Die Genesis der vier Prager Artikel. 97 mente und Lehren Wiclifs bediente. Die Hussiten waren sich dessen wohl bewußt, daß sie die wirkungsvollste Begründung dieser Forderung nur den Werken Wiclifs entnehmen konnten. Die Anregung zu den Glaubenssätzen, die den Inhalt der vier Prager Artikel bilden, haben somit die Hussiten weder durch die Reformbestrebungen in ihrer Heimat, noch durch die Lehren der Waldenser empfangen. Man mag die Tätigkeit der Vorreformatoren noch so hoch einschätzen, immer wird man zugeben müssen, daß sie niemals die Absicht hatten, die Stellung der Kirche anzutasten und den weltlichen Arm zum Schutze der göttlichen Gebote anzurufen. Niemals haben sie vollständige Freiheit der Predigt, Einziehung des Kirchen gutes, Aufhebung der geistlichen Gerichtsbarkeit und Bestra fung der Priester durch Laien gefordert oder die Einführung des Laienkelches geplant. Auch die Waldenser vertraten kei neswegs den Grundsatz, daß Gottes Wort nicht gebunden sein dürfe, und die Spendung des Abendmahles unter beiden Gestalten läßt sich bei ihnen vor dem Jahre 1415 nicht bezeugen. In den vier Prager Artikeln kehren jene Gedanken wieder, die Johann Wiclif vierzig Jahre zuvor in England verkündet hatte. So groß ist seine Bedeutung für die Ausbildung des Hussitismus in Böhmen, daß wir uns keinen Artikel ohne den Einfluß seiner Lehren entstanden denken können. Die Forderungen von der Freiheit der Predigt und der Einziehung des Kirchengutes sind, wie Inhalt, Wortlaut und Entwicklungsgeschichte beweisen, ganz den Werken Wiclifs entnommen worden. Auch die Forderung, daß den Laien das Abendmahl unter beiden Gestalten gereicht werden solle, steht in Zusammenhang mit seinen Lehren. Seine Abendmahls theorie hat die Ausbildung der Ansicht, daß die Kommunion aus den zwei Sakramenten des Leibes und des Blutes Christi bestehe und unter einer Gestalt unvollständig sei, begünstigt, vielleicht sogar mittelbar durch Huss angeregt; die Lehre von der unbedingten Autorität der Bibel bot Jakobell die besten Hilfsmittel bei der Begründung und der Verteidigung seiner Sitzunjjsber. d. phil.-hist. Kl. 175. lid., 8. Abh. 7