Polargegenden Europas. 807 allerlei Zauberwesen zu werden. Wo man freilich auf eine wissenschaftlichere Festsetzung 1 der geographischen Kenntnisse ausging, scheute man jene Fabeln treulich wiederzugeben und erlaubte sich höchstens, einzelnes davon einzuschalten. So ver fuhr der bekannte englische Minorit Bartholomaeus anglicus oder von Glanville, der in dem fünfzehnten Buche seiner En- cyclopaedie de genuinis rerum coelestium terrestrium inferarum proprietatibus ein alphabetisch geordnetes geographisches Hand buch zusammenstellte. 1 Für uns hat folgendes darin Interesse. In dem 71. Capitel de Gothia berichtet er, dass der grösste Theil Europas und Asiens von dieser südlichen schwedischen Provinz bevölkert worden sei; auch die Amazonen in Asien stammten von dort. Von Norwegen, das an Gothia grenzt, sagt er (Cap. 105), dass es dort viel wundersames und unge heuerliches gebe. Es seien daselbst Brunnen, in denen Leder oder Holz sich sofort versteinern. In Finnmark (Winlandia 2 Cap. 172) sei das Volk der Zauberei sehr ergeben. Wenn die Schiffer dort wegen Windstille nicht weiter könnten, so verkauften ihnen die Finnen den Wind. Sie gäben einen Knäuel Fäden, in welche verschiedene Knoten geknüpft seien. Je nach Zahl der ge lösten Knoten bekämen die Schiffer schwächeren oder stär keren Wind. Die Notizen über Norwegen und Finnmark benutzte Se bastian Franck in seinem Weitblick. Was im neunten bis elften Jahrhundert im hohen Norden entdeckt war, blieb für lange ohne Ergänzung und nur die Phantasie suchte die Kenntniss von den Polarländern zu vermehren. 1 pie von W. Wackernagel in Haupts Zeitschrift IV, 479 — 495 aus einer Berner Handschrift auszüglich herausgegebene Geographie des Mittelalters ist nichts weiter, als dieses 15. Buch des Bartholomäus Glanville. 2 J. Grimm Mythol. (50(1 irrte, wenn er dieses Winlandia auf Grönland deutete. Bartholomäus sagt ausdrücklich: Winlandia est patria juxta mon- tana Norwegie versus orientem sita super litns oceani protensa. Es ist also Finnmarken gemeint. 3 Weltbuch: Spiegel vnd bildtniss des gantzen erdtbodens von Sebastiauo Franco. (Tübingen) 1534, Bl. LX. 52*