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SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
AOTTPllTE DEE WISSENSCHAFTEN
PHILOSOPHISCH - HISTOKISCHE CLASSE.
ACHTUNDFÜNFZIGSTER BAND.
WIEN
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI KARL GEROLD S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN.
1868.
SITZUNGSBERICHTE
DER
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
ACHTUNDFÜNFZIGSTER BAND.
Jahhgang 1868. — Heft I ins III.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI KARL GEROLD’S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN.
1868.
300122
''KAIS. AKADEMIE
DER T 3 :■
WISSENSCHAFTEN
[
INHALT.
Sitzung vom 8. Jänner 1868
Sitzung vom 15. Jänner 1868
Sitzung vom 23. Jänner 1868
/
Hofier, Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris. (Im Anschlüsse
an die Juni- und Octoberhefte 1861 der Sitzungsberichte der
phil.-hist. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften.) . .
Zingerle, Bericht über die in Tirol im Jahre 1867 angestellten Weis-
thümer-Forschungen
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. (Jänner.)
Sitzung vom 5. Februar 1868
Sitzung vom 12. Februar 1868
Sitzung vom 19. Februar 1868
Pfizmaier y Reichthum und Armuth in dem alten China . . .
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. (Februar.)
Sitzung vom 11. März 1868
Sitzung vom 18. März 1868
Sitzung vom 26. März 1868
L?
z Mussafia, Zur rumänischen Vocalisation
Diidik, Über Ablasstafeln
Pfizmaier, Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CL ASS E.
LVIII. BAND. I. HEFT.
JAHRGANG 1868. — JÄNNER.
Coinmissionsberiehf.
3
SITZUNG VOM 8. JÄNNER 1868.
Se. Excellenz der k. k. Minister des Innern, HerrDr. Giskra,
und Se. Excellenz der k. k. Minister, Herr Dr. Berger, eröffnen
der kais. Akademie, dass sie das ihnen von Sr. k. k. Apostol. Majestät
allergnädigst übertragene Amt am 1. Jänner 1. J. angetreten haben.
SITZUNG VOM IS. JÄNNER 1868.
Se. kais. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog A1 h r e c h t,
als Ehrenmitglied der kais. Akademie, beehren, in Begleitung
Sr. Excellenz des Herrn k. k. Feldzeugmeisters Ritters v. Hauslab,
die Sitzung mit Ihrem hohen Besuche.
Der Secretär legt vor:
1. Eine Abhandlung des w. M. Herrn Prof. Dr. C. IIöfl er in
Prag: „Regesten des römischen Königs Wenzel. (Erste Abtheilung.
1361 — 1386.)“
2. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung des
selben: „Die Resultate der Vergleichung eines Domcapitelschen
Codex des Carmen occulti autoris mit der vom Verfasser heraus
gegebenen Handschrift des Universitäts-Bibliolheks-Codex.“
3. Das in französischer Sprache abgefasste Reisejournal des
verstorbenen Provicars Dr. Kn oblech er, welches von dem Co-
mite des Marienvereines zur Beförderung der katholischen Mission in
Central-Afrika der kais. Akademie zur beliebigen Verfügung über
lassen wird.
1
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Commissionsbericht.
Das w. M. Herr Prof. Dr. J. Vahlen legte zum Abdruck in den
Sitzungsberichten vor: Laurentii Vallae opuscula tria: I. Oratio
L. V liabita in principio sui studii die X VIII. octobris MCCCCL V
(nach cod. Marc. XI, 77); II. De professioue religiosorum dialogus
(nach cod. Urbin. 59S); III. Traductio Demosthenis pro Ctesi-
plionte (nach cod. Urbin. 337).
SITZUNG VOM 23. JÄNNER 1868.
Der Secretär legt vor:
1. Von Herrn Fr. Chlebik in Jaroslau eine Abhandlung: „Die
Mathematik der deutschen Philosophie“, mit dem Ersuchen des Ver
fassers um Aufnahme in die Schriften der Akademie oder um eine
Subvention;
2. von Herrn Dr. B. Bogisic in Wien eine Abhandlung;
„Letlere politiclie di Stefano Gradi alla repubblica di Ragusa
(1642— 1683), mit der Bitte des Einsenders um Aufnahme in die
Schriften der historischen Commission.
HöfIer. Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris.
s
Neue Beiträge zu dem Carmen oeculti autoris.
Von C. Höfler.
Im Anschlüsse an die Juni- und Octoberhefte 1861 der Sitzungsberichte der phil.-hist.
Classe der kais. Akademie der Wissenschaften.
Kurze Zeit nachdem mir die kaiserliche Akademie ermöglicht,
das carmen occulti autoris herauszugehen, erhielt ich aus Erfurt
die freundliche Mittheilung, dass man daselbst mit dem Plane, das
historische Gedicht seiner Merkwürdigkeit wegen zu veröffentlichen»
sich lebhaft beschäftigt hatte. Nicht minder dass in Wolfenbüttel,
Berlin und Kiel Handschriften des Gedichtes vorhanden seien. Es hat
sich nun, wie Herr Professor Kelle mich aufmerksam machte, in der an
Handschriften reichen domcapitelschen Bibliothek zu Prag gleichfalls
ein Exemplar des carmen occulti autoris vorgefunden, welches in dem
Verzeichnisse desselben als occultus angeführt wird, mir aber vor
Jahren, als ich den Katalog das letztemal durcharbeitete, gerade wegen
seines mir damals unbekannten Titels entgangen war. Ich habe mich
nun bei der ersten Müsse, die mir zu Theil wurde, einer Vergleichung
zwischen der Universitätshandschrift mit ihrem sehr verdorbenen
Texte und meist guten Noten und der domcapitelschen Handschrift
M. 121,4° unterzogen und erlaube mir, die Resultate hier mitzu-
theilen.
Der domcapitelsche Codex ist eine hübsch und deutlich geschrie
bene Papierhandschrift vom Ende des 14. oder Anfang des IS. Jahrhun-
dertes und verdient dem Äussern nach durchaus den Vorzug vor dem
viel uncorrecter geschriebenen Universitätscodex. Die unten folgende
Einleitung, die Summarien der S Distictionen des Gedichtes, sowie
dieNoten jnachen auf mich den Eindruck, dass die Handschrift für den
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H ö f 1 e r
Schulgebrauch bestimmt war. Auch darüber ist mir jetzt kein Zwei
fel, dass der Verfasser mehr Schalk als Biograph und Historiker war
und die Lebensgeschichte des grossen deutschen Juristen Heinrich von
Kirchberg zuletzt denn doch in eine Satyre ausarte, deren Spitze sehr
unzweideutig gegen den Helden des Gedichtes gerichtet ist. Dass letzte
res in Bezug auf Sittenschilderung des 13. Jahrhundert.es eine grosse
Bedeutung besitze, wird niemand bestreiten. Wie in der Einleitung
gesagt werden kann, dass die letzten Worte des Gedichtes: Tude
Gytene auf den Namen des unbekannten Autors hinwiesen, ist mir
unerklärlich. Da ich aber meine Meinung hierüber schon in einem
Nachtrage ausgesprochen, kehre ich nicht wieder auf die Unter
suchung zurück, weiss aber auch in Betreff des erwähnten Wortes
und seiner Bedeutung nichts anders anzugeben, als was die Note zu
Vers 2405 sagt.
Wohl aber ist seit der Veröffentlichung des carmen occulti au-
toris ein sehr interessanter Beitrag zum Leben Magist. Heinrichs in
dem Codex diplomaticus Saxoniae regius I. S. 149. n. 184 von
Herrn Gersdorf bekannt geworden. Bischof Konrad von Meissen
ersuchte nämlich am 28. Juni 1257 den Bischof Vollrad von Halber
stadt, die von ihm gegen Mag. Gerard genannt de Foresto und Mag.
II e i n r i c h genannt von K i r c h b e r g ausgesprochene Excommunication
auch in seinerDiöcese verhängen zu wollen. Beide —haeresim re-
probatam sectando ut pote Novatiani —- se ab exommunicationum sen-
tentiis in ipsos per nos auctoritate ordinaria latis, in elusionempontifica-
lis dignitatis in nostra synodo vicissim praesumtione dampnabili
absolverunt . . eo quod nostram synodum spretis monitionibus tur-
baverunt.
Wir gewinnen hiermit nicht nur einen sehr wesentlichen Bei
trag zum Leben und Treiben des gepriesenen Magisters Heinrich und
wohl auch zu der v. 640 erwähnten Synode; sondern auch einen
festen Anhaltspunkt für andere Angaben des Gedichtes. Dass Mag.
Heinrich eine derartige Störung der Synode, die ihm den Kirchenbann
eintrug, nicht als junger Mensch wagen durfte, ist klar. Fand sie nun
1257 statt, d. h. unter Papst Alexander IV., so ist es nichts weniger
als wahrscheinlich, dass Mag. Heinrich unter dessen Vorgänger Papst
Innocenz IV. (1243—1254) nach Rom gekommen war und damals
das Subdiaconat erlangte v. 122. Es ist um so wahrscheinlicher, dass
dieses bereits unter Papst Gregor IX. 1227—1241 oder unter Papst
Neue Beiträge zu dem Carmen occülti autoris.
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Honorius III. 1216—1227 geschah, als er von Paris sich nach Rom
begab, wo bekanntlich Innocenz IV. im Kampfe mit K. Friedrich II.
begriffen, sich wenig aufhielt und am wenigsten Lust empfinden
mochte, einem Deutschen besondere Ehre zu erzeigen. Fällt aber
Heinrichs Aufenthalt in Rom in die Tage Papst Gregors, so war er
doch mindenstens 25 Jahre alt, als er Subdiacon wurde. Da er nun
in den Tagen Papst Martin's IV. 1284—85, in welchen das Gedicht
verfasst wurde, noch lebte, hätte er ein Alter von etwa 70 Jahren
damals schon erreicht und könnte man seine Geburt in das zweite
Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts, in das Pontificat des Papstes Hono
rius III. setzen. Will man dieses nicht annehmen, so könnte man Hein
richs Aufenthalt in Rom kaum in eine andere Periode setzen, als nach
K. Friedrichs II. Tode, als Innocenz aus Frankreich zurückgekehrt
war, also etwa 1252. Dann bliebe aber für sein Studium in Bologna
und Padua, welches erst nach seinem Aufenthalte in Rom statt fand
und für seine Wirksamkeit in Samland bis zu seinen Dissidien mit
dem Bischöfe von Meissen Anf. 1257 eine zu geringe Zeit übrig. Er
wäre in diesem Jahre ein junger Mann von 30 Jahren gewesen, was
nach der damaligen Art des Studiums, einem Aufenthalte zu Paris,
Rom, Bologna, Padua und einer bereits vorauszusetzenden bedeutenden
Thätigkeit als Jurist in Deutschland nicht als wahrscheinlich anzu
nehmen ist.
Jedenfalls bleibt aber dasjenige aufrecht, was ich gleich an
fangs über die Zeit der Abfassung des Gedichtes nach historischen
Combinationen festgestellt habe.
Ich wende mich nun zur Vergleichung des Inhaltes des Capitel-
codex mit dem der Universitätsbibliothek und schicke zu diesem
Zwecke die Einleitung des ersteren zum ganzen Gedichte voraus.
In principio hujus libri sicut in quolibet alio hec sunt inquirenda-
Que materia? que intencio? que utilitas? cui parti philosophiae suppo-
nitur? quis autor? quis tytulus? Materia hujus libri Magister Henricus
de Kuchbercb et quedam alie persone introducte. Et precipue civitas
Erfordensis. Intencio est instruere auditores qualiter idem Magister
Henricus (M. Hns.) se habuit in negocio civitatis et quorundam alio-
rum quorum fit mencio in hoc libro. Utilitas est ut pulcro libro disca-
mus vitare malum et appetere bonum et maxime cavere a truffis. Ethice
id est morali philosophie subjicitur quia tractat de moribus M. H. et
aliorum quorum recitantur llie mores. Autor istins libri traditur fuisse
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commentator versificator dictus de Gytean sicut patet in fine libri.
(v. 2405.) Tytulus est Incipit occul tus über quia aliquauto tempore
fuit occultatus. autor iste more poetarum tria facit: proponit invocat et
narrat. (Proponit) Vbi dicit: carminis auditor. (v. 1.) Invocat cum dicit:
phelie pater (v. 11.) Narrat ubi dicit quatuor aut quinque nominamus
(v. 27.) qui über dividitur in quinque partes, in principio agit autor de
statu M. H. a puericia et in scolis et quomodo se habuit in villa
parisiensi et post in curia pape. Bononie et padue et in Erfordia.
In secunda distinctione agit autor de quibusdam gestis ipsius M. H.
et de causis diversis quas egit idem M. H. tarn in civitate Erlford
quam extra. In 3 distinctione egit idem autor de sacerdotibus illis qui
eelebraverunt tempore interdicti et dicit quodomnia mala que sunt in
terra (que) venerunt propter ipsoruminobedientiam. Et introducitabba-
tem de porta cum suo claustro ut ex unius dispendio parcant singulorum
et in eadem distinctione vehitur contra sanctos qui sunt in celis quare
permittunt hec fieri et postea invehitur contra fratres quare in predi-
dicationibus non corripiant excessus liominum et quare non predicant
de pace. In 4 distinctione describit ordinem et statum civitatis Erfordensis
incipiens primo a personis ecclesiasticis usque ad Iudeos ostendens
quaüter se habeant queübet officia et quod placeat vel displiceat in
eisdem. In 5 et ultima distinctione asseruit autor commendationem
M. H. pro cujus benevolentia captanda asserit se exposuisse (compo-
suisse) istum übrum. Et primo commendat eum ex gratia divina que in
tantum prosecuta est eum, quod intribus kathedralibus ecclesiis cano-
nicus est elfectus et commendat eum ex hospitalitatis virtute, eo quod
domus sua pateat omnibus advenientibus et quod unicuique adve-
nienti vite necessaria ministrantur. Etiam commendat unum abbatem
et docet orare sanctos usque ad sanctum Vitum.
Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris.
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A. Noten des Capitel-Codex.
I.
V. 71. Exclamatio.
V. 105. Ex parte morum assimilatur Kathoni, ex parte scientie assi-
milatur plathoni, ex parte facundie assimilatur Tullio, ex parte
nobilitatis Menelao qui fuit Rex.
V. 116. Fuit formosus sicut berta (?) K. Ganimedes fuit pulcherrimus
juvenis qui dum esset in venacione duetus fuit per aquilam in
celum.
V. 122. Sublevitatus i. e. subdyaconatus.
V. 132. Papa jurat sibi per 3 Marias que venerunt ad sepulchrum
Christi.
V. 137. Hic papa fuit osculatus M. Henricum.
Y. 140. Cum papa ordinavit eum in subdyaconum dedit ei prebendam
unam sed canonici opposuerunt se sibi.
V. 156. Dicit si mansisset in curia Romana ipse factus fuisset utique
Cardinalis vel patriarcha aut Episcopus vel legatus.
V. 168. Nervi testiculorum perplexi sunt. M. H. consuevit allegare.
V. 228. Hic Episcopus Sambiensis contulit M. benrico preposituram
Sambiensem.
V. 235. Hic M. H. distribuit prebendas Sambienses prima Arnolde.
V. 242. Secundam Erico.
V. 245. Tercia preposito Halberstadensi.
V. 250. Decanatum dedit cuidam Hugoni qui postea resignavit et fuit
factus monachus.
V. 254. Hic suadet M. H. quidam, bene locet decanatum et dicit quod
non sit liomo sub celo dignior isti canonicatui quam autor
istius libri.
V. 261. Aliquis posset dicere quare iste commendat se cum laus in
proprio ore sordescit.
V. 269. Respondet quod res qua se dignum asserit, est modici valoris
et probat hoc per equipollenciam quia dicit quod sit vilius
quam lignum quod sub pedibus calcatur.
V. 277. Dicit de Ottone preposito cui M. H. custodiam Sambiensis
eeclesic donavit.
V. 285. Dicit de Gunthero cui M. H. contulit Scolastriam.
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V. 302. Dicit de Bertholdo cui M. II. contulit prebendam in eeclesia
et ponit quasi non dedit prebendam filio B(ertholdi) Wite(gonis)
quia dicior fuit iste quam ille.
V. 316. Dicit M. H. privilegiatum ecclesie Sambiensi dedit quod quid-
quid presenti datur simplum, absenti datur duplum.
A. 321. Dicit quidquid pörtatur ad forum quod alterius non est, hoc
est Canonicorum Sambiensium.
V. 324. Incipit tractare negocium Erfordense. dicit quare M.H. primo
appellavit.
V. 329. Hic prosecuti sunt cives appellationem suam et hoc in tractatu
quem fecerat Arehiepiscopus Maguntinus.
V. 341. Dicit quod predicatores minores et qnidam plebani dixerunt
esse erratum per M. H. illos fecit M. H. excommunicari.
V. 348. Dicit quomodo canonici recesserunt de civitate.
V. 332. Dicit quomodo morabantur in Arnstein et conquesti sunt coram
judice de dampnis sibi illatis.
A. 338. Dicit quod M. H. fecerit cantare clerum dicens quod non time-
rent sententias judicis et officialis et beneficialis.
V. 369. Hic allegat M. H.
V. 374. Hic improperant ei qnidam quod fabellam recitaret.
V. 374. Dicit de M. Grcgorio qui appellavit in causa Herbipolensi ut
Arehiepiscopus confirmaret electionem Erbipolensem.
V. 378. Hic M. H. inceperat loqui quoque verba probrosa et non fuit
permissus ab aliis qui prope steterunt.
A • 382. Hic tangit fabulam de quodam fure cui allegata fuit pro fabula
illa quam allegeverat M. H. de quodam greco.
V. 392. Dicit quod M. H. tune clara die cum recederet de causa fecit
sibi preportari candelas.
A. 397. Dicit quod venit Erfordiam et quod triumphasset in causa et
quod pars cleri succubuisset in expensis nisi quod episcopus
Nurburgensis se interposuisse.
V. 418. i. e. Furia iufernalis que stimulat hominem ad faciendum malum.
4. 419. Siste parurn. Invehitur contra mortem pro eo quod tune duo
presbyteri mortui fuerunt M. Thydericus et prepositus.
A. 433. Epithaphium.
\. 443. Dicit quod isti ita fuerunt coneordes in vita sna quod in inorte
sua noluerunt separari, sed uno et eodem tempore sepulti
sunt uuus in Arnstein alter in Erford.
Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris.
ll
V. 452. Dieit quod ecclesia Alaguntina privilegiata a rege quod qui-
eunqiie feeerit in excommunieatione archiepiscopi per anniim
integrum debet Rex proseribere et condempnare.
V. 405. Dieit quod super facto isto bomines diversimode loquebantur
de M. H.
V. 472. Hortatur M. H. ad concordiam objiciens ei quod ecclesia B.
virginis staret sine divinis.
V. 495. Dieit quod quidam cives iverunt Magnnciam eum quibus ivit
M. H. tune impositum fnit ei quod voluisset tradidisse eives,
sed autor excusat eum.
V. 500. Dieit quod oppositum fuit totum (verum) et quod clerus cum
honore introduei deberet in civitatem et bic finitur prima
distinctio.
II.
In ista secunda distinctione autor proseqaitur factum Ala-
gistri Henrici. Dieit quomodo Marchio acccpit ei ecclesiam in
quo (qua) episcopus misnensis citavit cum ad residenciam in
eeelesia sua. Dieit quod M.H. excepit contra Episcopum quod
non poterat ei mandare faeere residenciam pro eo quod non
esset, vinum in terra illa >).
Ad 528. Facit mencionem cn vis dam Cristanni qui habet ecclesiam Al.
Henriei.
V. 541. Dieit quidam Al. H. ivit Romain et petivit a papa quod confir-
maret Kyrieleyson quod beate virgini eomposuerit.
V. 549. Dieit quod AI. H. aceiderit hoc quod lombardi veneruut pro
filio langravii et voiebant eum faeere regem.
V. 556. Dieit quod cum venissent lombardi quod Alarchio misnensis eos
invitavät nt ipse esset aput eos et iret cum eis et ostenderet eis
terras suas et scrutaretur ab eis quis esset status negotii.
V. 571. Dieit quod cum lombardi fecissent factum säum marchio fecit
solvi expensas faetas, tune ipsi multo magis scripserunt quam
AI. H.; ex boc commotus marchio solrit quod Ai. H. solvendnm
notaverat, sed promisit non recedere prins quam solrisset,
postmodum contra promissum veniens reeessit et ivit domum et
Asjiires hora temjius iilii signifi.'al.it. Si non aspiras' Irinlimn nolnt ' t regionem-
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H ö f 1 e r
pro se allegavit illud capitulum: nialis promissis rescinde
fidem in turpi voto niuta decretum.
V. 886. Dicit quod creditor ivit ad sinodum et conquestus fuit de M.
Henrico et M. H. comparnit et allegavit quod pocius deberet
esse in sua ecclesia quam in illius thaberna.
V. 616. Petit M. H. sententiam utrum potius deberet esse in ecclesia
vel thaberna.
V. 620. In terra hebreorum due fuerunt obstitrices una vocabatur Se-
phora, altera phura de quibus legitur in genesi quod timuerunt
obstitrices deum.
V. 642. Dicit de IX bobus quos M. H. mactari jnssit et dixerunt qui-
dam quod non solvent sed Autor excusat eum.
V. 665. Dicit quod quatuor fuerunt boves de quibus libenter recepis-
set pelles sed servus suus dederat pro sale.
V. 675. Questio quare rubedo culpatur in crine et commendatur in
facie et dicit quod fuit ex culpa lüde qui habuit ruffos capil-
los. ostendit etiam quomodo M. Henricus venit ad marchionem
Tydricum et dixit ei quod deberet deponere ruiFam barbam
que esset signum infidelitatis et imponit autor M. H. quod in
juventute habuit ruflam barbam. Hic commendatur rubedo in
facie et vestibus militaribus et in ore dominarum quia os ru-
bens plus placet et est habile ad osculum quam si palleret.
V. 697. Dicit quod monachi fuldenses obtinuerunt a papa fieri inquisi-
cionem contra suum abbatem et quomodo M. H. juvit abbatem
contra monachos et quomodo abbas Yestivit M. H. et conces-
sit ei comitatum cujusdam lerre Saromon.
V. 711. Dicit de monachis quod illi deposuerunt in ho(henberg) ab
batem suum quem etiam iuvit M. H. in quantum potuit.
V. 714. Dicit quod monachi ho(henbergenses) abstulerunt ornamenta
ecclesie et placatis judicibus abbatem deposuerunt.
V. 721. Dicit M. H. misit abbatem in terram Sambiensem.
V. 725. Dicit de Gerhardo et prepositura in Norchuso (Nordhausen).
V. 728. Dicit de M. Corrado quomodo M. H. egerit cum ipso.
V. 735. De plebano in Ysnacli.
V. 736. De Volmaro.
V. 748. Dicit de prepositura novi monasterii in Erbipoli ubi fuerunt
duo prepositi quia (quorum) unus fuit M. H.
Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris.
13
V. 756. Dicit quod non sit aliquis in mundo qui melius faciat fovere
causas quam M. H. et quod nesciat succumbere sed semper
triumphare.
V. 766. Dicit quod missus fuit sibi equus et nova vestis et lete fuit
susceptus.
V. 772. Dicit qualiter ivit ad causas et exprimit gestus suos.
V. 776. Hic M. H. petit exhiberi sibi acta quomodo processum fuerit.
V. 784. Hic dicit quomodo pars altera territa fuit ex auditu M. H. ita
quod nihil scivit dicere.
V. 788. Dicit quod impo'situm fuit M.H. quod ipse fecisset collocutio-
nem cum parte altera et quod vellet tradere partem quam
foverat. super hoc autor multum excusat eum.
V. 803. Dicit quod M. H. fuit vocatus ad regem Ungarie qui dimiserat
uxorem et voluit mittere ad papam pro dispensatione quod
licitum esset ei aliam accipere quod hoc posset fieri ostendit
per multa ai’gumenta.
V. 828. (Wie im Texte S. 35.)
V. 832. In medio quadragesime legitur epistola quomodo Abraham
duos filios de duabus uxoribus quomodo generassent (sic).
V. 839. Dicit deretum. Loth ebrius cum duabus filiabus suis contulit.
V. 843. Legitur etiam multas habuisse uxores in ovio (Ovidio) magno.
V. 847. Rex Boemorum etiam dieitur impetrasse a papa quod indultum
ei fuit dimittere uxorem suum pro eo quod esset sterilis et
accepit aliam.
V. 858. Quod Lachesis:
Tres dee fatales que ducunt fila sorores.
Cloto colum bajulat Lachesis trahit Atropos secat.
V. 855. Dicit de tribus sororibus quarum una aspirat ad mortem M. H.
que jam sibi imminet.
V. 865. Versus de morte M. H. que videtur sibi esse propinqua.
V. 886. Dicit quod M. H. potest timere quod forte clerus revocet ad
memoriam hoc quod ipse fecit et confundit eum in posterum.
V. 901. Ad cayeiulum futurum malum providit autor M. H. in quibus-
dam versiculis qui debebant scribi super sepulcbrum gimcl i. e.
lamentum sicut patet in Jeremia.
V. 909. Aliquis posset dicere quare est vivus sepultus, ad hoc respon-
det, quod consilium est juris ut aliqua fient ad cautelam.
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V. 915. Dicit quod jam scolares ceperunt versifieare de M. H. et qui-
dam Fridmundus composuit istos versus et in cedula scriptos
alfixit ad hostium domus in qua morabatur M. H.
V. 528. Istud erroris est positum in qualibet significatione sua.
III.
In hac tertia distinctione agit autor de clericis illis qu! non ser-
varunt interdictum et dicit quod omnia mala que sunt jam in terra
venerunt propter eos. primo imponit eis quod non servaverint quod
in omnibus prout consuetum est juraverunt obedire episcopo suo.
V. 956. Inprobat eis et obicit quod tnrpis est pars que non congruit
suo toto.
V. 965. Aliquis posset dicere: isti elerici non cessaverunt a toto sed
adlieserunt civibus et ideo non meruerunt misericordiam sed
prius essent puniendi qui recesserunt quam qui mänserunt.
V. 973. Respondet quod quid a majori parte vel potiori parte elerici
(cleri) recedit, a suo toto recessisse videtur et tales incur-
runt inregularitatem a qua non possunt nisi per sedem aposto-
licam liberari.
V. 979. Dicit quod saeerdotes isti debent ire ad papam.
V. 984. Dicit quod papa forte non gratis absolvet eos.
V. 991. Invehitur (wie im Texte S. 40 — deberent esse pisces).
Y. 996. Dicit quod beatus martinus non sic optavit.
V. 1000. Licet habet nomen sancti martirii tarnen non habet omen
suum.
V. 1003. Dicit quod sit scribendum super istum papam si forte con-
tingit eum mori.
V. 1009. Autor concludit (sic) sacerdotibus quod non dicant quod sint
theutonici sed dicant se esse ungaros.
V. 1015. (Wie im Texte S. 40.)
V. 1020. Dyna proprium nomen virginis que violenter corrupta est.
V. 1030. Dicit armati homines intrant violenter ecelesias et auferunt
que sunt intus et quod saeerdotes angariantur et minus
curantur.
V. 1042. Hie enumerat malum quod patitnr abbas de porta nt per hoc
intelligatur quod etiam patiantur alia elaustra.
V. 1067. Dieit quod plusquam decies fuit laugravius ibi per noclem
infra annum et tempore noctis feeit insolencias.
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15
V. 1072. Hic recipit abbati equos in claustro.
V. 1078. De venatoribus.
V. 1089. De sagittariis.
V. 1102. Dicit dedominabus que eeiam venerunt illuc cum funeribus et
comedunt et bibunt.
V. 1111. De scolaribus qui eeiam veniunt aliquando et petunt munera
ab abbate.
V. 1148. Maledicit ei cujus est culpa mali istius et quod de uno dicit,
intelligi debet de aliis.
V. 1154. Invehitur contra sanctos qui permittunt etiam quod episcopi
faeiant malum et ponit exemplum de uno.
V. 1160. Dicit quidam eliguntur propter dona per symoniam.
V. 1164. Dicit quidam vendunt ecelesiastica sacramenta.
V. 1168. Dicit quod quidam episcopi dotant uxores ac filias suas cum
patrimonio Jesu Christi.
V. 1171. Dicit quod quidam episcopi edificant castra.
V. 1180. Dicit quod aliqui falsificant monetas.
V. 1184. Dicit quod quidam visitant sed non corrigunt sed tantum
aecipiunt munera pro peccatis.
V. 1188. Dicit quod quidam petunt et extorquent magnas campanas ab
ecclesiis.
V. 1194. De corpore avari et sepultura ipsius.
V. 1204. Sermo de Judith et Ester.
V. 1243. De papa.
V. 1246. De Rege.
V. 1258. De prelatis.
V. 1264. De monachis.
V. 1267. De converso.
V. 1271. De clerico qui amat midieres.
V. 1272. De presbytero qui post suppositionem officiat missam.
V. 1274. De scolari fugitivo.
V. 1279. De Regina.
V. 1282. De Roma.
V. 1293. De principe.
V. 1316. De bonis moribus.
V. 1328. De transitu.
V. 1338. De comite.
Y. 1343. De milite.
16
V. 1344.
V. 1346.
V. 1350.
V. 1354.
V. 1356.
V. 1357.
V. 1360.
V. 1368.
V. 1372.
V. 1374.
V. 1376.
V. 1378.
V. 1392.
V. 1395.
V. 1400.
V. 1445.
Hofier
De fncensoribus villarum.
Qualiter raptori.
Qualiter latroni.
Qualiter furi.
Qualiter prefecto.
Qualiter preconi.
Qualiter civibus qui in civitate sunt.
Qualiter mercatoribus.
Qualiter eauponibus.
Qualiter rusticis.
Qualiter servis.
Qualiter mulieribus.
Qnaliter plebanis qui sub interdicto cantaverunt.
Qualiter de pace per omnes Casus.
Probat quare pax populi numero careat.
Hic dicit omnia bona que exoptari possunt in comparacione
nihil sunt ad visionem dei.
IV.
In liac quarta (wie im Texte S. 53).
V. 1483.
V. 1490.
V. 1492.
V. 1534.
V. 1510.
V. 1549.
V. 1554.
V. 1564.
V. 1573.
V. 1583.
V. 1585.
V. 1588.
V. 1607.
Y. 1610.
De officiali.
De fratribus majoribus et minoribus.
Quomodo deus operatur per eos sig-na cottidie.
De Seotis.
Legitur in evangelio quicunque lecerit voluntatem patris mei,
ipse meus frater est et soror.
De scolaribus et distinguit tria genera ipsorurn primo de
liiis qui sunt lusores et non frequentant seolas.
De liiis qui frequentant seolas sed nihil discunt.
De liiis qui student die et nocte.
Hie de magistris scolarum et bonis scolaribus.
De conventibus monialium.
De plebanis totius civitatis qui quasi omnes probi sunt pau-
cis exceptis qui sunt rüdes.
De beginis primo de bonis.
De beginis jubilantibus.
De neqtiam beginis.
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tr
V 1622. Dat exemplum de hyrundine que cum occiderit puerum
suum contraxit maculam da sanguine quem adliuc habet in
gutture.
V. 1664. De campanis.
V. 1658. De prefecto et preconibus.
V. 1660. De equitibus.
V. 1663. De monetariis.
V. 1675. De quibusdam qui composuerunt quosdam versus de cultellis
Erfordensibus.
V. 1681. De textoribus quomodo illi juvenem langravium etc.
V. 1692. De carnificibus.
V. 1696. De carpentariis.
V. 1716. De Cerdonibus.
V. 1719. De pergamentariis quos arguit pro eo quod dederunt ei per-
gamenum fluens.
V. 1726. De lapicidis.
V. 1729. De scriptoribus.
V. 1730. De pellificibus.
V. 1735. De calcificibus.
V. 1741. De sartoribus.
V. 1743. De pictoribus.
V. 1746. De pane et cerevisia.
V. 1749. De vino et medone.
V. 1752. De burgensibus et de presumpcionibus Volradi.
V. 1761. Hie dicit quomodo Arcliiepiscopus Yolfradus fecit denuntiari
excommunicatum.
V. 1767. De consulibus.
V. 1779. Dicit quod quinque consules mittuntur ad forum et dant duos
panes pro denario quorum unus deberet solvere denarium.
V. 1798. De suspensore et de predecessore suo.
V. 1806. De cauponibus.
V. 1820. De hiis qui faciunt clipeos et sellas.
V. 1821. De pannis.
V. 1826. De aqua que transit per civitatem.
V. 1829. De molendinis.
V. 1834. De ponte Erfordensi.
V. 1838. De una institrice formosa.
V. 1850. De balneatoribus-
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LVIII. Bd. I. Hft.
2
18
II ö f I e r
V. 1856. De barbitonsoribus.
V. 1859. De commodo post balneiim.
V. 1861. De pectinafrice post balneum.
V. 1866. De precio post balneum.
V. 1 869. De siti post balneum.
V. 1880. De aneilla plebani.
V. 1900. Exclamacio de hominibus ebriis.
V. 1910. De lusoribus.
V. 1913. De lusoribus qui taxillos redarguunt cum perdunt.
V. 1927. De optatu armorum.
V. 1930. Qualiter miles voluit eos pacificare.
V. 1950. De adjutorio mulieris que perdidit maritum suum.
V. 1954. De hospite qui sedavit litem.
V. 1965. De istis qui biberunt et non solventes recesserunt.
V. 1974. De sociis qui fecerunt versus super istos qui nolunt bibere
ut habeant halensem ad solvendum.
V. 1990. De servis dominorum qui vadunt deponentes dominos suos et
querunt inimicos ipsorum et Optant gerdrudis amorem nee re-
cedere volunt quousque ipsis datur quid moris habetur.
V. 2009. De hiis qui scrutinium faciunt super meretricibus.
V. 2012. De Iudeis.
V. 2024. De gwerra.
V. 2028. De sessione bona urbis.
V.
Quarta (quinta) et ultima distinctio in qua commendatMagistrum
Gebebardum et dicit se composuisse istum librum ad nutum suum.
V. 2057. In libro machabeorum scriptum est: estote filii potentes, melius
est nobis mori in bello quam videre malum gentis nostre.
V. 2103. Dicit quod Neuniburg tercia parum valeat post recessum Ma-
gistri Gebehardi.
V. 2113. Hic ponit donatum de Misna.
V. 2119. (S. 72. — Succedere.) Autor probat, quod non debet fieri
V. 2141. De quodam Bernbardo Episcopo electo quem papa noluit
confirrnare.
V. 2175. Supplicat quibusdam canonicis quod sibi parcant si in aliquo
excessissent contra eos.
V. 2191. Hic ponit nomen istius libri.
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ii i i ii - ü ■.
Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris. 1 9
V. 2194. Maledicit ei qui isti libro aliud nomen imponit.
V. 2218. De abbate cui dedit primo copiam istius libri.
V. 2229. Hie docet orare ad beatam virginem.
V. 2240. Gyare dicuntur penarum loca.
V. 2243. De angelis.
V. 2247. De patriarchis et prophetis.
V. 2254. De apostolis et primo de S. Petro.
V. 2258. De S. Andrea.
V. 2265. De S. Paulo.
V. 2275. De duobus Jacobis.
V. 2302. De S. Johanne ewangelista.
V. 2304. De S. Tlioma.
V. 2307. De S. Philippo et tangit (S. 77).
V. 2315. De S. Matheo.
V. 2324. De Symone et Juda.
V. 2326. Dicit quod in die ipsorum in quadam civitate sit dedicatio
unius ecclesie.
V. 2328. De dedicatione ecclesie.
V. 2335. De S. Bartholomeo.
V. 2343. De S. Matbia.
V. 2347. De S. Luca.
V. 2349. De S. Marco.
V. 2353. De martyribus primo de S. Stephano.
V. 2360. Si S. Stefanus oravit pro inimicis, mnlto plus tenetur orare
pro amicis.
V. 2363. Dicit quod beatus Paulus fuit conversus ad preces S. Stefani.
V. 2367. De S. Sixto.
V. 2369. De S. Laurentio.
V. 2378. De S. Georio.
V. 2381. De S. Vito.
V. 2383. Dicit quod musa non debet laudare S. Vitum eo quod ipse
est patronus cujusdam abbatis Et Introducit consuetudinem
cecorum qui cantant ante ecelesias. quando parum canta-
verunt et homines delectantur audire, tune cessant et pe-
tunt munus et quando datum fuit eis, iterum cantant sicut
autor iste rogavit musam quod suspendat carmina quousque
abbas det aliquod.
V. 2394. Petit abbatem quod aliquid detsi debeato Vitoplusvelit audire.
2*
20
H 5 f 1 e r
B. Auslassungen, Zusätze, Varianten.
Das numerische Verhältniss der Noten in dein Capitel-Codex zu
dem von mir gebrauchten Codex der Universitätsbibliothek stellt sich
mit Auslassung der Summarien der 5 Distinctionen so heraus:
Cap. Codex Univ. Codex
I.
II.
III.
IV.
V.
42
42
63
66
38
58
47
60
77
52
251
294
Somit ist die numerische Bereicherung durch den jetzt be
nützten Codex um so weniger von Belange, als unter den 2SI Noten
die überwiegende Mehrzahl mit denen des Universitätscodex sach
lich zusammenfällt und nur in den Bedewendungen sich ein, oft
höchst geringer, Unterschied bemerkbar macht. Ehe ich jedoch auf
den wirklichen Unterschied eingehe, will ich noch den quantitativen
in Betreff der Ausdehnung der S Distinctionen angeben.
Cap. Codex
I. 512 Verse
Univ. Codex
507 Verse
II. 435 „ • 438 „
III. 514 „ 512 „
IV. 592 „ 593 „
V. 372 „ 374 „
2425 „ 2424 „
So verschieden diesem zufolge sich die einzelnen Abtheilungen
des Gedichtes zu einander verhalten, so ist die Abweichung der Ge-
sammtzahl der Verse doch eine ganz unbedeutende.
In der ersten Distinction fehlt im Cap.-Codex
v. 1S9: aut invitatus ad honorem pontificatus.
Nach V. 2S5: certe non alias quam carminis editor hujus
wird hineingeschoben:
Teste Jesu Christo vix est homo dignior isto.
Nach v. 270 : Quali se meta laudaverit iste poeta :
Se monstrans humilem satis ymo per omnia vilem.
Nach v. 3G9: Quid scis hoc loquere, quis Iis (sis) modo mitte videre
Sic tua vox currat quia pars adversa susurrat
Surgis prudenter petis audiri pacienter
Allegas multum verbum nee ut estimo stultum.
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21
Nach V. 386 : demon adest furi dat et argenti sibi puri
Pene decem marcas quas judex ut sibi parcas
Aceipe dum profert fit restis dum miser offert.
Nach V. 428: Sed nee ad liunc morsum mors est conversa retrorsum
Ymo procedens simili morsu quoque ledens
Stravit etc.
Zu V. 488: Surgere fac etc. ist die Note:
Multum deliro si cuique placere requiro
Omnia qui potuit hac sine dote fuit.
Und zu Ende nach V.: aspires horae tempus tibi significabit
Si non aspiras lymbum notat et regionem.
In der z weit e n Distinction fehlt v. 876 und heisst es imManusc.
v. 575: nimisque notavit.
577 et illuc solvisti de solvendisque dedisti.
578 Ore manuque fidem quod nunquam donec ibidem.
579 Totum solvisses etc.
Nach v. 590: Verba querulantis tibi turpiter improperantis wird ein
geschaltet :
Quod tu trufiator fidei date violator. Dann heisst es:
v. 592 Nee sibi solvisses nee in urbe morando stetisses.
v. 593 Tune sicut debes in corde latencia prebes
V. 591 Dogmata consurgens quia te dolor excitat urgens
v. 594 Extendensque manum petis auditum quia vanum.
Nach v. 682 Etiam laudatur quod si rubor appropriatur wird ein
geschaltet :
Militiae testis commendatur rubra vestis-
Nach V. 695:
Barba rubens ve datur quod fraus exinde sequatur
folgt:
hoc deus avertat quia juris regula certat.
Nach V. 735:
Henrych nomen habens qui tune fuerit quasi labens
folgt:
Per te surrexit et multo tempore rexit.
Hingegen fehlen in dem Capitel-Codex die Verse über Bertold
738, 739, 741, 742 ganz.
22
H ö f I e r
Nach V. 818
Possunt vel plures sine pondere eures
folgt:
Et sine mensura nee sit super hiis tibi cura.
Eine grössere Variante findet mit V. 840 statt, welcher im Ca-
pitel-Codex heisst:
Contigit ex vino succumbens eanino statt succumbere more canino.
Dann folgt:
Pressit einim natas nt per se foret (faceret) viciatas (vgl. V. 841).
statt:
Passus erat natas per se fieri viciatas,
und nach V. 842, 843, 844:
Peregi (statt Perlegi des Textes) namque quod cognoscebat utramque.
(V. 846).
In decretali quadam sed neseio quali (V. 845).
V. 865 lautet:
Nee potest lioc testor in quantum vivere nestor.
Bei der Paraphrase des: mors est Ventura, welche im Texte
durch 30 Verse von 866—896 durchgeführt wird, weicht der Ca-
pitel-Codex beträchtlich ab. Einmal widmet er dem Gegenstände nur
29 Verse und nicht 30, dann fehlen V. 868, 869, 871, 874. Die
übrigen Verse folgen nach V. 876, so nach: Mors est Ventura
prece nee precio fugitura
ne plus vivas vetitura
quantum debes monitura. V. 883.
ut te tradat irreditura V. 884.
nisi te rapiat moritura
tibi treugas non habitura V. 887.
finem mox exhibitura V. 888.
per quam tua vox moritura V. 890.
nee credo tui caritura
fac ut sint peetora pura
quam non fugat ulla figura. V. 892.
que confringit tua crura, V. 889.
neseis que vita fugitura
quid erit de prepositura
doctrina parum valitura
que nunc stans ruitura
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tua faux non plus bibitura
tua lingua procax tacitura V. 886.
non fac que scis nocitura V. 894.
fac queque deo placitura V. 882.
nec te neque me veritura
quod emantur fac tibi thura V. 895.
In der dritten Distinction heisst es V. 973:
Qui de majori cleri vult parte priori
Non de pejori vel certi de pociori, der im U. C. fehlt.
Dann wieder nach V. 1046:
Hie sexagenam panum petit alter avenam
hie sedet ad cenam vini petit ille lagenam, der im U. C. fehlt.
Hingegen fehlt im Cap.-Cod. V. 1203:
Cur non arguitis ea que fieri mala scitis
S i t sermo vester.
Ebenso V. 1234:
Tu gregis es tutor tu pastor es iste secutor.
Hingegen fehlt im U. C. nach V. 1263:
Debes inlierere nec quid proprium retinere.
Et mundum fugere sed et ora serata tenere.
Ebenso nach V. 1272:
Ut calidam picem sic exhorre meretricem:
Et quasi ranarum reputabis fedus earum.
Nach V. 1274:
Ibis ad antra Stygis quum Christum crucifigis
Ut sis immunis tua mansio sit sine cunis.
Nach V. 1291:
Sexagenarum nec credas hoc fore rarum:
Nec rogo diffidas quia tollit quidquid ei das.
Nach V. 1294:
Tu cum sis princeps noli bombare deiuceps
Nec profer verba veluti lecator acerba
(Nec collo cedi debes nec ut hystrio ledi. V. 1293).
Nach V. 1377:
Huic bene non servit qui contra jussa protervit:
Servi servite doininis vesceris sine lite
Ne dicant rite servi nequam proeul ite.
24
Hofier
Dann folgen nach V. 1390 die Verse 1401—1407 incl. und
r | fehlen VV. 1438, 1439.
Bei der vierten Distinction wird nach V. 1468:
quidam grammatici qnidam probitatis amici
eingeschaltet:
quidam legiste quidam in arte sophiste.
Statt Kaffata V. 1498 heisst es:
Est ibi crispata prebens spectacnla grata.
Nach v. 1490 Est ibi majorum cetus fratrumque minorum sind die
Verse 1523, 1524, 1525 eingeschaltet.
V. 1546 heisst: Si non ignores bene possunt esse sorores.
V. 1547: Sic Brigidam matrem Brandanum dicite fratrem.
Nach v. 1596: Nam perfecerunt quecumque deo placuerunt
Et sine clamore spe Corde fide vel amore.
v. 1614 heisst: Et quoque chorum perlustraunt canonicorum — und
dann folgt:
Vel fortasse chorus malus est prius iste sororum.
Vers 1699 fehlt, ferner v. 1800, 1936.
Nach v. 1913: qui te fecerunt vel quod fieres voluerunt, folgt:
Alter pacifice sic huic respondet amice.
Hingegen fehlt v. 2022.
In der fünften Distinction finden sich gleich anfänglich mehrere
Einschaltungen:
So gleich nach v. 2053: et diffundetur plus dummodo vivere detur.
Nach v. 2961: Si custodisset melius puto non nocuisset.
Nach v. 2067 Dicitur exinde melior lis quam caput inde.
Pugna preelecta melior quam sella resecta.
v. 2068 fiel aus, wie 2360.
Nach v. 2172 folgt: Quod si debetur in promptu carmen habetur
Nach v. 2198 folgt: hie feror ad portum concludo poematis ortum.
Die Verse 2400—2404 incl. fallen im Cod. Cap. weg. Hingegen
werden zu v. 2412 eingeschaltet:
Mors rapiat te neque scripserat omnia plene
Die plangite gene (v. 2413) worauf der Capitel-Codex
mit v. 2420 schliesst.
Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris. 25
Die 4 nachfolgenden 2420—2424 gehören dem Universitäts-
Codex an.
Die zu dem grossen Wirthshausstreite in der 4. Distinction von
späterer Hand hinzugesetzten 5 Verse übergehe ich als nicht zu
dem Gedichte gehörig.
Die wichtigste Frage ist nun, welche Textverbesserungen der
Capitelcodex gewähre? Bereits ist durch die Noten hergestellt, dass
der Codex zwar an historischen Anmerkungen weniger biete, als der
Universitätscodex, hingegen seine Texterklärungen reichhaltiger
sind. Die Varianten sind ferner namentlich in den ersten beiden
Distinctionen sehr bedeutend, ohne dass jedoch gesagt werden
dürfte, dass die des C. C. auch immer die richtigen seien. Jeden
falls geht aber aus der Vergleichung beider Handschriften hervor,
dass der Universitätscodex dem andern an Richtigkeit des Textes
weit nachstehe, letzterer einen für den Schulgebrauch des Gedichtes
hergerichteten Text darbiete, in welchem Verse ausgelassen, hinzu
gefügt, versetzt und zur Hälfte verändert wurden. Nimmt man noch
die Verschiedenheit der Noten, die dem Univ.-Codex fehlende für den
Lehrgebrauch verfasste Einleitung, in welcher freilich in seltsamer
Weise der Versuch gemacht wird, den Namen des Autors zu ermit
teln, so dürfte klar hervorgehen, dass beide Handschriften von ein
ander unabhängig waren, jede eine besondere Recension des Textes
darbiete. Die Verschiedenheiten in Betreff der eigenen Namen und
die grössere sachliche Unkenntniss, welche der Capitelcodex ergibt,
dürften dieses Urtheil noch mehr erhärten.
Wenden wir uns nun nach den verschiedenen Distinctionen den
bedeutendsten Varianten des Textes zu, der sich durch den Gebrauch
des z statt s bei dem U. C. als in Böhmen geschrieben ausweist.
Dislinctio prima.
V. 33, vati (statt nati). V. 34, vis dubitare, wie ich emendirte
für devias a re, des U. C. V. 36. Post hec nancisci. V. 39., quam
fuerit vafer nosti Therencius afer. Hingegen bleibt V. 41 Persius
et plantus (statt Plautus) satis es vir ad omnia tantus (statt cau-
tus). V. 44, Inde tuum (statt Tytum) repeti placet almum dogma
Boeti. V. 47, hac arte secundus. V. 49, Triptota sint quare. V. SO,
cur sit data forma supinis. V. 34, facundia quorum. V. SS, arte capis
laudes quod nullo tempore gaudes. V. 67, que dura gravisque para-
Gir (statt probatur). V. 79, Forma dat informes repetant quantum-
26
H 8 f I e r
übet or mes, was unsinnig ist. V. 91, Non datur hic sisti Roma sed
in orbe fuisti. V. 67, terreat hostes C. Un. ai’ceat hostes. V. 64, puer
annis ut puto denis. U. C. pater annis jam duodenis, was keinen
Sinn gab. V. 106, Menelaus honore (statt amore des U. C.). V. 131,
vel si prebendam cathedralem petis (statt quamvis des U. C.) ha-
bendam. V. 142. tibi post breve tempus habendam. V. 144. Hec
acceperunt statt hoc perceperunt, was richtiger ist. V. 146. Donec de
copia me ditet pbilosopbia statt: donec dote pia me ditet philosophia.
V. 156. Si tu mansisses nec abinde citius isses, statt: si tu mansisses
et abinde cito minus isses. V. 158, vocatus statt creatus. V. 166, os
reddit tibi letum. V. 170, scis doctore legenle, was ganz passend ist.
V. 183, facio statt facit. V. 184, isti statt ista. V. 185, et quis non
fugeret ea que fugienda videret. V. 186, salvat. V. 187, hinc statt
hoc. V. 188, ex paradiso, statt des bessern in paradiso. V. 190, Missus
homo gaudet cur se conferre quis audet. V. 194, socium camere statt
des weniger guten socium tarnen. V. 196, questio per te. V. 198,
meliores statt pociores.
V. 201, ex hoc ullius salvum putat sibi esse jus. V. 206, tacito-
que ligamine nexam statt tantoque. V. 207, Hic ubi statt Hec ut —
perfecta sunt omnia cana senecta. V. 208, fraglans statt flagras.
V. 209. stare ibi ne statt stares ibi ne. V. 211, crimine haberes statt
des bessern crimen haberes. V. 238, intitulare statt et titulare. V. 240,
hic episcopus statt etepiscopus. V. 242, Ericus statt lienricus. V. 245,
Halberstadensi statt Haverstadensi, censi statt sensi. V. 261, hic jac-
tancie signum statt hec jactancia. V. cumque suam retinet laudem
vicinia dicet, statt cumque suam recitet laudem vicinia decet. Wichtig
ist V. 278fuldensis (Otto) sattsulzensis. V. 299, cesseris statt cesserit.
V. 300, successor fac tibi viam statt des besseren fiam, ebenso auch
. Y. 312, major statt morior. V. 311, Nam ex privata statt lex privata.
V. 324, offensa Maguntia statt horrenda M. V. 339, Magittina statt
maguntina. V. 360, non nobis. V. 363, Non oberunt nobis quia jus scio
profero nobis statt des bessern profore. V. 376, modo statt et. V. 377,
Quando parasti. V. 368, statt sensi wieder censi. V. 378, Dixisses
mira fueras. V. 381, quid moror ad Vota cum, statt ad vota tua. V. 385>
Addictus morti statt des richtigen adductus.
V. 390, 391, Litera quam prebes quod causam perdere debes
(statt tarnen)
Sic pro fabella tibi redditur ista fabella.
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V. 396, offer te. V. 397, rogo statt modo. V. 338, Ex vi statt
Exvi. V. 399, qui nisi misisset pro presule succubuisset u. V. 400 et
non risisset quod quondam nata (statt condemnata) fuisset. V. 401,
Nostris expensis sed ecclesiasticus ensis. V. 412 Omnis portractus
statt esset subtractus. V. 413, sed non tarnen hiis (hoc. U.) quasi
gratis. V. 404, quocunque statt quicunque u. V. 405, ad hoc statt
ob hoc. V. 407, Quinimo statt amodo. V. 408, cadat statt cadit.
V. 411, Rite statt lite. V.416, que nobis statt que nunc. V. 419, Siste
parum quia mors (est. C. Un.) male moribus usa. V. 423, flente
cohorte U. C. stante. V. 424, Est depredatus, statt des richtige™
deportatus. V. 423, quem statt quam u. V. 426, Candatus exta
statt Nam datus extat. H. C. V. 429, Guntherum statt Gonucherum.
Statt der Verse 430—434 folgen nun:
Rite novum texit opus ut neque fraus neque fex sit
Ymo nee invidia sed ibi sacra virgo Maria
Virginem cetum carnis sine labe quietum
Confovet et pascit nee in hiis pro te (!) sathanas seit (protunc v. 433)
Hujus ego tristis et merens versibus istis
Deplango (v. 434. U. C.)
V. 441, heisst es statt des richtigen justis, justi. V. 442, sed
statt et und e mente statt in mente V. 443, Tarn cito quam, statt tarn
cito tarn. V. 444, ist das fehlerhafte bas quoque verbessert in: sed
quoniam recolo und V.446, statt des richtigen sed: quod. V. 451, ut
det eis vere se congaudendo ridere ist in Quatenus hiis vere secum
gaudendo ridere umgewandelt. V.453, Tale quod, muss es statt talique
heissen, und Sanetis V. 454 statt tactis. Ebenso V. 455, talis nicht
tales in hoc banno. V. 460, quasi statt quia. V. 463 dolor in-
festat nihil amplius. V. 464, vitare statt damuare. u. V. 465: quid
modo facturus es, sermo patet tibi, statt mihi durus. V. 464, est
statt et, was einen guten Sinn gibt. V. 470, statt quoque, quasi.
V. 472, et leti statt liti. Letzteres ist richtiger. V. 473, statt non
sic infesta, non plus. V. 480, et statt ut. V. 481, orbe statt urbe,
was besser ist. V. 482, fueris, statt des richtigeren pueris. V. 493,
moneatur statt moveatur. V. 490, cum consorte statt des richtigen
te consorte. V. 503 statt et clara luce: vel claraluce.
Die zweite Distinction fängt damit an, dass es statt:
Cetera quis nosset vel (quis) conscribere posset
heisst: Cetera quis posset vel quis conscribere nosset.
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Hofier
V. 509, jam statt nam. V. 510, turbatus statt turbatur. V. 512,
sed statt nec. Cod. Un. V. 414, quia vadit jure peregre statt: quia
vadunt jura peregre. Der im U. C. unverständliche Vers 517 endet:
cum sine vino, was der Sache erst Sinn gibt. Zum Oportet in oris
V. 518, ist ein i. e. regionibus binzugefügt und noch 2 Verse
Erläuterung. V. 521, Ymo sciat eerte und dann V. 522, Non est statt
des bessern Non sit. C. U. V. 527 vel fiat statt vel flectere. V. 530,
Istius statt Justius. V. 533, Omnes errastis quod statt et. V. 535,
bis est, im Cod. Un.; res est im Cod. Cap. V. 536, facere quod jus
pro se seit habere, statt quia jus quod tescit. V. 540,Necpremonstretur
statt des richtigeren: nec puniretur. V. 545, Nemyne statt Nempe.
C. Un. V. 549, adhuc statt ob hoc. V. 536, vel statt mea (castra).
V. 561, da quecunque statt des richtigen quidquid. V. 580, statt leges :
docens. V. 584, Sunt tibi statt ibi. V. 586, fäschlich conspiciens, aber
V. 588 richtig: eeleri pede quoquo dum. V. 612, postes eclesiarum.
Statt V. 613, Callidus intraret velud et satlianasque voearet: Callidus
intraret sathanasque animasque necaret. V. 611, Hec ut statt hoc ut.
V. 613, Istud an statt istud ut. V. 623, Te preeor statt Deprecor.
V. 624, cui contrarius fore novi. V. 626, Paccio statt Accio. V. 627,
Sit lenis an statt sit lenis aut. V. 629, tibi quod statt tibi sit. V. 631,
cacat rogo rusticus statt taceat. V.632, plus ve statt plus ne. V. 633,
quod statt ul. V. 634, frustratus sepeque recedat statt frustratus spe-
que recedat. V. 635, nunc statt tune. Richtiger ist V. 636, quod
male quesivit male perdidit et bene scivit. V. 638, Quem mihi statt
que mihi. V. 641, quia statt qui. V. 643, fingere statt dicere. V. 644,
Guntellinus statt Guenzelinus. V. 649. sit statt sie. V. 650, facere
statt facit. Die Verse 659 und 660 sind unwesentlich verändert:
Juste vixerunt sua largiri studuerunt
Nullum leserunt, satis ex proprio tenuerunt. Wohl aber
V. 662, Nec dicant falsa fuerat quia jam caro falsa. V. 680,
displicet — facie tibi nulla rubedo statt facias tua. V. 685, si fuerint
statt si fuerat. V. 682, Os sepe was einen guten Sinn gibt, statt Qui si
laudatur. V. 688, barba rubens videatur statt habeatur. V. 693, putant
aliqui quodadhuehoc tempore sequi statt si qui. Hingegen ist irrig V. 701,
Accusaverunt statt Acceptaverunl. Statt jam sum hat der Cod. Cap.
das seltsame jamjam; statt inquisitorem removens hat der C. C.
V. 706, retinens; statt terre Sarobiensis: Sarmiensis; endlich V. 711,
Hohenbergenses monachi, während der C. Un. Nuemburgenses mona-
Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris.
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chi im Texte hat, hingegen in der Note vom abbas hohenburgensis
und dessen Mönchen spricht. V. 720, credere jussi, nicht cedere.
Hingegen ist der V. 723, in sanibus cellam vadit fundare novellam
doppelt unglücklich. V. 724, in strifeta veste statt in striffea. V. 730,
dum te cognoscet statt dum cognosceret. V. 731, donum quod. Im C.
U. domum quam, worauf sich pomum reimt. V. 732, statt gratis sibi
restituisti: grates sibi retribuisti. V. 734, statt Hildesinensis, Ysnicen-
sis. V. 750, Auctrix statt Tutrix. V. 7S6, Et ubi statt et vir. V. 764,
tractare statt agitare. V. 765, Non est ymo decus. V. 768, susciperis
lete festina diecola de te. V. 773, Protinus jussisti. V. 776, istius
ob merita causa non est bene trita. V. 778, fehlt non. V. 780,
fine statt sive. V. 781, debemus statt valemus. V. 786 potuere statt
valuere. V. 794, tale vel scelus exieiale. V. 795, fieret statt fieri.
V. 796, vincla statt vincta. V. 798, cohors statt consors et amica
malorum. V. 800, probra tenere statt timere. V. 801, fehlt quod.
V.802, loquaces statt procaces. V. 804, nova res statt est res. V. 811.
per tua jura statt partis jura. Vers SIS, ist versetzt: intra thesaurum
regis gemmas fer et aurum. V. 826, statt tradunt: scribunt. V. 828,
maxima cum dantur concessa. V. 836, cum statt cui. V. 840,
succumbens canino was auf vino bezogen einen lächerlichen Sinn
gibt. V. 8S8, quod Lachesis venit. V. 8S9, Per longum filum. V. 860,
sed antropos pendere querit statt atropos. C. Un. V. 895, Oppositam
partem juris fovisse partem statt per artem. C. Un. V. 900, Illud
ne sic sit volo quod titulus tuus hic sit. V. 901, Hic est statt hie
jacet. V. 902, canewas besser ist als cave. V. 905, funus statt munus.
V. 907, Nec fuit statt ne fiat. V. 909, sed diceret statt sed dieit.
V. 910, vivo. V. 912, hec statt hoc. V. 913, quod statt ut. V. 914,
0 bina cautela. V. 924, iens statt gens. V. 928, digito statt digitis.
V. 930, Testor. V. 931, statt aut decalvarem C. U. pugillarem C. C.
V. 936, et statt quod. V. 938, et feriat statt feriens. V. 939. coherceo
stultum. V. 940, 0 detractores. V. 941, reor esse recedite Iusum
statt vos que recedere.
In der dritten Distinction sind gleich im ersten Verse die Worte
musa die in die inusa geändert. V. 958, toti statt tota richtig. V. 963,
nach quisquis — ist es hineingesetzt und reputabit in reputahis
geändert. V. 970, dat für det. V. 977, ut für aut. V. 978, queratur
nomen sibi papa. V. 979, Nunc statt hunc. 1003, istum statt
ipsum. V. 1004, quod si statt quod sibi. V. 1008, transit statt sed
30
H ö fler
sit. V. 1017, quodlibet statt quilibet. V. 1018, Villa perit, ceres ruit,
was im Contexte keinen Sinn gibt. V. 1022, vultque. V. 1039, vel
qui. V. 1041, hic non egit opum quam vis ydolatra canopum. V. 1051,
cantum probat. V. 1055, vel piperis tortam. V. 1056, ohne quod.
V. 1051 hic mihi statt hoc sibi. V. 1058, soccos et soculares. V. 1059,
iste jubet currus ut eant ne destruat rus statt: quot erant vel de-
struitur rus. V. 1080, nequit statt neque. V. 1081, sic statt tune.
V. 1085, non det statt non dat. V. 1099, forsans rapiens. V. 1102,
scemate tecte V. 1121, quia statt quid. V. 1125, es statt est.
V. 1127, quis statt quid. V. 1148, pungit statt pugnat. V. 1154,
res vestras. V. 1260, qui statt hic. V. 1174, nunquam jejunat
V. 1178, detur statt datur. V. 1182, Et si vis plus. V. 1184, visitat
exposcit ab eis quos eos reos seit (quos esse. C.U.). V. 1192, fatum.
V. 1205, de simone cras (vel C. U.) fariseo. V. 1219, est modo de
getro. V. 1220, balaam. V. 1241, vel sermo non habet ovum (non
valet ovum. C. Un.). V. 1242, dico novum fieri quod cras contingit
haberi. V. 1251, miseris statt miserum-clerum. C. U. V. 1253, a statt
in. V. 1255, si statt sic. V. 1256, deberes statt deberet. V. 1269,
provenit extra sint ergo luminadextra. Jam bene. V. 1281,Etmodonon.
Die nächsten Verse sind versetzt:
dicite de Roma quod ibi sunt aurea poma
dicite de Roma quod ibi fidei sit aroma
Quod ego non credo quia quater abinde recedo
Et si vidissem duo vel tria forte tulissem. V. 1282—85.
V. 1286, quia statt quod. V. 1294, bombare. V. 1297, ingrati
sederunt. V. 1298, cur exis. V. 1300, quovis sine crimine. V. 1304,
teneret statt teneres. V. 1306, tibi dico. V. 1308, Ivit. V. 1310, fehlt
im Cap. Cod. V. 1312, debeas. V. 1313. Gunegunde statt Konegunde.
V. 1314, quam dos. V. 1322, flare statt stare. V. 1331, velint statt
velit. V. 1335, divinum. V. 1341 und 1342:
quod cum peccatis jus perdunt nobilitatis
perque malos mores sint servis deteriores.
V. 1354, dicatis statt dicatur. V. 1361, semper non ut modo
vives. V. 1363, quo res tua tune velit ire. V. 1366, recondidit.
V. 1369, fehlt im C. Cod. ganz. V. 1380, blande. V. 1386, crimen
statt scelus. V. 1393, dum statt cum. V. 1394, quod peregrinentur
nec in hac plus urbe morentur. V. 1395, pociores statt meliores.
raßt - - - ■ jm i.« / », •«& B S I BBI
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V. 1416, nonne nimis. V. 1419, ut simus tuti detis pluralia saluti
statt detur plurale. V. 1420, pluralia nolo. V. 1426, requiescere
rure. V. 1427 , et tune pro Roma dare nollem duo poma. V. 1433,
sed statt hec. V. 1434, nee sit statt et nee. V. 1433, aut dolor statt
dolus. V. 1436, vireat quod ad huc fuit arens (Cod. Un. erens). Quis
nunc (tune) appeteret, celum si (qui C. U.) forte pateret. V. 1440,
Isti delirant qui (et C. Un.) V. 1442, Que sicut audistis preponderat.
V. 1443, que plus subscripta leguntur. V. 1431, dat. V. 1434, ab
liomine. V. 1436, ut.
Die vierte Distinction beginnt im Cod. Cap. Non plus, statt quid
plus.V. 1460, cedat.V. 1461, urbes. V. 1462, sinusstattsitus. V. 1463,
vivunt. V. 1464, sede beati statt locati. V. 1466, sunt et. V. 1467,
provehit. V. 1473, pergamant are, was keinen Sinn gibt. V. 1478, si
quis ibi statt quis quis ibi. V. 1438, vir bonus absque malis. V. 1303,
curat. V. 1506, sacra. V. 1509, massa coartatur, V. 1511 und 1512,
isti (statt multi) viderunt ita quod in orbe fuerunt More camelorum tur-
gentia dorsa virorum. V. 1516, nimimumve statt nimiumque. V. 1520,
ut statt et reor. V. 1521, ut statt nee. V. 1528, Hiis oblivisci statt lios.
V. 1529, cex-tius statt verius. V. 1530, me ferat huc mea sors. V. 1540,
Attendant statt accedant. V. 1556, vellent torporem sed enim quia
ferre laborem Nec Studium poscunt. V. 1569, Hii de fonte bibent et
sinthogramata scribunt. V. 1573, Ut puto. V. 1576, viventes.
Nach V. 1596, quamvis absque nota domino reddant sua vota folgt:
et sine clamore spe corde fide vel amore
Perficiunt plus quam quam.
V. 1599, quavis. V. 1604, capiuntur statt rapiuntur. Das letztere
ist richtiger. V. 1620, convenit statt competit. V. 1621, hec —
carmina. V. 1636, quod neque. V. 1646, virtus ipsorum sicut mos
est aliorum. V. 1649, Unde fit. V. 1659, cujus precones jugulant
cum fune latrones. V. 1660, coinpescant. V. 1674, scurram foret
obseero letes. V. 1683. Obtinere statt obtinuere. V. 1687, Prin-
ceps Tylmanus statt des richtigen Tizmanus. V. 1688, Succen-
dens. V. 1695, invenientur. V. 1696, numerare statt des bessern
numerante. V. 1701, Iste caminatam statt camenatam. V. 1702,
pro commoditate. V. 1703, In veteri casa statt gasa. V. 1711,
hic campanile pulchrum parat atque cubile; das sedile des V. 1711
kommt nach tecta V. 1712. V. 1713, ist ungeändert: iste parat
blidam quod erit grave forte cuidam undV. 1718, sunt precor (procul)
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H ö f 1 e r
a dignis proeul ensis et hostis. V. 1731 und 1732 sind versetzt und
1732 zu 1731 gemacht. V. 1734, Huic statt hic. V. 1736, ut statt
quod und hoc statt hic. V. 1737, criminis ausa. V. 1739, jocularem.
V. 1740, quandoque statt quemque. V. 1742, notetur. V. 1743,
pictores qui per variosque colores quod etc. V. 1749, Quod. V. 1755,
quem tarnen (centum) pene viri jam Contaminabantur. V. 1761,
Insuper ut majus sit pacis in urbe sua jus. Archiwernerus simul.
V. 1764, conflictu fuerit, besser feriit. V. 1766, queret, V. 1767.
Quis consulit statt quis consul sit ibi (Cod. Un.) V. 1775, Pervigili
V. 1779, paciuntur statt des bessern pociuntur. V. 1784, hic canet
statt des bessern: hoc cavet. V. 1782, denteque stridunt, V. 1783.
turbe. V. 1790, Unam miratam. V. 1792, poteris si. V. 1802, manu-
que. V. 1810, Nigra compater juxta. V. 1815, Nomine Dytricus
furum. V. 1822, Frischal scarletum brunetum sive moretum. V. 1824,
virides de quorum. V. 1826, aspiciantur statt des bessern apprecian-
tur. V. 1833, Census istarum. V. 1835, que venalia. V. 1837, hic
solus in ponte mihi prebuit asecla (oscula Cod. Un.) sponte. Institrix
V. 1840, Egram. V. 1847, abito, V. 1857, forsan juvencula. V. 1860,
suscipiet. V. 1865, si delectaris nec ab hujus amore vitaris. V. 1868,
tollent —mallent. V. 1875, has. V. 1879, a rerum curis. V. 1880,
Hinc — stilla. V. 1883, penes statt apud. V. 1886, Fere statt Paene.
V. 1884, de villa sclava. V. 1894, quinque (quinquies). V. 1900,
ebrius. V. 1906 in crate rotundo. V. 1910, sic arguit illos. V. 1927,
nulla ratione statt nullo rectore. V. 1934, vecte. V. 1938, ad statt
in. V. 1958, decidisse statt cecidisse. V. 1965, poscunt Gerdrudis
(statt Johannis) amorem. V. 1966, Nec persolverunt statt et non
solverunt. V.1975,iste stattille. V. 1981, zu hijo (Jo)-vacca. V. 1984,
dedit audacter. V. 1990, Istarum. V. 1996, Volappa. V. 2001, stattGo-
lappa.v. 2001, quem. V.2004, dices die, was sinnlos ist, statt age die.
V. 2005, hoc tibi statt ego. V. 2006, pectore quod. V. 2007, Que statt
quot. V. 2010, Ne loquar. V. 2010, mente manuque. V. 2018,lnplerem.
V. 2019, qui. V. 2021, fehlt quod. V. 2028, sedere statt manere.
V. 2036, Hic vir finivit cunctis speculantibus und V. 2088, hoc est
statt fuithoc. V. 2048, tune statt non. V. 2050, turbarit statt turbabit.
In der fünften Distinction ist gleich im ersten Vers ein unstatt
haftes sed vor adhuc eingeschaltet. V. 2054, vir gratus. V. 2056,
sibi nactus. V. 2062, vacavit. V. 2065, Sortem ponatur occidere
populo minatur. V. 2077, Sunt. V. 2081, voeatur. V. 2083, citra.
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V. 2087 lautet : demeruit quod grex datus est tibi pingwis agag rex
was keinen Sinn gibt. V.2092 gnarus mentis. V. 2094, cui. V. 2108,
alter agag pingwis est nequam preco bilingwis. V. 2101, Jam quare!
V. 2109, Qui si mentitur vel falsa loquens reperitur. V. 2111, longe
majori quod obesset. V. 2114, possis sed cum. V. 2116, Vix erit buic.
V. 2130, metis nobile fulmen. V. 2136, quod jam statt quamvis.
V. 2142, rapiat et patronus sibi fiat, qui etc. V. 2143, Ericus statt
Heinricus. V. 2144, et manifestis. Quid etc. V. 2148, cum principe
miles. V. 2135, buic populus. V. 2159, in atris generati statt matris
generali. V. 2149, maledicetur — meditetur. Facto vel. V. 2161,
contra si quidem si qui benedicat. V. 2171, hoc statt hie. V. 2172, Et
statt sed. V. 2180, debent. V. 2180, sed manifeste Intendo facere.
V. 2183, aut statt et. V. 2187, et cancellandi sic eis locus et lace-
randi. V. 2198, quod non oravit statt erravit. V. 2194, dat statt det.
V. 2196, construxi nihil aut modicum quasi. V. 2197, quidquid
statt quiquam. V. 2200, Reinhardo statt Bernbardo. V. 2204, Fulciat.
V. 2207, vir bone Reinharde de (statt te). V. 2109, ducem statt
ducere. V. 2216, Reinhardo. V. 2218, Odislebensis. V. 2221, quin
fecerit esse disertum. V. 2224, sanet statt salvet. V. 2229, dum statt
cum. V. 2234, et fecundaris. V. 2236, Vice tui. V. 2240, Non brevi-
bus gyaris. V. 2243, implorato statt aggrediare. V. 2245, ter trino.
V. 2254, dicas. V. 2258, sub egea. V. 2260, nobis requiei. V. 2261,
qui modo te. V. 2266, ohne et. V. 2269, turris a terra. V. 2273,
lumen cujus tu cernis acumen Dirigas. V. 2280, Spreto cum rete
patre. V. 2282, effectus super. V. 2284, celis quod tantum. V. 2289,
flagris. V. 2303. Ne satane stannis. V. 2308, posses. Y. 2309, te
fero. V. 2316, faciei statt speciei. V. 2320, unumque. V. 2322, ad
te refert. V. 2323, feta statt veta. V. 2327, tantas. V. 2328, quando
vacaverit hora. V. 2334, et denuo. V. 2339, pie Christe prece.
V. 2345, favit. V. 2348, ad celos duc a mundi nos sorde caduca.
V. 2349, die rex pie. V. 2350, spectentur statt speculantur. V. 2352,
Martirii. V. 2360, pro nequam quando. V. 2361, quid tune. V. 2364,
impius statt impetus. V. 2365, post fata vocare. V. 2379, peritam
statt petitam. V. 2393, Carmina suspende Cristane pater. V. 2406, Et
satis atque bene superans. V. 2409, moriaris. V. 2414, signa colencia
mene Stringantin splene. V. 2416 se ne, V. 2417, caro mortua nupsit
arene. V. 2418, tolluntur arene Jam sunt aliene gentis. V. 2420
finis datur ergo camene.
Sitzb. ä. phil.-hist. Cl. LV1II. Bd. I. Hft.
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Höfler, Neue Beiträge zu dem Carmen occulti autoris.
Im Ganzen möchte ich das Urtheil fällen, dass zwar durch den
Capitel-Codex mehrere Stellen, welche der Universitäts-Codex un
erklärlich und unverständlich gelassen hat, verbessert werden; jedoch
weder der eine, noch der andere genüge, um eine ganz gute Recen-
sion des Textes zu geben. Zu spät erfuhr ich bei meiner jüngsten
Anwesenheit in Wien, dass daselbst ein Codex des Carmen occulti
autoris aufgefunden worden sei. Der Pfingstfeiertage wegen ver
mochte ich nicht ihn einzusehen. Sein blosses Vorhandensein dürfte
beweisen, welchen Werth man im späteren Mittelalter auf das Ge
dicht legte, nachdem jetzt an so verschiedenen Orten Codices des
selben Gedichtes auftauchen. Ich seihst werde wohl schwerlich mehr
auf diesen Gegenstand zurückkommen können, und überlasse es
Anderen, deren Augen sich in besserem Zustande befinden, als die
meinen, die Vergleichung fortzusetzen.
Zingerle, Bericht iib. d. inTirol i.J. 1867 ang-est. Wcisthiimer-Forsch. 35
Bericht über die in Tirol im Jahre 1867 ange-
stellten Weisthümer-Forschungen.
Von dem c. M. Dr. Ignaz V. Zingerle.
Zu den bereits im vorigen Berichte erwähnten Weisthümern
kommen noch einige Nachträge, die ich zuerst anführe. Zu dem Dorf
rechte von Partschins (s. Pfeiffer 26) sandte mir mein Onkel
Al ois Zin gerl e einen Beitrag: „Abschrift des ersten Dorfbychels
in Partschins vom Jahre 1371“. Es beginnt: „Als man zeit nach
unsers Herren Jesu Christi gebürt 1371 des suntags zu Mitervasten,
da ich Mathies Montalhoner von Partschins dorfmeister daselben zu
dorfrecht saz etc.“ Es weicht dies Weisthum von den von Rapp und
Grimm veröffentlichten Dorfrechten derselben Gemeinde wesentlich
ab. Derselbe übersandte auch eine Abschrift: „Aufgerichte alte
Alpensordnung in der Zihler- und Mutter-Alpen der Gemeinde Part
schins und Rablandt vom Jahre 1768.“
Im k. k. Stattlmlterei-Archivefand ich eine „Abschrift des Suld-
ner Peirlepiechl oder gemaine Ordnung“ Papier in4°, 14 Blätter.
