SITZUNGSBERICHTE
DER
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
HUNDERTDREIUNDDREISSIGSTER BAND.
(MIT DREI TAFELN.)
WIEN, 1896.
IN COMMISSION BEI CARL GEROLD’S SOHN
BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
300122
e~ /
r
-
Druck von Adolf Holzliausen,
k. und k. Hof- und Universitäts-Buchdrucker in Wien.
I.'IBIM«UM1.
INHALT.
i.
ii.
IV.
v.
VI.
L
VII.
VIII.
IX.
X.
XI.
Abhandlung'. Schuchardt: Ueber den passiven Charakter des Tran
sitivs in den kaukasischen Sprachen.
Abhandlung. Fr. Müller: Das Verbum ,hastam‘ im Neupersischen.
Abhandlung. Bittner: Der Kurdengau Uschnüje und die Stadt
Urümije. Reiseschilderungen eines Persers, im Originaltexte her
ausgegeben, übersetzt und erläutert.
Abhandlung. Tomaschek: Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
Historisch-topographische Untersuchung. I. Geschichtliches über
Säsun.
Abhandlung. Jagid: Die Geheimsprachen bei den Slaven.
Abhandlung. Haffner: Das Ilitäb es-ää’ von al-’Asma'i. Heraus
gegeben und mit Anmerkungen versehen.
Abhandlung. Schenkl: Bibliotlieca patrum latinorum Britannica.VH.
(Mit einer Tafel.)
Abhandlung. Kirste: Die alphabetische Einordnung von Anusvära
und Visarga.
Abhandlung, v. Sickel: Römische Berichte. I.
Abhandlung. Mussafia: Süll’antica metrica portogliese.
Abhandlung, v. Schroeder: Zwei neuerworbeue Handschriften der
k. k. Hofbibliothek in Wien mit Fragmenten des Käthaka. (Mit
zwei Tafeln.)
X. SITZUNG VOM 3. APRIL 1895.
Es werden folgende Druckschriften vorgelegt:
,Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien und der
Hercegovina', herausgegeben vom bosnisch - hercegovinischen
Landesmuseum in Sarajevo, I. und II. Band, übersendet vom
gemeinsamen Finanzminister;
,Schriften der hist.-statist. Section der k. k. mährischen
Gesellschaft zur Beförderung der Natur- und Landeskunde',
XXIX. Bd.: Zur Geschichte des Erzbisthums Olmütz von Chr.
R. d’Elvert, und
,Notizenblatt' derselben Gesellschaft, Jahrgang 1894, ein
gesendet vom Ausschüsse der Gesellschaft;
,Archivalische Zeitschrift', herausgegeben durch das baier.
allg. Reichsarchiv zu München. N. F. V. Bd., übersendet vom
Vorstande desselben;
,Lettres de Pierre de Groot ä Abraham de Wicquefort
(1668—1674)', publiees par F. J. Krämer. La Haye 1894.
Das w. M. Herr Hofrath Dr. V. Jagic legt vor: ,Ein
dritter Beitrag zur südslavischen Bibliographie'.
XI. SITZUNG VOM 24. APRIL 1895.
Der Secretär legt eine für die Sitzungsberichte bestimmte
Abhandlung des w. M. Herrn Professor Dr. Hugo Schuchardt
in Graz: ,Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den
kaukasischen Sprachen' vor.
vr
Weiter werden vorgelegt:
,Avesta. Die heiligen Bücher der Parsen', im Aufträge
der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien herausgegeben
von Karl F. Geldner. III. Vendidäd. 8. Lief., und
,Chartularium universitatis Parisiensis' collegit, cum authen-
ticis chartis contulit notisque illustravit Henricus Denifle O. P.
auxiliante Aemilio Chatelain. T. III.
Michael Abdallah Gabriel, Professor am Libanon’schen
St. Josephs-Collegium, übersendet ein von ihm verfasstes histo
risch-mythologisches Werk: ,Asätir el-awwalin'.
Das w. M. Herr Professor Dr. Friedrich Müller in Wien
überreicht eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung:
,Das Verbum „hastam“ im Neupersischen.'
Das w. M. Herr Professor Dr. Max B ü d i n g e r legt
eine für die Denkschriften bestimmte Abhandlung: ,Ammianus
Marcellinus und die Eigenart seines Geschichtswerkes, eine
universalhistorische Studie', vor.
Das w. M. Herr Hofrath Benndorf legt namens der klein
asiatischen Commission eine Abhandlung des Herrn Dr. Iie-
berdey: ,Ergebnisse der Reisen in Kilikien aus den Jahren
1891 und 1892 mit einer Kartenzeichnung vom c. M. im Aus
lande H. Kiepert' vor und beantragt die Aufnahme derselben
in die Denkschriften.
Die Abhandlung wird zunächst der Budget-Commission
überwiesen.
VII
XII. SITZUNG VOM 8. MAI 1895.
Der Secretär legt eine Abhandlung des Herrn Carl Ne
bellay, Beamten in Wien: ,Mexicanische Hieroglyphen und
Bilderhandschrift' vor, um deren Aufnahme in die akademischen
Schriften der Verfasser ersucht.
Dieselbe wird einer Commission zur Begutachtung über
geben.
Derselbe übergibt eine Abhandlung des Herrn Dr. Max
Bittner in Wien: ,Der Kurdengau Uschnüje und die Stadt
Urümije. Reiseschilderungen eines Persers, im Originaltexte
herausgegeben, übersetzt und erläutert', um deren Aufnahme
in die Sitzungsberichte der Herausgeber ersucht.
Die Arbeit wird einer Commission zur Begutachtung
übergeben.
Weiter wird vorgelegt das mit Unterstützung der kais.
Akademie erschienene Werk: ,Altfranzösische Prosalegenden',
herausgegeben von Adolf Mussafia und Theodor Gärtner.
1. Theil.
Das w. M. Herr Hofrath Vatroslav Jagic überreicht eine
für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: ,Die Geheim
sprachen bei den Slaven'.
XIII. SITZUNG VOM 15. MAI 1895.
Se. Excellenz der Curator - Stellvertreter Dr. Carl v.
Stremayr theilt mit, dass Seine kais. und königl. Hoheit der
durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer als Curator der kais.
Akademie die feierliche Sitzung am 30. Mai mit einer An
sprache zu eröffnen geruhen werde.
VIII
Das k. und k. Ministerium des Aeussern übersendet im
kurzen Wege zwei ihm von der französischen Botschaft für
die Akademie zugekommene Werke, und zwar:
,Recueil des Instructions donnees aux Ambassadeurs et
Ministres de France . . . XI. Espngne par A. Morel-Fatio.
Tome 1 er 1649—1700. Paris 1894';
,Papiers de Barthelemy, Ambassadeur de France en
Suisse . . . par Jean Kaulek. V. Septembre 1794 ä, Septembre
1796. Paris 1894*.
Herr Dr. Carl Sehr auf, k. und k. Sectionsrath, über
sendet in Abschrift zwei Weisthümer der Gerechtigkeit und
des Herkommens der Märkte Neumarkt und Gutau in Ober
österreich behufs ihrer Veröffentlichung.
Geht an die Weisthümer-Commission.
Der Vorsitzende der Central-Direction der ,Monumenta
Germaniae* übersendet eine Abschrift des Jahresberichtes über
den Fortgang dieses Unternehmens.
Der Secretär legt eine Abhandlung des Herrn Dr. J. Lo-
serth, Professors an der k. k. Universität Graz: ,Die Regi
stratur Erzherzog Maximilians (Maximilians II.) aus den Jahren
1547—1551/ vor, um deren Aufnahme in das ,Archiv* der Her
ausgeber ersucht.
Die Arbeit wird der historischen Commission überwiesen.
IX
XIY. SITZUNG VOM 22. MAI 1895.
Der Secretär legt eine für die Sitzungsberichte bestimmte
Abhandlung des c. M. Herrn Dr. Wilhelm Tomaschek, Pro
fessor an der k. k. Universität in Wien: ,Sasun und das Quellen
gebiet des Tigris. Historisch-topographische Untersuchung. I. Ge
schichtliches über Sasun £ vor.
Weiter wird vorgelegt:
,Wirtembergisches Urkundenbuch, herausgegeben von
dem königl. Staatsarchiv in Stuttgart/ VI. Band.
XV. SITZUNG VOM 12. JUNI 1895.
Der Secretär legt Copien von drei Weisthümern, nämlich
,Rechtpuech der pannthading im gericht Waitterhofelden, 1548',
,der Herrschaft Reichenstein rechte und pannthading, 1552' und
,Markt Schenkhenfeldt Tätting buech', eingesendet von Herrn
Dr. Karl Schrauf, Sectionsrath und Archivar im k. k. Haus-,
Hof- und Staatsarchiv, vor.
Dieselben werden der Weisthümer-Commission übergeben.
Der Secretär legt eine Abhandlung des Herrn Dr. J. Kirste,
Professor an der Universität Graz: ,Die Einordnung von Anu-
svära und Visarga in das Sanskritalphabet' vor, um deren Auf
nahme in die Sitzungsberichte der Verfasser ersucht.
Die Abhandlung wird einer Commission zur Begutachtung
übergeben.
Die Kirchenväter-Commission legt zur Aufnahme in die
Sitzungsberichte die 3. Abtheilung des II. Bandes der ,Biblio-
X
theca patrum latinorum Britannica', bearbeitet von Herrn Pro
fessor Dr. Heinrich Sehen kl, vor.
Das w. M. Herr Professor Dr. Karabacek überreicht:
,Corpus papyrorum Raineri. Yol. II. Koptische Rechtsurkunden
texte, herausgegeben von J. Krall, I. Bd.'
XVI. SITZUNG VOM 19. JUNI 1895.
Das c. M. im Auslande Geheimrath 0. Böhtlingk in
Leipzig spricht für die ihm zu seinem 80. Geburtstage aus
gesprochenen Glückwünsche seinen Dank aus.
Von Druckschriften werden vorgelegt:
,Die attischen Grabreliefs', herausgegeben im Aufträge der
kais. Akademie der Wissenschaften. Lieferung VII;
Bretholz B.: ,Geschichte Mährens', I. Bd., 2. Abtli., über
sendet vom Landesausschusse der Markgrafschaft Mähren;
,Die böhmischen Landtagsverhandlungen und Landtags
beschlüsse vom Jahre 1526 an bis auf die Neuzeit', heraus
gegeben vom königl. böhmischen Landesarchiv. VIII. (1592—
1594), übersendet vom Landesausschusse des Königreiches
Böhmen;
,Törtenelmi tär', herausgegeben von der ungarischen histo
rischen Gesellschaft. Jahrgang 1881—1894, geschenkt von dieser
Gesellschaft;
,Das Monument von Adamklissi, Tropaeum Traiani', unter
Mitwirkung von 0. Benndorf und G. Niemann herausgegeben
von Gr. G. Tocilesco, gespendet von Herrn Nicolaus Durnba,
Mitglied des Herrenhauses.
XI
XVII. SITZUNG VOM 3. JULI 1895.
Der Präsident macht Mittheilung von dem am 23. Juni
1. J. erfolgten Ableben des Ehrenmitgliedes im Auslande, Dr.
Rudolf von Roth, Professors an der Universität Tübingen.
Die Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides.
Der Secretär legt ein von Herrn Dr. Karl Sch rauf,
Sectionsrath und Archivar im k. und k. Haus-, Hof- und Staats
archiv, überreichtes Banntaiding: ,Des dorfs Summerau alt
herkomben und freihait. a. 1555' vor.
Dasselbe wird der Weisthümer-Commission überwiesen.
Derselbe legt weiter eine Abhandlung des Herrn Franz
Jäger, Gymnasialprofessor i. R. in Klagenfurt: ,Archiv der
Stadt St. Andrae im Lavantthale in Kärnten. Mit einer ge
schichtlichen Uebersicht der Stadt und Umgebung' vor, um
deren Aufnahme in die akademischen Schriften der Verfasser
ersucht.
Dieselbe geht an die historische Commission.
Der Secretär legt ferner eine Abhandlung des Herrn Dr.
Franz Kuhnert, Privatdocent an der Universität Wien: ,Ueber
den Rhythmus im Chinesischen' vor, um deren Aufnahme in
die akademischen Schriften der Verfasser ersucht.
Die Abhandlung wird einer Commission zur Begutachtung
übergeben.
Das w. M. Herr Hofrath Th. von Sickel legt eine Ab
handlung für die Sitzungsberichte vor, betitelt: ,Römische Be
richte I.' — Der Verfasser, welcher in diesen Berichten auf
bisher minder bekannte Partien des päpstlichen Geheimarchivs
aufmerksam machen will, gibt im ersten Aufschlüsse über die
Abtheilung der Concilacten, welche, allmälig zu 151 Bänden
XII
angewachsen, fast nur Acten des Tridentinum und unter diesen
vornehmlich Acten zur Geschichte der letzten Periode (1561 —
1563) enthält.
Das w. M. Herr Hofrath A. Mussafia überreicht eine
für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: ,Sull’ antica
metrica portughese'.
Herr Dr. Franz Hillebrand, a. o. Professor an der Uni
versität Wien, überreicht eine Abhandlung: ,Zur Lehre von
der Hypothesenbildung', um deren Aufnahme in die Sitzungs
berichte er ersucht, und knüpft daran einen Vortrag.
XVIII. SITZUNG VOM 10. JULI 1895. ■
Der Präsident gedenkt des Verlustes, welchen die kais.
Akademie durch das am 8. Juli erfolgte Ableben des w. M.
der math.-naturwiss. Classe Dr. Josef Loschmidt, Professor
an der k. k. Universität Wien, erlitten hat.
Die Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides.
Der Secretär übergibt eine Abhandlung des Herrn Dr.
Leopold v. Schroeder, Prof, an der k. k. Universität Inns
bruck: ,Zwei neuerworbene Handschriften der k. k. Hofbiblio-
thek in Wien, mit Fragmenten des KäthakaJ
Die Abhandlung wird einer Commission zur Begutachtung
übergeben.
Prof. Dr. Geldner in Berlin und die Buchhandlung Kohl
hammer in Stuttgart sprechen für die ihnen zur Herausgabe
des ,Avesta‘ gewährte Unterstützung ihren Dank aus.
XIII
Der Secretär der hist. Commission hei der königl. Aka
demie der Wissenschaften in München, Prof. Dr. C. A. Cor
nelius, übersendet den Bericht über die 36. Plenarversammlung. .
Folgende Druckwerke wurden vorgelegt:
,Die Gebarung und die Ergebnisse der Unfallstatistik der
Arbeiter-Unfall-Versicherungsanstalten im Jahre 1893/ übersen
det vom k. k. Ministerium des Innern;
,Studienstiftungen im Königreiche Böhmen', II. Bd. (1700
bis 1754), übersendet im Aufträge Sr. Excel! des Herrn Statt
halters des Königreiches Böhmen;
,Archiv Cesky', XIII. Bd., übermittelt vom Landesaus-
schusse des Königreiches Böhmen;
, Archäologisch-epigraphische Mittheilungen aus Oesterreich-
Ungarn', herausgeg. von 0. Benndorf und E. Bormann, XVIII.
Jahrgang, 1. Heft, übersendet von der Direction des Archäo
logisch-epigraphischen Seminars.
Das von der kais. Akademie delegirte Mitglied legt einen
Bericht der Commission für den ,Thesaurus linguae latinae'
über die Ptingstconferenz zu München, 3. und 4. Juni 1895, vor.
i
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
l
I.
Ueber den passiven Charakter des Transitivs
in den kaukasischen Sprachen.
Yon
Hugo Sehuehardt,
wirkt. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
JDer passive Charakter des Transitivs führte mich schon
vor Jahren (s. Litbl. f. germ. u. rom. Phil. 1888 Sp. 229) vom
Baskischen zu den kaukasischen Sprachen, und ich bemühte
mich innerhalb deren erstaunlicher Mannigfaltigkeit diese That-
sache in allen ihren Gestaltungen, Abstufungen, Spuren und
Anhängen zu verfolgen. Sie erschien mir, selbst da, wo ich
Uebereinstimmungen in der äusseren Sprachform nicht wahrzu
nehmen vermochte, als das Bindeglied nicht nur zwischen den
einzelnen nordkaukasischen Sprachen, sondern auch zwischen
diesen insgesammt und den südkaukasischen, aus denen mir
wenigstens der Narrativ des Georgischen bekannt war. Da
durch gewann die Untersuchung ein selbstständiges Interesse,
und ich habe sie jetzt aufgefrischt, nachdem ich gesehen habe,
dass auch in dem Buche von R. von Erckert, Die Sprachen des
kaukasischen Stammes, Wien 1895, und zwar in der Schluss
betrachtung, neben so manchen Zügen, welche die Zusammen
gehörigkeit der kaukasischen Sprachen wahrscheinlich machen
sollen, gerade jener allgemeinste und beweiskräftigste nicht
mit angeführt wird. Ausser diesem so erwünscht gekommenen,
leider allzu druckfehlerreichen Werke (den Zahlen der von mir
citirten Beispielsätze geht ein ,n.‘ voraus) sind mir bei der
Um- und Ausarbeitung des früheren Entwurfs die Sammlungen
und Darstellungen von besonderem Nutzen gewesen, die sich
in den letzten Bänden des Cöopimici> MaTepia.aoB'B oiiiicaiibi
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXJ1I. Bd. 1. Ahh. 1
2
I. Abhandlung: Schuchardt.
MicTHOCTeö h n.ieiiCHT) Kannasa, Tiumhct. finden. Die älteren
Quellen für das Studium der kaukasischen Sprachen (v. A. die
Uslar'sehen und Scliiefner’schen Arbeiten) zähle ich nicht auf.
Indem ich Sprache für Sprache, und zwar nach der
Gruppirung, die Erckert S. 385f. gegeben hat, durchnehme, habe
ich eine gewisse, vielleicht eine recht grosse Ungleichmässigkeit
der Darstellung nicht vermeiden können. Die Schuld daran
trägt theils die verschiedene Beschaffenheit meiner Hülfsmittel,
theils meine eigene Neigung und Befähigung. Die eine Sprache
war mir interessanter als die andere, die eine schwieriger als
die andere; eine durchlaufende Horizontale, bis zu welcher das
Studium jeder Sprache zu vertiefen gewesen wäre, liess sich
nicht ziehen, ein oberflächliches musste es begreiflicherweise
überall bleiben. Wie misslich und gefährlich ein solches Ab
suchen buntwechselnden Gebietes nach einer bestimmten Er
scheinung, besonders einer der inneren Sprachform ist, wie sehr
die Ergebnisse im Einzelnen berichtigungs- und ergänzungsbe
dürftig sind, das brauche ich nicht auseinanderzusetzen; aber ich
denke, ich brauche auch nicht auseinanderzusetzen, wie nütz
lich, ja notliwendig es ist.
Gewisse allgemeine Betrachtungen über das passiv ge
dachte Transitiv verspare ich auf eine Arbeit, in der ich die
Frage der Verwandtschaft zwischen Baskisch und Hamitisch
zu behandeln gedenke. Ein paar Vorbemerkungen sind aber
doch nicht zu umgehen. Wenn z. B. Paul den Peter schlägt,
so ist für den Beobachter jeder Zweifel darüber ausgeschlossen,
von wem die Wirkung aus- und auf wen sie übergeht: Paul
ist das reale Subjekt —2, Peter das reale Objekt —0. Wenn
der Beobachter nun aber das Gesehene mittheilen will, so kann
er entweder sagen: ,Paul schlägt den Peter) dann ist Paul
auch das ideale (oder psychologische) Subjekt — S, Peter das
ideale Objekt (das direkte) —0, oder ,Peter wird von Paul ge
schlagen) dann ist Peter — S, und Paul das ideale Objekt im
weitesten Sinne, der Urheber —U. Z bedeute das Ziel (das
indirekte Objekt); p den Verbalstamm. Der Sachverhalt ist
etwas Festes, seine Auffassung eine wechselnde. Aber er
ist zum Theil hinlänglich verwickelt, um uns die Bestimmung
des realen Subjekts zu erschweren. In unsern Sprachen ent
spricht das Subjekt der Transitive meistens dem realen.
Ueber (len passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
3
Aber wenn ich sage: ,ich sehe ein Haus*, ,ich höre ein Ge
räusch', ,ich liehe das Mädchen', so wohnt diesen Sätzen
durchaus nicht die gleiche Transitivität inne wie diesem: ,ich
schlage ihn'. Der wahre Sachverhalt ist besser dargestellt in
unsern Wendungen: ,ein Haus fällt mir in die Augen', ,ein
Geräusch trifft mein Ohr', ,das Mädchen flösst mir Liebe ein'.
Nur dass doch wiederum mit der unwillkürlichen Wirkung der
einen Seite eine schauende, horchende, vei’langende Thätigkeit
der andern sich kreuzt, die eine sehr verschiedengradige ist;
man vergleiche z. B. ,ich sehe plötzlich ein Haus vor mir' und
,ich sehe endlich das Haus, das du meinst' — ,ich liehe das
Mädchen, ohne dass sie es weiss' und ,ich liehe das Mädchen,
obwohl sie von mir nichts wissen will'. In den kaukasischen
Sprachen pflegt bei den Verben des sinnlichen oder seelischen
Empfindens unser Objekt als Subjekt, unser Subjekt aber, das
ich, mit einiger Willkür, als das reale betrachten will, nicht als
Urheber, sondern als Ziel zu stehen, sodass es für ,icli sehe ihn'
nicht sowohl heisst ,er wird von mir gesehen' als ,er wird
mir sichtbar'. Wendungen wie die beiden letzten, die passive
und die von unserem Standpunkt aus als passiv-intransitive zu
kennzeichnende, berühren sich sehr nahe, vertreten einander
sehr leicht; Ziel und Urheber, die so weit auseinander liegen,
werden miteinander vertauscht. So auch ausserhalb jener
Verben; vgl. z. B. ,mir ist der Arm gebrochen' = ,ich habe
den Arm gebrochen'. Diese in rein grammatischem Sinne
wunderliche und nur durch die Erwägung des Thatsächlichen
zu erklärende Erscheinung spielt auch im Baskischen eine
wichtige Rolle; s. B. St. I, 44. Was ich im Folgenden unter
Empfindungsverben verstehe, ist im weitesten Sinne zu nehmen
(begreift z. B. auch ,finden' mit ein), wechselt aber natürlich
mehr oder weniger dem Umfang nach von einer Sprache zur
andern.
1*
4
1. Abhandlung: Scliuchardt.
I. Nordkaukasiscli.
A. Westliche Sprachen.
1. Abchasiscli.
Konjunkte Pronomen: S, U, Z.
Formversekiedenlieit. Das S der 3. S. ist d m. und w., i n.,
das U und Z i m., I w., a n.
Stellung': a) beim Intrans.: SZp.
b) beim Trans.: passivische: SUp, SZUp, auch SpUp
(Infigirung bloss in Zusammensetzungen, wie Erckert S. 280 sagt?
zwischen S und U können auch Konjunktionen stehen: ,es-
wäkrend-ich-verbrenne‘, ,es-wie-ich-verbrenne', ja sogar manch
mal Substantive, so: ,ich-Wasser-blicke', ,es-Feuer-ich-stelle'
Schiefner §. 65 u. S. 39 f., Fälle, die sehr an die amerikanische
,Polysynthese' erinnern). So sind QSp, OZSp zu deuten, sonst
würde zwischen Transitiv und Intransitiv ein Widerspruch be
stehen. Wenn Fr. Müller III, IX, 62 in Formen wie ich-du-
schlag- — ,ich schlage dich', gegenüber solchen wie du-ich-lieb-
= ,ich liebe dich 1 , eine ,unregelmässige' Stellung der Personal
pronomen erblickt, so rührt dies daher, dass nicht bloss die
Passivität der letzteren verkannt ist, sondern auch die schon
von Schiefner §. 41 vermuthete Intransitivität der ersteren. Der
Abchase sagt: ,ich schlage dir', wie der Rutule, der Chinaluge,
der Tschetschene, der Georgier; s. Erckert n. 28 S. 15. 77 (lies:
,dem Hunde' statt ,den H.'). 230. 313.
Pluralzeicken: -kh- (wohl mit dem Pluralsuffix des Sub
stantivs -kliua verwandt) bei der neutralen 3. S. als Subjekt:
i-qa-s-ts’-ueit, ,ich mache es', i-qa-s-ts’a-kh-ueit, ,ich mache
Vieles'; s. Schiefner §. 50.
Vollpronomen und Substantive.
Kasusformen: S, U, Z = Nominativ; der Instrumental wird
nicht als Aktivus (= U) verwendet.
Stellung: a) der Vollpronomen: aktivische: SO, z. B.
ich du du-ich-lieb- = ,ich liebe dich'. Der Chiasmus macht den
Zusammenstoss der beiden Auffassungen des Transitivs recht
Heber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
5
augenscheinlich, setzt aber voraus oder hat zur Folge, dass die
verschiedenen Werthe (ich dich, du von-mir) im Sprachgefühl
auf eine Währung gebracht worden sind. Das will ich in den
Formeln nachhilden, und zwar werde ich die aktivischen auf
die passivischen als die ursprünglichen reduziren, also im Fol
genden U S, U Z für S 0, S Z schreiben.
b) der Substantive: gewöhnlich U S, U Z S; doch findet
sich auch U S Z (so Erck. n. 18) und Z U S (so Schiefner §. 58).
Das Verb trennt nicht selten diese Ausdrücke, z. B. U Z SUp
S Erck. n. 17, U SUp Z S Erck. n. 20.
Pleonasmus der Pronomen:
a) heim Intransitiv. Innerhalb der Verbalform steht
meistens S und Z; nur wenn S als Substantiv oder Vollpro
nomen unmittelbar vorhergeht, kann das konjunkte Pronomen
fehlen (dadurch werden Unterscheidungen möglich wie die von
Schiefner §. 63 erwähnte).
b) beim Transitiv. U scheint innerhalb der Verbalform
nie zu fehlen, mit Ausnahme des Imperativs im Sing., wo we
nige Verben i-u- (z. B. i-u-aha, ,liöre es'), die meisten nur i-
haben (i-bly eig. ,es verbrannt werde', nämlich ,von dir'). Und
wenn man bei Schiefner die 1. P. Sing, der Transitive immer
mit i-s- (,es-ich-') angeführt findet, während das ,es' in der Ueber-
setzung weggelassen ist, so sollte man meinen, es verhielte sich
mit i-z-b-ueit, ,ich sehe' u. s. w. ebenso wie mit bask. da-kus-t,
,icli sehe' u. s. w. Allein es begegnen doch Beispiele, in denen
das konjunkte S fehlt, so U UpS Erck. n. 119 ff. 135ff.; es
wird das meistens dann geschehen, wenn das selbständige S un
mittelbar vorhergeht: U S ZUp Z Erck. n. 18 (vgl. n. 23), U
Z S ZUp Erck. n. 21, U S ZUp Erck. n. 63. Wenn Erck. n. 17
Z in der Verbalform nicht erscheint, so wohl deshalb nicht,
weil diese dann mit einem dreifachen i beginnen würde. —■
Dem SZU der Verbalformen pflegen nur zwei Vollpronomen
zu entsprechen, aber so dass die erste und zweite Person vor
der dritten begünstigt werden: ich du sowohl = ,ich dich'
wie = ,ich dir', du ich = ,du mich', ,du mir'. Und wo nur
ein Vollpronomen der 3. P. steht, igt es das von U oder Z, z. B.
sie es-sie-geb-iver-, ,wer gibt es ihr?'. S. Schiefner §. 42.
Empfindungsverben: == Transitive, da zwischen Dativ und
Nominativ = Aktivus kein Unterschied besteht.
6
I. Abhandlung: Schuchardt.
Schiefner §. 43 macht die von Fr. Müller S. 56 wieder
holte Bemerkung, dass das Abchasische kein Passiv kenne,
dass man den Satz ,ich werde von meinem Vater geliebt' aus-
drücken müsse: ,mein Vater liebt mich'. Streng genommen ist,
wie die obigen Auseinandersetzungen darthun, die Sache gerade
umgekehrt: das abch. mein Vater ich-er-lieb- entspricht nicht
sowohl dem letzteren als dem ersteren Satze. Dass das Ab
chasische als Vergleichsobjekt für das Baskische ein besonderes
Interesse gewährt, ist nicht zu läugnen; dennoch geht W. Grube
etwas zu weit, wenn er ihm unter den nordkaukasischen Sprachen
eine Sonderstellung anweist und meint, es stehe morphologisch
dem Baskischen und den einverleibenden Sprachen der neuen
Welt bei weitem näher als seinen nächsten Verwandten, indem
es vollkommen deutlich den Typus der einverleibenden Spra
chen repräsentire (,Kaukasische Sprachen' in Ersch und Grubers
Enc.). Die dem Abchasischen nächst verwandte und wiederum
dem Baskischen noch näher stehende Sprache ist das
2. Tscherkessisclie,
über das ich mich vorzugsweise aus L. G. Lopatinskijs KpaTKaa
baoapAHncKan rpaMMaTHita (CfiopiiHirt XII, Oivylvii, II. 1891)
unterrichtet habe; doch versagte diese gerade in wichtigen
Punkten die Auskunft. Die gründliche Benutzung der im
I. Theile desselben Bandes von demselben veröffentlichten
kabardinischen Texte würde mich allzustark in Anspruch ge
nommen haben.
Konjunkte Pronomen: S, U, Z.
Formverschiedcnlicit: nur in der 3. Person, und zwar lautet
S bei Intransitiven Sing, »o-, me-, Plur. ma-, U Sing, je-, ji-, Plur.
ja- (bei manchen Verben re-, ri-, Plur. ra-). Die Transitive ohne
beigefügtes reales Objekt werden entweder wie die Intransitive
behandelt, z. B. ,Bauer--)' (bestimmter Artikel bei S) ma-acker-'
= ,der Bauer ackert' gegenüber ,Bauer-m (Aktivus) Feld-r
je-acker-' = ,der Bauer ackert das Feld', oder wie die übrigen
Transitive, z. B. ,mein Bruder-m je-seh-' = ,mein Bruder sieht'
wie ,mein Bruder-m Schwester--)' je-seh-' = ,mein Bruder sieht
die Schwester'; s. Lop. §. 51 und Anm. 1. 2 dazu. Die Ursache
der Verschiedenheit in solchen Fällen liegt auf der Hand.
Ueher den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
7
Stellung: a) beim Intransitiv: SZp.
b) beim Transitiv: passivische: SUp, (S)ZUp (mit
häufigster Infigirung), z. B. q-ze-p-te-me, ,wenn du mir gäbest'
(... ich-du-.,.), ue-s-t-yn, ,ich werde dir geben' (du-ich-...)
Texte S. 5, Z. 7, s-a-zlayü, ,nian sieht mich' (ich-sie- . . .)
u. s. w. Lop. §- 52. Das konjunkte Pronomen kann sogar vor
einem Substantiv stehen: ,den Brüdern wir-Geld geben werden'
(dynicht ekle) Lop. §. 28.
Pluralzciclien. Das des Substantivs tritt an, wenn die 3. PL
als reales Subjekt (auch bei Intransitiven?) nicht auch durch
das Vollpronomen vertreten ist: ja-zXayü-ye, ,sie sehen' = moyem
ja-tlayu Lop. §. 38 Anm. 1.
Vollpronomen und Substantive.
Kasusformen. Das 1. und das 2. Personalpronomen haben
nur Nominativ und Instrumental, und es ist der erstere, welcher
den Aktivus ersetzt (wie auch den Dativ, sogar den ethischen,
z. B. uä k’o-a-t, ,sie war dir gegangen' Texte S. 3, Z. 1). Das
3. Personalpronomen und die übrigen Nomen haben ausserdem
einen Dativ, und dieser versieht bei ihnen die Bolle des Akti
vus. So kommen oft zwei verschiedenartige Dative nebenein
ander vor, z. B. ,Vater-m Nachbar-m von-ihm-gegeben-worden-
war Pferd-?-' Lop. §. 43. Die Existenz eines ,Dativus auctoris'
wird zwar von Lop. S. 40 Anm. für das Kabardinische ge-
läugnet, ich verstehe aber nicht recht, worauf er sich dabei
stützt. Die passive Natur der Transitive ist ihm entgangen,
nur bei Partizipien solcher fällt sie ihm auf (§. 64), z. B. hune
uä p-zXayü-ä-r, ,das Haus, das du gesehen hast' (eig. ,Haus du
du-seh- [Zeichen des Praet.] -das'); genau entspricht dem das bask.
edie hik ilcusia = eche hik ikusi dukana, und solche attribu
tive Verbindungen haben auch hier zunächst darauf geführt,
den /c-Kasus als Instrumental zu erkennen. Im Pronomen der
3. P. Sing, scheint sich von dem Dativ mobym der Aktivus moby
differenzirt zu haben, der keinesfalls von Lop. und Erckert
als Nominativ verzeichnet werden durfte. Die Verwandtschaft
des konjunkten Aktivus je-, ja- mit dem Possessivpronomen
jej, jij, ji, Plur. jaj erklärt sich nicht etwa aus der ,Nominal
natur' des Verbs, sondern daraus, dass der Genetiv mit
Hülfe des Dativs ausgedrückt wird, und wohl anfangs durch
8
I. Abhandlung: Schuchardt.
ihn allein ausgedrückt worden ist; es Hesse sich hierbei an
den grönländischen jp-Kasus erinnern. Aber auch der Instru
mental, der eine junge Bildung zu sein scheint, und dessen
Zeichen (-k’e) grossentheils erst an das des Dativs antritt, wird
in gewissen Fällen als Aktivus verwendet. So gibt Lop. §. 52
Anm. dieselben Beispiele, die er §.51 mit -m gegeben hat, mit
-m-k’e als solche passiver Wendung, so: ,Bauer-?» Feld-?' /e-acker-'
= ,der Bauer beackert das Feld'; ,Bauer-m-/c’e Feld-r je-acker-'
= ,das Feld wird vom Bauer beackert'.
Stellung: a) der Vollpronomen: scheint, wie im Ab-
chasischen, die aktivische zu sein; doch sind mir keine sichern
Beispiele zur Hand. In uä sse hu-qäz-s-rleu-te-vie, ,wenn du mich
bätest' (du ich du-. . . ich- . ..) Lop. §.77 haben wir nicht die
chiastische Stellung; aber die Verbalform ist ihrer Bedeutung
nach mit denen im Widerspruch, die ich sonst wahrnehme,
z. B. sse hu-s-rlayu-me, ,wenn ich dich sehe' (ich du-ich-....).
b) der Substantive: US, UZ S. Aber neben UZSUp
n. 17 hat Erck. in dem gleichartigen Satz n. 16 USUpZ. Diese
Stellung würde nach Lop. §. 53 in der passiven Wendung
gerechtfertigt sein, nämlich wenn U durch den Instrumental
ausgedrückt wäre: ,mein Bruder-?« Nachbar-?/» Dolch ?'e-geb-'
(akt.): ,mein Bruder-m-fc’e Dolch-?' Nachbar-?« ?'e-geb-' (pass.) =
,mein Bruder gibt dem Nachbar einen Dolch' oder ,von meinem
Bruder wird der Dolch dem Nachbar gegeben'.
Pleonasmus der Pronomen. Von der 2. P. Sing, des Impe
rativs abgesehen, sind wohl das 1. und das 2. Personalpronomen
immer auch, oft nur in den Verbalformen enthalten; doch uä qa-
k’o-m, ,du komm-sobald-als' Lop. §. 72. Die 3. P. Sing, fehlt als
U und intransitives S hei gewissen Verben regelmässig, und
man hat diesen Mangel geradezu zum Kennzeichen einer eigenen
Klasse, der dritten gemacht; Lop. §. 36. Indem es sich hier
um Intransitive wie um Transitive handelt, musste Lopatinskij
als Personalzeichen des Plurals nicht bloss ja-, sondern auch
ma- angeben (da er ja auch als Vollpronomen des Singulars
moby und mor nennt). Uebrigens ermangeln, wie §. 39, 2. 5. 6
zeigen, manche Verben auch dieses ma-. Was das transitive S
(das reale Objekt) anlangt, so scheint, abweichend vom Ab-
chasischen, dies in der 3. P. Sing, am Verb nicht bezeichnet
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
9
zu werden, zum Theil überhaupt nicht, so wird s-zlayu-ä-t Lop.
§. 43 mit ,ich hatte ihn gesehen' übersetzt. Die Gestalt des
selben müsste ma- sein; kann je- diese Funktion versehen? Es
ist im Allgemeinen ein zum Stamm gehöriges, den Verbal
begriff modifizirendes Bildungspräfix; aber von demselben Verb
haben es oft die einen Formen, die andern nicht (Lop. §. 36
Schl. 38 Anm. 2 gewährt keine allgemeine Aufklärung). So heisst
,geben' je-t-yn und t-yn-, ,ich gebe' so-t; ,er gibt' je-t; ,ich habe
gegeben' s-t-ä-s-, ,er hat gegeben* ji-ri-t-ä-i ■ ,gib' je-t. ,Sehen'
heisst zXayu-n; ,er sieht' je-zXayü; ,er sehe!' ji-ri-zXayü-, ,sieh'
zXayü. Lop. §. 37, 7 spricht von der Einschaltung einer pro
nominalen Wurzel je 1 in gewissen Formen der Verben mit dem
Präfix te. Als 3. P. Plur. möchte das transitive S ein eigenes
Kennzeichen verlangen. Zu j-a-ri-t-ä-s n. 19 ,sie hat gegeben
(6 Aepfel den Kindern)' merkt Erckert allerdings an: ja, weil
mehrere Aepfel'; aber derselben Form begegnen wir in n. 21.
22. 23. 69 mit S im Sing, und mit Z im Plur. Das a wird
sich demnach auf das Letztere beziehen. Freilich pflegt dies
sonst anders bezeichnet zu werden. So deute ich neben qa-
seyu-ä-s, ,er hat gekauft' n. 15 q-y-yu-'seyu-a-s als ,er hat
ihm g.' ebd. und q-a-yu-seyu-ä-s als ,sie hat ihnen gekauft' n. 20,
worin ich allerdings wiederum U vermisse; vgl. q-y-seyu-ä-s,
,er hat gekauft' n. 136, q-a-seyu-ä-s, ,sie haben gekauft' n. 139.
Dieses yu entspricht wohl dem abch. zjy in den ,Verba commodi',
welches ,für' bedeutet, aber auch pleonastisch an das Ziel
pronomen tritt: u-zjy i-z-gcpueit, ,du-für es-ich-schreibe* und i-uzjy-
z-gcpueit ,es - dir - ich - schreibe' (Schiefner §. 46). Diese ,Verba
commodi' (oder wie Lopatinskij sagt, der 3a.aori> OTuysc.a.aioiii.iH
Texte S. 93) sind im Tscherkessischen sehr häufig, z. B. p-yo-
d-yotyn-s, ,für dich wir finden werden' T. 26, 1, qy-b-yo-d-yek’ on-s,
,zu dir wir kommen* 39, 5, qy-d-yo-p-syte, ,für uns forsche aus'
44, 1. Von der 3. Sing, ist das Personalzeichen vor dem yo
schwer zu erkennen : q-y-yo-tys-s, ,für ihn sass sie' 24, 1. Z., q-y-yo-
a-se, ,zu ihm sie führen' 38, 7.
Empfindungsverben: wie Transitive, da der Dativ zugleich
Aktivus ist.
10
I. Abhandlung: Scliuchardt.
B. Oestliche Sprachen.
X. Nordwestliche Gruppe.
1. Tschetschenisch
(Thuschisch, das im Folgenden hauptsächlich berücksichtigt
wird, Inguschisch, Tschetschenisch i. e. S.).
Konjunkte Pronomen.
a) Als konjunkt können eigentlich nur die Klassenzeichen
(Geschlechtszeichen im weitesten Sinne) gelten, die im Tsch.
wenigstens zum Theil eine Richtung auf die Personalzeichen
genommen haben: ,(wir, ihr) Männer sind, seid': d-u, ,(sie)
Männer sind': b-u, im Th. Beides: b-a. An diesen Klassen
zeichen, die immer im Anlaut des Verbs oder des zweiten
Theils eines zusammengesetzten stehen, wird aber, ganz so
wie anderswo an den Personalzeichen, das kenntlich, worauf
allein es uns hier ankommt: die passive Natur des Verbs. Sie
beziehen sich nämlich regelmässig nur auf S; also iv-a, j-a,
b-a, d-a, ,(ich u. s. w.) bin u. s. w.': w-aho, j-alio, b-alio,
d-aho, ,(ich u. s. w.) werde u. s. w. getragen', wozu die gleich
bedeutenden bask. na-iz, ha-iz, d-a u. s. w. und na-lcar, ha-kar,
da-har u. s. w. gewiss als Parallele dienen dürfen. Das neu
trale d- entspricht nun aber auch unserm es in ,subjektslosen'
Sätzen, z. B. o-'/ar le tso d-iivo le tso d-atso, ,von ihnen weder
(es)-wird-gesäet, noch (es)-wird-geerntet' Schiefner Th. §. 301.
Die Wichtigkeit dieser Thatsache wird sich später ergeben. —
Ich begegne einigen th. Fällen bei Schiefner, in denen das
Klassenzeichen sich nicht auf das Subjekt bezieht. Das intrans.
.ekhar (— yekhar), ,rufen' wird mit dem Allativ verbunden:
obi b-elchi bharts’ etSogo, ,sie riefen den Blinden' 94, 1; j-ekh
sair mezobligo, ,sie ruft ihre Nachbarn' §. 261. Aber in w-ekh
[nicht j-ekh] hai margo, ,ruf deinen Mann' (zu einem Weib
gesprochen) 90, 13, b-elchi [nicht w-ekhi] Sair knathigo, ,er rief
seine Söhne' 102, 13 können w- und b- nur dem Allativ ent
sprechen; wie ist das zu erklären? Beim Partizip und Ge
rundium gesellt sich allerdings der passiven Auffassung des
Transitivs die aktive zu, wie bei der baskischen Relativform
(duena, ,der Habende' und ,der Gehabte'; s. Ztschr. f. rom. Ph.
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
11
XVIII, 537). So haben wir einerseits as d-a hon letin, ,von
mir (es)-ist dir geholfen - werdend ' == .ich helfe dir' 96, 9,
bstuino lats-j-ieno, ,das Weih ertappt-(sie)-worden' = ,das er
tappte Weib' 92, 19, anderseits: he t.s’e yekh-j-oin, nicht ,dein
Name angerufen-(er)-werdend', sondern ,deinen Namen anrufend-
(ihn)', ,der deinen Namen Anrufende' S. 114“, mena w-a qa-tso-
b-ain? ,wer ist nicht sündigend?' eig. ,wer ist, [von dem] Sünde-
nicht-(sie)-gethan-werdend?' §. 272, (ohne Klassenzeichen) unele
ye tso yehuin yaze hu, ,jeder Baum nicht tragend gute Frucht',
aber auch wohl eigentlich ,jeder Baum, [von dem] nicht ge
tragen-werdend gute Frucht' §. 291, wofür wir uns auf die
Verbindung der intransitiven Partizipien berufen dürfen, wie
mothth o w-ayin, ,der Ort, [an dem] er (er)-lebend' §. 250. Aebn-
lich im Tsch., z. B. näyana phaida b-ieh stag, ,dem Volk
Nutzen (er)-gemacht-werdend, Mensch' = ,der Mensch, durch
den dem Volke Nutzen gemacht wird', ,der dem Volke nützende
Mensch' Schiefner Tsch. S. 38 Nr. 26, suöna gun stag, ,der mir
sichtbare Mensch' gegenüber suo gun stag, ,der Mensch, [dem]
ich sichtbar' §. 160. Vgl. hier besonders die mit Hülfe von
Gerundien und Partizipien gebildeten Konditionale des Transi
tivs, bei denen ebensowohl der Instrumental als der Nominativ
stehen kann §. 138; so huo ts’a d-ieS ic-alah, ,du Haus (es)-
im-Gebaut-werden wenn-(du)-bist', ah ts’a d-lrig d-alah, ,von dir
Haus (es)-gebaut-werdend wenn-(es)-ist' §. 158 (der Unterschied
zwischen Gerundium und Partizip hat hier Nichts auf sich).
b) Dass im Thuschischen die Vollpronomen S und U
1. und 2. Person mit dem vorausgehenden Verb verschmelzen
können, ist für uns von weiter keiner Bedeutung; wenn auch
zum Theil der Unterschied zwischen S und U verwischt und
der Anschein einer der unsrigen entsprechenden einheitlichen
Bezeichnung für das reale Subjekt erweckt wird.
lMuralzeielicii: infigirtes th. -b-, tsch. -u-, worin ich das an
Nomen vorkommende -bi vermuthe (das kaum aus dem Georgi
schen stammen wird, da es auch Pronomen haben, wie o-bi,
,sie'), im Tsch. auch -i- (mit vorhergehendem e zu i), wie an
Substantiven.
Vollpronomen und Substantive.
Kususformeu. Die Funktion des Aktivus versieht neben
seiner sonstigen der Instrumental, bei Schiefner ,Instruktiv'. In
12
I. Abhandlung: Schuchardt.
den thuschischen Beispielen und Texten Schiefners habe ich ein
paar Mal den Nominativ an Stelle des Aktivus gefunden, was,
wenn es nicht Versehen ist, auf besondern Umständen be
ruhen mag. So steht gewöhnlich statt Dalas (z. B. §. 268) oder
Dalew (§. 251), ,von Gott*: Dal (72, 17 [vgl. 75, 21 fj. 75, 15.
78, 18. 85, 28. 91, 6. 94, 8; im Tscli. finde ich bei Schiefner
immer den Instrumental dieses Wortes: Däla), wie auch für
den Genetiv Dale öfter Dal. So knath [statt knatlnv] ma all,
,der Sohn aber sprach* 96, 2 (unmittelbar darauf dadas. ma
ali, ,der Vater aber sprach*). Die Herrschaft des Instrumentals
erstreckt sich auf eigenthiimliclie Weise in das Gebiet der In
transitive hinein. Schiefner Th. §. 252 sagt: „dass die Pro
nomina der ersten und zweiten Person in solchen Fällen, wo
nur eine Spur der Selbstthätigkeit in einem Verbum liegt,
ohne Unterschied darauf ob es transitiver oder intransitiver
Natur ist, stets im Instruktiv auftreten. So sagt man as lei,
all lei, ,ich spreche, du sprichst*, aber o lei, ,er spricht*; athyo
lei, ,wir sprechen*, ais lei, ,ilir sprecht*, aber obi lei, ,sie
sprechen*; as woze, ,ich fiel* (nicht ohne mein Zuthun, nicht
ohne Schuld), aber so ivoze, ,ich fiel (unversehens)*.“ (Im Tscli.
scheint dieser Gebrauch nicht zu herrschen; vgl. liuo vo-öyu
Schiefner 43, 5, liuo w-elir 44, 12). Ich erinnere an die oben
erwähnte passive Darstellung objektloser Transitive; sie konnte
zur gleichen Behandlung von Intransitiven führen, die ja unsern
Sprachen nicht fremd ist. Indessen kann man as woze keines
wegs fassen als: ,es wurde von mir gefallen*, das würde sein:
as d-oze; iv- bezeichnet ja das männliche Subjekt. Wir haben
hierin nur eine Vermischung dieser und der eigentlichen Wen
dung zu erkennen, die sich im Deutschen annähernd so
nachbilden lässt: ,ich fiel von mir (selbst)* — das Reflexivpro
nomen hat im Th. als Subjekt von Intransitiven immer nur
die Form des Instrumentals, also z. B. ,er war von selbst dort*
statt ,er war selbst dort*. Der so gebrauchte Instrumental hat
auch einige Verwandtschaft mit dem Dativus commodi in i% hoin,
,geh dir* 103, 7, j-oliy lioin, ,komm dir* 103, 11. Anderseits
taucht die Frage auf, ob die Passivität des Transitivs nicht
irgendwie abgeschwächt oder umgewandelt wird, ob nicht an
die Stelle des den Instrumental begleitenden Nominativs sich hie
und da etwa ein Akkusativ einstiehlt, wie das ja in manchen
TJeber (len passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 13
Sprachen vorkommt. Im Tkuschischen könnte es sich dabei
nur um den Affektiv (auf -%) handeln, der bei Fr. Müller in
dem Paradigma des Personalpronomens S. 171 f. als Akkusativ
auftritt, in dem des Substantivs ganz fehlt. Gelegentlich des
tsch. Illativs auf -% bemerkt er S. 166, dass dies im Th. das
Zeichen einer Art ,freien Akkusativs* sei, und dieser Ausdruck
ist auch in die Tabelle bei Erckert S. 247 übergegangen. In
dessen scheint der tsch. Illativ mit dem th. Affektiv nicht
bloss lautlich übereinzustimmen, sondern zum Theil auch in der
Bedeutung; von den sieben Beispielen, die Schiefner §. 152 für
den erstem gibt, würden vier nicht minder für den letztem
dienen: ,das Kind saugt an der Mutter* — ,ich glaube an den
Vater* —-,glaube du mir* — ,ich stecke den Ring an den Finger*.
Die Charakterisirung des th. Affektivs als ,freien Akkusativs*
scheint bei Fr. Müller durch die Erinnerung an den Akkusativ
auf -% des unmittelbar vorher behandelten Udisch hervorge
rufen worden zu sein. Wenigstens findet sich unter den ausser
ordentlich zahlreichen Sätzen, mit denen Schiefner den weiten
und mannigfachen Gebrauch des Affektivs belegt (§. 255—260),
kaum einer, in dem dieser sich mit Sicherheit auf ein direktes
Objekt beziehen liesse. Wenn man sagt oyus yati oyuy, ,er
fragte ihn*, eig. ,von ihm wurde gefragt an ihn* (Jeso yati oyuy
94, 32 ist wohl ein Versehen), so müssen wir uns die romanische
Wendung vor Augen halten, in der die gefragte Person als
indirektes Objekt, der Inhalt der Frage aber als direktes Ob
jekt gefasst wird. Ebenso ist in: ,von ihm wurde geschmiert an
die Augen*, ,von ihr wurde gesalbt an die Füsse* zu ergänzen
,Schmiere*, ,Salbe*; in: ,von wem dir geschlagen wird an die
Wange*: ,Schlag*, und so auch in: thebypli so«, ,du schlägst
mir* 88, 8, Uirwain thebyi, ,dem Juden schlug man* 100, 1.
