Wilhelm von Schröder. 103 Das Vorbild des patriarchalischen, auf Gottesfürchtigkeit und Gerechtigkeit aufgebauten Staates liegt nahe: es ist das Sachsen-Gotha Emsts des Frommen, dessen würdiges Regiment in der Seele seines Landeskindes tiefe Eindrücke hinterlassen haben mag, jener Staat, dem auch Seckendorfs ,Fürstenstaat“ und ,Christenstaat“ zu danken sind. Und die Festigung, Vertiefung und Ausbildung seiner in England be gründeten absolutistischen Theorie hat Schröder gewiß dort ge wonnen, wo er die dauernde Stätte seiner Tätigkeit fand, in den Ländern Kaiser Leopold I., dem er die Frucht seines Geistes widmete. Ein Blick auf die staatsrechtliche Gestal tung in Österreich, die Wertung namentlich der Rolle, die in der Staatserhaltung und im Staatsleben die Antipoden des Absolutismus, die Landstände, damals spielten, kann demnach einen weiteren Schlüssel zum Verständnis der Grundanschau ungen Schröders geben. Die Gegenreformation hatte in Österreich den alten Kampf der landesfürstlichen und der ständischen Macht im wesent lichen vollendet; der Dualismus des Staates ist vernichtet, an Stelle der zwei Subjekte des Staatsrechtes und der Staatsge walt ist eiues getreten, die Staatspersönlichkeit einheitlich ge worden. 1 Der verfassungsmäßige Anteil der Stände an der Ge setzgebung, der in ihrer Autonomie der inneren Verwaltung und ihrem Steuergesetzgebungsrechte beruht hatte, wird mehr und mehr zurückgedrängt; doch der Sieg ist noch lange kein tatsächlich vollständiger: neben dem Landesfürstentum stehen unter Leopold I. noch immer die Stände als eine Macht, die zwar an aktiver Geltung bedeutend verloren hat, durch passiven zähen Widerstand aber Schritt für Schritt vornehmlich kraft ihres Steuerbewilligungsrechtes den auf Vereinheitlichung des Staates gerichteten Strebungen, ja selbst den nach Hebung der 1 Vgl. im allgemeinen G. v. Belovv, Territorium und Stadt (München und Leipzig 1U00), S. 255 ff. und F. Kachfahl, Der dualistische Ständestaat in Deutschland, Jahrbuch f. Gesetzgebung, Verwaltung u. Volkswirtschaft, 26. Bd., S. 1063 ff. sowie A. v. Luschins Artikel ,Landstände 1 im Österr. Staatswörterbuch, herausgeg. v. Mischler u. Ulbrich, 2. Auf!., 3. Bd.; im besonderen A. F. Pribram, Die niederösterr. Stände u. die Krone in der Zeit Leopolds I., Mitteilungen d. Instituts f. österr. Geschichtsforschung, 14. Bd., S. 589 ff.