Bl. 1“. „Zu wissen sei menniglichen, nachdem sich irtungen und
spene erhalte 0 , begeben lln( i zuegedragen haben etc.“
Bl. 14 b . „Dass dise Abschrift getrew dem zu meinen banden ge
legt gewissen Suldnerischen Originol-Peirlpiechl in Colationieren
gleich lautent befunden worden, bezeugt meine aigne handschrift und
Unterschreibung. Beschehen dem 22 Navember anno 1736. Pauli
Matl in Stilfser gmain“.
Bei Herrn Kaufmann Leopold Ettel dahier fand ich die Dorf
rechte von Pillersee und Stilfes.
3 *
36
Z i n g e r I e
Ersteres (Pergament, 11 Blätter in klein 4°. aus dem 17. Jahr
hundert) hat die Aufschrift: „Das sindt die landtrecht in demPiller-
see und ist zu mörken, was die recht sindt.“
Bl. 1“. „Wann ain herr von Rott zu dem landt kumbt, so soll
er dem brobst zue sprächen, ob er dem landt potten hab, als es von
alters her klimmen ist.“
Bl. ll b . „von dem selbigen gattern hinz gen Pergkuchel, von
Pergkuchel hinz auf die Hörndlein.“
Das Zweite ist auch eine Peigamenthandschrift, 12 Blätter in 4°.
Bl. l b . „Dorfsordnung. Erstens soll ein iedweilliger anleger,
der iehrlichen bei erhaltender Panpruggen recht zu Sterzing bestelt
und in die pflicht genomben wird, obligiert sein, zugleich daß Dorf-
maisterambt zu verrichten“.
Bl. 12“. „Gefertigt von Hm. Wilhelm Wolgemuth von und zu
Oberplänizing o. o. Regimentsadvocat und pfleger der herrschaft
Strassberg und Sterzing. Sterzing 26. Julli 1721.“
Aus Stans bei Schwaz, wo ich im vorigen Jahre (s. Bericht,
10) die Dorfordnung nicht vorfand, wurde mir dieselbe (Papier,
9 Blätter in Folio v. J. 1636) zugesandt.
Bl. 1“. „Vermerckht die Öffnung der herlichait unsers genedigsten
Herrn Herrn Sigmunden, erzherzoge zw Österreich und grave zw
Tiroll und der nachperschaft zw Stans des Dorfs und auch der
perckhleut.“
Bl. l b . „Item von erst heben wir an zu der linden dann wenig
an der gassen am Sadurna (?) und obhin über das Schimerl
egg“ etc.
Bl. 9 b . „Anno Dm. 1483. Item mer ist ain prembstall zu dem vich
gefreit auf acher eben“ etc.
Bl. 10“. „Beschehen den nein und zwainzigisten tag monnats
appril im sechzehenhundert sechs und dreissigisten iar.“
Auch aus Mils bei Hall vermittelte mir der Herr Gemeinde
vorstand und Landtagsabgeordnete Tiefenthaler, das im vorigen
Jahre vergebens gesuchte Dorfrecht (Pergament, 6 Blätter in Quer
folio v. J. 1392).
Bl. 1”. „Vermörckht ainer ersamen nachperschaft des dorfes und
oblai Mülls aufgerichten öffnunge, irer alten eehaften, gebreuch und
herkhumen, welliehe iärlichen am eehafttäding, oder so oft es die not
erfordert, den underthanen daselbs öffentlichen verlesen werden solle,
Bericht üb. d. in Tirol i. J. 1867 angestellten Weislhiimer-Forschungen. 37
damit sie sich darnach zu richten wissen. Richters besöldung am
ehehaft täding.“
Bi. 6“. „oder ire nachkhumen darwider in ewig werende welt-
zeit nichts anders ungebürliches fürnemen, reden, handlen oder thuen,
in khain weis oder wege, wie das heschehen vnehte.“
Durch die Güte des kais. Rathes Dr. Schönherr wurde mir die
Dorfordnung von Hopfgarten (Papier, 5 Blätter in Folio, v. Jahre
1561) vermittelt.
Bl. l a . Vermerckht das mit Vorwissen des edlen vnd vesten
herrn Marx Lanngen zu Wellenburg und Minnchau, gerichtherrn der
herrschaft Kitzpuhl, phfleger zu Utter und Kropfsperg ain Ordnung
und fürnemen hei gemainem markht Hopfgarten“ etc.
Bl. l a . „Erstlichen ist beschlossen und fürgenomen, das weder
burger, inwoner noch yemandt ander kain feichteins, thannes, er-
leins, baßlach noch anders holz“ etc.
Bl. 5 b . „Beschehen am Sambstage nach Sandt Veits tag nach
Cristi unsers lieben herren Hailandt vnd Saligmachers geburde funf-
zehenhundert vnd im ain vnd sechzigsten Jar.“
Der Herr Lehrer Pallhuber zu Weer sandte mir ein „Ehe-
haftäding Urtel“ aus der Gemeindelade in Weerberg. Papier,
6 Blätter in 4°, aus dem 18. Jahrhundert.
Bl. 1\ „Das erste Urtl anfänglich also: Es ist das ehhaft-täding
göster vierzöehen tog in rechter weil und zeit durch den ordentlichen
khrichtsdiener auf öffentlichen khirchploz gerueffen und publiciert
worden“ etc.
Bl. 6 b . „So will ich davon geredt haben.“
Eine Papierhandschrift, 42 Blätter in Folio v. J. 1526, in dersel
ben Gemeindelade enthält zwei „Kundschaftsbriefe“, in deren erstem
mehreres die Weerberger alte Ehehaft Betreffende vorkommt. Sowohl
das „erste Urtl“ als der Kundschaftsbrief dienen dazu, das im
Tiroler Boten 1821 über die Weerberger Ehafthaiding auszugsweise
Mitgetheilte (s. Pfeiffer’s Bericht p. 26) zu ergänzen, was um so
willkommener sein muss, da die vollständige Ehehaft verloren
scheint.
Durch die Verwendung des Herrn P. Gerbert Mägerle, Con-
ventualen des Stiftes Stams erhielt ich:
1. Die Ehehaft von Wildermiemingen. Papier, 19 Blätter
in Folio v. J. 1691.
38
Z i n g e r I e
Bl. 1“. „Khundt und zu wissen sei hiemit angefiegt mennigcli-
chen, demnach ain wolersambe gemain zu Wildermiembingen“ etc.
Bl. 14". „Jedoch soll diese ehehaft hochlandtfirstlicher herrschaft
und dero nachgesötzten gerichtsobrigkheit an deren hohheiten, jus
und rechten unvergriffen und unpraejudicierlichen sein“. Die folgen
den Blätter enthalten Bestätigungen.
2. Gemainsordnung, so die naehbarschaft Obermiembin-
gen untereinander errichtet 1765. Papier, 8 Blätter in Folio.
Bl. l b . „Erstens sollen alliäbrlich nebst den Dorl'maister vier ge-
walthaber obrigkeitlich verpflichtet werden.“
Bl. 7“. „Achtzechentens haben auf all vorige puncten die gwalt-
habere und der dorfmaister genaue obsicht zu tragen und in erfin-
dung einer hinlessig-, schlefferig- oder partheilichkeit ieder achtze
chen kreuzer pfandtgelt zu erlegen.“
3. Der ganzen gemain und nachperschaft zu Hai mb in gen,
der herrschaft Sanct Petersperg neu aufgerichte ehehaft und Ordnung,
Papier, 37 Blätter in Folio v. J. 1644. Sig. Nr. 25.
B1.3 b . „Erstens, das vermig der alten ehehaft ain ieder naehper
von seinen inhabenden lechengietern“ etc.
Bl. 34\ „Da es aber nit beschicht und dergestalt den consens
oder die verwilligung nit einholt, so soll ain solliche persohn alda in
der gemain Haimbingen zu hausen nit aulgenomben oder gedult,
sondern ab und weiter geschaffen werden.“
Die folgenden Blätter enthalten einige unbedeutende Nachträge.
Die drei genannten AVeisthümer befinden sich in den Gemeindeladen
der betreffenden Dörfer.
In den Osterferien besuchte ich die Gemeinden: Thiersee
9
Langkampfen, Kirchbüchel, Breitenbach, Kundl und
hielt Nachforschungen, konnte jedoch nur in der Gemeindelade zu
Langkampfen eine Gemeindeordnung finden (ein Pergamentblatt
in Gross-folio): „Wir Georg Rendl des Wolgebornen Herrn Herrn
Carol Scluirfens zu Schenwerd“ etc. Schluss: „Beschehen den vier
und zwainzigisten tag monats Februar» nach der allerheilig und
seligisten geburd Jesu Christi im sechzechenhundert vier und
zwainzigisten Jahr.“ Auch spätere Nachforschungen gaben in diesen
Gemeinden keine erfreulicheren Resultate. Dagegen war die Aus
beute in Brandenberg reichlich. Es fand sich das Dorfrecht im
Original vor (Pergament, 1 Blatt in Folio v. J. 1434).
Bericht üb. <1. in Tirol i. J. 1867 angestellten Weistliümer-Forschungen. 39
Anfang: „Ich Stepfan Schelkoffer, die zeit richtet* zw Ratenberg
des vesten und weisen Matheisen des Turttdl, die zeit meines gena-
digen liern herzog Ludweigs pfallenz graffe bei Rein, herzog in
Bairen und gl-affe zw Martann, ich phfleger zw Ratenberg becbenn
offenleicb etc.“
Schluss: „Daz ist geschehen ann mantag nach sand Michels tag
nach Kristi gepurd vierzechen hundert iar und in dem vier und dreis-
sigsten iare.“ Eine Abschrift ist enthalten im Bestätigungshriefe des
Kristoff Bienzenauer (1 Pergamentblatt in Folio).
Anfang: „Ich Kristoff Bienznawer, des durchleuchtigen hochge-
born fürsten und herrn Georgen Pfalzgrave bei Rein, Hertzog in
nidern und obern Bairn, pfleget* zu Ratenberg becbenn“ etc.
Schluss: „Das recht hat sich ergangen am pfinztag nach Pan-
graci nach der geburd Christi, da man zallt vierzebenbundert und in
dem drew und achtzigsten iare.“
Eine andere Copie enthält das Bestätigungsbuch (Pergament,
18 Blätter in Folio v. J. 1716. Bl. 6" — 9 b ). Die jüngste Abschrift
im Bestätigungsbuche (Pergament, 34 Blätter in Folio v. J. 1744.
Bl. ll b — 17 b ). Ich benütze diese Gelegenheit, um dem Herrn Dr.
Hintner für seine Güte meinen Dank hier öffentlich auszusprechen.
Eine Öffnung der Hofmark Lichtwer und Münster befindet sich
der freundlichen Mittheilung des Dr. v. Inama zufolge imArchive des
Schlosses Lichtwer. Auch aus Fügen in Zillerthale ist mir das
Vorhandensein einer Dorfordnung vom dortigen Herrn Bürgermeister
Rasim angezeigt worden. Nachforschungen in Vomp und Eben
erwiesen sich resultatlos. Es mag hier, ehe ich meinen Bericht über
meine Forschungen in Unterinnthale für diesmal schliesse, noch
bemerkt werden, dass sich in den Monumenta boica noch drei
Weisthümer aus dem Unterinnthale finden, die J. Grimm nicht
mittheilt.
1. Jura Hofmarchiae Pillerseensis anno 1466. B. II, 102—108.
2. Die Öffnung von Wildschoenauve, Rattfelden vnd in dem
Sweug. B. II, 164—166.
3. Die Öffnung in dem Leuchenthal. B. II, 614—520.
Nachforschungen in den Gemeinden Götzens, Axams,
Ranggen und Zirl blieben erfolglos. Am 12. August trat ich mei
nen Ausflug nach Oberinnthal und Vinstgau an , wo ich meine For
schungen meist von Erfolge sah. Leider fand ich in manchen Dörfern
40
Z i n g e r I e
die Vorstände nicht vor, so dass ich meine Reise fortsetzen musste,
ohne in die Gemeindeladen Einsicht nehmen zu können. Es ist dess-
halb eine Nachlese noch erforderlich. In der Gemeindelade in Ötz
fand sich vor: „Abschrift der Ehehaft oder Gemeindeordnung für
Ötz errichtet im Jahre 17IS“ (Papier, 8 Blätter in Folio v. J.
1843).
Bl. l b . „Erstens. Gleichwie die uralte herrschaftliche Ehehaft
verbietet, dasz keine Gemeinde befugt sei“ etc.
BI. 8 b . „Geschehen die confirmation den fünfzehenten Tag Monats
Jänner im siebenzehenhundert fünfzehnten Jahr.“
Nachträge dazu vom 12. Mai 1836 befinden sich ebendort.
Im Dorfe Sautens fand ich in der: „Vormerkung über die im
Kirchenarchive vorfindigen Schriften“ verzeichnet.
1. „Die alte Ehehaft oder Gemeinsschrift v. J. 1655 und
1774 “
2. „Alte Gemeindeordnung v. J. 1685“.
Einsicht nehmen konnte ich nicht, jedoch wurde mir die Zusen
dung dieser Stücke versprochen. In der Gemeinde Ropen fand sich
kein Weisthum vor.
In der Gemeindelade zu Wenns’ befindet sich: „Ehehaft der
Wennser Gemeinde.“ Abschrift. Papier, 16 Blätter in Fol. v. J. 1782.
Bl. 1“. „Herr Richter, seit Ihr herkumen und seit gsessen, als Ihr
unser Öffnung verhören wölt, so thuen wür auch zu wissen alle
unsere recht, als wir die von alter her haben bracht von unser gene-
digen herrschaft, von lierzog Mainhart und von König Hainrich und
von den grafen von Escheloch und von allen herren, die seider ge
wesen seind zu Tyrol.“
Bl. 16“. „Herr richter, wann ein schnee feilt, so mügen wir vor
dem schnee abtreiben an die Püzen und nach dem schnee wieder auf.
Das soll uns niemant weren. Das diese Abschrift dem vorgelegten
Originali collationando gleichstimmend seie, wird amteshalber atte-
stirt. Imst den 9 t,!n 9 lcn 1782.
In der Gemeindelade zu Arzl fand ich: „1686. Der Gemain
und Nachperschaften Arzl, Waldt, Leins, Ried und Hochenasten der
Herrschaft Ymbst gemachter Schluss und Ordnung wegen der herzue
ziehenden fremden Maus- und Weibspersolmen und ihrer dargegen
zu bezahlen habenden Einlagsgeltes.“ Papier, 5 Blätter in Folio. Dann
eine Markt-Ordnung. Papier, 11 Blätter in Folio.
Bericht üb. d. in Tirol i. J. 1867 angestellten Weisthümer-Forschungen. 41
Bl. 1“. „Zu wissen sei mäniglichen als kurz Verschiener zeit
durch der nachbarsehaft im Bizerthall“ etc.
Bl. ll b . „Imst den 27. Juli 1791.“
Im Dorfe Stanz bei Landeck enthält die Gemeindelader
„1768. Gemeinsordnung, welche im zechend Stanz, wie vermelt,
errichtet worden.“ Papier, 6 Blätter in Folio.
BI. l a . „Actum Perfuchs den eilften tag monats December anno
sibenzechenhundert acht und sechzig. Erstens solle man abseiten des
ganzen zechenden die putzung deren wälderen, wo immer die
zechentleuthe einiches holz gehacket“ etc.
In Landeck fand ich:
1. Dorfordnung der Gemain und Nachperschaft zu Angadeir der
Herrschaft Landegg. Papier, 10 Blätter in Kleinfolio v. J. 1638.
Bl.l a . „Erstens und weilen zu diser wenig anger und wismede:
auch gmaine aezung gehörig, als solle khainer merer vich“ etc.
Bl. 10 b . „Beschechen den ain und zwainzigisten tag manatsMartii
nachCristi geburdt im sechzechenhundert acht und dreissigisten iar.“
2. Dorfordnung für die ehrsame Gemeinde Angerdair, 1813*
Papier, 11 Blätter in 4».
3. 1641. Dorfordnung zu Perfuchs und Pruggen. Papier,
23 Blätter in 4°.
Bl. 1“. „Khundt und zu wissen sei angefiegt allermenigelichen
oflenlichen hiemit:“
Bl. 2“. „Zum ersten, und damit dann dise Dorfordnung so vil
bestendiger erhalten werden mige, solle albegen auf ain oder zwai
iar aus den gemainslaithen ain Dorfvogt sambt zwen fierern firge-
nomen, erwelt und verpflichtet werden.“
Bl.18”. „Beschechen zu Perfuchs den siebenden tag monats Mai
nach Cristi gepurt im sechzechenhundert ain und vierzigisten iar.“
Die folgenden Blätter enthalten Nachträge aus den Jahren 1642,
1652, 1677.
In den Gemeindeladen zu Flies fand ich:
1. „Das ist die ehaft, die die nachpawrn zu Flies haben und die
an die Dinggassen daselbs gehorent und iarlichen inn elichen Dingen
a geldent.“ Pergament, 8 Blätter in Folio. Sign. Nr. 7.
Bl. 1\ Des ersten thund si ier gnädigen Herrschaft von Tyrol
zu wissen iere alte recht und gewonheit, die sie ie und ie gehabt
haben.“
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Z i n g e r 1 e
Bl- 6 b . „Dise ehaft ist durch Wenzelaus Rott gescliriben wor
den anno domini xv. und xvii. iar.
2. Abschrift dieser. Papier, 12 Blätter in Folio. Sign. Nr. 37.
3. Zu wissen hienach volgente artikld der dorfrecht ainer ersa-
men gemaindt und nachparschaft in und außerhalb des dorfs
der pfarr zu Fließ.“ Papier, 7 Blätter in Folio. (17 Ihd.?) deiect.
Sign. No. 100.
Bl. l a . „Zu dem ersten solle ainem dorfvogt zu Fliess iedes iahrs
drei angesessen verstendig nachpern“ etc.
Bl. 7 b . „Also abgeret im namen der gemain durch Christan
Knabl dorfvogt.“
4. 1801. Gleichlautende Abschrift der neu errichten Dorf- und
Gemeindeordnung Fliess betreffend. Papier, 32 Blätter in Folio.
Die Dorfordnung v. J. lo46, die im Verzeichnisse derGemeinde-
schriften mit der Sign. No. 66 aufgeführt ist, konnte ich nicht
auffinden.
Im Gerichtsarchive zu Ried konnte ich die mir angezeigten
Weisthümer nicht finden, da sie vermuthlich nebst andern Pergament
briefen vor einigen Jahren ausgeschieden worden sind. Dagegen ent
hält die Gemeindelade:
1. Vidimierte Abschrift des gerichts Laudögg ehehaft de anno
1548. Papier, 17 Blätter in Folio. Sig. No. 3.
Bl. 1“. „Nota: das ist die ehehaft des gerichts ze Laudegkh an
der gewöhnlichen dinggassen ze Prug, die da die nachpauren und
gemainschaft daselhs haben.“
„Item des ersten soll ein iegkhlicher pflöger oder ain richter an
des pflegers statt dreistund in dem iar eieich taidung haben.“
2. Perger-dritl ehehaft. Papier, 11 Blätter in Folio. Sig. No. 11,
Litt. T. t. t. Der Anfang lautet gleich mit der obigen Ehehaft.
Bl. 11\ „Beschechen den siben und zwainzigisten tagmonats Mai
(als gehaltener und besessner ehehaft) nach der gnad- und frei-
denreichen gebürt Cristi im sechzechenhundert vier und zwanzig
sten iahr.“
Von der Ehaft zu Pfunds war bisher nur der erste und letzte
Artikel bekannt, v. Dr. Pfeiffers Bericht p. 26.
Im dortigen Gemeindearchive fand ich nun eine vollständige
Abschrift dieses alten Weisthums v. .1. 1386. Papier, 8 Blätter in
Folio. Sig. No. 1.
Bericht üb. d. in Tirol i. J. 1867 Angestellten Weisthümer-Forschungen, 43
BI. 1 a . „Von Christi unsers lieben herrn gebürt dreizechenhun-
dert iar und darnach in dem driten iar.“
„Item so ist die meldung elidier täding, als die gemaind zePhuns
gemelt hat und auch also habend sie es geben geschriben unser gnä
digen herrschaft von Schlandersperg.“
Bl. 8 b . „Beschehen zu Innsprugg den vier und zwainzigisten Tag
Monats Martii anno sechs und aclizig, Cristoff Ebner.“
Ein Pergamentblatt enthält: „Des Gerichts Pfundts fürgenomene
Ordnung von wegen des wildbretschiessens v. J. 1S71.“ Sign. N°. 28.
Im Gemeinde-Archive zu Nauders fand sich die alte Ehehaft
(s. Pfeiffer p. 24) nicht vor. Dagegen liegt dort ein Dorfbuch. Pa
pier 270 Seiten in 4°: „Satzungen der Gemeinde Nauders in Betreff
ihrer wirthschäftlichen Angelegenheiten und der dabei von jedem
Gemeindegliede zu beobachtenden Ordnung, welche am 3. März im
J. 1817 von 24 eigens dazu ausgeschossenen Männern nach Anlei
tung des alten Gemeinsbuches verfasst, den dermaligen Zeitumstän
den und Bedürfnissen angemessen etc. worden sind.“
Im Gemeindearchive auf der Haid befinden sich:
1. „Collationirte Abschrift der Ehehaft von Dorf und ersamber
Gemaint Hait von anno 1436 und anno lf>31.“ Papier, IS Blätter in 4°.
BI. 1\ „Wir Ferdinand von Gottes Gnaden“ etc.
Bl. 14 b . „Geben zu Insbrugg am dreizehenten Tag des Monat
Marty nach Christi gebürt finfzehenhundert und im ain und dreissi-
gisten, unserer reiche des römischen im ersten und der anderen im
fünften jare.“
2. Gemeindsordnung für die Gemeinde Haid. Papier, 24
Blätter in 4°.
Bl. 1\ „In iedem Jahre am ersten Sonntag in der Fasten sollen
sämmtliche Gemeindleute“ etc.
Bl. 24\ „Beschechen im Schlosse Naudersberg am 4. October
1798. Joseph Rungger k. k. Landrichter.“
Auch liegt dort ein Pergamentbrief, der die „Recht der Alp,
Waid und Holzes in der Grauner Alp“ v. J. 1S87 enthält.
In Burgeis konnte ich wegen Kränklichkeit des Bürgermeisters
nicht Einsicht in die Gemeindelade nehmen. Herr Professor P. Cöle
stin Stampfer versprach mir das vorfindige Dorfrechtzu senden. In
Schleis war kein Gemeinderecht in dem sonst reichhaltigen Gemeinde
archive zu finden. In Schlu der ns findet sich ein Dorfrecht vor.
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Z i n g e r I e
Pergament, 12 Blätter in 4“ aus dem 17. Jahrhundert. Der Anfang
fehlt.
Bl. 1". „geht ain gemainer offener wasserwähl und steig. Vermig
alten peirnpiechl ist zu sechen, und befihdt sich das durch dem Haus,
so anjetzt Georg Vischer innen hat, ain offner steig, geeht zu erhaltung
des Gwoyl wahles.“
Bl. 12". „Es soll auch ain ieder Dorfmaister sein ambtes rai-
tung acht tag nach st. Peters Stuelfeirtag ablegen, damit man solhe
alsdann bei erhaltender clainer gmain vorlegen und publiciern khann,
und wan solches nit beschicht, solle der raithalter die doriber ergeende
uncösten abzufiehren schuldig sein.“
InEyers befindet sich ein Dorfbuch. Papier, 42 Blätter in
Quart.
Bl. 1\ „Auf das all und iedes zur gresseren ehre und glori got-
tes, dann zum besseren nuzen, flor und aufnam der gemeinde Eyers
gereiche“ etc.
Bl. 3". „Disem nach wirdet aufVerlangen aller hiernach zu benen-
den gemaindsinteressenten alda einverleibet“ etc.
Bl. 17". „So beschechen zu Eyrs von wohlbemelten richter An
ton Mathaeus Purtscher den 9. Febr. 1773.“
In Laas und Schlanders konnte ich wegen Verhinderung der
Gemeindevorsteher nicht Zutritt zu den Archiven finden. Herr Neeb,
k. k. Forstmeister in Bozen, hatte die Güte „Des löblichen Gericht
Schlanders Gemaindesprach.“ Pergament, 9 Blätter in Folio, zuzusen
den. Die Handschrift gehört vermuthlich dem 16. Jahrhundert an und
ist nur eine Abschrift des schon bekannten Weisthums, s. Pfeiffer
p. 24. Aus Schn als wurde mir die Zusendung des alten Gemeinde
rechtes versprochen. Herr Steiner, Studierender an der hiesigen
philosophischen Facultät. welcher die Ferien in Schlanders zubrachte,
erbot sich, die Forschungen in der dortigen Gegend anzustellen.
Er begab sich nach Laas und fand dort im Gemeindearchiv: „Ge-
maines Dorfpuech 1344,“ Pergament, 12 Blätter in 4«.
Anfang: „Anno domini taussend fünfhundert und im vier und viert-
zigisten Jar am Montag von dem Sonntag Oculi in der uasten ist das
gemain Dorfpuech ainer Ersamen Gmain zu Las erriehtt und die ar-
tikl etlich gebessert und etlich geleychtert von aim Ersamen Aus
schuss“ etc.
Bericht üb. d. in Tirol i. J. 1867 Angestellten Weisthümer-Forschungen. 45
Bl. 12\ „An den 20 Tag Monats Marty 1603 demnach nun etlich
iar her in dieser Gemahl Laas durch den hausgesessenen Inwoh
ner“ etc.
In einem Register der Urkunden des Archives zu Kortsch vom
J. 1642 fand Herr Steiner verzeichnet: „Ain alte Ordnung, wie die
Gemain gehalten und die Übertrötter und Ausbleiber gepfenndt wer
den sollen.“ Dies Weisthum ist jedoch verschwunden. Dagegen be
finden sich dort 2 Waldordnungen. Die Eine v. J. 1442 in zwei Ab
schriften, die andere vom J. 1604 im Original.
In der Gemeindelade zuVezzan liegt: „Gemain Ordnung so
in . . . und Gemain Vezzan Gericht Schlanders entzwischen denen
daselbstigen Gemains-Interessenten aufgericht worden. “ Papier, 11
Blätter in Folio.
Bl. 1°. „Actum Schlanders den letztenFebruary anno sibenzehen-
hundert ain und fünfzig.“ etc.
„Nemblichen und erstens ist es eine aller Orthen khuudige, durch
widerholte Augenschein erwisene Sach, das daß ganze dörfl und
gütter mehrfältigen Lanstrichen ausgesetzt und dise umh so gefär-
liclier werden“ etc.
Schluss: „Und das zu wahren Urchund hat demnach der wohl
edle, vest und weise Herr Johann Anton Stainberger, riehter der
Herrschaft Schlanders und Prohstey Eyrs, von amtswegen sein aignes
Insigl (doch anderwärtig hieran unschädlich) hier fir gestölt und an-
mit disen Aufsatz und Ordnung bester Massen verfertigt und becretT-
tiget. Actum ut supra.“
In der Gemeindelade zu Goldrain fand Herr Steiner ein Dorf
buch der genannten Gemeinde. Pergament, 11 Blätter in 4°.
Anfang: „Im Namen Jesu Christi unseres ainigen Haillandts, Er-
lesers und Seligmachers. Amen. Beschlossen am zwaintzigisten Tag
Monats Februarj nach der Geburth Christi im fünfzehenhundert drei
und achtzigisten Jar.“
Schluss: „Zum Beschluss, wann die Mayrleith zu Schanzen und
Morter ausser Gottes gewalt und Herren-Geschäft nit das Ihrige ver
richten, was dieerzelte Paurschaft aufladet, der soll von der Gemainde
um ein Muth Roggen gestraft werden. “
ln der Gemeindelade zu Morters fanden sich vor:
1. Eine am 24. März 1734 vom Gericht Montani vidimirte Ab
schrift des Morterer Dorfbuches. Papier, 14 Blätter in Kleinfolio.
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Z i n g- e r 1 e
Anfang: „Sol diß hernach gemeldteDorfpuechdurch dieErsambe
Gemain und Nachtparschaft Morter aufgericht worden am fünfzehnten
Tag Monats Marty anno fünfzöhenhundert sechsund sibenzigisten. An
fangs so solliärlichenamKhassonntagain ungepottene Paurschaft sein,
und da man erscheinen soll auf der Gassen zu Morter, es seyen haus
gesessene oder Inwohner, sovil die ganze Gemain und Nachtparschafft
belangthuet, und wellicherauf gemeldten Tag nit erscheinet undnach-
läßig erfunden wirt, der soll gestraft sein umb sechs Kreuzer“.
Schluss: „Beschliesslichen so soll diß gemeldt Dorfpuch alle
Jar am Khassonntag der Gemain und Nachtparschafft firgelesen wer
den, damit sich ain Jeder wiss zu verhalten.“
2. Eine Abschrift des Goldrainer Dorfbuches, doch sehr lädirt.
Anfang und Ende fehlt. Das noch Vorhandene (Papier, 18 Blätter in
Kleinfolio) stimmt mit dem Original wörtlich überein.
In Lats ch fand Herr Steiner im Gemeinde-Archive eine vidi-
mirte Abschrift des dortigen Dorfbuches. Papier, 134 Blätter in Folio.
„Dorfbuech in der Gemeinde Latsch, welches im Jahre 1607 errich
tet worden“.
Anfang: „Ordnung des neuen aufgerichten Dorfbuchs, was bei
einer ersamen Gmain von Punkt zu Punkt in allen auch ieden Ämtern
zu verrichten und nach Verstand gebührlich fürgehalten sei“ etc.
Schluss: „Beschehen den dritten Tag Monats Martj nach Christi,
unseres lieben Herrn und Seligmachers freudenreich Geburth im
sechzehenhundert siebenten Jar.“
Eine Abschrift ist im Besitze des Herrn Vorstehers Oberdörfer,
“f In der Gemeindelade Izu Staben fand er eine Art Ortspolizei
ordnung vom Jahre 166S. Papier, 4 Blätter in Folio. Herrn Steiner,
der sich im Kreise seiner Heimat mit so schönem Erfolge der Weis-
thiimerforschung gewidmet hat, sei hiermit mein Dank ausgedrückt.
In der Umgebung von Meran, wo die Weisthümer der meisten
Gemeinden schon verzeichnet waren, fand ich eine Ausbeute nur im
Archive zu Algund. Ich verzeichnete dort:
1. „Ainer ersamen gemainschaft Allgundt verfach- und auf-
schreibpuech, wie die dorfrecht zu Albion an der Rin daselbs seit
anno 1631 iars neben neu ersetzendem dorfmaister, togneyen und
andern gemainen ämbdern gehalten worden.“ Papier, 83 Blätter
in Folio.
Bl. 2". „Actum Albion am Sontang als . . tag May anno 1632.“
Bericht üb. d. in Tirol i. J. 1867 angestellten Weisthümer-Forschungen. 47
Bl. 83“. „Den 18. Mai 1683.«
2. „Dorfpuech der gemaind Algundt de anno 1673 —1764.«
Papier, 336 Blätter in Folio.
3. „Saltnerordnung 1778 fir löblicher gemeinde Algund, wie in
stehend zu erlüssen.« Papier, 4 Blätter in Folio.
Meine Nachforschungen im Lana, Völlan und Tisens, so wie
in den vier deutschen Gemeinden des Nonsberges hatten nur nega
tive Erfolge. Doch wurde mir überall zugesichert, dass man darnach
weitere Nachforschungen halten, und im Falle eines günstigen Erfol
ges mir sogleich Nachricht geben werde. In Proveis wurde mir mit-
getheilt, dass noch vor 70 Jahren Rigel (Thaiding) gehalten worden
war. Ich konnte aber in der Gemeindelade kein Dorfrecht, wohl aber
Briefe über Wurm und Waide finden.
Herr Joseph WienerStudierender an der hiesigen philosophi
schen Facultät, benützte seine Ferienausflüge im Unterinnthale und
Wippthale, um meine Forschungen zu unterstützen. Leider machte
auch er, wie ich und Herr Steiner, die unliebsame Erfahrung, dass die
Herren Gemeindevorsteher gerade an jenem Tage abwesend sind, an
dem man sie aufsucht. In Neustift im Stubaithale fand er keine
Ausbeute, da das Archiv dort erst seit einigen Jahren besteht. In
Gschnitz und Trins konnte er keine Einsicht in die Gemeinde
laden nehmen, da sowohl Seelsorger, als Vorsteher abwesend waren.
In Obernberg fand sich kein Weisthum vor, jedoch wurden dort
ehemals Bautädinge abgehalten, wie sich aus mehreren dort aufge
fundenen Urkunden ergibt. So heisst es in einer Urkunde Kaiser
Maxmilians (1509), worin „Irrungen und Spann“ zwischen den
„Leuten gemainiglich ab dem Obernperg“ und denen von Matrei
beigelegt werden: „Zum Ersten von wegen der gemainen pauteding
sol der Richter zu Matray alle Jar dreymalen, als in derVassnacht, im
Mayen und umb sand Marteins tag ungeverlichen, auf den Obernperg
auf der leut und undtertanen daselbs ersuchen und begern, sich
verfliegen und daselbs gemain pautading, wie sich gepurt, halten und
besitzen; dagegen sol ainem yeden Richter die vier und zwainzigk
pfundt perner mit sambt dem Heu und fueter, so unz her allwegen
ainem richter deshalben-gegeben ist worden, zuesteen und vervolgen.
Und ob die undtertanen auf dem Obernperg ainest, oder zu merern
malen solich gemain pauteding zu halten an den Richter nicht beger-
ten, so sulle dannocht demselben Richter vorangezaigts gelt, Heu
48
Z i n g e r 1 e
und fueter nicht destminder volligclichen zuesteen und vervolgen. Wo
aber die undtertanen den Richter darumb anruefften und ersuechten,
und derselb Richter darüber solche pauteding, wie obstet, nicht hielt,
so sulle dem Richter an dem gelt, heu und fuetter, so offt Er die
pauteding auf Ir ersuechen nicht halten und besitzen wurd, allwegen
der drittail abgezogen und nicht bezalt werden“ etc.
Im Archive zu Vinaders fand sieh kein Weisthum vor. In
Gries und Gossensass waren die Gemeindevorsteher abwesend.
In Eben im Unterinnthale entdeckte Herr Wieser zwar kein Dorf
recht, doch eine Waldordnung vom Jahre 1723 (Papier, 32 Blätter
in Folio).
In St. Jodok im Scbmirnthale und in St. Margarethen
im Unterinnthale wurde Herrn Wieser von Priestern die freundliche
Zusicherung ertheilt, sie wollten weitere Nachforschungen halten
und ihm die Resultate mittheilen.
Meine Forschungen in Mühlau, Arzl, Rum blieben erfolglos.
Aus Völs im Eisackthale, das ich im Jahre 1866 selbst besucht
hatte, theilte Herr Cooperator Ludwig Tschurts chenthaler
mit, dass er trotz seiner spätem eifrigen Nachforschungen kein
Dorfrecht, wohl aber einen „Albmbrief auf Schalernes v. J. 1563“
(4 Pergamentblätter in Folio) vorfand. Herr Schindlholzer,
Pfarrer in Kundl, kam in seiner Gemeinde auch nur zu einem
negativen Resultat. Beiden hochwürdigen Herren sei für ihre Be
mühungen mein Dank gesagt.
Der hochw. Herr Georg Lettenbichl er, Vicar in Hart, der
sich um vaterländische Alterthumskunde schon viele Verdienste er
worben, hat seine Unterstützung bei unsern Forschungen freundliehst
zugesagt. Wie im vorigen Jahre Herr Anton Graf von Brandis
seine reiche Sammlung von Weistlnimern zur Benützung in Aussicht
gestellt hat, so verdient Herr Ferdinand Baron von Giovanelli
in Hörtenberg bei Bozen durch seine grosmüthige Unterstüt
zung unserer Forschungen unsern wärmsten Dank. Der Herr Barön
übersandte uns ausser vielen Statuten aus Wälschtirol Abschriften
folgender Weisthümer:
1. Dorfrecht und Saltnerei der Gemeinde Schön na v. J. 1609.
1 */ 2 Bogen in 4°.
2. Statut von Vahrn bei Brixen. 41 Seiten in 4«.
3. Statut von Wangen bei Bozen. 22 Seiten in 4°.
Bericht üb. d. in Tirol i. J. 1867 angestellten Weisthümer-Forschungen. 49
4. Des Gerichtes Wangen Statuten und habende Freyhaiten
anno 1338. Mit Nachträgen von 1451, 1484, 1491. 33 Seiten in 4».
5. Der Gemainschaft ze Kaltar Statut und Recht. 18 Blätter
in 4°, und eine zweite Abschrift in 17 Halbbogen.
6. Landsprach von Schl anders, circa 1400. 6 Blätter in 4°.
7. Des. .GerichtsSch 1 andersLandsprach. 1490.6Blätter in4».
8. Ordnung des Vischens und Jagens im Gericht Schlanders
und Brobstey Eyrs. 1631. 8 Blätter in 4°.
9. Fischerei-Recht der Gemeinde Latsch. 1742.1 Blatt in 4».
10. Die Recht und Gesätz des Perges und Gerichts Vi 11 anders.
(Nach einer Handschrift zu Trostburg.) 17 Halbbogen in Folio.
11. Die Recht und Gesäz des Bergs und Gerichts Mölten, Särn-
thal, Ritten und Villanders. 22 Bogen in Folio.
12. Die Statuten der Stadt Bozen, auch für die Landgemein,
den Gries und 12 Molgreien. 1476. 1556. 44 Blätter in Folio.
13. Ainer Ehrsamen Gemain und Nachperschaft zu Schleus
Gemain-Puech. 10 Bogen in Folio.
14. Mort’rer Dorffpuech. 1576. 7 Bogen in Folio.
15. Der Gemain Tärtsch Dorfpuech vnd peinliche Recht.
1716. 17 Bogen in Folio.
16. Statut der Leute des Lechthals, der Almsaßen zu Tannheim
und in Allgau. 1416. i/ a Bogen in Folio.
Zum Schlüsse gehe ich wieder ein Verzeichniss der Orte, deren
Weisthiimer uns bekannt sind.
1. Absam.
2. Algund.
3. A Irans.
4. Alfenburg bei Kaltem.
5. Altrasen.
6. Ampass.
7. Angedair.
8. Anget (s. Grimm Hl, 720).
9. Antholz.
10. Arzl in Oberinnthal.
11. Ascliau (Gericht Ehrenberg).
12. Ascliau (Gericht Zell).
13. Axams (s. Grimm III, 725).
14. ßiberwier.
Sitzb. d. phil.-bist. CI. LVI11. Bd. I. Hft.
15. Brandenberg.
16. Büchelbach.
17. Buchenstein.
18. Burgeis.
19. Enneberg.
20. Eyers.
21. Flies.
22. Fügen.
23. Galthür und Ischgl.
24. Gnadenwald.
25. Göflan.
26. Goldrain.
27. Haid.
28. Haimingen.
4
50
Z i n g e r I e
29. Heiterwang.
30. Hoclieppan.
31. Hopfgarten.
32. Hörtenberg.
33. Imst.
34. Ienesien.
35. St. Johann.
36. Kaltem.
37. Kolsass.
38. Kuens.
39. Kufstein.
40. Laas.
41. Laatsch.
42. Laien (Grimm III, 733).
43. Langkampfen.
44. Langtaufers.
45. Latsch.
46. Laudegg.
47. Lechthal.
48. Lengberg.
49. Leukenthal.
50. Lüsen.
51. Mais.
52. Marteil.
53. St. Martin in Passeier.
54. Matsch.
55. Ober-Miemingen.
56. Unter-Miemingen.
57. Michelsburg.
58. Mils.
59. Mölten.
60. Münster.
61. Morters.
62. Nauders.
63. Ötz.
64. Partschins.
65. Passeier.
66. Perfuchs.
67. Pili.
68. Pillersee.
69. Pfunds.
70. Rathfeld bei Rattenberg.
71. Rattenberg.
72. Reutte.
73. Ried.
74. Rietz.
75. Rindermarkt (Lienz).
76. Ritten.
77. Röschen.
78. Sarnthal.
79. Sautens.
80. Schenna.
81. Schlanders.
82. Schleiss.
83. Schlinig.
84. Schluderns.
85. Schnals.
86. Serfaus.
87. Silz.
88- Sonnenburg.
89. Stams.
90. Stans.
91. Stanz.
92. Sterzing.
93. Stilfes.
94. Stumm (Grimm III, 726).
95. Sulden.
96. Tarsch.
97. Tartsch.
98. Telfs.
99. Terfens.
100. Thaur.
101. Thurn an der Gader.
102. Tösens.
103. Truden.
104. Tschengels.
HVful
ü*. Ä .6vl';Asfc
Bericht üb. d. in Tirol i. J. 1867 angestellten Weisthümer-Forschungen.
10I>. Tyrol.
106. Umhausen (Grimm III, 734).
107. Vals und Valtmar, Alm
ordnung.
108. Vezzan.
109. Villanders.
110. Vomp.
111. Weer.
112. Weerberg.
113. Wens.
114. Wiesing.
51
US. Wildermiemingen.
116. Wildscliönau.
117. Zams.
118. Bludenz.
119. Blumeneck.
120. Bregenzerwald.
121. Gaisau.
122. St. Johann Höchst.
123. Lustenau.
124. Montafun.
5»
4
Verzeichnis der eingegangenen Druckschriften.
S3
VERZEICHNIS
DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(JÄNNER 1868.)
Acadömie Impöriale des Sciences de St. Petersbourg: Memoires.
Tome XI, Part 2, u. Tome XII, Part 1. St. Petersbourg,
1867; 8°. (Russisch.)
— — des Sciences, Beiles-Lettres et Arts de Lyon: Mdmoires.
Classe des Sciences: Tome XV e . Lyon etParis, 1865—1866; 4°.
Accademia delle Scienze dell’ Istituto di Bologna: Memorie.
Serie II. Tomo VI, Fase. 4. Bologna, 1867; 4°.
Akademie der Wissenschaften, König!. Preuss., zu Berlin: Monats
bericht. August 1867. Berlin; 8°.
— Koninkl., van Wetenscliappen te Amsterdam: Verslagen en
Mededeelingen. Afdeeling Letterkunde. X. Deel. Amsterdam,
1866; 8°. — Processen-Verbaal. Afd. Natuurkunde. 1866 —
1867; 8°. — Jaarboek. 1866. 8°.
American Journal of Science and Arts. Vol.XLIV, Nrs. 130—132.
New Haven, 1867; 8°.
Bericht des akademischen Lesevereins zu Prag. 1866 —1867.
Prag, 1867; 8«.
Claretta, Barone Gaudenzio, Storia della Reggenza di Christina di
Francia, Duchessa di Savoia. Parte 1“. Torino, 1868; 8». —
Memorie storiche intorno alla vita ed agli studi di Ginn Tom-
maso Terraneo, di Angelo Paolo Carena e di Giuseppe Ver
na z z a. Torino, 1862; 8». — Di Giaveno Coazze e Valgioie,
cenni storiei. Torino, 1859; 8®. — Notizie storiche intorno alla
vita ed ai tempi di Beatrice di Portogallo, Duchessa di Savoia.
Torino, 1863; 8°. — Vita di Maria Francesca Elisabetta di Savoia.
S4
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Nemours, Regina di Portogallo. Torino, 1865; 8». — II Pre
sident Gian Francesco Belle zia Torinese. Torino, 1866; 8°.
Genootscliap, Bataviaasch, van Künsten en Wetenschappen: Ver
handelingen. Deel XXXII. Batavia, 1866; 4«. — Tijdschrift
voor Indische Taal-, Land- en Volhenknnde. Deel XIV, Aflev.
5 & 6: Deel XV, Aflev. 1 — 6; Deel XVI, Aflev. 1. Batavia,
’s Hage, 1864, 1865 & 1866; 8. — Notulen. Deel. II, Aflev.
1—4; 4; Deel III, Aflev. 1—2; Deel IV, Aflev. 1. Batavia.
1864, 1865 & 1866; 8°. — Catalogus der Bibliotheek. Bata
via, ’s Hage, 1864; 8°.
Gerding, Th., Geschichte der Chemie. Leipzig, 1867; 8®.
Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit.
VII. Band: Geschichte der Ästhetik in Deutschland von Her
mann Lotze. München, 1868; 8°.
Gesellschaft, Deutsche morgenländische: Zeitschrift. Supplement
zum XX. Band: Wissenschaftlicher Jahresbericht für 1859
bis 1861. Leipzig, 1868; 8«; XXI. Band, 4. Heft. Leipzig,
1867; 8®.
— der Wissenschaften, zu Leipzig: Abhandlungen der philolog.-
histor. Classe. V. Band, Nr. 3. Leipzig, 1867; 4®. — Berichte
über die Verhandlungen der philolog.-histor. Classe. XVIII. Bd.,
Nr. 4; XIX. Bd., Nr. 1. Leipzig, 1866 und 1867; 8».
— — Oberlausitzische: Neues Lausitzisches Magazin. XLIV. Bd.,
I. Heft. Görlitz, 1867; 8®.
Giessen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1865 —
1867. 4« & 8®.
Haast, Julius, Report on the Headwaters of the River Rikaia. Christ-
cliurch, 1867; kl. Folio.
Halle, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem
Jahre 1867. 4« & 8».
Hamelitz. VII. Jahrgang, Nr. 45 — 49. Odessa, 1867; 4®.
Helsingfors, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften: 1865
& 1866. 4° & 8°.
Istituto, R., Veneto, di Scienze, Lettere et Arti: Memorie. Vol.XIII.
Parte 3. Venezia, 1867: 4». — Atti. Tomo XII, Serie UI",
Disp. 10". Venezia, 1866—1867; 8°.
Keiblinger, Ign. Fr., Geschichte des Benedictiner-Stiftes Melk.
II. Band, 8. & 9. Heft. (Mit Unterstützung der kais. Aka-
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
demie der Wissenschaften in Wien herausgegeben.) Wien,
1807; 8».
Marburg,Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1866 —
1867. 4» & 8».
Mittheilungen der k. k. Central-Commission für Erforschung und
Erhaltung der Baudenkmale. XII. Jahrgang. September —
October. Wien, 1867; 4°.
— aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrgang 1867. XII. Heft-
Gotha; 4».
Piaggia, Giuseppe, Barone di Santa Marina, Nuovi studj sulle
memorie della cittä di Milazzo e nuovi principj di scienza e
pratica utilitä. Palermo, 1866; 4°.
Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de
l’dtranger. V‘ Annee, Nrs. 2— 7. Paris & Bruxelles, 1867 —
1868; 4«.
Schuler-Libloy, Fried., Deutsche Rechtsgeschichte. (2. Auflage.)
Wien, 1868; 8®.
Societe litteraire, scientifique et artistique d’Apt: Annales.
IIP Annee. 1865 — 1866. Apt, 1867; 8°.
Society, The Anthropological, of London: The Anthropological
Review. Nrs. 18 — 19. London. 1867; 8°. — List of Fellows.
1867; 8°. — Catalogue of Books. 1867; 8°.
— the Royal Geographical, of London: Proceedings. Vol. XI,
Nr. 6. London, 1867; 8®.
— the Asiatic, of Bengal: Bibliotlieca Jndica. Old Series.
Nr. 218 — 219; New Series: Nr. 99—109. Calcutta, 1866 &
1867; 8®.
Statistik der Volkswirtschaft in Nieder-Österreich 1855 — 1866.
Herausgegeben von der Handels- und Gewerbekammer in Wien.
II. Band. Wien; 8®.
Upsala, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften 1866 &
1867. 8®, 4» & Folio.
Verein, historischer, für Steiermark: Mittheilungen. XV. Heft.
Graz, 1867; 8®. — Beiträge zur Kunde steiermärk. Geschichts
quellen. 4. Jahrgang. Graz, 1867; 8®.
— für Geschichte der Mark Brandenburg: Chronologisches Register
zu sämmtlichen Bänden des Novus Codex diplomaticus Bran-
56
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
denburgensis. Band I. Berlin, 1867; 4«. — Namensverzeich-
niss zu sämmtlichen Bänden desselben Codex. I. Band. Berlin»
1867; 4o.
Verein, Serbisch-literarischer, zu Belgrad: Serbische Volkslieder
aus Bosnien und der Herzegowina. Belgrad, 1867; 8°.
Weber, A., Über ein Fragment der Bhagavati. II. Theil, 2. & 3.
Abschnitt. (Abhandlungen der K. Preuss. Akademie der Wissen
schaften zu Berlin, 1866.) Berlin, 1867; 4<».
Weinhold, Karl, Bairische Grammatik. Berlin, 1867; 8".
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPIIIS CH-HISTORISCHE C LASSE.
LYIII. BAND. II. HEFT.
JAHRGANG 1868. — FEBRUAR.
Commissionsbericht.
59
SITZUNG VOM 5. FEBRUAR 1868.
Das w. M. Hei'r Dr. August Pfizmaier legt eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung vor: „Reichthum und
Armuth in dem alten China“.
SITZUNG VOM 12. FEBRUAR 1868.
Der Präsident legt namens der historischen Commission eine
für das Archiv bestimmte Abhandlung des Herrn Al. Huber vor,
betitelt: „Das Grab des heil. Rupert“.
Das w. M. Herr Dr. A. v. Meiller legt eine für die Denk
schriften bestimmte Abhandlung vor „ über das von Anselm
Schramb (1702) und Hieronymus Pez (1721) veröffentlichte
Breve Chronicon Austriacum, auctore Conrado Wizzenberg abbate
Mellicense“.
60
Commissionsbericht.
SITZUNG VOM 19. FEBRUAR 1868.
Der Secretär legt vor Herrn Prof. Dr. H. Kiepert’s Rein
zeichnung der Karte, welche der im XV. und XVI. Bande der
Denkschriften enthaltenen Abhandlung des k. k. Generaleonsuls
G. von Hahn: „Reise durch die Gebiete des Drin und Wardar“
beigegeben werden soll.
Das w. M. Herr Archivar Dr. A. v. Meiller setzt den in der
Sitzung vom 12. d. M. begonnenen Vortrag über das Chronicon
Conracli de Wizzenberg fort.
Pfizmaier, Reichthum und Armuth in dem alten China.
61
Reiehthum und Armuth in dem alten China.
Von dem wirkl. Mitgliede Dr. A. Pfizmaier.
Die vorliegende Abhandlung erhält eine Reihe seit den ältesten
Zeiten bis zu dem Hause Sung vorkommender denkwürdiger Bei
spiele von Reichthum und Armuth, wobei nicht allein Begriff und
Ausdehnung, sondern auch die Ursachen der beiden hier genannten
Zustände näher erläutert werden.
Was vorerst den Reichthum betrifft, so wird derselbe allgemein
nach Zehntausenden oder nach Pfunden berechnet. Ein Pfund Goldes
hat nämlich den Werth von zehntausend kleinen Kupfermünzen, was
übrigens nur als eine beiläufige Schätzung zu betrachten ist, indem
zu verschiedenen Zeiten auch eine grössere oder geringere Anzahl
Kupfermünzen einem solchen Werthe entsprach. Seihst in den Fäl
len, in welchen Pfunde wirklichen Goldes erwähnt werden, soll,
nach der Meinung Einiger, ebenfalls nur der entsprechende Kupfer
werth zu verstehen sein.
Die Quellen des Reichthums sind Viehzucht, Ackerbau, Bergbau
und das Schmelzen der Metalle, Kaufhandel, Schenkungen von Seite
des Herrschers, hohe Ämter, glückliche Berechnung, Zufall.
Die Ursachen der Armuth, in so weit dieselben angegeben wer
den, sind: arme Gehurt, ausschliessliche Beschäftigung mit alten
Studien, Freigebigkeit, Uneigennützigkeit, Eigensinn, Unabhängig
keitssinn.
Bei der Armuth lassen sich selbstverständlich mehrere Abstu
fungen erkennen. Die Merkmale der niedrigsten Stufen sind ein ver
nachlässigtes Haus, mangelhafte Kleidung und Nahrung.
Die Begriffe der Armuth stimmen mit den unserigen nicht immer
überein. So gilt derjenige, der keinen Wagen besitzt und zu Fasse
62
P f i j m a i e r
geht, für arm. Ein Armer ist, wer dreissig Morgen Reisfelder und
ein Wohnhaus, oder zehntausend Stücke Kupfermünzen und einhun
dert dreissig Morgen Felder besitzt.
Ein Anhang zu der Abhandlung liefert geschichtliche Angaben
über die der Armuth verwandten Übel: Elend, Kälte, Hunger.
Das Buch der Schang sagt:
Von den fünf Glückseligkeiten heisst die zweite: der Reichthum.
In den Gedichten von Mao heisst es:
Man sehe, auf wessen Haus sich die Raben setzen i).
In der Erwähnung der Gebräuche heisst es:
Der Gelehrte hält Gold und Edelsteine nicht für kostbar, son
dern Redlichkeit und Treue hält er für kostbar. Er fleht nicht um
Land und Erde, er hält die Begründung der Gerechtigkeit für Land
und Erde. Er fleht nicht um viele Vorräthe, er hält die vielen Schrif
ten für Reichthum.
In denselben Erwähnungen der Gebräuche heisst es:
Fragt man nach dem Reichthum des Gebieters eines Reiches,
so zählt man die Länder, indem man antwortet. Es ist dasjenige, was
die Berge und Sümpfe hervorbringen. Fragt man nach dem Reich
thum eines Grossen, so sagt man: Er besitzt das Amt eines Vor
stehers, Einkünfte und Gewalt. Seine Opfergeräthe und seine Kleider
werden nicht ausgeliehen. Fragt man nach dem Reichthum eines
bevorzugten Mannes, so nennt man in der Antwort die Wagen. Fragt
man nach dem Reichthum eines gemeinen Menschen, so zählt man
die Hausthiere, indem man antwortet.
In den Überlieferungen von Tso heisst es:
Der Fürstenoheim Wen-tse von Wei erschien an dem Hofe
und bat, dem Fürsten Ling Geschenke machen zu dürfen. Als er
sich zurückzog, besuchte er den Geschichtsschreiber Thseu und
meldete ihm dies. Der Geschichtsschreiber Thseu sprach: Du ge-
räthst gewiss in Unglück. Du bist reich, der Landesherr ist habsüch
tig, die Schuld wird sich dir anhängen.
Wen-tse sprach: Der Landesherr hat es mir bereits erlaubt.
Wie kann dieses sein?
1 ) Die Raben setzen sich auf das Haus des Reichen..
Reichthum und Armuth in dem alten China.
63
Der Geschichtsschreiber Thseu sprach: Dies schadet nichts.
Wenn du dich als Diener benimmst, kannst du entkommen 4 ). Wer
reich und fähig ist, sich als Diener zu benehmen, entkommt gewiss
dem Unheil. Mo 2) ist hochmüthig, er wird zu Grunde gehen.
In denselben Überlieferungen von Tso heisst es:
Sse-thai von Tsching war reich und übermüthig. Er machte zu
Günstlingen die Grossen des Reiches. Dabei stellte er beständig die
Wagen und die Kleider eines Reichsministers in seiner Vorhalle zur
Schau. Die Menschen von Tsching warfen auf ihn einen Hass und
tödteten ihn.
In dem Sse-ki heisst es:
I-tiin beschäftigte sich mit der Gewinnung des Salzes. Nach
dem das Salz hervorgekommen, wurde ihm gestattet, in den Um
gebungen von Han-tan das Schmelzen der Metalle als ein Geschäft
zu betreiben. Sein Reichthum kam demjenigen der Könige gleich.
Lo von U-schi s ) war ein Viehhirt und Verkäufer im Grossen.
Er verschaffte sich Leinenwaaren und sandte sie durch Zwischen
träger an den König der westlichen Fremdländer. Der König der
westlichen Fremdländer gab ihm dafür das Doppelte des Werthes.
Das Besitzthum Lo’s häufte sich derart, dass er zuletzt durch Thäjer
die Menge seiner Rinder und Pferde bemass. Der Kaiser des Anfangs
aus dem Hause Thsin befahl, dass Lo den belehnten Landesherren
gleichgestellt werde.
Der Vorfahr der Witwe Tsing fand eine Menniggrube, deren
Ertrag er ausschliesslich für sich in Anspruch nahm. Durch mehrere
Geschlechtsalter hatte auch das Haus nichts davon ausgegeben. Die
Witwe Tsing verstand es, sich in ihrem Geschäfte zu behaupten.
Sie schützte sich durch ihr Vermögen und Niemand that ihr etwas
zu Leide. Der Kaiser des Anfangs aus dem Hause Thsin hielt sie
für ein lauteres Weib und behandelte sie wie einen Gast. Er baute
für sie die Erdstufe Niü-hoai-tsing-tai 4 ).
*) Wen-tse hatte sich trotz seines Reichthums ehrerbietig benommen, aber er hatte
sich nicht zu einem Diener erklärt.
2 ) Mo ist der Fürstenoheim Mo, der Sohn Wen-tse’s.
®) U-schi ist der Name eines zu dem Kreise Ngan-ting gehörenden Districtes.
4 ) Niii-hoai-tsing-tai, die Erdstufe „unter den Weibern Tsing im Rusen tragen“.
P f i z m a i e r
Lo war der Eingeborne einer Landstadt und ein Ältester der
Hirten. Tsing war die Witwe eines erschöpften Bezirkes. Die Behand
lung, die ihnen zu Theil ward, war einem Reiche von zehntausend
Wagen zum Trotz, ihr Name ward in der Welt offenkundig. Wie
sollte dies nicht des Reichthums willen geschehen sein?
Dasselbe Sse-ki sagt:
Wo man durch die Armuth nach Reichthum trachtet, ist der
Ackersmann weniger als der Handwerker. Der Handwerker ist weni
ger als der Kaufmann. Buntes Stickwerk verfertigen ist weniger als
an die Thore des Marktes sich lehnen. Dies besagt, dass die letzten
Beschäftigungen die Tauschwaare des Armen sind. Der Reichthum
ist das, was der Mensch gemäss seiner inneren Eigenschaft nicht
lernt, was aber in Gemeinschaft offenkundig ist. Jetzt gibt es Men
schen, die Abgaben und Ehrengehalte nicht in Empfang nehmen, die
in Städte der Lehensstufe nicht eintreten, die aber mit solchen, bei
denen dies der Fall ist, zu vergleichen sind. In dem höchsten Befehle
heisst dies: ein einfaches Lehen.
Das Sse-ki sagt ferner:
Der Vorfahr Tscho-schi’s war ein Eingeborner von Tschao. Der
selbe wurde durch das Schmelzen des Eisens reich. Als Thsin das
Reich Tschao vernichtete, bestimmte man Tschö-schi zur Über
siedlung. Tschö-schi wurde somit gefangen genommen. Er und seine
Gattin schoben auf dem Wege allein einen Handwagen und wandel
ten zu dem Orte der Übersiedelung.
Unter den Gefangenen hatten wenige ein erübrigtes Gut. Sie
wetteiferten, in Begleitung der Angestellten einen nahen Ort zu
suchen. Sie erlangten durch Wahrsagung, dass sie sich in Kia-meng
niederlassen sollen. Bloss Tschö-schi sprach: Dieser Landstrich ist
schmal und unfruchtbar. Ich habe gehört, dass an dem Fusse des
Berges Min, unter den bewässerten Strecken Zehrwurzel wächst.
Bis zu dem Tode leidet man daselbst keinen Hunger. Das Volk und
die Handwerker vertauschen sie auf dem Markte. — Er verlangte
daher, dass man ihn in eine ferne Gegend übersiedeln lasse.
Man brachte ihn nach Lin-ngang, worüber er grosse Freude hatte.
Er hämmerte und schmolz sofort auf den Eisenbergen Metalle und
rechnete in seinen Unternehmungen auf das Volk von Tien und
Scho. Sein Reichthum war zuletzt so gross, dass er tausend Knechte
Reichthum und Armuth in dem alten China. 65
Ijesass. Seine Freude an Feldern, Teichen, am Pfeilschiessen und an
Jagden war derjenigen der Gebieter der Menschen ähnlich.
Tsching-tsching war ein übersiedelter Gefangener aus Schan-
tung. Er schmolz ebenfalls Eisen und trieb unter den Völkern,
welche das Haupthaar in Gestalt einer Mörserkeule flochten, Kauf-
handel. Sein Reichthum kam demjenigen Tschö-sehi’s gleich, und er
wohnte so wie dieser in Lin-ngang.
Das Buch der Han sagt:
Nachdem Ning-tsching gestraft worden, schnitt er sich eine
falsche Beglaubigungsmarke und trat aus dem Gränzpass. Er kehrte
in sein Haus zurück und sprach: Wenn man es im Dienste nicht bis
zu zweitausend Scheffeln bringt, wenn man es im Handel nicht zu
tausendmal Zehntausenden bringt, wie wäre man da mit einem Men
schen zu vergleichen? — Er pachtete jetzt über tausend Joch an den
Dämmen gelegener Felder und lieh sie armen Leuten, wobei er sich
die Dienstleistungen von mehreren tausend Händen verschaffte. Er
hatte ein Erträgniss im Werthe von mehreren tausendmal Zehn
tausenden und trat endlich als Schirmgewaltiger auf.
Dasselbe Buch der Han sagt:
Als Hiao, König von Liang, noch nicht gestorben war, berech
nete man sein Vermögen nach zehntausendmal Zehntausenden, und
es war nicht möglich, alles zu zählen. Als er starb, betrug das übrig
gebliebene gelbe Gold der Lagerhäuser und Versammlungshäuser noch
immer viertausendmal zehntausend Pfund. Die anderen Güter standen
in demselben Verhältnisse.
Das Buch der Han sagt:
Tseliang-ngan-schi war, was seine ehrenvolle Stellung betrifft,
ein Fürst und Lehensfürst. Die Städte, die zu seinem Unterhalte an
gewiesen wurden, enthielten zehntausend Thüren des Volkes. Dessen
ungeachtet kleidete er sich in grobe schwarze Leinwand. Seine
Gemahn wob mit eigener Hand. Die siebenhundert Knechte seines
Hauses besassen Fertigkeiten und verrichteten eine Arbeit. Indem er
sich im Innern mit der Hervorbringung von Gegenständen befasste,
sammelte er das Feine und Unscheinbare haufenweise. Aus diesem
Grunde war er im Stande, seine Waaren zu vervielfältigen, und er
war reicher als der grosse Heerführer Kuang.
Das Buch der Han sagt ferner:
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LVII1. Bd. II. Hft.
s
66
P f i z m a i e r
Wen-kiiin, die Tochter Tschö-schi’s, entlief zu Sse-ma-siang-ju,
und dieser kehrte mit ihr nach Tsching-tu zurück. In dem Hause
standen hloss die vier Wände. Siang-ju begab sicli mit ihr nach Lin-
ngang. Daselbst verkaufte er alle Wagen und Pferde, und liess Wein
auftragen. In dem Einkehrhause erhielt Wen-kiiin die Weisung, in
dem Weinkeller zu verbleiben. Siang-ju legte Gürtel und Hemd an,
und wusch, indem er unter die Taglöliner sich mengte, die Gefässe
auf dem Markte. TschÖ-wang-siin schämte sich dessen. Er verschloss
das Thor und trat nicht heraus.
Die Brüder sprachen zu Wang-sün: Du hattest einen Sohn und
zwei Töchter. Was ihnen mangelte, waren nicht die Güter. Jetzt
hat Wen-kiün bereits ihren Leib an Sse-ma-tschang-king verloren.
Tschang-king ist durch Wanderungen ermüdet. Er ist zwar arm,
allein die Begabung dieses Menschen reicht hin, um sich auf sie ver
lassen zu können. Auch hast du ihn deinen Gast sein lassen. Wie
kannst du ihn auf diese Weise beschämen?
Wang-sün wusste sich nicht anders zu helfen, als dass erWen-
kiün mit hundert Knechten, mit hundertmal zehntausend Kupfer-
stüeken, ferner mit den Kleidern, welche sie zur Zeit ihrer Vermälung
getragen, und mit werthvollen Gegenständen betheilte. Wen-kiün
kehrte wieder mit Siang-ju nach Tsching-tu zurück. Sie kaufte ein
Haus und machte es zum Wohnsitze eines reichen Mannes.
Das Buch der Han sagt :
Der Kaiser hiess Jemanden, der sich auf die Beobachtung der
Menschen verstand, Teng-thung beobachten. Der Mann sprach: Er
wird in Armuth Hungers sterben. — Der Kaiser sprach : Es steht aber
in meiner Macht, Thung zu bereichern. Warum sprichst du von
Armuth? — Hierauf schenkte er Thung den Kupferberg von Yen-tao
in Scho und gestattete ihm, Kupfermünzen zu prägen. Die Kupfer
münzen des Geschlechtes Teng waren in der Welt gangbar, und er
wurde auf diese Weise reich.
Das Buch der Han sagt:
Thsin-yang wurde durch den Feldbau der Erste in der Provinz.
Ung-pe nahm Fett in Tausch und warf den District zu Boden. Das
Geschlecht Tschö verkaufte Dörrfleisch und ritt dadurch in gedräng
ten Reihen. Tschang-li war ein Pferdearzt und schlug dadurch die
Glocke.
Das Buch der Han sagt:
Rcichthum und Armuth in dem alten China.
67
Der Vorfahr des Geschlechtes Jin von Siuen-khio war ein Ange
stellter, der die Scheunen der Wege beaufsichtigte. Als Tlisin ge
schlagen wurde, wetteiferten die Starken und Gewaltigen, sich des
Goldes und der Edelsteine zu bemächtigen. Das Geschlecht Jin allein
verbarg das Getreide der Scheunen in Erdhöhlen. Als Tsu und Han
einander in Yung-yang gegenüberstanden, konnten die Menschen
weder ackern noch säen, und der Scheffel Reis kostete zuletzt zehn
tausend Kupferstücke. Das Gold und die Edelsteine der Starken und
Gewaltigen gelangten vollständig in den Besitz des Geschlechtes Jin.
Das Geschlecht Jin begründete dadurch seinen Reichthum.
Dasselbe Ruch der Han sagt:
Tausend Bäume von Ngan-yi Dattelbäume, tausend Bäume von
Yen und Tlisin Kastanienbäume, die Besitzer derselben stehen mit
den Lehensfürsten von tausend Thüren auf einer Stufe.
Das Buch der Han sagt ferner:
Lieu-te war freigebig und betheilte gerne in grossem Masstahe.
Wenn die Erzeugnisse seines Hauses einem Betrage von mehr als
tausendmal zehntausend Kupferstücken im Werthe gleich kamen,
beschenkte er damit seine Brüder und Gäste.
Das Buch der Han sagt:
Sse-tan erlangte alle Güter seines Vaters. Er selbst bezog
überdies sein Einkommen von der Stadt eines grossen Reiches. Er
wurde mehrmals belohnet und erhielt Geschenke im Gesammtwerthe
von tausend Pfunden Goldes. Seine Knechte und Sclaven waren
hundert an der Zahl. Die Kebsweiber in den rückwärtigen Ge
mächern waren mehrere Zehende. In dem Inneren herrschte Ver
schwendung und Regellosigkeit. Man liebte Speise und Tränk, man
trieb aufs äusserste die Freude an Leckereien, Tönen und Farben.
In dem Buche der Han heisst es:
Tschang-kuang, der Grosse der Mitte, richtete an den Kaiser
ein Schreiben, worin er sagte, dass Wang-schang und sein
Geschlecht Einfluss und Macht besitzen. Sein gesammtes Vermögen
betrage zehntausendmal Zehntausende. Die -zu seinem Hause ge
hörenden Sclaven seien tausend an der Zahl.
Dasselbe Buch der Han sagt:
Kö-hoang wurde in der Eigenschaft eines grossen Hung-liü ver
setzt. Der Kaiser besuchte mehrmals dessen Haus und^schenkte ihm
Gold und Seidenstotfe in grossen Mengen. In der Hauptstadt des
j
68
Pfizmaier
Himmelssohnes nannte man das Haus Hoang’s die Goldgrube. Man
bezeiclinete dadurch dessen Reichthum und Ansehen.
Das Buch der Han sagt:
Puan-tung führte den Jünglingsnamen Kiün-yün. Die Ge
schlechtsalter verstanden den Ackerbau und befassten sich mit der
Vervielfältigung der Waaren. Er war von Gemüthsart freundlich und
von grosser Rechtlichkeit. Drei Geschlechtsalter versorgten ihn mit
Gütern. Die Söhne und Enkel bezeugten ihm am Morgen und am
Abend den Gebräuchen gemäss Ehrerbietung und betrachteten ihn
dabei immer als Vater. Von seinen Einrichtungen und den Gegen
ständen der Hervorbringung wurde nichts aufgegeben. Von den
Knechten, die zu Dienstleistungen bestimmt wurden, fand ein Jeder
eine angemessene Beschäftigung. Desswegen konnte er nach oben
und unten seine Kraft entfalten und seine Güter und Erträgnisse ver
doppelten sich alljährlich.
Zuletzt erweiterte er seine Felder bis zu einem Umfange von
mehr als dreihundert Joch. Die Hütten und Häuser, welche er auf
führte, besassen doppelte Hallen und hohe Söller. Die Canäle an den
Dämmen wurden abgeleitet. In den Teichen gab es Fische, für die
Hausthiere hatte er Hirten. Wenn Jemand etwas begehrte, wurde
es ihm zuverlässig gewährt. Sein Vermögen betrug zuletzt zelin-
tausendmal Zehntausende, und er beschenkte davon die Verwandten
seines Hauses. Seine Wohlthaten erstreckten sich auch auf seinen
Bezirk und seine Gasse.
Das Buch der Han sagt:
Zu den Zeiten des Kaisers Siuen war Yin-tse-fang von grösster
Elternliebe erfüllt, und besass Menschlichkeit und Wohlwollen. Am
frühen Morgen eines Schalttages kochte er Speise, als ihm der Gott
des Heerdes erschien. Tse-fang verbeugte sich zweimal und empfing
von ihm den Segen. In seinem Hause hatte er ein gelbes Schaf, das
er ihm opferte. Nach dieser Zeit gelangte er plötzlich zu grossem
Reichthum. Er besass über siebenhundert Joch Felder. Sein Wagen
und Pferde, Knechte und Diener waren mit denjenigen der belehnten
Landesfürsten zu vergleichen.
Tse-fang pflegte zu sagen: Meine Söhne und Enkel werden ge
wiss mächtig und gross sein. — Als man erkannte, dass es drei
Geschlechtsalter seien, erfolgte sofort Aufblühen und Glanz. Dess
wegen hatte man später die Gewohnheit, an einem Schalttage dem
Reichthum und Armuth in dem alten China. 69
Heerde zu opfern und sich dabei eines gelben Schafes zu be
dienen.
Das Buch der späteren Han von Sie-sching sagt:
Tai-tsün führte den Jünglingsnamen Tse-kao. Derselbe warreich
an Gütern und Erzeugnissen. Er schätzte die Güter gering und liebte
die Gerechtigkeit. Seine Gäste waren immer drei- bis vierhundert an
der Zahl. Die Zeitgenossen nannten ihn Tai-tse-kao, den grossen
Gewaltigen im Osten des Gränzpasses.
Das Buch der Sung sagt:
Tschin-yeu war in seiner Jugend arm. Als er zu Ansehen ge
langte, befand er sich in King-tscheu. Sein Reichthum war dem
jenigen der Könige und Lehensfürsten ähnlich. Seine sämmtlichen
Säle waren in der Nacht mit Kerzen erleuchtet. Mehrere Hunderte
seiner Leute trugen Perlen und Edelsteine, was bei gleichzeitigem
Erscheinen überaus prachtvoll war.
In den Worten der Häuser wird gesagt:
Ngai, Fürst von Lu, fragte Khung-tse um die Lenkung.
Khung-tse antwortete: Hat man mit der Lenkung Eile, so ist nichts
wichtiger, als man bewirkt, dass das Volk reich ist und auch das
lange Leben besitzt.
Der Fürst sprach: Wie soll ich dieses anstellen?
Khung-tse sprach: Wenn man die Dienstleistungen vermindert,
die Abgaben verringert, so ist das Volk reich.
Der Fürst sprach: Ich möchte thun, was du, o Meister, sagst,
allein ich fürchte, dass mein Reich verarmen wird.
Khung-tse sprach: In dem Gedichte heisst es: Freudig ist der
Gebieter, er ist des Volkes Vater und Mutter. — Es ist noch nicht
vorgekommen, dass der Sohn reich, aber Vater und Mutter arm ge
wesen wären.
In denselben Worten der Häuser wird gesagt:
King-schÖ von dem südlichen Palaste war reich. Er machte sich
gegen den Fürsten Ting eines Verbrechens schuldig und floh nach
Wei. Nach einem Jahre bat der Lehensfürst von Wei, ihn zurück
bringen zu dürfen. Jener lud seine Kostbarkeiten auf Wagen und
erschien an dem Hofe.
Der Meister hörte dies und sprach: Reich sein und nicht die
Gebräuche lieben, ist das Verderben. King-schö hat hierdurch seine
70
Pfizmaier
Rangstufe verloren, aber er will sich noch immer nicht bessern. Ich
fürchte, das ihm Unglück widerfahren wird.
King-schö hörte dieses und eilte zu Klumg-tse. Dann erst ge
nügte er den Gebräuchen und liess sich belehren.
In den Worten der Häuser wird noch gesagt:
Ist man reich und vornehm und erniedrigt sich vor den Men
schen, welche Menschen sind dann nicht anhänglich? Ist man reich
und vornehm und ehrt die Menschen, welche Menschen sind dann
nicht freundschaftlich?
In den Worten der Reiche heisst es:
Teu-tsiü sprach: Einst bekleidete Teu-tse-wan dreimal die
Stelle eines Ling-ytin, aber er besass nicht die Ersparnisse eines
Tages. Es ist deswegen, weil er sich um das Volk kümmerte. So oft
der König den Gehalt Tse-wen’s verabfolgte, war es gewiss, dass
dieser entlief. Wenn der König davon abliess, kam er zurück.
Die Menschen sagten zu Tse-wen: Die Menschenkinder trachten nach
Reichthum, du aber entläufst ihm. Warum ist dieses?
Er antwortete: Indem man sich zu der Lenkung gesellt, schirmt
man das Volk. Das Volk ist häufig erschöpft. Wenn ich mich aber
der Reichthümer bemächtigen wollte, so würde ich nicht für Volk
sorgen und mir dies zu Gute kommen lassen. Ich würde sterben in
nicht fernen Tagen. Ich entlaufe dem Tode, ich entlaufe nicht den
Reichthümern.
In den Erörterungen über Salz und Eisen von Hoan-kuan
heisst es:
In der alten Zeit trank man aus schmutzigen Zubern und hölzer
nen Schalen, denn es gab weder Kelche noch Trinkbecher. In der
gegenwärtigen Zeit besitzen die Reichen silberne Schwerter, Zuber
mit gehäuften gelben Ohren und Thürklinken aus Edelsteinen.
