26 Ferdinand Wolf. Anwendung, wenn die portugiesischen Hofdichter selbst Romanzen dichteten, wie überhaupt der Gebrauch der castilisehen Sprache bei den portugiesischen Dichtern von jener Zeit an und gerade in den eigentlich nationalen Dichtungsgattungen und den volksthümlichen Formen aus der gleichen Ursache, dem überwiegenden Einflüsse der aus volksthümlicher Basis entwickelten und früher zu den volksmässi- gen Formen zurückgekehrten castilisehen Poesie, hervorgegangen ist (vgl. meine Anzeige von Bellermann's erwähnter Schrift, a. a. 0., Sp. 107). Ja noch am Schlüsse des 16. Jahrhunderts war es bei den Galanen und Damen von Lissabon eine Modesache, zur Unterhaltung der höfischen Kreise castilische Romanzen zu sin gen !), die später erst, nachdem sie in jenen Kreisen aus der Mode gekommen, auch in den niederem Schichten sich verbreiteten und dann, in die portugiesische Sprache übertragen, sich nur mehr im Munde des Volkes erhielten 2 ). Das Volk aber, weniger durch den, seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in der Kunstpoesie vor herrschenden Einfluss der classisch-italienischen Schule der echt nationalen Poesie entfremdet, cultivirte vorzugsweise die aus Casti- lien stammenden lyrisch-epischen Romanzen, bürgerte sie auch der Sprache nach bei sich ein, und besang selbst nach ihrem Muster die Grossthaten und das tragische Ende seines geliebten National helden, des Königs Sebastian, während die Kunstdichter nach dem Vorgänge ihrer spanischen Kunstgenossen vorzugsweise nur mehr pastorile und moriske Romanzen dichteten 3 ). Letzterer Art *) S. Jorge Ferreira, Aulegraphia, act. II. sc. 9 (in der Ausg. von 1619, fol. 66vo), welcher da die für die Geschichte der portugiesischen Literatur sehr merkwürdige satyrische Bemerkung macht: „Nao ha entre nds quem perdoe a hüa troua portu- gueza, que muytas vezes he de vantagem das castelh anas que se tein aforado comnosco e tomado posse do nosso ouvido.“ Ebenda, Act III. Sc. 1, gibt er ein Beispiel davon, das ich bei Mittheilung der portugiesischen Romanze: „Von dem Fräulein das in den Krieg zieht,“ anführen werde. 2 ) So sagt selbst Garrett (III. pag. 63): „Assim andava pois este romance (die in der vorhergehenden Anmerkung erwähnte), extrangeiro, e portal prezado na alta sociedade portugueza; ate que, descendo dos saloes para o terreiro, a popula- ridade o naturalizou. Era castelh ano no p a g o, foi-se fazer portuguez na aldea.“ 3 ) S. Garrett (II. pag. XXXIII): „Temos muitos romances, lendas e cangoes d’esta epocha, tanto escriptos como conservados pela tradigao oral. Mas no reinado de D. Joäo III. a affectagao bucolica invade o proprio romance, que despe a malha e depoe a langa para vestir o surrao e impunhar o cajado de pastor. 0 gösto populär,