SITZUNG VOM 2. OCTOBER 1861.
V orgelegt:
Das Lexicon Tironianum der Göttweiger Stiftsbibliothek.
Von Dr. Th. Sickcl.
Bei einem Besuche des Stiftes Göttweig war ich freudig
überrascht, unter den mir in der Bibliothek vorgelegten Hand
schriften ein Lexicon Tironianum zu erblicken. Nur acht mehr oder
minder vollständige Codices dieses Inhalts werden als noch erhalten
aufgezählt, sie sind also selten und doch erinnerte ich mich nicht, in
irgend einem der alten oder neuen Berichte über die Göttweiger Biblio
thek vermerkt gefunden zu haben, dass auch sie eine derartige Hand
schrift und zwar eine bisher noch nicht benützte enthält. Allerdings
hat, wie ich später fand, Pertz einmal dieses Lexikon kurz erwähnt i),
aber sonst wird es in den gedruckten Berichten und Handschriften
verzeichnissen von Göttweig nirgends angeführt. Dass nun auch die
Verfasser des Chronicon Gotwicense desselben keine Erwähnung
thun, macht es mehr als wahrscheinlich, dass die Handschrift erst
später für Göttweig erworben wurde; vielleicht noch vom Abt Bessel
selbst auf einer seiner vielfachen wissenschaftlichen Reisen durch
Deutschland^und Italien, obwohl, wie mir der jetzige Herr Bibliothekar
und Capitular P. Gusenbauer mitzutheilen die Güte hat, in den hinter-
lassenen Papieren des Abtes Bessel und in dem Verzeichnisse der von
ihm für die Stifsbibliothek erworbenen literarischen Schätze dieses
Lexikon nicht mit aufgeführt wird. Jedesfalls kam die Handschrift bis
zur Mitte des vorigen Jahrhunderts nach Göttweig und wurde zuerst
l ) lu einer Anzeige von Ebert’s Handschriftenkunde: Gotting, gelehrte Anzeigen,
1826, p. 3Ö2.
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