Brunn
ist nicht bekannt, dass sich derselbe jetzt in München befinde.
Wir verdanken ferner den Herausgebern des C. I. gr.
die Photographien von sechs attischen Grabreliefs, welche
Th. Mommsen in der Villa Guilloteau bei Nizza vox-fand
(s. Frankel in der arch. Zeit. N. F. VII, 1874, S. 148 ff.) Die
Figur auf dem laut der Inschrift aus dem Piraeeus stammenden
Grabsteine des in der Gymnastik geübten IlXdms findet ihr
stark übereinstimmendes Gegenbild in dem sich auch mit der
Rechten bekränzenden, mit der Linken einen Palmzweig halten
den Jünglinge auf einem von der Ag-ia Trias hemihrenden
Grabsteine (App. Athen Bai’bakeion 286). Das Akroterion des
Grabsteins einer OtvavGv) KaXXwxpxn)<; SaXapcvia vermehrt wieder
die Zahl der Akroterien mit Sirenenfiguren.
Der Vei’mittlung des Herrn Dr. Dütschke verdanken wir
die Photographien dreier griechischer Gi’abreliefs im Palazzo
Riccardi zu Florenz, von welchen mittlerweile Dütschke
selbst in seinem Kataloge der zerstreuten Antiken von Florenz
Nachricht gegeben hat (S. 69 n. 141, S. 71 n. 151, S. 72 n. 152).
Die k. k. Central-Commission für Erforschurig
und Erhaltung der Kunst- und historischen Denk
male stellte zwei Photographien von Gi'absteinen mit grie
chischer Inschrift im Museum zu Spalato, welche Herr Prof.
Glavinic eingesandt hatte, zur Vei’fügung. Der eine dieser
Steine ist dem Vernehmen nach bereits in einem Gymnasial-
Programme von Zara 1864 publicirt, genauer jetzt beide in den
Mittheil, der k. k. Centi-al-Commission N. F. 1875, S. 29, 1. 2.
622 Conze. Zweiter Bericht über die Vorarbeiten z. Heransg. d. griech. Grabreliefs.
Aus der in Triest befindlichen Sammlung des Herrn Vice-
Admirals Millosich lieferte Herr stud. phil. Majonica den
Papierabdruck eines aus Rhodos stammenden Grabsteins mit
der Reliefdarstellung einer sitzenden Frau, die einem vor ihr
stehenden unbärtigen Manne die Hand gibt, und der auf die
Diadochenzeit weisenden Unterschrift KXeixpävrou.
Vorläufige Nachrichten von griechischen Grabreliefs in
Odessa verdanken wir den Herren Professoren Wieseler
und Ivondakoff.
Bei der Gemeinsamkeit des Interesses an unserem Unter
nehmen, das nur mit allseitiger Beihilfe seinem Ziele in Bezug
auf Vollständigkeit wird einigennassen nahe kommen können,
hoffen wir mehr und mehr auch in Zukunft auf freiwillige
Mitarbeiterschaft. In dem für uns zu allernächst wichtigen
Athen richten sich dabei ausser auf unsere persönlichen Freunde
die Blicke namentlich auf die Anstalten der athenischen archaeo-
logischen Gesellschaft, der französischen Schule und des dort
neugegründeten deutschen Institutes.
Wenn bisher nur von den für unsern Apparat gewonnenen
Photographien die Rede war, so kann zum Schlüsse auch noch
erwähnt werden, dass zu ihrer Ergänzung sehr Vieles aus
zahlreichen eingehend genauen Notizen hinzugefügt wurde,
welche Michaelis vor den Originalen, namentlich in Athen,
England und Holland, aufgezeichnet hat. Alles was sich aus
den verschiedensten Sammlungen und Aufbewahrungsorten in
meinen eigenen Notizbüchern über Grabreliefs vorfand, ist
ebenfalls hinzugethan. Endlich ist auch mit dem Excerpiren
der Publicationen der Anfang gemacht, so dass im Ganzen
nicht nur auf eine ansehnliche Bereicherung des vorhandenen und
wohlgeordneten Rohmaterials, sondern auch bereits auf einen
Beginn der Verarbeitung desselben hingewiesen werden kann.
SITZUNGSBERICHTE
HER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
LXXX. BAND. IV. HEFT.
JAHRGANG 1875. — JULI.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. IV. Hft.
41
Ausgegeben am 31. Deuember 1875.
XVII. SITZUNG VOM 7. JULI 1875.
Der Vicepräsident begriisst das neu eingetretene Mitglied,
Herrn Professor Dr. Kartei.
Herr Dr. Franz Kürschner spricht seinen Dank ans für
die Wahl zum correspondirenden Mitglied.
Die Directionen des k. k. Real- und Obergymnasiums zu
Ungarisch-Hradisch und der Gewerbeschule zu Bistriz drücken
den Dank aus für die Ueberlassung von Publicationen der Classe.
Der Secretär legt vor eine Abhandlung des geheimen
Archivars Dr. Julius Grossmann in Berlin, betitelt: ,Die
Amsterdamer Börse in der Krisis der Jahre 1672—1673%
um deren Aufnahme in die akademischen Schriften auge
sucht wird.
Das w. M. Herr Hofrath Robert Zimmermann hält einen
für die Sitzungsberichte bestimmten Vortrag über ,Schelling’s
Philosophie der Kunst!
An Druckschriften wurden vorgelegt:
American Academy of Arts and Sciences: Proceedings. New Series. Vol. II.
May, 1874 —■ May, 1875. Boston, 1875; 8°.
Berlin, Universität: Akademische Gelegenheits.sckriften aus dem Jahre
1875. 4°.
41*
626
Bern, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre
1874/75. 8°.
Bombay Brauch of tbe Royal Asiatic Society: Journal. Nr. XNX, Vol. X.
1874. Bofnbay, 1875; 8°.
Bonn, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1874.
4° und 8°.
Kaiser Ferdinands-Nordbahn: Protokoll über die Verhandlungen der
51. General-Versammlung der Actionäre derselben. Wien, 1875; 4°. —
Geschäfts-Bericht der aussehl. priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn und der
mährisch-schlesischen Nordbahn für das Betriebsjahr 1874. Wien, 1875; 4°.
Madrid, Universität: Revista. 2 a Epoca. Tomo V. Nr. 4. Madrid, 1875; kl. 4 n .
Mittheilnngen aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. 21. Band, 1S75.
VI. Heft. Gotha; 4".
,Revue politique et litteraire“ et ,Revue scientifique de la France et de
I’Etranger 1 . IV 1 ' Annee, 2 e Serie, Nr. 52; V° Annee, 2° Serie, Nr. 1.
Paris, 1875; 40.
— de Philologie et d’Ethnographie, pnbliee par Ch. E. de Ujfalvy. Tom. I er ,
Nr. 4. Paris, 1875; 8°.
Society, The Royal Geographical, of London: Journal. Vol. XLIV. 1874.
London; 8°.
Verein für Erdkunde zu Dresden: XI. und XII. Jahresbericht. Dresden,
1875; 8°.
Zimraermann. Sclielling’s Philosophie äer Kunst.
627
Schelling’s Philosophie der Kunst.
Ein Nachtrag zu meiner Geschichte der Aesthetik.
Von
Robert Zimmermann,
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
Was ich der hohen Classe hier vorlege, ist ein Nachtrag zu
meiner irn Jahre 1858 erschienenen Geschichte der Aesthetik.
Das Werk war das erste seiner Art, nicht nur in der deutschen,
sondern in der Literatur überhaupt, und Mängel desselben, die
ich heute, Sie glauben es mir ohne Versicherung, klar einsehe,
mochten darum nachsichtige Beurtheilung ansprechen. Allein
dies kann mich nicht von der Verpflichtung entheben, Lücken
desselben auszufüllen, auch wenn sie damals, wie die sogleich
zu erwähnende, unverschuldet waren. Meine Darstellung von
Schelling’s ästhetischen Ansichten erscheint mir jetzt, seit
seine gedruckten und ungedruckten Werke in einer Gesammt-
Ausgabe veröffentlicht worden sind, unvollständig, obwohl,
ich füge dies nicht ohne Genugthuüng hinzu, auch jetzt noch
nicht unrichtig. Die Zahl der Quellen für dieselbe ist
seitdem vermehrt, mein Urtheil über ihren Werth dadurch
nicht verändert worden. Aber ich hielt es für nothwendig,
als Geschichtsschreiber der Wissenschaft die auf unvollstän
dige Docuinente gebaute Darstellung durch die hinzu ge
kommenen Quellenschriften zu ergänzen und auf Grund der
Erweiterung des Materials das damals gefällte kritische Urtheil
einer Revision zu unterwerfen. Beides ist der Zweck der vor
liegenden Abhandlung.
Zu dieser inneren kommt noch eine äussere Veranlassung.
Es schien mir Pflicht der kaiserlichen Akademie, das Säcular-
628
Zimmer mann.
jahr der Geburt des am 27. Januar 1775 geborenen Schelling
nicht vorüber gehen zu lassen, ohne dass in diesen der Wissen
schaft und darunter insbesondere auch der Philosophie ge
widmeten Hallen dessen Name genannt werde. Kommt es auch
mir, der ich auf philosophischem Gebiete zu dessen Gegnern
gehöre, nicht zu, zu dessen Lobredner zu werden, so geziemt
es sich, das Gedäehtniss eines Geistes, der unter den Grossen
des deutschen Volks und dieses Jahrhunderts stets als einer
der ersten genannt worden ist und werden wird, durch An
knüpfung an dessen wissenschaftliche Leistungen zu feiern.
Sehelling’s Naturphilosophie hat, in welchem Sinne immer, in
die naturwissenschaftliche Bewegung im Anfänge dieses Jahr
hunderts mächtig eingegriffen, Sehelling’s Philosophie der Kunst
auf Künstler und Kunstschriftsteller nachhaltigen Eindruck her
vorgebracht. Die Würdigung der letzteren setze ich mir hier
zur Aufgabe.
Es soll nicht verschwiegen werden, dass der ehemalige
Präsident der Akademie der Wissenschaften in München für
die Gründung und Zukunft der Schwesterakademie in Wien
lebhafte Tlieilnahme gehegt hat. Als mich im September des
Jahres 1847 mein Weg nach Berlin und mein Wunsch, den
letzten Ueberlebenden aus der philosophischen Heroenzeit
Deutschlands persönlich kennen zu lernen, in Schölling’s Studir-
stube führte, galt dessen erste Frage der eben vollzogenen
Stiftung der Akademie zu Wien und der zukünftigen Stellung
der Philosophie an derselben. Aufmerksam, so weit es dem Fern
stehenden, aber wie sein Briefwechsel beweist, mit seinen politi
schen Sympathien Oesterreich jederzeit Zugewandten möglich war,
hatte Schelling den Gang der Verhandlungen verfolgt, welche der
späten Verwirklichung der schon von Leibnitz angeregten Idee
vorangegangen waren. Der im Jahre 1838 in der Beilage zur
Augsburger Allgemeinen Zeitung geführte Streit zwischen dem
Astronomen Littrow dem Aeltercn und dem Philosophen Günther,
von welchen jener die Ausschliessung der Philosophie von der
Akademie, dieser ihre Aufnahme in dieselbe vertrat, hatte (wie
auch ein in Schelling’s Biographie: Aus Schelling’s Leben I. 139
abgedruckter Brief vom 10. Juni 1838 beweist) seine warmePartei-
nahrne für die letztere erweckt. Die ein Jahr darauf, unter dem
Einflüsse der inzwischen erfolgten Aufhebung des Geistesdruckes
Schelling’s Philosophie der Kunst.
629
vollzogene Erweiterung des ursprünglichen Gesichtskreises der
k. Akademie durch Umgestaltung der philologisch- in eine
philosophisch-historische Classe entsprach ganz den Wünschen
und Ansichten Schelling’s.
,Philosophie der Kunst' war der Gegenstand von Vorträgen,
welche, bereits im Wintersemester 1802/3 von Schelling zu
Jena gehalten, erst nach dessen Tode in der Gesammtausgabe
seiner Werke (Erste Abtheil. V. Bd. S. 353—736) im Jahre
1859 im Druck erschienen sind. Dieselben waren bei Abfassung
meines zwei Jahre zuvor vollendeten Werkes mir natürlich
unbekannt und ergänzen das damals mir zugänglich gewesene
Material in wesentlichster Weise. Wie jeder andere Darsteller
der Schelling’schen Kunstansichten hatte ich mich damals auf
das ,System des transcendentalen Idealismus' (1800), die ,Vor
lesungen über die Methode des akademischen Studiums' (1802)
und (als Hauptquelle) auf die berühmte Rede ,Ueber das Ver-
hältniss der bildenden Künste zur Natur' (1807) beschränkt
gesehen, in deren ersten beiden von der Kunst nur beiläuflg,
in der letzten aber nur von der bildenden Kunst Erwähnung
geschieht.
Die Vorträge über Philosophie der Kunst sind nicht nur
das einzige, sondern auch ein sehr umfangreiches Werk, in
welchem Schelling seine Kunstansichten als System entwickelt
hat. Meine Nachfolger im Fache der Geschichtsschreibung der
Aesthctik, Lotze und Schasler, haben, glücklicher als ich,
dasselbe zwar bereits vor Augen gehabt, aber, mit Ausnahme
des letzteren, der eine kurze Inhaltsanzeige desselben gibt, eine
kritische Analyse desselben nicht geliefert. Die Festschrift der
k. Münchener Akademie von der Hand des tiefsten Kenners
der Schelling’schon Philosophie, Prof. H. Beckers, verfasst, hebt
die hohe Bedeutung desselben hervor, ohne doch über den
Inhalt mehr als flüchtige Andeutungen zu bieten; andere Fest
reden, wie Pfleiderer’s, begnügen sich mit deren Anführung.
Es sei mir erlaubt, das, wie die meisten Schelling’schen Schriften
aus seiner Jugendzeit, absichtlich dunkel und im Orakelton
gehaltene Buch durch eine eingehende Darstellung zugleich zu
beleuchten und zu beurtheilen.
Ueber den Ursprung desselben gibt seine Briefsammlung
Aufschluss. Am 3. September 1802 theilte Schelling A.W. Schlegel,
630
Zimmer mann.
dem Gatten seiner nachherigen ersten Frau, der geistreichen
Caroline, der sicli damals in Berlin befand, um seine bekannten
ästhetischen Vorlesungen zu halten, seinen Entschluss mit, ^kom
menden Winter auch Aestlietik zu lesend (Aus Schelling’s Leben,
Bd. I, S. 397.) Der Brief enthält ein vollständiges Programm, zu
dessen Ausführung er sich Schlegel’s Beistand und die freundliche
Mittheilung von dessen Manuscript erbittet. Eine Theorie der
Kunst ist seine Absicht nicht, da eine solche mehr oder weniger
der Philosophie untergeordnet und von einer Seite nothwendig
— vom speculativen Standpunkte aus angesehen — empirisch
sein muss. Wie es wirkliche oder empirische Dinge gibt, gibt
es auch eine wirkliche oder empirische Kunst — auf diese
bezieht sich die Theorie; aber wie es intellectuelle Dinge, Dinge
an sich gibt, gibt es auch eine Kunst an sich, von der die
empirische nur die Erscheinung ist, und diese ist das, wodurch
es eine Beziehung der Philosophie auf Kunst gibt. Schlegel
werde leicht sehen, dass diese Philosophie der Kunst mehr
eine allgemeine, eine im höchsten Reflex der Kunst schwebende
— Philosophie des Universums sei als eine Theorie der Kunst,
sofern sie eine besondere ist, ebenso dass in derselben von
empirischer Kunst auf keine Weise, sondern nur von der Wurzel
der Kunst, wie sie im Absoluten ist, die Rede sei, die Kunst
also ganz von ihrer ,mystischen' Seite genommen werde.
Sehr bestimmt, obgleich ,in noch rohen Bruchstücken'
wird darauf der Gegenstand, in den folgenden Zeilen die
Methode seiner Kunstphilosophie bezeichnet. Nicht sowohl die
Kunst als das Ein und Alles in der Form und Gestalt der
Kunst soll abgeleitet werden. Es ist ganz eiufach zu denken,
dass das Universum, wie es als organisches Ganzes, ebenso
auch als Kunstwerk und Kunstganzes im Absoluten liege. Die
Musik, die Rede, die Malerei — alle Künste haben wie die
Kunst überhaupt, ihr Ansieh im Absoluten. Auch hier werde
das Schema, welches ihn in der allgemeinen speculativen Phi
losophie durch die schwersten Verwicklungen der Reflexion hin
durchgeführt, am meisten geeignet sein, um das Alles in Allem
darzustellen. Die erste und absolute Einheit soll ,auch hier' in
die zwei Brennpunkte der realen Entgegensetzung der bildenden
und redenden Kunst (wovon jene dem Realen, diese dem Idealen
entspricht) getrennt dargestellt, in jeder Einheit für sich wieder
631
Schelling’ß Philosophie der Kunst.
die ideale Entgegensetzung der antiken und modernen Kunst
(die sicli wieder wie Real und Ideal verhält) betrachtet, auf
diese Weise alles zusammengehalten und die Idee jeder ein
zelnen Kunst wieder für sich in ihrer Absolutheit gefasst
werden.
Am Tage, da er dies schrieb, befand sich Schölling mitten
im Rausche seines neugewonnenen Identitätsstandpunktes. Das
System des transcendentalen Idealismus (1800) lag weit hinter
ihm; dafür hatte er so eben (Sommer 1802) die Vorlesungen
über die Methode des akademischen Studiums beschlossen und
das dithyrambisch-nüchterne Gespräch ,Bruno 4 veröffentlicht,
in dem er den Pantheismus des Giordano Bruno mit der Ideen
lehre Plato’s wunderlich verschmolz. Die ,Philosophie der
Kunst' sollte ein Seitenstück werden zu den Darstellungen der
speculativen Physik in seiner mit Flegel herausgegebenen Zeit
schrift, in welcher die ehemalige Naturphilosophie nun im spino-
zistischen Gewände der Identitätsphilosophie erschien. Das em
pirische Material, dessen er zu seiner Kunstphilosophie bedurfte,
sollte ihm Schlegels Manuscript beischaffen.
Dasselbe wurde bereitwillig dargeliehen und befand sich
schon vor dem 24. September in seinen Händen. Schon am
4. October spricht er von dem ,unnennbaren Vergnügen', welches
das Heft ihm verursacht; es entzückt ihn, er lässt es abschreiben
und liest es mit der Feder in der Pland, was Schlegeln (Br. v.
8. Oct. a. a. O. S. 417) ,sehr erfreut'. Besonders bewundert
Schelling (Br. v. 21. Oct. S. 425) ,die reinen und objectiven
Züge', mit denen Schlegel so viele Ideen gleichsam in einer
allgemeingiltigen Form ,auch für die Reflexion' ausgesprochen
habe. Fr selbst behielt sich, wie man sieht, einen höheren
Standpunkt vor. Ein ,besonders hoher Geist' wehe aus allem,
was Schlegel über Architektur sage, mit dessen Ideen über
dieselbe er sich in manchem wenigstens aus der Ferne be
gegne. Uebcr die Ableitung der griechischen Formen aus der
Analogie mit Baumstämmen ist er ganz Schlegels Meinung,
glaubt aber eine höhere und allgemeinere Nothwendigkeit an
nehmen und die Architektur als die ,Landschaft der Plastik'
(in den Vorträgen heisst es dann ,Musik der Plastik') begrüssen
zu dürfen. Am wenigsten genügt ihm Schlegels Poetik. Er
vermisst die ,Centralidee der Poesie' und ist dadurch neuer-
632
Zimm ermann.
dings in seiner Meinung von dem ,bewusstlosen Antheil an der
Poesie' bestärkt worden.
Am 1. November sandte er Schlegel’s Manuscript ,mit
vielem Danke' nach Berlin zurück. Am 20. October hatte er
vor einer so zahlreichen Zuhörerschaft, dass ein Tlieil derselben
keinen Platz mehr im Auditorium fand, seine Vorlesungen
über ,Philosophie der Kunst' begonnen. Ihre Darstellung und
Kritik enthält die folgende Abhandlung.
I.
Die Aesthetik als Wissenschaft ist eine Schöpfung des
vorigen Jahrhunderts. Die Mehrzahl ihrer Geschichtschreiber
nennt übereinstimmend den Wolffianer Baumgarten als ihren
ersten Urheber; andere (Schelling selbst) sind der Meinung,
dass es erst dieser gewesen sei. Sicher ist, dass der letztere,
als er mit dem Gedanken umging, Kunstphilosophie vorzu
tragen, sich ausdrücklich dagegen verwahrte, etwas mit der
bisher sogenannten Aesthetik gemein haben zu wollen. So
gross war die Abneigung gegen das Werk seiner Vorgänger,
dass er sogar den Namen desselben vermied und statt dessen
Philosophie der Kunst gesetzt wissen wollte.
Man kann nicht sagen, dass diese Geringschätzung ge
rechtfertigt gewesen sei. Die Aesthetik Baumgartens war die
Ausfüllung einer Lücke, welche das Wolff’sche System der
philosophischen Wissenschaften neben der Logik gelassen hatte.
Galt die letztere dafür, eine Anleitung zur Ausbildung des
sogenannten höheren Erkenntnissvermögens, des Verstandes und
der Vernunft, zur höchsten Vollkommenheit zu sein, so lag der
Gedanke sehr nahe, dass es eine ähnliche Anleitung zur Aus
bildung des sogenannten niederen Erkenntnissvermögens, des
äusseren Sinnes geben solle. Diese ,Logik' des Sinnes nun
sollte nach Baumgarten die Aesthetik sein. Eine Kunstlehre
des sinnlichen Vorstellens, wie jene eine des reinen Denkens.
Jenes sollte in seiner Art ebenso zur Vollkommenheit erhoben
werden, wie dieses in der sehnigen. Weil aber die Vollkommen
heit des Denkens nur in dessen Erhebung zum wirklichen Er
kennen bestehen kann, so durfte auch die Vollkommenheit des
sinnlichen Vorstellens in nichts anderem als in dessen Er-
Scholling’s Pliilosopliie der Kunst. 633
hebung zum Erkennen bestehen. Denken und sinnliches Vor
stellen (Anschauen) sollten in ihrer Vollkommenheit darin Über
einkommen, wahres Vorstellen, jenes in Begriffen, dieses in
Bildern zu sein, d. h. das Object aller Erkenntniss jenes in
unsinnlichen (Begriffen), dieses in sinnlichen Vorstellungen
(Sinnbildern, Symbolen) wiederzugeben. Wie die Logik eine
Anleitung, die Wahrheit in Begriffen, so sollte die Aesthetik eine
solche sein, sie in Bildern zu fassen.
Damit stimmte überein, dass der grössere Theil des Baum-
garten’schen Werkes eine ausführliche Zeichenlehre (Semiotik)
umfasste. Wo die bildliche Darstellung des Wahren (im
Gegensatz zur begrifflichen), das Unterscheidungsmerkmal des
Aesthetischcn ausmacht, muss die Lehre von den Bildern, als
den sinnlichen Vorstellungen, welche die Stelle unsinnlicher
vertreten, die Hauptrolle spielen. Was der Begriff in der logi
schen, soll das Bild in der ästhetischen Darstellung leisten,
die Wahrheit sinnlich, wie jener unsinnlich zum Ausdrucke zu
bringen. Je vollkommener dies gelingt, d. h. je völliger Wahr
heit und Bild einander decken, desto schöner ist das letztere.
Nicht die Form des Bildes entscheidet hierbei, sondern seine
grössere oder geringere Angemessenheit an das Abgebildete.
Je weniger das Bild mit dem letzteren Eins ist, je weniger
Wahrheit und Bild einander durchdringen, so dass wesentliche
Züge der ersteren im letzteren fehlen, d. h. je charakterloser,
unbestimmter das letztere ist, desto geringer die Schönheit.
Künstlerische Darstellung ist sinnbildliche Darstellung, entweder
in Symbolen oder in Allegorien, eine Lehre, welche bekannt
lich noch auf Winkelmann Einfluss gehabt hat. Die Voll
kommenheit des sinnlichen Vorstellens ist ein Erkennen durch
den Sinn, als ein analogon rationis, eine dunkle Vernunft, welche
dasselbe thut und vermag, wie die klare (das ,höhere Er
kenntnisvermögen'), nur auf , verworrene', wie diese auf
deutliche Weise. Baumgarten selbst spricht von einer facultas
inferior, identitates und einer ebensolchen diversitates rerum
cognoscendi, deren erstere er ingenium, die letztere aeumen
,sensitivum' nennt; er legt dem Sinne eine memoria sensitiva,
facultas fingendi et dijudicandi, qua judieium sensitivum et
sensuum, kurz alle Operationen der Vernunft bei, nur ver
worren' vollzogen. Sie constituiren zusammen das analogon
634
Z i min erm ann.
rationis, complexum facul tatuni oranium nexum confuse re-
praesentantium. Die Theorie dieser dunklen Vernunft ist die
Aesthetik.
Ich habe bereits vor Jahren an einem andern Orte (Gesell,
d. Aesth. S. 169) bemerkt, Baumgarten hätte bei dieser Auf
fassung, welche aus der Aesthetik eine gnoseologia inferior
macht, eigentlich zu der von Bacon gesuchten Erfahrungs
methode, zu einer Theorie der inductiven Logik kommen müssen,
wie die von ihm sogenannte eine Theorie des rationalen Er-
kennens ist. Die Triftigkeit dieser Bemerkung ist seitdem
auch von anderen anerkannt worden. In der That liegt der
Unterschied zwischen dem Vernunft- und dem Erfahrungswissen
nur darin, dass das erstere im Begriff die Totalität der den
Umfang desselben ausmachenden individuellen Fälle apodictisch,
das letztere aber durch die mittelst der Erfahrung mehr oder
minder unvollständig gewonnene Einsicht in den Umfang den
Begriff nur mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit besitzt.
Wäre nun eine Erkenntniss möglich, welche mit der Anschau
lichkeit des empirischen zugleich die Apodicticität des ver
nünftigen Vorstellens verbände, d. h. sinnlich und vernünftig
in Einem wäre, so müsste diese für den Menschen, dessen Wesen
wenigstens eben so sehr in Sinnlichkeit als in reiner Ver
nünftigkeit besteht, von hohem Werthe sein.
Eine solche ist es nun, die Baumgarten aufstellt, wenn
er von der ,Vollkommenheit' des sinnlichen Vorstellens als
einer ,dunklen Vernunft' spricht. Das ästhetische Vorstellen
ist ihm ein solches, welches alle Vorzüge der Vernunft besitzen
soll, ohne darüber die Vorzüge der Sinnlichkeit einzubüssen.
Denn dass die letztere Vorzüge in seinen Augen besass, geht
schon daraus hervor, dass er den Einwand gegen die neue
Wissenschaft, die ,deutliche Erkenntniss stehe höher', aus
drücklich zurückwies, ln dieser Hinsicht ist es sehr interessant,
die einleitenden Paragraphe seines Buches, welche der Wider
legung der Einwürfe gegen die Aesthetik gewidmet sind, durch
zugehen. In welcher Lage sich Baumgarten seinem Berufs
genossen gegenüber fühlte, geht daraus hervor, dass er sich
gegen den Einwurf ,Fabeln, Märchen, Leidenschaften seien gegen
die Würde des Philosophen' vertheidigt, mit der Bemerkung,
der Philosoph sei eben ,aueh ein Mensch unter Menschen' und
Schclling’s Philosophie der Kunst.
635
dürfe einem so bedeutenden Theil menschlicher Erkenntnisse
nicht fremd bleiben. Statt auf den ehrlichen Frankfurter Pro
fessor vornehm mitleidig herabzusehen, hätten seine Nachfolger
vielmehr die Energie anerkennen sollen, mit welcher er gegen
eingewurzelte Vorurtheile pedantischer Kathederweisheit einer
Theorie der Sinnlichkeit Bahn brach! Auch in der zahmen
Hülle des Wolff’schen Metaphysikers steckte etwas von dem
heissen Begehren nach Leben und Anschaulichkeit, welches im
Sturm und Drang des poetischen Schaffens des 18. Jahr
hunderts zum Ausdrucke kam. Es musste weit mit dem Ueber-
drusse an abstractem Begriffswesen und pedantischer Gelehr
samkeit gekommen sein, wenn ein Philosoph es wagte, der
Sinnlichkeit das Wort zu reden und ihre Theorie gar zum
Range einer Wissenschaft zu erheben!
Allerdings konnte dies nicht die gemeine, sondern nur
eine ,vollkommene' Sinnlichkeit sein. Also nicht eine solche,
die ohne Vernunft oder gar wider die Vernunft, sondern die
selbst ,Vernunft', wenn auch nur ,dunkle' Vernunft war. Eine
solche konnte allenfalls auch der Philosoph ,als Mensch' sich
gefallen lassen. Seine ,Würde als Philosoph' verlor dabei nichts,
und der ,Mensch' in ihm gewann. Es war eine kleine, höchst
bescheidene Revolution, das niedere Erkenntnissvermögen, den
Sinn, so hart neben das höhere, den Verstand und die Ver
nunft, hinzusetzen, welches bisher in der Schulphilosophie ein
ausschliessliches Stimmrecht besessen hatte. Der Einlluss des
englisch-französischen Sensualismus hatte schon Wolff bewogen,
den Leibnitz’schen Einwand, dass die Monade ,keine Fenster'
habe, fallen zu lassen, und eine Erkenntniss durch den Sinn
zuzugestehen. Nun beanspruchte der letztere auch die Mög
lichkeit einer Vervollkommnung, welche ihn als analogon ra-
tionis der Vernunft und als bewusstlose Vernunft der bewussten
zur Seite stellte.
Darin liegt das bedeutsame der Baumgarten’schen Aesthetik.
Die vollkommene Sinnlichkeit erscheint in derselben, was das
,Erkennen' betrifft, der Vernunft völlig gleichgestellt. Beide
unterscheiden sich nur durch den Umstand, dass die eine ,dunkel',
m Bildern (Zeichen, Symbolen), die andere ,klar', in Begriffen,
erkennt. Die Begabung und Aufgabe des Künstlers kommen
mit jenen des Philosophen darin überein, dass .des ersteren voll-
636
Zi mm ermann.
konomene Sinnlichkeit, ebenso wie des letzteren vollkommene
Vernunft im Besitze der Wahrheit ist, jener dieselbe anschaulich
in Bildern, dieser abstract in Begriffen darstellt. Kunst und
Philosophie sind einander daher dem Inhalte nach ebenso ver
wandt, wie der Form (der Darstellung) nach verschieden. Kunst
ist die Wahrheit im Bilde, Wissenschaft dieselbe im Begriff.
Damit hängt es zusammen, wenn Baumgarten die Kunst
auf die Nachahmung der Natur verweist. Gegenstand der Er
kenntnis ist nach ihm die Welt, die er im Einklang mit Leib
nitz für die beste unter den möglichen hält. Da die Kunst aus
der vollkommenen Sinnlichkeit entspringt, so kann das Object,
ihrer Darstellung nur die beste, d. i. die thatsächliche Welt sein.
Weicht die Darstellung der Kunst von der Wirklichkeit ab,
stellt sie eine ,heterokosmische Wahrheit' dar, so muss diese
nothwendig unvollkommener als die ,beste', welche wirklich
ist, sein. Einer derartigen Kunst ist daher Baumgarten abge
neigt. Eine ,Welt der Dichter', die von der wirklichen Natur
abweicht, nennt er ,Unnatur'. Jede ,Fiction' in der Kunst, die
ja die , Wahrheit' darstellen soll, ist ihm als Abweichung von
der wirklichen als der ,besten' Welt verhasst. Nur insoferne
sie der Wahrheit dient, möchte er sie gestatten; insbesondere
wo es sich um die Einschärfung moralischer Lehren durch
sinnliche Beispiele handelt, die in der Geschichte nicht immer
gegeben sind.
Letztere Aeusserung macht den didactischen Charakter
der Kunst nach Baumgarten’s Principien klar. Die vollkommene
Kunst stellt Wahrheit dar, wie die vollkommene Wissenschaft.
Das Universum, die beste Welt, ist einziger Gegenstand der
Kunst, wie es einziges Object der Wissenschaft ist. Jene ver
sinnlicht es in Symbolen, diese denkt es in Begriffen; das Be
stehen ihres Unterschiedes ist nur die Folge des Bestandes der
Sinnlichkeit. Könnte die letztere jemals verschwinden, so
würde dadurch auch die Kunst aufhören; oder, wie Schiller es
ausdrückte, der Mensch hat die Kunst ,allein'. Die vollkommene
Welt mit den Augen der Sinnlichkeit angeschaut, scheint Schön
heit, wie sie durch Vernunft erkannt, Wahrheit, und handelnd
verwirklicht, das Gute ist.
In der letzten Vorlesung über die Methode des akademischen
Studiums, welche von der Kunst handelt, räumt Schelling ein,
Schelling’s Philosophie der Kunst.
637
dass in den allgemeinsten Grundsätzen des ersten Urhebers des
Namens Aesthetik ,wenigstens noch die Spur der Idee des
Schönen als des in der concreten und abgebildeten Welt er
scheinenden Urbildlichen' gelegen habe. In der Einleitung zu
den Vorträgen über Philosophie der Kunst ,begnügt' er sich
zur Beurtheilung der Baumgarten’schen Aesthetik zu erwähnen,
dass dieselbe ein Sprössling der Wolff’schen Philosophie gewesen
sei. Seitdem, fährt er fort, habe jene eine immer bestimmtere
Abhängigkeit vom Sittlichen und Nützlichen erhalten: so wie
in den psychologischen Theorien ihre Erscheinungen ungefähr
gleich den Gespenstergeschichten oder anderem Aberglauben
wegerklärt werden, bis der hierauf folgende Kantische Forma
lismus zwar eine neue und höhere Ansicht, mit dieser aber eine
Menge kunstleerer Kunstlehren geboren habe.
Man wird wohl nicht irre gehen, wenn man der Meinung
wird, Schelling habe jene ,Spur‘ in der Nachahmung der besten
Welt, des harmonischen Weltalls, durch die Kunst zu finden
geglaubt. Die Kunst ist nach Baumgarten eine Form der Dar
stellung der besten Welt, die Wissenschaft eine andere; jene
stellt dieselbe sinnlich, im Bilde, diese geistig, durch abstracte
Gedanken dar; es liesse sich auch eine dritte Form der Dar
stellung denken, durch welche sie sittlich d. h. durch Handlungen
dargestellt würde. Zu jeder dieser Darstellungsformen eines
und desselben ,Urbildes' lassen sich nun besondere Anleitungen
geben; etwa wie das Denken dahin gebracht werde, das Uni
versum nicht nur auf die vollkommenste Weise zu denken,
sondern auch die so gewonnenen Gedanken aufs zweckmässigste
unter einander zu ordnen und zu verbinden; oder wie die
Sinnlichkeit als ,dunkle Vernunft' dahin geleitet werden könnte,
die dunkel erkannte Harmonie des Alls durch die anschaulichsten
Symbole zu versinnlichen, und diese selbst wieder auf die wir
kungsvollste Weise zur Geltung zu bringen; oder endlich, wie
das Wollen und Handeln zum Abbilde der im harmonischen
Weltall herrschenden Ordnung und Eintracht erhoben werden
könne. Dergleichen Anweisungen sollen nun in der That,
Baumgarten zufolge, für das Denken die Logik, für das sinn
liche Vorstellen die Aesthetik vorstellen; für das Wollen und
Handeln würde sich beiden die Ethik oder praktische Philosophie
anreihen. Schelling lässt derlei gar nicht für Philosophie gelten.
638
ZimmerTnann.
Derartige Anwendungen beziehen sich unmittelbar auf einen
Zweck, sind das, wonach eine Sache empirisch zu Stande ge
bracht werden kann, ,'Theorien'; ,Philosophie dagegen ist durch
aus unbedingt, ohne Zweck ausser sich'. (S. 350). Statt eine
Theorie des Schönen d. i. eine Anweisung zu dessen Her
vorbringung zu geben, stellt Philosophie des Schönen das
Schöne als solches oder eigentlich, da der einzige Gegenstand
der Philosophie das Absolute ist, das Absolute in der Form des
Schönen dar.
Schelling’s Philosophie der Kunst ist daher in der That
etwas anderes als eine ,Theorie der schönen Künste und Wissen
schaften', obgleich keineswegs gewiss ist, dass sie auch etwas
anderes als ,Aesthetik' sei. Wenigstens ist mit der Bezeichnung
einer Wissenschaft vom Schönen noch keineswegs gesagt, dass
sie auch zu dessen wirklicher Hervorbringung praktische An
leitung ertheilen müsse. Nur auf das letztere aber ,dass sie
Regeln der Ausführung und Kunstübung enthalten solle 1 bezieht
sich Schelling’s insoferne allerdings begründete Abneigung gegen
den Gebrauch ihres Namens. Indem er statt dessen der Be
zeichnung ,Philosophie der Kunst' sich bedient, nennt er die
selbe ,die Darstellung der absoluten Welt in der Form der
Kunst', wo als ,Darstellung' die philosophische, dagegen als
Dargestelltes ,die absolute Welt in der Form der Kunst' ge
meint ist.
Daraus geht zweierlei hervor. Schelling betrachtet die
,Philosophie der Kunst' als einen Theil der Philosophie über
haupt und bedient sich zur Darstellung derselben daher der
allgemeinen Methode seiner Philosophie. Fr betrachtet ferner
als Gegenstand derselben den Gegenstand der Philosophie über
haupt, d. i. seiner Ueberzeugung nach ,die absolute Welt,' aber
nur ,in der Form der Kunst' d. h. unter einer ihrer verschiedenen
Bestimmungen. In beiden Punkten trifft er, seines abschätzigen
Urtheils über Baumgarten ungeachtet, mit diesem zusammen;
denn erstens betrachtet auch dieser die Aesthetik als Theil der
Philosophie und bedient sich zu deren Darstellung der allge
meinen Methode seiner Schule; sondern er betrachtet auch
zweitens als Gegenstand der Kunst den allgemeinen Gegen
stand der Philosophie, die ,beste Welt', die ihm für die wirk
liche gilt, aber nur insoferne sie für die Sinnlichkeit gegen-
- ..
Schelling’s Philosophie der Kunst. 639
wärtig ist ? d. h. unter einer ihrer verschiedenen möglichen Er
scheinungsformen.
Obige Aehnlichkeit wird dadurch, dass Schelling’s philo
sophische Constructions- und Baumgarten-Wolff’s mathematische
Methode von einander grundverschieden sind, nicht gestört,
dagegen durch die Verwandtschaft, die sich zwischen demjenigen
was Schelling die Form der Kunst und Baumgarten das schöne
sinnliche Vorstellen (pulcre cogitare) nennt, heraussteilen wird,
verstärkt. Schelling’s Methode hat verschiedene Wandlungen
durchgemacht, die für den hier in Bede stehenden Umstand
im Grunde gleichgültig sind. Immer jedoch hat er an der Ma
xime festgehalten, dass die Methode im ganzen Umfange der
Philosophie (also auch in der Philosophie der Kunst) dieselbe
sein müsse. Die in den Vorträgen über Philosophie der Kunst
angewandte Methode gehört der Periode der Identitätsphilosophie
an, durch welche dasjenige, was im System des transcenden-
talen Idealismus in die Zukunft verlegt war, an den Anfang
gerückt wurde. Die Identität des Idealen und Realen, welche
die Forderung des letzteren ausmacht, bildete für die Identitäts
philosophie die Voraussetzung. Dieselbe begann mit dem Er
scheinen der Zeitschrift für speculative Physik und ihr ent
sprangen ausser den Vorträgen über Philosophie der Kunst
auch noch das Gespräch Bruno (1802) und die Vorlesungen
über Methode des akademischen Studiums (Sommer 1802). Die
selbe Methode, durch die es ihm, wenn er nicht irre, gelungen
sei in der Naturphilosophie das vielfach verschlungene Gewebe
der Natur zu entwirren und das Chaos ihrer Erscheinungen zu
sondern, werde auch durch die noch labyrinthi scheren Verwick
lungen der Kunstwelt hindurchleiten und über die Gegenstände
derselben neues Licht verbreiten. Für diejenigen, die sein
System kennen, nennt er die Philosophie der Kunst nur eine
,Wiederholung desselben in der höchsten Potenz'; jenen, die es
noch nicht kennen, wird die Methode desselben ,in dieser An
wendung', wie er hofft, noch in die Augen springender und
deutlicher sein.
Schon daraus geht hervor, dass ihm die Philosophie der
Kunst die Philosophie selbst ist. Weder Form noch Gegenstand
derselben sind andere, als die der Philosophie überhaupt. Da
diese nun vom Universum als Absolutem handelt, so hat auch
Sitzungsber. d. phil.-liist. CI. LXXX. Bd. IY. Hft. 42
640
Zimm ermann.
die Philosophie der Kirnst nur dieses zum Object. Die von
ihm in der Naturphilosophie angewandte Methode, ohne sich
selbst einzumischen, lediglich die Natur sich selbst construiren
zu lassen, ist auch die Methode der Philosophie der Kunst.
Dass eine solche nicht irren kann, versteht sich von selbst. In
dem Anhänge zu Eschenmayer’s Abhandlung im 1. Hefte des
2. Bandes der Zeitschr. f. specul. Phys. (Frühj. 1801) hatte dies
Schelling ausdrücklich versichert. Der einzige Unterschied der
Natur- von der Kunstphilosophie kann daher nur darin liegen,
dass das Absolute in jeder unter einer andern Bestimmung
betrachtet wird, dort unter jener der Natur, hier unter jener
der Kunst. In der allgemeinen Philosophie schauen wir gleich
sam, sagt Schelling (S. 364) das strenge Antlitz der Wahrheit an
und für sich selbst, in deren besonderer Sphäre, der Philosophie
der Kunst, gelangen wir ,zur Anschauung der ewigen Schön
heit und der Urbilder des Schönen'. Dass sie Philosophie ist,
macht das Wesentliche, dass sie es ist in Bezug auf Kunst,
nur das Zufällige derselben aus (S. 365). Beinahe will es
scheinen, als sei es dem Kunstphilosophen weit mehr um die
Philosophie als um die Kunst zu thun. Er wird nicht müde einzu
prägen, dass nur Eine Philosophie und Eine Wissenschaft der
Philosophie sei; was man verschiedene philosophische Wissen
schaften nenne, sei entweder etwas ganz Schiefes oder es seien
nur Darstellungen des Einen und ungetheilten Ganzen der Philo
sophie in verschiedenen Potenzen oder unter verschiedenen
ideellen Bestimmungen.
Eine dieser ,Potenzen' nun ist die Kunst. Nach der all
gemeinen Lehre der (Identitäts-) Philosophie ist wahrhaft und
an sich nur Ein Wesen, ein absolut Reales und dieses als
absolutes ist untheilbar, so dass es nicht durch Theilung oder
Trennung in verschiedene Wesen übergehen kann. Verschieden
heit der Dinge ist daher überhaupt nur möglich, insoferne es
als das Ganze und Ungetheilte unter verschiedenen Bestimmungen
gesetzt wird. Diese Bestimmungen, sagt Schelling nun, nenne
ich Potenzen. Sie verändern schlechthin nichts am Wesen; des
wegen heissen sie ideelle Bestimmungen. Und zur Erläuterung
fügt er hinzu: Was wir in der Geschichte oder der Kunst
erkennen, ist wesentlich dasselbe, was auch in der
Natur ist. Jedem ist die ganze Absolutheit eingeboren und
Schelling’s Philosophie der Kunst.
641
diese steht (nur) in der Natur, der Geschichte und der Kunst
in verschiedenen Potenzen. Könnte man diese hinwegnehmen,
um das reine Wesen gleichsam entblösst zu sehen, so wäre in
allem wahrhaft Eins (S. 366).
Nehmen wir den vornehm klingenden Ausdruck ,Potenzen'
weg, so enthält diese Stelle, das eigentliche Programm der
Schelling’schen Kunstphilosophie, nichts, was mit Baumgarten’s
Aestlietik, welcher die Kunst auf die Darstellung der ,besten
Welt' einschränkt, im Widerspruch stände. Natur und Ge
schichte sind auch im Sinne des Leibnitz’schen Optimismus,
nichts anderes als die Verwirklichung des göttlichen Welt
planes, d. i. der Dinge, ,wie sie in Gott sind' und ganz die
nämliche Aufgabe weist, wie oben gezeigt, Baumgarten der
Kunst zu, daher ihm die ,Fabelwelt' und die ,Fiction' der
Dichter als Unvollkommenheit erscheint. Der wahren Kunst
ebensogut wie der wirklichen Natur und der wirklichen Ge
schichte ist nach Baumgarten’s Ansicht die ,beste Welt', das
Universum oder mit Schelling zu reden, das Absolute ,ein
geboren', das nur in jeder der genannten in einer anderen
Gestalt (als ,Natur, als Geschichte, als Kunst') erscheint, und
könnte man diese hinwegnehmen, um das ,reine Wesen', die
,beste Welt', gleichsam ,entblösst' zu sehen, so wären auch diese
drei in Bezug auf dasselbe wahrhaft Eins.
Es scheint kaum vermeidlich, dass diese unleugbare Ver
wandtschaft dieselbe Abneigung gegen die ,Fabelwelt' der Dichter
■und die ,Fictionen' herbeiführe, wie sie bei Baumgarten hervor
tritt. 1 Jede Abweichung von der ,wirklichen' Welt ist in den
Augen des letzteren eine ,Verschlechterung' der Welt und er
befiehlt daher dem Künstler, sich durchaus an die Nachahmung
der besten, d. i. der wirklichen Natur zu halten. Der freie
Flug der Einbildungskraft wird durch diese Beschränkung un
zweifelhaft gehemmt und dieselbe angewiesen, sich innerhalb
der durch die einmal vorhandene beste Welt gegebenen Grenzen
zu halten. Die eigentliche Production wird der Phantasie ver
sagt und der vollkommenen Kunst nur die Reproduction des in
der besten Welt schon Vorhandenen gestattet. Von Erfindung in
1 Auch Lotze (Gesell, d. Aesth. S. 149) hat auf diese Aehnlichkeit hin-
gewiesen.
42 :
642
Zimra ermann.
der Kunst kann und soll nickt die Rede sein, da dieselbe nur
,Fabeln 1 und ,Fictionen‘ zu Tage fördert. Die ,beste Welt 1 ,
das einzige würdige Object der Darstellung durch die Kunst
aber als solche ist (wenigstens in den Augen des optimistischen
Leibnitz-Wolffianers) ,weder Fabel noch Fiction 1 .
Eben so wenig das Absolute oder die absolute Identität
in den Augen Schelling’s. Das Sein und Wissen des Absoluten
steht für den Identitätsphilosophen so selbstverständlich fest, als
ob nie ein Kant gelebt und das Ding an sich für unerkennbar
erklärt hätte. Wie das Absehen des Leibnitz-Wolff sehen Dogma
tismus auf die Erklärung der Dinge aus dem einmal für fest
stehend angenommenen Vorhandensein der besten Welt, so ist
jenes des Schelling’schen auf die Construction derselben aus
dem einmal als existirend vorausgesetzten Absoluten gerichtet.
Natur, Geschichte, Kunst, wie sie thatsäcklich gegeben sind,
können im Sinne des ersten nur ,Ausflüsse 1 der besten Welt,
im Sinne des zweiten nur Potenzen 1 desselben Absoluten sein;
wie dort die beste W'elt in jenen, so offenbart sich das Ab
solute hier in den drei genannten Sphären nur in verschiedenen
Manifestationen.
Es ist consequent, wenn die Philosophie in ihrer voll
kommenen Erscheinung (nach Schelling) nur in der Totalität
aller Potenzen hervortreten soll. Denn sie soll ein getreues
Bild des Universums sein; dieses aber ist gleich dem Absoluten,
dargestellt in der Totalität aller ideellen Bestimmungen. Die
selbe schliesst daher Natur-, Geschichts- und Kunstphilosophie
in sich, weil das Absolute in der Natur, Geschichte und Kunst
als in seinen verschiedenen Potenzen steht. Aber nur soferne
in jeder derselben das Absolute dargestellt wird, ist diese Dar
stellung der Natur, Geschichte, Kunst wirklich Philosophie der
Natur, der Geschichte, der Kunst.
Ein getreues Bild der ,besten Welt 1 war auch das Ziel
der Leibnitz’schen Philosophie. Dieselbe geht darauf aus, in
der Monadologie zu zeigen, dass sich das Universum eben so
gut nach mechanischen Principien der wirkenden, wie nach
moralischen Prinzipien der Zweckursachen auffassen lasse, da
zwischen beiden vollkommene Uebereinstimmung herrsche. On
peut dire, heisst es §. 89, que Dieu comme architecte contente
en tout Dieu comme legislateur et qu’ainsi les peches doivent
Schelling’s Philosophie der Kunst.
643
porter leur peine avec eux par l’ordre de la nature et en vertu
meme de la structure mecanique des choses et que de meme
les helles aetions s’attireront leurs recompenses par des voies
machinales par rapport aux corps. Fasst man daher nur den
mechanischen Zusammenhang der Dinge, das Reich der wir
kenden Ursachen, ins Auge, so erhält man ein anderes Bild,
als wenn man den moralischen, das Reich der Zweckursachen,
für sich im Auge hat, und wieder ein anderes, wenn man die
Harmonie beider, welche durch Gott von Ewigkeit besteht,
sich gegenwärtig hält, und doch ist das so von drei verschie
denen Standpunkten aus betrachtete Universum nur eines und
dasselbe. Vom ersten aus scheint der Natur] auf ganz mechanisch,
d. h. vom Einflüsse des göttlichen Willens (der Gnade, gräce)
unabhängig; vom zweiten aus ganz willkürlich, d. h. von Gottes
Willen (seiner Gnade) abhängig; vom dritten aus (welcher der
wahre ist) angesehen, ,conduisent les choses a la gräce par la
voie meme de la natureh (§. 88.)
Das Zusammentreffen der Dreizahl der möglichen Be
trachtungsweisen der ,besten Welt 4 und der ,ideellen' Bestim
mungen des Universums bei Leibnitz und Schelling ist wohl
mehr als zufällig. Die Anschauung der besten Welt, welche
darin nur einen bewusstlosen Mechanismus erblickt, mahnt an
Schelling’s Natur-, jene, welche darin nur das Werk göttlicher
Leitung sieht, an dessen Geschichtsphilosophie. Diejenige,
welche in Folge der prästabilirten Harmonie zwischen dem
Reiche der Natur und der Gnade beide als eines erkennt, wird
als die vorzüglichste bezeichnet. Schelling nennt seine Kunst
philosophie die Wiederholung seiner Philosophie in der ,höchsten
Potenz'.
Verstehe ich die Ausdrücke von Leibnitz recht, so setzt
er den beiden ,regnes naturels', in deren einem Gott nur die
Rolle eines Baumeisters, in deren anderem die eines Gesetzgebers
spiele, ein drittes gegenüber, das er gouvernement parfait nennt.
Bei diesem tritt Gott sowohl in der einen als in der andern
Eigenschaft in den Hintergrund; die Dinge bedürfen weder
des Beistandes noch des Gesetzes; was geschehen soll, geschieht,
von selbst, gesetzlich und doch ohne Bewusstsein des Ge
setzes. Sowohl die blinde Nöthigung als das Bewusstsein der
Pflicht sind überflüssig, da das Natürliche vernünftig und das
644
Ziminormann.
Vernünftige zur (zweiten) Natur geworden ist. In diesem Zu
stande herrscht zwischen Wünschen und Sollen (Sinnlichkeit
und Sittlichkeit, Neigung und Pflicht) kein Widerstreit, d. h.
das Erkennen des Rechten ist Eins mit dem Wollen desselben;
nicht einmal der Deutlichkeit des Erkennens, einer bewussten
Vernunft, bedarf es, ein ,dunkles' Erkennen, ein analogon ratio-
nis reicht dazu hin. Während im Zustande der blinden Nöthi-
g-ung kein Widerstand besteht, in jenem der bewussten Pflicht
erfüllung, wenn auch mit Anstrengung, überwunden wird, ge
schieht das letztere im Zustande des gouvernement parfait nicht
nur ohne Schwierigkeit, sondern mit Freuden, und jener ,reinen
Liebe' (pur amour) zu Gott, dem ,Monarque de la eite divine',
deren Genuss in der Seligkeit des Geliebten besteht (qui fait
prendre plaisir k la felicite de ce qu’on aime). Es unterliegt
keinem Zweifel, dass eine Weltbetrachtung vom Gesichtspunkt
der Harmonie zwischen zwei anderen Anschauungen derselben
Welt, einen höheren Standpunkt einnehme, als jede von diesen
für sich genommen. Sowohl die mechanische wie die mo
ralische Weltauffassung erscheinen einseitig der ,harmonischen'
gegenüber. Beide schliessen einander aus, während die dritte
beide einschliesst. Die eine ist keine sittliche, die andere keine
natürliche Weltordnung; die harmonische zeigt, dass beide nicht
verschieden, sondern im vollkommensten Einklang sind.
. Die Erkenntniss dieser harmonischen Weltordnung bildet
die Spitze der Leibnitz’schen Monadologie, die er in ihrer für
das Journal des savans bestimmten Redaction (1714) geradezu
,principes de la nature et de la gräce' betitelt hat. La nature,
heisst es dort (§. 15, p. 717), mene a la gräce et la gräce per-
fectionne la nature en s’en servant. Was Gott in Folge der
sittlichen Weltordnung über die Geister verhängt, stört nicht
im Geringsten die natürliche (les lois des corps), sondern er
folgt nach Naturgesetzen (par l’ordre meme des choses natu
relles) vermöge der von Ewigkeit her vorbestimmten Harmonie
zwischen den Reichen der Natur und der Gnade, zwischen Gott
als Baumeister und Gott als Herrn (Monarque).
Die Philosophie des Harmonismus stellt sich selbst als
die ,höhere Einheit' der Philosophie des Mechanismus und
jener des Moralismus dar und setzt letztere beide zu unter
geordneten, wenn auch an ihrer Stelle nicht unberechtigten
Schelling’ß Philosophie der Kunst. 645
Weltanschauungen herunter. Der Nachdruck, mit welchem Leib
nitz bei jeder Gelegenheit einschärft, dass einerseits alles Ge
schehen auf natürlichem Wege, sich vollziehe, andererseits
keine Schuld ohne Strafe, keine Tugend ohne Be
lohnung bleiben dürfe, zeigt, dass er weder die mechanische,
noch die moralische Weltordnung zu verkürzen, sondern nur
über beiden eine noch höhere einzuführen denkt, für welche
beide zusammenfallen.
Der Gegensatz der Natur und des Sittengesetzes war in
Leibnitzens Augen ein scheinbarer; die wahre Philosophie be
stand für ihn in der Erkenntniss der Harmonie beider. Nach
dem Kant’s Kritik der reinen und der praktischen Vernunft jenen
Gegensatz (allerdings nicht wie jener im Object, sondern im
Subject der Erkenntniss) erneuert hatte, ging das Bestreben
seiner Nachfolger dahin ihn (wie Leibnitz) zu versöhnen. Kant’s
theoretische Philosophie war eine Auffassung der Welt unter
Natur-, seine praktische eine solche unter Freiheitsgesetzen;
jene fiel mit demjenigen, was Leibnitz mechanische, diese mit
jenem, was dieser moralische Weltauffassung nannte, dem In
halte nach zusammen. Zu der harmonischen Weltauffassung
findet sich nur ein schwacher Ansatz bei Kant in der Kritik
der Urtheilskraft. Bei dem (nach Schiller’s bekanntem Aus
spruch) ,unästhetischen' Fichte verschwindet auch dieser. Fichte’s
Philosophie fällt so entschieden gänzlich auf die Seite der von
Leibnitz sogenannten moralischen Weltbetrachtung, dass ihm
die Welt überhaupt nur als ,Material der Pflicht' existirte. Erst
bei Schelling und zwar im System des transcendentalen Idea
lismus taucht eine Weltanschauung auf, die vielleicht ihre Ab
kunft von, aber nicht ihre Verwandtschaft mit dem Harmo-
nismus verleugnen kann.
Die Opposition gegen Kant ging von Gemüthsmenschen
aus, die es unerträglich fanden, dass theoretische und praktische
Weltauffassung, natürliche und moralische Weltordnung in un
versöhnlichem Streite liegen sollten, ohne den Muth und die
Kraft zu besitzen (wie Fichte) die eine der andern zu opfern.
Schiller fand, dass die Härte des Kant’schen Dualismus
(zwischen Neigung und Pflicht) ,alle Grazien zurückschrecke' ;
aber er verzweifelte für seine Person an der Möglichkeit,
eine Philosophie aufzustellen, in welcher derselbe aufgehoben
646
Zimmermiinn.
erschiene. Von diesem Augenblicke an verlor die Beschäftigung
mit Philosophie das Interesse für ihn, und er zog sich auf
dasjenige Gebiet zurück, wo er die zwischen Natur- und mora
lischer Weltordnung fehlende Harmonie wenigstens zwischen
Verstand und Einbildungskraft hergestellt zu sehen glaubte.
Harmonie war es, die er suchte und da er sie als strenger
Kantianer zwischen theoretischer und praktischer Vernunft nicht
fand, so Hess er die Metaphysik fallen und wandte sich der
Aesthetik zu. Dort, in der Kritik der ästhetischen Urtheilskraft
hatte Kant die Möglichkeit einer Harmonie zwischen Seelen
kräften (Verstand und Sinnlichkeit) gelehrt, welche nach seiner
Versicherung der Ursprung des Schönen sein sollte. Diese war
ganz verschieden und folglich ganz unabhängig von dem Ver-
hält.niss zwischen theoretischer und praktischer Vernunft (Natur-
und sittlicher Weltordnung); sie fiel, wenn sie vorhanden war,
lediglich auf die Seite der Einbildungskraft und des Verstandes,
also in den Bereich blosser vor stellender Thätigkeit, aus wel
cher weder ein Rückschluss auf Realität der durch harmonische
Thätigkeit beider obiger Seelenkräfte vorgestellten Welt, noch
ein solcher auf das Stattfinden gleicher Harmonie zwischen
anderen Seelenkräften, z. B. zwischen theoretischer und
praktischer Vernunft (Auffassung der Welt nach Natur- und
nach Freiheitsgesetzen) erlaubt war.
Mit nicht genug zu rühmender Stärke hielt Schiller diesen
Standpunkt fest und leitete daraus seine bekannte Theorie des
,Spieltriebes' ab. Diese glückliche Bezeichnung sollte zugleich
verhindern den Erzeugnissen des ,Spieles' Anspruch auf Realität,
wie der Harmonie zwischen Verstand und Einbildungskraft die
ernste Bedeutung einer solchen zwischen Natur und Freiheit
(mechanischer und moralischer Weltordnung) beizulegen. Das
aus dem harmonischen Spiele des Vorstellens entsprungene
Schöne ist Schein ; dasselbe macht keinen Anspruch auf andere
als die Realität blosser Vorstellung und noch viel weniger
kommt es ihm in den Sinn, sich als Ausgleich der theoretischen
und praktischen Vernunft (der Natur- und Freiheitsgesetzgebung)
geltend zu machen.
Wenn sich der Dichter mit Schein begnügt, so ist es be
greiflich, dass der Denker nach Sein begehrt. Jenem ist es
um Spiel, diesem um Ernst, jenem um blosse Vorstellung,
Schelling’s Philosophie der Kunst.
(547
diesem um Erkenntniss zu thuu. Sehelling war ebenso gut wie
Schiller eine ästhetische Natur; die Dissonanz zwischen Natur-
und moralischer Weltauffassung, der Dualismus Kant’s war
ihm wie jenem antipathiscli; aber er war zugleich wie Leibnitz
eine philosophische Natur: ein Harmonismus im Schein als
blosse Einbildung statt als Erkenntniss hätte diesem so wenig
genügt, wie sie Sehelling befriedigte. Wir finden die Spuren
beider in letzterem vereinigten Naturen zuerst in seinem System
des transcendentalen Idealismus.
Der Plan dieses für Schelling’s Entwicklungsgang Epoche
machenden Werkes, weil er darin zum erstenmale statt einer
,besonderen Sphäre' die ganze Philosophie behandelte, zerfällt
in drei Theile. Theoretische Philosophie, die er als Idealismus
und praktische Philosophie, die er als Realismus bezeichnet,
stehen im Gegensatz. Jene hat zu erklären, wie die Begrenzt
heit, die ursprünglich nur für das freie Handeln existirt, Be
grenztheit für das Wissen werde. Diese hat zu erklären, wie
die Begrenztheit, die eine bloss subjective ist, objectiv werde.
Theoretisch verhält sich das Ich, indem es sich durch Anderes
bestimmt findet, praktisch, indem es Anderes durch sich selbst
setzt und Objectives erzeugt. Da nun über der theoretischen
Gewissheit die praktische, über der praktischen die theoretische
verloren gehe, so müsse der Widerspruch aufgelöst und die
Frage beantwortet werden: wie können die Vorstellungen zugleich
als nach den Gegenständen sich richtend und die Gegenstände
als nach den Vorstellungen sich richtend gedacht werden?
Dieses Problem, welches Sehelling das erste und höchste
der Transcendental-Philosophie nennt, kann nun weder in der
theoretischen noch praktischen Philosophie, sondern nur in
einer höhern aufgelöst werden, welche beides zugleich ist, in
der ,Philosophie der Naturzwecke und der Kunst'.
Es leuchtet ein, dass sich dieselbe zu' ihren beiden Vor
gängerinnen verhält wie Leibnitzens harmonische Philosophie
zu der Philosophie der mechanischen und jener der moralischen
Weltordnung. Die theoretische Philosophie, welche die reelle,
und die praktische, welche die ideelle Seite der Welt ausschliess
lich behandelt, sind einseitig, wie es die mechanische und die
moralische Weltbetrachtung ihrerseits gleichfalls sind. Die Philo
sophie der Naturzwecke und der Kunst weist zwischen der
648
Zim m ermann.
reellen und ideellen Seite der Welt eine vorherbestimmte Har
monie, wie Leibnitzens Harmonismus eine solche zwischen
natürlicher und sittlicher Weltordnung nach. Wie nach Leibnitz
Gott, der als Baumeister in der mechanischen, als Gesetzgeber
in der moralischen Philosophie erscheint, in der harmonischen
beides zugleich, ein und derselbe ist, so ist es nach Schelling
dieselbe Thätigkeit, welche im Produciren der objectiven Welt
ohne Bewusstsein productiv (Architekt der Welt), im freien
Wollen und Handeln mit Bewusstsein productiv (Gesetzgeber
der Welt) ist. Die Philosophie dieser Thätigkeit, welche die
Identität der theoretischen und praktischen, wie die Philosophie
Gottes, insoferne er als Architekt und Gesetzgeber einer und
derselbe ist, muss nach beiden den höchsten Gesichtspunkt
einnehmen, der als Philosophie überhaupt möglich ist. Leibnitz
bezeichnet sie als Philosophie der prästabilirten Harmonie,
Schelling als Philosophie der Kunst.
Warum dieser Name? Leibnitz drückt mit dem seinigen
einen Standpunkt der Betrachtung aus, von welchem aus gesehen
die mechanische Natur- und die moralische Weltordnung zu
sammenfallen. Schelling will mit dem seinigen jenen Punkt im
thätigen Ich des transcendentalen Idealismus markiren, auf
welchem bewusstloses (blindes, mechanisches) und bewusstes
(gesetzliches, freies) Produciren zusammenfallen. Zunächst
könnte jener wie dieser ein blosses Postulat, die Berechtigung
desselben müsste durch eine Thatsache erwiesen sein. Leibnitz
beruft sich zum Beweise auf die Thatsache des Daseins Gottes;
Schelling auf die Thatsache der ästhetischen Thätigkeit.