Aber tsch. loasas dzaliena yaz j-etlitlia, ,von dem Bruder dem
Hund der Stock (er) geschlagen wird' Erckert n. 28, und wieder
um das j-eththa dagaraStsan, ,von dem Vater geschlagen wird mit
den Beilen* ebd. n. 33 (worauf sich hier das j- bezieht, weiss ich
nicht). Auch in andern kaukasischen Sprachen (s. oben S. 4) heisst
es ja ,Jemandem schlagen* (vgl. unser ,es Jemandem geben*).
Etwas anders (siehe oben S. 10) itsyuin d-esath, ,diesem (es)
werde gehorcht von euch* §. 288, thesfi) ah Dal knatheyt
,wird geglaubt von dir an Gottes Sohn?* §. 256 und S. 94, 10
14
I. Abhandlung: Schucli ardt.
(aber intrans. tsch. suo sai% thiesa, ,ich an mich glaube' §. 153,
suo thiesa d&x, ,ich glaube an clen Vater' §. 152, n). Der
artige Wendungen können ursprüngliche, sie können aber auch
analogische sein, und es wäre über sie — da ja der Affektiv
in ihnen nur eine Schattirung des Dativbegriffes darstellt —
das zu wiederholen, was ich B. St. I, 39 f. über die unpersönlich
zielenden Transitive des Baskischen gesagt habe, nur dass
im Th. nicht überall das Klassenzeichen vorhanden ist, um ein
unpersönliches S anzudeuten. Sie können nämlich umgestaltet
sein aus zielenden Intransitiven (,von ihm wird [es] mir ge
nützt' statt ,er nützt mir'), was nach dem oben Gesagten be
sonders nahe liegt, oder aus ziellosen Transitiven (,von ihm
wird [es] mir geliebt' statt ,er liebt mich'). Es fehlt mir an
den Mitteln hierüber zu entscheiden. Nur im letztem Falle
wäre es möglich, Ansätze zur Bildung eines Akkusativs an
zunehmen. Wenn Winkler Z. Sprachg. S. 163 Anm. meint, solche
seien im Tsch. und Th. nicht zu läugnen, so fusst er auf einer
ganz andern Thatsache, nämlich der aus Fr. Müller S. 165
geschöpften, dass der Stamm für die beiden Kasus, Nominativ
und Akkusativ, gegenüber den übrigen obliquen Kasus meistens
mehr oder weniger verändert erscheint. Inwiefern aber verräth
sich in einer derartigen, doch auch andern Sprachgebieten nicht
fremden Veränderung des suffixlosen, in subjektiscker Geltung
verwendeten Stammes (von zwei Kasus zu reden, ist ungerecht
fertigt und verwirrend) auch nur die leiseste Spur einer Neigung
zur Schaffung eines Akkusativs?
Stellung: gewöhnlich die aktivische, U geht dem S voran.
Pleonasmus: scheint im Allgemeinen nicht üblich zu sein;
doch vgl. den zweiten Imperativ im Tsch. §. 132. 139: ah luo-
l-ah, as luo-l-as.
Empfindungsverben: mit Dativ.
2. Westlesghisch.
a) Awariscli
(stimmt in dem hier Wesentlichen mit dem Tschetscheni
schen überein).
Konjunkte Pronomen: nur die präfigirten Klassenzeichen. Bei
spiel von aktiv und passiv zu nehmendem Partizip: dida
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 15
w-iliuleu tsi, ,an mir (er) - gesehen - wer elender Mensch* = ,der
Mensch, den ich sehe*: dun w-iliuleu tsi, ,ich (ich)-gesehen-
werdender, Mensch, [an welchem]* = ,der Mensch, der mich
sieht* Uslar-Sch. §. 137. 168; das w- hat also, von unserem
Standpunkte aus betrachtet, in dem einen Fall subjektive, in
dem andern Fall objektive Geltung, das Letztere wie in yur
b-eluleu Ui, ,der den Acker besäende Mensch* ebd. S. 156 a .
Vollpronomen und Substantive.
Kasusformen: Aktivus = Instrumental, der daneben noch
andere Bedeutungen hat. Nach Erckert n. 119 und 122 würde
die Achwak-mundart (3) in der 1. P. Sing, und PI. an Stelle
des Aktivus (ditsa, nezetsa) den Nominativ {dun, niz) haben,
aber nur im Präsens, nicht im Perfekt und Futur; dieser
Unterschied der Tempus erinnert an den im Südkaukasischen
massgebenden. Von anscheinend oder wirklich unpersönlichen
Transitiven besonders ,schlagen*: ,von mir (es) ist geschlagen
worden an ihn* Uslar-Sch. S. 152 b (.aze), ,von Ali geschlagen
worden ist an Isa* ebd. §. 137 (Xabize), ,von ihm selbst an ihn
selbst wird geschlagen* Schiefner §.119 (rets’ize)', andere Verben
für ,schlagen* werden aber wie das unsrige konstruirt, so .akize,
.uyize Uslar-Sch. S. 165 b . 174 b . 160\ Erckert n. 28.
Stellung: gewöhnlich die aktivische, U geht dem S voran.
Empfindungsverben: ,lieben* mit Dativ;,sehen*,,hören*,,wissen*
mit Lokativ (auf -da). Erckert verdeutscht n. 132. 133: ,in
mir sehen war*, ,in mir hören war*. Aber wir werden besser
tkun ,an mir* zu setzen; vielleicht sogar ,an mich' (,drangen
die Licht- oder Schallwellen*), denn dieser Kasus wird, wie
wir eben gesehen haben, auch neben ,schlagen* gebraucht,
neben ,herankommen* (an Jemanden), ,grüssen*, ,glauben* u. s. w.
b) Amli-mundarten.
Verhalten sich, so viel sich aus Erckert ersehen lässt,
wesentlich wie das Awarische. Der Nominativ den, ,ich* statt
des Instrumentals denni muss S. 180 n. 78 (vgl. S. 179 n. 29)
und S. 182 n. 7—10 (vgl. S. 178 f. n. 16—22) aus Versehen
gesetzt sein; allerdings steht den (din) auch in: ,ich spreche*,
,ich schreibe* S. 183, und den, denni in: ,ich Wasser trinke*
S. 182 n. 12.
Empfindungsverben: mit Dativ.
16
I. Abhandlung: Schuchardt.
c) Dido-muiularten
(Dido i. e. S., Chwarsclii, Kaputschinisch). Es liegen,
besonders für das Kaputschinisclie, verschiedene Anzeichen der
Neigung vor, der aktivischen Auffassung Eingang zu gewähren.
Aber das Erckert’sche Material genügt nicht, um daraus eine
klare Vorstellung über den Gebrauch der
Konjunkten Pronomen, also hier der Klassenzeichen zu ge
winnen. Man vergleiche:
im Singular von:
männlichen Personen: v- (nach Erckert S. 216).
weiblichen Personen: j-.
Thieren:
b- in allen drei Mdd.
I- (b- ?) Ch. b- D. n. 28.
d- (b- ?) D. = b- Ch. n. 62*.
m- K. n. 78 (vgl. n. 29).
Sachen:
r- D.
I- Ch.
j- K. n. 50. 60.
b- (plur. ?) K. n. 58 (Garten). Ch. n. 111 (Geld),
im Plural von:
Personen:
b- (1.—3.) Ch., (1.2.; S. 215 auch 3.) D., (3.) K. 130.
r- (3.) D. n. 38. 56. 130.
m- (1. 3.) Ch. K. n. 42. 38.
Thieren:
b- D. n. 141.
j- K. n. 141.
Sachen:
r- D.
unpersönlich:
r- D. = l- Ch. n. 33; aber b- (l- ?) in b-eqo gezdo-
rad, ,(es) wird geschlagen mit dem Hammer 4
Ch. n. 26.
Vollpronomen und Substantive. Dido und Chwarschi haben
den Instrumental als Aktivus, wenn nicht einen eigenen Aktivus
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
17
(Erckert S. 216 f.). Das erstere unterscheidet in der 1. und
2. P. Sing, den Aktivus nicht vom Nominativ: di, mi, und
da im Chwarsehi jener de, mi zum Nom. da, ma lautet, so
möchte ich glauben, dass im Dido der Aktivus die Rolle des
Nominativs (erst später) übernommen hat; es entsprechen hier
die Nominative der 1. 2. 3. P. Plur.: eli, m.ezi, zedi ebenfalls den
Aktivus des Chwarsehi: ili, mizi, zidi (Nom. ila, miza, zidu)j
und dort scheinen dann die Aktivus elo, mezo, zedo neueren Ur
sprungs zu sein, von denen der letzte wiederum zum Nominativ
des Chwarsehi: zido, -u stimmt. Zedui beim Transitiv n. 124. 139,
beim Intransitiv n. 154. Für das Dido ist noch Folgendes zu
bemerken. In n. 152—154 wird als Subjekt für ,schlafen' Fut. im
Plural (nicht auch in der 3. P. S.) der Aktivus als Nebenform
des Nominativs angeführt. Ja wir müssen, sollen wir nicht die
Aufzeichnungen und Deutungen für sehr unzuverlässig halten,
auch in n. 34 und 49 den Aktivus beim Intransitiv feststellen:
,Vater-durch geht mit den Beilen', ,Vater-durch steht bei dem
Sohne nahe'. Aber wie lässt sich solches neben den andern
Fällen erklären, insbesondere neben: ,der Vater gebt mit dem
Beil' n. 25? Und sodann stösst uns neben diesem babij-u,
,Vater-durch' ein babiju, ,der Vater' n. 51 auf (vgl. I, 143
obuju, ,Vater' neben obu), und wiederum für ,Vater-durch':
babij-a n. 17. 18, bobij-a n. 15, babij-o S. 216, obuj-ö n. 21,
abuj-ö n. 22. Das Chwarsehi hat nach S. 215 ,ich schreibe'
mit dem Aktivus, das Dido ,er schreibt' mit dem Nominativ.
Was das Kaputschinische anlangt, so merkt gerade bei ihm
Erckert S. 219 ausdrücklich an, dass der Aktivus beim
Transitiv stehe, und führt nur hier für die Pronomen keinen
Aktivus an. In der 1. und 2. P. Sing, und Plur. unterscheiden
sich Nominativ und Aktivus nicht (nur mundartlich ist de n. 26
neben do vielleicht Aktivus), wohl aber in der 3. P. S.: ugi, ögu
(z. B. n. 89): oktso (n. 121. 136); in der 3. P. PI.: gogol (n. 85.
93. 154), ogra (n. 93), golol (n. 100): gogloj, oglo (n. 124), goglol
(n. 139. 148). Von Substantiven finde ich beim Transitiv theils
den Nominativ, so abo, ,der Vater' n. 15. 18. 21. 22. 23. 125,
jö, ,die Mutter' n. 19. 20 (oder ist dies Aktivus? jo beim Intr.
n. 45. 55. 70—76), theils den Aktivus: is-ti, ,Bruder-durch' n. 28,
oz-di, ,Sohn-durch' n. 16. 63—69.
Sitzungsber. d. pliil.-liist. CI. CXXXIII. Bd. 1. Abh.
2
18
1. Abhandlung: Schuchardt.
3. Centrallesghisch.
a) Kasikumükiscli
(oder Lakisch). Erckert S. 154 sagt: ,Sehr dunkel ist der
Unterschied in den Formen für aktive und passive Verben/
Nach Fr. Müller S. 94 würde das Verhältniss ein sehr einfaches
sein: wir würden das Aktiv haben, wenn das reale Subjekt
der 1. und 2. Person, das Passiv, wenn es der 3. angehört.
Er beruft sich dafür in der Anmerkung auf die Verbalformen
selbst; allein soweit die
Konjunkten Pronomen, d. h. die Klassenzeiehen in Betracht
kommen, ist diese Berufung nicht stichhaltig. Es soll z. B. in:
zu tä bizär äru, ,wir betrüben ihn' äru nur auf zu, nicht aber
auf tä zurückgehen. Was aber den Anlaut von äru anlangt,
so bezieht sich dieser sicher auf einen männlichen Singular,
also hier auf tä- die Beziehung auf zu müsste durch b- aus
gedrückt sein, wie es heisst: zu b-uru, ,wir sind'. So gehört
in: ina zu bizär b-ära, ,du betrübst uns' b- zu zu, und in:
na tanan ts’ath b-ulau, ,ich gab ihm Brot' b- zu ts’ath. Das
Klassenzeichen vertritt, da wir das Transitiv nach dem In
transitiv beurtheilen müssen, immer das Subjekt, hei jenem
das ideale oder grammatische, das dem realen Objekt ent
spricht. Das linde ich nirgends ausgesprochen. (Usl.-)Schiefner
§.79 redet ganz im Allgemeinen von der Beziehung des ver
balen Anlauts auf die Kategorien der Nomen und äussert sich
§. 87 Anf. in unbestimmter oder geradezu unklarer Weise: ,der
Anlaut kaun nach den einzelnen Kategorien der handelnden
oder leidenden Gegenstände wechseln.' Und Erckert drückt
S. 148 b seinen Zweifel recht deutlich aus: ,1m Falle, dass der
geschlagenen (oder schlagenden?) Personen mehrere sind, wird
ein b vorgesetzt.' Mit dem subjektiven Charakter des Klassen
zeichens hängt nun auch der von Fr. Müller S. 92 als ,im
höchsten Grade merkwürdig' bezeichnete Umstand zusammen,
,dass das Geschlecht des Reflexivs nicht nach dem Agens,
sondern nach dem Objekt der Handlung sich richtet.' Die
Sätze: na na-wa lasau lay, ,ich selbst kaufte einen Sklaven' und
na na-ra lasau surmuh'u, ,ich selbst kaufte eine Sklavin' sind
zu verstehen als: ,von-mir von-mir-(er) ■gekauft-wurde Sklave'
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
19
und ,von-mir von-mir-(sie) gekauft-wurde Sklavin 1 . In einem
Satze wie tul-a na-iva atära, ,ich (der Mann) schlage mich
selbst', eig. ,von-mir-(ich) ich-(ich) geschlagen werde' ist das
subjektive -iva (tula steht für tul-wa) einmal mit dem Aus
druck des realen Subjekts, das andre Mal mit dem des realen
Objekts verbunden. Wenn aber nicht aus dem im Anlaut (oder
im Inlaut) der Verbalform stehenden Klassenzeichen die aktive
Bedeutung derselben sich folgern lässt, so doch aus ihrer Endung.
In den beiden obigen Sätzen deutet das -u von äru auf das
pluralische zw, und das -a von b-ära auf das singularische ina,
also auf das reale Subjekt; man vergleiche na tä bizär ära, ,ich
betrübe ihn', zu zu bizär b-äru, ,ihr betrübt uns'. Im Ein
klang mit andern kaukasischen Sprachen scheidet nämlich das
Kasikumükische zwar nicht die 1. und 2. Person voneinander,
wohl aber den Plural beider vom Singular. Wir können in
dem -u ein Pluralzeichen sehen, welches mit dem der Sub
stantive (-w, -re, -du, -rdu, -tu) übereinstimmt, oder eine An
gleichung der Verbalformen an die Pronomen: na und ina .ära,
zu und zu .äru. Dass nun der Auslaut sich auf das reale
Subjekt, der Anlaut auf das ideale Subjekt oder reale Objekt
bezieht, dadurch würde die Mischung aktiver und passiver
Form noch nicht erwiesen sein; unterscheiden sich ja doch
z. B. im bask. d-u-te, ,er wird gehabt von ihnen' die Be
ziehung des d- und die des -te in derselben Weise. Aber während
im Baskischen das Pluralzeichen des nur realen Subjekts und
das des intransitiven verschiedene Gestalt haben, sehen wir, dass
im Kasikumükischen das Transitiv mit dem Intransitiv nach
dieser Seite hin zusammenfällt: na und ina .ura, zu und
zu .uru. Und das zeugt allerdings dafür, dass in jenes die
aktivische Auffassung eingedrungen ist. Nach Schiefner §. 87
würde sich die Endung des Transitivs nach dem realen Sub
jekt in folgenden Fällen richten: 1) in den beiden ersten Per
sonen des Präsens des Indikativs und des Präteritums des Kon-
sekutivs, 2) in der ersten Person des Perfekts, des Futurs I.
und des Präsens des Konsekutivs, 3) im Imperativ. Diese Be
schränkung vermag ich mit dem von Schiefner gelieferten Stoff
nicht zu rechtfertigen; vgl. z. B. na tä itlanthisara [nicht -ari],
>ich werde ihn verlassen' §. 138 (Intentional). Sicher ist, dass,
wenn die 3. Person die des realen Subjekts ist, der Auslaut
20
I. Abhandlung: Schuchardt.
der Verbalform durch das reale Objekt bestimmt wird, ebenso
wie der Anlaut, dass sie also dann eine ganz passive ist; so
neben: zu tä bizär äru: ,wir. . .': tanal tä bizär ai, ,er betrübt
ihn', neben: ina zu bizär b-ära, ,du . . .': tanal zu bizär b-äru,
, er betrübt uns'. Bei alledem bleibt nicht Weniges dunkel,
und Erckerts Beiträge erhöhen theilweise unsere Ungewissheit;
so finden wir hier S. 147 b durkunni ebensowohl für ,(du) assest
auf' und ,(wir) assen auf' wie für ,(er) ass auf', da wir doch,
nach Schiefner, ja nach Erckert selbst (S. 155), in den beiden
ersten Fällen durkunna, durkunnu erwarten sollten (ebenso
S. 145 b -unni bei der 1. und 2. Person und umgekehrt -unna
bei der 3.). Bezüglich des Imperativs von .itan, ,lassen' be
merkt Schiefner §. 103, dass itu passiv sei: ,werde verlassen',
ita, iti aktiv: ,lass ihn'; die Sache ist allgemein, nämlich dass
die pass, und intrans. Imperative auf -u, die aktiven auf -a, -i
ausgehen. — Ein Schwanken zwischen aktiver und passiver
Bedeutung wohnt hier wiederum den Gerundien und Partizipien
inne, von denen die Sprache einen geradezu verschwenderischen
Gebrauch macht. Vgl. z. B. usru d-aisa adamina, ,der Stiefel
machende Mensch' und adaminal d-aisa usru, ,die vom Menschen
gemachten Stiefel' Schiefner §. 150, a) = ,Stiefel (sie)-gemacht-
werdend — machend Mensch' und ,vom-Menschen (sie)-gemacht-
werdend Stiefel'; ina su bizär b-ullai .ikhaisa i-u-khun .ura,
,du hast die Schwester betrübt' und ina su bizär b-ullai b-ikhaisa
b-i-u-khun b-uri, ,die Schwester ist durch dich betrübt worden'
Schiefner §. 147 = ,du Schwester betrübt (sie)-Gemacht-werden
= -haben-in (du)-befindlich (du)-gewesen (du)-bist' und ,von-dir
Schwester betrübt (sie)-Gemacht-werden-in (sie)-befindlich (sie)-
gewesen (sie)-ist' (su, ,Schwester' gehört ausnahmsweise der
6-Klasse an). Man bemerke aber die veränderte Wortstellung
in: na däin dutSri b-ullannu ura taindan, ,ich kann ihnen
immer Pferde geben' na däin taindan b-ullannu b-uri dutSri,
,von mir können ihnen immer Pferde gegeben werden' ebd.
§. 149, b).
Vollpronomen und Substantive. Die Pronomen der 1. und 2.
Person unterscheiden weder einen Aktivus noch einen Akku
sativ vom Nominativ. Aber da wir nun doch in: ,ich du schlag-'
keinen doppelten Nominativ annehmen können, so unterliegt
es keinem Zweifel, wie wir das zu deuten haben; nämlich nicht
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 21
mit Fr. Müller (S. 94): ,ich dich schlage', da die Sprache
sonst gar keine Spur eines Akkusativs aufweist, sondern: ,von
mir du wirst geschlagen', da in genau entsprechenden Fällen
der Aktivus angewandt wird. Ja, in gewissen sogar von der
1. und 2. Person, man sagt: ,von mir ich werde geschlagen' =
,ich schlage mich selbst' (s. oben S. 19°). Auf die dynamischen
Aktivus solcher Gerundial- und Partizipialwendungen wie die
vorher erwähnten sind, will ich nicht einmal besonderes Ge
wicht legen. Der Aktivus des Kasikumükischen (auf -l) ist
nun kein eigener Kasus, er fällt auch nicht mit dem Instru
mental oder mit dem Dativ zusammen wie in andern kauka
sischen Sprachen, sondern mit dem Genetiv. Darf man aber
nun sagen: der Genetiv dient als Aktivus? darf man etwa
gar deswegen das Verb als Nomen betrachten? Erckert thut
dies, aber nicht durchgängig; und so nehmen sich bei ihm
,des Vaters Kaufen gewesen ist ein Pferd' und ,des Mädchens
waschend ist das Hemd' wunderlich genug nebeneinander aus.
Wir dürfen den kasikumükischen Aktivus nicht von dem der
übrigen kaukasischen Sprachen losreissen; wir müssen viel
mehr sagen: der Aktivus dient hier als Genetiv. Durchaus
parallel würde dieser kasikumükischen Darstellung des posses
siven Kasusbegriffs die grönländische gehen und annähernd
parallel die tscherkessische (S. 7 f.). Auch das darf hier an
geführt werden, dass im Kürinischen die Form des Genetivs
die des Aktivus voraussetzt. Andere lautliche Verwandtschaften
zwischen Genetiv und Instrumental sind aus der lesghischen
Deklinationstabelle bei Erckert S. 222 f. ersichtlich. Erwähnt
wenigstens sei, dass der Genetiv im Kasikumükischen ziemlich
locker an sein Regens gebunden ist, z. B. ,vor Durst Mund
trocken geworden ist von mir' = ,.. . mein Mund ...' Schiefner
S. 79 b . Zu der Annahme aber, der Aktivus habe sich hier
nicht aus dem Genetiv, sondern, wie fast überall anderswo, aus
dem Instrumental abgezweigt, bestimmt mich vor Allem die
Thatsache, dass dieser Z-Kasus auch Instrumental ist, und zwar
dessen Rolle wohl zum grössten Theil ausfüllt. Der fjw-Kasus,
den Schiefner als Kausativ bezeichnet, Müller als Instrumental,
scheint nicht in sehr häufigem Gebrauch zu sein; §. 118 wird
er belegt mit: ,wegen seiner Zunge wurde er verwundet', ,durch
den Bruder wurde er gross'; er ist mir — freilich habe ich
22
I. Abhandlung: Schuchardt.
nicht darauf gefahndet — hei Schiefner sonst nur in tiaratsa-
tirainu, ,durch Bemühung' S. 56, IV, 1 u. S. 89 b aufgestossen.
Hingegen erscheint daselbst der Z-Kasus vielfach in der eigentlich
instrumentalen und manchen damit näher oder weiter zusammen
hängenden Bedeutungen, z. B. ,mit den Lippen (küssen)', ,mit
den Zähnen (heissen)', ,mit dem Auge (blinken)', ,vor Freude
(tanzen)', ,vor Zorn (sterben)', ,mit Wasser (ein Gefäss an
füllen)', ,an Etwas (arm sein)', ,auf einem Kameel (reiten)';
§. 117 wird ausser der possessiven und der aktiven Funktion
nur die zeitliche dieses Kasus erwähnt. Erckert setzt S. 223
zu der Endung -inu in Parenthese: ,bei der 3. Person =
Genet. -l l , und ebenso sagt er S. 152: ,häufig dient der Genetiv
als Instrumental-Kasus.' So haben wir -l n. 28: ,mit dem Stock
(schlagen).' DutsraSal, , durch die Pferde (gerettet werden)'
n. 31 scheint irrthümlich für dutsral geschrieben zu sein; jenes
ist Komitativ und als solches in n. 32 berechtigt (wo aber
Erckert ,mit den Pferden' = ,der Pferde' setzt, als ob dutsral
da stünde), aber hier handelt es sich um den Instrumental
(als nördliche Vai’iante ist dutsrajnu neben dütsraSal ange
führt), oder sogar um den Aktivus. Neben diesem Instrumental
auf -l scheint auch der Ablativ auf -Sa hie und da im Sinne
des Aktivus vorzukommen, so Schiefner §. 118: ,wenn es durch
mich thunlich wäre', ,vom Menschen auf die Himmel steigen
nicht ist' = ,der Mensch kann nicht auf die Himmel steigen',
,von diesem Menschen Wort sagen nicht ist' = ,dieser .Mensch
kann kein Wort sagen'; S. 54 n. 14: ,von dem Wachsbeil Baum
fällen nicht ist' = ,das Wachsbeil kann den Baum nicht
fällen'; S. 128“: ,von mir ohne Brod existiren nicht ist' = ,ich
kann ohne Brod nicht existiren.' Hier scheint überall eine Fähig
keit als vom Menschen ausgehend vorgestellt zu sein; aber
S. 130 b : ,von mir viel Geld ist verschwunden' = ,verausgabt
worden'.
Stellung: U S.
Empfindungsverben: mit Dativ.
b) Dargua-mundarten,
unter denen uns besonders die chürkilische, Schiefners ,hürka-
nische' zugänglich gemacht ist. Sie steht dem Kasikumükischen
sehr nahe, weist aber Abweichungen von ihm auf, die für die all-
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 23
gemeine Betrachtung von grosser Wichtigkeit sind. Der Aktivus
(-U, auch -ni, -n) stimmt hier nicht mit dem Genetiv (-la) überein,
und ist Instrumental schlechtweg. Auch die 1. und 2. Person
erscheinen, wo sie den Urheber bezeichnen, im Aktivus, nicht
wie im Kasikumükischen im Nominativ. Wir sollten demnach
erwarten, dass wie die Verbalanlaute, so auch die Verbalauslaute
sich an S, nicht an U anschliessen. Das thun sie aber — so
weit sie nicht Klassenzeichen, also den Anlauten gleichwertig
sind — nicht durchgängig. Nämlich nicht dann, wann S der
3. Person angehört; also z. B. in: hit nuni iv-aqa-s, ,er durch
mich gemacht werden wird' geht w- auf ,er', -s aber auf ,durch
mich' (Fr. Müller S. 124). Diese klare Beziehung des Aus
lauts auf eine Aktivusform hätte Fr. Müller davon abhalten
müssen, aus dem Auslaut des kasikumükischen Verbs zu
schliessen, dass die indifferente Pronominalform., auf die er sich
bezieht, nicht den Sinn eines Aktivus habe (s. oben S. 18).
Ist uns nun im Chürkilischen diese aktivische Einströmung
wegen des Angriffspunktes verwunderlicher als sonst, so ist sie
wiederum wegen des Ausgangspunktes erklärlicher. An Stelle
eines aktiven Transitivs erscheint nämlich in dieser Sprache
nicht nur das Passiv, sondern auch das Intransitiv: ,von mir
wird der Brief geschrieben' oder ,ich schreibe mit dem Brief'.
Wenn Fr. Müller (S. 117 und schon 110), wie vor ihm Schiefner,
nach ihm Winkler, sich hierbei der Präposition ,durch' bedient
(und zwar: ,ich bin durch den Brief ein Schreibender'), so
waltet dabei die Vorstellung eines Kausativs oder Aktivus ob,
nicht die eines eigentlichen Instrumentals, aber diese ist doch
allein am Platze: der Brief ist nicht die Ursache oder der Ur
heber meiner Schreibthätigkeit, sondern ihr Mittel und Werk
zeug. Wir dürften etwa unser: ,an einem Briefe schreiben'
vergleichen, sicherlich aber, von dem besondern Falle abge
sehen, solche Wendungen wie ,mit Steinen werfen' == ,Steine
werfen'. Wie dem auch sein mag, es scheint die Möglich
keit, dass ein und dasselbe sich sowohl passiv als intransitiv
ausdrücken lässt, und die dann für die 3. Person bestehende
Gleichheit der Verbalform (,schreib-' = ,wird geschrieben' und
,schreibt') die Angleichung der passiven Form an die intransitive
angeregt zu haben. Im Kasikumükischen erscheint sie noch
weiter gediehen, hier bestimmt die 1. und 2. Person als reales
24
I. Abhandlung: Schuchardt.
Subjekt immer den Verbalauslaut. Ich will dies Verhältniss
beider Sprachen zueinander übersichtlich darstellen.
Auslaut der Verbalformen zu:
urspr. chürk. lcasik.
s s u
s s s
s u u
s s = u s = u
Ich räume ein, dass der Zusammenhang der vorliegenden That-
sachen sich noch in anderer Weise denken lässt als in der
oben angegebenen. Die Verwischung des Unterschieds zwischen
Nominativ und Aktivus, wie sie das Kasikumükische für die
1. und 2. Person aufweist, mag hier die Ausdehnung der cliür-
kilischen Vertretung von S durch U gefördert haben, mag aber
auch eine solche Vertretung selbständig hervorgerufen haben,
ja kann schliesslich erst eine Folge derselben sein. Dazu kommt
noch, dass die Vennuthung, es hätten unkaukasische Einflüsse
sich in der Konjugation der kaukasischen Sprachen geltend ge
macht, sich vorderhand nicht gänzlich abweisen lässt. Ich will
noch erwähnen, dass der Imperativ, der ja als eigentlich subjekt
lose Form überall eine Sonderstellung einnimmt, den pluralischen
Auslaut -ja in dem ersten der obigen Fälle nicht nach S, son
dern nach U richtet, also darin sich dem allgemeineren Ge
brauch des Kazikumükischen anschliesst; z. B. von .äqis, ,ma
chen' (Schiefner §. 117):
w-aqa, ,er von dir', iv-aqa-jä, ,er von euch'; ebenso:
d-aqa-va, ,wir von dir', d-aqa-vaja, ,wir von euch'.
Vgl. mit den beiden untern Formen die entsprechenden des
Futurs, die zusammenfallen: d-aqa-h'ä, da der Auslaut dem S
entspricht. — Anmerkungsweise sei ein, wie mir scheint, un
persönliches v- angeführt: nuni dirhali v-ä-/ära ywiliii, ,von
mir mit dem Stock (es) ist geschlagen worden auf den Hund'
Schiefner 141; nuni dirhali v-äyära hitisi, ,von mir mit dem
Stock (es) ist geschlagen worden auf ihn' ebd. S. 176“. 197 b
(.itis, ,schlagen' wird wie unser Wort konstruirt).
Stellung. Bei zwei Vollpronomen scheint die passivische
SU noch die regelmässige zu sein, sonst US vorzuherrschen.
Vollpronomen:
S Ü
1. 2. P.
3. P.
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
25
Empfindungsverben: mit Aktivus; in einzelnen Dargua-mund-
arten mit Dativ.
2. Südöstliche oder Kürinische Gruppe.
1. Nordwestkürinisch.
a) Artsckiseh,
schon von Uslar durch Schiefner (Bull, der Petersb. Akad.
VII, 99 ff.) einigermassen bekannt gemacht. Die Erckert’schen
Proben zeigen neben der deutlichen Beziehung der
Konjunkten Pronomen, d. h. der Klassenzeichen auf S wie bei
Intransitiven, ebenso im Präteritum der Transitive (tIo, ,gab'
mit sachlich pluralischem oder kollektivem S n. 16. 17. 19. 21.
63.: h-i'ko mit singularischem n. 18; entsprechend ozXu, ,ver
kaufte' n. 29: o-b-zlu n. 78; Sette, ,kaufte' n. 20. 30: b-esde,
b-estte n. 15. 134) auch eine solche auf U, und zwar in den zu
sammengesetzten Tempus der Transitive, sodass z. B. ganz
gleich konjugirt erscheint das Präsens von:
,gehen' ,schlagen'
yo-v-tta-si-v-i daryar-si-v-i
ya-r-tta-si-d-i daryar si-d-i
wir, ihr ya-tta-si-i daryar-Si-i
sie ya-b-tta-si-b-i daryar-Si-b-i.
ich, du (männl.), er
ich, du (weibl.), sie
Die Ausgänge sind die Präsensformen des Verbs kes, ,sein':
vi, di, i, bi; das was ihnen vorausgeht, ist offenbar ein Ge
rundium oder Partizip, wodurch die Verschmelzung der akti
ven mit der passiven Wendung ermöglicht wird (s. oben S. 11.
20). Nach n. 24 kommt, wohl mundartlich, in dem gleichen
Satze die Beziehung auf U oder die auf S vor: ummu dar-
yarsi-v-i oder -b-i taburzan, ,vom Vater im-Schlagen-(er)-ist'
oder ,im Geschlagen-werden-(es)-ist das Beil'. Auch in dem mit
dem Verbalstamm zusammentretenden Präteritum von kes wird
U reflelctirt, ausnahmsweise S: uSmu daXa e-b-tti gvadci, ,vom
Bruder wurde (er) geschlagen der Hund' n. 28. Vgl. zari b-esde-
yki nos, ,von mir wird (es) gekauft werden ein Pferd' n. 143.
Im einfachen Präsens auf -r ist, wie wir aus Uslars Beispielen
ersehen, das Letztere der Fall: bo-yor, ,gibt es, sie (pers. PI.)',
do-yor, ,gibt sie (S.)', ganz wie bo-yo (— obigem b-rlo), ,gab es'.
26
I. Abhandlung: Schuchardt.
Vollpronomen und Substantive. Es gibt einen eigenen Aktivus
ausser einem Instrumental, der zugleich Komitativ ist. Die 2. P. S.
und die 1. und 2. P. PI. haben Nominativ und Aktivus gleich; die
1. P. S. hat für den letzteren noch eine eigene Form, diese steht
aber im Begriff, ebenfalls durch den Nominativ verdrängt zu
werden. Erckert gibt S. 59 neben zari (Uslar: zariS) zon an
und setzt in den transitiven Beispielen theils zon zu zari, theils
dies zu jenem in Parenthese (S. 56), theils nur das Eine oder
das Andere (so zon in: ,ich kaufe ein Pferd' n. 119, zari in:
,ich werde ein Pferd kaufen' n. 143).
Empfindungsverben: mit Dativ.
b) llutuliseli.
Ueber den Gebrauch der Klassenzeichen vermag ich nichts
Sicheres festzustellen.
Vollpronomen und Substantive: Aktivus und Komitativ-In-
strumental. Alle Pronomen haben einen vom Nominativ ver
schiedenen Aktivus.
Empfindungsverben: mit Dativ.
c) Tsaclmriscli.
Auch hier kann ich bezüglich der Klassenzeichen nicht zur
Klarheit gelangen. Es scheint fast, dass neben ihnen ein eigenes
Pluralzeielien besteht, nämlich bi, welches mit dem bei den
Substantiven üblichen übereinstimmt. Denn wenn der Plural
des Präsens von ,sein' entweder vo-b (vu-b) oder vo-d (vu-d)
(S. 29 f. und n. 59. 60. 83. 84. 85), auch vo-b-un-bi oder vo-d-
un-bi (S. 27. 30 und n. 105. 106) lautet, so liesse sich zwar in
der vorletzten Form eine Wiederholung des Klassenzeichens an
nehmen wie sie in diesen Sprachen so gewöhnlich ist, aber nicht
in der letzten. Vgl. lii-kha-ra, ,war', vu-kha-ba, ,waren' n. 35. 36,
ha-r-kina, ,sie ging', ha-b-kin-ba, ,sie gingen' n. 37. 38, ikhe-
sta, ,werde sein', v-ikhe-sin-bi, ,werden sein' S. 30, qajsan-asta,
,werde schlafen', qajsan-asin-bi, ,werden schlafen' S. 26. ,Sie
sind gegeben worden' lautet yliumm-bi (ykuvim-mi) n. 17. 19.
21. 63, aber bloss ykuvin n. 16; ,es ist gegeben worden': yku-
vina n. 18.
Vollpronomen und Substantive: Aktivus und Komitativ-Instru-
mental. In der 1. und 2. P. S. und PI. lauten Nominativ und
Aktivus gleich.
Uebci' den passiven Charaltter dos Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 27
Empfindungsverben: mit einem Kasus auf -Icla, von dem Efckert
S. 31 sagt, es sei ,vielleicht eine Art Ablativ -- .
2. Nordost- und Centralkiirinisch.
a) Kiirinisch i. e. S. (und Aclitii).
Konjunkte Pronomen, Klassenzeichen: keine.
Vollpronomen und Substantive: Nominativ und Instrumental-
Aktivus. Aktiv-passive Partizipien und Gerundien, z. B. im
patiah ahwadaidi ja, ,er sieht den Kaiser', eig. ,er, der Kaiser
gesehen-werdend ist', im patSahdiz ahwadaidi ja, ,ibn sieht
der Kaiser', eig. ,er dem Kaiser gesehen-werdend ist' Schiefner
§. 178“ (S. 67°); zaz awur purar, ,der mir gemachte Sattel',
zaz purar awur tim, ,der mir den Sattel gemacht habende
Mensch' §. l7S h (S. 68°).
Stellung - : aktivische, US, U Z S.
Empfindungsverben: mit Dativ.
b) Aguliscli.
Vom Kürinisclien weicht es, was die
Vollpronomen und Substantive anlangt, insofern ab, als es
einen Aktivus neben einem Komitativ-Instrumental besitzt, bei
den Pronomen aber den Aktivus vom Nominativ nicht unter
scheidet.
c) Tabassaraniseli.
Konjunkte Pronomen, und zwar sufligirto, einerseits im Sinne
von 2 (garaggidi-za, ,ich werde kaufen', wie dayidi-za, ,ich
werde schlafen'; also mit deutlich aktivischer Auffassung), ander
seits für Z. Zusammen scheinen beide nicht vorzukommen. Die
letzteren fallen, soweit die Erckert’schen Beispiele darüber
unterrichten, mit den Vollpronomen ganz oder fast ganz zu
sammen; so in der südlichen Mundart: uvuz a-vuz yiinü, ,dir
ist-dir Kuh' n. 103, uzuz ivyni-uzuz, ,mir wurde-gehört-mir'
n. 133. Die nördliche hat hierfür allerdings izüs iki-jas; aber
dieses jas findet sich als Vollpronomen im Sinne eines posses
siven Dativs n. 102, und so haben wir (n. 103 — 107) auch für
die übrigen Personen in gleichem Sinne Formen, die von denen
des sonstigen Dativs durchaus verschieden sind (die südliche
28
I. Abhandlung: Schuchardt.
Mundart hingegen zeigt, wie schon aus n. 103 ersichtlich,
Uebereinstimmung). Uebrigens sind diese possessiven Voll-
pronomen der nördlichen Mundart sehr verschieden gebildet,
die der 1. und 2. P. Sing, mit Präfix ja-s (zu izü), ja-v (zu
ivü)-, die der 1. und 2. P. Piur. mit Suffix ic-iv (zu icü), ik-iv
(zu iku); die der 3. P. Plur. machen den Eindruck von Gene
tiven: doga-n (clügu, ,er* n. 136. 145. 151, sonst dümu) und düga-
ri-n (dügari, ,sie‘). Der 1. und 2. P. Sing, entspricht die suffigirte
2. P. Plur. in: ik-iv vu-jak, ,euch ist-euch' n. 106, während in:
iciv vu-ur, ,uns sind-* n. 105 und dügarin vu-ir, ,ihnen sind-*
n. 107 -ur und -ir sich auf die pluralischen S beziehen. Das
I-Suffix der 3. Person, -ju pflegt in der südlichen Mundart zu
fehlen, z. B. ,er gab*: tüvnu-ju N., tuvnu S. — Es bestehen
daneben die Klassenzeichen fort; doch lassen sie sich vorder
hand nicht im Einzelnen bestimmen.
Vollpronomen und Substantive: Aktivus und Komitativ-Instru-
mental. Die Pronomen haben Aktivus = Nominativ. Bei den
Substantiven scheint, wenigstens in der nördlichen Mundart,
ein Ausgleich angebahnt zu werden. Wir haben zwar bav,
,die Mutter*, bav-ii, ,von der Mutter*; aber ava-i, das S. 49
ausdrücklich als Aktivus bezeichnet wird, sowohl ,der Vater*
beim Intrans. (n. 25. 44. 51. 54), als ,vom Vater*, während die
südliche Mundart aha und ab-i trennt (letzteres auch in: ,vom
Vater wird geschlagen mit den Beilen* n. 32 und, wohl aus
Versehen, in: ,der Vater entkam* n. 39). Ebenso fij, ,der Bruder*
und ,vom Bruder* n. 27. 28; im Süden: dcvi und dcu-cu.
Empfindungsverben: mit Dativ.
3. Stidkürinisch.
a) Dselickisch und Bnduchisch
sind durch zu dürftiges Material vertreten, um ein deutliches
Bild zu gewähren. Beide kennen Klassenzeichen. Erckert er
wähnt für das Substantiv einen eigenen Aktivus neben einem
Komitativ-In strumental; aber ,vom Vater* und ,der Vater* wird
im Dscli. nicht unterschieden: paj, wohl aber im B.: ada-ca
und ada (n. 15. 49), und zwar ist ada-ca auch Genetiv (s. oben
S. 21), und -dca Dsch., -ca B. noch Lokativendung. Vom pro
nominalen Aktivus finde ich nur eine Form in beiden Mund-
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 29
arten: ann-iz, an-iz (Nom. am Dsch., ad B., ,er'); die Endung
-z, -iz ist die des Dativs.
b) Cliin alu giscli.
Konjunkte Pronomen, bez. Klassenzeichen vermag ich nicht
zu entdecken.
Vollpronomen und Substantive. Erckert spricht S. 84 von der
Verwendung des Aktivus (neben dem Komitativ-Instrumental)
im Allgemeinen; aber seine Sätze enthalten kein Beispiel für
das Substantiv: iuj, ,vom Vater' und ,der Vater', dzä, dzä-i,
dzi, däd-i, ,von der Mutter' (n. 19. 20), dzä, dzäi, dza, ,die
Mutter' (n. 45. 55), tsy, ,vom Bruder' (? n. 27) und ,der Bruder'.
Wohl aber besteht für die Personalpronomen des Singulars der
Aktivus gegenüber dem Nominativ. (Die Aktivusform yini, ,von
ihm' wird S. 83 auch als Dativ, neben yinas angeführt).
Empflndungsverben: mit Dativ, wie im Dschekiscben und
Buduchischen.
4. Udisch.
Es spielt im Kreise der hier erörterten Erscheinungen
eine ganz besondere Rolle, und das rührt zum Theil wohl
daher, dass es sich nicht bloss in seinen Lauten und seinen
stofflichen Elementen, wie Fr. Müller S. 139 f. bemerkt, sondern
auch in der innern Spracliform tatarischen Einflüssen zugänglich
erwiesen hat. Darauf kann ich aber nicht eingehen, ich werde
versuchen die Dinge, so weit es möglich, aus der Sprache selbst
zu erklären.
Konjunkte Pronomen: 2 und Z. Beide kommen, wenn ich
mich nicht täusche, nicht nebeneinander vor, und das letztere
nur beim Intransitiv. Die für Z entsprechen auch lautlich
dem Dativ der Vollpronomen; die für S in der 1. und 2. Per
son dem Nominativ = Aktivus dieser, in der 3. P. Sing, (-ne)
dem Nominativ so-no, in der 3. P. Plur. (-qun) dem Aktivus
se-tu-yon (das -tun der Mundart von Nidsh scheint dessen beide
letzten Silben darzustellen). Die einheitliche Bezeichnung von 2,
d. i. von intransitivem S und von U deutet jedenfalls auf akti
vische Auffassung hin.
Vollpronomen und Substantive. Als Aktivus dient der Instru
mental, der nur bei der 1. und 2. Person mit dem Nominativ
30
I. Abhandlung: Schucliardt.
zusammenfällt. In dem Satze: the baba zay tliasa Thifliza,
,damit der Vater mich nach Tiflis bringe* bei Scbiefner 56, 4
steht wohl aus Versehen der Nominativ baba statt des Alctivus
baban. Der Aktivus erscheint nun bei vielen Verben, die wir
mit unsern Intransitiven wiedergeben. Wir müssen uns dabei
gegenwärtig halten, wie willkürlich im Grunde die Scheidung zwi
schen Transitiven und Intransitiven ist, und dass alle Intransi
tive, nicht bloss die, welche eine willkürliche Thätigkeit aus-
drücken, in Transitive umgeformt werden können. Das geschieht
entweder, indem ein Objekt aus ihnen ausgeschieden und in
pleonastischer Weise neben sie gesetzt wird (,Samen säen*,
,einen Kampf kämpfen*), und zwar tritt dasselbe oft in einer
ganz allgemeinen Gestalt auf, der eines neutralen Pronomens,
so dass sich unpersönliche Transitive ergeben (s. oben S. 10);
oder ein Intransitiv wird in seine Faktoren zerlegt, ein all
gemeines transitives Verb und ein Substantiv, dem die -besondere
Bedeutung eignet. Zusammensetzungen dieser Art sind gerade
im Udischen sehr häufig, und dadurch wird verständlich, wie
hier unser: ,die Sonne glänzte und Alles schimmerte wie Bril
lanten* sich gibt als: ,von der Sonne wurde geglänzt und von
Allem wurde geschimmert wie von Brillanten*: bey-en yas-ne-
stai, bithun-tin-al ts’aw-ne-stai brilliant-yon lcena Schiefner
62, 6; denn yaS-tesun heisst eigentlich ,Licht machen' und
ts’aw-desun ,Glanz machen*. So ,es wurde geweint von der
Arbeitsamen*: one-ne-phi khinbal-tin ebd. 60, 15 (one-phesun
wohl ,Thränen machen*); ,vom Hahn ist gekräht worden*: da-
dal-en el-le-phe ebd. 51, 6 (el-phesun wohl ,Schrei machen*;
fehlt im Wtb.). In: iharal-en bas-ne-ksai, ,von der Faulen
wurde gelegen* ebd. 59, 13 spielt weniger die Form des
Verbs (baskesun-, kesun, ,machen*) mit, als seine Bedeutung; es
handelt sich um ein stark absichtliches Liegen, während z. B.
das ungewollte Liegen eines Kranken intransitiv genommen
wird: sono baske-ne, ,er ist gelegen* ebd. 49, 13; hierzu ge
währt das Thuschische eine Parallele (s. S. 12). Einer solchen
analytischen Darstellung ist natürlich auch das Transitiv fähig,
und dabei verwandelt sich das direkte Objekt in ein indirektes:
,Jemandem Lob spenden* = ,Jemanden loben*. Im Udischen
steht aber nicht der Dativ, sondern der Affektiv, der y-Kasus,
dem wir auch im Tschetschenischen und Thuschischen begegnet
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 31
sind und dessen ursprünglicher Bedeutung unser ,an' mit Dativ
oder Akkusativ am Nächsten kommen dürfte. So ,ich bitte dich':
zu way yoiS-zu-bsa, ,ich an dich Gebet-ich-mache' Sch. 55, 3;
,quäle meinen Kopf nicht': hez bey ma qats-ta, ,an meinem Kopf
nicht Schmerz-mache' ebd. 51, 7. Wie nun einerseits der eigent
liche Sinn einer derartigen Zusammensetzung sich verdunkeln
und sie als ein einfaches Transitiv behandelt werden kann
(vgl. z. B. Jcots’, ,Falte, Biegung', kots’-besun, ,eine Beugung
machen', ,beugen', bul kots’-besun, ,den Kopf beugen'), so
können anderseits die einfachen Transitive, deren Zahl ausser
ordentlich gering ist, der Analogie jener zusammengesetzten
folgen, z. B. wi dasnu/ upha, ,deine Lektion sage' Sch. 48, 3
(doch vgl. ebd. §. 123), ioa/ tha-ne-so, ,dich wird er führen' ebd.
50, 10. Bei einem und dem andern lässt sich an die Entstehung
aus einem zielenden Intransitiv denken, z. B. bei biqsun, ,packen',
,fangen', ,halten' (vgl. ,an Etwas haften' < ,Etwas halten' im
Baskischen B. St. I, 46). Auf dieselbe Bahn mochten die
jenigen zusammengesetzten Transitive gerathen, deren nominaler
Bestandtheil adjektivischen,' nicht substantivischen Charakter
trägt, die also ebenfalls einen Akkusativ, oder in passiver
Wendung einen Nominativ erforderten, z. B. za/ moyor-ba, ,mich
wecke' = ,wach mache' Sch. 51, 6. Nicht anders zu beurtheilcn
ist z. B. jaqabsun, ,schicken' mit Affektiv der Person: jaqa ist
Dativ von jaq, ,Weg', der Dativ hat hier, wie gewöhnlich, die
Bedeutung eines Allativs, also eig. ,Jemanden auf den Weg
machen', wie wir sagen: ,sich auf den Weg machen'. Fr. Müller
und Erckert taufen den Affektiv in Akkusativ um, und es ist
richtig, dass er sich in den meisten Fällen mit unserm Akku
sativ übersetzen lässt. Aber um von denjenigen abzusehen,
in denen er auch dann nicht ein direktes Objekt bezeichnet
(z. B. neben zom-balchsun, ,lernen', eig. ,gewöhnt werden' und
zom-besun, ,lehren', eig. ,gewöhnt machen', die sich wie rus
sisch ynumbCH und yuumt mit dem Dativ oder unser unter
richtet werden und unterrichten in Etwas verhalten), müssen
auch wir in vielen Fällen ihn durch den Dativ wiedergeben,
z. B. za-/ phi-ne, ,an mich sagte er' Sch. 48, 4, za/ phi-qun,
,an mich sagten sie' ebd. 50, 8, upha za/, ,sage an mich'
ebd. 49, 6, wi baway upha, ,an meinen Vater sage' ebd. 49, 17
(aber auch za upha, ,mir sage' ebd. 63, 6). Sogar zwei Affektive
32
I. Abhandlung: Scliucliardt.
nebeneinander kommen vor, der eine als Akkusativ, der an
dere als Dativ: beS günahay beinsay uken, ,unsere Sünde
dem-Priester dass-wir-sagen' ebd. 52, 13. Und sodann fragt es
sieb, ob das direkte Objekt immer durch den Affektiv ausge
drückt wird. Ein flüchtiger Blick auf die Texte genügt, um
das zu verneinen; aber was Schiefner §. 159 darüber sagt,
genügt nicht. Der Imperativ und die Enklitika haben keinen
wesentlichen Antheil an der Verwendung des Nominativs; wohl
aber wird der Kernpunkt durch die Erwähnung des Indefinitivs
anderer Sprachen gestreift. In der That ersetzt der Affektiv
unsern bestimmten, der Nominativ unsern unbestimmten Akku
sativ, z. B. :
za ium tliada, ,gib mir Brod'
Sch. §. 159.
be-ne-ysa tharna, ,sie sieht einen
Ofen' Sch. 61, 3.
zu a-z-qe eich, ,ich kaufte ein
Pferd' Erck. n. 134.
zäng-duysun, .läuten', eigentl.
