396 VV e r n e r. helle gar nicht gewöhnt ist. Wenn von Zweien, die in einiger Entfernung von einander sich behuden, der eine im Dunkel, der andere in der Helle des Lichtes steht, so wird letzterer vom ersteren gesehen, aber nicht umgekehrt der erstere vom letzteren. Der Sehstrahl nämlich, der von dem im Dunkel Stehenden ausgeht, behält im Dunkel seine gesammelte Kraft, während der Sehstrahl aus dem Auge dessen, der an einem beleuchteten Orte steht, sofort durch den Glanz des umgeben den lichtes dissipirt und abgeschwächt wird, und desshalb die Gestalt und Erscheinung des im Dunkeln Stehenden nur un vollkommen wiedergibt. Mit der Lehre von den Sinnen hängen bei Wilhelm von Conches die Erörterungen über Schlaf und Träume, sowie über die Einbildungskraft zusammen. Der Schlaf ist nach Wilhelm ein Ruhen der virtutes animales bei verstärkter Wirk samkeit der virtutes naturales. Diese Definition des Schlafes ist der Sache nach in Constantins physiologisch-medicinischen Erörterungen über den Schlaf enthalten, 1 und wird von Albertus Magnus als die gewöhnliche Definition der Schulen bezeichnet. Die Art und Weise, wie die virtutes animales eingeschläfert werden, schildert Wilhelm folgendermassen: Aus dem Calidum und Humidum der Leber steigt ein Dunst empor, der seiner natürlichen Bestimmung nach ein Vehikel des Wirkens der virtutes naturales ist und durch den ganzen Körper sich ver breitet. Wenn nun der feuchte Theil dieses Dunstes aufwärts steigend die Sinnennerven erfüllt, versagen diese der Seele den Dienst für so lange, bis er durch die natürliche Wärme verzehrt ist. Die durch das Ohr eindringende Luft kann den Menschen aus dem Schlafe wecken, indem sie jenen Dunst aus den Nerven verscheucht; eine ähnliche Wirkung kann durch Rüttelung des Schlafenden bewirkt werden. Aus der 1 Vgl. Constantin. commun. loc. med. V, 33: Somrms ex temperata humi- ditate fit cereliri et ex fumo humido atque claro a toto corpore ad cerebrum ascendente. Fit autem somnus .... primo, ut cerebrum cum sensibus a suornm motuum quiesceret fatigationibus; unde animalis virtutis actiones in somno sunt quiescentes: Visus, auditus, gustus, odoratus et motus voluntarius. Actiones autem spirituales et naturales in suo cursu sunt permanentes. - Summa de craturis II, tr. I, qu. 41, art. 1