Auf die Beurtheilung der ersteren haben wir hier nicht
einzugehen. Leibnitz hat sich bekanntlich in dem Cirkel bewegt,
das Dasein der prästabilirten Harmonie aus dem Dasein Gottes
und umgekehrt dieses aus jenem zu erweisen. Schelling’s Beweis
dagegen beruht auf der (unbewiesenen und in sich wider
sprechenden) Annahme, dass die ästhetische Thätigkeit zugleich
und in einem und demselben Sinne bewusst und bewusst
los sei.
Schelling schliesst nämlich so: gibt es eine Thätigkeit,
die bewusst und bewusstlos zugleich ist, so gibt es auch einen
Vereinigungspunkt der theoretischen und praktischen Philosophie.
Nun ist die ästhetische Thätigkeit eine solche, welche bewusst
Schelling's Philosophie der Kunst.
649
und bewusstlos zugleich ist. Ergo gibt es auch einen Ver
einigungspunkt zwischen theoretischer und praktischer Philo
sophie.
Der Schluss wäre schlagend, wenn die Prämissen es wären.
Aber der Untersatz, betreffend die Natur der ästhetischen Thätig-
keit, ist sowohl unbewiesen wie unbeweisbar. Die empirische
Psychologie kennt keine psychische Thätigkeit, die unbewusst
und bewusst in einem Athemzuge wäre; die Logik, allerdings
nur jene, die keine Widersprüche duldet, verbietet sie. An
dieser psychologischen Fiction scheitert die ganze Unternehmung.
Schelling ist sich der Wichtigkeit der ästhetischen Thätig
keit für sein System so wohl bewusst, dass er dieselbe geradezu
das ,Organon* seiner Philosophie nennt; auch hängt in der That
seine ganze Philosophie daran. Nur mit Hilfe dieses Vereinigungs
punktes, den weder Kant noch Schiller fanden, war der Riss,
der durch die Kant’sche Philosophie ging, ausgefüllt, waren die
beiden für einander unzugänglichen Welten einer Natur- und
einer Freiheitsgesetzgebung in auf einander passende Halb
kugeln desselben Globus verwandelt; wenn die angeblich be
wusst-unbewusste* Natur der ästhetischen Thätigkeit ein Irrthum
ist, fallen sie wieder auseinander.
Der Irrthum selbst aber stammt aus der Baumgarten’schen
Aesthetik. Die vollkommene sinnliche Erkenntniss, die ,dunkle
Vernunft*, ist die Mutter der ,bewusst-bewusstlosen* Thätigkeit.
Derselbe logische Widerspruch, der in der Annahme einer
zugleich ,vollkommenen* d. i. rationalen und doch ,sinnlichen*
also empirischen Erkenntniss enthalten ist, kehrt auch in der
Annahme einer zugleich unbewussten und bewussten Thätig
keit wieder. Wenn ein ,dunkles* Vorstellen ,Erkennen* d. i.
vernünftiges Vorstellen sein kann, warum sollte nicht ein
,dunkles* zugleich vernünftiges Schaffen sein? Der nüchterne
Aufklärer Baumgarten vermochte dem Reize nicht zu wider
stehen, hinter dem ,Dunkel* der Sinnlichkeit eine verhüllte
Vernunft zu ahnen; wie hätte der Romantiker Schelling der
Versuchung entgehen sollen, das psychologische Dunkel, das
über dem Schaffen des Künstlers schwebt, mit dem magischen
Schimmer geistigen Hellsehens zu schmücken? Baumgarten’s
dunkle Vernunft war eine Reaction gegen die Zurücksetzung
der sinnlichen von Seite der rein intellectuellen Erkenntniss;
650
Z i m m e r ra a n n.
Schelling’s ,bewusst-bewusstloses' Schaffen eine solche gegen
die Zurücksetzung’ der (scheinbar) regellos genialen von Seite
der nach pedantischem Regelzwange verfahrenden Production.
Als psychologische Thatsachen waren beide gleich unhaltbar.
Schelling hätte um deswillen Baumgarten milder beur-
theilen dürfen. Wolff’s Psychologie wirkte bei ihm wie bei
diesem nach; Kant hatte die Sturmleiter seiner Kritik an deren
Gerüst angelehnt, den Plan und die Eintheilung ihrer Seelen
vermögen wesentlich unverändert gelassen. Sinn, Verstand und
Vernunft, Phantasie, Gefühls-, höheres und niederes Begehrungs
vermögen u. s. w. glichen Schachfiguren, die von den nach
kommenden Spielern auf dem Schachbrette ihrer Systeme nach
Belieben verschoben wurden. Eine Kritik des Erkennens,
Wollens und Fühlens, das auf dem Boden dieser Psychologie
erwuchs, hat Kant, eine Kritik dieser selbst hat erst Herbart
versucht.
II.
Auf weitem Umwege kehren wir zu den drei Theilen,
Natur-, Geschichts- und Kunstphilosophie zurück, in welche,
nach Schelling’s Einleitung in die letztere, die Eine ungetheilte
(une et indivisible ?) Philosophie zerfällt. Die drei ,ideellen'
Bestimmungen, in welchen das Eine Absolute als in eben so
vielen Potenzen steht, Natur, Geschichte, Kunst, haben durch
die drei Standpunkte der Betrachtung der ,besten Welt' vom
mechanischen, moralischen und harmonischen Gesichtspunkte
aus in der Leibnitz’schen Philosophie eine Reflexbeleuchtung
erhalten. Die Philosophie der Kunst construirt nicht die Kunst
als Kunst, als Besonderes, sondern das Universum in der Gestalt
der Kunst; dieselbe ist Wissenschaft des All in der Form oder
Potenz der Kunst. Es hat seine Richtigkeit, wenn der verstor
bene Danzel bemerkt, Schelling’s Philosophie der Kunst sei im
Grunde ,nur eine Philosophie bei Gelegenheit der Kunst'. Das,
um was es sich handelt, ist jederzeit (in der Natur-, Geschiehts-
und Kunstphilosophie) das All, ,in allen Gegenständen der Eine
Gegenstand', von dem Philosophie schicklicher Weise reden
kann. Eine gewisse Eintönigkeit wäre daher kaum zu meiden,
wenn nicht die Formen (obgleich an sich ohne Wesenheit)
Sclielling’s Philosophie der Kunst.
651
mannigfaltige wären. Es gibt eine Philosophie der Kunst, weil
in das Besondere der Kunst das Absolute gebildet ist, weil es
demnach eine absolute und ewige Idee der Kunst gibt. Die
selbe ist fähig, das Absolute darzustellen, so gut wie die Philo
sophie selbst ein ,Bild' desselben ist; aber diese ein Ur-, die
Kunst nur ein Gegenbild (S. 368). Beide fallen als ,Bilder'
nebst Wissen, der theoretischen, und Handeln, der praktischen
Darstellung des Universums auf die ideale, dagegen die ent
sprechenden Doppelpaare Vernunft und Organismus, Materie,
der stoffliche, und Licht, der formgebende Factor der Welt,
auf die reale Seite des Alls. Philosophie und Kunst verhalten
sich unter einander wie Subjectives und Objectives; letztere
ist der ,vollkommenste objective Reflex' der ersteren. Wie
daher die Philosophie, so muss die Kunst als ,getreues Abbild'
des Universums sämmtliche Potenzen desselben durchlaufen,
und erst die Totalität aller Potenzen macht, wie die volle Er
scheinung der Philosophie (Natur-, Geschichts- und Kunstphilo
sophie), so jene der Kunst aus.
Dieselbe Einförmigkeit, die den verschiedenen,Philosophien'
droht, weil sie sämmtlich vom All handeln, lagert sich auch über
die Kunst, das Wissen und Handeln, die ihrerseits sämmtlich
wieder das All darstellen. Alle zusammen genommen machen
die ,ideale Seite' des Alls, und auf der andern Vernunft, Or
ganismus, Materie und Licht, alle zusammen die reale, und jedes
für sich wieder das All aus. Wie auf der idealen Philosophie
und Kunst, so stellen auf der realen Seite des Alls Vernunft
(Weltseele) und Organismus (beseelte Welt) jene die subjective,
dieser die objective Seite dar. Materie, die reale Potenz im
Realen, entspricht dem Wissen, der realen Potenz im Idealen;
Licht, die ideale Potenz im Realen, dem Handeln, der idealen
im Idealen; Vernunft und Organismus, Philosophie und Kunst
aber stellen je die Indifferenz des Idealen und Realen, erstere
beide im Realen, letztere beide im Idealen dar, so dass folgendes
Schema entsteht:
652
Zimmermann.
All
Reale Seite
Subjective Seite
Vernunft
Reale Seite Indiff. Ideale Seite
Materie Licht
Object. Seite
Organismus
Ideale Seite
Subjective Seite
Philosophie
Reale Seite Indiff. Ideale Seite
Wissen Handeln
Object. Seite
Kunst
Aus dem Schema erhellt, dass der Begriff der ,Kunst',
welchen Schelling der Construction ihrer Philosophie zu Grunde
legt, der nämliche ist, welcher den Schwerpunkt im System
des ti’anscendentalen Idealismus ausmachte. Die ästhetische
Thätigkeit stellt den Indifferenzpunkt der theoretischen und
praktischen dar; dieselbe ist ,weder ein blosses Handeln noch
ein blosses Wissen, sondern sie ist ein ganz von Wissenschaft
durchdrungenes Handeln, oder umgekehrt ein ganz zum Handeln
gewordenes Wissen, d. h. sie ist Indifferenz beider* (§. 14,
S. 380). Ein Beweis für die Richtigkeit dieser Erklärung, die
mit der ,bewusst-unbewussten* Thätigkeit (im System des trans-
cendentalen Idealismus) zusammenfällt, würde in Schelling’s
Vorlesungen so vergeblich gesucht werden, wie ein solcher im
System des transcendentalen Idealismus vermisst wird. Vielmehr
wird das Zutreffende derselben stillschweigend als so selbst
verständlich vorausgesetzt, dass die unleugbare Existenz einer
Kunst als vollgiltiger Beweis für die Existenz einer ,bewusst
unbewussten*, ,wissend handelnden und handelnd wissenden
Thätigkeit* gelten soll. Schelling schliesst: Wenn es eine Kunst
gibt, so kann sie nur als,bewusst-unbewusste Thätigkeit* existiren.
Nun gibt es eine Kunst. Ei’go gibt es auch eine ,bewusst-un-
bewusste Thätigkeit*, — ein Schluss, der nur richtig ist, wenn
die Begriffe: ,ästhetische Thätigkeit* und ,bewusst-bewusstlose
Thätigkeit' Wechselbegriffe sind. Ein Beweis letzterer (will
kürlichen) Annahme ist nirgends geliefert. *
Gleichwohl trägt dieselbe nicht bloss Schelling’s Philosophie
der Kunst, sondern sein ganzes philosophisches System. Die
Kunst ist ihm eben das ,Organon* der Philosophie, weil sie der
thatsächliche Beweis einer Thätigkeit ist, in welcher theoretische
Schelling’s Philosophie der Kunst.
G53
und praktische Philosophie, Wissen und Handeln Zusammen
flüssen. Ohne die Existenz einer solchen wäre die Kluft zwischen
theoretischer und praktischer Vernunft nicht überbrückt, eine
gemeinsame Wurzel für Wissen und Handeln nicht gefunden.
Man kann mit Grund sagen, wenn obige Definition der ästhetischen
Thätigkeit keine Geltung hat, so büsst die mühsam hergestellte
Einheits- und Einerleiheitsphilosophie den Boden ein.
Schelling’s Vorstellung von der Natur der ästhetischen
Thätigkeit spielt in seinem Philosophiren eine ähnliche Rolle, wie
Kant’s Vorstellung von der Natur der mathematischen Urtheile
in der Kritik der reinen Vernunft. Dass er dieselbe ohne
Weiteres für eine ,bewusst-unbewusste' nahm, ist für sein Philo
sophiren so verhängnissvoll geworden, wie für Kant, dass er
mathematische Urtheile, im Gegensätze zu Hume, für synthe
tische hielt. Jener wurde dadurch zu dem Glauben verleitet,
die gemeinsame Wurzel des Subjectiven und Objectiven, des
Idealen und Realen, deren Möglichkeit Kant in einer hinge
worfenen Bemerkung angedeutet, deren Wirklichkeit zu behaup
ten er sich jedoch sorgfältig gehütet hatte, in der Kunst ent
deckt zu haben. Dieser wurde dadurch zu der Annahme gebracht,
dass Raum und Zeit subjective reine Anschauungsformen seien,
und die transcendentale Aesthetik wurde die Wurzel der Kritik.
Immerhin hat Kant für die synthetische Natur der mathema
tischen Urtheile (der arithmetischen sowohl wie der geometrischen)
einen Beweis versucht; für die Annahme, dass die ästhetische
Thätigkeit Eins mit einer ,bewusst-unbewussten' sei, findet sich
bei Schelling nicht der Schatten eines Beweises.
Ich habe in einer früher der hohen Classe vorgelegten
Abhandlung nach dem Beispiele von Fries, der die transcen
dentale Deduction als Kant’s transcendentales Vorurtheil be-
zeichnete, dessen Vorstellung von der synthetischen Natur der
mathematischen Urtheile Kant’s mathematisches Vorurtheil ge
nannt. Es möge mir gestattet sein, obige Meinung Schelling’s
von der Natur der künstlerischen Thätigkeit dessen ästhetisches
Vorurtheil zu heissen. Dasselbe verdient, da es als Urtheil
ohne jeden Beweis erscheint, noch in höherem Grade als das
vorige diesen Namen.
Jenen Begriff der Kunst zugestanden, der, wie gezeigt,
zu seinem Vorbilde Baumgarten’s ,dunkle Vernunft' hat, wickelt
654
Zi mmermann.
sich deren Philosophie in einförmiger Wiederkehr an dem lei
tenden Faden der Constructionsmethode ab. Die Kunst als
Abbild des Alls im Idealen, bietet wie jenes eine reale und
eine ideale Seite dar, in deren jeder dessen Potenzen, die
reale, ideale und realideale oder idealreale d. i. die Indifferenz
widerkehren müssen. Jenes begründet deren Eintheilung in
bildende und redende; letzterer Umstand liegt der Eintheilung
der bildenden Kunst in Musik, Malerei und Plastik, der re
denden in lyrische, epische und dramatische Dichtkunst zu
Grunde. Dass die Musik, von der Schelling (S. 487) selbst
gesteht, dass sie ,bis jetzt' allgemein von der bildenden Kunst
getrennt worden sei, sonach unter derselben mit einbegriffen
wird, ist nicht die geringste unter den auffälligen Thesen dieser
Kunstphilosophie.
In dem kurze Zeit vor der Abhaltung dieser Vorträge
erschienenen ,Bruno' (1802) hatte Schelling den Pantheismus
Giordano’s mit der Identitätsphilosophie Spinoza’s und der
Ideenlehre Platon’s zu verschmelzen versucht; Folge davon ist,
dass uns die letztere in den Vorträgen begegnet. Philosophie
und Kunst sind dadurch verwandt, dass beide nicht die wirk
lichen Dinge, sondern deren ,Urbilder' darstellen, von welchen
jene ,nach den Beweisen der Philosophie' (wobei Schelling
seinen ,Bruno' im Auge gehabt haben mag) nur unvollkommene
Abdrücke sind. Der Unterschied der Kunst von der Philo
sophie aber besteht darin, dass diese in der Kunst ,selbst —
als Urbilder — demnach in ihrer Vollkommenheit objectiv
werden und in der reflectirten Welt selbst die Intellectual-
welt darstellen 1 (S. 369). Philosophie und Kunst haben es
folglich beide mit den Dingen an sich, mit der noumenalen
Welt zu thun; obgleich jene nur subjectiv, diese dagegen ,ob
jectiv', jene schauend, diese schaffend im Idealen, wie Vernunft
das ruhende, der Organismus das zeugende Ding an sich ist
im Realen. Das All als Totalität ist Einheit, die zugleich
Vielheit und Vielheit, die zugleich Einheit ist; das Ding an
sich daher zugleich ein einziges und doch vielfaches, sowohl
nach der idealen, wie nach der realen Seite hin, daher es von
jener angesehen als ein ideales, von dieser angesehen als
ein reales Reich erscheint. Jenes von seiner realen Seite
angesehen, stellt sich als Wissen, von seiner idealen betrachtet,
Hmmamsssi
Schelling’s Philosophie der Kunst. 655
als (sittliches) Handeln, von seiner realidealen und idealrealen
ins Auge gefasst subjectiv als Philosophie, objectiv als Kunst
dar. Dieses von seiner realen Seite angesehen als Materie,
von seiner idealen als Licht, als ,Indifferenz' betrachtet sub
jectiv als ,Weltseele' (Vernunft), objectiv als ,beseelte Welt'
(Organismus). Das Wissen als Reales im Idealen und die
Materie als Reales im Realen, begreifen jedes selbst eine Viel
heit in sich, während ihnen gegenüber die Tugend als Ideales im
Idealen und das Licht als Ideales im Realen als Einheiten auf-
treten. Die Vielheit im Wissen sind die einzelnen ,Ideen' (die
besonderen Wissenschaften); die Vielheit in der Materie dagegen
die einzelnen Weltkörper (die besonderen Welten). Philosophie ist
die Einheit der Wissenschaften (im Idealen), wie die ,Weltseele'
(Vernunft) die Einheit der Welten (im Realen); der organischen
Thätigkeit aber als der gegenseitigen Durchdringung von Licht
und Materie im Realen, steht die künstlerische als gegenseitige
Durchdringung von Wissen und Handeln im Idealen entgegen.
So ist die Kunst Organismus im idealen, wie der Orga
nismus Kunst im realen All. Jene enthält das ideale, dieser
das reale All in der ,Form der Indifferenz', jene des Wissens
und Handelns, dieser des Stoffes und des Lichtes. Wie die
im All befasste Vielheit real in der Vielheit organischer, so
tritt sie ideal in der Vielheit ästhetischer Producte auf, in
deren jedem das ganze All ideal, wie in jedem Organismus
das ganze All real gegenwärtig ist. Als solche sind sie Sym
bole, in der Kunstwelt Ideale, in der organischen Welt be
seelte Welten.
Der durchgeführte Parallelismus der künstlerischen mit
der organischen Thätigkeit trägt nicht dazu bei, jene zur
Klarheit zu erheben. Der Organismus entsteht, indem Materie
= Sein und Licht = Thätigkeit ,einander integriren' (S. 379),
,das Sein unmittelbar auch Thätigkeit, das Affirmirte dem
Afürmirenden absolut gleich ist'. Die Möglichkeit dieses Vor
ganges, die Indifferenz des Subjectiven und Objectiven im Realen,
wird selbst, weit entfernt die Indifferenz des Subjectiven und
Objectiven im Idealen zu erklären, durch diese erklärt; die
Identität der theoretischen und praktischen (bewussten und
bewusstlosen) Thätigkeit muss zuerst im Bewusstsein aufgezeigt
sein, um von da in die zwecklos zweckmässig thätige Natur
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. IV. Hft. 43
656
Zimmermaniü.
projicirt werden zu können. Mit anderen Worten, die ästhe
tische Thätigkeit (vorausgesetzt, dass sie selbst erklärlich sei)
erklärt die organische, nicht umgekehrt.
Das ästhetische Vorurtheil bleibt immer dasselbe. So lange
die Identität bewusst-unbewusster und ästhetischer Thätigkeit
nicht erwiesen, sondern blos angenommen ist, ist weder die
Thatsache der Kunst für die Existenz einer ,bewusst-unbewussten 1
Thätigkeit, noch die Existenz der letzteren für jene der Kunst
beweiskräftig. Weder folgt aus der ersteren (gegen die Erfahrung),
dass obige Thätigkeit sei; noch folgt aus der letzteren (gegen
den Sprachgebrauch), jene sei die Kunst.
Ein geheirnnissvoller Reiz muss diesen (logisch undenk
baren) Begriff einer ,bewusst-unbewussten - ' Thätigkeit umschwe
ben, dass derselbe nicht nur unbedenklich als giltig anerkannt,
sondern sogar als Begriff des Organons der Philosophie zum
höchsten Range erhoben wird! Weder der Kitzel des Wider
spruches noch der Zauber des Helldunkels reicht zur Erklärung
hin; nur die anhaltende Verwechslung der ,Indifferenz' mit
,harmonischer Thätigkeit' macht die Erscheinung begreiflich.
Bewusstlose und bewusste Thätigkeit als Eine gedacht, ist ein
Unding; beide neben einander gedacht, können im Einklänge
mit einander stehen. Als wohlgefällige Harmonie des Ver
standes und der Einbildungskraft schilderte Kant die ästhetische
Gemüthsstimmung. Schelling schob statt des Einklanges die Ein
heit der Thätigkeiten unter. Dadurch verlor diese Gemüths
stimmung gerade diejenige Beschaffenheit, worauf ihr Vorzug
beruhte, statt wohlgefälliger Harmonie herrschte gleichgiltige
Indifferenz. Nichts destoweniger behielt die so entstellte Ge-
müthslage nicht nur den Namen, sondern auch den Anspruch
der ästhetischen bei, für eine ,höhere' zu gelten; die ,Indifferenz'
usurpirte den Rang, welcher der ,Harmonie' zukam.
,Integration' der Materie und des Lichts im Realen, ,In
differenz' des Wissens und Handelns im Idealen, gewannen auf
diesem Wege den Reiz des Aesthetisehen, der (im Realen) dem
Organischen zu Gute kam. Der Nachhall der Lust, von der
das Harmonische begleitet war, verklärt die Identität, die an
ihre Stelle getreten ist.
Eine Kunst, die sich selbst als ,Reflex der Philosophie'
bezeichnet, muss nothwendig lehrhaften Charakter annehmen.
II Hill—
'.«ttWKrMr
Schelling's Philosophie der Kunst. 657
Die Aesthetik Baumgarten’s weist die Kunst auf die Darstellung
der ,besten Welt', Schelling’s auf die Darstellung des ,Absoluten'.
Wahrheit und Schönheit sind nur zwei verschiedene Betrach
tungsweisen desselben Absoluten; dieses ist für die Philosophie
das Urbild der ersten, für die Kunst das der zweiten. Gott
ist nicht nur das Urbild, sondern auch die unmittelbare Ursache
aller Kunst, da er der ,Quell der Ideen', Kunst aber ,Dar
stellung der Urbilder' ist; die wahre Construction der Kunst
daher ,Darstellung ihrer Formen als Formen der Dinge wie sie
an sich, oder wie sie im Absoluten sind'. (§. 24, S. 386.)
Mit der Darlegung der Kunst als ,realer Darstellung der
Formen der Dinge wie sie an sich sind', erklärte Schelling
(S. 387) die Construction der allgemeinen Idee der Kunst für
vollendet. Noch in der classischen Rede: ,Ueber das Verhält-
niss der bildenden Künste zur Natur', überhaupt dem letzten,
was er über Kunst niedergeschrieben hat, behauptete er, dass es
das Ziel des Künstlers sei, ,den Begriff des Dinges, wie ihn
der unendliche Verstand entwirft, zur sinnlichen Darstellung
zu bringen'. (A. a. 0. S. 15. S. W. I. Abth. VII. S. 300). Diesem Be
griffe, so wie seinem ,ästhetischen Vorurtheile' ist er immer getreu
geblieben. Was gegen diese Einführung der platonischen Gattungs
begriffe als Gegenstände der Nachahmung für und durch die
Kunst spricht, glaube ich nach der ausführlichen Erörterung in
meiner Geschichte der Aesthetik S. 381 u. ff. übergehen zu
können.
Folge der construirenden Methode ist, dass in der Philo
sophie der Kunst zuerst die reale (Stoff-), hierauf die ideale
(Form-) Seite der Kunst abgehandelt wird, Folge obiger Begriffs
bestimmung, dass als allgemeiner Stoff der Kunst die Urbilder
(Ideen) betrachtet werden. In ihnen besondertsich das Universum,
aber so, dass jedes Besondere wieder das Universum ist. Das
Reale an der Idee ist daher immer das Universum, als dieses
Besondere ist sie nicht real. Jede Idee hat zwei Einheiten, die
eine, wodurch das Absolute in ihr besonders gebildet, und die
andere, wodurch sie als Besonderes in das Absolute aufge
nommen wird. Die ,gedoppelte Einheit' jeder nennt Schelling
selbst ,ein Geheimniss'.
Wer das Universum = Gott als einzigen Gegenstand der
Kunst ansieht, muss durch die ,Besonderung-' desselben auf
43*
658
Zimmermann.
,Götter' geführt werden. Jede Idee als ,Ineinsbildung' des
Allgemeinen ins Besondere ist ,real' betrachtet: Gott, aber ein
besonderer Gott'. Was für die Philosophie Ideen sind, sind
für die Kunst Götter und umgekehrt. (S. 391.)
Damit ist zu vergleichen, dass Schelling seine ,Ideen' aus
drücklich mit den Platonischen zusammengestellt. Schon der
Urheber der Lehre von den Ideen habe diese zwar ,nicht
gerade so' erklärt, aber ,dasselbe darunter verstanden' (S. 390).
Bedenkt man nun, dass es nach dem Parmenides des Platon
auch Ideen ,geringfügiger und schmutziger Dinge, wie Haare,
Koth, Schmutz u. s. w.' geben soll, so überredet man sich
schwer, dass diese für die Kunst ,Götter' heissen dürften. Auch
der Platonische Sokrates findet an obiger Stelle, für solche
Dinge ,Ideen' anzunehmen, ,abgeschmackt'. Parmenides aber
verweist es ihm, weil er ,noch jung' sei und die Philosophie
ihn noch nicht so völlig ergriffen habe.
Da die Idee ideal, was der besondere Gott' real, so folgt
nicht nur, dass der ,Ideenwelt' in der Philosophie eine ,Götter
welt' in der Kunst entspreche, sondern auch, dass ,die noth-
wendige Bedingung und erste Stoff der Kunst Mythologie sei'
(S. 405). Eigentlich würde folgen, dass alle Kunst Mythologie
sei. Denn die Kunst wird bezeichnet als ,reale Darstellung
der Ideen', d. h. Verwandlung derselben in ,Götter', während
der Philosoph sie nur als ,Ideen' darstellt; das Nämliche aber
timt auch die Mythologie, wenn sie Minerva als die Verkör
perung der Weisheit, Vulcan und Neptun als jene des form
gebenden und formlosen Princips u. s. w. ansieht. Die Kunst,
welche die Ideen ,real' d. h. als Götter darstellt, lässt sich
eben so gut als Bedingung der Mythologie wie diese als
solche der Kunst auffassen. Man kann sagen, ohne Kunst als
,reale' Darstelluug der Urbilder, gäbe es gar keine Götter,
also auch keine Mythologie. Die Urbilder existirten dann
zwar in der Philosophie als ,Ideen', aber nicht ,real‘, nicht als
Götter. Letztere, folglich auch die Mythologie, sind nichts
anderes als ,Kunstgebilde', welche als solche nur in der Kunst
und für dieselbe Existenz haben. Homer und Hesiod haben den
Griechen die ,Götter' gemacht; die Götterdichtungen der Mytho
logie sind ,erdichtete' Götter.
Schelling’s Philosophie der Kunst.
659
Ideen und Ideale unterscheiden sich vom Standpunkte der
Identitätsphilosophie nur wie Ideales und Reales im Idealen;
Weltseele und beseelte Welten wie Reales und Ideales im
Realen. Dem besonderen Gott' im Idealen entspricht eine
beseelte Welt' im Realen, dem Kriegsgotte Mars der Planet,
der eben deshalb seinen Namen trägt. An die Stelle der
Ueber- und Unterordnung so wie der Abfolge der Ideen in
der Ideen-, tritt die Hierarchie der Obern und Untern so wie
die Zeugung der Götter in der Götterwelt. Diesem Verhältniss
im idealen All correspondirt der innere Zusammenhang der Ver
nunft (die Struktur der Weltseele), die stufenweise Gliederung
und die Generation der Organismen (die Harmonie der beseelten
Welten) im realen All.
In alledem ist nichts, was der Kunst nicht mit der
Philosophie gemeinsam wäre, als die Objectivität. Darstellung
des Absoluten mit absoluter Indifferenz des Allgemeinen und
Besonderen im Allgemeinen = Philosophie, im Beson
deren = Kunst. Bei ihr findet eine zweifache, bei der
philosophischen Darstellung eine nur einmalige ,Besonderung'
statt. Die erste ihr mit der Philosophie gemeinsame besondert
das Absolute zur Idee, die zweite, ihr eigene, stellt den be-
sonderten Gott als besonderen Gott dar. Darstellung in der
Kunst ist daher ,nur symbolisch möglich' (§. 39, S. 406), da
wahre Indifferenz des Allgemeinen und Besonderen nur im
Symbole (weder im Schema noch in der Allegorie) besteht
(S. 411).
Die Gestalten der Mythologie sind Symbole. Das All
gemeine bedeutet hier weder das Besondere (wie im Schema)
noch das Besondere das Allgemeine (wie in der Allegorie),
sondern jedes von beiden ist das andere. Die Bedeutung ist
übergegangen in den Gegenstand, mit ihm eins; sobald wir
diese Wesen etwas bedeuten lassen, sind sie nichts mehr.
Mit bedeutungslosem' Sinne zwar ,begnügen wir uns nicht';
aber ebensowenig mit der blossen ,Bedeutung'. Diese wäre Sinn
ohne Bild, jene Bild ohne Sinn. Das echte Symbol soll beides
zugleich, ,so concret wie das Bild, so allgemein wie der Begriff',
es soll .Sinnbild' sein.
Schelling rühmt der deutschen Sprache nach, dass sie
durch letztgenanntes Wort den fremden Ausdruck Symbol vor-
660
Zi mm er m an n.
trefflich wiedergebe. Aber das Sinnbild ist immer Bild und
bedeutet bloss den Sinn; das Symbol soll ein Bild sein, das
zugleich der Sinn ist. Das Allgemeine, welches Besonderes,
das Besondere, welches Allgemeines, das Bild, welches Begriff,
der Begriff, welcher Bild sein soll, gehören zu den beliebten
Synthesen des Entgegengesetzten, deren Muster und Vorbild das
oft erwähnte ästhetische Vorurtheil von der ,bewusstlos-bewussten'
Thätigkeit ist. Die ,absolute Kunstdarstellung' ist die ,absolute
Indifferenz' der bewussten und bewusstlosen Thätigkeit; eine sinn
bildliche Darstellung, bei welcher das Bild den Sinn nur ,be
deutet', aber schliesst einen höheren Grad von Bewusstsein des
Bedeuteten und des Bedeutenden ein, als die bewusstlos
bewusste Thätigkeit verträgt. Andererseits darf das Bewusstsein
doch auch nicht gänzlich erloschen sein; denn der ,Reiz' des
Symbols besteht darin, dass es ,in sich absolut' doch ,zugleich
die Bedeutung durchschimmern lässt'. Das ästhetische Vorurtheil
ist die Wurzel des Symbols.
Das Symbol ist ,Indifferenz' zwischen Sinn und Bild, die
ästhetische Thätigkeit zwischen Bewusstheit und Bewusstlosig
keit; wenn wir statt beider ,Harmonie' setzen, kommen wir der
Wahrheit näher. Im Schema überwiegt das Allgemeine, durch
welches das Besondere, in der Allegorie das Besondere, durch
welches das Allgemeine nur unvollkommen ausgedrückt wird; im
Erkennen überwiegt die bewusstlose, im Handeln die bewusste
Thätigkeit. Das harmonische Gleichgewicht zwischen Sinn und
Bild, zwischen Bewusstheit und Unbewusstheit macht den Beiz
des Symbols wie des ästhetischen Schaffens aus.
Die' Construction der Mythologie weist an der Hand der
Methode zunächst eine realistische, die ihre Bliithe in der
griechischen erreicht, dann eine idealistische Strömung auf, die
sich ins Christenthum ergiesst. Jener wird die Natur, die
allgemeine Anschauung des Universums als Natur, dieser die
Geschichte, die allgemeine Anschauung des Universums als
Welt der Vorsehung, zugewiesen. Der Einfluss der Schlegel
tritt in der sichtbaren Bevorzugung des Katholicismus und
Calderons, der Einfluss von Novalis in der Frage hervor: ob
es wohl möglich sei, aus der Physik (der ,speculativen' natür
lich) den Stoff einer neuen Mythologie zu nehmen? Die Götter
der Griechen sind ,Naturwesen', die der Modernen ,Geschichts-
Sclielling’s Philosophie der Kunst. 661
.götter'; die neue Mythologie kann (nach der ,nie irrenden'
Constructionsmethode) nur darin bestehen, ,dass die idealistischen
Gottheiten in die Natur gepflanzt werden, wie die Griechen
ihre realistischen in die Geschichte pflanzten'; die ,erste ferne
Anlage jener künftigen Symbolik' habe nach seiner Ueber-
zeugung er selbst ,in der Naturphilosophie' gemacht.
Wie die ,Götterwelt' den Stoff, so bestimmt das ,Göttliche
im Menschen', der Genius, die Form der Kunst. Das Genie
ist ,ein Stück aus der Absolutheit Gottes'. Dasselbe real be
trachtet als ,Einbildung des Unendlichen ins Endliche' ist
,Poesie', ideal betrachtet, als ,Einbildung des Endlichen ins
Unendliche' dagegen die ,Kunst in der Kunst'. Jene drückt
sich am Kunstwerke als ,Erhabenheit', diese als ,Schönheit' aus,
von denen jedes ,in seiner Absolutheit' das andere begreift,
ln der Poesie für sich betrachtet, kehrt derselbe Gegensatz
als ,Naives und Sentimentales', in der Kunst für sich betrachtet,
als ,Stil und Manier' wieder. Poesie und Kunst ,in ihrer Ab
solutheit' sind weder das eine noch das andere.
Ebensowenig ist das Genie ,iu seiner Absolutheit' etwas
anderes als ,die Indifferenz aller möglichen Gegensätze'. Als
,unmittelbarer Ausfluss des Ewigen' muss es wie dieses ,den
Ideen, die in ihm sind, eine von ihrem Principe unabhängige
Existenz dadurch vergönnen, dass es sie als die Begriffe ein
zelner wirklicher Dinge existiren lässt, sie in Leiber gestaltet'.
Wie die Philosophie die Erscheinung der Ideen (im Absoluten)
durch besondere Dinge, so hat die Kunstphilosophie den .Ueber-
gang der ästhetischen Ideen (im Genie) in das concrete Kunst
werk' zu begreifen. Derselbe erfolgt, indem die ästhetische
Idee entweder als Einbildung des Unendlichen ins Endliche
die Materie, oder als Einbildung des Endlichen ins Unendliche
die Sprache zum ,Leib' d. i. zu ihrem ,Symbol' macht. Jenes
ergibt als reale Seite der Kunstwelt die bildende, dieses als
deren ideale Seite die redende Kunst.
Es ist schon oben erwähnt worden, dass Schelling die
,Musik' zu der ,bildenden Kunst' rechnet. Auch an dieser
Stelle (S. 413) räumt er ein, dass die Meisten, z. B. Kant, ihr
eine ,besondere Stelle anweisen'. Seiner Meinung nach thun
sie das nur, weil sie den Gegensatz der redenden und bildenden
Kunst für einen ,absoluten' halten. Die Identitätsphilosophie
662
Z i m m erm an n.
kennt dergleichen allerdings nicht. Nicht nur das Ganze der
idealen Welt, auch das Ganze der realen ist ,ursprüngliche
Sprache Gottes*, wenngleich nur jene das ,lebendige“, diese
das ,geronnene Wort Gottes*. Die bildende Kunst ,bis herauf
zu dem auf den Lippen der Niobe versteinerten Laut* ist ge
storbenes Wort*; auch die Musik, in welcher das ,in den Tod
eingegangene lebendige Wort* nur mehr als ,Klang* vernehm
bar wird.
,Klang* und ,versteinerter Laut*, Hörbares und Stummes,
kommen bei dieser Eintheilung zusammen auf die eine, ' ein
anderes gleichfalls Hörbares, das Wort, dagegen auf die andere
Seite zu stehen. Eines weiteren Beweises bedarf es nicht, dass
die Darstellung für den »Sinn in dieser Philosophie der Kunst von
keinem Gewichte ist. Stummes Wort und wortloser Klang
stehen zusammen dem klingenden Wort, der Rede, gegenüber.
Jene drei, wenn die Kunst einmal ,Sprache* sein soll, stellen
drei verschiedene Sprachen (Bildsprache, Tonsprache, Wort
sprache) dar; Bildsprache und Tonsprache aber gehören nicht
derselben Kunst.
Die ,nicht irrende* Methode hat keinen anderen Platz für
die Musik. Das All der Kunstwelt hat wie das Weltall nur
eine reale und ideale Seite, an deren jeder jede Einheit, die
reale, die ideale und das worin beide gleich sind, wiederkehrt.
(§. 75, S. 486). Die drei Stellen der idealen Reihe sind durch
die lyrische, epische und dramatische Poesie ausgefüllt; die
correspondirenden der realen liegt es nahe, durch die bekannten
Zweige der bildenden Kunst (Architektur, Malerei, Bildhauerei)
auszufüllen. Musik fällt daher aus oder verdrängt eine der
übrigen vom Platze. Da alle drei Künste der idealen Reihe
Künste des Wortes sind, so kann die ,wortlose* Kunst keine
Stelle darin finden. Die Architektur wird ihr aufgeopfert.
Jede der beiden Urformen (bildende und redende Kunst)
nimmt alle drei Einheiten (die reale, ideale und die realideale)
als Potenz auf, und macht sie zu ihrem Symbol oder Beson
derem. Es muss daher eine reale Kunst geben, welche die
reale Einheit, d. h. das ,Anorgische* (die Form, das Aeussere),
eine zweite, welche die ideale Einheit, das ,rein Organische*
(das Wesen, das rein Ideale des Gegenstandes), eine dritte,
welche in der realen Form zugleich das Ideale der Dinge (die
Schelling’s Philosophie der Kunst.
663
Indifferenz der Form und des Wesens) darstellt. Die erste ist
die Musik, die zweite die Malerei, die dritte die Plastik (S. 570).
Um dies zu verstehen, muss man sich gegenwärtig halten :
1. dass das Symbol der realen Kunst die ,Materie“ und 2., dass
der ,Naturphilosophie' zufolge diese letztere selbst das Product
zweier entgegengesetzter Factoren (eines contrahirenden und
eines expandirenden) ist. Jenen bezeichnet dieselbe als Schwere
und schreibt ihm die begrenzende, diesen als Licht und schreibt
ihm die raumerfüllende Kraft zu. Wirkung der ersteren ist
die Cohäsion, Wirkung des letzteren die Expansion (Wärme);
jene vertritt in der Materie selbst die reale (Materie in der
Materie), dieses die ideale Seite (Seele in der Materie). Jene,
die nur in einer Dimension (der Länge) thätig ist, wird mit
dem Magnetismus verglichen, ja nach der, Analogie mit Identität
vertauschenden, Art der Naturphilosophie geradezu als solcher
bezeichnet; dieses, da es sich ,flächenförmig“' ausbreitet, mit
der Elektricität.
Die reale Kunst macht daher nacheinander den Cohäsions-
zustand der Materie, deren Erleuchtungszustand, und die Materie
als solche zu ihrem Symbole, d. h. sie stellt, da sich der erstere
durch den Klang, der zweite durch den Helligkeitsgrad ver-
räth, durch Klang, Licht und Farbe, oder durch den (körper
lichen) Stoff selbst dar.
Analog müsste nun die redende Kunst, deren Symbol die
Sprache ist, nach der Reihe zuerst die reale, dann die ideale
Einheit derselben, zuletzt die Indifferenz ihrer Form und ihres
Wesens zum Symbol nehmen. Statt dessen macht sie als lyrische
Poesie die ,Differenz 1 , als epische die ,Identität“, als dramatische
die ,Indifferenz der Differenz und der Identität“ zu ihrem Sym
bol (S. 639). Grund dessen ist die Natur der Sprache, die ,nur
real angeschaut“, dieselbe ,Auflösung des Concreten in dem All
gemeinen, des Seyns wie des Wissens“ ist, welche ,das Denken
ideal ist“ (S. 482). Dieselbe zeigt daher ,real“ dieselben Einheiten,
welche das Denken ideal: Differenz (Besonderes), Identität (All
gemeines) und .Indifferenz der Differenz und der Identität“. Da
statt der ersteren auch der Ausdruck: subjectiv, statt der Iden
tität: objectiv, statt der dritten: subjectiv-objectiv gesetzt werden
darf, so kommen die drei obigen Dichtungsarten als subjective,
objective und subjectiv-objective wieder zum Vorschein.
664
Zimmer mann.
Sclielling (in jenem Briefe an Schlegel) setzt das Ver
dienst seiner Darstellung in die Durchführung seines Schemas.
,Jede Einheit (reale, ideale und realideale) nimmt sich selbst
in der Kunst als Potenz, nur um sich, durch sich selbst,
als Form wieder absolut darzustellen' (S. 471). Die reale Ein
heit, welche sich in der Musik zum Symbol hat, kann sich als
reale, ideale oder idealreale Einheit zu solchem haben, was den
Rhythmus, die Harmonie und die Melodie ergeben soll. Die
ideale Einheit, welche das Licht zum Symbol hat, bringt auf
demselben Wege Zeichnung (als reale), Helldunkel (als ideale)
und Colorit (als idealreale Form) hervor. Die idealreale, welche
den Stoff zum Symbol hat, gliedert sich in Darstellung des
Organismus durch das ,Anorg-ische', durch das ,Organische' des
Stoffs und durch diesen selbst.
Daraus entspringt folgendes Schema.
Reale Einheit
Materie (Wesen, Stoff)
Reale Einheit der Materie
Klang-
Wesen durch Klang
Musik
Reale Einheit des Klanges
Rhythmus
Reale Einheit des Lichts
Zeichnung
Reale Einheit des Stoffs
Bauwerk
Reales All
Ideale Einheit
Licht (Form, Seele)
Reale Kunst
Symbol: Materie
Ideale Einheit der Materie
Licht
Form (Seele) durch Licht
Malerei
Klang
Ideale Einheit des Klanges
Harmonie
Licht
Ideale Einheit des Lichts
Helldunkel
Stoff
Ideale Einheit des Stoffs
Basrelief
Idealreale Einheit
Organismus
Idealreale Einheit der Materie
Stoff
Organismus durch Stoff
Plastik
Real ideale Einheit des Klanges
Melodie
Idealreale Einheit des Lichts
Colorit
Idealreale Einheit des Stoffs
Bildwerk
Sclielling’s Philosophie der Kunst.
665
Da die vollkommenste Symbolik nothwendig dort ein-
treten muss, wo Gleiches durch Gleiches symbolisirt wird, so
erklärt es sich erstens, dass die Materie als reale Einheit des
realen Alls ihre vollkommenste Darstellung nicht durch die
redende, sondern durch die bildende Kunst findet. Zweitens,
dass in der Musik der Rhythmus, in der Malerei das Hell
dunkel, in der Plastik die Skulptur den höchsten Rang ein
nimmt. Die Materie als reale Einheit des Alls, wird am voll
kommensten durch die reale Einheit des Klanges, welche der
Rhythmus ist, das (kosmische) Licht als ideale Einheit (Seele)
des Alls am vollkommensten durch die ideale Einheit des Lichts,
welches das Helldunkel ist, der Organismus als idealreale Ein
heit des Alls am vollkommensten durch den von allen Seiten frei
stehenden Körper (die idealreale Einheit des Stoffs) symbolisirt.
Harmonie und Melodie sinken zu untergeordneten Elementen
der Musik, Zeichnung und Colorit zu ebensolchen der Malerei
herab. Bauwerk und Basrelief stehen der Bildhauerei ,aus
dem Runden' nach.
Am 8. Juli 1802 erbat sich Schelling, welcher im nächsten
Winter zum erstenmale Vorträge über Aesthetik zu halten
dachte, von seinem Vater Rousseau’s Dictionnaire de Musique,
welchen er ,sehr zu haben wünsche'. (Aus Schelling’s Leben,
I. 373.) Aus diesem Werke (,noch immer dem gedachtesten
über diese Kunst', heisst es: Philosophie der Kunst S. 497)
hatte er gelernt, ,wie wenig wir daran denken können, eine
antike Musik auch nur einigermassen durch Aufführung an
schaulich zu machen.' Da nun, wie auf der vorhergehenden
Seite zu lesen, die ,rhythmische', d. h. diejenige Musik, in
welcher dem Rhythmus, der ,herrschenden Potenz in der Musik',
Modulation und Melodie untergeordnet sind, die griechische ist,
so können wir von einer solchen uns eigentlich keinen Begriff
machen. Gleichwohl soll sie die vollkommenste sein; die ,nie
irrende' Methode fordert es so. Der Rhythmus ist ,die Musik
in der Musik' (Zusatz zu §. 79, S. 494). Nicht nur haben
die Alten durchaus dem Rhythmus die grösste ästhetische
Kraft zugeschrieben, sondern ,schwerlich wird jemand leugnen,
dass alles, was man in Musik oder Tanz u. s. w. wahrhaft
schön nennen kann, eigentlich von dem Rhythmus herrühre'
(S. 492), als ob der Ton in der Tonkunst die Nebensache wäre!
Zimmerm ann,
666
Charakteristisch für den Glauben, den Schelling an die Untrüglich-
keit seiner Methode, und den man in Weimar und Jena damals
an die absolute Vollkommenheit der Alten hatte, ist die Art,
wie sich dieser über die mangelnde Erfahrung von der Schön
heit bloss ,rhythmischer' Musik beruhigt: da die Griechen,
heisst es S. 497, in allen Künsten gross waren, so waren sie
es ,gewiss' auch in der Musik !
Durch die Voranstellung des Helldunkels als ,der Malerei
in der Malerei' (S. 519), hat Schelling die bekannte Vorliebe
der Romantiker für Correggio philosophisch construirt. Wörtlich
genommen wäre das Malen der Malerei so unwesentlich, wie
der Tonkunst das Tönen. An anderem Orte sagt er ausdrück
lich, die Malerei sei ,nur durch die Farbe' Malerei, wie sie
durch die Zeichnung ,Kunst' sei. Da jedoch die Zeichnung
,der Rhythmus der Malerei' (S. 520) genannt wird, welcher
,in der Musik die Musik' ist, so ist was in der Malerei die
,Kunst' ist, in der Musik diese selbst, und der Ton macht die
Musik nicht zur Tonkunst, wie die Farbe die Malerei zur
Malerei. Die ,wortlose' Kunst (die ,in der Absolutheit ge
dacht' nur Rhythmus ist; Zusatz zu §. 81, S. 496) droht auch
,tonlose' zu werden.
Schelling’s Naturphilosophie, welche das Licht als ideale
Einheit betrachtete, schloss Newton’s Optik von selbst aus,
vertrug sich dagegen vollkommen mit der Goethe’schen Farben
lehre. Jene schien dem Vortragenden im Winter 1802/3 durch
die ,höhere Ansicht der Natur des Lichts' selbst genug wider
legt, so dass er kein Wort zur Widerlegung hinzuzufügen nöthig
fand; Goethe’s ,neue Ansichten dieser Lehre' hatte dieser ihm
gelegentlich selbst vörgetragen (Schiller’s und Goethe’s Briefw.
II. S. 138). Schelling sah in ihnen ,die innigste Harmonie zwischen
Natur und Kunst', anstatt dass in der Newton’schen schlechthin
kein Mittel lag, die Theorie mit der Praxis des Künstlers zu
verbinden.
Die drei Zweige der Plastik, deren erster den Organismus
durch das Anorgische, der zweite durch das Organische des
Stoffs, der dritte durch den Stoff selbst darstellt, bezeichnet
Schelling als Architektur, Basreliefkunst und Skulptur. Soll
erstere Darstellungsweise gelingen, so müssen die Formen des
Organismus durch das Anorgische so dargestellt werden, als
Schelling’s Philosophie der Kunst.
667
ob sie in diesem bereits ,präformirt' lägen. ,Die Arcliitektur
stellt das Anorgische als Allegorie des Organischen dar' (S. 581).
Da nun der Organismus /.xx’ icoyr,'/ der thierische und in diesem
wieder der menschliche ist, zu diesem aber der Organismus
der Pflanze sich als Allegorie verhält, so stellt die Architektur
als allegorische Darstellung des Organismus letzteren durch die
Pflanze als seine Allegorie vor (§. 112, S. 583). Als Beweis
dient die ,gothische' Baukunst, deren Thürme ,Bäumen', deren
Kreuzgänge ,Baumalleen' gleichen sollen. Als ,anorgische Kunst
form' wird die Architektur die ,Musik in der Plastik' genannt
und so Fr. Schlegel’s ,erstarrte Musik"' philosophisch construirt.
Zugleich werden die drei griechischen Säulenordnungen unter
einander wie Rhythmus (dorische), Harmonie (jonische) und
Melodie (korinthische) verglichen.
Der Ordnung der Methode nach folgt nun diejenige Plastik,
welche den Organismus ,organisch', als ideale Einheit und doch
körperlich ausdrückt. Diese ist das Basrelief, ,die Malerei in
der Plastik', das seine Gegenstände zwar körperlich, aber doch
nur ,dem Scheine nach' und (wie die Malerei) unter Zugabe
des räumlichen Hintergrundes darstellt. Den höchsten Grad
der Plastik (die ,Plastik in der Plastik') aber bezeichnet die
Skulptur, die den Organismus durch ,organische, von allen
Seiten unabhängige, also absolute Gegenstände', als ,unmittel
baren Ausdruck der Vernunft vorzugsweise durch die mensch
liche Gestalt ausdrückt'. (S. 602.)
Wie die bildende Kunst das reale, so stellt die redende
Kunst das ideale All real, und zwar sowohl dessen reale (Wissen),
als ideale (Handeln) und realideale Einheit (Kunst) durch ihr
Symbol, die Sprache, wie jene durch das ihrige, die Materie,
dar. Sprache und Materie schliessen jede abermals eine reale,
ideale und idealreale Einheit in sich, und wie oben die reale
Einheit des Alls durch die reale Einheit der Materie, so wird
auch hier wieder am schicklichsten jede Einheit des idealen
Alls durch die gleichnamige des Symbols, der Sprache, symbo-
lisirt. Da nun die Sprache (nach Scheliing) ,absoluter Erkenntniss-
act' (S. 483) ist, so schliesst sie auch sämmtliche Potenzen des
Erkennens, die Stufen der Reflexion, Subsumtion und der Ver
nunft in sich, welche sich innerhalb ihrer wie reale, ideale und
idealreale Einheit verhalten. Die reale Einheit des idealen Alls,
668
Zimmermann.
das Wissen, erscheint daher in der Poesie durch die reale Ein
heit der Sprache, die (subjective) Reflexion, die ideale durch
jene der idealen, die (objective) Subsumtion, die realideale
durch die realideale der (subjectiv-objectiven) Vernunft sym-
bolisirt. Durch jene erhält die Poesie den Charakter des Gegen
satzes des ländlichen gegen das Unendliche, welcher dem leiden
schaftlichen, durch die zweite den des Aufgehens des Endlichen
ins Unendliche, welcher dem leidenden, durch die dritte endlich,
jenen des gegen das Unendliche zugleich ankämpfenden und
sich in dasselbe ergebenden Endlichen, welcher dem vernünf
tigen Subject entspricht. Jene wird als die lyrische, die zweite
als die epische, die dritte als die dramatische Dichtkunst be
zeichnet.
Daraus ergibt sich folgendes Schema (das übrigens bei
Schelling so wenig wie die früheren in ausdrücklichen Worten
anzutreffen ist):
Reale Einheit
Wissen
Ideales All
Ideale Einheit
Handeln
Realideale Einheit
Kunst
Reale Einheit
Reflexion
Redende Kunst
Symbol: Sprache
Ideale Einheit
Subsumtion
Realideale Einheit
Vernunft
Wissen durch Reflexion
symbolisirt
Lyrik
Handeln durch Subsumtion
symbolisirt
Epos
Kunst durch Vernunft
symbolisirt
Drama
Die reale Einheit, das Wissen wie es in Gott ist, das
Weltbewusstsein, wird in dem lyrischen Gedicht durch das Be
wusstsein eines (endlichen) Subjects, die ideale Einheit, das
Handeln wie es in Gott ist, die Geschichte (vgl. S. 646), durch
die Identität der Götter- und Menschenwelt, wie sie z. B. die
Homerischen Gedichte zeigen, symbolisirt. Die Indifferenz des
Wissens und Handelns aber, welche bn idealen All die Kunst
ist (vgl. §. 14, S. 380), spiegelt sich in der Tragödie wieder, in
Schelling's Philosophie der Kunst.
669
welcher .die Nothwendigkeit das Uebel verhängt, und die Frei
heit, sich über diesen Sieg erhebend, freiwillig das Uebel über
nimmt' (S. 691).
In eine Construction der einzelnen Formen des lyrischen
Gedichts hat Schelling, sich nicht eingelassen. Dagegen setzt
er die Construction des Epos als des schlechthin objectiven'
Gedichts nach zwei Seiten fort, jenachdem die Identität
lieh verhalten sowohl das Subject (der Dichter), als der Gegen
stand sich objectiv. Diese Identität nun könne nach zwei ver
schiedenen Seiten hin aufgehoben werden : entweder so dass die
Subjectivität oder Besonderheit ins Object, die Objectivität oder
Allgemeinheit in den Darstellenden, oder so dass die Ob
jectivität (die Allgemeinheit) in den Gegenstand, die Sub
jectivität in den Darstellenden gelegt ist. Beide Pole diffe-
renziren sich wieder in sich nach der subjectiven und objectiven
Seite. Daraus entspringt folgendes Schema:
Subject objectiv Object objectiv
Epos
Subject objectiv Object subjectiv Subject subjectiv Object objectiv
relativ subjectiv
relativ objectiv
subjectiv objectiv
subjectiv
objectiv
Lehrgedicht Satyre
Elegie
Idylle
Um den Faden der Methode nicht zu verlieren, müssen
sich daher Lehrgedicht und Satyre einer-, Elegie und Idylle
andererseits, wie reale und ideale Einheit im Idealen, das
Epos als Indifferenz, alle drei untereinander, wie: Wissen,
Handeln, Kunst verhalten. Sehr leicht lässt sich einsehen, dass
Lehrgedicht und Satyre einen Bezug auf Wissen, desto schwerer,
wie Elegie und Idylle einen solchen auf das Handeln haben
sollen. Die Bemerkung, dass die Elegie, weil in der Ver
gangenheit bleibend, geschichtlich' (Geschichte gleich Handeln)
sei, reicht nicht für die Idylle aus. Ueberhaupt möchte es
fraglich sein, ob die genannten Dichtarten mit Recht unter das
Epos eingereiht werden dürfen. Die Bemerkung des Dionys
670
Z i m m erman n.
von Halikaniass, die auch Schelling anführt, der als das aus
zeichnende Merkmal des Epos angibt, dass der Dichter nicht
erscheine, scheint mir das Richtige zu treffen. Dieses einzige
Merkmal weist sowohl Elegie als Satyre aus dem epischen Be
reiche, während dasselbe Idyll und Lehrgedicht zulässt. Gerade
die von Schelling angeführten Römischen Elegien Goethe’s sind
vollgiltiger Beweis. Geschichtlich ist die Elegie allerdings,
denn sie blickt in die Vergangenheit zurück, aber episch ist
sie nicht, denn der Dichter ,erscheint' darin.
Im Idyll und im Lehrgedichte kann der Dichter sich fern
halten. Jenes ist wirklich ein ,Gemälde', wie auch Schelling
sagt. Es stellt seinen Gegenstand, er gehöre der Vergangen
heit, der Gegenwart oder der Zukunft an, stets als gegenwär
tig, das Epos stellt das Vergangene stets als vergangen dar.
Schelling findet ,das Idyll neige notbwendigerweise' zum Dra
matischen hin, ohne dafür einen Grund anzugeben. Die Be
merkung ist richtig und das Obige ist ihr Grund.
Wie das Idyll objectiv, steht das Lehrgedicht subjectiv
nach obigem Schema dem Epos am fernsten, angeblich deshalb,
weil es ,einen bestimmten', das Epos keinen Zweck hat. Aus
diesem Grunde wird es mit der Satyre zusammengestellt, die
sich, wie jenes auf das Wissen, so auf das Handeln beziehen
soll. Dasselbe nimmt im Epos die Stelle des Wissens im idealen
All ein, gleichsam als Durchbruch des Wissens in der poetischen
Kunstform. Ist ja die Kunst doch nach Schelling objectiv, was
die Philosophie subjectiv, ideales All in der objectiven, wie
diese dasselbe in der subjectiven Indifferenz, und steht zwischen
Wissen und Handeln mitten drinnen, wie die epische zwischen
lyrischer und dramatischer Poesie. Das Lehrgedicht ist das
Wissen als epische Poesie, wie die Wissenschaft Epos auf die
Wissenspotenz versetzt. Bei dem durchaus abbildlichen Cha
rakter der Kunst, als Darstellung des Absoluten können Wissen
und Lehrgedicht nicht dem urbildlichen Gehalte, nur der Potenz
nach verschieden sein.
Daher sagt Schelling geradezu: im Wissen für sich liege
die Möglichkeit, als Form der Poesie einzutreten. Das Wissen
für sich ist ein Bild des All; die Poesie (wie alle Kunst) ist
es ebenfalls. Diejenige Wissenschaft, welche das vollkommenste
Bild des Universums darstellte, müsste daher auch die voll-
Sclielling’s Philosophie der Kunst.
671
kommenste Poesie, die Vollendung der Wissenschaft mit dem
Ursprünge des absoluten Lehrgedichtes oder des speculativen
Epos eines und dasselbe sein. Es ist die schönste und letzte
Bestimmung- der Wissenschaft, wie sie zuerst von der Poesie
ausging, in diesen Ocean zurückzufliessen. (S. 667.)
Die poetische Zwillingsschwester der speculativen Physik
(Naturphilosophie), die speculative Epik (das Naturepos) war
philosophisch construirt; im zweiten Hefte der Zeitschrift für
speculative Physik gab Schelling als Probe das Bruchstück
eines solchen. Die Wissenschaft wurde durch Schelling in Poesie
,aufgelöst'; Baumgarten hatte der Poesie den Rath gegeben,
sich durch Darstellung der ,besten Welt' in Philosophie zu
verwandeln. Das Universum war jenem ,die Poesie des Ab
soluten'; diesem die Darstellung der besten Welt allein wahre
Poesie. Jener hatte das Schaffen, dieser das Nachahmen
der Gotteswelt, beide hatten als Urbild der Kunst nur die
letztere im Auge.
Die Construction des Dramas bietet nichts Eigentüm
liches dar. Das Wesentliche der Tragödie ist ein wirklicher
Streit der Freiheit im Subject und der Notwendigkeit als
objectiver, welcher nicht damit endet, dass das eine oder andere
unterliegt, sondern dass beide siegend und besiegt zugleich in
der vollkommenen Indifferenz erscheinen. Durch die Umkehrung
derselben entspringt die Komödie, bei welcher die Freiheit das
Objective und die Notwendigkeit das Subjective ist. Aus
der Mischung des Komischen und Tragischen, welche hier an
die Stelle der Indifferenz tritt, geht das ,moderne Drama'
hervor.
Mit der Construction des Dramas ist die der Kunst in
der idealen, wie mit jener der Plastik die der Kunst in der
realen Reihe vollendet. Die bildende Kunst kann sich nicht
weiter bilden, sondern muss zur redenden zurückstreben und
dadurch eine Sphäre neuer Künste erzeugen, die sich zu den
bisher genannten als ,secundäre‘ verhalten. Durch das ,Zurück
gehen' der Poesie auf Musik, Malerei, Plastik entstehen nach
einander Gesang, Tanz (als lebendiges Gemälde), Schauspiel
kunst (als lebendige Plastik). Die vollkommenste Vereinigung
von Poesie und Musik durch Gesang, von Poesie und Malerei
durch Tanz, stellt selbst wieder synthesirt, als reales Drama
Sitzungsber. d. pliil.-liist. CI. LXXX. Bd. IV. Hft. 44
672
Zimmer mann.
das Drama der Alten, dessen ,Caricatur' die Oper ist, als
ideales ,innerliches' Drama der Gottesdienst dar. Das
System ist geschlossen.
Das Gesammturtheil, das ich in meiner Geschichte der
Aesthetik über die Ansichten Schelling’s vom Schönen und der
Kunst gefällt, bietet mir dessen ausführlichstes Werk über Philo
sophie der Kunst keine Veranlassung zu ändern. Nach wie vor
bin ich der Meinung, dass der Schwerpunkt der Schelling’schen
Kunstphilosophie ganz irgend wo anders zu suchen sei als in
der Kunst. Wer, wie Schelling, die Kunst in die Nachahmung
des Göttlichen oder des allein wahrhaft Seien den setzt, der
beweist, dass es ihm nicht wie dem Künstler um das Schöne,
sondern wie dem Theologen und Metaphysiker um Gott und
das Seiende zu thun sei. Auch Lotze, obgleich ,mit ganzem
Herzen', wie er sagt (G. d. A. S. 148), dasjenige festhaltend, was
ich (mit Danzel) an Schelling’s Aesthetik tadle, kann sich
nicht enthalten zu fragen (vgl. S. 1 N 37), wie wir das Schöne von dem
schlechthin Seienden unterscheiden sollen, wenn in der Identität
des Realen und Idealen jenes wie dieses gleichlautend besteht?
Wie Platon bleibt Schelling, wie Lotze einräumt, in Bezug auf die
endlichen Dinge nichts übrig, als zu sagen, dass ihre Urbilder
alle (auch jene, die der parmenideische Sokrates als Gegenbeweis
anführt) wie absolut wahr, so auch absolut schön seien; eine
Grenze zwischen dem Schönen und Seienden gibt es nicht.
Der Rath, den Schelling in seiner berühmten Rede der
bildenden Kunst ertheilt, nur ,das in der Natur in der That
Seiende' nachzuahmen, zeigt, dass er selbst eine Scheu davor
trug, das ,Seiende' schlechthin nachahmungswürdig zu finden.
Entweder ist alles Seiende nachahmungswerth, weil es Seiendes
ist, oder es muss einen Grund geben, welcher das eine der
Nachahmung durch die Kunst würdig macht, das andere nicht.
Dieser darf aber nicht selbst wieder im Sein gesucht werden,
weil wir uns sonst ohne Ende im Cirkel bewegen würden.
Das Urtheil über Schönheit muss unabhängig vom Seienden
gefällt werden. Nicht was ist, entscheidet darüber, sondern was
unbedingt gefällt. Eine platonisirende Aesthetik, wie die
Schelling’s Philosophie der Kunst. 673
Schelling’s, nennt zwar die Ideen, welche sind, Musterbilder
für die Kunst; aber sie deducirt deren Musterhaftigkeit einfach
aus dem Factum ihrer wirklichen Existenz. Das wahrhaft
Seiende, die Idee, ist in ihren Augen schön, aus keinem andern
Grunde als weil es nun einmal das wahrhaft Seiende ist. Die
Mustergiltigkeit des Seienden ist Schelling nicht minder gewiss,
als Baumgarten (mit Leibnitz) das Sein der besten Welt. Die
Kunst kann nach jenem wie nach diesem kein höheres Ziel
haben, als die Nachahmung des Seienden.