In denselben Erörterungen wird gesagt:
Tscho-ki in Yen, Han-tan in Tscliao, Wen-tschi in Wei, Yung-
yang in Han, Lin-thse in Tsi, Yuen-tschin inTsu, Yang-tln inTsching
sind hinsichtlich des Reichthums die Ersten innerhalb der Meere. Es
sind berühmte Hauptstädte der Welt.
In den Erörterungen über die Vorbilder des Kaisers Wen von
Wei heisst es:
Ko-tsching von Lö-yang war im Besitze von Gütern im Werthe
von zehntausendmai Hunderttausenden. In jedem heissen Sommer
Reichthum und Armutli in dem alten China.
71
lud er Gäste ein. Seine Aufwärter und Sclavinnen, mehrere tausende
an der Zahl, waren reich geschmückt und trugen Seidenflor. Er Hess
sie Wein darreichen.
In der Geschichte Lieu-l-king’s wird gesagt:
Wang-wu-tse verlegte sein Wohnhaus an den Fuss des nörd
lichen Berges Mang. Bei den Zeitgenossen gelangte er durch , seine
vielen Ländereien zu Ansehen. Er liebte Pferderennen und Pfeil
schiessen. Er kaufte ein Stück Land und baute eine Rennbahn.
Indem er Kupfermünzen zusammenheftete und sie auf der Erde aus-
hreitete, zog er die Gränzen der Rennbahn. Die Zeitgenossen nannten
sie: die metallene Rennbahn.
Das Verzeichniss des Dunklen und des Deutlichen sagt:
Das Haus Tschin-tsungs’s, eines Eingebornen von Yü-hang, war
gänzlich arm. Er ging mit seinem Vater in das Gebirge und fand da
selbst ein Ferkel von weissem Edelstein. Seitdem war alles, wohin
er sich wandte, nach seinem Wunsche. Er hatte Ausbeute bei Feld
bau und Seidenraupenzucht. Sein Haus wurde sofort reich.
Dasselbe Verzeichniss des Dunklen und des Deutlichen sagt:
Hoang-tsin, ein Eingeborner von Hai-ling, lebte früher in seinem
Hause einfach und in Armuth. Bei Sturm und Regen flogen immer
zerstreute Kupfermünzen bis zu seinem Hause. Die Kupfermünzen
stiessen im Kommen an grosse Bambusschüsseln, die er an sich zog.
Was unrecht fiel und sich an den übrigen Orten befand, las er auf
und setzte sich in den Besitz desselben. Tsin wurde sehr reich. Es
waren zuletzt mehrere tausendmal zehntausend Kupfermünzen.
Der Garten des Wunderbaren sagt:
O-thang-tschü von Tsin-ling-khiö besass ein Vermögen von
mehreren tausend Zehntausenden. Die Menschen der drei U nahmen
häufig von ihm Geldwerthe und trieben Handel. Indem sie so
ihren Unterhalt erwarben, erlangten sie unversehens das Doppelte
des Geldwerthes. Andere reisten nach Tschang-kiang. Da erhoben
sich plötzlich Orkane und es erfolgten Überfälle von Räubern. Wenn
man die Kupfermünzen wegwarf, entkam man vielen Dingen oder
brachte sie zu Stande.
Nach dem Tode Tschö's wurde alles Metall, das er früher ver
graben hatte, fortgeschafft. Ein Nachbar stand einst am frü
hen Morgen auf und erblickte vor dem Thore plötzlich einen Betrag
von ungefähr hundertmal zehntausend Kupfermünzen. Er war ver-
72
Pfizmaier
siegelt und trug als Aufschrift den Geschlechts- und Jünglingsnamen
Thang-tscliö’s. Jetzt erst erkannte man, dass das Anwachsen und
die Zerstreuung seiner Güter in einer Fügung des Himmels begrün
det sein musste.
In demselben Garten des Wunderbaren wird gesagt:
Auf dem Hausgrunde Tschang-Yung’s befand sich eine Quelle,
welche aus dem Aufenthaltsorte eines kleinen Drachen hervorkam.
Seitdem führte er sofort das Haus eines Reichen. Nach dem Verlauf
von Jahren sprang der Drache bei Gelegenheit eines Regens in die
Höhe und entfernte sich. Bei dem Vermögen, welches jetzt erwor
ben wurde, reichte der Tag zur Übermittlung desselben nicht hin.
Man pflegte daher zu sagen: Man wohnt gemeinschaftlich mit einem
Drachen und kennt nicht das Rild des Drachengottes.
Der Garten der Gespräche sagt:
Der König von Tsu stellte an Tschuang-sin die Frage: wie ver
hält es sich mit den Reichthümern des weisen Herrschers?
Jener antwortete: Die Reichthümer des weisen Herrschers
werden dem Menschen geliehen, man kauft sie nicht. Sie verschaffen
den Menschen Speise und Trank, man hat keinen Vortheil, keine
Dienstleistungen. Die Nahen und Verwandten lieben ihn, die Ver
brecher halten ihn für gerecht, die Entarteten dienen ihm. Sie alle
wünschen sein langes Leben und freuen sieb, wenn er durch Un
glück keinen Schaden erleidet. Dies sind die Reichthümer des wei
sen Herrschers.
In den Wagebalken der Erörterungen wird gesagt:
Wang-tse-yiin verfertigte die Worte der Vorschriften. Ein rei
cher Kaufmann von Scho gab zehnmal hunderttausend Kupferstücke
und wollte dies in die Bücher eintragen lassen. Tse-yün mochte die
ses nicht thun, und sprach: Reichtlnim ohne Menschlichkeit und Ge
rechtigkeit ist gleichsam ein Schaf in der Mitte der Hürde. Wie
kann man dies vergeblicher Weise eintragen?
In der Erzählung des Auflesens des Hinterlassenen von Wang-
tse-nien heisst es:
Kö-lioang besass ein Vermögen von mehreren hunderttausend
Pfunden. In seiner Vorhalle führte er hohe Verschlüge auf und
legte Wagebalken und Gewichte darüber. Er wog und mass auf diese
Weise Perlen und Edelsteine. Man nannte dies: die Küche der Koral
len, die Höhle der Metalle.
Reichtlium und Armuth in dem alten China.
73
Die von Tschang-yuen verfasste Geschichte von Kuang-tscheu
sagt:
Die Töchter der Gewaltigen und Reichen verfertigen grosse
Haarnadeln aus Gold und Silber. Man nimmt sie aus einer Trommel
von ebenmässigem Kupfer und übergibt sie der Besitzerin. Man be
legt sie mit dem Namen: die Haarnadeln der Kupfertrommel.
In den vermischten Erzählungen der Mutterstadt des Westens
heisst es:
Yuen-kuang-han, ein reicher Mann von Meu-ling, hatte einen
Yorrath von zehntausendmal hunderttausend Kupfermünzen in
Schnüren. Sein Haus besass acht bis neunhundert Knechte. An dem
Fusse des Berges Mang liess er einen Garten anlegen, der von Osten
nach Westen vier Weglängen, von Süden nach Norden fünf Weglän
gen mass. In Entfernungen von hundert Schritten befanden sich ein
gedämmte Rinnen, durch welche sich Wasser in das Innere ergoss.
Indem man Steine zusammenfügte, bildete man Berge, deren Höhe
über zehn Klafter betrug und die sich auf einer Strecke von mehreren
Weglängen neben einander hinzogen. Man hielt daselbst weisse Pa
pageien, purpurne Wildenten, Rinder mit Fahnenschweifen, grüne
Büffel, merkwürdige Vögel, wunderbare wilde Thiere, die in den
Zwischenräumen zusammengestellt waren.
In der Geschichte des Erddammes der Kupfermünzen von Lieu-
tao-tschin wird gesagt:
Der das Meer abhaltende Erddamm ist von der Stadt eine Weg
länge entfernt. In der Provinz beratschlagte man sich. Tsao-hoa-sin
war reich, und derselbe haute diesen Erddamm, um das Wasser des
Meeres ahzuhalten. Als man mit dem Bau begann, erliess man eine
Aufforderung, indem man sagte, dass man Jedem, der einen Scheffel
Erde zur Stelle schaffen würde, sofort einen Ganting Kupfermünzen
geben wolle. Binnen zehn Tagen hatten sich die Herbeigekommenen
gleich Wolken gesammelt. Als der Erddamm noch unvollendet war,
verkündete man verstellter Weise, dass man nichts mehr annehmen
werde. Alle legten die Erde nieder und entfernten sich. Der Erd
damm wurde hierdurch vollendet. Man veränderte hierauf dessen
Namen und nannte ihn den Erddamm der Kupfermünzen.
ln der Geschichte des Berges Lo-feu heisst es:
Die tiefen Höhlen des Flusses Nieu-tan sind grundlos. An der
nördlichen Uferbank befindet sich ein Felsen, der ungefähr drei
74
P f i z m a i e r
Klafter im Umfange hat. Die Fischer sehen daselbst ein goldenes
Rind, das aus dem Wasser hervorkommt und sich um diesen Felsen
windet. Tscheu-ling-pu von I-hing sah einst dieses Rind auf dem
Felsen schlafend liegen. Ihm zur Seite befand sich eine goldene Kette
gleich einem Stricke. Tscheu-pu war kühn und muthig. Er ging
hin, verdeckte dieses Rind und hieb die Kette ab. Er erlangte davon
zwei Klafter. Sofort war er durch Güter ausgezeichnet.
In den Erwähnungen des Suchens der Götter heisst es :
Tschang-khiü aus der Provinz Wei war ursprünglich reich.
Plötzlich starb er und der Reichthum verschwand. Man verkaufte das
Haus an Tsching-ying. Die ganze Familie erkrankte schwer. Man
verkaufte es an Ho-wen. Wen war früher allein mit einem grossen
Messer in der Hand in die nördliche Halle getreten. Auf der Drücke
sah er um die Zeit der ersten Nachtwache einen Menschen, der über
eine Klafter mass. Derselbe trug eine hohe Mütze und ein rothes
Kopftuch. Er rief: Dünne Lende! — Die „dünne Lende“ gab
Antwort.
— Warum ist hier die Luft eines Menschen?
Er antwortete, dass Niemand da sei. Jener entfernte sieh sofort.
Wen ging zu dem Orte, wo man sich dem Rufe zugewendet
hatte. Dabei fragte er: Wer ist derjenige mit rother Kleidung und
Mütze, dem du dich zugewendet hast?
Er antwortete: Es ist das Gold. Es befindet sich unter der
westlichen Mauer des Hauses.
Er fragte: Wer bist du, o Gebieter?
Jener antwortete: Ich bin eine Mörserkeule. Ich befinde mich
jetzt unter dem Herde.
Wen grub die Stelle auf und fand dreihundert Pfund Goldes.
Er verbrannte die Mörserkeule und gelangte dadurch zu grossem
Reichthum. Das Haus ward rein und ruhig.
In denselben Erwähnungen des Suchens der Götter wird gesagt:
In dem Zeiträume Yuen-khang (60 bis 62 v. Chr.) hörte man
in dem Hause Yao-hoai’ s, District Liü, plötzlich aus einem Teiche
die Stimmen von Hunden. Als man nachsah, fand man zwei junge
Hunde, ein Männchen und ein Weibchen. Die Ältesten und die Greise
sagten: Diese heissen mit Namen: Nashornhunde. Wer sie findet,
wird reich.
Reicbthum und Armuth in dem alten China.
7S
In (len Erwähnungen des Suchens der Götter heisst es ferner:
Tscheu-kien-si war arm und liebte die Wege des Gesetzes. Er
und sein Weib lagen in der Nacbt von der Feldarbeit ermüdet. Da
träumte ihm, dass der Fürst des Himmels herüber kam und ihn be
dauerte. Während er ihn ermahnte, war ausserdem Jemand, der die
Gaben verleihen sollte. Der Vorsteher der Einkünfte fasste einen
Beschluss und sprach : Über diesen Zeitpunkt hinaus dürfen diese
beiden Menschen nicht arm sein. Tsche-tsche-tse soll ihn mit tau
sendmal zehntausend Kupferstücken beschenken. Tsche-tse ist aber
noch nicht geboren. Ich bitte, sie ihm leihen zu dürfen.
Der Fürst sprach: Es ist gut. — Mit Tagesanbruch erwachte
er und erzählte dieses.
Mann und Weib strengten jetzt ihre Kraft an und sorgten Tag
und Nacht für ihren Lebensunterhalt. Indem sie dies tliaten, er
langten sie ein Vermögen bis zu einer Höhe von tausend Zehntau
senden.
In früherer Zeit war ein Weib, das regelmässig zu Kien-si ging
und als Taglöhnerin in den Feldhütten arbeitete. Dieselbe war schwan
ger. Im hochschwangeren Zustande ausgeschickt, gebar sie unter
dem Dache eines stillstehenden Wagens ein Kind. Ihr Herr begab
sich dabin, um es zu sehen. Er bedauerte es, weil es verlassen war
und Kälte litt. Er bereitete Reisbrei und nährte es.
Er fragte: Welchen Namen soll man deinem Kinde geben?
Das Weib sprach: Es wurde unter einem Wagen geboren. Mir
träumte, dass der Himmel zu ihm sagte: Dein Name ist Tsche-tse
(der Sohn des Wagens).
Kien-si besann sich jetzt und sprach: Mir träumte einst, dass
ich von dem Himmel Kupferstücke eintauschte. Ausserdem sagte mir
Jemand, dass er mir die Kupferstücke Tschang-tsche-tse’s leihe. Es
ist gewiss dieser Sohn. Die Güter müssen an ihn zurückfallen.
Seit dieser Zeit schwand sein Vermögen täglich und verrin
gerte sich. Als Tsche-tse erwachsen war, besass er grössere Reicli-
thiimer als das H;ius Tscheu’s.
In denselben Erwähnungen des Suchens der Götter heisst es:
In der Mutterstadt Tschang-ngan lebte ein Mann von dem Ge-
schlecbteTschang. Derselbe weilte allein in dem Hause, als eine Taube
von aussen in das Haus flog und sich auf dem gegenüberstehenden
Bette niederliess. Dem Manne von dem Geschleclite Tschang war
76
Pfizmaier
dies zuwider. Er öffnete den Busen und sprach die beschwörenden
Worte: Ist es mein Unglück, so fliege auf die Staubschüssel. Ist es
mein Glück, so fliege in meinen Busen. — Die Taube flog in seinen
Busen. Als er sie mit der Hand suchte, wusste er nicht, wo die
Taube hingekommen war, und er fand ein goldenes Gürtelschloss.
Er betrachtete dies sofort als eine Kostbarkeit.
Nach dieser Zeit lebten seine Söhne und Enkel in Glanz und
Überfluss, und ihre Güter vermehrten sich um das Zehntausendfache.
Im Westen des Grenzpasses gab man daher dem Geschlechte Tschang
den Namen: das überlieferte Gürtelschloss.
In den Erwähnungen des Suchens der Götter heisst es ferner:
Kuan-mi-kiao von Ho-kien wohnte an der nördlichen Uferbank
des Flusses Lin. Er befasste sich mit Feldhau und Kaufhandel. Was
er unternahm, gelang ihm nach Wunsch. Einst belud er zwei Dop-
pelschiffe mit Reis und Hess sie abwärts nach der Hauptstadt fahren.
Während die Ausfuhr des Getreides im Zuge war, sah er plötzlich
in dem Hause ein Thier. Dasselbe hatte in seiner Gestalt Ähnlichkeit
mit einem Krokodil, war jedoch grösser. Als der Zug zurückkehrte,
hatte er unversehens grossen Gewinn. Auf diese Weise gelangte sein
ganzes Haus bald zu ungeheuren Reichtlnimern. Durch zwanzig
Jahre war er immer im Besitze von zehntausend Scheffeln Reis.
In den fortgesetzten Erwähnungen des Suchens der Götter
wird gesagt:
Si-hoang, ein Eingeborner von Pa-khieu in Lu-ling, beschäftigte
sich nach dem Beispiele seiner Vorgänger mit Feldbau. Die Felder,
die er in einem Jahre bebaute, waren immer im Ausmasse von meh
reren Zehenden von Morgen. Sein Haus gelangte dadurch allmählich
zu Reichthum. Im Anfänge des Zeitraumes Tai-yuen von Tsin (376
bis 396 n. Chr.) war dasjenige, was er im Herbst einheimste, mehr
als das Gemähte. Wenn alles vorüber war und man am nächsten Mor
gen auf die Felder kam, stand alles Getreide wieder voll und dicht
wie vorher. Man schnitt es sofort von Neuem. Auf diese Weise ge
langte er zu ungeheurem Reichthum.
In den Überlieferungen von charakterfesten Frauen wird gesagt:
Die Gattin Tao-tä-tse’s ist die Gattin Tä-tse's, eines Grossen
von Tao. Tä-tse verwaltete Tao. Durch drei Jahre wurde die Ehre
seines Namens nicht erhöht, aber der Reichthum seines Hauses ver
mehrte sich um das Dreifache. Seine Gattin machte ihm öfters Vor-
Reichthum und Armuth in dem alten China.
77
Stellungen. Tä-tse zürnte und sprach: Dies ist etwas, das du nicht
verstehst.
Nach fünf Jahren hatte er in seinem Gefolge hundert Wagen.
Die Stammverwandten, welche bei ihm der Ruhe pflegten, zogen an
Stricken Rinder, stellten Wein auf und beglückwünschten ihn. Seine
Gattin nahm ihr Kind in die Arme und weinte. Die Schwiegermutter
zürnte hierüber und hielt es für unglückbringend.
Das Weib sprach: Die Fähigkeiten des Gebieters sind gering,
aber sein Amt ist ein bedeutendes. Dies nennt man: sich um den
Schaden winden. Er besitzt keine Verdienste, aber sein Haus ist von
Glanz erfüllt. Dies nennt man: das Verderben anhäufen. Einst ver
waltete der Ling-yün von Tsu das Reich. Sein Haus war arm, aber
das Land war reich. Der Landesfürst ehrte ihn, die Menschen des
Volkes trugen ihn auf den Häuptern. Deswegen knüpften sich Glück
und Wohlstand an seine Söhne und Enkel, sein Name gelangte herab
zu den nachfolgenden Geschlechtsaltern.
Jetzt ist der Gebieter begierig nach Reichtlnimern. Er strebt
nach Grossem und nimmt nicht Rücksicht auf den späteren Schaden.
Ich habe gehört, dass es auf den Bergen des Südens Leoparden gibt.
Bei Nebel und Regen steigen sie durch sieben Tage nicht hernieder,
um Nahrung zu nehmen. Was ist davon die Ursache? Ihr Gemiith
ist satt, ihr Bauch ist hungrig. Es wird ihr Wunsch sein, ihr Pelz
kleid glänzend zu erhalten und ihren buntfarbigen Schmuck zu Wege
zu bringen. Die Schweine wählen nicht ihr Futter und mästen ihren
Leib. Sie werden schuldig befunden und warten auf den Tod. Jetzt
verwaltet der Gebieter das Land Tao. Sein Haus wird täglich reicher,
aber das Land wird täglich ärmer. Der Landesfürst ehrt ihn nicht,
die Menschen tragen ihn nicht auf ihren Häuptern. Dass der Gebieter
in Unglück gerathen wird, ist gewiss. Ich bitte, mich entfernen zu
dürfen. Ich will mit meinem kleinen Sohne zugleich entkommen.
Demgemäss verliess sie ihn sofort und trat aus dem Hause. Nach
einem Jahre wurde über das Haus Tä-tse’s wirklich wegen Diebstahls
die Hinrichtung verhängt. Seine Mutter wurde mit Rücksicht auf ihr
Alter begnadigt. Das Weib kehrte jetzt mit ihrem kleinen Sohne zu
rück. Sie ernährte die Schwiegermutter, bis diese eines natürlichen _
Todes starb.
In den merkwürdigen Überlieferungen der Verzeichnisse (lö-i-
tschuen) wird gesagt:
78
P f i z m a i e r
Einst fuhr Ngeu-ming, ein Sohn der Stadt Lu-ling, auf dem
Wege der gastenden Kaufleute über den See von Peng-schl. Er warf
jedesmal alles, was er in dem Schiffe besass, ob es viel oder wenig
war, in den See, indem er sagte, dass er ihm dadurch seine Ehr
furcht bezeige.
Als er dies durch mehrere Jahre gethan hatte und er dann
hinüber fuhr, sah er, dass mitten in dem See sich ein grosser Weg
befand. Auf dem Wege war viel Wind und Staub. Mehrere Ange
stellte waren auf Wagen und Pferden herbeigekommen und warteten.
Sie sagten, der Gebieter der grünen Fluth heisse sie eine Begegnung
veranstalten. Ming wusste, dass dies ein Gott sei, allein er getraute
sich nicht, den Gang zu unterlassen. Ihm war sehr bange, und er
fragte die Angestellten, indem er fürchtete, nicht mehr zurüekkehren
zu können. Die Angestellten sprachen: Dir braucht nicht hange zu
sein. Wegen der Artigkeiten, die du ihm in früherer und in späterer
Zeit erwiesen, muss der Gebieter der grünen Fluth dir auf ausge
zeichnete Weise begegnen. Von all’ den Dingen, die er dir anbieten
wird, mögest du nichts zusammenlesen. Begehre bloss Ju-yuen und
entferne dich.
Man bot ihm wirklich ein Geschenk von bunten Seidenstoffen.
Ming verweigerte die Annahme und begehrte Ju-yuen. Der Gott wun
derte sich sehr, dass Ming sie kannte, und zeigte grosses Leid
wesen. Er konnte nicht umhin, Ju-yuen zu rufen. Er hiess sie Ming
folgen und sich entfernen. Ju-yuen (nach Wunsch) war die Sclavin
der grünen Fluth, und der Gott hatte sie immer beauftragt, Gegen
stände zu holen.
Ming nahm Ju-yuen und kehrte zurück. Alles, was er wünschte,
erlangte er ohne Umstände. Nach einigen Jahren war er ein sehr
reicher Mann geworden. Sein Gemüth wurde jedoch allmälig stolz,
und er liebte Ju-yuen nicht mehr.
Einst am Morgen des neuen Jahres, als der Hahn einmal ge
kräht hatte, rief er Ju-yuen. Ju-yuen stand nicht auf. Ming wurde
sehr zornig und wollte sie schlagen. Ju-yuen entlief und Ming verfolgte
sie bis auf den Mist. Auf dem Mist befand sich das an dem vorher-
. gegangenen Tage zusammengekehrte Reisig des alten Jahres. Ju-
yuen konnte durch dasselbe sich entfernen. Ming wusste dieses nicht
und glaubte, dass die Entlaufene sich in dem aus gehäuftem Reisig
gebildeten Mist befinde. Er schlug mit dem Stocke darauf, damit sie
Reichthum und Armuth in dem alten China.
79
herausgelle. Als nach längerer Zeit Niemand herauskam, erkannte
er, dass er nichts ausriehten werde. Er sprach daher: Du hast mich
nur reich gemacht, ich werde dich nicht mehr schlagen.
In dem gegenwärtigen Zeitalter gehen die Menschen an dem
Morgen des neuen Jahres, zur Zeit des Hahnenrufes im Kreise umher
und schlagen den Mist mit Stöcken. Sie sagen, dass dies den Menschen
reich macht.
In dem Durchdringen der Gewohnheiten (Fung-sö-thung) wird
gesagt:
Pang-kien aus Ping-yin in Ho-nan war ursprünglich ein Einge-
horner von Nie in der Provinz Wei. In einem Zeitalter der Bedräng-
niss verlor er seinen Vater. Kien war damals drei Jahre alt, seine jün
geren Geschwister befanden sich kaum in den Wickelbändern und
auf den Armen. Die Familie zog weiter und Alle lebten als Gäste in
Lu-li. Daselbst gruben sie einen Brunnen und fanden mehr als tau
sendmal zehntausend Kupferstücke. In Folge dessen wurden sie
reich.
Kien bekleidete das Amt eines Angestellten des Kreises und er
selbst machte sich mit den Geschäften des Hauses vertraut. Er ging
und suchte einen alten Diener, dem er sein Zutrauen schenken und
dem er Aufträge ertheilen könne. Derjenige, den er fand, war über
sechzig Jahre alt und sein Preis waren zweimal zehntausend Kupfer
stücke, Er hiess ihn die Rinder, die Pferde und den Feldbau beauf
sichtigen.
Einst war in dem Hause aus Anlass einer Hochzeit grosse Gesell
schaft. Die Mutter befand sich oben in der Halle. Als man sich des
Weines freute, wurde Musik aufgeführt, man sang und lachte. Der
Sclave befand sich an dem Fusse des Herdes und war für die
Küche behilflich. Er sagte verstohlen: Die Mutter oben in der Halle
ist mein Weib. — Die Fröhlichkeit der Gäste hatte ein Ende. Die
Sclavinnen wechselten Worte und erklärten nach der Reihe, dass der
alte Sclave von Sinnen sei und unbegründete Dinge rede. Was er
sage, dürfe nicht als Richtschnur dienen. Man möge genau ausfor
schen, welehe Bewandtniss es damit habe.
Dis Mutter gebot den Sclavinnen, eine Prüfung anzustellen und
nach den Thatsachen zu fragen. Der Sclave sprach: Als unser Haus
sich in Nie befand, wohnten wir in der Strasse Fu-lö, westlich von
Yuen. Mein Weib ist von dem Geschlechte Ngai. Der Mädchenname
80
P f i z m n i e r
meiner Tochter ist O-hang. Der Jünglingsname meines grossen
Kindes ist O-I. Derjenige meines kleinen Kindes ist Yue-tse. Ieh
war damals ein Angestellter des Districts und wurde von Leuten ge
raubt und verkauft. O-hang hat unter ihrem rechten Fusse einen
schwarzen Fleck, unter ihrer rechten grossen Zehe hat sie ein rothes
Merkmal gleich einem halben Kamme.
Die Mutter sprach: Es ist euer Vater. —Dabei stieg sie von der
Halle herab und stand ihm gegenüber. Die Kinder und das Weib
weinten. Sie sprach: Es war früher euer Vater. — Nachdem sie sich
verbeugt, wusch er sich sofort, und sein Leib wurde in Kleider ge
hüllt. Hierauf waren beide Mann und Weib wie vorher.
Die Zeitgenossen sagten von ihnen: Die Familie Pang von Lu-li
grub einen Brunnen und fand Kupfer. Sie kaufte einen Sclaven und
fand einen Vater. — Die Söhne und Enkel schämten sich dessen. Sie
sagten: Unsere Vorfahren, welche anfänglich in Lu-li wohnten, sind
zwei Brüder. Das Haus kaufte bloss einen Sclaven und fand einen
Vater.
In den Gesprächen des Zeitalters heisst es:
Kaiser Wu kam einst zu dem Hause Wang-wu-tse’s herab. Für
die Speisen, welche Wu-tse darreichen Hess, bediente man sich
keiner Schüsseln, man gebrauchte durchaus Gefässe von Glas. Die
Sclavinnen waren über hundert an der Zahl. Dieselben waren in
Seidenflor gehüllt, trugen Reitkleider und hohen mit den Händen
Speisen und Getränke empor. Das gedünstete Dörrfleisch war fetter
und schöner als die gewöhnlichen feinen Gerichte. Kaiser Wu wun
derte sich darüber und fragte, auf welche Weise man dieses erlange.
Man sagte, dass man den Thieren Menschenmilch zu trinken gebe.
Kaiser Wu zeigte in seiner Miene grosses Unbehagen. Er hatte noch
nicht alle Speise und den Trank zu sich genommen, als er sich
entfernte.
In denselben Gesprächen das Zeitalters wird gesagt:
Wang-kiün-fu umstellte die Kessel mit Reiszucker. Scln-ki-lün
kochte mit Wachs. Kiün-fu verfertigte aus purpurner Seide eine
Schutzwehr der Schritte auf einer Strecke von vierzig Weglängen.
Tsung <) verfertigte aus goldgestickter Seide eine Schutzwehr der
Schritte auf einer Strecke von fünfzig Weglängen. Der Mann des
1 ) Schi-tsung, der so eben genannte Schi-ki-lün.
Reichthum und Arm.uth in dem alten China.
81
Geschlechtes Schi bereitete Mörtel aus Pfeffer und aus dem Mörtel
Schirme. Der Mann des Geschlechtes Wang baute Mauern aus Mörtel
von rothem Steinfett.
In der.neuen Einleitung wird gesagt:
Meng-hien-tse von Lu erkundigte sich als Gesandter in Tsin.
Han-siuen-tse bewirthete ihn mit Wein. Während des Trinkens
wechselte man dreimal die angehängten Glocken und Musiksteine.
Ohne dass man etwas wegzuschaffen brauchte, waren sie in
Bereitschaft.
Hien-tse sprach: Wie reich bist du!
Siuen-tse sprach: Ist dein Haus reicher oder das meinige?
Hien-tse sprach: Mein Haus ist sehr arm. Ich besitze zwei
Männer, 'Namens Yen-hoei und Thse-wu-ling. Diese zwei Männer
bewirken, dass mein Land und Haus ruhig, die hundert Geschlechter
einträchtig sind.
Als der Gast austrat, sprach Siuen-tse: Jener ist ein Weiser,
er hält den Besitz weiser Männer für Reichthum. Ich hin ein gemei
ner Mensch, ich halte Glocken, Musiksteine, Gold und Edelsteine für
Reichthum.
Khung-tse sprach: Meng-hien-fse’s Reichthum kann in dem
Frühling und Herbst offenkundig gemacht werden.
In dem Hinwenden zu dem Aufbewahrten(kuei-tsangj heisst es:
In der Höhe gibt es erhabene Erdstufen, in der Tiefe gibt es
grosse Teiche. Wie könnte durch diese Dinge der Gebieter vornehm
sein? Oder wie könnte durch die Kaufleute der Markt reich sein?
Das Werk Lie-tse sagt:
Der Mann des Geschlechtes Yii war ein reicher Mann von Liang.
Sein Haus war angefüllt, seine Kupferstücke und sein Metall waren
ohne Mass, seine Güter hatten nicht ihres Gleichen. Er stieg zu
hohen Stockwerken, blickte hernieder auf grosse Wege ')• Fr ver
anstaltete Musik, setzte Wein auf und liess die Cilher in den Stock
werken schlagen.
. Das Buch Kuan-tse sagt:
Wer sich mit den Wegen des Reiches befasst, muss die Men
schen bereichern. Sind die Menschen reich, so sind sie leicht in
Ordnung gebracht. Bei den Gebietern von neun und siebenzig Nach-
Der grosse Weg heisst der bei dem Opfer für den Himmel verwendete Wagen.
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LV1II. Bd. II. Hft. 6
82
P f i z m a i e r
folgen sind die Vorschriften und Einrichtungen nicht einerlei, die
Verkündungen und Erlässe sind nicht die nämlichen. Dass sie dessen
ungeachtet in den Besitz der Welt gelangten, warum geschah dieses?
Das Land musste bei ihnen reich sein, und des Getreides war eine
Menge.
Das Buch Wen-tse sagt:
Die gerechten Könige bereichern ihr Volk. Die ungerechten
Könige bereichern ihren Boden. Die in Gefahr schwebenden Beiche
bereichern ihre Angestellten. Die geordneten Beiche scheinen Mangel
zu haben. Die ungeordneten Reiche scheinen Überfluss zu haben.
In einem fortbestehenden Beiche sind die Speicher voll. In einem zu
Grunde gehenden Reiche sind die Speicher leer.
Das Buch Siun-king-tse sagt:
Wer sich mit dem Ordnen befasst, ist König. Wer die Lenkung
führt, ist stark. AVer das A r olk in Schranken hält, hat Sicherheit.
Wer Abgaben sammelt, geht zu Grunde. Desswegen bereicherten die
alten Könige das Volk. Die Obergewaltigen bereicherten die Erde.
Dasselbe Buch Siün-king-tse sagt:
Das Gute der Menschlichkeit, der Gerechtigkeit und der Ge
bräuche verhält sich zu dem Menschen wie die Güter und das Getreide
zu dem Hause. AA r er davon viel besitzt, ist reich. Wer wenig besitzt,
ist arm. AA T er endlich gar nichts besitzt, ist elend.
Das Buch Han-tse sagt:
Wenn der Mensch Glück hat, so kommen Reichthum und Ehre.
Kommen Reichthum und Ehre, so sind Kleidung und Speise vor
trefflich. Sind Kleidung und Speise vortrefflich, so entsteht ein stolzer
Sinn. Entsteht ein stolzer Sinn, so ist derAA r andel unrecht und in den
Unternehmungen setzt man die Ordnung hintan. Ist der Wandel un
recht, so stirbt man einen frühzeitigen Tod. Setzt man in den Unter
nehmungen die Ordnung hintan, so verrichtet man keine Thaten.
Das Buch Schi-tse sagt:
Besitzt ein Haus Edelsteine im Werthe von tausend Pfunden
Goldes, aber man weiss es nicht, so nennt man dasselbe noch immer
arm. AVenn ein vortrefflicher Künstler sie bearbeitet, so ist man
reich. Überdeckt man zwei Reiche, besitzt selbst das grösste Anse
hen, aber man weiss dieses nicht, so nennt man einen solchen noch
immer niedrig. Wenn höchstweise Menschen es verkünden, so ist
das Ansehen das höchste in der AVelt.
Reichthum und Armuth in dem alten China.
83
Das Buch Khung-sung-tse sagt:
I-tün war ein armer Mann von Lu. Wenn er ackerte, litt er
gewöhnlich Hunger. Wenn er Maulbeerbäume pflanzte, litt er ge
wöhnlich Kälte. Er hörte, dass der Fürst von Tschti reich sei. Er
ging zu ihm und fragte ihn um die Kunst. Der Fürst von Tscliü sagte
zu ihm: Wenn du schnell reich werden willst, so musst du die fünf
Arten von Kühen halten.
Er trieb jetzt an dem westlichen Flusse Kaufhandei und hielt in
grossem Massstabe Kübe und Schafe im Süden des Geschlechtes I ')•
In zehn Jahren war die Zahl seiner gezüchteten Thiere unberechen
bar, sein Vermögen war mit demjenigen der Könige und Fürsten zu
vergleichen, und dies bewirkte,"dass sein Name die Welt durchlief.
Weil er seinen Reichthum in dem Geschlechte I begründet batte, gab
man ihm den Namen I-tün.
Das Buch Hoai-nan-tse sagt:
In der Welt gibt es einen äusserst grossen Reichthum, es sind
aber nicht Gold und Edelsteine. Es gibt ein äusserst langes Leben,
es sind aber nicht tausend Jahre. Ist man ruhig von Gemüth und
weiss sich zu begnügen, so ist man reich. Setzt man in das Licht die
Unterschiede von Leben und Tod, so besitzt man das lange Leben.
Dasselbe Buch Hoai-nan-tse sagt:
Reich und vornehm sein und nicht die Wege des Gesetzes
wandeln, ist Grund genug zu Sorge. Den Wagen verlassen, in den
Handwagen steigen, trachten, sich selbst hinzustellen, dies nennt man
mit Namen: die Triebwerke des Fallens und Straucheins. Fettes
Fleisch, reichlicher Wein, trachten, sich gegenseitig Stärke zu ver
leihen, dies nennt man mit Namen: die Speise des verdorbenen
Bauches. Feine, blendendweisse Zähne, die Töne von Tsching und
Wei, dies nennt man mit Namen: die das Wesen des Lebens fäl
lende Axt. Diese dreifache Sorge wird durch Reichthum und Ehre zu
Stande gebracht.
Dasselbe Buch Hoai-nan-tse sagt:
Die Perlen des Lehensfürsten von Sui, die Rundtafeln des Ge
schlechtes Ho, wenn man sie erlangt, ist man reich. Wenn man sie
verliert, ist man arm.
In dem bilderlosen Gedichte auf die Hauptstadt Tschao von Lieu-
schao heisst es:
’) Das Geschlecht I (I-schi) ist der Name eines Districts.
6*
84
P fiz m aie r
Spricht man von reichen Menschen, so ist bei dem Lehensfürsten
von Kö und seines Gleichen das Besitzthum grösser als dasjenige von
Tao und Wei. Ihre Verschwendung ist übermässig und ohne Gren
zen. Gold und Lasur sind ihre Sänften, rother Mennig ihre Räder.
Wenn man sich zu Festlichkeiten versammelt, ist ihr Gefolge gleich
Wolken.
In den Worten der Reiche wird gesagt:
Schö-hiang besuchte Han-siuen-tse. Dieser war seiner Armuth
willen betrübt. Schö-hiang beglückwünschte ihn.
Siuen-tse sprach: Ich besitze den Namen eines Reichsministers,
es fehlt mir aber die Wirklichkeit. Ich habe nicht zwei oder drei
Menschen, die mein Gefolge bilden. Aus diesem Grunde bin ich be
trübt. Warum beglückwünschest du mich?
Jener antwortete: Einst besass Luan-wu-tse nicht einmal das
Feld eines einzigen Arbeiters. Sein Amt war nicht in Bereitschaft,
die Geräthe seiner Vorfahren waren zerstreut, aber seine Tugend war
thätig. Was die Beachtung seines Beispiels betrifft, so waren die
Lehensfürsten ihm befreundet, die Fremdländer des Westens und des
Nordens liebten ihn. Jetzt hast du mit Luan-wu-tse die Armuth
gemein, und ich hielt dafür, dass du seiner Tugend fähig hist. Aus
diesem Grunde beglückwünschte ich dich. Wenn du betrübt bist,
dass die Tugend nicht geübt wird und dabei bedauerst, dass die
Güter nicht hinreichen, so hätte ich nicht Zeit, um dich zu trauern;
wie sollte ich dich da beglückwünschen?
Das Sse-ki sagt:
Wei-pö hatte in seiner Jugend den Wunsch, Tsao-san, dem
Reichsgehilfen vonTsi, vorgestellt zu werden. Sein Haus war arm und
er hatte kein Mittel, zu ihm zu gelangen. Er fegte daher immer allein
vor Tagesanbruch den Platz vor dem Thore der Hausgenossen des
Reichsgehilfen von Tsi. Die Hausgenossen wunderten sich hierüber.
Sie glaubten, es sei ein übernatürliches Wesen und verlegten sich
auf’s Spähen. Sie fanden blos Pö. Pö sprach: Ich wünsche, dem
Gebieter, dem Reichsgehilfen vorgestellt zu werden und hatte hierzu
kein Mittel. Deswegen fegte ich für euch das Haus, und ich trachte
dadurch, ihm vorgestellt zu werden. — Die Hausgenossen stellten ihn
Reichthum und Armuth in dem alten China. 85
jetzt vor. Tsao-san machte ihn hei diesem Anlasse zu seinem Haus
genossen.
Dasselbe Sse-ki sagt:
Der Lehrer Tung-ko wurde zum Beruhiger der Hauptstadt er
nannt. Der Lehrer wartete lange Zeit auf die höchste Verkündung,
durch welche ihm ein öffentlicher Wagen zur Verfügung gestellt
werden würde. Er war arm und erschöpft und litt Hunger und Kälte.
Seine Kleider waren abgenützt, seine Schuhe nicht ganz. In diesem
Zustande wandelte er durch den Schnee. Seine Schuhe hatten einen
Obertheil, aber keinen Untertheil, so dass er mit den Füssen voll
ständig den Boden trat. Die Menschen auf dem Wege verlachten ihn.
Das Buch der Han sagt:
Sse-ma-siang-ju hiess mit dem Jünglingsnamen: Tschang-king
und war ein Eingeborner von Tsching-tu. Sein Haus war arm und er
verkaufte früher auf dem Markte von Lin-ngang mit den Leuten
Wein. Dabei fegte er als Taglöhner den Weg zu dem Weine, legte
einen Gürtel an und zeigte sein Hemd mitten auf dem Markte. Er las
jedoch schon in seiner Jugend mit Vorliebe Bücher und erlernte die
Fechtkunst. Sein kleiner Name war eigentlich Kiuen-tse. Da er
jedoch Lin-siarig-ju als Menschen bewunderte, veränderte er seinen
Namen und nannte sich Siang-ju.
Später wanderte er nach Liang, von wo er nach einigen Jahren
wieder zurückkehrte. Er stand mit Wang-ke, dem Befehlshaber von
Lin-ngang, auf gutem Fusse. Tschö-wang-sün und Tsching-tsching
gehörten zu den reichen Männern von Lin-ngang. Von diesen sagte
einer zu dem andern: Der Befehlshaber hat einen vornehmen Gast.
Wir wollen ihn in unsere Gesellschaft kommen lassen. Zugleich las
sen wir auch den Befehlshaber kommen.
Als der Befehlshaber gekommen war, liess man Tschang-king
bitten. Tschang-king entschuldigte sich und mochte nicht kommen.
Der Befehlshaber von Lin-ngang getraute sich nicht, Speise zu kosten.
Er stand selbst auf und holte Siang-ju ab. Siang-ju wusste sich nicht
zu helfen und machte sich gezwungen auf den Weg.
In der Versammlung war alles in heiterer Stimmung und freute
sich des Weines. Der Befehlshaber trat vor, spielte die Cither und
sprach: Ich vermass mich, zu erfahren, dass Siang-ju hiervon ein
Freund ist. Es ist unser Wunsch, dass er sich selbst damit erfreue.
— Siang-ju spielte jetzt eine Weise.
86
P f i z m a i e r
Tscliö-wang-sün liatte eine Tochter, Namens Wen-kiün. Die
selbe war vor kurzem Witwe geworden und liebte die Musik. Siang-
ju machte auf sie Eindruck. Wen-kiün floh in der Nacht zuSiang-ju
und dieser kehrte mit ihr eiligst nach Tsching-tu zurück. In seinem
Hause standen indess nur die vier Wände. Tscho-wang-sün war sehr
entrüstet und sprach: Meine Tochter ist ohne Begabung. Ich kann
mich nicht dazu verstehen, ihr zu Hilfe zu kommen. Nicht mit einem
einzigen Kupferstück soll sie betheilt werden.
Nach längerer Zeit kam Wen-kiün in Begleitung Siang-ju’s
nach Lin-ngang, um Wein zu kaufen. In dem betreffenden Hause hiess
man Wen-kiün sich zu dem Becher stellen, während Siang-ju, unter
die Taglöhner sich mengend, auf dem Markte arbeitete. Tschö-wang-
sün schämte sich dessen. Seine Brüder sagten zu ihm: Dasjenige,
was hei einer Tochter nicht genügte, sind nicht die Güter. Aber
Wen-kiün hat ihren Leih an Siang-ju verloren. Siang-ju ist zwar
arm, jedoch die Begabung dieses Menschen genügt, um sich auf sie
zu verlassen. Wozu nützt es, ihn dergestalt zu beschämen? —
Wang-sün wusste sich nicht anders zu helfen, als dass er ihm hun
dert Knechte und hundert Myriaden Kupferstücke zukommen liess.
Wen-kiün kehrte jetzt mit Siang-ju nach Tsching-tu zurück.
Kaiser Wu hatte Yang-te-I, einen Eingebornen von Scho, zu
einem mit der Aufsicht betrauten Aufwartenden erhoben. Der Kaiser
las das bilderlose Gedicht Tse-hiü und fand es gut. Er sprach: Mir,
dem Kaiser allein, war es nicht vergönnt, ein Zeitgenosse dieses
Menschen zu sein. — I sprach: Dies ist Sse-ma-siang-ju, ein Einge-
borner meiner Vaterstadt. Er hat dieses bilderlose Gedicht ver
fertigt.
Der Kaiser erschrak. Er berief Siang-ju zu sich und fragte
ihn. Siang-ju sprach: Es ist so. Dies handelt jedoch von den Lehens
fürsten. Es ist nicht so viel, dass es betrachtet werden kann. — Er
dichtete jetzt das bilderlose Gedicht Schang-lin. Als er dieses vol
lendet hatte, trug er es dem Kaiser vor. Der Kaiser hatte an dem
Gedicht grosses Wohlgefallen und ernannte Siang-ju zum Leib
wächter. Später ernannte er ihn zum Anführer der Leibwächter
der Mitte.
Siang-ju stellte das Abschnittsrohr auf und reiste mit einem Auf
träge nach Scliö. Der Statthalter von Scho kam ihm in dem Weich
bilde der Hauptstadt entgegen. Der Befehlshaber des Districtes trug
Keichthum und Armuth in dem alten China.
87
auf dem Rücken eine Armbrust und sprengte voraus. Seine alten Be
kannten in der Gasse des Bezirkes, unter ihnen Tschö-wäng-sün,
machten ihm jetzt durch die unter seinem Thore befindlichen Leute
ein Ehrengeschenk von Rindern und Wein und gaben ihm ihre
Freude kund. Wang-sün sprach hierauf seufzend: Es thut mir nur
leid, dass ich meine Tochter so spät Siang-ju dienen lassen konnte.
Dasselbe Buch der Han sagt:
Tsao-tsö machte an dem Hofe eine Meldung, worin er sagte: ln
der alten Zeit betrugen die Abgaben, mit denen man das Volk be
legte, nicht mehr als ein Zehntel. Thsin handelte diesem nicht
gemäss. Es brachte zur Geltung die Gesetze Schang-yang’s, es ver
änderte die Einrichtungen der Kaiser und Könige, es schaffte die
Felder der Brunnen •) ah. Das Volk konnte kaufen und verkaufen.
Die Reichen verbanden mit einander die nördlichen und südlichen
Wege der Felder. Die Armen verloren den Boden für die Aufstellung
eines Bohrers. Desswegen kleidete sich das arme Volk gewöhnlich in
die Kleider der Pferde und Rinder und verzehrte die Speise der
Hunde und Schweine.
Das Buch der Han sagt ferner:
Tseliin-ping stammte aus dem Bezirke Hu-yeu in Yang-wu. In
seiner Jugend war sein Haus arm. Dasselbe besass dreissig Morgen
Land, und er wohnte hei seinem älteren Bruder und seinem Oheim,
die sich fortwährend mit Feldbau beschäftigten. Sie gestatteten
Ping, herumzuziehen und das Lernen zu betreiben.
Ping war von Gestalt gross und schön. Es gab Leute, welche
sagten: Ping ist arm. Was mag er wohl essen, dass er so fett wird?
— Seine Schwägerin war darüber ungehalten, dass Ping sich nicht
mit den Geschäften des Hauses befasste, und sie sagte: Er verzehrt
blos die Grütze und den Reis. Einen solchen Schwager besitzen, ist
schlechter, als man besitzt keinen.
* Ping las mit Vorliebe die Gedichte und Bücher. Sein Haus war
arm, er wohnte in einer elenden Gasse und bediente sich einer Matte
als Thüre. Gleichwohl waren vor dem Thore häufig die Radspuren
von den Wagen der Ältesten zu sehen.
Dasselbe Buch der Han sagt:
*) Das Ausmass der Felder. Ein Brunnen heisst eine Fläche von neunhundert Morgen.
88
Pfizmaier
I-kuan war ein Mann von tausend Wagen und führte die Ge
schäfte des obersten Buchführers. Ngeu-yang-seng war arm und
besass kein Vermögen An seinem Gürtel trug er die vorschrift-
massigen Bücher und jätete. Wenn er ausruhte, las er sie sofort mit
lauter Stimme.
Das Buch der Han sagt:
Wang-tschang führte den Jünglingsnamen Tschung-king. Er war
ein Eingeborner von Kiü-ping in Tai-san. Er wurde ein Beflissener
und lernte in Tschang-ngan. Daselbst wohnte er allein mit seiner
Gattin. Als Tschang erkrankte, hatte er keine Decke, und er lag in
einer Kuhdecke. Er nahm von seiner Gattin Abschied und weinte.
Die Gattin schalt ihn und sprach zürnend: Tschung-king, die Geehr
ten und Vornehmen der Mutterstadt befinden sich in der Vorhalle des
Hofes. AA r er unter den Menschen ist zu Tschung-king herüberge
kommen? Jetzt bist du krank, müde und in Gefahr, du aber ermannst
dich nicht, du vergiessest im Gegentheil Thränen. Was für eine
Gemeinheit ist dies?
Das Buch der Han sagt:
Tsai-I war ein Eingeborner von Wen in Ho-uei. Weil er in den
vorsehriftsmässigen Büchern bewandert war, erhielt er die Begünsti
gung, in dem Versammlungshause des Zeltes des Oberfeldherrn die
nen zu dürfen. Sein Haus war arm, er ging immer zu Fusse und
konnte das für den Anstand Erforderliche nicht bestreiten. Die
dienstfreundlichen Männer unter dem Thore traten zusammen und
kauften ihm einen Farcen sammt Wagen, den sie ihn besteigen
hiessen.
Das Buch der Han sagt ferner:
Kung-yü richtete an den Hof ein Schreiben, worin er sagte:
Ich hin bejahrt, arm und elend. Das Vermögen meines Hauses beläuft
sich nicht ganz auf zehntausend Kupferstücke. Für die Gattin und
die Kinder sind Kleien und Hülsenfrüchte nicht zur Hand. Kurze
Kleider von grober Leinwand sind nicht bereitet. Ich besitze Felder
im Ausmasse von hundert dreissig Morgen.
Dasselbe Buch der Han sagt:
Yang-hiung ward wegen Krankheit entlassen. Er wurde von
Neuem berufen und zu einem Grossen des Reiches ernannt. Sein
Haus war einfach arm, und er liebte den Wein. Die Menschen
kamen selten unter sein Thor. Einige Dienstbeflissene luden Wein
Reichthum und Armutli in dem alten China. 89
und Fleischspeisen auf Wagen und zogen mit ihm umher, um zu
lernen.
Das Buch der Han sagt:
Kuang-heng führte den Jünglingsnamen Tschui-kuei. Derselbe
stammte aus Sching in Tung-hai. Sein Väter war wie seine Vorgän
ger ein Ackersmann, und erst Hang befasste sich mit Lernen. Sein
Haus war arm, er arbeitete als Taglöhner, um sich den Unterhalt zu
verschaffen. Dahei bekundete er einen ungewöhnlichen Geist, und
seine Kraft war übermenschlich.
Das Buch der späteren Han von Fan-hoa sagt:
Sün-khi führte den Jünglingsnamen Tschung-schT. Er war ein
Eingeborner von Thsi-yin. In seiner Jugend war er ein Beflissener.
Sein Haus war arm, und er diente seiner Mutter mit äusserstem
Pflichtgefühl. Er hütete die Schweine in dem grossen Sumpfe und
widmete ihr dadurch seine Dienste. Die entfernten Menschen, welche
sich ihm beim Lernen anschlossen, erfassten die vorschriftmässigen
Bücher auf den Feldhöhen und an den Rainen, indem sie ihm nach
eilten. Die Gassen und Niederlassungen wurden durch seine Beschei
denheit umgewandelt.
Dasselbe Buch der späteren Han sagt:
Schin-tu-fan führte den Jünglingsnamen Tse-lung. Er stammte
aus Wai-hoang in Tschin-lieu. Sein Haus war arm, er trieb das
Handwerk eines Lackarbeiters. Ko-lin-tsung sah ihn und hielt ihn
für einen ausserordentlichen Menschen.
Dasselbe Buch der späteren Han von Fan-hoa sagt:
Li-tschung führte den Jünglingsnamen Ta-siin und war ein Ein
geborner von Tschin-lieu. Sein Haus war arm, die sechs Brüder
kleideten sich gemeinschaftlich und speisten abwechselnd. Die Gattin
sagte heimlich zuTschung: Da wir jetzt so arm sind, ist es unmöglich,
lange zu verbleiben. Ich besitze eigene Werthgegenstände. Mögen
wir daran denken, uns abzusondern.
Tschung gab verstellter Weise seine Zustimmung und sprach:
w ir müssen Wein sieden, die im Hause befindlichen und die aus
wärtigen Verwandten versammeln und uns gemeinschaftlich berathen.
— Sofort setzte man Wein auf und bewirthete damit die Gäste.
Tschung trat vor, kniete nieder und meldete seiner Mutter: Dieses
Weib ist unnütz. Sie hiess mich von der Mutter und den Brüdern
90
Pfizinaier
mich lossageu. Ich schicke sie jetzt fort. — Hiermit schalt er sie und
entfernte sie.
Das Buch der späteren Han von Sie-sching sagt:
Wang-tschung führte den Jünglingsnamen Tschung-jin und
stammte aus Schang-yü. In seiner Jugend wurde er eine Waise, und
in der Gasse des Bezirkes pries man seine Elternliebe. Er kam in die
Mutterstadt, wo er eine Beschäftigung übernahm. Er lernte im
Grossen und erlangte eine weite Übersicht, wobei er sich nicht an
Abschnitte und Sätze hielt. Sein Haus war arm, und er besass keine
Bücher. Er wanderte gewöhnlich zu den Marktbuden von Lö-yang
und durchblickte die Bücher, welche daselbst verkauft wurden. Was
er einmal mit den Augen gesehen, konnte er ohne Umstände auswen
dig hersagen. Somit war er bald vielseitig gebildet und in allen
Fächern des Wissens bewandert.
Dasselbe Buch der späteren Han sagt:
Tschang-khai führte den Jünglingsnamen Kung-schao. Er ord
nete den alten Text des Frühlings und Herbstes des Geschlechtes
Yen. Die Leute von dem Thore des obersten Buchführers kamen, um
ihn zu fragen. Wagen und Pferde erfüllten sein Thor. Die vornehmen
Verwandtschaften erhoben sich und warteten in den Durchgängen,
indem sie von den hinüberziehenden Gästen einen Nutzen erwarteten.
Khai verdross es, dass dies geschah. Er wanderte ohne Umstände
aus und ging ihnen aus dem Wege. Sein Haus war arm, und er hatte
keinen Erwerb. Er bestieg gewöhnlich einen mit einem Esel bespann
ten Wagen, fuhr zu dem Districte und verkaufte Arzneiwaaren. Wenn
er so viel gelöst hatte, als für .seine Nahrung hinreichte, kehrte er
ohne Umstände in die Gasse des Bezirkes zurück.
Die Geschichte der Han von der östlichen Warte sagt:
Die Gattin Fu-jung's starb. Er war arm und veranstaltete kein
Leichenbegängniss. Die Menschen des Bezirkes wollten für ihn den
Sarg und die Kleidung herbeischaften. Jung wollte dies nicht an-
nehmeu und sprach: Die Todten des Alterthums warf man mitten in
die Wildniss. Bei der Gattin und den Kindern kann man dies thun.
— Er begrub sie einfach in die Erde.
Dieselbe Geschichte der Han sagt:
Min-tschung-schö lebte in Ngan-yi. Er war alt und krank, sein
Haus war arm, und er konnte sich kein Fleisch kaufen. Er kaufte sich
täglich ein Stück Schweiusleber. Die Fleischer wollten es ihm
Reichthuin und Arinuth in dem alten China.
91
manchmal nicht abschneiden. Der Befehlshaber von Ngan-yi wartete
auf ihn und fragte die Söhne, was der Vater esse und trinke. Sie ant
worteten: Er isst blos Schweinsleber. Die Fleischer wollen sie ihm
manchmal nicht geben. — Der Befehlshaber ging fort und ermahnte
die Angestellten des Marktes. Wenn Jener von nun an einkaufte, er
hielt er alles ohne Umstände. Tschung-schö verwunderte sich und
fragte seine Söhne. Diese sagten ihm, wie die Sache sich verhielt.
Er sprach seufzend: Wie sollte Ming-tschung-schö mit Mund und
Bauch an Ngan-yi gebunden sein? — Er entfernte sich sofort und
begab sich nach Pei.
Das Buch der fortgesetzten Han sagt:
U-yeu verlor in seinem zwanzigsten Jahre seinen Vater. In
seiner Wohnung konnte man keinen Stein auf den Schultern tragen,
aber er nahm keine Unterstützung an. Er hütete gewöhnlich die
Schweine in dem Sumpfe von Tschang-hoan. Dabei sagte er Stellen
aus den Musterbüchern und dem Buche der Geschichte her. Ein Be
kannter seines Vaters traf ihn und sprach zu ihm: Du bist der Sohn
eines Angestellten von zwei tausend Scheffeln, aber du beschäftigst
dich mit gemeinen Dingen. Dass man dem Sohne gestattet, das Ehr
gefühl zu verleugnen, wie steht es da mit dem Vorfahren? •— Yeu
begnügte sich, Entschuldigungen vorzubringen, und er beharrte bei
seinem Vorsätze.
Das Buch der späteren Han von Sie-sching sagt:
Schi-yen führte den Jünglingsnamen Iviün-tse und stammte aus
Pei. Sein Haus war arm, seine Mutter alt, und er wendete alle Kraft
an, um sie zu ernähren. Er verschaffte sich seinen Unterhalt
durch Melonenbau. Sein Rang war zuletzt derjenige eines grossen
Beruliigers.
Dasselbe Buch der späteren Han sagt:
Im fünften Jahre des Zeitraumes Yung-ping (62 n. Uhr.) wurde
Ku, der ältere Bruder Puan-tschao's, aufgefordert, sich zu dem
Hiao-schu (dem vergleichenden Buchführer) zu begeben. Tschau
folgte mit seiner Mutter und gelangte nach Lö-yang. Sein Haus war
arm, er schrieb gewöhnlich um Taglohn und verschaffte sich dadurch
seinen Lebensunterhalt. Endlich verdross ihn dies. Er gab seine
Beschäftigung auf, warf den Pinsel weg und sprach seufzend: Ein
grosser Mann hat keinen anderen Vorsatz, er darf nur trachten, dass
er bekannt werde. Kiai-tse und Tschang-teng erwarben sich Ver-
92
P f i z m a i e r
dienste an fremden Grenzen und ihnen wurde dadurch die Belehnung
als Fürsten zu Theil. Wie könnte ich mich lange mit Pinsel und
Tintenstein befassen?
In den kurzgefassten Denkwürdigkeiten von Wei heisst es:
Tschang-lin war in seiner Jugend einfach arm. Trotz seiner
Armuth nahm er von den Menschen nichts, was er nicht durch die
Kraft seiner Hände verdient hatte. Er war ein Freund des Lernens
und wurde gegen das Ende der Han ein Beflissener. Die Muster
bücher an dem Gürtel, ackerte und jätete er, während seine Gattin
ihm auf das Feld die Speise zutrug. Obgleich sich Lin auf den Fel
dern befand, ehrte man ihn wie einen Gast.
Die kurze Fassung der Vorbilder sagt:
Tsching-kien führte den Jünglingsnamen Meu-fu und war ein
Eingeborner von Wu-yin in Nan-yang. Er besass Menschlichkeit,
Elternliebe und Lauterkeit. Er lebte in Armuth und war ohne Ver
mögen. Seinen Lebensunterhalt erwarb er sieh durch Schleifen
von Spiegeln, wobei er von den Menschen keine Wohlthaten
annahm.
Die Mütter klopften Seide und riefen einander abwechselnd zum
Speisen. Einige unter ihnen assen nicht, und man sagte zu einer
solchen: Du bist nicht Tsching-meu-fu. Warum verzehrst du nicht
die Speise der Menschen?
Das Buch der Erhebung von Tsin (tsin-tschung-hing-scliu) sagt:
Wang-meng, ein Eingeborner von Pe-hai, wohnte in Wei-tu.
In seiner Jugend arm und niedrig, betrieb er den Verkauf von Erd
körben als ein Geschäft. Einst kam er nach Lö-yang, wo er mit
Erdkörben handelte. Daselbst war auf dem Markte ein Mann, der die
Erdkörbe um einen hohen Preis kaufte. Derselbe hatte jedoch kein
Geld und sagte: Du kannst mir nachfolgen und das Geld in Empfang
nehmen.
Meng folgte ihm und war, ehe er sich dessen versah, in das
tiefe Gebirge gekommen. Der Mann sagte zu Meng, er möge sich
einstweilen unter einen Baum stellen. Er selbst müsse ihm früher
den Weg bahnen, der Gebieter werde sogleich kommen. Meng trat
vorwärts und sah einen vornehmen Mann, der auf einem Bette sass
und dessen Haupthaar gänzlich weiss war. Seine Begleiter waren
ungefähr zehn Menschen. Einer derselben führte Meng und sprach:
Der grosse Vorsteher der Pferde! Du kannst vorwärts treten. —
Reichthum und Armuth in dem alten China.
93
Meng verbeugte sich jetzt vor dem vornehmen Manne. Der vornehme
Mann sprach: Welches Anliegen hat der Herr Wang? — Er ver
beugte sich und gab ihm als Gastgeschenk das Zehnfache des Preises
der Erdkörbe.
Er schickte hierauf Leute, welche Meng das Geleite gaben. Als
dieser austrat und sich umsah, war an der Stelle ein hoher Berggipfel.
Dasselbe Buch der Erhebung von Tsin sagt:
Schün-yü-tschi führte den Jünglingsnamen Schö-ping und war
ein Eingeborner von Thsi-pe. In dem Hause Pao-yuen’s von Schang-
tliang kamen häufig Todesfälle und Krankheiten vor, und es gab da
selbst Armuth und Mühseligkeit. Man sagte zu ihm: Schün-yü-schö-
ping ist ein göttlicher Mensch. Warum versuchst du es nicht und
unternimmst die Wahrsagung?
Yuen hiess hierauf Tschi die Abrisse verfertigen. Dieser vollen
dete sie und sprach: Du sagtest mir, dass im Nordosten des Hauses
ein grosser Maulbeerbaum sich befindet. Wenn du auf dem Fuss-
wege zu dem Markte gelangst und in das Thor trittst, wird in der
Entfernung von einigen Zehenten von Schritten ein Mensch sein, der
sich einer neuen Pferdepeitsche bedient. Du bittest ihn, sie dir zu
geben, kaufst sie und hängst sie an diesen Maulbeerbaum. Nach drei
Jahren wirst du dann plötzlich Güter erlangen.
Yuen richtete sich nach diesen Worten. Er ging auf den Markt,
erlangte wirklich die Pferdepeitsche und bängte sie auf. Genau nach
drei Jahren grub er einen Brunnen und fand tausendmal zehntausend
Kupfermünzen nebst verschiedenen kupfernen und eisernen Gerät
schaften, deren Werth wieder zwanzigtausend Kupferstücken gieicli-
kommen mochte. Das Geschäft seines Hauses wurde hierdurch erwei
tert, und auch die Kranken wurden gesund.
In den Denkwürdigkeiten von Wei heisst es:
Hoa-yin war von einfacher Lauterkeit und arm. Seinen Gehalt
verwendete er zur Unterstützung seiner Verwandten. Desswegen war
in seinem Hause nicht so viel als ein Stein vox'handen, den man auf
die Schultern nehmen konnte.
Dieselben Denkwürdigkeiten von Wei sagen:
Teng-ngai führte den Jünglingsnamen Sse-tai und stammte aus
I-yang. Da er stotterte, konnte er kein Amt bekleiden, und er wurde
ein Gehilfe der Wächter der Pflanzen auf den Reisfeldern. Die Ange
stellten seiner Provinz hatten Mitleid mit seiner Armuth und betheil-
94
P f i z m a i e r
ten ihn sehr reichlich mit Geldmitteln. Ngai dankte anfänglich nicht
im Geringsten. So oft er einen hohen Berg oder einen grossen Sumpf
erblickte, mass er ohne Umstände die Entfernung und zeichnete mit
dem Finger das befestigte Lager für ein Kriegslieer. Die Zeitge
nossen verlachten ihn häufig ').
In den Denkwürdigkeiten von U heisst es :
Liü-fan führte den Jiinglingsnamen Tse-heng und stammte aus
Ju-nan. Derselbe hatte ein stattliches Äussere. Lieu-schi, ein Ein
wohner der Stadt, war reich und seine Tochter schön. Fan bewarb
sich um sie. Die Mutter war ihm abgeneigt und wollte sie ihm nicht
geben. Lieu-schi sprach: Liü-tse-hehg ist mir lieber, er wird lange
Zeit arm bleiben. — Hierauf vermalte er ihn mit der Tochter.
In den Denkwürdigkeiten von U heisst es ferner;
Fan-tschang führte den Jünglingsnamen Wen-kuei und stammte
aus der Provinz des Ostens. Er liebte den Wein und sein Haus war
sehr arm. Er war dabei ein Freund vom Borgen und sagte ohne Um
stände, dass er gewaltig und reich zurückkommen müsste. Sün-
kiuen 3 ) hielt ihn für einen sehr ungewöhnlichen Menschen.
Schang, Fürst von Hia und Feldherr von Wei, belagerte die
Hauptstadt der Provinz des Südens. Er baute schwimmende Brücken
und setzte zu der Insel der hundert Weglängen über. Tscliang fällte
an der oberen Strömung des Flusses Schilfrohr und verfertigte Mat
ten, die er bei günstigem Winde in Brand stecken wollte. Als die
Matten vollendet waren, zog sich Schang sofort zurück. Tscliang
wurde in Folge dessen zu einem den Norden beruhigenden Heer
führer ernannt.
Das Buch der Tsin sagt:
Yuen-hien führte den Jiinglingsnamen Tschung-yung und
stammte aus Tschin-lieu. Um jene Zeit war es Sitte, am siebenten
Tage des siebenten Monats die Kleider in die Sonne zu legen. In
einigen Fällen stellten die Verwandtschaften ihre Kleidungsstücke in
der Vorhalle in Beihen. Hien war arm und besass nichts. Er zog
den Badegürtel aus, breitete die Unterhosen und hängte sie auf die
Spitze einer Bambusstange. Die Menschen fragten ihn, warum er
*) Teng-ngai war später ein siegreicher Feldherr von Wei.
2 ) Siin-kiuen ist der erste Kaiser von U.
Reichthum und Armuth in dem alten China. ns
dies thue. Er antwortete: Ich kann mich nicht der Sitte ent-
schlagen.
Das Buch der Sung sagt:
Als Lieu-yo, der Kaiser Wu, jung war, herrschte in seinem
Hause grosse Armuth und er arbeitete mit den Menschen als Tag
löhner. Als er zur Kaiserwürde emporstieg, waren seine Ackerge-
räthschaften noch immer vorhanden, ebenso sein geflickter Lein
wandmantel. Er befahl, dies alles aufzuheben und es seinen Söhnen
und Enkeln zu zeigen, damit sie sich daran ein Beispiel nehmen.
Dasselbe Buch der Sung sagt:
Das Haus Kiang-tschen’s war arm und man lebte daselbst ein
geschränkt. Er erzielte keinen Ertrag der Güter. Die ihm als Ge
schenk übersandten Speisen erfüllten sein Thor, und er empfing nie
mals eine einzelne. Er besass keine mehrfachen Kleider und keinen
Überfluss an Lebensmitteln. Einst wurde er zu dem Kaiser beschie-
den. Tschen wusch eben die Kleider und liess sich unwohl melden.
Nach mehreren Tagen waren seine Kleider in Stand gesetzt und dann
erst machte er sich schnellen Schrittes auf den Weg.
Seine Binder waren einst hungrig, und der Knecht suchte
Gras. Als es lange währte, sprach Tschen: Man kann ihnen zu trin
ken geben.
Das Buch der Sung sagt ferner:
Tao-tsien liebte den Wein, aber sein Haus war arm, und er
konnte ihn nicht immer erlangen. Seine Verwandten wussten dieses
längst. Sie trugen bisweilen Wein auf und riefen ihn herbei. Wäh
rend des Trinkens hörten sie ohne Weiteres auf, und dies war um
die Zeit, wo sie betrunken sein mussten. Nachdem sie sich verab
schiedet, zogen sie sich zurück, was er ihnen noch niemals übel ge
nommen hatte. Nach ihrer Entfernung blieb er in einem aufgeregten
Zustande innerhalb der Bingmauer, wo er vor Wind und Sonne nicht
geschützt war. Er trug ein kurzes Kleid von grober Leinwand, er
hatte ausgehöhlte und zusammengebundene Kürbisse, und alles war
bei ihm ärmlich und leer.
Das Buch der Liang sagt:
Das Haus Yuen-hiao-tschii’s war arm, und er hatte nichts, um
den Kessel zu heizen. Seine Magd entwendete Brennholz bei dem
Nachbar und unterhielt dadurch das Feuer. Hiao-tschü erfuhr dieses
und ass in Folge dessen nichts. Er befahl, das Dach wegzunehmen
96
P f i z m a i e r
und damit zu kochen. In dem Hause, welches er bewohnte, befand
sich nur ein Bett, und dieses war rings von Bambussträuchen um
geben.
Das Buch der späteren Wei sagt:
In dem Hause, welches Hu-seu bewohnte, waren Zimmer von
Beifuss und Teppiche von Gras. Er machte sich nur des Weines wil
len auf den Weg. Er sagte gewöhnlich zu den Leuten: Bei diesem
Leben scheine ich den Glanz einer Fackel zu iibertreffen. — Indem er
sich mit keinem Erwerb befasste, hielt er Hunger und Armuth nicht
für schimpflich. Er zog einen Sohn auf, dessen Jünglingsname Ming-
ling (die grüne Raupe des Maulbeerbaumes) und durch den er sich
den Unterhalt verschaffte. Wenn er zu einem sehr vornehmen Hause
kam, fuhr er immer mit einer Kuh und breitete einen drei bis vier
Ganting fassenden Sack aus. Nachdem er satt gegessen und getrun
ken, füllte er den Sack mit dem übriggebliebenen Fleische und den
Kuchen, und übergab ihn Ming-Iing. Wenn ihm prachtvolle Gespanne
begegneten, blickte er auf sie mit Verachtung.
Das Buch der Sui sagt:
Als Fang-yen-kien sich im Besitze seines Amtes befand, ver
wendete er den ganzen von ihm bezogenen Gehalt zur Unterstützung
seiner Verwandten und Freunde. In seinem Hause befanden sich
keine überflüssigen Güter, die Wagen, die Kleidungsstücke und die
Geräthsehaften trachtete er zu erhalten, und er war einfach sparsam.
Von seiner Kindheit bis zu seinem reiferen Alter waren seine Worte
und seine Handlungen dieselben, und er hatte noch niemals für sei
nen Nutzen gesorgt. Selbst wenn er in Mangel gerieth, zeigte er
sich immer heiter.
Einst lachte er mit sich ohne einen Anlass. Er kehrte sich um
und sprach zu seinem Sohne Yuen-ling: Alle Menschen bereichern
sich durch ihren Gehalt. Ich allein bin bei meinem Amte arm. Was
ich meinen Söhnen und Enkeln hinterlasse, besteht in Lauterkeit und
Unbescholtenheit.
In den sechs Köchern (lö-tao) heisst es:
König Wu stellte an den grossen Fürsten die Frage: Armuth
und Reichthum, wie könnten sie durch das Schicksal bestimmt sein?
Der grosse Fürst sprach: Wer sorgfältig zu Werke geht und
nicht reich wird, in dessen Hause befinden sich die Diebe.
König Wu fragte: Was nennst du die Diebe?
Reichthum und Armuth in dem alten China.
97
Der Fürst sprach: Eine Sache nicht reiflich erwägen, ist der
erste Dieb. Zur Unzeit säen und ernten, ist der zweite Dieb. Ein
Weib nehmen, ohne es fähig zu sein, ist der dritte Dieb. Zu
viele Töchter ernähren, ist der vierte Dieb. Die Geschäfte hintan
setzen und sich dem Weine zuwenden, ist der fünfte Dieb. Eine über
mässige Menge von Kleidungsstücken ist der sechste Dieb. Beim Ver-
schliessen und Borgen nicht sorgfältig sein, ist der siebente Dieb. Von
dem Brunnen und dem Herde keinen Nutzen haben, ist der achte
Dieb. Den Sohn emporheben und ihm Hochachtung bezeigen, ist der
neunte Dieb. Ohne dass man etwas zu thun hat, eine Lampe brennen,
ist der zehnte Dieb. Wessen The.il dieses ist, wie könnte er reich
werden?
König Wu sprach: Vortrefflich!
In den Überlieferungen von charakterfesten Frauen heisst es:
Die Gattin Kien-liii’s ist die Gattin des Lehrers Kien-liii von Lu.
Als der Lehrer starb, machte sich Tseng-tse mit den Menschen des
Thores auf den Weg, damit er um ihn trauere. Er sah, dass der
Leichnam des Lehrers sich unter dem Fenster befand. Derselbe war
mit einer Decke von Tuch bedeckt, und seine Hände und Füsse
waren nicht vollständig eingehüllt. Bedeckte man das Haupt, so
wurden die Füsse sichtbar. Bedeckte man die Füsse, so wurde das
Haupt sichtbar.
Tseng-tse sprach: Man bringe die Decke in eine schiefe Rich
tung, und er wird dann eingehüllt sein.
Die Gattin sprach: Der Überfluss des Schiefen ist nicht so viel,
wie das Unzureichende des Geraden. Weil ferner der Lehrer nicht
schief war, ist es mit ihm so weit gekommen.
In denselben Überlieferungen von charakterfesten Frauen heisst es:
Siü-ngu von Tsi war ein armes Weib in der Gegend des östli
chen Meeres. Dieselbe hatte mit ihrer Nachbarin Li-ngu und anderen
Weibern eine gemeinsame Kerze und begab sich mit ihnen zur Ar
beit. Siü-ngu war sehr arm, und ihre Kerze wurde öfters nicht bei
gestellt.
Li-ngu sagte: Die Kerze Siü-ngu’s wurde öfters nicht beige
stellt. Ich bitte, dass wir sie nicht an der Nacht theilnehmen lassen.
Siü-ngu sprach: Was für ein Wort ist dies? Wenn jetzt in
einem Hause ein Mensch mehr ist, wird die Kerze desswegen nicht
heller. Entfernt man einen Menschen, so wird die Kerze desswegen
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LVIll. Bd. II. Hft. 7
98
Pfizmaier
nicht dunkler. Warum spart man das überflüssige Licht der östlichen
Wand? Mir Armen ward nicht die Wohlthat, dass man mieh be
dauert. Dass es für immer meine Nacht sei, wäre dies nicht auch
möglich?
Da Niemand etwas erwiedern konnte, liess man sie wieder an
der Nacht theilnehmen.
In den Überlieferungen von hohen Männern (Kao-sse-tscliuen)
heisst es:
Kao-lai-tse war ein Eingeborner von Tsu. Derselbe trieb Acker
bau an der Südseite des Berges Mung. Er hatte Wände von grünen
Bohnen und Binsen, ein Zimmer von Stabwurz und Stroh, ein Bett
aus Baumzweigen und Teppiche von Beifuss.
In den besonderen Überlieferungen von Tung-fang-sö heisst es:
So lieh Kung-sün-hung ein Schreiben, das er verfasst hatte und
worin er sagte: Ich soll mich als Begleiter nach Kan-tsiuen begeben.
Es ist mein Wunsch, die Rückseite des äusseren Stalles auszuleihen
und den Ibisehbaum zu besteigen, der am Abend stirbt, am Morgen
lebendig wird. Es ist auch nicht nothwendig, dass ein Mann für die
Dauer arm sei.
In den besonderen Überlieferungen von Li-hö wird gesagt:
Kung lebte in Armuth, aber er befasste sich nicht gern mit der
Hervorbringung. Er besass dreissig Morgen Reisfelder und ein Wohn
haus. Er kam in die Mutterstadt, um zu lernen und zu fragen. Er
schrieb um Lohn und verschaffte sich dadurch seinen Unterhalt. Er
war ein Mann von tiefem Wissen, auffallender Zierlichkeit und besass
grosse Urtheilskraft.
In den besonderen Überlieferungen von Kö-lin-tsung wird gesagt.
