Z i u g e r 1 e , Zur altern tirolischen Literatur. I.
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Zur altern tirolischen Literatur.
I.
Oswald von Wolkenstein.
Von Dr. Ignaz V. Zingerle.
Wir besitzen bisher nur eine Ausgabe von Oswald’s Gedichten,
nämlich die von meinem unvergesslichen Lehrer Beda Weber veran
staltete i). So dankbar man dem Herausgeber dafür sein musste,
dass er die Lieder des sogenannten letzten Minnesingers durch den
Druck weitern Kreisen zugänglich machte, so kann man nicht leug
nen, dass seine Ausgabe selbst sehr bescheidenen Ansprüchen nicht
genügt. Beda Weher hesass weder die Kenntniss der älteren Sprache 3 ),
die zu einer solchen Aufgabe unumgänglich nothwendig ist, noch jene
Ausdauer, Ruhe und Consequenz, die hei einer kritischen Ausgabe ge
fordert werden. Wie sollte Beda Weher bei seiner vielseitigen
literarischen Thätigkeit und bei seinen anderweitigen Amtsarbeiten
Zeit und Müsse gefunden haben, Oswald’s Gedichten jene Aufmerk
samkeit, jenes liebevolle Eingehen, jenes vorurtheilslose Prüfen und
Ahwägen zuzuwenden, wie es eine solche Aufgabe dringend verlangt!
Aber abgesehen von alledem, tliat er einen entschiedenen Missgriff,
als er seiner Ausgabe die Handschrift des Museums in Innsbruck
(J) zu Grunde legte s). Beda Weher gieng nämlich von der Ansicht
aus, dass alle drei uns erhaltenen Handschriften: die Wiener (W),
geschrieben 142S, die Wolkensteiner (X), geschrieben 1432, und
die Innsbrucker (nach B. W- wahrscheinlich aus der ersten Hälfte
*) Die (Jedichte Oswald’s von Wolkenstein. Innsbruck, Wagner 1847.
2 ) Man lese nur den Lxeurs über Oswald’s Grammatik S. 485 IT.
8 ) Vergl. S. 18.
Sitzb. der phil.-hist. CI. LX1V. Bd. III. Hft. 41