Der Kunstphilosoph Schelling hat keinen hinreichenden
Grund, auf den Aesthetiker Baumgarten geringschätzig herab-
zusehen. In zwei wichtigsten Punkten, in der Auffassung der
Kunst als Nachahmung, und in der Bezeichnung des Seienden
als des Nachahmungswürdigen, befinden sie sich in voll
kommener Uebereinstimmung. Beide sind gleichweit von der
Einsicht entfernt, die der in der Zeit zwischen beiden stehende
Kant besass, dass der eigentliche Gegenstand der ästhetischen
Untersuchung wie der Darstellung durch die Kunst da.s Wohl
gefällige sei. Baumgarten, der Anhänger der prästabilirten
Harmonie, hatte den Kant’schen Dualismus der theoretischen
und praktischen Vernunft noch vor, Schelling, der Erneuerer
der Identitätsphilosophie, schon wieder hinter sich. Aber in
jener lag wenigstens die Ahnung eines harmonischen, also
ästhetisch unbedingt wohlgefälligen Verhältnisses zwischen natür
licher und moralischer Weltordnung (Sinnlichkeit und Vernunft,
Nothwendigkeit und Freiheit); diese setzte an die Stelle des
ästhetischen Einklanges zwischen Allgemeinem und Besonderem
(Begriff und Bild) die gleichgiltige Einerleiheit des Entgegen
gesetzten , die Neutralisation in der Indifferenz (wie auch
Schasler: Geschichte der Aesthetik S. 868, richtig gesehen hat).
Das ,vollkommene sinnliche Vorstellen', die Quelle der Schönheit
nach Baumgarten, hatte mehr wirklich Aesthetisches an sich, als
die ,ästhetische Thätigkeit', die Quelle der Schönheit nach
Schelling. Jenes, als Aeusserung ,dunkel erkennender Vernunft'
stellte ein Gleichgewicht sinnlichen und vernünftigen Vor
stellens dar. Diese, als,Einheit bewusster und bewusstloser Thätig-
keit' stellt nur die trockene Identität wissender und handelnder
Thätigkeit dar. Schelling’s ,ästhetisches VorurtheiF steht an ästhe
tischer Qualität weit hinter dem Baumgarten’s zurück.
44*
674
Zimmer mann.
Als theoretischer Versuch, Wesen und Formen der Kunst
analog jenen der Natur durch eine Construction a priori zu
erschöpfen, bleibt Schelling’s ,Philosophie der Kunst' wie deren
Muster und Vorbild, seine ,Naturphilosophie', immer beachtens-
werth. Wie dort war es ihm nicht um das Empirische, sondern
um das diesem zu Grunde liegende Allgemeine, das All der
Kunst, wie dort um das der Natur zu thun. Auch darin sind
sich beide Werke ähnlich, dass sieh in beiden die gleiche
Neigung und Geschicklichkeit des Autors zeigt, das von anderen
gesammelte empirische Material seinem System einzuverleiben
und mit genialer Unbefangenheit, wie aus diesem a priori Ge
flossenes darzustellen. Wie er sich A. W. Schlegel’s Manu-
script ausbat und für seine Zwecke verwendete, ist Eingangs
erwähnt worden; ähnliche Dienste z. B. für die Theorie der Lyrik
und des Homerischen Epos hat ihm Fr. Schlegel’s Geschichte
der Poesie der Griechen und Römer geleistet. Keines seiner
übrigen Werke trägt so deutlich den Stempel seiner Abhängig
keit dem Stoffe nach von seinem romantischen Umgänge an
der Stirne. Wenig mehr als die nach Spinoza’s Vorbilde
möglichst streng scheinen sollende Methode hat er aus Eigenem
hinzugefügt. Wie in den gleichzeitigen Darstellungen der Natur
philosophie, wird seine ,Philosophie der Kunst' in schwerfällige
Paragraphe, Lehnsätze, Lehrsätze und Zusätze zerfällt; auch
das pedantische q. e. d. hat Schelling so wenig wie Spinoza
(und Baumgarten!) verschmäht. Allmälig, wie das Semester
vorrückte, scheint seine Sorgfalt nachgelassen zu haben; von
dem Abschnitt an, welcher der Dichtkunst gewidmet ist, fliesst
die Darstellung im Strome fort.
Am meisten tritt obige Abhängigkeit in seinem Urtheil
über den Liebling der Romantiker, Calderon, hervor. Zwar
kennt er nur ein einziges Stück von ihm: ,die Andacht am
Kreuze' in der Uebersetzung Schlegel’s, aber er nimmt keinen
Anstand, ihn den ,katholischen' Shakespeare zu nennen. In
einem Briefe an Schlegel (unmittelbar nach der Lecture des
Stückes am 21. Oct. 1802, vgl. A. S. L. I. S. 425) erscheint
ihm selbst Shakespeare ,trüber', weil man über dessen ,Ab
sichten' Zweifel haben kann, während hier ,die Absicht ganz
ins Object übergegangen und mit ihm verbunden ist'. Die
Elemente des Komischen und Tragischen, fährt er fort, lägen
Sclielling’s Philosophie der Kunst.
675
bei Shakespeare weit mehr neben einander, während die
,Identität' (das Ideal seiner Knnstphilosophie) hei Calderon viel
grösser sei. In diesen Dramen sei, was die Theorie sich als
ein Problem dachte, dessen Lösung in der Ferne liege, wirklich
geleistet und es möchte schwer sein sich zu überreden, dass
über dieses hinaus noch etwas Höheres läge.
Beinahe ganz gleichlautend spricht er sich in den Vor
lesungen aus. In denselben erkennt er Shakespeare nur den
unendlichen Verstand, Calderon aber die Vernunft (wie oben
die ,Identität') zu. Die höchste und absolute Besonnenheit,
die letzte ,Indifferenz von Absicht und Nothwendigkeit' ist in
Calderon wie in keinem der Neueren erreicht (S. 729).
Aus Schelling’s Briefen ersehen wir auch, wie Goethe,
dem Schlegel das Manuscript der Uebersetzung zugesandt, sich
zu Calderon verhielt. Von dem spanischen Stücke, schreibt
Schelling an Schlegel (13. Oct. 1802, a. a. 0. I. S. 423), kann
Goethe nicht aufhören zu reden. Wenn man Guido sehe, sagt
er, so meine man, dass niemand besser gemalt habe, wenn
Raphael, dass die Antike nicht besser sei. So mit dem Cal
deron: nicht nur Shakespeare gleich, sondern wenn es möglich
wäre, sei ihm noch mehr zuzugestehen. Unbegreiflicher Verstand
in der Construction, sowie in der Erfindung! — Genug, fügt
Schelling bei, diesmal kann man ihm nicht vorwerfen, dass
er zu kalt lobt'. Das minder enthusiastische Urtheil Goethe’s
das (Briefwechsel mit Schiller II. S. 436. Br. v. 28. .Jänn. 1804)
über den ,standhaften Prinzen', welcher der ,Andacht am Kreuz'
gleich, ja noch höher stehe, gefällt wird, erleidet dadurch, viel
leicht nur in Schelling’s Fassung, eine Berichtigung. Schiller’s
Urtheil (Briefwechsel mit Körner IV. S. 345), der Calderon
,hohe Kunst' und ,die ganze Besonnenheit des Meisters' zu
gestand, noch mehr aber Körner’s (ebend. S. 341), welcher ihn
,frech' und ,tief unter Shakespeare stehend' fand, klingen da
neben ziemlich kühl.
Mit der Idee einer apriorischen Deduction der verschie
denen Kunstgattungen muss Schelling sich lange vor der Ab
fassung seiner ,Philosophie der Kunst' getragen haben. Schiller
erwähnt seines Vorsatzes, eine solche zu liefern, schon am
10. März 1801 in einem Schreiben an Goethe und bemerkt,
dass er darauf ,begierig' sei. Ob er von derselben, als sie
676
Zimmermann. Schelling’s Philosophie der Kunst.
zwei Jahre darauf wirklich vorgetragen wurde, Notiz genommen,
habe ich nirgends erwähnt gefunden.
Zum Schlüsse sei erwähnt, dass sich Schelling für sein
,ästhetisches Vorurtheil' dem Anschein nach hätte auf Schiller
berufen dürfen. Am 27. März 1801 schreibt Schiller an Goethe,
und zwar auf Veranlassung eines ,Krieges', den er Schelling
gemacht habe wegen einer Behauptung in seiner Transcendental-
philosophie, folgenden Satz nieder: ,Das Bewusstlose mit dem
Besonnenen vereinigt, macht den poetischen Künstler aus'.
Diese Worte lauten beinahe, als ob Schiller mit Schelling
einverstanden gewesen wäre. ,Vereinigung' des Bewusstlosen
mit dem Besonnenen scheint für den ersten Anblick beinahe
dasselbe zu sein, wie ,Identität der bewussten und unbewussten
Thätigkeit'. Aber es liegt eine Welt dazwischen. In der ,Ver
einigung' arbeiten bewusstlose und besonnene Thätigkeit für
denselben Zweck und in paralleler Richtung, aber sie sind
und bleiben verschiedene Thätigkeiten. In der Identität
werden sie als eine und dieselbe gesetzt und heben als
entgegengesetzte einander gegenseitig auf. Schiller spricht
als Kantianer von einer harmonischen Einigung verschiedener,
Schelling als Identitätsphilosoph von der in sich widersprechenden
und daher unmöglichen Einheit entgegengesetzter Thätigkeiten.
Schelling’s ,ästhetisches Vorurtheil' ist sein ausschliessliches
Eigenthum.
XVIII. SITZUNG VOM 14. JULI 1875.
Die Herren Professor Dr. Ferdinand Bisch off in Graz
und Professor Dr. Ernst Dümmler in Halle sprechen den
Dank ans für ihre Wahl zu correspondirenden Mitgliedern.
Die corresp. Mitglieder Herr Professor Dr. W. Scherer
in Strassbui’g und Herr Prof. Dr. R. Heinzei in Wien er
suchen um die Subventionirung einer Ausgabe der baierischen
Bearbeitung von Notker’s Psalmen.
Herr Professor Dr. Pichler, Vorstand des 1. st. Münz-
und Antiken-Cabinetes in Graz ersucht um eine Subvention
für den dritten Band seines ,Repertorium der steierischen
Münzkunde'.
Das corresp. Mitglied Herr Prof. Dr. Heinzei legt eine
für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: ,Ueber den
Wortschatz und die Sprachformen der Wiener Notker-Hand
schrift. F vor.
Das w. M. Herr Prof. Conze legt die von Herrn Kon
stantin jun. in Athen geschenkte grosse Photographie eines
im Bette des Ilissos im December v. J. gefundenen Grab
reliefs vor.
678
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Bibliotheca Japonica. Verzeichniss einer Sammlung japanischer Bücher
in 1408 Bänden im Besitze des k. k. Hof- und Universitätsbuchhändlers
Wilhelm Ritter v. Braumüller in Wien. Wien, 1875; 8°.
Brasilien, das Kaiserthum —, im Jahre 1873. Rio de Janeiro, 1874; 8°.
Central-Gommission, lc. k. statistische: Statistisches Jahrbuch für das
Jahr 1873. VII. und XI. Heft. Wien, 1875; 4«.
Christ, Weickum’s Inschriftensammlung aus der Türkei. 8°.
Eichthal, Gustav de, Memoire sur le texte primitif du 1 er reeit de la
creation (Genese, Ch. I—II. 4) suivi du texte du 2 e recit. Paris, 1875; 8°.
Leva, Giuseppe de, Storia documentata di Carlo V in eorrelazione all’ Italia.
Vol. I—III. Venezia, 1863, 1864, 1875; 8°.
Lewin, Thomas Herbert, Progressive Colloquial Exercises in the Lushai
Dialect of the ,Dzo‘ or Küki Langnage, with Vocabularies and Populär
Tales (notated.) Calcutta, 1874; 4°.
Ly man, Theodore, Connnemorative Notice of Louis Agassiz. 8°.
Masehek, Luigi, Manuale del Regno di Dalmazia per l’anno 1875. Anno V.
Zara, 1875; 8°.
Omboni, Giovanni, Di alcuni oggetti preistorici delle caverne di Velo nel
Veronese. Milano, 1875 ; 8°.
Peabody Institute: Eight Annual Report of the Provost to the Trustees.
Baltimore, 1875; 8°.
,Revue politique et litteraire 1 et ,Revue scientifique de la France et de
l’Etranger 1 . V e Annee, ‘2 C Serie, Nr. 2. Paris, 1875; 4°.
Heinz el. Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
679
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-
Handschrift.
I.
Von
Richard Heinzei.
Wortschatz.
Erstes Verzeichntes.
Grraff hat eine beträchtliche Anzahl Wörter und Formen
unserer Handschrift in den ahd. Sprachschatz aufgenommen.
Zu den verzeichneten kommen noch folgende, denen ich die
Notkerschen Entsprechungen an die Seite setze. Es ergab sich
dabei auch eine kleine Nachlese zu Notker selbst. Das bei
Graff Fehlende ist durch den Druck hervorgehoben. — Am
wenigsten vollständig sind in diesem wie in dem folgenden
Verzeichnisse die Abweichungen in Verbal- und Nominalstämmen
eingetragen.
Bei den Citaten aus Graff ist, auch wo es nicht aus
drücklich angegeben ist, immer zu verstehen, dass die betref
fenden Wörter nur aus den angeführten Schriften und der am
Kopfe des Artikels stehenden des SG. belegt sind. Ausser wo
das Wort des SG. bei Graff fehlt.
Als Notkerisch sind nicht nur jene Wörter bezeichnet,
welche in den Notker mit Recht oder Unrecht zugeschriebenen
Schriften Vorkommen, sondern auch jene wenigen, welche in
der Sangallischen Abhandlung de syllogismis erscheinen.
Für das 12. Jh. wurden ausser Graff und den mhd. WBb.
besonders die Glossare zum Speculum ecclesiae und zur Millstäter
Genesis und Exodus benutzt.
680
Heinzel.
Eine Revision beider Verzeichnisse nach den Resultaten
einer über die Gesammtheit der althochdeutschen Glossen
angestellten Untersuchung würde den Anfang einer sichern
Kenntniss des altbairischen Wortschatzes bezeichnen.
Abuurtic absens] dbuuertig 108, 24. — Gff. 1, 1003.—
S. gagenuuurti.
Als nequaquam j nals 10, 7. 21, 2. 24. 3(3, 15. 45, 11.
118, 40. 65. 85. 90. 94. 145. 149, 2; — aZso] nals 103, 12.
104, 45. 105, 7. 8. 106, 39. 118, 124. 145. 161. 121, 8. 9.
140, 8; — alsa ] nals 21, 19 zweimal; — alsi ] nals 21, 30; —
nals]nals 2, 4. 5, 7. 9. 11. 14. 22, 3. 23, 4. 26, 9. 118, 7. 100.
128, 8. 130, 3. 136, 5. 7. 137, 8. 138, 22; — nalso]nals 118,100;
— niuuiht ] als, Fehler für nals 2,2. 102, 7. 103, 27 (im SG.
lat.). — Gff. 1, 204 f; s. Nals.
Von dero anagentliehen sundi ] originali peccato (dna-
gennis sundo) 37, 8. — Gif. 4, 98. -— Anagenni bis auf die
Augsburger Glossen A nur bei Notker.
Analehenare 108, 11. — Gff. 2, 127: aber intlehenäri
in den Monseer, dann in den Benedictbeurer, Salzburger,
Tegernseer, Freisinger Glossen Bib. 6, Sb. Ps. 2. Bib. 1.
Bib. 4.
Anasizari ] assessorem (ge üfsezzen) 31, 9. — Gff. 6, 290;
mhd. ansitzer in einer Augsburger Chronik. — Ufsezzo Gff. 6,
302 (wo fälschlich üfsez steht) nur hier.
Anaf ehtunga ] inpugnatione (anavehtmi) 30, 8. — Gff. 3,
445; mhd. anevehtunge. — Anavehta, cm-Stamm Gff. 3, 445
nur hier.
Antsegidi defensionem ] antseida 37, 16. — Gff. 6, 108.
Arinne aquilae ] dren 102, 25. — Gff. 1, 432.
Nah dero. arctagi nequitiae ] näh dero argtahtegi 27, 4. —
Gff. 5, 358; auch arctatigi, das man vermuthen könnte, fehlt
Gff. 5, 329. — Argtahtegi Gff. 5, 164 nur bei Notker.
Arctätigin malignantium ] arctdhtigon 21, 17. —• Gff. 5,
328. — Arctdhtig Gff. 5, 164 nur bei Notker.
Des barmhercen ] miserentis 118, 31. — Gff. 4, 1046;
aber unbarmherzig mhd. barmherze, auch im Spec. eccles.
Almuosen ] elemosina (armherzichkeba) 16, 1. — Gff. 4,
1046, sowohl armherzich als armherzichkeba fehlen.
Wortschatz und Sprachforraen der Wiener Notker-Handschrift.
681
Dinero armherzige misericordiarum tuarum \ dinero drme-
herzinön 24, 6. — Gff. 4, 1047. — Armeherzi Gff. 4, 1046 nur
bei Notker und Isidor.
Iraueret ] reparatus 118, 43, — iraveret ] instauratus
118, 76. — Gff. 1, 180; aber avarön, oberen.
Ze iro irauerunge ] ze iro recreatione (uuiderscaffungo)
103, 35. — Gff. 1, 180, aber auarunga. — Uuiderscaffungo
Gff'. 6, 447 nur liier.
Auur lante per terram ] öfter laute Bb. SG. Ab. 10. —
Gff. 1, 177, Grimm, Gramm. 3, 259 fehlt auur als Präposition;
vgl. got afar. Oder liegt ein Schreibfehler vor?
Irpalcnusside ] offensionis 109,5. — Gff. 3, 106; weder
der ja- noch der «-Stamm.
Beitit sin expectat ] sin — bitet 118, 166. — Gff. 3, 64;
aber beitön fränkisch und in der Benedictinerregel; oder gehört
beitit zu beitan Gff. 3, 65, das aber weder mit dem Genitiv,
noch in der Bedeutung expectare nachgewiesen ist?
Perihta ] claritas Ps. g. 8. — Gff. 3, 209; aber perahti
alemannisch.
Bibonda cum tremore ] ridondo 2, 11. — Gff. 3, 21;
auch irbibön ist nur aus W. nachgewiesen, s. irbiboten in II.;
vgl. alts. bibhön; aber biben. — Ridön Gff. 2, 475 nur bei Notker.
Binen apes ] bine 117, 12. — Gff. 3, 12; neben Ina, bi
nur (?) das Neutrum bini; mhd. bin Inn st. schw. Fern.
Bit noh adhuc | Mt noh Bb. SG. 140, 6. — Gff. 3, 62
(Index 17°) hat weder Mt noch Mt nolv, vgl. die starken Neutra
mhd. Mt, ags. Md, altn. bid, mora. Oder ist es der Imperativ?
Vgl. Gramm. 3,245. — Pit, Mt (expecta) mit Circumflex auch26,14.
Mit pitternussidi ] amaritudine (serbitteri) 40, 4. —
Gff. 3, 89 fehlt der ja- und der a-Stamm. — Serbitteri Gff.
3, 89 nur hier.
An minero bitunga ab expectatione mea ] an minero bitün
118, 116. — Gff. 3, 64. — Bita nur hier und bei Otfried.
Vore pleckizodi ] pre fulgure 17, 13. dei plechizodi
17, 15. — Gff. 3, 246.
Plintnussidi ] cecitas (plindi) 45, 11. — Gff. 3, 256
weder der ja- noch der d-Stamm. — Plindi nur bei Notker
und Otfried, muatplinti in den Reichenauer, Frankfurter und
Sangaller Glossen Asc., Asc. 2., Asc. 3.
682
Heinzei.
Boumeglih quoduis lignum ] boümelich 104, 33. — Gff.
2, 112. 3, 123. — Boümelich Gff. 3, 123 nur bei Notker.
Brennunga ] frixuram (brinnün) 101, 4. — Gff. 3, 309;
mlid. bvennunge. — Brinna nur hier.
Prutlichen nubere ] prüten Ps. g. 7. ■— Gff. 3, 294. —
Prüten nur hier.
Föne den burchornon de suburbanis— burchorn]fone
dien bürgliorinon — burghorina Deu. 32. — Gff. 4, 1037. —
Burghorn oder als Plurale tantum burghorina Gff. 4, 1008
nur hier.
Ferdamnussidi | damnatio (ferddmnunga) 43, 20. —
Gff. 5, 143 weder der ja- noch der «-Stamm.
Diemuotunga \ humiliationis 118, 71. —• Gff. 2, 697.
Dienestliute ] ministri '(dienestman) 103, 14. — Gff. 2,
196; mlid. dienestliute.
Aller di eti dich emo omni nationi ] aller dietelichemo 147,
20. — Gff. 4, 130. — Dietelih nur hier.
Donent extensae sunt (chordae) ] stracchent, 149, 3. —
Gff. 5, 146: donen oxtensum esse ist mit einem Fragezeichen
angesetzt, aber es scheinen beide Beispiele, aus Notker und
den Tegernseer Glossen Mart., das intransitive Verbum zu
bieten. — Stracchen Gff. 6, 740 nur bei Notker.
Uone einemo durhahtare] ex persecutore 112, 8. — Gft.
1, 110; mhd. durchaehter.
Durftegen ] indigere (bedurfin) 102, 7. — Gff. 5, 213;
aber durftigon in der Benedictinerregel.
Ebenpildige ] conformes 109, 3. — Gff. 3, 99.
Ebendolunga ] compassionem (infindida) 33, 20. — Gff.
5, 135; mhd. ebendolunge. — Infindida Gff. 3, 536 nur hier.
Eborna hereditatem ] primogenita (erisporinni) 46, 5. —
Gff. 3, 142, weder eborni noch eborani, (-«). — Erisporinni
nur hier.
Nicht einhafti | non solum paratus (giieht ein garo) 36, 17;
— nieht einhafto ] nieht ein 118, 26. — Gff. 1, 320. 4, 740;
aber das Substantivum einhafti bei Notker Ps. 44, 15.
Ze dero einnussidi | ze dero unitate (einhafti) 44, 15; —
einnussida ] unitas 102, 7. -— an dero einnussida \ in unitate
F. A. 1. — Gff. 1, 331, nur einnussidi scheint zu fehlen. —
Einhafti Gff. 1, 320 nur hier.
I
^ Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift. 683
Einstimmo uno consilio ] einstimme 40, 8. — Gff. 6, 683;
aber das Adjectivum einstimmi in W. wie bei Notker und Otfried;
Notker hat auch chleinstimme(-i).
Dia ferentida ] consumationem (ende) 101, 24. — An die
firentidi] ad consummationem 103, 7. — Gff. 1, 361 weder
der ä- noch der ja-Stamm.
Euangeliari] evangelistae 21, 32. — Gff. 1. 177; mhd.
ewangelier.
An den euuangelisten] an euangelistas 107, 5. — Gff. 1,
177; mhd. ewangeliste, so im Spec. eccles.
Die zuene ezze acies ] die zuö ekka 149, 7. — Gff. 1, 524,
sowohl az als ezzi fehlt; aber vgl. azger, aziger, ags. ätgdr, fries.
etger, altn. atgeirr, — a%%asil Gramm. 2, 267. 484. 494. 717, —
altfrz. algier Diez, Etym. WB. 2, 196, die Personennamen Azaman,
Ezeman, Azawib, Eziioib, Azawin Förstemann 1, 193 f. Der
niederösterreichische Ortsname Atzgersdorf setzt wohl azzi
voraus. — Ekka Gff. 1, 112 nur bei Notker.
Er gagenuuerta sih astitit] er gegagenuuerta sih 35, 5. —
Gff. 1, 1010.
Föne dero gagenuuurti a facie | Föne dero gagemmerti
37, 4; — gagenuurt ] praesentiam (gägenuuerte) 104, 4; —
gaginuurt | praesentiam 118, 135. — Gff. 1, 1008, weder
ga.genuuv.rt noch gaganuuart sind nachgewiesen, nur gagemmert
bei Otfried, und ja-Stämme. — Die Formen mit e, i statt u
sind bairisch selten. Bei dem Substantivum bieten sie nur
Notker, die Keronischen Glossen, die SGaller Glossen G. 1,
Otfried und die Mainzer Glossen. Nie, wie es scheint, daneben u.
Beim Adjectivum stammt die einzige angeführte «-Form ga-
ganuurter aus den Tegernseer Virgil-Glossen. Vgl. engegemvurtic
bei Heinrich von Melk, das Subst. gegenuuurte im Spec. eccles.
— S. abuwtic. — Vgl. gagenuurtigir, uurti in II.
Gagenuurfide ] obiectionem (uuidirstoz) 106, 42. — Gff. 1,
1043, der ä- und ja-Stamm fehlt; aber giuurßda, anagiuurfida.
— Uuidirstoz Gff. 6, 736 hier und in den Einsiedler Glossen E. 1.
Begalunga ] incantationem (kerminot) 13, 3. — Gff. 4,
179; aber begalon bei Notker und in den Einsiedler Glossen E 2.
Ger eg auida ] kereg 41, 3. — Gff. 4, 227; nur ging auch
in Notker’s Psalmen; mhd. gerec und girec.
I
684 Heinzei.
Firgiht professionem ] geiiht 118, 144. — Gff. 1, 588;
mlid. vergibt. — Geiiht. und die verwandten Wörter Gff. 1, 586
erscheinen nur in alemannischen Quellen, bei Notker, in der
SGaller Rhetorik, in SGaller Glauben und Beichte I. Ausser
dem allerdings einmal in den Wiener Glossen in canones,
Can. 13; diese sind aber eine dem 11. Jh. angehörige Abschrift
eines älteren Commentars, welche alemannische und bairische
Formen zeigt. — Vgl. firgiht, gehucte, martirari in II.
Cesprengest disperdes ] zegingest 142, 12. — Zegingen
fehlt Gff. 4, 218.
Piginget incipit ] peginnet 5, 5. 29, 1. — Gff. 4, 218;
aber gingen, gigingen Gff. 4, 217. 218.
Dia gigirida ] concupiscentias (lustin) 106, 11; —
rida ] desideria 118, 101; — die ubilen gigirida \ carnales
Bb. SG. 136, 8. — Gff. 4, 229; aber gigiridi in Wessobrunner
Glauben und Beichte I.
Giresoton ] concupierunt conoupiscentiam (girezton) 105,
14. — Gff. 4, 232; auch girsunga nur in W. — Girezen Gff.
4, 232 nur hier.
Girischeit ] cupiditas 118, 72. — Gff. 4, 227; mhd.
girischheit scheint nicht alemannisch zu sein, und ist bei
bairischen Autoren beliebt; es erscheint auch in den bai
rischen Predigten Mone, Anzeiger 8, 589. S. Jänicke Zs.
16, 416.
Gegotelichet, j deificare 117, 16. — Gff. 4, 152; vgl.
tödlichen mortificare in den Geistlichen Rathschlägen, welche
vielleicht aus Wessobrunn stammen; MSDm' 2 582.
Cramdota irritauit ] crdmda 9, 37. — Gff. 4, 321;
Verwechslung mit chradamjan Gff. 4, 596 perstrepere, fernere,
fremere?
Gruntfestota fnndauit ] fundamentöta 47, 9. — Gff. 3,
719; aber das Substantivum gruntfesti (gruntfesta nur W. Ab. 13),
gruntfestin fundamentum; mhd. gruntfesten bei David von Augs
burg und Konrad von Megenberg.
Daz halftenteil] dimidium 111, 2. — Gff. 5, 405; aber
halftanod dimidium Gff. 4, 891; mhd. halftenteil im Urkunden
buche des Landes ob der Enns.
Mit michelemo gehardi ] elamore magno (mit michelmo
screige) 37, 9. — Gff. 4, 981 kein Abstractum von hären.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
(385
Haremscararen calumniantibus ] dnafristären 118, 121.
— Gff. 6, 530. — Anafristäri Gff. 3, 838 nur hier.
Geharida clamor ] rubft 17, 7. — Gff. 4, 981 kein Ab-
stractum von hären.
Harmsallichun] erumnosos 110 vor 1. — Gff. 4, 1033;
aber hermesal im Williram.
Da?: heilfuoriga opher] salutaris hostia (uuizzotopher) 50,
18. 19. — Gff. 3, 599; -fuorig scheint bairisch. — Uuizzotopher
Gff. 1, 182 nur bei Notker.
Heilfuorlih] salubre 114, 6. — Gff. 3, 604. 4, 866; aber
kafoorlih.
Dero intheizede ] promissionis (helieizzis) 104, 11; — d-.<o
intheizade (Fehler für intheizeda?) promissionis (.geheizzis)
105, 33; — dero antlieizeda ] promissionis 118, 58. — Gff. 4,
1087, sowohl intheizeda, intheizedi als antheizedi fehlen; aber
antheizida erscheint in den Reichenauer (Ra.) und den Kero-
nischen Glossen.
Dero intheizunga] promissionis (helieizzis) 44, 3.— Gff.
4, 1088; aber pilieizzunga Gff. 4, 1089 in den Augsburger und
SGaller Glossen Ar. 2; mhd. entlieizunge in der md. Kulmer
Handfeste.
Falcho ] herodius (herfogil) 103, 18. — Gff. 3, 435; ags.
herefugol aquila.
Hilfari ] adiutor ((helfare) 45, 10. — Gff. 4, 924. — Vgl.
hilfa in II.
Houhetziera capitis ornatus ] houbetzierda 102, 4. —
Gff. 5, 700, auch das Simplex ziara fehlt; aber ziari, uuibziari
Gff. 5, 700. 701. — Houbetzierda Gff. 5, 702 bei Notker in
den Einsiedler Glossen E. 2 und in den Zürcher Glossen Z.
Irliuguna ] recordatio (irlmgida) 37, 9. — Gff. 4, 792,
weder irliuguna noch liuguna, liugina. Das Suffix -una führt
Gff. 2, 951 an, ohne es zu belegen, cf. Gramm. 2, 174. Kelle,
Otfried 2, 449 hat louguna aus F. — Irliugida Gff. 4, 792; nur
bei Notker.
Dehein huoh subsannationem nullam J delieinen huoh 2, 4.
— Gff. 4, 686 huoh nur Masc.
In dero euuicheite] in aeternitate (in iemerlieite). — Gff.
1, 509 euuicheit nur in W. und bei Notker. — lemerlieit fehlt
Gff. 2, 835. 4, 808.
686
H e i nz el.
Innerlih medullitus ] ingrundo 21, 28. — G-ff. 1, 297;
mhd. innerlich. — Ingrundo G-ff. 4, 330 bei Notker und in den
Augsburger Glossen A.
Iriteniuunga] renouationem 111 vor 1. — Gff. 2, 1113,
sowohl iriteniuuunga als iteniuuunga fehlen.
In dero martira ] in martyrio (iiiitunga) 43, 12; — dia
martira ] passiones (uuizze) 107, 3. — Iiiitunga Gff. 1, 586 fehlt;
md. gihtunge in einer Augsburger Chronik.
Joli danne etiam tum ] noli danne 26, 3. — Gff. 1, 588 ff.
5, 49. — Noli danne Gff. 5, 49 bei Notker und Tatian.
Zuo dero ircliantnussida] ad eognitionem (ze beclinädo)
106, 11. — Gff. 4, 433, sowohl der ä- als der yd-Stamm fehlt.
— Bechnäda Gff. 3, 571 nur hier.
Den chint Ädamis | filios Adam Bb. SG. Deu. 8. — Gff. 4,
455, das Masculinum fehlt; mhd. Neut. Masc., letzteres aber
nur um das männliche Geschlecht zu bezeichnen in der Mill-
städter Hs., den bairischen Predigten Mone, Anz. 8, 418, —
hier ähnlich den ags. Fern. Masc.. cind und gecind, welche
natura und generatio bedeuten; Gramm. I 3 , 387. 2, 750. —
S. Weinhold, Bair. Gramm. §. 239.
Chlagelicho miserabilites]chdlelicho 118,130.— Gff. 4,549;
aber chlagaWi. — Chdlelicho Gff. 4, 654 nur hier; kein Adjectivum.
Gnusti contritio ] chnisti 13, 3.— Gff. 4, 574.— Chnisti
Gff. 4, 574 nur hier. — Notker und Williram sagen auch
chnisten statt des sonst gebräuchlichen chnussan, s. Gff. a. a. 0.
Keine bairische Form des Nomens oder Verbums mit i.
Chuniclichun ] regali (cliunio) 104, 15. — Cliunio, das
Gff. 4, 447 fehlt, ist vielleicht Fehler für chuningo — s. zu
marmelsteinin, nicht chunigo, da nach Gff. 4, 444 die Form mit
-ig bei Notker nur einmal vorkommt Ps. 17, 51 chuniges; sie
ist für die bairischen Denkmäler charakteristisch; die meisten
Beispiele hat Graff unserer Handschrift entnommen, sodann den
Monseer, den Prüveninger (Bib. 5), den Florianer Glossen
(Wn. 460). Ausserdem erscheint sie bei Otfried, Tatian, Williram,
im Lied de Heinrico. Alemannisch ausser jener Notkerschen Stelle
weist sie Graff nur noch einmal in den Pariser Glossen (Pa.) nach.
Gelencliit compositae ] gefrencliet 143, 12. -— Gff. 2, 223;
mhd. lenken. — Gefrencliet Gff. 3, 827 nur hier; wohl Fehler
für gescrenchet, s. Gff. 6, 582.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
687
Gilibhaftigen ] uiuificare 118, 29. 93. — Gff. 2, 46; s. das
folgende.
leibhaftigen] uiuificat 118, 33. — Gff. 2, 46; mhd. libhaf-
tigen in der Windberger Psalmenübersetzung.
Elliu libiiaftigiu omne animal ] alliu libhaftiü 144, 16.
— Gff. 2, 46; mhd. liphaftic. — Libhaft bei Notker, in den
Reichenauer Glossen Rb. und bei Otfried.
Sinero libhaftigunga] sinero incarnationis (licliamhafti)
17, 1. — Gff. 2, 46. — Licliamhafti, unliebamhafti und das
Adjectivum lihhamhaft Gff. 4, 937 bei Notker und in den Hymnen.
ln dero sinero libliaftungo ] in incarnatione (in Gotis
Keburte) 29, 1. — Gff. 2, 46.
ln ira gilichente in beneplacitis eorum \ in iro gelicheten
140, 6. — Gff. 2, 121 führt aus den Keronischen Glossen nur
lihhendi placitus an; dort aber steht Hattemer 1, 200 Placito
lihhendi; es kann also wohl das Abstractum placitum lihhendi
gemeint sein. Trotz der argen Ungenauigkeit dieser Bibel-
glossare dürften demnach einige der in ihnen häufigen Abstracta
mit dem Suffix des Part. Präs, echte Bildungen sein. Von
Graff sind als solche aufgenommen farberanti frugalitas 3, 146,
auch in Pa. und Ra.; teilöndi parsimonia 5, 408, ebenfalls in Ra.
Khnetliperandi puerperium Hatt. 1, 201 aber, oder thakendi
silencium Hatt. 1, 202 fehlen wie lihhendi. S. Gramm. 3, 342,
wo auf altn. Analogien verwiesen wird.
Lihnamenlicliun giridi] carnales delectationes (fleiscliche
luste) 17, 38. 39; lihnamolichemo pildi ] corporali figura
(ilicliamin bilde) 37, 8. — Gff. 4, 936 lilinamenlih und lihnamolili
fehlen; aber lilihamlih. Vgl. lichinamen in II.
Lilinamolichen ] corporaliter (in lichamin) 17, 45. —
Gff. 4, 936, aber lilihamlih; s. das vorige.
Liudenento in iubilatione ] liüdondo 32, 3; — geliu-
dinot] keliüdot 32, 3. 46, 6. — Gff. 2, 200 sowohl liudenen als
liudinbn fehlen; aber leoden ? carmen in den Pariser Glossen Pa.
Ze dero flornussidi) ad damnationem (ze suendi) 9, 1;
— ce flornusside] ze florni Bb. SG. 139, 12.— Gff. 2, 267;
aber flornussida, ferlornussida. — Suendi Gff. 6, 886 nur bei
Notker.
In ludinunge in iubilatione] in liüdungo 46, 6. — Gff. 2,
200. — Liudunga Gff. 2, 200 nur hier.
SitzungBber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. IV. Hft.
45
688
H ein z el.
Lugeheiti mendacitas ] lügeheit 27, 4. — G-ff. 2, 136;
s. MSDm 2 . 538, Scherer Zur GDS. 439.
Lutent sie sili clamabunt J liütent siü 113, 4 1 . — Gff. 4,
1099; mhd. sich Hüten.
Luterunga ] purgatio 17, 7. — Gff. 4, 1108; mhd. Un
ter unge.
Maginlosi multitudo ] manigi lones 43, 13. — Gff. 2, 269.
621. Es bedeutet wohl die unbegrenzte Menge, s. Haupt zu
MSF. 212, 35, Gramm. 2, 565 f.; das altn. meginleysi aber ist
hebetudo.
Manlichen viriliter ] cdmelicho 26, 14. 30, 25. — Gff. 2,
750; aber manlicli bei Williram; mhd. manlichen. — Comelicho
gomelich Gff. 4, 200 bei Notker, in der SGaller Rhetorik und
bei Otfried; — aber commanlih, commanlihhi Gff. 2, 744 erscheint
ausser in den Keronischen und Reichenauer Glossen Ra. und
Rb. auch in den Tegernseer Gh. 3 und den Freisinger Isidor
glossen Da. (Aretin’s Beiträge 7, 251).
Mannig quisque ] männolih 30, 8. — Gff. 2, 756; die Be
deutung quisque ist nicht nachgewiesen. Es ist des Doppel-«
wegen wohl Fehler. Oder ist an die litotetische Bedeutung des
mhd. manec zu denken? Vgl. Diemer zu Gen. 114, 34 im
Glossar, zu des Todes Gehügde 445. — Männolih Gff. 2, 750
bei Notker und Otfried; vgl. manniglili in II.
Man sieche ] homicidium (manslaht) 105, 37. — Gff. 6,
775 fehlt der ja-Stamm manslehke in dieser Bedeutung viel
leicht nicht, s. mansleccun sanguinibus in den Tegernseer Glossen
Bib. 1, und chintslehho verdeutscht ebendaselbst parricidium,
während es in den Monseer und Emmeramer Glossen Gd. 3
parricida. bedeutet; mhd. manslecke — st. Fern. Mord, in der
Heimburger Hantfeste. S. zu faterslecke.
Marli ] pignus 110, 6. — Gff. 2, 848; aber undirmarli iinis
bei Notker; mhd. marc signum.
Marmelsteinin ] marmorea steininiü (hs. steiniü) 48, 12.
•—• Gff. 6, 691; aber marmilstein; mhd. marmelsteinin.
Minero martiri ] mines calicis (stoufes) 15, 5. —- Gff. 2,
857; aber martira.
Bemeinscrift testamen tum ] bineimscrift 49, 5. — Gff. 6,
570. — Bineimscrift Gff. 6, 570 nur hier. — Vgl. hemeindon,
pemeindi, gemeinot, urchundom in II.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
G89
Dero messameungi] temperantiae 17, 40. — Gif. 2, 898,
messameungi -a und mezsamungi (-«) fehlen; mezsamon in den
Fragmenta theotisca.
Gemezsament ] temperantes 117, 27. — Gff. 2, 898;
mezsamon in den Fragmenta theotisca.
Danches ] gratis, daz chit ungerniete 43, 18. — Gff. 2,
705; aber gimietan; mhd. ungemietet.
Missehellunga ] dissensionum (ungezunfto) 106, 23. —
Gff. 4, 859; auch hellunga fehlt; mhd. missehellunge.
In missetrueym desperationem (ferclmnst) 43,19. 105, 7; —
Gff.5,469; mhd.missetriuwe. —FercA?«)istGff.4,413nur beiNotker,.
In missitruuuidi 12, 5; — diu missetruidi ] diu diffi-
dentia heizet pMcheit unde uerchünst 21, 24; — fone dero misse-
truuuede 103, 6. — Gff. 5, 468; aber missitriuuida in den
Monseer, den Weihenstephaner Glossen Gc. 5, so wie in Can. 13,
über welche firgilit zu vergleichen.
Des mornis] meroris 117, 5. — Gff. 2, 860; wenn mornis
nicht als Fehler für mornennis anzusehen ist, fehlt morn oder
morni-, abei; morna schw. Fern. — Mornen kommt nur hei
Otfried, Tatian und in den SEmmeramer Glossen Ein. 29 vor.
Daz muosal quassatio ] diu muold 105, 30. — Gff. 2, 604;
mhd. müejesal. — Muohi Gff. 2, 604 nur bei Notker.
Ist muozlih ] licet (muoz man) 101, 9. — Gff. 2, 908; mhd.
muozlicli auch in derselben Bedeutung in alemannischen Quellen.
Uuerh dero gnadecheite ] opera misericordiae (elemuosina)
111,5;— dere gnadicheite ] misericordiae 118, 52. — Gff. 2,
1029. Es erscheint in den Geistlichen Rathschlägen, die viel
leicht aus Wessobrunn stammen; mhd. genaedecheit.
Nals]nalso 15, 9; — nals ] nals 103, 31 zweimal, 104,
3. 37. — Nalso fehlt Gff. 6, 16; nals, nols (MSDm 2 561)
könnte demnach auch von also stammen, obwohl nicht wahr
scheinlich; s. als, wo auch also, alsa, alsi von W. angeführt sind.
Der alto natero ] serpens antiquus (der alte uuiirim) 103,
27; — diu natara 118, 21. — Gff. 2, 1051; das Masculinum
fehlt; goth. nadrs, altn. nadr.
In diser neizeliclien stete in loco afflictionis ] in dirro
neizzeseligun stete 43, 20. — Gff. 2, 1130. — Neizzeselig nur hier.
Fernemaren ] auditoribus (losem) 45,5; — fernemare]
auditores 113, 14. — Gff. 2, 1074 f.
45*
690
Heinzei.
Nibelent toruum uident ] ne belent 16, 11. — Gff. 2, 997
kermt nur ein nibuljan caligare. Mlid. nibelen, er nibelt uz
den bräwen Wilhelm von Oesterreich; — Stalder, Schweizerisches
Idiotikon (1812) 2,23Qnibeln unfreundlich drein sehen; s. Uhland,
Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage 1, 161.
Noli dannoh adhuc ] noli do 125, 4. — Gff. 2, 985.
5, 502. — Noli do hier und bei Otfried Gff. 2, 985.
Nordere septentrionales ] in ndrde 47, 3.— Gff. 2, 1097;
das Adjectivum fehlt, nur za nordri ad aquilonem in den Bla-
sianer Glossen Bl.; mhd. norder.
Ordenlichen ] Ordinate (ordinhafto) 101, 29. — Gff. 1,
471, ordenlichen und ordenlih fehlen; aber ordenlihho bei Notker.
— Ordinhafto nur hier.
Daz osteno ortus ] daz östena 102, 12. — Gff. 1, 498.
Dinero iroffenunga ] manifestationis tuae (dinero schinun)
20, 10; — iroffenunga ] manifestatio (öjfenunga). — Gff. 1,
168; aber öjfenunga Gff. 1, 166; mhd. eroffcnunge. — Schina
Gff. 6, 510 nur hier.
Patriarchen ] patriarchis (hohfdtirin) 104, 10. — Gff.
Index 167 c ; mhd. patriarche. — Hölifatir Gff. 3, 376 bei Notker,
in den Reichenauer Glossen Rd. und in den Juniusschen Glossen
Ja. und Je.
Umbe fl ege] umbe emolumentum 118, 36. — Gff'. 3, 358;
aber curtilßega bei Notker im Marcianus Capella.
Dere propheton ] prophetarum Bb. SG. 137, 1. — Gff.
3, 364; mhd. prophete.
Rauuegen ] quietum (räuuogernin) 103, 32. — Gff. 2, 555;
sowohl die ä- als die uo-Form fehlt; mhd. ruowec. — Räuuo-
gerni Gff. 4, 235 nur hier.
Si gerehtet aequat | si gerihtet 44, 7. — Gff. 2, 414, aber
rehton cum dat. bei Notker; mhd. gerehten und rehten. — Vgl.
grehti in II.
Rehthafti ] iustificationes (rehtnissa) 42, 2. — Gff. 2,
413. — Relitnissa Gff. 2, 414 bei Notker und Isidor.
Rehthaftunga ] iustificationes 118, 5; -—in dinen rehthaf-
tungun | in iustificationibus tuis 118, 25. — Gff. 2, 413; mhd.
rehtliaftunge in Waekernagel’s Predigten.
Irrihtida resurrectionem ] ufirrihteda 138, 1. — Gff. 2,
418. — Ufirrihteda nur hier.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift. 691
Keriteroti ] cribraret (riteroti) 103, 20. — Gff. 2, 475.
Riuuuaris J poenitentis (riüuuontis) 31, 1; — riwuitaW]
poenitentes (riüuuige) 103, 18. — Gff. 4, 1146; mhd. riuwaere.
Ruhelich rugitui similis ] rüode gelih 37, 9. — Gff. 2,
432. — Ruod nur bei Notker.
Mit ruhelode rugientes ] mit rüode 103, 21. — Gff. 2,
432. — Ruod nur bei Notker.
Ruhelot rugit] ruhet 21, 14. — Gff. 2, 432; mhd. rühelen.
Irruheiota rugiebam ] irruota 37, 9; — irruheloti] irru-
giit (irruota) 37, 9. — Gff. 2, 432.
Rucho fumus ] rüch 17, 9. W. weicht hier ganz ab. —
Gff. 2, 436; aber ruchi u. ä. in den Rhabanischen, den Kero-
nischen, den Pariser und Reichenauer Glossen (Pa. Ra.). —
Ruch, rouch bei Notker, in den Herradischen und den
Weingartner Glossen Bib. 13; ausserdem in den Trierer
Glossen.
Beruochunga ] curationem (suhtneri) 103, 16. — Gff. 2,
377; beruochunga und ruochunga fehlen; mhd. beruochunge. —
Suhtneri Gff. 2, 1103 nur hier.
Intsagent defendunt ] intsagont Bb. dntseidont SG. 139,
10. — Intsagon fehlt Gff. 6, 101; aber sagon Gff. 6, 91. —
Antseidön Gff. 6, 109 nur bei Notker.
Insagungi ] renuntiatio (fersachini) 23, 7. — Gff. 6, 102;
aber sagunga Gff. 6, 109; mhd. entsagunge bei Nikolaus von
Jeroschin. — Fersachini Gff. 6, 75 nur hier.
Salmsagot psallite ] sdlmosangot 134, 3. — Gff. 6, 105;
aber vielleicht nur Fehler für salmsangöt. — Salmosangon Gff.
6, 253 in W. und bei Notker.
Fria selbchuri ] liberum arbitrium (selbuudla) 26, 9; — die
friun selbchuri ] liberum arbitrium (selbuualte Dat.) 101, 11.
— Gff. 4, 519; s. MSDm 2 . 546; mhd. selpkür, in der Kaiser
chronik, in Wernher’s Marialeben. — Selbuuala Gff. 1, 838
nur bei Notker; aber nur im vierten Buch des Boethius 192 b ,
im fünften 218 b selbuualtigi. - Selbuualt Gff. 1, 812 bei Notker
und in den Frankfurter Glossen Can. 4. — Vgl. uuilliclichi in II.
Versellunga uenditionis ] 108, 18. — Gff. 6, 179.
Siduualdes J Libani 28, 5. — Gff. 1, 802; vgl. alts.
sinuueldi grosser Wald.
Siebte languores ] siecheite 102, 3. — Gff. 6, 140.
692
Heinzei.
Ges i n sensuni | sin 23, 2; mhd. ist gesin bairisch,
s. MSDm 2 . 374.
SJfeltata ] blasphemiam (gotscelta) 34, 11; — skeltata
108, 2; — ze dera sceltate ] ad blasphemiaui 136, 4. — Graff
führt 6, 487 (Index 251 il ) skelttata auf, aber ohne Beleg; mhd.
scheitelt, so in der Millstäter Hs. Vgl. MSDm 2 . 603. Die Com-
posita mit tat werden sich früh mit den romanischen Derivaten
vermengt haben; s. Notker Ps. 18, 2 SG. hantdte. — Gotscelta
Gif. 6, 488 nur hier.
Neliein ander geskephidi ] neliein creatura (<jiscdft) 34,
10; — an den keskepf eden ] an creaturis F. A. 2. — GIF. 6,
452: aber geskephida bei Notker und Williram.
Geziuges apparatus ] scef nuiges 47, 8. — Gff. 1, 707
(Index 273 a ): 6, 457 steht scefuuig ohne Beleg.
Sk im] splendor 109, 3. — Gif. 6, 510; aber skimo Gff.
6, 511; - mhd. schim und scMme.
Skinhafti c manifestum acc. sing. neut. ] slcinhafte
117, 27. — Gff. 6, 511; mhd. scMnhaftich in Leyser’s Pre
digten. — Auch skinhafti fehlt Gff. 6, 510, wo nur skinhaft
belegt ist.
Bise ouuida ] inspectionem 120, 4. — Gff. 6, 558: aber
scauuidd; mhd. beschouivede.
Scuuelunge ] uentilatio (uudnnutli) 24, 21. — Gff. 6, 459.
— Uuannoth Gff. 1, 886 nur hier.
Slafize dormitet ] näphze 120, 3. 4. — Gff. 6, 802.
Ze minero stunden faucibus meis ] ze minemo stunde 21,
16. — Graff 6, 798 führt nur slunt an, obwohl er Nom. Sing.
slunda belegt. Das schw. Fern, auch in der Wiener Genesis,
Fundgruben 1, 78, 38, woraus die Millstäter Hs. ein schwaches
Masc. macht.
Iro gebetes sinnet in preces proüciunt ] iro gebetes spuot
33, 16; — inio slunet sin ] imo spuot is 126, 1. — Gff. 6, 648;
sniumön Gff. 6, 648 nur in der Bedeutung properare; mhd.
sliunen auch mit der Construction mir sliunet eines Dinges. —
S. slunige.
Sinnige cito ] hdrsco 108, 23. W. weicht hier ganz ab.
— Gff. 6, 848; aber sinnig, slunigi, sinnigen: s. slunet. — Vgl.
gesliunige in II.
Firsmahten gustauerunt ] smahton Ann. 5. ■— Gff. 6, 824.
zmw&sssä AMW.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift. 693
Fersmulentiu ] conterens (fermulente) 44, 8. — Gff. 2,
711 und Index 213 c : Schreibfehler ist allerdings möglich; aber
vgl. sinal, malan mhd. smol: Schmolle, und das davon stammende
Verbum smoln, u. ä.
Die gesniteni ] sectionem 114, 6. — Gif. 6, 482.
Cesprengist disperdes ] begingest 142, 12. — Gff. 6, 400;
mhd. zersprengen.
Die spruren paleas ] diu spriüuuer 24, 21. — Gff. 6, 369:
sowohl spruro als sprura fehlen; mhd. spriur, im Plur. sprüren.
Statigen] statuere (stellin) 17, 28. — Gif. 6, 651: aber
stätigon, stätigaere in den Tegernseer Virgil-Glossen VA., in
den Prüveninger Glossen Ep. can. 6 und in Cgm. 17, 39 a.
Statigen im Spec. eccles. und in der Wiener Genesis.
Stummen uuerden muta fiant ] stum uuerden 30, 19 zwei
mal. — Gff. 6, 681: aber arstummen; mhd. nur ein starkes
Neutrum stummen.
Sunderinge singulariter ] sünderchlicho 4, 10. — Sunder-
chlicho fehlt Gff. 6, 52; aber das Adj. suntriclih in der Bene-
dictinerregel.
Sunderinge singulariter ] sünderchlicho 4, 10. — Sunde-
ringo fehlt Gff. 6, 51: aber sunderigo, sunderig.
Sunderingir sprucil gradus proprius ] sundersprozzo Ps.
g. 5. — Gff. 6, 50: aber sunderig.
ln saftiingi in gemitibus ] in suftöde 30, 11. - Gff. 6, 174:
suftunga in den S. Peter-Glossen C und in den Trierer Glossen.
Suictun tacerent ] suigetin 5, 11; — suicta ] suigeta 39, 11.
— Gff. 6, 860 gibt den ^a-Stamm nicht an, obwohl er geswigten
aus der Wiener Genesis citirt.
Tarahaftiu ] noxia (scddal) 10, 4. — Gff. 5, 438: aber
undaroliaft bei Notker und tarahafti in Wessobrunner Glauben
und Beichte I.
Den ketatlichun lib] actiuuam uitam (kuotuuerchlib) 32, 2.
— Gff. 5, 329. — Kuotuuerchlib Gff. 2, 45 nur hier.
ln demo teile unde ] quantum. — Die Phrase fehlt Gff.
5, 402.
Diu totliclii ] mortalitas (todigi) 19, 7; — in dero tot-
lichi ] in dero mortalitate (todigi) 34, 13; — totliche ] mor
talitas (totheit) 37, 3; — diu totliclii ] diu mortalitas 277;
— diu totliclii ] mortale (diz todiga) 37, 5. — Gff. 5, 344;
694
Hein z e 1.
mhd. tätliche; vgl. tödlichen mortificare MSDm 2 . 582. — Tötheit
Gff. 5, 344, — todig Gff. 5, 345 nur bei Notker. — S. untot-
lichi. — Vgl. totliehen, untotlichi in II.
Die getougene ] occulta (toügeninci) 9, 1; — dei getou-
gene ] occulta (tougena) 9, 9; — mmderlichiu getougena]
uuünderlichiv mysteria 118, 18. — Gff. 5, 377: das st. Neut.
fehlt, aber gitaugani.
Trisire thesauris ] triseuue 134, 7. — Gff. 5, 544: aber
2, 334 führt Graff ein trisurhüs an, das 4, 1056 nicht erscheint;
vgl. alts. tresurhüs; — mhd. trisor, trisel.
Truncliinheit, ] ebrietas (truncheni) 103, 15. — Gff. 5,
537: trunchinheit wird aus der Reichenauer Beichte fragend
angeführt, wo Scherer das Wort in den Text gesetzt hat, Dm 2 .
LXXIII, 30; mhd. trunkenheit,; so im Spec. eccles. — Trun
cheni nur bei Notker.
Der nehein tumpchosi ne uobet qui non egit dolum in
lingua sua J der neheinen turn chosondo ne uobet 14, 3. — Gff.
4, 505: aber das Neut. kosi und andere Composita.
Daz diu sunna irtunelielota ] solem obscuratnm (sunnun
beuinstirta) 34, 16. — Gff. 5, 436: aber tunchelen.
Uberfartelunga ] praeuaricatio (übergrif) 102, 7. — Uber-
grif fehlt Gff. 4, 319; mhd. übergrif.
Umbe die ab er scri chelung a ] pro transiliente (urnbe den
sprcmgonten) 38, 1. — Gff. 6, 575: auch scrichelunga fehlt.
Uber uartilunga ] praeuaricatio 12, 1; — uberfarte
lunga ] praeuaricatio (übergrif) 102, 7. — Gff. 3, 585: auch
fartilunga fehlt.
Uberfartiligen ] praeuaricatorem 118, 120. — Gff.
3, 585: auch fartilig fehlt. Uberfertigen in der Wiener
Genesis.
Han ih ubirdingen supersperaui ] häbo ih uberdinget
118, 81. — Gff. 5, 191. — Das Verbum uberdingen nur bei
Notker.
Föne dera uhte a uigilia matutina ] fone dero üohtün
129, 5; — dia uhte ] dia üohtun 118, 148. — Gff. 1, 138: der
a-Stamm — s. ühtosterno Gff. 6, 723 — und der i'-Stamm
fehlen. •— Von letzterem auch nhtisang Gff. 6, 251 und mhd.
vohtweide. — Uhta, der dn-Stamm, iindet sich bei Notker und
in den Trierer Psalmen.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
695
Unbrouhlih ] inflexibiles Bb. SG. Ab. 6. — Gff. 3, 282:
auch brouchlili fehlt. Gebräuchlich bei Heinrich von Melk. —
S. ungebrouchentlichiu, — vgl. gebrouchot in II.
Unde er neliabeta ] vbe er ne hdbeta 36 ; 25; — in demo
teile irnde ] quantum 115, 11.— nah diu unde ] nah diu 118,
142, — nah diu unde ] nah diu so Ps. g. 1, — dera halb unde\
dero halb 118, 113. — Gff. 1, 362. 5, 402: unde als Relativ-
partikel erst aus der Wiener Genesis nachgewiesen.
Nicht ein — sunter unte J nicht ein — mibe joh 109, 7. —
Gff. 1, 361. 6, 48: sunter unte sed etiam fehlt; s. MSDm' 2 . 512.
Undunga ] inundatio (anafluz) 45, 5. — Gff. 1, 367. —
Anafluz Gff. 3, 752 nur hier.
Undurnohtig en iuperfectuin j ündurnohten 138, 16. —
Gff. 2, 1024: aber durhnohtig in W., in Wessobrunner Glauben
und Beichte I. (Ct. ist Fehler für Co.), im Summarium Heinrici
Hs. und bei Williram, — undurhnolitigi in Wessobrunner Glauben
und Beichte I. — Undurnoht Gff. 2, 1022 nur bei Notker.
Undurften spontc ] undurftes 103, 27. — Gff. 5, 211:
auch durften fehlt; aber unduruftebno incassuin in den Kero-
nischen und den Pariser Glossen Pa.; — mhd. undurfte. —
Undurftes Gff. 5, 210 nur bei Notker.
Ungebrouchentlichiu] inflexibilis (unboüglich) 44, 8. —
Gff. 3, 282: auch gebrouchenlih, brouclienlih, brouchlili fehlen;
mhd. gebräuchlich bei Heinrich von Melk. — Unboüglich Gff.
3, 40 nur hier. — S. unbrouhlih. — Vgl. gebrouchot in II.
Ungemeiligot inmaculata ] ungefleccliot 18, 8. 14. 36, 18.
39, 8. 118, 1. — Gff. 2, 720; aber gemeiligit, gemeilegot; mhd.
ungemeileget in bairischen Quellen. — Ungtflecchot Gff. 3, 758
nur bei Notker.
Danchis ] gratis, daz chit ungemiete 43, 18. — Gff. 2, 705:
aber gimietan; mhd. ungemietet.
Ungestuomlichen j inportune 118, 115. — Gff. 6, 682:
auch ungestuomlih, gestuomlih, stuomlih fehlen.
Ungeuuizzel ] ignorantes (unuuizzende) 17,.28. — Gff. 1,
1103: auch geuuizzel fehlt; die Substantiva giuuizzeli, ungiuui-
zile auch nur aus W. — S. unuuizzili und geuuizel.
Unlihnamolichemo ] incorporali (vnlicliamin) 37, 8. —
Gff. 4, 936: aber lihhamlih; s. zu lihnamenlichun. — Unlichamo
nur hier. — S. lihnamenlichun, lihnamolichen.
696
H einzel.
Unmuozlichen] illicitae 118, 136. — Gff. 2, 908: auch
muozlih fehlt, s. oben; mlid. unmuozlich ocoupatus.
Umbe unsere unreilte iniustitiam ] umbe unsere ureilte 48,
26. — Gff. 2, 407: aber rehti bei Notker, in den Keronischen
und den Pariser Glossen Pa. Vielleicht ist das Wort von dem
Schreiber in W. ebenso willkürlich conjicirt worden als von
Schilter. Auch mhd. ist nur das Fern, reilte bezeugt. Vgl.
sinero geuurliti ] sinero f reihte 9, 9; — minen geuurhten ] minien
fr eilten 30, 17; — geuurhte ] frehte 22, 3. 24, 7; — geuurliti \
frehte 29, 6. — Gff. 1, 975 führt geuuurht noch an aus der
Benedictinerregel, den Keronischen, den Pariser, den Reichenauer,
den Juniusschen Glossen (Pa. Rb. Jb.) — Giuunnen ] gefrelitoton
122, 2; — Gff. 3, 818: gifrehton bei Notker, in den Hymnen
und den Juniusschen Glossen Ja.
Uns cul dich eit \ innocentia (unscddeli) 44, 8. 141, 4. —
Gff. 6, 472: auch sculdicheit fehlt. — Unscadeli Gff. 6, 422
nur bei Notker.
Unstarehen | infirmis (unfesten) 101, 6. — Gff. 6, 717.
Dero unterdingunga ] subplantationis (liindirscranchis)
101, 9. -— Gff. 5, 192: auch dingunga fehlt.
Vone dero untotlichi ] ex ininortali 18, 14; — fone un-
todliche \ fone ininortali (untodigemo) 29, 8; — dera totlichi
(inmortalitatis 23, 2; — in dero untotliche (Hs. totliche) ] in
dero inmortalitate 27, 7; — dinero untotlichi ] inrnortalis
corporis (untodigi des lichamen) 30, 3. — Gff. 5, 344: auch
totlichi fehlt. Vgl. totlichen mortificare MSDm 2 . 582. — Gff. 5,
345 untodig nur bei Notker. — Untodigi Gff. 5, 346 nur bei
Notker. — S. totlichi, — vgl. daz untotlichi in II.
Unferscaltet non damnatus ] ünferscälten 36, 33. —
Gff. 6, 485: überhaupt kein schwaches Verbum scaltan.
Der unueruuartenlichi J incorruptibile (uniruuärtlicher)
101, 26. — Gff. 1, 959: auch feruuartenlih fehlt. — S. auch
feruuartenlicha, — vgl. unferuuarten in II.
Unferuuartidi ] incorruptionem (ünuuartaseli) 37, 5; —
unferuuertidi ] incorruptionem (uniruuartungo) 50, 16. •— Gff.
1, 959: der ja- und d-Stamm fehlen. — Ünuuartaseli nur hier;
uuartaselig, unuuartesalig, unuuartasaligi Gff. 1, 960 nur bei
Notker. — Uniruuartunga Gff. 1, 959 nur hier. — S. fer-
uuertidi.
Wortschatz und Spracliformen der Wiener Notker-llandschrift.
697
ln dero unferuuartnussi ] in incorruptione (in unf'ar
mer ido) 24, 13. — Gff. 1, 959: aber irunartnissi, iruuartnissa,
iiuartnissi bei Notker und Otfried. — Unfermerida Gff. 2, 841
nur liier. — S. feruuortnussi.
Uiiider dero unfreuuidn tristitiae | müder dero ünfreuui
42, 2] — dero unfreuuidi | tristitiae (ünfrouui) 42, 2. —
Gff. 3, 804: auch freuuidi fehlt; aber unfrguuida.
Unuuizzili ignorantiae ] unuuizzenheite 24, 7; — unuiti-
zeli] uuizzelösi 37, 6. — Gff. 1, 1103; auch die Substantiva
giuuizzeli, ungiuuizile nur aus W. — Unuuizzenheit Gff. 1, 1096
bei Notker und in der SGaller Rhetorik. -- Uuizzelösi Gff. 2,
269 nur hier. — S. ungeuuizzel und geuuizel, — vgl. unge-
uuizela in II.
Unz an] usque ad (unzint an) 101, 24. — Unzint fehlt
Gff. 1, 363, aber es kommt auch im SG. vor 71, 19; mhd.
unzent im Bihtebuoch.
Unzuhtlichun ] indisciplinati (unzuhtige) 24, 18. - Gff'.
5, 617: aber zulitlih.
U-uir urdanchon excogitamus 11, 5. W. weicht hier ganz
ab. — Gff. 5, 172.
Urdriez scandalum ] spirneda 49, 20; — urdriez ] unreht
102, 6; — duz urdriez ] iniuriam Bb. SG. Ab. 12. — Gff. 5,
249: als Fern, der 7-Classe ist urdriez angeführt aus den AVesso-
brunner Predigten, den Emmeramer Glossen Em. 4, den Te-
gernseer Glossen Cau. 9, 10, 12.
Den urlosari] redemptionem (urlosa) 34, 8; — urlosare]
lösäre 143, 2. — Gff. 2, 278: aber irlösäri bei Notker und
in den Keronischen Glossen; mhd. urlosare. Urlosa Gff'.