Das Haus Lin-tsung’ s war arm. Als er das erste Mal des Ler
nens willen umherwandeln wollte, besass er keine Geldmittel. Er
ging zu dem Manne seiner älteren Schwester und lieh von ihm fünf
tausend Kupferstücke. Er zog in die Ferne und gelangte nach
Tsching-kao, wo er sich einem Lehrer anschloss und eine Beschäf
tigung erhielt. Er ass für mehrere Tage. Seine Kleider verhüllten
nicht die Gestalt, und er bediente sich gewöhnlich eines Deckels und
einer Binde. Er ging durch einen Schirm aus und ein. Beim Ein
treten schützte er die Vorderseite. Beim Austreten verdeckte er die
Rückseite.
In den besonderen Überlieferungen von Ping-yuen wird gesagt:
Reichthum und Armuth in dem alten China.
99
Yuen führte den Jünglingsnamen Ken-kiü. In seinem eilften Jahre
verlor er den Vater. Sein Haus war arm und er frühzeitig verwaist.
In der Nachbarschaft befand sich ein Schreibhaus. Yuen ging zu
dessen Seite hinüber und weinte.
Der Lehrer fragte: Warum ist der Knabe traurig?
Yuen sprach: Der Verwaiste ist leicht zu verletzen, der Arme
ist leicht zu rühren. Diese Schreibenden haben gewiss ihren Vater
und ihren älteren Bruder. Was das Eine betrifft, so wünschte ich, dass
ich nicht verwaist wäre. Was das Zweite betrifft, so bin ich begie
rig, an dem Lernen theilzunehmen. Im Herzen schmerzt mich dieses,
und ich weine deswegen.
Der Lehrer ward ebenfalls traurig über die Worte Yuen's und
er sprach weinend: Wenn du schreiben willst, so kannst du schreiben.
In den besonderen Überlieferungen von Hoan-kiai wird gesagt:
Kiai war arm und sparsam. Kaiser Wen besuchte einst sein Wohn
haus und sah, dass die Söhne keine Unterhosen hatten. Kaiser Wen
schlug in die Hände und sprach lachend: Die Söhne eines Altesten
haben keine Unterhosen! — Er schloss die Kinder in die Arme und
nahm sie zu sich in den Wagen.
An diesem Tage ernannte er die zwei Söhne zu Leibwächtern
und liess an das gelbe Thor den Auftrag ergehen, dreissig Kleider
herauszugeben. Indem er dieses schenkte, sprach er: Wenn deine
Kinder fähig sein werden, herbeizueilen, können sie dies in Un
terhosen thun.
In den Überlieferungen von Männern der Schrift (loen-sse-
tschuen) heisst es:
Lieu-liang führte den Jünglingsnamen Man-san. Man nennt ihn
auch mit dem Namen Kien. Derselbe war einer von den Söhnen und
Enkeln des Hauses der Han. In seiner Jugend zeigte er grosse Fä
higkeiten und wurde seiner Belesenheit willen geschätzt. Liang war
arm, er verkaufte gewöhnlich Bücher, um sich Kleider und Speise
zu verschaffen.
In dem Wandel der früheren weisen Männer von Ju-nan Qii-
nan-sien-hien-hang-tschuang) heisst es:
Hu-ting führte den Jünglingsnamen Yuen-ngan und stammte aus
Ying-tschuen. Er zeichnete sich zuletzt im Wandel vor den übrigen Men
schen aus. Als er sich einst in der Trauer befand, gingen Fasanen und
Hasen in seinem Vorhofe umher und der Schnee bedeckte sein inne-
7
100
Pfizmaier
res Haus. Der Befehlshaber des Districtes entsandte Zugetheilte der
Gerichtsdiener der Thüren, damit sie den Schnee durchbrechen und
sich nach Ting erkundigen. Bei Ting war der Vorrath an Kornfrucht
bereits zu Ende gegangen, seine Gattin und seine Kinder lagen in
den Betten. Der Befehlshaber schickte trockenen gerösteten Reis und
machte ihn ihm zum Geschenke. Ting nahm davon die Hälfte an.
In dem Verzeichnisse der Entscheidungen der drei Stützen
(san-fu-kiue-ld) *) heisst es:
Siin-tsching führte den Jünglingsnamen Yün-kung. Sein Haus
war arm, und er trat in keinen Dienst. Er wohnte in der festen Stadt
der Altäre und beschäftigte sich mit dem Weben von Staubschüsseln.
Er war in den Gedichten und in dem Buche der Geschichte bewan
dert und wurde ein Gerichtsdiener der Verdienste der Provinz.
In den Wintermonaten hatte er keine Decke. Er besass ein Bün
del Reisig. Am Abend legte er sich in dasselbe, am Morgen ver
brannte er es.
In den Denkwürdigkeiten des Reiches Hoa-yang wird gesagt:
Tschü-liang führte den Jünglingsnamen Yün-king und war ein
Eingeborner von Scln-fang. Er erhielt seinen Unterricht zu Tschang-
ning in der Provinz Scho. Er ass zerstossene Hülsenfrüchte und
trank Wasser, wobei er Stellen aus Büchern hersagte. Seine Ge
nossen bemitleideten ihn wegen seiner Armuth und reichten ihm Reis
und Fleisch, was er aber nicht annahm. Da sein Haus arm war, ging
er immer zu Fusse. Er wurde ein Gerichtsdiener der Verdienste
der Provinz.
In den Gesprächen des Zeitalters wird gesagt:
Li-hung-to seufzte fortwährend, weil man ihm nicht ernstlich
entgegenkam. In Yang-tscheu wusste man, dass sein Haus arm sei, und
man fragte ihn: Kannst du deinen Sinn beugen für eine Strecke von
hundert Weglängen oder nicht? — Li antwortete: Die Seufzer des
nördlichen Thores sind schon längst in der Höhe gehört worden. Ein
verkommener Affe, der in den Wald entläuft, wie sollte er Zeit haben,
sich den Baum zu wählen? — Sofort bekleidete er ein Amt in dem
District Meu.
In den Gesprächen des gewöhnlichen Lebens heisst es:
*) Die drei Stützen (san-fu) heisst eine Provinz, gebildet aus drei Kreisen: Dem
Kreise der Mutterstadt, dem linken Fu-fung und dem rechten Fu-fung.
Reichthum und Armuth in dem alten China.
101
Lieu-tschin-tschang wohnte in seiner Jugend in Tan-tu. Sein
Haus war äusserst arm, und er wob Schuhe aus Schachtelhalm, um
seine Mutter zu ernähren.
Der Garten der Gespräche sagt:
Tse-sse wohnte in Wei. Er trug einen hänfenen Mantel ohne
Futter. In zweimal zehn Tagen ass er neunmal.
In den vermischten Erzählungen der westlichen Mutterstadt
wird gesagt:
Sse-ma-siang-ju begah sich anfänglich mit (seiner Gattin)
Tschö-wen-kiün nach Tsching-tu. Wen-kiün war arm und niederge
schlagen. Sie ging mit dem Pelze von Sü-schuang •}, in den sie ge
kleidet war, zu Yang-tschang, einem Menschen des Marktes, und
erhandelte dafür Wein. Hierauf kam man überein, nach Tsching-tu
zurückzukehren und den Wein zu verkaufen. Siang-ju legte seihst
einen Badegürtel an und wusch die Gefässe. Er wollte dadurch (den
reichen Schwiegervater) Wang-sün beschämen.
Das Buch Lie-tse sagt:
In Tsi war ein Armer, der auf dem Markte der festen Stadt
bettelte. Er trauerte über sein Elend, doch Keiner von Allen gab ihm
etwas. Er begab sich hierauf zu dem Stalle des Geschlechtes Tien.
Er schloss sich daselbst an die Pferdeknechte, verrichtete Dienste
und entlieh Speise. Die Menschen in der Vorstadt verspotteten ihn
und sagten: Schämst du dich nicht, dass du dich den Pferdeknechten
anschliessest und dich auf diese Weise ernährst? — Der Bettler
sprach: Unter den Dingen, deren man sich in der Welt schämt, geht
nichts über das Betteln. Zu betteln habe ich mich gleichsam nicht
geschämt, warum sollte ich mich der Pferdeknechte schämen?
Dasselbe Buch Lie-tse sagt:
Der Mann des Geschlechtes Kuo von Tsi war sehr reich. Der
Mann des Geschlechtes Hiang von Sung war sehr arm. Dieser begab
sich von Sung nach Tsi, um sich über die Kunst Rath zu erholen.
Der Mann des Geschlechtes Kuö sagte zu ihm: Ich verstand mich
gut auf das Stehlen. Als ich zu stehlen anfing, hatte ich in einem Jahre
mir zur Stelle geschafft. Nach zwei Jahren hatte ich zur Genüge.
Nach drei Jahren hatte ich grossen Überfluss. Seit dieser Zeit ging
*) Der Vogel Su-schuang, eine Art Paradiesvogel.
102
P f i z m a i e r
es weiter und meine Wohlthaten erstrecken sich auf die Provinz und
die Gasse.
Der Mann des Geschlechtes Iliang hatte grosse Freude. Er ver
stand die Worte, dass jener gestohlen hatte, er verstand nicht die
Art und Weise, wie er gestohlen hatte. Er iiherstieg sofort Ring
mauern, durchbohrte innere Häuser, unter dem, was Hände und
Augen erreichten, war nichts, das er nicht durchsuchte. Es währte
nicht lange, als man wegen des Verbrechens des Diebstahls das Ver
mögen seines Vaters einzog.
Weil der Mann des Geschlechtes Kuö ihn getäuscht hatte, reiste
der Mann des Geschlechtes Hiang zu ihm und zeigte sich über ihn
ungehalten.
Der Mann des Geschlechtes Kuo sprach: Schade! Was die
Art und Weise betrifft, wie ich gestohlen habe, so hat der Himmel
die Jahreszeiten, die Erde hat die Erträgnisse. Ich stahl die Erträg
nisse des Himmels und der Erde, die Befeuchtung des Wolkenregens.
Auf meinen Erdhöhen stahl ich die Vögel und die wilden Thiere, in
den Flüssen stahl ich die Schildkröten. Es gibt nichts, das ich nicht
stahl. Das Gold, die Edelsteine, die seltenen Kostbarkeiten, das Ge
treide, die Seidenstoffe, die Güter und die Waaren, welche von den
Menschen gesammelt werden, wie könnten sie Gaben des Himmels
sein? Wenn man sie aber stiehlt und dabei eines Verbrechens schul
dig wird, was für einen Grund hätte man da, ungehalten zu sein?
Das Buch Tschuang-tse sagt:
Yuen-hien nahm seinen Aufenthalt in Lu. Er wohnte in dem
inneren Hause einer Ringmauer. Die Thiire aus Stabwurz war nicht
in Stand gesetzt, die Thürangeln waren von dem Holze des Maul
beerbaumes. Bei dem aus einem Kruge gebildeten Fenster sickerte
es oben durch, unten war es feucht. Er sass auf einer Kiste und
sang zu dem Saitenspiel. Tse-kung fuhr in einem mit grossen
Pferden bespannten Wagen, dessen Inneres blau und dessen Aussen-
seiten weiss waren. Das Vordach und der Wagen hatten in der Gasse
nicht Raum. Er kam, um Yuen-hien zu besuchen. Yuen-hien wandelte
langsam mit einem Stocke und stand an dem Thore. Tse-kung
sprach: Warum bist du, o Meister, krank?
Yuen-hien antwortete ihm und sprach: Wie ich gehört habe,
wird derjenige, der keine Güter besitzt, arm genannt. Denjenigen, der
Iteichthum und Armuth in dem aiten China. 103
die Wege des Gesetzes erlernt hat, aber nicht im Stande ist, auf
ihnen zu wandeln, nennt man krank.
Tse-kung ging im Kreise umher und zog sich mit beschämter
Miene zurück.
Dasselbe Buch Tschuang-tse sagt:
Khung-tse sprach zu Yen-yuen: Dein Haus ist arm, du befindest
dich in einer niedrigen Stellung. Warum trittst du in keinen Dienst?
Er antwortete: Ich habe keine Lust zu dienen. Ich besitze aus
serhalb der Vorstädte fünfzig Morgen Felder. Sie reichen hin, um
mir gerösteten Reis und Grütze zu verschaffen. Zehn Morgen Felder
innerhalb der Vorstädte reichen hin, um Seide und Hanf herbei zu
stellen. Die Trommeln und die Cithern reichen hin zu meinem Ver
gnügen. Was ich von dir, o Meister, gelernt habe, reicht hin zu mei
ner Freude. Ich habe keine Lust zu dienen.
Khung-tse wechselte die Farbe und sprach: 0 wie schön!
Dasselbe Buch Tschuang-tse sagt:
Das Haus Tschuang-tscheu’s war arm. Er ging daher fort, um
sich Hirse von dem Lehensfürsten von Kien-ho zu leihen. Dieser
sprach: Sobald ich das Gold von meiner Stadt erhalten haben werde,
werde ich dir dreihundert Pfund leihen.
Tscheu errüthete vor Zorn und sprach: Als ich gestern kam, war
mitten auf dem Wege Jemand, der nach mir rief. Als ich mich um
sah, war in dem Wagengeleise ein Bars.
Ich fragte ihn: Was ist dir geschehen?
Er antwortete: Ich bin ein Diener der Wellen des östlichen
Meeres. Könntest du mich nicht mit einer Mass oder einem Ganting
Wasser am Leben erhalten?
Ich sagte: Ja. Ich werde im Süden auf der Erde von U und
Yue umherwandeln, das W r asser des westlichen Stromes zurücklei
ten und dir entgegengehen. Darf ich dieses?
Der Bars erröthete vor Zorn und sprach: Wenn ich eine Mass
oder einen Ganting Wasser erlangte, würde ich am Leben bleiben.
Da du dieses sagst, müsstest du mich schon in den Buden der ge
trockneten Fische suchen.
Dasselbe Buch Tschuang-tse sagt:
Tseng-tse lebte in Wei. Wenn er den Kragen zusammenzog,
wurde der Ellbogen sichtbar. Wenn er die Schuhe anzog, fehlte der
Fersentlieil.
104
Pfizmaier
Das Buch Siün-king-tse sagt:
Tse-hia war arm, seine Kleidung glich einer hängenden Wach
tel. Die Menschen sprachen: Warum trittst du in keinen Dienst? —
Er sprach: Bei den Lehensfürsten, welche sich gegen mich stolz
benehmen, werde ich kein Diener. Die Männer, welche sich gegen
mich stolz benehmen, besuche ich nicht mehr.
Das Buch Pao-po-tse sagt:
Hung-pin war vom Leib krumm, er war mager und litt zugleich
an vielen Krankheiten. Er war arm, hesass weder Wagen noch
Pferde und war nicht im Stande, zu Fusse zu gehen. Dornge
büsche wuchsen in seinem Vorhofe und unter dem Gesimse. Huflattig
und Wicken versperrten die Treppe und die Dachtraufe. Indem er
zur Seite die Haselstauden erfasste, trat er aus dem Thor. Indem er
die Gräser zurückschlug, trat er in das innere Haus.
Das Buch Hoai-nan-tse sagt:
Der Arme öffnet im Sommer das Kleid von grobem Tuche und um
gürtet sich mit einer Schnur. Er nimmt in den Mund Hülsenfrüchte
und trinkt Wasser, um die Hitze zu zertheilen. Im Winter trägt er
einen Schafpelz gleich einer dünnen Platte, das kurze Kleid von gro
bem Tuche verdeckt nicht die Gestalt, und er wärmt sich an der
Öffnung des Herdes. Deswegen ist hei dem Aneinanderreihen der
Thüren und dem Zusammenstellen des Volkes zwar kein Unterschied,
allein der Abstand zwischen Armen und Reichen ist ungefähr so
gross wie zwischen den Gebietern der Menschen und den Knechten
und Gefangenen. Es lohnt sich nicht der Mühe, Vergleiche an
zustellen.
Anhang.
Tien-tse-fang verliess einst das Haus und sah ein altes Pferd
auf dem Wege.
Er fragte: Was ist das für ein Pferd?
Der Wagenführer sprach: Die Thiere in dem Hause des Fürsten
sind entkräftet, und man kann sie nicht brauchen. Desswegen lässt
man sie frei.
Tien-tse-fang sprach: Die Thiere, die in der Jugend ihre ganze
Kraft aufgeboten haben, wenn sie alt sind, sie zurückstossen, der
Menschliche thut dieses nicht.
Reichthum und Armuth in dem alten China.
105
Er löste die Thiere durch zusammengewickelte Seidenstoffe aus.
Die elenden Männer, welche dies hörten, wussten, wohin sie sich
im Herzen zu wenden hatten 1 ).
Tschao, König von Tsu, liess eine Einladung an Khung-tse er
gehen. Khung-tse zog aus, um ihm seine Hoachtung zu bezeigen.
Auf dem Wege kam er nach Tschin und Tsai.
Die Grossen dieser Länder hielten mit einander Rath und spra
chen: Khung-tse ist weise und höchstweise. Seine Stachelworte
und sein Tadel treffen die Krankheit der Lehensfürsten. Wenn er in
Tsu verwendet wird, so gerathen Tsin und Tsai in Gefahr.
Sofort entsandte man Krieger zu Fusse, welche sich Khung-tse
entgegenstellten. Khung-tse konnte nicht weiterziehen und seine
Lebensmittel gingen zu Ende. Durch sieben Tage war er ohne allen
Verkehr, mit Brühe von Beifuss konnte er sich nicht sättigen. Seine
Begleiter erkrankten 2 ).
Khung-tse befand sich zwischen Tschin und Tsai in Elend.
Die Brühe von Beifuss wurde nicht gemengt. Tse-lu kochte ein
Schwein. Khung-tse fragte nicht, woher das Fleisch gekommen und
verzehrte es •").
Das Buch Siün-king-tse sagt:
Wenn der Vogel elend ist, so pickt er mit dem Schnabel. Wenn
das wilde Thier elend ist, so packt es mit den Klauen. Wenn der
Mensch elend ist, so befasst er sich mit Trug.
Khung-tse begab sich nach Tsu und wandelte zwischen Tschin
und Tsai. Durch sieben Tage genoss er keine Nahrung. Tse-lu sprach :
Ich habe gehört: Demjenigen, der gut ist, vergilt der Himmel mit
Glück. Demjenigen, der nicht gut ist, vergilt der Himmel mit Unglück.
Jetzt hast du, o Meister, angesammelt die Weise der Tugend, warum
ist ihr Wohnsitz in der Verborgenheit?
Khung-tse sprach: Die wohlriechende Luftblume wächst in den
tiefen Wäldern. Es ist nicht der Fall, dass sie nicht wohlriechend ist,
weil es keine Menschen gibt. Bei dem Weisen, der lernt, ist es nicht
das Nämliche. Wer in keiner Verborgenheit lebt, dessen Gefühle
1 ) Han-schi-wai-tschuen, die äusseren Überlieferungen von Han-schi.
2 ) Die Worte der Häuser.
Das Buch Me-tse.
106
P f i z m a i e r
kommen nicht zum Durchbruch. Wer in keiner Zurückgezogenheit
lebt, dessen Gedanken sind nicht grossartigi).
Das Buch Tschuang-tse sagt:
Wenn die Quelle vertrocknet, befinden sich die Fische in Ge
meinschaft auf dem festen Lande. Sie blasen auf einander, um sich
zu befeuchten. Sie erweichen einander, um zu schwimmen. Sie müs
sen nothwendig auf den Strom und den See vergessen.
Khung-tse befand sich in Elend zwischen Tschin und Tsai.
Durch sieben Tage verzehrte er keine Speise von dem Feuer, die Brühe
vonBeifuss wurde nicht gemengt. Yen-hoei legte das Gemüse zurecht.
Tse-kung und Tse-lu sprachen zu einander: Dem Meister wurde die
Vertreibung zu Theil in Lu. Seine Fussspuren wurden getilgt in Wei.
Seine Bäume wurden gefällt in Sung. Er ist elend in Tschin und
Tsai. Kann ein Weiser so ohne Ehrgefühl sein?
Yen-hoei antwortete nichts, er trat ein und brachte Khung-tse
die Meldung. Khung-tse schob die Cither von sich und sprach seuf
zend: Yeu und Sse sind unbedeutende Menschen. Ich berief sie zu
mir und sprach mit ihnen. Jetzt habe ich an den Wegen der Mensch
lichkeit und Gerechtigkeit festgehalten und habe die Unbilden des
Zeitalters erfahren. Wie könnte dieses das Elend sein? 3 )
Ein Mensch von Lu war geschickt im Weben von Schuhen, seine
Gattin war geschickt im Weben von seidenen Mützen, und sie über
siedelten nach Yue. Jemand sagte zu ihnen: Ihr werdet gewiss in
Elend gerathen. Die Schuhe sind dasjenige, worauf die Menschen
treten, aber die Menschen von Yue besteigen die Schiffe. Die sei
denen Mützen sind dasjenige, womit die Menschen das Haupt be
decken, aber die Menschen von Yue bedecken sich mit ihrem
Haupthaar. Wolltet ihr auch von Elend befreit sein, kann euch die
ses gelingen?«)
Das Buch Hoai-nan-tse sagt:
Vor den elenden und niedrigen Altären 4 ) klopfte man auf die
Schüsseln, schlug die Krüge in gegenseitigem Einklang und sang.
Man hielt dies für eine Musik. Einst versuchte man es, statt dessen
*) Das Buch Siün-king-tse.
3 ) Das Buch Tschuang-tse.
5 ) Das Buch Han-tse.
4 ) Die elenden und niedrigen Altäre sind die kleinen Altäre der elenden Gassen.
Reicht!)um und Armuth in dem alten China.
107
die aufgestellten Trommeln zu rühren, die grossen Glocken zu
schlagen. Jetzt erst erkannte man, dass man sich der Kriige schämen
müsse.
In dem Buche der vermischten Wege (tsä-tao-schu) heisst es:
An dem Fusse des Berges Ti-schi (der Berg der Erdlunge)
wächst eine Pflanze, deren Name Kieu-khiung (die Bettung von dem
Elend). Dieselbe gleicht dem Bambus und verdorrt weder im Winter
noch im Sommer. Wenn man sie pflückt und verzehrt, kann man die
Brodfrucht entbehren und braucht nicht zu essen. Sie bringt bei dem
Menschen das lange Leben zu Wege. Wenn man sie dreissig Tage
einnimmt, erreicht man im Gehen ein laufendes Pferd.
In dem bilderlosen Gedichte des elenden Vogels von Tscliao-yl
heisst es:
Es gibt einen elenden Vogel. Er legt die Flügel zusammen auf
der Hochebene und in der Wildniss. Netze und Seile nähern sich
ihm von oben, Maschinen und Fallgruben befinden sich unter ihm.
Vor sich sieht er den grasgrünen Sperber, hinter sich wird er von
daherjagenden Männern bedrängt. Die Kugelarmbrust mit der Schnur
wird gespannt zu seiner Rechten, der Bogen des Schützenmeisters*
wird gespannt zu seiner Linken. Fliegende Kugeln, Pfeile an Schnü
ren vermengen und sammeln sich bei ihm. Gedenkt er zu fliegen, so
kommt er nicht dazu. Will er singen, so kann er dieses nicht. Erhebt
er sein Haupt, so fürchtet er, anzustossen. Bewegt er den Fuss, so
fürchtet er, zu Boden zu fallen. Sein Inneres ist blos voll Furcht
und Aufregung, es ist bald Eis, bald Feuer.
Khung-tse biess Yen-yuen die Zügel ergreifen und gelangte
über die Umgebungen von Kuang hinaus. Khung-tse hatte in seinem
Äusseren Ähnlichkeit mit Yang-hu, und man glaubte, dass dieser jetzt
wieder zurückgekommen sei. Die Menschen gingen einer dem an
deren voran und schlossen Khung-tse ein. Die Einschliessung hörte
durch mehrere Tage nicht auf, und seine Jünger hatten die Farbe
des Hungers. Khung-tse blickte zum Himmel und sprach seufzend:
Der Weise ist gewiss auch elend!
Tse-lu hörte die Worte Khung-tse's, wie sie schmerzbewegt
waren. Er gerieth in einen heftigen Zorn, riss die Augen auf und
zog das Schwert. Seine Stimme glich den Glocken und den Trom-
108
P f i z m a i e r
mein. Er blickte nach rückwärts und sprach zu den zwei oder drei
Jüngern: Lasset mich in diese Gefahr gerathen 1 )!
Die Erzählung von Khung-schü-yuen im Elend sagt:
Er schickte einen Brief, in welchem er Sün-tschung-khai, dem
Statthalter von I-yang, Kunde gab und seine Noth und seinen Man
gel klagte. Er erhielt zwei Stück dicke Seidenstoffe und einen zer
fallenen Wagen. Er verkaufte diesen und erhielt drei Stück dicke
Seidenstoffe. Dafür kaufte er einen Scheffel Reis und drei Scheffel
Eicheln. Die Menschen, welche davon zehrten, waren fünf und dreis-
sig an der Zahl, und durch hundert Tage fristeten sie dadurch ihr
Leben. Diese Menschen hatten die Gelenke von Störchen und be-
sassen nicht mehr die Farbe des Blutes.
Das Heer von Tsu machte einen Angriff auf Tsching. Es setzte
an dem Fusse des Yü-tschi über 3 ). Es regnete stark, das Heer von
Tsu litt viel von Kälte. Die diensthuenden Fussgänger wurden beinahe
aufgerieben s).
Sin, König von Hau, unterwarf sieb den Hiung-nu's. Der Kaiser
griff ihn an der Spitze eines Heeres an. Er kämpfte ununterbrochen,
machte sich die Siege zu Nutzen und gelangte im Norden nach
Leu-fan. Da fiel starker Regen, die Krieger litten von Hunger und
Kälte 4).
Im vierten Jahre des Zeitraumes Thien-fung (17 n. Chr.) be
gab sich Wang-mang nach den Umgebungen des Südens und Hess
daselbst das Nössel der Macht giessen. Das Nössel der Macht ver
fertigte man aus dem Kupfer der fünf Steine 5 ). Es glich dem Nössel
des Nordens (dem bekannten Sternbilde) und mass zwei Schub fünf
Zoll. Er wollte dadurch die Heeresmenge niederhalten und bewäl
tigen. Als es vollendet war, hiess er den Vorsteher der Befehle es
auf dem Rücken tragen. Wenn Mang auszog, befand es sieb vor
*) Kin-tsao, (las Festhalten der Cither.
2 ) An dem Fusse des Berges Yü-tschi (der Berg der Fischzähne) befand sich ein Fluss.
Daher heisst es, dass das Heer übersetzte.
8 ) Die Überlieferungen von Tso, das dritte Jahr des Fürsten Siang.
4 ) Das Buch der Han.
5 ) Das Kupfer von fünferlei Steinen wurden bearbeitet und daraus das Nössel der Macht
verfertigt.
Reichthum und Armuth in dem alten China.
109
ihm. Wenn er einzog, wurde es zur Seite auf einem Wagen geführt.
An dem Tage, wo man das Nössel goss, trat grosse Kälte ein. Unter
den Menschen und Pferden der Obrigkeiten kamen Fälle von Erfrie
rung vor <)■
Der Vater Pao-kuei's war ein Angestellter des Districtes. Der
selbe machte sich eines Verbrechens schuldig, und der Befehlshaber
wollte ihn tödten. Kuei war dreizehn Jahre alt. Er lag fortwährend
vor dem Thore auf der eisigen Erde, wobei er Tag und Nacht mit
lauter Stimme rief und weinte. Der Befehlshaber war gerührt und
Hess Begnadigung zu Tlieil werden a ).
Wang-tschung-te, der stechende Geschichtschreiber von Siü-
tscheu, erzählte an dem Hofe, dass Tung-yin, der Statthalter von
Hia-pei, auf den Wegen immer weiter gezogen und dass ihn in dem
eilften Monate des Jahres die Kälte überrascht habe. Beim Auszuge
aus der Provinz sei er auf Eis getreten und habe den Schnee über
setzt. Drei Menschen, unter ihnen Wang-me, dem Vorsteher der Re
gister, seien die Füsse durch die Kälte gänzlich ahgelöst worden s).
Fürst King unternahm einen Vergnügungszug auf der kalten
Strasse. Er sah Todte und Verkümmerte. Er verhielt sich schweigend
und fragte nicht.
Yen-tse sprach: Einst unternahm Fürst Hoan, unser früherer
Landesherr, einen Vergnügungszug. Er sah Hungernde und gab ihnen
Speise. Den Kranken gab er Güter. Jetzt unternimmst du, o Gebie
ter, einen Vergnügungszug auf der kalten Strasse. Die Hungernden
und Frierenden, die Todten und Verkümmerten blicken auf einander.
Doch du, o Gebieter, fragst nicht, du hast den Weg des Gebieters
ausser Acht gelassen.
Der Fürst Hess jetzt die Todten und Verkümmerten aufheben.
Er verabfolgte Getreide und unterstützte die Armen. Durch drei
Monate unternahm er keinen Vergnügungszug 4 ).
Ko-i mied Tsi und begab sich nach Lu. Erst als grosse Kälte
eintrat, übernachtete er mit einem Jünger jenseits der Umgebungen.
Als die Kälte zunahm, sagte er zu dem Jünger: Wenn du mir das
Das Buch der Han.
3 ) Die entscheidenden Verzeichnisse der drei Stützen.
3 ) Tsin-yuen-kia-khi-khiü-tschü.
4 ) Der Frühling und Herbst Yen-tse’s.
P f i z m a i e r
110
Kleid gibst, bleibe ich am Leben. Wenn ich dir das Kleid gebe,
bleibst du am Leben. Ich hin ein vorzüglicher Mann des Reiches,
und die Welt trauert über meinen Tod. Du bist ein entarteter
Mensch, und man braucht sich um dich nicht zu betrüben. Gib mir
das Kleid.
Der Jünger sprach: Wie kann ein entarteter Mensch einem
vorzüglichen Manne des Reiches das Kleid geben?
Ko-i zog sein Kleid aus und gab es dem Jünger. Um Mitter
nacht starb er, jedoch der Jünger blieb am Lebeni).
Tseng-tse war in seiner Jugend wohlwollend, menschlich und
von Elternliebe erfüllt. Er trieb Ackerbau an dem Fusse des Tai-san.
Es kam langwieriger Regen, der ihn benetzte. Es fiel Schnee, der
Kälte verursachte. Einen ganzen Monat konnte er nicht zurückkehren,
und er dichtete das Lied der traurigen Gedanken 2 ).
In Tsi war grosse Hungersnoth. Kien-ngao speiste auf dem
Wege. Er wartete auf die Hungernden und speiste sie. Es war ein
Hungernder, der mit dem Ärmelkleide bedeckt war und die Schuhe
zusammenlegte. Er kam mit trübem Blicke. Kien-ngao reichte ihm mit
der linken Hand Speise, mit der rechten Hand hielt er das Getränk. Er
sprach: Ich bedauere! Komm Und iss! — Jener öffnete die Augen
und blickte ihn an. Dabei sprach er: Ich verzehre nicht die Speise
desjenigen, der mich bedauert und kommen heisst, und ich bin bis
dahin gelangt s). — Er näherte sich und bedankte sich. Er verzehrte
durchaus nichts und starb »).
Der Kaiser gab einem Manne, der gut die Menschen beobachtete,
den Auftrag, Teng-thung zu beobachten. Der Menschenbeobachter
sprach: Er wird den Tod des Hungers sterben. — Kaiser Wen
sprach: Es kommt auf mich an, oh ich Thung bereichern will. Warum
sprichst du von Armuth?
*) Der Frühling und Herbst des Geschlechtes Litt.
2 ) Das Festhalten der Cither (Kin-tsao).
s ) Die Worte: „Ich bedauere! komm und iss!“ bekunden zwar Mitleid, aber wenn
man sie Jemanden zuruft, zeugen sie von keiner Hochachtung.
*) Li-ki-tan-kiung.
■
Reichthum und Armuth in dem alten China. lll
Er schenkte somit Teng-thung den Kupferberg von Yen-tao in
Scho und setzte ihn in Stand, Kupfermünzen zu giessen.
Als Kaiser King zur Nachfolge gelangte, gab Jemand an, dass
Teng-thung das gegossene Kupfergeld raube und über die Grenzen
ausführe. Die Sache wurde den Gerichten überwiesen, und bei der
Untersuchung zeigte es sich, dass etwas Wahres zu Grunde liege.
Das Urtheil lautete, dass sein ganzes Vermögen eingezogen werden
solle. Teng-thung war nicht einmal fähig, eine Haarnadel aufzusetzen,
und er starb hierauf den Tod des Hungers >).
Tsu machte einen Angriff auf Tschung-san. Der Landesfürst
von Tschung-san entfloh. Es waren zwei Männer, die in der Hand
Lanzen hielten und ihm nachfolgten. Sie sprachen: Unser Vater war
einst hungrig und im Begriffe zu sterben. Du, o Gebieter, reichtest
ihm den Topf herab und speistest ihn. Unser Vater sprach: In
Tschung-san gibt es etwas zu thun, ihr müsset für ihn sterben.
Desswegen kamen wir, um für dich, o Gebieter, zu sterben 2 ).
Als Kaiser Yuen zur Nachfolge gelangte, waren in der Welt
grosse Überschwemmungen. In den eilf Provinzen östlich von dem
Grenzpasse waren die stärksten. Im zweiten Jahre war Hungersnoth
in dem Lande von Tsi, der Scheffel Kornfrucht kostete dreissigmal
zehntausend Stücke Geldes, das Volk starb häufig den Tod des Hun
gers. In der Provinz Lang-ye verzehrten die Menschen einer den
anderen s).
In den letzten Jahren Wang-mangs’s verbrannten die rothen
Augenbrauen die Paläste, die inneren Häuser, die Märkte und Gassen
von Tschang-ngan, um Keng-schi zu schaden. Das Volk litt Hunger
und verzehrte sich gegenseitig. Es starben mehrere Hunderttausende.
Tschang-ngan verödete, innerhalb der Stadtmauern wandelten keine
Menschen. Die Ahnentempel, Gärten und Wälder wurden umgewiihlt
und aufgegraben. Bios Pa-ling wurde in den Stand gesetzt 4 ).
Gegen das Ende der Jahre Wang-mang’s herrschte in den
südlichen Gegenden Dürre und Trockenheit. Das Volk litt häufig
Sse-ki.
2 ) Die Tafeln der kämpfenden Reiche.
8 ) Das Buch der Han.
4 )
Das Buch der Han.
d
112
P f i z m a i e r
Hunger, die Räuber drangen in die Sümpfe der Wildnisse, gruben
die Entenwicken aus und verzehrten sie').
Im ersten Monate des neunten Jahres des Zeitraumes Kien-wu
(33 n. Chr.) verliess Wei-ngao aus Hunger die Feste und verzehrte
gerösteten Reis. Sein Bauch schwoll und er starb a ).
Tschü-pö überreichte an dem Hofe ein Schreiben, worin er
(den Feldherrn) Ma-yuen bemängelte und sagte: Im achten Jahre 3 )
straften die Wagen Wei-ngao. Dieser machte bloss Ti-tao zu seinem
Reiche und vertheidigte sich hartnäckig. Die Krieger und das Volk
litten Hunger. Sie benagten Armbrüste, kochten Schuhe und fristeten
ihr Leben durch Augenblicke 4 ).
Der Kaiser stellte an Ti-u-lün die Frage: Ich habe gehört, dass
du als Angestellter der Gerichte den Vater deiner Gattin schlugst
und deinen Neffen keine Speise verabreichtest. Sollte dies der Fall
gewesen sein?
Lün antwortetete: Ich war dreimal verheirathet und meine
Frauen hatten keinen Vater. Meine Geburt fiel in die Zeit der Hun-
gersnoth und der Wirren. Der Scheffel Reis kostete zehntausend
Stücke Geldes. Ich getraute mich nicht, unnöthiger Weise den
Menschen Speise zukommen zu lassen 5 ).
Als Wang-lang sich erhob, eilte der Kaiser aus dem Südosten
von Ki herbei. Am frühen Morgen und in der Nacht weilte er in
Grashütten und er gelangte zu den Blockhäusern der Dickichte von
Schao-yang. Um diese Zeit traten Kälte und Frost ein, die Menge
des Heeres litt an Hunger und Erschöpfung. (Der Feldherr) Fung-I
reichte dem Kaiser einen Brei von Hülsenfrüchten. Am nächsten
Morgen sprach der Kaiser zu seinen Heerführern: Gestern erhielt ich
von Kung-sün einen Brei aus Hülsenfrüchten. Der Hunger und die
Kälte sind geschwunden 6 ).
Tcng-yü kämpfte mit den rotlien Augenbrauen. Die rothen
Augenbrauen stellten sich geschlagen, sie Hessen die Lastwagen
1) Die Geschichte der Han von der östlichen Warte.
2 ) Die Geschichte der Han von der östlichen Warte.
s ) Im achten Jahre des Zeitraumes Kien-wu (32 n. Chr).
4 ) Die Geschichte der östlichen Han.
5 ) Tung-kuan-han-ki.
6 ) Tung-kuan-han-ki.
Reichthum und Armuth in dem alten China.
113
zurück und entflohen. Sie beluden die Wagen mit Erde und bedeck
ten den oberen Theil mit Hülseufrüchten. Die Krieger litten Hunger
und wetteiferten, sie wegzunehmen. Die rotheu Augenbrauen kehrten
sofort zurück und machten einen Angrift'. Das Kriegsheer schmolz
zusammen und gerieth in Unordnung.
Um diese Zeit herrschte unter den Geschlechtern des Volkes
Hungersnoth und die Menschen verzehrten einer den andern. Ein
Pfund gelben Goldes vertauschte man gegen fünf Ganting Reis. Die
Wege waren abgeschnitten und ungangbar, die Zufuhren gelangten
nicht zur Stelle. Sämmtliche Krieger des Heeres benützten die Samen
der Früchte als Mundvorrath 1 ).
Keng-kung befand sich in der festen Stadt Su-11 und keine
Streitmacht erschien zum Entsätze. Nach einigen Monaten waren die
Lebensmittel zu Ende gegangen, und es herrschte Elend und Noth.
Er kochte jetzt Panzer und Armbrüste und verzehrte Sehnen und
Leder 2 ).
In der Welt herrschte Unordnung und die Menschen verzehrten
einer den andern. Li, der jüngere Bruder Tschao-hiao’s, wurde von
hungrigen Mördern gefangen. Hiao erfuhr dieses. Er band sich
sofort selbst, ging zu den Mördern und sprach: Li hat lange Zeit
Hunger gelitten und ist abgemagert, er ist nicht so gut wie ich, der
ich fett und satt hin. — Die Mörder erschraken heftig und ent-
liessen sie Beide 2 ).
Die rothen Augenbrauen drangen in Tschang-ngan. In den
Seitengebäuden des Palastes befanden sich mehrere hundert bis
tausend Menschen. Seit der Zeit, als Keng-schi geschlagen worden,
verschlossen sie das Thor der Vorhalle und traten nicht heraus. Sie
gruben die Wurzeln des in dem Vorhofe wachsenden Schilfrohres
aus, fingen die Fische in dem Teiche und verzehrten sie. Die Todten
wurden in dem Palaste begraben.
Daselbst befand sich ein alter Tempel. Ein Tonkünstler aus
Kan-tsiuen schlug noch immer in ihrer Gesellschaft die Trommel,
sang und tanzte. Seine Kleidung war dünn und durchsichtig. Er sah
Fen-tse, schlug das Haupt gegen den Boden und sagte, dass er hungrig
J ) Tung-kuan-han-ki.
2 ) Tung-kuan-han-ki.
*) Das Buch der späteren Han von Sie-sching.
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LVIII. Bd. II. Hft.
8
P f i /. m a i e f
114
sei. Fen-tse gab den Auftrag, dass ihm das gelbe Thor der Mitte
einige Ganting Hirse schenke. Später entfernte sich Fen-tse, und
Alle starben den Tod des Hungers •).
Die Macht Teng-yü’s schwand allmählich, und er litt überdies
Mangel an Lebensmitteln. Seine Anhänger zerstreuten sich, und die
rothen Augenbrauen drangen wieder in Tschang-ngan. Yii kämpfte
mit ihnen, wurde geschlagen und floh. Er erreichte Kao-ling. Die
Krieger seines Heeres litten Hunger und lebten von Kreuzdorn
früchten und Gemüse 2 ).
Die kaiserlichen Wagen gelangten nach Lö-yang. Um diese
Zeit waren alle Paläste und inneren Häuser verbrannt, die Obrig
keiten bedeckten sich mit Dorngebüsch und stützten sich an die
Wände der Erdhügel. Sie hörten, dass die Landschaften und Pro
vinzen überall starke Streitkräfte enthalten und dass die Zufuhren
nicht eintreffen. Die Gefährten litten Hunger und Mangel. Von dem
obersten Buchführer und den Leibwächtern abwärts traten sie hinaus
und pflückten wilden Reis. Einige starben den Tod des Hungers
innerhalb der Mauern und Wände s ).
Als Yuen-sehö sich in Scheu-tschün befand, kostete der
Scheffel Kornfrucht über hundertmal zehntausend Stücke Geldes. Er
lud Gold- und Kupfermünzen auf einen Wagen, begab sich auf den
Markt und suchte Reis zu kaufen. Auf dem Markte war kein Reis,
und er liess die Kupfermünzen zurück und entfernte sich. Die Ge
schlechter des Volkes litten Hunger und Kälte. Man benützte Maul
beeren und Heuschrecken als trockene Speise 4 ).
Lieu-kuen sprach zu dem Reichsgehilfen Tsien: Dass ich das
Kriegsheer nicht vorwärts bringen kann, ist in der That, weil ich
keine Lebensmittel besitze. Das noch (ihrige Volk zerstreut sich
gleich den Vögeln, es ist von seinem Haupthaar umschlungen und
geht barfuss. Wenn die hölzernen Bogen einmal gespannt werden,
kommen zehn Dornenpfeile hervor. Zusammengeheftete Pflanzen
ergänzen den Mundvorrath und genügen nicht für volle zwei Tage,
im Sommer sind es Maulbeeren, im Winter sind es wilde Bohnen.
*) Das Buch der späteren Han von Yuen-san-sung.
2 ) Das Buch der späteren Han von Fan-hoa.
*0 Die Überlieferungen von dem Kaiser Hien von Han.
Die Denkwürdigkeiten von U.
Reichthum mul Annnlh in dom alten China.
11 5
Wenn ich dies betrachte, seulze ich traurig, es macht den Muth des
Menschen schwinden. Ich fürchte, dass U-sün und Han-pe dies viel
leicht noch immer für ein Unglück halten würden, um wie viel mehr
ich bei meiner Zaghaftigkeit und Schwäche. Wer Gaben besitzt, soll
sich hier an die Spitze stellen und den Räubereien ein Ende machen ').
Wang-ni führte den Jünglingsnamen Ki-sün. Als in Lö-yang
Umsturz und Untergang sich ereigneten, ging er den Wirren aus dem
Wege. Zu den Zeiten des Königs Teng von Kiang-hia wurde er ein
stechender Geschichtschreiber von King-tscheu. Er besuchte den
König, und dieser hatte an ihm grosse Freude und beschenkte ihn
reichlich.
Ni hatte sein Weib frühzeitig verloren und besass blos einen
Sohn. Er brauchte kein Wohnhaus, sondern hielt sich blos einen
Leiterwagen und ein Rind. So oft er sich auf den Weg machen
sollte, liiess er ohne Umstände das Kind den Wagen lenken. Wenn
der Abend kam, übernachtete er auf dem Wagen. Er hatte keinen
bestimmten Aufenthaltsort.
Als Teng starb, war in King-tscheu Hungersnoth und Miss-,
wachs. Ni tödtete das Rind, zerstörte den Wagen und briet es.
Zuletzt starben Vater und Sohn den Tod des Hungers 3 ).
Der Vater Yue-scln’s litt Kälte und Hunger. Er wurde durch
drei Jahre der Knecht eines Menschen. Yen-tse löste das linke Pferd
des Dreigespanns und kaufte ihn los»).
In Thsin war grosse Hungersnoth. Der Lehensfürst von Ying sprach
zu dem Könige: Die Pflanzen, das Gemüse, die Eicheln, die Früchte,
die Kreuzdornfrüchte und die Kastanien meines Gartens genügen,
um das Volk am Leben zu erhalten. Ich bitte, ihn eröffnen zu dürfen.
Der König sprach: Wenn wir jetzt unsere Gärten eröffnen, um
das Volk am Leben zu erhalten, so würden wir dadurch bewirken,
dass die Würdigen und die Unwürdigen wetteifern, sich der Gegen
stände zu bemächtigen. Ehe die Menschen leben und Unordnung
erregen, mögen sie lieber sterben und sich im Zustand der Ordnung
befinden 4 ).
*) Das Buch der Tsin von Wang-yin.
2 ) Das Buch Tschung-hing von Tsin.
8 ) Der Frühling und Herbst von Yen-tse.
4 ) Das Buch Han-tse.
8 *
116
Pfizmaier
In dem Hause Hoei-tse’s herrschten Elend und Hunger. Durch
mehrere Tage hatte er kein Feuer angezündet. Er besuchte den
König von Liang. Der König sprach: Der Weizen des Sommers ist
eben reif. Ich bitte, ihn für dich schneiden zu dürfen. Darf ich
dieses?
Hoei-tse sprach: Ja bin so eben zu dem Hauptwasser unter den
Rinnsalen gegangen. Ein Mensch ertrank daselbst in der Strömung
und wurde nach abwärts getrieben. Er rief mich an, dass ich ihn
rette. Ich antwortete ihm: Ich bin kein guter Schwimmer. Ich werde
für dich den König des östlichen Yue um Hilfe anrufen. Er wird
einen seiner guten Schwimmer wählen, damit er dich rette. Darf ich
dieses? — Der Ertrinkende sprach: Wenn ich den Beistand eines
Kürbisses erhalte, so bleibe ich am Leben. Wenn du den König des
östlichen Yue um Hilfe anrufst und dieser einen seiner guten Schwim
mer wählt, damit er mich rette, so suche mich lieber in dem Bauche
der Fische und Drachen auf dem Boden des vielfachen Abgrunds der
•Wasser <).
Der Fürst von Tschi erlebte die Trauer und die Wirren von
Yung-kia 2 ). Er war elend und hungrig, die Menschen des Bezirkes
speisten ihn gemeinschaftlich. Der Fürst führte an der Hand zwei
kleine Kinder, einen Sohn seines älteren Bruders und einen Neffen
von mütterlicher Seite, und ging, um zu speisen.
Die Menschen des Bezirkes sprachen: Von uns selbst ist Jeder
elend und hungrig. Weil du, o Gebieter, weise bist, wollen wir dich,
o Gebieter, gemeinschaftlich am Leben erhalten. Wir fürchten, dass
wir nicht im Stande sein werden, Speise hinzuzugeben.
Der Fürst ging jetzt allein zum Speisen. Als er hiermit zu Ende
war, nahm er ohne Weiteres die Speisen in den Mund und stellte die
Wangen zur Schau. Als er zurückkehrte, nahm er es aus dem Mund
und gab es den zwei Kindern. Später wurden Alle am Leben er
halten 3 ).
Der alte Markt des Districtes Lö-ngan war wüst und in einem
Zustande der Unordnung. Die Menschen des Volkes waren daselbst
Hungers gestorben und die vertrockneten Gebeine erfüllten die Erde.
*) Das Buch Fu-tse.
2 ) Der Zeitraum Yung-kia (307—312 n. Chr.)
3 ) Die Gespräche des Zeitalters.
Reichthum und Armuth in dem ulten China.
117
So oft der Himmel sich verfinsterte und Regen eintreten wollte, hörte
man sofort ein Summen und Pfeifen, und Seufzerlaute klangen vor
dem Ohr !)•
In den alten glänzenden Liedern (ku-yen-ko) heisst es:
Wenn man im Wandeln nicht den Wegen folgt, kommt man
hinüber zu den Abhängen der Berge. Wenn Pferde die Blätter der
Pistazie verzehren, wenn Menschen das Harz der Pistazie verzehren,
dürfen sie dies nicht his zur Sättigung. Man kann kurz zurHungers-
notli übergehen.
Das Gedicht von Fu-yuen sagt:
Gluth und Dürre erstrecken sich durch drei Jahreszeiten, die
Kreisläufe des Himmels haben ihren Weg verfehlt. In der Mitte des
Flusses erhebt sich fliegender Staub, in der Wildniss und auf den
Feldern wachsen keine Pflanzen. Hat man einmal den Berg der dop
pelten Erdhügel verzehrt, ist man darüber traurig und stirbt als
Greis. Der Landesfürst hat kein halbes Korn als Vorrath, Gestalt und
Schatten bewahren einander nicht.
i ) Die Verzeichnisse des Dunklen und des Hellen.
Verzeichntes der eingegangenen Druckschriften.
119
VERZEICHNISS
DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(FEBRUAR 1868.)
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats
bericht. September, October 1867. Berlin; 8°.
Central-Commission, k. k. statistische: Ausweise über den
auswärtigen Handel Österreichs im Sonnenjahre 1866. (XXVII.
Jahrgang.) Wien, 1867; 4°.
Helfert, Joseph Alexander Freiherr von, Russland und die katho
lische Kirche in Polen. (Aus der österr. Revue 1864— 1867
besonders abgedruckt.) Wien, 1867; gr. 8°.
Istituto, Reale, Veneto di Scienze, Lettere ed Arti: Atti. TomoXIII 0 .
Serie IIP, Disp. 1“ —2 a . Venezia, 1867 - 1868; 8».
Maatschappij der Nederlandsche Letterkunde: Handelingen en
Mededeelingen over bet Jaar 1867. -— Bijlage tot de Hande
lingen van 1867. Leiden, 1867; 8°. — Gedenkschrift. 1766—
1866. Leiden, 1867; 8°. — Feestrede bij de Viering van bet
Eeuwgetijde .... den 20. Juni 1867. Door M. de Vries.
Leiden, 1867; 8".
Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und
Erhaltung der Baudenkmale. XII. Jahrgang. November — Decem-
ber 1867. Wien; 4°.
Palacky, Franz, Geschichte von Böhmen. V. Band, 2. Abtheilung.
(Böhmisch und deutsch.) Prag, 1867; 8°.
I *U Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de
l'ötranger. V° Annee, Nr. 8—11. Paris & Bruxelles, 1868; 4».
Scherzet*, Karl von, Statistisch-commercielle Ergebnisse einer
Reise um die Erde, unternommen an Bord der üsterr. Fregatte
Novara in den Jahren 1857—1859. (Zweite Auflage.) Leipzig
& Wien, 1867; kl. 4°.
Society, the Asiatic, of Bengal: Journal. Part II, Nro. 1, 1867.
Calcutta; 8«.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
LVIII. BAND. III. HEFT.
JAHRGANG 1868. — MÄRZ.
9
Commissionsbericht.
123
SITZUNG VOM 11. MÄRZ 1868.
Der Secretär legt vor:
1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung des
Herrn Prof. A. Mussafia: „Zur rumänischen Vocalisation“;
2. ein Ansuchen des Ausschusses des Vereines für Geschichte
der Deutschen in Böhmen und des correspondirenden Mitgliedes
Herrn E. Wocel um Mittheilung einer Anzahl akademischer Druck
schriften ;
3. eine Einladung der Universität in Lund zu dem im Mai d. J.
zu begehenden zweihundertjährigen Jubiläum;
4. eine Note des Herrn k. k. Landespräsidenten in Salzburg
vom 22. Februar 1. J., womit für die Weisthümer-Commission einige
im Landesarchive aufgefundene Documente mitgetheilt werden.
SITZUNG VOM 18. MÄRZ 1868.
Der Secretär legt vor:
1. Eine Abhandlung des Herrn Joseph Strobl in Wien: „Über
Heinrich von Neustadt. I. Apollonius von Tyrland“, mit der Bitte des
Verfassers um Aufnahme in die Sitzungsberichte.
2. Den Schlussband der mit Unterstützung der kais, Aka
demie herausgegebenen Acta Carolinorum des Herrn Professor Dr.
Th. Sickel;
3. den fünften und sechsten Band der „Geschichte des Ab
falles der Griechen vom.türkischen Reiche“ von Sr. Excellenz dem
Herrn Freih. von Prokesch-Osten, mit welchen Bänden das
ganze Werk abgeschlossen ist.
9*
124
Coramissionsbericht.
Das w. M. Herr kais. Rath Dr. A. v. Meiller beendigt den in
der Sitzung vom 12. Februar begonnenen und am 19. Februar
fortgesetzten Vortrag über das Chronicon Conradi de Wizzenberg.
SITZUNG VOM 26. MÄRZ 1868.
Der Secretär legt vor:
1. Eine Abhandlung des correspondirenden Mitgliedes Herrn
Dr. B. Dudik: „Über Ablasstafeln“;
2. eine Abhandlung des Herrn Dr. P. A. Dethier in Constan-
tinopel: „Derrhiopos, ou rapport detaille sur une Conference tenue
dam le Sgllogos grec de Constantinople le 9 mars 1868 concer-
nant une inscription grecque inedite d'un peuple satyre lacustre
3. ein Programm, betreffend eine von Herrn Dr. W. F. A.
Behrnauer in Dresden herauszugebende Sammlung von pboto-
lithographirten arabischen, persischen und türkischen Texten.
Das w. M. Herr Dr. August Pfizmaier legt vor eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: .Beiträge zur Geschichte
der Edelsteine und des Goldes.“
Zur rumänischen Yocalisation.
12s
Zur rumänischen Vocalisation.
Von dem c. M. A. Mussafia.
Die rumänische Vocalisation weist manche Eigenthümlichkeiten
auf, welche ihren Grund besonders darin finden, dass in dieser
Sprache mehr als in irgend einem romanischen Idiome die Gestalt
des Vocals dem Einfluss des vorangehenden oder nachfolgenden Con-
sonanten oder Vocals oder auch des in der folgenden Sylbe enthal
tenen Vocals unterworfen ist. Ich bringe hier drei Erscheinungen zur
Sprache, die mir einer ausführlicheren, ins Einzelne gehenden Erörte
rung werth erscheinen. Bei meinerUntersuchung beschränke ich mich
auf den lateinischen Bestandtheil der Sprache, als auf jenen den
ich mit Sicherheit beurtheilen kann i).
I. Diphthongierung von betontem o und e.
&. Betontes o — öa-
1. Betontes o, dem e oder e folgt, wird offen und breit augespro-
ehen; es hört sich wie oa (mit dem Accente vorzugsweise auf dem o)
und wird so auch am besten bezeichnet. Die Formel lautet demnach:
ö ... e, e == oa,
6 ... i (i), u (u) — 6 2 )
*) Ich verdanke viel den einheimischen Grammatikern, unter welchen ich Moinar,
Cipariu und Pumnul besonders hervorheben will. Mündliche Mittheilungen von
Seite einiger meiner Zuhörer leisteten mir ebenfalls dankenswerthe Hilfe.
2 ) Noatinü (annotinus) und soarice (soricem) scheinen oa vor folgendem i zu haben;
indessen ist ? der vorletzten Sylbe von Proparoxytona immer einem«? gleich (ferece,
limpede, oau\fni, pur ec e, puntece u. s. w.), so dass noatenü soarece als die gemein
ten Formen anzusehen sind. Letztere kommen in der That mehrfach vor.
126
M ii s s a f i n
Z. B. lat. porta, rum. poarte; lat. florem, rum. floare — aber lat.
coquis, rum. koci; lat. homo, rum. omü.
2. Ein solches oa kann sich auch (nach Labialen und r, s) zu
a vereinfachen: afare (ad-foras) statt afoare; koraste (colostra)
mit der weniger volkstümlichen Nebenform kolastre 3 ).
3. Die Quantität des o hat auf die Diphthongierung keinen Ein
fluss : langes, kurzes und Positions- o verhalten sich auf vollkommen
gleiche Art.
4. Eben so wenig ist diese rein lautliche Erscheinung auf irgend
eine Gattung von Wörtern beschränkt; auch Indeclinabilia nehmen
daran Theil: so, ausser dem eben erwähnten afare, aproape (ad-
prope), foarte (fortem).
5. Secundäres o wird ebenfalls zu oa: innoate (in-natat),
foarne (famesj.
Dieses lautliche Gesetz zeigt sich besonders in der Flexion thätig.
Nominalflexion.
flenus.
(i. Masculina auf« haben 6; die entsprechenden Feminina auf e
haben oa.
dom/m doumne, porkü poarke, sotzü soatze, nepotü nepoate,
sokru soakre.
}
Das Suffix -dlus, in romanischer Betonung -ölus, wird zu orü-
und oare: kepriorü und keprioare (capreolus), fretziorü und
sorioare (sor-eolaj.
Das Suffix-torius, aus tor erweitert, wird zu toriü und toare:
leudetoriü leudetoare, lucretoriü lucretoare. Eben so adepetoare
(ad-aqu-atoria), privighetoare (per-vigilatoria).
Das Suffix -onius, aus on erweitert, das sowol zur Augmenta
tion als zur Motion dient, wird zu oiü und oae: vulpoiü; lupoae,
ursoae. Durch Einschiebung von -ik- entsteht dann für das Femininum
die Form ou-ik-e: dumnezoaike neben dumnezoae („Göttin“),
iepuroaike neben iepuroae-
Mau vergleiche auch pomü (pomus) und poame (poma, Plur.
von ponium), sor/jü und soarbe.
“) nie dritte Person Sing, des Auxiliäre vojü (rtol-eoj lautet va; ich feilte diese Form
aus vol-et voale va[lej; a statt oa nach v.
Zur rumänischen Vocalisation.
127
Nicht anders bei Adjectiven und Participien:
koptü fcoapte (coctas)
fostü foaste (Tarte, von esst;)
mortü moarte (mortuus)
orbu oarbe (orbm)
roibü roaibe (rubeus) 4 )
Suffix -osns: osü oase:
y
apetosü apetoase (aqu-at-osus) fruinösü frumoase ('formosusj.
rosa roase (rusms)
skosü skoase (excussns)
torsu toarse (Ttc. von torquere)
totu tonte (totus)■
Numerus.
7. Die Nomina der I. Declination, welche im Singular mit -eund
im Plural mit -e ausgehen, bewahren in beiden Numeri das on. Also
von den Femininis, die 4 erwähnt wurden, lautet der Plural: i/oa-
mne, nepoate, poarce, soakre, keprioare, sorioure; dumnezoaice,
iepuroaice; poame, soarbe; koapte, foaste, moarte, oarbe, roaibe,
roase, skoase, toarse, toate; apetoase, frumoase.
Andere Beispiele wären:
koarne komme fcoma) skoartze skoartze (\t. scorza).
koapse koapse (co.va) skroafe skroafe (scrofa)
konsoarte konsoarte (con-sort-em) toamne toamne (autumnus)
koroane koroane (corona) vioare vioare (vtiola)
ko aste, koaste (costa)
Die Nomina mit dem Plur. auf i haben im Singulare oa, im Plur.
o; leudetorl, adepetori, privighetori. Dazu :
eikoare eikort (cichoria) ploaie ploi fpiuvia)
foaie foi (folia) poarte portzi (porta)
vioare mori (mola) toarte tortzi ('„Henkel“ torta)
Manche haben eine doppelte Form im Plural:
koade koade und kozi oare oare und ori
koarde koarde ,, korzi roate roate „ rotzV
oale oale „ oll skoale skoale „ skoli.
8. Die Nomina der II. Declination, welche im Plurale auf e oder
e ausgehen, diphthongieren das betonte o.
poporü popoare (popuhis) 5 ) osü oase fos-suvi).
koiü koaie fcolea) periodü perioade.
Aber au» dem Substantiv rubia roibe mit einfachem o.
7 y
5 ) Auch popoare. Oü (ovum) hat oue, nicht oaiie.
M u s s a f i a
1 28
Suffix -orü:
aksor aksoare (\i. agliicciuolo) piciorü picioare (petiolns).
Suffix -onü:
balkonu balkoane pavilonu paviloane.
Manche schwanken im Plural zwischen oa. . .e und o. . .uri.
akordü akoarde und akorduri sinodü sitioade und sinoduri
kartonü kartoane „ kartonuri seponü sepoane „ seponuri
kornü koarne „ kornuri transportü transpoarte und
transporturi
Andere schwanken zwischen oa. ■ .e und o. . .i
atomü atoame u. atomi flokü floake u. floci.
Oder es kommen alle drei Ausgänge vor:
kotü honte koturi (cubitus).
9. Die Nomina der III. Declination haben im Sing. oa...e,
im Plur. o. . . i.
foule foi (follisj oae oi (ovis) soare sori (solcmj
noapte noptzi (noctem) oa.de osti (hostis) soarte sortzi (sortem)
Ausgang - orem:
floare flori sudoare sudort
Adjectiv: moale moi (mollkj.
Vereinzelt stellI amu oameni (homo homines).
Casus.
10. Der Vocativ der Maseulina der II. hat oa wegen des e des
Auslautes: aus domuü, do'amne; aus vepotu, nepoate. Bemerkens
werth ist jedoch» dass das oa des Femininums auch im Vocativ ver
harrt, trotz des Ausganges o: wie donmne, so auch Voc. doamno.
V erbalflexion.
11. In der I. Conjugation haben oa: die 3. Sing, und Plur.
Präs. lud. und die gleichlautende 2. Sing. Imper. wegen des auslau
tenden e; dann die 3. Sing, und Plur. Conj. wegen des auslautenden e.
Also aus purtä (portare; flexionsbetonte Formen haben u, stamm-
betonte aber o und zwar o vor i und ü, oa vor e und ej wohl porlu
ß ) Auch kotc ohne Diphthongierung.
Zur rumänischen Vocalisation.
129
portzi aber poarte und im Plurale: purtem purtdtzi aber poartc
(portant). Imp. poarte, Conj. poarte.
Andere Verba sind :
insura
innotü
rugd
sburd
zukd
insoare insoare (uxororj
innoatc imioate (in-nato)
roage roage (rogo)
sboare sboare fex-volo)
zoake zoace (jocoj
12, Inden anderen Conjugationen weisenoa auf: die 3. Sing.Ind.
wegen e; die 3. Sing, und Plur. Conj. wegen e. Überdies in den
Verben auf ere: die 1. 2. Plur. Ind., die 2. Sing. Imp. und der Infi
nitiv, endlich bei den starken Verben auch die 3. Sing. Perf. Ind.
wegen des folgenden e. Also aus pute (pot-ere mit gleichem Vocal-
wecbsel wie bei purtd) wohl potu (auch pociü, ans pot-eo; tj = c)
polzi aber poate; im Plurale put cm putetzi potu. Conj. poate (pot-
cat, -eant). — Aus coquere Inf. koace; dann wohl kokü koci aber
koace und im Plur.köacem köacetzi (coquimus coquitis', i=e), aber
aus coquunt, kokü. Imp. koace (coque); Conj. ko alte (coquat u. co-
quantj. Perf. koapse (coxit) 7 ). —Muri (morire; unbet. u, bet.
o, oa): moru mori moare miirim muritzi morü. Conj. moare.
Andere Beispiele wären:
II. (Iure doare doare (dolco);
III. koase koasem köasetzi koasc (consuo)
kunoaste kunöastem kunoastetzi kunoaske (cognosco)
roade röadem rdadetzl roade roase (rodeo)
skoate sköatem skdatetzl skoate skoase (excutio);
IV. durmi doarme doarme (dormio)', sorbi soarbe soarbc (sorbio)■
13. Es mögen hier noch ein Paar Wörter erwähnt werden, die
besondere Erwägung verdienen. Aus lat. nova novcm und nobis
wird ein Homonym, über welches die Angaben schwanken. Ältere
Werke schreiben mit cyrillischer Schrift ncaw, neuere 110?;, Punmul
transcribiert noue. So weit ich die Aussprache aus mündlichen Mitthei
lungen entnehmen konnte, hört sich 0 wie oa, darauf ein leiser vermit-
7 ) In früherer Zeit war auch die 1. und 2.. Plur. gebräuchlich: koapsem, koapsetzi
oder auch koapset ohne Sibilierung des t. Es sei hier auch bemerkt, dass die
Formen koapshi skoasei, welche Diez II, 12o anführt in kopsci skosii zu berich
tigen sind ; oa ist nur unter dem Accente zulässig.
130
M ii s s a f i *
telnder Laut, der zwischen o und «schwebt; der Schlussvocal schwankt
wieder zwischen e und e: also näa-u-e nda-ü-e 8 ). Eben so aus vobis
vda-ü-e oder voaü-e. koaw. Hieher gehören auch donüe js,$aw
(diiae; im Masc. doij, p Id auf iiAoaw plüv-iat, aus ploud, Conj.
ploaie plüviet pIo[v]iet, roaue po>aw (rarem, mit hemerkens-
werlhem Wegfalle von ?•).
14. Die Ausnahmen betreffen fast ausschliesslich weniger volks
tümliche, in neuerer Zeit eingeführte Wörter, hei welchen Lautge
setze, wenn sie nicht durch Reflexion angewandt werden, kaum wirk
sam sein können.
Nore(nurus; ü-o) und sore (sororj sind acht rumänische Aus
drücke; das Unterbleiben der Dipthongierung erklärt sich aber leicht
dadurch, dass der Ausgang e nicht ursprünglich ist. Die dem lateini
schen entsprechenden Formen sind norü und sorü, und sie kommen
in der That auch vor; erst später mag die Bedeutung dazu geführt
haben, diesen Wörtern den weiblichen Ausgang zu geben; da war
aber das Lautgesetz nicht mehr thätig. Probe ist suftixlose Ableitung
aus probd; derartige Bildungen nun sind zwar im Rumänischen nicht
selten, die Sprache gewährt ihnen aber dennoch keinen grossen Spiel-
raurn; es sind viele Fremdlinge darunter. Das Nämliche ist von voie
(— voie, §. 29) zu sagen, aus dem Stamme vnl- mit wirksamem Ahlei-
tungsvocal, vgl.it.voglia, ritegno convegno. Invorbe (verbumverba)
ist zu erwägen, dass das o secundär ist und sich ganz vereinzelt aus
betontem e, wohl unter Einfluss des v, entwickelt, hat. Man bemerke
noch kdperiü akdperiü, wo man oa erwarten würde 11 ). Bei manchen
Wörtern schwankt die Aussprache — kolone koloane, persone
persoane — besonders bei solchen, die auf gelehrtem Wege einge
führt werden : axiome, apostrofe, amazone, idiome, u. s. w. Wer
auf Sprachgesetze seine Aufmerksamkeit richtet, bestrebt sich, diesen
Wörtern romanisches Gepräge zu gehen und spricht da aus; Andere
legen grösseres Gewicht darauf, der Etymologie gemäss auszuspre
chen und ziehen o vor; für unseren Zweck sind solche Wörter von
8 ) Die Schreibung w für c oder e nach (ursprünglichen oder vermittelnden) u kommt
in alleren Drucken auch sonst vor: man findet statt des jetzigen vedu-v-e
mit hiatustilgendem v, it. vedova.
9 ) Übrigens soll auch koaperm hie uud da gehört werden; auch kommen Formen
mit uu in älteren Schriften vor.
Zur rumänischen Vocalisation.
131
keinem Belange 10 ). Andere Fremdwörter mit o wären: agone, diplume,
dogme, epinode, eskorte, metamorfose, metode, norme, pompe, sofe.
B. Betontes e = ed.
Io. E, dem e oder e folgte, muss ebenfalls in früherer Zeit offen
und breit ausgesprochen worden sein, aber so dass der c- Laut noch
fortdauerte. Die Ausprachemuss zwischen e und ea geschwebt haben,
und daher bezeichnet auch das cyrillische Alphabet ein solches e ganz
richtig durch -k, welches im Altslovenischen zwischen diesen zwcj
Lauten schwankte; Miklosich I, 9t und 239, Diez 1, 342. Man findet
ivbrz. (lat. ligat) und rt'kre (lat. legem), und die erste Sylbe
mag einst nur um eine kleine Nuancierung verschieden gewesen sein,
je nachdem e oder e folgte. Im Verlaufe der Zeit wird nun das -k,
welchem e, folgte, immer breiter ausgesprochen worden sein, so dass
es die Ausprache ea (mit dem Accente vorzugsweise auf dem «) an
nahm, während ein -fc, dem e folgte, die Aussprache e begünstigte und
nunmehr wie einfaches wenn auch breites e ausgesprochen wird. Aller
dings bleibt die cyrillische Schrift in beiden Fällen bei demselben
Zeichen -k stehen, allerdings pflegen Werke, welche das Cyrillische
genau transcribieren, in beiden Fällen ea anzusetzen; man darf sich
aber dadurch nicht beirren lassen, denn gibt man auf die Aussprache
Acht, so bemerkt man, dass betontes e, bei folgendem e, ed (oder, wie
gleich gesagt werden soll, id d) lautet, während es bei folgendem e
mit nur wenig Ausnahmen unverändert bleibt 11 ). Die Formelist
demnach:
e ... e — ed
y
e . . . e, i, u — e.
10 ) Polysu gibt in seinem Wörterbuche den Singular dieser Nomina auf -offif, den Plu
ral aber auf -oame an. Diese Unterscheidung ist wohl unbegründet. Höchstens
könnte man annehmen, dass früher axiomü, idiomü gesagt wurde, die regelrecht
im Plur. axioame idioamc ergehen; e im Singular wäre dann Reminiscenz an das
etymologische a, die ohne Einfluss auf das o blieb. Diese Erklärung passt aber nur
für einige dieser Substantiva.
1 •) Dies zeigt sich schon darin, dass die lateinisch transcribierenden Werke hei fol
gendem c mehrfach zwischen ea und c schwanken. Diez I, 342: „Zwischen ca und c
ist die Schreibung sehr willkürlich: mujare mujere, peaste pcste, seacerü seccrü;
man hört leayc wie lege, veade wie vedc sprechen.“ Wie man.sieht, lauter Bei
spiele von e ... cj hei e ... e ist Schreibung und Aussprache von ea constant.
132
Mussafia
z. B, lat. fenestra, rum. feredstre oder feredste; lat. fenestrae,
rum. ferestre oder feresti. Vgl. acestü acesti aceste, aber aceaste
(ecce istum).
16. Ea neigt sich zur Aussprache von id, wie überhaupt unbeton
tes e in offener Sylbe einem i äquivalent ist: auspetra peatre, das wie
piatre gehört wird; aus equa esca: eape easke, die iape iaske lauten
und mehrfach auch so geschrieben werden; aus cera gena: ceare
geatie, das kaum anders als ciare ginne ausgesprochen werden
können u. s. w.
17. Ein solches ea (ia) kann dann leicht, besonders nach La
bialen und r (vgl. §. 2), auch nach Sibilanten, sich zu a verein
fachen ; das e verstummt.
Nach m: camisia [kemease] kemase < 3 )
mensa [meascj mase
„ p: penna [penneJ pane
pira [peare] pare
„ v: ver [vearej vare
vir'dia [vearzej varze
virga [vearge] varge
„ f: foeta [feate] fate
„ r: praeda [preade] prade
„ Sibil.: sera [seare] sare
terra [tzearej tzare IS ).
18. Auch Indeclinabilia weisen ea (ia) = e auf: eccum mit
der Endung a l4 ) eake (iake); aus Herum it'rum (Positions-f = e
und t abgefallen) erum und mit dem Ausgange a: iare.
19. Nur selten nahm betontes e auch bei folgendem e die Aus
sprache ed (a) an. Vor allem in der abgekürzten Form des Infinitivs
der Verba der II. lat. Conjugation. Die Aussprache schwankt zwischen
aved sedeä veded und ave sede vede (habe[re] sedefre] videfre]).
Die vollen als Substantiv« gebrauchten Formen avere sedere ve-
dere werden nur mit einfachem e ausgesprochen. In bed (das auch
i 2 ) Auch kcmcsc ohne Dipthong-ierung'.
,s ) Manche hierher gehörige Verbalformen verzeichnet das §. 49.
* 4 ) D ns Rumänische scheint bei Indeclinabilien a im Auslaute zu begünstigen; vergl.
dujic, inke.
Zur rumänischen Vocaiisation.
133
be gehört wird) entspricht ea dem e (lat. i) des Stammes: aus bi-
[be]re, bere (wie im Ital. neben bevore). Aus septem zuerst seapte,
dann sapte, aus sex mit paragogischem e: sease sase, aus serpens
[searpe] sarpe. Übrigens hört man auch mannigfach septe sese
serpe aussprechen. Aus nivern wird ned statt tieafe] 15 ).
Wir verzeichnen nun die Erscheinungen hei der Flexion, und
zwar zuerst bei Nomina.
Tvorninalflexion.
Genus,
20. Das Mascul. hat e... w, das Femin. ea. .. e.
iedü eade (haedtis) meiestru meiastre (magistrum)
Greku Greake (Graecus) serbü searbe (servus)
Suffix -isset: rmperatü imperetease (bnperator)
preütü preutease (presbyterum).
Man vergleiche auch ciresu (ceras-eus) und cirease (ceras-ea),
miezü („das Innere“ medius) und miuze („die Mitte“, media; auch
in rniazezt, miaze noapte).
Adjectiva und Participia:
desü dease (densus) diresü direase (Pte.
desertü desearte (desertus) alesü alease ( „
dreptü dreapte (directus) fertu fearte ( „
intregü intreage (integrum) mersü mearse ( „
negru neagre (nigrum) sters stearse ( „
sehü seake (siccus)
Suffix -ensis: fruncesü fruncease
-iscus: berbeteskü berbeteaske.
» > > i >
Numerus.
21. Sing. ea. . .e, Plur. e. . -e, i, uri. So lautet der Plur. der
§§.16—20 angeführten Nomina wie folgend: pietre, iepe, gene, iede,
Grece, meiestre, Serbe, imperetese, preutese, cirese, dese, deserte,
drepte, intrege, negre, direse, alese, ferte, merse, sterse, fruncese;
,6 ) Oder soll etwa Übertritt zur 1. Declination angenommen werden? Dann wäre nea
aus nea[e] regelrecht. Und in der That soll die Aussprache neuüe (mit leisem ver
mittelndem ü) mehrfach gehört werden.
von dirigere),
„ eligere),
„ fernere),
„ mergere)
„ e.v-tergere)
134
M u s s a f i a
berbetesti. Ebenso mese, pene, pere, fete, verze 1(i ); serpf veri; sere
lind Herr, tzere und tzeri; prezi, vergi 17 ).
tarne ierni (hibernum)
mreane mrene (muraena)
teake teci (theca)
seueate j rsaqitta)
’ J ’ | segetzi y
Suffix -itia: blundeatze blundetze, moleatze moletze.
Das Suffix -ela hat im Rumänischen grosse Verbreitung gefun
den; es lautet im Sing, eale iale ale, im Plur. eil; Diez II, 303.
22. Besonders zu erwähnen sind die Nomina auf ella, deren volle
Form eale wäre; im Sing, fällt le weg, so dass die Endung ed lautet,
während im Plur. aus lat. ellae ohne weiters eie wird.
st ella: st eie st edle sted ls )
st ellae: st eie.
Ebenso: mesed niesele (maxilla), runduned nindunele (hirundi-
nella),sed (das auch sd gehört wird) sele(sella),vergea vergele u.s. w. ls ).