,Glocke schlagen' Sch. §. 95.
bithun gir-re-bi, .sie sammelte
Alles' Sch. 64, 4.
zu tliadal Sumay ukliain, ,wenn
du das von mir gegebene Brod
isst' Sch. 54, 6.
wi jaqay zu beyi, ,ich sah (auf)
deinen Weg' Sch. 55, 1.
(Vgl. mit Allativ: zaU’
beya-ne-i, ,dass sie auf mich
schaute' Sch. 54, 3.)
zu ukhes-zu-de ekhay, ,ich füt
terte das Pferd' Erck. S. 64
n. 13.
zängnuy duye-qun? ,haben sie
die Glocke geschlagen?' Sch.
51, 7.
wi witSimuyoy girba,,versammle
deine Brüder' Sch. 51, 13.
Bemerkenswerth ist es, wie Dativ -f- Nominativ abgelöst werden
von 2 Kausativ -]- 'Affektiv in: setu tha-qun-di uts’en bulk, Pa-
rasa-n gena Setuy MaHnenk, ,ihr gaben sie eine Honigsemmel,
Parascha aber diese der Mascha', eig. ,von P. aber sie für M.'
Sch. 71, 3 (vgl. unten unter .Swanisch' und .Georgisch').
Es finden sich nur wenige Ausnahmen. So wa leker tlia-z-do,
,ich werde dir den Eimer geben' Sch. 62, 1 (hier ist wohl
lekeray zu lesen); aqa ekh, ,kaufe das Pferd' Erck. n. 164 ist
wohl falsch übersetzt (der Imperativ schliesst den Affektiv
keineswegs aus, wie zum Ueberfluss gleich der folgende Satz
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
33
bei Erckert zeigt: döphta ullux, ,schiess den Wolf'); ma girba
mamusakay, ,sammle nicht Veilchen' Sch. 54, 9, vielmehr
.sammle nicht das Veilchen', mit dem bestimmten Singular
statt des unbestimmten Plurals. Diese Punktionsscheidung
erinnert lebhaft an die in den tatarischen Sprachen oder
vielmehr den altaischen Sprachen überhaupt übliche; im
Tscherkessischen besteht sie allerdings auch, aber nicht bloss
beim S = Q des Transitivs, sondern auch beim S des Intransi
tivs, ist also keine am Objekt, sondern eine am Subjekt vorge
nommene.
Stellung: aktivische: U S.
Empfindungsverben: mit dem Dativ, und statt des Nominativs
mit dem Affektiv, so: za ekay the za-klisa (für a-za-klisa), ,ich
sehe Nichts' Sch. 49, 3, Sotu bu-tu-ysa babax, ,er liebt den
Vater' Erck. n. 126. Nur ausnahmsweise steht das reale Objekt
im Nominativ: za aba-za Tliatharun muz, ,ich verstehe die
tatarische Sprache' Sch. 56, 8, the-qo aba ja Armeinun muz
ja Gurdzifmn muz, ,sie verstehen weder die armenische noch
die georgische Sprache' Sch. 58, 5. Sehr befremdlich ist ins
besondere: bez phey ekal the-ne akliesa, ,in meinem Auge sehe
ich Nichts' Sch. 49, 3, wo das reale Objekt auch im konjunkten
Pronomen erscheint, an Stelle des subjektiven Dativs aber der
Affektiv auftritt (eig. ,an meinem Auge irgend Etwas nicht-es
ist-sichtbar'). In der von Schiefner zugrunde gelegten War-
taschen’sclien Mundart scheint der Aktivus hier kaum statt
des Dativs einzutreten: dadal-en settiy ahhi (ohne konj. Pro
nomen, da doch a-tu-khi oder, mit Kongruenz, a-ne-khi zu er
warten wäre), ,der Plalin sah sie' Sch. 64, 13. Eher in der
Nidsh’schen: zu ibakhe-zu, ,ich habe gehört' (= za ibakhe-za W.)
Sch. 49, 10, Setyoy JJdiyon the-tun aiva, ,das wissen die Uden
nicht' (== setuyoy Udiyo the-qo aba W.) Sch. 57, 14, zu alche-zu,
,ich habe gesehen' (= za a-za-khe W.) Sch. 57, 16; aber wieder
um nicht nur bu-za-qsa, ,ich will' Sch. 49, 7, ba-tu-qsa, ,er kann'
Sch. 49, 13, sondern auch the za aba, ,ich weiss nicht' Sch. 49, 11,
Sotuy awa-za, ,ich weiss das' Sch. 57, 17. Es scheinen In
konsequenzen des Aufzeichners untergelaufen zu sein; in :
zu ... . the-za-bakho, ,ich werde nicht können' Sch. 49, 16
sind sogar beide Konstruktionen (Vollpronomen im Aktivus,
konjunktes im Dativ) miteinander gemischt, oder es steht viel-
Sitznngsbor. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 1. Al>b. 3
34
I. Abhandlung: Schuchardt.
mehr zu Anfang ein absoluter Nominativ, wie in: Annuska ....
the-tu-bakhi, ,Annuska .... konnte nicht* Sch. 70, 13. Eine
noch eigenthümlichere Kontamination, nämlich zwischen posses
sivem Genetiv und Dativ liegt vor in: Setuyoi sa phis hq-qo-bu,
,sie haben einen bösen Hund*, eig. ,ihrer ein böser Hund-ihnen-
ist* Sch. §. 148. Die allereigenthümlickste aber, wenn wirklich
beim Verb .wissen* Dativ und Affektiv in gleichem Sinne
nebeneinander stehen: za aba-zay, ,ich weiss*, toa awway (für
wa aba-way), ,du weisst*. So übersetzt Schiefner §. 156. 158,
indem er an der ersteren Stelle von der gelegentlichen Ver
tretung des Dativs durch den Affektiv, an der zweiten von
dem Gebrauch des akkusativischen Affektivs bei Verben auch
mit subjektivem Dativ redet; dann aber, besonders im An
schluss an das Beispiel: wa qa-iva ibakhi .... namazay, würden
jene Sätzchen bedeuten: ,ich weiss mich*, ,du weisst dich*.
Pleonasmus: herrscht im weitesten Umfang, indem die kon-
junkten Pronomen ausser beim Imperativ kaum fehlen dürfen,
die Vollpronomen aber sich ihnen zuzugesellen lieben (s. Sch.
§. 173). Auf der andern Seite ist zu bemerken, dass ü,
welches überhaupt keine konjunkte Vertretung hat, sehr häufig,
wo es aus dem Zusammenhang zu entnehmen ist, auch durch
das Vollpronomen nicht ausgedrückt wird. Schiefner gibt dies
in der Uebersetzung öfters an, so: ,wohin er (dich) geschickt
hatte* 48, 4, ,morgen werden wir (dich) wecken* 48, 6, ,icli
werde (es) sagen* 49, 19, ,bedecke du (mich)* 54, 25; anders
wo nicht, so: ,mein Vater hatte (mich) geschickt, 48, 4, ,ich
werde (dich) schlagen* 48, 8, ,ich werde (sie) hinführen' 51, 14.
II. Siid kaukasisch oder Kliarthweliscli.
Das Verb dieser Gruppe setzt dem wissenschaftlichen
Verständniss fast ebenso grosse, wenn auch ganz anders ge
artete Schwierigkeiten entgegen wie das des Baskischen. Ich
bedauex-e sehr, dass Al. Tsagareli, der gründliche Kenner der
südkaukasischen Sprachen, der eine Reihe sehr verdienstlicher
Arbeiten in Bezug auf sie veröffentlicht hat, nicht dazu ge-
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 35
kommen ist, eine solche auch dem in Frage stehenden Gegen
stand zu widmen. Seine lithographirte Abhandlung: CpaBHH-
Te^LiiHH ousopn Mop'KUoriH noepificKofi rpyiinu KaisKacKHXT, asu-
kob'l, Cu6. 1872, die, wie er in einer andern (0 rpaiiMaTHuecKofi
jHTepaiyph rpysmicitaro uauica, Cn6. 1873 S. 77) mittheilt, in
einer äusserst beschränkten Anzahl von Exemplaren (47) aus
gegeben worden war und die ich durch die Güte des Herrn
Akademikers K. Salemann zu Gesicht bekommen habe, hält
sich zu sehr im Allgemeinen. Besseres über das südkauka
sische Verb, als was Fr. Müller im Grundriss gesagt hat, kenne
ich nicht; aber auch in seiner Darstellung ruht auf den wich
tigsten Partieen tiefer Schatten, wir vermissen insbesondere
jede Bezugnahme auf die passive Auffassung des Verbs, und
selbst da, wo er den Zusammenhang zwischen den nord- und
den südkaukasischen Sprachen erörtert, berührt er nur die mit
dem Dativ der Person konstruirten Empfindungsverben. Meine
Kräfte haben gerade angesichts des reichen Stoffes, den uns
vor Allem die einzige Litteratursprache des ganzen kaukasi
schen Gebietes zur Verfügung stellt, sich hier unzulänglicher
erwiesen als bei den vorher durchgenommenen Sprachen. Ich
gehe nicht, wie man erwarten könnte, vom Georgischen aus,
sondern fasse
1. das Swanische
ins Auge, da es manche alterthümliche und bemerkenswerthe
Züge aufweist und im Allgemeinen noch wenig Berücksichtigung
erfahren hat, also auf das Georgische innerhalb dieser Unter
suchung einiges Licht zu werfen vermag. Die Sprache, auf
welche sich die Mittheilungen G. Rosens (1845) beziehen —
ihnen folgt Fr. Müller —, ist kein reines Swanisch. Dadurch
wurde der Baron P. Uslar veranlasst, 1861 eine kurze gram
matische Skizze des Swanischen zusammenzustellen, die mir
nicht zu Gesicht gekommen ist. Der X. Band des Sbornik (1890)
erscliliesst sehr mannigfache und reichhaltige Hülfsquellen für
das Studium dieser Sprache: von M. Zawadskij eine gramma
tische Einleitung mit Wörterbuch (S. VII—LXXIV mit zwei
Tabellen Verbalparadigmen), von A. Gren grammatische Bemer
kungen II, 144—160, Texte mit Uebersetzungen und Wörter
büchern von W. und J. Nizeradze, Stojanow, Teptsow, Gren,
3*
36
I. Abhandlung: Scliuchardt.
Margiani, Alles im II. Theile des Bandes. Warum in Erckerts
Buch diese Darstellungen und Sammlungen nicht verwerthet,
ja nicht einmal erwähnt sind, verstehe ich nicht. Ich habe
keine Zeit gefunden, die Texte, die verschiedenen Mundarten an
gehören und nach verschiedenen Schreibsystemen aufgezeichnet
sind, von Anfang bis zu Ende durchzulesen, und bin daher
ausser Stand, mich über eine sehr grosse Menge von Punkten
mit nur etwelcker Bestimmtheit zu äussern; vielleicht reichen
selbst diese Texte für uns nicht aus, um alles Thatsächliche
klar zu erkennen, die Lücken der grammatischen Abrisse aus
zufüllen, die Irrthümer und Ungenauigkeiten der Wörterbücher
zu berichtigen. Ich bespreche nun, gemäss dem Charakter der
kharthwelischen Sprachen, die Erscheinungen in einer andern
Reihenfolge als bisher.
Vollpronomen und Substantive. Der bei Fr. Müller und Erckert
als Instrumental angegebene Kasus auf -su (-sw) heisst bei Gren
iiHcmpyMeHmaAbHbiii, bei Zawadskij opydmiü; daneben haben wir
einen bei Fr. Müller nicht verzeichneten auf -cl (-th), -emd oder
-um, der von jenen Beiden meopumeMHnü genannt wird, von
Erckert Narrativ. Dieser ist vorzugsweise Aktivus; aber keines
wegs ausschliesslich (z. B. ,zu Etwas machen', ,als Etwas geben',
was an den slawischen Instrumental erinnert; dient auch zur
Ableitung von Adverbien aus Adjektiven, vgl. hierzu Erckerts
Bemerkung S. 359 unten). Die 1. und 2. Person beider Zahlen
haben für den Nominativ, den Aktivus und den Dativ die gleiche
Form. Das - wird beim Transitiv nicht auf eine und die
selbe Weise ausgedrückt, sondern auf dreifache, das □ im
Einklang damit auf zweifache:
1. Nominativ -j- Dativ: ,der Mann bindet dem Pferd an'.
— Praesens, Präteritum I (Imperfekt), Praet. IV Kond. I, Fu
tur I Indikativ, Futur II.
2. Aktivus -)-Nominativ: ,von dem Manne wurde das Pferd
angebunden'. — Präteritum II (Perfekt; bei Gren = Aorist) In
dikativ, Futur I Konjunktiv, Imperativ.
3. Dativ -j- Nominativ: ,dem Manne ist das Pferd ange
bunden worden'. — Praeteritiun III (bei Uslar iteratives, bei
Gren Perfekt), Praeteritum IV (Plusquamperfekt) Ind. Kond. II.
Konj.; auf der Tabelle I von Zawadskij, ebenso wie S. XIX f.
und XXIV ff. wird das Praet. III als Plusquamp. und das Praet. IV
Ueher den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 37
(als 3aiAa3H,oe) mit seinen Konditionalen und Konjunktiv als
zum Perf. gehörig angegeben.
Diese Konstruktionsverschiedenheit lässt sich nicht un
mittelbar aus der heute bestehenden Bedeutungsverschiedenheit
herleiten; sie ist zunächst an die formale Verschiedenheit ge
bunden: so wird das Praet. I vom Praesens abgeleitet, so
stimmt der Imperativ zum Praet. II (a-tha-b, ,binde an', ,du
bandest an'). Die Formen der zweiten und dritten Gruppe
sind offenbar unter sich enger verwandt als mit denen der
ersten, sodass wir zwei Hauptgruppen ansetzen dürfen. Wie
aber die eine mit der aktiven, die andere mit der passiven
Funktion zusammenhängt, bleibt noch im Dunkeln. In dem
längeren Präsensstamm könnte man ein lautliches Kennzeichen
der aktiven suchen, kein solches der passiven in dem kurzen,
sicher oft gekürzten Perfektstamm (freilich ist umgekehrt zu
weilen er der längere, sogar der erweiterte, so: ma-qad, ,ich
hatte': ma-qa, ,ich habe'; mu-ywan, ,ieh hatte': mu-yo, ,ich
habe'; tsomin, ,er tliat', tSwemn, ,thue': yi-tso, ,du tliust').
Ich vermuthe aber, dass doch auch bei jener Gruppe die pas
sive Auffassung die ursprüngliche war und nur durch äussere
Einflüsse verdrängt wurde. Inwiefern eine formale Beziehung
besteht zwischen diesem Praet. II und dem Präsens der 5. Kon
jugation (das Wort in ähnlichem Sinne genommen, wie in der
semitischen Grammatik; s. Gren S. 154), das zu entscheiden,
reicht das dürftige und zugleich bunte Material von S. XII f.
nicht aus; von li-bem wenigstens stimmt o-y-wa-b, a-ya-b u. s. w.
' gut zu y-wä-b, yä-b u. s. w. Der vortretende Vokal (a-, se
kundär o-) trennt nicht scharf die zweite von der ersten Haupt
gruppe, da er sich hier im Fut. I lnd. findet, dort im Praet.
III fehlt und in manchen Formen des Praet. II (wie ya-qer,
ya-yid). Aus dieser zweiten Hauptgruppe hat sich nun jene
kleinere ausgeschieden, die sich mit dem Dativ als 2 verbindet.
Gerade dieser Dativ bezeugt, gegenüber dem begrifflich schon
verdunkelten Aktivus, eine Auffrischung des passiven Verbal
charakters; denn auch das unzweifelhafte Passiv (die eben
erwähnte 5. Konjugation) hat 2 im Dativ: mi yo-b Gegi-s, ,ich
bin von G. angebunden', mi yo-ban Gegi-s, ,ieh war von G. an
gebunden' (S. XXII). Da nun die dritte Gruppe von der
zweiten sich durch das auslautende a unterscheidet (wie
38
I. Abhandlung: Schnclinrdt.
sich hierzu jene Formen des Praet. II der 3. Person als 2
verhalten, die anch auf a ausgehen, vermag ich nicht zu sagen),
so liegt es nahe (doch s. unten unter ,Mingrelisch'), in diesem
-a die Kopula zu erblicken = ari, ar; vgl. z. B. mi-b-a, ,ich
habe angebunden' (.von mir ist angebunden worden') und
l§-be m-är, ,angebunden von mir ist' (S. XXI). Auf den Da
tiv der Empfindungsverben dürfen wir uns dabei wenigstens
im Allgemeinen berufen. Und endlich ist daran zu erinnern,
dass auch in andern kaukasischen Sprachen der Dativ die Bolle
des Aktivus versieht. Ja im Swanischen steht die eine Endung
des Aktivus, -ern gewiss in Zusammenhang mit der des Dativs
der Adjektive, -a(m), der vor dem Substantiv jeden andern
obliquen Kasus, auch den Akt. ersetzt (S. XLI). Die eigentliche
Instrumentalendung ist, wie die verwandten Sprachen zeigen, -d,
und dieses -d hat sich ebenso mit dem ursprünglich dativischen
-era zu -em-d verbunden (vgl. tscherk. -m-k’e S. 8), wie mit dem
genetivischen -iS, -as zu -iS-d, -aS-d, welche Zawadskij als die
Endungen eines eigenen Kasus, des ycaonmuiü (Appropriativs)
betrachtet. Für den passiven Charakter des Verbalstammes
spricht auch der Mangel eines eigenen Akkusativs; der Dativ,
der schon bestand, musste, sobald der Aktivus durch den
Nominativ verdrängt wurde, für den Akkusativ aushelfen, der
an die Stelle des Nominativs zu treten hatte. Ein doppelter
Nominativ wurde nämlich wegen der Zweideutigkeit vermieden ■
dass so nun vielfach ein doppelter Dativ entstand, wurde ge
duldet, z. B. adziar-s gezlier-s la-l-odi-d, ,(wenn) ihnen Kinder
wir geben werden' S. 182, 1, mi y-w-abem tsaz-s megam-s, ,ich
binde das Pferd an den Baum an' S. XXI. Neben dem Dativ
als 2 scheint man aber doch den des entfernteren Objekts zu
vermeiden, es könnten sonst allerdings leicht Missverständnisse
entstehen; vgl. dzgmil-d y'eyv; o-th-ya meSya marol-s, ,dem Bruder
hatte das Weib genommen der schwarze Mann' S. 188, 12 v. o.
1 v. u. 190, 12 (wird hier das Praet. II an Stelle des Praet. IV
gesetzt, so ist der Sinn: ,der Bruder nahm das Weib dem
schwarzen Mann'). Wenn S. XXIII zu dem Satze: atSas yo-ba
tSaz megam-d, ,er hat das Pferd an den Baum angebunden' be
merkt wird, dass der für den Dativ stehende Aktivus den Sinn
von ,bis an' habe (vgl. S. XXXVII, 3, T), so ist das kaum rich
tig; die Vertauschbarkeit des einen Kasus mit dem andern be-
Ueber den passiven Charakter dos Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 39
ruht auf der oben dargethanen Verwandtschaft beider. Ebenso
vertritt der Aktivus den objektiven Dativ neben dem Verb der
5. Konjugation, Praesens wie Praet. II (yo-b, yo-ban; s. S. XXII).
Der Aktivus des Praet. II u. s. w. lässt natürlich den Dativ
des indirekten Objekts zu: adznem a-d-be Uaz megam-s, und
so ist auch zu verstehen: udil-d ya-Sgwmin yerbath-w, ,die
Schwester bat Gott' (,demanda a Dieu') S. 162, 6 v. u., wo das
direkte Objekt in den gesprochenen Worten steckt (vgl.
edzi hadzi mi kha-ma-sgwemn, ,diesen Lohn erbitte von mir'
S. 4 b , 9). Aber ich finde wider Erwarten zuweilen auch da
ein Objekt im Dativ, nicht im Nominativ, das nur als direktes
aufgefasst werden kann, so: si tsw-a-ya-tm atsas, ,du zerrissest
ihn', adinem tSw-a-y-tim atsas, ,er zerriss ihn' (eig. ,von ihm
. . . . ihm') S. 236, adznem o-y-yid nasqal-s, ,er brachte ihm
Nadeln' gegenüber: adznem a-n-yid argi-the nasqal, ,er brachte
Nadeln nach Hause' S. XVI, und ebenda beim Dativ als I:
atsas yo-yida argi-tlie nasqal-s, ,er hat Nadeln nach Hause ge
bracht' gegenüber: atsas yo-yida yeyio-iSd nasqal, ,er hat
Nadeln für die Frau gebracht'. Hier wird mir der Unterschied
durch die entgegengesetzte Bethätigung noch unklarer. Man
sollte meinen, es habe in diesen Fällen eine Vermischung der
zweiten und dritten Konstruktion mit der ersten stattgefunden:
Aktivus -f- Dativ, Dativ + Dativ. Noch auffallender aber ist die
Anwendung dieser Konstruktion: Aktivus -j- Dativ auf das Prä
sens, wie sie in dem Liedchen S. 2, I dreimal vorkommt: sdu-
gul-d sduyur-is a-khatsi, ,das Mäuslein den Balken zimmert',
dadsdul-d widi-s ye-tuntale, ,das 'Bärlein die Milch schüttelt',
nezwil-d ithkh-is ye-letse, ,das Schwein das Korn behütet'. Dass
die ganze erste Konstruktion bei den perfektischen Gruppen ge
wisser Verben zur Geltung kommt, die wir als transitive kennen,
ist nicht befremdlich; den Swanen sind sie eben intransitiv. Da
hin gehört: li-ts’ed, ,sehen', z. B. ja s ye-ts’d si? ,wen sahst du?'
S. 113, 3 v. u., gezal-s ye-ts’ad, ,den Sohn sah sie' S. 4 b , 3, mi y-w-
e-ts’d Pawle-s, ,icli sah Paul' S. 113, 2 v. u., mar-a y-we-ts’d, ,einen
Mann sah ich' S. 188, 5, al daw kha-ye-ts’ad icisgiv-s, ,dieses
Wunderwesen sah den Apfelbaum' S. 168, 2, ye-ts’ad zural
kaltar-s, ,es sah die Frau die Schösse' S. 180, 2, le-ts’ed mar-a,
,schauen wir den Menschen an' S. 182, 6. Die ursprüngliche
Bedeutung des Verbs scheint zu sein: ,auf Etwas schauen', in
40
I. Abhandlung: Schucliardt.
der es noch vorkommt, die gewöhnliche aber: ,Etwas erblicken'.
Seine intransitive Natur erhellt deutlich aus der Gestalt des
Infinitivs: li-ts’ed (vgl. li-tye, li-jde, li-khye u. s. w. transitiv;
li-tey, li-yed, li-khey u. s. w. intransitiv). Auch das in den präsen-
tischen Formen (vgl. unten S. 52) wohl ganz gleichbedeutende
li-sgdi wird durch den Vokal seiner Personalpräfixe als in
transitives gekennzeichnet: yo-sg§di, yo-sgdi, y-wo-sgdi, ,icli sehe
es, ihn' S. 2, I, 1. 113, 1 v. u. Erck. n. 117 (vgl. yo-ts’de-ni, ,ich
werde ihn sehen' S. 114, 1); i-sgdi, ,er schaut' S. 115. Von li-ts’ed
selbst finde ich hingegen mit a-: ya-ts’§di, ,er schaut auf. . .'
S. 2, II. Das -e- des Praet. II scheint den intransitiven Cha
rakter des Verbs zu bestätigen (vgl. ye-kwad, ,ihm kam die
Lu§t', ye-sqden, ,ihm fiel ein'). Das Praet. III von li-ts’ed
wird nach S. 234 transitiv konstruirt (wird es nicht überhaupt
nur von transitiven Verben gebildet?): mi mi-ts’wa adza, si
dzi-ts’wa, at§as yo-ts’wa. —• Umgekehrt kommen auch Fälle
von transitiv konstrurrten Perfekten solcher Verben vor, die
durchaus intransitives Gepräge tragen, so: z-a-n-tsy'e ts’qint-d,
,es wuchs auf der Knabe' S. 166, 8, a-d-zelale-y yertli-em i mitsa
angwlesar-d, ,es zogen (wanderten) Gott und seine Engel'
S. 246,20 (Praes.: yerbeth i mitsa angwlesar i-zelal-y S. 246, 5).
Die konjunkten Pronomen im engern Sinn erscheinen als
Präfixe des Verbalstamms, hie und da in Folge von Ver
schiebung auch als Infixe. Wir haben zwei Reihen zu unter
scheiden, für die ich die Benennungen ,subjektiv' und ,objektiv'
zwar ihrer grammatischen Funktion entlehne, doch zunächst
nur im formalen Sinn verstanden wissen will. Die letztere
Reihe ist jedenfalls vollständig, aber in der 2. und 3. Person
gilt die gleiche Form (dz- und y-) für beide Zahlen. Für die
1. P. Plur. findet sich neben gw- (Fr. Müller hat S. 200 aus Ver
sehen (/-), das zum Geologischen stimmt, auch n-, das dem Nom.
Dat. Akt. des Vollpronomens na entspricht; in den andern
Kasus desselben stehen ebenfalls gw- und n- (wohl mundartlich)
nebeneinander, so Genet. gwisgwe und nisgwe. In der subjek
tiven Reihe sind nur die 1. und 2. Person unverkennbar vor
handen, w- und /-, und zwar für beide Zahlen; doch findet sich
für den inklusiven Plural der 1. ein eigenes Zeichen: l- (S. XV)
= la- Plur. von Pers. (S. XXXIV). Neben diesen pronominalen
Elementen im engern Sinn, die präfigirt werden, gibt es solche im
Heber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 41
weitern Sinn, die sufiigirt werden. Ihr Verhältniss, zu den ersteren
ist tlieils Pleonasmus, theils Ergänzung, tlieils Vertretung. Ein
reines Pluralzeichen und zwar in der Bedeutung von Q liegt
uns vor in -al-i, -el-i, -§r-e (S. XIV), das offenbar mit den
Endungen des substantivischen Plurals verwandt ist (S. XVIII
Anm.), aber so sehr des persönlichen Charakters entbehrt,
dass es auch am Infinitiv erscheint (z. B. li-prisde, Raufen*,
li-prisd-ali, ,Viele taufen'); offenbar nur eine Abart dieser
— von ihnen theilweise gar nicht zu unterscheiden — sind die
Verben auf -al, -el, die die Wiederholung einer Thätigkeit
ausdrücken, und mit den Pluralitätsverben anderer kauka
sischen Sprachen auf einer Stufe stehen. Inwieweit ist der
Gebrauch jenes Pluralzeichens bei denjenigen Verben, die es
überhaupt zulassen, ein nothwendiger? Vgl. adziar ts-o-tli-kharw-
al, ,sie tödtete ich' S. 162,15, mi t&w-es-gwran böphS, ,ich fuhr das
Kind', mi tsw-es-gurn-al bopliS-ar, .ich fuhr die Kinder' S. 238,
na %-w-ebi-d Tab. I = na %-w-eb-ali-d, S. XVIII, ,wir binden
uns an', tsw-a-d§rm-ale-% semi labdila, ,sie fanden die drei
Schwestern' S. 164, 16, und.es wird fortgefahren: i isg-o-%--/id-x
(nicht isg-o-x-yid-Qre-x), ,und sie führten sie hinein'. Bei sachlichen
Objekten scheint sein Gebrauch ein viel eingeschränkterer zu
sein. Sodann sind zwei Pluralzeichen mit persönlicher Diffe-
renzirung wahrzunehmen: -d (Fr. Müller: -tli; Gren: -d, und
im Praes. Konj. sowie im Praet. III der 4. Konjugation -th) für
die 1. und 2. Person im Sinne von U und S = 2 und, bei Z =S,
von S = 0, -y für die 3. Person im Sinne von 2 wie von Q, für
die 2. Person im Sinne von Z = 2 (und von 0?). Die 1. Person be
darf keines objektiven Pluralzeichens. Erckert gibt S. 361 als
solches für die 2. und 3. Person -w- an: la-dz-w-em, ,er gab euch',
la-x-w-em, ,er gab ihnen', und die gleichen Formen stehen auf
S. 355 n. 68. 69. Es beruht dies wohl auf einem Missverständ-
niss; la~x-wem heisst ,er gab ihm' (so auch Erckert n. 16. 17.
18) — das w ist stammhaft (li-gwdi, li-xwdi, li-wdi, li-fdi). Die
Rolle eines reinen Personalzeichens im Sinne von S = S versieht -s
im Konjunktiv des Praesens und des Futurs, sowie des intrans.
Praet. II (3. 4. und 5. Konjugation), es scheidet die 3. P. Sing,
von der 2. P. Sing. Mit diesem -s ist dasjenige gleich, das uns im
Konjunktiv des Irans. Praet. II (oder IV) und des Praet. III ent
gegentritt; nur hat es hier die Funktion von S=0, und wird
42
I. Abhandlung: Schucliardt.
durch das Pluralzeichen der 2. und 3. Person im Sinne von U
und Z = 2 verdrängt, sodass es in den nach 2 geordneten
Paradigmen die 1. 2. 3. P. Sing, und 1. P. Plur. endigt. Un
bestimmter ist das -s (im Sinne von S = 2) des Indikativs
des Praet. I und des trans. Kond. I des Praet. II (oder IV),
welches — wie wir das auch in andern kaukasischen Spra
chen kennen gelernt haben — die 1. und 2. Sing, gegenüber
der 3. Sing, kennzeichnet, die 1. Person in pleonastischer
Weise. Obwohl hier das doppelte -s des Singulars dem doppelten
-d des Plurals entspricht, dürfen wir doch, aus genetischen
Gründen, nicht von einem beschränkten Singularzeichen spre
chen. Wollen wir nun den Werth und die Verbindungsweise
dieser Prä- und Suffixe genauer bestimmen, so haben wir die
Verbalformen der drei Konstruktionen der Reihe nach zu
untersuchen. Am Einfachsten liegt die Sache bei
a) der dritten. Dem Dativ des Vollwortes als 2 entspricht
das objektive Pronominalpräfix: mi mi-yida, si dzi-yida, atSas
yo-yida, na gwi-yida, ,ich habe gebracht', ,du hast g. £ , ,er hat
g.', ,wir haben g.‘. Dazu gehört für die 2. und 3. Person
das Pluralzeichen -y. S = Q kommt in der Verbalform nicht
zum Ausdruck, das heisst, nicht unmittelbar. Ist es die 1.
oder 2. P. Plur., so wird es durch das Pluralzeichen -d ange
deutet: atSas tS-o-th-yonva-d, ,er hat (uns, euch) getäuscht'
(S. 239; hier auch mit Bezug auf die 3. P. Plur., dann würde
es aber doch wohl heissen tS-o-th-yorwa-y). Durch die aus-
schliessende Wirkung des 2 kann das -d zu einem ganz be
stimmten Sinn kommen: mi-dgara-d, ,ich habe euch getödtet'
S. 137. Zu diesen Tempus stimmen nun durchaus alle die
jenigen Verben, die mit dem Dativ im Sinne unseres transi
tiven Nominativs verbunden werden, mögen es Empfindungs
verben oder andere sein, z. B. mi ma-ku, si dza-ku, atsas ya-ku,
ad&iars ya-ku-y, ,ich will', ,du willst', ,er will', ,sie wollen',
mi-yal, dzi-yal, yo-yal, yo-yal-y, ,ich kenne', ,du kennst', ,er
kennt', ,sie kennen', me-kwad, dze-kwad, ye-kwad, ,ich
wollte', ,du wolltest', ,er wollte'. Das -y kann sich auf die
3. Person auch als S — Q beziehen: dzi - yal - da - y } ,du kann
test sie' S. 2, III, 4 (,ihr kanntet' S. 209), dza-ssgun-da- y,
,du hasstest sie' S. 231 — allerdings S. 162, 3: ya-ssgun-da
[nicht -da-y\ din-al, ,sie hasste die Töchter'. Und vielleicht ist
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 43
die Unterdrückung des -/ als ü das Gewöhnliche; vgl. atsas
yo-r-da semi din-al, ,er hatte drei Töchter' S. 162, 2, bap-s
gezl-ier wiama yo-r-da, ,der Geistliche hatte keine Kinder'
S. 166, 6. Das Praet. IV unterscheidet sich vom Praet. III
durch den vokalischen Anlaut: a-m-yida, a-dz-yida, o-y-yida.
An Stelle dieses inlautenden y findet sich auch -th- (vielleicht
ist das sogar das Häufigere); das ist aber eine allgemeine
Erscheinung, und ich werde von ihr, sowie von andern Dar
stellungen der 3. Person am Schlüsse reden (S. 52 f.), von den
Vokalen der Personalpräfixe aber im unmittelbar Folgenden.
b) Die Verbalformen der ersten Konstruktion enthalten
zunächst objektive Präfixe; ich spreche hier nur von denjenigen,
die aus Konsonant -f- Vokal bestehen, also denen des Präsens,
Praet. I und Fut. II. Die von der unsrigen gänzlich abweichende
Auffassung der verschiedenen Objektiv Verhältnisse ist vielleicht
das bedeutendste Hinderniss, das unserem Verständniss der
swanischen Konjugation entgegensteht; mir fehlt es an einem
Ueberblick über die Thatsachen selbst. Das Objekt wird, wenn
es die 1. oder 2. Person ist, immer durch das Präfix ausge
drückt, nicht immer, wenn es die 3. ist. Wir werden daher
gut thun die 3. vorderhand von unserer Betrachtung auszu-
schliessen. Erscheinen zwei verschiedenartige Objekte neben
einander, so nimmt die Verbalform nur eines auf, also z. B.
entweder: ,dich-gibt (er mir)' oder: ,mir-gibt (er dich)'. Es
handelt sich aber liier nicht bloss um das, was wir direktes
und indirektes Objekt nennen, sondern auch um jene Objekte
im weitern Sinn, bei deren Bezeichnung wir Präpositionen
zu Hülfe nehmen (,zu mir', ,mit mir'). Die jedesmalige objektive
Beziehung genauer zu bestimmen, dazu dient der Vokal, der
dem Verbalstamm unmittelbar vorhergeht und dem konsonan
tischen Personalzeichen folgt. Indem ich den Vokal mit diesem
Konsonanten zusammenschreibe, will ich durchaus nicht besagen,
dass uns hier etwa Kasusformen vorliegen; im Grunde gehört
der Vokal zum Verb und lässt sich wohl am Ehesten mit
unsern Vorsilben vergleichen (,ihn verschenkt er', ,ihn beschenkt
er'), wie er denn auch ohne Objektspronomen auftreten kann.
Am Wenigsten bereitet die Bedeutung von -i- Schwierigkeit;
wir dürfen sie als dativische bezeichnen, wobei wir an die
verschiedenen Nüancen denken, die dem Dativ in andern
m
44
I. Abhandlung: Scliucli ardt.
Sprachen eigen sind. Zunächst dient es dazu, das indirekte
Objekt, im engsten Sinne, zu bezeichnen: dzi-yde, ,er bringt
dir (Etwas)' S. XV. Dann auch öfter, ganz wie unser Dativ,
das direkte: gwi-daradH, ,er lauert uns auf' S. 2 b , III, 10 (vgl.
yo-deradzi, ,... ihm..' S. 4 a , 1). Weiter wirkt es im Sinne eines
Dativs des Eigenthums oder des Interesses: mi dzi-bem tSaz-s,
,ich binde dir das Pferd (dein Pferd) an' S. XXIX. Und so
kennzeichnet es schliesslich neben Intransitiven und Passiven das
reale Subjekt: dzi-ri, ,dir ist' = ,ich habe', dzi-yal, ,du kennst',
dzi-b, ,von dir ist angebunden' (vgl. Praet. III dzi-ba, ,du hast
angebunden'). Was -a- betrifft, so bezieht es sich zwar zunächst
auf das direkte Objekt, in sehr weitem Umfang aber auch auf
ein indirektes. Hier ist ein vermittelnder Uebergang umsowe
niger leicht wahrzunehmen, als das Praet. II in dem einen Falle
den Nominativ, in dem andern denselben Kasus wie das Prae
sens, den Dativ des Vollwortes entsprechen lässt. Und wiederum
berührt sich dieses, nach S. XXVIII ff. allative -a- (mi dza-bem
atias, ,ich binde an dich an', dza-b, ,an dich ist angebunden')
nicht nur mit dem dativischen -i-, sondern macht ihm fast
jede Funktion streitig; vgl. z. B. dza-dzis, ,er ist dir ähnlich',
dza-ts’uy, ,es ist dir nöthig', dza-qa, ,du hast', dza-ku, ,du
willst'. Nur eine lautliche Variante von diesem -ci- scheint zu
sein, das zuweilen begegnet, z. B. dz§-yde, ,er bringt dich' S. XV,
klia-dz§-hdi-y, ,sie werden dich hingeben' S. 52; denn an eine
Bedeutungsdifferenzirung dativischem -a- gegenüber mag ich
nicht denken (dza-hwdi S. 4 b , 14, kha-dza-wdi S. 170, 3, ,ich
werde dir geben', ma-wdi-a? ,wirst du mir geben?' S. 170, 9;
nach la- wird -aw- zu -o- zusammengezogen: la-m-odi-a? ,wirst
du mir geben?' S. 172, 3, la-dz-odi, ,ich werde dir geben'
S. 215). Das -u- von dzu-ywa, dzu-yiue, dzu-yo, ,dir ist' = ,du
hast' S. XXXII. 222 ist ein dem folgenden w assimilirtes -i-
(mi-ywa, dzi-yiva, yu-ywa S. 63). Der dritte Vokal, dem eine
besondere Rolle angewiesen ist, ist -e-; er kennzeichnet das
Reflexiv (die 3. Konjugation), das vorausgehende Personal
zeichen hat also immer den Werth eines indirekten Objektes.
S. XXIX wird ihm die allative Bedeutung zugesprochen: dze-bi,
,er bindet sich an dich an'. Vgl. Tab. II: mi y-ioe-sdye-ni Gegi-s
thethr-sw, ,ich ruinire mich auf Gegi (na Tery; das ist an einer
andern Stelle so erläutert: ,ich gebe Geld, dass man dem Gegi
Uolicr den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 45
kaufe*) in Geld/; aber ohne Objektspräfix: mi S-w-dey-ni Gegi-sd
thethr-Stv, ,ich ruinire mich für Gegi (a.m Tem) in Geld*, mit sol
chem auf -a-: mi y-wa-Sdye Gegi-s thethr-s, ,ich verschwende
auf Gegi Geld*. So me-tye-ni, ,sie wird zu mir zurückkehren*
S. 186, 11 u. s. w. Es erscheint das -e- aber auch bei Verben,
welche sich der Bedeutung und auch der Form nach nicht in
diese Konjugation fügen, so dze-khw-ni, ,er wird dir sagen,
S. 170, 5 (Praet. II dza-khwl. Konj., so ma-khwe-d, ,ihr sagtet mir*
S. 27, 36, aber me-kwa, ,er sagte mir 1 , me-kw-th, ,sagt mir*,
S. 137”), dze-tSo, ,ieh werde dir thun* S. 27, 37, me-tsa-d, ,ihr
thut mir* S. läS“ (Praet. II tsomin, ,er that* 1. Konj.), dze-yßral,
,ich flehe dich an* S. 26, 17; vgl. die Beispiele von ye- oben
S. 39. —• Das Pronomen der 3. Person, y- hat die Vokale -a-
und -e- mit denen der andern Personen gemein, an Stelle des
-i- aber -o-: (dzi-bem) yo-bem, (dzl-b) yö-b. Vielleicht ist dieses
-o- wie das bask. -i- ein Dativzeichen, entsprechend dem -iv, das
bei einigen Substantiven vorkommt (so ts’aS-w, ,dem Gatten*,
yerbatli-iv, ,Gott*) und das wohl auch mit der Genetivendung -s
die des Instrumentals -Sw bildet (s. oben S. 36); yö-b ist = ywe-b
S. XXIX, vgl. ywe-g, ,ihm ist* = ,er hat* zu mi-g, dzi-g S. 232
(o aus we ist gewöhnlich: twet, Gen. toti u. s. w.; os- aus es-io-
unten S. 54). Der Gebrauch des steht von Haus aus im
Einklang mit dem von m-, dz-, gw- (n-)- bedeutet dze-khw-ni: ,er
wird dir sagen*, so muss ye-khw-ni bedeuten: ,er wird ihm sagen*
(S. 233), das y- bezieht sich nicht etwa auf das direkte Ob
jekt. Dass das Praet. II ya-khw, wenn keine Ergänzung dabei
steht, nur mit CKa3a,5T. (CKasa^a), ,sagte*, ,sprach* übersetzt wird,
darf nicht irreführen; es ist immer so viel wie: ,er (sie) sagte
ihm (ihr, ihnen)*, und das wird dadurch bestätigt, dass, wenn
die Rede nicht an eine bestimmte Person gerichtet ist oder gar
an die eigene, die Form la-khw eintritt, so S. 162, 8 v. u. 178,
3 v. u. 182, 16 v. o. 182, 5 v. u. 184, 4. 14 v. o. 186, 5 v. o. (an
der dritten und fünften Stelle hat die russische Uebersetzung:
CKasa.'iT, caMT> ceö'h). So mit mundartlicher Lautverschiedenheit:
ra-khw-y, ,sie sagten (ihre Meinung* — bei einer Berathung), ra-
khw, ,er sagte* (ebenda) S. 250, 1 f. Auch untergeordnete Um
stände scheinen bei der Wahl zwischen den beiden Formen
mitzuspielen, so die Wortstellung: ,die Tochter was sie sagte
(kha-la-khw), alles that der Mann' S. 172, 14 v. u., aber S. 170,
46
I. Abhandlung: Schuchardt.
13 v. u.: ,der Jäger ging zu seiner Braut uncl sagte ihr (Jcha-ya-
khio)‘ S. 170,-13 v. u. Das führt uns nun auf die Frage, inwie
weit überhaupt das y- für das Objekt in Verwendung kommt.
Vom indirekten Objekt (icony? kt, KOMy? ueny?) scheint es immer
verlangt zu werden, doch nicht bloss von ihm, wie man aus
Zawadskijs Worten S. XXXI entnehmen könnte: % noKasidßaeTT.,
uto ßMcTBie conepmaeTca noA^emanuiMi. itony u.in bmPcto Koro,
mh HaiipaiMaei’CH kt. ueny, kt, KOMy, — gibt er doch S. XXVIII y-a-
bem auch mit upmum.iBaeTT, ero wieder. Nach Analogie der 1. und
2. Person Hesse sich erwarten, dass das direkte Objekt der 3. Per
son durch y- da ausgedrückt werde, wo es ein bestimmtes ist.
Die Texte liefern gar zu wenige Stellen für eine Entscheidung,
und wenn man z. B. einem Satze begegnet wie metliywar ya-tqtsi
ras-s, ,der Jäger schlägt das (Zauber-)Ross' S. 170, 3 v. u., benö-
thigt man einen entsprechenden mit dem Praet. II oder dem Im
perativ, um zu wissen, ob es sich da um einen akkusativischen
oder einen eigentlichen Dativ handelt (gerade ,schlagen' wird
in mehreren kaukasischen Sprachen mit dem Dativ ■verbunden).
Wenden wir unsere Aufmerksamkeit auf die Fälle, in denen y-
fehlt, so wächst die Schwierigkeit. Denn theils fehlt das Präfix
gänzlich, theils steht wenigstens der Charaktervokal a- und 7-;
und wie grenzen sich diese drei Klassen von Formen gegen
einander ab? Für die präfixlosen muss ich mich mit Zawad
skijs Angaben begnügen; er führt S. XIV an: yide argi-the
nasqal-s, ,er bringt heim Nadeln', und fügt hinzu: ne yicaau-
nacTCU hh KOMy, hh /vni Koro. Dann muss er aber dem /pur
einen andern Sinn beilegen, als in der Uebersetzung des auf
Tab. II sich findenden Beispiels: 6-w-djuye Gegi-Sd thethr-s, a
Tpa'iy /pu Peru /i,ent.rn (,ich verschwende für G. Geld'). Der
Trennungsstrich jedoch, auf dessen Lage cs uns am Meisten
ankommt, ist der zwischen: ,ich bringe Nadeln' und ,ich bringe
ihn'. Worin die Verschiedenheit zwischen den nackten und den
mit a- anlautenden Formen bestehen könnte, weiss ich mir nicht
recht vorzustellen; vgl. adza a-glure hhalyart-s, ,er zerreisst
(das) Papier' S. XXXI, khweqana-s a-salwe, ,er ernährt die Welt'
S. 1 3ar. 4, Sduyur-is a-khatsi, ,er zimmert den (einen) Balken'
S. 2, I, 2, a-berdze-y wer-s, ,sie graben die Erde auf' S. 162, 4
v. u. In dem Satze: adza a-bi/rgeue tabag-zi twet-wS (so, nicht
*fwet-Sw, vgl. den Instrumental thak-wS S. XXI ff.), ,er klopft
Unlier den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 47
auf den Tiscli mit der Hand' S. XXXI muss doch auch dem
swanischen Sprachgefühl das Verb objektlos sein. Und wieder
um scheint ein dativisches Objekt vorhanden zu sein in: mitsa
iSw-s i dzidzw-s Ui tsw-a-qli-ne, ,sein Fleisch und Knochen alle
wird er zerstossen' S. 190, 11 v. u. (ebenso a-qli-ne S. 192, 14).
Das anlautende i- hält den dativischen Sinn fest; es ist zu dem
selben das Reflexivpronomen zu ergänzen: m-i-bem, ,er bindet an
mich an', i-bem, ,... an sich'; nach Tab. II bedeutet i-sdye thethr-s:
,er gibt sein Geld aus'. Aber wie schon dies Beispiel zeigt,
der reflexive Sinn wird in diesen t-Formen leicht verblassen
oder ganz schwinden, und sie werden dann eigentlich den
präfixlosen gleichwerthig sein. Edzi i-qdi Uaz-s bei Erckert
n. 121 bedeutet zunächst: ,er kauft sich das Pferd'; die Ueber-
setzung: ,er kauft das Pferd' wird aber doch keine unrichtige
sein, man wird überhaupt so sagen, wo nicht bestimmt an den
Einkauf für einen Andern gedacht wird. S. 164, 9 ist i-sgwmin
(,der Kaiser verlangte seine Rosse zu sehen') kaum unser: ,er
verlangte sich'; das Verlangen wurde ausgesprochen, nur sind
die Personen, an die es sicli richtete, nicht ausdrücklich ge
nannt. Man vergleiche noch: i-zwbi-y tsi tsyoivel-s, ,sie essen
alle Thiere' S. 162, 4 v. u. und al wisgw wisgw-s i-Sne, ,dieser
Apfelbaum trägt einen Apfel' S. 166, 2 v. u., was vielleicht
durch ein italienisches ,si mangiano' oder ,si porta' zu erläu
tern wäre; hingegen: sam wisgw-s i-rgawi-%, ,sie theilen sich
(unter sich) drei Aepfel aus' S. 162, 16. Und so findet sich
nun i- auch bei intransitiven Verben, z. B. napr i-panal, ,der
Vogel fliegt' S. XLVII, 7 v. u., ladey i-gni, ,der Tag bricht
an' (von li-gne, ,stehen') S. XLVIII, 4. Gegenüber der Nicht
setzung des y- bei vorhandenem Objekt steht die Setzung des
y- bei fehlendem Objekt. AVir mögen'das als Reaktionserschei
nung auffassen. Man begreift, wie in einem gewissen Umkreis
Schwankungen eintreten müssen. Erckert n. 33 lautet: mu ya-
tqtsi kadal-sw, ,der Vater schlägt durch die Beile'. Es ist kein
Objekt angeführt, auf das sich das y- bezöge; immerhin ist wohl
eines in Gedanken vorhanden (vgl. oben S. 45), wie ja auch uns
der Satz: ,der Vater schlägt mit den Beilen' unfertig, fast wun
derlich vorkommt. AVenn man schliesslich dazu gekommen ist,
z. B. auch zu sagen ya-g, ,er steht', so wird das y- wohl hier
als subjektives Personalzeichen empfunden. Vor a- und i- kann
48
I. Abhandlung: Scliuchardt.
y- fehlen; vor -e- fehlt es nie, und so viel ich sehe, kann daher
ye-bi ebenso wohl heissen: ,er bindet sich an' schlechtweg, als:
,er bindet sich an ihn an'. Dieses sekundäre /- gewinnt eine
besondere Bedeutung durch seine Verbindung mit den subjek
tiven Personalzeichen, die ich mich nun anschicke zu besprechen.