2, 277 nur hier. — Lösdri redemptor Gff. 2, 278 nur bei
Notker.
Urreccha ] editio (dntfrista) 103, 18. — Gff. 2, 369: auch
reccha fehlt.
Urteilari iudices ] irteilära 121, 5. — Gff. 5, 416; das
mhd. WB. führt urteilaer aus den Windberger Psalmen an.
Föne uferrunsta ] fone üfkange 49, 1; — uone dero
ufirrunste ] fone ortu 112, 3. — Gff. 2, 520: aber ufruns
ufrunst, urruns urrunst.
Dia biuanchlichen ] capaces (sinliufte) 106, 38. —
Gff. 3, 407: aber unpiuangenWihiu incomprehensibilia in
698
Heinzei.
den Reichenauer Glossen Rb. — Sinhaft Gff. 6, 230 nur
hier.
Faterslecke ] parricidium (magslaht). — Gff. 6, 776; aber
faterslaho patricidium in den Reichenauer Glossen Ra., wenn
nicht Fehler für faterslaht; s. zu manslecke. — Magslaht Gff.
6, 777 nur hier.
Fezendo eructuantia | muzonde 143, 13. Gff. Index und
3, 732 fehlt fezen. Schmeller, Bayer. WB. I 2 , 780 fetzen be
sessen, pissen.
Phienget mih ] accepistis me 117, 25. — Gff. 3, 386:
fähan in dieser Bedeutung fehlt; s. aber MSDm 2 . 576. 586.
In dero philli | in plagis (in dien dnaslegin) 104, 5. —
Gff. 3, 471; aber philla. — Anaslac Gff. 6, 773 nur hier.
Die finstra tenebrae ] Cedar 119, 5; — f instere \ finst.e-
rina 138, 11; — die finstera (tenebras) 113, 1. — Gff. 3,
546; aber finstri.
Folmendic repletum gaudio ] fol mendi 125, 2. — Gff.
2, 811; aber mandag. — Mendi mendin und Composita Gff. 2,
810 bei Notker, in den Hymnen, der Benedictinerregel, den
Juniusschen Glossen Ja. Je.
In dero folnussidi ] in plenitudine (in uolli) 29, 9; —
folnussidi ] plenitudo 118, 15. — Gff. 3, 485, der ja- und
«-Stamm fehlen. — Folli Füllt Gff. 3, 484 bei Notker, in der
Benedictinerregel, in den Keronischen und den Pariser Glossen
Pa., — dann bei Otfried.
Föne uuannen unde ] uucinnan 118, 132. — Gff. 3, 525.
4, 1205, aber fona danän und dannän von Gff. 3, 525; mhd.
von wannen.
Foregescrift ] titulus (förezeicliin) 20, 1;—forege scrif t]
titulus 15, 1. — Gff. 6, 570; aber forescrift bei Notker.
Fridelicho ] pacifice 117, 25. — Gff. 3, 792: auch fridelih
fehlt; aber fridelichen in der Wiener Genesis. Mhd. frideliche.
Fridenne pacare ] gefridonne 104, 27. Gff. 3, 792:
got. gafrithon, altn. frida, ags. fridjan, mhd. friden.— Gefridon
nur hier.
Irf riesen frigore perire j irfrösten 147, 18. — Gff. 3,
829: aber das Part, irfroren bei Notker; mhd. erfriesen; so in
den bairischen Predigten Mone, Anzeiger 8, 528. — Irfrösten
nur hier.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
699
Folmendic unde frouuic repletum gaudio ] fol mendi unde
freuui 125, 2. — Gff. 3, 797. — S. folmendic.
Fullic ] fulica 103, 18. — Fullic fehlt Gff. Index 62\
An denio furegesezida ] an demo proposito (beneimido)
24, 12. — Gff. 6, 307: sowohl furegesezid als furegesezidi fehlen;
aber foracasezzida.
Furefartare ] praecursor 118, 161. — Gff. 3, 585: fure-
fartare und fartari fehlen.
Uuare nisi ] ane 8, 4; — uuara] dne 40, 5. 43, 20. 44, 3.
46, 10. 118, 116. — Gff. 1, 1054 fehlt uuare für ni uuäri.
Scherer weist es Dm 2 . 602 aus md. Quellen — Bamberger
Glauben und Beichte und Summa theologiae — nach, es er
scheint im 12. Jh. auch in bairischen Quellen Mhd. WB. 3, 767 a .
— Ane nisi ist Gff. 1, 283 nur in Notkerschen 'und anderen
SGaller Schriften und bei Williram nachgewiesen; das Citat
Ct. 85, das den Weissenburger oder Wessobrunnei; Katechismus
MS.Dm 2 . LXXIX B bezeichnen kann, ist falsch. Es ist aber
doch einmal in unserer Hs. beibehalten 42, 2 und erscheint im
Spec. eccles. — Vgl. uuane in II.
Uuarhaftic ] uerax 115, 12. — Gff. 1, 923; mhd. wdr-
liaftec.
Dev feruuartenlicha j corruptibile (iruuartlich) 101, 26.
Gff. 1, 959. - Irruuartltch Gff. 1, 959 nur bei Notker.
S. unferuuartenlichi.
Diu feruuartnussidi ] corruptibile (diz uuartaseliga)
37, 5. — Gff. 1, 959, der ja- und «-Stamm fehlen. ■— Uuar-
taselig, unuuartesalig, unuuartasaligi 1, 960 nur bei Notker. -
S. feruuortnussi.
Mit ufen intuegenemo muote ] in extremo mentis (in
hinainbrutteni mubtis) 41, 10. — Gff. 1, 658; mhd. entwegen. —
Hinainbrutteni Gff. 3, 287 nur hier.
Piuuenita ablactatus ] intuumita 130, 2. — Gff. 1, 869.
— lntuuenen ausser hier in den SGaller Glossen Sg. 292 und
den aus SPeter stammenden Carlsruher Glossen VS.
Feruuertidi ] corruptio 31, 7; — diu feruuartidi]
corruptio (iruuartnissa) 37, 4. 50, 16; — feruuertidi ] cor
ruptio (iruuartungo) 50, 16. — Gff. 1, 959: der ja- und «-Stamm
fehlen. — Iruuartnissa nur bei Notker, iruuartunga nur hier.
Ih uuidergebo] retribuam (irricche) 102, 6. — Gff. 4, 120.
I
700
Heinzei.
Uuide rspra charen ] contradicentibus 118, 172. — Gff.
6, 389.
Uuidirpildunga ] reformationem 118, 73. — Gff. 3, 101:
aber bildunga, muotpildunga bei Notker.
Dero uuinstiri ] sinistrae (dero üuinstrwi) 19, 7. —■ Gff.
1, 893; mhd. das Femininum winster.
Uuinsterent sinistrorsum ] ze uuinsterün 143, 8. —
Gff. 1, 893.
Fore sinera uuirmine j a calore eius 147, 18. — Gff. 1,
977 uuirmina, uuirmim als Appellativa fehlen; aber uuirma
cauma, in den Emmeramer Glossen Em. 31. Dann mhd. wirme\
so in den* bairischen Predigten Mone Anzeiger 8, 528. Vgl.
die Flussnamen Uuirme, Uuirmina Förstemann 2 2 , 1627, neben
Uuaraniivpah p. 1552.
Ein uuisman sapiens ] ein uutse man 41, 8. — Gff. 2, 739.
Dise uuissagon ] prophetiae 101, 19. —• Gff. 1, 1124:
nur uinzzaga prophetissa.
Geuuizel ] conscices (keuuizzin) 37, 4. — Gff. 1, 1103. —
S. ungeuuizzel und ungeuuizzili. — Vgl. geuuizzeli in II.
Uuizentlih ] poenale 114, 6; — uuizenliclien ] poenalis
118, 120. — Gff. 1, 1122; mhd. wizzentlich.
Feruuizidi curiositas ] furuuizze 39, 5. — Gff. 1. 1102:
der ja- und d-Stamm fehlt; aber fovauuizida, foragauuizida
Gff. 1, 1103.
Geuuoneliche ex more 17, 26. W. weicht hier ganz
ab. — Gff. 1, 870: aber ungauuonaMhho in den Rhabanischen
Glossen; geuuoneWi in Exodus und dem Wiener Physiologus
Diut. 3, 22.
Diu feruuortnussi ] coi'ruptio (uuartsali) 19, 7. — Gff.
1, 959: aber iruuartnessi bei Otfried, iruuartnissa und das Neu
trum uuartnissi bei Notker. — Uuartsali Gff. 1, 960 nur hier;
uuartsala bei Notker. — S. nnferuuartnussi, — vgl. uberuuortile
Bamberger Glauben und Beichte MSDm 2 . XCI, 175.
Daz geuulche, ] nubes (uuolchin) 103, 3. — Gff. 1, 797;
mhd. gewülke.
Daz Jceuulchene ] nubes (daz nuolchan) 103, 3. — Gff. 1,
797; mhd. gewulhenc in Wackernagel’s Predigten.
Uunnun iocunditatis ] u.uünno 136, 6. — Gff. 1, 882: der
dn-Stamm fehlt.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notlcer-Handsclirift.
701
Uiiunnelustlichun J uoluptuose (uünnesdmo) 8, 9. — Gff.
2, 290: aber uunnilust Gff. 2, 289, — lustlih lustlihlio Gff.
2, 286.
Dere uunsgunge ] adoptionis 118, 38. — Gff. 1, 905.
Uurmelin uermiculus ] uuurmeli 24, 2. — Gff. 1, 1044;
mhd. ivürmelin. — Uuurmeli nur hier.
Dinen zorn, claz iram tuam quaejdwi zorn, daz 37, 4; —
ane bitterun zorn ] sine amaro zelo (eifirin anden) 104, 3; —
der zorn ] daz zorn 30, 10; — der zorn \ zelus (diü dnda)
30, 11; — den zorn ] daz zorn 137, 7; — dinen zorn ] dm
zorn Ab. 9; — den zorn ] iram (sin zorn) 111, 5. — Gff. 5,
692: das Masculinum zorn fehlt; mlid. Masc., so in der Mill-
stäter Hs.
Diu zurdruzze ] fastidium (mazleidi) 106, 18. — Gff 5,
250: der yd- und d-Stamm fehlen; aber urdruzi Gff. 5, 249. —
Mazleidi mazleid Gff. 2, 172 nur bei Notker.
Dinero zurni indignationis tuae ] dinero zürnedo 101, 11.
— Gff. 5, 694.
Uuirt kezurreuuaret] scandalizatur (uuirt Icerotigot,) 101,4.
— Gff. 1, 919. — Eotigon oder gerbtigon Gff. 2, 485 nur hier.
Zuifaltigemo ] duplici (zeuuiualtin) 108, 29. — Gff. 5, 720.
Zweites Verzeichniss.,
Die hier gesammelten Wörter stehen allerdings bei Graff,
aber sie dienen entweder um unsere Kenntniss von dem bai
rischen Wortschatz zu vervollständigen, wenn Graff sie aus
keiner sicher bairischen Quelle angeführt hat, oder sie zeigen,
dass W. zu Gunsten eines Wortes von SG. ab wich, welches
sonst ausschliesslich oder vorzugsweise in bairischen Denk
mälern erscheint.
Ob Graff das Wort aus W. anführt, ist in der Regel
nicht ersichtlich gemacht.
Uuirt aha gescaben ] eradicabitur (uuirt uz iruuurzillot)
103, 17. — Gff. 1, 73: aha nur bei Notker, Isidor, Williram, —
dann in der Wiener Genesis und dem Wiener Physiologus Diut.
3, 22 nachgewiesen. Die Millstäter Hs. vertauscht das ahn
der Wiener oft mit uon. Auch Spec. eccl. braucht abe.
702
Heinzei.
TJuirt aba gescaben ] eradicabitur ('uuirt uz iruuurzilloi)
103 ; 17. — Gr ff. 6, 406: aba scaben in den Monseer, den Salz
burger Glossen Sb., den Tegernseer Glossen Bib. 1. 2, den
Prüveninger Glossen Bib. 5 und den Emmeramer Glossen
Bib. 7.
Diu a&(/ot jidola (äbkota) 4, 3; — abgote unde tiufele\
demonia (türm) 17, 32; — diu abgot ] idolorum culturam 138, 3;
— diu abgot ] simulacra 149, 7. — Gff 4, 149: abgot als Masc.
nur bei Notker und vielleicht in den Reichenauer Glossen Rb.
(abcuti Nom. Acc. Plur.) nachgewiesen.
Abgotuobunga ] idolatria Bb. SG. Deu. 5; — Gff. 1, 72:
abgotuobungo nur hier.
Abcrunti, ] abyssi (uuazzermichelina) 103, 7. — Gff. 2, 628:
uuazzermicheli nur hier.
Aecclesiae ] aecclesiae (prütsaminungo) 30, 4; —- mina
ecclesiam ] aecclesiam meam (mina prut-saminunga) 3, 7. —
Gff. 6, 42: prütsaminunga nur bei Notker.
Daz ahtisal ] persecutionem (dhta) 30, 4; —ahtisal \ per-
secutio (dhtungo) 43, 23; — in demo ahtisali ] in persecutione
(in dhtungo) 4, 1; — ahtisal ] persecutionem (ahtunga) 34, 23;
— ahtesal persecutiones (ahtunga) 103, 26; — alüesale | per-
secutionibus (ähtungon) 107, 9; — ahtisal ] persecutio Bb. SG.
Ab. 10; — ahtisalis ] persecutionis 117, 12. — Gff. 1, 109:
ahtisal nur in W. Dann im Spec. eccl. — Ähta nur bei Notker.
Ahtunga ] högezunga 118, 23. 99. 174. — Gff. 4, 796:
hogezunga nur bei Notker.
Allisuua ] dndersuiiär 118, 109. — Kurz vorher aber 118,
102 anderis uua | andersuudr. — Gff. 1, 224: allisuua bei Otfried;
aber auch Meregarto 53. 103, — in der Wiener Genesis, in
Wernher’s Marienleben; s. Pfeiffer Germ. 2, 486 und die mhd.
WBb. — Gff. 4, 1199: andersuudr nur bei Notker.
Fore altero \fore alti 102, 5. — Gff. 1, 197: alti bei
Notker, in den Keronischen, den Pariser (Pa.) und Reichenauer
Glossen (Ra.), — dann bei Otfried.
Alurnbe ] in circuitu (umbe-türnuii) 30, 14. — Gff. 1, 215:
alumbe nur bei Notker. — Gff. 5, 459: umbe-turnun nur hier.
Anadahtie ] anadähte 118, 145. — Gff. 5, 163: anadähtic,
anadahtigo, anadahtigor in den Tegernseer Glossen Mart. VA.
Ec. und in den Wiener Glossen Ep. can. 2. — Anadähte nur hier.
Wortschatz und Spraclrformen der Wiener Notker-Handschrift. 703
Daz anagengi]m\tmm (änafang) 44, 2; — anagmge]
anagenne 50, 10. 101, 29; — anagmge ] initium (anafanc) 103,
35; — anagenge ] anagenne 118, 52. — Gff. 4, 101: anagengi
in W., in der Millstäter Hs., bei Otfried und Williram. —
Gff. 4, 216: anagenne bei Notker und in den Augsburger
Glossen A. — Gff. 3, 414: anafanc nur bei Notker.
Mit dera anascouunge | contemplatione Bb. SG. Ab. 19.
— Gff. 6, 556: anascouunga auch bei Notker.
An der stunt] änderest 118, 67. — Gff. 1, 377: änderest
nur bei Notker.
Mit anidahti] mit indähtigi 150, 5. — Gff. 5, 163: indäh-
tigi nur hier.
Antlaz ] remissio (ablaz) 29, 13; — antlaz | abläz 118,
149. S.Ä. 12. — Gff. 2, 315: abläz bei Notker, in SGaller
Glauben und Beichte I., — dann bei Otfried und im Weissen-
burger Katechismus.
Antclirist] antichristum Bb. SG. Ab. 13. — Gff. 4, 618:
antchrist in den Emmeramer Glossen Em. 33, dann in der Wiener
Genesis, in der Millstäter Hs.; — ausserdem bei Otfried.
Antlaze | ignosce 131, 1. — Gff. 2, 314: antläzön in
Wessobrunner Glauben und Beichte I.; auch im Spec. eccles.
Antluzze (Dat. Sing.) J analiute 15, 11. 16, 2; — dnalutte
Bb. 139, 14; — antluzes ] analiütes 4, 7. 30, 21; — antluzze]
ougsiune 20, 13. — Gff. 2, 201: dnalutte analiute nur bei Notker.
— Gff. 6, 128 ougsiune nur noch bei Tatian.
Föne dero antfristunga] interpretatione (sceide) 104, 18;
— antfristunga dero troume ] interpretationem somniorum (troüm-
sceit.h) 104, 22. — Gff. 6, 437: sceid. nur bei Notker. — Gff.
6, 438 troumsceith nur bei Notker.
Ir gearbeiten ] qui laboratis (die ir indrheiten birint)
13, 4. — Gff. 1, 411: gearbeitet Part. Perf. in der Bedeutung
fatigatus in den Emmeramer Glossen Prud. 1 und im Tatian.
Arme (Nom. Sing. Masc.) ] arrning 33, 7. — Gff. 1, 422:
arming nur hier.
Unsero armheite ] ünserro ünehte 43, 24. ■— Gff. 1, 422:
armheit nur bei Notker. — Gff. 1, 117: uneht auch in den
Juniussehen Glossen Jb., und in den Reichenauer Glossen Rh. Rd.
Irb armherzida ] erbarmherzi 143, 2. — Gff. 4, 1046:
irbarmherzida nur bei Notker. — Erbarmherzi nur hier.
Sitzungsber. d. pkil.-liist. Ci. LXXX. Bd. IV. Hft. 46
704
H e i n z e 1.
Irbarmida (Nom. Sing'.) ] irbdrmeherzeda 129, 7. •— Gff.
4, 104G: irbarmeherzeda nur liier. — S. irbarmherzida.
Aruuingen ] ardingun 2, 1; — aruuingin ] fortuito. Daz
cMt.-ardmgun 9, 2. — Gff. 1, 472 ardingun bei Notker, in den
Keronisclien und Pariser Glossen Pa.
Ave ] aber 1, 4; ■—• aua ] aber 3, 4; — aver ] aber 18, 13.
— Gff. 1, 177: ohne r in den Wessobrunner Predigten und
bei Williram.
Din averborna ] regeneratio 118, 76; — dera avirborni~\
regenerationis 135, 14. — Gff. 3, 142: averborm in den Mainzer
Glossen.
Babilonie ] Babyloniae (scdntpurge) 44, 11. — Gff. 3, 182:
scantpurg nur bei Notker.
Pal di ] audaciam (nendigi) 34, 26. — Gff. 2, 1093: nen-
digi nur hier.
Geberhte 19, 2. — Gff. 3, 211 geberliten nur bei Tatian.
Gebeta ] pdteta 118, 45. — Gff. 3, 60 gebeten auch in der
Exodus und bei Notker.
Irbiboten ] irbibenoton Bb. SG. Ab. 16. — Gff. 3, 21
irbibön nur hier, irbiben nur bei Notker; •—• irbibenon bei Notker
und Williram. Aber auch im jüngsten Gericht' Diem. 283, 9
bibent tremit.
Pigiht ] Confessio (iiht) 43, 9; — dero begiliide ] dero pro-
fessionis 30, 10; — dina bigilita testimonia tua J dine geübte
118, 167. — S. firgiht in I. — Gff. 1, 586: iiht nur hier.
Birig \ gebirigot 32, 6. — Gff. 3, 157: birigbn nur hier.
Bitter in | crudelia (crimheit) 9, 30. — Gff 4, 325: crim-
heit nur hier.
Bitteruntun ] amaricantibus (einer tuonten) 105 vor 1. —
Gff. 5, 294: einer tuon nur hier.
Diu pluoma ] der biuönio 102, 15. — Gff. 3, 241: pluonia
in den Emmeramer Glossen Em. 19, auch in der Wiener Ge
nesis und im Spec. eccles., — bei Isidor und Otfried.
Gebote | indietione (keuualtpdte) 49, 8; — gebot | mandata
(flihte) 102, 18; — gebot ] martyria 118, 88. — Gff. 3, 77
heuualtpot nur bei Notker. — Gff. 3, 358: flilit nur bei
Notker.
Poteliclii zala 108, 8. — Gff. 3, 81: potelich in der
Benedictinerregel.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
70:1
Zebrochen ] fracti (uuidirsldgen) 103, 18. — Gff. 6, 771
uutdirslahen bei Notker, in den Glossae Herradinae und in den
Glossen zu Priscian und Donat (Pr. v.), welche uns nur in
einer Abschrift des 16. Jhs. bewahrt sind.
G ebrouchot ] gebröchot, 109, 5. — Gff. 3, 282: gebrouchon,
gebrouchen bei Williram. ■— Brouchen in der Wiener Genesis;
dann auch in der Millstäter Genesis, bei Heinrich von Melk,
im Spec. eccles.; s. die mhd. WBb. — Vgl. unbroulilih, unge-
brouchentlichiu in I.
Brüchen ] Icebrüchen Bb. SG. 136, 6. ■—• Gff. 3, 280:
kebrüchen bei Notker, in der Benedictinerregel, in den Hymnen,
in den SGaller Glossen Sg. 70, und bei Williram.
Die puhili ] purliche Bb. SG. Ab. 6. — Gff. 3, 167:
purltch nur bei Notker.
Buoz ] laba 37, 7. — Graff 3, 228 belegt buoz nur aus
dem Boethius und dem Ludwigs-Liede; aber buoza Gff. 3, 227
ist auch in bairischen Quellen häufig.
Geburta 106, 2; — vone allen geburtin \ föne allen ge-
biürdon 106, 2. — Gff. 3, 20 gebiurda nur bei Notker.
Dadir J dar 43, 9. — Graff weist 5, 58 dddir nur bei
Tatian und Williram nach.
Da mite ] mite 108, 29. — Graff weist 2, 665 da mite
nur in Notkerschen Schriften, bei Otfried und Williram nach.
Ferdamnot ] ferbrdset 36, 33. — Gff. 3, 314: ferbrasen
nur hier.
Gedanchon ] irdenchedon 105, 29. 39. — Gff. 5, 159:
irdencheda nur bei Notker.
Dansoton \ argchosoton 108, 4. W. weicht ganz ab. ■— Gff.
4, 504: argchdson nur bei Notker. — Zu dansoton s. MSDm 2 . 563.
Diu diemuot ] humilitas (dimnuoti) 41, 7; — die diemuot]
humilitatem (die-mudti) 7, 7. — Gff. 2, 697: diemuot in den
Wessobrunner Predigten und in Otloh’s Gebet, — diurnuoti bei
Notker und in der Benedictinerregel.
Diemuoti ] humilis 18, 15; — diemuoten ] humilem (mez-
müotin) 29, 9; — diemuoti | liumiles (nidermuotige) 48, 3; —
diemuote ] tiemubtig Bb. SG. Ann. 3. — Gff. 2, 896: diemuoti ist
nur in alemannischen und fränkischen Quellen nachgewieseu. —■
Gff. 2, 694: mezmuoti nur hier. — Gff. 2, 694 nidermuotig nur
hier. — Gff. 2, 697 tiemuotig bei Notker und Williram.
46*
706
Heinzei.
Diemuotliclio J diemuotigo 44, 11. — Gff. 2, 697: die-
muotMcho und das Adj. nur aus der Benedictinerregel belegt,
— das Adj. erscheint auch im Spec. eccles.; — diemuotltchen in
den bairischen Predigten Mone, Anz. 8, 423; — diemuotäg,
diemuotigo bei Notker und Williram.
Uber ein diet] über enen diet 46, 9; — diu judisge diet]
synagoga Bb. 2. SG. Ann. 5. Ab. 17; — die diete ] gentes
Deu. 21. — Gff. 5, 126: diet st. Neut. nur bei Otfried nach
gewiesen; vgl. Weinhold, Alem. Gramm. §. 276. — Gff. 5, 127:
diet Fern, in den Windberger Psalmen und in der Millstäter Hs.
Bidihen ] helfen 118, 143. — Gff. 5, 109: bidihen nur
aus Notker und Otfried belegt.
Der ge di ii ge] diu gedingi 118, 50; — in demo gedingen]
in dero gedinge 15, 9; — an demo gidingen ] in gedingi 130, 3;
— minen gedingen ] mina gedingi 17, 34; — gedingen | gedingi
118, 43. 49; — gedingun] spem (dingt) 103, 33; — der gedingo]
spes (zuofersiht) 107, 9; — disen gedingen ] disa gedingun O.
d. 12. — Gff. 5, 194: gedingo spes in Otloh’s Gebet, dem Wesso-
brunner Katechismus, — und bei Williram. — Gff. 5, 192:
dingt nur hier.
Allero Hute dincstat ] aller der eidstab 111, 5. — Gff. 6,
649: dincstat, in den Monseer, in den Emmeramer Glossen Can. 7,
in den Salzburger Glossen Sb., in den Tegernseer Glossen Can.
10. 11. VA. VG. — Gff. 6, 612: eidstab nur hier.
Dolentlih J passibilis (martyrlich) 15, 9. — Gff. 5, 134:
dolentlih und ungadolentlih nur aus den Keronischen, den Pa
riser und Reichenauer Glossen Pa. Ra. belegt.
Au dere trinussida] in trinitate F. A. 1 dreimal. — Gff.
5, 242: trinussida ausser in W. auch in den Windberger Psalmen.
Fidroz | irdroz 118, 53. — Gff. 5, 247: irdriezen bei
Notker, in den Juniusschen Glossen Jb., den Reichenauer
Glossen Rd., — dann bei Otfried.
Bidruchiden \ angustiis Bb. SG. Ann. 1. — Gff’. 5, 254:
bidruchida nur bei Notker nachgewiesen.
Duhta \ gedukta 33, 1. — Gff. 5, 173: dunlcen ist nur
aus Notker und andern SGaller Schriften, aus den Keronischen,
den Juniusschen Glossen Jb., den Reichenauer Glossen Rd.,
den Zürcher und Einsiedler Glossen Z. E. 2, — dann aus
Otfried, Tatian und Williram belegt.
■Bf#)
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift. 707
. Gedultig | patientes 30, 25. — Gff. 5, 137: gedult.ig mit
dem Adv. und den Compositis nur bei Notker, in den Kero-
nischen, den Pariser Glossen Pa.
Gidulticlicho ] gedvltigo Ez. 15. — Gff. 5, 137: gidid-
ticliclio in den Wessobrunner Predigten; —gedidtigo nur bei Notker.
Durhfert ] pertransibit (.durhkat) 104, 18. — Gff. 4, 94:
durhhän bei Notker, in den Keronisclien Glossen, — dann bei
Otfried.
Durhfertlich er a ] penetrabilius 149, 6. — Gff. 3, 586:
durhferüich nur aus den Juniusschen Glossen Ja. belegt.
Diu durnohtige ] perfectio Bb. SG. Ann. 5; — allero
durnohtige ] Allero perfectioni 118, 96; — ze dwrnohtigi ] ze per-
fectione (durnolite) 22, 5. — Gff. 2, 1024: durnohtigi nur aus
W. Ann. 5 belegt.
Diu durnohtigi minna ] perfecta caritas (durnohta minnd)
5, 8; — durnohtigen ] dürnohten 8, 4. — Gff. 2, 1023: durnolitig
ausser W. in den Münchner Glossen Hs. (12. Jh.), in Wesso
brunner Glauben und Beichte I., — dann bei Williram.
Beduingen j frenare (gebrittolon) 40, 4. — Gff. 3, 299
gebrittoldn nur hier.
Ebenmazig ] ebenmäze F. A. 22. — Gff. 2, 904: eben-
mäzig nur liier. — Gff. 2, 903: ebenmäze und unebenmäze nur
bei Notker.
Egi ] terrores (prutina) 34, 16. — Gff. 3, 288: pruti nur
bei Notker.
Dero ehaldige | religionis (ehalti) 106, 40. — Gff. 4, 908:
ehaldigi in Wessobrunner Glauben und Beichte I.
Die einote ] daz einote 135, 16. — Gff. 1, 334: einott in
den Windberger Psalmen, dem Wiener Physiologus Diut. 3, 22;
es erscheint auch im Spec. eccles. und der Millstäter Hs.
Eleitari ] legislatorem (eo bringen) 9, 22. — Gff. 2, 188:
eleitäri nur hier; Graff vermuthet eteilari (5, 409 nur bei Notker).
— Gff. 3, 201: eobringo nur hier.
Unsera silente (Acc.) ] unsera geellendoti 125, 4. — Gff. 2,
236: ellente Fern, nur bei Notker nachgewiesen. — Gff. 2, 238
geellendoti nur hier.
Engelin ] angelis (chiindären) 32, 14. 33, 8. 34, 10. —
Gff. 4, 427: chundäre bei Notker, in den Keronischen, den
Berner Glossen B. und den Pariser Glossen Pa.
708
H einzel.
Ennan 17, 17. — Gff’. 1, 600: enndn bei Notker; — auch
in der Wiener Genesis, in der Millstäter Hs., im Leben Jesu
(Diemer 234, 2), in den Windberger Psalmen.
Der ente ] finis (undir-march) 8, 1; — der eilte ] finis 19, 1.
38, 1; — den ente ] finem 118, 88; — in daz ente J in finem
(in ende) 38, 1; — daz enti ] finis (ente) 44, 2; — der ente ]
19, 1; — der ente ] finis (ente) 30, 3. 103, 23; — den ente ] daz
ende 126, 3; — minen ente ] min ende 129, 5; — unze an
den ente Ps. g. 6. — Gff. 1, 355: ente Masc. in den Wesso-
brunner Predigten, in der Wiener und Vorauer Genesis, auch
in der Millstäter Hs. und bei Heinrich von Melk; s. Wein
hold, Bair. Gramm. §. 239. — Gff. 2, 849: undirmarh
nur hier.
Geerben] coheredes (canherben) 36, 22. -— Gff. 1, 406:
geerbo nur aus Notker belegt; — canlierbo hier und in einem
Capit. franc.
Ertburtic ] terrigena (erdpüuuo) 48, 3. — Gff. 3, 162:
erthurtic nur bei Notker belegt. — Gff. 3, 18: erdpuuuo nur
bei Notker.
Ertrinc ] orbem terrae (ring der erdo) 42, 3. — Gff. 4,
1167: ertrinc bei Notker und Otfried.
Daz ertuuochir ] den erdeuuuocher Deu. 13. — Gff.
1, 681: ertuuochir Neut. nur hier; dann in der Millstäter Hs.
Etteuuaz ] aliquid (uuaz) 106, 40; — eteuuaz ] ieht
103, 21. — Gff. 4, 1189: uuaz (aliquid) bei Notker, in
der Benedictinerregel, — dann bei Otfried und Tatian.
Des euuigen ] des ünuuehsalUchen 23, 4; — dero euuigen]
aeternitatis (euuicheite) 30, 14. — Gff. 1, 716: unuuehsallicli
nur hier, — aber uuehsallich auch in W. — Gff. 1, 509:
euuicheit in W. und bei Notker.
lngagena ] gdgene 119, 4; — ingagene j gagen 123, 3. —
Gff. 4, 138: gagene bei Notker und in den Hymnen.
Diser gagenuurtigir ] diser gdgenuuerto) 31, 8. 36, 37;
— kggenuuurtig ] presens F. A. 7. — Gff. 1, 1010: gagenuurtig
nur in W. Auch Spec. eccles. und Heinrich von Melk haben
die «-Form. — 41, 8 aber in W. dero gagenuuertigen uuerlte,
wie SG. dero gagenuuertun uuerlte.
Gangenten ] kdngheile 144, 12. — Gff. 4, 864: kangheil
nur hier.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift. 7 09
Garti ] uirga (Jcerta) 44, 8 zweimal. — Gff. 4, 256 giarti
in den S. Emmeram er Glossen Prud. 1.
Zegentliehen ] temporalia (zitlichiu) 105, 7; — zegent-
lichen 108, 6. — Gff. 4, 105: zegentlih in den Monseer und den
Tegernseer Glossen Gc. 1. Gc. 6, •— dann im Spec. eccles
Aber unzaganglih auch bei Notker.
Die irdiscon giridi] terrenas concupiscentias (uuerltluste)
2, 9. — Gff. 4, 228: giridi mit seinen Compositis in Wesso-
brunner Glauben und Beichte I. und den Emmeramer Glossen
Prud. 1. — Gff. 2, 289: uuerltlust hier und bei Otfried.
Diu girsunga dero uuerlte] ambitio saeculi (uuerlt-kirida)
7, 10. — Gff. 4, 229: girsunga nur hier.
Aha dero irdisgon giticheite] aha terrena cupiditate (erd-
luste) 103, 25. — Gff. 4, 145: giticheiti in den Freisinger Glossen
Gc. 3. — Gff. 2, 289: erdlust nur hier.
Durh sin gougil j signis et prodigiis 130, 1. — Gff. 4,
134: gougil bei Notker, in den Herradischen und Trierer Glossen,
bairisch nur in der Exodus uachgewdesen.
Gougilliclie liste | magicae artes (zoubirliste) 9, 29. —
Gff. 4, 134 r gougillich in den Emmeramer Glossen Prud. 1. —
Gff. 2, 284: zoubirlist nur hier.
Des coumonton J des coümenten (id est uuirttontin) 41, 5.
— Gff. 1, 932: uuirttön nur bei Notker.
Grüntest} stöllotost 101, 26. — Gff. 4, 332: gründen nur
bei Notker nachgewiesen. — Gff. 6, 677: stollon nur hier.
Pegunda\pedige~&z.l'2.—Gff. 5,109: pedihennm bei Notker.
Guotlichi ] glorificationem (guolligclieite) 107, 12. — Gff.
4, 173: guolligcheit nur hier.
Hala 17, 12. — Gff. 4, 844: hala in den Florianer und
Salzburger Glossen Gc. 8. 9, aber nur in der Bedeutung tegmen.
Halt 118, 120; — halt) potius 118, 120.— Gff. 4, 909:
halt in den Fragm. theot., bei Otfried, Tatian und im Iiilde-
brand-Lied; dann in den Windberger Psalmen, im Spec. eccles.,
in der Millstädter Hs.
Harphun ] ziterun 32, 2. 42, 4. — Gff. 4, 368: zitera
bei Notker und in den Ebnerschen Glossen Eb.
Zuo haften ] adherere 118, 25; — zuo haftent ] haftent
127, 3. — Gff. 4, 747: zuo haften nur bei Notker und in den
Juniusscben Glossen Je. nächgewiesen.
710
Heinzei.
Ze den heidenen ] ad paganismum (ze heidesaun) 43, 12.
— Gff. 4, 812: heidesca nur hier.
Heila 11, 6. — Gff. 4, 864: heilci in den Wessobrunner
Predigten.
Heiligmeinden ] sacramentis (uuiedon) 30, 12. — Gff. 2,
793: heiligmeinda nur bei Notker nachgewiesen.
Din heizmuot \ dm heizmüoti Is. 1; — in heizmuoti] in
heizmuote Ab. 12. — Gff. 2, 696: heizmuot (heizmuotes) in der
Wiener Genesis, in der Millstädter Hs., in den Windberger
Psalmen.
Heleuuen paleae J heleuua 34, 18. — Gff. 4, 845: der
aw-Stamm in den Tegernseer Glossen VG. und in den Trierer
Glossen.
Uerhengede 108, 18; — uirhengida ] consensum 118, 3.
— Gff. 4, 772: uerhengeda in den sangallischen Cassianus-
Glossen SG. 183 und in den Wiener Glossen in Can. 13, einer
dem 11. Jh. angehörigen Abschrift eines älteren Commentars,
welche bairische und alemannische Formen zeigt.
Ferh engen ] consentire (<cjefolgen) 108, 31; — verhengent}
consentientes sint 118, 3. — Gff. 4, 769: ferhengen bei Notker
und in den Wiener Glossen Can. 13; — s. zu verhengedae.
Here 17, 16. — Gff. 4, 988: here (für her) nur aus Otfried
und den Einsiedler Glossen SC. nachgewiesen.
Uerherunga ] captiuitate 110, 9. — Gff. 4, 987: ver-
herunga in den Prüveninger Glossen Bib. 5.
Herzogo ] dux (’leito) 103, 18. — Gff. 2, 188: leito nur
bei Notker.
Heustafal ] mdtoscrecches 108, 23. W. weicht ganz ab.
— Gff. 6, 575: matoscreccho nur bei Notker.
Hilfa ] refugium (zuofluht) 45, 3. — Gff. 4, 922: liilfa
in den Tegernseer Glossen Gc. 1. 2, Gh. 1, Can. 9. 10. 12,
VA., in den Florianer Glossen Gc. 8, den Salzburger Glossen
Gc. 9, den Emmeramer Glossen Ein. 6. 9. 13. 19. 33, den
Windberger Psalmen und in der Wiener Genesis. — Gff. 3,
767: zuofluht bei Notker, in den Keronischen Glossen, aber
auch in W.
Hintere uuenden (Hs. uuerden) sih, nals fure]Hintert
uuenden nals füre 34, 4. — Gff. 4, 703: das Adverb hintere
nur bei Notker nachgewiesen.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
711
Uara hintir mih ] Redi retro (iruuint mndere) 34, 4. —
Gff. 1, 750: uuidere iruuinden nur bei Notker.
In die hohi] in holing 34, 5. 36, 20. — Gff. 4, 848:
holing nur liier.
Hohsangon ] hugesangon 107, 1. — Gff. 6, 252: hohsangon
nur bei Notker, in den Juniusschen Glossen Jb., in den Rei-
chenauer Glossen Rd. nachgewiesen. — Gff. 6, 254: hugesangon
nur liier.
Holden (Nom. Plur.) ] chumberra 121, 4. — Gff. 4, 405:
chvmherra nur bei Notker, in den Juniusschen Glossen Jb. ;
in den Reichenauer Glossen Re., im Voc. SGalli (cuniburie);
s. Henning Die sangallisclien Sprachdenkmäler p. 78. —■
S. chunnin, geslahti.
Honig \ 'honang 18, 11; — honag ] honang 118, 103. —
Gff. 4, 961: lionang bei Notker und in den Reichenauer Glossen
Rb. (honegge)', aber hüsahoning in den Emmeramer Glossen
Prud. 1.
Honcliust ] dolus (pisuuich) 5, 11; — honchust ] dolus
(achust) 102, 7; — honchust ] dolo 121, 4. — Gff. 4, 517: hon-
chust in der Wiener Interlinearversion der Hymnen Wn. 1542,
in der Wiener Genesis, in den Wiener Predigten Fundgruben
1, 70, in der Vorauer (Bücher Mosis), der Millstäter Hs., bei
Heinrich von Melk; s. mhd. WB.
Die lioubetliaften sundi ] grauia peccata (sueära sunda)
39, 13. — Gff. 4, 758: honbethaft nur in den Keronischen und
Pariser Glossen Pa. nachgewiesen.
Hugo ] iieho 42, 5. — Gff. 1, 581: iehen bairisch nur in
W. und in der Wiener Genesis. — S. gehucte.
Dine gehucte ] dine geübte 118, 95. — Ueber geiiht vgl.
firgiht in I. — S. hugo.
Gehuctilicha ] geuuahtlicha (geuualtlicha Hs.) 101, 13.
Is. 4; — kehuctlich] memoriale (kauuahtelich) 101, 14;— kehuctlih]
memoriale (namilih) 101, 19. — Gff. 4, 794: gehuctilicli bei
Otfried. — Gff. 1, 699: geuuahtlich nur bei Notker. — Gff. 2,
1082: namilih nur bei Notker.
Hungere ] hüngerge Bb. SG. Ann. 5 zweimal: — hun-
giren ] hungergen 145, 7. — Gff. 4, 963: hunger nur in W.
Husgenozzin ] prouincialibus 118, 161. — Gff. 2, 1126
nur bei Notker, in den Reichenauer Glossen Rd. Rf., den
712
H e i ii z e 1
Juniusschen Glossen Jb., den Strassburger Glossen St. und in
der Wiener Exodus nachgewiesen.
Huskevelle ] parietinae (uuantstoriden) — ruinae (fellina)
101, 8. — Gff. 3, 465: hüskevelle nur bei Notker Ps. 101, 6
nacbgewiesen. — Gff. 6, 710: uuantstorida nur hier. — Gff. 3,
465: feilt nur hier.
Ienti 108, 9; — ientie 108, 19 (W. weicht liier ganz
ab); — ientie] semper 118, 164. — Gff. 1, 514: ientie in den
Wessobrunner Predigten; s. MSDm 2 . 586.— Alemannisch erst
spät Weinhold Alem. Gramm. §. 280.
In minen innaderen ] in minen innähten 50, 12. — Gff.
1, 297: innaht, innahti nur hier.
Daz innerere gotis lius ] inferior domus dei, — ze demo
innereren gotis lius ] ad inferiorem domum dei 117, 27. — Gff.
1, 297: innerero nur in der Benedictinerregel, den Keronischen,
den Reichenauer Glossen Rb., — und in den Windberger
Psalmen nachgewiesen.
Irrari ] heretici 10, 2; — irraren] hereticos (gloübirren)
47, 13. ■— Gff. 1, 450: gloubirro nur bei Notker.
Irriheit ] hereses (Jdöuhirra) 30, 13. — Gff. 1, 450:
irriheit in den Emmeramer Glossen Prud. 1; — Idoubirra nur
hier, — klouhirre (Adj.) nur bei Notker.
Isine ] isenina 106, 15. — Gff. 1, 491: isin nur bei Otfried
nachgewiesen. Oder ist es hier Synkope?
Ist ] scillit 146, 1. — Gff. 6, 476: scellan bei Notker, in
den Reichenauer Glossen Rg. 2, in den Herradischen Glossen
Hd., — bei Williram, — in W. Ann. 9 skellen entsprechend der
SG. Hs.
Diu iteniuuui ] Diu innouatio [Der niüuuot) 29, 1. —
Gff. 2, 1112: niuuuöt nur hier.
Iteuuizontes ] iteuuiz tuöntes 43, 7. — Gff. 1, 1119:
iteuuiz tuon nur bei Notker.
Jouli ] ioh 26, 3. 39, 8. 118. 143; — jouh — jouh]
ioh — ioh 112, 2. 122, 7. — Graff führt iouli an bei ioh 1,
588 aus den Tegernseer Glossen Bib. 1, für ia ouh 1,
121 aus der Exhortatio, aus Otloh’s Gebet, den Florianer
Glossen Gc. 8, den Tegernseer Glossen VG., den Salz
burger Glossen Gc. 9, den Emmeramer Glossen Em. 5. Vgl-
MvSDm 2 . 502.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
713
Die Juden ] Pharisaei (sünder man) 48, 5. — Gff. 2, 746:
sunderman nur hier.
Der jungeri ] in gebürti der sidero 23, 6; — jungevo]
discipulus (scublare) 34, 4. — Gff. 6, 157: sidero nur bei Notker.
— Gff 6, 479; scuolare in den Juniusschen Glossen Jd., in den
Blasianer Glossen Schm. Gl. i. 39, bei Otfried und in den
Trierer Glossen.
Sine jungidi (Acc. Plur.) ] sine iungen 16, 9; — jungiden
(Dat. Plur.) ] den (Pis. die) iunginen 146, 9; — dei jungide]
pulli 146, 9; — jungedi (Nom. Sing-.) ii'mgi Ez. 14. — Gff. 1,
606: iungidi in den Monseer, den Tegernseer Glossen Bib. 1. 2,
Gh. 1. 2. 3, Le. 1, den Emmcramer Glossen Bib. 7, Le. 2, in
den Windberger Psalmen, in der Millstäter Hs., — dann bei
Williram; — iungi nur bei Notker.
Irchennen]irchiesen 118, 127; — zirchennene] ze irreichenne
118, 28. — Gff 4, 512: irchiesen bei Notker, in den Junius
schen Glossen Je., in den Reichenauer Glossen Ra., — dann
bei Otfried, im Tatian, im Ludwigslied. — Gff. 2, 396: irreichen
nur bei Notker.
Irchennida \ cognitio 118, 19. — Gff. 4, 433: irchennida
nur bei Notker nachgewiesen.
Becherda ] couuersionis 111, vor 1; — mit becherida]
conuersione 117, 12. — Gff. 4, 480: becherda in den Tegern
seer Glossen Gh. 3.
Gechere ] uentiletur 118, 53. —• Gff. 4, 466: gecheren in
den Tegernseer Glossen Mart., — dann bei Otfried.
Cherton ] schielten 20, 12. Gff. 6, 484: schalten bei
Notker, — Otfried, Tatian.
Cliestigi ] bina 24, 17. — Gff. 4, 532: chestigi in den
Freisinger Glossen Bib. 4; — chestiga auch bei Notker und in
anderen alemannischen und fränkischen Quellen.
Die chlingun ] die drdten dhä 17, 5; — diu, die chlingin,
clilingen ] die chlinga 125, 4, dreimal. — Gff. 4, 563: chlinga
st. schw. Fern, nur bei Notker, den Keronischen, den Reichenauer
Glossen Ra., — und bei Otfried nachgewiesen, uuazarchlinga
in den Rhabanischen, — in den Juniusschen Glossen Jb., in
den Reichenauer Glossen Re.
Gechnuphet ] chnuphet 41,5. — Gff. 4, 582; gechnuphen
in den Rhabanischen Glossen,
714
H e i n z e 1.
Uerchnusetest ] uerchnistost 101, 11. 109, 5. 136, 9. 144,
14. — Gff. 4, 573: uerchnusen in den Monseer, den Tegeru-
seer Glossen Bib. 1. 2, VA. Ec., den Salzburger Glossen Sb.,
den Emmeramer Glossen Prud. 1, den Windberger Psalmen,
den Wiener Glossen W, — dann bei Isidor und in den Fragin.
theot. — Gff. 4, 574: uerclinisten nur bei Notker.
Chnusit ] chenistet 136, 9. — Gff. 4, 573: clinusen nur in
der Benedictinerregel, den Keronischen Glossen, — dann aus
Tatian nacligewiesen. — Gff. 4, 574: chenisten nur bei Notker.
Choc he prunnen ] chehprunnen 45, 5. — Gff. 3, 311:
chehprunno in Christus und die Samariterin.
Cliomilinc \ zuochömeling 145, 9. — Gff. 4, 674: zuo-
chomeling nur liier.
Uircholen ] ferbrächet 118, 123. — Gff. 4, 651: uirchelen
nur bei Notker und in der Wiener Genesis nachgewiesen. —
Gff. 3, 281: ferbrächen in den Herradischen Glossen.
Bichorare ] temptator Bb. SG. Ab. 6. — Gff. 4, 523:
bichoräre nur hier.
Cresenten ] reptilio (criechentiu) 103, 27. — Gff. 4, 591:
Griechen bei Notker und in den Reichenauer Glossen Rb.
Dero christeni ] christianoriun (cliristanon). — Gff. 4,
618: Christen, christem als starkes Substantivum nach Ausweis
des Dat. Sing, in den Tegernseer Glossen Can. 9. 10. 12, in
den Emmeramer Glossen Em. 5.
Dera christenliclien gloube ] christianae lidei S. A. 1; —
die christinlichen ehalde ] christianam religionem (cliristis uobunga,
Hs. uolunga) 2, 3; — christinlichun ] catholicam (allicha) 103, 9.
— Gff. 4, 619: christenlih und das Adv. in Wessobrunner
Glauben uud Beichte I., in dem Wessobrunner Katechismus.
Chumfte] incarnationis Bb. SG. 137, 1. — Gff. 4, 675:
chumft nur bei Notker, in den Hymnen, ■— bei Isidor, Otfried,
Tatian, im Weissenburger Katechismus nachgewiesen. Es er
scheint in der Millstäter Hs. und im Spec. eccles.
Chundent ] gechundont 21, 32. — Gff. 4, 425: cliundbn
nur bei Notker; gechundon nur hier,
In dirro chunnescefte ] In dirro generatione (chunnezdlo)
101, 3. 19; — fone dero chunneskefte ] a generatione (fone
chunne) 101, 19; — in dia chunneska/t ] in generationem (ze
chunne) 101, 19; — chunnescaft ] generationem (elfter-chumft?)
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
715
104, 9; — e vierzehenen chunneskeften ] ante quatuordecim gene-
rationes 111, vor 1. ■— Gff. 4, 443: chunneskaft nur bei Notker
nachgewiesen.
Chunnin ] chumberon Bb. SG. Ab. 9. — Gff. 4. 405:
chumberra s. zu holden, geslahti.
Zerchuiochenne ] ze clncclienne 118, 109. 110.— Gff. 4,
634: chicchen bei Notker, in den Reichenauer Glossen Rd., den
Juniusschen Glossen Jb., — und in W.
Föne denio quartire ] de grege (fone herto) 39, 7. — Gff
4, 1028: herta nur bei Notker.
In dero chunftigen uuerlte ] in futuro (Irina füre) 43, 18.
— Gff. 3, 619: hina fure bei Notker, in den Weingartner
Glossen Bib. 13, — und bei Williram.
Dero labunga ] refectionis (urstendi) 41, 2. — Gff. 2,
38: labunga nur in den Reichenauer Glossen Rc. nachge
wiesen.
Lachentuom ] medicinam (lachenunga) 50, 3; — lachen-
tuorn 108, 12 (W. weicht hier ganz ab). — Gff. 2, 1.01:
lächintuom nur in den Keronischen, den Pariser Pa., den Rei
chenauer Ra., den Juniusschen Je., und den SGaller Glossen
Can. 1. nachgewiesen; aber lähhituomlih in den Monseer und
den Tegernseer Glossen Gh. 1. 3. — Gff. 2, 102: lachenunga
nur hier.
Lantsideli ] lantsideling 104, 23. — Gff. 6, 311: lant-
sideling nur bei Notker.
Die lantskeftn ] regiones prouintiae (die gebiüreda pürg-
los) 49, 8. — Gff 3, 20: gebiüreda nur bei Notker. — Gff. 2,
269: purglos nur hier.
Latinisgun ] latine 104, vor 1. — Gff’. 2, 203: latinisgun
nur bei Tatian nachgewiesen.
Dero lebentegon ] uiueutium 9, 41; - lebendige ] lebente
123, 1. — Gff. 2, 43: lebentec nur bei Tatian und Williram
nachgewiesen. — Es kommt auch in der Millstäter Hs. vor.
Leib ] pepercit 144, 13. — Gff. 4, 1109: üben in der
Benedictinerregel, den Blasianer Glossen Bl., — bei Otfried,
— und in der Wiener Exodus.
Geleidet ] geleidigot 142, 4. — Gff. 2, 175: geleidigon
bei Notker und in den Wiener Glossen W. — Leidigen auch
in der Millstäter Hs.
716
H « i n z e ].
Leista ] geleistet 144 ; 13. — Gff. 2, 251: leisten bei Notker,
— bei Otfried, Williram, — in der Wiener Genesis; — geleisten:
bei Notker, im Schwäbischen Eheverlöbniss, — und bei Williram.
Geleite ] ducatu (leito) 105, 16. •— GIF. 2, 188: geleite nur
in den Herradischen Glossen Hd. nachg-ewiesen. — Gff. 2, 187:
leita in den Juniusschen Glossen Jb., den Reichenauer Glossen
Rd. Rf. Rg. 1.
Leitsamunga ] leitsami 41, 7. — Gff. 2, 174: leitsamunga
in Wessobrunner Glauben und Beichte I.
Libhaften ] incarnatum 143, 5. — Gff. 2, 46: libhaft
nur bei Notker, in den Reichenauer Glossen Rb., den Junius
schen Glossen Je., — und bei Otfried nachgewiesen.
Des libis der 117, 17; — disin lib ] uitam 118, 88; ■— der
lib ] caro 118, 97; —- disen lib ] temporalem uitam 118, 144; -- den
euuigen lib ] uitam aeternam 118, 154;— den euuigen lib ] coronam
uitae 125, 6; — den euuigen lib ] resurrectionem uitae 126, 3; —
der euuige lib ] aeterna uita 136, 5. — Gff. 2, 43: lib Masc. in den
Emmeramer Glossen Em. 16, — auch im Spec. eccles., der Vorauer
und Millstäter Hs., — bei Notker und in den Hymnen, — in
den Frag’m. theot., Neut. bei Otfried und Tatian.
G elichamhaftot ] gelichamhdftot 39, 7. — Gff. 4, 937:
g elichamhaftot nur hier.
Des licliinamen ] des lichamen 2, 10; — den lichinamen}
ten lichamen 2, 10. 4, 8; — min lichinamo ] min corpus (lichamo)
3, 7; — lichinamen ] corpus (lichamin) 15, 4; — in michelen
lichinamen ] in magnum corpus (in mihila sdmenthafti) 30, 4;
— lichinamo ] corpus 36, 5; — lichinamo ] caro Bb. SG. 136,
8. — Gff. 4, 933: lichinamo in Wessobrunner Glauben und
Beichte 1., in Otloh’s Gebet, den Wessobrunner Predigten
(Sch. 75), — den Tegernseer Glossen Mart., den Florianer Glossen
Wn. 460, in den Windberger Psalmen, der Wiener Genesis:
auch in der Millstäter Hs., im Spec. eccles., bei Heinrich von
Melk, im Gebet einer Frau, Diemer 383, 9. — Gff. 6, 44 sa-
menthafti nur bei Notker.
Gelihnussidi | similitudine (glichnisso) 24, 10. — Gff. 2,
116: gelihnussida in den Tegernseer Glossen Gh. 2. 3.
Lieht des lichtes unde lieht vone derno lieht,e \ lux lucis
(lieht lichtes) unde lumen de lurnine (kldnz-lieht fone geldnze-
liehte) 35, 10. — Gff. 2, 147: ldanzlieht nur hier.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
717
Liehtez ] liehsenez 18, 9. — GIF. 2, 150: liehsen nur liier.
Diu lilia ] lilium (dar lilio) 47, 10. — Gff. 2, 210: lilia
schw. st. Fern, nur in den Reichenauer Glossen Rb., — bei
Otfried, Tatian, Williram nachgewiesen; es erscheint auch in
der Millstäter Hs. und im Spec. eccles. — Lilio nur hier;
s. Weinhold, Alem. Gramm. §. 274.
Der luit Babilonie ] populus Babilonie' (Hut scandun) 4,
10; — der iudisga liut 118, 16; — dinen Christinen liud ] dinen
christianum populum 24, 16; — einen liut ] populum dei 131,
1; — der gotis liut ] populus dbi 131, 2; — din liud ] dinen liut
117, 10; — diu Hute] die Hüte 44, 6; — dei Hute] populi (Hute)
103, 8; — guotiu Hute 108, 12; — dei Hute dei] populi. tie Bb.
apostoli die SG. Ab. 10. — Gff. 2, 193: liut Neut. nur bei
Notker, Otfried, Williram nachgewiesen, aber gewiss auch
bairisch alt, s. Mhd. WB., Schmeller, Bayr. WB. 1-, 1537; vgl.
Weinhold, Bair. Gramm. §. 239, der das Masc. als Ausnahme
aufzuführen scheint.
Lohen ] höhen 106, 31. — Gff. 4, 780: höhen bei Notker,
in den Keronischen, den Pariser Glossen Pa., — und bei
Otfried.
Lochit] lücchet Bb. 2. SG. Deu. 11; — lochent] lucchent
10, 2. — Gff. 2, 144: lucchen nur bei Notker.
Diu Ion ] praemia 110, 10; — dei Ion ] retributiones 118,
112; — daz Ion, der Ion 126, 3, dreimal; — daz Ion ] retributio
(Ion) 2, 51; — irdisgis Ion] terrena mercede 118, 127. — Gff.
2, 219: Ion Neut. in den Monseer, den Salzburger Glossen Sb.,
den Tegernseer Glossen Tg. 1, Can. 10, VG., den Benedict-
beurer Glossen Ep. P. 3, — auch im Spec. eccles.; — s. Wein-
hold, Bair. Gramm. §. 241, — bei Notker Ps. 102, 3, in der
Benedictinerregel, s. Weinhold, Alem. Gramm. §. 276; — Masc.
bei Notker, in den Hymnen, den Würzburger Glossen; — auch
in der Millstäter Hs.
Nah denxo flore j näh interitu 9, 42; — ze demo flore | ad
iutcritum (za tode) 15, 9. — Gff. 2, 266: flor in den Monseer
'und den Salzburger Glossen Sb.; — farlor in den Pariser
Glossen Pa., den Keronischen Glossen, — im Tatian, — und
in den Windberger Psalmen.
L^osare] uuizzesare 5, 8. — Gff. 2, 278: lösäri (mendax)
nur hier. — Gff. 1, 1123: uuizzesare nur hier.
718
Hein zel.
Lugeheit J falsitatem 115, 10. — Gff. 2, 136: lugeheit
nur bei Notker.
Lugelichon ] falsis (lukken) 10,4; — dero lugelichen ] fal-
sorum (lukkero) 30, 12; —- lugelichir ] falsus Deu. 31. — Gff.
2, 136: lugelich im Wiener Physiologus Diut. 3, 22.
Intluhtit \ irliehtet 26, 1. — Gff. 2, 149: intluhten mit u
auch in den Wessobrunner Predigten; vgl. unluhtinte im Spec.
eccles. — Irliehten nur bei Notker.
In sinemo luoge] in sinero luogo 9, 32. — Gff. 2, 129:
luoga nur hier.
Diu lustesunge ] delectatio carnis (Jcehiginnis lusi) 7, 10;
— lustisunga 18, 10; •— lustesunga J delectatio 118, 103. 120.
— Gff. 2, 293: lustisunga in den Emmeramer Glossen Prud. 1,
in den Tegernseer Glossen Bib. 1. 2, Gh. 1, 3.
Keluterotiz ] irliütertiz 11, 7. — Gff. 4, 1108: irliuteren
nur hier.
Din lueel ] paucitas (ünmdnigi) 101, 25. — Gff. 2, 767:
unmanigi nur bei Notker.
Mahtlich ■— unmahtlich ] facilio — difficilio 110, 6. —
Gff. 2, 616: mahüicli nur bei Notker und in den Reichenauer
Glossen Ra. nachgewiesen; — unmahtlich nur bei Notker nach
gewiesen.
Macskehen \ mag kescehen 46, 8. — Gff. 6, 412: macskehen
in der Wiener Genesis und Cgm. 17, 82 b, in den Windberger
Psalmen; dän. maaslcee, schwed. kanske, engl, maybe, mayhap.
— Mag keskehen auch bei Notker.
Mandunga ] mendi 15, 11. 29, 12. 105, 5. 125, 5. 136, 1.
— Gff. 2, 810: mendi bei Notker, in der Benedictinerregel, in
den Hymnen, in den Juniusschen Glossen Ja.
Manhoubete 108, 11. — Gff. 4, 758: manhoubet bei
Otfried und in Gd. Das sind wohl die Tegernseer Glossen
Gd. 1.
Firmanida ] contemptus 118, 141. — Gff. 2, 771: firma-
nida in den Freisinger Glossen Gc. 3.
Manniglih ] mdnnolich 2, 12. 38, 12. 114, .5. 118, 3.
144, 21. — Gff. 2, 751: manniglih im Wessobrunner Kate
chismus, im Wiener Physiologus Diut. 3, 22, auch in der Mill-
städter Hs., — und bei Otfried. — Gff. 2, 751: mannolih bei
Notker, — und Otfried.
Wortschatz und Sprachfonnen der Wiener Notker-Handschrift.
719
Die martirari ] martyres 9, 16. Bb. SG. 136, 7; — mcirti-
rarun ] martyribus 9, 16; •— martirari ] martyres (keiihtare) 43,
10. 13. — Gff. 1, 587: keiilitäre nur bei Notker; s. firgiht in I.
Matutinum ] mettin 118, 147. — Gff. 2, 7Ü8: mettin kann
zu rnattinon bei Notker Ps. 88, 12 geboren, während metdina
in der Reichenauer Beichte den a-Stamm zeigt.
Gemegino ] gemagee 9, 21. — Gff. 2, 621: gemeginon,
meginon in der Wiener Genesis und in den Wiener Predigten
Fundgruben 1, 70.
Sine pemeindi. ] sina praedicationem (penemida) 2, 4; —
sine pemeindi J sina benemeda 24, 10; — sinero bemeineda ] sinero
beneimedo 104, 8; —pimeinida ] beneimedo Za. 73. — Gff. 2, 793:
pemeindi nur in W.; — bimeinida in den Monseer, den Emme-
ramer Glossen Prud. 1, den Tegernseer Glossen Prud. 2, Can.
10. 11, Le. 1. 3, den Freisinger Glossen Gc. 3, aber auch im
Boet.hius. — Gff. 2, 1089 beneimeda nur bei Notker. — S. be-
meindon, gemeinot.
Bemeindon ] beneimdon 16, 11. 24. 10. 14. 32, 13. 104, 9.
Ez. 15; — pimeinet ] peneimet Bb., beneimet SG. Ab. 1. — Gff.
2, 1088 beneimen bei Notker und in den Reichenauer Glossen
Rg. 1. — S. pemeindi, gemeinot.
Dia gimeinen pruodera ] die geminnen bruodera 132, 3. —
Gff. 2, 774 geminne bei Notker, — und Isidor.
Dera gimeinidi ] communionis Deu. 26. — Gff. 2, 785:
gimeinidi nur hier, -— gimeinida in SGaller Paternoster und
Credo (Sch. 85), in den Keronischen Glossen, — dann bei
Otf'ried und im WAissenburger Katechismus.
Gemeinot ] keneimet 8, 1. 39, 8. 11. 13. 143, 8. — Gff.
2, 758: rneinon nur hier und bei Williram. — Gff. 2, 1087:
neimen mit seinen Derivaten und Compositis nur in einigen
Notkerschen Schriften, den Psalmen, Marcianus Capelia, Boethius,
in den Einsiedler Glossen E. 2, und in den Reichenauer Glossen
Rg. 1.
Daz mere ] den mere 23, 3. 39, 6. 106, 23. 135, 13.
138, 10. Moy. 3. — Gff. 2, 819: mere Neutr. nur bei Notker
nachgewiesen, — Masc. bei Notker und in den Reichenauer
Glossen Rb.
Mezhaftigot j mezot 139, 9. — Gff. 2, 898: mezhaftigbn
in den Monseer Glossen. — Gff. 2, 901: mezbn nur bei Notker.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. IV. Hft. 47
720
Heinzei.
Michel] michellih 103, 24. — Gff. 2, 627: michellih nur
bei Notker belegt; das Citat Da., d. i. Aretins Beiträge 7,
244—253. 285. 288 ist falsch. Auch michellichon. gemichellichon
nur bei Notker. Aber michellih erscheint auch in den Wiener
Predigten Fundgruben 1, 70, das Adverb in den Windberger
Psalmen. — S. michelliche.
Michelliche] multitudo (vianigi) 103, 6. — Gff. 2, 627:
michelliche nur bei Notker nachgewiesen. Aber michellicheit in
den Windberger Psalmen.
Dero minnon] caritatem (rninna) 43, 22. — GIF. 2, 771:
minna cm-Stamm in den Tegernseer Glossen VG., — und bei
Williram; — doch ist hier vielleicht Gen. Plur. gemeint.
Die miselsuhtigen J leprosos (miselen) — die miselsuh-
tigon ] leprosi 50, 9. •— Gff. 6, 142: miselsuhtig nur in den
Trierer Glossen nachgewiesen. — Gff. 2, 875: misel nur hier.
Miscto ] miscelota 101, 10; — misgen ] miskelon Bb. SG.
Deu. 8. — Gff. 2, 880: miscelon mit seinen Ableitungen und
Compositionen nur bei Notker.
