40 Z i m in e r m a n n. stand in Kant’s Augen so schlecht, dass, wenn die mathematischen Urtheilc nicht synthetisch sein durften, reine Mathematik als Wissenschaft unmöglich war. War sie dagegen, wovon er sich nicht loszumachen vermochte, wirklich, so war damit auch ihre synthetische Natur und waren zugleich Kaum und Zeit als Anschauungen a priori ausgemacht. Darum bildet auch in Kant’s Prolegomeuen, in welchen man nach K. Fischer’s treffender Bemerkung den Baumeister', wie in der Kritik das ,Gebäude' kennen lernt, die Frage: Wie ist reine Mathematik möglich? die erste der vier berühmten Fragen, in welche die transcendentale Hauptfrage zerfällt (III. S. 193). Denn erst, wenn diese beantwortet und damit das Dasein aprio rischer Elemente vorerst der Sinnlichkeit ausser Zweifel ist, kann der Versuch gewagt werden, die weiteren zu beantworten: wie reine Naturwissenschaft, Metaphysik überhaupt und als Wissenschaft möglich sei? Dieselbe hätte gar nicht aufgeworfen werden können, wenn Kant nicht, seinem ,Vorurtheil' gemäss, die ,grosse und bewährte Erkenntniss' nicht nur für ein ,reines Product der Vernunft', sondern Was mehr ist, ,für durch und durch synthetisch' gehalten hätte (III. 194). Denn die Er klärung analytischer Erkenntnisse a priori bietet für die Kritik, welche nur die Frage: ,wie sind synthetische Urtheile a priori möglich?' ihrer Behandlung würdigt, durchaus keine Schwierig keit. Obige Frage, mit sämmtlichen Consequenzen, namentlich mit der durch sie nothwendig gewordenen Annahme reiner Anschauungsformen der Sinnlichkeit fällt daher augenblicklich weg, sobald die mathematischen Urtheile aufhören für syn thetisch zu gelten. ■ v Reine Anschauungen und synthetische und zugleich aprio rische Natur der mathematischen Urtheile bedingen einander gegenseitig, so dass, wer sich zur Anerkennung der einen oder der andern nicht entschliessen kann, keine Wahl hat, als beide fallen zu lassen. Der Versuch sie als synthetische aber durch empirische Anschauung vermittelte zu betrachten, würde ihre apriorische Natur aufheben und sie zu blossen Erfahrungs- urtheilen herabsetzen. Nur als analytische oder als identische be trachtet, gemessen sie beider Vortheile, apriorisch und weder reiner noch empirischer Anschauung bedürftig zu sein.