Das der 1. Person, w- für beide Zahlen, tritt meistens deut
lich hervor. Bei den Verbalformen, die keinen Charaktervokal
haben, hat es, in Folge einer Umstellung, seinen Platz hinter dem
anlautenden Konsonanten, so y-w-ide, ,ich bringe' S. XIV, t-w-e-
y-ni, ,ich werde zurückkehren' S. 51, es-y-io-ri, ,ich gehe' (es-yri,
,er geht') S. 206. Es verbindet sich nicht mit dem objektiven Prä
fixe der 2. Person (selbstverständlich auch nicht mit dem der 1.),
sondern nur mit dem der 3., und schliesst sich dann an dieses
an: y-io- (nach Vokal auch -th-io, z. B. o-th-iv-bem = o-y-w-bem
Fut. I), offenbar für iu-y-. Zuweilen ist -w- unterdrückt worden, so
la-y-ywets’-ni für Ha-y-io-ywets’-ni, ,ich werde ihn jagen' S. 4 a , 11
(vgl. l-o-g-y'wi-d für H-o-gw-ywi-d, ,wir begegneten ihm' S. 88,21).
Regelmässig vor o-: yo-bem steht für *y-iv-o-beni (ganz ebenso wie
tsu-j tsw- vor o- sein w zu verlieren pflegt), so dass die 1. mit der
2. und 3. Subjektsperson zusammenfällt. Dieses y- ist nun, ohne
innere Berechtigung, jedem w- vorgetreten, das in den Anlaut
des Wortes zu stehen kam, sodass es den Anschein gewinnt,
als ob nicht w-, sondern yio- das Subjektspronomen der 1. Person
sei: ywi-bem für *wi-bem (3. Person: i-bem) t'o y-iv-a-bem (3. Per
son: yci-bem); vgl. insbesondere ywa-ri = georg. wa-r. Das
l- der inklusiven 1. P. Plur. duldet kein objektives Zeichen neben
sich: dem y-wa-bem-d (exklusiv) steht la-bam-d, dem yo-yde-d
lo-yde-d, dem a-n-yid-d, o-y-yid-d der 2. P. PI. a-l-yid-d, o-l-yid-d
zur Seite. Als Subjektspronomen der 2. Person lässt sich y- mit
Sicherheit nur da erkennen, wo das der 3. in der entspre
chenden Form nicht ausgedrückt ist, z. B. ya-ri, ,du bist', a-ri,
,er ist' (= span, estäs, estd); yi-bem, ,du bindest an dich an',
i-bem, ,er bindet an sich an'. Wo beide Formen gleichlauten,
z. B. ya-bem, ,du bindest' und ,er bindet an Etwas an', yo-bem,
,du bindest' und ,er bindet ihm an', da werden wir für die
erstere *y-ya-bem, *y-yo-bem anzusetzen haben. Nur ist nicht
wahrscheinlich, dass die subjektive 2. Person mit der objektiven
3. vom Anfang an gleich gelautet habe, ich denke vielmehr,
sie wird y gelautet haben (vgl. georg. ya-r, ,du bist' == swan.
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 49
ya-ri, während georg. h- dem swan. y- der 3. Person ent
spricht). Nach dem Stammanlaut, wie das mit w- der Fall ist,
findet sich, dies y- nicht. Die 3. Person besitzt kein Subjekts-
präfix, oder nur scheinbar eines, insofern nämlich, wie wir
gesehen haben, das objektive y- auf viele Formen übergegan
gen ist, denen kein Recht darauf zusteht. Man könnte ver-
muthen, dass in dem l von l-i, ,er ist', l-es, ,er sei', l-asw, ,er
war' (2. Person: y-i, y-es, y-asw) S. XVII ein Subjektspronomen
der 3. Person stecke, und dasselbe an das Pronomen ala, ,dieser'
anknüpfen; aber dies l- wird wohl von dem so häufigen Präfix
la- nicht zu trennen sein, das einen präpositionalen Charakter
trägt, vielleicht mit l§-, ,mit' und weiterhin mit dem l§-, la-,
le-, li- der Partizipien und Infinitive zusammenhängt, und in
vielen Fällen überhaupt eine pronominale Auffassung gar nicht
zuliesse, wie in la-l-wed-ne-d, ,wir werden geben', la-m-odi-d,
,ihr werdet mir geben' S. 216, la-ya-sgura-d, ,ihr sasst' S. 51.
Ein Subjektssuffix der 3. Pers. Sing, kennt, wie gesagt, der Kon
junktiv des Präsens und des Futurs: -s, welches wohl mit dem
-s der praesentischen Formen im Georgischen identisch ist (=
georg. is, ,er'). — Ueber die Piuralzeichen ist hier Nichts hinzu
zufügen, als dass das subjektive l- der inklusiven 1. Pers. Plur.
von einem pleonastischen -d begleitet wird, nach Analogie des
zweideutigen w-. Die objektive 2. und 3. Pers. Plur. würde nach
S. XXVIII f. von der 2. und 3. Pers. Sing, sich nicht unterschei
den, mit andern Worten, -d und -y hier nur in subjektivem Sinne
verwendet werden. Allein dz-...-y wird doch in doppelter, ja
dreifacher Geltung angeführt: d&a-mna-y (Praet. I), ,er gab
euch —', ,sie gaben dir —', ,sie gaben euch zu essen' S. 230,
ganz ähnlich wie bask. diote, ,er hat es ihnen', ,sie haben es
ihm', ,sie haben es ihnen'. In o-n-yur-da-d-y, ,wir gingen' S. 88,
20 (zweimal) verstehe ich das -y nicht.
c) Innerhalb der Verbalformen der zweiten Konstruktion
hat der Aktivus dieselbe Entsprechung wie der Nominativ inner
halb der der ersten, der Nominativ wie der Dativ des direkten
Objekts dort, der Dativ des indirekten Objekts wie der ent
sprechende Dativ dort, mit andern Worten, die zwei Reihen
der konjunlcten Pronomen behaupten ihren Platz, nur dass sie
die Namen ,subjektiv' und ,objektiv' vielleicht bloss noch in
realer, nicht in idealer, grammatischer Hinsicht verdienen. An
SitzungBber. d. pliü.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 1. Abli. 4
50
I. Abhandlung: Schuchardt.
Allem, was über die Gestalt der Präfixe bei dieser perfektisch-
imperativischen Gruppe (und zwar der Intransitive sowohl wie
der Transitive) zu sagen ist, nimmt das Futur I Ind. und das
Praet. IV Kond. I, sowie das Praet. IV Ind. Kond. II. Konj.
theil; hier überall tritt ci vor, und erzeugt und erleidet überall
die gleichen Veränderungen. Nach Tab. II (wo die 1. Sub
jektspersonen zusammengestellt sind) würde der Charakter
vokal des Präsens im Praet. II, das mir als Vertreter der ganzen
Gruppe gelten soll, bleiben: (y-wa-sdye) l-o-y-wa-sdy, (yo-Sdye)
o-tho-Sdy, (y-wi-sdye) a-th-wi-Sdy, (y-we-Sdeyeni') l-o-y-we-sdy. Nur
das Praeteritum ci-th-w-sdiyan macht eine Ausnahme, welches
dem Präsens y-wi-Sdiyi zugetheilt ist, während auf Tab. I
a-th-iv-ban nicht nur zu y-wi-bi, sondern auch zu y-we-bi gestellt
ist. In der That ist aber der Schwund des Charaktervokals
etwas sehr Gewöhnliches; regelmässig wohl im Praet. IV, wo
ans i: a-mi-yida, *a-dzi-yida, *a-yo-yida (Gren S. 156 gibt hier
geradezu als Präfixe an: ami-, ad&i-, othi-) geworden ist: a-m-
yida, a-dz-yida, o-y-yida. Sogar im Präs, und Praet. I, nach
Präpositionalsilben, wenigstens nach la-, findet sich das Gleiche:
la-dz-U’ived-ni-y, la-m-sum-da u. s. w. So nun im Praet. II: o-th-
bardS, a-y-w-sgid, o-y-w-ga u. s. w. Es scheint aber in der
Mehrzahl der Fälle nur die 3. Subjektsperson des Charakter
vokals zu entbehren, z. B. o-tho-gb, o-tho-gb, o-th-gib■ a-th-wi-
gtS’, a-thi-gts’, a-d-gits ; o-tha-plir, a-fha-plir, a-th-phar. Ich
erkläre mir die Sache so, dass die Subjektspronomen der 1.
und 2. Person den Charaktervokal stützten, wodurch wiederum
der Ausfall des Stammvokals gefördert wurde; für die 3. Per
son gibt und gab es keines; also *a-tdi-wä-phar, *a-th-yd-phar,
*a-tha-phär würden die Grundformen sein. In den Formen mit
dem 1. und 2. Objektspronomen, die ja kein Subjektspronomen
neben sich dulden, hat die Analogie gewirkt:, a-d&a-b, a-dz-be
~ a-iha-b, a-tli-be. Das -o- der dativischen 3. Person assimilirt
das anlautende a: o-tho-gb, o-yo-yd, o-yo-nbwe, und die Wirkung
bleibt natürlich nach dem Schwunde des Erregers: o-th-kare,
o-y-yid. Ausnahmsweise wird es auf die 1. und 2. Objektsper
son übertragen: o-m-gane, o-dz-gane ^ o-th-gane S. 225. Mit
diesem dativischen -o- der 3. Person kreuzt sich das subjektive
o- der 1. Person, welches aus aw entstanden ist (vgl. oben S. 44):
*a-w-tha-b <^o-tha-b (a-tha-b, a-th-be). *A-w-tha-b verhält sich zu
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
51
a-tha-b gerade so wie im Präsens *w-ya-bem (das ich für den
Vorgänger von y-wa-bem halte) zu ya-bem. Auch im Praet. II
würde ein Vorwärtssprung des -w- stattgefunden haben: a-y-w-
meyer, auch hier zuweilen über den Stammanlaut hinaus: o-d-y-
10-er (2. Person: a-d-yer). Wenn in dieser und in andern
Formen das -w- doppelt erscheint, so hat das nichts Befremd
liches; die Regel ist, so viel ich sehe, dass das o- das -w- aus-
schliesst, und umgekehrt das -w- nach a- bleibt; sein Schwund
in einem Falle wie a-th-bin, mag der Lautumgehung zugerech
net werden. An o- und a- + -w- scheint sich zuweilen funktio
nelle Verschiedenheit angeknüpft zu haben; vgl. auf Tab. II:
ö-sdye, a-s-iv-dyeni Fut. I A, o-th-Sdiye, a-tli-w-sdiye Fut. I B, 1
und 2. Sehr häufig nun hat neben der 1. auch die 2. Subjekts
person o-, z. B. o-th-gen, o-th-gen, a-d-gane. Da werden wir uns
der Annahme zuneigen, dass bei der 2. Person, die mit der
1. gegen die 3. meistens in der Gestaltung des Verbalstamms
übereinstimmt, auch der Vokal des Präfixes in gleichem Sinne
abgeändert worden ist. Anders steht die Sache, wenn alle
3. Subjektspersonen o- aufweisen, wie in: o-tlio-sd, o-tho-sd,
o-th-iid; da ist das o- als dativisches in allen gleich berechtigt,
und das -w- der 1. Person ist vor dem zweiten -o- gerade so
geschwunden, wie in yo-bem für *y-ivo-bem. Von der 2. Sub
jektsperson (-/_-) sehe ich keine Spur erhalten. Ueber die Ob
jektspronomen der 1. und 2. Person braucht Nichts weiter
bemerkt zu werden. Desto verwickelter stellt sich die Sache
in Bezug auf das der 3. dar. Die Entsprechungen zwischen
dem Praet. II und dem Präsens sind um so schwieriger zu er
kennen, als das erstere nicht nur das y- des letzteren auf
mehrfache Weise wiedergibt, sondern überhaupt über einen
grösseren Reichthum an Formen verfügt. Ich nehme die ein
zelnen Hauptfälle durch, d) Im Praet. II kann das Personal
zeichen fehlen wie im Präsens; so Tab. II: (S-w-djüye) Ö-Sdgy.
Die 3. Subjektsperson dazu würde lauten a-Sd§y; so haben wir
o-ied, o-sgd, a-sid; o-t§y, a-t§y, a-tgy u. s. w. Mit direktem
Objekt, z. B. tsu-a-riyw edzi, ,er zerstörte sie' (die Hölle)
S. 252, o und gleich darauf tsu-o-tli-riyw mitsa saphusd, ,er
zerstörte sein Reich', strenggenommen ,ihm sein Reich'; a-tsvnr
viitSa gezal, ,er liess seinen Sohn' S. XLVI, 15, mitSa y'ey'w
tSuw-a-tswir, ,er möge seine Frau lassen' S. 190, 12 v. u. und
4*
52
1. Abhandlung: Scliuchardt.
wiederum tSuw-a-th-tswir-y mit Sa, y'ey'w, ,sie mögen seine Frau
lassen' S. 192, 13. Es kommen auch Formen vor, denen der
perfektische Anlautsvokal abgeht, so tsomin, ,er that' (doch
a-tSwmin S. 202). — ß) -y- hat eine ziemlich eingeschränkte
Verwendung. Nach Tab. II entspricht l-o-y-wa-Sdy dem y-wa-Sdye,
und l-o-y-we-sdy dem y-ioe-idyeni. Die 3. Person hierzu würde
anlauten: la-ya- und la-ye-. Das Eine wie das Andere kommt
aber nur vereinzelt vor; das Herrschende ist la-y- (1. Pers.:
l-o-y-) mit unmittelbar folgendem Konsonanten. Daneben steht
a-y- (1. Pers.: das in der Objektsbeziehung kaum davon
abweichen kann, was immer die Bedeutung des l(a)- (s. oben
S. 49) sein mag. Es entspricht natürlich -yo- auch dem präs. yo-,
so o-y-yid (1. Pers.: o-yo-yd S.XVI, l-o-yo-yd S. 4“, 19), ,brachte
ihm', o-y-naqe, ,buck ihm' S. 3 a , IV, 3. — 7) Am Häufigsten er
scheint wohl -th- nach dem perfektisehen a- (0-). Die Tab. II
bietet: (Präs, yo-sdye) o-tho-Sdy, (yy-ioi-Sdye) a-th-wi-Sdy und (y-we-
sdyeni) o-the-Sdy neben l-o-y-we-sdy. Auf Tab. I aber sehen wir
in jeder Konjugation -th- und -y- nebeneinander: 1. o-tha-h
(o-y-wa b), 2. a-th-wi-b (a-y-wi-b), 3. a-th-w-ban (a-y-w-ban), und
ich bin zu der Ansicht gekommen, dass, wenn auch je nach
der Konjugationsform, dem Anlaut des betreffenden Verbs oder
der Mundart bald -th-, bald -y- begünstigt werden mag, doch
im Grunde der Parallelismus beider Zeichen ein durchgängiger
ist und auf der Verschiedenheit ihrer Funktion beruht. S. 202
wird a-y-tS’am wiedergegeben mit: ,er setzte nach', S. 201 a-th-
ts’am mit: ,er setzte hinwärts (dorthin) nach', und in der That
liest man S. 172,15 f.: yosgin a-th-tS’em mitSa laSgar; a-n-sgida
dina yweSgmaw i ye-ts’ad, ere laSgar a- y-tS’ im, ,von hinten
liess er nachsetzen (von sich weg) sein Heer; es schaute
die Tochter nach rückwärts und sah, dass das Heer nach
setzte (zu ihr hin)'. Ferner: o-yo-kwsd, (bieg nach dir hin
um', o-th-kwisd, ,bieg von dir weg um' S. 197; o-y-yid-y, ,sie
mögen herbringen', o-th-yid-y, ,sie mögen hinbringen' S. 226.
Auf Tab. I wird zu o-y-wa-b neben o-tha-b angemerkt, dass oy
,nach dieser Seite' bedeute. Wenn sich demnach auch -y- auf
das Nähere, und -th- auf das Entferntere bezieht, so ist des
halb doch eine Verwandtschaft des letzteren mit the, ,dieser'
(so auch mingrelisch) nicht unmöglich. — 3) Mit -th- wechselt
nun anderseits -d-. Das Gesetz dieses Wechsels scheint sich zu
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 53
ergeben, wenn wir die Formen der beiden ersten Konjuga
tionen vergleichen: a-th-be, ,er band an etwas Anderem an':
ad-be, ,er band an sich an' oder schlechtweg ,er band an'
(Präsens ya-bem: i-bern) S. XXX. Die Form mit -d- würde also
da gebraucht werden, wo innerhalb der Form kein Objekt aus
gedrückt werden soll, mag dasselbe vorhanden sein oder nicht;
es würde -d- mit 4h- in lokaler Beziehung (,hinwärts') überein
stimmen, aber des persönlichen Charakters ermangeln. Als re
flexiven Dativ können wir es deshalb nicht wohl betrachten,
weil sich damit die dem -d- sicher innewohnende lokale Fär
bung nicht verträgt. Dass -d- nicht neben dativischem -o- stehen
kann, ergibt sich aus dem Gesagten. Man vergleiche o-th-zuze,
,er sandte (zu einem Andern)': a-d-zuze, ,er sandte' (im All
gemeinen) S. 225. Aber wie kommt es nun, dass dies -d- nur
zuweilen auch in der 1. und 2. Subjektsform auftritt (o-da-
gr, a-da-gr, a-d-gar; Fut. o-d-rine, a-d-rine, a-d-rine), in der Regel
aber hier von -th- abgelöst wird, so a-th-wi-b, a-thi-b, a-d-be;
o-thi-gn, a-ihi-gn, a-d§-gan, ja geradezu das Scheidemerkmal
gegen die 2. Person bildet,- so a-th-t&i&an, a-d-tsizan? Auch
Erckert n. 149ff. Fut.: a-th-w-uz-ni, a-th-uz-ni, a-d-uz-ni. —
e) Dem -d- steht auf derselben Stufe des Objektsverhältnisses -n-
gegenüber, sodass wir die Proportion ansetzen dürfen: -y-: -th-
= -n-: -d-, z. B. a-n-sgida, ,er schaute her', a-d-sgida, ,er schaute
hin'; a-n-sipda, ,er wandte sich her', a-d-sipda, ,er wandte
sich hin'; a-n-zuze, ,er sandte her', a-d-zuze, ,er sandte hin'
(S. XIV. 196 ff.). Wenn S. 200 a-tay, ,ich kehrte dahin zurück'
dem a-n-tay, ,.. hierher..' gegenübergestellt wird, so ist es wohl
als *a-d-tay zu nehmen. Unser Sprachgefühl ist nicht immer der
sofortigen Erfassung dieses Unterschieds gewachsen; man ver
gleiche z. B. miteinander a-d-bine(-y) li-zi S. 190, 15 v. o. 192,
2 v. o. und a-n-bine(-y) li-zi S. 190, 5 v. u. 192, 10 v. o., ,er fing
(sie fingen) an zu gehen'. Ganz so aber wie bei den beiden
1. Subjektspersonen -th- an die Stelle von -d- zu treten pflegt,
so in demselben Falle -y- an die von -n-. leb finde allerdings
angegeben: o-n-yu, a-n-ya, a-n-yid] o-n-sipd, a-n-sipd, a-n-sipda.
Aber das Regelrechte ist: a-y-wi-q, a-yi-q, a-ni-qe; o-y-w-ga,
a-y-ga, a-n§-gan u. s. w. So hat auch Erckert n. 134ff.: a-y-wi-qd,
ct-yi-qd, a-n-qid (so n. 15: ,er kaufte [dem Sohn]', aber
n. 20: o-y-qid [,den Kindern']; woher die Verschiedenheit?). An
54
I. Abhandlung: Scliuchardt.
eine schlechte Paradagmisirung, bei der verschiedene Reihen
durcheinander geworfen wären, dürfen wir kaum denken. Für
-n- kommt auch -m- vor (a-m-ts’ad, a-m-yeledi u. s. w.), und
das ist wohl das Ursprüngliche; denn es steckt hierin kaum
etwas Anderes als das Pronomen am, ,dieser'. Dafür würde
sich besonders das Präsens am-yri, an-yri, ,er geht her' (I.P.:
a-m-y-w-ri, o-n-y-w-ri) anführen lassen. — Q Das Gegenstück
hierzu ist nun nicht *a-d-yri, sondern es-yri, ,er geht hin', sodass
es- in diesem besonderen Falle wie der präsentische Stellver
treter des perfektischen a-d- erscheint. Aber es- ist eine Vor
silbe, die sonst gerade dem Perfekt eigen ist. Auf Tab. I wird
zu es-wa-b als Nebenform von o-iha-b angemerkt, es bedeute
,unten'; dafür finde ich jedoch gar keinen Beleg. Wenn -es- mit
tsu-, ,unten' gern verbunden wird, so erscheint es doch auch
mit zi-, ,oben'; vgl. tsw-a-y-ts’irri-y, ,sie jagten herunter nach'
und z-es-tS’im-y, ,sie jagten hinauf nach' S. 237, wo es- dieselbe
Bedeutung hat wie in es-yri. Und das ist gewiss die Grundbedeu
tung; wie sich (a)n- an am, ,dieser', ame, ,hier' anschliesst, so es-
wohl an edzi, ,er', etse, ,dort' (man vergleiche die S. XLIV f.
gegenübergestellten Wortformen für Näheres und Ferneres, wie
am-yaw, ,hierher', etS-yaw, ,dorthin'). Ich denke, es- hat mehr
fach die Bedeutung unseres ,weg-', ,ver-' angenommen, und so
würde es sich erklären, dass auf Tab. II es-wa-Sdy übersetzt wird:
,gänzlich, alles Geld habe ich ausgegeben' (und entsprechend
es-we-sdy). Zu diesem es- finden sich, als ob das e- nicht fest
zum -s- gehörte, die übrigen Objektspronomen als e-m-, e-dz-, e-n-,
z. B. e-m-sipe, ,er verwandelte mich'. Wie das -w- der 1. Sub
jektsperson mit a- zu o- wird, so auch mit e-: o-s-bin, ,ich fing
an' S. 76, 6 (sonst a-tli-bin, 3. P. a-d-bine, s. oben S. 53; hier:
,ich fing von Neuem an zu gehen' [sehr weit weg]), o-s-wi-gn,
,ich hielt mich auf S. 27, 33. Nach es- erscheint öfters ein -w-,
das ihm dativischen Sinn leiht, und daher mit dem o von yo- in
Verbindung zu bringen ist: es-w-yid, ,er übergab ihm' S. 206,
es-w-khakhne, ,sie befahl ihr' S. ISS, 6, es-t-w-iy, ,sie antwortete
ihr' S. 162, 21 (für das gewöhnliche la-y-tuy, oder la-y-tiy, wie
S. 246, 8; man bemerke hier und im Folgenden die Umstellung
auch dieses -w-); aber sogar: es-s-w-ipa, ,sie hatte ilnt verwan
delt' S. 172, 9 v. u. (zweimal). — Mit den Pluralzeichen verhält
es sich wie bei den Verbalformen der 1. Konstruktion, doch
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
00
begegneich einigen Ausweichungen; so der objektiven 2. Person
Flur, mit -d, statt mit -y: tsw-e-dz-gane d, ,er stellte euch hin* S. 238.
Nach S. XXX würden dieselben Formen für die 2. und 3. Objekts
personen bestellen; allein ich linde doch z. B. tsw-a-/-ts’im-/, ,er
verfolgte sie (PI.)' S. 190, 20. Im Konj. Fut. I a-dzi-mbua-d-/,
,wir sollen dir sagen' S. 88, 17 scheint das -y ebenso überflüssig
zu sein, wie in dem gleich darauf folgenden Praet. I o-n-yur-
da-d-y. Hingegen fehlt subjektives -y in: labdila-d ya-khw, ,die
Schwestern sprachen' S. 168, 20 (labdila-d ya-khw-/ S. 166, 17).
Aus der Gestalt, dem Werth und der Stellung der kon-
junkten Pronomen lässt sich kein sicherer Schluss auf die ur
sprüngliche passive Auffassung des Verbs ziehen. Das m- und
das n- der 1. objektiven Person Sing, und Plur. entsprechen
den Vollpronomen mi und na, aber diese sind vieldeutig: No
minativ, Dativ, Aktivus. Dass gw- nur in den längeren Kasus
des Vollpronomens lebt, ist zufällig. Das dz- der 2. Person
weicht von dem wiederum vieldeutigen Vollpronomen si stärker
ab; nach Fr. Müller S. 200, Anm. 2 ist es aus g- (so georg.
mingr. las.) hervorgegangen.' Ueber die subjektiven Pronomen
der 1. und 2. Person, w- und /- (/-?) vermag ich nicht einmal
eine Vermuthung zu äussern. Da die objektiven Formen zum
grossen Theil eine solche objektive Funktion ausdrücken, die
auch bei passiver Wendung sich nicht zur subjektiven wandelt,
so wird die Annahme eines subjektiven Charakters für sie über
haupt erschwert. Immerhin kann nicht von Anfang an ein
Widerspruch zwischen der äussern und der innern Konstruk
tion bestanden haben: ,vou mir dich-(gebracht wurde =
brachte)'. Wenn, wie ich glaube, y-iv- auf *w-y- zurückgeht,
so muss ich einräumen, dass gerade jenes, nicht dieses die
Stellung ist, die ich oben als die passivische bezeichnet habe
(SUp). Kurz, die Fäden sind so durcheinander geschlungen,
dass ohne eine sehr vertiefte Kenntniss der südkaukasischen
Sprachen wir nicht hoffen dürfen, sie zu entwirren.
2. Georgisch.
Vollpronomen und Substantive. Neben dem Instrumental auf
-tha (-th) gibt es einen eigenen Aktivus auf -man, -ma, -m, den
die Georgier moth/robithi (von motliyroba, ,erzählen') nennen =
56
I. Abhandlung: Schucliardt.
Narrativ, noencmeoeameMHuü. Dieser ist aber von den auslän
dischen und zum Theil auch von den inländischen Gramma
tikern als besonderer Kasus nicht anerkannt, ja sogar in seinen
Gebrauchsbedingungen verkannt worden. Maggio — so heisst
er, nicht Maggi, wie Brosset und Tsagareli (Ma^adfl) schreiben
— Syntagm. 3 (1670) I, 35 sieht in ihm nur eine Nebenform des
Nominativs und zwar nur im Singular: ,recto numeri singularis
additur plerumque particula 8o ma‘ (nach S. 39 man vor voka-
lisch anlautendem Wort). In der ältesten von einem Georgier
herrührenden Grammatik, nämlich der von Öansowani (1737),
die Tsagareli herausgegeben hat («Wjcpa g6obo, j3Er.
Ti. TkETSrago.üob^jb, bofjj® AgögWh. 1881) fehlt der Mothchrobithi unter
den zehn Kasus (S. 13). Der Verfasser scheint selbst in seiner
Verwendung nicht ganz sicher zu sein; in einer Stelle seiner
Handschrift, die Tsagareli Vorr. S. VII Anm. mittheilt, heisst
es: x°l° rumelmants (statt romelits) gardamosts’ers ts’ignsa
amas, ,aber wer immer dies Buch abschreiben wird', und
gleich darauf wird das Objekt neben einer Präsensform in
den Nominativ statt in den Dativ gesetzt: nu daagdebth dau-
ts’erlad mosa’/senebeli ese (statt -Isa amas). Die drei Jahr
zehnte jüngere Grammatik des Katholikos Antoni I, die aber erst
neuerdings vom Bischof Alexander herausgegeben worden ist
(^ö<boD. cyV>88. Hgeoj,. ■sG'öm-f I-ob 8og<b, cnb. 1885), zählt acht Kasus
auf, an drittletzter Stelle den Mothchrobithi (S. 11), und über ihn
wird hier eingehender gehandelt S. 146 f. § 205 f. Das Buch
ist mir erst im letzten Augenblicke zugekommen, und ich habe
es daher für meine Zwecke kaum verwenden können. Ob der
Mothchrobithi sich auch unter den acht Kasus des Erzbischofs
Gaiozi (1789), unter den acht des Prinzen David (1790; hand
schriftlich), unter den acht des Erzbischofs Barlaam (1802),
unter den acht des lese Tsubinow (183.) — diese verschie
denen acht werden sich schwerlich alle der Qualität nach
decken —, bei Phiralow (1820) und bei Dodaew (1830) findet,
das gibt Tsagareli O rpaMMaTHuecKOH .iHTcpaTypb i'pyamiCKaro
a3UKa, CaHKTn. 1873 (S. 35 ff. 93) nicht an. Die Grammatik
von Ioseliani (1840) kennt sechs Kasus, darunter den Moth
chrobithi (a. a. O. S. 45). Es scheint, dass ihr Verfasser sich von
Brosset, der doch damals schon in Petersburg war, überhaupt
nicht hat beeinflussen lassen. Brosset hatte von allem Anfang
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 57
an eine sehr entschiedene Stellung gegen diesen Kasus ein
genommen. In seiner ersten Nachricht über die georgische
Sprache, Journ. asiat. vom Juni 1827, sagt er S. 359 f.: ,Une
autre particularite, c’est l’emploi continuel de l’article emphatique,
encore plus frequent que celui de b, vj, -b en grec II se
decline regulierement comme les noms, et se joint, ainsi de
cline, a leurs divers cas; et comme il est outre cela reellement
demonstratif et possessif, selon sa position, il n’est pas rare,
vu la predilection des Georgiens pour cet article, de le voir
deux fois de suite dans deux significations differentes/ Und
im Journ. asiat. vom Dez. 1827, S. 325 bemerkt er gelegentlich
des von Phiralow mitaufgezählten Mothchrobithi: ,il me semble,
quant au huitibme cas dont les noms geofgiens sont gratifies,
que l’addition de l’article emphatique 9r>P ne peut en constituer
un/ Klaproth machte diese Anschauung zu der seinigen, als er
mit Zugrundelegung der Grammatik eines italienischen Missio
närs (wahrscheinlich des P. Girolamo da Norcia im 18. Jahrh.)
r
die ,Elements de la langue georgienne' zu drucken begann, die
nach seinem Tode von S. 113 an von Brosset fortgesetzt wurden
und 1837 unter dessen Namen erschienen. S. 13 nennt er des
halb den Mothchrobithi ,le demonstrativ, fügt aber merkwür
digerweise hinzu: ,il ne sert que dans des reponses; par ex. ,si
l’on demande, „Qui a fait cela?“ — katsman, l’homme/ Das
scheint er auf die jetzige Umgangssprache zu beziehen, für
die ältere Sprache aber diesem -man, wie die aus der Bibel
entnommenen Beispiele zeigen, einen viel weiteren Gebrauchs
kreis zuzuschreiben. Dazu bemerkt Brosset in der Einleitung
S. NXVI noch ausdrücklich, der Demonstrativ sei ,point un
cas h part, puisque le pronom demonstratif expletif se de
cline avec tous les cas des noms, et aux deux nombresh Wie
es mit dem ,m final determinativ am Objekt in den beiden
Kodexstellen (Brosset S. 249, 21) steht, vermag ich nicht zu
sagen; wenn die Brosset’sehe Uebersetzung richtig ist, wider
spricht es allem sonstigen Sprachgebrauch. Ganz ausgemerzt
erscheint dieser Kasus in der gedrängten russisch-französischen
Grammatik, die dem georgisch-russisch-französischen Wörter
buch von David Tsubinow (Petersb. 1840) beigegeben ist (von
Tsagareli in der angeführten Schrift gar nicht erwähnt). Später
bearbeitete Tsubinow die georgische Grammatik von Neuem;
58
I. Abhandlung: Schuehardt.
sie wurde im Jahre 1852 dem Konnte für Entwurf von Lehr
mitteln, Abtheilung für georgische Sprache, vorgelegt, und von
dieser Seite wurde im März 1853 ein eingehendes kritisches
Gutachten darüber erstattet. Tsubinow vertheidigte (August
1853) eine Reihe der angegriffenen Punkte. In einem kürzeren
Berichte an den Kurator des kaukasischen Lehrbezirks, Baron
Nikolai, kam Qiphiani, der Vorsitzender der Abtheilung ge
wesen war — als Mitglied hatte ihr auch Ioseliani angehört,
auf Ein und das Andere zurück. In dieser Polemik, die
von Tsagareli CBk/vhma o naHflTHHKaxi Ppy3MHCKon nHCBiieH-
hoctxi I, III (Petersb. 1894) S. 54—101 (vgl. S. XII f.) veröffent
licht worden ist, spielt der Mothchrobitlii die Hauptrolle. Tsu
binow will von ihm Nichts wissen. Die Tifliser bekämpfen ihn
und Brosset, ,dessen Ueberzeugungen ihm offenbar zur Richt
schnur dienen', mit den besten Gründen. Brosset scheine zwar
von manchen andern in den Elements geäusserten Meinungen
sich losgesagt zu haben, aber nicht von dieser, dass der Moth-
chrobithi ein überflüssiges Demonstrativpronomen enthalte (Bros
set hat hierzu mit Bleistift an dem Rand bemerkt: ,c’est dröle;
je n’ai parle de cela a personne'). Der Gebrauch des Mothchro-
bithi habe feste Regeln, gegen die z. B. Brosset, Phalawandow
und Tsubinow verstossen hätten, als sie 1841 in der Widmung
eines Buches schrieben: ,... sewsts’ireth dambets’dwelni Br. Ph.
Ts. . . .'. Das könne nicht heissen: ,wir, die Herausgeber, haben
gewidmet', sondern nur: ,wir haben die Herausgeber gewidmet'
(hierzu sehr rechthaberisch Brosset: ,il n’y a point de faute,
puisqu’il est impossible de comprendre la phrase de deux ma-
nieres'). Man sei selbst der Mothchrobitlii von igi (hierzu Brosset
ganz falsch: 3;>f> ne ecTi> noB'hcTnoBaTe.aLiniH na^ean whcTOiuie-
Hia o^o), und verhalte sich zu dem -man von katsman u. s. w.
etwa wie russ. e.uy zu (xopom)cMy oder u.m zu (xopoia)uMo. Von
einer Wiederholung des Demonstrativpronomens man könne
höchstens in der 3. Pers. Sing, die Rede sein: man ugunurman,
,er Verrückter' (aber sen ugunurman, ,du V.', math ugunurtha,
,sie [Plur.] Verrückte' u. s. w.). Man berücksichtige auch das
auf S. 71 f. Gesagte. Tsubinow erwiderte darauf mit vier
Gegengründen, von denen einer schlechter ist als der andere.
Dass er, als Georgier, übersieht, dass vom Präsens zum Per
fekt nicht nur der Subjekts-, sondern auch der Objektskasus
Uebor den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 59
wechselt, ist befremdlich. Ein Beweismittel aber will ich, da auch
Brosset ein besonderes Gewicht darauf legt, näher beleuchten.
Es wird behauptet, dass -man durchflektirt werde, also: Dawith-
man, Gen. Dawithisa mis, Dat. Dawithsa mas u. s. w. Das ist
nicht richtig: zu Dawith-man lautet der Gen. Dawith-isa, und
zu Dawithisa mis der Mothchr. Dawithman man. Man nehme
z. B. Apost. 8, 34- ff.: sats’urisman man, ,jener Eunuch' (Moth
chr.), sats’urisi igi, ,jener Eunuch' (Nom.), sats’urissa mas,
,jenem Eunuchen'. Dieses man, igi, mas mag man als empha
tischen Artikel ansprechen; wie wenig aber das -man davon
hat, das hätten Brosset zahlreiche Stellen der Bibel, die ihm
ja so gut bekannt war, lehren können, wie: romeli moiyo deda-
katsman, ,den ein [nicht das] Weib nahm' Luk. 13, 21, miugo
erthman mathganman, ,es antwortete Einer [nicht der Eine] von
ihnen' Luk. 24, 18, katsman winme daasya, ,ein Mensch pflanzte'
Luk. 20,9 (wo das winme — v.c mit einem -man = i in schroffem
Widerspruche stehen würde). Dieser Kasus ist und bleibt für
Tsubinow ein Nominativ, obwohl er Nichts dagegen hat, dass
man ihn noencmeoeanieAbmiü - oder immumeAmo - ucmopmecKiü
nenne. Qiphiani begnügt sich schliesslich damit, einige Bei
spiele nach Tsubinows Grammatik zu bilden, die zu gründ
lichen Missverständnissen Anlass geben würden. Ob diese Er
örterungen in der 1855 gedruckten Grammatik Tsubinows.
irgendwelche Spuren zurückgelassen haben, vermag ich nicht
zu sagen; sie ist mir nicht zu Gesicht gekommen. Wenn Tsa-
gareli S. XIII sagt: Bonpocn, BOSÖyjK/teHHHe bt> btoh nepemicid;
Aa.ieKO eme He nc i iepnaiiu, OHa iipnro/ytTCii, KaicB siaTepia.i'B,
oyAyme.My H3C.'i'h/i,OBaTe.'iTO rpy3. smiK.a, so möchte es fast scheinen,
als ob er sich auch jetzt noch nicht von der Brosset-Tsubi-
now’schen Ansicht befreit habe, zu der er sich 1873 bekannte:
■i'Opiia noßkcTB. n. raace HMeiinTe.ii)H. »opaia ct> MhcTOioieiiieMT,
yKaiiaTe.Hiin.iMT. 34 ,totv (0 rpaMM. .iht. S. 93). In seiner oben
erwähnten Schrift aus dem vorhergehenden Jahre (CpaiiHi-iTe.n.-
hhh oösopij u. s. w.) thut er, soviel ich sehe, dieses Kasus über
haupt keine Erwähnung. Ebenso wenig Fr. Müller im Grund
riss III, II (1887) S. 189 ff., wo die Deklination behandelt wird;
nur in einer Anmerkung zu den Sprachproben S. 215 heisst
es: ,mittelst des Suffixes -man wird ein bestimmter Nominativ
gebildet.' Erckert aber, dem so viel andere Quellen zugänglich
60
I. Abhandlung; Schnchardt.
waren, durfte nicht mehr sagen (S. 368): ,Die sogenannten Nar
rativsuffixe -m, -kh des Grusinischen [-kh gehört dem Min-
grelischen und Lasischen an], die, wie schon Brosset richtig-
gesehen hat, die Funktion des Artikels verrichten, lassen sich
mit dem den unbestimmten Artikel bezeichnenden abchas. Suf
fix -k und dem den bestimmten Artikel bezeichnenden tscherk.
Suffix -m zusammenstellen' (ähnlich S. 373), wozu noch zu be
merken ist, dass doch der unbestimmte und der bestimmte Artikel
geradezu entgegengesetzte Funktionen verrichten, und dass im
Tscherkessischen -r bestimmter Artikel ist, nicht -m, welches
Dativzeichen ist (s. oben S. 6f.V In den neueren georgischen
Grammatiken ist der Mothchrobithi zu seinem Rechte gekom
men. Nur gerade die von Qiphiani (;>ba(mo jo. gogoo-
Einbo, b.A 1882) thut ihn sehr kurz ab; vielleicht deshalb,
weil sie Tsubinow gewidmet ist? Aber dieser selbst hält in
der Neubearbeitung seiner Grammatik, die seinem georgisch
russischen Wörterbuch vorhergeht (jo<W <r,k. oberes e°-
ß'gfeo6'ragnbo.j ) jG', CaiiKTiieT. 1887), den Standpunkt von ehedem
nur dem Namen nach fest; er erscheint als zweiter Kasus,
wenn auch S. VII §. 13 Anm. 1 in seiner Endung das Demon
strativpronomen man erblickt wird i,dem Wörterbuch Sp. 799 zu
folge ist er ein Nominativ, der beim Perfekt gebraucht werde).
In dem Abschnitt über den Gebrauch des Kasus ist, während
die andern Kasus eingehend behandelt sind, von ihm weiter
Nichts gesagt, als dass er auf die Frage win? raman (ram)f
stehe (S. XXXV f. §. 41); seine Anwendung kommt in dem
vorhergehenden Abschnitt (S. XXXIV f. §. 40) zur Sprache,
der den etwas allgemeinen Titel führt: bo^gg&oba h%<V9n,
wörtl. ,Anordnung der Wörter im Urtheil' (d. h. ,Konstruktion').
Das was Zördania in seiner überhaupt sehr nützlichen Gram
matik ('jjfbm. 2,0. cobls. gw m - 2)''G>c>‘>6V>objr> ) '5f>, (*)g. 1889, dem
Prof. Ilia Okhromts’edliswili gewidmet) über den Mothchrobithi
sagt, hat mich am Meisten befriedigt; er spricht von ihm als
einen der drei Subjektskasus S. 48 §. 26 (o3 i, ci’g&'’
,Veränderung der Subjekte'), S. 65 f. ('agmibbSg&j ;3ag3c°gä*£>jjp^
'3gb3gG’n(Tgroob, ,Konkordanz der Subjekte mit dem Prädikat') und
S. 122 in dem Abschnitt über den Gebrauch der einzelnen
Kasus. Auch Nasidze in seinem Schulbuch PpyainiCKair piui,,
Tiümiici. 1886 gibt S. 10 Anm. 2 ganz kurz an, wann der Moth-
m
Uebor den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 61
ckrobitlii erheischt werde. — Ich habe diesen geschichtlichen
Rückblick auch darum so ausführlich gestaltet, weil hier Er
wägungen allgemeineren Interesses in’s Spiel kommen. Brosset
fand im Georgischen dem Anscheine nach zwei Nominative
vor; thatsächlich musste es sich entweder um einen Nominativ
oder um zwei ganz verschiedene Kasus handeln. Er gelangte
zu der ersteren Auffassung und zwar zunächst deshalb, weil
ihm zur Zeit der Elements die Verwendung des Mothchrobithi
nichts weniger als klar war; hatte er doch auch über die Dar
stellung des Objekts aus seinen litterarischen Hiilfsmitteln sich
die erwünschte Gewissheit nicht verschaffen können: ,dans l’im-
possibilitb de fixer quels verbes ou quels temps veulent le no-
minatif ou le datif, je consultai une personne qu’un sejour de
six ans en Georgie avait mis en etat d’en parier la langue . . /
(S. 247). Wer aber, wie doch vor Allem die Einheimischen, mit
dem Thatbestand vertraut ist, wird immerhin in dessen Wür
digung, sei es durch die Bekanntschaft mit dem Russischen
und andern Sprachen, also durch eigene oberflächliche Sprach
vergleichung, sei es durch eine Autorität wie die Brossets, bis
zu einem gewissen Grade beirrt werden können. Aus den ver
schiedenen Bedingungen, unter denen der Nominativ und der
Mothchrobithi gesetzt werden, lässt sich diese verschiedene
Setzung nicht ohne Weiteres erklären; nur eine gründliche
Sprachvergleichung vermag das Richtige zu zeigen. Wir haben
den Unterschied zwischen Präsens und Perfekt bei den geor
gischen, wie den zwischen Intransitiv und Transitiv bei den
baskischen ,zwei Nominativen' — über die ich jetzt mit Julien
Vinson in der Revue de linguistique mich auseinandersetze
— auf den Gegensatz zwischen Aktiv und Passiv zurückzu
führen.
Ich lege nun die Erkenntniss dar, die ich über den Moth
chrobithi oder wie ich ihn fortan nennen will, den Aktivus
gewonnen habe; es wird sich von selbst daraus ergeben, welche
untergeordneten Punkte noch der Klärung durch neuen Stoff
bedürfen — es sind vor Allem die einheimischen Grammatiker,
die helfend eingreifen müssen. Zuerst betrachte ich den Akti
vus in formaler Beziehung. Obwohl die litterarische Endung
-man in die ältesten Zeiten hinaufreicht, halte ich sie doch für
jünger als die der Umgangssprache -m, -ma, deren Verwandt-
62
I. Abhandlung: Sehnchardt.
Schaft mit der des sudanischen Aktivus -em mir wahrscheinlich
ist. Aus -man konnte allerdings vermittelst eines einfachen
Lautprozesses -ma entstehen; nicht umgekehrt — trotz Maggio
und Brosset — -man aus -ma, etwa wie das mit port. mim aus
mi geschehen ist. Ohne Analogiewirkung ist das hier nicht denk
bar. Wenn ich durchaus daran festhalte, dass -man nicht das
entlehnte Demonstrativpronomen man ist, so hin ich doch ge
neigt anzunehmen, dass es sein -n diesem verdankt. Tsubi-
now, der Dawithman hsts’era gegenüber Dawith hsts’ers aus
iman hsts’era gegenüber is hsts’ers erklärt (Tsagareli CB'h/i,. S. 83),
hat weiter Nichts gethan, als den Aktivus aus dem Gebiet der
Substantive in das der Demonstrativpronomen zurückgedrängt;
er musste schliesslich doch fragen, wie kommt es, dass hier
zwei Kasus vorhanden sind ? Woher aber das -n von man stammt,
das zu zeigen liegt nun uns Andern oh. Man könnte zwar
iman (und daraus abgekürzt man), den Aktivus zum Nomina
tiv igi oder is, ,jener', ,er' (Tsub. Gr. 3 S. XI hat man als
Nominativ und Aktivus) aus *ig-man oder *is-man, sowie aman,
den Aktivus zum Nominativ eg(e), es(e) aus *ag-man oder *as-
man (vgl. akli, ,hier': ikh, ,dort‘ — ase, ,so' [nah]: ise, ,so'
[entf.] und unbelegtes agi, ase, ,dieser' Brosset S. XXXVIII)
herleiten; aber dass das -m- stammhaft ist, das zeigen nicht
nur die verwandten Sprachen, sondern im Georgischen selbst
die Casus obiicjui: Gen. (i)m-isi, am-isi, Dat. (i)ma-s, ama-s
u. s. w. Es sind also (i)man, aman vermittelst eines Aktivus-
zeichens -n, welches dem -m(a) der Substantive und Adjektive
entspricht, von den Nominativen *(i)ma, *ama gebildet. Die
letzteren Formen existiren in der That als ima, im und arna,
am, aber in einer allgemeineren Geltung als der des Nomina
tivs und gerade in dieser nicht, nämlich in allen Casibus obli-
quis, auch im Aktivus unmittelbar vor dem Substantiv, das sie
bestimmen: ,jener Baum' is ye Nom., im yem Akt. (Qiphiani
S. 59); ama da im Jcatsma, ,dieser u. jener Mann' (Tsub. Wtb. 3 ).
Jenes -n tritt uns noch deutlicher entgegen in magan, Aktivus
zum Nominativ magi, ,dieser', Gen. mag-isi, Dat. maga-s
(^lordania S. 146), vor dem Substantiv: mag (zum Nominativ eg
nach Qiphiani a. a. O.). Hierdurch dürften wir berechtigt wer
den, auch in win? ,wer?', Gen. w-isi, Dat. wi-s einen ursprüng
lichen Aktivus zu erblicken, auf den erst später auch die Rolle
Ueher den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 63
des Nominativs übertragen worden wäre. Qiphiani führt S. 58
icina als Aktivus zum Nominativ win an, aber in der Verbin
dung ivina thkhwa ?, wo das -a doch auf Rechnung der folgenden
Konsonantengruppe kommt; mit andern Worten, ivina ist eine
,euphonische' Nebenform von win, wie deren das Georgische
so viele hat — und man sagt z. B. ebenso wohl wina yar ? ,wer
bist du?' Ein *winman gibt es kaum; Klaproth bei Brosset
S. 49 hat winmeman? ,wer?' vielleicht in Folge von Verwechse
lung mit winmeman, ,irgend einer' (S. 48), obwohl -me auch
beim Fragewort vorzukommen scheint (wisme? ,wem?' Rom. 10,
16). Aber ich zweifle auch an einem winmeman der letzteren Be
deutung; im N. T. finde ich katsman ivinme, myewalman icinrne
u. s. w. Wenn dem Aktivus win eine attributive Bestimmung
folgt, so tritt -man an diese an: win thkhwencjanman ? ,wer von
euch?' — Im Plural wird der Aktivus entsprechend wie im
Singular gebildet; es tritt nämlich -ma an die Pluralendung
-eb(i), z. B. Nom. mamebi, Akt. mameb-ma. Daneben aber be
steht, wenigstens in der älteren Sprache, ein Aktivus mit der
Endung -tha, die zunächst dem Dativ und Genetiv des Pluralis
eigen ist: mama-tha = mam-eb-sa, ,den Vätern', mama-tha —
mam-eb-isa, ,der Väter'; beim Demonstrativpronomen ist diese
Form mit -tli nicht nur die gewöhnliche, sondern die einzige:
ma-th, ,ihnen', ma-th(i), ,ihrer'. Nur für diese beiden Kasus
ist -tli(a) bei Tsub. Gr. 3 S. VIIff. angeführt; aber auch für
den Aktivus bei Qiphiani S. 31 ff. 58 und bei Jordan ia S. 50,
Zeile 2, sowie S. 145 ff. Diese Uebereiustimmung des Aktivus
mit dem Dativ des Plurals (vgl. auch die oben erwähnten pro
nominalen Kurzformen des Singulars) spricht nachdrücklicher
als irgend Etwas gegen die Brosset’sche Identifizirung des Ak
tivus mit dem Nominativ. Die Personalpronomen des Singulars
und Plurals lauten im Nominativ, Aktivus und Dativ gleich
(für den letzteren gibt es auch eine eigene, sekundäre Form).
Alledem muss ich noch die Bemerkung hinzufügen, dass ein
eigenes Zeichen vorhanden ist, nämlich °, klebuli genannt (Part.