Missetruet]ferchunnent 105, 1. — Gff. 4, 411: ferchunnen
bei Notker, in den Florentiner Glossen F. 1. 2, in den Rei-
chenauer Glossen Ra.
In dera missizumfte | in discordia 149, 1. — Gff. 5, 667:
missizumft nur aus Tatian nachgewiesen; — missazumpfton in
den Emmeramer Glossen Em. 19.
Molt ] puluis (stuppe) 103, 29. — Gff. 2, 713: molt in den
Tegernseer Glossen Bib. 1, den Emmeramer Glossen Prud. 1;
s. Weinhold, Bair. Gramm. §. 239. In Mhd. ist das Wort st.
Masc., s. Mhd. WB. 2, 1, 216 b bei Nicolaus von Jeroscliin und
im Karlmeinet.
Muotfagot 108, 11 (W. ist hier ganz selbständig). —
Gff. 3, 420: muotfagon und gimuotfagon nur bei Otfried nach
gewiesen.
Gemuozten j gemüzoten 44, 1. — Gff. 2, 910: muozen
mutare nur aus Notker nachgewiesen.
Nah demo fleishe | secundum carnem (lichamin halp) —
nah stero gotheite ] secundum diuinitatem (Gotelieite halb) 108,
27; — nah tero gotheite ] secundum diuinitatem 109, 1; — nah
tero mennischeite] secundum carnem 109, 1. — Gff. 4, 884: halb
mit dem Genitiv ohne Praeposition nur bei Notker.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
721
Nahlicho ] filo näh Ps. g. 6. — Gff. 2, 1003: nahlicho
in Gd.; das sind wohl die Tegernseer Glossen Gd. 1; — näh-
lichön bei Tatian.
Nahtegeliclies ] nahteliches 6, 7. — Gff. 2, 1021: nahte-
geliclies nur liier, nahteliclies nur hier.
Nalivolgari ] sequaces (folgerra) 9, 4. — Gff. 3, 512:
nähvolgäri nur hier.
Ne ] ne — na 38, 8. 39, 18. — Gff. 2, 968: na nur bei
Notker.
Neige ] Heide 143, 5. — Gff. 4, 895: beiden mit seinen
Oompositis bei Notker, in den Reichenauer Glossen Ra., — und
bei Tatian.
Geneicta ] gehalta 114, 2. 118, 112. - Gff. 4, 895:
gelialden nur bei Notker; s. neige.
TJone dero genennidi Christi ] ex persona christi (in
christes stal) 3, 2. 9, 14. 10, 1. 17, 40; — sina kenennida ] sina
personam F. A. 1. Trigeskeidene kenenneda j Trigesceidene per-
sonae F. A. 1; — die kenennida ] personas F. A. 1; — ein
kenemmida ] ein persona F. A. 2; — kenemmida ] personam
F. A. 16; — die kenemmida j personae F. A. 2; — t/na kenem
mida ] tres personae F. A. 2, dreimal; — kenemmida (Nom. Acc.
Plur.) ] gdgennemmeda F. A. 1, zweimal. — Gff. 2, 1086: gagen-
nemmeda nur hier.
Der nieht ] niet Bb. 1. SG. — fore niehte ] fore niete
Bb. 1. SG. 139, 9. — Gff. 2, 1048: niet st. Masc. nur bei
Notker und in den Augsburger Glossen A. nachgewiesen.
Noli ] änderest 49, 3; — noh ] aide Bb. SG. Ab. 18. —
Gff. 1, 377: Änderest nur bei Notker. — Gff. 1, 246: aide in
SGaller Glauben und Beichte I., bei Notker, in anderen SGaller
Schriften, in den Gebeten von Engelberg und Muri; — Graff
führt olde auch aus W. an, was ich nicht bestätigen kann. —
S. ode.
Genotegot, ] genuotot (Hs. gennotot) 109, 6. — Gff. 4, 1126:
genuotön nur hier; hnöton in den Keronischen und den Rei
chenauer Glossen Ra.
Genoton]geinnoton 42, 3. — Gff. 1, 298: geinnon nur hier.
Nuz ] nuzzeda 121, 8. — Gff. 2, 1124: nnzzeda bei Notker
und in den Augsburger Glossen A.; — ginuzzida in den SGaller
Glossen G. 3 und den SPeter Glossen C.
47
722
Heinzei.
Nuzzesami ] utilitatem (nuzzedo) 103, 16. — Gff. 2, 1124:
nuzzesami in den Tegernseer Glossen Gh. 3, — das Adj. nuzzesam
in den Emmeramer Glossen Prud. 1; — nuzzeda bei Notker
und in den Augsburger Glossen A., — ginuzzida in den SGaller
Glossen G. 3 und den SPeter Glossen C.
In temo obenentigi dero berge ] in uertice montium (in
obenehtigen per ge 45, 3. — Gff. 1, 81: obenehtig und obenahtigi
nur bei Notker.
Ode] aide 2, 7. 7, 3. 111, 5; — odar 14, 1. 18, 13. 29,
10. 33, 2. — Gff. 1, 246: aide s. zu noli.
0dinuan] odeuuano 138, 11. — Gff. 1, 862: odiuuän in
den Rbabanischen, den Tegernseer Glossen VG., den Emme
ramer Glossen Prud. 1, — und bei Tatian; — ödeuudno nur
bei Notker.
Oucti ] gepugti 102, 7. — Gff. 1, 125: geougen bei
Notker, in der Benedictinerregel, in den Hymnen, in den Kero-
nischen, in den Pariser Glossen Pa., — dann bei Otfried und
Tatian.
Phlegent] inphlegent 103, 12. — Gff. 3, 358: inphlegen
nur hier. — S. phliht.
Phliht ] inphUht 134, 4. — Gff. 3, 359: phliht nur bei
Notker nachgewiesen; - inphliht. nur hier. — S. phlegent.
Rafsunge muode ] irrafsungon muöde 38, 12; — rafsunga
(Acc. Sing.) ] irräfsunga 149, 7; — rafsunga J increpatio 149, 9.
— Gff. 2, 503: irrafsunga nur bei Notker.
Gerechennenne] rechenonne Za. 76.— Gff. 2, 382: rechenin
bei Notker, in den Herradischen Glossen, — und in den Xan-
tener Glossen Gx.
Diu reda ] ratio (uuizzereda) 7, 17. — Gff. 2, 446: uuizze-
reda nur hier.
Die dir sint mit rehtemo herzen ] rectos corde {die reht-
herzen) 10, 4. — Gff. 4, 1046: rehtherze nur bei Notker.
An dinen rehten ] an dinen uuerchrehten 118, 16. — Gff.
2, 309: uuerchreht nur bei Notker.
Gerelit odar ungereli ] gereh aide ungereh (Subst.) 33, 2.
— Gff. 2, 398: das Subst. gereh nur bei Notker; — das Subst.
ungereh aber bei Notker, — in den Emmeramer und Tegern
seer Glossen Em.-3, Can. 8. 9. 11. 12, — bei Tatian und in
den Würzburger Glossen.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
723
Gerehthaftet | iustifioatus (kerehthäftigot) 33, 21; —
girehthaften ] iustificare 118, 120. Gff. 2, 413: gerehthaften
nur bei Notker; — kerehthaftigon bei Notker und in W. —
S. kerehthäftigot.
Kerehthäftigot ] iustiiicatus (rehthaft) 104, 9; — gireht-
liaftigen ] .iustificare 118, 129. Bb. SG. Ann. 3; — gerehthaftigot
uuerden] iustificari 110, 3. S. gerehthaftet. — Gff. 2, 413:
rehthaft bei Notker und in den Keronisclien Glossen.
Grehti \ grihti 36, 37. — Gff. 2, 411: grehti nur
bei Notker nachgewiesen. — Gff. 2, 417: grihti nur bei
Notker.
Rehtunga \ iustificationes 118, 68. — Gff. 2, 414: relitunga
nur bei Notker, in der Benedictinerregel, in den Reichenauer
Glossen Ra., — dann bei Isidor nachgewiesen, während rihtunga
Gff. 2, 422 in den Monseer, den Rhabanischen, den Freisinger
Glossen Gc. 3, den Tegernseer Glossen Can. 10. 11, Gh. 1. 2. 3.
Bib. 1. 2. Gc. 1. 4. 6, den Emmeramer Glossen Prud. 1. Bib. 7.
Ern. 33, den Wiener Glossen Can. 13 (s. zu uerliengede), Gh. 5,
den Prüveninger Glossen Bib. 5, den Florianer Glossen Gc. 8,
den Ranshofer Glossen Ran., — und den Augsburger Glossen
Can. 5. — Die Bedeutungen beider Worte iustitia und regimen
gehen leicht ineinander über. Einmal ist auch in der Bene
dictinerregel regulae mit rihtunga übersetzt.
Mit reinemo herzen ] mundi corde (reinherzen) 44, 11. —
Gff. 4. 1047 : reinherze nur hier.
Kerihtet ] gerertet 32, 1; — girihtet ] rihtig 118, 128. —
Gff. 2, 534: rerten, gererten nur bei Notker. — Gff. 2, 418:
rihtig mit seinen Compositis und Ableitungen nur bei Notker.
Der richo ] diues (richolf) 48, 12. — Gff. 2, 394: richolf
nur hier.
Riuuuosot ] Riüuont 4, 5; — nuuuesenten ] poenitentis
(riuuuontin) 101, 3; — riuuesentemo ] poenitenti (riüuuöntimo),
106, vor 1; — riuuesete ] poenitentiam täte 111, 10. Ps. g. 5. —
Gff. 4, 1146: riuuuoson nur in W., — riusen in Spec. ecoles., —
riusaere bei Heinrich von Melk.
Ana rot ] macula [eine rünzun) 44, 12. — Gff. 2, 484:
rot rubigo aerugo in den Tegernseer Glossen Gh. 1. Bib. 2,
Le. 3, in den Emmeramer Glossen Em. 32, Le. 2, — in den
SGaller Glossen Bib. 9.
724
Heinz el.
Rotta] psalterium 42, 4; — an dera rotten ] tympano
149, 3. — Gff. 2, 487: rotta nur hei Notker und in anderen
SGaller Schriften, — den Münchner Glossen Hs., — und bei
Otfried nachgewiesen.
Irrunst ] ortum (üfruns) 102, 12; —- irrunst ] urruns
Za. 78. — Gff. 2, 520: irrunst nur in W.; — urruns, urrunst
bei Notker und in den Trierer Psalmen.
Umbe ruomegerna,] umbe iactantiam (löbogerni) 43, 22.
— Gff. 4, 236: ruomegerni in den Emmeramer Glossen Em. 19;
— lobogerni nur hier.
Sal ] templum (1ms) 10, 5. 34, 7. 47, 10; — sale ] templo
118, 99; — sal ] templum Ps. g. 1. — Gff. 6, 476: sal für
templum nur in W.
Diu salba ] duz salb 132, 2. — Gff. 6, 191: salb bei
Notker — s. Weinhold, Alem. Gramm. §. 276, — und bei
Isidor.
Die irdisgen salicheit] terrenam felicitatem (uuerlt-salida)
35, 8; — salicheite ] felicitatem (säldoii) 105, 13; — salicheit ]
beatitudinem 118, 1. — Gff. 6, 180: salicheit nur bei Notker.
— Gff. 6, 182: uuerltsalida bei Notker, in W. nur an den
entsprechenden Stellen.
Samet imo ] säment imo 35, 2; — samet in ] säment in
118, 51; — sam.et mir ] sament mir 118, 124; — samet dir]
sament dir 138, 18; — samit dir] sament dir Is. 6; -— samit
mir ] mecum 141, 6. — Gff. 6, 42: samet im Wessobrunner
Katechismus, — und bei Notker. — Die Praeposition samen in
samen mir, welche Graff 6, 35 aus W., sonst nur einmal aus
den Mainzer Glossen belegt, — vgl. H. Fischer Die Forschungen
über das Nibelungenlied P. 172 Anm. 16 — kann ich nicht
finden. Sie würde aber auch neben den vielen sament mir —
22, 4. 33, 4. 37, 11. 49, 11. 108, 21 — kaum anders als ein
Schreibfehler zu beurtheilen sein.
Niuuiz sanc ] niüuuen cantiken 149, 1; — sanc (Acc. Plur.)]
cdnticon (Gen. Plur.) 136, 3; — daz sanc ] ymnus 148, 16. —
Gff. 4, 459: cantiko bei Notker, in der Benedictinerregel, in
den Pariser Glossen Pa.
An demo saltari ] In psalterio 32, 2. 143, 9. — Gff. 3,
370: saltari nur bei Notker, in der Benedictinerregel, —■ und
bei Otfried nachgewiesen.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
725
Sedelganc ] occasus (sunnesedil) 102, 12. — Gff. 6, 309:
sunnesedil nur hier.
Mit semftemo mvote] ebenmuoto 118, 66. — Gff. 2, 688:
ebenmuoto nur bei Notker; das Adj. ebenmvot, bei Notker, in
den Monseer, den Salzburger Glossen Sb., den Tegernseer
Glossen Bib. 1. 2.
Din pisezeda (Nom Plur.) ] possessio (bisez) 103, 24; —
din pesezzedo (Fern.) ] possessio tua (din bisez) 103, 27; — din
pisezzede ] din possessio (bisez) 103, 28; — dine pisezzede ] pos-
sessiouem tuam 109, 1. Gff. 6, 303: bisez nur bei Notker;
s. besizest.
Gisezit ingagine (Part. Perf.) ] gdgenstellet 119, 3. — Gff.
6, 666: gagensteilen nur bei Notker.
Siechet ein lit ] Si patitur unum membruin (ist einimo
Ude uue) 30, 10. — Gff. 1, 632: uue sin. bei Notker und Otfried.
Des daz tu besizest ] dinis pisezzis 103, 24. — Gff. 6, 303:
pisez nur bei Notker; s. pisezeda..
Scahari \ latroni 141, 6. — Gff. 6, 412: scähäre nur bei
Notker, in den Keronisehen Glossen, — bei Otfried, Tatian
und in den Juniusschen Glossen Jd. nachgewiesen.
Gescanti ] confusi (scämig) 108, 29. — Gff. 6, 493: scamig
nur bei Notker, — unscamig auch in den Reichenauer Glossen
Re. und den Juniusschen Glossen Jb.
Gisliehen ] beskehen Ps. g. 8. — Gff. 6, 415: beskehen
nur bei Notker.
Sceltari ] blasphemus (kotscelto) 9, 30. - Gff. 6, 488:
kotscelto nur bei Notker.
Skiero ] spuotigo 36, 2; — skiero J luilto 122, 2. — Gff.
6, 319: spuotigo nur bei Notker. — Gff. 4, 911: halto nur bei
Notker.
Biskirmari] schirmäre 17, 3; — pescirmaren ] guberna-
toribus (stiuron) 106, 26. — Gff. 6, 549: biskirmari in den
Monseer, den Tegernseer Glossen Le. 1. 3, den Emmerainer
Glossen Le. 2 und in den Wessobrunner Predigten (Sch. 75).
Skirmest] geskirmcst 21, 20. — Gff. 6, 546: geskirmen
bei Notker, in den Hymnen, in den Keronisehen, den Rei
chenauer Glossen Ra.
Beskirmet] defensus (geantseidot) 111, 5. — Gff. 6, 109:
antseidon, geantseidön nur bei Notker.
726
Heinzei.
In •piskirmunge ] in protectione Bb. SG. Ab. 18. —
Gff. 6, 549: pishirmunga in den Emmeramer Glossen Bib. 8.
Scolare 108, 11; — scolaren ] sculdigen 0. d. 12. — Gff.
6, 467: scolare in den Freisinger Glossen Gc. 3.
Den anscouenten lib J contemplatiuam uitam {üfscmuolib)
32, 2. — Gff. 6, 554: anscouen im Wiener Physiologus Diut. 3,
22, — bei Otfried und Tatian. — Gff. 2, 45: uscouuolib nur hier.
Scrodolonter ] scrodonde 7, 10, zweimal; 118, 115. 129.
138, 24; — scrudelont, ] scrodont 118, 2. — Gff. 6, 580: scrodolon
nur in W., —- irscrudilbn in den Monseer, den Tegernseer
Glossen Gh. 1. 3, im Cgm. 17, 926, in den Salzburger Glossen
Sb., — inarscrudilota in den Tegernseer Glossen D. — Gff. 6,
579: scrodon bei Notker, — und Tatian.
Irscutet ] irscrecchet 108, 23. W. weicht hier ganz ab. —
Gff. 6, 426: irscuten nur bei Notker, in den Hymnen, in der
Benedictinerregel, in den Reichenauer Glossen Rb., — und
bei Tatian. nachgewiesen. — Gff. 6, 576: irscrecchen nur hier.
Irslahent ] todent 118, 159. — Gff. 5, 346: toden nur bei
Notker; auch die Composita und toden nur bei Notker und Otfried.
In rehtemo geslahtijin rehtero slahto 13, 6. — geslahti] tribu
(clmmberrun) 107, 9. — Gff. 4, 415: chumberra s. zu holden,
chunnin.
Gesliunige ] lcehursche 9, 21. — Gff. 6, 849: gesliwngen
nur in W., •— sinnigen in den Münchner Glossen Sah 1.
Ze guotemo smaclien ] ad bonurn saporem (ze guotimo
smäcche) 107, 9. — Gff. 6, 825: smacho (Acc.) saporem. Em. 19
wird wohl dasselbe Wort sein, fries. smaka; — Jcasmacho in
den Rhabanischen und den Emmeramer Glossen VG.
In sprangezodi ] in sprüngezinne 104, 43. — Gff. 6, 399:
sprungezod nur bei Notker nachgewiesen; — sprungezen bei
Notker und Williram.
SpriLcil ] sprozzo Ps. g. 5. 6; — an den einliften sprucil]
an den einlnften sprozzen Ps. g. 6; — ana ira zuelf sprucili
(Acc. Sing.) ] an iro zeuuelfo gradum Ps. g. 4. — Gff. 6, 401:
sprozzo nur bei Notker; — S. stapf.
Der stapf ] der gradus — an demo staphe ] an demo sprozzen
Ps. g. 7. — Gff. 6,401: sprozzo nur bei Notker. —• S. sprucil.
Starcha (Acc. Sing.)] starchunga 104, 16. — Gff. 6, 720:
starchunga nur bei Notker.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift
727
Ges tätigen] statuere (statin) 106, 11; — gistatiqota] stätta
118, 159; — gestatiget ] kestätet 118, 90. — Gff. 6, 651: gestä-
tigen in den Tegernseer Glossen VA. und in den Prüveninger
Glossen Ep. Can. 6, — dann in der Wiener Genesis und der
jüngeren Judith. — Gff. 6, 648: statin bei Notker und in den
SGaller Glossen Gh. 6, — aber auch in der Wiener Genesis
und der Millstäter Hs.
Static] state 41, 7; — statiger ] stater 101, 13. 118, 38.
136, 1. — Gff. 6, 645: state nur bei Notker.
Die staticheit] stabilitatem (stätigi) 30, 14. — Gff. 6,
647: staticheit nur bei Williram nachgewiesen.
Stimma] uocem (lütun) 50, 10. — Gff. 4, 1098: lüta bei
Notker und in anderen SGaller Schriften, — dann in den
Wiener Glossen Pr. v.
Strit ] disceptatio (■uüortherta) 101, 26. — Gff'. 4, 1028:
uuortherta nur hier.
Stritarin ] schismatizis (sceidmdcharin) 106, 39. —- Gff.
6, 751: stritäri in den Wiener Glossen W., — und in den
Trierer Glossen. — Gff. 2, 649: sceidmachäri nur hier.
Gestrite (Nom. Plur.) ] tempestates seditionum (diu
ungeumttere strito 106, 23; — daz Jcestrite j discissio (dir
sceit) 106, 39. — Gff. 6, 749: gestriti nur aus Tatian nach
gewiesen, — das Neutrum gistrita (wenn kein Druckfehler)
in den Weingartner Glossen Bib. 13. — Gff. 6, 437: sceit
nur hier.
Sumeliche] eine 115, 11. — Gff. 1, 310. 314: eine (Nom.
Plur.) quidam bei Notker und Otfried.
Sundene] sunde Bb. ze sunde SG. Ab. 3; ■—■ fone sun-
dene ] fone sunde Bb. SG. Ab. 3. — Gff. 6, 258: sundene in
der Wiener Genesis und bei Tatian; — fone sunde, ze sunde
nur bei Notker.
Sundere \ in sunde 47, 3. — Gff. 6, 259: das Adj. sunder
oder sunderi nur in den Reichenauer Glossen ßb. nachgewiesen,
24 sundarun halbu; — mhd. sunder.
Bunder ing en ] sunderigo 118, 141. — Gff. 6, 52:
sunderingen nur in dem Basler Recept I, bei Otfried und
Tatian.
Dero sundigon ] peccatorum (sunderro) 17, 31. — Gff.
6, 265: sundere nur bei Notker.
728
Heinzel.
Sundota ] sundon gestuont 138, 5. — Gff. 6, 598: gestern
als Auxiliäre bei Notker und Otfried.
Der sunno ] sunna 15, 6. 36, 6; — den sunnun ] sunnun
41, 4; — sunno ] sunna 148, 3; — des sunnen 108, 23; — unter
demo sunnun — si ] sub sole — sol 118, 37; — diu sunna ]
sol 118, 74; — diu sunna, sunna in manin corrigirt ] luna
103, 19. — Gff. 6, 240: sunno im Wiener Physiologus
Diut. 3, 22, — im Spec. eccles. — Weinhold, Bair. Gramm.
§. 239 hat kein Beispiel. — Aber auch alem. s. Weinhold,
Alem. Gramm. §. 274, doch erst im 15. Jh. — Diu sunna
auch in der Wessobrunner Predigt MSDni-. LXXXVI. B.
2, 45.
Gesuase ] gesuäs 101, 7. — Gff. 6, 904: gesudse Adv. in
der Wiener Genesis, — und bei Otfried.
Diu suigelungi] silentium 4, 3. — Gff. 6, 861: suige-
lungi nur hier.
Daz teil ] der teil 113, 10; — zorften teil — zorftez teil]
zorften teil — zorfter teil 15, 6; — daz teil ] den teil 124, 3.
— Gff. 5, 402: teil Masc. nur bei Notker und Tatian nach
gewiesen.
Irteilet] uberteilter 37, 15.— Gff. 5, 410: uberteilen bei
Notker; in W. nur als Entsprechung der Notkerschen Worte
Ab. 8.
In dero zeteilide ] in diuisione (a?i demo spalte) 104, 5.
— Gff. 6, 336: spalt nur bei Notker.
Uertiligon ] tiligon 105, 34. — Gff. 5, 399: tiligon nur
bei Notker.
Des tiufeles ] diaboli (niderrisis) 7, 15; — fone demo
tiufele ] föne diabolo (nidirrise) 7,2; — demo tiufilo | diabolo
(niderrise) 28, 1; — tiufala ] daemonia (tiüfelslahta) 103, 20. —
Gff. 2, 541: niderris nur bei Notker. — Gff. 6, 731: tiüfelslahta
nur hier.
Fone totlichen] fone mortalibus (tödigen) 15, 3; — totlih]
mortalis (todich) 29, 7. 12. — Gff. 5, 345: tödich mit seinen
Ableitungen und Compositis nur bei Notker. — S. totlichi in I.
Dina tougena ] toügenun substantiam (uuesenti) 43, 5. —
Gff. 5, 376: Das Subst. tougena in den Monseer, den Tegern-
seer Glossen Bib. 1, Ps. 2. In Notker’s Psalmen 9, 8 möchte
es wohl für tougemna — s. 9, 1 — stehen.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
729
Getougena. lielfa ] toügena helfa 107, 13 (W. weicht hier
ganz ab); — fone dero getougenun uuesennusside ] ex secreto
substantiae 109, 3. — Gif. 5, 376: getougen in den Tegern-
seer Glossen Gh. 1. 2, VG., in der Wiener Genesis, — und
bei Notker.
Getoug eno ] toügeno 10, 3; —• gitougeno ] toügeno 144, 9;
— gitougeno ] toügeno Bb. SG. Ab. 14. — Gif. 5, 377: getou-
geno in den Wiener Glossen Can. 13, -— s. zu uerhengede, —
und bei Otfried.
Toufa ] baptismum (toüfi) 41, 7; — in dera toufa ] in
baptismate Moy. 1. — Gif. 4, 387: toufa in Wessobrunnei'
Glauben und Beichte I. und in den Wessobrunner Predigten.
Treber] trester 8,1. — Gif. 5, 481: treber in den Strassburger
Glossen St., — uuintreiber in den Florianer Glossen Wn. 460.
Getrenchet ] irtrenchet 22, 5. — Gff. 5, 541: getrenchen
nur bei Notker, in der Reichenauer Beichte, in Christus und
Samariterin, in den Augsburger Glossen A., — bei Otfried,
Williram, in den Weissenburger Glossen Wo. 3 nachgewiesen.
Tresgenten ] indrdsccäntin 103, 14. — Gff. 5, 264: in-
drasccen nur hier.
Getriu | fidelis 113, 6; — gitrue ] ketriuue Bb. 2, ketriüuue
SG. Deu. 5; — getruir ] ketrmuue 144, 13. — Gif. 5, 464:
getriu in Wessobrunner Glauben und Beichte I.
Triulicho ] triüuua 118, 145. — Gff. 5, 464: triulicho
in den Rhabanischen Glossen, — bei Otfried und im Weissen
burger Katechismus.
Gurten truobe J uuurden in übelmo 45, 4. — Gff. 1, 986:
in ubelmo uuerden nur bei Notker.
In truobesale ] in tribulatione (nothaft) 30, 10. — truo-
besal ] tribulatio ([clielunga) 43, 18; — troubesal ] turbatio (ke-
truobeda) 45, 3; — truobisalis ] tribulationis Bb. SG. Ab. 16; —
truobisalen ] tribulationibus Bb. SG. 139, 11. — Gff. 5, 489:
tmobisal in den Wessobrunner Predigten. — Gff. 4, 654: che-
lunga nur hier.
In truobeuuis J in türbales uuis Bb., in iürbilis uuis SG.
Ab. 14. — Gff. 5, 455 turbal nur hier.
Die der sint mit gitraoptemo muote ] qui contriuerunt
cor (die iro lierza chniston) 146, 3; — gitruopten ] turbatis
Ab. 15. — Gff. 4, 574: chnisten nur bei Notker, s. Gnusti in I.
730
H e i n z e 1.
Getruuent ] trüuuent 3, 3; — getruenne ] trüenne 117, 8.
— G-ff. 5, 468: trüuuen bei Notker und in den SGaller Glossen
Can. 1.
Tug enden ] tügede 17, 33; — tugende ] tüged Bb. SG.
137, 3;— Gff. 5, 371: tuged und seine Ableitungen und Com-
posita bei Notker und Williram.
Den uh eien \ peruersis (leizzen) 17, 28. — Gff. 2, 316:
leze und lezt nur bei Notker.
Uberhuor ] adulteriura (legirhudr) 50,12; — in demo Jiuore,
in demo uberhuore ] in libidine, in luxuria, in stupro 118, 1. -
Gff. 4, 1011: uberhuor in den Wessobrunner Predigten (Scli. 75),
— auch im Spec. eccles. und in der Millstäter Hs. — Das
Citat Diut. 3, 613 ist falsch. — Legirhuor nur hier.
Ubermeginoto 12, 5 (W. weicht hier ganz ab). — Gff. 2,
622: ubermeginon nur bei Notker, in den Juniusschen Glossen
Ja. Jb., in den Reichenauer Glossen Rd. nachgewiesen.
Diu ubermuot ] superbia (uberuuan) 30, 24; — ubermuot]
superbia ("hohmuoti) 46, 10; — ubermuot ] superbia (hbhmuot)
103, 29. — Gff. 1, 860: uberuuan nur bei Notker. — Gff. 2,
695: hohmuoti bei Notker, in den Reichenauer Glossen Asc.
Die ubermuoten ] superbi (die uberuuan) 28, 5; — uber-
muoti ] superbi (liohmuotige) 48, 3; — ubermuoten ] superbis
(höhmudten) 106, 31. — Gff. 1, 860: uberuuan, uberuuäne nur
bei Notker. — Gff. 2, 695: hohmuotig nur bei Notker; ■— hoh-
rauote nur hier.
Ubermiiotigon ] iibermuoton 17, 28. -— Gff. 2, 689:
ubermuotig nur bei Notker, in deri Augsburger Glossen Can. 5,
— und bei Isidor nachgewiesen.
Uberscrichari] idithun (sprangere) 38, 2. — Gff- 6, 575:
uberscrichdri nur bei Notker (uberscrecchare Ps. 61, 11) nach
gewiesen. -— Gff. 6, 399: sprdngere bei Notker und in den
Florentiner Glossen F.
Ubertreff enten \ supereminentes (lioho recchenten) 103,3.
— Gff. 5, 526: ubertreffen in den Tegernseer Glossen VA. VG.,
in den Prager Glossen R. 1.
Uberfdrenter ] transiliens (überspringende) 38, 6. — Gff.
6, 397: überspringen bei Notker und Williram.
Ubipe (ipe radirt) uanum 126, 2. — Gff. 1, 88: uppi
nur in den Reichenauer Glossen Rb. (ubper) nachgewiesen.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
731
Umbegortost, ] begtirtost, 17, 40. — Gff. 4, 254: urnbe-
gurten nur bei Notker, in den Keronischen Glossen, — und
bei Otfried nachgewiesen; — begurten bei Notker, in der Bene-
dictinerregel, in den Reiclienauer Glossen Rb., — und bei Tatian.
Unberehafti ] sterilitatem (unbirigi!) 34, 13. — Gff. 3,
156: unberehafti nur bei Notker nachgewiesen.— Gff. 3, 157:
unbirigi nur hier.
Unbirige ] steriles et infoecundi (unberehaft) 106, 38. ■—
Gff. 3, 156: unberehaft nur bei Notker.
Dia unda ] fluctus (uuella) 103, 18; — unden ] fluctibus
(uuellon) 28, 10. 39, 6; — unden ] fluctibus Moy. 19. — Gff.
1, 793: uuella nur bei Notker.
Undancname ] ingratus (undanchpdre) 25, 3. — Gff. 5,
170: undancname nur in den Ilerradischen Glossen nachge
wiesen. — Gff. 5, 169: undanchpdre, undanchpär bei Notker,
in den Juuiusschen Glossen Ja., — und bei Tatian.
Gundon ] ondon 104, 25. Moy. 16. — Gff. 1, 271: unnen bei
Notker, in Christus und Samariterin, — dann bei Otfried. S.gunnen.
Unehtig uuazzer fehlt in W. 123, 5. — Gff. 1, 117:
unehtig nur bei Notker.
Ungehorsami | transgressione (uberstepheda) 38, 7. —
Gff. 6, 656: uberstepheda nur bei Notker.
Ungemeiton ] ingemeitnn 6, 10. ■— Gff. 2, 702: ungemeiton
in den Tegernseer Glossen Ec. 1, — in den Frankfurter
Glossen Can. 4.
Ungemisten ] üngemiskeloten F. A. 32. — Gff. 2, 879:
ungemist nur hier. — Gff. 2, 880: ungemiskelbt nur hier; s. misctn.
Die ungesculten gnada ] indebitam gratiam 118, 17. —
Gff. 6, 473: ungesculdet nur bei Notker nachgewiesen.
Dero ungeuuizela\\gnori\nt\&,Q (unuuizzo) 106, 17; —
ungeuuizele ] ignorantiam 118, 21; — ungeuuizele ] ignorantia
Bb. SG. Ann. 9. — Gff. 1, 1104: der d- und ja - Stamm nur*
in W. — Gff. 1, 1099: unuuizza nur hier.
TJnchreftec ] üngerech 6, 3. — Gff. 2, 398: ungerech
s. zu g er eilt.
Gunnen ] unnin Moy. 16. — Gff. 1, 271: unnen s. gundon.
Unredelichtin \ ijirationabiliter (unrediliclio) 7, 17. —
Gff. 2, 447: unredilichun nur hier; — unredilicho bei Notker
und in den Wiener Glossen Can. 13; s. zu uerhengede.
732
Heinzei.
Unsalige] uuenege 109, 1. — Gff. 6, 180: unsälig nur
bei Notker nachgewiesen.
Unsculde \ innocentiae ([untdrungo) 44, 11; — unsculdi]
innocentiain (ünscadeli) 102, ft. — Gff. 5, 440: untarunga nur
hier; — tarunga in den Reichenauer Glossen Rb., — in den
Emmeramer Glossen Em. 1, in den Tegernseer Glossen Can. 12.
— Gff. 1, 422: ünscadeli nur bei Notker.
Unsculdigen ] ünscädelen 9, 31; — unsculdic ] innocens
(■unscadelih) 44, 8. — Gff. 6, 422: unscadal nur bei Notker;
scada.l bei Notker, in den Keronischen, den Pariser Glossen
Pa., — und auch in W. 9, 31 scaddon, entsprechend dem sca-
dden des SG.; — unscadelih nur hier.
TJnstatec ] unstäte 41, 7; — unstatigen ] unstäten 101, 13.
— Gff. 6, 645: unstäte bei Notker, in den Herradischen Glossen
Hd., in den Ebnerschen Glossen Schm. i. 58 a, — in den
Frankfurter Glossen Can. 4.
Unsundigen | innocentes (unsculdigen) 101, 10. — Gff.
6, 264: unsundig nur bei Notker, in den Juniusschen Glossen
Jb., in den Reichenauer Glossen Rd. nachgewiesen.
Daz untotlichi ] inmortalem (untßdigin) 29, 12; •— des
untotlichen ] mortalis 101, 26. Gff. 5, 345: untodig nur bei
Notker.
Untriuuua ] fraude (scranche) 101, 21. — Gff. 6, 583:
scranch bei Otfried.
Ununstig ] irlninstig (uel ununstig') 36, 12. —• Gff. 1, 272:
ununstig nur hier, — irbunstig nur hier.
Unf eruuarten ] unfermereten 24, 10; — unueruuorta\
incorruptibilem (unuuartelicha) 21, 1. — Gff‘. 2, 840: unfer
uieret nur hier. — Gff. 1, 959: unuuartelich nur hier. —
O für a auch in feruuortnussi in I., s. unueruuartenlichi in 1.
Unueruuorta | incorruptibilem (unuuartelicha) 21, 1. —
Gff. 1, 959: unuuartlich nur hier.
Unuuantellih ] inmutabilis (umiuendig) 41, 5. — Gff. 1,
764: unuuantellih nur bei Notker Ps. 65, 14 nachgewiesen.
S. uuantellih. — Unuuidaruuantellih in den Tegernseer Glossen.
VG. — Gff. 1, 763: ünuuendig nur bei Notker.
Oube j üoberon 118, 24; — geoubed ] heüoberot 118, 23; —
uuirdo geoubet | exercebatur 118, 25; uobet \ colit 118, 36.
Gff. 1, 72: uoberon nur bei Notker.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
733
Diu oubunga] diu üoberunga 118, 23; — uobunga J
exercitationes 118, 85. — Gff. 1, 72: uoberunga nur hier.
hi uppic ] in üppun 118, 129. — Gff. 1, 89: in uppic
im Wiener Physiologus Diut. 3, 22.
Üppigkeit | inania (in tippe) 2, 4. — Gff. 1, 88: in
uppe, in uppum, in uppitn nur bei Notker.
An demo urchundi ] in testamento (in dero So) 17, 46;
— sin urchunde ] sin testamentuin (scriftkebot) 102, 18; — dei
nrchunda ] iuatificationes 118, 141. — Gff. 3, 79: scriftkebot
nur hier.
Giurchundit ] testificata 118, 143. — Gff. 4, 425: ur-
cliunden in den Prüvening-er Glossen Bib. 5, — bei Isidor.
Daz niuuui urchundom ] nouum testamentuin (niüuua Sa)
24, 10; — urchuntuom ] testamentuin (beneimeda) 49, 16. —
Gff. 4, 428: urchuntuom in den Monseer und Tegernseer Glossen
Gc. 1. 6. — Gff. 2, 1089: beneimeda nur bei Notker. S. pemeindi,
bemeindon, gemeinot.
Diu urlosa 12, 3 (W. weicht liier ganz ab). — Gff. 2,
277: urlosa nur bei Notker — Ps. 34, 8 den urlosari ] re-
demptioneni (urlosa) — nachgewiesen.
Urlosida (Nom. Sing.) ] irloseda 129, 7. — Gff. 2,
277: urlosida in den Monseer und den Obernaltacher Glossen
Gh. 4.
In dero urstendi ] in resurrectione (in ostirtdge) 3, 4; —
urstenti ] resurrectio (urstendida) 3, 8; — dero urstendi ] resur-
rectionis (urstendido) 15, 9. 27, 7; — nah minero urstendi ] nah
minero resurrectione (urstendida) 27, 8; — dero urstendi } resur-
rectionis (irständini) 15, 5. 29, 12; — urstendi ] urstendida
S. A. 13. — Gff. 5, 358: ostirtag im Briefe Ruodperts und in
den Reichenauer Glossen Ra. — Gff. 6, 607: urstendida bei
Notker und in den Reichenauer Glossen Ra. Das Citat Ct. 81
ist falsch: weder der Wessobrunner, noch der Weissenburger
Katechismus haben das Wort. Aber: in dero urstendidi ] in
resurrectione (in urstende) 43, 8; — Nah tero urstendide ] Nah
dero resurrectione (urstende) 107, 4; — in dero urstendidi | in
resurrectione (ze suono tage) 43, 18. — Gff. 6, 608: irstandinni
nur bei Notker.
Ursnocliunga (Nom. Plur.) ] questiones (reatisca) 41, 5.
— Gff. 6, 87: ursuochunga nur hier.
734
Heinzei.
Urteili (Nom. Sing.) ] urteilda 32, 5; — min urteilt (Nom.
Sing.) ] min urteilda 16, 2; — urteilet (Nom. Sing.) ] irteileda
110, 7; ■— ze dero urteile ] ze dero urteildo 1, 5; — uone sinero
urteili ] föne sinemo iudicio (urt.eilde) 9, 1; — dia urteili (Acc.
Sing.) ] diä urteilda 32, 5; — urteila (Acc. Sing.) ] urteilda 36, 28;
— urteili (Nom. Plur.) ] urteilda 18, 10; — urteile (Nom. Plur.)]
urteilda Bb. SGL Deu. 4; — dero urteila (Gen. Plur.) ] dero irteildon
104, 5; — fone einen urteilen j föne sinen iudiciis (urteildon) 18,
12; — die sine urteili (Acc. Plur.) ] die sine iudicia (urteilda) 18, 11;
— die urteile (Acc. Plur.)] die urteilda 118, 31, — in dero urteili]
In iudicio (mit uberteiledo) 2, 4. 101, 11. — diu urteili ] iudi-
cium (suöno tack) 13, 4; — in dero urteili ] in iudicio (suono-
tage) 44, 5. — diu urteila (Nom. Sing.)] iudicium 110, 7; —
ze dero urteili ] ad iudicium 5, 6; — zi einera urteila ] In iudi
cium 34, 14; — in dero urteile | in iudicio Ann. 10; — dina
urteila (Acc. Plur.) ] iudicia tua 118, 13; — urteile (Nom.
Plur.) ] iudicia Deu. 4; — dina urteili (Acc. Plur.) J dine
iudicia 18, 13; — dinen urteilen \ Dinen martyriis 118, 31. —
Gff. 5, 414: das Femininum urteil, urteila, urteili in den
Monseer, den Emmeramer Glossen Prud. 1, den Tegernseer
Glossen Bib. 1.2, Gd. 1, auch im Spec. eccles., — in den Frank
furter Glossen Can. 4, — in den Weingartner Glossen Bib. 13;
letztere eine Abschrift des 12. Jhs. Decreta Tassilonis: iudi
cia quae Pauuarii urteila dicunt. -— Ueber das Fern, urteil
s. Weinhold, Bair. Gramm. §. 240; aber auch Alem. Gramm.
§§. 275. 274.
Ze demo urfalli ] ad interitum (ze ferlörnisse) 9, 24; —
daz urfal ] interitum (ferlörniqsa) 48, 11; — daz urfal ]cor-
ruptionem Bb., SG. Ann. 8. — Gff. 3, 464: urfal in den Te
gernseer Glossen Gh. 3.
Uzene ] üzon Deu. 26. — Gff. 1, 540: das Verbum üzenen
nur hier, — iizon nur bei Notker. S. inphahende.
Innene unde uzeno ] intus et foris (inuuert ioh üzuuert) 108,
29; — uzina ] uze Deu. 25. — Gff. 1, 1004: üzuuert bei Notker,
in den Juniusschen Glossen Jb., den Reichenauer Glossen Rd.
Rf., — bei Otfried. — Auch in W. 24, 22. 40, 2. 49, 14 ent
sprechend dem Worte der SGaller Hs.
Daz ih uz <juz min pluöt ] effusio sanguinis mei (üzlcuz
minis pluotis) 29, 10. ■— Gff. 4, 285: üzlcuz nur hier.
Wortschatz und Sprachforroen der Wiener Notker-Handschrift.
735
Inphahari ] susceptor (zesihnemo) 45, 10. — Gff. 3, 410:
inphähdri nur hier. — Gif. 2, 1073: zesihnemo nur hier.
InpJiahencle ] suscipienclo (innonto) 101, 10. — Gff. 1,
298: inndn nur bei Notker. S. nzene.
Far eute] uudltendo 136, 1. — Gff. 1, 766: uuatten
nur hier.
Vaterlante ] patria (’heimode) 40, 3; — ze demo euuigen
fatirlante ] ad patriam 125, 4. — Gff. 2, 235: uaterlant in
der Münchner Hs. von Summariuin Heinrici, in Heinrichs
Litan ei.
Feha ] iumenta (zugerinder) 103, 14. — Gff. 4, 117:
zugerind nur hier.
Ufen dia feliuuen ] äffen die feleuua 136, 2. — Gff. 3,
518: feliuua, «-«-Stamm, vielleicht in ,urk. v. 1011 ^ (duabus
arboribus feleuun dictis).
Veilet ] plestet 7, 17. — Gff. 3, 238: plesten in den
Reichenauer Glossen Ra.
Den fels ] die fluoh 113, 8. — Gff. 3, 769: fluoh in
den Juniusschen Glossen Jb. Je., den Reichenauer Glossen
Rd. Rf.
Ferrino ] ferrenän 137, 5. — Gff. 3, 660: ferrino nur in
den Keronischen, den Pariser Glossen Pa., den Reichenauer
Glossen Ra. nachgewiesen; — ferrenän bei Notker und in
anderen SGaller Schriften; in W. 138, 3, wo es dem Worte
der SGaller Hs. entspricht.
Kefesteno ] confirmat (festit) 104, 16. — Gff. 3, 719:
festen nur bei Notker.
Dere f illate ] tristitiae 118, 66; — die uillate ] flagella
118, 66. ■— Gff. 3, 471: filläta in den Wessobrunner Predigten,
den Emmeramer Glossen Prud. 1, den Prüveninger Glossen
Bib. 5, in den Wiener Predigten des 13. Jhs. Fundgruben 1,
70, in der Münchner Hs. von Summarium Heinrici. — In
Prud. 1 auch schwach.
Ir firnen] firnen 42, 4. — Gff. 3, 663: irfimen nur bei
Notker, in den Keronischen, den Pariser Glossen Pa., den
Reichenauer Glossen Ra., •— den Weissenburger Glossen Wo. 3
nachgewiesen.
Fleislichen ] carnalem (lichhaften) 36, 36; — fleisclichenJ
carnalibus (fleiscinen) 43, 25; — der fleisclicho lichenamo]
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. IV. Hft; 4g
736
Heinzei.
corpus animale (felie gelich) 101, 26. — Gff. 2, 104: lichhäft
nur hier.
Fliehenne ] gefliehenne 45, 2. — Gff. 3, 766: gefliShen
nur bei Notker.
Firfliuhist] effugies Bb. SG. 139, 12. Gff. 3, 767:
firfliehan nur aus der Benedictinerregel nachgewiesen.
Flogercet \fldgezat Bb. SG. Deu. 11. — Gff. 3, 763:
flogecen nur hier. — Später auch in Heinrichs Litanei und in
den Windberger Psalmen.
Fluchen leret j flükken uuile Bb.; flücchen uuile SG.
Deu. 11. — Gff. 3, 763: fluchen uolare nur hier; — flücchen
uolare facere nur hier.
Folnussi] plenitudo (folli) 45, 11; —folnussi ] plenitudo
Bb. SG. Ab. 2; — in dero folnussi | in plenitudine Ez. 10. —
Gff. 3, 484: folnussi für folnissi nur in W.; folli bei Notker,
in der Benedictinerregel, in den Keronischen, den Pariser
Glossen Pa., — bei Otfried.
Voluuonet ] perseuerabit 118, 87. — Gff. 1, 874: vol-
uuonen in den Wessobrunner Predigten.
Vone demo chruci | de cruce (aha demo chrüce) 34, 16.
118, 102. — S. aha.
Vorebemeinda ] prouidentiam (fdresild) 9, 2. — Gff. 6,
126: foresiht nur bei Notker.
Forefart \ föreuart Za. 76. — Gff. 3, 583: für forefart,
W. steht furefart; forefart nur hier, furefart nur bei Notker
und in einer Urkunde der Monumenta Boica von 1198.
Frabaltlichun ] teurere —. daz cliit stuzzelingun 9, 2. —
Gff. 3, 112: frabaltlichun und frabaltlih in den Tegernseer
Glossen Ec. 1, Gh. 3, Mart. —• Gff'. 6, 736: stuzzelingun nur
bei Notker.
Ih nefragen ] ih ne mälon 49, 8. — Gff. 2, 651: malen
nur bei Notker.
Manige freisa (Nom. Plur.) ] mani.ge freisige 103, 26. —
Gff. 3, 831 \ fr eisig nur bei Notker.
Fr eis lih ] freisig 139, 4. — Gff. 3, 831: freisig nur bei
Notker.
Die fridisamen ] pacifiei 127, 3. — Gff. 3, 792: fridisam
in den Florianer Glossen Gc. 8, den Salzburger Glossen Gc. 9,
in der Wiener Genesis, — bei Otfried.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift
737
Frisginc ] frunscing 39, 8. 41, 9. — Gff. 3, 833: frun-
scing, frusching, frussing, friusching, frinscing bei Notker, in
den Florentiner Glossen F. und in den Weingartner Glossen
Bib. 13.
Friuntin ] proxima (ndhsippa) 47, 10. — Gff. 6, 66:
ndhsippa nur hier.
Der front tag ] dies dominicus (frontag) 23, 1. — Gff. 4,
360: frontag nur hier.
Dinero frumerehte \ fnlmeuuercho 118, 27. — Gff. 2,
409: frumereht nur bei Notker. — Gff. 1, 966: frumeuuerch
nur liier.
Fulitenter ] umbrilicans (beregenonte) 101, 26. — Gff. 3,
446: füllten nur in den Juniussclien Glossen Ja. nachgewiesen;
— gefüllten in den Rhabanisclien Glossen, — den SGaller
Glossen Sg. 292, den Blasianer Glossen Bl., — und bei
Willi r am.
Fuoren uf ] stigen uf 121, 4, zweimal. — Gff. 3, 562:
üf faren nur bei Notker, in der metrischen Psalmübersetzung,
— und bei Williram nachgewiesen.
Den uuaben]die uudbun 117, 12.— Gff. 1, 648: uuabo
nur bei Williram und in den Trierer Glossen Tr. nachgewiesen;
— uuaba bei Notker, in den Reichenauer Glossen Rd., — und
bei Tatian.
Giuuahtliclies | geuudhtliches Bb., geuuältlicli SG. 137,
2. — Vgl. geuualt ] geuuaht 9, 8 (Psalmtext: memoria). —
Gff. 1, 699: gi.uualitUch nur bei Notker belegt, unkiuuahtlih,
ungeuuahtlicho, geuuahtlicM nur bei Notker und in den Junius-
schen Glossen Je., keuuahten in den Reichenauer Glossen Rg. 2.
Uualhiscon \ latine 2, 6; — uualchisgen ] latine F. A. 1.
Gff. 1, 842: uualhiscon nur hier.
ln sinen geuualt ] in sina geuualt 113, 1; — fone demo
geuualti ] Föne dero geuualt 21, 21; — iro geuualt — diner ]
Iro potestas (mäht) — dm 103, 28. — Gff. 1, 808: geuualt
Fern, bei Notker, in der metrischen Psalmübersetzung, in den
Juniusschen Glossen Je., -- bei Isidor, bei Otfried, bei Tatian.
Sch. 85, d. i. SGaller Paternoster und Credo fällt weg: es
heisst nicht in kiuualti, sondern in kiuualtiu.
Geuualt teta ] Mahtigo teto Ma. 51. — Gff. 2, 617: mah-
tigo bei Notker und Williram.
48*
738
Hein zel.
Uuane] äne 5, 8. 6, 6. 8, 1. 9. 9, 7. 12. 15, 3. 16 vor 1.
21, 2. 23 vor 1. 2. 25, 7. 43, 20. 101, 3. 28. 103, 27. 32. 33.
104, 15. 22. 105, 2; — uuane daz \ äne daz 103, 21. 103, 26.
104, 25. 105, 9. 118, 21. 119; — uuane daz ] uuanda 103, 27; —
uuane daz uuir in loben ] äne in loboen 117, 27. — Gff. 1, 855:
uuane in den Wessobrunner Predigten und in der Wiener Ge
nesis. Das Citat Fundgruben 1, 64 ist falsch. Uuane auch im
Wessobrunner Katechismus Z. 30. — Ueber äne s. uuare in I.
Uuanta)Ziu 118, 128. — Gff. 4, 1206: uuanta quare?
nur in Fragm. theot. nachgewiesen.
Uuantellih ] mutabilis ('uuendeg) 41, 5. — Gff. 1, 764:
uuantellih nur bei Notker Ps. 65, 14 nachgewiesen. S. unuuan-
tellih. — Gff. 1, 763: uuendeg nur bei Notker.
Ueruuantelot | inutati (firuueliselot) 101, 26. — Gff’. 1,
765: ueruuanteldn nur bei Notker, in den Keronischen und den
Reichenauer Glossen Ra. nachgewiesen.
Teta min uuara ] curam mei habet 40, 2. — Gff. 1,
907: uuara tuon nur bei Notker — z. B. Ps. 32, 13. 137, 5
SG. W. — und Williram nachgewiesen.
Uuarliaften J uerax (geuuäre) 27. 3; —- uuarhafte ] uerax
(uuare herro) 101, 9. — Gff. 1, 923: uuärhaft nur bei Notker,
— bei Otfried und in den Mainzer Glossen nachgewiesen. —
Gff. 1, 916: geuuäre, geuuär bei Notker, in den Reichenauer
Glossen Rb., — bei Otfried und Isidor.
Ana uuatet \ induet (legit dna) 37, 5; — hahent ana gi-
uuatet \ induistis 131, 16. — Gff. 1, 744: ana uuäten in der
Wiener Genesis.
Diu erda sih iruuegeta j terre motum (ertpiboth) 34, 16.
— Gff. 3, 21: ertpiboth nur hier.
In dero lteuuegidi. des uuazeres ] in aqua mota (in dem
uuazeruuegi) 102, 7. — Gff. 1, 660: keuuegidi nur in den Berner
Glossen B. nachgewiesen; — uuazeruuegi nur hier, uuegi nur
bei Notker Ps. 82, 12.
Iruuelita ] föreuuelefa 131, 13. — Gff. 1, 838: foreuuelen
nur hier.
Iruuelunga ] electionem Bb. SG. Deu. 9. — Gff. 1, 838:
iruuelunga nur hier.
Zuo dero uuenicheite ] in iniseriam (ze ämere) 103, 27. —
Gff. 1, 596: unter bei Notker, — und in der Wiener Genesis.
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
739
Beuuentet]beuuemmet 105, 39. — Gff. 1, 852: benuem-
men in den Keronischen und den Reichenauer Glossen Ra., —
unbiuuamten in der Benediotinerregel.
Daz uuerbentlicho ] uersatilis (uuerbendaz) 17, 30. —
Gff. 4, 1231: uuerbentlich nur in den Reichenauer Glossen Rb.
nachgewiesen.
Föne clero getougenun wesennusside ] ex secreto sub-
stantiae 109, 3; •— uuesenussida ] substantiam F. A. 1, zwei
mal, — F. A. 2, dreimal. — Gff. 1, 1060: uuesennussida nur
in W.
Uuiderboren \ aberborn 44, 11. — Gff. 3, 142: uuider-
boren langobardisch. — Aberborn, nur bei Notker; —• aburborini
in den Mainzer Glossen.
Uuideret] uuiderlöbot 32, 10. — Gff. 2, 64: uuidarlobön
nur hier.
Uuideruuerue 108, 14 (W. weicht hier ganz ab). — Gff.
4, 1232: uuideruueruen nur bei Otfried und Tatian nachgewiesen.
Uuidercellunga | relationcs F. A. 1. 2. Gff. 5, 653:
uuider cellunga nur in W.
Uuigit | kestdt uuegen 119, 5. — Gff. 6, 590: kestän als
Auxiliäre bei Notker und Otfried. S. sundota.
Uuihi] dedicatio (hüsuuei) 29, 1. — Gff. 1, 724: hüsuuei
nur hier.
Uuillige | deuoti (gotedahte) 107, 9. — Gff. 5, 163: gote-
ddht nur bei Notker.
Uuillicliclii ubeli \ uolontaria malitia (selbuuüUch übeli)
36, 9. — Gff. 1, 829: uuüliclichen Adv. in den Wessobrunner
Predigten; aelbmiillich nur hier.
Den uuirsisten \ reprobum (auuerßgen) 9, 19. — Gff. 1,
1040: duuerfig nur bei Notker.
Ze dero uuis | ze dero sirnilitudine (kelihnisso) 7, 1. —
Gff. 2, 115: kelihnisso. bei Notker, in den Hymnen, in den
Reichenauer Glossen Rb. Rd., in den Juniusschen Glossen Jb.
Je., — bei Isidor, in den Fragm. theot.
Nah Danielis uuissaciomu \ nah Danihelis prophetia
(föresdgo) 42, 3. 50, 13. — Gff. 6, 107: foresaga nur bei
Notker.
Uuistuom — fersten | sapieutia — sapere (Jcesmecheda
-—smechen) 44, 2. — Gff. 6, 825: kesmecheda, nur hier.
740
Heinzei.
Mit dero geuuizzeli] mit dero conscientia (geuuizzedo)
29, 13. — mine.ro geuuizele ] intelligentiae meae (minero uermi-
miste) 31, 8; — dero geuuizele ] intelligentiae (fernümeste) 41, 5. —
geuuizeli (Dat. Sing.)] conscientia (keuuizze) 44, 14; — geuuizela]
scientiam (obescrift) 103, 3; — geuuizela ] seientiam doctrinae
(chünst kelirnis) 103, 10; — geuuizzeli ] conscientiam 7, 5. 36,
19; — giuuizzila ] conscientiam Den. 25. — Gff. 1, 1103: ge
uuizzeli und giuuizzila nur in W.: das Citat Nd. ist Fehler
für Nd. II. Es erscheint auch in den vielleicht aus Wesso
brunn stammenden Geistlichen Rathschlägen, MS Dm' 2 . 582.
Gff. 6, 570: obescrift nur hier. — Gff. 2, 262: kelirn nur bei
Notker.
Uuolne ] enge 113, 4; — uuolne ] iah 115, 16; —
uuolne ] o O. d. 9. — Gff. 1, 835: uuolne im Wessobrunner
Katechismus, in den Wiener Glossen Sch. 81, — vielleicht auch
in den Reichenauer Glossen Rg. 1.2. — Gff. 1, 567 iah = iä
wie im Aristoteles.
Uunderen ] miraculis (iiuunderzeichinin) 39, 15. — Gff.
5, 593: uuunderzeicliin nur bei Notker.
Giuunnen ] gefrehtoton 122, 2. — Gff. 3, 818: gefrehton
bei Notker, in den Hymnen, in den Juniusschen Glossen Ja.
S. geuurhti.
Uunnesam \ minnesam 44, 12. —- Gff. 2, 775: minnesam
nur bei Notker.
Uuochere ] diehsemen 103, 13. — Gff. 5, 111: diehsemo
bei Notker, in den SGaller Glossen G. 2, Gh. 6, den Ein
siedler Glossen E. 2, den Züricher Glossen Z.
Uuocheron ] lucrari 110, 7; — han ih geuuocheret ] super-
lucratus sum 111,5.— Gff. 1, 681: uuocheron nur bei Notker
nachgewiesen.
Uuocheruuga J fructificatio (uuuochir) 107, 9. — Gff. 1,
682: uuocherunga nur bei Notker nachgewiesen.
Sinero geuurhti J sinero frehte 9, 9; — minen geuurhten]
minen frehten 30, 17; — geuurhte (Acc. Plur.) ] frehte 22, 3.
24, 7.; — geuurhti ] frehte 29, 6. — Gff. 1, 975: geuurlit sonst
nur in der Benedictinerregel, den Keronischen, den Pariser
Glossen Pa., den Juniusschen Glossen Jb., den Reichenauer
Glossen Rb. nachgewiesen. Ebenso uuuraht und die Compo-
sita. Aber es erscheint auch bei Heinrich von Melk, in der
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handsclirift.
741
Vorauer Genesis, im Leben Jesu, im Himmelreich Zc. 8, 145.
— S. giuunnen.
Uurti ] gdgenuuerti 30, 20. — Gff. 1, 992: uurt fatum,
euentus in den Rbabanisehen und den Tegernseer Glossen
Tg. 5. Wohl Fehler für gagenuurti'. S. dieses in I.
Canigon \ zdnont Deu. 24. — Gff. 5, 686: canigon in den
Prüveninger Glossen Bib. 5, — zezaniken in der Wiener
Genesis.
Celiencic ] centum Bb. SG. Ez. 16. — Gff. 5, 629: celiencic
(zehanzo) nur bei Notker, Tatian, Otfried, Williram nachge
wiesen : aber cehincicualtigiz, zehaneoherqsto in den Rbabanisehen
Glossen und den Wessobrunner Predigten.
Bezeicliinunga ] bezeichmeda 118, 165. — Gff. 5, 598:
bezeicliinunga in den Emmeramer Glossen Le. 2; — bezeiche-
neda nur bei Notker.
Bezeililichun ] mystice (bezeichinlicho) 103, 4. —- Gff. 5,
594: bezeililichun in den Tegernseer Glossen Ec. 1.
Gicierden ] pompis Bb. SG. Moy. 1. — Gff. 5, 703:
gicierda in den Prüveninger Glossen Bib. 5 (compositione
uerborum), uuipldziarida in den Juniusschen Glossen Jb. Für
pompa in Wessobrunner Glauben und Beichte I und in einem
Grazer Segen Zs. 18, 79.
In dirro zimberunga ] in dirro structura (zimbirrün)
101, 18; — zimberunga ] zimberon 103, 18. — Gff. 5, 672: zim
berunga in den Emmeramer Glossen Em. 19. — Gff. 5, 670:
zimbirra bei Notker, in der Benedictinerregel, in den Kero-
nischen, den Pariser Glossen Pa.
Föne dera cisternen ] fone dero cisterna 136, 7. — Gff.
4, 1280: cisterna in der Wiener Genesis.
Fone demo zite 12, 1 (W. weicht hier ganz ab); — in
demo zite ] in tempore 109,3; — daz zit ] tempus (zit) zweimal,
36, 34: — feruarnez cit — chumftigez ] praeteritum (irgangen
zit) — futurum (ckünftig) 38, 5; — diu zit ] plenitudo temporis
(folli zitis) 31, 6; — fruoiz zit] inmaturum tempus 118, 147;
— manigiu zit, ] tempora 118, 157. — Gff. 5, 633: zit Neut. in
den Wessobrunner Predigten, den Prüveninger Glossen Bib. 5,
— dann in der Wiener Genesis und der Millstäter Hs., — aber
auch bei Notker; s. Weinhold, Bair. Gramm. §. 241, Alem.
Gramm. §. 276.
742
Heinzei.
Daz citlichi ] temporalia (zitfristigiü dinch) 13, 5; —
citlih ] temporalis (zitfristig) ^5, 8; — diu zitlichen ] temporalia
(■uuerltzitelichiu) 36, 25. 26. — Gff. 3, 838: zitfristig. — Gff. 5,
638: uuerltzitelicli nur bei Notker.
Der zorn ] zelus (diu anda) 30, 11. — Gff. 1, 268: anda
nur hier.
Dina zuochumft ] dina adveritum (.chumft) 9, 21. — Gff.
4, 676: zuochumft in den Emmeramer Glossen Em. 21.
Zuriuuarda] ferspürneda 118, 165. — Gff. 6, 359: fer-
spurneda in den Keronischen Glossen.
Zuruuari ] scandala ([uyerrun) 25, 1. 41, 11. 47, 13; —
zunuuare ] scandalum 1.18,42.— Gff. 1, 918: zuruuari. in den
Monseer, den Münchner Glossen Prud. 4, den Tegernseer
Glossen Can. 10. 11, den Emmeramer Glossen Prud. 1. — Das
Adj. in den Emmeramer Glossen Em. 21, Prud. 1, den Tegern
seer Glossen RB. VA. — Gff. 1, 945: uuerra bei Notker.
Nachtrag zu I. ana hero ] dna hure 101, 3. — Gff. 4,
978: herjan, herran in der Wiener Genesis (harte) und bei
Notker, Ps. 19, 7 (bereuten).
Allgemeine Bemerkungen über den Wortschatz.
Der Wortschatz zeigt gegenüber SG. einige eigentüm
liche Neigungen und Bevorzugungen.
Die Ableitung -nussida, -nussidi: s. irpalcnusside, pitter-
nussidi, plintnussidi, trinussida, ferdamnussidi, einnvssidi, irchant-
nussida, gelihnussidi, flornussidi, folnussidi, feruuartnussidi,
uuesennusside.
Für -ida findet sich häufig -idi.
Die Ableitung -ig-, ig: s. anadahtic (Adj.), armhercige
(Subst.), durnolitige (Subst.), durnohtigi (Adj.), .darftegen (Verb.),
ehenpüdige (Adj.), ebenmazig (Adj.), ehaldige (Subst.), ertburtic
(Adj.), gagehuuertigis (Adj.), chestigi (Subst.), chunftigen (Adj.),
lebentegon (Adj.), gilibhaftigen (Verb.), libhaftiget (Verb.), lib-
haftigiu (Adj.), libhaftigunga (Subst.), mezhaftigot (Verb.), mi-
selsuhtigen (Adj.), genotegot (Verb.), rauuegen (Adj.), herehihaf-
Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
743
tigot (Verb.), sMnhafti (Adj.), statigen (Verb.), gestatigen (Verb.),
static (Adj.), sündigen (Adj.), ubermuofigon ( Adj.), unbirige (Adj.),
unchreftec (Adj.), unsculdigen (Adj.), unstatec (Adj.), in uppic
(Adj.), Üppigkeit (Subst.), frouuic (Adj.), uuarhaftic (Adj.),
uuillige (Adj.), uuillidichi (Adj.), canigon (Verb.)
Daneben allerdings auch einige Stellen, an denen Sg.,
nicht W., die Ableitung bietet, s. anidahti (Subst.), puldi (Subst.),
diemuoti (Adj.), geleidet (Verb.), lucel (Adj.), gerehthaftet, (Verb.),
gescanti (Verb.), freisci (Subst.)
Die Ableitung -is: s. giresoton, girsunga, lustesunge, riu-
uuosot.