Andere Beispiele sind:
ceape cepe (caepa)
cearte certe ('aus certd)
kreaste kreste (cresta)
feare fiere (fern)
iarbe ierburi (herba)
18 ) Dass hier der Stamm im Sing, a, im Plur. c aufweist, ist nach dem Gesagten voll
kommen verständlich. Der Grundvocal ist e; im Sing, verändert er sich unter dem
Einfluss des e und durch Vermittlung von ea zu a; im Plur. dagegen, da die Be
dingung zur Veränderung fehlt, bleibt die Sprache beim ursprünglichen e:
aus mensa: mesa mease mase
3 »
„ mensae: mese.
Nur durch Analogie mit diesen Bildungen lässt sich die Veränderung des etymo
logischen a des Stammes zu e in manchen Pluralen erklären: fatze fetze (faciem),
piatze pietze (platea), spate spete (spatha).
17 ) Uber das e der letzteren Nomina §. 53.
18 ) Mit hinzugefügtem Artikel bekanntlich sted-o-a, wo das o (das beinahe wie u gehört
wird) wohl nur euphonisch eingeschoben ist. (Ich vermuthete einst, o könnte /, wie
imSlavischen, ersetzen; und diese von mir seitdem aufgegebene Vermuthung wurde
von Schuchardt (Vocalisation 11) in die Öffentlichkeit gebracht.)
19 ) Durch Analogie entstanden dann die Plurale mele aus mea statt mede (mea), rele
aus red statt rede (rea), curele aus euren statt cureae (corrifgija), grele aus gred
statt greae (d. i. gravis grevis, wie it. greve, prov. greu, dann durch Übertritt zur
zweigeschlechtigen Declination gleichsam grevus greva, rum. greu und gree
greae), endlich auch zile aus zi (dies), das ebenfalls bei hinzutretendem Artikel
o (u) einschiebt: zioa.
Zur rumänischen Vocalisatiou.
135
Nicht anders in den Pronomina: ed tele (illa), uced acele (ecce
illa) 2(l )-
23. Nur ein Nomen der II. Declination hat im Sing, e. . .« , im
Plur. ea (ia) . . . e :
ferrum: fierü fiare.
Casus.
24. Der Genitiv und Dativ Sing, der Feminina endigt auf ei
oder ii. Der Gebrauch zwischen den zwei Formen schwankt (die von
Diez II, 50 nach Clemens aufgestellte Unterscheidung ist unbegrün
det); beide aber schliessen das ea im Stamme aus, so dass im Gen.
Dat. das ursprüngliche e wieder erscheint. Also Nom. geane, Gen.
Dat. genei; Nom. iape, Gen. Dat. iepei (ie = e); Nom. Greake,
Gen. Dat. Grecei oder Grecii u. s. w. Nicht anders pane (=peane)
penei; mase (— tnease) weset mesii; endlich sleu (= steale)
stele i st ein, aced (— aeeate) acelei.
V erbalflexion.
25. I. Conjngation. Betontes ed (d) kommt in der 3. Sing, und
Plur. Praes. Ind. und in der gleichlautenden 2. Imper. wegen des e
des Ausganges. Also aus certd:
cearte.
3
Andere Verba sind:
aplekd apleake (applico)
botezd boteaze (baptizo)
ajeptd ajapte (ejecto)
asteptd asteapte (exspecto)
cerkd cearke (circ-oj
krepd Icreape krape (crepo)
deseld desale (de-sell-o)
desertd desarte (desert-o)
frekd freake (frico)
inferä infiare (in-ferr-oj
certu certzi cearte certem certdtzi
3 3
tnnekd inneake (in-neco)
insemnd inseamne insamne (in-
signo)
intrebä intreabe (interrogo)
legd leage (ligo)
iertd iarte (libert-o ?)
pesd 'm pase (pens-at)
sekd seake sake (sicco)
segetd segeate (sagitto) al )
~°J Die volkstümliche Form el (bei welcher die Trübung des e (aus Positions -i) zu
e zu bemerken ist) hat in Femin. a=a[le7, d. h. a statt ea. Der Plur., wo man cle
erwarten würde, lautet ale. Nicht anders eslü aste aste.
21 ) Das Verbum levare verändert in flexionsbetonten Formen le zu wohl unter Ein
fluss des einst folgenden v : lud, luatzi, ludm u. s. w.; stammbetonte Formen
haben eine eigene Darstellung. Die 3. Ind. id dürfte für iae stehen, aus levat mit
136
Mussaff a
Dazu die Verba mit -ez- zwischen Stamm und Endung (Diez II,
249): iernezü lerne uze, lukrezü lukreaze 2a ).
26. In den anderen Conjugationen findet sich ea (d) in der
3. Sing, und Plur. Praes. Conj., die auf -e ausgehen.
II. Jede sade oder saze (sedeoj, rede vade oder vaze (video).
III. purcede purcea.de (-cedu)
cerne cearne (cerno)
krede kreade (credoj
kreste kreaske (cresco)
alege aleage (lege\)
direge direage (dirigo)
ferbe fearbe (ferveo)
gerne geame (gerne)
IV. esi ease (exeo)
perl peare (pereo) ~ s ).
incepe inceape (incipio)
merge mearge (mergo)
per de pearde (perdo)
cere ceare (quero) 2S )
asterne astearne (-stemo)
teme teame (timeoj
tzese tzease (texo)
treee treake (trajicere).
Dazu die Verba mit -esk- zwischen Stamm und Endung: repeskü
repeaske (rapio)■
27. Es sind noch ein Paar Verba zu erwähnen (über andere
sieh §. 50) welche im Lateinischen stammhaftes a haben, im Rumäni
schen aber e und nur vor e das ursprüngliche a aufweisen: in-
coa-gulo: tnkiegü * 4 ) iukiegi inkiage; Conj. inkiege — in-glaci-o:
m-ghietzu inghietzi inghiatze; Conj. inghietze-
Man könnte Analogie mit den §. 2S aufgezählten Verben anneh
men: da neben apleake aplekü, neben intreabe intrebü vor
kommt, sei man verleitet worden, auch zu inghiatze inghietzü zu bil-
ausgestossenem v: leat, e zu ea ia, vor welchem l austrat. Dieses ia dann verharrt
nicht bloss in der 3. Conj. ia oder iae vor e (levet), sondern auch in der 1.
und 2. des Praes., wo man eher teu tei (lev-o, asj erwarten dürfte.
22 ) Kann auch bei Proparoxytonen das e des Auslautes auf die betonte Sylbe zurück
wirken ? Im Allgemeinen nicht; aus fierekü wird fiereke, nicht feareke, aus
impiedekü xmpxedeke u. s. w. Doch aus preserü (streuen, wol aus per-serere)
preasere.
20 ) Daneben ceaie peaie (so nach Pumnul; man versichert mich aber, dass wo diese
Formen gebraucht werden, sie nur ceaie, peaie lauten, worüber §. 30 nachzu
sehen ist) aus guaer-i-at (cfr. it. chieggio, afr. querge), pereat periat mit abge
fallenem r.
2<l ) coagulo cagulo cag'lo clago.
Zur rumänischen Vocalisation.
137
den. Gegen diese Deutung spricht aber erstens das i vor dem ^5) :
genaue Analogie hätte geführt zu inghetzu inkegü; noch mehr aber
das Bedenken, dass eine einzige Form die ganze Conjugation modifi-
ciert habe. Ich ziehe daher eine andere Erklärung vor. An die Stelle
des n trat e, und secundäres e ward dann wie primäres behandelt, so
dass in der 3. Ind. die Sprache auf einem Umweg zum ursprüngli
chen Laute zurückkehrte. Nur kann man zweifeln, oh schon beton
tes a unter Einfluss des vorangehenden i unmittelbar zu e geworden
sei (•§. 34) oder vielmehr die flexionsbetonten Formen auf die Gestalt
des Stammvocals eingewirkt haben. In letzterem Falle wäre z. B.
aus glaciare glaciatis u. s. w. zuerst -ghietzä ghietzätzi u. s. w.
geworden (unhet. a — e) und e klärte sich wegen des vorangehenden
i zu e (■§•. 29): -ghietzä ghietzätzi u. s. w., welches e dann auch
unter dem Accente sich behauptete: -ghietzu. Auf gleiche Art ist
kiemu kiemi kiame kiemem kiematzi kiame; Conj. kieme zu beur-
theilen; nur ist hier noch zu bemerken, dass neben leiem auch die
Form kiem vorkommt (vgl. §. SO) 36 ).
28. Die Ausnahmen betreffen auch hier nur Fremdwörter. So
ist -intze die ächt rumänische Darstellung für das Suffix -entiu
(§. 42); daneben kommt das entlehnte-entze, meM-eantze, vor: kom-
petentze, konkurentze, tliferentze, sententze. Neben -eatze (-itia
§. 21) findet sich auch -etze: delicatetze, nobletze; neben -ease
(-issa §. 20) auch ese-.kontese; neben -eä[le] auch eie: cupele,
libele, tiovele. Das Suffix-ett- ist dem Rumänischen fremd: casta-
3 3
nete, clnrinete, corvete, lanzete, lurnete. Überdies zahlreiche ein-
3 7 3 7 3 7 3 3
25 ) Das leise i, welches ich mit i bezeichne, wird zwar nicht von Allen geschrieben —
Viele transcribieren inkega inghetzu — , lässt sich aber in der Aussprache genau
wahrnehmen.
26 ) Aus glaciem wird nicht blos ghiatze (vgl. it. ghiaccia) , sondern mit masculiner
Endung auch ghietzü PI. ghietzuri (it. ghiaccio). Ist ia = ie? Oder hat hier das c
des Verbums eingewirkt? Oder ist endlich aus ghiatze der Plur. ghietzuri (viele
schreiben ghetzuri) wie aus earbe (iarbe) ierburi gebildet, und aus dem Plur. der
Sing, ghietzü erschlossen worden? Ähnliches ist von clavem zu sagen. Man findet
die Form K'kf, transcribiert keae (cheue), im Plurale aber Kfi kiei (chei). Stünde
die Sache so, so wäre hier für ia aus la die nämliche Schreibung wie für ia (=ea)
aus e angewandt worden und kiae kiei wäre mit piatze pietze zu vergleichen. Aus
dem Munde von Einheimischen hörte ich aber nur kiele (das zweite leise i ver
mittelt die Aussprache), Plural kiei mit weniger breitem c aussprechen. Es ist hier
also wohl der Einfluss des i auf a zu erkennen, wovon §. 34 sprechen wird.
10
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LVIll. Bd. III. Hft.
138
M il s s a f i a
zelne Wörter, von denen einige genügen mögen: aclrese, arene, at-
mosfere, cisteme, kuriere, kolecte, krete, diademe, gangrene, oferte,
patente; eterne, fraterne, interne, materne, moderne, modeste,
oneste, korekte, perfekte. Demnu (dignus) hat acht rumänisches Ge
präge, und trotzdem wird als Femininum demne, nicht deamne ange
geben. Da indessen das Wort in älteren Lexicis fehlt, so ist dasselbe
wahrscheinlich in neuerer Zeit von Gelehrten gebildet worden, welche
wohl auf die gesetzmässige Vertretung von gn durch mn, nicht aber
zugleich auf die von e. . . e durch ea bedacht waren.
II. Einfluss eines i auf den nachfolgenden Vocal.
29. Auslautendes a wird zu e (§.38); geht (oder gieng auch
nur) ein i (e) voraus, so zeigt sich die Neigung, dafür e anzu
setzen:
cikoare (cichoriaj
foaie (folia, Plur. von folium)
frimbie (fimbriu)
gingie (gengiva)
glie (glefbjaj
gutuie (cyclonia)
lesie (iixiva)
»nie (milia)
moare (rnüria)
paie (paleaj
vie (rinea)
voie ("aus dem Stamme vol-,
ital. eogliaj
Suffix -aliu: betae (batualia), vepae (mp-alia Et. VV- H, 74).
Suffix -[u]la : unghie (ung’ln iingl-j - a), ureke (auric'la
auricl-j-a).
Das Suffix -in, mit romanischer Betonung in, wird zu ie,
Diez II, 281.
Aus onia wird oae „nicht oae“ Diez II, 319.
Die Adjeetiva auf i-ü lmhen im Femininum i-e: viu vie; eben
so im Suffixe -orius: lendetoriü leucletoare, Diez II, 73.
Die lat. Endung -io, ionis wird ebenfalls zu ie: konilitzie, in-
ventzie und das Feminin gewordene scorpie. Man vergleiche alveus,
welches das Fern, dlbie ergab.
Dass ein solches e aus e entstanden ist, fühlt man noch, wenn
man den Nomina den Artikel anhängt: aus karte kartea, aber aus
voie, nicht voiea, sondern voia (d. h. e -\-a = a, doamne doamna);
eben so plbaic (pluviu) plbaia, nicht plüaieu.
Zur rumänischen Vocalisatfon.
139
30. Die gleiche Erscheinung begegnet bei der Verbalflexion:
aus taiü, nicht (nie, sondern taie; aus irikuiu, statt inkuie, inkuie,
Diez II, 249. Eben so aus periü perie („er bürstet“); aus fiat, nicht
fie, sondern fie. Cooperiat wir durch u-köperie wiedergegeben, und
elien so wird aus sufferat — mit eingeschobenem i: sujfer-i-at —
süferie. Bei solchen Verben pflegt also in allen Conjugationen die
3. Person des Indicativs mit jener des Conjunctivs zusammenzufallen.
31. Auch in der Mitte des Wortes zeigt sich diese Neigung
thätig; statt teietoriü teieture (ital. tagliat-ore, ura) teiet., eben so
teietzei (ital. tagliatelli); daher priviglietoare, nicht -gket-
(pervig’ l-j-at-).
32. Manchmal aber verharrt e, besonders bei verstecktem i:
piatze (platea), ghiatze (glaciem glaciam). Nicht selten schwankt
der Gebrauch: arte und arte (area.J, immoaie und immoaie
(immolliat), plüaie und ploaüe (plüv-iat)■
33. Auch die Endung ius scheint gerne zu ie zu werden: so in
den Eigennamen Virgilie, Anastasie, und in den Monatsnamen Ja-
nuarie, Februarie, Martzie, die Neuere mit iu endigen lassen. So
erklärt sich das Masculinum genunlce aus genucl-j-um, wo sich dann
das i verflüchtigte.
34. Bemerkenswerth ist dann die Einwirkung des i auf ein fol
gendes «. Vor allem bei den Verba der I. Conjugation: aus ad-prope
wir.d ad-propi-are, frz. approcher (pj = s); im Rumänischen wird
ein solches a, dem i vorangeht, zu einem Laute, welchen die cyril
lische Schrift durch -fe wiedergibt. Dass die Geltung, welche dieses
Zeichen in der früheren Sprache hatte, zweifelhaft ist, haben wir
schon oben (§. 15) bemerkt; befragen wir nun die jetzige Aus
sprache, so bemerken wir, dass in einzelnen Gegenden e gehört wird,
in anderen der Laut sich zu ed neigt. Es findet sich hier dasselbe
Verhältniss wie bei den Verben der II.: wie die Aussprache zwischen
vede und vedeü schwankt, ebenso schwankt sie zwischen apropie
muie (molli-are) und apropieä muiea. Und so erklärt sich auch
wie mehrere Grammatiken solche Verba geradezu der R. Conjuga
tion zuweisen.
35. Die Formen r bei welchen die Veränderung des a zu e
(ed) stattfindet, sind, ausser dem Infinitiv, die 1. 2. Plur. Praes.,
und die 1. 2. 3. Sing. Pfe.; im Participium findet sich sowohl e als a,
Also 2. B. von muie;
10
140
M u s s a f i a
Praes. moiü, moii, moaie, muiem, muietzi, moaie.
Pfct. mitiei, muiesi, mnie, muidremü, muidretzi,
muiure.
Parte, muietü und muiatü.
Solche Verba sind nun:
deskuie'
skelcie 1 (ex-calceare)
ssfesie'
infesie'
tngresiS' (in-crass-iare)
inkieie' (in-dar,-iure)
(-fasc-iarej
’ ue 1 /- -i
inkuits' \ C~ cune - nre )
despoie' (dispoliare)
munie' (mani-are)
periie 1 „bürsten“ (pil-J
subtziie' (subtil-iare)
Man bemerke auch briet d und beiatü „Kind“ (bajulatus ba-
liatus), Plur. gewöhnlich nur beietzi.
36. Dass übrigens diese rein lautliche Erscheinug nicht auf
Verben heschr.'inkt bleibt, lässt sich erwarten: aus vine-arius wird
ni-bp oder ni-kpiS, das gewöhnlich vierü vieriü ausgesprochen wird.
III. Yocaltriibung.
37. Trübung eines Vocals wird zunächst durch folgendes n, oft
auch durch comhiniertes m, hervorgebracht.
38. A wird am häufigsten zu u (im Anlaute i geschrieben), wel
ches sich hei einzelnen Wörtern zu u klärt oder zu i spitzt.
In offener Silbe:
kune (canis) pune (panem)
kunepe (cannabis)
mune (mane)**) inime (anima) 27 ')
mune (manusj
muneke (manienj alune (avellanaj.
lune (lanu)
Suffix-an “ : pegunü (pagauus), betrunu (veteranas) 2f! ),
rumunü (romanusj 29 ), funtune (font-ana).
26 ) Dazu das Verbum munekü (ich mache mich früh auf).
27 ) Nebenform inime.
28 ) „alter Mann“, jüngere Form veteranü.
29 ) „Rumäne,“ neben romanü „Römer.“
Zur rumänischen Vocalisation.
141
Vor abgefallenem n: gruu (gra/njum), intuiu (ant-anem)* 0 ),
kelkuiu (calcaneus), kepetuiu ('Kopfkissen, capit-aneus), miiiü
remuiü fmane.o remnneo) neben kelkunü munü remunu.
In geschlossener Silbe:
imbi (amboj
hnblu (ambulo), auch umblu
cumpu (campus)
tngerü (atigelus)
blundu (blandus)
kuntu (canto)
kunteku (canticus)
frungü (f'rango)
rag uuü (in-gannio)
lüncedü (languidus)
comundü (com-mnndo)
munkü (manducu)
puntece (panticem)
pliingü (plango)
strumbü (s-tra-m-boj
skimbü (ex-cambio).
prunzu (prandium)
kundü (quandoj
selemundre (salamandra)
sunge (sunguis) 3I )
skundure (scundula) s ~)
ghinde (glandern)
grindine (grandinem)
spintekü (ex-pantic-o
unghiu (angulus)■
Endung des Gerundiums der I. Conjug.: leudundu (laudando),
kuntundü (cantando) ; nach i, indu : teiind (von teid, it. tagliare,
tal-eare).
Vor abgefallenem m: kutü (qua[n)tun>), atutu (nd-ta[n]tum)
Vor eingeschobenem n (m): siimbete (sabbatusj, amerintzu
(ad-minacio).
Die gleiche Trübung findet in Wörtern gleichen Stammes auch
in unbetonter Sylbe statt 34 ); überdies in ingustü (ich verenge, aus
angustus), indre (December, aus Andreas) munie (mania),
inelii (an-ellus). Vor anderen (Konsonanten wird unbetontes a im
30 ) Nicht aus anterius (Diez I, 209) oder antarius (II, 488). Die in älteren Schriften
vorkommende Form intuniü benimmt allen Zweifel.
31 ) Wird auch singe ausgesprochen.
32 ) Ist ainte in inainte aus ad-ante zu deuten?
33 ) Steht munzü (Füllen) jnit ital. manzo (mansus) im Zusammenhänge?
3 ^) In dimineatze (Morgen, aus de-mane + Suff, itia) hat sich u in unbetonter Sylhe
zu i gespitzt. Einst soll das Wort demuneatze gelautet haben.
142
M u s s a f i a
In- und Auslaute immer zu <; 35 ); zu u in kurndtzü (fWurst, carn-
ntium), hurtie (ehart-j, turziu (tccrd-ivusj, also vor combinier-
tem r s6 ).
39. 0 wird gewöhnlich zu u, und nur vereinzelt zu e , u.
In offener Sylbe:
sunü (sonus)
teciune (tiiionem)
kum (quomodo)
nume (nometi)
m * 1 1 (tonitru)
Suffix -onem: kerbune (carbonem), peunü (pavonem).
Suffix -tionem: rugeciune (rogationem).
Vor abgefallenem n: nu (no[n]J, gutuiü gutuie (cydonius
cydonia).
In geschlossener Sylbe:
frunze (frondem) punte (pantcrn)
fr nute (fron lern) respundü (respondeo)
lungü (lougusj tundü (tondeo)
munte (montem) kümpetü (computo).
35 j Betontes a wird zu c nur in der f. Conjugation als Scheideform: purtSmü (porta-
mus) purtamü (portabamus), purtei (portavi) purtai (portabas), purte (portavit)
purta (portabat). Die 2. Sing, des Perfectes lautet purteil (portästi), wohl aus Ana
logie mit der 1. und 3. Pers. Über eine flexivische Erscheinung, wodurch a zu c
wird, §.53. Das Präfix extra, das fast immer unbetont ist, wird zu strc ; in strekurü
(durchseie, extra-colö) bleibt c auch unter dem Accente. Uber a vor oder nach
Labialen, das bald zu c bald zu e wird, siehe §. 30. Diez 1, 136 führt streinü (extraneus)
an; es wird aber streinü ausgesprochen; der Accent wurde auf das Suffix über
tragen und tonloses a wird regelrecht zu c. Ein anderes Beispiel von a zu e könnte
man in cumnetzie (cognatio) erblicken (Diez II, 315), es wird aber cumnetzie aus
gesprochen.
3ß ) Der Nexus ur -f- Cons. ist im Rumänischen ungemein häufig; es kommt in einer
grossen Anzahl von Wörtern, nicht lateinischen Ursprunges. Hier nur einige: durgü
(Kohlenkrücke), hurbü (Scherben), kokosturkü (Storch), kurdü (Heerde), purciü
(ßöcklein), sturvü (Aas), turgü (Markt), vurfü (Spitze), zgurciü (Knorpel),
burlogü (Schlacht), gurbaciü (Peitsche), kurpaciü (Flicker), svurceskü (runzle),
svurlcskü (werfe), Auch ul-\-Cons. ist nicht selten: bnlciü (Messe), hulmü (Hau
fen, Hügel, etwa aus culrncn?), stulpü (Säule), tulkuitoriü (Ausleger).
8 ") Neben koroanc.
3
Zur rumänischen Vocnlisation.
143
u in gunfü (conflo), lauge (lange, vgl. oben lungü), pliimune
(pulmonem, vgl. oben kerbune).
e in ketre (co[n]tra) neben incontre s8 ).
Da die Sprache zu u enlschiedene Neigung hat, so tritt dieser
Vocal statt o unter dem Accente auch vor anderen Consonanten ein:
kurte (chartern)
kilgetü (cogito)
kulku (colloco)
kuskru (consocrum)
kustü (consto)
kute (cotem)
murü (morus)
use (ostium)
rase (rosa)
spuze (spodium).
Dann ungemein oft in unbetonter Sylbe; ein Beispiel von u fin
den wir in munestire (monasterium), also zwischen m und n; dann
auch in funtune (neben funtune 38), also nach f.
40. U wird zu u (i):
adunku (aduncus) sunt (sunt)
mundru (mundulus?)
Mit eingeschobenem n: hisorii (uxoror), menunkü (manduco).
In tonloser Sylbe: Brundüse (Brundusium), runduned; plu-
mune 39 ).
In gutii (guttur) wird u zu u auch vor einem anderen Con
sonanten.
41. / wird zu u (i).
In offener Sylbe:
manu (minor, ich führet, siinii (sinus).
In geschlossener Sylbe:
Präfix in-: tniplu, (Impleo), influ (inflo), Intra (entrou. s. w.
strängti (stringo), stungu (exstinguo); frumbie (fimbria)'*'').
Manchmal schwankt die Aussprache zwischen i und u:
singurü sünguru (singulus), skinteie und skuuteie (scintiUa)'*).
38 ) Auch in coantre mit Diphthongierung i stä (se lua) cti cinevn in countre „mit
Jemanden in Zwistsein (gerathen)“. Daraus muss sich auch das hemerkenswerthe
Substantiv coantrc Plur. coantre „Zwietracht, Uneinigkeit“ entwickelt haben.
39 ) Auch plemune.
40 ) Nebenformen unflu, umplu, untru.
41 ) Neben frimbic.
* z ) Vor combiniertem r (§. 36J wird i (yj zu u in türme „Faden“ (syrima).
144
M u s s a f i a
Auch ein vorangehendes r pflegt i zu u oder e zu trüben:
rudü (rideo), rupe (ripa), ruu (rivus).
42. E wird gewöhnlich zu i:
tu offener Sylhe:
bitte (bene) nime nimene (nemo neminem)
eine (coenu) tzine (tenet)
ginere (generum) eine (venit)
nlinu (ad-len-o) eineri (vetteris [dies])
Suffix -enus: plinü (plettus), veninu verinü (venenum).
Pronomina mitte, tine, sine (me, te, se mit paragogischem ne).
In geschlossener Sylbe:
argintu (argentum) mintzü (mentio-r)
dinte (dentem) timpü (tempus)
linte (lentem) simtzü (sentio)
minie (meutern)
Suffix -entern: ferbinte (ferventem), perinte (purentern).
Suffix -entia: putintze (potentia), stibitze (scientia).
Die Gerundia der II. und III. lat. Conjug. gehen auf undü, worin
Einwirkung der I. Conjug. erblickt werden darf: liezundu (ca-
detulo), zekuudü (jacendo)', cerundü (quuerettdo), scotzundu
(excutiendo). — Aus tempern wird tumple (Schläfe), aus tem-
plutn (griechisch ripnlov „die Vorderseite des Altars“) tumple Plur.
tumple 43 ).
43. Auch sonst wird e vor n zu u, aber mit einer besonderen
Einschränkung . Während nämlich alle anderen vier Vocale die Nei
gung zeigen, sich ganz unabhängig von dem Vocale der folgenden Sylhe
vor tt zu u zu trüben, wird e in der Regel nur dann zu u, wenn die
folgende Sylbe keinen hellen Vocal (e, i) enthält. Und so bemerkt
man oft, dass in verschiedenen Formen eines und desselben Wortes
sich bald u, bald i, je nach der Beschaffenheit des folgenden Vocals
findet. Die Formel ist:
en. . . e, i, = in
en.. .u (u), e — un 44 )
4S ) Vor d bemerke man hudü hude aus foedus.
Der Vocal a weist ein derartiges vereinzeltes Beispiel: aus sanctus suntü suiite, im
Plur. aber sinte sintzi. Eben so in der Form sfuntü (eine Verquickung von lat.
au nctuts und slav. avet) 5funte, sfintzi sfinte.
Zur rumänischen Vocalisation
145
Überdies lässt sich wahrnehmeu, dass diese Trübung von en
zu un nur nach bestimmten Consonnnten eintritt. Es sind diese: die
Labialen und r.
Nacli m: Das Suffix -mentum wird im Singular zu mimtü, im
Plural zu munturi oder minte: mormuntü (monumen-
tum) morminte, pemuntü (pavimentum) pemun-
turi. Semuntze (sem-entia ; das Suffix -entia wird
jedoch gewöhnlich zu intze §. 42), Plur. semintze.
Fremuntü fremunte fremuntd (ferinento); 2. Ind.
fremintzi; 3. Conj. freminte 45 ).
Nach p: spunzurü (ex-pend-ulo it. spenzolo).
„ b: infierbuntu (-f'ervent-) infierbunte, aber infierbintzi
infierbinte.
„ v: traue (vena) aber vine (venae).
vundu (vendo) vunde vunze (vendat) und eben
so in unbetonterSylbe vundili vundut vunznndu, aber
vinzi (vendis) vinde (vendit) vindemü und in ton
loser Sylbe vindedm u. s. w.
vuntü (ventus) vünturi und das Verbum vünturü.
vuntre aber vintre (ventrem).
„ f: funu (foeuum) funuri.
Indessen ist dieses Gesetz nicht constant, und nicht selten
bleibt u auch vor folgendem e, i: frunü f'ruu, Plur. frune und
ebenso aus infrunu hifrnni infrune. Astumperu und astumperi
§. 47 ; desmuntu (dis-ment-o) desmuntzi desmunte. Neben fremintzi
ist auch fremuntzi gebräuchlich 46 ).
44. Ganz analog mit diesem Verhalten von u aus e je nach der
Beschaffenheit des folgenden Vocals ist die Trübung von betontem
oder unbetontem e zu e. Wie bekannt, hat e seine vorzüglichste Quelle
in unbetontem a, zugleich entwickelt es sich auch aus,e(=lat.
e oder i, äusserst selten aus i, o, u), und zwar fast ausschliesslich in
bestimmter Stellung.
45 ) Wie ist flemundü (hungrig) zu deuten ? Wohl aus famulenlus fam'lentus flamenlus
mit Vertauschung des Suffixes -entus mit der Endung des Gerundiums. Das u bleibt
auch im Plurale flemundzi flemunde.
In unbetonter Sylbe ist amundoi (ambo-duo) — vor eingeschobenem n — zu be
merken.
146
M u s s a f i h
46. Die Nähe von Labialen und r, weit weniger wirksam die von
Sibilanten, begünstigt die Trübung von e zu e, aber nur dann wenn
die folgende Sylbe kein e oder i enthält. Schematisch dargestellt:
e. . .a, e, u = e
e. . . e, i = e.
Es erleichtert die Übersicht, die Fälle, in denen e betont ist, von
jenen zu sondern, wo e dem Accente folgt oder vorangeht.
46. Betontes e:
nach b: imbet ti 47 ) imbete — imbetzi imbete (im-bi[bi]t-o)
„ m: mc 4s ) (me)
merü — meri (melus statt malus)
kelemeru 49 ) — kelemeri (calamarium)
mesurü 50 ) (mensuro)
pometü 51 ) —pomete (pometum)
„ p: apesu — apesi, apese (ad-pens-o)
kepeslrü — kepestre (capistrum)
ospetzü — ospetze (hospitium)
peru —perl (pilus und ptrus) 52 )
„ f: fetü— fetzt (f'oetus) :,s )
„ v: adeveru adeveruri (-verus)
ve 4S ) (vobis, it. vi ve)
vedti — vezi vede (video)
veduve veduve (vidua)
velu veluri (velumj
versü — verst, verse (verso)
veskü (vexo Diez' I, 243)
veskü (viscus)
invetzu —- invetzi, invetze (in-viti-o)
vor m: blestemu r > 4 ) blestemuri (blasphemia)
47 ) Auch imbetu.
^ 8 ) Daneben te, nc,se.
^ 9 ) Auch kelcmariü.
50 ) Mit retrahiertem Accente, während das Substantiv mesure das u betont.
51 ) Häufiger pometü.
52 ) Kommt pekure (Theer) aus pi.r pfc-is mit dem Suffixe -Ufa?
53) Vergl. logofetü (Xo'/o^s'njs).
54 ) Auch blestemu.
Zur rumänischen Vocalisation.
147
nach r: inderätu (in-de-retro)
. predü — prezi r > 5 ), prede (pracdo)
tremurü (tremulo) 56 ).
Das e verharrt aucli vor i in reu rei (reus) si ).
„ s: insemnu —- insemni, inscmne (in-signo)
msetü — insetzi, ins eie (in-sit-o)
seien — seci
J
„ z: Dumnezeu (Dominus Deus)
„ tz: tzemnv (cygnus) 58 ).
47. Nach dem Accente :
Formel mer: nümeru — numere (minierus)
immerü, mim er e — numeri numere
i > >
ümerü — umeri (humerusj
„ men: skdrmenu, skdrmene ■— skärmeni, skdrmene (excar-
mino) eo )
„ per: akiiperiü — akeperi, aköpere (ad-cooperioj
astumperü, astümpere — astümperi, astümpere (-tem
pere)
piperü, pipere — piperi, pipere (piper-o)
siiperü, supere — superi, süpere (superio)
55 ) Molnar verzeichnet auch pradii prazi, welche Formen nur durch Analogie mit der
3. Person pradc (§. 49) zu erklären sind.
56 ) Weit häufiger tremurü.
57 ) Ist strSmurü (Stachel, Treiber) aus Stimulus mit eingeschobenem r, tzSrmurü aus
terminus (vgl. vergure aus virginem) ? Ob aretü aus ad-recto (Diez I, 337) her
rührt? Der Umstand dass die 2. Person aretzi, nicht aretzi, lautet, dürfte bei
nahe dagegen sprechen.
° 8 ) Nach Sibilanten ist e nicht beständig. Nebenformen mit e machen sich fast überall
geltend, so semnü und semnü, dann insetu, seku und die Nominativbildung secete
(siccitas), Dumnezeu. Neben den allgemein gebräuchlichen Formen sedü (sedco
tzesü (texo) findet man auch sedü tzesü. Die Endung der starken Verba wird bald
mit sei bald mit sei (=s-f~ evi) angegeben. — Wir wollen hier noch die Prono
mina Personalia seu und tcu erwähnen. Sie scheinen dem meus, das seinerseits
mieu ergab, nachgebildet: teus seus statt tuus suus. Die Verdunklung des e zu e
verharrt auch vor dem.z des Plurals: tei sei. Das Femin. ta, sa kann aus tea[ej
sea[e] gedeutet werden; der Plural, wofür man (Anrn. 19) tele, sele erwarten
würde, bleibt beim a: tale salc.
59 ) Vergl. die unlateinischeu Wörter: kelügeru lagern, ciüberu lorberü.
60 ) Auch skarmune: d. h. e der Formel men trübt sich weiter bis zu u.
J 1 3 3 3 *
148
Mussafia
Formel pet: kämpetu 6 ') —kumpete (compltus)
öaspetü 8iä ) — oaspetzi (hospitemj ,
streüpetü
„ fer: suferiü — suferi, süfere
„ ver: leuddverü — leuddveri (laudabilis)
„ der: ledere (hederu) ,; s)
„ ser: päsere (pas&erem) 64 )
preserü (vgl. Aiiin. 22) “<>)
„ sem: Endung des Plusquamperfectums: leuddsem (laudn-
vissem)
„ rem: läkreme — Plur. §. 53 (lacrima)
läkremü, läkreme — läkremi, läkreme
„ tem: blästemü, blästeme—blästemi, blasteme (blasphemo).
48. Vor dem Accente verhält sich e auf gleiche Art. Also in Ab
leitungen aus den bisher angeführten Wörtern: vezui vezütü wegen
des ü, aber vedem vedetzi rede wegen des adeverdtü und adeve-
rire, perösü, fetütze u. s. w. Andere Wörter, in denen unbeton
tes e vor dem Accente zu e wird, sind:
nach b: betrunü (veteranus)
„ m: nrmesnriü(armessarius in der L. Salica = admis.), me-
runt (minutws), mesariu (mensarius)' i6 )
61 ) ü zu i (vergl. it. eömpito) und i zu e (Amu. 2). Es wird auch mit hellem e ausge
sprochen: kumpctü. Ebenso im Verbum: sowol kämpetu kumpete als kümpctü kihn-
pete, aber nur kumpetzi kumpete.
6a ) Mit Übertritt zur 2. Declination, gleichsam hospitum. Es kommt aber auch die
Form öaspctc vor. Das Verbum lautet sowohl oaspetü öaspete als oaspctu öaspctc;
aber natürlich nur oaspetzi oaspete. Kepetä ist wol aus capit-are: käpetu käpete und
käpetzi käpete. Elten so skäpetu skäpete und skäpetzi skäpete aus skepetä, das mit
ital. scappare, rum. skepä, zusammenhängt.
ö8 ) Wofür man eigentlich ludere erwarten würde. Es wird übrigens auch federe mit
hellem c gehört.
6i ) Weit häufiger päsere; auch in päsere ist e, da c folgt, unorganisch. Oder soll
man an eine Form passarem (unb. a = c) denken? Vergl. Schuchardt 1, 206.
85 ) Gewöhnlich preserü (da der Einfluss der Sibilanten weniger durchgreifend ist,
Anm. 68). Eben so wird die Endung des Plusquampf. mehrfach mit -sein angegeben.
86 ) Ist. medu/ie meduve (Mark) aus medulla.’ Gemildertes l wäre abgefallen wie in der
Endung ea[c] aus ella, wie in kai moi (caballi, molles), und der entstandene
Hiatus durch Einschiebung von h, v wieder aufgehoben.
Zur rumänischen Vocalisation.
149
„ p: pn ca tu (peccatum), pecurarü (pecorarius), peduke
(peduculus), imperatü (imperator), petrunde (per tun-
dere) ,n ).
„ v: verputze (virg-J**)
„ r: renunkiü (ren-unculnsretundü (rötundus, o zu e:
afr. reond, span, redondo); fremuntü (fermento), stre-
nutu (ster mit o) ™).
Das Präfix re- wird vor Labialen häufig zu re: remunü,
repausu, repunü; vor s schwankt der Gebrauch zwischen
res und res.
3
„ s: sekdre (secale), seküre (securim), selbdtikü (silvati-
cus), semend semuntze (semino), septemnne (septi-
mana) tnserdtü (- serus), serbd (servare)' 7 '}. -
Nach anderen Consonanten:
teciune (titioiiem) 7a ); das Präfix de wird selten zu de; vor m:
indemune (in-de-manu), vor r; inderetu, sonst: deunezi (de una
die) 73 ); lecuste (tocusta) n ).
Endlich lässt sich die Neigung wahrnehmen, in Ableitungen das
kurze i durch e darzustellen. Hier scheint noch ein anderes Moment,
als die begleitenden Consonanten einzuwirken. So mag in dem eben
erwähnten septemnne oder in kepetuiu (§. 38} sich die Labialis
fi7 j Hieher gehört, hIs vereinzeltes Beispiel von u—e, auch plemune, dem pclmune,
das noch im Siidrumän. lebt, vorausgegangen sein wird.
ß8 j In veryea (viry-ella), dagegen bleibt helles e wegen des darauffolgenden e. In
desvurtire (-vertere), vurtute (virtutem) ist e (= lat. e und Positions-*) vor
combiniertem r zu u geworden, Anm. 36 und 42.
69 ) Neben rinikü (ren-iculas).
70 ) Auch sternutü. Soll etwa starnutare wie im Ital. (a in anlautender tonloser Sylbe)
angenommen werden?
71 ) Auch hier ist e nach s nicht constant (Anm. 58 u. 65) ; es kommen mehrfach auch
Formen mit e vor: secare. semend, serbd u. s. w. Wenn neben serinü seninü
auch ser. sen. vorkommt, so ist die Trübung unorganisch, da der folgende
Vocal i ist.
72 ) Das i, ursprünglich lang, wird wegen der Position (tj) wie ein kurzes behandelt
und zu e verändert.
73 ) Auch deunezi.
7 ^) Soll etwa lacustu vorausgesetzt werden? (a in tonloser anlautender Sylbe; vergl.
span, la-n-yosta); e wäre dann wie gewöhnlich = unb. a.
ISO
M u s s a f i a
geltend gemacht haben, aber bei redecine (radic-ina ) wird man dem d
kaum einen solchen Einfluss zuschreiben können. Kuseture (— it.
cucitura), feketure (fac-itnra), tzeseture (tex-i-tura)\ cinghetoare
(cing-i-loria), treketoare (trajic-i-toria), vunzetoru (= it. ve/i-
ditorej; arzeciune (ard-i-tionemj; kezemiintü (cad-i-mentum),
krezemuntu (cred-i-mentum) 75 j können nach Analogie der Ablei
tungen aus der 1. Conjug. areture (arat-ura), sepeture (it. zappu-
tura); udepetonre (§. 6); inkineciune; zuremuntü, ligemuntu
gebildet sein, wo das e regelrecht tonlosem et entspricht. Man bemerke
endlich das Suffix -itatem, welches zu ctate wird, nicht blos nach n,
dem man vielleicht trübende Kraft zuschreiben könnte — bunetute,
pegiinetate. senetate — sondern auch nach anderen Consonanten:
miseletate, moietate, und an einem fremden Stamme: bogetate.
49. Die zwei Erscheinungen, die wir unter I. B. und III. erörter
ten, treten uns manchmal in verschiedenen Formen eines und dessel
ben Stammes entgegen. Dann kommt zum Schema von §. 45 eine
dritte Reihe, und dasselbe lautet:
e. . . a (e), u = e
e. . . e, i = e
e.. .e = ed oder vielmehr nach §. 17
wird fetü (wegen u)
„ fetzi fete ( „ i, e)
„ [feate] fate ( „ e)
Eben so lauten die Formen mit dem Ausgange -c der in §. 46
erwähnten Verba wie folgend:
Also aus foetus
foeti foete
foetu
3. Ind. der I. Conj: imbate, apetse, invatze, varse, prade 7f! ),
3. Conj. der II. Conj: vade oder vaze.
Aus liiciferum wird lucifer lucefer; aus der Formel fer ergibt
sich fer: lucefer; das e bringt die Diphthongierung hervor: lucea-
ferü Plur. luceferi. Eben so aus geminus (Formel men — meii):
75 ) Daneben teicture, teietorü, koperemuntü wegen des vorangehenden (sichtbaren
oder versteckten) i von taleo (talio), cooperio; §. 29.
76 J Das Präsens von invetzä wird z. B. lauten :
invetzu invetzem
3 3 3
invetzi xnvetzatzi
3
invatze invatze.
4 ’ *
Zur rumänischen Vocalisalion,
151
geamenü Fein, gedmene, im Plur. aber gement gerne ne. Nicht anders
das Verbum: ingedmenu ingemeni ingedmene ingemendm inge-
menatzi ingedmene, Conj. mgemene. — Aus pectino wird pidp-
tenü; zugleich kann das e der Formel ten auch sich zu e trüben:
pieptenü, und die Diphthongierung des betonten e bildet statt
oder unterbleibt auch in diesem einzelnen Falle. Es sind demnach
in der 1. Ind. drei Formen gebräuchlich: zwei organische —
pieptenü pidptenü— und eine unorganische — pieptenü —; die
2. Ind. ist natürlich nur pidpteni, die 3. Conj. nur pidptene ; für
die 3. Ind. soll nur pidptene im Gebrauche sein. — Aus semino
(Formel men): seamenü sdmenü, 3. Ind. seamene samene (auch
samune, vgl. Anm. 60); 2. Ind. sdmeni, 3. Conj. sdmene. Neben
letzteren Formen sollen auch sdmeni sämene Vorkommen, die dann
als unorganische durch Analogie mit der I. und 3. Person entstan
dene Formen zu bezeichnen sind. Ganz gleich dürften sieb ver
halten semend und asemend („gleich sein“ und „gleich machen“
aus similo); hie und da hört man auch men ohne Trübung des e,
in welchem Falle dann die 1. Person asemenü lautet. — Ddperü
„ich rupfe, zupfe“ ist wohl aus dd-pÜ-o; e in der Formel per zu e
und dadurch e zu u ( = ea), 3. Pers. ddpere, 2. Ind. ddperi, 3. Conj.
ddpere. —Mesurü (■§. 46) sollte, da u überall folgt, überall e haben ;
für die 3. lud. wird auch mdsure gebraucht, also wieder ein Bei
spiel (Anm. 22), wo das e um zwei Sylben zurückwirkt.
50. Es sind noch manche Verba mit stammhaftem d zu er
wähnen. Z. B.
ad-aqu-o: adepü adepi adape adepemü adepatzi; adepe.
Ebenso depertü impertzü (de-, im-partior ”), distremü
(dis-tram-o), ingresü (in-crass-o), infdsu (in-fascio), pesu (it.
passo), skelciü (e.v-calceo), serü (sal-o).
Wie man sieht, kommen bei diesen Verben nur die stammbe-
tonten Formen in Betracht, denn die flexionsbetonten lassen nicht
unterscheiden, ob a oder e gemeint ist: die Formeln fas, pas, tram
und fes, pes, trem geben ausser dem Accente gleiches Besultat: fes,
pes, trem. Von den stammbetonten Formen ist die 3. Ind. auszu-
schliessen, wo ebenfalls einerseits a und anderseits e, dem e folgt, in
der Darstellung a Zusammentreffen; es bleiben also nur drei Formen
77 J Auch irnpartii.
152
M H s 8 a f i a
mit betontem e und zwar eine mit e (pesu), zwei mit e (pesi pese).
In Bezug auf erstere nun lässt sich vielleicht annehmen, dass auch a
in der Nähe von Labialen und Sibilanten die Neigung hat, sich zu e
zu trüben, so dass wieder z. II. die Formeln pas und jjes auch unter
dem Accente dasselbe Ergehniss liefern: nämlich pes 7S ). In einem
solchen Falle war nichts leichter als dass man die wenigen Verba,
bei welchen e aus a kommt, mit den viel zahlreicheren, wo
e = e ist, vermengt und folglich auch hei ersteren in den mit i, e
auslautenden Formen das helle e angesetzt hat ’ 9 ).
Mesteku bedeutet „ich mische“ und „ich kaue“. Die zwei Be
griffe gehen zu weit auseinander, und daher glaube ich dass sich in
dieser Form zwei Verba vereinigen: mi.vt-ico und masticu. Letz
teres wird zuerst mesteku ergeben haben; dann aber durch Ein-
fluss sowohl des folgenden e als des ähnlich lautenden Verbnms:
mesteku.
51. Gleicher Lautgang a e e kommt auch in unbetonter Silbe
vor: ausph.arma.c-o fdrmekü; da nun unbetontes a immer e ergibt,
so müsste die 2. Ind. fdrmeci, die 3. Conj. fdrmece lauten; an die
Stelle dieser Formen traten aber fdrmeci fdrmece, als ob e aus e
herrührte 80 ). Man kann hieher auch kumperü (comparo) ziehen,
7S ) Man vergleiche cumetre (com-matr-em), wo nur zu bemerken ist, dass das auslautende
e nicht vermochte, a in der betonten Silbe zu retten. Dar Plural lautet cumetre.
3
Daraus moviert cumetru cumetri (Gevatter). Megure aus macula (Et. Wb. I, 258)
gehört auch hieher. Hängt betzü „Stock“ mit batuo zusammen? Fe aus fac; ve
aus vade. Die Präpos. fere ist vielleicht so zu deuten foare fare (§. 4) fere.
79 ) Die Annahme von a bei Labialen zu e wird auch durch den Umstand unterstützt,
dass hei diesen Verben mit stammhaftem a manchmal auch die 2. Person e aufweist:
neben adepi impertzi auch aäepi impertzi. Hei letzteren Formen griff also die
Analogie mit denVerben, die stammhaftes e haben, nicht durch. Eben so lehrreich ist
die Nebenform adape für die 3. Imper., in welcher ursprüngliches a unversehrt blieb.
80 ) Ja seihst fdrmekü wird gehört; d. h. die 2. Ind. wirkt auf die 1. ein und die Spra
che widersteht in diesem einzelnen Falle der Neigung, e nach Labialen bei folgen
dem u zu e zu trüben. Auch die Sylbe vor dem Accente bieten bei diesem Verbum
eine bemerkenswerthe Erscheinung: aus pharmac-are sollte regelrecht fermekd
werden. Nun wirken Formen wie fdrmekü fdrmeci fdrmece auf das zweite e ein
und lassen es zu e werden: also fermekd fermeketoriü fermeketure; zugleich aber
wird das e nach f als ein aus e herrührendes angesehen und durch das folgende e
geklärt, so dass neben den so eben erwähnten Formen auch fermekd fermeketoriü
u. s. w. gebräuchlich sind.
Zur rumänischen Vocalisation.
153
das kümperi klimpere bildet; es wäre denn, dass man durch Hinweis
aufital. compero eine unmittelbare Vertretung von a durch e anneh
men wollte« 1 ). — Dopend entspricht dem ital. dipanare, nur mit
dem Accente auf dem Präfixe: also aus depano zuerst ddpenü (unb.
a = e), und da e auf die betonte Sylbe zurückwirkt: deapenü auch
ddpenü; eben so in der 3.1ml. dedpene ddpene. Das e bei folgendem
e oder i wird aber durch Analogie zu e und kann daher die Diphthon
gierung nicht mehr hervorbringen, und so lautet die 2. Ind. depeni,
die 3. Conj. ddpene.
32. Auch mit der 43 erwähnten Erscheinung steht diese Trü
bung von e zu e in Wechselbeziehung. Das e der Formel nev in tene-
rum wird vor ü und e zu e, und da bemerkt man, dass, so lange die
ses e vorhanden, ist, der betonte Vocal nicht blos wie gewöhnlich zu i
(§. 42) wird, sondern selbst zu u sich verdunkelt, während vor e, i
nur i sich findet: also tunerd und tinerü, tünere und tinere, aber nur
tinert tinere. Nicht anders bei vunetu (venetus color, coeruleus),
dem v ine tu zur Seite steht, und im Fern, vünete neben vinete, wäh
rend im Plur. nur vinetzi vinete gehört wird.
33. Alle bisher erörterten Erscheinungen sind rein lautlich;
und die Vorgänge bei der Flexion sind nur Anwendungen der Laut
gesetze. Anders zu beurtheilen ist ein flexivischer Vorgang, nach
welchem Substantiva 82 ) weiblichen Geschlechtes, die im Singular ä
haben, dasselbe im Plurale auf i zu e werden lassen. Z. B. karte
kertzi, cetate cetetzi. vale vei ([ll vor i fällt ab) ; alle substantivisch
gebrauchten Infinitive auf -are haben im Plur. eri. Das i wirkt auch
81 ) Ist aperu („vertheidigen“ und „verbieten“ wie franz. defendre) aus ab-päro? apere
— aperi apere.
82) Substantiva, nicht Adjectiva; also aus large nicht lergi, sondern largi •
weiblichen Geschlechtes, nicht männlichen; also aus iberbatü nicht berbetzi
sondern berbatzi, aus frate nicht fretzi sondern fratzij cfr. kalc kei (callis) und
kalti kai (caballus). Ich glaube daher kaum, dass bradü brezi (auf keinen Fall
bretzi), das Diez II, 54 anfuhrt, richtig ist; zugrevi, das er I, verzeichnet, findet
sich bei Clemens; wenn die Form richtig ist (meine Quellen geben zugravi oder
zugrevi an,) so ist sie,als eine Ausnahme anzusehen. Wenn dann Diez hinzufiigt:
„nicht alle Nomina unterwerfen sich diesem Lautgesetze: es heisst ban bani nicht
beni“, so ist diese Bemerkung unbegründet, da eben nur Feminina a zu e verändern.
Unter den Fern, entziehen sich nur sehr wenige dieser Regel; z. B. vake, vaci
nicht veci, frage fragt.
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LVIII. Bd. III. Hft.
11
1S4
Mussafia, Zur rumänischen Vccalisation.
um zwei Silben zurück: vor allem in den Pluralen auf uri: arame
3
aremuri (acrnmen), körne kernuri, metase metesnri (mataxa
dann auch in anderen: pasere peseri, mnrgine mcrgini, läkreme
lekremi. Ein a, das nicht ursprünglich ist, sondern durch ea sich aus
e entwickelte, wird manchmal auf gleiche Art behandelt : also aus
rar ge vergi, aus prüde prezi, aus tzare tzeri (neben tzere); bei an
deren Wörtern dagegen tritt das ursprüngliche c in seine Rechte
wieder ein: rare veri; neben dem eben erwähnten vergi findet man
auch vergi verzeichnet; aus sare seri und seri (neben sere~).
P u (I i k, Über Ablasstafeln.
ISS
Über Ablasstafeln.
Von Dr. B. Dudi'k,
o. s. B.
Seitdem das General-Concil von Trient in seiner 21. Sitzung
die Ablassverkündiger und Almosensammler ein für allemal äbgeschafTt,
und dieses Amt sowie die Prüfung der Ablassbriefe den Ordinarien,
oder Diöcesan-Bischöfen, übertragen batte, wurden die Ablasstafeln
auf höheren Befehl aus den Kirchen und Sakristeien entfernt. Dies
der Grund, warum heutzutage Original-Ablasstafeln zu den kirch
lichen Seltenheiten gehören.
Unter einer Ablasstafel versteht man Holzschränke, die entweder
bilderartig, also in Rahmen, oder in Form eines verschliessbaren Tri
ptychons die einem religiösen Orden, einer religiösen Bruderschaft
oder einem bestimmten Gotteshause vom apostolischen Stuhle oder
von einzelnen Bischöfen ertheiten Indulgenzen sammt den an selbe
geknüpften Bedingungen enthalten, und durch öffentliche Aufstellung
in Kirchen und Sakristeien ihre Rechtskraft darthun.
In der Sakristei der Deutschordens-Kirche zur heil. Elisabeth in
Wien haben sich bis zur Gegenwart zwei solcher Tafeln mit Ablässen,
die sich auf den gesammten deutschen Ritterorden beziehen, erhalten.
Die eine datirt vom Jahre 1466, und die andere vom Jahre 1513,
beide also stammen aus der Zeit vor dem Concil zu Trient, welches,
wie bekannt, 1564 sein Ende erreichte, ein Umstand, welcher bei
ihrer Beurtheilung ganz besonders in die Wagschale gelegt werden
muss. Bevor wir dies thun, wollen wir vorerst ihre genaue Beschrei
bung geben.
II
* 156
I) u d i k
I. Ablasstafel vom Jahre 14611.
Veranlasser, dass diese Tafel im genannten Jahre 1466 ange
fertigt wurde, ist der Deutschordens-Priester, Jacob Wolgemuet,
damals Komthur und Pfarrer der Deutschordens-Kirche zur heil. Eli
sabeth in Wien. Er seihst hat dies am Schlüsse der auseinanderge
setzten Indulgenzen mit folgenden Worten angemerkt: „Hane tabu-
lam disposuit fieri frater lacobus Wolgemuet, tune temporis Com-
mendator et plebanus huius ecclesie. Anno Domini M.CCCC. sexage-
simo sexto“. Und dass hier wirklich von der D. 0. Elisabethkirche
in Wien die Rede ist, ersieht man aus den unmittelbar dieser Note
vorangegangenen, mit Mennig geschriebenen deutschen Zeilen: „Nach
crist gepurd, do man czalt Tausend dreie hundert vnd in dem fiinf-
vndnewezigisten iar an dem vierden suntag in dem advent ist ge
weicht worden dy gegenwärtig chirchen, vnd ist dy chirichweich
gesetzt an Suntag nach Elisabeth“ — eine Thatsache, welche die
Gescliichte der Deutschordens-Commende zu Wien vollkommen be
stätigt, und eine Bestimmung, welche sich bis auf die Zeiten Kai
sers Josef 11. erhalten hatte.
Die Tafel selbst ist aus Nadelholz, 76 Centimeter breit und
60 Centimeter hoch, bildet demnach ein längliches rechtwinkeliges
Viereck, und wird von einem im vorigen Jahrhunderte angefertigten
gekehlten, braun lackirten Rahmen von 0 Cent. Breite umfasst. Auf
dem reingehobelten, mit lichtbraunem Pergamente überzogenen, aus
zwei gleichen Theilen bestehenden Breite sind in 4 Columnen, die
Columne zu 40, 41 und 42 Zeilen, die von den Päpsten dem deutschen
Ritterorden verliehenen Ablässe in deutscher Sprache mit lateinischen
Buchstaben niedergeschrieben und führen die Aufschrift: „Item
summa vnd besamung des ablas der prüder des deiutsches ordens
des Spital vnser lieben Frawen zu Jherusalern, Anno Domini Milesimo.
CCCC». sexagesimo sexto“. Es zeigt demnach diese Aufschrift, dass
die hier niedergelegten Ablässe wirklich für den gesammten deut
schen Ritterorden geltend sind.
Dass jedoch das vorliegende Exemplar speciell für die St. Eli
sabeth-Kirche in Wien bestimmt war, haben wir bereits erwähnt.
Dies wohl die Ursache, dass statt des Initials der ersten Zeile eine
nette Miniatur, 9 Centimeter hoch und 9 Cent, breit, die heil. Eli-
Uber Ahlasstafeln.
IST
sabetli von Thüringen vorstellend, angebracht ist. Die Heilige er
scheint hier im Gewände des dritten Ordens des heil. Franciscus,
also in einem braunen Habit, blauen Mantel, und das weisse Tuch
um den Kopf gewickelt, wie sie einem lahmen Hettler im gelben Ge
wände das Brod in Form einer Wecke darreicht. Fs ist dies die älteste
Darstellung der frommen Fürstin. Man findet dieselbe in den „Monu
ments de la vie de sainte Elisabeth“ von Montalembert mit der An
gabe, dass sie von einem Köllner Künstler aus dem 14. oder 16.
Säculum stamme. Wir haben hier genau das Datum des Bildes.-Es
ward 1466 gemalt.
Nach der Legende, wie sie uns Iacobus de Vnragine aufbewahrt
hatte, verwandelte sich einmal das für die Armen bestimmte Brod
im Schosse der Heiligen in weisse Rosen. Diesen Umstand benützte
unser Miniatur-Maler, um die Verzierung des Initials, also hier des
goldumrahmten Bildchens, in Rosenzweige ausgehen zu lassen,
welche recht sinnreich am unteren Raume der Tafel ein Medaillon
umranken, in welchem der Pfarrer und Komthur, Jacob Wolge-
muet, im weissen Ordensmantel kniend erscheint. Ein von seinen
Händen gehaltenes Spruchband mit den Worten: „Sancta Elisabeth
ora pro me“ zeigt den Zusammenhang dieses Medaillons mit dem
obigen Bilde der Heiligen.
Der Wortlaut der Ablässe ist folgender:
„Czu dem ersten haben dy obgenannten prüder deivtsches orden
allen den ablas, den do gehabt haben dy prüder Templer von irem
orden, vnd auch allen ablas, den do haben dy prüder Spitals des hey-
ligen herren sand bansen, dye man Johanniter nennet, von irem
orden. Den aritlas allen haben in verliehen dy heylign väter: pabst
Honorius der dritt, Alexander der vierd, Gregorius der newnt, und
auch von viel andern päbsten ist also dem obgenannten dewschn
orden das also gegeben vnd bestätigt worden. — Zu dem andern
mal (roth).
Haben dy prüder dewtsches orden in fünfhundert vnd dreu vnd
achczik iar ablas vnd auch erledigung aus fünf und sechczik kerem
von dem pabst Honorio dem dritten, Alexandro dem vierdn, Johanni
dem cway undt zwanzigsten. — Item nota (roth).
Allen den, dye in ir chirchen, oder chappelln, chomen in allen
grossen Hochczeitn, item zu Ostern acht tag nach einander, am auf-
fartag dy acht tag nach einander, am phingstag acht tag, am tag der
158
I) ii d 1 k
heiligen driualtikait, an gotsleiehnam tag, czu unser lieben frawn
tage, und dy acht tag irer heiligen schidvng und irer heiligen geport
tag, an dem tag, als das heilig chreucz erfunden ward, ynd auch au
dem tag seiner erhöchung. An allen heiligen tag. zv sand Elspten tag
ir gepurd, auch an dem tag irer erhebvng (zweite Columne) vnd acht
tag darnach, zv weichnachten, am prohemtag vnd acht tag darnach
zu den hochczeitn der heiligen, dy patron sind, vnd ist also ann ersten
in (zu) eren dy chirchen, cappelin, oder altar geweicht sind oder
heiligtumb vorgephlancze ist. Auch am antlastage, am Karfreitag, an
der chirichweich vnd acht tag darnach. Auch cze mittermäsigen
czeiten, als an den czweli potentag, an sand Johanns tagen gots
täufier seiner gepurd vnd seiner enthauptnuss und dy aclitag darnach,
vnd auch der vier lerer, czu sand Michelstag, ezu sand Barbara tag.
Der antlas ist geben allen den, dye mit irer hilf oder rat czu nucz
chomen, oder chomen sind dem obgenannten orden Also, welcher
mensch rechte paicht und wäre rew vmb seine sünd hat. —■ Czu
dem dritten mal merk (roth).
So haben dy deutschen herrn von dem pabst Honorio dem dritten
czwai vnd vierzig iar ahlas vnd erlösung, auch czwai vnd vierzig kar-
reit hesunderlich czu drein czeitn im iar: czu Ostern, czu des heilign
chreucz erhöchung tag vnd czu der chirichweich vnd all mantag, all
mitichen, all freitilg dy gancz vasten. Vnd auch so uil von papst Gre-
gorio dem newtn. — Czu dem vierden mal (roth).
Haben sy von czwai vnd czwainzig hischolfen vnd erczbisehol-
fen von yedein vierczig tag vnd ein kerrem ablas. Item czu den syhen
hochczeiten iares, als dy prüder nach Ordens löblicher gewohnhait
gottleichnam enphahen... Item von [iahst Johanni dem XXII. Alles
das gepet, das geschieht vorb dy prüder, dy sich paichten, dy haben
XXIII. iar vnd syben kerrem ablas. Item von papst (dritte Columne)
Honorio dem dritten hat man XXV. tag all, dy andächtichlich in ir
chirchen oder capelln chömen. •— V. mal (roth).
Haben sew von acht päbsten, von yedem süben tail rechter vnd
aufgesaezter pues ahlas alle, dy in ir chirchen oder cappelln chömen
in den ohgeschrieben hochczeiten, vnd ir almusen vnd hilf nach irem
vermögen dar geben. Item von pabst Celestiuo dem dritten, in des
czeitn der orden erhebt vnd auch von im löblich bestätigt ist worden.
Item der pabst Honorius der dritt, Gregorius der newnd, Innocen-
cius der vierd, Urbanus der yierd, Clement der vierd, Honorius
Über Ablasstateln.
159
der vierd, vud Bonifacius der acht pabst. — Czu dem sechsten
mal (roth).
Hat man von fünf päbsten, von ieglichem das dritt tail rechter
vnd aufgesaczter puess ablas alle, dv den prüdem ros oder harnasch
geben czu hilf dem heilign land wider dy haiden, vnd das haben sy
von dem Pabst Honorio dem drittn, Gregorio dem newnten, Innocen-
cio dem vierden, Alexandro dem vierden, vnd Paschasio dem drittn. —
Czum VII. mal (roth).
Haben sy besunderlich von dreien päbsten, Honorio dem drittn,
Bonifacio dem achtm, vnd Honorio dem vierden, von ieglichem ganzn
ablas aller ir siinde alle, dy sich mit leib vnd guet dem orden erge
ben in rechter lieb durch gots willn. — Merke (roth).
Auch haben dy obgenanten prüder von pabst Honorio dem drittn,
Gregorio dem vierden (sic, statt IX, weil Gregor IV. lange vor der
Stiftung des deutschen Ritterordens, voii 827 bis 844, gelebt batte),
Alexander dem vierden, auch von viel andern päbsten söliche frei-
hait: wer dy prüder desselbigen Ordens, oder ir hewsser, ir lewt,
oder ir armen lewt, bah vnd guet (fünfte Columne) mit gewalt anfalln
oder unczimlicb leydigen oder druckchen, das man dyselbigen, mit
vnächtunge alles gedinges auf ain höchern richter, für sich pringen
an als vercziehen; wen sy an fordern, der sol sein mit prinenden
cherzen vnd mit anslaben der gloken offenlicb in den pann chünden,
als lang in genueg bescheehe. Vnd wen sie die genad der lösvng aus
dem selbigen pann begern, so muessen sy sich für des pabst angesich
erczaigen mit ires piscbofs brief, vnder dem sie sind mit geisticher
gehorsam, essein priester oder layen, als es dan chlärleicb vnd pas
begriffen ist in der grossen tauel.
Summa der genaden iar facit: sechshundert iar vnd dreü vnd
sechczig iar, summa der karem: hundert vnd dreu vnd vierczig
kerem. Vnd das ist die Summ der iar vnd kerreit, die nämlich geseczt
sind in dem ablas (roth).
Täglicher antlas: wer in ir chirchen oder Chapelln chümpt czu
gotesdinst andächtikleich, der bat alle tag täglich fünf vnd hundert
tag tödlicher sünd, vnd als uil löslicher sünd ablas vnd erlösung.
Nota, wen die cbircb geweicht ist: Nach christ gepurt u. s. w.
wie oben.
IßO
1) »1 (1 I 1(
II. Ablasstafel vom Jahre 1513.
In Form eines Triptychons von 135 Centimeter Breite und 82
Cent. Höhe, wenn die beiden gerade in der Mitte schliessenden Flü
gel, jeder von 33 Cent. Breite, geöffnet sind, liess der Landkonithur
der Ballei Österreich, Conrad von Kotwitz, dessen Familie einen rothen
Querbalken im weissen Felde führt, eine Ablasstafel aus weichem
Holze anfertigen, inwendig mit starkem Papier überziehen, und auf
dasselbe die Summarien jener Indulgenzen in deutscher und lateinischer
Sprache niederschreiben, welche für den gesammten deutschen Rit
terorden von den Päpsten ertheilt wurden, und wie selbe der Hoch
meister desselben Ordens, Albrecht von Brandenburg, aus dem zu
Königsberg in Preussen aufhewahrten Centralarchive des Ordens ein
geschickt hatte. Wir finden diese Data auf dem Mittelstücke des
Triptychons verzeichnet. Dort liest man deutsch und lateinisch: „Hie
auf der Tafel ist geschrieben der Ablass des teutschen Ordens unser
lieben Frawen Spitals zu Jherusalem, den man mag verdienen in allen
des Ordens Capellen, den der hochwürdig Herr und Fürst, Markgraf
Albrecht von Brandenburg, des teutschen Ordens zu den Zaiten hoch-
maister gewesen, dem erwirdigen herrn, HerKonrad von Kotwitz, die
Zeyt Landl-Kommentor zu Österreich, Steyer, Kernthen und Khrön
des selbigen Ordens, kürzlich ausgezogen, von Preussen zugeschickt
hat im Tausend Fünfhundert vnd dreyzehenden Jare“. Albrecht von
Brandenburg erscheint als Hochmeister vom 13. Februar 1511 bis
10. April 1525, und Conrad von Kotwitz als Landkomthur der Ballei
Österreich vom J. 1505 bis 1513.
Da die im Triptychon enthaltenen Indulgenzen-Summarien so ge
schrieben sind, dass auf den Flügeln je in zwei Columnen, also im Gan
zen in vier Columnen, die Summarien lateinisch, und auf dem Mittel
raume dieselben indeutscherÜbersetzung in drei Columnen zu 62 Zeilen
auf rothen Linien erscheinen, oder da die Ablasstafel, wie sie auf der
Aussenseite des rechten Flügels selbst sagt, nur zu gewissen Zeiten
geöffnet war: „quam (tabulam) certis temporihus videbis apertam“, so
trug man Sorge, damit das Äussere dieses Thesaurus, wie sonst
solche Flügelaltärlein hiessen, anständig und kirchlich sich darstelle,
und verzierte somit die Flügel mit Bildern.
Uber Ablasslafeln.
161
Auch unsere Ablasstafel weist Bilder nach, und zwar auf dem
rechten Flügel oben eine Annuntiatio und unten den reihen branden-
burgischen Adler im weissen Felde mit dem Deutschordenskreuze
auf der Brust, und auf dem linken oben die Madonna mit dem Kinde
und Anna und unten das Hochmeisterkreuz. Zwischen den Bildern ist
auf einem angeklebten Pergamente eine Art von Inhaltsanzeige in
deutscher und lateinischer Sprache der in der Tafel selbst enthal
tenen Indulgenzen.
Sie lautet:
„Summa dess Ablass der Teutschen herren Spitals vnser lieben
Frawen zu Jherusalem (rotb).
Zum Ersten: Vnsere Gotzhewser haben alle Gnad, Gaben vnd
Freybeyten, die do haben die prueder des' Spytals sannkt Johannis
zu Jherusalem. (Im lateinischen Texte wird noch der Templer-Ab
lässe erwähnt, die im Deutschen verschwiegen sind.)
Item Innocencius der viert hat miss geben die Freyheit: ob
unrecht gewonnen giitter unnserem Orden geben würden, so man nif
weiss, die recht treiben, so werden sy recht gefertiget, vnd wir
mögen selbe giitter zu der Eer gottes vnd Verhierung des glauhens
anfnemen. Item zerbrochne Gliib durch den Pischof verwandelt,
mögen wir riegen .... ausgenommen das gelüb gen Jherusalem.
Item do ir interdicit wer, mögen wir vnsere mitprüder nach gewon-
beit begraben, ausgenummen die offnen Wucherer vnd auch die im
Pann seyn. Item von den namhafftigen oder heyligen tagen findest
du in dieser tafel, aber alle andern tag, durch das gancz jahr, hast
du täglich hundert vnd fünf tag ablass. Item acht päbst haben geben,
ein yeder in sunderhait, den sibenden tayl Vergebung aufgessetzter
puess. Item fünf Päbst, ein yeder in sunderhait, last ab den vierten
tail aufgeseezter puess. Item Bapst Honorius der dritt, vnd auch
Honorius der (viert), hat verheissen ablass aller sündt allen denen,
die mit Bat, oder hylff vnsz leysten vnd thun wider die Vnglaubigen.
Item, von den heyligen Päpsten: demente dem vierten, Honorio dem
dritten, Alexandro dem vierten, vnd auch von anderen Päbsten wird
geben der siebend tayl Vergebung der sündt, welche vnss täglich
hilff raychen, welche aber dargehen Ross, Waffen etc. den dritten
tayl Vergebung der sünden, vnd die sich selber vnd auch ire gütler
vnnss übergeben, Ablass aller sündt von pein und schuldt.“ Der latei
nische Text setzt noch hinzu: „Qui autem se et sua (ordirii conferunt)
I B2
i) ii (i r k
remissionem oranium pecatorum suorum consequentur. Multas alias
concessiones et gratias invenies in ista tabula, quam certis tempori-
bus videbis apertam. Laus deo et eius castissime genitrici“.
Betrachten wir näher die vier Bilder, von denen die obern
26 Cent, breit und 31 Cent, bocli sind, die untern hingegen
zwar auch 26 Cent, in der Breite, aber nur 21 Cent, in der Höbe
messen.
Das erste Bild am rechten Flügel stellt die Verkündigung Mariens
dar, und zwar wie sie von den altern deutschen Künstlern aufge
fasst wurde. Maria kniet unter einem pistazien-grünen Zelte und
erbebt die zusammengelegten Hände zum Gebete. Vor ihr liegt auf
einem braunen Bettstuhle ein aufgeschlagenes, rotli gebundenes Buch;
ihr goldgelbes Haar ist lang herabwallend, sie selbst im schwarzen
Kleide mit einem weissen, reiche Falten am Boden bildenden Mantel;
ober dem goldenen Heiligenscheine der heilige Geist in Gestalt der
Taube. Eine rotlie Bank ist im Hintergründe sichtbar. Die Jungfrau
wendet den Kopf gegen den grüssenden Engel. Es ist Gabriel, welcher
unbedeckten Hauptes sich eben auf das linke Knie niedergelassen
batte, um die Botschaft zu verkündigen. Er trägt ein weisses Gewand
und darüber einen rothen Chormantel mit einer goldenen Schliesse,
womit nicht nur die englische Reinheit, sondern auch sein Priester
amt ausgedrückt wird. Die rechte Hand erbebt sich zum Segen,
während die linke statt des üblichen Lilienstengels einen Gold-
scepter hält, der in eine Kreuzblume endet. Die Eile seiner Bot
schaft drücken die von seinen Schultern ausgehenden Adierfittige
aus. Sein Ausdruck ist der der Ruhe, Ehrfurcht und Freundlichkeit.
Das Gegenstück zeigt die gekrönte Madonna, gleichfalls im
schwarzen Kleide, das ein weisser Mantel zum grösseren Tlieile deckt.
Sie sitzt und hält auf dem Schosse das stehende nackte Jesuskind,
von dessen Haupte rotlie Strahlen ausgelien, wie es nach einem
Apfel greift, den ihm die heil. Anna im grünen Unterkleide, das ein
rothes wallendes Gewand zum Theile verbirgt, entgegenhält — das
Sinnbild des durch Christum wieder eroberten Paradieses der Er-'
lösung. Anna’s Haupt umschliesst ein weisses Tuch.
Wie aus demselben Apfel, aus welchem die Sünde kam, auch
die Erlösung hervorgeht, davon spricht folgende vom Freiherrn von
Lassberg im Anhänge zum Grafen Fritz von Kollre mitgetheilte Sage:
„Gott warf, so heisst es darin, den Apfelbaum, welcher dem ersten
Über Ablasstafeln.
163
Mensch|j)paare den Tod brachte, aus dem Paradiese, Abraham aber
fand ihn, und seine Tochter ass von den Früchten, wurde gesegneten
Leibes und sollte desshalh verbrannt werden. Ins Feuer geworfen,
blieb sie unverletzt und gebar den Channel, der sofort aus seinem
Schenkel die Anna, Mutter der Madonna, zur Welt brachte“. In
diesem Zusammenhänge stehen in unserem Bilde der Apfel, die heil.
Anna und das Kind.
Nicht absichtslos kleidete der nicht ungeschickte Künstler auf
beiden Bildern die heil. Jungfrau in das schwarze und weisse
Gewand; es ist dies das Gewand des deutschen Ritterordens, dessen
besondere Patronin die Mutter Gottes ist, wesshalb auch der Hoch
meister in Preussen die Madonna mit dem Jesuskinde am Throne
sitzend im grossen Siegel führte, und der Orden sich ganz besonders
den marianischen nannte. Ebenso charakteristisch ist das Abgehen
von den allgemein angenommenen Farben in der Gewandung der
heil. Anna. Auf Kirchenbildern wird sie stets mit grünem Mantel
gemalt, weil sie die Hoffnung der Welt in sich trug, und Grün die
Farbe der Hoffnung ist. Ihr Unterkleid ist roth als Farbe der Liebe.
Auf unserem Bilde ist das Umgekehrte, die Liebe soll noch die
Hoffnung überstrahlen bei dem Darreichen des paradiesischen
Apfels.
Und nun noch etwas über die beiden Wappen. Das Wappen
auf der rechten Tafel gibt den gut stylisirten rothen, nach rechts
sehenden Brandenburger Adler auf einer weissen Tartsche, welcher
jedoch statt des üblichen Hohenzoller’schen Mittelschildes das schwarze
Ordenskreuz im weissen Felde führt. Der Hochmeister Albrecbt hat
dieses Wappen als ein Brandenburger eingeführt. In der linken
Ecke des Flügels ist ein kleiner Schild, weiss und schwarz der
Länge nach getheilt, mit einem aufspringenden und an einem rothen
Halsbande angeketteten schwarzen Windspiele im weissen und mit
einem dergleichen weissen Hunde im linken schwarzen. Felde
angebracht.
Am linken Flügel ist das hochmeister’sche Wappen sichtbar.
Es besteht aus einem weissen Schilde, hier in Form einer Tartsche,
mit dem einfachen schwarzen Balkeukreuze, worauf das goldene
Kreuz von Jerusalem, hier statt der Krücken Kleeblätter zeigend, und
ein darauf gesetzter goldener Mittelschild, mit dem nach rechts
sehenden alten, einköpfigen schwarzen Reichsadler.