Pass, von kleba,,vermindern'), welches den Aktivus charakterisirt,
aber, soviel ich sehe, nicht lautbar ist. Es kommt wohl eigent
lich nur in älteren Büchern vor und beweist uns, wie lebhaft
das Gefühl für die Aktivusfunktion war; doch macht auch
Zordania in seiner Grammatik davon Gebrauch. Er sagt S. 23,
64
T. Abhandlung: Scliuchardt.
es werde auf die Wörter im Aktivus gesetzt, mg 8jcd 3m.j3g(jocmo
ö^gcn ^9 a^ETgof l)o&ca5mm.ca (,3oE*), ,wenn sie die Endung dieses
Kasus (man) abgeschnitten (eigentlich ,geschoren 1 ) haben*. Seine
Beispiele sind: ganiqwana Ieso 0 Petre (lesornan), ,Jesus führte
Petrus hinaus*, hrkhwa inath Petre 0 (Petreman), ,es sagte ihnen
Petrus*, mots’aphetha 0 mistha ts’arawlines igi (mots’apheebma),
,seine Schüler schickten ihn*. Im letzten ist es klar, dass -man
nicht gesprochen wurde; die beiden andern lassen an sich den
Zweifel zu, indessen glaube ich annehmen zu dürfen, dass in
der älteren Sprache die Eigennamen der Aktivusendung ent-
rathen konnten. So steht denn auch im N. T. von 1879 Ieso,
Petre u. s. w. ohne jegliches Kennzeichen für das Iesom, Petrem
u. s. w. der heutigen Umgangssprache. Antoni S. 146 f. bemerkt,
dass im Singular der Nominativ oft an die Stelle des Mothchro-
bithi trete, so Petre, Makhsime, Piros hsthkhwa (,sagte*); die
Beispiele zeigen, worum es sich handelt. Vgl. auch die Tifliser
bei Tsagareli CßhA- S. 58: h Tor^a miaitn 0 noKasuBae/m, mto
na^em yiiOTpeu.ieHi, bi. ychneHHOM Bn^k; ho He imaue, Kaien bi.
couctbchhI.Ixi. to.ibko UMeiiaxi,. Wenn 2ordania demnach S. 145 ff.
9g°, 3om°, goE' 0 u. s. w. schreibt, so haben wir das nicht als me-
man, mathman, winman u. s. w. zu lesen; aus einem solchen
Missverständniss sind wohl diese und ähnliche Formen, auch
das oben besprochene winmeman bei Klaproth-Brosset S. 39 ff.
hervorgegangen. Wo zwei oder mehrere -ihn aufeinander folgen,
wird nur das regierende Substantiv mit dem Klebuli versehen
(^ordania S. 161. 164. 169), z. B. kethilth(a) katstha 0 oder
katstha° kethiltha, ,die guten Männer*.
Was den Gebrauch des Aktivus anlangt, so ist er im
Georgischen wesentlich derselbe wie im Swanischen. Wir be
gegnen den drei Darstellungen des Subjekts und des direkten
Objektes wieder (s. oben S. 36):
1. Nominativ -j- Dativ. — Präsens Ind. und Konj., und Praet. I
(Imperfekt); das heutige Futur ist der Form nach ein Prä
sens, der mit nu gebildete negative Imperativ fällt ganz
mit dem Präsens zusammen.
2. Aktivus + Nominativ. — Praet. II (Perfekt), mit welchem
der positive Imperativ, und Fut. Konj., mit welchem der
mit ara gebildete negative Imperativ ganz zusammenfällt.
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 65
3. Dativ-|-Nominativ. Praet. III, Praet. IV und Konj. Plus-
quamp.
Die Bezeichnung der Tempus und Modus ist hei den in-
wie ausländischen Grammatikern eine höchst hunte und ver
worrene ; es rührt dies zum Tlieil von der allgemeinen Neigung
her, neue Ausdrücke zu schaffen, zum Theil von einer ungenü
genden Würdigung der temporalen und modalen Begriffe, wobei
das vieldeutige Praeteritum des Russischen nicht ohne Schuld
sein mag', zum Theil von einer thatsächlichen Verschiebung des
Begriffs (so ist das, was man heutzutage den Konjunktiv oder
Konditional des Futurs nennt, in der alten Sprache Futur
schlechtweg). Ich kann mich nicht darauf einlassen, diese Ter
minologie ihrer ganzen Breite nach zu erörtern, und ebenso
wenig liegt mir daran, die von mir gebrauchten Ausdrücke zu
rechtfertigen. Folgendes aber wird zum Verständniss der hier
behandelten Fragen gesagt werden müssen. Das Praet. III und
IV pflegen als zwei Plusquamperfekte zu gelten, bei Klaproth-
Brosset I und II, bei Fr. Müller II und I. Das Praet. III = ma-
radis sruli (,immer vergangen') bei Sansowani, usrulesi (,mehr
vergangen') bei Antoni, Qiphiani, uusrulesi (,noch mehr ver
gangen') bei Tsubinow 3 , daenonpomedmee bei Tsubinow 1 und
Tsagareli (0 „imt. S. 96) ist nun keinesfalls ein solches. Es
ist aber ebenso wenig ein aoristisches Perfekt, wie das Zor-
dauia S. 53 annimmt, wenn er ihm lieber den Namen dro (oder
namqo) istoriuli, ,historisches Tempus (oder Praeteritum)' gibt.
Dieser muss doch dem Praet. II Vorbehalten bleiben. Das
Praet. III entspricht unserem zusammengesetzten Perfekt, ist
also seinem Sinne nach ein präsentisches Tempus. Die Rich
tigkeit der von Äordania gegebenen beiden Beispiele zweifle
ich natürlich nicht an, es kann sich aber dabei doch nur um
einen gelegentlichen Rollentausch zwischen beiden Tempus han
deln, wie ihn unsere Sprachen auch kennen, das Georgische
allerdings besonders in der umgekehrten Richtung. Auch
scheint der Gebrauch des Praet. III im Laufe der Zeiten
nicht etwa gewechselt zu haben, wenigstens nicht im Wesent
lichen; vgl. z. B. me dyes miSobie ■ Sen, ,ich habe dich heute
gezeugt' Hebr. I, 5, ymerths tsemthwis esodeni ts’qaloba mouni-
t&’ebia, ,Gott hat mir so viel Gnade erwiesen' Saba-Sulchan
Orbeliani (17.—18. Jahrh.) bn&ttdfjg-bnQ^'ggobö, (5g. 1892
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 1. Abh. 5
66
I. Abhandlung: Schuchardt.
S. 104. Das Praet. IV wird von Öansowani zesruli (,überver
gangen 4 ), von Antoni uusrulesi (gesteigertes usrulesi; Klaprotli :
,plusqueparfait passe 4 ), von Zordania ts’inare-ts’arsuli (,vordem
vergangen 4 ) genannt; es ist wirklich ein Plusquamperfekt, aber
das gewöhnliche, z. B. tsyeni moeth^owa, semdzdariqo da ... .
ts’asuliqo, ,er hatte ein Pferd verlangt, war aufgesessen und
war davongeritten 4 3m.ö9&g Febr. 1895 I, 171. Es erscheint
jedoch auch in anderer praeteritaler Bedeutung, z. B. gesma
I Joh. 2, 24 (= vjy.sucaTe; vgl. gasmies ebd. 4, 3 = x/.v/.oaTS, im
Deutschen Beides: ,ihr habt gehört 4 ). Vor Allem in der eines
praeteritalen Konjunktivs und wird neuerdings meistens nur
als solcher angeführt, und zwar als Konjunktiv des Perfekts,
d. h. des Praet. II, so bei Tsubinow 1 u “ d 3 , Zordania, Tsa-
gareli; des Praet. I bei Qiphiani. Aber es scheint mir ebenso
gut als Konjunktiv des Praet. III aufzutreten, z. B. rats ar
unda geklma, ar gikhnia, ,was du nicht hast tliun sollen, das
hast du nicht gethan 4 Ts’awts’awadze, l pQoo-->c°' 3 3fw6V> ?!
1892 S. 64.
Die erste Konstruktion erheischt keine weiteren Ausein
andersetzungen ; wohl aber die zweite und die dritte. Und zu
vörderst muss etwas beiden Gemeinsames besprochen werden,
der Nominativ des realen Objekts. Dass diesem von den geor
gischen Grammatikern die Funktion eines Akkusativs beigelegt
wird, ist gleichgültig; die meisten kommen darin überein, dass
der Akkusativ als eigene Form nicht besteht (z. B. Qiphiani
S. 22), und in Folge dessen wird er, dessen Namen sie mit
semasmenelobithi übersetzen, in den Paradigmen weggelassen.
Es fragt sich nur, hat etwa — wider alles Erwarten — das
Georgische einst einen Akkusativ gehabt? In den älteren
georgischen Büchern, vor Allem in der Bibel, wird der Akku
sativ, wenn das Wort nicht schon auf i ausgeht, durch ein
angehängtes s. (welchem der Werth eines dumpfen * beige
messen wird) gekennzeichnet, wenn aber das Wort schon auf
i ausgeht, durch einen darüber gesetzten Akzent, mapoili, so:
(jobgi tsi%ei, 3o<W piri; sogar im Plural: ts’igni; nach Kon
sonanten findet sich o, i geschrieben, z. B. o>2A,i,>3o Abraami
Luk. 16, 23. Dass dies i einst in der Sprache gelebt hat,
können wir um so weniger bezweifeln, als es in einzelnen geor
gischen Mundarten noch lebt. Im Ingiloischen pflegen die Sub-
Uebor den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 67
stantive, die im eigentlichen Georgisch auf a ausgehen, -aj
zu haben (Erckert S. 329), z. B. mamaj — mania, ,Vater', da-
naj = dana, ,Messer'; aber auch dem -e entspricht -ej, z. B.
yamej = yame, ,Nacht', zej — mze, ,Sonne'. Ein solches -i oder
-j kennen nach Erckert a. a. O. noch das Gurische und die
andern Mundarten in der Gegend von Batüm, sowie das Phscha-
wische, das Thuschische (in anderem Sinne zu nehmen, als das
oben behandelte Thuschische) und das Chewsurische (vgl. S. 333).
Aber nirgends, so viel ich sehe, dient der vokalische Auslaut
dem Zwecke, einen Akkusativ von einem Nominativ zu schei
den, und wenn sein Zeichen in diesem Sinne verwendet worden
ist, so wohl erst dann, als er verstummt war, und wohl nach
dem Vorbild des arischen Akkusativs. Auf die Auseinander
setzungen Antonis (S. 140 ff. §. 200. 201) über den Akkusativ
vermag ich nicht mehr einzugehen. Zordania S. 10 meint, es
sei das n sehr nützlich; ohne dasselbe würde oft ein ganzer
Satz zweideutig, und er gibt eine Reihe von Beispielen dafür,
so: patardzal-s ga-e-sala suphra, ,der Neuvermählten (für die
N.) war aufgedeckt worden das Tischtuch', patardzal-s ga-e-sala
suphra-i, ,von der Neuvermählten war aufgedeckt worden das
Tischtuch' = ,die N. hatte aufgedeckt das T.'. Gewiss, aber
ganz gleichartigen und nicht minder häufigen Zweideutigkeiten
sind andere Sprachen ausgesetzt, z. B. ,es ist von ihm ein Scherz
erzählt worden' = ,man hat von ihm einen Scherz erzählt' und
,er hat einen Scherz erzählt', und will man sie systematisch
beseitigen, so wird man das begrifflich Verschiedene verschie
den ausdrücken, und nicht das begrifflich Gleiche, also nicht
etwa den eben angeführten Satz im zweiten Sinne abändern
in: ,es ist von ihm einen Scherz erzählt worden.' Einem solchen
Akkusativ ist der georgische suphra-i durchaus gleichwerthig;
denn beide Male ist die Konstruktion die gleiche, die passive
mit Subjektsdativ, nur dass das erste Mal dieser in der Ver
balform steckt und einen Dativ des indirekten Objekts neben
sich hat. Ga-e-sala bedeutet nicht schlechtweg: ,war auf-
gedeckt worden', sondern: ,von ihm (von ihr) w. a. w.'. Deckt
sich nun ein daneben stehender Dativ nicht mit diesem intra
verbalen Pronomen, so muss er durch eine andere Ausdrucks
weise ersetzt werden, vor Allem dann, wenn der Subjektsdativ
auch als Vollwort erscheint. Das Swanische nimmt, wie wir
68
I. Abhandlung: Schuchardt.
gesehen haben (S. 38 f.), an einer solchen Verbindung zweier
Dative Anstoss; an die Stelle desjenigen, der das indirekte
Objekt bezeichnet, tritt der Aktivus. Im Georgischen verhält
sich die Sache ähnlich. £ordania bemerkt (S. 62, 5), dass das
kuthionilebithi (bei Tsubinow Gr. 3 mitSemebithi), die Pos
sessiv- oder, wie wir zu sagen pflegen, die Objektivkonjuga
tion, kein Praet. III und IV, besitze: es werde da das Voll
pronomen mit -thiois, ,für* hinzugefügt. Verständlicher ist es
zu sagen: das Praet. III und IV besitzen keine Objektivkonju
gation, d. h. können neben dem Objektspronomen für 2 kein
zweites für ein indirektes Objekt einverleiben, aber auch dieses
nicht im Dativ neben sich haben, sondern nur mit ,für*; ,ich
habe dem Vater das Buch gegeben* lautet im Georgischen:
,mir ist für den Vater das Buch gegeben worden.* Ebenso ver
hält es sich mit den übrigen Tempus der Empfindungsverben
oder aller, die 2 in den Dativ setzen, z. B. tqis mephes Angli
sis mephisathwis ywino ar emeteba, ,des Waldes König
gönnt Englands König keinen Wein* 8cw9äf) Jänner 1895 I, 108,
es sitqwa Normanisihwis aJchivs mitsemuli, ,dies Wort hat er
(eig. ist ihm) einem Normannen gegeben* ebd. Februar I, 164.
Und so wird denn wahrscheinlich jeder Georgier vorziehen,
jenen Zordania’schen Satz, wenn er den ersteren Sinn hat, so
umzugestalten: patardzlisthwis ga-e-sala suphra. Gegen die
Regel, dass in jenen beiden Tempus das pronominale Präfix sich
auf 2, nicht auf 0 bezieht, verstösst das von Brosset S. 182
zweimal belegte gi-sts’awies, wenn wir übersetzen: ,es ist dir
gelehrt worden*; es wird wohl zu übersetzen sein: ,es ist von
dir gelernt worden.* Die Betrachtungen aber, mit denen Brosset
diesen Paragraphen eröffnet (S. 180 f.), führen uns auf einen
andern Punkt, der an dieser Stelle betrachtet zu werden ver
dient. Wenn man auch in rasathwis ukwe ara g-rts’mena misi?
,warum habt ihr ihm nicht geglaubt?* (Matth. 21, 25) aus Irr
thum das g- im objektiven Sinne nähme, so würde der ganze
Satz immer noch nicht verstanden werden können (,signifierait
en langage ordinaire*) als: ,warum hat er euch nicht geglaubt?*
Denn es steht nicht der Dativ mas, sondern der Genetiv misi,
ein objektiver Genetiv, der im Grunde ein partitiver ist: ,warum
habt ihr nicht geglaubt (Wort) von ihm?*; vgl. misi arapheri
ar me-smis, ,ich verstehe von ihm Nichts*, d. h. ,ich verstehe
Heber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 69
ihn nicht*. Anders yüthisa ar ge-sinian, ,du fürchtest Gott nicht*,
eig. , Gottes ist dir nicht Furcht*. Von solchen Genetiven
spricht Brosset S. 245 f., ohne sie weiter zu erklären. Bei dem
Verb rts’ma, -ena wechseln der Nominativ und der Genetiv mit
einander ah, wobei eine gleiche Bedeutungsverschiedenheit, wie
zwischen unserem ,an Einen glauben* und ,Einem glauben* zu
Grunde liegt. Sie ist z. B. wahrnehmbar in: m-rts’ams ymerthi,
,ich glaube an Gott* (Tsub. Wtb.) und m-rts’ams ymerth-isa,
,ich glaube Gott* Apost. 27, 25 (vgl. 26, 27), aber sehr oft ge
schwunden. So heisst ,wer an mich glaubt* sowohl: romel-sa
w-hrts’mene me Joh. 12, 44 als: romel-sa hrts’menes tSerrd Joh.
12, 46; ,wer an ihn glaubt* sowohl: romel-sa hrts’menes igi
Joh. B, 15 als: romel-sa hrts’menes misi Joh. 3, 18; ,glaubt an
das Licht*: g-rts’menin natheli Joh. 12, 36 und ,glaubt an das
Evangelium*: g-rts’menin sayareb-isa Mark. 1, 15. Einen ähn
lichen Genetiv linde ich neben dem Aktivus in dem von Eordania
S. 147 wegen eines andern Umstandes angeführten Satz: misi
ara win utsqis, garna sul-man-we mis-man, ,ihn kennt Niemand
[vgl. unser: „von ihm weiss Niemand“] ausser seine eigene Seele*.
Durch diesen Gebrauch, und vielleicht mit Hinblick auf slawische
Spracheigenthümlichkeit, ist Klaproth (bei Brosset S. 39 ff.) ver
anlasst worden, die Genetive der Pronomen als Nebenformen
der den Nominativen gleichlautenden Akkusative einzutragen
(tsemi, tsemisa = me; tiwenisa = tüwen; senisa = Sen- misi =
igi- mathi = iginij amisi = es; amathi = eseni-, raisa = ra).
Brosset in den berichtigten Pronominalparadigmen S. XXXV ff.
sieht ganz hiervon ab, bei ihm haben Nominativ und Akkusa
tiv durchaus dieselben Formen; Fr. Müller aber hat diese Ge
netive auch in ihrer angeblich akkusativischen Funktion auf-
genommen, und so gewinnt es den Anschein, als ob wenigstens
beim Pronomen der Unterschied zwischen Nominativ und Ak
kusativ gefühlt werde. Vielleicht bezieht sich hierauf, und zu
gleich auf das oben besprochene, freilich nicht lautbare & seine
Aeusserung (S. 190 f.), dass die beiden Kasus ,in der Regel*
der näheren lautlichen Bezeichnung ermangeln. Ich bespreche
nun einige erweiterte oder eigenthümliche Gebrauchsweisen des
Aktivus:
o>) Aktivus und Dativ können nur dann Zusammentreffen,
wenn der letztere ein indirektes Objekt bezeichnet. Dass im
70
I. Abhandlung: Sehne har dt.
Perfekt der Dativ etwa ausnahmsweise ein direktes Objekt be
zeichne wie regelmässig im Präsens, davon kann keine Rede
sein. Wenn ,er gibt ihn* und ,er gibt ihm' in: mistsems mas (vgl.
engl, he gives him) zusammenfallen, so sind ,er gab ihn': mistsa
igi und ,er gab ihm': mistsa mas streng geschieden. Findet
sich im Perfekt neben dem Dativ das direkte Objekt nicht
ausgedrückt, so wird es hinzugedacht oder ist hinzugedacht
worden. Brosset S. 249 hat Unrecht, in gewissen Verbindungen
Verstösse gegen die Regel zu erblicken. Zu: stsyo mas mephed,
,du wirst ihn zum König salben' I Sam. 9, 16 ist zu bemerken,
dass tsyeba in den perfektischen Formen stets den Dativ, nicht
den Nominativ neben sich hat, z. B. hstsyo phery-tha Iesos-tha
Joh. 12, 13, romel-sa sen stsye Apost. 4, 27, romel-sa igi t.syo
ywerth-man ebd. 10, 38, und dass sich das erklärt wie im Thu-
schischen (s. oben S. 13): ,Etwas an Einen salben, schmieren'.
Aehnlich verhält es sich mit dem andern von Brosset ange
führten Fall: daakra utsyo-thesl-sa, ,er schlug den Fremden'
I Sam. 17, 49, indem ,schlagen' in den kaukasischen Sprachen
gern mit dem Dativ verbunden wird (s. oben S. 4. 13); für das
Georgische kann ich das wenigstens bei tsema nachweisen,
z. B. hstsa mona-sa Mark. 14, 47. Joh. 18, 10, dzma-m dzayl-s
stsema Erck. n. 28. Und noch deutlicher ist der dritte Brosset’-
sche Fall: aqwedra mts’qobr-sa, ,il a insultc l’armee' I Sam. 17,
26; denn qwedra bedeutet ,vorwerfen'. (In kethil-sa hstS ’amdeth
liegt nicht das Futur, sondern der Konj. Praes. vor.) — Den
noch wird erthmanerthsa, erthmanerths, erthmaneths, ,einander'
gesagt, und zwar ganz allgemein, wenn ich mich nicht täusche,
sowohl für erthman erthi als für erthi erthsa, z. B. thu Sewywdeth
erthmaneths kidew, ,wenn wir einander wieder begegnen' Ts’aw-
ts’awadze ^ocmg&n, 1892 S. 4.
Ü>) Die zweite Konstruktion kommt von Haus aus nur den
Transitiven zu; aber wo ist die Grenze zwischen Transitiven
und Intransitiven? Das Fehlen des Objekts beweist, wie wir
eben gesehen haben, Nichts; es kann gedacht sein. So z. B. bei
atli-ma saath-ma dahkra, ,zehn Uhr hat es geschlagen' Tsub.
Wtb., bei ts’amal-ma gahsts’ra, ,das Heilmittel hat gewirkt', tsern-
ma goneba-m egre gastS’ra ,meine Erwägung hat so entschieden'
Tsub. Wtb., gasts’ra gatis tS’or-ma, ,es wirkte das Geschwätz
der Katze' Gogebaswili fyi. 1886 S. 131 von gats’ra,
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 7 1
,zerschneiden'; gleichsam: ,hat die Sache durchschnitten*, wie
wir ja auch hei unserem ,es hat eingeschnitten* eine gewisse
ObjektsvorStellung haben. Aber warum sagt man: kats-ma dai-
dzina, ,der Mann schlief ein*, bawsw-ma itira, ,der Knabe weinte*,
tsit-ma gaiphrina, ,der Vogel flog fort* u. s. w.? Ich lese ferner
z. B. dro-m moayts’ia, ,die Zeit kam heran* Tsawts’awadze,
c>(Dh3oc6"o?! (jg. 1892 S. 56, moats’ia zam-ma, dass. Tsub. Wtb.
(aber moits’ia zami ebend.; vgl. Mark. 4, 29), gaotsebul-ma ukan
daits’ia, ,der Verwunderte zog sich zurück*, Tsedrik-ma ukan
daits’ia, ,C. zog sich zurück* 3cac3äg Febr. 1895 I, 163. 164. Wenn
man die Grammatiker darüber zu Rathe zieht, so wird man auch
nicht zu völliger Klarheit kommen, weil bei ihren Eintheilungen
der Verben sich das formale mit dem begrifflichen Moment zu
kreuzen pflegt. Tsubinow 8 S. XXXV §. 40, g sagt ganz bestimmt,
dass neben dem Intransitiv (i. e. S., umesweobithi-, nicht das wne-
bithi, Passiv, ivnebith dats’qebithi, Inchoativ-passiv, und thwith-
ivnebithi, Reflexiv und Reciprok) das Subjekt in demselben
Kasus stehe, wie neben dem Transitiv und gibt als Beispiele zu
nächst : buz-man ibzuwa, ,die.Fliege summte*, buz-s ubzuwnia, ,die
Fliege hat gesummt*; qmats’wil-ma gaitsina, ,der Bursche lachte*,
qmats’wil-s gautsinia, ,der Bursche hat gelacht*. Sodann: Za-
kharia-m mtheli ymelethi mowlo, ,Z. bereiste das ganze Fest
land*, Ramaza-m erths dyesa mtheli khalakhi moiara, ,R. durch
wanderte an einem Tag die ganze Stadt*. Das sind aber
zwei Fälle des Transitivs, während er in der That für dieselben
Perfekte auch solche Beispiele hätte bringen können wie ga-
moiara ezoH saylis patron-ma, ,es kam über den Hof des
Hauses Herr* Nasidze Tpy3. p. S. 51. Als Ausnahme bezeich
net Tsubinow in der Anmerkung die Verben swla, ,gehen*
und dMoma, ,liegen*, die das Subjekt immer im Nominativ
haben; und ,er fiel*, ,er stand*, ,er starb* u. s. w. haben es etwa
im Aktivus? Äordania gibt S. 65 die drei Konstruktionen als
gültig an für alle sa/el-zmniani-Verben (der Ausdruck ist S. 52
erklärt: die direkt vom Verbalnomen, sayel-zmna abgeleiteten;
es sind die formalen Aktive), welche neben den Hemokhmedebi-
thi, den aktiven Transitiven auch die tkwith-mokhmedebithi, die
Intransitiven i. e. S. umfassen (zu denen nach S. 50 die urthier-
thobithi, die Reciproken gehören, die aber S. 61 zur andern
Gruppe gezählt werden). Die ts’armoebuli, die abgeleiteten
72
I. Abhandlung: Schuchardt.
(Passive, Reciproke, ukukhtsewithi, Reflexive = Tsubinows
Inchoativ-passive, und mqophobithi, Zustandsverben) haben nach
S. 66 das Subjekt immer im Nominativ, ebenso die auf -ola und
-oma endigenden sa%el-zmniani (ebenso S. 120 §. 60,1 u. S. 122,3).
Beispiele aus diesen beiden Verbalklassen wären sehr erwünscht
gewesen. 2ordania merkt an, dass, wenn das der Klasse der
ts’armoebuli angehörige Prädikat im aktiven Sinne gebraucht
werde, auch die Form des Subjekts sich danach richte, z. B.
mteri imukhreba, ,der Feind droht', unter-man daimukhra,
mter-sa daumukhrnia; megobari its’ereba, ,der Freund schreibt
(Jemandem einen Brief)', megobar-man moits’era. Vgl. Tsu-
binow 3 S. XIII §. 21, g, Anm. 2: ,Passive und Reflexive
werden oft wie Aktive gebraucht, z. B. wits’erebi ts’ignsa, mo-
wits’ere ts’igni, itsemeba ts'iylsa, icekrtimlebi megobarsa, we-
thamasebi qmats’wilsa u. a.' — Innerhalb des georgischen
Sprachgebietes gibt es wohl manche Schwankungen im Ge
brauch des Aktivus; die Imerier sollen ihn bevorzugen. Dass
die Armenier ihn häufig falsch setzen oder falsch weglassen,
ist nicht zu verwundern.
2,) Den präsentischen Tempus ist der Aktivus + Dativ fremd;
nur tsodna, ,wissen' und uts’qeba, ,wissen', ,kennen' machen Aus
nahmen: ymerth-man itsis oder uts’qis (f'Wdania S. 66 oben.
122, 3, a). Wenn Joh. 2, 24 qowel-tha itsodes igi steht, so be
deutet das: ,Alle kannten ihn' und nicht, was es bedeuten sollte:
,er kannte Alle'. Zur Erklärung dieser besonderen Erscheinung
wird man geneigt sein, Praeteritopraesentia gleicher Bedeutung
aus andern Sprachen heranzuziehen; indessen hat man in er
ster Linie wohl einen Zusammenhang mit der im Folgenden
besprochenen allgemeineren Erscheinung zu suchen, welche der
älteren Sprache angehört.
co) Besser als über die Darstellung des Subjekts hatte sich
Brosset schliesslich über die des Objekts zu unterrichten ver
mocht. Er sagt S. 247 ff., dass dieses beim Präsens und Imper
fekt im Dativ, beim Perfekt und Futur (dem heutigen Konj.
Fut.) im Nominativ stehe, dass diese Regel aber nicht immer
beobachtet werde. So finde sich zwar der Dativ in: sul-sa
tsem-sa dawhsdeb, ,mein Leben gebe ich dahin' Joh. 10, 15,
aber gleich vorher (V. 11) der Nominativ in: mts’qems -man
kethil-man suli thwisi dahsdiois, ,der gute Hirt gibt sein Leben
TJeker den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 73
dahin*. Sehen wir aber beide Fälle genauer an, so nehmen wir
wahr, dass das Verb sowohl seiner Form als seiner Bedeutung
nach wesentlich verschieden ist. Die 3. P. zu daivhsdeb lautet
dahsdebs, nicht dahsdwis, und jenes bezieht sich auf die Gegen
wart, dieses auf gar keine bestimmte Zeit, vielmehr auf alle
Zeiten. Wir begegnen dem -is (3. P. Pltir. -ian) in der Bibel
sehr oft mit demselben Sinne, dem eines allgemeinen Tempus,
das wir Perpetuale oder Consuetudinarium oder wie sonst immer
nennen mögen, und zwar stets mit der zweiten, der perfekti-
schen Konstruktion. Ich setze einige Beispiele her, deren erstes
ich aus der Nachbarschaft der von Brosset angezogenen Stelle
nehme: amas mekare-man-tsa ganuyis [nicht ganuyebs\, ,ihm
öffnet der Thürhüter* Joh. 10, 3, sasqidlith dadginebul-man
iyilis [nicht iyilaws] ra mgeli, ,wenn der Miethling den Wolf
sieht*, dautewnis [nicht dautewebs] tsyowarni ,lässt er ihm die
Schafe* Joh. 10, 12, daapqris [nicht daapqi'obs] igi, ,er ergreift
ihn* Mark. 9, 18, arawin santheli ayanthis [nicht ayanthebs],
,Niemand zündet eine Kerze an* Luk. 8, 16, artsa sthaasyian
[nicht sthaasymen] ywino-i ayali, ,auch füllen sie nicht neuen Wein*
Matth. 9, 17. £ordania, welcher dieses mit -i- gebildete Tempus
(S. 60 Anm. 1) als dro samaradiso (,immerwährend*, ,alltäglich*)
oder gaysirebithi, ,Frequentativ* erwähnt, führt als Beispiel an:
wari, yari = mudam war, yar, ,ich bin, du bist immer*; so
dze tsemi yari Sen Psalm 2, 7 (ebenso Hebr. 1, 5 und dze ymr-
thisa wari me Joh. 10, 36). Vgl. swan. ywär, yar, yär und ywari,
yari, ari T L&vr. S. XVII. XXXI. Das i, sagt Zordaniä, werde
auch im Praeteritum häufig hinzugesetzt: raoicidis, ts’arwidis,
monayis . . . gamowidi, gamoivstsi, ruismini u. s. w. Tsubinow 3
S. XVIII §. 28, 4 sagt, in der Bibel hätten einige Verben die
frequentative Konjugation (sakhtsewi gaysirebisd), sie werde
aber nur im Präsens und Perfekt gebraucht; er gibt zahlreiche
Beispiele. Nun, so viel ich sehe, handelt es sich kaum um
eine wirkliche Doppelreihe von Perpetualformen; sie sind im
Grunde einerlei Bildung, nämlich wirklich vom Perfektstamm
abgeleitet, oder doch, wie das bei wari der Fall ist, von einem
gleich einfachen Stamme. Mowidis, ,er kommt* = ,er pflegt
zu kommen* (z. B. Matth. 13, 19. Luk. 8, 12. Joh. 10, 10) zweigt
sich nicht vom Präs, viowals oder modis, sondern vom Perf.
moivida ab. Abweichendes ist wohl nur vereinzelt, wie das im-
m
74
I. Abhandlung: Scliuchardt.
perfektische widodis, ,er pflegt zu gehen' Joh. 10, 4. Und ebenso
wenig handelt es sich um eine doppelte Bedeutung, sondern
nur um die eine, die angegebene. Allerdings sagt Brosset
S. 160: „La terminaison is de la troisifeme personne du singulier
[du premier parfait simple — S. 161 verzeichnet er -nis neben
-na beim second parfait simple] change le sens, du passe ä
l’imparfait: sewidis, sehsts’iris, asyuris, mowidis, ,il entrait, il
offrait, il aspergeait, il venait.' Hebr. IX, 7.“ Aber die beiden
ersten entsprechen dem siasQysTai (V. 25) und rtQogcpeQei, die
dritte dem sQQavuas des Urtextes (V. 21), und auch moiyis
(Y. 19; so ist wohl statt mowidis gemeint) drückt eine ein
malige Handlung aus. Hierfür wären also reine Perfekte zu
erwarten gewesen (ebenso für apJcuris V. 19 = asyuris); in
imperfektischem Sinne aber steht keine dieser Formen. Immer
hin will ich darauf aufmerksam machen, dass nach Tsubinow 3
S. XVII von den Verben der III. Konj. (denen mit Sub
jektsdativ) das Perfekt auf -da, -oda (also imperfektisch) ge
bildet wird, das Imperfekt auf -dis, -odis, so: m-rts’am-da,
m-rts’am-dis; mi-yar-oda, mi-yar-odis. Ausserhalb der 3. P. Sing,
und Plur. kenne ich kein sicheres Beispiel einer vom Perfekt
abgeleiteten Perpetualform; wenn manche Perfekte in der
1. und 2. Person eine Nebenform auf i haben, wie mowedi =
moioed, so findet sich doch keine Spur davon, dass das be
griffliche Verhältniss ein ähnliches gewesen sei wie zwischen
mowidis und mowida. Von den Perfekten, die regelmässig in
der 1. und 2. P. auf i ausgehen, würden sich Perpetual-
formen gar nicht bilden lassen. Ob unter den Präsensformen
sich nicht solche finden, die ursprünglich hierher gehörten,
will ich unerörtert lassen und nur darauf hinweisen, dass aris,
,ist' (Brosset S. 183 und Qiphiani S. 80 haben auch eine
Form ari) jetzt die herrschende Form ist, statt des älteren
ars; arian, ,sind' war schon früher allgemein für das ein
fache am. Es scheint wunderbar, dass das Perpetuale durch
eine Differenzirung des Perfekts entstanden ist, nicht des
Präsens, durch das es doch in den meisten Sprachen vertreten
wird. Ich denke mir, dass man z. B. gesagt hat: ,ein Dieb
ist nie gekommen' — ,ein Dieb pflegt nicht zu kommen'
(Joh. 10, 10). Dass aber selbst heutzutage, wo die besondere
Form des Perpetuale bei den Georgiern erloschen ist, sein Be-
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
75
griff doch noch lebendiger ist als bei uns, das möchte ich aus
der Anmerkung von Zordania auf S. 61 entnehmen, in der er
sagt, dass das Passiv oft als Aktiv gebraucht werde und dass
es dann den beständigen Charakter, die wiederholte Thätig-
keit oder die immerwährende Zeit ausdmcke (^fir/Ba^b b^^am.
8n'3.i6’b, ßobürAg&gemb 3cT.j9g(og&b obig bj8o(v)j[onbrab £o<bm.bo>), z. B. gweli
iklakhneba [,die Schlange windet sich'] (nicht jetzt, nicht in
Zukunft, sondern immer und oft). Dafür spricht auch der so
häufige Gebrauch von ywalme, -/ohne, beim Imperfekt allerdings
ebenso und wohl noch mehr wie beim Präsens (s. Tsubinow
Wtb. und Gr. 3 S. XVIII, 5), welches sich keineswegs immer
durch unser ,pflegt, pflegte' übersetzen lässt, z. B. (,sie drängten
sich um ihn wie die Schafe um den Hirten, wenn die Stimme
des Wolfes) sie hören': gaigoneben yolme 8cr«8&g Pebr. 1895,
I, 185.
g) Der Nominativ wird zuweilen durch das unmittelbar
auf ihn folgende Relativpronomen ,attrahirt', wie uns die
klassische Grammatik gewöhnt hat zu sagen, so qowel-man [für
qoiveli], romel-man hkhmnes tsodwa-%, mona ars igi tsodivisa,
,Jeder, welcher thut Sünde, Knecht ist er der Sünde' Joh. 8, 34,
khweqana-man [für khweqana], romel-man hswis . . . ts’wima-i da
gamoiyis mts’wanwili . . ., miiyebs kurthyewasa ymrthisa mier,
,die Erde, die den Regen trinkt und Kraut trägt, empfängt
Segen von Gott' Hebr. 6, 7. In diesem zweiten Fall kann man
auch annehmen, der Uebersetzer habe erst schreiben wollen:
miiyis kurthyewa; das Perpetuale wäre ja, nachdem der Relativ
satz in dieses Tempus gesetzt ist, durchaus am Platze.
3) Zordania erwähnt ausdrücklich den merkwürdigen Ge
brauch des Aktivus in Schwurformeln. Ich setze hier die Bei
spiele her, die ich bei ihm, bei Tsubinow und anderswo finde:
Sen-ma gaz(r)da-m, ,bei deiner Erziehung!'
Sen-ma (thkhwen-ma) mze-ma, ,bei deiner (Ihrer) Sonne!';
wohl das Häufigste (vgl. mzesa thkhwensa esividen,
,dass sie Eurer Person Gehorsam leisten' Ts.).
mama-swiloba-m, ,bei dem Verhältnis zwischen Vater
und Sohn!'
dedasiviloba-m, ,bei dem Verhältnis zwischen Mutter und
Sohn!' ajka Febr. 1895, I, 47.
Sen-ma mortsena-m, ,bei deinem Heil!'
76
I. Abhandlung: Schuchardt:
sen-ma (ihkhwen-ma) sitsotsyle-m, ,bei deinem (Ihrem)
Leben! - ' Ts’awtü’awadze jöqo-oco. S. 37. 46. 51.
tSem-ma sul-ma, ,bei meiner Seeleb
thaw-ma tSem-ma (ßen-ma, mis-ma), ,bei meinem (deinem,
seinem) Haupt!'
mami-tsemis tsyoneba-m, ,bei der Seligkeit meines Vaters!'
ebend. S. 35.
Man kann vermuthen, dass hier eine Spur von dem ursprüng
lich instrumentalen Charakter des Aktivus erhalten ist — auch
die slawischen Sprachen bedienen sich ja des Instrumentals hei
Schwur oder Beschwörung. Man sagt Sen-s gazda-s, Sen-s mze-
s(ci), mdma-simloba-s in ganz demselben Sinne wie die obigen
Wendungen, wozu ergänzt werden muss: ,ich schwöre' oder
,ich beschwöre' (z. B. whphitsaw ymerth-sa, gaphitseb Sen
ymerth-sa, ,bei Glott'). Statt des Dativs wird auch die Post
position zed gebraucht, z. B. mama Senis tsyoneba-zed, ,bei
der (eig. auf die) Seligkeit deines Vaters'. Wenn sich zwang
los der Optativ eines transitiven Verbs darböte, zu dem diese
Ausdrücke das Subjekt bilden könnten, so würde man aller
dings lieber hiernach greifen; das Verb mochte beim Aktivus
ebenso gut unterdrückt werden wie beim Dativ (vgl. ymerth-
mani in der Umgangssprache == ymerth-man itsis, ,Gott weiss
es'). Bei einem Nominativ fehlt es, aber mit Zurücklassung
eines Dativpronomens in dem ganz gewöhnlichen Seni ts’iri-me,
,dein Unglück mir (möge zufallen!)', auch Seni sayelis ts’iri-me,
,deines Namens Unglück mir!' Ts’awts’awadze a. a. 0. S. 32, Seni
kwnesa-me, ,dein Seufzen mir!' ebend., so viel wie unser ein
geschaltetes ,ich bitte dich' oder ,erlaube mir'.
Die dritte Konstruktion ist beim Praet. III ohne Schwierig
keit zu erklären, sobald wir dessen Bildung verstanden haben.
Dazu müssen wir aber vom Intransitiv ausgehen. Hier lautet
dies Tempus so:
moml-war, ,ich bin gekommen',
mosnl-yar, ,du bist gekommen',
mosul-ci, ,er ist gekommen',
mosul-an, ,sie sind gekommen'.
Das Part. Praet. ist also ganz ebenso wie im Deutschen mit
dem Indikativ des Hülfsverbs ,sein' zusammengesetzt. Nur
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 77
wird -ars, wie die alte Sprache auch hier noch bietet, durch -a,
welches aus dem noch nicht mit dem Personalzeichen behafteten
*ar (s. oben S. 74 ari) entstanden ist, vertreten, wie heutzu
tage jedesmal bei inniger Verbindung mit dem vorhergehenden
Worte: didi-a, ,er ist gross', Kharthweli-a, ,er ist Georgier';
-an steht für am, das schon längst durch arian abgelöst worden
ist. Das auslautende i von mosuli ist vor Vokal wie Konso
nant geschwunden. Als Paradigma für das transitive Praet. III
nehme ich das nun einmal eingebürgerte Se-mi-qwarebia, lasse
aber die Präposition &e-, ,ein-' fort, da auch das einfache Verb
qwareba vorkommt:
mi-qwarebi-a, ,mir ist er geliebt', d. i. ,ich habe ihn geliebt',
gi-qwarebi-a, ,dir ist er geliebt', ,du hast ihn geliebt',
u-qwarebi-a, ,ihm ist er geliebt', ,er hat ihn geliebt'.
Während wir beim Praet. II die rein passive Wendung haben,
die den Aktivus des Subjekts erfordert, so beim Praet. III die
passiv-intransitive, mit dem Dativ des Subjekts (vgl. oben
S. 3), die aber hier schon iii der Bildung des Tempus selbst
zum Ausdruck kommt. Im Grundbegriff des Besitzes stimmt
dieses ,mir ist er geliebt' mit unserm ,ich habe ihn geliebt'
überein: ,er gehört mir als Geliebter', ,ich besitze ihn als Ge
liebten'. Und wie denselben z. B. das Portugiesische wieder
aufgefrischt hat, durch sein teneo amatum für habeo amatum,
so scheint auch im neueren Georgisch zuweilen a-khws oder
m-qaws (,mir ist' = ,ich habe' = ,ich besitze') im Sinne von
mi ... a (,mir ist' = ,icli habe', reines Hülfsverb) gebraucht
zu werden; vgl. oben S. 68. — Dass das -i- in -qwarebi-a ge
blieben, während es in mosul-a weggefallen ist, darf kein Be
denken erregen; die Bedingungen sind einigermassen ver
schiedene. Vgl. übrigens Tsub. Wtb. 3 Sp. 1: ,thbili-a oder thbil-a,
tsyeli-a oder tsyel-a 1 . — Die 1. und 2. P. von 0 sollten lauten:
gi- (w-) qwarebi-war, nii-(u-, gwi-) qwarebi-yar •, so haben sie
ursprünglich gelautet und lassen sich zum Theil noch nach-
weisen, gerade se-m-qwarebi-yar, §e-gi-qwarebi-war, ie-w-li-qwa-
rebi-war werden von Tsubinow Wtb. 2 aus älteren Litteratur-
denkmälern belegt. Aber die Formen mit Q in der 3. Person
waren weitaus die häufigsten, und in ihnen wurde keine Ko
pula -a mehr, sondern -ia als die Endung gefühlt; so ist es
78
I. Abhandlung: Schuchardt.
kein Wunder, dass sie sich verallgemeinerten und dann das Q
der 1. und 2. P. durch das Vollpronomen ausgedrückt wurde:
mi-qwarebi-a Sen, eig. ,mir geliebt ist du'. — Zwischen mo-
sul-a und mi-qwarebi-a besteht ein einziger Unterschied von
einiger Wichtigkeit: mosuli kommt als selbständiges Partizip
vor, * qwarebi nicht. Wir werden deshalb diesem -qwarebi- doch
keinen andern Sinn beilegen können, nicht etwa den eines
Infinitivs. Und zwar ist es wie mosuli ein Partizip des Prae-
teritums: ,geliebt (-worden)'. Wie nun aber in so vielen Spra
chen das passive Partizip des Praetöritums auch die Rolle des
jenigen des Präsens versieht (vgl. z. B. das lat.-rom. est amatus),
so geschieht das auch im Georgischen, und zwar dann, wenn
das dativische Subjekt fehlt; mi-qwarebi-a bedeutet: ,er ist mir
geliebt (-worden)' = ,ich habe ihn geliebt', i-qwareb-a: ,er ist
geliebt (-werdend)' = ,er wird geliebt'. Das passive Präsens
ist eigentlich mit dem aktiven Praet. III identisch; das dem
Verbalstamm vorausgehende i ist in beiden nicht verschieden
artig (es gehört ja im Grunde nicht zum Pronomen: m-i-, g-i-),
und der Schwund des ihm folgenden in dem einen Fall ist
wiederum etwas ganz Nebensächliches. Dass i-qwareb-a auf
* i-qwarebi-a zurückgeht, lässt sich einerseits aus der Neben
form i-qwarebi-s erkennen (wir werden unten sehen, dass -a
und -s, Verbalstamm und Personalzeichen gern miteinander
wechseln), anderseits aus der 1. und 2. P.: wi-qwarebi, i-qwa-
rebi, die für * wi-qwarebi-icar, * i-qwarebi-yar stehen (in denen
-war und -yar als überflüssig wegblieben, wie in gewissen unten
erwähnten Präsensformen von Intransitiven). Das Praet. III zu
diesem passiven Präsens wird ganz analog dem Praet. III des
Intransitivs gebildet, nämlich von dem selbständigen passiven
Part. Praet.: qwarebul-ivar, -yar, -a. —■ Sogar innerhalb des
Praet. III kommt das Schwanken der temporalen Bedeutung
von -qwarebi- zum Ausdruck; wir begegnen ihm nicht selten
da wo wir das Präsens erwarten, z. B. guli mi-tSukhebia sen-
thwis, ,ich schenke dir mein Herz' Tsub. Wtb., ma-mi-nits ebia
senthwis sitsotsyle, .ich schenke dir das Leben' Jänn.
1895, I, 100, ai es tsemi phya (balani, phrtha') Senthwis mo-
mi-tsia, ,da, diese meine Gräte (Haar, Feder) schenke ich dir'
(ogcoi gfj S. 137 f., me thwali wer mo-mi-Sorebia magisthwis, ,ich
kann das Auge nicht von ihm abwenden' Nasidze Tp. p. S. 51,
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in don kaukasischen Sprachen. 79
mi-ts’eria (mi-t&iräws) = wi-t8’er, ? ich halte* Tsub. Wtb. An
dieses aktive Praet. III und dieses passive Präsens schliessen
sich nun eine ganze Menge von Präsentien an, die in entspre
chender Weise mit dem Hülfsverb ,sein' gebildet sind. Die
jenigen, die einen subjektiven Dativ in sich haben, also vor
Allem ein grosser Theil der eigentlichen Empfindungsverben
(der andere Theil ist einfach, wie m-dzinaws, m-rts’ams), ähneln
natürlich dem Praet. III in besonderem Masse, nur dass bei
ihnen der Charaktervokal nicht bloss -i-, sondern auch -es- oder
-e- ist oder ganz fehlt. Wo kein subjektiver Dativ vorhanden
ist, empfangen wir den Eindruck, es mit einer nicht scharf ab
gegrenzten Modifikation des gewöhnlichen Passivs zu thun zu
haben, die wiederum die Verbindung mit einem objektiven
Dativ nicht ausschliesst. Neben i-ts’ereb-a (1. P. wi-ts’erebi),
,er wird geschrieben', Praet. III ts’eril-a (1. P. ts’eril-war) gibt
es mit subjektivem Dativ: h-ts’eri-a (1. P. w-h-ts’eri-war), und
mit objektivem Dativ: a-ts’eri-a (1. P. wa-ts’eri-war), z. B. sublzed
ga-ts’eri-a bedi, ,das Glück steht dir auf der Stirn geschrieben',
s. Tsubinow Gr. 3 S. XXVII, 6, &, wo auch w-u-ts’eri-war an
geführt ist, zu dem die 3. P. Sing, lauten muss u-ts’eri-a.
Wie sich dies vom Praet. III u-ts’eri-a scheidet, oder m-ts’eri-a
(zu h-ts’eri-a) von mi-ts’eri-a, m-ts’eri-a (1. P. g-ts'eri-war) von
dem eben angeführten mi-ts’eri-a, das vermag ich nicht fest
zustellen. Wie innig das Hülfsverb hier mit dem jedesmaligen
Verb verwächst, sehen wir aus der doppelten Setzung des S-
pronomens (w .. . -icar), die bei der Verbindung mit dem eigent
lichen Partizip des Passivs so viel ich bemerke in der Regel
nicht stattfindet (doch z. B. mo-w-sulnvar 8co.>3ü>g Jänner 1895,
I, 172. 174). Ich gebe nun Beispiele von diesen zusammen
gesetzten Präsentien mit subjektivem Dativ:
m-goni-a, ,ich denke' (,mir ist es gedacht'; goni, ,Gedanke') ;
m-goni-yar, ,ich denke, dass du . . .' (,mir bist du ge
dacht').
mi-nd-a, ,ich will'; mi-ndi-yar, ,du bist mir nöthig' (,mir
bist du gewollt'), w-u-ndi-war, ,ieh bin ihm nöthig'.
m-dzer-a, ,ich glaube' (w-h-d&er-war, dass.).
me-smi-an (gew. me-smi-s), ,ich höre'; wa-smi-war, xo-li-
smeni-war, m-smeni-yar.
m-iiw-a, m-si-an (m-sii-s), ,ich hungere'.
80
I. Abhandlung: Scbucbardt.
me-Sini-an (me-sini-s), ,ich fürchte mich'.
Se-mi-dzli-an, ,ich kann'.
mi-yari-an (mi-yari-s), ,ich freue mich'.
mi-rtSewni-a, mi-rtSewi-a, me-rtsiwn-a, me-rtsiw-a, me-rtsi-a,
mi-rtSewni-an, ,ich gebe ihm den Vorzug'; mi-rtsewni-
X ar, ,. . . dir . . .'.
m-dzobi-a, ,ich stehe ihm nach' = ,er übertrifft mich';
m-dzob(i)-yar, ,du übertriffst mich', hs-dzob(i)-an, ,sie
übertreffen ihn'.
Und selbst qola, das besitzende ,sein' geht eine solche Ver
bindung mit dem kopulativen .sein' ein: m-qaio-s, ,ich habe ihn',
aber m-qaw-yar, ,ich habe dich', g-qa-war, ,du hast mich', mo-
w-h-qe-war, ,er bringt mich her'. Ueber das häufige -an neben
-a lässt sich Folgendes sagen. Das pluralische -n ist im Ind.
Präsens und im Imperativ nicht selten in den Singular ein
gedrungen (s. Brosset S. 159. 166. 170. 173 u. s. w.); so auch
am, ,er ist' und ,sie sind' (Brosset S. 183; die Schreibung
arnn hier hat keine lautliche Bedeutung, doch mag sie auf ein
* arnan zurückweisen; vgl. wlenan = wlen, dganan, syenan
und las. renan zum Sing, ren, ,er ist'). Es wird dies wohl mit
der entgegengesetzten Erscheinung Zusammenhängen, dass Plu-
rale mit kollektivem Sinn, den griechischen Neutren gleich, im
Georgischen gern das Verb im Sing, bei sich haben, z. B. ayali
sakhmeebi its’qeba, ,neue Unternehmungen beginnen' 3cw3äg Jänn.
