Horawitz. Beatus Rhenanns. 189 Beatus Rhenanus. Ein biographischer Versuch von Adalbert Horawitz. Italienische Humanisten sind es, denen Deutschland ein dringende und würdigende Kenntniss der Classiker, denen es freiere und schönere Lebensauffassung dankt. Schüler und Ver ehrer jener Männer aus deutschem Stamme bereiten den schönen Studien auch in unserem Lande Pflegestätten und in ihnen Ausgangspunkte des neuen Geistes, Geburtsorte wahrer Wis senschaft. Getreu den Lehren fremdländischer Meister, diese sogar in dem formellen Ausdrucke ihrer Gedanken oft ängstlich nachahmend, wächst die neue Generation deutscher Gelehrten herauf. Doch bald schon beginnt sie im rührigsten Wetteifer den Nachweis zu liefern, dass die Deutschen in ihren Leistungen den Vergleich mit den ,Wälschen‘ nicht zu scheuen brauchen '. Ja sie wird polemisch und weiss dem Uebermuthe gegenüber, mit dem die Romanen auf die ,barbarischen Germanen' herab sehen, den Werth des eigenen Volksthums mit Begeisterung zu rühmen. Und bald entwickelt sich das nationale Selbst bewusstsein; ein gesunder Stolz stellt sich ein, wenn man die Thaten der Ahnen betrachtet. Man will aber nicht, dass diese nur Wenigen bekannt bleiben. Fürsten und Bürger — das ganze Volk sollen sie kennen und ihnen nacheifern, die frem den Spötter vor diesen ruhmvollen Zeugnissen beschämt ver stummen. So entstand — kaum dass überhaupt in deutschen Landen eine neue wissenschaftlichere Art der Historiographie 1 U. A. Erasmus schreibt um 1516 an Thomas Anshelm (Ausgabe des Nauclerus): Atque utinam Omnibus aeque cordi sit, hoc certamen cum Italis suscipere, illis innoxium, Omnibus frugiferum ac nobis multo glorio- sius, quam si barbarico ritu saxis ac ferro cum illis decertemus.