Die Composition mit -lih: s. potelichi (Adj.), prutlichen
(Verb.), diemuotlicho (Adv.), gidvlticlicho (Adv.), durhfertlichera
(Adj.), gegotelichet (Verb.), gougilliche (Adj.), harmsallichun
(Adj.), heilfuorlih (Adj.), innerlih (Adj.), christenlih (Adj.),
lihnamenliclmn (Adj.), lihnamolichen (Adj.), lugeliclion (Adj.),
michelliche (Subst.), muozlih (Adj,), nahlicho (Adv.), neizelichen
(Adj.), ordenliehen (Adv.), ruhelich (Adj.), tötlichi (»Subst.), tät
lichen (Adj.), triulicho (Adv.), unbrouchlih (Adj.), ungehtuom-
lichen (Adv.), unlihnamolichemo (Adj.), unmuozlichen (Adj.j,
untotlichi (Subst.), untotlichi (Adj.), unuuantellih (Adj.), unzuht-
lichun (Adj.), biuanchlichen (Adj.), fleislichen (Adj.), freislih
(Adj.), fridelicho (Adv.), uuanteüih (Adj.), uuerbentlicho (Adj. i,
uuizentlih (Adj.), geuuonecliche (Adv.), uuunneliistlichun (Adv.),
citlichi (Adj.)
Hier besonders viel Neubildungen. Dass umgekehrt SG.
die Bildung auf -lih böte, W. nicht, ist sehr selten: s. michel,
unveruuorta.
Die schwache Declination wird bevorzugt: s. biuen (Subst.),
minnon (Subst.), rucho (Subst.), spruren (Subst.), stauchen (Subst.),
feliuuen (Subst.).
-sieche in der Bedeutung nex: s. manslecke, faterslecke.
Das Präfix bi-, bi- wird bevorzugt in pidroz, pigiht, bi-
giht.a 118, 167, bisJcirmari, beskirmet, piskirmunge.
-gilih statt -lih, um die Gesamintlicit anzuzeigen: s. bounu-
glih, dieticlichemo, manniglili, nahtegeliches.
Fer- ist beliebt: s. firdruchit Moy. 4, firgaze Deu. 4, firgiht,
uerhengecle, ferhengen, ferherunge, Jirmanida, firsmahten, fertiligon,
firfliuhist.
744 Heinzei. Wortschatz und Sprachformen der Wiener Notker-Handschrift.
Ne ist zu ergänzen in als für nals, in uuare für ne uuare.
Die Adverbia oder Adjectiva hintere, sundere, nordere
für hintert, in sunde, in norde.
Manche lateinische Wörter erscheinen in W. zuerst in
deutscher Flexionsform: s. euangeliari, euuangelisten, 'Patriarchen,
propheton in I, — aber aecclesiae, matutinum in II.
Das Geschlecht zeigt dialektische Eigenthiimlichkeiten
in abgot II, pluomo II, diet II, gedingo II, einble II, ,ente II,
ertuuochir II, huoh I, chint- I, lib II, lilia II, hat II, Ion II,
luog II, mere II, molt II, nätero 1, salba II, slunda I, sunno II,
teil II, getougene I, urdriez I, uuabo II, geimalt II, zit II,
zorn I.
XIX. SITZUNG VOM 21. JULI 1875.
Der Vicepräsident gedenkt des w. M. J. Gabriel Seidl,
welcher am 18. d. M. verstorben ist.
Die Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides
von den Sitzen.
Herr E. Littre in Paris und Herr Amari in Florenz
sprechen ihren Dank aus für die Wahl zum Ehrenmitglied,
bez. correspondirendem Mitgliede der philos.-histor. Classe im
Auslande.
Die Direction des k. k. militär-geographischen Institutes
übermittelt die fertig gestellten Blätter der neuen Specialkarte
von Oesterreich-Ungarn.
Der Secretär legt eine Abhandlung des Herrn Dr. Hans
von Zwiedinek-Südenhorst in Graz vor, welche den Titel
führt: ,Geschichte der religiösen Bewegung in Inner-Oester
reich im 18. Jahrhundert 1 , und um deren Aufnahme in das
Archiv angesucht wird.
Das corr. Mitglied, Herr Professor Th. Go mp er z über
sendet die für die Sitzungsberichte bestimmte Fortsetzung
seiner ,Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schrift
steller 1 . II. Zu Euripides.
Das w. M. Herr Dr. A. Pfizmaier legt eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung, betitelt: ,Ueber japa
nische geographische Namen 1 vor.
Das w. M. Herr Franz Kitter von Miklosich legt zur
Aufnahme in die Denkschriften eine Abhandlung vor: ,Ueber
746
die Mundarten und die Wanderungen der Zigeuner Europa’s.
V. Vocabular der Mundart der Zigeuner der Bukowina'.
An Druckschriften wurden vor gelegt:
Aceademia, lteg'ia, di Scionze, Lettere ed Arti in Modena: Memorie.
Tomo XV. Modena, 1875; 4 n .
Anzeiger für Kunde der Deutschen Vorzeit. N. F. XXI. Jahrgang, Nr. 1 —
12. Nürnberg, 1874; 4°.
Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XVIII.
(neue Folge VIII), Nr. ß und 7. Wien, 187ö; 8°.
— der Wissenschaften, k. böhmische: Abhandlungen vom Jahre 1874.
Sechste Folge. VII. Band. Prag, 1875; 4°. — Regesla diplomatica nec
non epistolaria Bohtmiae et Moraviae. Pars II. Annorum 1253—1310.
Opera Joserphi Emler. Vol. 7. Pragae, 1875; 4°.
Halle, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1875. 4°.
Hang, Martin, & E. W. West, The Book of Arda Viraf. Bombay und
London, 1872; 8°. — Glossary and Index of the Pahlavi Texts of the
Book of Arda Viraf. Bombay and London, 1874; 8°.
Institut, k. k. militär-geographisches: Specialkarte der österr.-ungar. Mon
archie im Masse von 1 : 750.00 (32 Blätter). Folio.
Larsen, Alfred, & J. B. Halvorsen, La vie et les oeuvres de Peter
Christen Asbjörnsen. Christiania, 1873; 4°.
Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Er
haltung der Kunst und historischen Denkmale. N. F. I. Baud, I. Heft.
Wien, 1875; 4°.
Oss olinskisches Institut: Rechenschaftsbericht für das Jahr 1874. Lem
berg, 1875; 8°.
,Revue politique et litteraire 1 et ,Revue scicntifique de la France et de
l’Etranger 1 . V“ Annee, 2“ Serie. Nr. 3. Paris, 1875; 4°.
Societe Imperiale Russe de Geographie: Memoires. Section de Geographie.
Tom. III. (1873); Section d’Ethnographie. Tomes III—V. (1873); Section
de Statistique. Tomes III et IV. (1873 et 1874). St.-Petersbourg;
gr. 8°. — Bulletin. Tomes VIII, IX et X. St.-Petersbourg, 1872, 1873
ct 1874; 8°. — Travaux de l’expedition ethnographique dans la Russie
occidentale. Tome V. St.-Petersbourg, 1874; kl. 4°. — Travaux de
l’enquete sur le commerce des grains en Russie dans la region centrale.
St.-Petersbourg, 1873; gr. 8°. — Mernes travaux. Region Volga-Newa. Par
M. J. Borkovsky. St.-Petersbourg, 1874: gr. 8°. — Mernes travaux. Region
occidentale. Par M. Ra'ievsky. St.-Petersbourg, 1874; gr. 8°. — Travaux de
l’expedition seientifique en Siberie. Partie botanique. Tome II. (1874); Partie
geologique, Tome III. (1873) St.-Petersbourg; 4°. — Descriptiongeographique,
par C. Ritter. Le TurkestanChinoiset le Turkestan oriental. Tome V (1869).
Supplement. Tome V (1873). Iran. Tome VI. (1874); 8°. — Exploration
du Turkestan, par N. Stverzoff. St.-Petersbourg, 1873; 8°.
Society, The Asiatic, of Bengal: Journal. Part. I. Nr. IV. 1874. Calcutta;
8°. — Proceedings. Nr. X. December 1874: Nr. I. January 1875.
Calcutta; 8° — Bibliotheca Indica. N. S. Nr. 313. Calcutta, 1875; 8 n .
Verein, siebenbürgischer, fiir romanische Literatur und Cultur des roma
nischen Volkes: TransilvaniA. Anulu VIII, Nr. 9—14. Kronstadt, 1875; 4°.
BK i
Gomperz. Beiträge zur Kritik und Erklärung griecliisclier Schriftsteller. 747
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer
Schriftsteller.
Von
Prof. Dr. Th. Gomperz,
corr. Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften.
II.
Zu Euripides.
1. Suppl. 520—521.
— avw yap äv psoi
Ta 'irpa'j-p.aO’ outok, d ’T:iTa^6p.Ea6a B-j.
Theseus weist die Zumuthung des thebanischen Herolds
als eine unerhörte, sein Verlangen als ein unerfüllbares zurück:
,da müssten ja die Quellen nach aufwärts fliessen, wenn wir
uns befehlen lassen sollten'. Aehnliche Ausdrucksweisen zur
Bezeichnung des Unmöglichen findet man bei ’Herodot 5,
92, 1 (r| ü, b te oüpav'oc Etjiat EvepOe t^c -/.te.) wie bei Euripides
selbst (Frg. 688, 2: Ttpocös yap y.äKO yfjc eiaiv aaxpa. . . . itpiv ei; sp.oü
ooi OOV äiravrijaat Aoyov) und eben derselbe sprichwörtlich
gewordene Hinweis auf die Umkehr der Natur war einst bei
Aeschylus und ist noch in dem berühmten Chorgesang unseres
Dichters zu lesen: avw no'cap.wv ispiov y^wpouai itayaf (Med.
410). Vgl. Hesych. avw xoTagwv • xapdtp.i'a .... v.iypr^na'. •/.«!
EupMi'SYjc y.ai McyüXoc; ähnlich Suidas; Zenob. II, 56 (Paroem.
gr. I, 47); Lucian apol. pro merc. cond. §. 1 und dial. mort.
VI, wo Hemsterhuys und Lehmann weitere Belege beibringen
(II, 498). Analoges ist bekannt aus Verg. Ecl. I, 59; Ovid.
Her. V, 29 und Trist. I, 8, 5; Seneca Med. 373; Theocr. I,
134 (ein Vers, der jetzt für unächt gilt).
An unserer Stelle gibt ein Theil der Uebersetzer die
Worte sinngemäss wieder: ,denn so strömte ja der Quell
nach oben' (Donner); ,dann müsste ja bergauf das Wasser
748
Gomperz.
rinnen' (Hartung). Andere liefern ein getreues Spiegelbild des
sinnlosen Originals: , rückwärts strömten ja die Dinge (Fritze);
,sürsum enim fluerent res ita' (Fix).
Bedarf es vieler Worte um die Tliatsaclie zu erweisen,
dass das poetische vdp.a0’ (der Plural auch Bacch. 5; Phoen. 126;
659; Here. 625; Frg. 1068, 5) hier ebenso zu ccpaygaO’ verderbt
worden ist wie Iph. Aul. 888 zu opp.a-r’, wo Hense erst kürzlich
das nichtige mit unzweifelhafter Sicherheit ermittelt hat? —
Zum Ueberfluss vergleiche man Alciphr. III, 33, init. (p. 53
Meineke), wo aller Wahrscheinlichkeit nach eine directe Nach
bildung unserer Verse — wenn nicht vielleicht ihres äschy-
leischen Urbilds — vorliegt: soize y.ai t! vap.ata e!<; ta avo)
pu-ijcecrÖai, et ye oikioc , <L Kopfexe , oeepr;Xoteatspoi; ysyovo); . . . epx?
y.tBapwcoü yuvaiy.ee v.~i. 1
2. Hippol. 104—107.
Das von V. 88 an mit gewohnter Meisterschaft geführte
Gespräch des Hippolyt und seines alten Dieners erleidet an
dieser Stelle eine Störung, die sich durch Umstellung eines
Verspaares mit voller Sicherheit heilen lässt. Bei der über
lieferten Ordnung erregt vor allem V. 106 (zu dessen Erklärung
man nebenbei nur Bacch. 485, nicht aber das noch genauer ent
sprechende* Frg. 528 heranzieht) einen, wie mich dünkt, auf keine
Weise hinwegzuräumenden Anstoss. Denn was soll der Tadel
der Kypris an einer Stelle wo schon längst nicht mehr von dieser
Göttin die Rede ist? Man stelle 106—7 vor 104—5 und lese:
103 0E. Gsp.ri) ys [j.svio: xcnricvp.Oi; ev ßpiTOic.
106 111. o : J0£t? |J.’ äpscntei vinctl 9y.up.x3~cbc Oswv.
107 0E. Ttp.awiv, ü ctat, oaip.ovwv /pYjaSxt /peOv.
104 III. a/Aoiatv xKkoc, 6eüv re y.avOpm-itiov p.sÄEi.
105 0E. EÜSaip,ovoiY]c vouv s)uov oiov oe SeT.
Auf die specielle Anpreisung der Aphrodite folgt jetzt
die speciell auf diese gemünzte tadelnde Aeusserung, — auf
die allgemein gehaltene Aufforderung die Götter zu ehren die
1 Als icli diese Besserung- fand, war mein erster Gedanke, sie müsse schon
längst gefunden sein. Doch habe ich Ausgabe auf Ausgabe, Erklärungs-
Schrift nach Erklärungsschrift vergebens aufgeschlagcn. Nirgends konnte
ich auch nur die Andeutung eines Zweifels oder die Anerkennung einer
Schwierigkeit entdecken. Habent sua fata—loci corrupti!
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller. 749
ebenso allgemeine Erwiderung: nicht jeder braucht jeden zu ehren.
Der buchgelehrte Hippolyt zeigt sich, wie billig, der frommen
Einfalt des Alten durchaus überlegen. Dieser räumt eine
seiner Positionen nach der anderen; die engere, die er zuerst
eingenommen, wie die weitere und höhere, in der er — aus
der ersteren vertrieben — Schutz gesucht hat. So bleibt ihm
denn, nachdem er im Wortgefechte unterlegen, nichts übrig
als sich kopfschüttelnd zurückzuziehen, und — äusserlich be
siegt, aber nicht innerlich überzeugt — seiner bösen Ahnung
in einem Stossseufzer Luft zu machen, der die höfliche und,
wenn man will, abergläubische Form eines Wunsches annimmt,
— eines Wunsches, an dessen Erfüllung er selbst so wenig
glaubt als der Dichter.
Nur zum Theil mit mir übereinstimmend hat kürzlich
Wecklein (Studien zu Euripides in Jahrb. Suppl. VII, 3, 344—45)
unsere Stelle behandelt. Warum ich seine Anordnung der
Verse (104—107—106—105) nicht billigen kann, ergibt sich
aus der obigen Darlegung von selbst.
3. Hippol. 233 ff.
vuv oy) p.sv opoq ßao’ sxi O-jpac
icööov sarsXXou, vuv S’aü 4ap.a0o'.c
etc’ dzup.ävTOt? Ttfihwv spaoa'i.
Wenn ein so eminenter Forscher und genauer Kenne:' des
Euripides wie Weil zur Rechtfertigung der jetzt allgemein
aufgenommenen Lesart -60ov (die besten Hss. bieten das sinn
lose 7co0£v)' nichts besseres zu sagen weiss als: au heu de dire:
,tu partais pour la chasse‘ . . . eile dit ,tu partais pour le
desir de la chassV — dann wird man wohl vermuthen
dürfen, dass die Kritik ihr Werk zu frühe geschlossen, die
Interpretation das ihre zur Unzeit begonnen hat. Und ist denn
opo? ßao’, ,monte conscenso' (wie Fix richtig übersetzt), mit
eotsXXou und der thatsächliehen Situation irgend vereinbar, ja
vor sctteXXou auch nur möglich? Ich wüsste nicht, wie sich
den augenscheinlichen Gebrechen der Ueberlieferung anders
oder leichter abhelfen liesse als durch die Schreibung:
1 Desgleichen der Archetypus des Pliotius und der Parisin. A. des
S ui das s. v. vuv orj.
v
i
750
Gom p erz.
vüv Sr) p.ev Spo; ßäc’ Ein O^pa;
x:60<p eaxekkou zte.
Im übrigen mag man meine Auffassung immerhin grob
realistisch schelten : ich kann nicht umhin zu denken, dass die
Worte 8poc ßao’ e~t und desgleichen soteaXcu etwas mehr be
sagen wollen als z. B. Paley sie bedeuten lässt: ,for just now
liaving gone (in imagination) to the mountain, you were all
eagerness after the chase.' Die Amme hat meines Erachtens
nicht sowohl die bezüglichen Worte (rrsp.'irsTe p.’ ei; opoc ■ clp.i
Txpb; uXyjv, V. 215) als die sie begleitende Action im Auge,
über die uns die Scholien eine so merkwürdige (durch das
Spiel der Rachel, wie Weil bemerkt, glänzend bestätigte) Nach
richt bewahrt haben: svxau0a os Ss! tov uxoxpiv6p,Evov /.tv/jaou sauxov
•/.ai o/v^p-axt y.ai tpwvvj zat ev x£> ,etp.t xpb; öXyjv* dvaitrjSav, wc auxr,
Tcbp£uop.Evr). Und da sich die Erregung der Phädra im fol
genden nur steigert — der Ausruf: itpo; Oswv, epap.ai y.ucu Owu^ai
y.-E. macht wahrlich nicht den Eindruck als wäre er wieder
vom Ruhelager aus gesprochen — so konnte die Amme wohl
nicht mit Unrecht sagen, sie habe ,soeben erst von Jagdlust
getrieben sich aufgemacht und den Gang zum Waldgebirge
angetreten'. Uebrigens lasse ich den Accusativ opoc von sw
abhängen, nicht etwa mit Annahme einer Tmesis von ixißäaa.
cpo; s-ißaivEiv heisst: ,den Berg besteigen'; in ßcraa etc’ opo;
braucht Ittt nicht, mehr zu besagen als ei; in Tcsg-EXE p.’ ei;
opoc oder txps; in elp-i ixp'oc uXv]v; es kann die blosse Richtung
bezeichnen, in der Phädra, vom Ruhebett aufspringend, sich
bewegt hatte. 1 Endlich, die meiner Auffassung widerstrebenden
,Gesetze der nachgestellten Präposition', die Lehrs (Jahrb. 85,
310—315) ermittelt hat, kann ich nur mit den Einschränkungen
gelten lassen, deren Vorhandensein Wecklein (Studien zu
Aeschylus, 79—82) überzeugend erwiesen hat.
Doch ich mag in alle dem irren; unerschüttert bleibt,
denke ich, die Thatsache, dass das ,Verlangen' nur als das
1 Vielleicht nicht ohne Rücksicht auf das Landschaftsbild im Hintergrund
der Bühne! Der Agrai oder Ardettos genannte Höhenzug, der Cultsitz
der ,Wildgöttirü Artemis (’AypoT^pa) entbehrte zum mindesten nicht
jeglichen Waldschmucks. Vgl. Aristoph. Tliesm. 114—15, auch Pau-
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
751
Motiv und die treibende Kraft, nicht aber als das Ziel des
Aufbruchs erscheinen kann (also eaxeXXou tcOco , nicht aber
lixl x60ov).
4. Hippol. 468—470.
oüoe axey'0v ?js *axY)pe©ei? Soptoi
'/.aXüic a*piß<iaetav ■ ei? 8s ttjv xüjr<)v
iteaoua’ ooyjv au itm? &'i suveuaat 8o*eTi; 5
Zur Herstellung der — was auch Monk und Paley sagen
mögen — arg beschädigten, wenn auch nicht, wie Kirchhoff
meinte, unheilbar zerrütteten ersten anderthalb Verse hat die
von einem Scholiasten aufbewahrte Variante: oogot • 00*01 und
noch mehr das folgende Scholion den Weg gewiesen: ouoe
<rtk(rp y®P • • • • KaXws ä*pißtl>aetav *ai xb pixpov xoü oiaaxv)p.axoq xöv
Sojjuov (8ox.c5v Weil) <puXai;etav, tb? p.vjxe s*£(vr ( v icoXb äxe^stv p.vjxe xrjv
aXXnjv icXv)a(a£eiv. 1 sixa itp'o? p.ev l*6Xwv auvOeaeic *ai (y.axa las, sicherlich
richtig, Valckenaer) xavöva; eüauv0sxou<; ou* £<pt*sxo xij? a*piße(aq
r t xs/rrj • au 3s xrjXi*auxv)v aug^opav äxxaiaxo)i; ßoüXet 7tapa8pap,e7v. (I,
164 Dindorf).
Auf dieser Grundlage ist die Restitution der Stelle nahezu
vollständig gelungen. Markland hat y.avmv, Weil *axY]peiprj oo*o?<;
gefunden (und die Verse trefflich erklärt: les hommes ne doi-
vent pas viser h une conduite trop rigoureusement eorrecte: ils
ne peuvent pas meine faire un plafond, une toiture d’une pre-
cision exacte) nachdem Dr. Seidler 00*01' aufgenommen hatte.
Statt oaptßdwei’ av endlich, wie Valckenaer, Dindorf, Weil,
Madvig schrieben, vermuthe ich, von Nauck’s 2 Ausführungen
überzeugt: av — äy.pißwaeisv. Gegen Monk’s (in erster Ausgabe),
Kirchhoff’s und Paley’s ouo’ av spricht nämlich, meines Erach
tens, die Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, tj; dann durch
etwas Passendes zu ersetzen (wofür doch weder Kirchhoff’s ei?
noch Weil’s eu gelten kann), mehr aber noch nach meinem Ge
fühl die Nothwendigkeit, den Hauptbegriff an der Spitze des
Gleichnisses nackt und scharf hervor treten zu lassen. Und
1 Hiess das nicht einmal: d>; pjx’ ly.eTXictv xoAu dxfyyiv p.rjx£ xrjS’ ayav
7cXr)aid?Eiv ?
2 ,Die Elision der dritten Person Singul. im Optativus Aor. 1 Act. ist
sicherlich der Tragödie fremd, obwohl mau sie öfter durch Conjectur
einzuschwärzen versucht hat.‘ Euripid. Studien I, 49.
Sitzungsber. d. pliil.-liist. CI. LXXX. Bd. IV. Hft. 49
752
Gomperz.
der Vorwurf der Gewaltsamkeit trifft jene Aenderungen, die
zwei Annahmen in sich schliessen, beziehungsweise schliessen
sollten — den unmotivirten Ausfall von av und die Verderb-
niss von et; oder eS zu — wohl stärker als meine Voraus
setzung, man habe zwischen oref^v , und zar-/jps^st; 86[j.oi ein
Bindeglied benöthigt und darum av durch vj; ersetzt.
Doch wenden wir uns zur zweiten Hälfte dieser Verse.
Sollte noch Niemand bemerkt haben, dass die Verbindung xrjv
t6/y]v—oavjv eine sprachwidrige ist? Dies brachte mich auf die
Vermuthung — für die auch andere Gründe sprechen, — xü^v
möchte ein Glossem sein und das glossirte Wort verdrängt
haben. Zu Versmass und Zusammenhang wie zum euripideischen
Sprachgebrauch würde bestens passen: st; zX63wva Se •—. Ich
schlage die Scholien auf und finde meine Muthmassung im
allgemeinen wie im besonderen bestätigt, ja ich darf wohl
sagen, bis zur Evidenz als richtig erwiesen: — et; 8s xsXafo;
aSyjXov xvj;’ xüyyiS * EzzoXup,ßrjc;ai ■ otzetöxaxa oe xyj Xeijet y.iypyxa'.
ß; esa xsXavou; zai /stp.ßvo; • azoXsuOto; oe zat xw jXecoücra'
xpo; xvjv augifopav (1. gsxatpopav mit A) s/^pvja'axo. (I, 134). Wo
mit man sofort vergleiche das Scholion zu der Parallelstelle
822—824:
zazßv 8’ ß xaXa; xeXaYo; eiaopß
toctoutov ukjxe tj.ijxox’ szveuaat xaXtv
|j,y]3’ szxspaaat züp.a xvjaSe aujhpppä;.
Dasselbe lautet wie folgt: p.Y)o’ ezxepäcrat xüpta • avxi xou
[ezzoXugßijeat] 1 xapepxetv, sxsi zat ,xsXaYo;‘ xposi'pYjxat. evsgetve os
xyj (jtexaoopä (I, 165). Ferner Hesych. s. v. zXuStlmov • xeXaY°?.
yeigßv • zat öopußo; xpaygaxtov. Letzteres erinnert an Schol.
ad Hecub. 118 Dind. (116 Nauck): zXöSwv • xapa^ij. Oopußo;
(I, 250) und dieses an Schob ad Phoen. 859: zXuSwvt ■ zat
xapayyj zai ev iJ.eyaAY] a'/äy/.-f] und xapayyj zat my%uasi zazßv
(III, 240). Endlich vergleiche man die Scholien zu Aesch.
Pers. 599: — oxav g-sXöy] xot; ßpoxot; zXüSwv zat /etp.uv zazßv
(p. 473) und zu Soph. Electr. 733: zXuSwv’ eohxxov • xyjv ixxtzvjv
xapa■/_•)’/ ev piaw xapaxxop.sv^v (II, 263).
1 Das Wort, das ohne Zweifel auch hier wie oben — wo ich eine Lücke
vor demselben annehmen musste — EXVEuaat wiedergeben soll, ist gewiss
an die Unrechte Stelle geratheil.
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
753
Und somit dürften die Wunden, welche Unverstand
und Fahrlässigkeit diesen Versen geschlagen haben, insgesammt
erkannt und geheilt sein. Denn Madvig’s Vorschlag (advers.
I, 254), auch xsaooaa und zwar in tcoövö’ zu ändern, wird kaum
als zulässig, gewiss nicht als nothwendig befunden werden.
Unleugbar liegt hier eine confusio duarum constructionum vor,
für die auch mir augenblicklich keine Belege zur Hand sind,
die ich aber darum doch nicht wegemendiren möchte. Es ist
als ob wir im Deutschen sagten (und ähnliches spricht und
schreibt man gewiss nicht allzu selten): ,bei einer Gesundheit
wie die deine kannst du auf ein hohes Alter rechnen 1 statt
streng logisch zu sagen entweder: ,bei einer Gesundheit wie
die deine kann man u. s. w.‘, oder: ,bei deiner Gesundheit
kannst du u. s. w 1 . Wäre nun in unserem Falle die verall
gemeinernde Construction (ei? xXiSwva .. . oaov ab —- ,eine
Fluth, so gewaltig wie jene in die du gestürzt bist') nicht
gewählt worden, so würde die Darstellung der erforderlichen
Kraft ermangeln; wäre sie consequent festgehalten (also ^eaöv0’
geschrieben, wozu man nvä zu ergänzen hätte, Krüger 55, 2, 6:
,wie kannst du glauben, dass Jemand . . . entrinnen könnte?')
so würde sie, denk’ ich, der Actualität entbehren. Es stünde
ein allgemeiner Gedanke vor uns, wo wir seine Anwendung
auf den vorliegenden Fall erwarten. Zu jenem xe<jöv0’ aber
(wie Madvig wollte) t'ov xavova zu denken und exveüaai von exveuw
,declino' abzuleiten, - dies erweist sich (von allem andern ab
gesehen) schon im Hinblick auf den oben angeführten V. 823
als völlig unstatthaft. Desselben Kritikers Einwand gegen die
herkömmliche Auffassung: ,praeterea non quaeritur h. 1., pos-
sitne Phaedra enatare et evadere' hat der Scholiast (s. oben)
durch das seiner Paraphrase eingeflochtene Wörtchen ä-aatarwc
bereits zutreffend beantwortet. Nicht ob Phädra der auf sie
einstürmenden Schicksalsfluth entrinnen werde, sondern — und
diese Ergänzung bietet der Zusammenhang mit Nothwendigkeit
dar — ob sie ihr völlig unversehrt, ohne jegliche Einbusse
und ohne das mindeste Opfer werde entrinnen können, das ist
die Frage. Dadurch hängt die zweite Hälfte dieser Verse mit
der ersten zusammen, gleichwie diese sich an den vorher
gehenden V. 467 (ouo’ exzo.v.eiv toi XP4 V ß lov Uav ßpotoü?) begrün
dend anschliesst.
49*
754
Gora perz.
So wird es denn wohl bei der folgenden Fassung der
drei Verse sein Bewenden haben:
ouSs oTsyip yap Sv y.av()pea)Y) ooxotc
y.avibv äxptßäiaeisv • ei? y.XüSwva oe
Tceaoucr’ oaov au tü)? Äv exveuaai ooxet?;
5. Hippol. 1344-1346.
— w xövo? oi'xwv,
o'tov sy.pavOr, ciSuuov peAaöpoi?
icevÖo? öeoöev xaxaXyjtcxöv.
Wem die Behauptung, Y.y.-y'/.r-.-ic habe an dieser einen
Stelle active Bedeutung, durch ihre häufige Wiederholung nicht
eben glaublicher geworden ist und wem Musgrave’s und
Madvig’s prosodische Wagnisse — xocxaaxY)xxöv und xaxaßXvjxöv
(advers. I, 254) — um nichts annehmbarer dünken, der dürfte
gleich uns geneigt sein in der folgenden Stelle des Aristides
(II, 460 Dind.) das Wort des lülthsels zu finden: xai xt osT
TtaXippoia? xai S£va? Xiyeiv, äp.eX^aavxa oxi out’ auxoOsv 6 NeTXo?
opp.äxai —■ oü0’ ÜTrep xou? xaxappäxxa? Suvaxov x'o '6Swp üxepßaXeiv, ei p.i]
xax’ Aia/üXov w? aXr;0w? si; ai0epo? xt? auxo xaxäxaXxov ^epeaOai
Oeiv; —. Vgl. Soph. Ant. 131: xaXxw pwtxei xupi mit dem Scholion:
xw y.epauvw xw avio6ev xaXOsvxt. Dass auch an unserer Stelle das
Bild des Blitzes dem Dichter vorschwebt, haben die Ueber-
setzer zum mindesten dunkel empfunden. So Donner:
Weh, Jammer und Noth! Welch doppeltes Leid
Hat über dem Haus,
Von den Göttern gesandt, sich entladen.
6. Iphig. Taur. 695—698.
crcoOet? oe xatoa? e? epwjg ipocxopou
xxrjaäp.svo?, ijv eow/.a aot oäp.apx’ ej^eiv,
bvop.ä x’ ep.oü yivoiz’ äv, ouS’ ä'xai? 3öp.oc
oüp,b? xaxpwo? e^aXei^Oetv) xox’ ä'v.
Orestes spricht im Angesicht des Todes die Hoffnung
aus, es werde aus des Pylades und der Elektra Ehe ein Sohn
entspriessen, der seinen Namen führen und sein Haus vor dem
Erlöschen bewahren werde. So verstehen die Uebersetzer und
Erklärer mit vollstem Recht die vier Verse, mit alleiniger
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
755
Ausnahme Gottfried Hermann’s, dessen Auffassung Paley concis
wiedergibt: ,cto0ev-o? crou, ovopa spou yevoit’ av (because you
would relate the circumstances of my death), and
x.xY)aapivou raSSa? om o!v &,r^\ewdr t Söp.ocf Dass Hermann hier
wie so häufig- von seinem Hang zu subtiler Auslegung irre
geleitet worden ist, dies braucht wohl nicht erst umständlich be
wiesen zu werden. Denn weder kann der nur allzu bekannte
Orestes daran denken sich ,einen Namen' zu machen, noch
lässt sich aus dem Wort crwödq all das herauslesen, was der be
rühmte Kritiker darin findet. Zum mindesten endlich müsste man
durch Markland’s Schreibung TiaiSdc die für jene Deutung erfor
derliche Coordination der beiden Participien hersteilen; wer
wird aber wohl im Ernste daran denken, die tadellose asyn-
detische Folge zweier Aorist-Participien (cwOs'k;— •/.xvja-äpevoi;),
durch die der Grieche die Aufeinanderfolge der Einzelmomente
einer Handlung so prägnant auszudrücken liebt, jener Grille zu
Liebe aufzugeben?
Gedanke und Ausdruck bedürfen für den Kenner griechi
scher Sitte und Sprache keines Beleges. Nur um Markland’s
und Badham’s unglücklichen Einfall ,oü0’ xxok; obpoq* abzu
wehren mag an Plato Legg. IX, 878 B erinnert sein: xoütcö
to) Tpo~u eiteuijapEVOoi; auxov xAvjpovbpov -/.aTasTVjcai /.aia vopov, xbv
s’ EJjapapxbvxa avoivupov eav -/.ai ä-aioa xal ä'poippv XEtaOai, oder an
Isaeus Menecl. §. 36: . . xo> ep.o> -sraiätw £0£jjwjv xo ovopa xö sxeivou,
iv« p.v) avwvupo.; 6 oix.oc aüxoü yiy/jtai und §. 37: xeXeuxifcavxa
8’ auxbv a-aioa *at avdivupov ßouAExat xaxa(rrijaai (vgl. §. 46 und
die ganze Rede), gleichwie an Euripides selbst: Oxvmv yap or/.ov
opcpavbv AeiiW ttaxpb? (Orest. 664).
7. Ion, 1—3.
”AxXa?, 5 %otky.ioiai vüxoic oüpavöv
0ewv xraXaiov otxov Exxptßwv, Oeojv
p.iäc £©u(7£ Matav, r t p’ b'b'ictio —
An die prächtige Herstellung dieser Verse, die wir Nauck’s
kritischem Genie Verdanken (Mel. gr.-rom. II, 637—38),' glaube
1 Noch diesem haben auch Heimsöth (Krit. Stud. I, 297) und Wecldein
(Ars Soph. emend. p. 192) das Richtige gefunden. Seltsamer Weise
theilen beide Gelehrte Kirchhotf’s Versehen, indem sie Pleione für eine
der Pleiaden (ex IIeXeuxocov), anstatt für die Mutter derselben halten.
756
Gomperz.
ich die letzte Hand legen zu können durch Einsetzung des
Wortes TiraviSwv in die am Schluss des zweiten Verses offen
gelassene Lücke. Denn wenn es wahr ist, dass ,tilii quoque
Titanum simpliciter Titanes appellantuP (W. Gurlitt, de tetra-
poli attica, p. 25), so lässt sich das gleiche von dem auch ad-
jectivisch gebrauchten Tt-avic um so sicherer erwarten. Und wenn
Euripides des x<T( v>>r fi Mepoip Tochter Trcavioa y.oüpyjv nennt (Helen.
382), warum sollte er diese Bezeichnung der Pleione versagen,
die als Kind des Okeanos und der Tethys xx 1 afj^otv eine echte
Titanentochter ist? Man wird somit in Zukunft, unbekümmert
um den noch unenträthselten Ursprung der monströsen Ver-
derbniss, 1 die Verse hoffentlich also schreiben:
"ATÄa?, 'o /ahv.iovj'. vwtoictiv tpepwv
0swv xaAaiov oiy.ov, ix Tiravßwv
ptä? stpoae Maüav, yj \j.’ eyeivato —.
8. Hecub. 568-570.
i) os Ovijaxoua’ op-u?
zoAXijv xpovoiav si^sv eucr/rqy.wp xsaeiv,
y.püxTGUcr’ ä y-ptixreiv op.p.aP apcrevwv Xpswv.
Die von Porson und lvirchhoff zu dieser Stelle gesam
melten ,testimonia veterum' lassen sich um ein Zeugniss ver
mehren, das nicht nur das weitaus älteste ist, sondern welches
in der uns noch jetzt vorliegenden Handschrift bereits ver
zeichnet war ehe einer jener Autoren (der jüngere Plinius, 2
1 Möglicherweise geht exxpfßcov 0scov auf ex xpüov Oecdv zurück und dies
mag der dem Versmass anbequemte, verkümmerte Rest einer Marginal
glosse sein, in der einst von den vermeintlichen ,dr ei tausend 4 Okeaniden
die Rede war. Vgl. Hes. Theog. 364 und Apollod. bibl. I, 2, 2: iycvovxo
8e Tixavcov exyovoi •’Qxeavou (j.ev xa'i [xp la^fXiai] ’QxeaviSe? xxi.—
Sollte übrigens ein Nachhall des ersten Verses noch erhalten sein in den
von dem Scholiasten zu Oppian. Halieut. I, 619 aufbewahrten Jamben:
MuOog TuaXa'.o; ’AtXas vtoxot; cpipzi xxi.? Dindorfs Restitutionsversuch
(s. die Vorrede zu seiner Leipziger Sophokles-Ausgabe vom Jahre 1867,
p. V—VI und Herwerden 1 s Ion, p. 70) halte ich für ganz und gar
verunglückt.
2 Von diesem gilt das Gesagte nicht mit voller Strenge. Denn er zählte
18 Jahre als Herculanum verschüttet ward, und es ist ja zur Noth eben
möglich, dass unsere Hs. erst kurz vor Thorschluss geschrieben ward!
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
757
Galen, 1 Lucian, Herrn eigenes, Clemens, Eustathius) das Licht
der Welt erblickt hatte. In dem noch unveröffentlichten her-
culanensischen Papyrus Nr. 831 nämlich, von dessen Oxforder
Copie ich ein getreues Facsimile besitze, lesen wir Col. 1: -/.ai
r, rc(apa) xotc xpaywoiOTCOiol: (sic), .... övija/.ouca 5pwc -povoiav gr/e
!j.757;cx(e) äc(-ecr)slv. So ungenau auch das Citat ist: an
gesichts des Schwankens der Hss. zwischen , sü<r/v5po)?,
vjT/jqii.ö'/itic und suc^vjpwv (so der Zweitälteste Zeuge, Plinius
Epist. IV, 11, 9) scheint es mir dennoch für die letztgenannte
Lesart den Ausschlag zu geben. Denn wer wäre wohl, aus
dem Gedächtniss citirend, auf das in dieser Verbindung so ge
wählte Adjectiv verfallen, wenn er ein Adverb gelesen hätte?
Und muss nicht dem also verstärkten plinianischen Zeugniss
ein Wort weichen, das in dem ganzen weiten Bereich der
griechischen Literatur sonst keine Stütze findet als die schwan
kende des Etym. Magn. (398, 20) und Gud. (221, 40)?
Ueber den Zusammenhang, in dem jenes Citat erscheint,
wage ich lieber keine Vermuthung. Der Verfasser der wie es
scheint über Geisteskrankheiten handelnden (jetzt sechs Halb-
columnen starken) Schrift war •— wofür ohnehin die Präsum
tion spricht — wahrscheinlich ein Epikureer (vgl. Col. 5:
•/.xOaxep iprjaiv ’E-i'zoupo;), vielleicht Demetrius Laco. Darauf
führt mich Col. 4: zai 6 laxpo? 'IxTcoxpaxY;? xou? o9(0a)Xpouc yqavi
a-o-/.axio(etv) (sic) ostv etc! xivmv • ijv (yctp ai ö^ei? ituzva xsivecima(t,
pavrjv)ai xo6[s]xou<; i'kmc (Prognost. c. 7 — II, 126 Littre), ver
glichen mit Erotian s. v. nXocyyoiSsa (81, 3 Klein), wonach der
Epikureer Demetrios eine völlig gleichartige, auf maniakalische
Symptome bezügliche Stelle der Praenot. coacae (§. 550 —
V, 710 L.) erörtert und, beiläufig bemerkt, erstaunlich miss
verstanden hat. Es ist der einzige Epikureer, von dem uns
ähnliche Studien bekannt sind.
9. Helen. 441—442.
u ypaia, xaüxa xaux’ Eier, y.aXöc Aeysic.
säjssx'. • -siaopat yap ■ akW ävsc Aoyov.
Alle Gelehrten, die in jüngster Zeit diese vielumstrittenen
Verse behandelten, haben sich in einem gemeinsamen Versehen
1 Beiläufig, Kirchlioff’s diesmal nicht ganz klare Angaben beziehen sicli auf:
XVIII, 2, 8 Kühn = VIII, 585 Chartier und XIV, 236 K. = XIII, 941 Ch,
758
Go mper z.
begegnet. Schwerlich hätte Dindorf eine Interpolation (Poet,
sc. gr. "' III, 206), Schenkl eine IJeberarbeitung der Verse
angenommen (Zeitschr. f. öst. Gymn. 25, 445), — sicherlich
hätten Madvig (Advers. I, 237), Heimsoeth (Bonner Sommer
programm 1872, p. 27) und Herwerden (Stud. crit. in poet.
sc. gr. p. 38) dieselben nicht in übereinstimmender Weise zu
heilen versucht, wenn sie beachtet hätten, dass Kirchhof!
genau dieselbe völlig einleuchtende Emendation schon vor
zwanzig Jahren veröffentlicht hat (ed. maj. II, p. 504), nämlich:
5> fpaia, xauxa xaüx’ &trj — Xeyeiv
£^£(JXf TiElCTOp-ai y.xs.
Unbefriedigend erscheinen mir die Versuche der vier
Kritiker nur dort wo ihre Wege sich scheiden. Denn wenn
Kirchhoffs zauöt? und Herwerden’s ‘/.dXXw?, ,alio modo (id est,
minus iracunde)' wenig sinngemäss scheinen, so ist Madvig’s
und Ileimsoeth’s xpawc dies zwar in hohem Grade, zugleich
jedoch so gewaltsam, dass nur die Verzweiflung darnach greifen
könnte. Wie nun, wenn es keiner Aenderung eines Buch
stabens, ja auch nur eines Striches bedürfte um ein ganz
ebenso sinnentsprechendes, wenn nicht noch sinnentsprechen
deres Wort zu gewinnen? KAAQC kann nicht nur y.aXwc, es
kann möglicherweise auch ’y.xXwc, d. h. d y.aXwc bedeuten. Vgl.
Hesych. dy.aXöv • vjau^ov, rcpäov, p,aXaz6v; auch dy.aXa- a'iosa, vjau/a.
Etym. M. 44, 20 und 154, 16 wird äy.aXwc durch wieder
gegeben; Apollon, (lex. hom. 20, 27) erklärt xy.aXappEixT)? durch
ccpaw? peorr ay.aXbv yap xo ijcuyov, desgleichen Eustathius (1871,
54) durch 6 iy.ccXüc vm\ vjcb^wc pswv, und dzahov ist ihm (1009,
31) = icpaö, [j.aXÖay.iv, äAosov, fjcru*/ov. Endlich und hauptsäch
lich, Steph. Byz. bietet s. v. Ilapösvioc den Vers: &q axaXd icpo-
p£wv, wc äßplj ixap0£vo? sTaiv, den man jetzt mit gutem Grunde
dem Hesiod zuschreibt (vgl. A. Kaegi in Kitschl’s Acta II, 2,
442, der ebendort völlig sicher herstellt: dXX’ dy.aXw? [statt äXXd
y.at w;] Tcpoadyotsv Trptanjovt owpa, hymn. hom. in Apoll, pyth. 94).
Dem etwaigen Einwurf aber, das so seltene Amkcq sei bisher
in der Tragödie nicht nachgewiesen, kann ich nicht das mindeste
Gewicht beilegen. Es mag dies ein guter Grund sein um eine
gewaltsame Aenderung abzuwehren; er zählt nichts wenn es
gilt das Ueberlieferte in seinem Recht zu schützen. Dass das
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
759
Wort übrigens nicht ausschliesslich episch und dialektisch
(,a-/.aX'ov yap Ttapä SixeXoTc xo fjau^ov' Herodian. II, 436, 36 Lentz),
sondern zu allen Zeiten im Volksmund heimisch war, dies
scheint auch die Art zu beweisen, wie noch der Verf. des
Etym. M. und Eustathius mit demselben hantiren.
10. Helen. 876 sqq.
Bi xXyjp.ov, olo’jq O'.aoUYwv yjXOec ttovou?,
ouo’ oiaGa voaxov olkao’ eit’ auxou p.evsTc -
eptc yap sv GeoI? göXXoyöc ts goü itspi
saxai zapEopop Zvjvl xüo’ ev -ijp.axi.
"Hpa p,sv 75 soi Suc|xev7ji; TtapoiGsv vjv, —.
Der zweite dieser Verse leidet an mehrfachen Mängeln
des Sinnes wie des Ausdrucks. Vor allem an einem logischen
Gebrechen, das sich auf keine Weise bemänteln lässt. Denn
Menelaos könnte sehr wohl über sein Zukunftsgeschick auch
dann im Unklaren sein wenn die bevorstehende Götterver
sammlung bereits stattgefunden hätte! Theonoe kann nur sagen
wollen: ob du an das Ziel deiner Leiden gelangt bist, das ist
ungewiss, — denn im Rath der Götter wird erst heute über
dein Schicksal entschieden. Mit der objectiven Ungewiss
heit der Sache, die im folgenden allein begründet wird, fällt
aber die subjoctive Ungewissheit, nicht eines gewöhn
lichen Sterblichen, nicht des Menelaos, sondern der Seherin,
der in die Geheimnisse der Götterwelt eingeweihten Theonoe
zusammen. Darum ist oüo’ oioa ebenso möglich, ja nothwendig
als ouo’ o’30a sinnlos und unmöglich ist.
Und welche Alternative liegt den Göttern zur Entschei
dung vor? Auf der einen Seite: Rettung und Heimkehr
(•/.e?c xäxpav awaai GeXei 881; aov awaw ßi'ov 889), auf der andern
— nicht ein blosses ,Hier-Verbleiben', sondern der Unter
gang (voaxov aov Sia^Getpai GeXei 884; a’ evQäo’ovxa 3ioXsau 888).
Mit einem Worte, Euripides schrieb zweifelsohne:
oi)3’ oiSa, voaxo? a’ ciV.ao’ elV axY] p.sver
Hiervon hat oioa und p.evei bereits Herwerden gefunden, Ana-
lecta trag. p. 209 (Oed. rex, ed. maj., Appendix). Aehnlich
z. B. Iph. T. 1065—66: opäxe o’ up zpsig pla xu/;r, xouc ipiXxaxoup
Y'0? ~axpuag voaxop Gavetv s'/ei, oder Helen. 803: ijijpoa
G o m p e r z.
760
pivet os |xaXXov •?) Toupöv Xsyoc. (Man vgl. auch Hercul. 307;
1152. Heracl. 60. Phoen. 1638. Troad. 244 45; 431. — Hecub.
688. Alcest. 91 —92. Frg. 651, und damit nicht Jemand an
oi'y.ao’ rüttle und etwa evöoco’ vermuthe: Iph. T. 534; 1018—19
und Siinonid. Frg. 119, 3 Bergkh Nicht minder gründlich
beschädigt war z. B. der V. 578: cr/itlai ■ aoi Set tuotscoc aase-
Gzepaq (so Rauchenstein, Badham, Madvig statt der Lesart der
Handschrift: oyii^ai • v. oou Sei ti; ecm ocu oooüxspoo). 1
11. Electra, 1088—1090.
icdi? ou ireoiv jttefaotaa, 2 Tcaxpwou? oopou?
fj]ltv upoavjiia?, aXX’ aitYiveykti) Xe^r,
xaXXoTpta, ptaOau -ou? ydp.ou? (bvcup.svv;;
Allo Erklärer, die hier überhaupt etwas erklären, wieder
holen mit einem Munde Benj. Heath’s Auslegung der von uns
hervorgehobenen Worte: ,sed mercedem reportasti alienum
torum, nuptiis pretio emtish Nun könnte aber das Atywöou
Xe/_oc (Orest. 619) nur dann ein ,fremdes 4 heissen wenn es als
das Eigenthum einer durch Klytämnestra in ihrem Recht ge
schädigten Gemalin bezeichnet werden sollte. So sagt Amphi-
tryo zu Zeus (Hercul. 344—45):
ou 3’ st? [j.£v süvoc? y.püoio? ^Hoto) p.oXsiv,
-aXXoxpia Xiy.~pa ocvxo? ouoevo? Xaßaiv —.
Ivlytämnestra’s eigenes Ehelager, das übrigens sie selbst
doch unmöglich ,als Preis gewinnen' kann, ist ja durch Aga-
memnon’s — gleichviel ob gewaltsames oder natürliches —
Ende wirklich frei geworden und Niemandes Besitzthum. Und
ferner: nicht ihre Wiederverheirathung bildet jetzt den
Gegenstand der Anklage, sondern die Beraubung ihrer Kinder.
Die fraglichen Worte müssen das positive Gegenstück zur vor
angehenden Negation bilden, also: ,Warum hast du uns nicht
1 Die zwei gescheitesten unter den älteren Euripides-Kritikern, Musgrave
und der unvergleichliche Eeiske, haben, wie billig, an der richtigen
Überlieferung unseres Verses gezweifelt. Der erstere wollte voortüv, der
letztere voazzic, lesen oder durch eine unmögliche Deutung den guten
Sinn erzwingen: ,num reditus te maneat 1 (animadv. 137).
2 So Canter statt des groben Fehlers der Handschrift: mos oüv -baw ztef-
vao’ ou —.
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
761
unser väterliches. Erbe ausgefolgt, sondern — dich (nach
griechischer Sprechweise, dein Lager) mit fremdem Gute
ausgesteuert? Man schreibe: äXX’ e ixYjvsvy.o) Xey_£| xaXXoxpta—.
Die evidente Besserung ward übrigens schon vor 44 Jahren
nicht nur zur Hälfte, 1 sondern in ihrer Ganzheit von Peter
Camper gefunden, was ich selbst freilich erst in diesen Tagen
bemerkte, als ich einem Wink von Wilamowitz-Möllendorffls
(Analecta Euripid., pass.) folgend das alte und für veraltet
geltende Buch aufschlug.
Man vergleiche: Phoen. 1586—88: - dp/ac xvjaoe
scwxe p,oi j ’EtsoxXsyj? ixat<; co?, -/Gp.cov <pep'iaq oioou? | Atpovt v.öpr,;
xe Xey.xpov ’Avxiyövi)? ireöev. Aehnlich Soph. Trach. 161—63: vüv
§’ w? ix’ oüy. 8>v p.sv Xe/ou? 8 ti | j^pei'r) p.’ eXeaÖai xxijfftv, eots
o’ yjv "Ey.vo'.c | gotpav Txaxpwac yfjq Siatpsxbv vsp.ot. — Für xäXXöxpta
bedarf es kaum des Hinweises auf Stellen wie Eur. Frg. 886
oder Plato Rep. 344 A: xupavvt'?, •>j ou y.axa ap.tx.pbv xäXXoxpta
y.al XoiGpa x.a! ßt'a otcpatpeixai, xai Ispä xai oaia za! i'ota y.ai ovjpöcta - .
Exupepopat wird ,proprie de dote, quam uxor afferat' gesagt
(Cobet, Var. Lect. 204, wo gleichwie im Thesaurus man. bei
fügen mag Dio Chrys. or. 15, 466 Reisk. — I, 259, 29 Dind.:
ac;xr)v ei; ätjxöv xai xpolxa txavvjv eixevrjveYpivyjv), 2 daneben freilich
auch tpepcp.ai (Eur. Androm. 1282: prjo’ ei ^a-Xouxoup ourexat
tpepva? oöpot;—, Antiphan. ap. Stob. Flor. 72,9,2: — yitvaiKo;
xpolxa toXXvjv ©epcpevr].:—, Xenoph. Oecon. VII, 13 : cü xe oaa ^vey/M
~xvxa ei? xb xotvbv xaxe6r)xa?, was Cobet 1. 1. nicht anfechten
durfte) und sicrtpspopa t:
Pollux Onom. 3, 36: &axe e’faotc <äv eiae'/ey/.aabou txpoixa—.
Demosth. or. 27, 814, 3 (Or. att. I, 752): ixt os xvjv
•(pexspav pr,xepa 7t£vxi)y.5vxa p.väc et? xbv sixov siosvijvsY(*svr,v.
Theophr. char. c. 22 (24, 20 Foss): y.ai x-ij yj'ica-y.i ok xf (
eauxoö xpolxoc (tcoXXtjv oder xaXavxov wollte Meineke, Philol. 14, 405,
mit Unrecht, wie ich ein andermal nachweisen werde, hin
zufügen) etaev£Y>tanevY) p/f, TcptaaOat GspäTtatvav —.
1 ,E7cr)V^Y>c(u Camper 1 — so lautet die stereotype Meldung der neueren Her
ausgeber. Wie übrigens diese — Kirehhoff, Nauck, Dindorf — das
Emrjvfyxw Xe'^jr) ihrer jüngeren Auflagen verstanden wissen wollen, ist mir
völlig unbekannt.
2 Man vgl. den analogen Gebrauch von e jc 13i3 to pi von Homer (II. 9,
147—48) angefangen.
762
G o m p e r z.
Id. c. 28 (30, 24): xp fdp aüxou yuvaizt xäXavxa (wohl xa-
Xavxov nach Diibner und Meineke) £iaeve-p/.ap,£VY) xpoiy.a, ei;
■qq xaiSiov aiixw y £ Y 0V£ —•
Cobet’s grandiose Aenderung der ersten Theophrast-Stelle
(die auch Foss p. 69 und Meineke a. a. 0. 406 zurückweisen)
ist um so verwunderlicher, da er die zweite (Mnemos. n. s. II,
65) unbeanstandet passiren lässt. Das Gut der Frau wird in
das Haus gebracht (tpspo)), wie diese selbst in das Haus ge
führt, heimgeführt wird (ayw).
Herod. V, 39, 16: xr ( v v/v. yuvaiy.a .... xauxr,v äxsvxa aXXvp
iaayxyeaOar —. V, 40. 24: y.al aXXyjv Tup'o? xauxr) eatxyaye yuvama
Tsy.voTtotöv. VI, 63, 1 : ouxw p.sv oyj xyjv xptxvjv icr/jydyero yuvaiza b
Apfexwv —.
Ps. Hippocr. epist. 17 (IX, 368 fin. Littre): ezßocXXovxE«;
Yap.sx7)v exeprjv eladyo'/ta.'. —.
Plutarch. Romul. c. 15 (I, 51, 19 Sink, ed. min.) —
üq ix’ oüSev aXXo uxoipy/jp.a xijq ywa.iY.bq •)) xaXacdav EtaaYop.evY)?.
Pausan. V, 3, 4: Xy.xcpoc yccp xotc xaic'tv aSeXipd? sGayayo-
{j.evotq o'.o6p.a; ec xov oiy.ov —.
Danach ist der ergötzliche Irrthum zu berichtigen, den
die verdienstvollen Herausgeber der Papyrus du Louvre
begangen haben indem sie (S. 310) eine Verlobungsanzeige
für die Ankündigung einer gerichtlichen Verfolgung hielten.
Das — aus dem Jahre 154 v. Chr. stammende — Billet
(Planche 33, Nr. 43) lautet wie folgt:
Sapaxiwv IIxoXep,atw xai AtoXXwvÜi) (sic) xoTc doeXsotc -/atpEiv.
si IppwcGai (sic), eppwp.ai §e zaüxö?. Guyy eypap-p.a'. xvj 'Eaxipou
Ouyaxpi, [j.sAAw oe tadyeiv (sic) ev xw (sic) Mexopi) za'Aüc
xoujasic axoaxelXai p.n -Ijp.r/ouv IXai'ou. yiypatpa 1 (ip-sA tv’ sioijxaL (sic),
xapa^evopivou oe elff(ei) xyjv vjp.ioav. sppcoao. L KH ’Exei’ip KA.
1 Für ein y.xOo vor yiypapa bietet der Papyrus so wenig Raum wie der
Zusammenhang. In ei? mit einem Haken darüber kann ich nur e'laei,
nicht e!;, was keinen Sinn gäbe, erblicken. auYyEypa[j.p.at xtn 8eiv« heisst
wörtlich: ich habe mit N. N. einen Vertrag geschlossen (vgl. Pap. du
Louvre, S. 174); welcher Art dieser Contract war, lehrt der Zusammen
hang. Aehnlich Shakspeare, Winter’s Tale V, 3:
— With your crowned brother and these your contraeted
Heirs of your kingdom my poor house to visit—.
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
763
Also nicht ,le sens de poursuivre' hat hier etcaysiv und
,des difficultes avec la tille de Hesperus' — mögen sich allen
falls nach der Hochzeit ergeben haben ! Jetzt ist Sarapion ganz
glücklicher Bräutigam, der über dem Gedanken an die nahe
Vermählung (der Mesore folgt dem Epiph) alles vergisst —
auch den Unterschied von Einzahl und Vielzahl, — nur nicht
das ärmliche Geschenk, das er sich bei diesem frohen Anlass
in so zwangloser Weise zu erbitten weiss. Hoffen wir, dass
die Heirath, die einen alten Familienzwist dieser kleinen Leute
abschloss, ohne Störung erfolgt ist und dass den Brüdern
,seiner Zeit' (icapafevoiiivou , nämlich toü xaipou oder ypövou) die
Einladung zum Hochzeitsmahl richtig und rechtzeitig zuging.
12. Elektra 1109—1112.
ot|j.ot xotAatva ~üv e|j.wv ßouheogixTiov •
w; p.aAAov ^ ypyjv vjXaa’ ei; opyrj'i ttociv.
So klagt Klytämnestra: ihr antwortet Elektra:
oile cTEvd^eic, vjvtx,’ oüx sysic mr, -
xaTrjp gev oüv reövyjxev—.
Was bereut Klytämnestra? Dass sie den Gatten zu sehr in
Zorn gejagt habe, oder dass sie von ihrer Erbitterung gegen
den Gemahl, d. h. gegen Agamemnon, sich zu weit habe
fortreissen lassen? Offenbar das letztere. Man schreibe also:
ö)c gaAAov rj ypvjv ■}jXac’ ei? opyty Tcocei.
Der Einzige, der bisher an der überlieferten Fassung
des Verses Anstoss genommen hat, Heinrich van Herwerden,
hat denselben zweimal (1867 und 1872) in abweichender
Weise behandelt. Beide Male weist er mit Recht auf den
Widerspruch hin, in welchem sich der Vers mit dem Prolog
des Dramas befindet, und er hätte mit noch besserem Recht
seine Unvereinbarkeit mit V. 1117 (xpoTOi towjtoi) behaupten
können; denn Klytämnestra kann doch nicht in einem Athem
die dypiÖTr]? ihres jetzigen Gemahls seinem Temperament und
ihrer Einwirkung zuschreiben. Doch theilt Herwerden den
zähen Irrthum aller (oder fast aller) seiner Vorgänger, indem
764
Gomperz.
er ohne Rücksicht auf das folgende annimmt, es sei hier von
Klytämnestra’s Verfahren gegen ihre Kinder die Rede, und
demgemäss unter allen Umständen an Aegisth als dem toui?
festhalten muss. Doch wären seine Vorschläge auch dann un
annehmbar wenn wir diese Voraussetzung gelten lassen könnten.
Seine erste Aeusserung (Anal. trag. p. 211) lautet also : ,mani-
festo haec pugnant cum v. 27. L(ege): nam } qkaer’- est
3 pers. et intransitivum'. Dieser Aenderungsvorschlag ist schon
darum unstatthaft, weil die Gesinnung oder That eines An
deren nicht den Gegenstand meiner Reue (o’igoi •— twv ipiwv
ßouAsugflCTWv) bilden kann. Die zweite Vermuthung: <b; gäXXov
■?} ypr,') |R v^Xas’ et? opyljv tcögiq (Stud. crit. in trag. gr. p. 42)
müssten wir aber aus dem einfachen Grunde ablehnen, weil Kly-
tämnestra als Motiv ihres Verhaltens gegen Orest- und Elektra
niemals — weder vorher noch nachher — den Affect des
Zornes bezeichnet oder bezeichnen kann. Gegen Agamemnon
aber (wenn wir — was offenbar Herwerden’s Meinung nicht
ist — an dessen Ermordung denken) war ihre eigene, im vor
angehenden ausführlich begründete, offen eingestandene, ja (wie
Elektra - 1067 — meint) bis zur Uebertreibung betonte Er
bitterung stark genug um keiner fremden Nachhilfe zu be
dürfen. Jedenfalls würde das Hereinziehen des Aegisth ihr
ganzes bisheriges Vertheidigungssystem durchbrechen; will sie
doch in ihrem Buhlen nur einen Bundesgenossen gesucht und
gefunden haben, mit dessen Beistand sie ihre Unbilden rächen
konnte (1046—48), einen Helfer, nicht einen Anstifter der
That. Doch ich mag nicht gegen Windmühlen kämpfen; darum
überlasse ich den (irre ich nicht) letzten noch möglichen Irr
weg — ich meine den etwaigen Versuch diesem zweiten Vor
schlag dadurch aufzuhelfen, dass man Agamemnon und nicht
Aegisth als das Subject ansieht getrost dem Urtheil des
einsichtigen Lesers.
Eine merkwürdige Ahnung des Richtigen zeigt die wun
derliche Anmerkung Bothe’s: ,significari videtur altercatio
Agamemnonis et Clytaemnestrae illo die quo occisus est;
qua de re nihil, quod sciam, traditur ab aliis‘.
765
dit«!
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
13. Heraclid. 165 folg.
— zaxov Xoyov
•/.ivjaei icpo? aaTuv ei yspovTOc sTvexa
x6jJ.ßo'J TO [Jt,Y)8sV OVTO?, (1)? EItcEv E7C0?,
■rcat'Swv Ts töv8’ sl? avxXov sgßvfcsi TcöSa.
speli; to Xqkjtov sXtHS’ sup-ijcsiv p.övov.
VM TOUTO TToXXtp TOÜ TCCtpOVTO? EvSeS? -
v.t/mc yap ’Apysi'ounv otS’ wirXioptevot
P-d/_OtVT’ Otv Yjß^oaVTE?, Et TI TOUTO OE
(jlUXY)V ETCaipEl, JVOUV ptEOU TToXuq ^pÖVO?,
sv ö) SispyacOssT’ dv. —
Die beste Erklärung des von Kritikern und Exege,ten 1
nicht eben glücklich behandelten V. 169 hat immerhin noch der
alte Josua Barnes geliefert: ,sed dices, hoc unum quod Optimum
est te inventurum esse, spem‘. Lob verdient diese Uebertra-
gung auch darum weil sie ein zwar unabsichtliches, aber darum
nicht minder helles Licht wirft auf den Sitz des Uebels, das
uniibersetzt gebliebene, weil unübersetzbare jxbvov. Einen an
deren Makel des Originals kann auch diese gelungene Copie
nicht verläugnen: — Soeben hatte Ivopreus den Beherrscher
Attika’s vor der üblen Nachrede gewarnt, die ihn treffen würde,
falls er um eines lebensmüden Greises und um unbärtiger
Knaben willen die Sicherheit seines Landes gefährden wollte
(•/.ocy.bv Xoyov zt^uei xpb; äoTiov xt£.). Darauf antwortet Demophon,
welchem der Herold des Eurystheus hier ein Argument leiht,
das stärker als alle früher erörterten gegen die Auslieferung
der Herakles-Söhne spricht, — (natürlich um auch dieses als
hinfällig zu erweisen und so endgültig obzusiegen): EpsTo- to
1 Jene haben hier buchstäblich nicht einen Stein auf dem anderen ge
lassen. Statt spst? ward (von Heath) S7:st und (von Madvig) 6eV st?,
statt to Xoxttov (von Musgrave) to XotaOov, statt supvjastv (von Reiske) su
Trpa^stv oder su ooaastv und (von Heath und Madvig) sup^ast?, statt [xovov
(von Hartung’) yaptv vermuthet. Die Schäden des Textes und die Miss
verständnisse der Interpreten zeigt am grellsten die Uebertragung von
Pix: ,dices, quod speciosissimum, te spem tantum inventurum esse‘.
Ein Curiosum ist Pflugk’s (von Klotz gebilligte) Paraphrase: ,quodsi id
quod solum aliquam speciem habet commemorare volueris, nihil profecto
aliud proferes, nisi suscepto miserorum patrocinio id te ailsequuturum,
ut bene sperare liceat.‘
766
Gomporz.