1895, II, 116, tsivlilebani mzaddeba, Veränderungen bereiten
sich vor' ebd. S. 117, daits’qo sitsyeebi, ,es begann die Hitze'
(,les clialeurs'). — Indem wir nun die Form des so zu sagen
,inneren' Partizips in’s Auge fassen, welches uns im aktiven
Praet. III, im eigentlichen passiven Präsens, und in dem zuletzt
besprochenen intransitiven oder passiven Präsens entgegentritt
(doch haben wir hier auch einzelne Infinitivbedeutungen an
zusetzen, so ist sini in me-Sini-an nicht ,gefürchtet', sondern
,Fürchten', ,Furcht' = sisi; der Gegenstand der Furcht steht
im Genetiv), müssen wir vor Allem fragen, ob in ihm ein laut
liches Zeichen der Passivität enthalten ist. Da lässt es sich
denn nicht läugnen, dass z. B. in wi-qwareb-i, ,ich werde ge
liebt' gegenüber wi-qwareb, ,ich liebe' oder genauer ,ich ver
liebe mich' dem -i thatsächlich die Rolle zufällt, das Passiv
auszudrücken; aber handelt es sich hier nicht vielleicht um
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 81
etwas Sekundäres? Wir könnten zwar an das -i der swani-
schen Reflexivkonjugationen 3 und 4 (yweb-i, yioib-lj erinnern;
aber im Georgischen kennzeichnet -i im Allgemeinen das Sub
stantiv und Adjektiv. Dazu kommt, dass auf der andern Seite
von wi-qivareb ein mi-qwar-s, ,ich liebe* (,ihn*; mi-qwar-yar, ,ich
liebe dich“) steht, und hier hat -qivar- wieder entschieden passiven
Sinn. Dieses Verhältniss, glaube ich, waltet nun durchgängig
ob: wir haben zunächst den reinen Stamm mit passiver Be
deutung, dem durch -i der Charakter eines Partizips aufgedrückt
wird; der Antritt von -eb oder einer der andern präsentischen
Suffixe verleiht ihm aktive Bedeutung (rein verbale, nicht
nominale) — eine Reihe nackter Stämme, wie in w-hs-ts’er
würde dieser Analogie folgen — und davon werden dann
wieder vermittelst -i passive Nomen (Partizipien) abgeleitet.
Das Praet. III hat nun theils primäre theils sekundäre innere
Partizipien. Die letzteren stellen sich mit einer gewissen Noth-
wendigkeit zu dem zusammengesetzten Präsens mit Subjekts
dativ ein. Denn der Charaktervokal scheidet nicht immer das
Praet. III von diesem Präsens. Wir werden es aber doch zu
nächst auf das entsprechende Präsens mit Subjektsnominativ oder
seine Analogie zurückführen; sonst müssten wir den präsen
tischen Suffixen -eb u. s. w. hier geradezu eine praeteritale
Funktion zu weisen.' Man vergleiche z. B.:
Praes. m-goni-a und w-h-goneb: Praet. III m-gonebi-a,
me-smi-s und wi-smen: m(i)-smeni-a
(allerdings findet sich auch ma-smi-es),
m-qwar-s und wi-qwareb : m-qwarebi-a,
me-Sini-s: m-Sinebi-a.
Auch sonst herrschen allerdings die sekundären Bildungen
beim Praet. III vor, und so wird denn dies Tempus von den
einheimischen Grammatikern (£ordania S. 57 oben, g,; Tsu-
binow 3 S. XVI §. 27, 1, j,) zu der präsentischen Gruppe gezählt.
Aber, wie Tsubinow anmerkt, das -eb, -ob, -aw des Präsens
geht im Praet. III verloren: wa-kheb — mi-khi-a; wa-pob —
mi-pi-a; w-h-ynaw — mi-yni-a-, hier ist also das Praet. III
zweifellos als perfektisches Tempus (vgl. die Perfekte wa-kh-e,
wa-p-e, w-h-yan) zu bezeichnen. Auch in gewissen andern Fällen,
so w-hs-tsem — mi-tsi-a (Pf. we-ts). In dem zusammengesetzten
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 1. Abh. 6
82
I. Abhandlung: Schuchardt.
Präsens hat die primäre Form unbedingt die Oberhand, wobei
sie allerdings zum Theil auch die des aktiven Präsens ist, wie
bei w-li-pheni-war, w-h-ts’eri-war; sie ist es nicht bei den Infini
tiven auf -ebci, -oma, -ma und -iva (nach Konsonanten), wie
wa-rgi-war, wa-bi-war u. s. w. Diese mit ,sein' gebildeten
Präsentien sind nicht nur passiv-intransitiv oder rein passiv,
sondern auch — obwohl es auch da keine scharfe Scheidung gibt
— rein intransitiv, und unter den letzten finden sich solche,
die besonders lehrreich sind, wie die von dzdoma, ,sitzen' und
dgoma, ,stehen'. Die Personalformen erscheinen nämlich theils
mit, theils ohne Kopula:
w-h-zi, w-h-zi-war
h-zi h-zi-yar
h-zi-s
w-h-zi-th, w-h-zi-warih
h-zi-tlij h-zi-yarth
h-zi-an.
w-hs-dga, 10-hs-dgi,
hs-dga, hs-dgi,
hs-dga-s, hs-dgi-s,
hs-dga-nan.
w-hs-dge-ioar \ ^
hs-dge-yar J (Sj
hs-dge-s
w-hs-dge-warth 1 §
hs-dge-yarth J
So kennt auch für mo-(mi-)w-di-war, mo-(mi-)di-yar, ,ich, du
gehe, -st her (hin)' die ingiloische Mundart: mo-(mi-)w-d, ma-li-d
Erckert n. 40. 47. S. 329; vgl. georg. w-wli. In der 3. P. S.
pflegt bei diesen intransitiven Verben das Personalzeichen -s,
nicht die Kopula selbst zu stehen: mo-(mi-)di-s (vgl. oben S. 79 f.
-ia, -is). Auf jeden Fall sind diese mit ,sein' gebildeten Präsentien,
welche Ziordania S. 62, 4 mqophobithi nennt (S. 51 be
stimmt er diesen Ausdruck gemäss der Bedeutung der Verben),
für das Georgische im hohen Grade charakteristisch, und
Fr. Müller that ganz Recht daran, ein solches, nämlich mi-
qiuar-yar, zum Ausgangspunkt seiner Untersuchung über die
georgische Konjugation zu machen (Sitzungsber. der Wiener
Ak. d. W. Phil.-liist. Klasse LX, 1868 S. 151 ff.). Und wenn
Tsagareli (0 rpaMM. .iht. rpy3. si3. S. 64ff.) seinerseits berechtigt
war, die weiteren Ausführungen zu bekämpfen, die ja dann
auch im Grundriss stillschweigend beseitigt oder verbessert
worden sind, so scheint er mir doch die Wichtigkeit der
Mqophobithi zu unterschätzen, die nicht durch ihre — verhält-
nissmässig geringe — Anzahl (nach Tsagareli zwanzig bis dreissig;
sollten es nicht mehr sein?) allein oder in erster Linie bedingt
ist; es fällt in die Wagschale, dass sie die allergewöhnlichsten
TJobor den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 83
Verben unter sich begreifen. — Die grosse Formenmannig
faltigkeit, die Fr. Müller S. 202 für das Plusquamperfekt
(Praet. III und IV) annimmt, besteht in Wirklichkeit nicht.
Nur dass das Praet. III gewisse Einwirkungen seitens des Per
fekts erfahren hat. Obwohl zu mi-trial-n-ia hei Jordania S. 58f.
das Perfekt ivi-trial-e angegeben ist, so zeigt doch das Praet. IV
me-trial-n-a deutlich, dass das -n- aus dem Perfekt stammt
(vgl. Brosset S. 161). Und wenn zuweilen bei der 1. und 2. P.
von S = 0 -ia durch -ie ersetzt ist, wie in Se-gi-ratsxie me, ,ihr
habt mich beurteilt' Apost. 16, 15, so sind dazu das Vorbild
die zahlreichsten Perfekte, die auf -e in der 1. und 2. P. von
S, -ci in der 3. (besonders die auf -ie, -ia). Ganz entsprechend
das Präsens: romeltha w-h-gonie-th Uwen, ,welchen wir ge
dacht sind', d. h. ,welche von uns denken' II Kor. 10, 2.
Zu h-gi-a, ,er ist (irgendwo)' vom Inf. geba sollten wir er
warten: *w-h-gi-war, * b-gi-yar, statt dessen heisst es w-h-gi-e,
h-gi-e. Tsub. Gr. 1 S. XIII führt dies als Präsens an, aber 8
S. XXI als Perfekt mit präsentischer Bedeutung. Das ebenda
verzeichnete Präsens w-h-gieb ist wohl eine Verschmelzung von
w-h-gie mit w-h-geb (dies bei Tsub. Wtb. 1 ; aber nach 2 zu geba,
,erwarten' gehörig). Tiub. Gr. 8 gibt anderseits manche Verbal
form auf -ia als objektives Perfekt an, so ma-Uni-a, m-tsnewi-a
S. XIX, 3, (o, m-deni-a S. XX, 3, 3, m-debi-a S. XX, 5, 0. Eine
weitere Nebenform von -ia ist -ies, in der -s jedenfalls das Zeichen
der 3.P. S. ist, wozu freilich das -e- wenig zu passen scheint. Tsub.
Gr. 1 hat daraus ein Plusquamperfekt II gemacht, das nicht
mit dem Plusquamperfekt II der Andern (unserem Praet. IV)
zu verwechseln ist. Eines sehr eigentümlichen Praet. III er
freuen sich allerdings die Verben auf -wa und -ma neben dem
regelmässigen (Tsub. Gr. 3 S. XVI §. 27, 1, Anm.; ^ordania
S. 57 oben, g,) : w-h-marthaw, ,ich verbessere', mi-mar-thaws,
,ich habe verbessert' (Tsub. Gr. 3 S. XXI hat, wohl aus Ver
sehen , 9o3a<Wigol>); w-h-klaw, ,ich tödte', mi-klaws, ,ich habe
getödtet'; iv-h-swam, ,ich trinke', mi-swams, ,ich habe getrunken';
iv-s-thkhivam, ,ich sage', mi-thkhwams, ,ich habe gesagt'. Die
innige Beziehung zwischen Praet. III und Präsens erhält hier
ein neues Zeugniss, denn mi-sivams : swams folgt offenbar der
Analogie von mi-qicarebi-a : i-qwarebi-a; aber sioams als ,bibitur'
neben ,bibit' ist befremdlich — steckt hierin die Spur irgend
G*
84
I. Abhandlung: Schuchardt.
eines ursprünglichen Verhältnisses? Brosset äussert S. 176f.
seine Verlegenheit nur über die Vermengung der Tempus, nicht
die der Genus: ,Ici s’eleve la question de savoir si, dans un
verbe indirect, le sens de la terminaison aws passe du present
au parfait. Antoni repond avec ses paradigmes que cette forme
est celle du parfait trhs-passe. 1 — Kürzer kann ich mich über
das Praet. IV fassen. Dieses verhält sich zum Perfekt in ganz
ähnlicher Weise wie das Praet. III zum Präsens. Durch Vor
setzung des reflexiven oder passiven Charaktervokals -e- wird
ein passives Perfekt erzeugt: a-kho, ,er lobte', e-kho, ,er ward
gelobt', * he-kho -< e-kho, ,ihm ward er gelobt', d. h. ,von ihm war
er gelobt worden', me-kho, ,. . . von mir . . .'. Sogar von In
transitiven finde ich diese Bildung, so romel-sa eivlo, ,welcher
(umher)gegangen war' Apost. 14, 8, nicht romeli wliliqo (vgl.
das Praet. III mi-ari-a, IV me-ara bei Tsub. Gr. 3 S. XXIII
und Praet. III mi-wli-a, IV me-wlo ebend. S. XXII und die
Konstruktion von mo-i-ara oben S. 71). Für die temporale Ver
schiebung und den Gebrauch des subjektiven Dativs können
hier nicht dieselben Quellen angenommen werden wie beim
Praet. III; es scheint, dass die blosse Analogie des letzteren
gewirkt hat, zunächst die der Formen vom Typus mi-klaws
(Praes. h-klaws). Nach Äordania (S. 62, 4 und 63) wird das
Perfekt des Mqophobithi durch das Praet. IV des Aktivs dar
gestellt, z. B. me-klo zu wa-kli-war; gehört aber me-klo nicht
vielmehr zu ma-kli-a, ,mir fehlt', wie me-gona zu m-goni-a, ,ich
denke', me-ntho zu mi-nthi-a, ,mir brennt'?
Von den konjunkten Pronomen geben die subjektiven kaum
Anlass zu Bemerkungen. Das der 2. Person, •/- ist nur erhalten
bei y-or, ,du bist' und y-wal, ,du gehst'; Brosset führt S. 187 f.
nach Maggio S. 91 an: yi-kh, ,du thust' (zu 1. P. wi-khm, 3. P.
i-khs); aber S. 91 steht se-wi-k, se-yi-k, Se-i-k, ,ich war' u. s. w.
und S. 90 wi-k, i-k, i-ks, ,ich thue' u. s. w. Unter den objek
tiven weicht das der 2. Person, g- von dem swanischen dz- ab.
Das Pluralzeichen wird nicht immer gesetzt, um ,euch' von
,dir', ,dich' zu unterscheiden; zum Theil unter bestimmten Be
dingungen (so nach -n) nicht, zum Theil, besonders in der
älteren. Sprache, mit einiger Willkür. In dieser wird auch
m- ,mir', ,mich' oft im Sinne von ,uns' ohne Pluralzeichen an
gewandt. In solchen Fällen darf das Vollpronomen nicht fehlen.
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 85
So mi-qo tswen, ,du tliuest uns 1 Mark. 10, 35 (wie gi-qo thkhwen,
,ich thue euch' im folgenden Vers), mi-tihvene tlwen, ,zeige uns*
Joh. 14, 8. Das Objektspronomen der 3. Person, h- erfreut
sich derselben Ausdehnung des Gebrauchs, wie das entspre
chende y- im Swanischen, nur dass es in der Umgangssprache
vernachlässigt wird und da, wo es am Leichtesten zu sprechen
wäre, neben einem Vokal (von dem einer Präposition abgesehen),
auch in der Schrift nicht besteht; so erscheint das swan. yo-, ,ihm*
hier als u- (im Ingil. noch hu-, so Erck. n. 24. 26. 28. 33. 126
u. s. w.), ya-, ya- als a-, e-. Dem h- gleichwerthig zu sein scheint
s-, vielleicht gleich mit dem subjektiven -s, so dass z. B. mi-s-
tsem-s, ,er gibt* so viel wäre wie ,ihm gibt er* <^> mi-g-tsem, ,dir
gebe ich*. Dieses s- findet sich aber nur vor Dentalen, nach
Brosset S. 144 vor d, z, th, t, t§, ts, dz, ts’, ts’, dz, nach Tsu-
bin ow Gr. 2 S. XVIII §. 28, 2 vor d, th, r, t, ts, ts’, dz. In wie
weit es lautbar ist, darüber habe ich keine Meinung gewonnen.
Dzanasüwili bei Erckert S. 307f. schreibt dies s- nicht: w-ts’er, ts’er,
w-thyowin, w-tskhardebi, statt des üblichen w-s-ts’er, s-ts’er, w-s-
thyowin, w-s-tskhardebi. Obwohl h- und s- ursprünglich dieselbe
Rolle unter verschiedenen Bedingungen zu spielen scheinen,
schreibt oder schrieb man gern neben dem s- auch noch das h-,
also ic-hs-ts’er für w-s-ts’er u. s. w. Das Pluralzeichen für die
1. und 2. Person ist -th, sowohl im subjektiven wie im objek
tiven Sinne: (s-ts’er, ,du schreibst*), s-ts’er-th, ,ihr schreibt*,
(g-ts’era, ,er schrieb dir*), g-ts’era-th, ,er schrieb euch*. Dieses
-th gilt für die 3. Person nur im objektiven Sinne (und zwar
dem von 0, also auch bei dativischem Subjekt): s-ts’ers-th, ,er
schreibt ihnen*, e-ts’era-th, ,sie hatten geschrieben*. Im Sinne
von S = 2 gilt hier -n, -en, welches offenbar mit der Plural
endung der Substantive -ni verwandt ist. In der alten Sprache
findet sich -n ganz gewöhnlich für S = Q (auch für 0 = 0?),
z. B. g-dzag-a-n kerp-ni, ,du hassest die Götzen* Röm. 2, 22,
wovon man dann aus einer bunten Liste von alterthümlichen
,Unregelmässigkeiten* bei Tsubinow Gr. s S. XVIII, 6 weitere
Beispiele auslesen mag, wie: daitswe-n mtsnebci-ni yüthisa-ni
für jetziges: daitsew yüthis mtsneba-ni, ,halte Gottes Gebote*,
uphal-man aymarth-n-is datsemul-ni für: upliali aymcirthaws
datsemul-tha, ,der Herr richtet die Gefallenen auf*, wobei man
bemerken wird, dass die letztere Verbalform zugleich ein
86
I. Abhandlung: Schucliardt.
Perpetuale ist, und deshalb in der zweiten Konstruktion
steht. Dzanaswili bei Erckert S. 286 f. erwähnt dieses alte
objektive -n- ausdrücklich. Was nun aber noch besonders her
vorgehoben zu werden verdient, ist, dass dasselbe auch auf
die 1. und 2. Person bezogen wird, so mi-ts’qale-n tswen da ma-
kurthye-n tswen für se-gici-ts’ qale da gwa-kurthye, ,sei uns gnädig
und segne uns £ (Psalm 66, 2 nach Ts.), win gan-ma-sor-n-es
tSwen siqwarulsa mas Khristessa für win ga-gwa-soros Khnstes
siqwarulsa, ,wer könnte uns von Christi Liebe entfernen ?*
(Ts.; auch bei Brosset S. 140), dze-man gan-ga-thawisuphl-n-es
(ohne tlikhwen), ,der Sohn wird euch befreien* Joh. 8, 36, gi-ts-
n-i ihkhwen, ,ich kenne euch* Matth. 25, 12. Luk. 13, 25. 27.
Joh. 5, 42, (aber in demselben Sinn: gi-tsi-ih ihkhwen Matth.
7, 23). Das Ingiloische hat neben -th und -n noch ein drittes
Pluralzeichen, welches für 0 der 2. und 3. Person dient: mo-g-
tsa-q, ,er gab euch', mi-s-tsa-q, ,er gab ihnen* Erckert n. 68. 69,
a-lotsebs-q, ,er unterrichtet sie*, ga-lotsebs-q, ,er unterrichtet euch'
ebend. S. 328 (a-lotseb-u, ,du unterrichtest sie* vielleicht Druck
fehler für a-lotseb-q?), h-t-qwar-s-q, ,sie lieben sie* n. 130 (t
ist wohl in ü zu verbessern). Das einzige wirkliche Personal
suffix des Georgischen scheint mir das -s der 3. P. Sing, im
Präsens und Futur zu sein, das auch hie und da in das
Praet. I und II eingedrungen ist; es dürfte aus dem Demon
strativpronomen is(i) hervorgegangen sein. Ueber das -es der
3. Plur. im Praet. II, sowie über die sonstigen Differenzirungen
des Auslauts in den Personalformen enthalte ich mich, Ver
muthungen zu äussern. Das Schwierigste und zugleich Wich
tigste ist auch hier die Bestimmung der den Charaktervokalen
a-, e-, i- zukommenden Bedeutung. Wenn Dzanaswili bei
Erckert S. 304 ab, eh, ib übersetzt, ,binde ihn an*, ,binde dich
an*, ,bin de für dich an*, so ist das Verhältniss dasselbe wie
im Swanischen und ist wie dort in dem Sinne zu berichtigen,
dass i- dativischen Charakter hat und ohne Personalzeichen
reflexiv (,sibi‘) wird. Weiter nach rückwärts brauchen oder
vielmehr können wir vorderhand nicht gehen; nicht bis zur
Annahme eines Zusammenhangs mit dem a-, e-, i- der De
monstrativpronomen (und zwar soll i- sich auf ein Mittleres,
a- auf das Entfernteste beziehen! vgl. Fr. Müller S. 198), die
sich in kurzen Worten schon bei Brosset S. 139 f. findet und
Ueljer den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen. 87
von J. A. Gatteyrias in der Revue de linguistique XV (1882),
837 ff. ausgesponnen worden war. Wohl aber nach vorwärts;
es kommt darauf an, aus jenen Grundbedeutungen den Einzel
gebrauch der verschiedenen Vokale herzuleiten und festzu
stellen, inwieweit hier die verwandten Sprachen miteinander
übereinstimmen oder voneinander abweichen. Wie lässt sich
z. B. das -e- in me-tqwi, ,du sagst mir' u. s. w. (auch im Swani-
schen hat das Verb li-khwisg, ,sagen' -e- und -a-, S. 45) als
reflexives oder passives fassen? Warum heisst es Matth. 9, 20:
se-a-yp phesü-sa, ,sie rührte den Saum an' und im folgenden
Verse: we-yo samosel-sa, ,ich-werde das Kleid anrühren'? Die
Präposition se- ist keineswegs dem Praet. II eigen, z. B. Matth.
14,36: üe-yolo ayon phesü-sa (Fut.), ,sie möchten nur den Saum an
rühren', und keineswegs ist -a- mit se- unzertrennlich verknüpft,
z. B. mas ara se-e-yos, ,er wird ihn nicht anrühren' I Joh.
5, 19. Und solcher Ungewissheiten liesse sich eine lange Liste
zusammenstellen. Auch bleibt zu erörtern, wie sich das vokal
lose Objektspräfix von den vokalisirten unterscheidet, in- (swan.
m§-?) von ma-, me-, mi-. Warum m-qaws ,mir ist' = ,ich habe'
neben dem synonymen ma-khws?
3. a) Für das Mingrelische
hegt reicher Rohstoff vor, so die ,Mingrelischen Texte' (Folk
lore) mit russischer Uebersetzung und Wörterbuch von Iw.
Petrow im CöopHmrL X, H, 253—310, ,Mingrelische Märchen'
mit Wort- und freierer Uebersetzung von Elementarschul
lehrern ebend. S. 311—333 und die ,Mingrelischen Texte'
mit Uebersetzung und Erläuterungen (Märchen und anderer
Folklore, sowie Bruchstücke aus den Evangelien), die das
erste Heft von Al. Tsagarelis Mmirpe.itCKie otboah, CaHKT-
ueTep6ypr r E> 1880 (97 Seiten) bilden. Nur ein Theil der min-
grelischen Grammatik hat eine ausführlichere Behandlung er
fahren, die Lautlehre, und zwar im zweiten Hefte der eben
erwähnten ,Mingrelischen Studien', ebenfalls noch von 1880;
hier sind auch einzelne morphologische Bemerkungen ein
geflochten. Aber dies so wie das von Rosen und Erckert
Gebotene reicht für mich nicht aus, um ohne Anstrengungen,
die unverhältnissmässig sein würden, darzulegen, inwieweit das
88
I. Abhandlung: Scliucliardt.
Mingrelisclic mit dem Swanischen und Georgischen überein
stimmt oder davon abweicht. Nur zwei Besonderheiten von
wirklicher Bedeutung sind mir bei flüchtigem Hinblick ent
gegengetreten. Der Aktivus steht auch beim intransitiven
Perfekt (ich weiss nicht ob aller Verben; bei ,sein* jedenfalls
nicht), z. B. papa-kh lchmorth qhudesa, ,der Geistliche kam nach
Haus* Sb. 315, 2 v. u., arthi kots-kh ekil, ,ein Mensch kam heraus*
319, 4 v. u., dro-kh viikil, ,die Zeit ging vorüber* 320, 12 v. u.,
mumul-kh tsyom-o ginirth, ,der Hahn zum Fisch wurde* 322, 7,
munats’ii-kh diirkdo, ,die Ernte missrieth* 327, 9, doyuru thi
tSitsiee-kh, ,es starb der Arme* M. St. I, 96, 5 (aber Erckert
n. 77 : kotsi doyuru; doch n. 46: Maymadi-kh kliomorthu). Das
mag dazu beigetragen haben, dass Tsagareli auch hier den Cha
rakter des Aktivus (der übrigens bei Rosen und demnach auch bei
Fr. Müller gar nicht vorkommt) verkannt hat(M. St. II, 32, A, a): „kh
Bi cKJOHemaxi >iB.aaexcfl Bi KOHgb naAeatHHXi «vieiccift h HMiexi
3na?enie onpep/kaeHHaro aaeHa (articulus definitus): mumakh
khgmorthg, ,der Vater ist gekommen* kotsephkh khomorthesg, ,die
Menschen (Männer) sind gekommen*, yekh, ,die Hand*, zalenkh,
,die Bäume*, tsirakh, ,das Mädchen*.“ Er scheint die Aktivus-
endung mit dem verbalen Präfix kh -f- Volt, in Zusammenhang
zu bringen (ebd. ß): „migideni khoqhophe, ,der Jemand ist ge
wesen, das Etwas ist gewesen*, ho He roBopHTCfl mutha khoqhophe,
,das Nichts, der Niemand ist gewesen*, mutha qhophe, ,es ist
Nichts gewesen“, und mit der Adverbialendung kh (ebd. S. 33, y):
„cy<i>. kh HB.aHeTCff, BkpoHTHO iio ana.aoriH, n Bi Hap'Miaxi: hosis
dzalamkh ayiolg e ambeekh, ,dieses das Ereigniss war (dem)
Knaben das sehr angenehm*.“ Ich denke, dass solche Adverbien
weiter Nichts sind als Aktivusformen von Adjektiven; dieselbe
Entwicklung zeigt sich ja im Swanischen (s. oben S. 36). Der an
dere bemerkenswerthe Punkt ist der, dass das Mingrelische drei
Arten konjunkter Pronomenformen besitzt, nämlich zwei Arten
objektiver, ausser der auch im Swanischen und Georgischen vor
handenen noch eine, welche in der 1. Person mit der subjek
tiven Form zusammenfällt. Die letztere lautet hier w-, h-, p-,
ph-, wobei der folgende Laut nicht ausschliesslich zu bestimmen
scheint; man vergleiche p-tsar, ,ich schreibe*, ph-tsophi, ,icli
halte*, h-ts’ophunkh, ,ich halte* M. St. H, 41 f. (als Eigenthüm-
lichkeit von untergeordneter Wichtigkeit sei hier erwähnt, dass
Ueber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
89
der Charaktervokal i- nicht wie in den verwandten Sprachen
dem Personalzeichen folgt, sondern ihm vorausgeht: i-b-nts’qukh
u. s. w. M. St. II, 10, A, a). Im objektiven Sinne kommt nun
ebenfalls w-, b-, p- vor, neben dem gewöhnlichen m-. Das sub
jektive Pronomen der 2. Person (/-, h-) ist im Mingrelischen
geschwunden; das gewöhnliche objektive lautet g-, das beson
dere r-. Für die 3. Person besteht weder ein subjektives noch
ein objektives Zeichen, nur dass für letzteres mit dem
Charaktervokal -i- auch im Mingrelischen u- eintritt. Wenn
Rosen S. 417 das Objektspronomen der ersten Art dem Plus
quamperfekt , das der zweiten den bei ihm nur im Präsens
und Imperfekt angeführten Empfindungsverben zueignet, so
dünkt mich, als ob nicht sowohl die Verschiedenheit des Tempus
als das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Charakter
vokals massgebend wäre, und zwar vor Allem wo das eigent
liche Objekt (nicht Z = 2, der subjektive Dativ) ausgedrückt
wird. So: no-b-kobue, ,ich hatte gewollt', no-p-qhue, ,ich hatte
gehabt' = ,er war mir gewesen' M. St. II, 55, gigi-no-w-tsu,
,er hat mir übergeben' Erckert n. 63 gegenüber mi-qhors,
,ich liebe', ma-phu, ,ich habe', se-me-tsod, ,er erregte mir
Mitleid', kho-mu-tsi, ,gib mir'. Ebenso: gigi-no-r-tSu, ,er hat dir
übergeben' Erckert n. 64, me-r-U’u, ,es hat bei dir gebrannt'
M. St. II, 53 gegenüber khid-go-guruankh, ,ich werde, dir lehren'
Sb. 314, 5 v. o., wa-gi-dzaydi, ,ich habe dich nicht gerufen'
319, 2 v. u. — Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf
jene von Tsagareli noeibcmeoeameAmoü genannten Verbalformen
aufmerksam machen, die durch Anfügung von a, ia, wa oder
e, ee, we, ewe, eewee an die gewöhnlichen entstehen und sie als die
Worte eines Andern kennzeichnen (M. St. II, 4, A, ß. 5, 4. 7,
A, q. 47, A, ß). Im Georgischen entspricht diesen die Endung
-o, worin Tsagareli thkho, ,er sprach' sehen will. Ich werfe
die Frage auf, ob das swanische Praet. IV, welches auf -a aus
geht und ganz die gleiche Verwendung hat (s. Zawadskij
S. XXIV f.), hiermit verwandt ist. Wenn man nur die Fälle
ins Auge fasst, wo der Unterschied vom Praet. II einzig und
allein auf diesem -a beruht, wie in adza a-th-ban (direkte Rede),
ad&a eser a-th-ban-a (indirekte Rede), so scheint es fast zweifel
los ; wo aber Anlaut und Konstruktion wechseln, wie in a-n-
%wit asyw marem (dir.), also mit Aktivus, und eser o-y-ywit-a
90
I. Abhandlung: Scliuchardt.
as%w mara (indir.), also mit Dativ, da reicht der einfache Hin
weis auf die mingrelischen Formen nicht aus.
V Das Lasisclie
ist nach Erckert eine Mundart des Mingrelischen. Es zeigt
ebenfalls den Aktivus neben dem intransitiven Perfekt: Erckert
n. 70 ff., aber nicht n. 25, und einmal nicht neben dem tran
sitiven: n. 28; wiederum hat es ihn neben dem transitiven Prä
sens: n. 24. 33. 125. 127. 128. Was das -i anlangt, welches
nach Rosen S. 4 im Akkusativ der konsonantisch auslautenden
Substantive stehen kann, nicht zu stehen braucht, so wird es
sich damit verhalten wie mit dem georg. -* (s. oben S. 66 f.).
lieber den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen.
91
U ebersicht.
Seite
I. Nordkaukasisch 4
A. Westliche Sprachen 4
1. Abchasisch 4
2. Tseherkessisch 6
B. Oestliche Sprachen 10
X- Nordwestliche Gruppe 10
1. Tschetschenisch (und Thuschisch) 10
2. Westlesghisch 14
a) Awarisch . 14
b) Andi-mundarten 15
c) Dido-mundarten 16
3. Centrallesghisch 18
a) Kasikumükisch 18
b) Dargua-mundarten 22
3- Südöstliche oder Kürinische Gruppe 25
1. Nordwestkürinisch 25
aj Artschisch 25
b) Rutulisch 26
c) Tsaehurisch 26
2. Nordost- und Centralküriniscli 27
a) Kürinisch i. e. S. (und Achtü) 27
b) Agulisch 27
c) Tabassaranisch 27
3. Südkürinisch 28
a) Dschekisch und Buduchisch 28
b) Chinalugisch 29
4. Udisch 29
II. Siidkaukasiscli oder Kliarthwelisch 34
1. Swaniscli 34
2. Georgisch 55
3. a) Mingrelisch 37
b) Lasisch 90
II. Al)h: Fr. Müller. Das Verbum ,liastam‘ im Neupersiscben.
l
II.
Das Verbum ,hastam‘ im Neupersisehen.
Von
Dr. Friedrich Müller,
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
JUas Verbum ,sein* besitzt in unserer Sprache .eine doppelte
Bedeutung: nämlich erstens fungirt es als Verbindungsglied
zwischen Subject und Prädicat (Copula), zweitens drückt es
die Existenz eines Dinges aus, z. B.: .Der Mensch ist sterblich*,
und ,ich glaube, dass ein Gott ist*. Ebenso im Lateinischen und
Griechischen: ,homo mortalis est, dulce est pro patria mori*;
dagegen: ,esse ea dico quae cerni tangive possunt, sunt qui
ita dicunt'; ebenso ,sipvjvyjv ayeiv äyaQc'/ e<mv, tcotüv apsTÖv
sct'.v yi eüaeßsia*; dagegen: ,toüto o &m, NecTWp 6 UiXioc äruv, oXwXev
ou§’ et’ ecv. Tpofa*. — Diese beiden Bedeutungen, welche in unserer
Sprache, sowie auch im Latein und Griechischen, Zusammen
flüssen, werden von mehreren Sprachen scharf auseinander ge
halten. So z. B. entspricht der deutschen Copula ,sein* im Tür
kischen j>, während unser ,sein* in der Bedeutung ,existiren*
im Türkischen durch ausgedrückt wird. Der positiven Aus
sage ,> entspricht die negative JS>, der positiven Aussage h
die negative — Man sagt daher: Verschwen
dung ist eine Sünde*, <AJ\ »Gott ist gross*,
j > r i~^ ,Isfahan ist eine grosse Stadt*, dagegen Vbb ,ist
(existirt) dein Vater?*, d. h. ,hast du einen Vater?*. Ebenso
sagt man: ,es ist nicht gut*, ,mein Vater
ist nicht zu Hause*, dagegen f bb ,mein Vater ist (existiert)
nicht*, d. h. ,ich habe keinen Vater*.
Dem türkischen und entspricht im Mongolischen
bui, dem entspricht busu, dem entspricht ügei. Man
sagt: kümin inu jehe bui ,dieser Mann ist gross* (Mensch dieser
gross ist), oder auch schlechtweg: kümin inu jeJce; ene morin
Sitzungsber. d. phil.-bist. CI. CXXXI11. Bd. II. Abh. 1
2
II. Abhandlung: Fr. Müller.
sain busu ,dieses Pferd ist nicht gut £ (dieses Pferd gut nicht ist),
nadur morin ügei ,ich habe kein Pferd' (mir Pferd nicht ist).
In den dravidischen Sprachen wird zwischen der Bejahung
oder Verneinung einer Existenz und einer Qualität scharf
geschieden. — Für die Bejahung einer Existenz bedient sich
das Tamil der Form undu = Malajalam unta; die Negation
dazu lautet im Tamil illei = Malajalam illa. Dagegen lautet
der Ausdruck für die Bejahung einer Qualität, falls die Copula
nicht unterdrückt wird (was meistens geschieht), im Tamil ägu
= Malajalam äkunnu, oder schlechtweg die verbale Flexion; die
Negation dazu lautet im Tamil und Malajalam alla. Man sagt
daher im Tamil: inge marangal undu ,hier sind Bäume', inge
marangal illei ,hier sind keine Bäume' (hier Bäume nicht sind),
aweigal marangal ,dies (sind) Bäume', nän weittijan ,ich (bin)
ein Arzt' (Sanskr. waidja-), aweigal marangal alla ,dies sind
nicht Bäume'. 1
Das Neupersische besitzt ausser der Copula = alt-
ind. asti, altpers. astij, awest. asti, griech. am, latein. est, got.
ist, lit. esti, altsl. jest\i, noch das die Existenz andeutende Ver
bum Man sagt daher A,,Isfahan
ist eine grosse Stadt', dagegen ,Gott ist (existirt).' —
zu sagen, ist nicht gestattet, da c~~a
nie die Copula, sondern stets das Verbum der Existenz aus-
driickt.
In Betreff des bemerkt Paul Plorn in seinem Grund
riss der neupersischen Etymologie' (Strassburg, 1893, 8°) S. 245,
Nr. 1094: ,hest ,er ist, existirt', bestl ,Sein, Existenz'. — best
ist ursprünglich nur ein aspirirtes est — nach der dritten Person
Plur. altpers. hätij — das im Gegensatz zu der reinen Copula
die Bedeutung des Existirens erhielt. Von der dritten Person
bildete man dann die weiteren Präsensformen bestem' u. s. w.
Da mir diese Erklärung ganz unhistorisch und unwahr
scheinlich erschien, so schrieb ich darüber bei Gelegenheit der
Recension des Horn’sclien Buches in der ,Wiener Zeitschrift
für die Kunde des Morgenlandes', Bd. VIII, S. 99, folgendes:
,Neupersisch — Das was Horn (a. a. 0., S. 245, Nr. 1094)
1 Es werden daher im Türkischen und im Tamil folgende vier Fälle unter
schieden: 1. Bejahung des Prädicats, 2. Verneinung des Prädicats, 3. Be
jahung des Subjeets, 4. Verneinung des Subjects.
Das Verbum ,hastam l im Neupersischen.
3
darüber vorbringt, findet sich schon bei Spiegel, Pärsi-Gram-
matik, S. 83 ausgesprochen. Ich bleibe jedoch bei der Ansicht
Bopp’s und sehe in
Formen, die auf stä zurückgehen, mit denen die Neubildung
welche das gewiss einst vorhandene x.x^sb = awest.
hiütaiti spurlos verdrängte, zu einem Paradigma verschmolzen
wurde. Dass es einen Infinitiv nicht gibt und nicht
geben kann, ist ganz natürlich. Der Infinitiv der obigen Formen
ist = einem vorauszusetzenden altpers. stätanaij
= altind. sthätum, von dem aus, nachdem zum Verbum
Substantivum geworden war, das unorganische Präsens
gebildet wurde/
Weiter heisst es in der Note: ,Das Paradigma ^x^a,
oJx^a steht als Präsens ohne Analogie
da. Es ist ganz identisch mit dem Paradigma
^x^>, j^x^o, sieht also einem Aorist gleich. Da nun
fXao in der 3. Person Singul. hat, so ward bei ,*X^a
das nicht in das System passende .xX^a fallen gelassen und
cx-~^sb, das zufällig an anklingt, an seine Stelle gesetzt.
— Die Erklärung, welche Horn a. a. 0. bietet, ist ganz un
genügend, daher abzuweisen/
Die von mir gegebene Erklärung nicht nur von cu^»,
sondern vom ganzen Paradigma ~x*~a, bezeichnet Hübschmann
(Persische Studien, S. 105 zu Nr. 1094) als ,falsch 4 . Da mich
einerseits dieses in so knapper Form ohne jegliche Begründung
hingestellte Urtheil nicht überzeugt hat, und ich andererseits
annehmen muss, dass Hübschmann die Gründe, welche zu
Gunsten meiner Erklärung sprechen, entweder nicht gekannt
oder nicht hinreichend erwogen hat, so muss ich auf die Sache
noch einmal eingehen, indem ich die Gründe, welche mich zu
der oben ausgesprochenen Ansicht bewogen haben, in der vor
liegenden Abhandlung auseinandersetze.
Während die alte Sprache (das Altpersische und das
Awestische) blos das eine Verbum substantivum awest. ahmi,
altpers. aviij u. s. w. (das in dem neupers. ? \ u. s. w. vorliegt)
kennt, besitzt das Pahlawl zwei solche Wörter, die beide dem
Aramäischen entnommen sind. Dieselben lauten 6*0" u. s. w.,
sprich liaweh-Qm (= chald. mn, syr. ! ocn ) •— wohl zu unter
scheiden von ££r u. s. w., sprich haneh-pn, das in der zweiten
l*
4
II. Abhandlung: Fr. Müller.
Person lautet — und das dem aramäischen mp,
(Particip. Act. ü'Kp, ^V 0 ) entlehnt ist. — Und zwar kommen
beide Verba nicht nur selbständig vor, sondern werden auch
zur Bildung der zusammengesetzten Zeitformen verwendet. So
sagt man Sfr im Sinne des neupersischen
f \ wyc, )jü im Sinne der neupersischen
f l Ihs, f \
Von den beiden Verben und entspricht das
erstere der Bedeutung und inneren Form nach vollkommen dem
alten ahnii, amij, während CifS)}* etymologisch mit dem alten
stä ,stehen' sich deckt. — Dass nun aber stä ,stehen' die Be
deutung ,dasein, vorhanden sein, sein überhaupt' annimmt,
kann man aus Böhtlingk-Roth, Sanskrit-Wörterbuch VII, 1288,
sthä Bedeutung 10 und 11, und aus dem Griechischen, wo die
intransitiven Tempora und das Medium von ”.5vr t \v. oft nur das
wirkliche Bestehen, Vorhandensein, ein verstärktes elva: be
zeichnen, sowie auch aus dem lateinischen existo, exsisto ,her
vortreten', dann ,vorhanden sein, sein überhaupt' ersehen. Im
Türkischen wird ,stehen, sich befinden' nicht mm
zur Copula (j>), sondern tritt auch als Hilfsverbum zur Bezeich
nung der dauernden Handlung in die Conjugation ein. Man
sagt ,ich sehe eben jetzt, ich befinde mich im
Zustande des Sehens' = <*Sb.
Lehrreich für die Geschichte der Entwicklung der An
schauung ,stehen' zum Begriff ,existiren, sein' ist besonders
das Arabische.
Das arabische ,existiren, sein' (arab. ,Existenz'
deckt sich vollkommen mit dem neupersischen bedeutete
ursprünglich, wie aus dem hebräischen pa (vergl. pir, pan
,stellen, aufrichten') deutlich hervorgeht, nichts anderes als ,fest
stehen, dastehen', daher es auch das Prädicat im Accusativ (Zu
standscasus, arab. JU.) zu sich fordert. Man sagt daher: S ybj
L^JU. ,und er war sitzend' = ,und er stand da (existirte) als
Sitzender'. LJU J ^ ,wer da wünscht, dass sein
Sohn gelehrt wird' = ,wer wünscht, dass dastehe Sohn-sein als
Gelehrter'. Hier entspricht falls der Satz nicht abhängig
gedacht wird, dem türkischen y. Dagegen sagt man, wo
dem türkischen j\ s entspricht (das Subject bejaht): L ^,1S ^
yJxi JUo ,wem grosser Reichthum ist' = ,wer ist zu-ihm Reich-
Das Verbum ,hastam‘ im Ncupersisclien.
5
thum grosser'. Die arabischen Sprachgelehrten unterscheiden
beide von einander, indem sie jenes ^15, welches dem tür
kischen K entspricht und den Nominativ des Subjects bei sich
hat, aA!> ,das ‘vollständige', jenes ,^15 dagegen, welches dem
türkischen entspricht und den Accusativ des Prädicats zu
sich fordert, ,das unvollständige' nennen. — Den Unter
schied beider veranschaulicht der folgende Satz: 0 IS
a1 ^ISj ,es war ein Kaufmann und er hatte drei
Söhne' = ,war Kaufmann und waren zu-ihm Söhne drei'. Wenn
ich aber sagen will ,und er war Kaufmann und hatte drei
Söhne', dann muss der Satz lauten SSäS Oy-o a) (yyü oiS yt,
= ,und er stand da als Kaufmann und waren zu-ihm Söhne
drei'. — Hier muss der Ausdruck ,Kaufmann', der im ersten
Satze als Subject = Nominativ dastand, im zweiten Satze als Prä-
dicat = Accusativ erscheinen. 1
Das arabische verhält sich der inneren Form nach zu
dem hebräischen rvn und aramäischen xin, i 001 ebenso wie sich
indogerm. stä und as, es zu einander verhalten.
Die beiden Verba (fr und treten im Pärsi uns als
r“ey und entgegen. Das Paradigma des ersteren lautet:
Singular
1. Person (»ty
2. Person
3. Person ?*"ey
Plural
(Wey)
i^ey
KfHy
Das Verbum hat folgendes Paradigma:
Singular Plural
1. Person ($“?*()
2. Person
3. Person
Der im Pärsi erscheinende Infinitiv ist das neu
persische 0 ;U^o\. Ueber dieses äussert sich Hübsch
mann (Persische Studien, S. 14, zu Nr. 84) folgendermassen:
,Neupers. estädan geht jedenfalls nicht (wie Horn behauptet)
auf altpers. adi -f- stä zurück, das doch zu neupers. aistädan oder
1 Caspari, Grammatica arabica, p. 180.
6
II. Abhandlung: Fr. Müller.
aistädan geführt hätte. Der Infinitiv von stä war altpers. stä-
tanaij = neupers. (wie oben von mir behauptet
wurde), das Präsens lautete in der 3. Person Singul. histataij
(vgl. Zend histaiti, Sanskr. tisthati) oder istataij (belegt ist
die 3. Person Sing. Imperfecti medii aistatä), woraus im Neu
persischen (mit Anlehnung an den Infinitiv istad wurde.
Die Form estad lässt sich vielleicht auf ein altpers.
3. Person äistataij (von ä -f- stä) zurückführen, das im Pahlawi
estat ergab und sein anlautendes e auf den Infinitiv (altpers.
ästätanaij = Pahl. ästätan) übertrug, der dadurch zu estätan ==
neup. estädan wurde. Darnach dann estäd im Präsens für estäd. 1
Diese Erklärung halte ich für richtig; sie lässt uns für das
Paradigma von folgende altpersische Formen voraussetzen:
Singular: 1. Person = äistämij
2. Person jo"?-“? = aiStahj
3. Person = äistatij.
Plural: 1. Person — äiStämahj
^^■”5 = äiStajämahj
2. Person = äistajatä
3. Person = äistatij.
Wenn wir nun annehmen — und dies können wir mit
Fug und Recht thun — es sei in einem anderen Dialect als
in jenem, dessen Residuum das sogenannte Pärst oder Päzend
ist, das Verbum stä ohne die Präposition ä angewendet worden,
so lässt sich dann für dieses das folgende Paradigma aufstellen:
Singular: 1. Person = histämij
2. Person ^^a = histahj
3. Person — histatij.
Plural: 1. Person ^.u^a = hiätajämahj
2. Person = hiStajatä
3. Person a-UU^a — hiStätij.
Histämij gegenüber dem in der Sprache der achämeni-
dischen Keilinschrifteil erscheinenden aistatä — ahistatä können
wir unbedenklich annehmen, da vor i im Anlaute, wie aus hidu-
,Indien' 1 hervorgeht, das h geschrieben wird, und das Neu-
1 Äram. W1JPI> c r J ' n > arab. jOa, davon n~3n, nSH:n, l-*°r ]OT , ,in
disch 1 , aber griech. ’lvoia, ’Ivoixt), woraus hervorgeht, dass das anlautende
h schwach gesprochen worden sein muss.
Das Yerbum ,hastam‘ im Neupersiscben.
7
persische vor i und u den Laut h bewahrt hat, wo in der
Sprache der Keilinschriften dieser Laut nicht ausgedrückt er
scheint.
Die Form hat, wie aus im Pärsi mit Evidenz
hervorgeht, wirklich einmal existirt, ist aber aus dem Neu-
persischen spurlos verschwunden, indem cu-^a an seine Stelle
getreten ist.
Von — >ju^a muss bei der Untersuchung des
Problems ausgegangen werden; jede Erörterung, die einen
anderen Weg einschlägt, ist als unmethodisch und unwissen
schaftlich zurückzuweisen. Von hier aus erklärt sich die Be
deutung von ^x^a als eines Verbums, das die Existenz aus
drückt von selbst, während bei der Erklärung von cu^a aus
diese Bedeutung erst hineingetragen werden muss. Gegen
die Annahme aber, dass cxwl, welches das abstracte Sein be
deutet, später zum Ausdrucke für das concrete Sein umgeprägt
worden sein soll, spricht entschieden die Sprachgeschichte, da
man zwar Fälle beobachten kann, wo eine concrete Anschauung
zu einem Begriff verflüchtigt wurde, nicht aber Fälle, wo ein
Begriff zu einer festen Anschauung condensirt worden ist. 1
Während meine Erklärung eine streng historische ist, indem
sie das im Pahlawl vorkommende und das im Pärsi er-
scheinendej^“'?-% welche ganz genau dem neupersischen *.jc^a
entsprechen, in Erwägung' zieht, fusst die von Horn und Hübsch
mann verfochtene Erklärung blos auf einer Vermuthung
Spiegel’s 2 und in letzter Instanz auf einem ,junggrammatischen £
Einfall, indem sie behauptet, das ganze Verbum ^x^a sei eine
Neubildung, ausgegangen von der dritten Person welche
1 Das Verbum substantivuni as bat eine grosse Aehnliehkeit mit dem Pro
nomen reflexivum. Nirgends selien wir aus diesem abstractesten aller
Pronomina den Ausdruck einer concreten Anschauung bervorgehen, da
gegen machen wir oft die Wahrnehmung, dass concrete Anschauungen
zum Reflexiv-Pronomen herabsinken. Man vgl. hehr. 1023, arab. ° \
von Haus aus so viel wie avsp-os, animus; äthiopisch CTtfl !, von Haus
aus so viel wie hebr. 10!O, arab. und in völliger Uebereinstimmung
mit gruzin. thawi und bask. buru (vgl. meinen Grundriss der Sprach
wissenschaft III, 2, S. 16 und 198).
2 Spiegel, Grammatik der Pärsisprache, S. 83, sagt: ,Unmöglich scheint
mir jedoch auch die Annahme nicht zu sein, dass von dem
Verbum as abstamme und sich aus gebildet habe“.
8
II. Abh.: Fr. Müller. Das Verbum ,hastam* im Nenpersischen.
wieder nichts anderes als ist, das vom alten hätij sein
anlautendes h hergenommen hat, also selbst wieder eine Neu
bildung ist. Unglücklicher Weise lautet aber das alte hätij im
Neupersischen — ohne das anlautende hl — an welches,
nicht aber an hätij, wenn wirklich eine Neubil
dung ist, sich doch anschliessen müsste.
