Wahl und Thronbesteigung Adrian’s VI. 241 stossen und eine ganz neue Kirche zu begründen. Wer in solchem Gedränge nicht etwa in frevlem Leichtsinne den Muth nicht verlor, sondern selbst auch die Hoffnung hegte, mit ruhi gem Gottesvertrauen den Uebelständen gewachsen zu sein, war ein Held, in seiner Weise auch ein Ritter ohne Furcht und Tadel. Je mehr sich aber Adrian mit den Ideen des Aegidi’schen Programms vertraut machte, in desto schärferen Gegensatz setzte er sich nothwendiger Weise mit seiner ganzen Umgebung. Er musste sehen, dass der alte oft gebrauchte Ausdruck der Päpste, sie seien wie auf eine Warte gestellt, für ihn eine Ver einsamung bedeute, die mit der Zeit eher zu- als abnahm. Man begreift, dass der Papst sich von allen Entscheidungen in Gnadensachen zurückzog und nur mit einem „wir werden sehen“ zu antworten pflegte, dass sein Datar sich in unerbitt lichen Ernst einhiillte, dass er selbst an sich sparte, um die Kirche aus dem Nothstande Leo’s X. herauszureissen; dass aber durch alles dieses die neue Regierung einen herben Cha rakter annahm, welcher denjenigen, die lustigere Zeiten ge sehen, fast unerträglich ward, und die überlegende, aber eben deshalb auch zögernde Gerechtigkeit des Papstes der Gegen wart keinen Ersatz für die Entbehrungen bot, die er vom Standpunkte der Reform verlangte und die Jeder vielleicht in Betreff Anderer, aber nur nicht in seinen eigenen Angelegen heiten zugestand oder passend fand. Wo aber der Papst mit irgend einem Nachdrucke auftreten wollte, fand er sich ge hemmt, und heftete sich die üble Finanzlage wie eine Bleisohle an seine Füsse. Wie konnte er ein subsidium caritativum ver langen, das ihn in moralische Abhängigkeit brachte? Wie An- naten, nachdem er dem Principe derselben entgegen war? Welche Rolle war ihm aber selbst beschieden, wenn er zwar an sich sparte und sparte, aber auf Jahre hinaus zu einer Un- tlnttigkeit angewiesen war, während man von ihm die grösste Thätigkeit verlangte und bereit war, alles w r as von ihm aus ging, Thun und Lassen, mit der herbsten, unbilligsten Kritik zu begleiten? Brechen wir hier die Schilderung dessen ab, was wir über die Anfänge des Pontificates Adrians zu berichten vermögen, um uns nicht zu sehr in das Detail zu verlieren. — Es han delte sich zunächst, was mit der spanischen Kriegsmacht zu Sitzb. d. phil.-hist. CI. LXXII. Bd. I. Hfl. 16