18 V. Abhandlung: v. Wiesner. Die hier vorgeführte Hypothese über eine Vorstufe der Hadernpapiererzeugung steht insoferne auf schwachen Füßen, als das Papier, welches uns hier so sehr beschäftigt hat, ein Unikum ist. Die anderen in demselben Wachtturm gefundenen, wie ich annehme jüngeren Papiere, zeigten die bezeichneten Charaktereigenschaften nicht. Wohl wurde an einzelnen der selben eine Streifung beobachtet, die aber, wie ich weiter unten zeigen werde, auf ganz andere Weise zustande kam, da in diesen letzten Papieren keine Garnfäden mehr nachgewiesen werden konnten. Wenn nun auch die ganze hier vorgeführte Hypothese sich als unhaltbar heraussteilen sollte, so lehren meine an diesem unzweifelhaften Pflanzenfaserpapier Angestell ten Untersuchungen doch mit aller Bestimmtheit, daß schon in der ersten Zeit der chinesischen Papiererzeu gung ein ausschließlich aus Hadern erzeugtes Papier existiert hat. In bezug auf die Art der Pflanzenfasern, aus welchen das Papier T XII a ii 1“ besteht, habe ich folgendes zu berichten. Es ist nicht leicht, sich über die Art dieser Pflanzenfasern ein Urteil zu bilden, weil durch das Stamjifen die Fasern sehr gelitten haben. Die mikrochemischen Reaktionen ergaben zu nächst, daß diese Pflanzenfaser gänzlich unverholzt ist und direkt die bekannten Reaktionen auf Zellulose gibt. Baumwolle ist vollkommen ausgeschlossen. Die Fasern sind eben Bastzellen. Lein- und Hanffasern (von Canabis sativa) sind gleichfalls mit Sicherheit auszuschließen. Einzelne, bis 2 cm lange, ziemlich intakt gebliebene Fasernfragmente deuten nach Bau und nach den Di mensionen auf eine ostasiatische Nesselfaser (Boehmeria, Urtica) hin und es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Faser dem chi nesischen Hanf (Boehmeria nivea) entspricht, welcher seit uralter Zeit in China kultiviert wird und auch heute noch dort als tschou-ma in Verwendung steht, übrigens gegenwärtig in vielen wärmeren Ländern gewonnen und als ,Chinagras', ,Ramie' etc. auch für die europäische Industrie von Wichtigkeit geworden ist. 1 Die Papiermasse unserer Probe besteht, wie schon oben 1 S. hierüber Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Auf!., Leipzig, Engelmann. Bd. II (1903), p. 318 ffd.