Die Ausrede, dass dieses durch das im Pärsi zu
Tage tretende erwiesen sei, kann nicht vorgebracht werden,
da dieses sy-»*©» das neupersische nicht aber das neuper
sische repräsentirt und dann, wenn einzig
durch die Vorgesetzte Aspiration von demselben abgeleitet worden
wäre, das Paradigma analog jenem des Parsi ^st, ^st.
nicht aber
lauten würde. 'Und bei allen diesen Schwierigkeiten
bleibt noch die eine Frage unbeantwortet, wie es denn gekommen
ist, dass die Sprache ixfiffiy und später verloren hat,
um dann auf eine so überaus künstliche Weise aus der 3. Per
son Singul. cx*o\ das mit dem verloren gegangenen Verbum
vollkommen identische u. s. w. neu zu bilden. Fürwahr
eine Frage, auf welche Niemand eine befriedigende Antwort
zu geben vermag.
III. Abh.: Bittner. Der Kurdengau Uschnnje und die Stadt Urumije.
l
m.
Der Kurdengau üsclmüje und die Stadt Urumije.
Reiseschilderungen eines Persers,
im Originaltexte herausgegeben, übersetzt und erläutert
von
Dr. Maximilian Bittner.
Vorbemerkungen.
Wenn ich kein Bedenken getragen habe, eine aus den
ersten Decennien dieses Jahrhunderts datierende Handschrift 1
zu veröffentlichen, so geschah es, weil der Text, so jung und
unbedeutend er vielleicht auch auf den ersten Blick erscheinen
könnte, doch in Form und Inhalt das Interesse des Philologen
und des Geographen in gleicher Weise fesseln dürfte. Liegt
doch den Schilderungen unseres persischen Gewährsmannes
jener Theil des westiranischen Alpenlandes zugrunde, der mit
seiner bunten Bevölkerung, den vielen historischen Denkwürdig
keiten, seinen lachenden Gefilden und blühenden Gärten, all
den Gegensätzen, die Land und Leute dort an sich tragen,
die besondere Aufmerksamkeit des Forschers auf sich lenkt,
jener District der persischen Provinz Azerbeidschan, der von
den Gestaden des grossen, blauen Salzsees von Urumije zu den
mit ewigem Schnee bedeckten Gipfeln der kurdischen Gebirgs
kette sich hinanzieht. Wohl ist dieser gesegnete Fleck Erde,
über den uns schon alte Schriftsteller, wenn auch nur in Kürze
und bruchstückweise, berichtet haben, seit dem Beginne unseres
Säculums von manchem Europäer besucht und erforscht worden,
und liegen uns ausführliche Darstellungen jener Gegend vor, so
1 In der k. k. Hofbibliothek zu Wien, N. P. 387; s. G. Plügel, Die arab.,
pers., und türk. Handschriften der k. k. Hofbibliothek. Wien 1865—66,
H. Bd., S. 426, Nr. 1273.
Sitznngsber. fl. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 3. Abb. 1
2
III. Abhandlung: Bittnor.
dass wir es füglich mit keiner terra incognita zu thun haben; 1
doch dürfte immerhin die Gelegenheit willkommen geheissen
werden, die Aussagen der europäischen Reisenden mit losen
und unvollständigen, aber auf Autopsie beruhenden Reiseskizzen
eines Eingebornen vergleichen und, sind wir einmal von der
Glaubwürdigkeit dieses letzteren überzeugt, jene in manchem
Punkte ergänzen und vielleicht sogar berichtigen zu können.
! Abd-er-Razzäq aus Isfahän, so der Name und die Heimat
unseres Berichterstatters, ist, aus seiner Denkungsart und
Schreibweise zu schliessen, ein hochgebildeter, weitgereister,
welterfahrener und freidenkender Perser und, wie er selbst
sagt, Anhänger der mohammedanischen Secte der Seiditen, die
ihr Geschlecht bekanntlich bis auf den ,letzten Propheten', den
Stifter des Islam, zurückführen. 2 So hohe Abkunft gewährt
dem Muselmanne begreiflicherweise gleich hohes Ansehen bei
seinen Glaubensgenossen: umso mehr muss es der Autor be
dauern, dass sein Missgeschick es ihm beschieden, die Charakter
schwächen seiner Landsleute erfahren zu müssen, da er, sich
nach wahrer Freundschaft sehnend, unter Persern keinen Freund
zu linden vermocht. So will 'Abd-er-Razzäq in die Fremde
ziehen, um bei fremden Völkern seinen Herzenswunsch erfüllt
zu sehen: bei den Bewohnern der asiatischen Türkei findet er
zwar Sinn für Freundschaft, doch zu viel Unverstand. Solche
Freundschaft genügt ihm nicht, und so fasst er den Entschluss,
sich nach Europa zu begeben. In dem zu jener Zeit noch
nicht zur heutigen Blüthe gelangten Täbriz wird der eines
Gleichgesinnten bedürftige Perser mit zwei britischen Aerzten
bekannt. Schon glaubt er, diese beiden Männer, in denen er
wahre Freunde gefunden hat, festhalten zu können, doch reisen
1 Die aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts stammenden Berichte
eines Fraser (1834) und Rawlinson (1838) über Uschnüje einerseits, dann
eines Ker Porter (1819) und Hürnle (1831) über Urümije andererseits,
sowie manche andere auf diese Gegend bezüglichen Routiers sind von
C. Ritter in dessen ,Erdkunde“, Th. 9 auszugsweise wiedergegeben und
daher werden jene Quellen — wichtige Fälle ausgenommen — in den
Anmerkungen ausser Betracht gelassen. Hingegen habe ich auf neuere
Itinerare, soweit mir diese bekannt und zugänglich geworden sind, dort-
selbst häufiger verwiesen.
2 Vgl. v. Hammer, Geschichte des osmanischen Reiches III, p. 545.
L)er Rurd&ngau Usclinüje und die Stadt Ururnije.
3
die beiden Engländer mit ,ihrer Reiselaune im Kopfe' eines
Tages ab. Auch 'Abd-er-Razzäq verlässt Täbriz und kommt
in die am See gleichen Namens gelegene Stadt Ururnije. In
diesem Eden wäre er gerne länger geblieben, weil er da alles
gefunden, was sein Herz begehrt: doch spielt ihm sein Schick
sal neuerdings einen bösen Streich, indem er dort einen Be
kannten, den Statthalter von Uschnüje, trifft, der ihn nach
diesem seinem ständigen Aufenthaltsorte, einem von Kurden
bewohnten Städtchen mitnimmt. Hier findet der jedenfalls
etwas pessimistisch angelegte Isfahäner wohl nicht die ersehnte
Heilung von seinen Weltschmerzen, doch gibt ihm alles das,
was er da und dort erlebt und erfahren, Gelegenheit, sich
durch Abfassung einer Reisebeschreibung Zerstreuung und Lin
derung seiner Seelenleiden zu sucheD.
So steht es nach den eigenen Worten des Autors um die
Genesis seiner Schrift. Wir dürfen daher auch keine wissen
schaftliche Abhandlung über das persische Kurdistan erwarten.
Doch ist das, was 'Abd-er-Razzäq zu berichten weiss, schon
deshalb interessant, weil er es verstanden hat, dabei allen von
der persischen Stilistik an den Schriftsteller in Bezug auf Wahl
des Ausdruckes, Wortspiele u. dgl. gestellten Anforderungen im
vollsten Masse gerecht zu werden, 1 und weil es ihm gelungen
ist, mit schönen Worten auch etwas zu sagen, ein Vorzug,
den man nicht gerade allen orientalischen Literaturerzeugnissen
nachrühmen kann. Der Verfasser wollte den Leser nicht be
lehren, sondern amüsieren, daher auch die von ihm gewählte
Form der Darstellung, die sogenannte Reimprosa, ganz am
Platze ist; auch die eingestreuten Anekdoten, Dichterstellen
und witzigen, geistreichen Bemerkungen entsprechen diesem
vom Autor sich selbst gesteckten Ziele.
Um auch auf den Inhalt zu sprechen zu kommen, be
schäftigt sich der Verfasser vor allem mit dem Kurdengaue Usch-
nüje und seinen Bewohnern, um dann zu einer ausführlichen
Schilderung der Stadt Ururnije überzugehen. Doch erfahren
1 Auffallend sind etliche ganz besonders prägnante Constructionen und
einige Stellen, die gegen die persische Grammatik zu verstossen scheinen ;
doch lassen sich analoge Präcedenzfälle aus der persischen Poesie er
bringen.
1*
4
III. Abhandlung: Bittner.
wir gelegentlich auch manches, das eigentlich nicht zum Thema
gehört: so entwirft 'Abd-er-Razzäq ein Bild der schon ausser
halb Persiens, auf dem Wege von Uschnuje nach Mosul ge
legenen Festung Rewandiz (in unserem Texte Rüjmdiz genannt)
und ihres Emirs, der den Schrecken der Kurden bildet, schildert
in den grellsten Farben das Treiben der Derwische oder Bettel
mönche und gibt auch einen genauen Bericht über den Urümije-
See, den man ob seines bedeutenden Salzgehaltes und Mangels
an Wasserthieren, speciell Fischen, das ,todte Meer Persiens'
benennen könnte.
Wenn auch all diese Nachrichten nicht erschöpfend sind, 1
so können sie doch als wahr hingenommen werden. W’ohl
könnte man mit Rücksicht darauf, dass 'Abd-er-Razzäq den
Kurden gar nichts G-utes nachzusagen vermag, auf den Ge
danken kommen, er habe das Beispiel seiner Compatrioten
nachgeahmt und bei den Schilderungen, die jenen Menschen
schlag nicht im besten Lichte erscheinen lassen, zum mindesten
stark übertrieben, wenn nicht gelogen. Denn in den Augen
des Persers, der den sunnitischen Kurden verachtet, ähnlich
wie er den Türken hasst, steht der Kurde auf der Stufe des
wilden Thieres, sind Trug und Lug die Hauptzüge seines Cha
rakters, Raublust und Mordsucht die Triebfedern seines Thuns
und Lassens, so dass ein persischer Poet einem Kurden sogar
die Worte in den Mund legen konnte: ,Du entschuldigst mich,
denn ich bin kein Mensch, sondern bloss ein Kurde!' 2 Doch
sprechen die meisten Berichte den Kurden gute Eigenschaften
ab. 3 Nur in einem Punkte scheint unser Gewährsmann doch zu
1 So erwähnt der Autor nicht, dass Uschnuje ein alter syrischer Bischofs
sitz gewesen oder dass dort Syrer, sogenannte Nestorianer, gewohnt
haben oder wohnen; denn Eawlinson hat dort noch neun Nestorianer-
Familien angetroffen. Auch scheint 'Abd-er-Razzäq von einer Tradition
unter den Bewohnern von Urumije, dass Zoroaster dortselbst geboren
sein soll, ebenso wenig wie der Missionär Hörnle eine Spur gefunden
zu haben, wiewohl arabische Geographen davon berichten.
S. ^3^**"*° S. V. \y*o *
3 Vgl. Globus LVIII, p. 369: ,Man darf sie (die Kurden) gewaltthätig,
räuberisch, hinterlistig, verschlagen nennen. 1 Die genaueste Schilderung
des kurdischen Charakters findet sich bei Millingen, Wild life among
the Koords, p. 233 ff., eine hübsche Parallele zwischen Kurden und
Arabern in dein von Feldmarschall Grafen Moltke herrührenden ,Briefe
Der Kurdengau Uscbnuje und die Stadt Urumije.
O
streng geurtheilt, wahrscheinlich ein bloss vereinzeltes Factum zu
verallgemeinern sich unterfangen zu haben, ich meine nämlich
die Ehrbarkeit der Kurdin. 1 Denn dieser wird sonst muster
hafte Sittenreinheit nachgerühmt. Vielleicht mag es dem Perser
schon als unmoralisch erschienen sein, wenn die Kurdinnen,
nicht wie die Perserinnen, zeitlebens eingekerkert oder wenig
stens vermummt, sondern frei und ohne Schleier sich bewegen
dürfen!
Von einer genauen Inhaltsangabe glaube ich umso eher
absehen zu dürfen, da ich den Text ja ohnedies ins Deutsche
zu übertragen versucht habe. Nur möge es mir bezüglich der
Uebersetzung gütigst entschuldigt werden, wenn sie vielleicht
hie und da noch allzusehr im orientalischen Gewände erscheint,
wie auch andrerseits, wenn ich mich an manchen Stellen vom
Originale zu weit entfernt habe, insbesondere dort, wo eine
wörtliche Verdeutschung nur Härte des Ausdruckes zur Folge
gehabt hätte. Ich hatte eben auch des Persischen unkundige
Leser im Auge, welche Rücksicht mich in gleicher Weise bei
der Zusammenstellung der beigegebenen Anmerkungen geleitet
hat. Möge mir ein etwaiges Zuviel nicht zu meinen Ungunsten
ausgelegt werden!
Indem es mir noch erübrigt, auch an dieser Stelle des
besonders freundlichen Entgegenkommens meiner verehrten
Lehrer, der Herren Professoren Friedrich Müller und Josef
Karabacek in schuldiger Dankbarkeit zu gedenken, und auch
Herrn Professor Wilhelm Tomaschek meiner Verbindlichkeit
für die vielen nützlichen Winke in geographischer Plinsicht zu
versichern, schliesse ich, gleich 'Abd-er-Razzäq an den Leser
die Bitte richtend, die vorliegende Schrift mit wohlwollender
Nachsicht hinnehmen zu wollen.
über Zustände und Begebenheiten in der Türkei“ aus den Jahren 1833
bis 1837. Berlin 1841, p. 269: ,Der Kurde ist fast in allen Stücken das
Gegentheil von seinem Nachbar, dem Araber, nur für die Kaubsucht
theilen beide gleichen Geschmack; doch hat dabei der Araber mehr vom
Diebe, der Kurde mehr vom Krieger an sich.“
1 Vgl. M. Wagner, Keise nach Persien und dem Lande der Kurden.
Leipzig 1852, II, p. 245.
6
III. Abhandlung: Bittner.
Im Anhänge lasse ich einige Bemerkungen über das von
mir benützte Manuscript folgen. Die dem Texte zugrunde
liegende Handschrift weist besonders solche orthographische
Fehler auf, welche durch die Aussprache zu entschuldigen sind;
beispielsweise steht l - r; b>L~p st. st.
st. 4>hi. (als ob das Wort mit ,U zu lesen wäre), als
st. a«b , st. st. jjj—: 1 st. , p^bb
st. st. st. \) st. ^st.
,U>o\. Häufig kommt Auslassung diakritischer Punkte vor,
Wie St. St. p^,*0, a^bc St. a^bo, \t^^0 st.
aJLo%^> St. . <v> St. ^3 pl, St-. b V St. pa p,
st. jv-^, ^-aSÜU st. cuNüV, ^Iki st. Jhi', ebenso auch irrthüm-
liche Versetzung derselben, wie st. pp,^, Ob st. Op*.
a^_>b st. a^ps. Doch ist die Handschrift bis auf einige Stellen
deutlich geschrieben; unleserlich sind ji;, jbU a^b ao. zu lesen
, ypp aXrfO äj , dann ■ z. 1. ^oa , dann
,bo z. 1. jboli >pab\, dann ^UJL- iS iS\ z. 1. ^gpLJb iSi jS\,
daun >US ,U_*p z. 1. >USjL^p, dann ^b^S jp z. 1. 0 T iS p. Vor
stehend verzeichnete und ähnliche Fehler und Mängel der
Handschrift habe ich stillschweigend verbessert, respective be
seitigt, nothwendige Ergänzungen in Klammern gesetzt und
nur diejenigen Stellen, wo Conjecturen nöthig waren, in die
Anmerkungen aufgenommen. Im Uebrigen habe ich die Ortho
graphie des Originales beibehalten: die Partikeln ab (j), ao b),
ab (S), und auch Zahlwörter und die Demonstrativa ^1
und ^jl werden bald verbunden, bald getrennt geschrieben, was
auch von den Compositis gilt. An Stelle der arabischen Feminin-
Endung i— habe ich O gesetzt, z. B. statt aL^.
Die dem Texte eingefügten Verse, die im Originale nicht
näher als solche bezeichnet sind, habe ich durch Alinea und
den Namen des betreffenden Versmasses kenntlich gemacht.
Der Kurdengau Usclinnje nnd die Stadt Urümije.
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III. Abhandlung: Bittner.
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III. Abhandlung: Bittner.
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m. Abhandlung: Bittner
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III. Abhandlung: Bittner.
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III. Abhandlung: Bittner.
Uebersetzung. 1
7 Im Namen Gottes, des allmächtigen Erbarmers!
Der Verirrte des Thaies der Verwirrung, 'Abd-er-Razznq
aus Isfahän, sehriftstellert für die Gemüther der liehen Freunde,
er, der geraume Zeit im iranischen Reiche herumgewandert,
dem alle Persönlichkeiten und Zünfte jenes Landes Rede und
Antwort gestanden, der aber niemanden frei von Trug und
List gesehen und so nothgedrungen sich von allem Verkehre
zurückgezogen und die Baude der Freundschaft von ihnen
gelöst hat. Für einige Zeit hin ich (erzählt er) im Verlangen
nach einem theilnehmenden Freunde, mit dem ich einen
Augenblick in Freundschaft zusammensitzen und durch dessen
Gesellschaft ich ein Weilchen die Dornen der Trübsal aus dem
Saume meiner Seele ziehen könnte, aus jenem Unglückslande
nach dem türkischen Grenzgebiete gezogen. In der That sind
da die Menschen, wie ich gesehen, recht aufrichtig und Fremden
gegenüber liebenswürdig und theilnehmend, doch ist die
Schleppe ihres Wesens noch von der Befleckung mit Verständ-
niss rein; möglicherweise ist der Grund ihrer Aufrichtigkeit
in eben diesem Umstande gelegen, doch gefiel mir im Hinblicke
8 auf diesen auch jenes Land nicht. Manchmal hatte ich sogar
Lust zu einer Reise ins Reich der Franken und pflanzte
den Baum dieses Wahngebildes auf dem Ackerlande der Hoff
nungen, dass ich vielleicht doch dort eines Genossen habhaft
würde und durch seine Gesellschaft auf das Herz der Welt
voller Gaukelspiel Brandmale drückte. Zufällig gerieth nach
einer Weile der schnell dahinrennende und leicht sich erhebende
Rappe meiner Phantasie in die Gegend von Täbriz. Nach dem
Wahrspruche:
,Dem mein Herz verlangend nachgeeilt, das fand es hinter
jenem Vorhänge verborgen“
hatte sich mir im Vereine mit zwei englischen Aerzten der
Sturm der Vertraulichkeit schnell erhoben und war der Becher
des Vergnügens bald übergeflossen. Das waren wirklich zwei
1 Die Zahlen am Rande bezeichnen die betreffenden Seiten des persischen
Textes, die im Contexte stehenden verweisen auf die Anmerkungen und
zwar die mit Sternchen versehenen auf solche philologischen Inhalts.
Der Kurdengau Uschnüje und die Stadt Urümije.
51
Sonnen des Sternengezeltes der Bildung und Bescheidenheit,
zwei Edelsteine der Mine der Menschlichkeit und Treue, zwei
Sterne der Himmelssphäre der Güte und Freigebigkeit, ein
jeder am Himmel der Tugend und des Wissens eine strahlende
Sonne und in der Laterne des Scharfsinns und der Einsicht eine
leuchtende Kerze, der eine in Dingen und Sachen des Wohl
wollens ohne Argwohn und Zweifel, hat den berühmten Namen
Dr. John Cormick, der andere, dessen Treue und Menschlich
keit eine reiche Schleppe nach sich ziehen, ist mir ein edler
und berühmter Freund und sein werther Name Dr. John Mac
bleill. 1 Eine Weile ward das Nachtgemach meines Wesens
durch die Strahlen der Kerze ihrer Herrlichkeit helle und das
Dornengestrüpp meines Seins durch die Zier ihrer Gesellschaft
ein Rosenhain. Da hatten aber zufällig jene zwei Freunde
den Wahn des Reisens im Kopfe, machten sich, ein jeder 9
nach einer andern Seite hin, auf die Reise und wandten ihre
Blicke von meinem Umgänge ab. Eine Zeit lang sang ich
folgende Weise:
,0 Jaghmä, 2 ich, das Glück, die Freude und der Kummer
reisten zusammen ins Reich des Seins aus dem Nichtsein; doch
da uns Jüngern des Reisens das Glück infolge des Staubes auf
dem Wege einschlief, gierig die Freude fort und nur ich und der
Kummer blieben.“
Aber als ich nach drei oder vier Tagen gesehen, dass Männern
mit gleicher Erfahrung das Auseinandergehen hart ankommt
und für den Schmerz über das Scheiden von den Lieben eine
Kraft oder eine Macht unauffindbar ist, bin ich nach dem
Wahrspruche:
,Zieh auch du fort, wenn du kannst 1
fortgezogen und, den Weg nach der 'Wüste der Rathlosigkeit
vor mir, in der höchsten Enttäuschung aus Täbriz in Urümi
angelangt. Im Gegensätze zu Täbriz ist dies eine Frohsinn
steigernde und Lust erweckende Stadt, die eine Menge Baum
anlagen und liebliche Gärten in sich schliesst, wo die Rosen-
wangigen alle Herzen an sich ziehen und die Herzensdiebinnen
schön wie der Mond sind, es ist ein paradiesgleiches Gebiet,
dessen Bewohner Himmelsjungfrauen und himmlischen Pagen
gleichen, wo die Menschen trotz des Türkenthums von recht
guter Sinnesart und Fremden gegenüber liebenswürdig und
52
III. Abhandlung: Bittner.
theilnehmend sind. Wie aber schon das dem Niedrigen holde
10 Schicksal es zur Gewohnheit hat und es so sein Brauch ist,
dass es immer den Edlen grollt, hat der erlauchte Rahmat-
alläh Chan, den ehedem feste Freundschaftsbande an meine
Wenigkeit gefesselt, seinen Freund dort angetroffen und ihn
dann nach Uschnuje, 3 wo der Erlauchte das Lager seiner
Statthalterschaft aufgeschlagen hatte, mitgenommen. Wiewohl
er all seine Freundschaft noch durch Freundschaft; mehrte
und sich über alle Massen gnädig erwies, steigerte doch der
Umstand , dass ein Mann gleicher Zunge in jener Gegend
und Zeit gleich dem Stein der Weisen und dem Vogel Greif
narnen- und spurlos war, jeden Augenblick meinen Kummer
noch durch Kummer und meinen Schmerz noch durch Schmerz.
Da kam mir’s in den Sinn, mich selber den Anfällen des
Trübsinns zu entrücken und mich mit einer Aufgabe zu be
fassen: ich unternahm es, die Verhältnisse von Uschnuje zu
schildern und erlaube mir zu berichten, dass das erwähnte
Städtchen in der Sprache der Kurden und der dortigen Be
wohner ,Stadt Uschnü £ genannt wird, und, wie man behauptet,
die Stadt Saba, 4 die unter der Botmässigkeit der Bilqis, der
Gemahlin Salomo’s, des Sohnes David’s, gestanden, eben dort
gelegen ist; doch hat man keinen Beweis für die Wahrheit
dieser Behauptung, weiss Gott, wer wiederum (die Stadt Saba)
so angeschwärzt. Wie dem auch sei, das Städtchen Uschnuje
ist in einer Thalmulde 5 * gelegen, deren Gesammtumkreis nicht
grösser als zwei Parasangen sein dürfte, wenn er nicht noch
kleiner ist. Es ist ringsum von grossen Bergen und mächtigen
Gipfeln eingeschlossen, aber nicht gleich einer Festung gegen
Ungemach verschanzt. Da aber die Umgebung der Stadt in-
11 folge der grossen Menge von Bäumen und Gärten waldähnlich
ist, sind schon jene Bäume für die Bewohner der Stadt ein fester
Schutz und im Hinblicke darauf bietet auch der Zugang (zu
dieser) für Fussgänger und Reiter gar bedeutende Schwierig
keit. Die eigentliche Stadt besteht aus ungefähr 700 Häusern
und hat, Gross und Klein, 3500 Einwohner. Doch ist ihr
Glaube der Glaube der Sunniten. Die Bewohner sind Kurden,
von weichlichem Wesen, aber halsstarrig. Obgleich nämlich
alle, die dort wohnen, mit einander verwandt sind und sich
nahe stehen und sich gegenseitig Vettern mütterlicher- und
Der Kurdengau Uschnuje und die Stadt Urümije.
53
väterlicherseits sind, so erfüllt sie trotz der verwandtschaftlichen
Beziehung doch alle gegen einander lange bestehende Gehässig
keit und von früher herrührende Feindschaft, alte Zwietracht
und beständige Unnachgiebigkeit, so dass zwei Freunde eines
Herzens und eines Sinnes nicht zu finden sind. Weiters hat
(die Stadt) unreinliche, schmutzige 8 * Leute in Menge; der
Schmutz, die Unsauberkeit und die Unreinlichkeit jener Ge
meinde ist derart, dass (man, wiewohl) in der Stadt, deren Aus
dehnung vorhin an der (betreffenden) Stelle erwähnt wurde,
— hei jener geringen Ausdehnung — ein recht breiter Fluss
dahinfliesst, dennoch, da sie eigene Aborte nach Menschenart
nicht besitzen, infolge des heftigen Gestankes und üblen Ge
ruches in der Nähe des Flusses nur schwer oder vielmehr gar
nicht Vorbeigehen kann. Noch wunderlicher ist Folgendes: Es
sind dort etliche Judenfamilien ansässig; wiewohl nun die
Juden in der ganzen Welt wegen ihres Schmutzes und ihrer
Unreinlichkeit sprichwörtlich sind, 7 * fällt es jenen, selbst wenn
sie vor lauter Durst vergehen müssten, dennoch schwer, jenes 1
Wasser zu trinken; vielmehr, schöpfen Männer und Frauen der
Judengemeinde ihr Trinkwasser aus einer von dem Ufer des
erwähnten Flusses eine viertel Parasange oder noch weiter
aufwärts (liegenden) Quelle, wo Wasser entspringt und wo die
Hände und Füsse der Kurden nicht hingekommen, und nehmen
es für sich zum Trinken mit. Trotz äusserster Schamlosigkeit
halten sie (die Kurden) auf ihre Ehre, doch sind (dort) die
Weiber ehrgeiziger als die Männer. So habe ich mit eigenen
Augen zwei, drei todte Kinder mitten im erwähnten Flusse ge
sehen, wie sie das Wasser forttrug. Ich bedauerte die Kinder
aufs lebhafteste und war recht nachdenklich. Endlich hatte
einer Mitleid mit mir und fragte mich nach dem Grund meines
Bedauerns und der Ursache meiner Nachdenklichkeit. Als er
(aber) in den Sachverhalt Einblick gewonnen, lachte er über
meine Unwissenheit und lüftete vom Angesicht der Braut jenes
Geheimnisses den Schleier in dieser Art: Manche Jungtrauen
und Frauen, über denen das Feuer süsser Lust Flammen schlägt,
machen sich junge Männer mit starker Hand, gewandter Faust
und starkem Rücken ausfindig, auf dass das Feuer ihrer Be
gierde etwas gelöscht werde; wenn aber dann von ihnen ein
Kind geboren wird, lodert der Feuerbrand ihres Ehrgeizes auf,
54
III. Abhandlung: Bittner.
dass nur nicht dieses versiegelte Geheimniss der Welt zum Ge
spräche, 8 * das wohlverwahrte Geheimniss zur Anekdote jedes
Gastmahles und jeder Gesellschaft werde und sie beschämt
13 und erröthen mache, und da ertränken sie den Grund ihrer
Schande, den sie im Feuertempel der Begierde finden, im
Wasser, auf dass ihr Geheimniss nicht unter die Leute gebracht
und nicht Aller Blick auf ihre Person gerichtet werde. Eine
andere neue Geschichte, die werth ist niedergeschrieben zu
werden, ist folgende: Wenn einer um sein Weib noch nicht
gefreit hat und von seinen Stammesgenossen eine Frau oder
ein altes Weib sich herausgeputzt hat, um vor seinen Augen zu
erscheinen, tauscht er sie mit vielem Bitten und unermesslicher
Demuth gegen eine Kuh oder einen Esel noch dazu ein. In
Wahrheit ist es auch nur der Tausch zwischen Esel und Kuh,
doch fürchte ich, der Esel könnte, wenn er’s hört, böse werden
und diese Weise zu singen anfangen:
,Den Esel mit Dir in Beziehung zu bringen, ist Sünde. 1
Also muss ich den heiligen Esel um Entschuldigung bitten.
Eine andere Geschichte, auf welche man die Stelle an wenden
kann:
,Jeden Augenblick reift in diesem Garten eine Frucht, sie
reift, noch frischer als eine, die frischer ist, (als die anderen
Früchte).“
ist folgende: Wenn einer eine Ehefrau oder ein Mädchen ent
führt, so hat er mit Sühne, Rache und Vergeltung durchaus
nichts zu thun, ausser dass er 100 Piaster nebst einer Kuh,
einer Eselin oder einer Stute, je nach der Bedeutsamkeit des
Weibes und seiner Angehörigen, dem Gatten der Frau oder
dem Vater des Mädchens übergibt, und wenn sie von ihren
Grossen ist, 150 Piaster, und sowie sie noch grösser und edler
sein sollte, 200 Piaster, aber nicht mehr. Und ebenso ist es
ein Gesetz, dass jeder, der eine Frau oder ein Mädchen ent
fuhrt, dem dortigen Statthalter ein Geschenk gibt, während auch
der Vater des Mädchens oder der Gatte der Frau, die man
entführt hat, eine Summe in die Casse des Statthalters be
zahlen muss, welche Taxe mit ,Schreibgebühr“ 9 * bezeichnet
wird. Eine andere Geschichte ist folgende: Es hatte sich einer
eine Frau von besonderer Schönheit, die ihresgleichen nicht
Der Kurdengau Usclinüje und die Stadt Urümije.
55
hatte, genommen. Da verliebte sich in sie plötzlich ein anderer
und der entführte sie auf dem Wege des Diebstahls, der bei ihnen
gang und gäbe ist. Nach einer Weile, da der Rechtsstreit
schon beigelegt und der bestimmte Betrag schon bezahlt worden,
entspinnt sich dann wiederum wegen des Kindes, das zur Welt
gekommen war, zwischen dem neuen und alten Gatten der
übliche, feststehende Streit, indem sie ein jeder auf die Vater
schaft des Kindes Anspruch erheben. Nach vielem Gerede
und ungezähltem Gezanke gaben sich beide vor dem Richter
mit einer Zeugenaussage des Frauenzimmers zufrieden. Das
Weib 10 * stritt aber beiden die Vaterschaft in Betreff des Kindes
ab und gestand den Hergang dessen, was vorgefallen war, in
folgender Weise ein: ,Zur Zeit meiner Flucht von dem ersten
Gatten und zwar, bevor mir der zweite Gatte beigewohnt,
traf ich eines Tages in der Oeffentlichkeit mit einem Jüng
linge von dem Wüchse einer Cypresse und hoher Gestalt zu- l
sammen. Der zündete mir die Kerze der Liebe in der Wand
nische der Phantasie an und erntete die Samenkörnlein meiner
Neigung auf dem Aehrenfelde der Seele. Der Windstoss der Lust
liess in ihm das Feuer des Verlangens weiter um sich greifen,
der Baum seiner Schamhaftigkeit brannte auf einmal nieder
und da vergewaltigte mich jener unsaubere (Geselle) in scham
loser Weise. Darauf blieb bei mir die Regel der Frauen aus,
und so weiss ich bestimmt, dass der Urheber meiner Schwanger
schaft jener Jüngling war. Nun kann der Richter frei ent
scheiden/ Nach dem Urtlieile des Richters wurde das Kind
dem zweiten Vater zugesprochen, während der zweite Gatte,
das Gesicht der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit auf den
Weg gerichtet, nach seinen Gehöften eilte und sich — wiederum
eine Gattin fand. Ein weiterer Punkt ist der, dass sie ihr Blut
unter einander so dreist vergiessen und sich so beherzt hin
schlachten, wie die Fleischer die Schafe. Jeden Tag lassen sie
einen von ihren Verwandten unter ihrem blinkenden Dolche ver
bluten und ziehen dann den Brauch des Fliehens der Tugend des
Standhaltens vor. Nach etlichen Tagen kommen dann etliche
von den Angehörigen des Ermordeten zu den Anverwandten
des Mörders (indem sie sagen): ,Das Blut des N. N. muss ge
stillt 11 und die Hütte der Feindseligkeit niedergerissen werden/
Nach vielem Gezänke und unberechenbarer Bitterkeit gehen
56
III. Abhandlung: Bittner.
die Ortsvorsteher und Weissbärte mit den Schritten der Mann
haftigkeit und Menschlichkeit auf dem Platz des Friedens und
des guten Einvernehmens einher und machen ihrem Streite
16 mit 100 Piastern und einer Kuh ein Ende. Und sowie der
Ermordete zu den Grossen der Kurden gehören sollte, die den
Stamm Zerzä 12 bilden, wird nach vielem Geklage und Geschreie
der bezeichnete Streit mit einem Betrage von 200 Piastern ge
schlichtet. Sie bilden, ob Städter oder Nomaden, eine derart
engherzige, niedrigstehende Horde, dass der erwähnte, Zerzä
genannte Stamm sich (über den anderen) himmelhoch erhaben
dünkt (weil er sagen kann): ,Wir sind vom Stamme Zerzä
und kosten dem Blutpreis nach mehr als die übrigen Kurden
d. h. 200 Piaster beträgt unser Blutpreis und aus diesem Grunde
ist unser Rang unter allen Kurden der höchste/ Der Grund
der Höhe ihres Ranges ist der, dass ehedem ihre Ahnen zu
den ,grossen Hunden' 13 gehört haben. Sie stehen so tief und
denken so niedrig, dass derjenige, der 100 Schafe besitzt, sich
unbedingt für einen Qärün 14 hält und auch unter den anderen als
dem Qärün gleichgestellt gilt, wenn nicht noch mehr Ansehen
und Ehrfurcht geniesst, und wer unter ihnen im Besitze einer
Schüssel Sauermilch ist, sein Haupt stolz bis zum Sternbilde
der Ziege erhebt. Den meisten ihrer religiösen und weltlichen
Processe liegt bloss ein Betrag von 5000 Dinaren zu Grunde;
dabei denken sie aber nicht, dass so etwas nur der Brauch
der Schlechten und Verworfenen ist, sondern das ist selbst bei
den Grossen und Angesehenen gang und gäbe. Ferner ist zu
erwähnen, dass sie im Gegensätze zu den übrigen Sunniten
17 jährlich drei Feste feiern, denn die (anderen) Sunniten, wie
die von Aleppo, Antiochia, Damaskus, Mosul, Kerkük, 15 * Bagh-
däd und anderen Städten, die ich besichtigt, habe ich nicht
mehr als zwei Feste abhalten gesehen, das eine, das Opfer
fest am 10. des Dulhidschsche und das andere, das Fest des
Fastenbruchs zu Ende des Ramadän. Jene aber halten auch
am 6. des Dulhidschsche ein grosses Fest ab. Eine halbe Para
sange von der erwähnten Stadt entfernt, liegt ein Ort, Scheich
Ibrahim 16 genannt. Alt und Jung, Gross und Klein, Männer und
Frauen, nicht allein die Städter, sondern auch Dorfbewohner
und Nomaden, die oft eine Strecke von mehr als 10 Parasangen
zurückgelegt haben, kommen an jenem Tage dort zusammen.
Der Kurdengau Uscbnüje und die Stadt Urümije.
57
Vom frühesten Morgen bis 2 Uhr nachmittags bethätigen sie
den Spruch:.
,In der einen Hand den Becher mit Wein, in der anderen
die Locken des Liebchens, so wünsche ich mir, in der Mitte des
Platzes zu tanzen“
halten sich gegenseitig bei den Händen und stampfen, Männer
und Frauen zusammen, mit den Füssen und klatschen dazu
in die Hände. Da schämt sich nicht der Sohn vor dem Vater,
da scheut sich nicht die Tochter vor der Mutter, sondern wer
sich an den Gegenstand seines Liebens und Verlangens an
schmiegen kann, der behält mit ruhigem Herzen, frei von
Kummer und Verdruss, nur die vielen Arten von Koketterie
und Liebeständelei im Auge. Mehr als 5000 oder 6000 Personen
— Männlein und Weiblein — sind da beisammen. Nachdem
Tanz, Unterhaltung, Saitenspiel und Gesang zu Ende gegangen,
breiten sie die Speiseleder auf, verzehren ein Mahl und kehren
dann ein jeder heim. Doch nehmen hieran auch die Armenier 17
gemeinschaftlich mit ihnen theil, d. h. sie machen an ebendem
selben Tage ebendort Halt und üben den nämlichen Brauch.
Doch ist der Zudrang der Armenier noch grösser als seitens
der Kurden, indem Männer und Frauen eine Fusstour von
mehr als 5 oder 6 Tagereisen nach jenem Thale hin unter
nehmen, um an jenem Tage dort der Ehre, den Scheich zu
besuchen, theilhaftig zu werden. Ich selber habe dort Armenier
aus Choi und Selmäs angetroffen. Was aber den Grund ihres
(der Kurden) Zusammenseins mit der Gemeinde der Christen
anbelangt, erzählt man sich also: ,Zur Zeit, da der Araber
Mohammed als Prophet gesandt zu sein behauptete, wurde ein
Sohn vornehmer Franken, dem man weder • Hast noch Zaudern
vorwerfen konnte, des christlichen Cultus überdrüssig und, da
ihm das mohammedanische Gesetz gefiel, zog er von dort
(dem Frankenlande) fort und machte sich mit den Sitten und
Gebräuchen der mohammedanischen Religion bekannt. Dieser
Umstand erbitterte aber seinen Vater derart, dass er Leute zu
seiner (des Sohnes) Ermordung aussandte. Der erwähnte Scheich
merkte es, wandte sich gegen Persien und gelangte über Mosul
nach Uschnüje. Nach einiger Zeit forschten die Christen, welche
vom Vater abgesandt waren, den Scheich aus, zückten das
nimmerversagende Schwert gegen seine Gurgel und flohen
58
III. Abhandlung: Bittner.
10 dann eilends in ihr Reich/ Die Armenier hingegen sagen: ,Er
ist einer von unseren hohen Geistlichen, 18 der hieher gekommen,
um die hiesigen Armenier den rechten Weg zu leiten, ihr 1
(Kurden) aber habt in Begierde nach seiner Habe sein Blut
zu vergiessen für erlaubt (gehalten)h Meines Erachtens muss der
wirkliche Thatbestand der Aussage der Armenier entsprechen:
denn mit jener Horde kann sich in Tücke niemand messen und
niemand kommt ihnen hierin gleich und dabei sind sie auch
im Blutvergiessen höchst verwegen. Es ist also wahrscheinlich,
dass Habgier die Ursache dieser ruchlosen That gewesen und
Tücke sie zur Verheimlichung dieser That gebracht. Denn wie
man berichtet, war es zur Zeit der Eroberungen der Christen
und zu Anfang der Ausbreitung der Mohammedaner, als sie
aus Furcht, es könnte das Geheimnis offenkundig werden und
die Christen in dem Vorhaben, Rache zu nehmen, herbei
kommen, damit begannen, ihren Schmerz (um den Scheich) zu
bekunden und (um ihn) zu trauern. Und dieser Brauch mag
unter ihren Nachkommen stets nachgeahmt geblieben sein, so
dass sie ihn gegenwärtig zu den heiligsten Pflichten zählen. ^
Ihr zweites Fest findet am 10. des Dulhidschsche statt. Da
bereiten sie sich in der Nacht ein jeder in seinem Hause nach
seinen Kräften ein Mahl, gehen gegen Morgen in die Moschee
um zu beten, während sie das bereitete Mahl erst gegen Abend
verzehren, und wenn sie aus der Moschee kommen, gehen sie,
sich gegenseitig zu beglückwünschen. Darauf versammeln sie
sich in den Gärten ausserhalb der Stadt und üben die Ge
bräuche, die vorhin beschrieben wurden. Ihr drittes Fest ist
der Ramadän; auch der wird nach dem Gesetze der Perser
20 gefeiert, nur dass sie wiederum ausserhalb der Stadt sich ver
sammeln und Tänze aufführen. Eine weitere hörenswerthc Ge
schichte ist folgende: 19 Bei der Grabstätte des Scheichs hat
einer, der dort Wächter ist, einen eisernen Ring verfertigt und
einen Haken daran befestigt. Jenen Ring wirft er den Be
suchern des Scheichs um den Hals; wer ihm zuerst eine Geld
summe gibt, dem öffnet er alsogleich den Haken und sagt: ►
,Der Scheich hat deinen Wunsch gewährt/ Und jedem, der es
verabsäumt, ihm den Betrag zu geben, zieht er jenen Haken
ein wenig an, dass er nicht alsogleich aufgeht und sagt: ,Bessere
deinen Sinn, dass der Scheich deinen Wunsch erfülle/ Und
Der Kurdengau Usclinüje und die Stadt Urümije.
59
wenn jener ihm dann die Summe gibt, sagt er zu ihm: ,Der
Scheich hat auch deinen Wunsch erfüllt/ und schliesst den
Haken auf. Weiters sind ihre Derwische zu erwähnen; die
sind eine Schaar, dass — Gott der Herr der Herrschaft sei
gepriesen! — mit Rücksicht auf eine solche Brut Gott dem
Teufel verzeihen möge, 20 * ein Haufen niedriger Abstammung,
gemeinen Charakters. Jeden Morgen hängen sie sich wie
Musikanten eine Handtrommel über die Schulter und kriechen
unter den Klängen der Bettelei in allen Gassen und Stadt
vierteln herum, sammeln von jedem alten Weib etwas und aus
jedem Stadtviertel einen Heller und finden damit ihr Aus
kommen. Darauf dauert es wieder bis zum Morgen, dass sie,
gleich Eseln ohne Gerste und Stroh oder wie das Kalb des
Sämiri 21 ein Ach- und Wehgeschrei der Redseligkeit erhebend,
so stark auf die Handtrommel schlagen, dass sie die Hand
trommel der Venus 22 zerplatzen machen, und dabei gerathen
jene eselhaften Kuhgestalten in ein derartiges Gejammer, dass 21
sie das Ohr des Erdenstieres und des Himmelslöwen 23 be
täuben. Die erwähnte Schaar besteht aus zwei Sippschaften, die
eine ist die der Qadiri und die andere die der Naqschbendi. 24
Die Qadiri sagen: ,Die Kette unseres Derwischgeschlechtes
reicht bis auf 'Ali, den Sohn des Abu TaliV, während die
Naqschbendi damit zufrieden sind, dass diese Kette mit Abu
Bekr, dem Sohne des Abu Qohäfe, in Verbindung steht. Nach
dem Wahrspruche:
,In der Narrheit gibt es Disciplinen 125
lässt sich jede von einer anderen Art von Narrheit leiten. Der
Classe der Naqschbend gefällt der Brauch, dass sie in den
Nächten der Montage und Donnerstage Zusammenkommen, fort
und fort den göttlichen Namen anrufen und die Einheit Gottes
verkünden und dabei allmählich ihre Stimme immer mehr er
heben, so dass das Ohr schon aus Furcht vor dem Anpralle
ihrer Stimmen taub wird. Nachdem sie dann ein Langes und
Breites geredet, bekunden sie Erregung und Verzückung und
lassen unter dem Vorwände, dass sie mit der heiligen Person
des Allmächtigen vereint sind, ihre Gliedmassen zittern und
versetzen sich, um den Pöbel zu berücken, in Fieberfrost und
Ohnmacht (als wollten sie sagen): ,Sieh, wir sind zur Ver-
60
III. Abhandlung: Bittner.
einigung mit dem Freunde gelangt und haben unseren Wunsch
von einem wahren Geliebten erlangt/ Ich weiss nicht, in
welcher Beziehung der Staub zur reinen Welt steht, wieso der
beschmutzte Leib mit der geheiligten Gottheit vereinigt und
verbunden werden kann, vielmehr besteht zwischen den ent
fernten 26 * und den materiellen Dingen die äusserste Trennung
22 und Scheidung, die grösste Unverträglichkeit. Sei dem aber,
wie ihm wolle — wenn sie dann aus der Erregung und Ver
zückung wieder ins Hin- und Herreden gerathen, erweisen
ihnen alle Ehrfurcht, reichen ihnen die Hände und umarmen
sie, was soviel bedeuten soll, als:
,Der Duft der Seele kommt von der Wolle des Kameeles
her; dieses Kamcel ist aber von der Heerde des Heiligen Weis 27
ferne.“
Dies ist nämlich der Bote nach den Gehöften des Freundes
und der Führer 28 * zum Throne des Herrn. So steht es um
den hübschen Orden der heiligen Männer der Naqschbendi,
welche Bewohner Kurdistän’s sind. Die zweite Sippe ist die
Brüderschaft der Qädiri. Auch diese üben denselben Brauch, 29 *
nur dass sie, sobald die Anrufung des göttlichen Namens ihren
Höhepunkt erreicht hat und sie sich der Vereinigung mit Gott,
dem niemand ähnlich und gleich ist, nähern, Messer, Nägel und
dergleichen Dinge nehmen und nach den Regeln der Täuschung
und Zauberei dem Pöbel weismachen, dass sie dieselben in
ihren Körper stossen, und wenn sie zur Vereinigung mit dem
Geliebten, dem niemand ähnlich und gleich ist, gelangt sind,
das Messer auf sie keine Wirkung ausübt. Doch ist dies meines
Erachtens die höchste Betrügerei und die reine Beutelschneiderei.
Denn wenn der Grund, dass das Messer in den Leib eindringt
und dabei keine Wirkung ausübt, die Vollkommenheit der Seele
ist, was ist es denn dann so oft gehört worden, dass bei
grossen Propheten und berühmten Heiligen alle die Angriffe,
23 die gegen sie vorfielen, auf ihren Leib vollkommene Wirkung
ausgeübt? Es ist ja Thatsache, was die Araber mit Mohammed,
die Juden mit Jesus und die Aegypter mit Moses gethan. Nie
mals ereignete es sich, dass ein Angriff, den sie gegen diese
unternommen, keine Wirkung ausgeübt. Wenn es auch nur
ein Stein 30 wäre, sie würden immer aus Furcht vor dem An-
Der Kurdengan Uscbnüje und die Stadt Urümije. 61
griff der Vagabunden und Landstreicher in die Berge fliehen.
Es gibt (zwar) keine Macht und keine Kraft, ausser bei Gott!
(Aber)
,In jenem Garten, wo der Papagei die Fähigkeit der Hede
nicht besitzt, da sieh die Fliege mit schelmischen Augen, wie
sie ihr Gesumme erhoben.' 31
Der Schreiber dieses hat in der Stadt Uschnu einen gesehen,
der betteln gieng und einen Nagel auf der Hand liegen hatte.
Ueberall dort, wo man in seine Casse einen Betrag mit Zögern
gab, sagte er ,0 Gerechter' und schlug mit dem Nagel auf
seinen Kopf und zeigte, dass er ihn in seinen Kopf hinein-
gestossen. Doch war dem nicht so. Denn sobald er aus einem
Laden mit einem Para befriedigt worden, gieng er wieder fort.
Der Wert eines Para ist der, dass acht Stück davon 50 currenten
Dinaren gleichkommen, was man in der Sprache der Zeit
genossen einen Schffhi nennt. Ich wandte mich an jenes Indi
viduum mit dem Ersuchen: ,Wenn das Eisen nicht die Kraft
hat, Euch einen Schaden zuzufügen, ist es wegen eines Para,
dessen Werth gleich Null ist, doch nicht passend, dass Ihr all
diese Mühsal Euch selber auferleget. Besser ist es, Ihr nehmt 24
fünf Tümän von mir und willigt ein, dass ein anderer diesen
Nagel auf Euer Haupt schlage.' Er willigte aber nicht ein.
Hätte er nicht die Bude des Betruges geöffnet, würde er immer
hin hiezu seine Zustimmung gegeben haben. Jedenfalls haben
sie nur das Heft des Betruges und der Verstellung aufgeschlagen
und mit diesem Brauch den Grund zum Betrüge des gemeinen
Volkes gelegt. Meistens lehren sie diese Fertigkeit auch ihre
Kinder, damit das Wunderbare und Fremdartige dabei in
Aller Augen noch mehr hervortrete; denn, wenn ein Kind so
etwas thut, dann dürften die Grossen unter ihnen jedenfalls noch
Höheres leisten! Aber nach dem, was man weiss, ist diese Zunft
auch schon voralters in Iran gewesen und hat dasselbe niedrige
Gewerbe ausgeübt und damit ihr Abkommen gefunden. Diese
Zunft nannte man Kunkur (nach beiden k ist u, das n ohne
Vocal zu sprechen) und nennt sie auch Schäch-schane-kesch
und zwar aus zweifachem Grunde; der eine ist der, dass sie
immer hohle Schafshörner auf der Schulter, d. h. auf dem Ende
des Schulterblattes (schäne) hängen haben, die sie ,büq' (Trom
pete) und ,näfir‘ (Oboe) nennen, der andere der, dass sie Hörner
■
62
III. Abhandlung: Bittner.
und Schulterblätter bei sich versteckt halten, um, wenn ihnen
einer nichts geben will, sofort in die Trompete zu blasen und
jenes Ilorn auf dem Schulterblatte zu reiben, bis dass der Be
treffende, durch das widerliche Geräusch missmuthig und ver-
driesslich geworden, ihnen etwas gibt. Beweis für ihr Alter
ist das Gedicht 32 * des beredtesten der Dichter, des Meisters
Hafiz aus Schiraz:
25 ,0 dass doch Hafiz der bartlose Sohn eines Ivunkur wäre,
auf dass sein Geldbeutel mit Dinaren und Dirhems voll wäre;
o dass doch Hafiz von der Schwärze des Haarflaums und Haares
nichts verlauten liesse, (lieber) ein Leckermaul 38 oder ein Witz
bold oder ein Dummkopf wäre!“
Wie man aus dem Gedichte des grossen Meisters entnehmen
kann, hat schon zur Zeit des welterobernden Fürsten, des vom
Glück begünstigten, Länder nehmenden Sultans, des Fürsten
Timur Gurkän, 34 zu dessen Zeit auch der grosse Meister ge
lebt hat, diese Schaar dasselbe Gewerbe ausgeübt. Mehr als
das weiss Gott, ob sie gewesen sind oder nicht, und ob sie’s
beständig so getrieben haben oder nicht. Soviel ich weiss,
sind sie in der Hinterlist dem Teufel weise Lehrer. Ich bin
zwar nach der Ueberzeugung der Perser aus der Familie des
letzten der Propheten, trotzdem habe ich von Namen und
Abstammung abgesehen, mich in der Regel des Dienstes ge
müht, mich eine Zeit lang harten Kasteiungen und unerträglichen
Uebungen ergeben; wie viele Tage habe ich fastend zugebracht
und wie viele Nächte in Gottesgehorsam und Klagen durch
wacht, aber wenn bei alledem nur die Spitze der Nadel einer
alten Frau in meinen Fuss eindringt, so fürchte ich schon,
es könnte mein Lebensfaden zerreissen. Was habe ich jene
26 Schaar, statt mit Messern, Säbeln, Dolchen und Pfeilen, mit bösen
Verwünschungen verletzt, sie, deren Brauch nur Täuschung
und Trug ist und deren Werk es ist, den Amr und Zeid 35 zu be
trügen. Nicht genug dass sie selber ein Leben lang im Thale der
Unwissenheit und der Unkenntniss dahinrennen, suchen sie ein
fältige Jünglinge, öffnen die Thüren des Schrankes der Tücke
und rühren die Trommel der Alchimie und List, halten einen
solchen Unglücklichen von jeder Arbeit zurück und säen den
Samen dieses Wunsches auf dem Ackerboden seiner Phantasie:
,Wir sind die Besitzer des Ranges im Lande und sind für
Der Kurdengau Uschnüje und die 'Stadt Urümije.