164
1) ii il i k
Es ist auffallend,, wie dieses schöne, so bedeutungsvolle Ab
zeichen königlicher und kaiserlicher Huld durch die Länge der Zeit
verunstaltet wurde, so dass aus dem historischen goldenen Krücken
kreuze ein Lilien-, und in neuester Zeit sogar ein Seepterkreuz
wurde, tu der alten heraldisch richtigen Form sah ich das Hoch
meisterkreuz in grossen Dimensionen auf dem Hauptthore der für
die Baugeschichte so merkwürdigen Elisabethkirche zu Marburg in
Hessen; unsere Tafel bewahrt die alte Erinnerung, verlor aber bereits
das Verständniss derselben, die einfache Krücke genügte nicht mehr,
sie musst'e Rundungen erfahren und sich die Kleeblattform gefallen
lassen, gerade wie unter den Hoch- und Deutschmeistern: Walter
>on Kronberg, Erzherzog Maximilian und Erzherzog Karl, auf die
Krücke die Lilie gesetzt wurde.
Da dieses Wappen auch in der österreichischen Heraldik noch
immer eine Rolle spielt — der deutsche Ritterorden ist ja in den
österr. Staaten allein begütert und zudem ein unmittelbares Kron-
lelien — so mögen hier über die Geschichte desselben einige Worte
stehen, welche ich bereits 18S8 in meiner Beschreibung' und ge
schichtlichen Darstellung der Münz-Sammlung des deutschen Ritter
ordens in Wien niedergeschrieben und documentirt habe.
Die sogenannte alte Ordenschronik erzählt, dass König Johann
von Jerusalem als Zeichen seiner Huld und königlicher Belohnung
für die erspriesslichen Dienste und die Tapferkeit der D. 0. Brüder,
die sie im Jahre 1219 bei Damiette’s Belagerung bewiesen hatten,
dem Hochmeister, Hermann von Salza, und allen seinen Nachfolgern
die ehrenvolle Erlaubniss ertheilt hatte, in ihrem schwarzen Kreuze
das goldene Kreuz von Jerusalem führen zu dürfen. Dushurg, sowie
alle älteren Quellen wissen zwar von dieser Auszeichnung nichts zu
erzählen, auch die späteren Chronisten, ja selbst Hartknoch, sind
hierin irrig und uneins; nichts desto weniger muss diese Begabung
als historisch richtig angenommen werden, weil das goldene Krücken
kreuz von Jerusalem in allen bis jetzt bekannt gewordenen Secret-
Siegeln der Hochmeister, und auf allen Münzen bis zu den Zeiten
Johann's von Tiefen, also bis zum Jahre 1489, ohne Ausnahme vor
kommt. Ebenso richtig ist es, dass Kaiser Friedrich II. die Ehre
dieses so belegten Ordenskreuzes mit dem schwarzen deutschen
Reichsadler im goldenen Felde erhöht hatte. Eine Urkunde-existirt
zwar nicht über diese Gnadengabe, Dusburg ist hierüber in seiner
Über Ablasstafeln.
irr
Chronik pag. 27 die einzige alte Quelle; indess, da dieser Kaiser-
sehild sich überall ohne Ausnahme dort vorfindet, wo das goldene
Krückenkreuz angebracht ist, lässt sich Dusburg’s Tradition ver
nünftiger Weise nicht bezweifeln. Voigt verlegt in seiner Geschichte
Preussens II, S. 151 u. ff. mit vieler Wahrscheinlichkeit diese Aus
zeichnung in das Jahr 1226, mit der Bemerkung,, dass damals Her
mann von Salza und alle seine Nachfolger unter Einem zu Reichs
fürsten erhoben wurden, und Papst Honorius III. ihn, Hermann, zum
Zeichen dieser fürstlichen Erhebung mit einem kostbaren Ringe
beschenkte, der nachmals bis in die Gegenwart von Meister auf
Meister überging als ein Kleinod zum Andenken der einstigen Huld
und Hochschätzung, die Hermann von Salza heim heiligen Stuhle
genossen hatte.
Wie verhält es sich aber mit den Lilien, welche die Enden
des goldenen Kreuzes zieren, und so aus einem Krückenkreuze
ein Lilien-, ja in neuester Zeit sogar ein Scepterkreuz gebildet
haben?
Der D. 0. Ritter und Geschichtsschreiber Wal erzählt in seinem
Essai sur l’histoire de l’ordre teutonique Tom. I, pag 465 u. ff.,
dass Frankreichs König, Ludwig IX. der Heilige, dem deutschen Orden
diese Auszeichnung verliehen hatte für die ihm von Seiten einiger
D. 0. Ritter in Egypten geleisteten tapferen Dienste, und setzt hinzu:
„le Saint Roi fit expedier les lettres patentes de cette concession ä
St. Jean d’Acre le 20 aout de Fan 1250“. Nach dieser Datirung
sollte diese Begabung unter dem Hochmeister Heinrich von Hohen
lohe geschehen sein, von dem es erwiesen ist, dass er nie in Egypten
weilte; Wal gibt dies zu, findet aber in eben diesem Umstande den
hohen Werth dieser königlichen Gnade: „ce ne lut pas pour predi-
lection pour sa personne, de sort que ce furent les Chevaliers que
meriterent cet honneur ä leur chef“. Wäre der erwähnte Gnaden
brief vom 20. August 1250 vorhanden, dann würden freilich alle
Zweifel schwinden, doch gerade dieser fehlt, und Wal glaubt, dass
er bei der Zerstörung Akkons durch die Sarazenen im Jahre 1201
verloren ging. Wir fragen, wie kommt es, dass gerade dieser Brief
verschwand, während 'die im Haupthause zu Akkon — das erste D. 0.
Archiv — damals aufbewahrten Urkunden sich bis zum heutigen Tage
erhielten? Das D. 0. Central-Archiv bewahrt 24 Transumte der im
dortigen Ordens-Archive aufbewahrten Urkunden, die alle das Datum
1(16
i> ii fi r k
Akkon 1277 tragen, und unter diesen, sowie überhaupt in keiner
älteren Quelle, die bis zum Jahre 1523 geschrieben wurde, findet
sich auch nicht eine Spur einer solchen Begabung, Dusburg weiss
gleichfalls nichts davon, obwohl er 1326 seine Chronik abfasste, und
die kaiserlichen Ehrenstücke, wie wir sehen, recht gut kannte.
Kaspar Schütz, welcher um das Jahr 1561 schrieb, ist der erste,
welcher in seiner Historia rerum Prussicarum Fol. 26 erzählt, „dass
zu des Hochmeisters Landgraf!' Konradi Zeiten. König Ludewig in
Frankreich, den man den Heiligen nennt, als er in dem Zuge kegen
den Sultan in Aegypten nach eroberung der festen Stadt Damiata
gefangen, vnd sich neben seinem Volke mit grossen Summen Geldes
gelöset, vnserm deutschen Orden aus sonderlicher Zuneigung vier
Güldene Lilien in ihr Wappen gegeben“. Hartknoch bezieht sich hei
Erzählung dieser Begebenheit, die den 20. August 1250 geschehen
sein sollte, in seinem Alt- und Neu-Preussen S. 258 auf die Chronik
des Kaspar Henneberg, welche 1584 erschien, von der er jedoch
selbst gesteht, „multo pluris aestimari potuisset, nisi tot aniliblis
historiolis esset defoedatum“. Am umständlichsten ist in diesem
Punkte der historische Bericht vom Marianischen Teutschen Ritter
orden des Job. Kaspar Venator vom Jahre 1680. Ludwig der Heilige
kommt nach Akkon, besucht das deutsche Haus, und nachdem er
hier „den weissen Schild mit einem vom Papste Cölestino gegebenen
schwarzen, und vom König zu Jerusalem ertheilten güldenen Kreutz,
sammt deine vom Kaiser hinzugesetzten Reichs-Adler besichtiget“,
sprach er: „So wollen auch wir diesem Schild ein Zierde zulegen“,
und verlieh so die vier Lilien. Wir sehen, dass je jünger, desto um
ständlicher die Quellen werden. Venator benützte die sogenannte
Maximilianische Chronik, Cod. Ms. chart. fol. Nr. 170, welche sich
nach einer Abschrift eines Stuttgarder Ms. im D. 0. Cent. Archiv in
Wien vorfindet. — Nach unseren über diesen Gegenstand angestell-
ten Forschungen ist nicht die Ordens- oder sogenannte Hochmeister
chronik, wie sie Wal I. c. S. 465 citirt, die Hauptquelle dieser
Erzählung; sondern jene „Cronica des hochlobwürdigen ritterlichen
Teutschen Ordens zu sampt den Edeln Lande Preussen vnd Leiff-
landt vrsprung vf das aller kiirtzest begriffen“, welche die drei
Brüder und D. 0. Ritter, preussischen Gebietes, Leo, Adrian und
Faustin von Waiblingen — daher die Waiblinger Chronik — für den
Landcomthur der Ballei Etsch, Heinrich von Knöringen, im Jahre
Über Ablasstafeln.
167
1528 mit allem Fleiss zusammengesucht. Hier liest man im Cod.
Nr. 95, welcher 419 Foliohlätter enthält, pag. 145: „Der König-
Ludwig zog gehen Ackhers. Da er gar ehrlich empfangen wardt,
verzog er ein weil vnd besähe das Regiment allenthalben vnd die
Mauern vor der Statt Ackers. Er that auch besehen der Teutschen
Herrn Hauss vnd auch ihr Wappen, das in der Bapst Celestinus hat
gegeben, als den weissen Schild mit dem schwarzen Kreuz, auch
das guldin Kreuz, das der König von Jerusalem dazu gegeben hat,
vnd den guldin Schild mit dem schwarzen Adler, welchen Kaiser
Friedrich der Ander dazu gegeben hat, vnd sprach, wir wollen das
Wappen besern und zieren mit vier Lilien aus vnnserm Schild, da
sie vnser beygedenkhen sollen, vnd gab dem Orden Brief darüber,
vnd darzu zwei tausend Guldin zu ihrer notturft“ etc. Offenbar
schöpfte Venator aus dieser Quelle, die wohl nur der Tradition ent
springen konnte. Als nämlich die Waiblingen und Schütz schrieben,
war wirklich das Krückenkreuz schon vergessen, und ein Lilien
kreuz an dessen Stelle getreten. Der Hochmeister Johann von Tiefen
(1489 —1497) ist der Erste, der sich dessen in seinem Secret-
Siegel (Vossberg, Münzen. Taf. X) bediente und dasselbe auch
auf einige seiner Münzen (Vossberg ibid.) anbringen liess. Sein
Nachfolger Friedrich von Sachsen (1498—1510), welcher der erste
sein Familienwappen mit dem Hochmeisterkreuze auf sein Secret und
mit dem Ordenskreuze auf die Münzen gesetzt halte (Vossberg ibid.),
eine Sitte, welche sich bis zur Gegenwart erhielt, sowie auch der
letzte Hochmeister, Alhrecht von Brandenburg (1511—1525), blieben
bei der vom Hochmeister Johann eingeführten Neuerung, und da man
nun dieser Erscheinung einen Grund unterlegen wollte, und dieser
Grund, um das Lilienkreuz mit den andern Ehrenstücken in Einklang
zu bringen, doch nur in Pälestina gesucht werden konnte; so musste
man nothwendig auf jenen Regenten verfallen, der dort im guten An
denken stand, und den die alten Chroniken mit dem deutschen Orden
wenigstens in irgend eine Verbindung brachten, und dieser König
war Ludwig IX., der Heilige zugenannt. Hat ja der Kölner Scholastiker
Oliverius in seinem Berichte „de captione Damiatae“ an den Kölner
Erzbischof Engelbert, als Augenzeuge die Theutonicos und die Fri-
sones nur zu warm gerühmt, als dass man nicht unter diesem Namen
die „fratres domus Theutonicorum“, die allerdings bei Damiette
mitgefochten, begriffen hätte. Dem Ordensgeschichtsschreiber Wal
ist es allerdings auffallend, warum unter den zahlreichen und um
ständlichen Chronisten gerade der von Ludwig geleiteten Expedition
— man denke nur an Joinville und Wilhelm von Nangis — der D. 0.
Ritter so wenig Erwähnung geschieht, während die Templer und
Johanniter so häufig gelobt werden; „soit qu’ils aient reserve tous
les details pour les guerriers de leur nation, ou que les Teutoniques
ne leur parurent pas assez nombreux, pour faire ,un corps remareable
dans une aussi grande armee“ — so sucht sich Wal diese Erschei
nung zu deuten. Wir glauben jedoch, dass die Chronisten nicht viel
zu erzählen hatten, denn die D. 0. Brüder hatten ja gerade damals
schon ein anderes Feld ihrer Wirksamkeit in Preussen gefunden, ein
Feld, das ihre ganze Thätigkeit in Anspruch nahm und nehmen
musste. Im Oriente lebten im Haupthause unter einem Praeceptor
hospitalis Acconensis gewiss nur wenige Brüder, und diese waren es,
welche den König im Monate August 1250 in ihrem Hause begriiss-
ten. Hätte damals Ludwig den deutschen Orden mit seinen Lilien
ausgezeichnet, wie wäre es möglich, diese Begabung von Seite der
Hochmeister, besonders als der fromme König schon im Jahre 1297
durch Bonifaz VIII. heilig gesprochen wurde, so gänzlich ausser Acht
zu lassen! Wenn der deutsche Orden auf diese von einem Heiligen
herrührende Wappenvermehrung in einer Zeit, wo des Hochmeisters
nahe Verwandte, die heilige Elisabeth, zur Patronin im Orden erwählt
wurde und man ihr zu Marburg einen herrlichen Dom zu bauen
anfing, wo, wie die alte Preussenehronik erzählt, der Glaube lebendig
war, kein Gewicht legte, wer kann uns verargen, wenn wir das
plötzliche Auftauchen jener Sage in einer Zeit, wo der Orden an
Kraft, weil am Glauben, verloren hatte, mit Misstrauen beurtheilen,
und im Namen der Geschichte es bedauern müssen, dass das histori
sche Krückenkreuz dem unhistorischen, jetzt sogar unheraldischen
Scepterkreuze des Hochmeisterschildes weichen musste. So viel von
dem Hochmeisterkreuze, welches stets auf der Hauptfahne des Ordens
prangte.
Und nun gehen wir zum Inhalte der Tafel. Wir sagten, dass
der Text auf den beiden Flügeln in 4 Columnen, in lateinischer, und
auf dem Mittelstücke in drei Columnen in deutscher Sprache vor
liege. Wir geben den deutschen Text. Nach der roth gehaltenen
Aufschrift : Hie auf der Tafel ist geschrieben etc. bis im tausend fünf-
Über Ablasstafeln. 169
hundert vmid dreyezehenden Jare — wie oben — liest man (die
Namen der Päpste rotli):
„Pabst Celestinus der drit seines Namens, zu dessczeytten
der obgenant» vnser orden am ersten aut'geseczt vnd bestetigt worden
ist, hat geben allen denen, die den prüdem vnsers Ordens von Ihren
güttern hylff raichen, oder brüderschaft mit In nahmen, järlich den
sybenden tayl aufgeseezten puss gnedige nachlassung, welche das
mit rew vnd andaebt thun. Dergleycben hat auch geben Honorius
der dritt.
Pabst Honorius der dritt hat geben allen menschen, die
vnsern Gotsheuser mit andechtigkeit vnd mit Ihren Almüsen heym-
suchen, dreymal im Jar, als am karfreytag vnd an des heyligen
kreutz erhöhung, vnd an der kirchweych (vnd zum vierten auch in
der Fasten, am Montag, Mitwoch vnd Freytag), XLII. Jar vnd so viel
karem Ablass. Auch derselbig bat geben zu der kirchweyh vnd durch
die Octaf, am Cristag vnd an dem heyligen Dreykunigtag vnd durch Ir
Octaf, am Antlycztag (coena Domini, Gründonnerstag), am karfreytag,
am Ostertag, Aufarttage vnd durch Ir Octaf, an der Enthauptung vnd
gepurt Johannis des Täuffers vnd durch die Octaf, am tag vnd Er
hebung Elisabet (in die nativitat.is et translationis) vnd durch die
Octaf, an aller heyligen tag, in den vier festen Marie, vnd welcher
mit Rat oder hylff vnserm orden zu hylff kumpt CCCCCLXVIII Jar
vnd XL. karen. Derselbig Honorius bat auch geben XXV. tag Ablass
alle tag durch das gancz Jar (ecclesias et capellas dicti ordinis visi-
tantibus). Derselbige hat auch verheyszen Ablass aller siinden
(remissionem et veniam omnium pecatorum), welche den prüdem
oder iren poten hylff raychen; (jenen) die In rosz oder Waffen
wider die ungläubigen darleyhen oder geben, hat er den driten tayl
aufgeseezter pusz nachgelassen, denen aber, die sieb selber vnd auch
yre gütter geben, Ablassung aller sünden. Item, derselbig Pabst Ho
norius hat gepotten allen Erczbischolfen, Bischolfen alle die zu pannen
on alle Appellation, die fräuentlich hand anlegen an Person, hewser,
Gütter, Possession byss dass sy genug thuen vnd sycli erzaygen vor
vnserm heyligen Vater Pabst.
Gregorius der newnt seins Namens hat nachgelassen
allen guttätern vnsers ordens den sybenden tayl aufgeseezter puss;
darnach zu einer andern Zeyt den dritten tayl nachgelassen. Item
derselbe Gregorius vnd obgenanntHonorius vnd auch Alexander der III.
Sitzb. .1, pliil.-hist. Ci. LVlll. Bd. Ili. Hft. 12
170
i) u a i k
hab vnnss geben alle frayheit, gab vnd Ablass, die den Gots-
hewsern des Spytals S. Johannis zu Jherusalem geben worden seyn
von wegen gleyeher aufftheilung.
Innocentius der vierd gibt allen guttätern vnsers Ordens
Vergebung des sybenden tayl aufgeseczter puesz. Derselbig gibt allen
denen, die mit bylflf oder rat vnserm orden zu hylff klimmen, den dritten
tayl. Item an s. Elizabeth tag XL tag Ablasz. Derselbig Innocentius
hat gewalt geben vnsern prüdem oder Iren potten, dass sy mögen
dispensiren mit den Todsslägern, verworfenen Eebrechern vnd die
unkaischhait trayben in der freundscbafft, Räubern, Mayneydigen vnd
mit denen, die geweychten plutrüstig machen, item, die Ire kinder
ertrenken oder sunst versawmen, oder die vater vnd mutter vnvereren,
die in kirchen, Capellen, freythofen ein andern menschen plutrüstig
machen.
Gregorius der XI. hat ernewert vnd bestettiget den Ablasz
Honorii des dritten vom karfreytage, kreutzerhebung, kircbweyh, vnd
Montag, Mittwoch vnd freytag in der fasten, das ist XLII Jar vnd
souil kharen.
Pabst Alexander der IIII. bat vnserm Closter zu Trier geben
alle freyheit, gnad vnd Ablasz, die das liausz vnsern frawn zu Jheru
salem bat von päbstlicher freyheit. Derselbig bat geben allen Gut
tätern vnd mitprüdern vnsers Ordens den sybenden tayl aufgeseczter
pusz. Derselb Alexander gibt allen, die liylf vnd steur geben vnserm
orden den dritten tayl aufgeseczter puesz. Der obgenannte Alexan
der gibt vnssz das privilegi, dass nyemand mag excommuniciren oder
Interdict legen weder unsern prüdem noch Iren Gotsbeusern, on
sunderlich gepot oder befelcb vnsers heyligen vatters Pabst. Item,
die freuentlich band anlegen an vnnsz oder vnsern giitter, wie vor
bestymbt ist von dem heyligen vater pabst Honorio dem III. Item,
freyn person, die sycb in gesundtbeit oder krankheit dem orden über
geben, mögen wir on alle widerred aufnemen. Item dass vnsern mit
prüder oder swester zu der Zeit gemeiner Interdict bei vnnsz begra
ben mögen werden, sy weren dann offenbar Wucherer oder
im pann.
Paschasius der dritt gibt allen gutthätern vnsers Ordens
den dritten tayl Vergebung aufgeseczter puess.
Pabst Urban der viert gibt vnsern guttätern den sybenden
tayl Vergebung aufgeseczter puess. Item allen Ablass von dem obge-
Über Ablasstafeln.
171
nannten Honorio III. hat Er bestätiget vnd darzu geben XL. tag.
Mehr bat er geben zum Pfingstag vnd Kircbweyh I. Jan XL. tag.
Clemens der viert gibt vnsern guttätern nachlassung des
sibenden tayls aufgeseczter Puess. Derselbe Clemens gibt auch den
dritten tayl Vergebung der aufgeseczten puess als entlieh ander obge-
melter Päbst.
Pabst Honorius der viert gibt vnsern guttätern lassung
aufgeseczter puess den sybenden tayl. Derselb gibt ab zu den tagen
der Gepurt Cristi, Ostern, Auffart, Pfingsten, vnd in den vier festen
vnser frawen, an allerheyligen tag, an aller Zwelfpothen tagen, vnd
au den tagen Marie magdalene, Laurentii, Nyeolai, Elisabeth XL. tag
Ablass vnd XIII karen. Auch bat er geben Ablass aller siindt denen,
die vnnsz darleyhen oder geben Rosz oder Waffen wider die ungläu
bigen als Honorius III.
Pabst Bonifacius der Acht gibt allen vnsern gutthätern
in der gemain Nachlassung des sybenden tayls aufgeseczter
puess, welche aber Rosz, Waffen etc. den dritten tayl, vnd welche
sich selber vnd Ire giitter vnserm Orden dargeben, gibt er Ablass
aller siindt.
Johannes der zway vnd zwaynczigist gibt in allen
hohen Festen totis Duplicibus seu duplicibus (als hernach steht)
denen, die mit andacht heymsuchen vnser gotzheuser vnd mit Irem
almusen XXIII. jar vnd so uil karen. Item in den syben festen, so die
prüder communiciren, XXIII. Jar vnd VII. karen. Derselbig bat auch
bestätigt den Ablass aller seiner vorvätter vnd viel andere darzu
geben.
Item zwen vnd zwaynczig Erczbyscholff vnnd Pyscbolff, ein
yeder in sünderbeit, hat geben demselben vnsern Orden, dass alle
Menschen, die mit Rew vnd layd Ihrer sündten vnd mit andacht Ir
hylf vnd almusen vnnsz mittaylen, XL. tag Ablass vnd I. kharen. (Hier
endet der lateinische Text. Auf der linken Tafel zum Schluss ist
noch zu lesen: „Item, Domnus Sigismundus Lamberger, Episcopus
Lavbacensis, contulit porigentibus manus adiutrices 40. dies Indul-
gentiarum“ — ein Satz, der im Deutschen nicht vorkommt, während
das Nachfolgende nur im deutschen Texte zu lesen ist.)
(Roth geschrieben.) „Hie nachvolgt die Summ aller Gnad vnd
Ablass geben zu sunderlichen tagen des gannczen Jares: (die Fest-
12*
tege alle roth; ganz nach dem Muster der sogenannten Sakristei-
Kalender verlasst, wie man z. B. einen in dem Hayltumbs-Buche
der St. Stefanskirche in Wien vom J. 1514 antrifft).
Zum ersten an dem heyligen Kristag CCCCCLXXX1III. Jar vnd
LXXXIIII. kharen. II“ 1I C vnd LXX. tag Ablass.
Wann sycli die herrn berichten mit gotzleychnam XXIIII. Jar
vnd acht karen vnd den VII. tayl geseczter puess.
Stephani protomartyris V c vnd LXXXIII. Jar vnd LXX. kharen,
II M II C vnd XXX. tag.
Iohannis Evangelistae V c LXXX. Jar vnd LXXV. kharen, II M II C
LXX. tag.
Zu dem neuen Jartag XXIIII. Jar vnd XXIIII. karen.
An der heyligen Dreikunigtag XXIIII. Jar, XXIIII. karen, II C vnd
XXX. tag.
An sant Pauls bekerung III M vnd XXX. tag.
Zu Liechtermess XI C vnd XLV. Jar vnd C. kharen. II M III C vnd
XX. tag von weden der Communication.
Mathie apostoli XXIIII. Jar, XXX. karen. tl c vnd XXX. tag.
Durch die Fasten alle Montag, Mitwoch, Freytag vier vnd
achczig Jar vnd souil karen, welche Menschen vnsern Gotzhheuser
mit Andacht heymsuchen.
Item Gregorii Pape et doctoris XXIIII. Jar vnd XXIIII. karen.
Annunciationis Marie VI C vnd LXX. Jare, C. vnd vnd XLI. karen.
1I M IIP vnd X tag Ablass.
Am Antlicztag V c vnd LV1II. Jar vnd XLI. karen. Il c vnd
XXX. tag Ablas; ausgenommen die Communion oder berichtung
der herrn.
Am karfreytäg V c vnd XLVII. Jare vnd LXXXI. kharen. IP vnd
XX. tag.
Am Ostertag V c vnd LXXXII. Jar, LXXXV1I. karen. II M I1I C vnd
XXX. tag on die Communiones, welche Ablass weren durch die
gancz wochen.
Item, Ambrosii Episcopi, Georgii martyris, Adalberti Episcopi
vnd martyris, Georgii martyris Sambiensis (gefeiert im deutschen
Orden den 24. April), Marci Evangeliste, Philippi vnd lacobi, ein
yedes Fest in sunderheit XXIIII. Jar vnd XXIIII. karen.
Die Erhebung Elizabct V c vnd LXXII. Jar vnd LXXIIII. karen.
V c vnd V. lag.
Des heyligea Creutz erfindung V c LXXXIII. Jar, XXVIII. karen.
IF vnd LXX. tag.
An dem tag der krön vnd anderen waffen des leyden Cristi
XXIIII Jar vnd souil karen.
Am Ptingstag vnd die acht tag V c LXXII. Jar, LXXIIII. karen.
II M LXX. tag on die Communion.
Trinitatis XXIIII. Jar, souil karen. II M vnd XX. tag Ablass.
Goczleychnamstag XXIIII. Jar, souil karen. II M XXX. tag.
Barnabe Apostoli XXIIII. Jar, souil karen.
Johannis Baptiste V c LXXXII. Jar, LXXV. karen, LXX. tag.
Visitationis Marie XXXIII. Jar, XXXIIII. karen, III c XXX. tag.
Petri et Pauli Taylung der XII potten, Marie magdalene, Iacobi
apostoli, Anne, Erklärung Cristi, vor einem yeden fest XXIIII. Jar
vnd souil karen.
Hymelfart Marie V c LXV. Jar, III c vnd XLII. karen, V c tag on
die Communioni utentes.
Bartholomei vnd Augustini XXIIII. Jar, souil karen.
Gepurt Marie XI c XLV. Jar, CXLII. karen, II M III c LXXII tag.
An der kirchweyh VI 0 XXII. tag, C. vnd V. karen, 1111° vnd
V. tag.
Erhebung des heyligen Kreutz XII c . Jar, CXLII. karen, III c vnd
XXX. tag.
Mathei apostoli, Michahelis, Iheronymi, Luce evangeliste, Sy-
monis et lüde, yedes fest XXIIII Jar, souil karen.
An aller heyligen tag V c LXXXII. tag, LXX. karen. III c XXXV. tag
on die berichtung der herren.
Elisabet V c vnd LXXII. Jar, LXXIIII. karen. V c vnd V. tag.
Die Opferung Marie in templ XXIIII. Jar vnd XXIIII. kharen.
Empfenekniss Marie XXIIII. Jar, souil karen, II f vnd XXX. tag.
Andree vnd Thome apostolorum, yedes fest XXIIII. Jar, souil
karen.“ — Ende des deutschen Textes.
Auf der linken Tafel nach dem lateinischen Texte, steht noch
„ein andechtigs gebet zu erlangen Gnad vnd Ablass dess Gotshauss,
in das du eingeest“, und nach diesem Gebete: „Pabst Julius secun-
dus hat geben allen denen, die mit Andacht sprechen diese drei gepet,
so man lewt das Ave III (dreimal), LXXX Tausend Jar Ablass, und
nach diesem kurzen Gebete: (rotli) „Finitum Sabbato Reminiscere
174
D u (1 1 k
1513,“ demnach im Sterbejahre des Pabstes Julius II., welcher von
1503 an regirte.
Vergleicht man die hier mitgetheilten zwei Ablasstat'eln mit ein
ander, so wird man finden, dass sie einer und derselben Quelle ent
stammen, und obwohl 1466 und 1513 angefertigt, doch nur die In-
dulgenzen, welche in der Zeit zwischen Cölestin III. und Gregor XI.,
demnach zwischen 1191 bis 1378 dem deutschen Ritterorden ver
liehen wurden, enthalten. Es liegt demnach die Vermuthung nabe,
dass die ursprüngliche Zusammenstellung derselben unter Gregor XI.
zu Stande kam. Diese Vermuthung wird zur Gewissheit durch eine
im Deutschordens-Centralarchive in Wien liegendeDrignal-Urkunde,
welche der Notar Thilemann von Cluve zu Trier am 1. Juli 1375,
also unter der Regierung Gregors XI., für den deutschen Orden aus
gestellt hatte.
Der Deutschordens-Priester und Pfarrer in Rathiche (oder
Rachiches?), Diöcese Trier, Hermann von Amelberg, wendet sich
nämlich im Aufträge seines Komthurs an den oberwähnten kaiser
lichen Notar, damit er eine ihm vorgelegte Urkunde als echt vidire
und bestätige. Diese Urkunde enthielt eine Summa aller dem Orden
ertheilten Indulgenzen und Privilegien, wie selbe die Päbste: Cöle
stin III. (regiert von 1191—1198), Honorius III. (1216—1227),
GregorIX. (1227—1241), InnocenzIV. (1243—1254), AlexanderIV.
(1254—1261), Urban IV. (1261 —1265), Paschasius III. (Gegen-
pabst von 1264—1268), Clemens IV. (1265—1271), Honorius IV.
(1285—1288), ßonifaz VIII. (1294—1303), Johann XXII. (1316—
1334) und Gregor XI. (1370—1378) dem deutschen Ritterorden
ertheilt haben. Die Zusammenstellung selbst besorgte ein Domini
kaner-Mönch, Henricus de Hirnis (sic). Es war dies in der zweiten
Hälfte der Regierungszeit Wynrich's von Kniprode, Hochmeister
vom 6. Januar 1351 bis 24. Juni 1382, welche zu den glücklichsten des
deutschen Ordens nicht nur in Preussen, sondern auch in den deut
schen Landen gehört. Diese Urkunde ist die reine Quelle unserer
2 Ablasstafeln.
Stellt man diese Summa Indulgentiarum, wie sie in der Original
urkunde vorliegt, mit den beiden Ablasstafeln in Parallele, so fällt
bei aller Genauigkeit, welche in der Tafel vom Jahre 1513 liegt, auf,
dass der wichtige, iu der Urkunde nie ausser Acht gelassene Satz:
die angesetzten Indulgenzen können nur zu gute kommen „qui vere
Über Ablasstafeln.
175
contriti et confessi ecclesias vel capellas ordinis nostri (also hier des
deutschen Ordens) visitaverint et eleemosynis ditaverint“, auf der
Tafel fehle, und dann, dass von der Aufzählung der mit den Fest
tagen verbundenen Indulgenzen, wie sie auf der Tafel 1313 er
scheinen, in der Original-Urkunde keine Spur vorkomme. Dort in der
Urkunde heisst es einfach: „Item domnus Iohannes papa XXII. in Om
nibus festis et totis duplicibus, seu duplicibus, confert vere confes-
sis et contritis, ecclesias eorum visitantibus, vel qui predicto ordini
manus porrexerint adiutrices, XXIIII annos indulgentiarum et XXIIII
carenas misericorditer tribuendo. Item Iohannes confert ex gracia
speciali Omnibus penitentibus in VII festivitatibus, in quibus fratres
communicare solent, vere confessis et contritis, XXIII. annos In
dulgentiarum et VII karenas misericorditer tribuendo“ etc. und hier
auf der Tafel werden die festa primae classis und die Duplicia
namentlich angeführt und mit einer erschreckenden Anzahl von Indul
genzen belegt!
Die erwähnten 7 Tage, an welchen die Brüder zur heil. Commu-
nion vermöge des Caput X der alten Regel (in den heutigen Statuten
Anhang Cap. V) gehen sollen, sind : der Gründonnerstag, Ostersonntag,
Pfingsttag, Himmelfahrt Mariens , Allerheiligen, Weihnacht und
Lichtmess. Sie haben ihre besonderen Indulgenzen. Und da in dem
reichhaltigen I). 0. Central-Arclüve in Wien von diesen letzterwähn
ten Indulgenzen keine Breven vorliegen, während die in dem Nota
riats-Instrumente des Jahres 1373 angeführten päpstlichen Frei
heiten und Gnaden sich last vollständig mit Original-Bullen belegen
lassen, so wirft sich bei Betrachtung dieser Tafeln dem Forscher fast
unwillkürlich die Frage auf: ob denn die auf denselben verzeich-
neten Indulgenzen auch echt seien, und welchen historischen
Glauben überhaupt Ahlasstafeln für sich in Anspruch
nehmen können?
Welchen Schrecken das blosse Wort Ablasstafel erzeugt, wissen
sogar unsere Schulkinder. Jeder Vortrag über die sogenannte Reforma
tionszeit wird mit dem Schlagworte: „Ablasskrämerei“ eröffnet, und
was der Habsucht Einzelner zur Last fällt, der katholischen Kirche
aufgebürdet. Leider müssen wir gestehen, dass mit keiner kirchlichen
Lehre so viel Missbrauch getrieben war, als gerade mit der Lehre
vom Ablasse. Eine Ablassbulle, die des Papstes Julius II. dto. Rom
11. Januar 1310, gab Luther Veranlassung zum ersten öffentlichen
Auftreten. Unverstand oder falsche Vorstellungen, manchmal auch
Habsucht tragen an dem Missbrauche die meiste Schuld.
Dem Wesen nach besteht der Ablass in der Milderung, Linde
rung oder einer gänzlichen oder blos theilweisen Nachlassung der
zeitlichen Sündenstrafen, die man nach der sakramentalischen Ver
gebung der Sündenschuld nach den von der Kirche angenommenen
Satzungen entweder hier auf Erden oder auch nach dem Tode noch
abzutragen hat. Welche zeitlichen Strafen für die verschiedenen
Sünden und ihre Grade kirchlich verhängt wurden, darüber belehren
uns die sogenannten Pönitential- oder Bussbücher. Der Ablass ist
demnach mit der Bussanstalt der katholischen Kirche eng verbunden
und folgt ihr durch alle Zeitperioden. So wie aber die Bussdisciplin
in ihrer äusseren Form durch die Länge der Zeit und durch die ein
getretenen Umstände einen grossen Wechsel erlitt; so änderte sich
auch ihre Folge, die Form der Ablässe. Schon mit dem Ende des
. IX. Jahrhunderts fing man an, einen grossen Theil der Bussstrafen
durch Wallfahrten, Almosen, Geisselung, Fasten u. s. w. einzu
lösen; im XI. Jahrhunderte hingegen kam jene Form der Ablässe
auf, die wir auf unseren beiden Ablasstafeln sehen. Entweder ward
der Biisser von allen kanonischen Strafen freigesprochen, oder es
beschränkte sich der Nachlass hlos auf einen Theil derselben.
Es waren dies die Indulgentiae plenariae, der vollkommene, oder die
Indulgentiae partiales, der unvollkommene Ablass. Der vollkommene
Ablass besteht demnach darin, dass dem Sünder nach erhaltener
sakramentalischen Lossprechung von der Schuld, vermöge eines
auferlegten Busswerkes, das der alten Bussstrenge bei weitem nicht
gleichkommt, alle übrigen Strafen, welche die alten Busssatzungen
sonst erfordert haben, erlassen werden. Durch den unvollkommenen
Ablass hingegen werden nur gewisse Jahre, Tage oder Quadrage-
simal-Fasten, sogenannte Carenen (ieiunium 40 dierum) von der
alten Bussstrenge nachgelassen. So z. B. war auf gewisse Dieb
stähle eine Busse von 5 Jahren, auf eine Sodomie von 7 Jahren, auf
Wucher von 3 Jahren u. s. w. festgesetzt; hat man die Busszeit auf
die Hälfte reducirt, so nannte man dies Verfahren den unvollkom
menen, hat man die Busse gänzlich nachgelassen, den vollkommenen
Ablass — in den Urkunden einfach mit dem Worte Plenaria be
zeichnet, ein Ausdruck, welcher in der Aufzählung der Heiligthümer
einer Kirche gar oft Gegenstände bezeichnet, mit deren Anblick oder
Über Ablasstafeln.
177
Gebrauche ein vollkommener Ablass verbunden ist. Im sogenannten
Hayltumbsbuch der St. Stefanskirehe in Wien vom J. 1514 kommen
solche „Plenaria“ häufig vor.
Noch eine andere Art des Ablasses kam im XIV. Jahrhunderte
auf, wovon man im Alterthume keine Spur findet. In den alten Zeiten
beschränkten sich die Ablässe nur auf jene Personen, die der Papst
oder Bischof ausgewählt, und denen er einzeln diese Gnade ange
deihen liess. Die Ablässe waren so zu sagen persönlich; nach
dem Jahre 1391 hingegen hat man allgemeine Ablässe, Indulgen-
tiae universales, welche nicht mehr an eine bestimmte Person, son
dern an ein bestimmtes Object „pro omnibus fidelibus“ ■ geknüpft
waren, angenommen. Ferner war in den alten Zeiten der Ablass
nicht auf sehr lange Zeit ausgedehnt, und er endigte nach Verlauf
eines deutlich bezeiclmeten Termins. Das XIV. Jahrhundert hingegen
hat ewige Ablässe, Indulgentiae perpetuae, die auf unbestimmte Zeit
lauten, ersonnen. Mit dieser Classe Indulgenzen am Ende des XIV-
Jahrhunderts hat das Ablasswesen trotz der Bestimmung des Concils
von Lateran im Jahre 1215, welches alle über ein Jahr sich erstrek-
kenden Ablässe verbietet, wohl den höchsten Grad der Unklarheit
erreicht, und diese Unklarheit ist es, welche auf die Einfalt der
Gläubigen zu speculireri anfing, und um ihnen den dornigen Weg
zum Himmel leicht zu machen, Ablassbriefe construirte, und im
XV. Jahrhunderte hie und da sogar nach fixen Taxen nicht nur für
Lebende, sondern auch für Todte an Mann brachte. Da ward der Skan
dal zu gross und die römische Curie trat energisch dagegen auf. Eine
ganze Beihe von Breven kämpft gegen die falschen Ablässe, bis den
7. März 1678 das „Decretum de apocryphis indulgentiis“ erschien,
und dem damals bereits einträglichen Ablass-Geschäfte den Riegel
vorschob. Dieses Decret ist zu lesen in „Eusebius Amort, de origine,
progressu, valore, ac fructu indulgentiarum,’nec non de dispositio-
nibus ad eas lucrandas requisitis, accurata notitia historica, dogma-
tica, polemica, critica etc. Augustae Vindelicorum et Graecii 1735.
Fol.“, welches Werk wir überhaupt Jedem anempfehlen können, der
eine gründliche Kenntniss über das Wesen und die Geschichte der
Ablässe sich erwerben will.
Um unsere Leser in den Stand zu setzen, die ächten Ablässe
auf unseren zwei Tafeln von den untergeschobenen und erdichteten
zu unterscheiden, stellen wir aus Papebroch’s kritischen Abhand-
178
D u d { k
lungen: „in conatu chronologiae Pontificum“, und aus des Papstes
Benedict XIV. gelehrtem Werke: de Synodo dioecesana, einigeRegeln
auf, wie sie Binterim in den Denkwürdigkeiten der christ-katholi
schen Kirche Bd. V, Theil 3, S. 496 u. ff. als Kriterien der Ablässe
niedergeschrieben hatte.
1. Vor Allem ist sich gegenwärtig zu halten, dass die Päpste
Ablässe nur von so vielen Jahren ertheilten, als Busse auferlegt,
wurde; auch natürlich, da sie ja doch nicht naclilassen konnten,
was nicht vorhanden war. Alle Diplome und Briefe also, welche
einen Ablass von mehr Jahren enthalten, als die alten kanonischen
Busssatzungen bestimmen, sind verdächtig und meistens erdichtet.
In der Ahlasstafel von 1513 ertheilt Papst Honorius III. denjenigen,
welche an gewissen, näher bezeichneten Feiertagen eine Deutsch
ordenskirche besuchen, und welche mit Rath oder That dem Orden
zu Hilfe kommen, einen Ablass von 558 Jahren und 40 Carenen.
Diese Bestimmung ist verdächtig und kommt in keiner Bulle dieses
Papstes vor. Dasselbe gilt von der Unzahl der Jahre an den ver
schiedenen Festtagen. Man sucht solche Zahlenreihen damit zu ent
schuldigen, dass sich wohl Einige durch fortwährendes Sündigen
'einer kanonischen Strafe schuldig machen, die erst nach Verlauf von
mehreren hundert Jahren abgebüsst werden könne. Z. B., welche
Jahre lang im Concubinate leben, oder Unzucht trieben. Auf eine
solche Sünde war eine Busse von 5 und 7 Jahren festgesetzt. Hat
Jemand dieselbe Sünde hundertmal begangen, so waren 500 und
700 Jahre als Busszeit berechnet. Diese Ansicht konnte erst dann
entstanden sein, als man die Ablässe auch auf den Nachlass der
zeitlichen Strafen im Fegefeuer ausdehnte, was erst am Schlüsse
des XV. Jahrhunderts aufkam. Auf unseren beiden Tafeln, welche
in ihrer Anlage noch dem XIV. Jahrhundert angehören, findet man
noch keine „Indulgentiae pro defunctis“, nicht einmal in modo
deprecatorio. Papst Benedict XIV., welcher 1740 zur Regierung
kam und den 4. Mai 1758 starb, hat alle solche Ablässe ohne
Weiters verworfen.
2. Auch selbst die Indulgenzen, die vor dem XII. Jahrhuuderte
mehr, als 7 Jahre erlassen, sind erdichtet, die dies im XIII. thun,
zweifelhaft. Die Ablässe der Päpste Honorius III., Johann's XXII. und
Gregors XI. von 24 Jahren, wie sie in unseren Tafeln Vorkommen,
sind mindestens zweifelhaft; durchgängig ist sonst die Rede von
Über Ablasstafeln. 179
der Nachlassung des 3. oder 7. Theiles der Busse oder von
40 Tagen.
3. Alle Tafeln, Diplome und Briefe, die vor dem XIV. Jahrhun
dert einen vollkommenen Ablass verheissen, sind erdichtet. In unseren
Tafeln kommt ein solcher nicht vor.
4. Alle Ablässe, die einen Nachlass von der Strafe und von der
Sündenschuld „a poena et culpa" versprechen, sind erdichtet. Wenn
nun in unseren Tafeln Honorius III., Honorius IV. und Bonifacius VIII.
„Ablassung aller Sünden“ denjenigen versprechen, welche dem Orden
mit Ross und Waffe, mit Gut und Blut helfen, so sind dies spätere
Zusätze, von denen der Cardinal Cusanus als päpstlicher Legat um
1432 in Deutschland ganz offen erklärt, dass sie nie vom apostolischen
Stuhle ausgingen. Man merkt an der Stylisirung des Satzes, in
welchem unter Honorius III. auf der Tafel des Jahres 1313 von die
sen Ablässen geredet wird , dass hier eine Interpolation statt
fand. Ursprünglich war auf diese Schenkung, wie die Ablasstafel
von 1466 darthut, der Nachlass des dritten Theiles der aufge
setzten Busse bestimmt. Die späteren Päpste hatten den Wohl-
thätern des Ordens den siebenten Theil ihrer Busse nachgesehen.
Der Interpolator corrigirte nachlässig, und gibt auf eine und die
selbe Handlung, Ablass aller Sünden, „remissionem et veniam om-
nium pecatorum“, wie das Transumt vom Jahre 1373 sagt, und
zugleich den dritten Theil aufgesetzter Busse. Papst Clemens V.
(1303—1316) führt demzufolge in seiner Bulle „Abusionibus“ als
Kennzeichen der Ablass - Verfälschung die Formel an: a poena
et culpa.
5. Vollkommene Ablässe, die in Form eines Jubiläums, „in forma
iubilaei“ ausgefertigt sind, haben keinen Werth. Denn Clemens VI.
(1342 —1332) hat sich 1330 zuerst des Ausdruckes Jubiläum bei
der Abkürzung des hundertjährigen, vom Papste Bonifaz VIII. aus
geschriebenen Ablasses bedient. Kommen nun dergleichen Ablässe
vor Clemens VI. , so sind sie unterschoben, kommen sie nach
Clemens VI., so sind sie durch Clemens VIII. Dekret vom Januar 1397
aufgehoben. Auch die Ablässe, welche die Clausei mit sich führen
„porrigendi manus adiutrices“ sind durch Papst Pius V. (1366—
1372) renovirt, und haben mithin gleichfalls keine Geltung, wo hin
gegen Ablässe, in denen der Ausdruck: Remissio pecatorum pro
defunctis“ vorkommt, immerhin als echt gelten können, weil diese
180 D u d 1 k, Über Ablnsstafelu.
Remissio, per modum suffragii, also fürbittweise, zu verstehen sei.
Übrigens steht es den Ordinariaten zu, jeden Ablassbrief vor der
Verkündigung zu untersuchen, wodurch in neueren Zeiten, und be
sonders seit dem Concil von Trient, nicht so leicht ein Betrug statt
finden könne. Ablasstafeln werden in keiner Kirche mehr aufgestellt,
und darum gehören die zwei von uns beschriebenen zu den Aus
nahmen, die Beachtung verdienen.
Pfizinaier, Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes. 181
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des
Goldes.
Von dem w. M. Dr. Aug. Pfizmaier.
In den Nachrichten von den Edelsteinen und Halbedelsteinen
des alten China macht sich vor allem ‘eine grosse generische Un
bestimmtheit bemerkbar, indem nicht allein für viele angeführte Namen
der entsprechende Ausdruck in unserer Sprache fehlt, sondern
auch die etwa Vorgefundenen Definitionen so allgemein sind, dass,
wie als gewiss anzunehmen, öfters ganz verschiedene Werthgegen
stände dieser Art eine und dieselbe Benennung erhalten.
Zu den Edelsteinen werden überdies einige Stoffe animalischen
Ursprungs wie Korallen, Muscheln und sogenannte Schildkrötenschup
pen, ferner das Glas gezählt, welches letztere erst zu den Zeiten der
Dynastie Liang aus Indien eingeführt und damals als etwas sehr
Kostbares betrachtet wurde.
Was das Gold betrifft, so wird unter demselben, wo es in der
Geschichte vorkommt, wohl immer wirkliches oder gelbes Gold ver
standen. Es fehlt jedoch nicht an Auslegern, welche der Meinung
sind, dass in manchen Fällen hier nur der Werth des Kupfers in Gold
berechnet wird. So sagt bei der in den Überlieferungen Kung-yang’s
enthaltenen Stelle: „Fische um hundert Stücke Goldes“ die Aus
legung: Hundert Stücke Goldes sind gleichsam hundertmal Zehntau
sende. Ehemals war ein Stück Goldes im Gewichte von einem Pfund
so viel als heutzutage zehntausend Kupfermünzen. Eine andere Aus
legung zu einer Stelle Tschuang-tse’s sagt: „Hundert Stücke Gol
des“. Ein Stück Gold von der Grösse eines Geviertzolles und dem
Gewichte eines Pfundes ist ein Stück Goldes (lein). Hundert Stücke
Goldes sind hundert Pfunde.
182
Pfizmai-er
Dagegen heisst es in einer Anmerkung zu dem Sse-ki: Dass
Ju-tsclhin sagt, um jene Zeit hätte man sich der Kupfermünzen als
Tauschmittel bedient und ein Pfund gelben Goldes habe den Werth
von zehntausend Kupfermünzen, ist unrichtig.
Tschin-tsan sagt hei derselben Stelle: Tlisin betrachtete ein
Doppelpfund (yl) als ein Stück Goldes. Hau betrachtete ein Pfund als
ein Stück Goldes. Das Obige hat diesen Sinn.
Tung-yen-yuen sagt: Ein Pfund Goldes zu den Zeiten der Han
sind vier Tael. Der Werth desselben beträgt zweitausend fünfhundert
Mas Kupfer (fen).
Tsching-tse-thung sagt: Einige sagen, ehemals seien zehn Tael
ein Pfund gewesen. Diese Zahl sei gemeint, wo in den Werken der
Kriegskunst gesagt wird, dass hei der Aufstellung eines Heeres von
zehntausend Mann man täglich tausend Stücke Goldes verausgabt,
ferner wo es von dem Könige Tschao von Yen heisst, dass er tausend
Stücke Goldes zum Unterhalte vorzüglicher Männer verwendet habe.
Es sei nicht wie hei den jetzigen Menschen, welche vier und zwanzig
Quentchen (tscliii) auf ein Stück Goldes rechnen.
In der Geschichte wird öfters das Gewicht Yi (Doppelpfunde
oder schwere Pfunde) erwähnt. In Bezug auf dasselbe sagt Tsching-
tse-thung: Vor den Zeiten von Han belegte man mit dem Namen Dop
pelpfund ein Stück Goldes. Nach den Zeiten von Han belegte man
mit dem Namen Pfund ein Stück Golde^. Ein Doppelpfund sind vier
und zwanzig Tael. Ein Pfund sind sechzehn Tael.
Die Abhandlung selbst enthält nach ihrem hauptsächlichen In
halte eine Reihe von Angaben über das Vorkommen, die Verwendung
und die wirklichen oder vermeintlichen Eigenschaften der Edelsteine
und des Goldes, ferner einige geschichtliche Ereignisse, welche mit
Edelsteinen und Gold in Verbindung stehen, oder bei welchen diese
eine Rolle spielen.
Neue Eigenschaften finden sich besonders bei den Muscheln,
bei dem Frauenglas und auch bei dem Gokle verzeichnet.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
183
Korallen.
Das Schue-wen sagt:
Die Korallen sind von Farbe roth und wachsen in dem Meere.
Einige wachsen in den Bergen.
Kuang-ya sagt:
Die Korallen sind Perlen.
Das Buclt der Tsin sagt:
Schi-tsung und Wang-kai wetteiferten in Gewalt. Kaiser Wu
half jedesmal Kai und beschenkte ihn einst mit einem Korallenbaume.
Dieser war ungefähr zwei Schub hoch und seine Äste standen weit
auseinander, dergleichen in dem Zeitalter selten vorkam.
Kai zeigte ihn Tsung. Tsung schlug sofort mit einem eisernen
Rosenkranz den Baum und dieser wurde unter seiner Hand zerschmet
tert. Kai war erschrocken und betrübt. Er glaubte ausserdem, dass
Jener ihn um seine Kostbarkeit beneidet habe, und seine Stimme und
seine Züge bekundeten Leidenschaftlichkeit.
Tsung sprach: Du hast nicht nöthig, viel zu grollen. Wenn ich
jetzt in meinen Bezirk zurückkehre, werde ich allen Leuten meiner
Umgebung den Auftrag geben, Korallen aufzulesen. Unter diesen sind
einige drei bis vier Schub hoch. Sie haben sechs bis sieben Äste,
und Zweige und Stengel sind ganz ungewöhnlich. Ihr farbiger Glanz
leuchtet in der Sonne.
Es waren eine grosse Menge Korallen, welche mit denjenigen
Kai's zu vergleichen waren. Kai war vor Freude ausser sich.
*
In den Überlieferungen von den Fremdländern der vier Welt
gegenden wird gesagt:
Das Reich des grossen Thsin heisst auch Li-kien. Dasselbe
liegt im Westen des westlichen Meeres. Sein Gebiet misst von Osten
nach Westen, ferner von Süden nach Norden mehrere tausend Weg
längen. Es besitzt feste und andere Städte. Deren Gebiet hat im Um
fange über hundert Weglängen. Die Häuser besitzen Oberbalken und
Gitterstäbe von Korallen, Mauern und Wände von buntem Glas, Säu
len und Fussgestelle von Krystall.
184
Pfizmaier
In dem Reiche Po-ssi (Persien) gibt es Salzteiche. Dieselben
bringen Korallenbäume hervor, deren Höhe einen bis zwei Schuh
beträgt. Es gibt daselbst auch Bernstein, Agate, echte Perlen, Feuer-
perlen ') und andere Edelsteine. In dem Reiche werden sie nicht als
Kleinode betrachtet s ).
In dem Teiche der angesammelten Pflanzen gibt es Korallen
bäume, deren Höhe eine Klafter und zwei Schuh beträgt. Ein einzel
ner Stamm bringt vierhundert sechs und zwanzig Zweige auf drei
Hauptästen hervor. Es sind dies die Korallen, welche Tschao-to, der
König des Reiches des südlichen Yue, zum Geschenk machte. Sie
heissen mit Namen: die Bäume der Leuchtfeuer. Bei dem Eintritt
der Nacht verbreiten sie leuchtenden Glanz 3).
KaiserWu erbaute die göttliche Halle. In der vorderen Vorhalle
pflanzte er Edelsteinbäume. Das Daehstroh bestand aus Korallen, die
sich in Äste theilten 4 ).
In der Provinz Yo-lin befindet sich der Korallenmarkt. Es ist
dies der Ort, wo die Gäste des Meeres mit Korallen handeln. Die
Korallen sind von lasurblauer Farbe und wachsen auf dem Boden des
Meeres. Ein einzelner Baum besitzt mehrere Zehende von Zweigen.
Zwischen den Zweigen befinden sich keine Blätter. Die grossen Bäume
haben eine Höhe von fünf bis sechs Schuhen, die kleinsten sind über
einen Schuh hoch. Die Rochenmenschen 5 ) sagen, dass es an den
Ufern des Meeres Korallenpaläste gibt“).
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Yuen-fung von Han (109
v. Chr.) machte die Provinz Yö-lin ein Korallenweib zum Geschenk.
i ) Mei-kuei, eine Art Rubin (ho-lsi), der so viel als die heutigen, den Ländern des
Südens entstammenden Feuerperlen (ho-tschü).
a ) Aus den Geschichtschreibern des Südens.
3 ) Vermischte Erzählungen von der Mutterstadt des Westens.
4) Alte Gegenstände aus den Zeiten des Kaisers Wu von Han.
5 ) Ein Volk, das auf den Inseln des Meeres lebt.
6 j Die Erzählungen merkwürdiger Dinge.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
185
Der Kaiser befahl, sie an der Vorderseite der Vorhalle zu pflanzen
und nannte sie: die weiblichen Korallen. Plötzlich standen eines
Morgens Zweige und Blätter im vollsten Schmucke. Endlich, zu den
Zeiten des Kaisers Ling, starb der Baum ah. Alle glaubten, dass das
Haus der Han zu Grunde gehen und verschwinden werde.
Die Korallen wachsen in dem Meere. Wenn man sie erbeuten
will, verfertigt man früher ein Eisennetz und versenkt es bis auf den
Boden des Wassers. Die Korallen durchbohren das Netz, indess sie
wachsen. In einem Jahre erreichen sie eine Höhe von zwei bis drei
Schuhen. Sie besitzen Äste, aber keine Blätter, und ihre Gestalt hat
Ähnlichkeit mit einem kleinen Baume. Man schnürt hierauf das Netz
zusammen und zieht es heraus. Die Korallen sind zerbrochen und
befinden sich in dem Netze *).
Die vorzüglichsten Korallen sind „die Pfeiler des kaiserlichen
Wagens“. Dieselben kommen von dem Boden des westlichen
Meeres *).
Die Geschichte von Yuen-tschung sagt:
Die Korallen stammen aus dem westlichen Meere des grossen
Thsin. Sie wachsen in dem AVasser über den Steinen. Wenn sie
zu wachsen beginnen, sind sie weiss. In einem Jahre sind sie gelb.
In drei Jahren sind sie roth. In vier Jahren werden sie von In
sekten zerfressen und gehen zu Grunde.
Das von Sse-ma-siang-ju verfasste bilderlose Gedicht auf
Schang-lin sagt:
Feuerperlen, Lasurstein und Korallen wachsen in Büschen.
Das von Puan-ku verfasste bilderlose Gedicht auf die beiden
Hauptstädte sagt:
Auf den Bäumen der Korallen sitzen Hühner von Lasur.
Das von Fu-yuen verfasste bilderlose Gedicht auf die purpurnen
Blumen sagt:
Die Strahlen sind von ungleicher Länge und leuchten hell.
Welche Lieblichkeit d,es Glanzes ist bei der Gestalt unmöglich? Die
*) Das Buch der Mitte des Meeres.
2 ) Kuang-tschi.
Sitzb. d. pbil.-hist. CI. EVIII. Bd. III. Eft. 13
I
i
186
H f i z m a i e r
ßlütlienfiille ist reich und wird einporgehoben von lasurblauen
Zweigen. Das Sonnenlicht ist gleich dem paradiesvogelartigen Er
blühen der Korallen.
Das von Fan-ngan-jin verfasste bilderlose Gedicht auf die
Granatbäume sagt:
Es ist als ob der Göttervogelauf den Wald von Teng sich
setzte. Sie sind gleich dem Schimmer der Korallen in dem grünen
Wasser.
Schildkrötenschuppen.
Das Buch der Tsclieu sagt:
I-yün sprach zu Thang: Ich bitte, Schildkrötenschuppen zum
Geschenk machen zu dürfen.
Das Hiao-king sagt:
Wenn das göttliche Licht iiberströmt, so sind die Schildkröten
schuppen mit Streifen geziert.
Das Sse-ki sagt:
Tschao schickte einen Gesandten an den Gebieter von Tschiin-
sehin. Der Gesandte wollte gegen Tsu prahlen. Die Haarnadeln der
Leute seines Gefolges waren von Schildkrötenschuppen, die Scheiden
ihrer Schwerter waren sämmtlich mit Schildkrötenschuppen verziert.
Das Sse-ki sagt ferner:
Der Süden des Stromes bringt Zinnober, Nashörner, Ele-
phanten, Schildkrötenschuppen, Ferien und Tropfperlen hervor.
In den in dem Buche der fortgesetzten Han enthaltenen Denk
würdigkeiten über Sänften und Kleidung heisst es:
Die angesehenen Frauen halfen bei der Seidenraupenzucht mit
zweizackigen Nadeln von Schildkrötenschuppen.
Das von Fan-hoa verfasste Buch der späteren Han sagt:
In den Überlieferungen von Ku-tsung heisst es, dass das Land
Kiao-tschi viele kostbare Erzeugnisse besitzt. Glänzende Tropfperlen,
Flügel der Paradiesvögel, Elephanten, Nashörner, Schildkröten
schuppen, Wohlgerüche, vortreffliche Bäume, alles werde daselbst
hervorgebracht. In früherer und in späterer Zeit seien die stechenden
1 ) Tschang-li (der lauge Vogel Li) ist der aus dem Süden stammende Gott des mennig-
rothen Sperlings, auch der „göttliche Vogel“ (ling-uiao) genannt.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
187
Vermerkei* häufig au der Spitze unlauterer Handlungen gestanden.
Die Inhaber der Vorsteherämter erhoben Tsung zum stechenden
Vermerken von Kiao-tschi.
Dasselbe Buch der späteren Han sagt:.
Das Reich Thien-tscho bringt Elephanten, Nashörner und ge
schuppte Schildkröten hervor.
In den Verzeichnissen von U wird gesagt:
Die geschuppten Schildkröten des Meeres Tschang in dem
Districte Lu-pin im Süden der Bergketten haben Ähnlichkeit mit
der Schildkröte, sind aber grösser.
Dieselben Verzeichnisse von U sagen:
Der Gesandte vonWei wünschte Perlen, Tropfperlen, Paradies
vögel und Schildkrötenschuppen gegen Pferde in Tausch zu erhalten.
Siin-kiuen sprach: Dies alles kann ich nicht brauchen. Wenn ich
aber dafür Pferde erhalte, warum sollte ich nicht Gehör gehen ?
In den Befehlen von Tsin heisst es:
Die Kriegsmänner und die Handwerker dürfen sich nicht in
Rhinoceroshorn und in Schildkrötenschuppen kleiden.
Das Buch der Tsi sagt:
Wang-tse-king von Liü-ling war stechender Vermerker von
King-tscheu. Als er sich in Tschin-ying aufhielt, erfand er häufig
Kleidungsstücke und Schmuck gegen die Anordnungen und das
Mass. Er verfertigte Wagengeräthe aus Schildkrötenschuppen. Eine
höchste Verkündung stellte ihn desshalb zur Rede und es wurde ihm
befohlen, schleunigst in die Hauptstadt zurückzukehren.
Das Buch der Thang sagt:
Zu den Zeiten des Kaisers Ilien-tsung erschien an dem Hofe
das Reich Ho-ling <)• Dasselbe machte zwei alte Nonnen, Schild
krötenschuppen, Weingefässe, lebende Nashörner und andere Ge
genstände zum Geschenk.
In den vermischten Erzählungen von der westlichen Mutterstadt
heisst es:
Han-yen verfertigte ein Bett aus Schildkrötenschuppen.
tj Das Deich Ho-ling befand sieh in dem Meere südöstlich von Kuang-tscheu.
13*
188
Pfizmaie r
In den Denkwürdigkeiten von wunderbaren Dingen der südli
chen Gegenden wird gesagt :
Die geschuppten Schildkröten gleichen den Schildkröten und
wachsen in dem südlichen Meere. Die grossen gleichen einer Nelke.
Auf ihrem Rücken befinden sich Schuppen von der Grösse eines
Fächers. Wenn man sie eröffnet und die Schuppen wegnimmt, so
erblickt man die bunten Streifen. Will man daraus Geräthe verfer
tigen, so siedet man sie und schneidet aus ihnen mit dem Messer
einen beliebigen Gegenstand. Nach dem Erkalten bearbeitet man sie
mit Spalten der Haut des Euleufisches. Später glättet man sie mit
den Zweigen und Blättern verdorrter Bäume. Sie erhalten dadurch
glänzenden Schimmer.
In den weitläufigen Denkwürdigkeiten wird gesagt:
Die geschuppten Schildkröten haben Ähnlichkeit mit der Schild
kröte. Sie kommen aus Khiü-yen-tselieu in Nan-hai.
Das von Sse-ma-siang-ju verfasste bilderlose Gedicht auf Tse-
hiü sagt:
Das Netz besteht aus Schildkrötenschuppen, der Angelhaken
aus purpurner Muschelschale.
Das von Tschang-heng verfasste bilderlose Gedicht auf die öst
liche Mutterstadt sagt:
Die Federn des Paradiesvogels werden nicht gespaltet, die
Schildkrötenschuppen wachsen nicht in grossen Mengen.
Das von Sün-te-schi verfasste bilderlose Gedicht auf Nan-lieu-
tschin sagt:
Das Herablassen ist auf Teppiche von Schildkrötenschuppen,
für das Stillstehen sind Betten von Elfenbein.
In dem von Lieu-tsching verfassten bilderlosen Gedichte auf
das lautere Denken heisst es:
An der Rückseite breitet man Teppiche von Schildkrötenschup
pen. An der Vorderseite legt man Matten von Riesenschildkröte.
Das von Tso-sse verfasste bilderlose Gedicht auf die Haupt
stadt von U sagt :
Rundtafeln von Riesenschildkröte, Schildkrötenschuppen und
Stoff des Metalls schimmern schwarz.
Das von Fan-yin verfasste Gedicht auf die Beruhigung des Ge-
müthes sagt:
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes. 189
Womit bezeichne ich Abschied und Trennung? Ich nehme jene
zweispaltige Haarnadel von Schildkrötenschuppen.
Das Tü-hien übergebene Schreiben von Puan-ku sagt:
Der glänzende Heerführer beschenkte Ku-kiao mit Haarnadeln
von Schildkrötenschuppen.
Das den Weibern übergebene Schreiben von Kao-wen-hoei
sagt:
Ich schaffe jetzt einen Kamm von Schildkrötenschuppen herbei.
Muscheln.
Das Schue-wen sagt:
Die Muscheln sind Schalthiere des Meeres. Ehemals machte
man die Muscheln zu einem Tauschmittel und die Schildkröten zu
einer Kostbarkeit. Bis zu den Tscheu waren sie gangbar. Erst zu
den Zeiten von Thsin schaffte man die Muscheln als Tauschmittel ab.
In dem Tribute Yü’s, Buch der Schang, wird gesagt:
Der Landstrich Yang an dem Hoai und an dem Meer, seine
Körbe sind Muscheln der Gewebe *).
Das, Buch der Tscheu sagt:
Die grossen Muscheln und die grossen Trommeln befinden sich
in den westlichen Gemächern.
In der Deutung des Sinnes des Mao-schi heisst es:
Die Muscheln sind eine Art Meerschildkröten. Es gibt auch
purpurne Muscheln. Deren weisser Stoff ist gleich dem weissen
Edelsteine und purpurne Punkte bilden Streifen, die in fortlaufenden
Reihen zu einander passen. Die grossen haben im Durchmesser einen
Schuh sechs Zoll. Gegenwärtig gebraucht man sie in Kieu-tschin und
Kiao-tschi als Becher und Schüsseln und betrachtet sie als kostbare
Gegenstände.
Das Ni-ya sagt:
Die Muscheln, die sich auf dem festen Lande befinden, heissen
Pao. Die sich in dem Wasser befinden, heissen Han. Die grossen
J ) Der in „Muscheln der Gewebe“, d. i. in buntgestreiften Seidenstoffen bestehende
Tribut wird in länglichrunden Körben dargebracht.
190
P f i z in a i e r
heissen Kang, die kleinen heissen Tsi •). Es gibt Muscheln des Ur
sprungs 3 ) und Muscheln der Geschenke «). Die Muscheln Yü-tschi
sind gelb mit weissen Streifen 4 ). Die Muscheln Yü-tsiuen sind weiss
mit gelben Streifen 5 ). Die Muschel Pa ist ausgedehnt, in der Mitte
hreit und an beiden Enden scharf. Die Muschel Khiün ist gross,
schmutzig und platt. Die Muschel Tsi ist klein, schmal und lang.
In den grossen Überlieferungen zu dem Buche der Scliang
wird gesagt:
König Wen befand sich als Gefangener in Yeu-li. San-I-seng
begab sich an die Untiefen des Stromes und des Hoai und fand da
selbst grosse Muscheln, die einem Wagennetze glichen. Er machte
sie dem Könige Tsch’heu zum Geschenk.
Die Rückkehr zu dem Aufbewahrten (kuei-tsang) sagt:
Es gibt einen Menschen, der kommen und uns Muscheln als
Werthgegenstand überlassen will. Wenn sie ankommen, sind sie gang
und gäbe. Wenn man sie sieht, so findet man sie. Hat man Freude,
so kommen sie an.
Das Buch der Han sagt:
Kaiser Wen beschenkte Wei-tho, den König des südlichen
Yue, mit einem Schreiben und mit Kleidern. Tso machte durch einen
Gesandten fünfhundert Muscheln zum Geschenk.
Das Buch der Han sagt ferner:
Zu den Zeiten Wang-mang’s mass eine grosse Muschel vier
Zoll acht Linien und darüber. Zwei Stücke bildeten eine Doppel
muschel. Der Werth einer solchen waren zweihundert sechzehn
Kupfermünzen.
Eine männliche Muschel mass drei Zoll sechs Linien und darüber.
Der Werth einer solchen Doppelmuschel waren einhundert fünfzig
Kupfermünzen.
*) Die jetzigen kleinen Muscheln, welche ebenfalls von purpurner Farbe sind, kom
men aus Je-nan.
2 ) Yuen-pei.
*) l-pei „die Muscheln der Geschenke“ sind von schwarzer Farbe.
4 ) Sie haben eine gelbe Masse und weisse Streifen.
5 ) Ihre Masse ist weiss, die Streifen und Punkte sind gelb. Die jetzigen purpurnen
Muscheln haben eine purpurne Masse und schwarze Streifen und Punkte.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
191
Eine junge Muschel mass zwei Zoll vier Linien und darüber.
Der Werth einer solchen Doppelmuschel waren dreissig Kupfer
münzen.
Eine kleine Muschel mass einen Zoll zwei Linien und darüber.
Der Werth einer solchen Doppelmuschel waren zehn Kupfermünzen.
Die Muscheln, welche nicht ganz einen Zoll zwei Linien massen,
durfte man nicht als Doppelmuscheln verwenden. Der Werth eines
einzelnen Stückes betrug drei Kupfermünzen.
Das waren die Werthgegenstände der Muscheln.
In den Geschichtschreibern des Südens wird gesagt:
In dem südlichen Meere befindet sich das Reich Po-li. Dasselbe
liegt südöstlich von Kuang-tscheu jn der Entfernung der Tagreisen
zweier Monate. Es bringt gestreifte Seeschnecken und purpurne
Muscheln hervor. Daselbst findet man einen Stein, dessen Name
Han-pei-lo (das Netz der Herzmuschel). Wenn man diesen eben
aufgelesen hat, ist er weich und geschmeidig. Wenn man aus ihm
Gegenstände schneidet und ihn an der Sonne trocknet, erlangt er
sofort grosse Härte.
Das Buch der Berge und der Meere sagt:
Der Fluss des trüben Thaies von dem Berge des Yin ergiesst
sich in den Sumpf Fan. In demselben gibt es viele gestreifte
Muscheln.
Das Buch der Berge und der Meere sagt ferner:
In dem Flusse Yii von dem Berge Yin gibt es viele gestreifte
Muscheln. In dem Flusse Mung von dem Berge Kuei gibt es viele
gelbe Muscheln. Im Osten von Tschi-si, in der Wildniss des Tsang-
wu, gibt es gestreifte Muscheln.
ln den sechs Bogengehäusen Tai-kung’s (tai-kung-lö-tao)
heisst es:
Der König der Schang nahm Si-pe-tschang von Tscheu in
Yeu-li fest. Tai-kung sagte zu San-I-seng, er möge Gegenstände
suchen, um den Gebieter von der Schuld zu entlasten. In dem Lande
der neun Ströme fand San-I-seng hundert Doppelgehäuse grosser
Muscheln.
192
t* f i z m a i e r
In den Erörterungen über Salz und Eisen heisst es:
Die Lehren verändern sich mit den Gewohnheiten. Die Niedrig
keit wechselt mit dem Zeitalter. Die Fürsten der llia bedienten sich
der Muscheln des Ursprungs. Die Menschen von Tscheu gebrauchten
purpurne Steine.
Das Buch Pen-tsao sagt:
Die Muschelsöhne heissen auch Muschelzähne. Sie wachsen in
dem östlichen Meere.
In den Denkwürdigkeiten von Kuang-tscheu wird gesagt:
Es gibt acht Arten von Muscheln. Die purpurnen Muscheln
sind die schönsten, und kommen aus Kiao-tscheu. Die grossen
Muscheln kommen aus Khiü-yen-tscheu. Sie werden von den reisen
den Kaufleuten eingetauscht.
In der von Lieu-hin-ki verfassten Geschichte von Kiao-tscheu
heisst es:
Die grossen Muscheln kommen aus Je-nan und gleichen einem
Weinbecher. Die kleinen Muscheln sind die Muschelzähne. Sie sind
ein wirksames Mittel gegen Gifte. Es gibt deren, die nebstdem von
purpurner Farbe sind.
In den Denkwürdigkeiten von wunderbaren Dingen der südlichen
Landstriche wird gesagt:
In dem nördlichen und südlichen Meere von Kiao-tschi gibt es
grosse gestreifte Muscheln. Ihre Masse ist weiss und die Streifen
sind purpurn. Ihr Aussehen haben sie durch sich selbst. Ohne
geschliffen oder geglättet worden zu sein, leuchten sie mit glänzen
der Farbe.
Das Buch der Beobachtung der Muscheln sagt:
Was das Buch der Beobachtung betrifft, so erhielt Tsclui-
tschung dasselbe von Kin-kao. Kin-kao ritt auf einem Fische und
schwamm zu dem Flusse und zu dem Meere. Die Erzeugnisse des
Wassers wurden von ihm genau erforscht. Tschung lernte von Kin-
kao die Kunst der Unsterblichen und eignete sich dessen Lehre an.
Er machte dem Kaiser Wu von Han Perlen zum Geschenk. Man sagt,
man wisse nicht, wohin diese gekommen sind.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
193
Yen-tsu wurde Statthalter von Kuei-ki. Tschung schickte ferner
an Tsu Muscheln von einem Schuh im Durchmesser. Zugleich über
mittelte die folgende Schrift an Tsu:
Die echten Beglaubigungsmarken, die göttlichen und wunder
baren geheimen Kostbarkeiten des gelben Kaisers, Yao’s von Thang,
Yü’s von.Hia, der drei Herrscherhäuser, dasjenige, was diesen zunächst
kommt, sind die Muscheln von einem ganzen Schuh. Diejenigen, die
von Gestalt gleich rotlien Blitzen und schwarzen Wolken, nennt man
die purpurnen Muscheln.
Diejenigen, die von farbloser Masse, dabei dunkelroth und
schwarz, nennt man die Perlenmuscheln.
Diejenigen, welche einen grünen Boden und hellgrüne Streifen
besitzen, nennt man die Perlen des breiten Bandes.
Diejenigen mit schwarzen Streifen und gelber Zeichnung nennt
man die Muscheln des dichten Nebels.
Die purpurnen heilen Krankheiten. Diejenigen der Perlen klären
das Auge. Diejenigen des breiten Bandes tilgen die Versperrungen
der Luft. Diejenigen des dichten Nebels unterdrücken Würmer und
Insekten. Sie sind nicht im Stande, das Leben zu verlängern und die
Jahre zu vermehren. Die hier genannten Muscheln schützen vor
Schaden und stehen in erster Reihe.
Es gibt wieder andere, welche Unter diesen stehen. Durch die
jenigen des Falkenschnabels und des Grillenrückens vertreibt man
die Wärme und entfernt das Wasser.
Unter den Muscheln, die ohne wunderbare Eigenschaften, glei
chen die grossen einem Wagenrade.
König Wen hat um Muscheln des grossen Thsin, die im Durch
messer eine halbe Klafter hatten. König Mo erlangte deren Schalen
und bängte sie über die leuchtende Thorwarte. Mö, Fürst von Thsin,
übersandte sie an Yen-ming. Man konnte durch sie das Auge klären
und das Ferne erforschen. Sie passten zu Edelsteinen, sie passten
zu Gold.
Die Muscheln des Südens gleichen den Perlen und Tropfperlen.
Man nennt sie auch den harten Stoff (po). Sie sind von Eigenschaft
kalt, von Geschmack süss.
Die Muscheln,, welche auf dem Wasser schwimmen, nachdem
dieses vergiftet worden, bewirken, dass der Mensch Witwer wird
194
P f i z in a i e r
und dem Weibe nicht naht. Dieselben sind zur Hälfte schwarz, zur
Hälfte weiss.
Die trüben und bespülten Muscheln bewirken, dass der Mensch
leicht erschrickt und sich mit Jünglingen nicht befreundet. Dieselben
besitzen gelbe Lippen, Zähne mit Punkten und einen hellrothen harten
Stoff.
Die Eidechsenmuscheln verursachen Krankheiten und Weelisel-
fieber. Dieselben besitzen eine schwarze Nase und sind ohne Haut.
Die reinweissen Muscheln bewirken, dass die Leibesfrucht des
Menschen sich auflüst. Man zeige sie keinem schwangeren Weibe.
Dieselben besitzen einen hellrothen Gürtel und ein durchdringendes
Rückgrath.
Die aufgeweckten Muscheln bewirken, dass der Mensch leicht
vergisst. Man nähere sie keinem Feuer. Dieselben besitzen an der
inneren Schale hellrothe Fäden.
