Hirschfeld. Epigr. Nachlese zum Corpus Inscriptionum Latinarum vol. III.
Epigrapliisehe Nachlese zum Corpus Inscriptionum
Latinarum vol. III. aus Dacien und Moesien.
Von
Otto Hirsohfeld.
In der langen Kette von Eroberungen, clie Korns Welt
herrschaft abschlossen, bildet Dacien das letzte Glied. Es war
nicht bloss Ruhmessucht, was Trajan vermochte, das Reich
über seine natürliche Grenze im Nordosten auszudehnen: hatten
doch die jüngsten Ereignisse unter Domitian gezeigt, wie ge
fährlich die Nachbarschaft dieses kriegerischen Volkes, an
dessen Bezwingung schon Cäsar ernstlich gedacht hatte, unter
geschickter Leitung werden konnte. Die Unterwerfung Da-
ciens war wesentlich ein Act der Selbstverteidigung und
ohne Zweifel wäre die freiwillige Wiederaufgabe des mit so
grossen Opfern gewonnenen Landes für die römische Herrschaft
an der Donau verhängnissvoll geworden. 1 Hat Hadrian, der in
richtiger Erkenntniss auf die nicht dauernd zu behauptenden
Gebiete jenseits des Euphrat sofort nach seiner Thronbesteigung
Verzicht leistete, wirklich die ernstliche Absicht gehabt, auch
Dacien aufzugeben, so hat ihn sicher nicht allein die Rücksicht
auf die neuangesiedelten Colonisten, sondern vor Allem die
Ueberzeugung, dass der Besitz dieses Landes zum Schutz der
Donaugrenze unerlässlich sei, von der Ausführung dieses Planes
1 Anders freilich urtheilt Gibbon I. c. 10: „it is probable, that the con-
quests of Trajan, maintained by bis successors, less for any real advan-
tage, than for ideal dignity, bad contributed to weaken tlie empire on
tbat side.“
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