H. Siegel, Oie Erholung und Wandelung im gerichtlichen Verfahren. 2 0 1 SITZUNG VOM 26. MÄRZ 1863. Die Erholung und Wandelung im gerichtlichen Verfahren. Von dem e. M. Heinrich Siegel. In dem deutschen Rechtsgange, der auf mündlichem Verfahren beruhte, galt für die Verhandlung der streitendenTheile der Grund satz, dass eine Erklärung, die gegeben worden war, nicht wider rufen werden konnte und unabänderlich war. Der Rechtssatz: wat en selve sprikt vor geeichte, dat van dem richtere unde dinglüden behort ist, dat ne mach he nicht weder spreken, lebte in nicht weniger als vier Formen im Munde des Volkes. Raid liiess es „ein Mann ein Wort“, bald „ein Mann ein Wort, ein Wort ein Mann“, oder auch „ein Mann ein Mann, ein Wort einWort“ und „ein Wort muss ein Wort sein *). Wer recht und gut gesprochen, sollte *) Der Gegenstand der vorliegenden Abhandlung wurde bereits besprochen von Nietzsche in seiner gediegenen Schrift: de prolocutoribus 1831. Trotzdem konnten in der folgenden Zeit noch Ansichten geiiussert werden, wie die von L e- man, Culmisches Recht (1838) S. 298: holung und wandel sei das Recht, vor Gericht zu erscheinen, und von Wilda, Zeitsehr. f. deutsche R. XV (1833) S. 291 : holung und wandel sei das Recht, eine Sache zu verhehlen, d. i. abzuleugnen und abzuwenden. Neuerdings hat Ho in ey er hei der Erörterung über die Parteien und ihre Vorsprecher in dem Richtsteige Landrechts (1837) S. 420—426 davon gehan delt, indem er ausgehend von Nietzsche's Ausführungen in seiner trefflichen Weise das hervorhob, wozu das genannte Rechtsbuch die Aufforderung bot. Die Rechtfertigung einer erneuten und umfassenden Darstellung des Gegenstandes muss die Abhandlung selbst geben. *) Diese Bedeutung der Sprichwörter blieb bis jetzt unerkannt. Zwar hat dieselben bereits Sachsse, Zeitschr. f. deutsche R. XVI, 97 in eine Beziehung zu dem gericht lichen Verfahren gesetzt. Allein die Deutung welche er ihnen gibt, ist eine wesent lich andere. Hiernach wollen sie sagen: ^Der Mann soll auch in seinen Worten unwandelbar und nicht d o p p e 1 z u n g i g, sondern wahr und treu s e i n“.