Einleitung. Die Assyriologie leidet trotz der glänzenden Fortschritte, die sie besonders in der letzten Zeit gemacht hat, noch immer an manchen Mängeln. Als ein besonders fühlbares Übel möchte ich den Umstand bezeichnen, daß von Seiten der Assyriologen bis jetzt so wenig Aufmerksamkeit der materiellen Kultur der alten Babylonier gewidmet wurde. Man hat sich bis jetzt aufs Intensivste mit der politischen Geschichte, mit der Geistes kultur, Literatur, Religion und Mythologie der Babylonier be schäftigt, während die vielen Fragen der wirtschaftlichen Kultur dieses uralten Kulturlandes fast unbeachtet geblieben sind. Und doch kann es keinem Zweifel unterliegen, daß nicht nur der geistige, sondern auch der materielle Besitz der alten Babylonier unsere vollste Aufmerksamkeit verdient. Für die allgemeine Kulturgeschichte muß die Kenntnis der wirtschaftlichen Ver hältnisse des alten Babyloniens, eines der ältesten Kulturländer, von größtem Werte sein. Bei dem überwiegend agrarischen Charakter des babylo nischen Staates ist es nur natürlich, daß im Mittelpunkte einer wirtschaftsgeschichtlichen Betrachtung des alten Babyloniens der Ackerbau und die Viehzucht stehen muß. Aus der zur Zeit schon geradezu unübersehbaren Menge der babylonischen Ver- waltungs- und Privaturkunden, die sich mit dem Getreide, dessen Kultur und Verwertung befassen, ersehen wir deutlich, welche gewaltige Rolle die Landwirtschaft in dem zwischen zwei mächtigen Strömen gelegenen, kanalreichen Babylonien spielte. Trotz dieser Fülle von Quellen ist mangels einer Beai’beitung derselben unsere Kenntnis des babylonischen Ackerbaues äußerst gering. Die meisten der babylonischen landwirtschaftlichen ter- mini technici sind noch unerklärt. Man weiß vor allem nicht, welche Getreidearten von den Babyloniern angebaut wurden. 1*