620 Z i n g e r 1 e des Jahres 1444, also kurz vor Oswald’s Tode verfasst 1 ), von Os- wald's eigener Hand geschrieben seien, und dass somit die jüngste Handschrift den letzten, vom Dichter am öftesten gefeilten und besten Text enthalte. Schon Webers Ausgabe, wenn man sie mit den aus W und X auch nur spärlich und oft sehr willkürlich gebotenen Varianten vergleicht, zeigt, dass dem nicht also sei. Was ß. Weber ein Hervortreten des etschländiscben Volksidioms in J nennt 2 ), ist nur eine Vergröberung und Verschlechterung des Textes. Allein ab gesehen davon, kann die Innsbrucker Handschrift (100 Blätter Papier in 4°. Sign. IV, C, 1) nicht Oswald’s Hand angehören, denn Oswald starb am 2. August 1445, und diese Handschrift mit ihren rohen, nachlässigen Zügen kann erst der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun- hundert’s zugewiesen werden. Jeder, der einige Kenntniss von Hand schriften besitzt, wird mir zugestehen müssen, dass sie unmöglich der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts angehören kann. Dass diese stiefmütterlich ausgestattete Handschrift im Besitze der Wolken steiner sich befand, wie die gegen Ende eingeschriebenen Familien notizen, am Schlüsse: „Item ich Sigmundt von Wolklienstein pin geporti worden am ertag des 23. tags mai im 1314 iar“ bezeugen, ändert nichts an der Sache. Franz Pfeiffer besprach Webers Aus gabe bald nach ihrem Erscheinen in Menzels Literaturblatte (1847 N° 70 und 71. S. 279 und 281) und bezeichnete die Innsbrucker Handschrift als die schlechteste. „Sie gibt,“ sagt er, „eine wahre Musterkarte von geschmackloser, inconsequenter Orthographie. Con- sequent ist sie nur in ihren Fehlern.“ „Was hier von der Orthogra phie gesagt ist, gilt auch und in noch höherm Maasse in Beziehung auf den Text“ (S. 283). Wenn ich in dieser Hinsicht mit Pfeiffer mich ganz einverstanden erkläre, möchte ich einer andern Ansicht nicht unbedingt beipflichten. Er schreibt: „Trotz aller Sagen und Überlieferungen vom Gegentheil lässt sich aber mit Sicherheit be haupten, dass Oswald keine dieser zierlichen Handschriften selbst geschrieben hat. Ein Kriegsheld wie Oswald, der gegen sechzig Jahre lang fast ohne Unterlass das Schwert geführt hat, wäre selbst in unsern Tagen zum Kalligraphen verdorben. Zudem hatte er gewiss wichtigere Dinge zu thun, als seine Gedichte, wie stolz er auch dar- ') S. 484. ®) S. 18 und 484.