98 II. Abli.: v. Schroeder. Die Wurzeln der Sage vom heil. Gral. Donnerkeil, Hammer, Pfeil, auch Lanze (im Mahäbharata) — hinzukommt, in der Regel als das machtvolle Mittel, das ge suchte Kleinod zu erringen, bisweilen aber selbst Gegenstand des Suchens und Ringens. Im Peronnik-Märchen erscheinen das goldene Becken und die diamantene Lanze, la lance sans merci, nebeneinander; im deutschen Märchen neben Tischlein deckdich und Bricklebrit der Knüppel-aus-dem-Sack, der beide wieder gewinnt. Daß im übrigen vielleicht die Gralprozession bei einigen Dichtern durch das Bild der Vorgänge bei der Messe, ins besondere der byzantinischen Messe beeinflußt worden ist, wollen wir nicht in Abrede stellen. Es ist das ganz möglich, viel leicht wahrscheinlich. Die Art und das Maß dieses Einflusses festzustellen, kann hier aber nicht unsere Aufgabe sein. Sie muß denen überlassen bleiben, welche gerade auf diesen Punkt ein besonderes Gewicht legen. Wir können es auch nicht unternehmen, das Gebiet der eigentlichen christlichen Legende in der Graldichtung bestimmter zu umgrenzen. Uns muß es genügen festzustellen, daß sich jedenfalls ein reicher Strom altarischer Mythen, Sagen und Märchen mit dieser Legende vereinigt hat. Die Legende wurde von dem Strom erfaßt, von der freien Fabulierlust weltlicher Dichter immer weiter getragen. Gerade dadurch aber, daß die hehre Passionsreliquie von heimischem Sagengut reich um sponnen ward, konnte eine Dichtung entstehen, die alle poe tischen Bedürfnisse der Volksseele befriedigte und zugleich zum unvergleichlichen Symbol christlich-mittelalterlichen Emp findens und Glaubens emporwuchs.