Z i u g e r 1 e , Zur altern tirolischen Literatur. I. 619 Zur altern tirolischen Literatur. I. Oswald von Wolkenstein. Von Dr. Ignaz V. Zingerle. Wir besitzen bisher nur eine Ausgabe von Oswald’s Gedichten, nämlich die von meinem unvergesslichen Lehrer Beda Weber veran staltete i). So dankbar man dem Herausgeber dafür sein musste, dass er die Lieder des sogenannten letzten Minnesingers durch den Druck weitern Kreisen zugänglich machte, so kann man nicht leug nen, dass seine Ausgabe selbst sehr bescheidenen Ansprüchen nicht genügt. Beda Weher hesass weder die Kenntniss der älteren Sprache 3 ), die zu einer solchen Aufgabe unumgänglich nothwendig ist, noch jene Ausdauer, Ruhe und Consequenz, die hei einer kritischen Ausgabe ge fordert werden. Wie sollte Beda Weher bei seiner vielseitigen literarischen Thätigkeit und bei seinen anderweitigen Amtsarbeiten Zeit und Müsse gefunden haben, Oswald’s Gedichten jene Aufmerk samkeit, jenes liebevolle Eingehen, jenes vorurtheilslose Prüfen und Ahwägen zuzuwenden, wie es eine solche Aufgabe dringend verlangt! Aber abgesehen von alledem, tliat er einen entschiedenen Missgriff, als er seiner Ausgabe die Handschrift des Museums in Innsbruck (J) zu Grunde legte s). Beda Weher gieng nämlich von der Ansicht aus, dass alle drei uns erhaltenen Handschriften: die Wiener (W), geschrieben 142S, die Wolkensteiner (X), geschrieben 1432, und die Innsbrucker (nach B. W- wahrscheinlich aus der ersten Hälfte *) Die (Jedichte Oswald’s von Wolkenstein. Innsbruck, Wagner 1847. 2 ) Man lese nur den Lxeurs über Oswald’s Grammatik S. 485 IT. 8 ) Vergl. S. 18. Sitzb. der phil.-hist. CI. LX1V. Bd. III. Hft. 41