456 Brunner wenn anders man jene nicht vor das oft weit entlegene Königsgericht bannen wollte, an Ort und Stelle des Streitobjectes geführt werden '). Hatte eine rechtmässige Reclamatio stattgefunden, so erliess der König, wenn sonst die Voraussetzungen des Inquisitionsbeweises vor handen waren, ein Inquisitionsmandat zur Berichterstattung. Der Missus nahm den Beweis auf, und erstattete über das Ergebniss Be richt, welchem gemäss am Königsgerichte das Urtheil gefällt wurde. Hiemit soll nicht gesagt sein, dass in allen Reclamationsfällen ein solches Inquisitionsmandat zur Anwendung kam oder dieses stets eine Reclamatio zur Voraussetzung hatte. Der Zusammenhang ist kein juristischer sondern nur ein thatsächlicher, sofern die Anwendung des Reclamationsrechtes das Bedürfniss nach Inquisitionsmandaten hervorrief, welche, wenn die definitiva sententia 2 ) dem Königs gerichte Vorbehalten wurde, nur Mandate zur Berichterstattung sein konnten. Inquisitionsmandate zur Berichterstattung bieten uns, abgesehen von den Capitularien, die bereits oben erörtert worden sind, die Ur kunden in grosser Fülle. Ein solches liegt z. B. der bekannten Ur kunde Martene Coli. ampl. I, col. 41 von circa 780 zu Grunde. Der Bischof von Marseille hatte vor Karl dem Grossen geklagt, dass mehrere dem Kloster St. Victor gehörige Besitzungen vom Fiscus eingezogen worden seien 3 ). In dem Berichte, welchen die von Karl abgeordneten Machtboten über die von ihnen vorgenommene Inquisitio erstatten, wird der Anlass der Untersuchung und das Inquisitionsmandat reca- pituliert. „ Vos domne nobis de verbo vestro commendastis et (sc. ut) nos hoc diligenter juxta legis ordinem per illus (illos) pngenses ingenuos homines, qui hoc bene cognoscere debent, inquirere de- Auf den Gegensatz zwischen ordentlichem Beweisverfahren und einer vom König ungeordneten Untersuchung beziehe ich Bouquet VIII, 393, a. 834, B. 620. Ein Geistlicher klagt vor dem König „probter rebus ecclesiasticis . . . quas M. comes . . . in usus communes verte re temptaret u . „Ulterius non valens (sagt Lothar von sich in der Urkunde) ferre clamorem tantae multitudinis clericorum vel monachorum ante praesentiam nostram iussimus sisti et vehementer probari veritatem liujus rei u . . „Praesul . . . Chartas protulit. . . anteriorum regum. 2 ) Auch in Reclamationsfällen konnte ein Mandat ad defmiendum erlassen werden. „Populus sciat . . . quando aliquis ... ad nos reclamaverit ad eos (missos) possi- mus . . . querelas ad definiendum remittere“. §. 2, Cap. miss. 825 P. 247. s ) Conf. Roth, Feudalität und Unterthanenverband Seite 86.