302 VI. Abhandlung: Gam i 11 sch eg. noch auf der iberischen Halbinsel der aus dem lat. Ind. Plusqu. entstandene Konditionalis als abhängiges Futurum verwendet; und gerade hier wäre es ohne weiteres verständlich gewesen, wenn der neue Konditionalis die Funktionen des konkurrieren den alten Konditionalis insgesamt übernommen hätte. 302. Auch der umgekehrte Weg, d. h. der Übergang der Bedeutung eines abhängigen Futurums zu der eines Konditio nalis läßt sich nicht belegen. Das Französische ist auf dem Wege, sein organisches Futurum zu verlieren und dafür Um schreibungen eintreten zu lassen. Die Schriftsprache hat die Formel je vais venir als sogenanntes unmittelbares oder näheres Futurum übernommen; die Umgangssprache verwendet aber je vais venir, hzw. je dois venir ganz allgemein für das unter gehende Futurum. Wird nun in der Umgangssprache das ab hängige Futurum gesetzt, so wird aus einem je vais, dois venir ein il disait qu’il allait, devait venir; viendrait ist der Um gangssprache in dieser Verwendung bereits entfremdet. Niemals aber würde es jemandem einfallen zu sagen *s’il faisait beau, j’ allais partir. Wir sehen also, daß sich das abhängige Futur stets in Anlehnung an das direkte Futurum entwickelt und vom Kon ditionalis lostrennt, wenn das selbständige Futurum eine Sonder entwicklung nimmt. Dieselben Vorgänge können wir in Ober- und Unteritalien, beobachten. Dort, wo bei der Futurbildung Hilfsverbum und Hauptverbum getrennt sind, zeigt ersteres in der Abhängigkeit die Form der Abhängigkeit und nicht die des Konditionalis. So hatte man im Lombardischen für das abhängige Futurum avesse cantare neben einem avi cantare als Konditionalis, in Süditalien avesse a cantare zu aj’ a cantare als Futurum (§§ 234, 232), während als Konditionalis cantasse gebraucht ist. 303. Auch das Vulgärlateinische scheidet streng zwischen Konditionalis und Konj. Futuri. Thielmann hat klargelegt, daß der Typus cantare habebam dadurch in den Konditionalsatz kam, daß er eine aus stilistischen Gründen geschaffene Form cantaturus eram in der Volkssprache ersetzte (§ 24). Aber schon damals war cantaturus eram weder ein Futurum, denn es hatte die volle Bedeutung des ,Sollens‘, noch ein Präteritum, denn