Die trunkenen Muscheln bewirken, dass die Jünglinge blödsinnig,
die Mädchen unzüchtig sind. Dieselben besitzen grüne Lippen und
eine hellrothe Nase.
Die lasurblauen Muscheln bewirken, dass die Menschen stehlen.
Dieselben besitzen über dem Rückgrath Fäden und haben krumme
Lippen. Wenn es regnet, sind sie schwer. Wenn es zu regnen auf
hört, sind sie leicht.
Die gekrümmten Muscheln bewirken, dass das Gemüth stark
wird. Wenn man in der Nacht wandelt, unterdrücken sie die irre
führenden Dämonen, die Wölfe, Leoparden und die hundert wilden
Thiere. Es sind die Muscheln mit hellrother Mitte. Wenn es regnet,
sind sie leicht. Wenn es zu regnen aufhört, sind sie schwer.
Bernstein.
Das Kuang-ya sagt:
Der Rernsteiu ist eine Perle und wächst in der Erde. Über und
neben ihm bringt der Boden keine Pflanzen hervor. Die geringste
Tiefe beträgt fünf Schub, die grösste Tiefe beträgt acht bis neun
Schuh. Er hat die Grösse eines Masses von zehn Nösseln. Man
schneidet die Haut weg und bringt den Bernstein zu Wege. Der
selbe gleicht anfänglich dem Leime des Pfirsichbaumes. Indem er
erstarrt und fest wird, bildet er sich. Die Menschen der Gegend
gebrauchen ihn als Kopfkissen. Er kommt aus dem Districte Pö-nan.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
195
Das Tien-liö (die Abkürzungen der Vorbilder) sagt:
In dem Reiche des grossen Thsin gibt es vielen Bernstein.
Das fortgesetze Buch der Han sagt:
Das fremdländische Reich Ngai-lao 1 ) bringt glänzende Perlen
und Bernstein hervor.
Das Buch der U sagt:
Yü-fan liebte in seiner Jugend die Bücher und war hochmüthig.
Als er zwölf Jahre alt war, wartete ein Gast seinem älteren Bruder
auf, ohne dabei sich zu Fan zu verfügen. Fan übergab ihm nach
träglich ein Schreiben, worin er sagte: Ich habe gehört: Der Bern
stein zieht keine faulen Halme an sich. Der Magnet empfängt keine
krummen Nadeln. Dass du herüber kamst und dich nicht um mich
kümmertest, ist dies nicht auch angemessen?
Als der Gast das Schreiben erhielt, betrachtete er es als etwas
Merkwürdiges. Jener erntete dadurch Lob.
Das von Tschin-yo verfasste Buch der Sung sagt:
Zu den Zeiten des Kaisers Wu machte Ning-tscheu gewöhnlich
Kopfkissen von Bernstein zum Geschenk. Dieselben waren sehr
glänzend und zierlich. Hierauf im Begriffe, einen Eroberungszug
nach Norden zu unternehmen, heilte er mit Bernstein ein Metallge
schwür. Der Kaiser war hierüber sehr erfreut. Er gab Befehl, den
Bernstein zu zerstossen und damit die Heerführer zu betheilen.
In den vermischten Erzählungen von der Mutterstadt des
Westens wird gesagt:
Kaiser Siuen besass einen kostbaren Spiegel des Landes Scliin-
tö. Derselbe hatte die Grösse einer Kupfermünze von acht Quentchen.
Er verwahrte ihn gewöhnlich in einer Büchse von Bernstein.
In den Denkwürdigkeiten von wunderbaren Dingen heisst es:
Der Bernstein ist ursprünglich aus dem Leime der Fichte
gebildet. Einige verfertigen daraus Weinbecher und Töpte.
In den Denkwürdigkeiten des Reiches Hoa-yang heisst es:
lj Ein iteich der südlichen Fremdlünder. Ngai-lao und das oben genannte P3-nan
waren ehemals auch zwei Districte desselben.
196
P f i z ni a i e r
Die Perlengruben bringen glänzende Perlen und Bernstein her
vor. Dieser besitzt die Eigenschaft, Halme zu saugen.
In den Denkwürdigkeiten der Reiche der westlichen Grenzen
heisst es:
In dem Sande an den Ufern des Flusses Mo-liü findet man die
Nester der kurzleibigen Biene. Man verbrennt dieselben und bereitet
daraus Bernstein.
Die Geschichte von Yuen-tschung sagt:
Wenn der Leim des Maulbeerfeigenbaumes in die Erde rinnt,
wird er in tausend Herbsten zu Bernstein.
In den Denkwürdigkeiten von vielseitigen Dingen heisst es:
Wenn der Leim der Fichten in die Erde rinnt, verwandelt er
sich nach tausend Jahren in Stechwinde. Die Stechwinde verwandelt
sich nach tausend Jahren in Bernstein. Der Bernstein heisst auch:
die Perle des Stromes. Gegenwärtig findet sich aufdemTai-san Stech
winde, aber kein Bernstein. Yung-tschang in Yf-tscheu bringt fern
stem hervor, aber keine Stechwinde. Einige sagen wieder, dass dies
der Stoff ist, der aus gebrannten Bienennestern bereitet wird. Man kann
diese zwei Aussprüche nicht erklären.
Die Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen sagt:
Einst zu den Zeiten des Kaisers Wu von Han, im ersten Jahre
des Zeitraumes Pao-ting '), befand sich unter den von den west
lichen Gegenden als Tribut gebrachten Kleinoden und wunderbaren
Gegenständen eine Schwalbe von Bernstein. Man stellte sie in das
ruhige innere Haus. Daselbst sang sie und schlug mit den Flügeln.
Der Vorsteher von U hörte, dass die Edelfrau von Fan mit Schönheit
begabt sei. Er gab Befehl, ihm ihr Biklniss zu bringen. Das Biklniss
ward vollendet, der Vorsteher von U sah es und erschrack freudig.
Er berührte es mit einem bernsteinenen Rosenkränze, und dieser zer
brach sofort. Er sprach: Dies ist eine Tochter der Götter. — Er
nahm sie demgemäss auf 3 ).
1 ) 116 n. Chr. Dieser Zeitraum heisst sonst immer nur Yuen-ting, während Pao-ting
.ein Zeitraum aus den Jahren des Hauses Tsin.
2 ) Aus der Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen.
Beitrage zur Geschichte der Edelsteine und des. Goldes.
197
Sün-ho fand Gefallen an der Edelfrau von Teng, und er kam
desshalb allmonatlich zum Tanze herab. Er verletzte aus Versehen
mit einem krystallenen Rosenkränze ihre Wange. Er befahl dem
Leibarzt, sie zu heilen. Dieser rieh Knochen der weissen Fischotter
mit Bernstein zu einem Pulver und strich es auf. Sie wurde sofort
hergestellt
Das Buch Pen-tsao von Schin-nung sagt:
Man nehme ein unbebrütetes Hühnerei. Nachdem das Gelbe und
das Weisse unter einander gemengt worden, siede man es stark. So
lange es noch weich ist, schneide man daraus einen beliebigen Gegen
stand. Man lässt es in bitterem Wein durch mehrere Nächte liegen.
Wenn es erhärtet ist, gibt man Schminke hinzu. Dasjenige, hei
welchem man etwas Vorzügliches trifft, ordnet das Wahre a ).
Das von Tso-sse verfasste bilderlose Gedicht auf die Hauptstadt
von Scho sagt:
Bernstein, das mennigrothe Grün, Perlen des Stromes und hell-
rothe Edelsteine erblühen.
In dem Gedichte Fan-ni’s heisst es:
Des Wortes mächtig, wandelt er zu dem westlichen Bergrücken.
Er lässt das Auge ruhen auf den zwei blumigen Bergen. Goldene
Stockwerke, Treppen von Bernstein, Betten von Elfenbein, Matten
von Schildkrötenschuppen, in ihrer Mitte befinden sich göttliche
blühende Männer, man weiss nicht wie viele Jahre.
Agat.
Das Kuang-ya sagt:
DerAgatstein steht dem weissen Edelsteine im Range zunächst.
In den kurzgefassten Denkwürdigkeiten von Wei heisst es:
Das Reich des grossen Thsin bringt vielen Agat hervor.
Die Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen.
3 ) Dieses Verfahren war durch alle Zeitalter gewöhnlich. Man verfertigt auf diese
Weise einen Gegenstand, durch den man alles zu Wege bringen kann. Derselbe
wird als eine Art künstlichen Bernsteines betrachtet.
198
P f i z m a i e r
Die Geschichte von Liang-tscheu sagt:
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Hien-ho (326 n. Chr.) eröffne-
ten Räuber die Erdhügel >) Tschang-siün’s ~). Sie fanden daselbst
Weingefässe von Agat.
Das Buch der nördlichen Tsi sagt:
In dem Zeiträume Wu-ping (577 bis 582 n. Chr.) entfernte
manFu-fö und ernannte ihn zum stechenden Vermerker des östlichen
Yung-tscheu. Als Tscheu das Gebiet von Ping-tscheu bewältigt hatte,
entsandte es (den Heerführer) Wei-hiao-kuan an Fd mit dem Auf
träge, diesen herbeizurufen. Der Abgesandte sprach: Ping-tscheu ist
bereits beruhigt. Desswegen entsandte man mich mit dem Aufträge,
dir die Meldung zu bringen. Es ist angemessen, dass du schleunigst
herabkonnnest. Man verleiht dir das Amt des obersten grossen Heer
führers, eines Fürsten der Provinz Wu-hiang und des Reiches Kliai.
Sofort beschenkte er ihn mit dem Abschnittsrohre der Verlei
hung des Amtes. Er gab ihm zur Beglaubigung zwei Weingefässe
von Gold und Agat. Fd nahm sie nicht an.
In den Geschichtschreibern des Nordens wird gesagt:
Siao-tschä, Vorsteher von Liang, hatte Weingefässe von Agat
zum Geschenk gemacht. Kaiser Wen von Tscheu erfasste sie, blickte
auf die zugetheiltenLeibwächter und sprach: Wer im Stande ist, das
Schwarze des Hauptes der gebreiteten Binsen =) zu schleudern, dem
gebe ich sofort die Weingefässe. — Es hatten bereits Mehrere dies
nicht gekonnt. Da erfasste endlich Sie-tuan das Haupt der gebreite
ten Binsen und sprach: Es ist nicht der Fall, dass diese Weingefässe
schätzbar sind. Ich denke nur daran, die Wahrhaftigkeit der Sache
zu zeigen. — Er schleuderte es, und alle fünf Söhne waren schwarz.
*) Die auf Erdhiigeln erbauten Städte.
3 ) Tschang-siün von König von Liang.
3 ) „Das Haupt der gebreiteten Binsen“ (tschü-pu-teu), auch einfach „die gebreiteten
Binsen“ (tschü-pu) genannt, ist ein gewisses nicht näher bezeichnetes Spiel, bei
welchem die höchste Leistung darin besteht, dass alle „fünf Söhne“ oder alle
„fünf Bäume“ schwarz sind. Das Buch der Tsin sagt: Das Tschü-pu ist nur ein
Spiel der Schweinehirten und Sclaven.
In den Erklärungen des Alterthums und der Gegenwart heisst es :
Wu, Kaiser von Wei, liess Pferdegebisse aus Agatsteinen ver
fertigen.
In der Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen wird gesagt:
Zu den Zeiten des als Kaiser herrschenden Tschuen-hiö machte
das Reich Tan-khieu Krüge von Agat zum Geschenk. Man füllte sie
mit süssem Thau und stellte sie. in die Küche.
Auf dem Gebiete von Tan-khieu sind die Dämonen von Ye-tscha
undKiü-pö. Dieselben verstehen es, aus rothem Agat Töpfe, Schüsseln
und Musikwerkzeuge zu verfertigen, die feiner und zierlicher sind,
als diejenigen, die man in dem mittleren Reiche findet.
Einige sagen in Bezug auf den Agat: Das Blut der bösen Dämo
nen gerinnt und bildet diesen Gegenstand.
Zu den Zeiten des gelben Kaisers hatte man Krüge von Agat.
Zu den Zeiten des Kaisers Yao waren dieselben noch vorhanden. Der
süsse Thau, der sich in ihnen befand, erfüllte sie und ging nicht
zu Ende.
Die Geschichte von Yuen-tschung sagt:
Der Agat kommt aus dem Reiche Yue-tschi.
i
j
s
In einer Anmerkung zu dem bilderlosen Gedichte auf die agate-
nen Pferdegebisse des Kaisers Wen von Wei wird gesagt:
Er (der Agat) ist eine Art weissen Edelsteines. Er kommt von
den Ländern der westlichen Gränzen. Seine Streifen sind unter ein
ander gemengt und haben Ähnlichkeit mit dem Gehirn des Pferdes.
Desswegen gab man ihm in jenen Gegenden davon den Namen ')•
Bergkrystall (lieu-lij.
Das Hiao-king sagt:
Wenn der göttliche Geist befeuchtet, so gibt es Spiegel von
Bergkrystall.
*) Ma-nao „Agat“ hat ursprünglich die Bedeutung- „Pferdehirn“.
200
P f i z in a i e r
Der erdbeschreibende Theil des Baches der Han sagt:
Kaiser ffu liiess Leute sieb auf das Meer begeben und Berg-
krystall erhandeln.
In den auf ffu von Han sicli beziehenden alten Gegenständen
heisst es:
Kaiser Wu befasste sich gern mit Göttern und Unsterblichen.
Er baute Tempel und göttliche Häuser. Die Thürflügel an denselben
waren sämmtlich aus weissem Bergkrystall verfertigt, und Lichtglanz
leuchtete durchdringend in den innersten Tiefen.
Kaiser Tsching von Han liess für Tschao-fei-yen die Halle FÖ-
thang errichten. Die Tliüren waren aus meergrünem Bergkrystall.
In den abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei wird gesagt:
Das Reich des grossen Thsin bringt zehn Arten Bergkrystall her
vor: hellrothen, weissen, schwarzen, gelben, grünen, meergrünen,
blauen, hellgrünen, scharlaehrothen, purpurnen.
Das Buch der Wei sagt :
Es kamen Kaufleute, Menschen des Reiches Thien-tsehö, in die
Mutterstadt. Sie sagten, dass sie im Stande seien, durch Schmelzen
von Steinen Bergkrystall von fünf Farben zu verfertigen. Hierauf
sammelte und scblilT man Steine des Gebirges und schmolz sie in der
Mutterstadt. Als man die Gegenstände vollendet batte, besassen diese
frischen Glanz und waren schöner als diejenigen, welche aus den
westlichen Gegenden kamen. In einer höchsten Verkündung wurde
jetzt befohlen, daraus eine Gehballe zu bilden, welche über hundert
Menschen fassen konnte. Die glänzenden Farben erfüllten alles mit
ihrem Wiederscheine. Alle, die es sahen, waren erschrocken und
glaubten, dass dies ein Bau des Lichtes der Götter sei.
Seit dieser Zeit wurde der Bergkrystall des mittleren Reiches
verachtet, und die Menschen betrachteten ihn nicht mehr als eine
Kostbarkeit.
Das Buch der Tsin sagt;
Wang-tsi war hochfahrend und verschwenderisch. Der Kaiser
begab sieb gewöhnlich in das Wohnhaus Tsi’s. Die Speisen, welche
dieser anbot, waren sehr reichlich, und alles war in Gefässen von
Bergkrystall angehäuft. Der Kaiser fand diese sehr schön.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
201
Yen-kung-king, König von Ju-nan, Hess den Wein in Gefässen
von Bergkrystall umherreichen. Als der Wein zu Thsui-hung kam,
wollte dieser das Gefäss nicht ergreifen. Man fragte ihn um die
Ursache, und er antwortete: feil denke, es hat den Sinn, dass man
einen Edelstein ergreift und nicht mit schnellen Schritten vor
wärts eilt i).
In den Erzählungen des Tiefen und Dunklen wird gesagt:
Tung-fang-sö erhielt Thau von fünf Farben. Er füllte ihn in
Gefässe von Bergkrystall und machte sie dem Kaiser Wu zum
Geschenk.
Die Erzählungen des Auflesens des Hinterlassenen sagen:
Tung-yen stellte Windschirme von purpurnem Bergkrystall auf.
In den Gesprächen des Zeitalters wird gesagt:
Muan-fen fürchtete den Wind. Als er sich in Tsin befand, sass
der Kaiser an dem nördlichen Fenster. Man hatte Thiirflügel aus
Bergkrystall verfertigt, die fest geschlossen waren, aber auseinander
zu stehen schienen. Fen hatte das Aussehen eines Frierenden, und
der Kaiser lachte über ihn. Fen antwortete: Ich bin gleichsam ein
Büffel von U. Wenn dieser den Mond sieht, so keucht er 3 ).
In den weitläufigen Denkwürdigkeiten wird gesagt:
Der Bergkrystall kommt aus den Reichen Hoang-tschi, Sse-tiao,
dem grossen Thsin und Je-nan.
In den Angaben über merkwürdige Dinge des südlichen Land
striches heisst es:
Der Bergkrystall ist, was den ursprünglichen Stoff betrifft, ein
Stein. Wenn man aus ihm Geräthe verfertigen will, so bearbeitet
man ihn mit natürlicher Asche. Die natürliche Asche hat das Aus
sehen der gelben Asche. Sie wächst an den Ufern des südlichen
Meeres, und man kann auch mit ihr Kleider waschen. Bei ihrem
Gebrauche hat man nicht nöthig zu begiessen, sondern man wirft sie
■) Aus dem Buche der Tsin.
3 ) Der Büffel von ü ist ein Wasserbüffel. Die Länder des Südens sind sehr heiss, und
der Wasserbüffel fürchtet die Hitze. Wenn er den Mond sieht, glaubt er. es könne
dies die Sonne sein, und er keucht desshalb. Fen war der Enkel des grossen
ßeruhigers Tschung.
Sitzb. d. phil.-hist CI. LVI1I. Bd. 111. Hft.
14
bloss in das Wasser. Sie ist schlüpfrig gleich bemoosten Steinen.
Wenn man diese Asche nicht erlangt, ist der Stoff unlösbar.
In der Geschichte der zehn Inseln heisst es:
Auf dem Berge Fang-tschang befindet sieb ein Palast von Berg-
krystall i).
In einer Anmerkung zu dem von Fu-hien verfassten bilderlosen
Gedichte auf einen beschmutzten Weinkrug wird gesagt:
Jemand übersandte mir einen Weinkrug von Bergkrystall. Ein
kleines Kind spielte verstohlen damit und liess etwas Unreines hinein
fallen. Ich war darüber im Herzen ungehalten. Wenn es auf den
Menschen Eindruck macht, dass Gegenstände beschmutzt und ent
weiht werden, so werden diese desjenigen verlustig, was man für
kostbar hielt. Um wie viel mehr ist dies der Fall bei dem Weisen,
der seinen Wandel einrichtet und Flecken bekommen kann.
Das Wagennetz.
Kuang-ya sagt:
Der Stein des Wagennetzes folgt im Range nach dem weissen
Edelsteine.
Die abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei sagen:
In dem Reiche des grossen Thsin gibt es viele Wagennetze.
Die Erklärungen von Alterthum und Gegenwart sagen :
Wu, Kaiser von Wei, liess Weinbecher aus Wagennetzen ver
fertigen.
Die Geschichte von Yuen-tsching sagt:
Die Wagennetze kommen aus dem Reiche Thien-tscho.
In einer Bemerkung zu dem bilderlosen Gedichte auf die Trink
schalen von Wagennetz heisst es:
Das Wagennetz ist eine Art weissen Edelsteines. Dasselbe bat
viele feine Adern und bunte Streifen. Es kommt aus den Reichen des
Westens. Man hält es daselbst allgemein für eine Kostbarkeit. Die
U Der Berg Fang-tschang ist eine der drei von Unsterblichen bewohnten Inseln.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
203
kleinen Steine hängt man um den Hals, aus den grossen verfertigt
man Geräthe.
Das von Wang-tsan verfasste bilderlose Gedicht auf die Trink
schalen aus Wagennetz sagt:
Man vermischte das ursprüngliche Gelb und bildete daraus den
Stoff. Sie haben Ähnlichkeit mit Himmel und Erde, die noch un-
getheilt sind. Sie fassen das Höchste und das Schönste unter den
fünf Tugenden zusammen. Sie übertreffen sämmtliche Kostbarkeiten
und sind einzig in ihrer Art.
Das bilderlose Gedicht auf die aus Wagennetz verfertigten Trink
schalen des Königs von Tschin-sse sagt:
Der Ort, wo diese Trinkschalen entstanden, befindet sich an dem
erhabenen Uferrande des dünnen Windes. Ihr Glanz ist gleich ge
stauten Blitzen, ihr Wiederschein ist wie von schwimmenden Sternen.
Der Flussgott bewundert sie als Beglaubigungsmarken von kostbaren
Edelsteinen. Er überblickt sie einmal und erschrickt neunmal.
Das von Wang-tschu-tao verfasste bilderlose Gedicht auf die
Trinkhörner von Wagennetz sagt:
Sie sind warm gleich dem steigenden Li-Drachen, der sich
zu dem Himmel erhebt. Ihr Lichtglanz hat Ähnlichkeit mit umher
schweifenden Gänsen, die sich in der Ferne scharen.
Glas.
Die Geschichte der vier Fürstensöhne von Liang sagt:
Ein grosses Seeschiff von Fu-nan kam aus dem Reiche des west
lichen Thien - tschö und verkaufte Spiegel von lasurblauem Glase.
Dieselben waren einen Schuh fünf Zoll breit und vierzig Pfund
schwer. Sie waren inwendig und auswendig glänzend weiss und rein
und zeigten an der oberen Seite Gegenstände in fünf Farben. Wenn
man sie gegen das Licht betrachtete, war ihr Stoff nicht sichtbar.
Man fragte nach dem Preise, und man bestimmte als solchen hun
dertmal zehntausend Schnüre Kupfermünzen.
Kaiser Wen befahl den Inhabern der Vorsteherämter, den
Betrag aufzuzählen. Man leerte die Versammlungshäuser und Rüst
kammern, und was man daselbst fand, war noch nicht die entspre
chende Summe.
14*
204
P f i z m a i e r
Jene Kaufleute sagten, an dieser Grenze der Farbe habe der
Himmelskönig Angelegenheiten des Segens und der Freude, und der
Himmel ergiesse starken Regen. Es regne sämmtliche Kostbarkeiten,
und die Berge nehmen sie auf. Man nehme sie aus den Verstecken
der Berge und sie seien schwer zu erlangen. Man werfe die Knochen
grosser wilder Thiere in die Verstecke. Wenn die Knochen verdor
ben sind, seien sie eine Art Kostbarkeiten. Ein Vogel trage sie in dem
Schnabel heraus, und dies seien die Kostbarkeiten.
In dem ganzen Reiche wurde dieses nicht verstanden, und nie
mand getraute sich, die als Preis geforderte Summe zu erlegen,
Das Buch der Thang sagt:
Zu den Zeiten Kao-tsung’s, im zwölften Monate des zweiten
Jahres des Zeitraumes Schang-yuen (67S n. Chr.) machte der König
von Pö-han-puan lasurblaues Glas und Erdgelb zum Geschenk. Su-ki,
König von Hoang-thse, machte Silber und Glas zum Geschenk.
Die Geschichte von Thien-tschö sagt:
Unter den Bergen des grossen Schnees findet sich der Berg der
Kostbarkeiten. Daselbst entstehen sämmtliche sieben Kostbarkeiten.
Man kann diese erlangen, indem man sie wegnimmt. Bios das Glas
entsteht auf den hohen Berggipfeln und ist schwer zu erlangen.
Die Geschichte von Yuen-tsclning sagt:
Das Reich des grossen Thsin besitzt Glas in fünf Farben. Das
jenige von scharlachrother Farbe ist das kostbarste.
Die Geschichte der zehn Landstriche sagt:
Auf dem Berge Kuen-lün findet man einen Palast von scharlach-
rotliem und lasurblauem Glase. Es ist derselbe, den man mit Namen
„die Halle der sieben Kostbarkeiten“ nennt.
Kry stall.
Das Kuang-ya sagt:
Den Krystall nennt man die Stein bl fithe.
Das Buch der fortgesetzten Han sagt:
Das Reich der Fremdländer von Ngai-lao bringt Krystall
hervor.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
205
In den abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei heisst es:
Das Reich des grossen Thsin heisst auch Li-nan. Daselbst sind
in den Palästen und inneren Häusern die Säulen von Krystall. Die
Speisegeiasse sind es ebenfalls.
Die weitläufigen Denkwürdigkeiten sagen:
Der Krystall kommt aus dem grossen Thsin und dem Reiche
Hoang-tschi.
Die Geschichte der zehn Inseln sagt:
Auf dem Rerge Kuen-Iün gibt es eine Thorwarte von Krystall.
Das Buch der Berge und des Meeres sagt:
Auf dem Berge Thang-ting (dem Berge der Halle und des Vor
hofes) gibt es viele Wasseredelsteine i).
In den Überlieferungen von Unsterblichen heisst es:
Tscln-sung-tse gebrauchte als Arznei Wasseredelsteine.
Die Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen sagt:
Im dreiundzwanzigsten Jahre des Königs Ling von Tscheu er
baute man die Erdstufe Kuen-tschao. Zu ihrer Ausschmückung diente
Mörtel von Krystall.
In dem Reiche der Fremdländer von Yö sind auf den Bergen
Stockwerke und innere Häuser auf Pfosten erbaut. Thfiren und Fenster
öffnen sich gegen das Licht. Die Treppen sind von Krystall und
Feuerhornblatt a ).
Frauenglas.
In den im Kreise sich drehenden Sternbildern des Nössels und
der Angeln des Frühlings und Herbstes heisst es:
Wenn der Angelstern sich verflüchtigt, bildet er Frauenglas.
Das Buch der Han sagt:
Unter den im Innern aufwartenden Menschen Wang-inang s,
die auf die höchste Verkündung warteten, war einer, der sagte: Mang
hat das Auge eines Geiers, die Mundwinkel eines Tigers, die Stirne
der wilden Hunde und Wölfe. — Mang liess den auf die höchste
1) Der Wasseredelstein ist dasselbe, was gegenwärtig Krystall genannt wird.
2) Ans der Geschichte des Anflesens der Hinterlassenen.
206
P f i 7. m a i e r
Verkündung Wartenden hinrichten und hetheilte den Angeber mit
einem Lehen. Von nun an versteckte er sich beständig hinter einem
Windschirm von Frauenglas und mit Ausnahme der ihm Nahestehen
den bekam ihn niemand zu sehen.
Das von Fan-hoa verfasste Buch der späteren Han sagt:
Tsching-lnmg wurde der grosse Beruhiger. Ti-U-lün wurde der
Vorsteher der Räume. Anfänglich war Lün Statthalter von Kuei-ki.
Der Kaiser berief Hung und setzte ihn zum Tü-yeu (Beaufsichtiger
für Übertretungen) ein. So oft er an dem Hofe erschien, krümmte
Hung den Leib und erniedrigte sich. Wenn jelzt der Kaiser Gehör
gab, stellte er einen Windschirm von Frauenglas auf und errichtete
dadurch eine Scheidewand.
Der Frühling und Herbst von Tsin sägt:
Als Sün-sieu sich unterwarf, wurde ihm ein Wagen von Frauen
glas verliehen.
Das Buch der Liang sagt:
Der Lehrer Teng von Nan-yö hiess mit Namen Yö. Er war ein
Eingeborner von Kien-ping in King-tscheu. In seiner Jugend trat er
in keinen Dienst und lebte in Verborgenheit. Aul' dem erhabensten
Rücken des Berges Heng errichtete er zwei kleine Breterhäuser.
Sein Fuss schritt niemals von dem Berge herab. Er schnitt das Ge
treide durch dreissig Jahre. Er trank bloss das Wasser der Gebirgs
schluchten und gebrauchte als Arzneimittel zerstossenes Frauen
glas. Tag und Nacht las er mit lauter Stimme das Buch der tiefen
Wasserhöhlen.
Das Buch der Tliang sagt:
Tu-iö-wei, König von U, hatte eine Vorliebe für die linke Seite
des Weges. Demgemäss vereinigte er Metall mit Mennig und suchte
die Kunst des langen Lehens. Als Arznei gebrauchte er gewöhnlich
Pulver von Frauenglas.
Dasselbe Buch der Tliang sagt:
Wei-tschi-king-te läuterte durch Verflüchtigung weisse Steine.
Indem er abgeschlossen lebte, gebrauchte er als Arznei das Mehl von
Frauenglas.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
207
In den zehntausend vollendeten Künsten von Hoai-nan heisst es :
Wenn Frauenglas in die Erde gelangt, so ist es in tausend Jah
ren nicht verfault. Wenn Frauenglas sich an den Füssen befindet, so
tritt man auf keine Dornen <)•
Das Buch Hoai-nan-tse sagt:
Das Frauenglas bringt Wasser zu Wege 2 ).
Das Buch Pao-pö-tse sagt:
Das Frauenglas ist von fünferlei Farbe. Dasjenige, das grössten-
theils grün ist,, heisst die Wolkenhlüthe. Man kann es füglich
im Frühling als Arznei gebrauchen. Dasjenige, das grösstentheils
roth ist, heisst die Wolkenperle. Man kann es füglich im Sommer
als Arznei gebrauchen. Dasjenige, das grösstentheils weiss ist, heisst
der Wolkensaft. Man kann es füglich im Herbst als Arznei gebrau
chen. Dasjenige, das grösstentheils schwarz ist, heisst die Wolken-
mutt.er. Man kann es füglich im Winter als Arznei gebrauchen.
Dasjenige, das bloss zwei Farben: die grüne und die gelbe be
sitzt, heisst der Wolkensand. Man kann es füglich im letzten Monate
des Sommers als Arznei gebrauchen. Dasjenige, das durchsichtig und
rein weiss ist, heisst der Stein des Felsenwassers. Man kann es zu
allen vier Jahreszeiten beständig als Arznei gebrauchen.
Das Buch Pao-pö-tse sagt ferner:
Der Anführer der Besatzung des Kaisers King von U liess in
Kuang-ling Gräber aufgraben. Daselbst waren Menschen, welche
Lebenden glichen. In den Särgen fand sich Frauenglas von der Dicke
eines Schuhes.
In den vermischten Erzählungen der Mutterstadt des Westens
wird gesagt:
Das Grab des Fürsten Yen von Tsin war sehr hoch. Das Thor
der Unsterblichen und der Durchweg waren von Stein und weissem
Edelstein. Man schlug sie weg und drang in die Tiefe. Man fand eine
Stelle von Frauenglas und sah über hundert Leichen, die in der
1 ) Wenn man das grosse Frauenglas (zubereitetes Frauenglas) auf die Fussohlen
streicht und man dann auf Dornen tritt, so können diese nicht haften.
3 ) Durch den Stein des Frauenglases kann man sich Wasser verschaffen.
208
P f i z m a i e r
Quere sich mit den Häuptern und Leibern aufeinander stützten. Alle
waren unverwest. Unter ihnen befand sicli blos ein junger Mann, die
Übrigen waren Mädchen. Einige sassen, Andere standen, Andere
lagen. In Kleidung, Gestalt und Farbe waren sie von lebenden Men
schen nicht verschieden.
Kaiser Tsching liess Vorhänge von Wolkenmutter (Frauenglas),
Wolkenhaidachine und Wolkenzelte in der purpurnen Vorhalle von
Kan-tsiuen anbringen. In dem Zeitalter nannte man diese die Vor
halle der dreierlei Wolken i).
In den Abstufungen der Ehrenbezeugungen für die Fürsten und
Reichsminister von Tsin heisst es:
Er verlieh als grosse Opfergabe dem Könige Hiä von Ngau-ping
Handwagen von Frauenglas.
In den Namen der Thorwarten der Paläste von Tsin heisst es:
In dem Teiche Han-yuen befinden sich Schiffe von Frauenglas.
Die Geschichte der Vorhallen der Paläste von Lö-yang sagt:
In dem Palaste befanden sich Lin, Schang und andere Thor
warten. Bei denselben war Frauenglas in das Innere der Fenster
gestellt. Wenn die Sonne sie beschien, verbreiteten sie einen reichen
rothen Glanz.
In den Überlieferungen von den Unsterblichen heisst es:
Fang-hoei war ein in Verborgenheit lebender Mensch aus den
Zeiten Yao's. Derselbe läuterte und verzehrte Frauenglas.
Die Geschichte der drei Tsi sagt:
Bei der Feste Tung-wu liegt der Berg der Wolkenmutter (Yiui-
mn-san). Auf dem Berge findet sich Wolken mutter (Frauenglas),
daher der Name. Dies ist der Ort, zu welchem der Lehrer Ngan-khi
gewöhnlich lustwandelte und wo er Speise verzehrte.
Die geheime Geschichte des östlichen Gartens sagt:
Wenn man den Leichnam mit Frauenglas ausfüllt, so werden
die Verstorbenen vor Verwesung bewahrt. Fung, eine vornehme
*) Aus den vermischten Erzählungen der Mutterstadt des Westens.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
209
Geliebte des Kaisers, gehörte zu den Schönheiten des Reiches. Die
selbe war bereits zehn Jahre verstorben, als ihr Grab von Räubern
erbrochen wurde. Ihre Gestalt und ihr Anblick war wie ehemals,
und sie war bloss kalt. Die Räuber schändeten sie in Gemeinschaft.
Sie wurden später gefangen. Diese Räuber sagten, in dem Sarge der
vornehmen Geliebten seien mehrere Scheffel Frauenglas gewesen.
Die Geschichte Sclii-hu’s in Nie >) sagt:
Hu verfertigte Fächer aus Frauenglas und Goldblättern des
fünffachen Lichtes.
In der von Fei-yuen verfassten Geschichte von Kuang-tscheu
heisst es:
In dem District Tseng-tsching findet man Frauenglas. Wenn
man dieses gegen die Sonne kehrt und bescheinen lässt, verbreitet es
hellen Feuerglanz.
In den Denkwürdigkeiten in Bezug auf Eintheilung der Länder
heisst es:
Der Berg Ting in Lang-ye bringt Frauenglas hervor.
Die Kunst der Vorbilder von Wang-kien-ping sagt:
Es gibt fünferlei Frauenglas. Ein jedes, dessen Farbe grün und
schwarz ist und das ungeordnete Streifen in fünf Farben besitzt,
heisst die Wolkenmutter.
Ist es weiss und etwas grün, so heisst es die Wolkenblüthe. Ist
es wie Wasser und Thau, dabei gelb und weiss, so heisst es der
Wolkensand. Dasjenige, bei welchem Grün und Hellroth gemengt
sind, heisst die Wolkenperle. Ist es gelb, weiss und hellroth, dabei
schwer und dick, so heisst es der Stein des Erstehens des Yang.
Dieses ist die Wurzel des Frauenglases. Hat es in der Mitte schwarze
Streifen gleich Kupfermünzen, so heisst es die Wolkengalle. Dieses
verletzt den Menschen und kann nicht als Arznei gebraucht werden
Die erste Gattung ist der Stein des Felsenwassers. Die zweite
Gattung ist die Wolkenmutter. Die dritte Gattung ist die Wolken-
*) SchT-hu, der sich selbst den Himmelskönig nannte, war ein Herrscher aus dein
Hause des späteren Tschao. Die Hauptstadt seines Reiches war Nie.
210
P fi z in aier
perle. Die vierte Gattung ist die Wolkenbliithe. Die fünfte Gattung
ist der Wolkenglanz.
Gebraucht man als Arznei den Stein des Felsenwassers, so ist
die Lebensdauer fünftausend Jahre. Gebraucht man als Arznei die
Wolkenmutter, so ist die Lebensdauer dreihundert Jahre. Gebraucht
man als Arznei die Wolkenbliithe, so ist die Lebensdauer tausend
Jahre. Gebraucht man als Arznei den Wolkenglanz, so ist die Be
wahrung mit Himmel und Erde gleich.
Der Edelstein Si-si.
In den vermischten Verzeichnissen des Hellen und Erhabenen
wird gesagt:
Der Kaiser errichtete in dem Palaste Hoa-tsing mehrere Zehende
von Häusern des beständigen warmen Wassers. Er baute ferner ge
firnisste Schiffe von Silber und Stahl, bei denen selbst die Ruder mit
Perlen und Edelsteinen verziert waren. Ferner häufte er in dem
warmen Wasser den Edelstein Si-si und das Agulholz und bildete
daraus Berge von der Gestalt der Inseln Ying-tscheu und Fang-
tschang.
Dieselben vermischten Verzeichnisse sagen:
Die vornehme Frau des Reiches Kue entriss dem Gescldechte
Wei das Wohnhaus und baute die Halle der Mitte. Als diese vollendet
war, berief sie die Handwerker und übergab ihnen für die Kellen
zweihundertmal Zehntausende. Nachdem sie den Preis bezahlt,
belohnte sie sie wieder mit zwei goldenen Weinbechern und drei
Nösseln Si-si.
In späterer Zeit hatte ein Sturm gewüthet, der Bäume ent
wurzelt und mit ihnen die Halle überdeckt hatte. Als mau hierauf
nachsah, war nicht das Geringste verletzt. Als man die Ziegel weg
nahm und sie betrachtete, fand man, dass überall hölzerne Ziegel
eingesetzt waren. Die bewerkstelligten feinen Ausbesserungen,
von denen in den Überlieferungen berichtet wird, sind alle von
dieser Art.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
211
Der Edelstein Yü-khi.
Das Schue-wen sagt:
Der Stein Yti *) ist dem weissen Edelsteine ähnlich.
Das Ni-ya sagt:
Die schönsten Edelsteine der östlichen Gegenden sind die Edel
steine Siün und Yü-khi von I-wu-liü 3 ).
Das Buch der Berge und Meere sagt:
Im Norden von Khai-ming findet sich der Yü-khi-Baum. Der
Yü-khi ist eine Art Edelstein.
Der Edelstein Lang-kan.
Das Hiao-king sagt:
Wenn der Geist der Götter sich ausbreitet, erhält der Lang-
kan Glanz.
Das Ni-ya sagt:
Die schönsten Edelsteine der westlichen Gegenden sind der
Khieu-lin und der Lang-kan des Kuen-lün.
Das Schue-wen sagt:
Der Lang-kan ist ein Stein, der mit dem weissen Edelsteine
Ähnlichkeit hat.
Die abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei sagen:
Das Beich des grossen Thsin bringt Lang-kan hervor.
Das Buch der Berge und der Meere sagt:
Im Osten von Khai-ming findet sich der Lang-kan-Baum. Auf
dem Berge Kuai-ho gibt es vielen Lang-kan.
Das Buch Kuan-tse sagt:
Die alte Stadt des Kuen-lün erschien nicht an dem Hofe. Man
bat, dass man aus Khieu-lin und Lang-kan Haarnadeln und Ohr
gehänge des Tributs verfertigen und Khieu-lin und Lang-kan im
Werthe von tausend Pfunden fordern dürfe. Man könnte dann be-
1 ) Yü ist so viel als die Zusammensetzung 1 Yü-khi, welches letztere jedoch von Ande
ren als eine Art hellrothen Edelsteines bezeichnet wird.
2 ) I-wu-liii heisst gegenwärtig ein Berg in Liao-tung.
212
P f i z m a i e r
wirken, dass der achttausend Weglängen messende Kuen-lün an
dem Hofe erscheine.
Das Buch Hoai-nan-tse sagt:
Die neunfach übereinander gethürmten Mauern des Kuen-lün,
der Lang-kan-Baum befindet sich in ihrem Osten.
In der Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen wird gesagt:
Zur Seite des Berges Kuen-liin befindet sich die Erdstufe des
Yao-Steines. Auf der Höhe derselben findet man die Edelsteine Lang-
kan und Khieu-lin. Wenn man diese siedet, kann man aus ihnen
Fett bereiten.
Das Buch Pen-tsao sagt:
Der grüne Lang-kan heisst auch die Rundscheibe der Perlen.
Das von Tschang-heng verfasste bilderlose Gedicht auf die
Hauptstadt des Südens sagt:
Als Kleinode reicht man Lang-kan. Von ihm erfüllt und über
gossen sind zahlreiche Gegenden i).
Das von Wang-yen-scheu verfasste bilderlose Gedicht auf die
Vorhalle des göttlichen Glanzes in Lu sagt:
Die dichtgedrängten Steine stellen sich in die Reihe mit dem
Lang-kan. Die Ohrgehänge von Edelstein verbreiten Edelsteinglanz
mit den Rundtafeln.
Das von Liü-schin verfasste bilderlose Gedicht auf den Morgen
nebel sagt:
Man beobachtet die Götter in Ying-tscheu 2 ), oder Lang-kan
auf den mehrfach gethürmten Mauern.
Der Edelstein Ho-tsi.
Das Scliue-wen sagt:
Ho-tsi ist der Edelstein Mei-kuei.
Die Sammlung der Auslaute sagt:
1) Dies bezieht sich auf die Verzierung: der Musikwerkzeuge, wobei man Gold, Silber
und Lang-kan verwendet.
2 ) Ying-tscheu. eine von Unsterblichen bewohnte Insel.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
213
Der Bergkrystall (lieu-li) ist die Perle Ho-tsi i).
In den alten Begebenheiten bezüglich des Kaisers Wn von Han
heisst es:
Der Kaiser errichtete ein Dach der Götter, das er mit dem
Edelsteine Ho-tsi ausbesserte.
In den Verzeichnissen von U heisst es:
In dem Districte Si-kiuen gibt es Ho-lsi, der gleich der Wolken
mutter. Derselbe ist doppelt und lässt sich öffnen. Er ist von Farbe
gelb und hat Ähnlichkeit mit dem Golde.
In den Berichten über merkwürdige Dinge von Nan-tscheu wird
gesagt:
Der Ho-tsi kommt aus dem Lande Thien-tschö. Er ist von Ge
stalt gleich der Wolkenmutter. Seine Farbe ist gleich derjenigen des
purpurnen Goldes. Wenn man ihn auseinander nimmt, so gleicht er
den Flügeln der Feldgrille. Legt man ihn zusammen, so ist er gleich
einem starken Seidenstoffe und doppelt.
Lasur.
Das Hiao-king sagt:
Wenn der Geist der Götter sich verbreitet, so kommt Lasur
zum Vorschein.
Das Kuang-ya sagt:
Was den Lasur betrifft, so gibt es hellgrünen Lasur und meer
grünen Lasur. Er kommt aus den Landschaften Sui und Yiin in Yue.
Das Schue-wen sagt:
Der Lasur ist unter den Steinen der schönste.
Das Buch der Han sagt:
Zu den Zeiten des Kaisers Siuen sagte Jemand, dass in Yi-
tscheu sich Götter des goldenen Pferdes und des lasurenen Huhnes a )
befinden. Man könne ihnen opfern und sie herbeischaffen. Demgemäss
entsandte man Wang-pao, der in den Händen ein Abschnittsrohr
hielt und sie begehrte.
*) Ho-tsi wird sonst auch als die aus den südlichen Gegenden stammende Feuerperle
bezeichnet.
2 ) Die Gestalt von Gold hatte Ähnlichkeit mit einem Pferde. Die Gestalt von Lasur
hatte Ähnlichkeit mit einem Huhne.
214
P f i l m a i e r
In den gereihten Jahren heisst es:
Im siebenten Jahre des Königs Hoei-tsching regnete es Lasur
in Ying.
In den alten Begebenheiten bezüglich des Kaisers Wu von Han
heisst es:
Der Kaiser errichtete ein Dach der Götter. Die Fussgestelle
und Tlniren waren sämmtlich von Lasurstein.
Die abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei sagen:
Das Reich des grossen Thsin bringt Lasur hervor.
Die Geschichte des Gebietes Tai-khang von Tsin sagt:
Der District Tsing-ling in Yün-nan bringt Lasur hervor.
Der Garten der Merkwürdigkeiten sagt:
In dem District Hoei-yuen, Provinz Yue-sui, befindet sich zur
Seite des Flusses Yuen-ma ein Tempel. In dem Flusse gibt es Lasur
und Perlen. Wenn man diese nimmt, ohne dass man den Göttern
opfert, so bringt es kein Glück.
Das Buch Tschuang-tse sagt:
Tschang-hung starb in Schi) und wurde begraben.' Sein Blut
verwandelte sich nach drei Jahren in Lasur <).
In den Erörterungen des kunstreichen Zeitalters heisst es.:
Der Lasur hat Ähnlichkeit mit dem Edelsteine. Bloss I-tün 3 )
unterscheidet es.
Das von Tschang-hang verfasste bilderlose Gedicht auf Yii-lie
sagt:
Er steigt auf das geschnitzte Vordach von dem Steine Yao und
von Lasur. Er pflanzt die Blumenfahne des ganzvollen Himmels.
Das von Tso-sse verfasste bilderlose Gedicht auf die Hauptstadt
von U sagt:
Purpurmuscheln, fliessendes Gelb, hellgrüner Lasur sind schlichte
Edelsteine.
*) Tschang-hung war redlich und wurde verbannt. Desswegen ging sein Blut nicht in
Fiiulniss über, sondern verwandelte sich in Lasur.
2 ) I-tün, ein durch seinen Reichthum berühmter Mann.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
215
Das von Tso-sse verfasste bilderlose Gedicht auf die Haupt
stadt von Scliö sagt:
Unter ihnen befinden sich grüne Perlen, gelbe Ringe, Pfeilspitzen
von Lasur und geläutertes Salz.
Das von Tschang-heng verfasste bilderlose Gedicht auf die
Hauptstadt des Südens sagt;
Meergrüner Lasur mit purpurnen Blüthen, grüne Schiffe mit
mennigrother Hirse.
In dem Schreiben Lieu-kuen’s an den Sohn des älteren Bruders
wird gesagt:
Der Schen-yü>) will nur Lasur erlangen. Du kannst nicht
anders als ihn unter Siegel übergeben.
Der Edelstein Min.
Das Li-ki sagt:
Tse-kung stellte an Khung-tse die Frage: Ich wage es, zu fra
gen, aus welchem Grunde der Weisheitsfreund den weissen Edelstein
schätzt, aber den Min verachtet. Ist es desswegen, weil die weissen
Edelsteine wenige, aber die Steine Min viele sind?
Khung-tse sprach: Es ist nicht der Fall, dass man den Min ver
achtet, weil es solcher Steine viele gibt, und dass man die weissen
Edelsteine schätzt, weil es deren wenige gibt, sondern die Weis
heitsfreunde verglichen ehemals die Tugend mit dem weissen
Edelsteine.
Das von Sse-ma-siang-ju verfasste bilderlose Gedicht aufTse-
siii sagt:
Die Edelsteine sind der Min, der Lin und der Kuen-ngu.
Der Edelstein Mö-nan.
Die Geschichte von Yuen-tschung sagt:
Der Mö-nan kommt aus dem grossen Thsin.
Die weitläufigen Denkwürdigkeiten sagen:
Die Perle Mö-nan ist von Farbe gelb, und sie wächst auf dem
Gebiete der östlichen Fremdländer.
Der Schen-yü ist der König- der Iliung-nu’s.
2 16
P f i z m a i e r
In den Denwürdigkeiten des südlichen Yue heisst es:
Der Mo-nan hat goldene Flügel und den Mund eines Vogels. Er
entsteht aus verdichtetem Schaume und ist eine Perle von der Farbe
des Lasurs. Die Menschen des Landes des grossen Thsin halten ihn
für ein Kleinod.
Der Edelstein Mei-kuei.
Das Kuang-ya sagt:
Wenn der Geist der Götter sich verbreitet und die hundert
Kostbarkeiten verwendet werden, so kommt Mei-kuei zum Vorschein.
In den-abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei heisst es:
Das Reich des grossen Thsin bringt Mei-kuei hervor.
In den von Puan-pieu an dem Hofe gemeldeten Dingen wird
gesagt:
Bei den Begräbnissen der Angestellten und des Volkes vergräbt
man Pferde, die mit Haar und Mähnen bedeckt sind, Hörner, Hufe
und Mei-kuei. Man sollte dies alles durch das Gesetz verbieten.
Das von Sse-ma-siang-ju verfasste bilderlose Gedicht auf Tse-
hiü sagt:
Die Steine daselbst sind hellrothe Edelsteine und Mei-kuei.
Der Schwerspath.
Das Kuang-ya sagt:
Der Schwerspath kommt im Range nach dem weissen Edelsteine.
In den Tafeln der kämpfenden Reiche wird gesagt
Si-men-piao war Befehlshaber von Nie. Wen, Lebensfürst von
Wei, sprach: Die Dinge haben oft mit anderen Ähnlichkeit, sind es
aber nicht. Weisse Knochen könnte man für Elfenbein halten. Der
Schwerspath hat Ähnlichkeit mit dem weissen Edelsteine.
Das Buch der Han sagt:
Die fünf Obergewaltigen verhalten sich zu den drei Königen
gleichsam wie der Schwerspath zu einem schönen Edelsteine.
Das Buch der Berge und Meere sagt:
Auf der Höhe des Berges Kuei-ki gibt es viele Steine Fu >)•
! ) Die Erklärung Kö-po’s sagt: Der Min-fu ist der heutige Wu-fu (derSchtverspath).
Derselbe hat Ähnlichkeit mit dem weissen Edelsteine. Der District Lin-siang in
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
217
Die weitläufigen Denkwürdigkeiten sagen:
Es gibt weissen und schwarzen Scliwerspath. Man verfertigt
daraus Handhaben und Fussgestelle.
Das von Tu-wan-nien verfasste bilderlose Gedicht über die
Beobachtung des Windes sagt:
Der Lebensfürst Tai-po-fu befahl mir, darüber ein bilderloses
Gedicht zu verfassen. Er weiss in Wahrheit, dass der Schwerspath
nicht von dem Geschlechte der Kostbarkeiten von King, und dass
Merkur und der Morgenstern nicht die Gefährten der leuchtenden
Gottheit.
Diamant *).
Die Erklärung der Thaten von Tsin sagt:
Im dritten Jahre des Zeitraumes Hien-ning (277 n. Chr.) über
sandte Tün-hoang an den Hof Diamanten. Dieselben sind die Gebieter
in der Mitte des Goldes und werden weder gewaschen noch
geschmolzen. Man kann mit ihnen Edelsteine zerschneiden. Sie kom
men aus dem Lande Thien-tscho.
Die Geschichte von Yuen-tschung sagt:
Der Diamant kommt aus dem Lande Thien-tscho und aus dem
Reiche des grossen Thsin. Man nennt ihn auch: das die Edelsteine
zerschneidende Messer. Derselbe zerschneidet die Edelsteine wie ein
eisernes Messer das Holz zerschneidet. Die grossen sind ungefähr
einen Schuh lang. Die kleinen sind gleich den Reiskörnern. Wenn
man Edelsteine schneiden will, muss man einen grossen goldenen
Ring verfertigen. Man hält diesen zwischen den Fingern der Hand
und öffnet seinen Rücken gleich einem Monde. Man schiebt das die
Edelsteine zerschneidende Messer in die Mitte des Ringes und schnei
det damit den Edelstein.
In den Denkwürdigkeiten von wunderbaren Dingen der südlichen
Landstriche heisst es:
Tschang-scha bringt ihn jetzt hervor. Er hat einen hellrothen Grund mit weissen
Streifen. Die Farbe ist lauchgrün und nicht deutlich geschieden,
l) Durch „Goldhärte“ oder „Goldstahl“ ausgedrückt, daher ursprünglich unter den
Metallen verzeichnet.
Sitzh. d. phil.-hist. CI. LVIII. Bd. III. Hft.
IS
P f i z m a i e r
2 IS
Der Diamant ist ein Stein. Seine Gestalt ist gleich einer Perle.
Er ist fest, scharf und ohne Regelmässigkeit. Die Menschen der aus
wärtigen Reiche liehen es, mit ihm Ringe zu verzieren und ihn zu
tragen. Man kann durch ihn Schädlichkeiten und Gifte vermeiden.
In den Denkwürdigkeiten des südlichen Yue heisst es:
Das Reich Po-lo-khi bringt Stahlperlen (d. i. Diamanten) hervor.
Ihr Schimmer erleuchtet die dunkle Nacht.
Die Geschichte von Lin-yi sagt:
Fan-ming-tä, König von Lin-yi, überreichte als ein Geschenk
Fingerringe von Diamanten.
Das Ruch Pao-pö-tse sagt:
In Fu-nan gibt es Diamanten, mit denen man Edelsteine schnei
den kann. Ihre Substanz hat Ähnlichkeit mit der Blüthe des purpur
nen Steines. Die Menschen der auswärtigen Reiche bewirken vor
geblich tausend Verzögerungen. Wenn sie zu dem hundertsten
Streifen 1 ) kommen, legen sie den Diamant in eine Schüssel. Sie
schlagen ihn mit einer eisernen Mörserkeule, sind aber nicht im
Stande, ihn zu beschädigen. Wenn man ihn mit einem Widderhorne
schlägt, so zergeht er wie Eis.
Das Gold und die Metallwerthe.
Das Schue-wen sagt:
Das Metall sind die Metalle der fünf Farben. Das gelbe Metall
ist unter ihnen das vorzüglichste. Lange Zeit vergraben, erhält es
keinen Überzug, durch Läuterung wird es nicht leichter. Will man
es umgestalten, so widerstrebt es nicht. Es ist der Grundstoff der
westlichen Gegenden und wächst in der Erde.
Das Buch der Schang sagt:
Das Metall a ) bewerkstelligt Loskauf von der Strafe.
In dem Tribute Yü's heisst es:
') Die Streifen oder der Schmuck ist die Schönheit bei einer Aufführung. So heisst
es in dem Buche der Gebräuche: Bei den Gebräuchen ist Verminderung und Vor
wärtsgehen. Das Vorwärtsgehen hält man für den Schmuck. Bei der Musik ist
Fülle und Rückwärtsgehen. Das Rückwärtsgehen hält man für den Schmuck.
2 ) Das Metall ist das Gold, das gelbe Metall.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
219
Der Landstrich Yang an dem Hoai und an dem Meere, sein
Tribut sind die drei Ordnungen des Metalls 1 ).
Das Hung-t’an sagt:
Der vierte der fünf Grundstoffe heisst Metall. Es lässt sich um
gestalten und bewerkstelligt das Scharfe von Geschmack.
Das Ni-ya sagt:
Das gelbe Gold nennt man Thang 2 ). Die schönste Gattung
nennt man Lieu 3 ). Das Gold in Kuchenform nennt man Fan (Gold
platte). Dasjenige von überaus frischem Glanze nennt man Sien. Der
schönste Gegenstand des Südwestens ist der Goldstein des blumigen
Berges.
In der ursprünglichen Geschichte von Thsin wird gesagt:
Im achtzehnten Jahre des Fürsten Hien regnete es Gold in
Ll-yang. Der Fürst erhielt dadurch die glückliche Vorbedeutung des
Goldes. Er errichtete desshalb den Erdwall von Feu in Lf-yang und
opferte daselbst dem weissen Kaiser.
Der Kaiser des Anfangs aus dem Hause Thsin wurde auf dem
Berge Li begraben. Man verfertigte Änten und Gänse aus gelbem
Golde 4 ).
Das Sse-ki sagt:
Wei-yang kam nach Thsin. Fürst Hiao ernannte Yang zum Vorge
setzten der unechten Söhne der Linken. Dieser beschloss zuletzt die
Veränderung der Gesetze. Er pflanzte einen drei Klafter hohen Baum
an dem südlichen Thore des Marktes der Hauptstadt des Reiches und
liess an das Volk eine Aufforderung ergehen, in welcher demjenigen,
der im Stande sein würde, den Baum an das nördliche Thor zu ver
setzen, fünfzig Pfunde Goldes versprochen wurden. Ein Mensch ver
setzte den Baum. Er gab ihm ohne Umstände fünfzig Pfunde Goldes,
um zu zeigen, dass er die Menschen nicht täusche.
1 ) Die drei Ordnungen des Metalls sind Gold, Silber, Kupfer.
2 ) Nach der Erklärung heisst Thang das schönste Metall, das von derselben Farbe wie
der weisse Edelstein.
3 ) Lieu heisst das purpurne geglättete Metall.
4 ) Aus der Geschichte von Thsin.
15*
220
P f i z m a i e r
Liü-pü-wei liess seine Gäste einzeln veröffentlichen, was sie
geschrieben. Er nannte das Werk den Frühling und Herbst des
Geschlechtes Liü. Er breitete es an dem Thore des Marktes von
Hien-yang aus und bängte tausend Pfunde Goldes darüber. Wer im
Stande sein würde, ein einziges Wort hinzuzusetzen oder zu streichen,
sollte die tausend Pfunde Goldes erhalten.
Hiang-yü ernannte Tschin-ping zum Landesherrn von Sin-wu.
Dieser machte einen Angriff auf Yin und kehrte zurück. Er wurde
zum Beruhiger der Hauptstadt ernannt und erhielt ein Geschenk von
dreissig Doppelpfunden Goldes. Es währte nicht lange, als Han das
Gebiet von Yin angriff und zur Unterwerfung brachte. Der König
von Hiang zürnte und wollte denjenigen, der Yin festgestellt hatte,
hinrichten lassen. Ping fürchtete sich, er versiegelte sein Gold und
gab das Siegel einem Abgesandten, der heimkehrte. Er selbst zog
unerkannt aus, verliess, auf sein Schwert gestützt, das Land und
setzte über den Fluss.
Der König von Han gab Tschin-ping viermal zehntausend Pfunde
Goldes, um dadurch ein Einverständniss mit Tsu zu unterhalten.
Weder der Landesherr noch die Diener fragten ihn, wenn er austrat
oder eintrat.
Das Buch der Plan sagt:
Als Kaiser Wen eben eingesetzt wurde, ernannte er Tschin-
ping zum Reichsgehilfen und Zweiten im Range. Er verlieh Ping tau
send Doppelpfunde Goldes und ein Lehen von dreitausend Thüren.
Als Iliao, König von Liang, am Leben war, wurde dessen Gold
nach zehntausendmal Zehntausenden gerechnet und war nicht zu
zählen. Als er starb, betrug das in den Kellern und Vorrathshäusern
übrige gelbe Gold noch immer über dreissigmal zehntausend Pfunde.
Tung-yen stand in Gunst bei der ältesten Kaisertochter von
Kuan tao. Ynen-scho von Ngan-ling sprach zu Yen: Ich sehe, dass
der Ahnentempel, der vollendet worden, entfernt ist und keinen
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes. 221
Palast des Nachtlagers besitzt. Warum sagst du nicht der Kaiser
tochter, sie möge den Garten des langen Thores dem Kaiser zum
Geschenk machen?
Der Gebieter Tung begab sich zu der Kaisertochter und sagte
es ihr. Die Kaisertochter machte den Garten dem Kaiser zum
Geschenk. Der Kaiser hatte daran grosses Wohlgefallen, er verän
derte den Namen des Ahnentempels und nannte ihn den Palast des
langen Thores. Die Kaisertochter war hierüber sehr erfreut. Sie gab
dem Gebieter Tung den Auftrag, Yuen-scho ein Geschenk von hun
dert Pfunden gelben Goldes auf dessen langes Leben zu machen.
Als Kaiser Wu eingesetzt wurde, sprach Luan-ta: Mein Lehrer
sagte: Das gelbe Gold kann man verfertigen, und den Fluss kann
man damit versperren.
Wei-tsing machte einen Angriff im Norden. Er befehligte eine
Heeresmenge von zehnmal zehntausend Kriegern. Die Kriegsmänner
welche den Feind angriffen, zersprengten, Häupter abschlugen und
Gefangene machten, erhielten zum Geschenk dreissigmal zehntausend
Pfunde gelben Goldes.
Lieu-siang führte den Jünglingsnamen Tse-tsching. Sein ur
sprünglicher Name ist Keng-seng. Zu den Zeiten des Kaisers Siuen
sagte Keng-seng, dass das gelbe Gold verfertigt werden könne. Der
Kaiser befahl den Vorstehern der Kunst, sich mit Schmelzen der
Metalle zu beschäftigen. Man verausgabte vieles, und die Kunst er
probte sich nicht.
Tsche-pü-I war ein Leibwächter. Unter den mit ihm dasselbe
Haus bewohnenden Leibwächtern war Einer, der meldete, dass er
beimkehren wolle, und der aus Irrthum das Gold eines dasselbe Haus
bewohnenden Leibwächters ergriff und sich entfernte. Der Besitzer
lenkte seine Gedanken auf Pü-I. Pü-I kaufte Gold und ersetzte es
ihm. Hierauf kam derjenige, der sich zur Heimkehr gemeldet hatte,
und gab das Gold zurück. Der Verlustträger war sehr beschämt.
222
P f i z m a i e v
Yueii-tsching, der jüngste Sohn Wei-hien's, wurde wieder,
weil er in den vorschriftsmässigen Büchern bewandert war, in meh
reren Reihenfolgen mit Ämtern betraut und gelangte zuletzt zu der
Würde eines Reichsgehilfen. Desswegen hatte man in Tseu und Lu
das Sprüchwort: Wenn man seinem Sohne einen ganzen Tragkorb <)
gelben Goldes hinterlässt, so ist dies weniger als ein einziges Buch.
Yün-ung-kuei starb, und in seinem Hause befand sich kein
übriges Gut. Der Ilimmelssohn hielt ihn für weise. Er schenkte dem
Sohne Ung-kuei's hundert Pfunde gelben Goldes, damit man das
Opfer darbringen könne.
Su-kuang übersiedelte und wurde der grosse Zugesellte. Scheu,
der Sohn seines älteren Bruders, wurde der kleine Zugesellte. Vater
und Söhne waren Vorgesetzte und Zugesellte, und sie baten, für ihre
Gebeine sorgen zu dürfen. Es wurde ihnen bewilligt, und der Kaiser
schenkte ihnen noch zwanzig Pfunde gelben Goldes. Der kaiserliche
Nachfolger schenkte ihnen fünfzig Pfunde.
Unter den Gütern von Thsin führte das gelbe Gold, das einen
Geviertzoll gross und ein Pfund schwer war, den Namen Yi 3 ). Man
hat keine Kunde, dass das Gold zu den Zeiten der Hia und Yin ein
Tauschmittel gewesen. Zu den Zeiten der Tseheu gab es gelbes Gold,
das einen Geviertzoll gross und ein Pfund schwer war. Desswegen
betrachtete man das Gold als Tauschmittel und Kostbarkeit. Zu den
Zeiten des Kaisers Wu richtete Wei-tsing einen Angriff gegen die
Hiung-nu’s, wobei er Häupter abschlug und Gefangene machte. Er
erhielt ein Geschenk von zwanzig Pfunden gelben Goldes.
*) Ju-tschiin sagt: Der Tragkorb (ying) ist ein aus Bambus verfertigtes Geräth, das
drei bis vier Nüssel fasst. Gegenwärtig ist es in Tsehin-lieu Sitte, sich dieses
Geräthes zu bedienen.
Tsai-mu sagt: Ein ganzer Tragkorb bezeichnet bloss eine sehr grosse Menge,
es steht hier nicht der Name eines Geräthes. Was die Berufung auf die Sitte von
Tschin-lieu betrifft, so bin ich ein Eingeborner von Tschin-lieu, habe aber von
diesem Geräthe nichts gehört.
2 ) YT, ein grosses oder Doppelpfund, waren zu den Zeiten von Thsin zwanzig Liang
(Tael), später vier und zwanzig Liang.
Beiträge zur Gesehichle der Edelsteine und des Goldes.
223
Als Wang-wang geschlagen wurde, befand sieb in dem abge
sonderten Theile des Palastes eine einzige Kiste mit zehntausend
Pfunden gelben Goldes. Man schätzte sie auf sechzig Kisten.
Das Buch der fortgesetzten Han sagt:
Yang-schin war Statthalter von Tung-lai, als sein Weg ihn einst
nach Tschang-yi führte. Sellin hatte früher die durch grosse Bega
bung ausgezeichneten Menschen befördert, und Wang-mi wurde da
mals Befehlshaber von Tschang-yT. Dieser meldete sich zu einem
Besuche. Mit Einbruch der Nacht nahm er in den Busen zehn Pfunde
Goldes und machte sie Schin zum Geschenk.
Schin sprach: Wie kommt es, dass ich, der alte Bekannte, dich
kenne, du aber mich, den alten Bekannten, nicht kennst?
Mi sprach: Am Abend, in der Nacht ist niemand, der es weiss.
Schin sprach: Der Himmel weiss es in seiner Göttlichkeit, du
weisst es, ich weiss es; wie kannst du sagen, dass man es nicht
weiss ?
Mi schämte sich und ging fort.
Tschang-hoan wurde zu einem die abhängigen Beiclie feststel
lenden Beruhiger der Hauptstadt befördert. Die Gewaltigen und An
führer von Kiang waren von der Güte und Tugend Hoan’s gerührt
und verehrten ihm zwanzig Pferde. Die Häupter und Ältesten von
Sien-ling übermittelten ihm ein Geschenk von acht goldenen Schilden.
Hoan nahm dieses an und berief den Vorsteher der Register. In
Gegenwart der Bewohner von Kiang goss er jetzt auf die Erde Wein
als Opfergabe und sprach: Ich bewirke, dass die Pferde gleich Schafen
nicht in den Pferdestall gelangen. Ich bewirke, dass das Gold gleich
Hirse nicht in den Busen gelangt. — Er gab ihnen das Gold und die
Pferde vollständig zurück.
Das von Sie-sching verfasste Buch der späteren Han sagt:
Tschang-tai von Yü-tschang führte den Jünglingsnamen
Tschung-tsung. Er war Statthalter von Kuang-ling und erhob die
durch Liebe zu den Eltern ausgezeichneten Söhne. U-fung liebte die
Eltern und war uneigennützig. Er bezeigte seine Hochachtung durch
224
P f i z m a i e r
ein Ehrengeschenk. Tai versperrte das Thor und nahm es nicht an.
Fung füllte das Gold in einen Sack, warf es in den Garten Tai’s und
reiste ab. Tai liess ihm nachsetzen, aber man erreichte ihn nicht.
Das als Ehrengeschenk verwendete Gold gelangte nach Kuang-ling,
und man gab es Fung zurück.
Lui-I führte den Jünglingsnamen Tschung-kung. Er half immer
den Menschen, welche sich eines todeswürdigen Verbrechens schul
dig gemacht hatten. Später bezeugte man ihm seinen Dank durch
zwei Pfunde Goldes. I nahm das Gold nicht an. Der Besitzer wartete
die Zeit ab, wo I nicht zu Hause war, und warf das Gold leise auf
den Staubbehälter. Als später das Dach gedeckt und ausgebessert
wurde, fand man das Gold. Der Besitzer war bereits gestorben.
I liess es dem Districte zukommen.
Die von Tschang-fan verfasste Geschichte der Han sagt:
Der Statthalter von Yung-tschang goss eine goldene Schlange
und machte sie Liang-ki *) zum Geschenk. Tschung-kao, der ste
chende Vermerker von Yl-tscheu, entdeckte die Sache.
Das Buch der späteren Han sagt:
Im Anfänge des Zeitraumes Tschung-hing =) lebte eine Mutter
von dem Gesehlechte Ying. Sie gebar vier Söhne und wurde Witwe.
Sie gewahrte einen göttlichen Glanz, der den Altar erleuchtete. Als
sie nachsah und suchte, fand sie gelbes Gold. Von nun an traten die
Söhne in Dienste und hefassten sich mit Lernen. Sie besassen Gaben
und ihr Name wurde bis auf Yang s) durch sieben Nachfolgen
bekannt.
Dasselbe Buch der späteren Han sagt:
Aus Yi-tscheu kommt Gold und Silber.
*) Liang-ki, ein Feldherr der späteren Han, befand sich eine Zeitlnng im Besitze der
höchsten Gewalt.
2 ) Der Zeitraum Tschung-hing (oOi bis 502 n. Chr.) ist nur in der Zeitrechnung des
Hauses Wei enthalten, kommt aber bei den späteren Han nicht vor.
3 ) D. i. Ying-yang.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
225
In den abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei heisst es:
Tien-yü war Statthalter von Ping-tscheu. Ein Abgesandter von
Hu nahm heimlich in den Busen dreissig Pfunde Goldes und sprach:
Dieses machen wir dir zum Ehrengeschenk. — Yii breitete den
Ärmel aus und empfing es. Er antwortete in dem Sinne, dass dies
etwas Bedeutendes. Als der Abgesandte von Hu sich entfernt hatte,
gab er alles in fremde Hände und sorgte dafür, dass der Sachverhalt
bekannt wurde.
Hierauf erfolgte eine höchste Verkündung, die sein Lob aus
sprach und worin es hiess: Einst öffnete Wei-kiang den Busen und
nahm die westlichen Fremdländer auf. Du aber hast den Ärmel er
hoben, um das Gold der nördlichen Fremdländer zu empfangen. Ich,
der Kaiser, billige dies sehr.
Dieselben abgekürzten Denkwürdigkeiten von Wei sagen:
Das Reich des grossen Thsin bringt Gold hervor. Man webt
aus ihm Vorhänge.
In den Denkwürdigkeiten von Wei heisst es:
In dem Districte Fan-tschang erzeugte die Mitte der Steintafel
Scheu-schen’s Gold. Man übersandte sie mit einer Denkschrift an den
Kaiser. Sämmtliche Diener wünschten Glück.
In den Denkwürdigkeiten von Scho heisst es:
Der frühere Gebieter beruhigte Scho. Er verlieh Kö-liang und
Anderen mehrere hundert Pfunde Goldes.
Das von Wang-yin verfasste Buch von Tsin sagt:
Im Anfänge des Zeitraumes Yung-kia (307 bis 312 n. Chr.) er
zeugte in dem Districte Hiang, Reich Tscliin, die Mitte der Stein
tafel Ku-kuei’s Gold. Die Menschen stahlen es, indem sie Stücke
abmeisselten, und verkauften es. Nachdem sie es verkauft hatten,
wuchs es von Neuem. Dies war das glückliche Zeichen von
Kiang-tung.
In demselben von W T ang-yin verfassten Buche von Tsin, in der
Erklärung derThaten des Zeitraumes Hien-ning (275 bis 279 n. Chr.),
ist die Angabe enthalten, dass die Provinz Tün-hoang Gold als Ehren
geschenk brachte. Die Mitte der Wasserhöhlen erzeugte Gold, das
220
P f i 7. in a i e r
durch Läuterung im Feuer nicht schmolz. Man konnte damit Edel
steine zerschneiden *).
Das von Wang-yin verfasste Buch der Tsin sagt ferner:
Po-yang und Lö-ngan bringen gelbes Gold hervor. Man gräbt
die Erde zehn Klafter tief auf und wühlt in dem Sande. Unter dem,
was man findet, sind die grossen Stücke gleich einer Bohne, die
kleinen gleich den Körnern der grossen Hirse. In der südlichen Land
schaft, im Süden von Siang-lin, sind vier Reiche, deren Bewohner
sich für Menschen von Han ausgeben. Sie bringen als Tribut Gold
und entrichten dieses als Abgaben.
In den nachträglichen Wanderungen durch Tsin heisst es:
Er 2) setzte die Königin von dem Geschlechte Ku in einen
Hirschwagen und begab sich mit ihr in die Feste Kin-yung. Daselbst
verzehrte sie Goldpulver und starb.
Das Buch der Tsin sagt:
Als Tan, König von Tsing-ho, noch ein Sohn der Geschlechts
alter von Tsing-ho war, wuchsen die goldenen Glöckchen, die er an
dem Gürtel trug, plötzlich und erstanden unmerklich wie bei Hanf
und Hirse. Seine Grossmutter, die Königin von dem Geschlechte
Tschin, hielt dies für unglückbringend. Sie zerstörte sie und ver
kaufte sie. Da nach der Wahrsagung das Gold die glückliche Vor
bedeutung des Fortschreitens und der grossen Erhebung von Tsin,
und Tan die erhabene Beglaubigung ist, so ist es dessen Glücks
zeichen. Dass man es zerstört und verkauft, ist als Bild ein Beweis,
dass Tan die Absetzung erfahren und kein gutes Ende nehmen wird.
In der Erklärung der Tliaten des Zeitraumes Yung-ho (345 bis
356 n. Chr.) von Tsin heisst es:
Lu-yung, Statthalter von Lu-kiang, überreichte eine Denkschrift,
worin er sagte, dass er im Norden der Feste Kö, an dem steilen Ufer
des Flusses einen purpurnen und hellrothen Glanz gesehen und ein
Stück Gold gefunden habe, dessen Zeichnung gleich den Zähnen
eines Siegels gewesen.
Das Buch der Sung sagt:
*) Hier scheint eine Verwechslung mit dem Diamanten, der allgemein „die Goldhärte“
(kin-kang) genannt wird, stattzufmden.
2 ) Lim, König von Tschao. Derselbe tödtete im ersten Jahre des Zeitraumes Yung-khang
(300 n. Chr.) die Königin von dem Geschlechte Ku.
Beitrüge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
TI 7
Yen-hoei war der oberste Buchführer für die Abtheilung der
Angestellten. Ein Mensch bewarb sieb um ein Amt. Derselbe verbarg
in dem Ärmel eine Platte Gold und verlangte eine Unterredung ohne
Zeugen. Er zog das Gold hervor und zeigte es mit den Worten: Es
ist niemand, der es weiss.
Yen-hoei sprach: Wenn du geeignet bist und das Amt erhältst,
so brauchst du dich dieses Dinges nicht zu bedienen. Soll dir aber
das Amt durchaus gegeben werden, so kann ich nicht umhin, mit dir
eine Probe anzustellen.
Dieser Menscb fürchtete sich sehr, er packte das Gold und ent
fernte sieb. Yen-hoei entdeckte die Sache, aber er nannte keinen
Namen, und dieser war keinem Zeitgenossen bekannt.
In den Geschichtschreibern des Südens wird gesagt:
Tschü-nung, König des Reiches Fu-nan in Nan-hai, starb, und
sein Sohn Yang-mai wurde eingesetzt. Als Yang-mai sich noch im
Mutterleibe befand, träumte seiner Mutter, dass sie ein Kind gebar
und dass ein Menscb ihm eine goldene Matte lieh. Die Farbe der
selben war glänzend und lieblich. Die östlichen Fremdländer bezeich
nen das reinste Gold mit dem Namen Yang-mai, und es ist dies das
selbe, was man in dem mittleren Reiche „das purpurne und geschlif
fene“ nennt. Nach diesem gab man dem Sohne den Namen.
Im zweiten Jahre des Zeitraumes Yung-thsu von Sung (421 n.
Chr.) schickte das Reich einen Gesandten mit Tribut und Geschenken.
Man ernannte Yang-mai zum Könige Lin-yi.
Das Buch der Sung sagt:
Wu, Kaiser von Tsi, kam gewöhnlich in das Haus Lieu-tsiün’s
und legte sich daselbst am Tage nieder. Als er erwachte, reichte ihm
Tsiün ein goldenes Waschbecken, das vier Ganting fasste, und liess
ihn in ihm die Hände waschen. Bei diesem Anlasse gab er es dem
Kaiser.