Xwuxov -/.xs. Es gilt — wie die Erwiderung (171—74): y.ay.ük
'(old 'Apysfowiv ev <o SiepyaaOe'Ex'’ av unzweideutig lehrt — die
Macht und Wehrhaftigkeit des Staates, der einen so unerwar
teten Kraftzuwachs nicht von sich weisen soll, dessen er in
schlimmen Tagen wohl bedürfen könnte. Der dem Fürsten
drohende Vorwurf der Laune und Willkür wird somit von
diesem abgewehrt mit dem Hinweis auf das Wohl des Landes,
das Interesse des Gemeinwesens. Und da sollte — in diesem
mit wunderbarer rhetorischer Kunst geführten Plaidoyer, wo
jedem Gedanken der schärfste, wirkungsvollste Ausdruck zu
Theil wird, — das Wort Staat oder Gemeinwesen gar nicht
erscheinen ? Es sollte heissen: ,ich, der Fürst, werde das
Beste erlangen was es gibt' u. s. w., während das Schwer
gewicht der Beweisführung eben darauf ruht, dass nicht das
Privätinteresse des Herrschers, sondern das Heil des Landes
die Flüchtigen zu schützen gebiete? Die beiden Schäden sind
im Grunde nur einer. Das überschüssige [xcvov (als Lücken-
hüsser erscheint das Wort, um nur Sicheres anzuführen, auch
Phoen. 1232 und Helen. 493 am Versausgang) hilft uns den
jetzt wahrgenommenen Gedankenabgang ersetzen. Und was
sollte der Dichter wohl anderes geschrieben haben als:
Ipelt;- ,x'o Xwoxov, eXm3’, eüpijaei xoXi? 1 -
Du wirst entgegnen: ,die Stadt wird das Beste erlangen was
es gibt, eine Zukunftshoffnung', — worauf blitzschnell, und
darum ohne Adversativpartikel, die Duplik folgt:
y.ai iouxo xoXXw xou xapovxo? evoee?-
,doch auch dies bleibt weit hinter den Anforderungen der ge
genwärtigen Lage' (der emergency würde ein Engländer sagen)
,zurück.' Man vergleiche:
epeic • ,aSiivaxov' • atixo xobxo ■ xob? <pfXouc
ev xbi? y.ay.olc /pr ( xolc <piXoiaiv üxpeXelv.
(Orest. 665—66).
epel xi? • ,ou -/pvjv' ■ o ii bk '/pfj'), oüz elxaxe. 1
(Eur. frg. 707).
1 Das wäre wenigstens eine sprachlich und metrisch mögliche und durch
gedrungene Gedankenkraft des Euripides würdige Fassung dieses Bruch
stücks. Ihm liegt, wie es scheint, eine Situation zu Grunde, wie sie
zumal im öffentlichen Leben nicht allzu selten vorkommt. Wie oft
glauben nicht negative Geister eine Massregel schon darum tadeln zu
Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
767
14. Hercules 190 ff.
avrjp i^Xk-qq SouXo? egxi xuiv oxÄtov
y.äv xowi auvxaxÖelaiv ouai jjlyj ä-faGoi?
auxb? t£0vtjx,£ SetXi'a xj) xwv xeXas,
Öpaüca? xe A6*p/jr]v cuy. s^ei xw Gtipaxt
Gavaxov dpuuvat, p.iav e^uv dAx,Y;v povov.
Hat sich jemals ein auch nur erträglicher Schriftsteller
so stümperhaft ausgedrückt, wie hier die Handschrift unseren
denk- und sprachgewandten Dichter reden lässt? ,Der Hoplit
ist der Sklave seiner Waffen, und wenn seine Nebenmänner
untüchtig sind, so fällt er — durch die Feigheit seiner Um
gebung; und wenn er seinen Speer zersplittert hat, so weiss
er seinen Leib nicht vor dem Tod zu schirmen, — da er nur
eine Wehr besitzt'.
Voran geht eine Behauptung (dvijp ötcaIxt)? SouXoq egxi
xwv oxXwv), deren Begründung drei Verse später erfolgt
(Opaüoa? xs Xo-f/jq'/ y.xs.). Und was steht dazwischen? Ein Satz,
der seinem Inhalt und Ansehen nach gleichfalls ein begrün
dender ist, aber man weiss nicht was begründet, — gewiss
nicht jene Behauptung, an die er zu allem Ueberfluss auch
noch mit einem y.at geknüpft ist.
Euripides schrieb (upo? xo uoxspov xpoxepov cbcavxwv) natür
lich wie folgt:
ivyjp öxXixyj? SouAo? egxi xwv cxawv
y.ai xd^ewv 2 xsr/G e\q ev oUgi p.v) ayaGcn?
abxb; tsOvyjxs, osiAta vT] xwv xsXa? ■
Opaüca; xe Xif^Yjv ouz e/si xw G(bp,axi
Gävaxov «piuvat, p.tav r/_iov aXx.r)v povov.
dürfen, weil sie von irgend welchen schlimmen Folgen begleitet ist, ohne
zu erwägen, ob ein alles in allem heilsamerer Weg offen stand und ob
nicht der betretene die-Bahn des geringsten (möglichen) Uebels war.
2 Man vgl. zum Gedanken Electr. 377 mit Weil’s Anmerkung; zum
Ausdruck Bacch. 303 (von Nauck vielleicht doch ohne ausreichenden
Grund verdächtigt): axpaxov yap ev SxAoi$ övxa zairt xa?Eai —, oder
Phoen. 1237, Heracl. 673 und 724; zu beidem Aristot. Polit. 1297, b,
19—21.
Sitzungöber.’d. phil.-bist. CI. LXXX. Bd. IV. Hft.
50
768 g omperz. Beiträge zur Kritik und Erklärung griechischer Schriftsteller.
Man würde vielleicht — trotz des augenfälligen sprachlich-
rhythmischen Parallelismus der jetzt als coordinirt ei-kannten
Sätze und Satztheile — über meine Kühnheit Zeter schreien,
wenn nicht y.af (191) zum mindesten thatsächlich in der Hand
schrift stünde; erst Kirchhoff, dem Nauck, Dindorf und Madvig
folgen, hat es (in der ed. min.) durch yav ersetzt um die un
mögliche Construction, mit der sich die älteren Herausgeber
vergeblich abquälen, erträglicher, aber freilich nicht erträglich
zu machen. Schuld an der Verderb niss tragen: das Asyndeton
(vgl. Beiträge I, 260—261), die Neigung am Versende einen
Sinnesabschnitt anzunehmen (vgl. Nr. 9) und insbesondere die
falsche Wortabtheilung, eine Quelle vielfacher Verwirrung gerade
im Hercules, wie erst kürzlich von Wilamowitz-MöllendorfF nach
gewiesen hat (Analecta Euripidea p. 228).
Hier schliesse ich diesen ersten kritischen Rundgang
durch die Dramen des Euripides.
Verzeiehniss der behandelten Stellen:
Eurip. Electr. 1089
„ „ ino
„ Hecub. 569
„ Helen. 441
„ „ 877
,. Heraclid. 169
„ Hercul. 191
Hippol. 104 — 107
233—34
„ „ 468—70
„ 1346 .
Seite
760
763
756
757
759
765
767
748
749
751
754
Eurip. Ion 2
. Iphig. Taur. 695—98
„ Supplic. 521 ...
„ Fragment. 707 . .
Papyr. hercul. (inedit.) 831 .
Papyrus du Louvre, PI. 33, Nr. 43
Schol. ad Eurip. Hippol. 468 sqq.
n * 822 sqq
Theophrast. char. c. 22
(24, 20 Foss) ....
Xenophon Oeconom. VII, 13
Seite
755
754
747
766
757
762
751
752
761
761
Pfizmaier, Ueber japanische geographische Namen.
769
Ueber japanische geographische Namen.
Von
Dr. August Pfizmaier,
wirk!. Mitgliede der kais, Akademie der Wissenschaften.
_Uie japanischen geographischen Namen wurden, gleich
den übrigen Eigennamen, seit Einführung der Schrift immer
mit chinesischen Zeichen geschrieben. Da diesen Zeichen bald
japanische Lesung, bald chinesischer Laut, beides in sehr
wechselnder Gestalt zu Grunde gelegt ward, so bildete sich
allmälig eine Schreibweise, bei der, wenn es sich nicht um
schon bekannte, oft gehörte Namen handelt, die wahre Aus
sprache nicht mit Gewissheit bestimmt werden kann.
Die geographischen Namen bestehen im Allgemeinen aus
zwei, sehr selten aus drei und beinahe niemals aus einem ein
zigen chinesischen Zeichen. Wie begreiflich, finden sich in den
Lesungen, nebst Wörtern der alten und ältesten Sprache, häufig
dialectische Ausdrücke, in manchen Fällen auch Lautverbin
dungen, die heut zu Tage gar keinen Sinn mehr geben, ein
gemengt. Die oft sehr bedeutenden Abweichungen in dieser
Hinsicht lassen sich in keine Regeln bringen und sind auch
keineswegs gleichförmig. Beispielsweise werde von Lauten an
geführt: '% sika statt siki, pjj|| £ kuru statt kun, % L
ku-u und kuni statt kan, 5^ ^ r °ki statt re-u, naki statt
na-u. Von Lesungen: am statt jasu, welches letztere je
doch gewöhnlicher ist, asu statt asi, J|| f, mufa statt nifa
(niwa), JJJ mi-ta statt ta, ^j|| % uta statt umi, siki statt
770
P fi zrnaiftr.
ki, m nifu statt nifi (ni-i), für einen Namen s akumi,
für einen anderen s atsumi.
Das älteste geographische Werk Japans ist das im Jahre
713 n. Chr. vollendete M, zh BE Fü-to-ki. Es scheint jedoch,
dass dasselbe niemals nach Europa gekommen ist und auch,
wie manche andere Werke, jetzt nicht mehr gedruckt wird.
Unter den Werken, welche einen geographischen Theil ent
halten, ist das älteste wohl das ^0 HI JP? Jjf-p Wa-mei-
rui-siü-seö ,Gesammelte Aufzeichnungen japanischer Namen',
welches schon früher in Holland vorhanden war und jüngst
von Seite des japanischen Hofes dem k. k. Hofbuchhändler
Herrn Wilhelm Ritter von Braumüller zum Geschenke gemacht
wurde. Das genannte Werk wurde in dem Zeiträume Jen-tsiö
(923 bis 930 n. Chr.) von der vierten Kaisertochter ^
Ziü-toku Verfasst und später durch yjljl IS1 Minamoto-
no Ason Sitagö (einfach Minamoto-no Sitagö) veröffentlicht.
Dieser Sitagö, selbst ein ausgezeichneter Dichter, vollendete
mit einigen Anderen im fünften Jahre des Zeitraumes Ten-reki
(951 n. Chr.) die unter dem Namen ^ ^0 |j^ ^ Go-
sen-wa-ka-siü bekannte Sammlung von Gedichten, eine Leistung,
die in der Geschichte als ein Ereigniss verzeichnet wird.
Was das Wa-mei-rui-siü-seo betrifft, so enthält es in zwei-
unddreissig Büchern wörterbuchartig und nach Gegenständen
geordnet eine Reihe von Aufzeichnungen aus den Classen des
Himmels und der Erde, des Menschen, der Geräthschaften,
der Thiere und Pflanzen, mit Bezeichnung der reinen und
richtigen Aussprache der angeführten Wörter in Ma-ga-na
(Sylbenschrift mit unveränderten chinesischen Zeichen), bei
welchem Zweideutigkeiten und Fehler nicht Vorkommen können.
Der geographische Theil, dessen Inhalt in diese Abhand
lung aufgenommen wurde, besteht aus einem Verzeichnisse
sämmtlicher Provinzen oder Reiche (j||| kuni). Kreise ( jüjj
kowori) und Districte (agat.a) Japans mit Angabe der da
mals üblichen Aussprache. Hinsichtlich der Aussprache fällt
vorerst in die Augen , dass Trübungen der Sylben (eigentlich
der Consonante.nl in jener Zeit noch nicht bekannt waren und
dass beispielsweise kühn, kabe, naga, idzumi von kufo, kafe,
naka, itswni nicht verschieden lauteten. Dieses erhellt auch
Ueber japanische geographische Namen.
771
aus der Wahl der Zeichen Ma-ga-na, unter welchen zum Bei-
ga und ga für ka.
spiel
ö dzu und
dzu für tsu
auch in den Fällen gesetzt werden, wo in der neueren Sprache
niemals eine Trübung stattfindet. Ebenso sind die jetzt so
häutigen, gewissermassen unvermeidlichen Lautübergänge nicht
gebräuchlich. Es bleibt daher ifa, tfe, ifo, nifi, ofo, lcafa, safa
für das neuere. iwa, ije, iwo, ni-i, n-o, Icawa, sawa und Anderes.
In der Umschreibung wurde jedoch die neuere Aussprache
von dem Verfasser dieser Abhandlung überall in Parenthese
hinzügefügt. In der vorliegenden Ausgabe des Wa-mei-rui-siti-
seo steht im Ganzen zur Seite der chinesischen Zeichen das
die Aussprache bezeichnende Katakana, in der Zeile sodann
Ma-ga-na. In dem geographischen Theile wird hiervon insofern
eine Ausnahme gemacht, als Ma-ga-na bei den Namen der
Districte sehr oft fehlt und selbst das Katakana nicht selten
vermisst wird. Das Letztere geschah offenbar desswegen, weil
für manche Namen, welche heutzutage verschwunden sind, die
Aussprache sich nicht ermitteln liess, was in dieser Abhandlung
durch die Worte ,Aussprache fehlt' jedesmal angedeutet wurde.
Allerdings wäre es dem Verfasser ein Leichtes gewesen, an
der Stelle der nicht bekannten eine muthmassliche Aussprache
hinzustellen, allein es schien angemessener, dasjenige, was
japanische gelehrte Herausgeber zu thun sich nicht getrauten,
ebenfalls zu unterlassen.
Tn dieser Abhandlung werden die Namen der Kreise und
Districte von so vielen Provinzen, als der für solche Arbeiten
zugemessene Raum es gestattete, wiedergegeben. Während die
Zahl der Kreise schon an sich eine bedeutende ist, sind die
Districte, von deren Namen nur wenige in Europa bekannt
geworden sein mögen, eine überaus grosse Menge. Da das
benützte Werk erst nach der Zeit, in welche noch einige Um
gestaltungen von Provinzen fallen, verfasst wurde, so ist die
Eintheilung nach Districten und Kreisen — bei letzteren nur
selten mit einer Ausnahme — auch für die Gegenwart gütig.
Bei den Districten geschahen augenscheinlich manche Ver
änderungen, jedoch dürfte, soviel die bishei'igen Nachforschun
gen ergaben, die grosse Mehrzahl derselben noch heute vor
handen sein. Wiederholungen von Namen, sowohl solcher, bei
welchen die Aussprache angemerkt ist, als solcher, bei denen
772
Pfizmaier.
diese fehlt, kommen übrigens, besonders bei Districten, sehr
häufig vor.
Die den Namen ursprünglich zukommenden Bedeutungen
sind in vielen Fällen aus der Wörterschrift ersichtlich, ge
wöhnlich aber nicht mit Sicherheit zu errathen. Dieselben
wurden daher in den Verzeichnissen nicht erklärt und auch
die Sylben, welche wie # ^ Si-mo, >\' ^ u Fata,
11 Na-ka u. dgl., ein einziges Wort zu bilden schei
nen , die Fälle unzweifelhafter Zusammenziehung wie in
'jflj l Takife für Taka-ife (Taka-ije), j:jj|2 ^ Fanisi
(für Fam-isi), Takasi (für Taka-asi) u. dgl., getrennt
gelassen.
Die Reiche innerhalb der Königsgränze (ki-nai).
Ul?
A *
M *
5fn ^
n
y
ft I
-
'ä ?■
Jama-siro.
Ofo-jamato ( O-o-jamato).
Kafutsi (Kawatsi).
Itsumi (Idzumi').
Setsu-tsu (Se-tsu).
Die Reiche des östlichen Meeres (tö-kai-dö).
-f (pj tj I-ka (I-ga).
ffi -C k I-se.
V±. v-
M *
£
Ep *
tu
m
M
•=? Si-ma.
i) O-fari (Owari).
X Mi-kafa (Mi-Icawa).
J Tofota-afumi (Tötbmi).
Suru-ka (Suru-ga).
y I-tsu (I-dzu).
t Ka-fi (Ka-i).
% Sakami (Sagami).
Ueber japanische geographische Namen.
5t A M
±2
T * t
Mu-sasi.
A-fa (A-wa).
Kami-tsufusa (Kadzusa).
Simo-tsufusa (Sinibsa).
Fi-tatsi.
Die Reiche der östlichen Berge (tö-san-dö).
fcttLl
'm r
_t 2
-L ^
-r* 2/
^5
Tsikatsu-afumi (Ömi).
/ Mi-no.
X Fi-ta (Fi-da).
s Sina-no.
/ Kamitsulce-no (Kbdzuke).
/ Simotsuke-no (Simotmke).
m -$
tö i m
*
7
Mitsi-no olcu (Mutsu).
Ite-fa (De-wa.)
Die Reiche
m
* M
41
ik. + tä
des nördlichen Festlandes (foku-roku-
fl- Walta-sa.
■fj. Kosi-no mitsi-no Jcutsi (Jetsi-zen).
17 Ka-lca (Ka-ga).
v No-to.
Kosi-no mitsi-no naka (Jetsu-tsiü).
■=A) Kosi-no mitsi-no siri (Jetsi-go).
r Sa-to.
774
P f i z m a i e r.
Die Reiche des Nordens der Berge (san-in-dö).
Tani-fa (Tan-ba).
flj' Tani-fa-no mitsi-no siri (Tan-go).
M * ^
0 *
-fö
5
Tatsi-ma (Tadzi-ma).
Ina-fa (Ina-ba).
Fafa-ki (Fo-ki).
Itsumo (Idzumo).
Ifa-mi (Iwa-mi).
lljj^ 4 O-ki.
Die Reiche des Südens der Berge (san-jö-dö).
Ji|j&£ Fari-ma.
J Mimasaka.
^jjj" ff Kifi-no mitsi-no kutsi (Bi-zen).
p|4 f J Kifi-no mitsi-no naka (Bi-tsiu).
^ f ^ Kifi-no mitsi-no siri (Bi-go).
3t 7
JÜ x
1»? Su-fci-u (Su-wb).
PP i- Naka-to (Naga-to).
Die Reiche des südlichen Meeres (nan-Jeai-dd).
IE * i)t <
ÜRJ SS* Afa-tsi (Awa-dzi).
|fij[ 7 $£ ” A 'f a ( A ~ wa )'
5 |lj^ * Sanu-ki.
p < W 3 l j°-
f To-sa.
Ueher japanische geographische Namen.
775
Die Reiche des westlichen Meeres (sai-kai-dö).
72^
77
^ Tsuku-si-no mitsi-no kutsi (Tsiku-zen).
/
„fl) Tsuku-si-no mitsi-no siri (Tsiku-go.)
s
m 5
IE /
fr
j'j. Fi-no mitsi-no kutsi (Fi-zen).
7
Fi-no mitsi-no siri (Fi-go).
7
3
4«
0 * l«J
k* m
m
'S: =• iirjt
mt M
Tojo-kuni-no mitsi-no kutsi (Bu-zen).
7
Tojo-kuni-no mitsi-no siri (Bun-go).
7
% Fi-uka (Fiüga).
J Ofo-sumi (O-o-sumi).
-=? Satsu-ma.
') |l)fL Ju-lii-no sima (I-ki-no sima).
|1|& l'susi-ma-no sima. Die letzteren zwei Reiche
sind zwei kleinere Inseln.
04 5
IPH
kl
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m*
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^ 1
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tj
'O.
k
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7
t
Y-
7
t
7
7
‘)
Reicli Jama-siro.
Kreis ^ r |jj|| 2 Oto-kuni.
Jama-saki (Jama-dzaki).
Tomo-woka.
Nalca-wi (Nagci-i).
Ofo-je (O-o-je).
Motsume.
Ku-se.
Je-no moto.
Fatsukasi (Fa-dzuka-si).
Isi-tsukuri.
50**
776
Pfizmaier.
Kreis
a.%
lil 5
jh
±
t!
§|p y Kato-no (Kado-no).
jp| Aussprache fehlt.
(S) f Ofo-woka (O-o-oka.).
ff) & Jama-ta (Jama-da.)
Kafa-no fe (Kawa-no fe).
HJ’ / Kato-no (Kado-no).
^ Kafa-sima (Kaiva-sima).
ifyfc v Kamu-tsu fajasi.
Jjjj 9 Itsi-fara (Itsi-ivara).
[T| # Taka-ta.
¥ Simo-tsu fajasi.
^ Aussprache fehlt. % El 2b-
Kreis
±2
A Y
O-taki (O-tagi').
9 Tate-kura. / Kuru-su-no.
m Kami-afa-ta (Kami-awa-da).
s Of o-no (0-o-no).
Simo-afa-ta (Simo-awa-da).
Wf ' Wo-no. ^ Nisi-kori.
mt Jn-saka (Ja-zaka). JH P- Tori-fe (Tori-be).
(ff 4 Otaki (Otayi). m =& ^ Itsumo (Idzumo).
=e Ka-mo. .
■k%
$E*
Kreis Ki.
P) # TKo&a-ta (Oka-da).
JE T Ofo-sato (O-o-zato).
P Ki.
7o-/a (To-ba).
Ueber japanische geographische Namen.
777
l' Ifj •> Isi-fara (Isi-wara).
^ £ Fuka-kusa. ig ( ff # fsi-wi (Tsi-T).
ff ? ^ U Fai-si.
Kreis ^» '/p' f 77-fe* (U-dzi).
0 = Ofö-Jciini (O-o-kuni).
:« Ka-t
9
fl
. /
fFb/cß-uo ja. ^ J=f Aussprache fehlt.
§!f / TFo-no. |Jj h ff f Jama-sina.
^ fu 7 ' Wo-kuru-su. ^ » '/o * U-tsi (U-dzi).
Kreis lä t Ku-se.
ff! $ij? Taka-futsi. ^ ) =£
#5 >- Ü - 7 ^fc a M-
^ ’/p -h 77-fei (U-dzi).
i) ||^ £ Kun-kuma. 'g 1 X ff' / Tomu-no.
ff 71 ± jy ifai-si. ? jjf t’ Äw-se. '' Fa-kuri.
S s. Na-mi.
nusi. f 5 Na-ki.
z i) E-kuri.
Kreis
Jal 3- Tsutsuki (Tsudzuki).
11 [ 7. 2ljS T- Jama-moto. « ^pj * Ta-kafa (Ta-kawa).
E0 # ? Ta-fara (Ta-wara). (fl \ ff ^ Naka-mura.
1
i ■=? Si-ma.
4 Tsutsuki (Tsudzuki).
ff 5 Ofo-sumi (O-o-sumi). ff ^ ifjj 1 f 77-fei.
«f» # Aussprache fehlt.
fl Aussprache fehlt.
Kreis fB J ^ Sakaraka (Sagaraka, Sakava).
tf-
*
^ Sakaraka (Sagaraka).
^ y s Itsumi (Idzumi).
f * fQ ?. Ofo-koma (O-o-koma).
Tf y * ?. Simo-tsu koma.
, *
iTlÄ!
Tafu-sono.
=e Ka-mo.
Kama -fata.
778
Pfizmaier.
Reich O-o-jamato.
Kreis 7 * h £ Sofu-no kami.
Ul 5 # ^ Jama-mura. m 4» Aussprache fehlt.
01 Jama-no fe. 7 Jaki-fu (Jagi-fu).
(ljft *1 Ja-sima. jifi] f Ofo-woka (O-o-oka).
||p x 0 * Kasu-ka (Kusu-(ja).
jx. * ^ £ O/o-jh&e (O-o-jake).
tu-no simo.
Kreis ^7/ T ^ So / M
>juj" 5 H = Mura-kuni. ^ ^ X Sa-Jci.
Ä'- ffl X Ja-ta.
0 * Tori-kafi (Tori-gai).
Kreis 2p aj'^I ( Fe-kuri (Fe-guri).
#5 r IpJ fi Na-ka. 40 7
2p ^ ^j| Fe-kuri (Fe-guri).
ßt x h Saka-to.
> m t Aku-nai
j§£ •=? Ja-ma.
Kreis
^ Jfi i' Siki-to.
% Simo-kura.
:>f Sa-Jci.
a 'M tr Firo-se.
t* * 2 Kami-kura.
Ul 5 ^ Üj Jama-mori.
T -fO Aussprache fehlt.
Kreis
-v*
±1 Katsura-Jd-no kami (Kadzura-ki-no kami).
PJ in ^ T Fi-oki.
#-a Mu -ro.
-ör £
Irj t
-3< X
z»‘ y TaJca-mija.
jjjj ^ Kufa-fara (Kuica-bara).
_p ’( ,|1- i 1 )' Kami-tori. \ Ä ,y Simo-tori.
iS* Ofo-saka (O-o-zaka).
lieber japanische geographische Namen.
779
^j|j %, Jjjf f Nara-fara (Nara-wdra).
)fj|jj £ p'' Kamu-fe (Kan-be). ^ Aussprache fehlt.
Kreis
ff) ~^ Katsura-ki-no simo (Kadzura-M-no simo).
jjjjjj ? J3 Kamu-fe (Kan-be).
5 jJLf y [j|p f Jama-tafe (Jama-taje) oder Jama-nawo.
I^=7j ^ Taka-nuJca.
m* Tate-ta (Tade-da).
pp £ yp f Fomu-tsi (Fon-dzi).
:« Äa-:
i'. 'r ? MT
Tai-ma.
Kreis ^ ?>
^ f Tsu-tsumi.
ty yfoj* ^ Naka-mura.
j^= Osi-no mi (Osi-umi).
@> a l ; Sono-fito (Sono-bito).
ff) f /Jijjl] x Kuru-su.
Kreis */ -f U-tsi.
|Jp) 7 'X A-ta (A-da). fff t/ =|| a Ka-mi.
3iU ipf ■fj Na-ka. ^ ly # ^ Si-mo.
Kreis
/ Josi-no.
a Ka-mi.
■ =t Si-mo.
Mr IpT * Na-ka.
ff 1J1J- 7 Josi-no.
Kreis ^# U-ta (TJ-da).
0 M oft ~ AW7-/e (Nuri-be). ffi -f jjjg 7 T-fuIcu.
IPv a * Namu-saka.
dA j{ HP -V Kasa-ma.
*r Ta-ke.
Kreis £ Siki-no Jcami.
ff ) |}j 7 Fira-ta. % &T 5-
mi p- Kamu-fe (Kan-be).
Simo-tsuke.
780
Pfizmaier.
±1
±i
tii
ilf
ifr*
mt
Ofo-itsi (O-o-itsi).
Ofo-mutsi (0-o-mutsi).
Kcimi-itsi. ■t Fatsu-se.
O-saka.
Kreis 0 / \ Silci-no simo.
Ka-mi. Ofo-jamato (0-o-jamato).
Mi-jake.
Kaka-tsukuri (Kaga-tsukuri).
Kuru-ta. ^ Muro-fara (Muro-wara).
Kreis \ f Take-tsi.
Kose. ^ £ Fa-ta.
Asofu (Asobu). ?, ZT-no kuma.
Ku-me. =& £ ^ t TJna-te.
Ka-mi.
Kreis -K ifc* 2o/o - fei f Towo - tsi).
1 a Ifi-tomi (I-i-tomi).
Kafa-no fe (Kawa-no fe).
* Ike-kami.
mt p
Kamu-fe (Kan-be).
Kreis 111
ft >r Tsu - ke.
> — Jama-no fe (Jama-no be).
Tsu - ke.
J|| * Fosi-kafa (Fosi-gavaa).
i) Fa-tori.
J|| v Naka-ja (Naga-ja).
tj Isi-nari. iff y / * Iso-no kami.
Ueber japanische geographische Namen.
781
Reich jKafutsi (Kawatsi).
Kreis Ti ^ Nisi-kori.
p Aussprache fehlt. n? m* Kutara (Kudara).
Kreis Fff f )\\ % Isi-kafa (Isi-gawa).
1k * i\\i 11 Sa 'ß- $j" v p 9 Kon-ku.
tt Safa-wi (Sawa-i).
^ % 0 = Ofo-kuni (O-o-kuni).
Kreis f Furu-tsi.
jfr ü ^ # Nifi-wi (Ni-i-i). JF* ls ^ i- Si-to.
X FÄf. T- Saka-moto. "jjjj“ [ff -f Furu-tsi.
Kreis Asu-kafe (Asu-käbe).
J=j * a Ka-mi.
Si-mo.
Kreis
£ Tori-saka.
-7 2 Tsu-tsumi.
|=L 3 jgfc
g ? 5^9' Wo-fari (O-wari).
Ofo-kata (O-o-gata).
Mj >- IR ') To-tori.
JE.T Ofo-sato (O-o-sato).
i=i * =e s Ka-mi.
Kreis jEj ^ ^ J Taka-jasu.
1$ X 2jiC T- Saka-moto. fff a -zj^l ^ Mi-jake.
ffjf * tJ* Tf Kani-mori (Kan-mori).
~B jjijj v Tama-no oja.
Kreis fcT* ft? Kafutsi (Kawatsi).
XKl Jj ^ £ Aka-ta. fjj ^7 ^ # Nifi-wi (Ni-i-i).
782
Pfi zm ai e r.
jj;j|p 4t Sakura-im. % Ofo-jake (O-o-jake).
üa yg? Tojora.
■jk% P ~ °f°-f e (O-o-be).
*■'* 55 # Nuka-ta.
Kreis fff % ? Sara-ra (Sa-ra).
5 |_Lj % ~h X Juma-ife (Jama-ije) oder Jama-ka.
fEp * pj‘t Kafu-ka. (SJ % Fira-woka.
t v Taka-mija. X ^ W (Isi-i).
P3J *
Kreis |JJ X Mamu-ta (Ibara-da).
j^/-> ^ U Fa-ta. # Ba-ta.
Mi-wi (Mi-i). (UX Ike-ta (Ike-da).
ytfcx JJ] * Ma-e-ta. ffi i I-ka-ka.
Ofo-kuma (O-o-kuma).
Kreis
Katd-no.
\ -tr Taka-se.
[ a ^ J Mi-jake.
ly |JJ # Sono-ta.
[JJ Ä y Ta-mija.
pfij ^ T- TKoÄa-TOOto.
« Kusu-fa (Kuzu-fa).
•X
i x
üjs b X Jama-ta.
Kreis /X x Hx/fta-je.
fj|j x Ju-ke. * TKosa-Aa/e fiFosa-/ca6e>
• = >‘/A '•
m'
Ko-ma.
j|| Aussprache fehlt. ^ ^ ij Nisi-kori.
^ Aussprache fehlt.
Kreis J|| Bifu-kafa (Sibu-kawa).
Pf i) Taka-futsi.
fi ’t
Pi *
1 -f Ofo-tsi (O-o-tsi).
JA Aussprache fehlt. \Jjf f- Ato-fe (Ato-be).
[ * =jk a Ka-mi.
lieber japanische geographische Namen.
783
K r 6 i s ^ Sx
1
^ Si-ki.
/lli' '
# 3
Ö*
#-
Naka-no (Naga-no).
Si-Jä. {]j » ^
TFi-no fe (I-no be).
Nifi-ke (Ni-i-ke).
ff f ^5" Fcra'-s«.
& Ta-wi (Ta-i).
^ J- Ofo-tsi (O-o-tsi).
± ' frli i- Fa-si (Fa-zi).
Kre
H«
S A
EL 7
IS
Ul 2
m Tatsi-fi (Tadzi-fi, Tan-boku).
[ 11 5 Kuro-jama.
h J Ni-kcimi.
~j\ >r Fatsi-ke (Fatsi-ge).
£ 7 Suka-fu (Suga-fu).
m 7" -J i ci-si (Fa-ziJ.
Josami.
No-naka.
Mi-jake.
Ta-mura.
Ni-simo.
Sa-jama.
A?
± '
Reich Idzumi.
Kreis f Ofo-tori (O-o-tori).
Ji % Ofo-tori (O-o-tori).
B % Kusa-fe (Kusa-be).
0j s Niki-ta (Nigi-ta). h %
Ofo-mura (O-o-mura).
|5|jj % y^C r Sifo-ana (Siwo-ana).
^ Fehlt die Ausspi’ache.
)jilj) = 7 Kamu-isumi-wa.
-f 2 §|)j Ja Fani-si.
' y Isi-tsu.
Kreis .y ^ a Idzumi.
j=§ r Sin-ta. Jr * Kami-itsumi (idzumi).
~F*^E Simo-itsumi (idzumi).
Rju Karu-fe (Karu-be).
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Cd. IT. Ilft.
fyf % fjjf T- Saka - moto,
öl
Pfi zraaier.
784
jfe* ö # Ike-ta. Jama-tafe (Jama-taje).
yjv * Ja-ki. ^ Kani-mori (Kan-mori).
7j^ y Ki-no sima.
Kreis 0 k
& Ü Aussprache fehlt.
(P + Fo.
jK-me.
Ka-mi.
To-tori.
Reich Setsu-tsu.
Kreis ^2 ^ ^ Sumi-josi.
H-* Sumu-tsi. A* |Hf s Ofo-josami (O-o-josami).
(A + 7G> £ J Ku-mata. pt^ J3 Aussprache fehlt.
2 ^4 -7 Ina-tsu.
Kreis 9 K utara (Kudara).
Fikasi-fe (Figasi-be).
Minami-fe (Minami-be).
[JEj r. Nisi-fe (Nisi-be).
Kreis ^ Fimukasi-nari (Fingasi-nari).
"llj rfj y r Furu-tsi. jj§|$ 2 -/ Ku-u-ke.
mt- A" Sakan-to.
Atsi-fara (Adzi-wara).
jA Aussprache fehlt.
1 - Nisi-nari.
Kreis gfj ^
'/Jjfji Aussprache fehlt. ^ & 9 A-ra.
C' ßiL a Fusi-mi.
(A + A e Tsuki-no moto.
Ueber japanische geographische Namen.
785
n
^ y Ku-u-ke.
Aussprache fehlt.
— IjhJ* Aussprache fehlt.
]§§; Aussprache fehlt.
^ =(= Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt.
^ Tsu-mori.
^ JA Aussprache fehlt.
Kreis . Sima-no kami (.Sima-kami).
/ 13^ a No mi - 3 M x Ko-ja.
Ä - * -t £ Ma-kami.
jjj ') _t S Taka-kami.
|j*'' 1$') Fa-tori.
Kreis AitA/ Sima-no simo (Sima-simo).
Ufu *EJ’ v Nifi-ja, (Ni-i-ja). ^ Aussprache fehlt.
^
5A- ^
= Fo-tsumi.
Kreis ÄLf Te-
* Fata-no kami (Fada-no kami).
Fata-no simo (Fada-no simo).
Sj^p ^ Aussprache fehlt. hßl r (l|it A Te-sima.
JA Aussprache fehlt.
Jps'( Kufa-tsu (Kuioa-tsu).
m m Ofo-ake (O-o-ake).
Kreis jfqj**/ }j
' Wo-fe.
/-««.
y Janai-tsu.
j^.% )|li|l% Ofo-mutsi (O-o
Kafa-no fe (Kawa-no be, Kawa-be).
LÜ 3 2js P Jama-moto.
Ku(ni-no) ke.
JA Aussprache fehlt.
* Wo - kami.
Kreis jg^ a ji|F ^ Mu-ko.
\ s Ka-mi (Ga-mi). =
y Ko-ja.
51*
ä* m 3 Mu-ko.
1b Üj* So-ne.
If a tU * Firo-ta.
Kreis ^ ij
>»V
7k ^ Faru-ki.
ff f Fi-toi (Isi-i).
^ -y j 3E j l- Tsu-to.
Idfe y tH Ä Wo-ta.
>•=? Ari-ma.
|l# ->> ^iLz. Fa ta.
m Fa-tsukasi (Fa-dzukasi).
■j^ £ j]j|j} ^ Ofo-mutsi (O-o-mutsi).
l&l' ■!£* Gsi-kafe (Osi-kabe).
Kreis ^ *? ? Ufara (Uwara, (Iwara).
•J=j£ * a Ka-mi (Ga-mi).
^ J|jJ ^ Asi-fara (Asi-wara).
y ^ Nuno-siki.
Zfc 5 |$4 '» Ama-ki.
ik jr Aussprache fehlt.
■>> ^ ^ Tm-mori.
$. &. Nana-mi.
mt
ß\L
2 f, Sumi-josi.
Kreis A» 15» iS- Ja-ta-fe.
2 tU # Iku-ta. ^ ? yp f L-fet (U-dzi).
a Kamu-fe (Kan-be). /{% Ja-ta-fe.
(U # Naka-tci (Naga-ta).
Kreis
Hb 7 ^Vo-se.
* Ul ^ Ki
i ■£ No-se.
fjff y Wo-rmtra.
ne.
* #(§ 2 Fare-e.
Iteich I-ga.
Kreis |Jpj 7 ^ij?-A-/e.
J|| * 'o'u Kafa-afi (Kawa-ai).
EP
f^n I-siro.
|T) # Mi-ta.
Uel>er japanische geographische Namen. 787
Jf. ^ ^ >y Fa-tori.
Nifi-fi (Ni-i-i).
m
Kreis OjS ES* Jama-ta (Jama-da).
n Ko-siro. J\\ ( Jjji ') Kafa-fara (Kawa-bara).
J§* ’) Take-fara (Take-icara).
Kreis
m
mi
M
■i j=| fj 1-ka (I-ga).
'OjC* Ä -f°- IJfi) 7 * A-ka (A-ga).
' Kamu-fe (Kan-be). gj * Wi-ta (I-ta).
j^J f Ofotsi (O-otsi).
Pj # Naka-ta (Naga-ta).
fflX
Kreis Na-fari (Na-bari).
ft ■f Su-tsi. m Natsu-mi.
jjH| ij Na-fari (Na-bari).
Reich Z-se.
Kreis iips £ Kufa-na (Kuwa-na).
7 ^ u No-siro. Jg ? '^|| y Wo-tsu.
^ t Kufa-na (Kuwa-na).
* ©2 Nuka-ta (Nuka-da).
j|j|~ p| ^ Kuma-kutsi (Kuma-gutsi).
Jt?
Wina-fe.
Ja--
ma.
fjl jjP* /Steffi.
* Ku-me.
±L. T
Kasa-ma.
788
Pfizmaier.
Kreis ( Hjj >r Asake.
ö*
*
•ir
5?
i-
if
*
t-
' 3
Ta-fika (Ta-bika).
M't- Fase-tsukafe (Fase-tsukaje).
pFj Nuka-ta (Nuka-da).
Ofo-kane (O-o-kane).
tU * Tojo-ta. |J|| l Wi - Kuru-fe.
Kreis —• s. t|f ^ Mi-fe (Mi-je).
Kafa-siri (Kawa-ziri)
Une-nie.
m s xlsi-ww'-to.
Osa-kafe (Osa-kabe).
: r
Sifa-ta (Siba-ta).
Kreis ^pj* * fj|j y Kafa-wa (Kciwa-ica).
ftjlA
;iix
P-
Kamu-fe (Kan-be).
Naka-to.
Kafa-fe (Kawa-be).
Ka-vni (Gci-mi).
Fuka-ta (Fuka-da).
Aussprache fehlt.
-=? A-ma.
Si-mo.
Kreis §£?
% Äka-ta.
Naka-se (Naga-se).
ffl ^ Fira-tci (Fira-da).
Aussprache fehlt.
Susiirka (Suzu-ka).
13*v Taka-mija.
v Susu-ka (Suzu-ka)
j]j[Jj * p— Kcimu-fe (Kan-be)
Kreis ^ ( 3iE Amu-ki (An-ki).
Amu-ki. ffl* ft* Ta-ici (Ta-i).
Sifo-ja (Siwo-ja). M }j Fa-tori.
tmsmemasszi i
Ueber japanische geographische Namen.
in |JJ £ Kuro-ta (Kuro-da).
[% 0} Z Kufo-ta (Kubo-ta).
789
Kreis £ 7 yj| / A -no.
Takemu-fe (Takemu-be).
ijuj" X ££ Ej Su-kuri. ßjt BB ^ Utsi-ta (Utsi-da).
m * # Aka-ta. t- Ato-fe (Ato-be).
»v Naka-ja (Naga-ja). K- EB Ifa-ta (Iwa-da) m
Aussprache fehlt. t|5 | jffi Kata-kata (Kata-gata).
r
; *
/V ^ Fa-ta.
Kreis *|=* ^ 2/ Itsi-si.
0 u t Fi-oki.
^ Sima-nuki. Z Mino-ta.
Hill) a Kamu-fe (Kan-be). pf # Su-ka.
t±t Z
AT *
* Iho-Ao/Ts ('W' 7 o-/£««üo).
i ~ Kure-fe (Kure-be).
■/ Taki-no (Tagi-no). f
J=T Aussprache fehlt.
Kreis J Up 7 Ifi-no (I-i-no).
kpl f Tsi-kuma. |@ = E-ltuni (Je-guni).
S „ jJJ ^ Kuro-ta (Kuro-da).
y; 0J Z Naka-ta (Naga-ta).
|§} ? ^ o Koi-siro.
Kreis
.u di
fipt P- Kamu-fe (Kan-be'].
^ Ifi-taka (I-i-taka).
~J\ ) Simo-tsu fira.
Jr (7 Kamu-tsu fira.
Ni-fu. jfL i, |JJ Z Aka-ta.
J*L % Hf ■> Tatsi-no. ^ ^ Aussprache fehlt.
m* p- Kamu-fe (Kan-be).
»<*■>** asm'»#
-+M M«- A M» »\l 4+\i N.(i| A 4+ XS- SAJ [H »
p ^ ife sö ^ 4 &b. ^ ^ m cHJ m 4
790
Pfizmaier.
Kreis ^9 Ta-ke.
* Afu-Jca. /pl 9 - U-ni.
9 Ta-ke. jjjjjjj,? j|ff? Wo-u-tci.
£ Mi-jaJce. 09 # Nakare-ta (Nagare-ta,).
9 Kusi-ta (Kusi-da).
Kreis . ^ ^ 1^r ( Wataraß (Watarai).
I
9.
y
ly
Ai
TJ-tsi (U-dzi).
Ki-ta.
I-so.
Mi-no wa. M*
Tsuhi-fasi (Tsugi-fasi).
Futa-mi.
sspraclie fehlt. ßß- f-
Ta-no fe (Ta-no be).
jjj 9 Ju-ta.
9 Taka-ta.
7j^ 4 1 Nu-ld.
I-Jce.
Fina-ta.
Reich Si-ma.
Kreis ßt ’) ^ly Tafu-si.
ly Tafusi.
* 1-lca.
Aussprache fehlt.
ftr JL? Wa-ku (Wa-gu).
ffi I ? T-isiri.
j|j|})t J5 ' Kmnu-fe (Kan-be).
K reis l^n. r ;? A -ko (A-go).
ij Kafu-ka (Kafu-ga). « w Aussprache fehlt.
Ü. Funa-kofe (Funa-goje).
Aussprache fehlt. ßß tpf Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt. ^ J3 Aussprache fehlt,
jjjfl* -* Kamu-fe (Kan-be).
Ueber japanische geographische Namen.
791
Reich Wowari.
Kreis ] } lllhtl Naka-sima.
V Mi-wa. m* p- Kamu-fe (Kan-be).
jb}j i-- Fajasi. /Jn 9 ^ % Wo-seki.
^ % Mi-jake. gjj J r -p$ ^ Äka-na-fe (Aka-na-be).
jjl y') Isi-tsukuri. Q it ^ / Fi-no.
^ Kafa-saki (Kawasaki 1 ).
0Jt 1
A
Kreis
x Nifi-ja (Ni-i-ja).
2 Tsu-tsumi.
Ü5? Ffuku.
^ -=? A-ma.
i- Mi-to.
[Jj # Ja-ta.
pß -=? A-ma.
■ '1'®- ^ Naka-sima.
dt ?
>1^
1/
Si-ma.
|l|||£ |Jj £ Sirna-ta (Sima-da).
0 K
H- -=£<r
^ Fi-old.
‘ A Mi-jake.
Kreis ^ >
l|ir n ?j Fa-kuri.
A? X * Ofo-ke (O-o-ke).
?) Fa-kuri.
jjjlj ? ? Waka-kun.
i*J*5 ffl? Mura-kuni.
3£ ;
±2
V05 Kafa-numa (Kawa-numa).
Kreis /j = ^SJ <> M-/<a.
H Aussprache fehlt. yjv ; t Ina-ki.
Kami-faru. jj = M Ni-fa.
. * i Fo-tsumi.
yg5 S»
numa.
1 Zur Linken des Zeichens ist noch das Klassenzeichen j* zu
setzen. Man schreibt auch jlßjf.
51**
792
Pfizmaier.
Ofo-kufa (O-o-kuwa).
M * _
|* 1 i_ i Kami-numa.
Ko-j umi.
/J'» Q Anssprache fehlt.
# 7) Aussprache fehlt.
/J\ 9 9 Wo-no.
Kreis
: t.
. x*
[JJ X Ike-ta (IJce-da).
Kasuka-fe (Kasuga-be).
r ^ \ A-siki.
tt Tsusifa-wi (Tsusiwa-i).
-mura.
11 j X Jama-
^ J=T Aussprache fehlt.
M
^ Taka-sono.
Kreis UU5 BJ« Jama-ta (Jama-da).
^ t A Funa-ki.
^ ? ') Isi-tsukuri.
tfj? p? Jama-kutsi (Jama-gutsi).
Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt.
-L
Ab tiß
M* tä t Ka-se.
^ JA Aussprache fehlt.
J]j[|j X Ja Kamu-fe (Kan-be).
Kreis ^ \
Ppl 1 JJ'J Naka-mura.
0? Kusa-fe (Kusa-be).
X ^Mono-fe (Mono-be).
iJ Ä. Aussprache fehlt.
!§§; ^ Aussprache fehlt.
pH ( % Futa-mura.
SS ^ Aussprache fehlt.
(MJ -f Ai-tsi.
^ Aussprache fehlt.
Ofo-ke (O-o-ke).
Jtjf ! y [JJ x Atsu-ta.
J ‘Jf - Narumi.
)|j|J] * JA -- Kamu-fe (Kan-be).
Kreis ^
ti Fa-ka (Fa-ga).
'a Nife-siro (Nije-siro).
Jp, 9 Tsi-ta.
JL Aussprache fehlt.
Ueber japanische geographische Namen.
793
'fd? Tasi-ma (Tazi-ma).
ft 0 ^ Aka-fi.
Keich Migawa.
Kreis
• s Awomi.
‘ \ Tsi-tatsi.
1 $Pi
$ ^
T
£
Aussprache fehlt.
Wosa-kafe ( Wosa-kabe).
Josa-mi.
Fase-fe (Fase-be).
Aioomi.
Ata-mi.
t + Mj)l M -y
itf^ Ofo-itsi (O-o-itsi).
fit fl Aussprache fehlt.
t-fcUi
^ ft Sakura-ioi.
ft ptj ^ Kafutsi (Kawatsij.
f
*
9
ft
Ufo-woka (O-o-woka).
f- -f+) Hj’ Aussprache fehlt.
£ Aussprache fehlt.
Kreis flfjf [JJ & Nuka-ta (Nuka-da).
ü * Nifi-ki (Ni-i-ki).
ft ^ * Wi-ka (I-ga).
Aussprache fehlt.
% / Ofo-no (O-o-no).
^j| * P3 x Kamo-ta.
ÜfL’ il/a-fett,
l§f ^ Aussprache fehlt.
Kreis
; ^ Ka-mo.
YlU % Aussprache fehlt.
||f g -j^ Koro-mo.
j=| ^ Aussprache fehlt,
h (H >/, Jama-td (Jama-da). * j[i(jf|-f Ka-ne (Ga-ne).
ft ^ ^ Ka-mo.
< ^ I-fo-
ft Mid Taka-fasi
794
P f i z m a i e r.
Kreis
t=t y Fa-tsu (Fa-dzu).
j|jj ; No-tsuka (No-dzuka).
/V ffl y Ja-ta. % I-ta.
m 10 >- Sifa-to. ^ Aussprache fehlt.
Jl| % Ofo-kafa (O-o-kawa).
Ofo-mokari (O-o-mokari).
lljff ^ Nifi-sima (Ni-i-sima).
Kreis ^ *
Jji' \y Kata-no fara.
Aussprache fehlt.
-f Mija-tsi (Mija-dzi).
jjSJ^ =e Ka-mo.
%% Sino-tsuka.
fcS* •=•
B v
yt/ti ,
r ^
i£ Fo ( Fo4 )-
/f)\ t/ 3 Äka-fiko.
m-
M3
J|| * Tujo-lcafa (Tojo-gawa).
Sasa-fe (Sasa-be).
& Aussprache fehlt.
y Mi-tsu.
') Makari.
fe y Watamu-tsu.
'A Mija-sima.
Kreis /V ^g t Ja-na.
y y Ta-Jci. - dfH ? Mi-wa.
yV Y ig r Ja-na. ^ Y 7 Ja-fu.
Ja-na. i
5j?0-' 7 Ifa-to. Jjj| >-> : pf^ ']" Fa-tori.
H 3 7
Kreis
=& a Aku-mi.
a& a Atsumi.
X Wa-ta.
* 2^ Takasi.
T3*X
Ueber japanische geographische Namen.
795
~kt
;>> öl
\ti Ofo-kafe (O-o-kabe).
'' Iso-fe (Iso-be).
Kreis Si-tara (Si-dara).
i *£ Ka-mo.
j t? Kuro-se.
■ 27
| Sitara (.Sidara).
-2p X Jfjl 9 Ta-fara (Ta-wara).
Reich Tötomi.
Kreis Q r Fama-na.
Ml _t £ Saka-kami. Ml 2f$ T- Saka-moto.
^k* I|jljj -r Ofo-mv/tsi (O-o-mutsi).
^ Aussprache fehlt. ^7 /7-fei.
jj % 0p % Aka-ta oder E-ta.
u Nife-siro (Nije-siro).
Kreis 7 7^ f Fu-tsi.
lU / |JJ X Firu-ta. ^ Jfäj Aussprache fehlt.
Ml Aka-saka (Aka-zaka).
^'/X x Sifa-je (Siba-je). /J'» ^ Aussprache fehlt,
n-l ö* Take-ta (Take-da). m $ Aussprache fehlt.
|g r/ [Jj] Wo-ma. 5j"<f] yp Aussprache fehlt.
Fama-matsu. ]|sp ^ Aussprache fehlt.
Kreis 31^ # fl- Ina-sa.
'/ff # r M-i (I-i). ffi f jpg ^ /-/m/cm.
v 3 |JJ £ Mijako-ta (Mijako-da).
/fjj | |i * Osa-kafe (Osa-kabe).
A
796
Pfi zm ;i ier.
Kreis | ^ % Ara-tama.
— s. _z|S )- Mi-jake. y 0J # Aioo-ia.
||| /> z Fa-ta. ■th Aka-sa.
K
y y _t * Tsija-u-no Jcami.
* jgi y Ka-fara (Ka-wara).
IjlL 5 = Awo-umi.
■M * 03 i? Naka-ta (Naga-ta).
üf£ 'M l Fiki-
numci.
Kafa-no fe (Kawa-nu fe).
> W‘ -f .ftst-st.
Kreis ^ v/ ""[* ^ Tsija-u-no simo.
03 X Ofo-ta (O-o-ta). Ja | ^ r Nuki-na.
3^* 1^" 7 Naka-no (Naga-no).
ffi r jR * Atswfct.
£ Fan-ta.
*
Ofo-janaki (U-o-janagi).
jg| i'] hu Tofori-kuma (Towori-kuma).
,|H ° 4 ' ma -
Kreis 03 5? Ifa-ta (Iwa-ta).
"tR W Aussprache fehlt. y f|{i v So-no.
11 [ 5 * Jama-ka. j\ s Iru-mi.
/J'» j? tgj- y TKo-no. -f- % Tsi-kara.
-$& Wt Taka-fana (Taka-bana).
Ni-fu. !|1J’ y F0 No-naka.
'h? Tlt t< Ku-me. * ^ Aussprache fehlt.
j|jjp * JA -- Kamu-fe (Kan-be). -ff Aussprache fehlt.
I Z Tojo-kuni.
Aussprache fehlt.
Ueber japanische geographische Namen.
797
Kreis |Jj X t Jama-Jca.
ki m Ofo-mine (O-o-mine).
&L 3 ^|J ') Jo-ri.
k ^ X Ke-ta.
Kreis jgj x
9 Mj Wo-jama.
^ -f Je-tsi.
ffl m Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt.
1 -f Su-tsi.
|X|5 ffl X Jama-ta.
kl ffl* Ofo-ta (O-o-ta).
Kreis U|5 ^ t Jama-na.
|JU 5 ^ ^ Jama-na. [ij X Fumma-ta.
X + U-tsi. j=j” j||| Aussprache fehlt.
W4 ft v Faki-to (Fayi-to). % h Ku-to.
Kreis m ^ IjjJ* x Sa-no.
% pj ^ Jama-kutsi (Jama-gutsi).
^ Ko-matsu.
Ol
Si ^ n 7/i-s?7'o (I-i-siro).
J|^ |tit Aussprache fehlt.
0 K 'f'H t 1 Fi-ne.
Kreis * Ki-kafu.
im*
iMr t
7ILX
»*
SJ*
#!»
a Ka-mi. ^j- 1 :jj: # Nifi-wi (Ni-i-i).
7^ -t Ara-ki. ^ C, Taka-fasi.
±2 Kafa-kami (Kaica-kami).
|?J' ' Nifi-no (Ni-i-no). ^* ^ Kara-ko:
Asa-fina (Asa-ina). IS? Matsu-futsi.
x Fitsi-kata (Fidzi-kata).
# Sa-tsuka.
jsrjem, ■ ■hiiwmibu
798
Pf i zm ai e r.
Kreis o Fai-fara (Fai-wara).
ff fä Aussprache fehlt. Aussprache fehlt.
JM 9 Fai-fara (Fai-wara).
-)h% Öl 1 °f°-j e (°-°-f)-
ah* u=
Foso-je.
P"' Kamu-fe (Kan-be). ff 4 Funa-ki.
: |JJ -S Katsurrm-ta.
Aussprache fehlt.
Reich Suruga.
Kreis ^ ^ 9 Si-ta.
^ X O-fo-naka (O-o-naga.).
~)\% Ofo-tsu (O-o-tsu).
3 pjj| / Jo-no.
f J^r ^ Asi-fara (Asi-wara).
Osa-kafe (Osa-kabe).
% m Aussprache fehlt. Aussprache fehlt.
Ofo-7io (0-o-no).
Kreis
gEj t yj I- Se-to.
tjpj 'j. F Asa-fina (Asa-ma).
A v ffl S Ja-ta.
Mono-no fe (Mono-no be).
p) ( ( Taka-janaki (Taka-janagi).
A' 9 J(| n Wo-kafä (Wo-kawa).
M# Fifi-wi (Ni-i-i).
y Masi-tsu (Masi-dzu).
f.
% u Safa-fi (Sawa-i).
? 'ißt i Aku-7iami.
T flü -S Masi-tsu.
Kreis
jg i- tf-to ('t/’-do;.
lieber japanische geographische Namen.
799
Ä ^ * Ma-kafe (Ma-kabe).
m jg* Ni fi- id ( NU4 )- te*
X s Name-mi.
i s. TaJcu-mi.
* Afu-fosi.
Kreis 7^7 4'/ e (A-be).
J|| .jiSf-- Kafn-no fe (Kawa-no fe).
tu- Ft
R=£ ^
# 4' Firo-tomo.
Katsurn-ma (Kadzura-ma).
7^7 s 5? Mi-wa. f\ v (, Ja-kesi.
J|[ * -7 Kafa-isu (Kawa-tm).
?, * Jnko-ta.
Kreis JjfJ; jjj* -7 Ifo-fara(Iwo-fava, Ro-icara).
' t ^ r Se-na. M Ofo-wi (O-o-i).
Kafct-na (Kawci-na).
‘ 7 Ifo-fara (Iwo-baraj.
J 5f
? Kamu-farci (Kan-bara).
* 7 O/K-fsw.
Kreis ^‘7 (Fu-zi).
|=j V 0J * Äima-to (Sima-da). 7 # IKp-sctÄa.
|lj| a M £ Kamu-fara (Kan-bara).
■jjj ||(* X Furu-ife (Furu-ije). |§jp ^ Aussprache fehlt.
I ^J: # Ofo-wi (0-o-i). ^ 7 j|^ - Ku-ni.
i!il}l X p'' Kamu-fe (Kan-be). ^ t Fi-na.
Kreis jlpj P Suru-ka (Suru-gaj.
>j>01 ,x JjjJ ’) Kasifa-fara (Kasiwa-bara).
v ^ / Ja-tsume. ^ Ko-matsu.
Sitzungsber. d. phil.-hist. 01. LXXX. Bd. IV. Hft. 52
800
P f i l in a i e r.
Furu-ife (Furu-ije). 3E? Üjj^y 1 ) Tcma-tsukuri.
y X 'j Joko-fasiri (Joko-basirij.
j^pf * Suru-ka (Suru-ga). ß^y U-ra.
[ | J X Jama-saJd (Jama-zaki).
^ X J\^ X Sisi-ßto (Sisi-bito).
# y|t $ Naka-kura (Naga-kura).
Reich I-dzu.
Kreis ffl* Ta-kata (Ta-gata).
(7 3t Nifi-wi (Ni-i-i). '' '5'«-/« (Sa-ba).
/]'»? J|| X Wo-kafa (Wo-kawa).
]f <? Jjl^ a Tata-mi (Tada-mi).
{p?') Kakami-tsukuri (Kagami-tsukuri).
t Mufara-ki (Mubara-M).
Aussprache fehlt. A % Aussprache fehlt,
^vj- * !|1J' y Ka-110.
i üfe Aussprache fehlt.
11
jj|t; Aussprache fehlt.
Kreis t
# 03 Aussprache fehlt.
^ Aussprache fehlt.
^ 4 Up y A»ict-no.
y^ - ^ Aussprache fehlt.
Na-ka (Na-ga).
^[5 3" Na-ka (Na-ga)..
t' ^ Ka-mo.
Kreis 'pj # =e Ka-mo.
m m Aussprache fehlt.
jll * -y Kafa-tsu (Kawa-tsu).
ik* fiA Ofo-jasiro (Ö-o-jasiroj.
wmm—»
V3«r-.;»■
Ueber japanische geographische Namen
801
Reich Kn-i.
Kreis |Jj 1 Jama-nasi.
tk it Aussprache fehlt. f£ g Aussprache fehlt.
\-no im.
#? pu Fajasi.
ft Tama-:
'S ' ^ Isafa (Isaiva).
jjjjj ij s. Ka-mi.
^ y _|^ PFÜ-910 fe.
11 { t, Jama-ncisi.
3jJ^ 2 ’’ Ufa-to (Uiva-to).
~j\.% } £f y Ofo-no.
Kreis Ja-tsu siro.
‘/X x Naka-je (Naga-je). ^ rffift Sira-wi (Sira-i).
; ? Numa-no u-o.
)W
* y'X
'' Pl
ft Kafa-ivi (Kawa-i).
q Jatsu-no siro.
Kreis |=f 3 -<• Ko-ma.
t§^ !' j/j “ TotoroJd (TodoroJd).
j|f[ ~ =. Fe-mi. -p^ 1/ 2 Aico-numa.
^ jjff y Kuri-fara (Kuri-wara).
lH. ^ J Ma-M-no. ft Ofo-wi (0-o-i).
Tfj \ j|| % Itsi-kafa (Itsi-gawa).
Jll * ft Kafa-wi (Kawa-i). m p Aussprache fehlt.
Kreis 7 Tsu-ru.
t Sa-kami (Sa-gami). ^ ( u y') Furu-kowori.
jjjg y ^jj-f Fuku-tsi. h s Ka-mi (Ga-mi).
y-.
fjflE Aussprache fehlt.
^ X y Ta-ra.
\y ^ >u Tsu-ru.
802
Pf iz maie r.
# FrJ t/
I*-
Reich Sagami.
. Kreis 1 ^ J Asi-Jcara-no kamt,.
S? ^ Taka-ki oder Taka-fe (Taka-je).
7 Sakura-wi (Säkura-i).
p6j ^ T TKo&a-moto.
^ J3 Aussprache fehlt.
#' St Aussprache fehlt.
Js| ^ Aussprache fehlt.
Kreis
3 -SK? if Jo-roki.
3 “ Jo-roki.
-0H M' Uo -
^ a Simo-mi. fjl # -) Naka-
-$k -M £ ho-naka (Iso-naga).
■mura.
ä Fa-ta.
Kreis )^7
ßj i 03 « Taka-ta.
Wiv- 03 * Ifi-ta (I-i-da).
aÜ i ij'Pj ? Asi-kara.
4r i Aussprache fehlt.
\ Asi-karä-no simo.
Aussprache fehlt.
fH t />}<. u Taru-fi.
Jfi Aussprache fehlt.
44
Kreis 33: 2 Ofo-sumi (O-o-sumi).
'F Naka-sima. ^ ^ ? Taka-ku.
jll* Kafa-afi (Kawa-ai).
Jt ä |SJ * Kata-woka. | s Kata-mi.
X TFa-ta. 0 03 Aussprache fehlt.
* * Aussprache fehlt. ^ Aussprache fehlt.
Kusi-fasi (Kusi-basi).
ypl Aussprache fehlt. ^ s Isi-mi.
■k ± Aussprache fehlt.
— a ^ Mi-jake.
M Aussprache fehlt.
^5 Aussprache fehlt.
Uebei japanische geographische Namen.
803
Kreis * Aju-kafa (Ajit-kawa, Ai-ka-u).
JlU Tama-kafa (Tama-gawaj.
& SB Aussprache fehlt. W Ui Aussprache fehlt.
Ur B3* Funa-ta (Funa-da). J^j3 Aussprache fehlt.
j|^ Jp Aussprache fehlt.
Kreis
-ö*»
rej *
5^9 Taka-kura (Ka-u-za).
h. y|{J / Mi-no.
fRj D
•gfr» ■*)-
2
*
3? £ Taka-kura.
J|| ® Samu-kafa (Samu-kawa).
|U it Sifo-ta (Siwo-ta).
ßß. % I-sama.
s. Faka-mi.
^ Aussprache fehlt.
& Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt. m $ f. Woka-moto.
f |Kafa-afi (Kawa-ai). ± Ü* Aussprache fehlt.
\ Ofo-mufa (O-o-muwa).
Kreis
? Kama-knxra.
yQ y|']‘ Aussprache fehlt. |||
jjl Aussprache fehlt.
f -7 Katsi-fara (Kadzi-wara).
Ofo-sima (O-a-sima').
R & Aussprache fehlt.
' 9 Kama-kura.
_ 9 Je-kara.
Kreis | t |p a. yjj| | Mi-ura.
fU * -7 Ta-tsu. fjip - yjfj f M-
b\<-45^ F’-fira. f||p a. Mi-saki
Aussprache fehlt.
■wra.
■
804
Pfizmaier.
Reich Mnsasi.
Kreis ^ « Jj|i n Ta-fa (Ta-ba, Ta-ma).
ill" Wo-Jcafa (Wo-kawa).
)\\i
A'*
P?
V
Kafa-kutsi (Kawa-gutsi).
Wo-jaki (Wo-jagi). 9
|lr 7 tU * Nifu-ta.
jfjf: 4 |U # Ama-ta.
ö ? '/X x K °-no je-
US; ir
|fj- y Wo-no.
jSi 4 ffo-sm«.
y Isi-tsu.
ff, % Se-ta.
Kreis ^ -y ? Tsutsuld (Tmdzuki).
