Daeier und Romanen. 25 wir bedürfen nicht der einzelnen Beispiele. Wussten es die Römer nicht und sprachen es laut aus, welch’ ein Bollwerk für sie die Zwie tracht der Germanen, ihr Mangel staatlichen und bundesgenössischen Gemeinsinnes sei. Darum dienten germanische Edle wie Gemeinfreie so zahlreich im römischen Reiche und verstärkten im 4. Jahrhundert die Wehrkraft des sinkenden Reiches. „Man kann es geradehin aussprechen, das römische Reich ist die Macht, an deren Begegnung die losen, auseinander fallenden (vorderen) germanischen Stämme wieder eine festere Haltung gewannen, und die das deutsche Gefolgschafts- und Heerwesen zu einer höheren Bedeutung erhoben bat').“ Warum aber die Quaden und Markomannen nicht gegen das Volk der Dacier dem Domitian Hilfe leisteten, lehrt das angeführte Capitel des Dio Cassius': Domitian hatte die beiden Stämme aufs tiefste beleidigt 3 ). Am überraschendsten aber ist die Äusserung, dass die Deutschen den „Auslauf“ der Donau ins Meer fremden Händen nicht würden überlassen haben? ßesilzen etwa die Deutschen in der Gegenwart jenen Unterlauf und jene wichtige Mündung ihres grossen Stromes, besitzen sie etwa die des Rheins? Oder wenn man sich der Täuschung hingäbe, das jetzige Deutschland sei schwächer als jenes vom Nebel des Altertums umhüllte, dachten die Deutschen auf dem höchsten Gipfel ihrer kaiserlichen Gewalt im Mittelalter an jene Mündungen der Donau, haben sie unter ihren Ottonen, Hein richen und Friedrichen sie nicht ruhig den Fremden überlassen? Die Hypothese von der Deutschheit der Geten hat noch einen gelehrten und energischen Anhänger und Verfechter gewonnen an H. Leo 3 ). Dieser hat das „gesicherte (!) Resultat der Forschungen Grimms die Identität der Geten und Gothen angenommen“ und be ginnt seine Geschichte des deutschen Mittelalters ungestört durch allen Einspruch schon mit den Geten des Herodot. Aber eine beweg liche, rasch eombinirende Phantasie geht bei ihm über seines Vor gängers Resultate weit hinaus und geräth stellenweise in eine Art Dichtung auf dem Gebiet der Sprachvergleichung. Leo knüpft die <) H. Leo, Vorlesungen über deutsche Geschichte 1, 210. ~) Meine Abhandlung, Das vorrömische Dacien S. 27. 3 ) Lehrbuch der Universalgeschichte II, 23—36; Vorlesungen über die Ge schichte des deutschen Volkes und Reiches, I, 83— 10S.