Das Buch der Tsi sagt:
Wenn derjenige, der als König herrscht, von grösster Eltern
liebe erfüllt ist, so kommt der goldene Wagen zum Vorschein. Wenn
derjenige, der als König herrscht, die vollkommene Tugend besilzt,
228
P f i z in a i e r
so schwimmt der Goldsaft auf dem rückwärts gelegenen Teiche. In
Lin-yi zeigte sich Goldsaft, der in den Flussarm floss.
Dasselbe Buch der Tsi sagt:
Wu, Kaiser von Liang, griff in Siang-yang zu den Waffen.
Siao-ying-tscheu folgte seinem Beispiele mit King-tscheu. Um diese
Zeit hatten die Bonzen des Klosters von Tschang-scha aus gelbem
Golde einen Drachen im Gewichte von mehreren tausend Tael ge
gossen. Sie vergruben ihn in die Erde und hinterliessen und überlie
ferten ihn gegenseitig. Sie gaben vor, dass es gelbes Eisen der nie
deren Gegenden sei. Ying-tscheu nahm bei dem Anlasse diesen Drachen
weg und deckte dadurch die Bedürfnisse des Heeres.
Das Buch der Liang sagt:
Ki, König von Wu-ling, hielt Scho nieder. Nachdem er im Osten
herabgestiegen, machte er aus einem Pfunde gelben Goldes einen
Kuchen. Hundert Kuchen machte er zu einer Unterstützung, so dass
zuletzt hundert Unterstützungen waren. Bei Silber nahm er das Fünf
fache. Andere Gegenstände, wie goldgestickte Seidenstoffe und
härene Teppiche, erhielten dieselbe Benennung. So oft er eine
Schlacht lieferte, hängte er das Gold auf und zeigte es den Anfüh
rern und Kriegsmännern. Er gab durchaus keine Belohnungen und
Geschenke.
Dasselbe Buch der Liang sagt:
Ying, der Sohn des Königs Tu von Lu-ling, war nicht gütig.
Nach dem Tode des Königs kam er in die Büstkammer und musterte
die kostbaren Gegenstände. Als er das gediegene Gold sah, fragte er
die Leute seiner Umgebung: Kann man dieses essen oder nicht? —
Sie antworteten: Man kann es nicht. — Ying sprach: Da man es
nicht essen kann, so lasse ich euch Alle betteln gehen.
In den Geschichtschreibern des Südens heisst es:
In dem Reiche Lin-yi gibt es einen Berg, der ganz von hell-
rother Farbe ist. Das Innere desselben erzeugt Gold. Das Gold
kommt in der Nacht hervor und fliegt, von Gestalt den Feuerfliegen
gleich, umher.
In denselben Geschichtschreibern des Südens wird gesagt:
Pin, der Enkel Kien-fä-tsung’s befasste sich mit Gängen. Die
Bezirksgenossen priesen seine Rechtschaffenheit. Er begab sich
Beitrüge zur Geschichte (1er Edelsteine und des Goldes.
229
gewöhnlich mit einem Bündel Hanfleinwand in die Landschaft. In der
Rüstkammer des Klosters von Tschang-sclia versetzte er es gegen
Kupfergeld. Später löste er die Hanfleinwand aus und kehrte zurück.
In dem Bündel Hanfleinwand fanden sich fünf Tael Goldes. Er
wickelte es in ein Taschentuch.
Pin hatte Gelegenheit, es in die Rüstkammer des Klosters zurück
zubringen. Die Menschen des Weges des Gesetzes waren sehr er
schrocken. Sie sagten, dass vor kurzem ein Mensch dieses Gold
gegen Kupfermünzen versetzt habe. Sie wären um diese Zeit beschäf
tigt gewesen, wären nicht dazu gekommen, es aufzuheben, und hätten
es versäumt, darüber zu verfügen. Jetzt sei es möglich, dass es
zurückgegeben werde.
Sie wollten ihm ohne weiteres die Hälfte des Goldes als ein
Geschenk für zehnmaliges Kommen und Gehen eines Gastes über
lassen. Pin weigerte sich beharrlich, es anzunehmen und sprach:
Im fünften Monate des Jahres öffnet man den Schafpelz und trägt
auf dem Rücken Brennholz. Wie sollte dies derjenige sein, der das
verlorene Gold aufliest? — Er gab schliesslich das Gold zurück.
Wu, Kaiser von Liang, hörte dieses zu einer Zeit, wo er noch
Leinenkleider trug. Als er die Füsse auf das Glück setzte, ernannte
er Tsao, Lehensfürsten von Si-tschang, zum stechenden Vermerker
von Yi-tscheu. Hierauf ernannte er Pin zu einem die Geschäfte ein
tragenden Angestellten des Versammlungshauses der Obrigkeiten.
Als bei dem dreifachen Kriegsheere der Befehlshaber des Distric-
tes Tai-pi ausrücken sollte, standen in einer Reihe mit ihm fünf
Männer. Der Kaiser ermahnte diese zu Uneigennützigkeit und Sorg
falt. Als er zu Pin gelangte, sagte er blos: Du hast einst schön ge
handelt, indem du das Gold zurückgabst. Desswegen brauche ich diese
Worte nicht zu wiederholen, um dir es aufzutragen. — Hierdurch
gewann sein vortrefflicher Name an Glanz.
Das Buch der Tschin sagt:
Ngeu-yang-wei befand sich in Ling-nan. Yuen-tan-scheu, der
stechende Vermerker von Kiao-tscheu, vertraute Wei insgeheim fünf
hundert Tael Goldes an. Er hiess ihn hundert Tael Kung, dem Statt
halter von Hö-pu, zurückgeben und vierhundert Tael Ni-tschi-khiü
einhändigen. Die übrigen Menschen durften nichts davon wissen.
Wei ward unterdessen durch Siao-pö geschlagen, und seine Barschaft
230
lP f i z m a i e 1'
und seine Güter gingen zu Ende. Bloss das ihm anvertraute Gold war
noch unversehrt. Auch Tan-scheu starb in der Zwischenzeit, und
endlich gab es Wei, bei beiden sein Versprechen haltend, zurück.
Alle Zeitgenossen priesen ihn laut und zeigten sich unterwürfig.
Die in dem von Thsui-hung verfassten Frühling und Herbst
der sechzehn Reiche enthaltenen Verzeichnisse der späteren Tschao
sagen:
Im eilften Monate des ersten Jahres des Zeitraumes Kien-wu
(494 n. Chr.) fiel kein Schnee. Bis zu dem achten Monate des zwei
ten Jahres stieg das Getreide hoch im Preise. Ein Pfund Goldes hatte
den Werth von zwei Ganting Reis.
Die in demselben Werke enthaltenen Verzeichnisse der früheren
Yen sagen;
Fan-tschao führte den Jünglingsnamen Sse. Sein Vorfahr war
ein Eingeborner von Tün-hoang. Als Vorsteher der Register von
Pl-tscheu richtete er die Gedanken auf die Zurechtstellung Unrechter
Dinge. Unter den Menschen von Scliin-tai war Einer, der in der
Nacht gegen Tschao sich mit gelbem Golde dankbar bezeigte. Tschao
gab ihm einen Verweis und schickte ihn fort.
Das Buch der späteren Wei sagt:
Tschao-jeu führte den Jünglingsnamen Yuen-schün. Er war
einst unter Weges und fand das von einem Menschen verlorene Gold
und eine Schnur Perlen. Der Werth des Ganzen betrug hundert
Seidenstoffe. Feu rief den Besitzer und gab es ihm zurück.
Siin-khieu führte den Jünglingsnamen Yuen-king. Er war in
dem Heere einer der Vorsteher der Pferde. Als Tai-wu die Länder
He-lien-tschang’s 1 ) beruhigte, führte er die Befehlshaber in die Ver
sammlungshäuser und Keller dieses Herrschers und hiess einen
jeden nach Belieben Gold und Edelsteine nehmen. Die Anführer
nahmen diese Gegenstände und füllten ihren Busen. Khieu allein
nahm nichts. Der Kaiser fasste ihn hei der Hand, suchte in eigener
1 ) Tai-wu, Kaiser von Wei, schlug im vierten Jahre des Zeitraumes Schi-kuang (427
n. Chr.) das Heer von Hia. He-lien-tsehang* der sich Kaiser von Hia genannt
hatte, verliess das Land.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
231
Person nach Gold und schenkte es ihm. Dabei sprach er zu ihm: Du
hist beim Anblick von Gütern uneigennützig. Dass ich, der Kaiser,
das Geschenk vermehre, ist desswegen, weil ich deine Uneigennützig
keit allen Menschen bekannt geben will.
Tuan-hoei ging durch Vermittlung Mu-yung-kuei’s zu Wei über.
Als Tai-wu nach Tschang-ngan kam, machte jemand die Angabe,
dass Hoei nach Süden entfliehen wolle. Er habe gesagt, dass er Gold
in den Sattel gelegt habe. Der Kaiser schickte insgeheim hin und
liess nachsehen. Es verhielt sich wirklich, wie der Angeber gesagt
hatte. Er liess ihn auf dem Markte enthaupten.
Li-ngan-schi war der den Gästen Vorgesetzte Befehlshaber. So
oft Gesandte von Kiang-nan ankamen, schaffte er in grossen Mengen
die im Innern der Aufbewahrungsorte befindlichen kostbaren Gegen
stände hervor und hiess diejenigen reichen Leute der Hauptstadt,
welche sich gern unterwürfig benahmen, sie veräussern. Dabei hiess
er die Gesandten nach ihrem Belieben Tauschhandel treiben.
Um diese Zeit kam Lieu-tsan von Tsi in die Bude des Goldes
und der Edelsteine und fragte um die Preise. Tsan sprach: Das Gold
und die Edelsteine der nördlichen Gegenden sind zu gemein. Es
sollen solche Gegenstände sein, die den Bergen und den Flüssen ent
stammen.
Ngan-schi sprach: An dem höchstweisen Hofe schätzt man nicht
das Gold und die Edelsteine. Aus diesem Grunde haben sie gleichen
Werth mit Ziegeln und Kies. Ferner steht die erhabene höchste
Tugend im Verkehr mit dem Lichte der Götter, und die Erde geizt
nicht mit den Kostbarkeiten. Desswegen findet sich in den Flüssen
kein Gold, in den Bergen finden sich keine Edelsteine.
Tsan war anfänglich Willens, in grossem Massstabe einzukaufen.
Als er die Antwort Ngan-schi's erhielt, schämte er sich und stand
davon ab.
Das Buch der späteren Wei sagt ferner:
Die Feste des Reiches Feu-ho hat im Umfange siebenzig Weg
längen. Der König des Reiches besitzt eine Vorhalle von gelbem
232
Pfizmaier
Gokle. An dem Fusse der Vorhalle befinden sich sieben Kameele, die
drei Schuh hoch sind.
Das Reich Po-teu bringt Gold und Silber hervor. Die Reiche
Ho-keu und Kiang bringen Gold und Perlen hervor.
In den Geschichtschreibern des Nordens wird gesagt:
Li-yeu-lien von Tsi hatte in seiner Jugend wenige Wünsche.
Als er noch ein Knabe war, that er das nicht, was die Hausgenossen
begehrten und um was sie baten. Desswegen übergab man ihm einst
Gold und Kostbarkeiten. Er nahm dies durchaus nicht in Empfang,
und als man es ihm aufdrang, schleuderte er es ohne weiteres zu
Boden.
Später wurde er stechender Vermerker von Nan-tsing-tscheu.
Siü-kien, der Vorsteher der Register, war reich und erlaubte sich
Bedrückungen und Eingriffe. Die verschiedenen Lenkungen waren
nicht im Stande, es ihm zu wehren. Yeu-lien war eben erst ange
kommen und liess ihn, weil er etwas verbrochen hatte, aufgreifen
und binden. Kien setzte sich insgeheim mit ihm in Verkehr und bot
ihm aus der Ferne hundert Stäbe gelben Goldes und zwanzig Sclaven
und Sclavinnen. Yeu-lien nahm dies nicht an und liess ihn hierauf
hinrichten.
In denselben Geschichtschreibern des Nordens heisst es:
Sui machte der Kaiserin ein Geschenk mit San-ling. Später
bestimmte der Kaiser zum Geschenk für Yang-su *) eine goldene
Schüssel, welche mit Gold gefüllt war, ferner eine silberne Schüssel,
welche mit Perlen gelullt war.
Das Buch der Sui sagt:
Der Kaiser betheilte den Fürsten von dem Geschlechte Wang
und die unter diesem stehenden Männer mit Geschenken für das
Pfeilschiessen. Der Pfeil Wang-su’s war der erste. Der Kaiser er
fasste mit der Hand die von den auswärtigen Reichen als Geschenk
dargebrachten grossen Schüsseln von reinem Golde, deren Werth
zehntausendmal zehntausend Kupferstücke betrug, und schenkte
sie ihm.
Yang-su war ein Heerführer des Hauses der Sui.
Beitrüge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
238
Das Buch der Thang sagt:
Tai-tsung sprach zu den ihm aufwartenden Dienern: Dass Was
ser und Trockenheit nicht geregelt sind, ist desswegen, weil der
Gebieter der Menschen die Tugend ausser Acht lässt. Meine, des
Kaisers, Tugend wird nicht geübt, und der Himmel muss mich, den
Kaiser, zur Rede stellen. Was sollten die hundert Geschlechter des
Volkes verbrochen haben? Es sind aber noch viele elend und hilllos,
ich habe gehört, dass es Leute gibt, welche ihre Söhne und Töchter
verkaufen. Ich, der Kaiser, hin darüber sehr betrübt.
Er entsandte hierauf den die Stelle eines kaiserlichen Vermerkers
bekleidenden Grossen Tu-yen mit dem Aufträge, sämmtliche Land
schaften innerhalb des Grenzpasses zu bereisen. Indem er das Gold
und die Kostbarkeiten der kaiserlichen Kammern hervornahm, kaufte
er die Söhne und Töchter los und schickte sic den Eltern zurück.
In dem Zeiträume Yuen-khai (713 bis 741 n. Chr.) war Tu-sien
ein leitender und untersuchender kaiserlicher Vennerker. Er reiste
zu den Hinterhalten und Aufstellungen des Westens. Die Menschen
des Geheges schickten ihm Gold, das sie ihm zum Geschenk machten.
Sien entschuldigte sich bei dieser Gelegenheit und nahm es nicht
an. Die Leute seiner Umgehung waren der Meinung, dass man die
Zuneigung der Menschen des Geheges nicht verlieren dürfe. Sien
nahm es jetzt an und vergrub es unter dem Zelte. Als er die Gränze
überschritten hatte, liess er die beschriebene Tafel überführen und
gab Befehl, das Gold wegzunehmen.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Tsching-yuen (783 n. Chr.),
im vierten Monate des Jahres, wurde I-meu-tsin, König von Nan-
tschao <), mit seinen Häuptern und Ältesten in dem Rathe einig. Er
schickte Tschao-mo-lo, Mei-yeu und Nan-ngan als Gesandte. Diese
drei Gesandten brachten ein Schreiben an Wei-kao 2 ). Ein jeder von
ihnen hielt in der Hand ein Geschenk von rohem Golde und Zinnober.
Sie theilten das Schreiben, das Kao früher Meu-tsin übergeben hatte,
in drei Theile, und jeder von ihnen erfasste einen Theil zur Beglau
bigung, dass man in dem Jahre dreimal in die Mutterstadt kommen
werde. Ausserdem sagten sie: Meu-tsin bittet, dass er dem grossen
!) Nan-tschao war ein Ileicli der südliehen Fremdländer.
~) Wei-kao war ein Heerführer der Thang - .
Sitzb. (1. pliil.-bist. CI. LVIII. B(l. III. Hfl. 10
234
P f i z m a i e r
Reiche sich anschliessen und ewig der Diener des Gesetzes sein
dürfe. Durch das rohe Gold, das er als ein Geschenk reicht, gibt er
zu verstehen, dass die der Umgestaltung zugewendete Gnade fest wie
das Gold ist. Der Zinnober zeigt nur, dass sein Herz aufrichtig ist 4 ).
Der Kaiser billigte dieses und verlieh Meu-tsin ein Schreiben
der höchsten Verkündung.
Wei-tschl-I war um diese Zeit ein die Würde eines Han-lin
bekleidender Mann des Lernens. Er nahm Geschenke der Erkennt
lichkeit an. Ein Mensch begehrte eine Prüfungsclasse, womit Hia-
king nicht einverstanden war. Tschi-I suchte in dem Busen, nahm
Gold hervor und liess es in den Ärmel Hia-king’s gleiten.
Hia-king erschrack und sprach: Ich und du, wir stützten uns
auf die Tugend der früheren Menschen und brachten den Namen und
die Stufe zu Wege. Es ist ein Glück, dass jeder von uns bereits
durchgedrungen. Wie kann man auf diese Weise handeln?
Er zerriss den Busentheil des Kleides, drehte den Ärmel und
entfernte sich. Tschi-I war sehr beschämt.
Das Buch Kuan-tse sagt:
Die Edelsteine kommen von dem Berge Yü-schi. Das Gold
kommt aus dem Ju und dem Han. Die Perlen kommen von Tschi-ye.
Diese Kostbarkeiten sind von einander siebenzig Weglängen entfernt.
Thang kaufte mit dem Golde des Berges Tu die Söhne, welche das
Volk verkauft hatte, los. Yü kaufte mit dem Golde des Berges Li
die Söhne, welche man verkauft hatte, los.
Die Perlen von Kiang-yang sind die einzig schönen in der Welt.
In der Höhe gibt es Zinnober, in der Tiefe gibt es gelbes Gold. In
der Höhe gibt es Magnet, in der Tiefe gibt es Kupfer. In der Höhe
gibt es Steinmassen, in der Tiefe gibt es Blei und Zinn. In der
Höhe gibt es Mennig, in der Tiefe gibt es Eisen.
Der Berg Kö-lu wurde eröffnet und man förderte das Metall zu
Tage. Tschi-yeu nahm es und verfertigte daraus Panzer. Der Berg
Yung-hu wurde eröffnet und man förderte das Metall zu Tage. Tschi-
yeu nahm es und verfertigte daraus Hakenlanzen. In Tsu findet sich
das gelbe Gold des Ju und Han.
*) Die Aufrichtigkeit des Herzens wird hier durch „das Herz ist roth“ ausgedrückt.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
Fürst King liess Schuhe mit Bändern von gelbem Golde verfer
tigen. Man war kaum im Stande, sie zu heben.
Das Buch Lie-tse sagt:
Das Buch Yen-tse sagt:
In Tsi war ein Mensch, der Gold zu haben wünschte. An einem
hellen Morgen kleidete er sich an, bedeckte sich mit der Mütze und
ging auf den Markt. Als er zu dem Standplatze der Goldverkäufer
kam, packte er das Gold und entfernte sich. Die Angestellten ertapp
ten und ergriffen ihn. Sie richteten an ihn die Frage: Die Menschen
sind anwesend, und du packst das Gold der Menschen. Warum thust
du dieses? — Er antwortete: Als ich das Gold wegnahm, sah ich
nicht die Menschen, ich sah blos das Gold.
Das Buch Lu-lien-tse sagt:
Tlisin belagerte Han-tan in Tschao. Wei entsandte den Heer
führer Sin-yuen-yen. Derselbe kam nach Han-tan und hiess Tschao
das Reich Thsin durch Anerkennung der Kaiserwürde ehren. Lien-tse
hielt eine Rede und man stand davon ab. Als das Heer von Thsin
sich zurückzog, bestimmte der Landesherr von Pieng-yuen tausend
Pfunde Goldes zum Geschenk auf das lange Leben des Meisters.
Dieser lachte und sprach: Wenn ich es sofort nehme, so ist es ein
Geschäft der Kaufleute. Ich bringe es nicht über mich, dies zu tliun.
Das Buch Han-tse sagt:
Lu-tan hielt dreimal eine Rede vor dem Landesherrn von
Tschung-san und erlangte nichts. Er warf jetzt fünfzig Pfunde Goldes
aus und widmete seine Dienste den Leuten der Umgebung. Er er
schien nochmals zum Besuche. Er hatte noch nicht gesprochen, und
der Landesherr gab ihm Speisen. Lu-tan ging fort. Ohne sich in das
Einkehrhaus zu begeben, verliess er sofort Tschang-san.
Sein Wagenführer sprach: Da man hei der Verbindung eben
angefangen hat, gegen uns freundschaftlich zu sein, warum sollten
wir uns entfernen?
Lu-tan sprach: Wer in Folge eines Wortes der Menschen gegen
uns freundschaftlich ist, wird gewiss in Folge eines Wortes der
Menschen uns eines Verbrechens zeihen.
Er hatte noch nicht die Grenze erreicht, als der Fürstensohn
ihn verdächtigte und sprach: Er kommt im Aufträge Tschao’s, um
i6 *
236
P f i z in a i e r
uns auszuforschen. — Der Landesherr von Tschung-san liess ihn
demnach aufsuchen, indem er ihn eines Verbrechens beschuldigte.
Der jüngere Bruder des Königs von King befand sich in Thsin.
Thsin gab ihn nicht heraus. Ein Kriegsmann des Beruhigers der Mitte
sprach: Wenn man mich hundert Pfunde verausgaben lässt, so hin
ich im Stande, ihn herbeizuschaffen.
Er lud jetzt hundert Pfunde in den Wagen und reiste nach
Tsin. Er besuchte Scho-hiang und sprach: Der jüngere Bruder des
Königs von King befindet sich in Thsin. Thsin gibt ihn nicht heraus.
Ich bitte, hundert Pfunde dabei überlassen zu dürfen.
Scho-hiang empfing das Gold und besuchte den Fürsten Ping.
Er sprach zu diesem: Man kann Hu-khieu mit Mauern versehen.
Fürst Ping fragte, wie dieses komme.
Jener antwortete: Der jüngere Bruder des Königs von King be
findet sich in Thsin. Thsin gibt ihn nicht heraus. Hierdurch erweckt
Thsin Hass bei King. Er wagt es gewiss nicht, uns zu verbieten,
dass wir Hu-khieu mit Mauern versehen. Wenn er dies verbietet, so
sagen wir: Wenn ihr uns zu Liebe den jüngeren Bruder des Königs
von King herausgebet, so erbauen wir keine Mauern. — Wenn jene
ihn herausgeben, so können wir dadurch King gewinnen. Geben ihn
jene nicht heraus, so erwecken sie zuletzt den Hass. Man wagt es
nicht, uns zu verbieten, dass wir Hu-khieu mit Mauern versehen.
Der Fürst hiess dieses gut, man begann den Bau der Mauern
von Hu-khieu. Man sagte zu dem Fürsten von Thsin: Wenn ihr uns
zu Liehe den jüngeren Bruder des Landstriches King herausgebet, so
hauen wir keine Mauern. — Der König von Thsin gab ihn heraus.
Der König von King war sehr erfreut und beschenkte Tsin mit hun
dert Doppelpfunden geläuterten Goldes.
Das Buch Lie-tse sagt:
Lb-yin von Hia sprach zu Thang: Östlich von Pö-liai, ich weiss
nicht, wie viele hunderttausendmal zehntausend Weglängen, liegt ein
grosses Wasserthal. In dessen Mitte sind Berge. Der erste derselben
heisstTai-yü. Der zweite heisst Fang-hu. Der dritte heisst Yüu-khiao.
Der fünfte heisst Fung-lai. Die auf ihren Gipfeln befindlichen hoben
Söller sind goldene Thorwarten.
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
237
Das Buch Hoai-nan-tse sagt:
Tausend Pfunde aufbewahrten Goldes von dem Berge Kin-yen
empfangen, hierdurch verschliesst man den habsüchtigen, niedri
gen Sinn.
Wenn icli einen Ertrinkenden rette, gelten Gold und Edelsteine
weniger als ein gewöhnlicher Gegenstand zum Anhängen.
Wenn man tausend Pfunde Goldes auf dem Markte aufhängt, so
getrauen sich die Menschen nicht, es wegzunehmen. Es ist, weil die
Angehörigkeit bestimmt ist. Wenn man ein Kupferstück auf den
Weg herablässt, so streiten um dasselbe die Knaben. Es ist, weil die
Angehörigkeit nicht bestimmt ist.
Das Buch Pao-po-tse sagt:
Zu den Zeiten des Kaisers King von U liess der Anführer der
Besatzung einen grossen Grabhügel aufgraben. Das Angesicht des
Menschen in dem Sarge war wie bei einem Lebenden. In seinen bei
den Ohren und in den Nasenlöchern befanden sich Stücke gelben
Goldes von der Grösse der sauren Datteln. Dies lehrt, durch welche
Dinge man die Verwesung verhindert.
In den Worten der Reiche heisst es:
Fan-li bestieg ein leichtes Schiff und fuhr zu den fünf Seen.
Niemand wusste, wo er sein Leben beschlossen. Der König befahl den
Künstlern, aus gutem Golde das Bild Fan-li’s zu giessen und bezeigte
ihm seine Achtung an dem Hofe.
Die Überlieferungen von dem Himmelssohne Mo sagen:
Man betrachtete die Kostbarkeiten des Himmelssohnes, das Fett
des gelben Goldes *).
In den Worten der Zeiten nach dem Frühling und Herbst wird
gesagt:
i) Das Goldfett wird, in einem ähnlichen Sinne wie der Ausdruck „Edelsteinfett“, als
die Essenz und der Saft des Goldes bezeichnet.
238
P f i z m a i e r
Wei-liao hielt bei seiner Ankunft vor dem Könige eine Rede,
worin er sagte: Bei der Stärke von Thsin sind dieLänder der Lehens
fürsten mit Provinzen und Districten zu vergleichen. Sowohl die Lan
desfürsten als deren Diener sind von Hass erfüllt. Wenn sie sich ein
mal zu einem Bunde vereinigen und mit dem Unerwarteten hervor
treten sollten, so ist dies etwas, wodurch Tschi-pe, Fu-tschai und
König Min zu Grunde gegangen sind. Es ist zu wünschen, dass du,
o grosser König, die werthvollen Gegenstände nicht sparest uud die
Gewaltigen und die Diener unter jenen beschenkest, um in die An
schläge gegen Thsin Unordnung zu bringen. Wenn du nicht mehr
als dreissigmal zehntausend Pfunde verloren haben wirst, kann es mit
den Lehensfürsten zu Ende gehen.
Der König hiess dieses sehr gut.
Als Han-tan unversehrt geblieben war, hatte der Landesherr
von Ping-yuen den Wunsch, Lu-tschung-lien in ein Lehen einzu
setzen. Tschung-lien weigerte sich und entschuldigte sich dreimal.
Er wollte es durchaus nicht annehmen. Der Landesherr von Ping-
yuen Hess jetzt Wein auftragen. Als man sich des Weines freute,
stand er auf, trat vor und reichte tausend Pfunde als ein Geschenk
auf das lange Leben Tscliung-lien's. Tschung-lien lachte und sprach:
Was an den Kriegsmännern der Welt geschätzt wird, ist: sie zer-
theilen für die Menschen die Sorge, befreien von dem Ungemach,
lösen die Verwirrung und nehmen nichts in Empfang. Würden sie
etwas in Empfang nehmen, so wären sie handeltreibende Menschen.
Ich Tschung-lien bringe es nicht über mich, dies zu thun.
Hierauf sagte er dem Landesherrn von Ping-yuen Lebewohl
und entfernte sich. So lange er lebte, besuchte er ihn nicht wieder.
Im Norden von Han-tan lebte der Lehensfürst von Su-jin. Su-
thsin reiste zu ihm und hielt vor ihm eine Rede. Der Lehensfürst
von Su-jin reichte ihm als Reisegeschenk hundert grosse Pfunde
gelben Goldes. Der Gehilfe seines Hauses tadelte ihn und sprach:
Du, o Gebieter und Lehensfürst, stehst zu dem Gaste in keinen alten
Beziehungen, du gibst ihm aber als Reisegeschenk hundert Pfunde.
Kann ich das, was er gesprochen, wohl zu hören bekommen?
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
239
Der Lehensfürst von Su-jin sprach: Der Gast ist der beredteste
Mann der Welt. Während er stand und sprach, entriss er mir immer
das Land und gah es mir wieder zurück. Ist mein Land auch klein,
wie wären es die hundert Pfunde?
Die äusseren Überlieferungen von Han-schi sagen:
Tien-tse wurde Reichsgehilfe. Nach drei Jahren kehrte er heim,
um sich in die Ruhe zu setzen, und überreichte seiner Mutter hundert
grosse Pfunde Goldes. Seine Mutter sprach: Eine ungerechte Sache
kommt nicht in das Haus. Wer als Diener unter den Menschen nicht
redlich ist, ist als Sohn unter den Menschen kein guter Sohn.
Mögest du dich entfernen.
Tien-tse schämte sich. Er lief hinaus und stellte sich dem
Könige vor. Indem er ihm das Gold zurückgab, bat er, dass er sich
zurückziehen und in das Gefängniss begeben dürfe. Der König ver
zieh Tien-tse die Schuld und bestimmte das Gold zu einem Geschenk
für dessen Mutter.
Siang, König von Tsu, schickte einen Gesandten, der tausend
Pfunde Goldes und hundert Paare weisser Rundtafeln mit sich führte,
und liess Tschuang-tse einladen. Er wollte ihn zum Reichsgehilfen
machen. Tschuang-tse weigerte sich beharrlich.
Yen-ling-ki-tse lustwandelte in Tsi und erblickte verlorenes
Gold auf dem Wege. Er rief einen Hirten und hiess ihn es nehmen.
Der Hirt sprach: Wie kommt es, dass du in der Höhe weilst, jedoch
die Rlicke nach unten richtest? Du hist von dem Geschlechte der
Weisheitsfreunde, jedoch deine Worte sind bäuerisch. Du besitzest
einen Landesherrn und hist kein Diener, du besitzest einen Freund
und hist kein Freund. In der Hitze bekleide ich mich mit einem
Pelze. Wie sollte ich derjenige sein, der das Gold nimmt?
Yen-ling-ki-tse erkannte, dass dies ein Weiser sei. Er fragte
ihn bittend um den Geschlechtsnamen und den Jünglingsnamen.
Der Hirt sprach: Du bist ein oberflächlich beobachtender
Kriegsmann. Wie könnte cs der Mühe werth sein, den Geschlcchts-
namen und den Jünglingsnamen zu sagen? — Er entfernte sich
sofort.
240
Pfizmaier
In den alten Erlebnissen des Kaisers Wu von Han heisst es:
Der Kaiser war einige Jahre alt, als die älteste Kaisertochter
mit dem Finger rings auf die aufwartenden Dienerinnen zeigte und
fragte, oh er eine von ihnen zum Weibe haben wolle. Er mochte
keine von ihnen verwenden. Später zeigte sie mit dem Finger auf
die Königin von dem Geschlechte Tseliin. Der Kaiser sprach: Wenn
ich O-kiao zum Weihe haben könnte, so würde sie in einem gol
denen Hause verwahren.
In den inneren Überlieferungen von dem Kaiser Wu von Han
wird gesagt:
Der Kaiser erhielt das wahre Bild der Mutter des Königs des
Westens. Er umgab es mit Bänken von gelbem Golde.
Die Mutter des Königs des Westens besitzt neun Arten von
Mennig, ferner Goldsaft und zubereiteten Goldtrank.
In der geheimen Geschichte des östlichen Gartens von Han
wird gesagt:
Wenn man bei Todten die neun Öffnungen des Leibes mit
gelbem Golde verschliesst, so können die Leichname niemals ver
faulen.
In den neuen Worten von Lü-ku heisst es:
Schün verwahrte das Gold in dem Berge Kin-yen. Er warf die
Perlen in die Abgründe der fünf Seen. Er verschloss die Ausschwei
fung und das Unrecht, durchschnitt die Leidenschaften der Begehr
lichkeit und des Schmeichelns.
Das von Tung-fang-sö verfasste Buch der göttlichen Wunder
sagt:
In der Wüste des Nordens gibt es zwei goldene Thorwarten,
deren Höhe hundert Klafter beträgt. Es gibt goldene und silberne
Schüsseln, die im Umfange fünfzig Klafter messen.
Jenseits des weissen Palastes der westlichen Gegenden liegt
der Goldherg. Auf dem Berge sind Menschen, welche fünf Klafter
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes. 24:1
hoch sind. Sie heissen mit Namen: Bewahrer des goldenen Nas
horns.
Die Geschichte der Könige von Scho sagt:
Der König von Thsin schickte dem Könige von Scho eine
Truhe Goldes. Scho erwiederte dies durch Übersendung der nach
den Gebräuchen gebührenden Gegenstände, aber alles verwandelte
sich in Erde. Der König von Thsin zürnte. Sämmtliche Diener ver
beugten sich und wünschten ihm Glück, indem sie sprachen: Die
Erde ist das Land. Thsin wird in den Besitz von Scho gelangen.
Der Garten der Gespräche sagt:
Schin-ming war durch seine Elternliebe bekannt. Der König
verlieh ihm jetzt die Stelle eines Reichsgehilfen. Jener weigerte sich
und nahm es nicht an. Sein Vater sprach: Wenn du einen Ehren
gehalt von dem Reiche beziehst, die Gerechtigkeit in der Vorhalle
begründest, so bin ich ohne Kummer. — Schin-ming befolgte den
Befehl seines Vaters und wurde Reichsgehilfe von Tsu.
Als der Fürst von Pe Aufruhr erregte, sprach Schin-ming: Jetzt
ist es mir nicht möglich, ein guter Sohn zu sein. — Sofort zog er
die Trommel an sich und tödtete den Fürsten von Pe. Sein Vater
fand ebenfalls den Tod.
Der König machte ein Geschenk von hundert Pfunden Goldes.
Schin-ming sprach: Mit welchem Angesicht, mit welchem Auge
kann ich auf die Welt blicken? — Hierauf tödtete er sich seihst.
Die neue Einleitung sagt:
Hoan, Fürst von Tsi, sah einen Menschen der Stadt Mt-khieu.
Er fragte ihn: Wie viele Jahre zählst du? — Jener antwortete:
Achtzig.
Der Fürst sprach: Möchtest du mir dein langes Leben erflehen ?
Jener sprach: Ich heisse dich, o Gebieter und Landesherr, sehr
lange leben. Mögen Gold und Edelsteine verachtet sein und mögest
du Menschen für Kostbarkeiten halten.
Kung-sün-ngao befragte den Meister Pe-siang, indem er
sprach: Jetzt hast du, o Meister, zusammengerafft die Künste der
Welt, du betrachtest vielseitig die vier Gegenden seit einer langen
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242 Pfizmaier
Reihe von Tagen. Dass du noch nicht im Stande bist, zu verbessern
die Lenkung in der Welt, ins Licht zu stellen die Weise des Ge
bieters und des Dieners, es ist, weil du noch nicht verschieden ge
wesen bist von den Versammlungshäusern und Rüstkammern, die
Gold und Edelsteine bergen, von den Kisten und Koffern, die
Urkunden und Rücker wie in einem Sacke bewahren.
Ko-wei hatte eine Unterredung mit dem Könige von Yen, wobei
er sagte: Ein Gebieter der Menschen in der alten Zeit verlangte für
tausend Pfunde ein Pferd der tausend Weglängen. Das Pferd war
bereits todt. Er mochte die Knochen um fünfhundert Pfunde nicht
kaufen. Nach einem Jahre ereignete es sich zweimal, dass Pferde
der zehntausend Weglängen ankamen.
Die Wagebalken der Erörterungen sagen:
Tschin-tsiö und Tschin-ting, zwei kleine Knaben aus einer
Familie des Volkes von Lu-kiang, badeten gemeinschaftlich in dem
See. An dem steilen Ufer befand sich ein Weinzuber, der von Farbe
rein gelb und in das Wasser versunken war. Tsiö hielt ihn für
Kupfer. Er watete durch das Wasser, um ihn wegzunehmen. Der
Zuber war so schwer, dass er ihn nicht aufheben konnte. Ting ging
hin, um ihm zu helfen. Der Zuber sank nochmals unter, bewegte
sich in Windungen und verschwand in dem tiefen Abgrund der
Wasser. Ting und Tsiö blieben stehen und sahen ihm nach. Sie er
blickten mehrere hundert bis tausend den Kupfermünzen ähnliche,
reingelbe Gegenstände. Sie fassten sie sofort auf, und jeder erhielt
deren eine Handvoll. Bei der Heimkehr zeigten sie dieselben in
ihrem Hause. Es war gelbes Gold.
„Der Mund einer Menge schmilzt das Gold“. Der zweite der
fünf Grundstoffe heisst das Feuer. Das zweite der fünf Dinge heisst
das Wort. Das Wort passt zu dem Feuer, desswegen sagt man, dass
es das Gold schmilzt.
In dem Durchdringen der Sitten und Gewohnheiten wird
gesagt:
„Der Mund einer Menge schmilzt das Gold“, ist eine gewöhn
liche Redensart. Es ist hier schönes Gold vorhanden. Sämmtliche
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
243
Menschen bemängeln es in Gemeinschaft und sagen, es sei nicht un-
vermischt. Der Goldverkäufer will es verkaufen. Er nimmt es daher,
stampft es und brennt es, um zu zeigen, dass es echt ist. Auf diese
Weise schmilzt der Mund einer Menge das Gold.
In dem Buche der Han wird besprochen, dass Wang-yang
Wagen, Pferde utid Kleider liebte. Als er ühersiedelte und im Amte
versetzt ward, war dasjenige, was er auf den Wagen lud, nicht
mehr als ein Sack Kleider. Nach der gewöhnlichen Überlieferung
war Wang-yang im Stande, gelbes Gold zu verfertigen. Ein Wort
lautet: Das Gold kann nicht verfertigt werden, das Zeitalter kann
nicht ermessen werden. — Wang-yang befand sich im Besitze seines
Amtes, bezog den Ehrengehalt. Obgleich er auf Reinlichkeit, Wagen,
Pferde und Kleider hielt, wie viel war er überdies im Stande? Wie
sollte es der Mühe werth sein, es auseinanderzusetzen? Man über
lieferte demnach das gewöhnliche Wort <).
Die vermischten Erzählungen der westlichen Mutterstadt sagen :
Han-yen schoss gern mit Kugeln und verfertigte gewöhnlich
Kugeln aus Gold. In einem Tage gingen über zehn Stücke verloren.
In Tschang-ngan sagte man sich hierüber ein Wort, welches lau
tete: Gequält durch Hunger und Kälte, jagt man nach goldenen
Kugeln. — So oft die Kinder und Knaben der Mutterstadt hörten,
dass Yen auszog, folgten sie ihm ohne Weiteres. Sie erspähten aus
der Ferne, wohin die Kugeln fielen, und lasen sie auf.
In den Erzählungen des Suchens nach den Göttern heisst es:
In der Provinz Wei verkaufte Tschang-khiü ein Wohngebäude
an Tschin-ying. Das ganze Haus Ying's erkrankte. Dieser verkaufte
es an Ho-wen. Wen erfasste allein ein grosses Messer und trat am
Abend in die nördliche Halle. Auf dem Dachbalken erschien um die
Zeit der dritten Nachtwache ein Mensch, der über eine Klafter
mass. Derselbe trug eine hohe Mütze, ein rothes Kopftuch und rief:
Dünne Lende! — Man antwortete ihm zustimmend mit den Worten:
0 Aus dein Durchdringen der Sitten und Gewohnheiten.
244
P f j z m a i e r
Warum ist hier die Luft eines Menschen? — Man antwortete: Es
ist Niemand da.
Wen fragte: Wer ist derjenige mit der hohen Mütze? — Man
antwortete: Es ist das Gold. Es befindet sich unter der Wand des
westlichen Daches. —- Wen grub den Boden auf und fand drei
hundert Pfunde.
Die Geschichte des Auflesens des Hinterlassenen von Wang-
tse-nien sagt:
Zu den Zeiten Schao-hao’s tönte das Gold in den Bergen, das
Silber stieg in der Erde. Bisweilen war es gleich dem Geschlecht
der Schildkröten und Schlangen, plötzlich hatte es wieder Ähnlich
keit mit der Gestalt der Menschen und Dämonen.
Der Garten des Wunderbaren sagt:
Yin-tao von Fu-nan erkaufte das Recht, in dem Wohnhause
seines Districtsgenossen Tschang-nan die Erde aufgraben zu dürfen.
Er fand hundertmal zehntausend Kupfermünzen und gab Nan ein
Pfund Goldes heraus. Nan sprach: Deine ausgezeichnete Tugend hat
die Götter gerührt, die Kostbarkeiten sind deinetwillen zum Vor
schein gekommen. — Er wollte es durchaus nicht annehmen. Tao
übergab es dem Befehlshaber des Districtes. Tschang-piao von
Ho-nan überreichte es mit einer Denkschrift dem obersten Buch
führer.
Hoang-schü von Sin-ye pflügte in dem Zeiträume I-hi (405 bis
4l8 n. Chr.) das Feld und fand ein Schiff Goldes. Der Wahrsager
sagte ihm, er möge es durch drei Jahre nicht verwenden, dann
würde er den Reichthum für die Dauer bewahren. Sclni mochte
dies nicht befolgen. Das Gold wurde sofort zu Erde.
Über dem Brunnen Wang-kuang’s von Yung-khang befand sich
ein Waschstein. Man sah daselbst zu einer Zeit einen rothen Dunst.
Später kehrte ein Mensch von Hu in dem Hause ein. Derselbe ver
langte plötzlich, den Stein zu kaufen. Kuang wunderte sich über
dieses Begehren. Als man das Geld bemass, erblickte Sün-schi, das
Weib seines Sohnes, zwei gelbe Vögel, die auf dem Waschsteine
mit einander kämpften. Sic ging schnell hin, deckte sie zu und fing
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
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sie. Sie verwandelten sich in gelbes Gold. Der Mensch von Hu
wusste dieses nicht und trachtete immer eifriger, den Handel ab-
zuschliessen. Nachdem es ihm gelungen, zerschlug er den Stein. In
dessen Inneren befand sich bloss die Wohnstätte der zwei Vögel.
In TsI-mi befand sich ein Grabhügel. Als man ihn öffnete, war
daselbst ein goldenes Rind, das den Grabweg verschloss und sich
nicht bewegte. Verletzung wäre ein grosses Unglück gewesen.
Die Erzählung der veröffentlichten Wunder (scho-i-ki) sagt:
In Nan-khang, District Yü-tu, kommt der Strom Yuen im
Westen hervor. Drei Weglängen von dem Districte ist ein Ort,
dessen Name: die mündende Höhle des Traumes. Derselbe ist von
Gestalt gleich einer Felsenhöhle. Nach einer alten Überlieferung be
findet sich daselbst ein göttliches Huhn, dessen Farbe gleich der
jenigen des guten Goldes. Dasselbe kommt aus dieser Höhle hervor,
erhebt die Flügel und flattert umher. Der Wiederhall seines bestän
digen Gesanges durchdringt die Lüfte. Wenn es einen Menschen
sieht, fliegt es ohne weiteres in die Höhle. Desswegen gab man diesem
Felsen den Namen: der Felsen des Huhnes.
Einst ackerte ein Mensch an der Seite dieses Berges. Er er
blickte in der Ferne ein Huhn, das hervorkam und sich belustigte.
Ein älterer Mann hielt mit festem Griffe eine Kugelarmbrust und
schoss nach ihm mit einer Kugel. Das Huhn sah dies von weitem
und flog sofort in die Höhle. Die Kugel der Armbrust zeigte sich
genau über der Höhle und hatte sechs Schuhe im Durchmesser. Sie
hing hernieder und verdeckte die Höhle. Daselbst war noch immer
als Thor eine Ritze, die aber keinen Menschen mehr fassen konnte.
Ferner fuhr ein Mensch auf einem Schiffe stromabwärts und
kehrte in den District zurück. Er war von diesem Ufer noch einige
Weglängen entfernt, als ein Mensch, der ganz gelb gekleidet war
und auf der Schulter zwei Körbe gelber Melonen trug, verlangte,
dass man ihn in das Schiff nehme. Man nahm ihn demnach auf. Der
gelb gekleidete Mensch bat um Speise, und der Herr des Schiffes
gab sie ihm. Als das Schift' zu dem Ufer gelangte, bat der Herr des
Schilfes um das Geld. Dieser Mensch gab es ihm nicht und spuckte
fortwährend auf die Schüssel. Er schritt zu dem Fusse der Uferhöhe
und trat geraden Weges in den Felsen. Der Herr des Schiffes war
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P f i z m a i e r
anfänglich über ihn sehr ungehalten. Als er aber sah, dass er in den
Felsen trat, erkannte er erst, dass dies ein göttliches Wunder. Er
nahm das Speisegeräthe und betrachtete es. Er sah, dass Alles, was
Jener auf die Schüssel gespuckt hatte, gelbes Gold war.
Die früheren Gelehrten erzählen: Zu den Zeiten Yü’s regnete
es in der Welt Gold durch drei Tage.
Ein altes Gedicht sagt: Wie könnte es dahin kommen, dass der
Himmel Gold regnet? Das Gold würde wohlfeil wie Erde werden.
Zu den Zeiten des Königs Tsching von Tscheu regnete es in
Hien-yang Gold. Gegenwärtig gibt es in Hien-yang eine Hochfläche
des Goldregens.
' In dem ersten Jahre des Kaisers des zweiten Geschlechtsalters
von Thsin regnete es in dem Palaste Gold. Als dies geschehen, ver
wandelte es sich in Steine.
Im ersten Jahre des Kaisers Hoei von Han regnete es in dem
Palaste gelbes Gold und schwarzes Zinn i).
Ferner war das Haus Ung-tschung-jü’s arm. Derselbe war mit
seiner Kraft thätig und wohnte an dem Rinnsale des Wei. Eines Mor
gens Hess der Himmel zehn Scheffel Goldes in sein Haus regnen.
Hierdurch wetteiferte er mit Königen und Lehensfürsten in Reichthum.
Gegenwärtig gibt es in Thsin Greise des Goldregens. Dieselben sind
von einem Geschlechtsalter zu dem anderen reich.
In den verzeichneten Überlieferungen der Wunder heißt es:
Wei-tschao, ein Mann des Volkes von dem Blockhause Yin-
hung-scheu in Ju-nan, verstand sich auf das Buch der Verwandlungen.
Als er dem Tode nahe war, beschrieb er ein Bret und übergab es
seiner Gattin mit den Worten: Ich sterbe in grossem Mangel und
Elend. Solltest auch du es sein, mögest du darauf achten, dass
Niemand das Wohnhaus verkauft. Bis nach fünf Jahren wird im
Frühlinge eine höchste Verkündung erlassen werden und ein
Gesandter eilig zu diesem Blockhause kommen. Derselbe ist von dem
Geschlechte Kung. Dieser Mensch trägt auf dem Rücken mein Gold.
Gehe mit diesem Brete zu ihm und verlange es.
Das schwarze Zinn ist das Blei.
Beiträge zur Geschichte «1er Edelsteine und des Goldes.
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Nach seinem Tode gerieth. die Gattin wirklich in grosse Ver
legenheit, und es ereignete sich mehrmals, dass sie das Wohnhaus
verkaufen wollte. Da sie jedoch der Worte des Mannes eingedenk
war, stand sie ohne weiteres davon ab.
Um die angegebene Zeit erschien wirklich ein Gesandter von
dem Geschlechte Kling in dem Blockhause. Die Gattin nahm sogleich
das Bret, ging hin und verlangte das Gold von dem Gesandten. Der
Gesandte ergriff das Bret und wusste nicht, was er sagen solle.
Zuletzt sprach er: Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht
diesen Ort betreten. Wie sollte ich zu euch in Beziehungen stehen ? —
Er war in Gedanken versunken und murmelte vor sich hin. Endlich
fragte er sie: Welche Fähigkeiten hat dein weiser Mann besessen?
— Die Gattin sprach: Mein Mann verstand sich auf das Buch der
Verwandlungen, er war aber noch niemals ein Wahrsager unter den
Menschen.
Der Gesandte sprach: Es ist möglich. — Er wandte sich jetzt
zu den aufwartenden Menschen mit dem Befehle, die Wahrsage
pflanze zu nehmen und in der Angelegenheit Lose zu ziehen. Als der
Abriss vollendet war, sagte er zu der Gattin Tschao’s: Ich trage für
dich kein Gold auf dem Rücken. Dein weiser Mann hat selbst das
Gold besessen. Weil er wusste, dass nach seinem Tode augenblick
lich Elend herrschen werde, verwahrte er das Gold und wartete auf
den grossen Frieden. Dass er es der Gattin und den Kindern nicht
sagte, ist desswegen, weil er fürchtete, dass das Gold zu Ende
gehen und die Verlegenheit nicht aufhören werde. Er wusste, dass
ich mich auf das Buch der Verwandlungen verstehe. Desswegen
beschrieb er das Bret und vertraute mir dadurch seine Gedanken.
Das Gold beträgt fünfhundert Pfunde. Es ist in einen grünen Kessel
gefüllt und mit einer kupfernen Platte bedeckt. Es ist an dem öst
lichen Ende des Daches der Halle vergraben, eine Klafter von der
Mauer entfernt und neun Schuh tief in der Erde.
Die Gattin kehrte zurück und grub nach. Sie fand alles, wie es
gewahrsagf worden.
Iu den Denkwürdigkeiten von wunderbaren Dingen heisst es:
Das Volk von Lang-hang *) verkehrte mit den Menschen von
*) Lang-hang- war ein Reich der südlichen Fremdländer.
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P f i z m n i e r
Man an dem Grenzpasse. Die Menschen jenes Volkes eröffneten
gewöhnlich in der Nacht einen Markt. Sie berochen das Gold und
wussten, oh es gut oder schlecht sei.
Die Verzeichnisse des Verborgenen und des Hellen sagen:
Das Wasser der Überfahrt des Flussarmes des Hoai, genannt
der Flussarm des Rindes, ist unermesslich tief. Die Menschen an der
Überfahrt sehen ein goldenes Rind, das von Gestalt sehr wunderbar
und stark ist. Dasselbe trägt eine goldene Kette als Halfter.
Die zwanzig Weglängen messende Strecke von dem Bergrücken
der hundert Goldpfunde in dem Distriete Pa-khieu aufwärts heisst
mit Namen: Die Seitentiefe des gelben Goldes. Über derselben ist
eine Stromschnelle, deren Name ebenfalls: die Stromschnelle des
gelben Goldes. Ehemals angelte Jemand in dieser Seitentiefe. Er
fing eine goldene Kette, die er an sieh zog. Diese erfüllte sofort
das ganze Schiff, und ein goldenes Rind, von Stimme und Anblick
gewaltig, kam zum Vorschein. Der Angler wurde dadurch erschreckt.
Das Rind sprang jetzt in die Höhe und kehrte zu der Seitentiefe
zurück.
Ping, zu den Zeiten der Tsin, König von Nan-tün, hatte ein
neues Wohnhaus gebaut. Als er daselbst eingezogen war, sah er im
Traume einen Menschen, der zu ihm sagte: Hoang, Befehlshaber von
Ping-yü, wollte mit einem Gefässe Goldes Pao-shing-tschi beste
chen und wurde durch das Geschlecht Pao getödtet. Das vergrabene
Gold befindet sich über mir. Ich werde niedergedrückt und bin sehr
beengt. Wenn du, o Gebieter, nochmals ein Haus haust, so habe ich
kein Ufer mehr, wo ich aus- und eintreten könnte.
Ping liess am nächsten Morgen sofort die Stelle unter der
Mauer aufgrahen. In einer Tiefe von fünf Schuhen fand er wirklich
das Gold.
Im Osten der Stadtmauern des Districtes Tsiao ward durch die
Stadtmauern eine Erdstufe gebildet. Dieselbe hatte zwanzig Klafter
im Umfange und acht Schuh Höhe. Einige sagen, dass dies ein alter
Grabhügel gewesen. Wu, Kaiser von Wei, liess einen Bau aufführen
und bildete daraus eine Erdstufe. Die Mauer der östlichen Seite
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
249
Stürzte ein, wobei Gold und Edelsteine hervorrollten. Von den
jenigen, welche sie Wegnahmen, litten viele den Tod. Demnach führte
man den Bau von neuem auf.
In dem Meere befinden sich goldene Erdstufen. In dem Innern
der Erdstufen befinden sich goldene Bänke. Nach der Geschichte
des Zeitraumes Yuen-tschung ist der Geist des Goldes ein Rind.
In Tschang-ngan lebte ein Mann von dem Geschlechte Tschang-
Derselbe weilte am Tage allein in dem inneren Hause, als eine Taube
hereinkam und sich auf das Bett setzte. Dem Manne von dem
Geschlechte Tschang war dies zuwider. Er öffnete den Busen und
sprach die beschwörenden Worte: Taube, kommst du zu meinem
Unglück, so setze dich auf den Staubbehälter. Kommst du zu meinem
Glück, so fliege in meinen Busen.
Die Taube flog sofort in seinen Busen. Er suchte sie mit der
Hand. Er wusste wohl, wo sie war, fand aber einen goldenen Pan
zergürtel. Er betrachtete denselben als eine Kostbarkeit. Nach dieser
Zeit war der Glanz seiner Söhne und Enkel vollkommen.
Die Gespräche des Zeitalters sagen:
Lieu-hoa verleumdete Tschin-kiao. Kaiser Ming übergab Kiao
fünf Kuchen Goldes und sprach: Du hast mein Herz erleuchtet. Ich
nehme Rücksicht auf deine Gattin und deine Kinder, Ich weiss davon
nichts.
Kuan-ning und Hoa-hin reinigten in dem gemeinschaftlichen
Garten von dem Unkraut das Gemüse. Sie erblickten auf dem Boden
ein Pfund Goldes. Der Mann von dem Geschlechte Kuan schob es mit
der Jäthacke seitwärts, nicht anders wie einen Ziegel oder einen
Stein. Der Mann von dem Geschlechte Hoa erfaßte es und schleu
derte es wieder weg.
Die besondere Geschichte Tsao-tsao’s sagt:
Tsao führte die Streitkräfte vorwärts und drang in das Gebirge
Hien. Er öffnete das Grab des Königs Hiao von Liang, zertrümmerte
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LV1II. Bd. III. Hft. 17
P f i z tn a i e r
!
I
2:i0
den Sarg und raffte Gold und Kostbarkeiten im Betrage von mehreren
zehntausend Pfunden zusammen. Als der Himmelssohn dies erfuhr,
weinte er augenblicklich.
In den Überlieferungen von dem Geschmack an dem Alten in
vermehrten Abtheilungen heisst es:
Wang-schiin führte den Jünglingsnamen Schao-lin. Er begab
sich in die Mutterstadt. In dem Einkehrhause der Gäste besuchte er
einen der Schüler, der sehr krank war. Dieser sprach zu Schün:
Unter meiner Lende sind zehn Pfunde Goldes. Es ist mein Wunsch,
sie dir zu gehen. Ich bitte, dass du meine Gebeine sammlest und ver
bergest. — Er hatte ihn noch nicht um den Geschlechtsnamen und
den Namen gefragt, als seine Worte zu Ende waren. Schün verkaufte
ein Pfund Goldes, womit er den Sarg herbeischaffte und einrichtete.
Neun Pfunde legte er unter die Lende des Schülers.
In den Denkwürdigkeiten der früheren weisen Männer des Rei
ches Lu wird gesagt:
Schö-sün-thung war im Beginne seines Wirkens. Tschao-I
ernannte Thung zu einem gewöhnlichen Angestellten der Darreichungen
und beschenkte ihn mit fünfhundert Pfunden Goldes. Thung schenkte
alles seinen Mitschülern. Die Schüler freuten sich hierüber und
sprachen : Der Schüler von dem Geschlechte Schö-sün ist ein höchst
weiser Mensch. Erkennt die Bestrebungen des gegenwärtigen Zeitalters.
In den Überlieferungen von den sieben weisen Männern von Liii-
kiang beisst es:
Tshin-yf führte den Jünglingsnamen Tse-thsu. Er kam zu
dem Bezirke Lan und sali neben einem Pferde einen Menschen, der
krank war und ihm zurief: Ich hin Wei-schao-kung von Tschang-
ngan. Als ich hörte, dass du in Liü-kiang bist, war es eine Freude
für mich, hierher zu kommen und zu lustwandeln. Jetzt bin ich krank
und kann nicht vorwärts schreiten. — Yf nahm ihn mit sich nach
Hause und pflegte ihn.
Dieser Mann besass zehn Pfunde Goldes und zwanzig Stücke
schlichten Seidenstoffes. Als er gestorben war, verkaufte Yi den
schlichten Seidenstoff und kaufte dafür einen Sarg und ein Bahrtuch.
Das Gold legte er unter den Sarg. Er ritt auf dem Pferde aus und
wieder zurück.
M
Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
251
Später sah Tschang-kung, der ältere Bruder des Verstorbenen,
das Pferd und fragte nach ihm. Die Angestellten der Gerichte
nahmen Yi fest. Yf sagte alles bereitwillig, und man fand unter dem
Sarge das Gold. Tschang-kung berührte mit dem Haupte den Boden
und bedankte sich. Die zehn Kuchen Goldes warf er unter das Thor
Yi's. Yi begleitete ihn nach Tschang-ngan und gab es ihm zurück.
Die besonderen Überlieferungen von Ping-yuen sagen:
Ping-yuen führte den Jünglingsnamen Ken-khiü. Da die Unord
nungen aus Anlass der Trauer eben grosse Ausdehnungen annahmen <),
reiste er nach Liao-tung. Um diese Zeit befand sich Lieu-khiü, sein
Provinzgenosse, ebenfalls in Liao. Dieser ging damit um, dem Statt
halter Kung-sün-to seine Stelle zu entreissen. To nahm dessen Ange
hörige fest. Khiü fand jedoch Mittel, zu entkommen und stellte sich
in seiner Bedrängniss unter den Schutz Yuen’s. Der grosse Ver
merke! 1 Tse-I, Statthalter von Tung-lai, hesass Gerechtigkeitssinn,
und Yuen gesellte Khiü zu ihm.
Khiü, im Begriffe sich zu entfernen, übergab Yuen das Schwert,
auf welches er sicli mit der Hand wie auf einen Stock gestützt hatte,
und drei Kuchen Goldes. Yuen nahm das Gold an, verweigerte
jedoch die Annahme des Schwertes. Er kehrte zurück und sprach zu
To: Dass du, o Heerführer, den ganzen Tag ohne Unterlass mit
Khiü zu thun hast und ihn tödten willst, ist nur desswegen, weil du
fürchtest, dass er eine Biene und ein Scorpion ist. Jetzt ist Khiü
fortgegangen. Wenn du die Angehörigen seines Hauses festhältst,
wird sein Gift gewiss um vieles sich vermehren.
Tö gab sofort die Angehörigen Khiü's heraus, und Yuen gab
diesem das Gold zurück.
In den inneren Überlieferungen von dem Landesherrn von Miao
heisst es:
Die goldenen Glocken und ähnliche Gegenstände, welche den
Kaisern von Han bis Wang-mang als Geschenk dargebracht wurden,
sind gegenwärtig auf der Höhe des kleinen Berges Miao vergraben.
J ) Nach dem Tode des Kaisers Lang aus dem Hause der späteren Han wurde dessen
minderjähriger Sohn, Kaiser Hien, durch Tung-tscho abgesetzt.
i?*
252
P f i z m a i e r
In denselben Überlieferungen von dem Landesherrn von Miao
heisst es:
Man nahm zehn Pfund Blei, legte es in ein eisernes Gefäss und
erhitzte es bei heftigem Feuer. Nachdem es dreimal aufgewallt, warf
man zehn Candarin neunmal sich drehender Blüthen in das Blei und
rührte es um. Es verwandelte sich augenblicklich in neun Pfunde
gelben Goldes.
In den Überlieferungen von den auswärtigen Reichen zu den Zeiten
von U heisst es:
In dem Reiche Sse-tiao verfertigt man goldene Betten.
Der Frühling und Herbst von U und Yue sagt:
U-tse-siü machte einen Angriff auf Tsu. Er kehrte zurück nach
Ll-yang. An den Ufern des Flusses Lai wollte er dem Weibe, das
sich selbst getödtet hatte, durch hundert Pfunde vergelten, aber er
wusste nicht ihr Haus. Er warf das Gold in den Fluss Lai und ent
fernte sich. In dem Augenblicke kam eine alte Frau weinend herbei.
Sie sagte, sie sei die Mutter des Mädchens, nahm das Gold und ent
fernte sich.
Die Überlieferungen von charakterfesten Frauen sagen:
Yö-yang-tse zog aus, um dem Lernen obzuliegen. Seine Gattin
Tsching-I schnitt sich das Haupthaar ab und verwendete es für ihre
Ausgaben. Später fand Yang-tse einen Kuchen verlorenen Goldes. Er
gab dieses seiner Gattin. Tsehing-I sprach: Ein Weisheitsfreund
befleckt seinen Wandel nicht durch Eigennutz. — Yang-tse schämte
sich und entfernte sich von ihr.
Das Weib des Geschlechtes Ju von Kuang-han ist die Gattin
Ju-tün’s. Tiin hatte alles, was er erhalten hatte, Felder und Lände
reien, Sclaven und Sclavinnen, ein Besitzthum im Werthe von drei
hundert Zehntausenden, seinem älteren Bruder überlassen. Für sich
selbst batte er eine Anzahl von mehreren zehn Morgen Gartengrund
abgeschnitten und zurückbehalten. Indem er daselbst eine Hütte
errichtete und Ackerbau trieb, fand er in der Erde ein Versteck
Beiträge xur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
253
mit Gold. Tun zeigte dies seiner Gattin. Die Gattin sprach: Du
sagtest ursprünglich, dass du dasjenige, was dein Vorfahr besessen, ab
treten wollest. Ist dieses allein etwas, das er nichl besessen hat? —
Tün sprach: Es war mein Ernst. —Er nahm das Gold mit ihr auf die
Schultern und brachte es dem älteren Bruder und der Schwägerin.
In den Denkwürdigkeiten der Provinzen und Reiche heisst es:
Das Wohngebäude Su-Ihsin's befand sich in Lö-yang, in der
Gasse Jin-li. Später sah Hien-nie von Wei-kao daselbst jede Nacht
einen hellrothen Glanz. Er grub an der Stelle des Glanzes nach und
fand hundert Pfunde Goldes. Eine Inschrift lautete: Gold des Hauses
Su. —■ Nie gründete damit ein Kloster.
Die Geschichte von Lin-hai sagt:
Der Berg der weissen Steine ist von der Stadt des Districtes
dreissig Weglängen entfernt. Er gewährt von weitem einen Anblick
wie Schnee. Auf dessen Höhe befindet sich ein See. Man erzählt sich,
dass dies der Ort ist, wo goldene Gänse sich versammeln.
Die von Tsching-tsi verfasste Geschichte von Tung-yang sagt:
Der Berg Kin-tün (der Berg des goldenen Ferkels) liegt drei
Meilen südlich von dem Districte Khang. Die Greise erzählen, dass
ein Mensch daselbst ein goldenes Ferkel gefunden habe. Desshalb
gab man dem Berge diesen Namen.
Die von Lieu-hin-khi verfasste Geschichte von Kiao-tscheu
sagt:
Das bliithentragende Gold kommt aus Tschü-yai. Es ist dasselbe,
welches man den bunten Schmuck der goldenen Blumen nennt. Der
Schneeberg liegt im Süden von Sin-tschang. Ein Mensch fand einst
auf dem Berge einen Klumpen Goldes gleich einem Masse von zehn
Ganting. Er verirrte sich auf dem Wege. Als er zurückkehrte und das
Gold an den ursprünglichen Ort legte, war es ihm möglich, herabzu
kommen.
Die Geschichte von Tsien-tang sagt:
Im Südosten des Districtes liegt der Berg Hien. Die Ältesten
und Greise erzählen sich, dass man daselbst Gold erntet.
2Ö4
P f i z in a i e r
Die Gesehichte des Berges Lo-feu sagt :
Zehn Weglängen südlich von dem Kreise befindet sich die Sei
tentiefe des goldenen Rindes. Die Fischer sehen daselbst ein goldenes
Rind aus dem Wasser hervorkommen. In dem Zeiträume I-hi (405
bis 418 nach Chr.) fand Tschang-ngan. ein Mann des Volkes aus dem
Districte, eine fingerdicke goldene Kette, auf die er getreten war. Es
waren bald mehrere Zehente von Klaftern. Als er ohne Aufhören suchte,
kam plötzlich ein Wesen hervor, das ihr folgte und an ihr zog. Er
war nicht im Stande, sie festzuhalten. Endlich durchschnitt er sie
mit dem Messer und erlangte davon mehrere Schuhe. Ngan brachte
es hierauf zu Reichthum.
In späterer Zeit überraschte Tscheu-yün von I-hing dieses Rind.
Er schnitt die Kette, die er erfasste, durch und erlangte davon zwei
Klafter. Er ragte hierauf durch Güter hervor.
In der Geschichte von Lin-yi heisst es:
Von Lin-yi reist man zu dem Orte, wo das Gold hervorkommt.
In dreissig Tagen ist man angekommen. Man erblickt aus der Ferne
den Goldberg mit steilen Felsen gleich hellrothen Stadtmauern. Der
leuchtende Glanz hat Ähnlichkeit mit dem Schmucke des Himmels.
An den Bergwassern und in den tiefen Thälern gibt es auch leben
diges Gold. Dasselbe ist von Gestalt gleich den Insecten und Wür
mern. Die kleinen Stücke haben Ähnlichkeit mit grünen Fliegen, die
großen gleichen den Bienen und Feldgrillen. Es wandelt in der Nacht
gleich Irrlichtern und glänzt wie Feuerfliegen.
Die Abbildung des Erdspiegels sagt:
Der Dunst des gelben Goldes ist hellroth und gelb. Bei tausend
mal zehntausend Pfunden und darüber ist der Glanz von dem Um
fange einer Spiegelschüssel.
Die gesammelten Nachrichten von Yang-hiung sagen:
Der Schen-yü reichte ein Schreiben empor, worin er den
Wunsch aussprach, an dem Hofe erscheinen zu wollen. Kaiser Ngai
fragte die Fürsten und die höchsten Würdenträger. Die Fürsten und
die höchsten Würdenträger meinten, dass man es, weil man die Kost
barkeiten der Versammlungshäuser und der Schatzkammern ver-
Beitrüge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
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schwenden würde, vorläufig nicht zu bewilligen brauche. Der Gesandte
des Schen-yü nahm Abschied und entfernte sich. Die Sache war
noch nicht offenkundig, als Hiung ein Schreiben emporreichte, in
welchem er dagegen Vorstellungen machte. Der Himmelssohn liess
den Gesandten der Hiung-nu’s zurückrufen. Er beantwortete nochmals
das Schreiben des Schen-yü und erlaubte es. Zugleich beschenkte
er Hiung mit zehn Pfunden gelben Goldes.
In den Erörterungen Khung-jung’s über die Überlegenheit und
die Schwächen der höchstweisen Menschen heisst es:
Das vorzüglichste Gold heisst mit Namen: das purpurne
Geschliffene. Es ist gleichsam wie Menschen, welche die höchste
Weisheit besitzen.
In den Erörterungen über die Wege des Scharfsinnes des Königs
von Tschin-sse heisst es :
Kan-schi von Kan-ling sagte zu mir: Mein Lehrmeister führte
den Geschlechtsnamen Han, sein Jünglingsname war Schi-ya. Ich
verfertigte gewöhnlich mit dem Lehrmeister an den südlichen Strö
mungen Gold. Es war in früherer und in späterer Zeit einige vier
Male. Wir warfen einige zehntausend Pfunde Goldes in das Meer.
Das Verzeichniss der Merkwürdigkeiten der Bergtreppen sagt:
Die Klüfte der Ströme und Bäche von Fu-tscheu, Pin-tscheu und
Tsching-tscheu innerhalb der fünf Bergtreppen bringen Gold hervor.
Die anwohnenden Menschen beschäftigen sich damit, das Gold in
hölzernen Staubschüsseln zu waschen. Unter ihnen gibt es einige,
welche vom Morgen bis zum Abend nicht einen einzigen Stern •)
erbeuten. Dasjenige, das man in Tsching-tscheu findet, ist das vor
trefflichste Gold.
*) Ein Stern ist ein Goldkorn. In dieser Beziehung-sagt das von Tsching-ki verfasste Ge-
dichtauf die Leiden der Goldwäscher: Man durchwühlt den Sand mühevoll und fühlt
sich in dem Busen verletzt. Wo immer man umhergeht, ist die Aussicht auf ein
Theilchen, auf das Gewicht einer Feder auch verwehrt. Die Kraft erschöpft sich
durch ein halbes Jahr in dem tiefen Wasser. Es ist unmöglich, in Allem eine einzigo
Haarnadel des Paradiesvogels zu verfertigen.
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256 Pfizmaier. Beiträge zur Geschichte der Edelsteine und des Goldes.
Ich wurde vor einigen Jahren als Gesandter in die oberen
Reiche geschickt. Ein nahestehender Freund tiberbrachte mir zwanzig
Tael des Goldes von Tsching-tscheu, damit ich es einem einfluss
reichen Diener gebe. Ich wunderte mich, dass es nur einzelne
und wenige Stücke waren. Der Freund sprach: Das Gold ist zwar
wenig, man schätzt es aber, weil es in der Nacht leuchtet. Es ist ver
schieden von gewöhnlichem Golde. — Ich behielt daher das Gold
über Nacht und überzeugte mich von der Wahrheit des Gesagten.
Verzeichniss der eiugegangenen Druckschriften.
257
VERZEICHNIS
DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(MÄRZ 1868.)
Accademia delle Scienze dell’ Istituto di Bologna: Memorie.
Serie II, Tomo VII, Fas. 1. Bologna, 1868; 4°.
Akademie der Wissenschaften, König], Preuss., zu Berlin: Monats
bericht. November 1867. Berlin; 8».
— — Königl. Bayer., zu München: Sitzungsberichte. 1867. II.
Heft 1 & 2. München; 8°.
— südslavische, der Wissenschaften und Künste: Arbeiten. II. Band.
Agram, 1868; 8».
Ar chives des missions scientifiques et litteraires. II 0 Serie. Tome IV,
2‘ Livraison. Paris, 1867; 8°.
Ateneo Veneto: Atti. Serie II, Vol. IV, Punt.2 da . Venezia, 1867; 8».
Central-Commission, k. k. statistische: Statistisches Jahrbuch
der österreichischen Monarchie für das Jahr 1866. Wien,
1868; 4«.
Eisenstädter, Wilhelm, Saadja’s Arabischer Midrasch zu den
zehn Geboten. Wien, 1868; 8°.
Erlangen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1867.
4» & 8°.
Gesellschaft, Naturhistorische, zu Hannover: Das Staatsbudget
und das Bedürfniss für Kunst und Wissenschaft im Königreich
Hannover. Hannover, 1866; 4°.
— für Salzburger Landeskunde: Mittheilungen. VII. Vereinsjahr
1867. Salzburg; 8°.
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LVIII. Bd. III. Hft.
17 **
258
Verzeichniss der eingeg-angenen Druckschriften.
Gesellschaft, Schleswig-Holslein-Lauenburgische, für vaterlän
dische Geschichte: Jahrbücher für die Landeskunde der Herzog-
tlnlmer S. H. L. Band IX, 3. Heft. Kiel, 1867; 8°.
•— k. k. mährisch-schlesische, zur Beförderung des Ackerbaues,
der Natur- und Landeskunde: Schriften. XV. Band. Brünn,
1866; 8°.
Hamelitz. VII. Jahrgang-, Nro. SO —51; VIII. Jahrgang, Nro. 1—2.
5—7. Odessa, 1867 & 1868; 4«.
Istituto, B., Veneto di Scienze, Lettere et Arti: Atti. Tomo XIII 0 ,
Serie III', Disp. 3°. Venezia, 1867/1868; 8°.
Jena, Universität: Akadem. Gelegenheitsschriften aus dem Halb
jahre 1868. 4». & 8°.
Loomis, William Isaacs, Incidents and Facts in My Life. New
York, 1867; 8°. — Discovery of the Origen of Gravitation etc.
1867; 8°. — A New Resolution of the Diameters and Distances
of the Heavenly Bodies by Common Arithmetic. New York,
1868; 8“.
Meredith Read, John Ir., A historical Inquiry concerning Henry
Hudson etc. Albany, 1866; 8°.
Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung lind
Erhaltung der Baudenkmale. XIII. Jahrgang. Jänner — Februar
1868. Wien; 4«.
— aus dem Gebiete der Statistik. XIV. Jahrgang, 2. Heft. Wien»
1868; gr. 8°.
— aus J. Perthes’ geographischer Anstalt. Jahrgang 1868, 2. & 3-
Heft. Wien; 4«.
Museum des Königreiches Böhmen: Pamatky. Rocni'k XIII, Dtl VII,
Svazek 4—6. V Praze, 1867 ; 4°. — Casopis. 1866.
XL. Rocnik, Sv. 4; 1867. XLI.Rocntk, Sv. 1—4. VPraze; 8«.—
Nestor’s russische Chronik, übersetzt von K. J. Erben. Prag,
1867; 8°. — Vortrag des Geschäftsleiters. Prag, 1867; 8°. —
Verzeichniss der Mitglieder der Gesellschaft. Prag, 1867; 8°.
Nachtrag, Erster, zu dem Kataloge der Bibliothek der k. k.
Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Wien, 1868; 8°.
Nationalmuseum, germanisches: XIII. Jahresbericht. 1867; 4°. —
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. N. F. XIV. Band.
Jahrgang 1867, Nro. 1—12. Nürnberg, 1867; 4°.
Verzeichnis« der eingeg'ang'enen Druckschriften.
2!>9
Palacky, Franz, Gescliichte von Böhmen. V. Band, 2. Abtheilung.
Prag, 1867: 8«.
— Die Geschichte des Hussitenthums und Prof. Constantin Höfler-
Prag, 1868; 8».
Petranovid, B., Die Bogomilen. Histor. Untersuchung. Zara,
1867; 8°. (Serbisch.)
Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de
l’etranger. V e Armee, Nrs. 12—16. Paris & Bruxelles, 1868 : 4°.
Societe royale des Antiquaires du Nord: Aarboger. 1867. 3. Hft.
Kjöbenliavn; 8°.
Society, the Royal Geographical: Proceedings. Vol. XII, Nr. 1.
London, 1868; 8°.
Verein, histor., für das Grossherzogthum Hessen: Archiv für
Hessische Geschichte und -Alterthumskunde. XI. Band, 3. Heft.
Darmstadt, 1867; 8°.
— siehenhürgischer, für romanische Literatur und Cultur des
romanischen Volkes: Transilvania. Anulu I, Nro. 5 & 7. 8°.
— für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde: Jahr
bücher und Jahresbericht. XXXII. Jahrgang. Schwerin, 1867; 8°.
— für Landeskunde von Niederösterreich: Jahrbuch. I. Jahrgang,
1867. Wien, 1868; 8°. — Blätter. Neue Folge. I. Jahrgang-
Nro. 1 — 12. Wien, 1867; 8». — Karte von Wien sammt Um
gebungen. Gr. Fol.
Vincent, A. J. H., Memoire sur le calendrier des Lagides ä l'occa-
sion de la decouverte du decret de Canope. (Extr. de la
Revue archdol. 1868.) Paris; 8°.
Wilmowsky, von, Die römische Villa zu Nennig. (Herausgegeheu
von der Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Turin.)
Trier, 1868; Fol.
BIBL ÖAW