P Aussprache fehlt. g Aussprache fehlt.
Jpp Aussprache fehlt.
■0J- n i/p ly Fa-saku.
|tö&£y g y Fata-no ja.
_JL. X
_IL -f
im*
p / Tatsi-no.
p ’j Taka-fata.
2 ytgf 7 Fukura.
Kreis y | Ku-raki.
pM O/o-iüi (0-o-i).
9
9
?- EU * Fato-ta. Jtf) 7
1 y Ku-u-ke.
* J|| 2 Fosi-kafa (Fosi-gaiva).
K r e i s
1?
' £ Tatsi-fana (Tatsi-kana).
■jBj! UJ * Taka-ta (Taka-da). ^|J s. y Mi-jake.
’y Tatsi-fana (Tatsi-kana).
2 Akata-mori (Agata-mori).
m -?£<■_ Aussprache fehlt.
1 Zur Linken des Zeichens
Ö
ist noch das Klassenzeichen I ZU
setzen.
lieber japanische geographische Namen.
805
Kreis x Je-fara (Je-bara).
03 Ä Kama-ta (Kama-da).
03 # 20 T- Ta-moto. £, 0J < Man-ta.
x jj^ £ Je-fara (Je-bara). Jj; * Kahm.
fifJJ - 0J 2 Mi-ta. ^ * 0J % Ki-ta.
0J ’ä Sakura-ta (Sakura-da).
|pp Aussprache fehlt.
0" IS
-jM: 7
yiu?
Kreis 1
■ *T4
i' Fi-no to.
I||L 0 Ara-faka.
|SJ % Firo-ivoka.
£ Aussprache fehlt.
3* ~ 1 b-sima.
0j | -jj | Ura-kata.
iU x lllff A Ju-sima.
JA Aussprache fehlt.
Kreis -jr I Atatei (Adatsi).
M<
* »V
V=g s» Fori-tsu. 1
I-nafo (I-nawo).
JA Aussprache fehlt.
'S 0J Ä U-e-ta (U-e-daj.
lif) 4 'äc 'r Ku-u-ke.
Aussprache fehlt.
Kreis J$?
■^5/70* Ai'-äi.
/Ui'
Nifi-kura (Ni-i-kura).
JA Aussprache fehlt.
Kreis
M'' Asa 'f a -
A
Hs
| ■=? Ivu-ma.
^ Ku-u-ke.
M
Ofo-jake (O-o-jake).
(hJ *
ßjä? f Taka-sina.
1 Zur Linken des Zeichens £jf? ist noch
setzen.
das Klassenzeichen
806
P t'izmaier.
^7 J] t- A-to. )|f a yfl * Firo-se.
ll]5 133« Jama-ta (Jama-da). j*jj^ J3 Aussprache fehlt.
Kreis
IwJ
M • Ko-
Kanm-tsu fusa.
Kreis u -^j> 7 Fi-Jd.
tt* Ku - u ' 1m -
^"/ -Zjt'r Tsu-ke.
y® y 7) Nuno-siri.
11' Kara-se.
m'
Kreis
m
P5] 5-
? Qi?
s. Joko-mi.
fifj - Mi-saka.
J=T Aussprache fehlt.
Kreis fl|nj't ^Ft « Sai-tama.
% fäj '7 Ofo-ta (O-o-ta). /I|ny r
fg ^ Kam-fara (Kasa-waraj.
^ J3 Aussprache fehlt
3ä « Sai-tama.
* r> ft ’-y Kaja-fara (Kaja-wara).
Kreis \ 'jl Üfo-sato (O-o-satoj.
M>t ' Ka-u-lcu. ßßj % ßß tf Jaki-wi (Jagi-i).
rto m* Itsi-ta (Itsi-da).
J=t Aussprache fehlt.
f ’y* Jena-tsu.
Mt Ku-u-ke.
JPJ 7 IKo -fusuma.
s
3jj| ^ Aussprache fehlt.
^ Aussprache fehlt.
lieber japanische geographische Namen.
K07
Jll« M ’) Kafa-fara (Kawa-baru).
l)^' V' Fa-fa. y Wo-j,
ama.
fj ^ Naka-
mura.
Kreis
y Fa-ra.
f) Kami-tsu fata (Kami-tsu fcida).
'/) Simo-tsu fata (Simo-tsu fada).
i
i
)if n Firo-safa (Firo-sawa).
n* m? Je-fara (Je-bara). ||
M* iPT # Na-ka.
^3 Aussprache fehlt.
Ü? Fa ' ra -
® J!L s Firno-
K r e i
is
JS ft Nifi-wi (ifi-i-i). \
yS % Fan-safa (Fan-zawa).
, jJJ y, Füsi-ta (Fudzi-da).
Jfi Aussprache fehlt.
Kreis M» \
ru
: >
j|2 y|jp^ Famu-safa (Fan-zawa).
f§ ^ Aussprache fehlt.
Ka-mi.
; ü |JJ £ Nifi-ta (Ni-i-da). /]> 9 NfFf Wo-sima.
pjq jj j'ij" J ) Naka-mura.
'W ^ Hb ^ Fo-no.
Kreis Ä’ I* Ko-tama (Ko-dama).
m ± Aussprache fehlt,
jlf £fj X Ki-ta.
|SJ % X H o/iU-t«.
## O/o-m
Kreis ti Na-ka.
IR r iPT # Na-ka. fr U Aussprache fehlt.
52* x ‘
"
808
Pfizmaier.
[ % Naka-safa (Naka-zawa).
& IE Aussprache fehlt.
4»^
Kreis jfjfe t 7 Tsitsi-fu (Tsitsi-bu).
[ET ^ Aussprache fehlt. ± gfr Aussprache fehlt.
ft ffl Aussprache fehlt.
^ JA Aussprache fehlt.
■Aj Aussprache fehlt.
Naka-
mura.
Reich Awa.
Kreis m Fe-kuri (Fe-guri).
Mt To-kafa (To-kawa). JA Aussprache fehlt.
7 Tatara. ft?' ft # (lwa-i).
: t
j *
*£ Mt Ofo-sato (O-o-sato).
jll * Kafa-kami (Kawa-kami).
Jflfi Aussprache fehlt. [Aj ^ jpf A Sira-fama.
r 00 1- Naka-to (Naga-to). |5j| A Sa-kuma.
Kreis A -fa, (A-wa).
■ft% 03* Ofo-ta (O-o-ta). JJ# Ofo-wi (O-o-i).
[S^ ijf Sifomi (Siwonvij. Q j C Sira-fama.
Jjjjijj,* M ? TFo/ara (AKo-w,wo).
Mt ft? Kafa-wa (Kawa-wa).
WittiA
J=TKamu-fe (Kan-be).
Kreis
SH?
u
r
Asa-fina (Asa-ina).
filf) s M t Mifara. 03 * Nifu-ta.
■ki m Ofo-numa (O-o-numa).
0J # Take-ta (Take-da).
Ma-ro.
Ueher japanische geographische Namen.
809
Kreis Ät * t- Naka-sa (Naga-sa).
-J* = /Jn 7 Ni-fu. |jj u m Fi-oki.
pFJ % J}j( 9 Ta-fcira (Ta-wara).
'JjSj # SaJca-wi (Saka-i). 'pj u ^
Tomo-fe (Tomo-be).
iz ? Fase-tsukafe (Fase-tsukaje).
U -[ 'Mi: 7 Oki-tsii.
'■ =e Ka-mo.
Reich Kaclausci.
Kreis fjj f Itsi-fara (Itsi-wara).
|ij £ Je-ta.
M 7 A ~ ma -
yjy t ’) Itsi-fara (Itsi-wara).
fM, '4 1 - Urufi-tsu (TJrui-tsu).
045 Jama-ta (Jama-da).
mm
•=? Kuku-ma.
Kreis ‘jfj-, % _Jy J Una-kami.
— Aussprache fehlt. ^ J ' Ofo-no (O-o-no).
Ina-mufa (Ina-muwa).
11J X Jama-ta (Jama-da). £- Kura-fasi.
jjjg) / Fukura. FJ(| *rC Aussprache fehlt.
M X |fj’ / Muma-no.
Kreis 0j£r A-j/m-m.
Y ' Mi-mi. #5 * * Ama-ki.
yj'» 9 j|| * Wo-kafa (Wo-kawa).
B3# Nifu-ta. Er 3 5 Mi-moro.
Jgj £ Fasi-fara (Fasi-wara).
810
Pfizmaier.
Kreis
j % Ma-u-ta (Mci-u-da).
0# 7 A -f aru ‘ # P Aussprache fehlt.
^ n "Wf # Ufa-ka (Uwa-ka). |jj£ ir ^ 7 O-fu.
; 7 Ka-tsu.
IjjßX gj* Ifa-ta (Iwa-da). J
Kafa-kuma (Kawa-kuma).
Kreis Äi* m-' Su-fe (Su-e, Suje).
Jama-ife (Jama-ije).
—■ [jf Aussprache fehlt.
\l iS
1? iS
r
^ y- To-ju.
Ul?
Ul? * t Jcma-nci.
03 7 Nuka-ta (Nuka-da).
%z 'Maru-ta (Maru-da).
~ Fusi-fe (Fudzi-be).
Katsu-fe (Kat-su-be).
y j|| X Katsu-kafa (Katsu-kawa).
Kreis X 7 Fani-fu.
^ X Fani-i-fu. ^ ly Fanisi.
A'? 09 7 Wo-ta. 2pC X- Saka-moto.
W?. Kafa-ife (Kaiva-ije).
;j>J| ^ ^ Joko-kuri.
Kreis -^§) ^ 7 Nakara.
mi n* Osa-kafe (Osa-kabe).
' JjL s Tsutsumi. jjt. Z' ? Kuruma-motsi.
Aussprache fehlt. Fase-fe (Fase-be).
^01’' JM X Kasifa-fara (Kasiwa-bara).
Kreis [Jj %
£ Aussprache fehlt.
i Jama-no fe.
[ffij # jJjX Woka-jama.
Ueber japanische geographische Namen.
811
ij Jg y Fuka-ja.
£ Aussprache fehlt.
jj£ a j|»J- ^ Mu-sa.
Ul*
Jp. Y
P -f Jama-isi.
H*' y Kaja-no.
Kreis Mu-sa.
[5 Aussprache fehlt. flu * ^ t Ka-mo.
3|| ^ Aussprache fehlt. ^1|I £ Nccsi-kuma.
? Nalta-kura (Naga-kura).
Wji 7 a A-siro. \ §fj r y Kata-no.
A* Ofo-kurci (O-o-kura).
A # Nifi-wi (Ni-i-ij. ^Ify Jg v Nifu-ja.
h| Jg Aussprache fehlt.
Kreis a Ama-fa.
—■ a Mi-jake. ^ 5 4 Sama-ki.
% '/jjl ? Naka-tsu (Naga-tsu).
m m Aussprache fehlt.
Kreis
pj| Aussprache fehlt.
^ i> pQ ä Ara-ta.
f y£| h I-simi.
^ j|j^ Aussprache fehlt.
(A| A a Sira-fa.
* Naka-sa (Naga-sa).
Jfi Aussprache fehlt.
Reich Simösa.
Kreis ^ * (§=£ -f- ^ji)% Katsu-sika.
t- ^ =t To-mo. A Y Ja-sima.
Nifi-wi (Ni-i-i). Ä 3 Tojo-sv,
sima,
812
Pfi zmaier.
Jjkf, j^r ') Kufa-fara (Kuwa-bara).
Jgl £ Kuri-fara (Kun-wara).
j||^ ^5 Aussprache fehlt. j|jtp
Aussprache fehlt.
li|5
A5
UJ5
0£
Kreis f
/. Tsi-fa (Tsi-ba).
*$$£.!. Jcima-ife (Jama-ije).
i- |£J >i Ike-ta (Ike-da). >j>|| ^
Mono-no fe (Mono-no be).
. Tsi-fa (Tsi-ba).
— y ^ £ Sai-kusa.
Aussprache fehlt.
*5- »
iu s m
Jama-nasi.
r
; *
l-
■ ')
Kreis |i|j) In-fa (Win-ba).
fäö Ja ~ tsl1 dr0 - 01 v ll#'' In-fa ( Win-ba).
Aussprache fehlt. ^ =. ). Mi-jake.
Naka-kuma (Naga-kuma).
v Tori-ja. Aussprache fehlt.
5® jK F’una-fo. 0 fQ fj Watdri.
11 Mura-kami.
Kreis fjtl ^
-P y
)U
m*
± ;
*?
Bt (3E + Ü
Naka-wo (Naga-wo).
Kara-kafa (Kara-kaiva).
No-ta. ^- f
Jama-kami. ||j^
Isi-muro. [jjj ^
Su-ka. J
Kusa-fe (Kusa-be). ^
Ta-no fe (Ta-no be).
Kuri-fara (Kuri-wara).
J3 Aussprache fehlt,
j) ■>>- Safu-sa.
) Tsi-mata.
^ Aussprache fehlt.
(3E + ^ a f u ''
pfj # Ofo-ta (O-o-ta)
^ ) ■) Tama-tsukuri.
sa.
mmmüsfissa s - Ä -
Ueber japanische geographische Namen.
-ura.
| ij Fora.
Ijfci 7ffjS Tama
Mufara-ki (Mubara-Jd).
pjl \ 5> Naka-murci.
Kreis j;0 j|§ ^ Sa-u-ma.
Ofo-wi (0-o-i). Sa-u-ma.
^ jj?p| y Furu-miso (Furu-mizo).
fr fr Fu-sa. -pP Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt.
Kreis fr 'fr Sa-sima (Saru-sima).
|?{|^ Aussprache fehlt. A ^ Aussprache fehlt,
jfljf ; f Taka-ne. ^ ^ ^& Jsi-to (Id-i).
A A.si-feM.
Aussprache fehlt.
^ Aussprache fehlt.
Kreis IS? .#* Jufu-ki (Jü-ki).
\ ‘/p Aussprache fehlt. 'jfjjf Taka-fasi.
f* $4* Jufu-ki (Jü-ki). yj^ jrj|j Aussprache fehlt.
■ Aussprache fehlt.
Kreis ÄL 7 [jj # Tojo-ta (Tojo-da).
|ä) * HJ* TFo7cc<-tc< (TFo&aMÜa).
Aussprache fehlt.
. #
1?
Ofo-kata (O-o-kata).
fr IhJ £ Ta-muke.
Kreis * Una-kami.
Ofo-kura (O-o-kura).
1^ * Siki-no kavii. |j^ -7 %_ Wo-umi.
813
I
814
1*fi zrnai er.
|M;*, fp - - Karu-fe (Karu-be). fifj y ~}j%. Nuno-kata.
fl ? a Kami-siro.
yj'» 9 §fj' / Wo-no.
^ J || Aussprache fehlt.
— s Hl Mi-saki.
fö t yfc ^ Funa-ki.
4 3E?' Ami-tama.
5- JJJ y /sj-ta (Isi-da).
I ff T Joko-ne.
— s ^ f Mi-jake.
Kreis * JJj( 'f Ka-tori.
(7^ + M)* Ofo-tsuki (O-o-tsuki).
fff * ’) Ka-tori. f|y fjj # Zso-fa (Iso-da).
yj\ y J|| * TKo-yfca/a ('TKo-Aatea).
1^? 09# Take-ta (Take-da). ||| ^ Aussprache fehlt.
Kreis fjj|2 Fani-fu.
315 fäP’ Tama-tsukuri. ff Aussprache fehlt.
045 Jama-kata (Jama-gata).
Bf* W'i
' Su-tori.
Reich JPitatsi.
Kreis ffiy 'fä'J Nifi-fari (Ni-i-fari).
Pitt P9 ’■ Saka-to. Yf X Take-sima.
B4 7 Numa-ta (Numa-da).
fj|| Aussprache fehlt. fl4j £ 7 Faka-ta.
^ $jä] Aussprache fehlt. 09 I öt- Tsuki-fa.
Ofo-fata (O-o-fata).
ff“ '/o ') Nifi-fari (Ni-i-fari).
^ Aussprache fehlt. |3 f| Aussprache fehlt.
## ffl* TK'-ict (I-da).
lieber japanische geographische Namen.
815
Kreis ji> fg* Ma-Jcafe (Ma-kabe).
Jllljl t a Kami-siro. Jjf jj|f Aussprache fehlt,
jpf -? * Ma-kafe (Ma-kahe).
jjr Ja ^ Naka-nuki (Naga-nuki).
#4' ü- Tomo-fe (Tomo-be).
kl W; Ofo-sono (O-o-sono).
~k% t't? Ofo-mura (O-o-mura).
Kreis
Tsuku-fa (Tsuku-ha).
Hr au- 5?
^ * M *
Ofo-nuki (O-o-huki).
^ Tsuku-fa (Tsuku-ba).
Mi-mori. y
1) jtjf ^ Kuri-fara (Kuri-wara).
2/ y^, y Si-mitsu (Si-midzu).
Hl* gjf' Sa-no. -Jjl
Aussprache fehlt.
7
i-
Kreis ^jj - tj plj
|l|fi f f Sima-na. tT
^pj li p^J ^ Kafutsi (Karvatsi). pt ■=?
/V %. ^ ^ Ja-ta-fe (Ja-ta-be).
m m* Suka-ta (Suga-da).
* ^'ij* ? Ofo-mura (O-o-mura).
Kafutsi (Kawatsi).
j 11 % O-jama.
'■') Ma-fata.
Kreis j=f 2- ^« Si-ta (Sino-da).
/ Ofo-no (O-o-no). jSj * ? Taka-ku.
s Wo-no. * * Aussprache fehlt.
Sp Asa-fina (Asa-ina).
kl
/]> 9
jt|j fj [JJ # Taka-ta (Taka-da).
Sitzungsher. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. IV. Hit.
53
I
816
Pfizmaler.
Ofo-mura ( 0-o-murci).
IS ^ SZ'lTlCl»
4«
'/=|=y Sima-tsu (Sima-dzu).
'fjgj/ 8i' ta (Sino-da). ij
3k Aussprache fehlt.
||p Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt.
f 'A Nori-fama.
g? A-ne.
Kreis j\y ^ Mufara-Jci (Mubara-Jd, Ibara-Tci).
n # Aussprache fehlt. tfj #J Aussprache fehlt.
mP ± ? Siki-no kami. £ IS Aussprache fehlt.
03* Sima-tct (Simäßa). ßh Sa-ka (Sa-ga).
Ofo-fata (O-o-bata).
v Mufara-ki (Mubara-ki).
EB & Aussprache fehlt. m m Fajasi.
yfcls (3J3"? Isi-ma. + ^) Aussprache fehlt.
jAj ^ J|| * Sira-kafa (Sira-kawa).
m m* Ofo-tsu (O-o-dzu). % 1$ Aussprache fehlt.
Tatsi-fana (Tatsi-bana).
Ta-kako (Ta-kago).
±1 W
ffl* fp
Kreis Name-krMa.
Aussprache fehlt. yj> Aussprache fehlt.
^ Aussprache fehlt. Aussprache fehlt.
Jj^ Aussprache fehlt. ;Üf§ u h Afi-ka (Ai-ka).
y Wi-no-ufe (I-no uje).
Takife (Takije). Ml ^ Asa-fu.
siro. 5 Ka-sumi.
Jfc C M 9 Are-fara. ^ 0j Aussprache fehlt.
#
/V5 Ja-tsu
Ueber japanische geographische Namen.
817
'rrl
Mt
\ Name-kata.
a Saka-ko.
1b
¥ So-ne.
Jpi Aussprache fehlt.
r^i *
» j y*
Hfl
A*
P<
Kreis Jjtj* ii Jäj F Ka-sima.
') Sira-tori.
lf=j h” Ka-sima.
Taldfe (Takije).
|| j y Mija-ta (Mija-da).
y Matsura.
y Karu-no.
-=? Fciri-ma.
Ofo-ja (O-o-ja■).
F I-sima. , ;
t i) Simo-tori.
ca.
Mi'
—* •»
— ■“ := ü^
r^f v lU ^ Mija-saki.
fj-l 1*} 9 Naka-mura.
pj^ Jj ^ F Naka-sima.
Aussprache fehlt.
[ 9 Moro-wo.
ft Nifi-wi (Ni-i-i).
Kami-sima.
Kreis 31$ t 5J # Na-ka.
J\f^s IJlj' v Nifu-nö ja. fjijj % Asa-tsuma.
EB # Josi-ta (Josi-da). r tj A-ka (A-ga).
|Jj jr Woka-ta (Woka-da).
^ft Ofo-wi (O-o-i). iff Airssprache fehlt,
ft? Kafutsi (Kawatsi). Aussprache fehlt.
J|| Kafa-nofe (Kawa-no fe).
0 ?y Kusa-ka. ^ V- r^t'' &i-ma.
^» y ßl fj Fa-ka (Fa-ga). |ftlj 7 A-fa (A-ba).
iff p | Jso-no kamt. ij ^F Ka-sima.
7 Miifara-Jd (Mubara-ki).
jföj ^J: Aussprache fehlt. r SpJ iJ Na-lca.
Al Üb Ja-ta-fe (Ja-ta-be).
St? |Jtf £ Take-ta (Take-da). ljl|^^ (JJ £ Fa-ta (Fa-daj.
53*
818
Pfizmaier.
Kreis -^7 is Ku-si (Ku-d).
m ss* Woka-ta (Woka-da).
% ■jpjfi"' Ja-ta-fe (Ja-ta-be).
'' Si-tori.
£■>
» 111 Aussprache fehlt.
/lü>
JtJ ? Talca-tsuJci.
a =j?p !7 Mi-wa.
tEf fjhjp / Ma-no.
^ ^ Aussprache fehlt.
Hfc £ Aussprache fehlt.
fitjlv Igf I Kan-saki.
-)K% 03^ Ofo-ta (O-o-ta).
[ | [ |J| # Jama-ta (Jama-da).
'M* ft? Kafatsi (Kawatsi). ^ Sa-talce.
l=h JanaJci-sima (Janagi-sima).
I rjj Takatsi.
i(- |1J' / Sa-no.
^ J3 Aussprache fehlt.
^ ff Aussprache fehlt.
is?- a
m
^Tv
Kreis ^ x il’pj * Ta-leci.
t Aussprache fehlt. ’jsj | jflj' / Taka-no.
iS"" Tomo-fe (Tomo-be).
% IpJ fr Ta-ka. ^ ^ i=j V, Mo-simci.
jfyfh tt Nifi-wi (Ni-i-i). ^ u a Ka-mi.
a; p Aussprache fehlt.
Reich Ömi.
Kreis
T|j + Furu-tsi. v g
4 Ofo-tomo (O-o-tomo).
?lfi i) Nisi-kori.
§ fr Si-ka (Si-ga.).
/ Ma-no.
lieber japanische geographische Namen.
819
m?
%
Ul 3
Kreis lj 2j£ T- Kim.-m.oto.
'' Mono-fe (Mono-be). 'fä n fJJ % Fa-ta.
)\\ * Ki-no kafa (Ki-no kaiva).
fi|t ’) Nasi-fara (Nasi-wara).
ßp % Se-ta.
Kreis Ep % ßfi t> Ka-u-ka.
[* t. Ofo-kami (Ü-o-kami).
ßß - Natsu-mi: ^ x Kura-fu.
iS* Jama-nafo (Jamci-nawo).
’ 7 r Fu-tsi.
Kreis v x Ja-su.
— s ? Mi-kami.
jj|<~n|) ') Fa-tori. IjJJ ’t, Jß - xl-/c«-mi.
jfipj = 0}J; ’K Ni-fo. ^ Aussprache fehlt,
y jlji Sino-fara (Sino wäret). 1
Kreis jyjj?, Zp 7 Kama-fu.
4? Fikasi-nari (Figasi-navi).
£ ^ Nisi-nari. ik Aussprache fehlt.
|1j 'x Sino-ta (Sino-da). 1 ^j Aussprache fehlt. 1
Ofo-sima (O-o-sima).
^ : r Funa-ki. -Jß ^ Aussprache fehlt.
^ Kiri-fara (Kiri-wara).
■ tu
©£
»pf *
Kreis jjj[|| * |l|^j' Kamit-saki (Kan-zaki).
rv Taka-ja. MS; ^ Aussprache fehlt.
1 lieber lep ist nocli das Klassenzeieheii kk zu setzen.
820
P f i z m a i e r.
| * |||41 Kamu-saki (Kan-zaki).
fllpA ±1
T
^ ? Kamu-husi.
jjtb> Ko-jasiro.
mi.
Kreis
,-JlO.
Ja.* JH=• Kaki
T ? l|#$ Fb-/ctte.
pjU -f- Je-tsi.
/V a Ja-ki.
gf/ Ka
U H ^ Ofo-kmi (O-o-kwni).
"M * §=¥2 Naka-no (Naga-no).
2p 1= pj Fira-ta (Fira-da). v ^C 7 da-ju.
Kreis Jp| Inu-kami (hm-gami).
1*2 J 3 - Kamu-fe (Kan-be). * Ta-ka.
yg Aussprache fehlt. '{g* v Taka-mija.
Ä T Aussprache fehlt. ¥ & Aussprache fehlt.
Xi-A/a. ^ f Aiüo-«e.
?F9^' 7fv5 Si-mitsu (Si-midm).
|?p Aussprache fehlt.
Ij? ]’ [JJ k Abia-ta (Ana-da).
m.
* (B * Scika-ta.
I?
: t
■ ft
Kreis _
:Z Asa-tsuma. _p * J.v£ t Kamu-saka.
[ ^ Naka-woka (Naga-woka).
Ta Simu-saka. ^ '/X*
j|Jj ^ ^ ?. Asa-tsuma. _p ^ 7 Kamu-tsu nifu.
[JuJ 7 gßr A-na. f|p ^ Aussprache fehlt.
Kreis \ Asa-wi (Asa-i).
2j$ T- Woka-moto. (JJ 2 Ta-jo.
Fj^ ^ Ju-suki.
JN * 5^ j Kafa-mitsi (Kawa-mitsi).
9
ft
f ^
ft
TI
■ / Jofo-no.
lieber japanische geographische Namen.
821
Qfo^ri (O-o-i). ^ Nisi-Jcori.
jäl v yfc - Faja-mi. ^ Tsu.
im. 7. U ^ Masu-ta (Masu-da).
§f ü Nifi-uA. (NiA-i). j [J K Asa-fi.
'% 9 Sifo-tsu (Smo-dzu).
Kreis I-kako (I-kago).
t' y ' jjj* -7 Kasifa-fara (Kasiica-wara).
ft- A tsumi (A dzumi). m & Aussprache fehlt.
\ jljp/' Jald-no (Jagi-no).
Wl Aussprache fehlt. [S] % Kata-ivoka.
I-kako (I-kago).
% jjtJ; t a Ofo-jasi.ro (O-o-jasiro).
Kreis ,a
% Taka-sima.
P
(RJ ii ja
Kamu-fe (Kan-be)
Taka-sima.
7f^ - 9 Ko-t.su.
i Jfjjl j Kufa-fara (Kuwa-bara).
J|| % _t.a Kafa-kami (Kawa-kami).
ist Tomo-jufi (Tomo-jui').
JH Aussprache fehlt.
j 9 Mi-ivo.
■ 7 Tsu-no.
r t Josi-tswmi.
Kreis *2,9
Reich Mino.
b '+ Ta-ki.
Mono-fe (Mono-be).
w ± Aussprache fehlt.
• 7 Tatsi-no.
Üt H* U.rn-f/,.
IT? H 7 Ari-ta.
822
Pfizmaier.
(JjX Ta-siri,
Sa-feki.
Takemu-fe (Täkemu-be).
Kreis Isi-tsu (Isi-dzu).
yj^ 4 Sakura-ki.
|j| I (l^ t Jama-saki (Jama-zaki).
Jj5p il Ofo-muvsa (O-onioa).
Takemu-fe (Takemu-be).
Kreis 7 » Fu-fa (Fu-wa).
111 X yjj ^ Jama-moto. Aussprache fehlt.
rH t X
r ’) Kuri-fara (Kuri-wara).
m' ± £ No-kami. m #■ Aussprache felilt.
Jg# Nifi-wi (Ni-i-i). ~%b (lloj-t Ara-saki.
Fase-no kafe (Fdse-no kabe).
j|£ ^ J|| * Awi-kafa (Ai-kaica).
— s Mi-kufa (Mi.-kuwa).
‘ifi' Takife (Taldje).
jg> gfj^ Ma-no. Jf| Aussprache fehlt.
Kreis jJJ« Ike-ta (Ike-da).
^ E0 * Nuka-ta (Nuka-da).
^7 Ni-fu. /Jn = Äo-tori.
0 * Kam-ka (Kasu-ga).
yjhi g] x Ike-ta (Ike-da). fl® 7
Kreis ^7’ /V-f A-fatsi.
tB * Ofo-ta (O-o-ta). r IpJ * Na-ka.
'' Mono-fe (Mono-be).
i
TJeber japanische geographische Namen.
823
K, A? A -f atsi -
Aussprache fehlt.
:£ %■
Naka-tomo (Naga-tomo).
Kreis K% 5=f 7 Ofo-no (O-o-no).
^ Aussprache fehlt. f||J \ a Aka-mi.
ki m Ofo-mutsi (O-o-mutsi).
^ s ^s. £ Mi-kufa (Mi-kuwa).
± ¥: Aussprache fehlt. T tt Ausspi-ache fehlt.
Ku-u-ke. Jffl~ Si- m a-
Kl EB 2 Ofo-ta (O-o-ta). K* Isi ' ta -
^ Öj X Küri-ta (Kuri-da). Aussprache fehlt.
i§| Aussprache fehlt.
Kreis f. .J^. x Mofo-su.
jjl Aussprache fehlt. yjj Aussprache fehlt,
äe # Aussprache fehlt. =[==. a '^|=| / Mi-no.
M* = Fo-tsumi. ^ Aussprache fehlt,
dl * Kuri-ta (Kuri-da). £ 7^ ^ Funa-ki.
riii X
7K •)
m
K
Kl
Kreis m° ffl X Musiro-ta.
ft X Mi-wa. Mr * Na-ka. •
Zso-/e (Iso-be). ^ :fc X Na-ta.
Kreis ^ Katakata (Katagata).
Mura-fe (Mura-be).
Hf- Aussprache fehlt. * U-kafi (U-kai).
lpl | Katakata (Katagata).
Aussprache fehlt. j||p ^ Aussprache fehlt.
53"
ta
11
■
824
Pfizmaier.
Kreis )^§Jy ,, w
pjg Aussprache fehlt. — a
J\\ nS i^tKafa-no fe (Kawa-no fe).
)$. ’? Atsu-mi.
m a Aussprache fehlt.
a Atsu-mi.
- a Mi-Jce.
1 ^ Ku-u-ke.
Kreis |^a Kakami.
ft i) |g|j = Mura-kuni. ^ Aussprache fehlt.
# * a Kakami. M l 3% jj Na-ka.
'ffi Mj -Aussprache fehlt. ^El s ^ 4= Mi-wi (Mi-i).
^ Aussprache fehlt.
|||I /PI# Jamakata (Jamai/ata).
% igr / Kata-no.
ttj ? ^5 ^ Asitst (Idzusi). *
A£ 1t? Ofo-take (Ü-o-take).
— a JJJ # Mi-ta. ^ J3 Aussprache fehlt.
J Ofo-kufa (O-o-kuwa).
Kreis b£ a !§*■ Mu-ke (Mu-ge).
m « Aussprache fehlt. jjjjjji ^ ^ ~ At.o-fe (Ato-be).
£ ii Aussprache fehlt. fr » Aussprache fehlt.
Ö 4: Aussprache fehlt. 15 Aussprache fehlt.
A* lii- Ofo-jama (O-o-jama).
# # 0)« Suka-ta (Suga-da). pf Aussprache fehlt.
Kreis Kun-sija-u (Gun-zija-u).
f Jq y» Kun-sija-u (Gun-zija-u).
Ueber japanische geographische Namen.
825
är Sß Aussprache fehlt. *n ft Aussprache fehlt.
iZ J-»*
iä? Kuri-kaki (Kuri-gdki).
Kreis
? i; Ka-mo.
? 5. j? Mi-wa.
4l 7 Fani-fu.
Ike-no fe (Ike-no be).
PI- Wi-fe (I-be). jjj 3' Wo-jama.
*3 ffl * Kome-ta (Kome-da).
B» WatarL * m Aussprache fehlt,
jjjljl t 0J % Kamu-ta (Kan-da).
J||,V Kafa-no fe (Kawa-no fe).
db
/Hi' ^
L Si-ma.
Aussprache fehlt.
Kreis Ka-ko (Ka-ni).
W» Ä a Ka-ko. m £ ||C ^ Ku-u-lce.
0 i? W^aton. v Jatsume.
kl # # Ofo-ivi (O-o-i). |pp Aussprache fehlt,
yjb^ £ |JJ & Ike-ta (Ike-da■).
Kreis -J^ h To-ki.
0^ t l Fi -j° sL M 'k Aussprache fehlt.
jij|j i Jjji ') Nara-fara (Nara-wara).
Eo-Ja. Ausspiache fehlt.
§M l§!c Aussprache fehlt.
Kreis Jfi x t E-na.
jo /r
Aussprache fehlt.
^ / Jt * E-no kami.
‘ ^ Saka-moto.
% Jlit Aussprache fehlt.
7 ~|\ ij= ./f-Jio stmo.
2 ^ Take-wori.
826
Pfizmaier.
Reich Fida.
m
M
—: ^
üjj
&
m
iMTl
JIU7
m *
Kreis fJJ 3? Masi-ta (Masi-da).
pP| >7 Masi-ta (Masi-da).
!f Ma-ga-na : Asa-fite (Asa-flde).
Kreis
■7 Ofo-no (0-o-no).
-) Ofo-fara (O-o-wara).
« £ Sai-kusa. ISJt jp„ A-fa (A-wa).
|H Jama-kutsi (Jama-gutsi).
Kreis ^ 7 Ara-ki.
jjH ij Na-fari (Na-bari).
^J* * Fuka-kafa (Fuka-kawa).
-V- Ara-ki. ^ s Aku-mi.
Kakiß (Kakije). J3 Aussprache fehlt.
\jjfc 7 Asofa (Asobu).
Reich Sina-no.
Kreis 1 3$j| I-na.
|| ^Jl Aussprache fehlt. # tjtj 1 / Tomo-no.
? |lj‘) Wo-mura.
! -f Fuku-tsi.
Kreis ßj) Su-fa (Su-wa).
-p i- a To-mu. ^)ß ff- ^j§7 Sa-fu.
Sßi ’( ^ 7 Kufa-fara (Kuwa-bara).
^ a t 7 Mi-wa.
Ueber japanische geographische Namen.
827
^ Kamu-fe (Kan-be). |||X
^ Aussprache fehlt.
! ij Jama-ka. ■
Kreis jffcg
[T] 3; Josi-ta (Josi-da).
^ i Kara-inu.
‘fc% Ofo-wi (O-o-i).
[I
^ Tsuku-ma.
|| h U-ka (U-ga).
B ij Nisi-kori.
Ul 3
* i. Jama-mufe.
Kreis 'ft?!- fhswsi (Atswni, Adzumi).
-cTÄ
P3J *
^ Takife (Takije).
# l± Aussprache fehlt.
A v Ja-fara.
ijuj - -7 / _fc. £ Mura-no kamt.
r y
‘f
r v
Kreis
s Wo-mi.
=| Aussprache fehlt.
\ Sara-sina.
Si-mitsu (Si-midzu).
+ j £ Fi-kana.
[f Sara-sina.
yj^J* -7 _j^ £ Mura-kami.
£ Wo-una.
4 1 To-me.
y(li r f|j» I-lce.
Kreis 7^ a p£j ( Minotsi.
m
nt
±
ir
%
& Aka-fu.
Iso-wi (Iso-i).
[JJ x Semu-ta. "dj £
ij'' Wo-fari-fe (O-wari-be).
|=i v Ofo-sima (O-o-sima).
' r UJ £ Ofo-ta (O-o-ta).
ffiT’ Fumu-na.
*
i f Naka-sima.
*
Kreis ^ | Taka-uoi (T aka-i).
r Fo-sina. /]'*? p£j 7 Wo-una.
|h) ^ Ina-muki. |jj ^ / Fimu-no.
Kamu-fe (Kan-be).
828
Pfizwaier.
Kreis Fani-sina.
• ^ ^jSj. f Kura-sina.
lama.
Iso-fe (Iso-be).
JH Y ^ o” Ja-siro.
Vit Saka-ki.
Kreis
1a k t Womuna.
M A $5t'' Su -f a -
%r Ä-so. jßg
m ^ Ama-mufe (Ama-mube).
JA Aussprache fehlt.
fifär lllv Funa-ja
ft* Ofo-na (O-o-na).
Jfex % Je-ta.
Tsi-isakata ( Tsi-isagata).
111 J, 1] Jama-ka.
$fl Ato-fe (Ato-be).
jJJ i? Fuku-ta.
Kreis ^ ^ 7 Sa-ku.
=J=S j!|[ Aussprache fehlt. kl #* Ofo-wi (0-o-i).
k.1 Ofo-mwa (O-o-mura).
"nP* Osa-kafe (Osa-kabe).
it m Aussprache fehlt. ^ Aussprache fehlt.
^ p Aussprache fehlt. /\\? Z Wo-
)-numa.
Reich JZödtmke.
Kreis ^)<.u Usu-fi.
M t -IH Aki-ma.
Vi t 2jlC T- Saka-moto.
P J\- # Ifa-wi (Iwa-l).
K Aussprache fehlt.
-ma.
f||y "nü- Iso-fe (Iso-be).
IjfJ’ / ^ f No-siri.
py Aussprache fehlt.
Ueber japanische geographische Namen.
829
Kreis \ j§ij ^ Kata-woka.
m eh* Waka-ta (Waka-da).
=r Ta-ko.
/ Naka-no (Naga-no).
& & Aussprache fehlt.
ÜB
m m
y Taka-muso.
Kreis
Kamu-'.
ra.
^ *
i Nuki-nosa.
m # Aussprache fehlt.
SIS # Aussprache fehlt.
rn ik Aussprache fehlt,
hffi ± Aussprache fehlt. /ßß Aussprache fehlt.
^} = ^7 Ni-fu.
T Aussprache fehlt.
SIS M Aussprache fehlt.
ms Nuka-fe (Nuka-be).
yj'» 9 / • Wo-no.
; v Nifi-ja (Ni-i-ja).
# m Aussprache fehlt.
Kreis 7 = Ta-ko.
|_L| v ^ r Jama-na. Wi ^ Ori-mo.
% /ßp t Kara-sina. jj£ a =f=| i Mu-mi.
^ ? Ofo-jake (O-o-jake).
tt| Aussprache fehlt. j\x 0} 7 Ja-ta.
Kreis |?-J’ y Mito-no (Midori-no).
JOH? Fajasi-fara (Fajasi-irara).
yj»? !gf / TKo -no. fr m Aussprache fehlt.
ßtp % Q}/ Takasi. Sa-mi.
kl lat? Ofo-saki (O-o-saki). « m Aussprache fehlt.
ßg 9 ^|| 1]' Wo-fari (O-ivari). Q $||j ly Fani-sL
W- |2J Aussprache fehlt. Ul m Aussprache fehlt.
830
Pfizmaier.
Kreis Nci-fa (Na-wa).
tjpj J. « Asa-kura. 03 « ^ “>) Ta-siri.
03« Saja-ta (Saja : da). +t- B^ a Sa-mi.
^}y -*Jr ,y jft! Nirci-tsuka.
|5« Ike-ta (Ike-da).
Kreis |
Kuru-ma.
. £ |ä¥ / Naka-no (Naga-no).
^ # }JJ T TK:-te (7-de). yj'*? TKö-no.
y\ v ^ 4 Ja-kL m'f- 7 3^3 * A-kiri.
±* äst Kamu-sato (Kan-sato).
n ^ i Simama. ,|J^ ■' Kuru-ma.
# Momo-no wi (Momo-no i).
7) •■=? Ari-ma. 5fi|J ^Ij 'j To-kari.
Aussprache fehlt. |A| Aussprache fehlt.
Kreis
11 *
Aka-tsuma (Adzuma).
1f } [5 « Naka-tä (Naga-ta).
03« Ofo-ta (O-o-ta). 0
: % 1-sama.
K reis %\) i- 3® ¥ To-ne.
•yp|« |JJ« Numa-ta (Numa-da).
Nama-sina. 3g r Kasa-sina.
3^ Na-kurwmi.
* 03 « Fuka-ta (Fuka-da)
03« eJ Ta.
Kreis t’ « Se-ta.
mura. Ißi. * Fa-ka (Fa-ga).
Ueber japanische geographische Namen.
831
fäZ WZ Kai-kaia. »a
Y M. V *x**nu#/u,. ^ --U
H* Ma-kafe (Ma-kabe).
i§ /v FuJcasafa (Fuka-zaioa).
B=5f ^ }1[1^ Toki-safa (Toki-zawa).
y® X Futsi-safa (Fudzi-sawa).
Fnka-muso.
&
Kreis Sa-wi (Sci-i).
Na-fasi.
ry.
Aussprache fehlt.
ä m Aussprache fehlt. Sa-wi (Sa-i).
iS ? ' Futsi-ua. ^
Sasa-i-fe (Sasa-i-be).
m \s Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt.
Kreis fr? ffl« Nifu-ta (Nitta).
f)\ ? (jj U Nifu-ta (Nitta). ''^y. Bf y Kasu-no.
^ m Aussprache fehlt. ü /\ ) Fafuri.
m -w Aussprache fehlt. Jjpp ^ Aussprache fehlt.
Kreis Oil ffl* Jama-ta (Jama-da).
ih? 00 % Jama-ta (Jama-da).
~k% Bf 7 Ofo-no (O-o-no).
Ä h' Ma-fari.
• / $ono.
Kreis
El
'/{{^ ( |JJ £ lki-ta (Iki-da).
/\ v (JJ y .Ja-ta.
• ^ Ofaraki (Owaragi).
/El (k.* Fiki-ta.
7 Nakara.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. LXXX. Bd. IV. Hit.
54
« [IlStlfrESt*
Pfizm ai er.
832
Keich Simotsiiki.
Kreis Jji 7, ^j)J % Asi-kaka.
'lEH* Ofo-kufo (O-o-kubo).
Ta-no fe (Ta-no he).
Zs (JJ x Tsutsmni-ta. Jb"'' f>l|) ’ Fa-si.
J3 Aussprache fehlt. ^ Aussprache fehlt.
Kreis )- |JJ 'ä Jana-ta.
^ Ofo-jake (O-o-jake).
7] J|| * Fuka-kafa (Fuka-kawa).
Aussprache fehlt.-
Kreis ^ r ^ y A-so.
7 |(| y ^' so -
Aussprache fehlt.
Kreis y
^ Aussprache fehlt.
\ Kaki-ife (Kaki-ije).
J^ Aussprache fehlt.
^ Aussprache fehlt.
% 7 Tcika-Icuri.
s. fl; A Mi-sima.
^ Aussprache fehlt.
Hfl?' 4ffI TFouwjw.
* Tsu-ka.
j 11 7 ^ b Jama-siri.
(U * ^ tf Ta-siri.
^ Aussprache fehlt.
>>J> ? jjj 7 Wo-jama.
I|°£ Aussprache fehlt.
Kreis ||| * Samu-kafa (Saim-kawa).
'•? Tj'C t Ma-ki. yjj^
*pf Aussprache fehlt.
Ike-no-fe.
Ueber japanische geographische Namen.
833
Kreis ^qj - * p£j f. Kdfutsi (Kawatsi).
3t?* ^ Fase-tsu kafe (Fase-tsu habe).
^ j§ff Aussprache fehlt. Ike-no fe.
$0£ Saka-fe (Saka-be).
— a ?Rf* Mi-kafa (Mi-kdwa).
fff#? 'oP'^ Takara-fe (TaUara-be).
TEf -=? Ma-kafe (Ma-kabe).
Karufe (Karu-be). Aussprache fehlt,
n? Jll* Koromo-kafa (Koromo-gawa).
-kl
>W
fit
3t?*
It**
JIIX
Kreis ^« fßf # Fa-ka (Fa-ga).
“fffFuru-ife (Furu-ije). ßjf „ Firo-se.
2 ofo-se (Towo-se). & m Aussprache fehlt.
Mono-fe (Mono-be).
'|=j # Fa-ka (Fa-ga). & & Aussprache fehlt.
tH* M ~ ta (Isi-da). ‘Zjt Aussprache fehlt.
Fase-tsu kafe (Fase-tsu kabe).
Takara-fe (Takara-be).
P f. Kafa-kutsi (Kawa-gutsi).
Ma-kafe (Ma-kabe).
pF) ’A Nifu-ta (Nitta).
K
reis ra| £
111 % % Jama-kami.
m # Aussprache fehlt.
Ol? TI'
;v S'ifo-ja (Suva-ja).
)~T X |^J F/ Kata-woka.
a « Aussprache fehlt.
ff Aussprache fehlt.
Kreis 05 r
05 r IM. 7 - Na-su.
fff x Na-su.
A % Aussprache fehlt.
54*
Pfizinaier.
834
kl
lU5
kl
kl
^i
ffl*
m*
m'
#*
jn*
±£
Kuma-ta (Kwna-da).
Kata-ta.
Jama-ta (Jama-da).
Ofo-no (0-o-no).
Ofo-wi (0-o-i).
Kuro-kafa (Kuro-h
Isi-no krnni.
3% S& Aussprache fehlt.
— s JfttJ ? Mi-wa.
£ £ Aussprache fehlt.
va),
Reich Mutsu.
kl
ft-
A?'
m
IwJ *
Kreis (Aj ^ * Sira-kafa (,Sira-kawa).
Ofo-mura (O-o-mura).
Ni-fa (Ni.-ka). >J>^ pj 9 Matsu-ta.
■ v Nifu-no ja. Jfj|; []j Aussprache fehlt.
J|[ * Isi-kafa (Isi-kawa).
9 Naka-ta (Naga-ta).
)\\ * Sira-kafa (Sira-kawa).
/ Wo-no. JAussprache fehlt.
ft *- Matsu-ta. /p ? p) X JFo-ta (Wo-dafi
PJ 9 Futsi-ta (Fudzi-da).
= tä: 3 Toko-jo.
ft ± Aussprache fehlt.
Ja-siro.
9 Taka-no.
H§r,t t Ifa-se (Iwa-se).
j f Ifa-se (Iwa-se). Aussprache fehlt.
[ t- Firo-to. P Aussprache fehlt,
ihl Ifl* Jama-ta (Jama-da).
ö k Aussprache fehlt. ^ Aussprache fehlt.
u
‘ n
Ueber japanische geographische Namen.
835
Kreis ^ ^ ^ y Afi-tsu (Ai-dzu).
# V Aussprache fehlt. ^ Aussprache fehlt.
^ l /X x Ndka-je (Naga-je).
Aussprache fehlt. ~)j%. Fisi-kata.
J i=j Of o-sima (O-o-sima).
j|f v ^ o Ja-siro.
A* /X x °fo-j e (O-o-je).
JA Aussprache fehlt.
Kreis UP*
Aussprache fehlt.
'* ./a-TO«.
Tg - Aussprache fehlt.
Kreis ^ ^ ^ * Asa-ka.
1 " ^ / Iru-no.
JK>^
/■> •'pj| # Fa-lca (Fa-gcij
% )\S * 2 Maru-ko.
yj'> ? J|| * Wo-kafa (Wo-kawa).
4 ^jjp| * Asa-ka.
P Aussprache fehlt,
yj'i ? IjlJ' / TKo-wo.
3St 7 a„
A-tatsi (A-datsi).
’ ^ 1K'itam.
Kreis r
/J 1 » 9 f IfWc«?’«. j^J y
M Ul5 Kufa-jcima (Kuwajama).
pjg JA Aussprache fehlt. Jß- i J 'J I-tara.
% « Aussprache fehlt. Jpp ^ Aussprache fehlt.
^■5 Mine-kofe (Mine-koje).
Kreis SIS’ B3 9 Na-ta.
^ Aussprache fehlt.
m.% ib 9 Saka-ta.
r Uj * Na-ta.
— a [Jj ^ Mi-ta.
836
Pfizmaier.
Kreis [jj # Sifa-ta (Siba-ta).
ED # Sifa-ta (Siba-ta). ^ || Aussprache fehlt.
^^ f Taka-fasi. Aussprache fehlt.
JA Aussprache fohlt. 0j- ||§ Aussprache fehlt.
yj> 57 jg? / Wo-no. Bßjß ^ Aussprache fehlt.
Kreis r jjj( >)' Na-iori.
* Ä Aussprache fehlt. t |)~ Na-tori.
}■* ^ J'Fi-n.o i(/e (I-no uje).
Ifa-ki (Iwa-ki). j|^ Aussprache fehlt.
Tama-mafe (Tama-maje).
Ep |Sc Aussprache fehlt.
Kreis jj ffp’x Kiku-ta.
Mt # tt Saka-wi (Saka-i).. j|^ JA Aussprache fehlt.
mi' !r Kafa-no fe (Kawa-no fei).
li|5 ffl* Jama-ta (J%ma-da).
M sf' Of0-110 (O-o-no).
Kreis
( Ifa-ki (Iwa-ki).
Maro-fe (Maro-be).
Aussprache fehlt. H m Aussprache fehlt.
J|| * Ara-kafa (Ara-kawa).
i M* Ifa-ki (Iwa-ki). X1- Jamato.
tW: 7
J%y
JJJ fjfj’ Aussprache fehlt.
)t ’a Jfc Kata-jori.
^ )') Tama-tsukuri.
>J> 9 ßjp Wo-taka.
ö E Aussprache fehlt.
)y Sh n Nara-no fa.
Ueber japanische geographische Namen.
837
Kreis
^ U-ra.
/, yjlfj t Ifa-se (Iwa-se).
> Si-fa.
s :jjp; n Si-fa.
J3 Aussprache fehlt.
Kreis m * * Name-Jcata.
*fl- Josi-na. ff, ’a IpJ # Ta-ka.
'/X x Ofo-je (O-p-je). J Ht Ko-tsuru.
Tjlf (^J + ^) Aussprache fehlt.
Tff Aussprache fehlt.
Kreis TJ-ta.
m #f Nalca-tomo (Nacja-tomo).
[7 : lj # t Taka-faai. ^l|t Jj, /jhj 4 ^ Faha-mura.
i Jfi-tomi (I-i-tomi).
Kreis p, I-ku (I-CJll).
jfr 4 3^ •>' Ki-fa. |pj| „ -j'jf f Firo-tomo.
pjj} Aussprache fehlt.
j|$ JA Aussprache fehlt.
f Z Ma-umi.
Kreis Q ¥ tj Watari.
Yff ’l 2T- Saka-moto.
Zff f yZ? ?. Fisi-numa.
’ J 'fi' % Ma-u-ta.
Kreis 'jsj* Y Jjjj£ ~-t Mija-ki.
yjf yH f Aka-se. ^ij-1 * Sma-kami.
Jjj&J, If a -ki (Iwa-ki). J'h>is = Maru-ko.
% yj'jj'j; Ofo-mura (O-o-mura).
"
838
Pfi zmaie r.
|Aj |f J|| * Sira-kafa (Sira-kawa).
Hija-ki. ^ JA Aussprache fehlt.
7 'pj * Ta-ka (Ta-ga). M M Aussprache fehlt.
Kreis Fosi-kafa (Fosi-kawa).
7®X 7 (JJ 7 Nifu-ta (Nitta). ^ Aussprache fehlt.
|^J |f Jll n Sira-kafa (Sira-kawa).
Kreis
i« Ka-
J|| * J|1 f Kafa-sima (Kaica-sima).
$)&yjp t Ifa-sß (Iiva-se). ^ JA Aussprache fehlt.
Kreis \ |j^ Sika-ma.
#«■ «[2 Sakami (Sagami).
fäff JjfjiSika-ma.
Kreis g
jßp M Aussprache fehlt.
'(=§ > ^2 Si-ta.
7 7 A-so.
JA Aussprache fehlt.
• y') Tama-tsukuri.
3i^ J') Tama-tsukuri.
JA Aussprache fehlt.
Kreis Si-ta.
V@ jjf, Aussprache fehlt. Si-ta.
j|^ JA Aussprache fehlt.
r
; *
# Naka-woka (Naga-woka).
■J |SJ f Naka-woka (Naga-woka).
i m Aussprache fehlt.
Kreis '( jj^i ') Kuri-fara (Kuri-wara).
( Jjjj ') Kuri-fara (Kuri-wara).
_
Ueber japanische geographische Namen.
839
ypf fr S' Si-mitsu (Si-midzu).
^ 7 yljl ? (A-cfeu). ff 9 Naka-mura.
Kreis /, ff# Ifa-wi (Iwa-i).
iz fl Aussprache fehlt. j’tjj £ Naka-mura.
li|5 ®2 Jama-ta (Jama-da).
Masu-safa (Masu-sawa).
^ä- >\ ff- # Ifa-ivi (Iwa-i). Jpp ^ Anssprache fehlt.
S\ $T- Ifa-moto (hva-moto).
Kreis yhp x
E{3 * Ka-fi (Ka-i).
jfi Aussprache fehlt.
Jil] t Je-sasi.
j=| J=| / Sina-no.
Ki
fK’-sa/ 1 « (I-sawa).
M j?pj" Sira-kafa (Sira-kawa).
Uf % Simo-tsuke. ^ P Aussprache fehlt.
± m Aussprache fehlt. j|$i J=r Aussprache fehlt,
ö -i Aussprache fehlt. ^ Aussprache fehlt.
Kreis ^|f n [JJ % Nifi-ta (Ni-i-ta).
11 [ 4 yg 5 Jama-nwma. ff l ff) Naka-mura.
ß) r yg ?• Kafi-numa (Kai-numa).
^ Aussprache fehlt.
Kreis yj\ ? |JJ £ Wo-ta.
« lKo-to. ¥ Aussprache fehlt.
Aussprache fehlt. ip} * s Ka-mi.
^ J3 Aussprache fehlt.
54**
840
P f i v. m a i e r.
Kreis j; jjj U Tofo-ta (Towo-da).
Zr ^ ;jC 5 Si-mitm (Si-midzu).
J3 Aussprache fehlt.
Kreis i- To-joma.
ff i- ^ J To-joma. ff £ % Name-kata.
Kreis Momo-no fu.
#IA & Momo-no fu. jf Aussprache fehlt.
Ifa-kofe (Iwa-koje).
m* lfci-ki (Iica-ki).
Kreis
|||| t Ke-se.
f||| t Ke-se.
13U Aussprache fehlt.
*
% Ofo-sima (O-o-sima).
Kreis ff 7 fff Wo-sika.
i, =^a Ka-mi. jcp* ff Aussprache fehlt.
. ÄT1* iJ A ..~ S A-..~ 7» „\
*i.S jg-* Awo-kafa (Aico-kawa).
Kreis Jjß v Ja-ma.
fr # Aussprache fehlt. m n Aussprache fehlt.
Q Aussprache fehlt.
Reich Dewa.
Kreis jj|r *e _j^ = Mo-kami.
m «r Aussprache fehlt. \U^ * % Jama-kata.
~fj >\ ff p Fa-ka (Fa-ga). jj|f ? 1 l Mo-kami.
Ueber japanische geographische Namen.
841
H 7 M y A-so. A v A * Ja-ki.
|1| % Jama-nofe. jjjg *r Aussprache fehlt.
J?c t ® # Janci-ta (Jana-da).
(fc.% Ofo-kura (O-o-kura).
■ % pE] % Naha-wokci (Naga-woka).
XX ) [Xj X Mura-jama.
A S |Il - Ofo-jama (O-o-jama).
jjlg 7 |3J ) Fuku-woka.
Kreis ^ |X| X Mura-jama.
|1|5 Ofo-jama (O-ojama).
tf |®) % Naka-woka (Naga-woka).
m uü5 Mura-jama. m % Aussprache fehlt.
Ofo-kura (O-o-kura).
yf^rt UJ # Jana-ta (Jana-da).
Kreis
? l!M ^ Oi-tami.
V -fp tz Ja-siro.
: 5t
1'
Kreis
: S TKo-Äateit.
Ofo-tsu (O-o-tsu).
■ 2 Oi-tami.
u
1 tz
tt Aka-wi (Aka-i).
Naka-wi (Naga-i).
y|fi t Firo-se.
Mija-ke.
Jff Aussprache fehlt.
Wo-lmtsu (Wo-katsi).
Pp l X*J ? Naka-mura.
fj Aussprache fehlt.
Kreis 2p) jj(! t Fira-ka.
Uj j ;ii?- Jama-kafa (Iama-gawa).
A* # tt Ofo-ioi (O-o-i). llA 2p X- Jama-moto.
Ofo-tsi (O-o-tsi"). fp Aussprache fehlt.
842
P f i z m a i e r.
» m Mi-fune. $$ P Aussprache fehlt.
(4r + ^) 7J Aussprache fehlt.
Kreis
• s Akumi.
A*" M
[5
9 Ofo-fara (O-o-fara).
s Akumi.
^ | 03 £ Ai-ta.
Ju-sa.
0 V JÜ m TKatan.
Kreis ^p]* * /
y ^ A Ja-siro.
4 M-te.
^ ? jjfc t Wo-nami.
^ JA Aussprache fehlt.
Kafa-no fe (Kawu-no be).
J|| * & e Kafafi (Kamm). #1 Ui? Naka-jdma.
Eli T&l* O/o-tsi (O-o-tsi). [I] Aussprache fehlt.
^^1 Ofo-itsund (O-o-idmmi).
Mr ^ * Ina-ki. n m Aussprache fehlt.
JA Aussprache fehlt.
Kreis 0) « j|| % Ta-kafa (Ta-gawa).
ffl* JlU Ta-kafa (Ta-gawa).
Nifi-ke (Ni-i-ke). ■ö* iü Aussprache fehlt.
AI Ofo-itsumi (O-o-idzumi).
M ^ Aussprache fehlt.
Kreis t±!4 jfj" Ite-fa (De-iva).
AI lüHl Ofo-kufo (O-o-kubo).
^pj" j||^ Kafa-no fe (Kawa-no be).
p Z Wi-no ufe (I-no uje).
(Jfo-ta ((J-o-ta). j|^ J^t Aussprache felilt.
SiSäSSSSsasHHia
Ucber japanische geographische Namen.
843
Kreis «? B3* Ai-ta (Ald-ta).
Jl| Aussprache fehlt. 2p y|j| Aussprache fehlt.
K Aura# (Narai). £ Kata-kcimi.
m* m
Taka-itsumi (Talca-idzümi).
Reich Waka-sa.
Kreis ? iS^ 7 Wonifu (Oni-fu).
= 7 Ni-fu.
JA Aussprache fehlt.
IjfJ’ 7 i|l ^ No-sato.
jo - mV 7 w oni-fu.
3E ^ Tama-ki.
*k 7 M» A-kcc (A-cja).
Pa Kamu-fe (Kan-be).
ft - tjf 7 Ni-fu.
iä fC Aussprache fehlt.
|fäj r 7 A-iüo.
Ar *
Si-ma.
'/ijf 7 Ko-tsu
Kreis -ft
ür icY
A* Ofo-ita (0-o-i).
A'/ifl ? Ko-tsu.
% Ofo-ita (0-o-i).
K » Aussprache fehlt.
|)|lj r 7 A-iro.
Kreis — a ft | Mi-lmta.
' ff 1- No-to. |gjjj-f a Ne-mi.
ft Aussprache fehlt. a Mi-lcata.
^ Aussprache fehlt.
Reich Jetsi-zen.
Kr eis ffftns # Tsuru-fca (Tsuru-ga).
ifitj) a ft ' Kamu-fe (Kan-be). (jiL ft. Aussprache fehlt.
844
i-mori.
^7 ^ Tm-
P't ^ Kore-fe (Kore-be).
Pfizmaier.
fff ly X Sitomu.
ffffZ Ka-fcru.
n-
Ml-
pt*
Kreis Ni-fu.
jrj^ t* Ka-mo. IpJ' 7 |Jj 5? No-ta (No-da).
ßp 7 Ni-fu. [iüj f 2|iC T- Woka-molo.
i Itsumi (ldzumi). fff 1/ j, Sitomu.
* Ka-tsi. tjifj ^7 7 Asa-fu-tsu.
7 Mi-ta.
Kreis ^
‘ 2 Ima-tatsi.
Jt*
mt
m
m
^7
J|| * Seri-kafa (Seri-gawa).
ßj± x Ofo-ja (O-o-ja).
iS; Saka-wi (Saka-i).
ffii - Atsi-ma (Adzi-ma).
J3 ^ Katsu-fe (Katsu-be).
-jf}| p So-faku.
4«
[ | [ w Naka-jama.
-y Funa-tsu.
Kreis äx m ;■> Asu-fa (Asu-wa).
A-mi. Aß 7 t Wo-na.
|JJ 7. Nuka-ta (Nuka-da).
Asu-fa (Asu-wa). yX x _t 2 Jc-kami,
1^') Kusa-fara (Kusa-wara):
Wi-te (I-te).
fff ^ Woka-nioto.
7
t)
4ȣ
/x-
/ Naka-no.
Nl ?, Je-numa.
Kreis Üfo-no (0-o-no).
7 [JJ 7 iVo-fet (No-da).
%\\ Üj 2 To-kari.
±2
Katsu-ife (Katsu-ije).
Ueber japanische geographische Namen.
845
'' 1a L
Kafafi (Ka wai).
jjf| ft n Ka-mi. ij
aji Te-mitsu (Du-midzu).
[X| -i- Ofo-jama (O-o-jarna).
lg Aussprache fehlt,
jjj.' : E Si-mo.
irj *
+11 y ii
Kreis ^ ly XX # Saka-wi (Saka-i).
7^ A (U « Afa-ta (Awa-da). Jjq ^ Aussprache fehlt,
[pfj 5 Tciha-muko. r jjj^ | Na-une.
pfjj'-' /so-/e (Iso-be). Mjft J§| V Taka-ja.
Xf * '/T x Tsufo-je (Tsubo-je).
m Amamu-fe (Amamii-be).
Hiß y n Fuku-ro. (it + J§) ‘) /X. x Fori-je.
P?
/5 Aussprache fehlt.
J|| A P .f Kafa-kutsi (Kawa-gutsi').
tir
;Ga
Reich Ka-f/a.
Kreis /p T ^5 •/«
numa.
■siro.
[ft
Aussprache fehlt. [Xj X XX “ Fima-si,
XX # Jjfi 1 Taka-fara (Taka-wara).
|JJ £ Nuka-ta (Nuka-da).
^ Ku-u-ke. f Xi Sai-kusa.
Jpi J Suka-nami (Suga-nami).
tL x Naka-je (Nagaje). v |JJ # Ja-ta.
Ml
m
lXl5
Kreis
= Karumi.
± * Jama-kami.
ti?'> ZX/asf.
No-u-mi (No-mi).
5i No-mi.
11 [ X $ Jama-sita.
fflfcH» lllg-fr
» 4» H ^zris # H ^ «-+
846
Pfizmaior. Ueber japanische geograpliisehe Namen.
Kreis Gi (II?. Isi-kcifa (Isi-kawa).
Naka-mura. i ||£ j§??< Tomu-kasi.
Jj()y ’oP'^ Kura-fe (Kura-be).
- Mi-ma. 0v Faja-si.
if-r Wirte (I-de). *£% [jjj * Kasa-ma.
£ Ofo-kufa (Ü-o-kuwa).
' Ofo-no (0-o-no). -f Mi-tsi.
. pfj ^ Seri-ta (Seri-da).
Kreis M» %* Ka-ka (Ka-ga).
* •5? Jn-ta. jjj^ ^ Aussprache fehlt.
^5 Tama-foko (Tama-boko).
h * Ta-kami.