13 tung das Weib schon bei den alten Ungern stand. Gastfreund schaft, Treue gegen Bundesgenossen und ein lebhaftes Gefühl für Kriegerehre vervollständigen das Characterbild eines Vol kes, das, ohne jene Fehler zu verhehlen, welche hauptsächlich in ihren damaligen öffentlichen Lebensverhältnissen wurzelten, und wohl auch dem Zeitalter angehörten, einen gesunden, edeln Fond und einen gewissen Grad wahren menschlichen Gehaltes besass. §. 4. Das sprechendste Denkmal intellectueller Tüchtig keit dieser neuen Gäste Europas ist uns aber ihre Sprache selbst. Ohne auch ein einziges Ueberbleibsel derselben in zu sammenhängender Rede aus der heidnischen Zeit zu besitzen, lässt nichts destoweniger die philosophische Betrachtung der ältesten Sprachdenkmäler uns ein ganz richtiges Bild von dem Zustande auffassen, in welchem sie den Don überschritt. Wenn wir nämlich die ungrische Sprache durchforschen und sie mit der heutigen vergleichen, so lässt sich mit Bestimmtheit be haupten, dass sie in ihrem jetzigen Vaterlande keine einzige neue grammatische Form entwickelte, durch keine einzige For mation reicher geworden, wohl aber manche eingebiisst hat oder doch veralten sah; dass sie keine neuen Wurzeln erzeugte, und sich bloss durch Aufnahme fremder Wörter, ungleich mehr je doch auf dem Wege der Ableitung nach den alten Grundgesetzen der Wortbildung, und auf dem der Zusammensetzung bereichert hat. Nur die Syntax hat neben ihren alten, durchaus eigenthüm- lichen und körnigen Formen, viele neue aufgenommen, wodurch die Sprache bedeutend umgestaltet, zugleich aber an Reichthum, an Mannigfaltigkeit und Gewandtheit allerdings wesentlich gewon nen. Wenn wir auf solche Weise alles das, was am Bau und Ma terial der Sprache unbezweifelbar voreuropäisch ist, fest halten; überdiess von den phonetischen Veränderungen abstrahiren, welche im Laufe so vieler Jahrhunderte sich ausbildeten — was um so weniger schwierig ist, da pro vincieil auch die alten Dialekte noch leben — so sehen wir die Sprache Älmos’s und Ärpäd’s in ihrer ganzen Totalität erstehen, und müssen es anerkennen, dass sie an Urformen weit reicher war als die heutige ist; dagegen le- xicalisch zwar ungleich ärmer, da das europäische Leben mit sei nen neuen Verhältnissen, Erzeugnissen und Ideenkreisen in ihr