Das eheliche Gtiterreclit in der Summa Raymunds etc. 49 keine Verwandten vorhanden sind und das Gut, ebenso wie der Alleinerwerb des Mannes nach dem Tode der Frau dem Fiskus zufällt. Auffällig ist, daß Leibzuchtsrechte der Gattin bei anderem Nachlaß des Mannes, wie sie sich aus dem Beisitz oder dem Verfangenschaftsrecht bei bekindeter Ehe ergeben, nicht erwähnt sind. Gegen das Gewohnheitsrecht, namentlich wenn es zu einer Bevorzugung des Fiskus vor der Witwe führt, richtet sich eine schon von Tomaschek (S. 55) erwähnte scharfe Kritik; es erscheint Baymund höchst widersinnig (valde absurdum) aus zwei Gründen, die beide deutschrechtlichen Gedanken entspringen: einmal darum, weil die Frau zum Erwerb durch ihre Mitarbeit beigetragen hat (die deutsch rechtliche Vorstellung, daß die Sache dem gehört, durch dessen Arbeit sie entstand), dann aber, weil gemeinschaftliche Sachen beim Wegfall eines Miteigentümers dem andern zu fallen, res indivise ab uno in alium devolvuntur (das deutsch rechtliche Gesamthandsverhältnis ist nicht vererblich, sondern es konsolidiert sich im Überlebenden). Baymund spricht sich jedoch für das Alleinerbrecht der Witwe an der Errungenschaft nur mit einer Einschränkung aus. Hinterläßt der Mann veros heredes (d. h. wohl ,rechte' Erben = Nachkommen 1 ), so zerfällt die Errungenschaft in zwei gleiche Teile, der eine fällt der Frau zu freiem Eigen, der andere nur zur Leibzucht zu und bleibt den Erben ver fangen. Baymunds Ansicht ist ein Kompromiß zwischen den beiden eben damals in Österreich um die Herrschaft ringenden Bechtssystemen, dem Verfangenschafts- und dem Teilrecht. Dem ersten entstammt die Idee, Leibzucht der Mutter mit unverletzlichem (v. ,illesa‘) Anwartschaftsrecht der Kinder zu verbinden, dem letzten der Gedanke, der Mutter sofort einen Teil zu freier Verfügung einzuräumen. Baymunds Ansicht ist der Witwe sehr günstig, weil sonst die Vorteile des Teilrechts für den verwitweten Teil an den Ver zicht auf die Leibzucht am restlichen Vermögen geknüpft sind. 1 Bartsch, Seelgerätsstiftungen S. 19. Sitzungstier. d. phil.-hist. Kl. 168. Bd. 4. Abh. 4