63
t
Gott ein glückliches Zeichen d. h. mit anderen Worten: wir
sind in dieser Welt einflussreich und gottgleich, Absetzen, Er
nennen und anderes steht in unserer Macht/
,Fragst Du (aber) mich, dessen Geschick zerfallen ist,“
(so sage ich Dir) das sind ränkevolle Bösewichter und gau
kelnde Betrüger, sie scheinen Wasser, sind aber nur Luftbilder,
gleichen Schiffen, doch sind sie nur Wasserblasen, es sind wege
lagernde Beutelschneider, Zauberei', von Kopf zu Fuss nur aus
List und Finte zusammengesetzt. In Wahrheit steht es so,
dass, wenn einer während eines Lebensalters nur ein wenig
von ihrem Treiben ausmalen wollte, er auf die grösste Schwierig
keit stossen würde. Mehr würde meine Freunde verdriessen,
es ist also besser, wir kürzen diese Geschichte ab und gehen
an die Aufzählung der Stämme 36 der Kurden. Die Aufzählung
ihrer Stämme übersteigt zwar die Grenze der Darstellung, doch
was ich durch Suchen gefunden, ist wie folgt: Zerzä, Mämäsch,
Herki, Bewend, Mäwend, Menkur, Dschüchür, Mämäsäm, 27
Bilbäs, Cheilän, Bälik, Dübokri, Schakäk. Ihr Wohngebiet
erstreckt sich von der Umgegend Urümi’s bis Mosul. Im Früh
ling lagern sie in der Umgegend von Urürni und im Winter
gehen sie bis in die Nähe von Büjindiz. 87 Es ist aber wohl
nicht' bekannt, dass es 27 Parasangen bis Urümi und 12 Para-
sangen bis Uschnü sind. Der Häuptling von Büjindiz ist ein
verständiger und kluger Mann, tapfer und freigebig, im Be
sitze unbegrenzten und ungezählten Beichthums, hat Diener
schaft und Gefolge, beugt niemandem in Ergebenheit sein Haupt,
sondern hat selber seinen eigenen Sinn für Grösse und Eigen
sinn. So war er jetzt, da ich von dorther zurückkehrte, damit
beschäftigt, Kanonen zu giessen und starke Festungen zu bauen.
Also drang die Kunde an mein Ohr — die Verantwortlichkeit
obliegt dem Berichterstatter 38 d. h. beim Nacken des Erzählers
—: da sein Aufenthaltsort und sein Wohnsitz ein Wärmeland
ist, sehen sich die Kurden im Winter zum Aufenthalte auf
jenem Boden gezwungen. Kurz, die Einkünfte, die er hat,
kommen daher, dass 200.000 Nomadenfamilien alljährlich in
seinem Gebiete überwintern, indem sie aus Furcht vor dem
Zugrundegehen des Viehs und wegen des (dortigen) Ueber-
flusses an Wasser und Griinfutter alljährlich dort leben. Da
64
III. Abhandlung: Bittner.
nimmt er für jedes Stück ihrer Weidethiere eine Rupie als
Weidegeld, öffnet manchmal auch die Hand des Diebstahls,
28 rauht und plündert ringsum aus der asiatischen Türkei Hüter
aus den Festungen und Dörfern. Die Wirkung seines Befehles
ist derart, dass einer von den Kaufleuten, der von Mosul her
nach Uschnü gekommen war, Folgendes erzählte: ,Voriges Jahr
kam mir auf dem Wege nach Mosul ein Sack abhanden; als
ich zurückkehrte, (hatte man) ebendenselben Sack auf dem
Platze von Rüjindiz gemäss seinem Befehle auf einer Stange
aufgehängt. Es erkühnte sich also im Verlaufe eines Jahres
kein einziger, die Hand der Begierde darnach aufzuthun oder
auf das Eigenthumsrecht Anspruch zu erheben, bis dass der
Besitzer heuer zurückkehrte, sein Eigenthum in Besitz nahm
und dann wieder seiner Wege gieng/ Von der Festigkeit seiner
Macht und seiner Burg hört man Dinge sagen, dass einem der
Verstand stille steht. So erzählt man, dass der Zugang für Fuss-
volk und Reiter höchst beschwerlich ist. Fussgänger können
nur einzeln eindringen; drei Seiten der Festung umschliesst
ein recht tiefer Strom, den ohne Angst und Pein 39 * zu über
setzen blosses Gerede ist, auf der vierten steht ein überaus
hoher Berg, der die Eifersucht des Schahlän 40 * und Sahend
und den Neid des Eiwend und Demäwend erweckt. Auf jener
Anhöhe hat man Festungswerke in der Weise erbaut, dass eines
über dem anderen zu liegen gekommen, so zwar, dass man
aus Furcht vor dem höher gelegenen Hause nach dem tiefer
gelegenen Hause die Hand nicht ausstrecken kann, aus Furcht
vor den Steinen, (die) statt Flinten (kugeln geflogen kommen
könnten). Zur Zeit der Ankunft der Kurden und Karawanen-
•29 reisenden ist es bei ihnen üblich, dass sie die Leute zu beiden
Seiten der Festung sich lagern lassen, jedem, bei dem sich
Säbel und Flinten und Streit- und Kriegswerkzeuge finden,
diese abnehmen, und wenn jene dann von der Festung fort
ziehen, jede Waffe ihrem Besitzer zurückstellen. Die Art und
Weise, das erwähnte Gewässer zu übersetzen, ist folgender-
massen: Auf jener Seite, wo man in die Stadt kommt, stehen
gerade im Flusse zwei Berge einander gegenüber; über die
hat man eine Brücke geschlagen und geht dort hinüber. Ein
Augenzeuge erzählte: Wenn jene zwei Berge und jene zwei
oft bestiegenen Anhöhen nicht wären, vermöchte niemand ein-
Der Kurdengau Uscbnuje und die Stadt Urümije.
65
zudringen. Doch, da auf jenem (zuerst genannten) Berge nur
wenig Ackerbau betrieben wird, ist den Leuten zur Zeit einer
Belagerung traurig zu Muthe. Denn das Getreide, das ihnen
vonnöthen ist, muss aus der Gegend von Mosul und Kerkük
herbeigesckafft werden. Wenn sie also einer längere Zeit be
lagert, dürfte er wohl über sie die Oberhand gewinnen, und
wenn er sonst einen anderen Plan zur Ausführung bringt, baut
er vermutblich auf salzigem Boden.
,Der Salzboden trägt keine Hyaeinthen, verlier also auf
ihm nicht Samen und Arbeit.“ 41 *
Das sind die Zustände der Festung Rüjindiz und ihres Mir,
Mohammed Beg, von A bis Z. Ueber Uschnü erübrigt es
noch zu berichten, 42 dass es dort Obst in Menge gibt —•
die einzigen Früchte, die dort nicht Vorkommen, sind Feigen
und Granaten -— die Aepfel übertreffen alles andere Obst an
Güte und Menge. Die Gärten liegen inmitten einer steinichten
Gegend. 43 * Gerste, Weizen und Hirse sind massenhaft vor
handen und billig. Auch Reisfelder gibt es in Menge und
Honigbienen in Unzahl. Der Ueberfluss an Honig ist derart,
dass ein Menn von Uschnü, das 7 x / 2 Menn von Täbriz gleich
kommt, nur 5 Thaler kostet. Uschnü umfasst 32 Dorfschaften;
auch die Plätze von Suldüz 44 sind zu jener Stadt gehörig,
und zwar sind das 30 Dörfer. Die von ihnen (den Bewohnern
von Uschnü) an den Staat gezahlte Steuer beträgt 6000 Tümän,
und zwar wird die Steuer auf folgende Weise eingehoben: Von
den Einwohnern der Stadt hebt man für jedes Haus 1 Tümän
und von den Nomaden (für jedes Zelt) ebensoviel, für Stuten
und Büffel je 3 Rupien, aber nicht mehr ein, für Kühe und
Esel nimmt man nicht weniger als 1 Rupie, und wenn sie
für ein Schaf 10 Schähi geben, wird es gerne gesehen. Vom
Ertrage des Feldbaues werden 2 Zehntel eingehoben, das
eine nennen sie ,Sultanssteuer“ und das andere gottgefällige Ab
gabe“. Den Zehent der ,Abgabe“ bringen sie mit Lust dar und
geben ihn mit dankbarem Sinne hin, den anderen Zehent aber
erlegen sie nur mit Mühe und geben ihn mit Kummer. Mit
der Entfernung Uschnü’s nach jeder Seite hin verhält es sich
also: Bis zum Walle von Mosul beträgt sie 8 Tagereisen, bis
Urümi 15 Parasangen, 12 Parasangen bis Rüjindiz, 15 Para-
Sitzungsber. d. pliil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 8. Abli. 5
30
66
Itl. Abhandlung: B i 11 n o t.
sangen bis Marägha, 3 Parasangen bis zum Gebiete der Mekri. 45
Möge jeder wohl gewarnt sein! Wer dort passiert, dürfte vor
der Hinterlist der Knrden nicht sicher sein; denn die sind
recht hinterlistig nnd betrügerisch. Die Greise und Jüng
linge Azerhäidschän’s werden von ihnen zum Müssiggange
verführt; im Anfänge des Verkehrs scheint es, als ob nie
mand aufrichtiger, theilnehmender, ärmer und elender sein
könnte, aber wenn man genauer forscht, sieht man ihre Tücke
und ihre Bosheit.
,Ich sage Dir nur das, was die Beredsamkeit (zu sagen)
bedingt; Du schöpfe, wenn Du willst, aus meinen Worten Rath
oder Langweile. 1
In jener Provinz handelt man unter anderem auch mit
Galläpfeln; 46 die Leute haben da einen bestimmten Tag, an
dem sie zur Galläpfelernte Zusammenkommen, und zwar ist
das der 45. (Tag) des Sommers. Der Name jenes Tages ist in
ihrer Sprache ,Quiruq döken' 47 * d. h. Tag, an dem die
Schwänze der Schafe ahgeschnitten werden. An jenem Tage
gehen, doch nur auf Befehl des Mir von Rüjindiz, Männer nnd
Frauen der Kurden an das Abnehmen der Galläpfel. Von
diesen liefern sie ein Zehntel für den Mir ab, während sie den
Rest für sich selber in Beschlag nehmen. Wenn aber einer
ohne seinen Befehl an einem Gallapfel rührt, so ist es ebenso,
als ob er sich selber mit dem Schwerte die Hand vom Arm
abschlüge. So habe ich, als ich in jenen Tagen dort war,
gehört, der tapfere Mir habe drei Mann von ihnen gefangen
genommen und zweien die Hand abhauen lassen, einem an
deren aber, da das ein Theologe gewesen, Ehrerbietung er
wiesen und, da sich bei ihm nur 25 Stück Galläpfel vor
gefunden, mit einer Geldstrafe von 25 Tümän sich ,begnügt/.
Wenn sie Galläpfel sammeln, bringen sie dieselben jedenfalls
nach Uschnü, um sie an die Bewohner von Uschnü zu ver
kaufen. Die Bewohner von Uschnü sammeln sie (ihrerseits) und
verkaufen sie, wenn dann Karawanen aus Hamadän und
anderswoher kommen, um jeden Preis. Wenn auch die Er
wähnung des Folgenden Grund zu Verdruss und Veranlassung
zur Langweile gibt, habe ich doch, da die überaus grosse
Tücke der Kurden nur auf Grund der Erwähnung des folgen
den Passus Idar und deutlich wird, es unternommen, die folgende
Der Kurdengau Uscimüje und die Stadt Urüuiije.
67
Rechtsangelegenheit zu notieren. Der Sachverhalt ist dabei
folgender: Zur Zeit meines Aufenthaltes in Uschnu erhöh einer
von den Stämmen der Kurden, den man Rewend nennt,
(nämlich) der Häuptling jenes Stammes, welcher den Namen
Bäjandur Aqä hatte, das Haupt der Halsstarrigkeit und begann
auf nichtige Dinge zu sinnen. Da es üblich ist, dass jeder
Kurde, der in der Frühlingszeit dort sein Sommerlager auf
schlägt, dem dortigen Statthalter eine Summe als Weidegeld
geben und auch seine Spende, welche den zehnten Theil ihres
jährlichen Ertrages ausmacht, hingeben muss, verweigerte
Bäjandur die Zahlung beider Summen, säete ausserdem den
Samen der Feindschaft, öffnete auch manchmal die Hand des
Diebstahls und stahl von dem Vieh der Bewohner von Uschnu, 33
das auf dem Felde war. So oft auch der erlauchte Rahmat-
allah Chan Leute mit Ermahnungen und Warnungen an ihn
sandte, gab er doch keinerlei Profit, sondern löste seine Zunge
zu ungebührlichen Antworten, wie:
,Wir wollen Zusehen, dass das Ross des Isfendijar in
den Stall ohne Reiter komme oder auch, dass das Reitthier
des kriegerischen Rüstern sich dem Palaste ohne Herrn zu
wende. 1
Da der erwähnte Erlauchte jedes Mittel umsonst versucht, 48
entwarf er folgenden Plan und ersann folgende List: Da die
Statthalterschaft von Soleimänije dem 'Abdallah, dem Pascha
der Bebbe, 49 zugefallen, muss, nach dem Wunsche des Pascha,
Sohräb Chan mit einer Abtheilung Soldaten 50 * über Uschnu
nach Soleimänije gesandt werden. Nachdem diese durch diesen
Kunstgriff die Kurden zur Ruhe gebracht und nächtlicherweile
den Weg bis ans Ende zurückgelegt hatten, Hessen sie des
Morgens das Feuer des Kampfes und Streites entbrennen und
machten sich an die Plünderung der Habseligkeiten. Wiewohl
die Kurden ungezählte Mannschaft und ungestüme Schützen
hatten, so zog_ doch der Fuss ihres Widerstandes, da dieser
wie ihr Zusammenhalt schwach und unbedeutend war, noth-
gedrungen die Flucht dem Standhalten vor.
,Da schüttete der eine in die Pfanne noch grüne Feldfrucht, 34
während auf dem Feuer des anderen der eherne Kessel zurück
blieb. 1
68
III. Abhandlung: B i 11 n e r.
Wenn auch unermesslich und unendlich viel zu erbeuten war,
so hatten doch die Soldaten ans Schwäche nicht die Kraft zu
plündern. Da sie, von der zurückgelegten Strecke recht er
schöpft, sich selber nicht im Stande sahen zu rauben und zu
plündern und sich in die Winkel der Ermattung verkrochen,
tliaten nun die Kurden, die in Uschnü wohnten, ihre Hand
zum Plündern auf und brandschatzten die Habseligkeiten des
Stammes Bewend. Es dauerte nicht lange, kam ich aus Uschnü
in Urümi an; da sah ich eben jene, die ich in Uschnü in
Gegenwart des Rahmat-alläh Chan ihren Dank abstatten und
ihre Verbindlichkeit ausdrücken gesehen, indem sie für die Wohl-
that dankten und Anhänglichkeit und Verbundenheit (mit den
Worten) bezeugten: ,Dieser Streich ist Ursache, dass wir von
der Qual der Armuth, des Elends und der Nofh befreit sind/
— da sah ich also eben jene Leute in Urümi, wie sie, gegen
den vorhin erwähnten Erlauchten die Hand der Beschwerde
und Anklage zum gottesthrongleichen Hofe des königlichen Qä-
sim 51 erhoben, die Ohren der Thorhüter und Wächter des hohen
und vornehmen Prinzen, des Königssohnes Qäsim betäubten,
und zwar war der Inhalt der Anklage also: ,Da der Stamm
Eewend sich nächtlicherweile auf die Flucht begeben, haben
des Morgens die Soldaten die Hand zum Plündern unserer
Habe aufgethan. Was haben wir verbrochen und wie nennt
35 man unsere Kebellion, dass diese mit uns so verfahren und die
Hand zum Plündern unserer Habe aufgethan haben ? £ Dabei
lösten jene derart ihre Zungen in Demnth und unpassendem
Flehen, dass sie die Angelegenheit den Beamten des Macht
habers ganz verdrehten. Ich, der ich Wahrheitssinn habe, bin
überzeugt: wenn ein mächtiger und angesehener Oberbefehls
haber den Willen hätte, eine solche Angelegenheit den Staats
beamten zu verdrehen, so könnte es nicht sein, und wenn er
sich auch noch so sehr ereiferte und bemühte und mehr als
30 oder 40 Tagereisen weit entfernt wäre. Die Kurden aber
waren im Betrügen so geschickt und gewandt, dass sie auf
nur 10 Parasangen Entfernung die Angelegenheit in solcher
Art verdrehen konnten. Nach meiner Ueberzeugung müssten
Feder, Zunge und Ohr versagen, erlahmen und erschlaffen,
gälte es, von dem Grade ihrer Hinterlist zu schreiben, zu er
zählen und zu hören. So ist es wohl das Beste, dass wir selber
Der Kurdengau Usclmuje und die Stadt Urümije.
69
von dieser Geschichte abstehen und an die Schilderung der
Verhältnisse von Urümi 52 gehen. Die erwähnte Stadt gehört
zu den Bauten des Bahräm Gur. 53 Ihre geographische Breite
beträgt nach der Ansicht der dortigen Sterndeuter 37 Grad
und 14 Minuten, 54 soviel ich aber selber mit dem Astrolab
constatierte, 33 Grad und 29 Minuten. Ich weiss nicht, wieso
diese bedeutende Differenz zustande kam. Wahrscheinlich war
das Astrolab schadhaft, und wenn nicht — ich gieng dabei
äusserst genau zu Werke! Einem anderen kann ich den Irr
thum nicht zuschreiben und so ist es nur gut, dass ich diesen
Fehler auf mich nehmen und mir nicht weiter den Kopf zer
brechen muss. 55 Sei dem, wie ihm wolle — das bahrämitiscke 36
Bauwerk ist bereits zerfallen, während die Stadtmauer, die jetzt,
wo wir das Jahr 1230 der Hidschra 59 schreiben, noch erhalten
ist, zu den Baudenkmälern des Afschären Husein-Quli Chan 37
gehört. Doch ist das Fundament des Baues sehr alt. Ich be
sichtigte auch die dortige Moschee und sah ihre Aufschrift
von der eigenen Hand des 'Abd-el-mu’min Scherefschah aus
Täbriz. Das Datum der Aufschrift war 670 d. H., doch der
Erbauer des Baues nicht bekannt. Die eigentliche Stadt be
steht aus 6 Bezirken: 58 der eine Jurtsehäh, den das Volk unter
dem Kamen Girde-i schehr kennt, ein anderer Hazärän, was
das Volk Chazrän spricht, dann Hindu, Tschehärsüq, Bäzär-
häsch, Ah Gurke. 6000 beträgt die Zahl der Häuser, welche
von den Beamten protokolliert werden; doch bleiben den Be
amten zu ihrem eigenen Vortheile etwa 1000 Häuser in der
Feder stecken, 59 und gehen sie sich mit deren Zählung nicht
ab, um die auf diese entfallende Steuersumme sich selber zuzu
wenden. Nahe an 100 Häuser sind christlich und 300 Häuser
mosaisch, der Rest ist mohammedanischen Glaubens und ge
hört dem Ritus nach zu den Schiiten. Auch ist dort eine
von Zubeida, der Gemahlin des Chalifen Harun, angelegte Be-
gräbnissstätte, Qara Sanduq 60 genannt. Was ich über das Klima
der Stadt von seiner Strenge singen könnte, ist wohlbekannt,
während das Wasser aus Flüssen stammt. Gärten gibt es dort
in Menge und Baumanlagen in Unzahl, Früchte unermesslich
und unzählig (viel), doch übertreffen die Aepfel das andere
Obst an Vortrefflichkeit und reichlichem Vorhandensein. Auch
Getreide und andere Körnerfrüchte hat (Urümije) in Menge, 37
70
III. Abhandlung: Bittncr.
Zucker- und Wassermelonen gibt es mehr, als sich darstellen
und erzählen lässt. Kurz, (die Stadt) besitzt Annehmlichkeit
Schönheit und Lieblichkeit. 61 Auch gibt es da Baumwoll-
pflanzungen in Menge und Hanfpflanzungen in Unzahl, be
sonders auf den Plätzen von Burrinduz, 62 das die Stätte un
seliger Kurden ist; da kommen Derwische und Taugenichtse 03
zur Zeit (des Hanfes) hin, kaufen diesen um hohen Preis und
bringen ihn in die Umgegend. Die Leute sind dort (in Uru-
mije) sehr arm und harmlos, von allen zeitlichen G-enüssen
mit einem Becher Weins zufrieden und verschaffen sich ihr
tägliches Brot mit dem Weben von grobem Baumwollzeuge 64
und dem Nähen von Schuhen; hauptsächlich treibt die dortige
Bevölkerung das Webergewerbe und hat nahe an 700 Web
stühle. Was sie in der Provinz absetzen können, setzen sie
ab, während sie den Ueberschuss in die Umgebung schicken.
Im Hinblick auf die Wohlfeilheit schicken sie das Baumwoll-
zeug überall hin. Das schadet ihnen nicht, sondern bringt
ihnen sogar unbedeutenden Vortheil. Denn sowie sie es immer
nach Kurdistan und anderswohin bringen und dabei keinen
Schaden erleiden, ist es umso leichter, dass sie Vortheil erlangen.
Auch haben sie etliche Färbereien, wo sie eben jenes Baum-
wollzeug färben 65 und unter sich absetzen. Schuster gibt es
unermesslich und unzählig (viel), so zwar, dass es in keiner
Stadt je so viele Schuster gegeben hat oder gibt. Das ist
recht sonderbar; ich weiss nicht, was in einer solchen Stadt
diese Schuster alle in ihrer Trübsal machen. Wahrscheinlich
bringen sie die Schuhe zur Frühlingszeit unter die Nomaden
von Kurdistan und setzen sie ab; denn andernfalls würden die
jährlich von ihnen erzeugten Schuhe für sämmtliche Bewohner
Äzerbäidschän’s genügen. Ein wild wachsendes Naturproduct
ist eine Art Asant, die man auf persisch Qäsni 66 und auf
arabisch Hiltit tib nennt; die Araber nennen nämlich den Asant
überhaupt Hiltit, den berühmten Asant nennen sie Hiltit muntin
d. h. stinkender Asant und (die Art) Qäsni (nennen sie) Hiltit
tib d. h. wohlriechender Asant. An Lebensmitteln ist alles im
grössten Ueberflusse vorhanden und spottbillig, doch sind Silber
und Gold noch schwerer zu finden, als der Stein der Weisen.
Dies mag eben auch der Grund der Billigkeit und die Ur
sache des Ueberflusses sein. Wenn auch der Mangel an Geld
Der Kurdongau Usclinüje und die Stadt Urumije.
71
in diesen Zeiten alle Perser beim Kragen hält, so doch nicht in
dieser Art; denn in dieser Provinz wird vom Geldmangel er
zählt; wenn sie die Schuppen auf dem Rücken eines Fisches
erblicken, .geben sie in Erinnerung an den Heller die Seele
hin. 67 Noch wunderlicher ist es, dass die Staatsfunctionäre all
jährlich 100.000 Türnän einheben, trotzdem Baargeld auch in
der eigentlichen Stadt so häufig vorkommt, wie der Vogel Greif.
Wenn nicht das wenige Baumwollzeug wäre, das sie manchmal
in die Umgebung bringen und wofür sie eine geringe Summe
erhalten, könnte man sagen, folgendes Gedichtchen, welches
ein Dichter zur Verspottung eines Intendanten von den Ve-
ziren verfasst hat, bewahrheite das Treiben der Beamten jener
Herrschaft:
♦
,In deinem Dienste, o himmelhoch erhabener Grossvezir, 39
steht ein Dieb, der durch Zauberei das Gift aus dem Munde
der Schlange stiehlt: legt man ihn in einem finsteren Hause in
Ketten, so stiehlt er, wie der Bernstein, das Stroh 68 aus der
Mauer heraus; zieht er sich das Hemd des Diebstahls auf seinen
beweglichen Leib, so stiehlt er vom Eusse des Nackten zwei oder
drei Hosen weg.'
Wenn auch nach meiner Ueberzeugung das der Brauch aller
Perser ist, so ist doch die Macht dieser nicht zu schildern und
zu beschreiben. Meistens handeln (in Urumije) die Leute, d. h.
kaufen und verkaufen sie, nach dem Modus der Plandelsleute,
den man Tausch nennt, indem sie beispielsweise Weizen gegen
Reis, Reis gegen Baumwolle, Baumwolle gegen Zwiebel und
ihre zarten Schönen gegen Bitten eintauschen. Der Handel
mit Baargeld auf dem dortigen Markte ist auf die Fremden
beschränkt, denn die Einheimischen haben alle nach dem
Masse ihres Bedürfnisses ein Ackerfeld, um ihr Leben zu
fristen und bleibt ein Mehr, so setzen sie cs an die Fremden
ab. Wenn auch die Fremden und Reisenden, die in jener
Provinz sich bleibend aufhalten, bei den meisten Bewohnern
derselben gastliche Aufnahme finden, war mir gegenüber, so
viel ich sonst mit Türken verkehrt habe, kein einziger frei
von Tücke und Bosheit, im Gegensätze zu den Eingebornen
dieser Provinz, deren Wahrheitssinn und Freundschaft un
endlich ist. Beweis für diese Erklärung ist das Folgende und 40
zwar bildet den Sachverhalt das, was ich zur Zeit meiner
72
III. Abhandlung: Bittner.
Rückkehr aus Kurdistan mit eigenen Augen gesehen und mit
eigenen Ohren gehört habe: ein Derwisch, von dem nicht
bekannt wurde, wie er geheissen, welcher Richtung er an
gehört, welche Macht seiner Heimat zugekommen und wo sie
gelegen war — er selbst behauptete aus Schlräz zu sein — kam
in Urümi an und da war es im Vereine mit einem Afschären,
namens Ismail, der immer daran zu erkennen war, dass er
den Derwischen diente und bei dem Unterthänigkeit gegenüber
den Derwischen Handel und Wandel bedeutete, dass jener dem
Lustschlosse der Liebe einen festen Grund und den Banden
der Freundschaft und Vertrautheit dauernden Halt verlieh.
Der Aermste setzte den Fuss auf den Platz der geistlichen
Uebung und gab sich ganz dem Dienste des übelgesinnten
Derwisches hin, er legte immerfort das Haupt der geistlichen
Uebung auf die Schwelle des Derwisches und brachte die
grösste Dienstleistung zustande, in der Vorstellung, dass diese
Diener Gottes sind und dem Hofe nahestehen, ihr Dienst
(also) hienieden Ehre einbringe und im Jenseits den Grund
zur Ruhe lege. Doch der Liste sinnende Derwisch hatte nur den
Gedanken und nur also war sein Trachten: ,Ein wunderlicher
Esel hat sich in meinen Klauen und ein absonderlicher Bär in
meinem Stricke gefangen; da muss ich einen Plan entwerfen
und eine List ersinnen, etliche Dinare mir verschaffen und
dann fliehen ! £ Wie’s die Betrüger schon thun, legte er die
Hand des Betruges an den Kleidersaum jenes Armen (mit den
Worten): ,Da du im Dienste der Derwische vollendetes Be
mühen und Bestreben und unsäglichen Ernst und Eifer zeigst,
habe ich es mir zur Pflicht gemacht, eine dauernde Lebens
rente für dich und deine Kinder (anzulegen und zwar soll
diese) unveränderlich, sicher und unaufhörlich sein, auf dass
deine Kinder von Geschlecht zu Geschlecht, ohne ihren
Arm ab plagen oder mit der Faust zustossen zu müssen, frei
von Trübsal und Verdruss, von jenem erlaubten Vermögen
nach Herzenslust leben und zufrieden daheim sitzen können.
Eine Zeit lang hatte ich schon (immer) meine Schritte nach
dem Platze der Kasteiungen und Glaubenskämpfe gelenkt,
zum Dienste der Derwische die Mitte gegürtet und Arm und
Hand nicht ruhen lassen. Nachdem ich so durch 22 Jahre
in der reinen ,Abnutzung' mit wirrem Kopf und verstörtem
Dor Kurdengau Usclmüjo und die Stadt Urümije.
73
Sinn, durch harte Kasteiungen mich selber abgemartert und
mit endloser Mühsal den Gürtel im Dienste geziert hatte,
hatte der Obere mit mir Erbarmen und lehrte mich dieses
Verfahren, welches ich (wieder) dich, da ich dich den Der
wischen dienen sah, gelehrt habe; denn du lassest dir die
Auslagen für den Lebensunterhalt und den Dienst der Der
wische mehr als ehedem vollends angelegen sein. Der Gang
dieses ist der und seine Regel also: ,Du musst 30 Eschrefi
in einen Lappen Baumwollzeug von der und der Farbe legen
und den und den Namen unter eben jenem Gebete darauf
schreiben, in einer abgesonderten Stube nach Art der Manda-
lesen 69 Weihrauch aus Wachholderharz, Aloe und Sandelholz
bereit halten, den Lappen unter einer Tasse verstecken, eine
Linie um dieselbe herum ziehen, ferner bis nach Ablauf von
30 Tagen jeden Morgen bis zum letzten (Tage) dort ver- 42
weilen und die und die Zauberformel in der und der Art
und so und so oft hersagen. Nach Verlauf von 30 Tagen ist
dir der Morgen eines Neujahrsfestes beschieden und dein Stern
günstig und beglückt: da verdoppelt sich nämlich jene Summe
und wie viel du auch von ihr nimmst, so wird sie doch, wenn
du tags darauf zu ihr hinkommst, wiederum wie tags zuvor
sein. Es gibt nämlich zwei Engel, die der Herr zu Aufsehern
über jenes Gebet gemacht hat, auf dass sie alles das, was der
Verrichter dieses Gebetes von dieser Geldsumme nimmt, in
gleichem Betrage herbeibringen und an dessen Stelle legen,
und zwar hat der eine jener zwei Engel den Namen Taml.üsa
und der andere heisst Tamahisa. 70 Doch musst du recht
vorsichtig sein, dass schmutzige und unreine Leute auf jenen
Boden ihren Fuss nicht setzen und dass Frauen und Kinder
in jenes Haus keinen Zugang haben; denn wenn du nicht so
thust, wirst du von jenen zwei Engeln viel Qual, aber keinen
Nutzen erfahren. Auch ich muss mich alle zehn Tage einmal
mit glückverheissenden Schritten dahin bemühen und meine
Lippen zum Hersagen des und des Gebetes aufthun, um jede
Schädigung durch jene zwei Engel von dir abzuhalten/ Am
eilften Tage nun, wie jener Faulenzer sich dahin bemühte, 71
um ,jede Schädigung durch die beiden Aufseher von dem
Betenden abzuhalten', hatte er einen Lappen von der nämlichen
Farbe und in der nämlichen Weise vorgerichtet, etliche Kupfer-
74
IIT. Abhandlung: Bittner.
münzen hineingelegt und unter seine Kntte gesteckt. Während
er dann die Lippen zum Verrichten des Gebetes au ft hat, streckte
43 er die Hand des Betruges aus, packte den Lappen, in welchem
die Eschref! waren, und legte jenen Lumpen, in welchem er
das Kupfergeld hatte, an seine Stelle, und dann begab sich
jener nichtsnutzige Dieb, der Beutelschneider, nächtlicherweile
auf die Flucht. Wie sehr man sich auch beeilte, ihn zu suchen,
fand man doch keine Spur mehr. Was den See 72 betrifft, der
im Gebiete von Urümi gelegen ist, bildet seinen Anfang, nach
. der sogenannten Länge, das von diesem Gewässer zwei Para-
sangen entfernte Maragha und sein Ende das drei Parasangen
entfernte Urümi, 73 während die sogenannte Breite an das
Terrain von Kurdistan stosst, womit Uschnü und Suldüz gemeint
sind; von dorther holt die dortige Bevölkerung, aber auch die
von Bnjindiz Salz. Der Salzgehalt des Wassers dieses Sees
ist derart, dass überhaupt Thiere darin nicht zu leben ver
mögen; es kommen auch in keiner Art und keiner Weise
Thiere darin vor. 74 In seiner Mitte hat er sechs wenig be
stiegene Berge, 75 von denen einige gleich den Wäldern von
Mäzenderan und Gilän mit majestätischen Bäumen dicht be
wachsen sind. Immer kommen die Leute aus Choi und Urümi
zu Schiffe dahin und fällen von jenen Bäumen, um ihr Holz
nach der Stadt zu bringen und zu verkaufen. Einen von
jenen Bergen nennt man ,Dschehüd-daghy' das heisst Ruden
berg' und einen anderen nennt man ,Jimlik-dscheziresi' d. h.
Insel, wo eine Pflanze wächst, die die Perser ,läle-sching' und
die Araber ,lihjet-et-teis' nennen. 76 Die Araber heissen den
44 Bart ,lihjet' und den Bock ,teis £ , so dass jener Ausdruck so
viel wie ,Bocksbart' bedeutet. Jenes Kraut ist nämlich dem
Barte eines Bockes sehr ähnlich, und das nämliche Kraut
heisst man im Lande Kermän ,Bocksbart'. Und einen anderen
Berg (nennt man) ,Arpa deresi' d. h. Thal, wo es wilde Gerste
gibt, deren Farbe ganz schwarz ist. Und ein anderer Berg ist
da, den man ,Eschek-adasy' heisst, was soviel bedeutet wie
,Eselsplatz' und ein anderer Berg hat den Kamen ,Qojun-adasy'
d. h. ,Schafsort'. Der Karne desselben klingt ihnen deshalb
so angenehm, weil sie, wenn ihnen eine Kuh, ein Esel oder
ein Schaf zusehr mager wird, so dass eine Wartung nicht mehr
möglich ist, das betreffende Thier in kleinen Schiffen mit sich
Der Kurdengau Uschnüjc und die Stadt Urumije.
75
führen und auf jener Insel freilassen; nach einiger Zeit, wenn
dasselbe recht fett geworden, fahren sie dorthin und bringen
es wieder zurück. Und es ist auch noch ein Berg da, dessen
Name ,Tspär' ist. Das ist die Beschaffenheit des Sees von
Urümi in seiner ganzen Länge. Weiters ist zu erzählen, dass
ausserhalb der Stadt eine Stelle ist, die man ,Drei-Gewölbe'“
nennt, wiewohl jetzt nicht mehr als ein einziges Gewölbe
vorhanden ist, das eine Höhe von nahezu zwölf Ellen, aber
keinerlei Schrift oder Zeichen an sich hat, woraus man er
fahren könnte, wer es hergestellt oder wie sein Name laute.
Ich sehe es für das Grab eines von den Sultanen an; unterhalb
des Gewölbes ist nämlich eine Höhlung, die auch ein Beweis
hiefür ist. Einer erzählte, dass dieses Gebäude den Sultan 45
Dschelal-ed-din Mangberti 78 zum Erbauer hat, in gleicher
Weise, wie dies bei der erwähnten Moschee der Fall ist.
Wahrscheinlich ist ebenjenes Gewölbe das Grab des erwähnten
Sultan. ,Drei-Gewölbe' hat man es deshalb genannt, weil da drei
Gewölbe über einander gebaut sind. Mohammed Quli Chan,
der Sohn des Afschären Riza Quli 78 liess zwei Gewölbe nieder-
reissen, (das Materiale) für sich fortschaffen und daraus Häuser
erbauen. Die nämlichen Bauwerke habe ich gesehen, nicht
etwa bloss gehört, dass andere insgeheim oder offen das
Materiale und die Steine fortgeschafft und für sich (daraus)
Häuser erbaut haben. Es gibt keinen Gott ausser Gott!
Behalte die Vergeltung für deine That im Auge, die Ver
geltung! Lob sei Gott, dem Herrn der Herrschaft! Du trägst
das Besitzthum von Muselmännern fort, wenn sie aber dein
Besitzthum forttragen, da erhebst du gleich deine Stimme und
rufst um Hilfe, dass es kein Muselmann sei. Ferner ist eine
Kirche in der genannten Stadt gelegen, welche ,Nene Merjenr 80
genannt wird. Sie dürfte der alten Bauwerke eines sein; seiner
zeit war nämlich in den Bewohnern Urümi’s der Entschluss
entstanden, die Armenier aus der Stadt zu jagen und ausser
halb der Stadt anzusiedeln. Die willigten nicht ein, sondern
wiesen einen Vertrag vor, der etliche Jahre vor der Sendung
Mohammed’s datiert war, und widersetzten sich, weil nämlich
diese Kirche und der Grund dieser Häuser mit ihrem Gelde
erkauft und fromme Stiftungen seien, die ja übrigens zu ver
kaufen ganz unmöglich sei. Ferner haben die Armenier, die 46
76
III. Abhandlung: Bittner.
in der Stadt sind, meistens armenische Bauern und Säeleute,
und die da in der Stadt leben, verschaffen sich die einen mit
dem Tischlerhandwerke ihr tägliches Brod und andere ver
bringen ihre Zeit mit dem Verfertigen von Sätteln und Jagd
netzen. Was die Gemeinde der Juden anbelangt, so sind sie
zum Theil Krämer und theilweise Schneider, manche treiben
sich als Trödler in den Dörfern und Ortschaften herum, wieder
andere üben das Handwerk der Goldgiesserei, während etliche
die Bude der Betrügerei öffnen und behaupten, die Sokrates der
Zeit und die Hippokrates des Jahrhunderts zu sein, mit diesem
Vorwände so manchen an sich ziehen und aus ihm einen
Profit herausschlagen. Auch sind dort nahe an 600 Familien
Sunniten ansässig, die auch zu den Kurden jener Gegend ge
hören, durch den vielen Verkehr mit der dortigen Bevölkerung
ihre Wildheit abgelegt und von dort noch nicht weiter ge
gangen sind. Doch ist die Gepflogenheit der Fehde und des
Krieges zwischen Sunniten und Schi'iten unter ihnen nach alter
Weise fortbestehend, derart, dass jene die Moscheen der
Schi'a-Gemeinde nicht betreten — was machen sie aber anstatt
zu beten? 81 * — und nach ihren Bädern nicht blicken; denn statt
ins Bad zu gehen, haben sie als Sunniten die Regel, dass sie
es nicht für gut halten, ins Wasser zu tauchen; sie beten auch
nicht, wie Schi'iten, mit lose herabhängenden Händen. Ferner
habe ich mich lange Zeit genug verwundert, wieso bei solcher
Kleinheit der Einnahmen die Beamten die (schon genannte
Steuer-) Summe zustande bringen und wie sie dieselbe be
kommen. Zwar constatierte ich, dass ihnen mit den Bewohnern
von Schirwän die Wege des Verkehres und Handels offen
stehen und dass sie Nanking, 82 grobes Zeug und gedörrtes Obst,
wie Trauben, Aprikosen und dergleichen, dorthin schaffen und
dafür ein wenig Geld erhalten; doch bin ich hinwiederum ganz
verwundert, wieso sie alljährlich 100.000 Tümän in die Casse
des Fiscus geben können! Soviel steht fest, dass die Be
wohnerschaft jener Provinz verschuldet und verarmt ist; bei
spielsweise hat jener, der früher Herr von zehn lieblichen
Landgütern gewesen, jetzt das Auge des Bedauerns zur Be
aufsichtigung nur eines ellenlangen Grundstückes geöffnet, und
derjenige, der 10.000 Zeltstricklängen Garten besessen, sieh,
der hat den Staub der Hoffnungslosigkeit im Auge gelagert,
Der Kurdengau Uschnuje und die Stadt Urümije.
77
sein gesammtes Besitztkum verkauft, damit die Steuerbeamten
bezahlt gemacht und den Weg nach der Wüste der Mittel
losigkeit durchmessen. — Mehr als dies (zu berichten) würde
nur Herzeleid bei den Freunden erzeugen; das ist die Ge-
sammtheit der Zustände von Urümi und Kurdistan.
Geschätzter Freund! Geehrter Herr! Du weisst, dass ich
vor dir, dem Gebieter, mich schämen und erröthen muss, weil
ich beim Niederschreiben dieser unzusammenhängenden Worte
deiner erlauchten Person gegenüber so nachlässig und kraftlos
gewesen bin. Bei deiner theuren Seele! ich war derart nieder- 48
geschlagen und verwirrt und bin es noch, dass weder meine
Feder die Kraft zu schreiben, noch meine Zunge Lust hat,
die Worte zu überwachen; mir wäre eine Lanzette im Auge
besser, als nach Buch und Heft zu sehen, die Keule des
Feridün über Seite und Rücken gefälliger als die Feder zwi
schen den Fingern! Ich bin derart welk und verzehrt, dass
ich für die Schönen kein Auge habe, in dem Masse traurig
und lahm, dass ich Saitenspiel und Psalmodie zu hören nicht
verlange. Meistens verharre ich unter traurigem Klagen und
Jammern, folgende Verse herzusagen:
,Dcr Hauch des Morgens tliut dem Verwundeten wie ein
Stachel weh, das seidene Gewand ist für den Kranken eine Last,
die Melodie im Ohre des Herzlosen der Klang der Todtenklage,
der Jasmin ist für den Fuss des Verirrten ein Dorn, der Edelstein
im Auge des Herzlosen nur Kieselstein, Zucker am Gaumen des
Betrübten Schlangengift.“
Ich fürchte, wenn ich noch mehr aus brennendem Busen und
betrübtem Herzen berichte, die Freunde traurig und verstörten
Sinnes zu machen. So ist es wohl das Beste, dass ich das
Ende dieser Geschichte verhülle und das Herz des Freundes
nicht weiter zerreisse. Soviel nur soll genügen, dass mir bei
meinem kranken Herzen die Luft des indischen Reiches wohl
bekommen hat und ich deshalb die folgenden Worte singe
und sage:
,Sehen will ich die Wunder Indiens, erwägen den Weg
der Schwarzhäutigen; ich habe zwar jedes Menschen Rede schon
vernommen, doch will ich mich auch einmal mit dem Papagei
unterhalten, jenem Vogel Indiens vorerzählen, ein Salomo 83
durch mich selbst (geworden), Bericht erstatten.
78
III. Abhandlung: Bittner.
Freilich habe ich, da ich so verwirrt war, gleich mir selber
verwirrt und durcheinander geschrieben, ja ich glaube, dass ich
sogar Fehler geschrieben habe! Hoffentlich werdet ihr (meine
Worte) gütigst hinnehmen und über die Schuld von Männern
verstörten Sinnes nicht in Zorn gerathen!
Und damit Schluss!
Anmerkungen. 1
1. Diese beiden Doctoren waren nacheinander Leibärzte
des im Jahre 1838 verstorbenen persischen Kronprinzen 'Abbäs
Mirza, der zu Täbriz seine Residenz aufgeschlagen hatte, und
zwar zuerst Dr. Mac Neill und nachher Dr. Cormick, s. Ritter,
Erdkunde, IX. Theil, p. 880. Ueber den ersteren vgl. S. Lee,
Dictionary of national biography, London 1893, vol. XXXV,
wonach dieser Arzt 1824—1835 in Persien stationirt war. Den
zweiten Arzt finden wir schon im Jahre 1818 in Persien, s. Ker
Porter, Travels in Georgia, Persia, Armenia etc. London 1821,
und lesen über seinen Charakter bei Keppel, Narrative of tra-
vels in Babylonia, Assyria, Media and Scythia in the year 1824,
London 1827, II, p. 78: ,Dr. Cormick, the prince’s (Abbas Meerzd)
physician, who is deservedly a favourite not only with Persians,
but with all who liave the pleasure of his acquaintanceJ Nach
Polak, Persien, II, p. 221 soll Dr. Cormick sich um die per
sische Pharmakologie durch Einführung des Kalomels und des
Bittersalzes verdient gemacht haben.
2. Jaghmä ist ein persischer Poet der neueren Zeit. Der
Dichter apostrophiert sich selbst.
3. In unserem Teste finden wir den Namen dieses Städt
chens bald ,Usch nid, bald ,Uschnüje‘ geschrieben;
dies letztere auch bei dem türkischen Reisenden Ewlijä (Hand
schrift der k. k. Hofbibliothek zu Wien, Hist. osm. 193) und
zwar mit wohl nur auf einem Fehler des Abschreibers beru-
1 Die mit einem Sternchen versehenen Nummern sind mehr philologischen
Charakters. Die Zahlen in [ ] bezeichnen Seite und Zeile des Textes.
Der Kurdengau Uschnüje und die Stadt Urumijc.
79
hender Verdoppelung des j (aö^tAl). Im Dschihän-numä steht
<äoylio\ statt aoytAl. Der arabische Geograph Jaqüt schreibt
,Uschnuh'; Ibno’l-Kaisaräni, Homonyma, ed. P. de Jong,
p. i * s. v. ^J\
wonach ,Uschnah' zu lesen wäre. Bei Assemani, Bibi. or. II,
p. 456 findet sich die Schreibung ,Asnocha' und in Bar-
Hebraei Chronicon ecc.1. (ed. Bruns et Kirsch), p. 547 wird ein
, Asch mV genannt. Fraser transcribiert ,Ooshnoo', Bawlinson
liingegen ,Ushnei', während wir bei Sandreczki, Reise nach
Mosul und durch Kurdistan nach Urumia, Stuttgart 1857, III,
p. 48, ein ,Usclimi' genannt finden (wohl bloss Druckfehler für
Uschni ^Al). So erwähnt auch Fr. v. Thielmann, Streifzüge
im Kaukasus, in Persien und der asiatischen Türkei, Leipzig
1875, p. 317 ein ,Uschni (auch Uschnü genannt)'.
4. Nach Rawlinson, From Tabrlz to Takti-Soleimän, Journ.
of the royal geogr. soc. of London, v. X, p. 18, soll unter den
Kurden von Uschnüje wirklich die Sage gehen, dass die Stadt
an der Stelle des alten Saba ,Shari Sebä' liegt, doch hält der
selbe dies ungeachtet aller Anzeichen verschwundener Pracht
für ,a mere fable'.
5*. Eine ausführliche Schilderung des Kurdengaus Uschnüje
findet sich nur bei Rawlinson a. a. 0., p. 16 ff.: ,The district
of Ushnei has been little visited by Europeans, and merits
therefore a short description. Situated at the foot of the great
Kurdistan mountains, and surrounded on other sides by an
amphitheatre of lower hills, it occupies a natural basin of small
extent, but of great beauty and fertility etc.' Darnach wird
aiüA. [10, 15] (das nach Polak, Persien II, 365 ,abschüssiges
Land', aber nach Rosen, Neupersischer Sprachführer, p. 35
,Thal' bedeutet und auch in Wollaston, Engl.-pers. dict. s. v.
,valley‘ angegeben wird) durch ,Thalmulde' zu übersetzen sein.
6*. Nach Vullers müsste statt [11, 11] ge
schrieben werden; doch vgl. Wollaston, Engl.-pers. dictionary
s. v. ,nasty' und s. v. ,unclean' (beide Male doch s. v.
,dirty' Kazimirski, Dialogues franc.-persans s. vv. ,sale,
malpropre, sordide, crasseux' (durchgehends i_i-A5).
7*. Zu ^4-A [11, 18] vgl. die folgende Anmerkung.
80
III. ALhandluug : Bit tu er.
8*. Das arab. [12, 17] stellt im Sinne des pers.
Die Stelle rührt von Hätiz her (Kosenzweig, I, S. 498):
}ko
>5 "» j'j CA?
9*. In der Handschrift steht «JöUiV (sic!). Bei meiner Con-
jectur AiUb.i [14, 7] dachte ich an eine Ableitung von arab.
,Tintenzeug 4 , das im Kurdischen mit Imäle gesprochen wird,
s. Jaba, Dict. kurde-franc. s. v. (= Ay).
10*. Statt sjJo [14, 15] steht in der Handschrift und
zwar lautet dort die ganze Stelle also: y j-*
g!' j' (sic!) oilr?"’ a ^ L -3 s ^ > Vielleicht stand
ursprünglich oj — doch habe ich für £)j*33~>,
dem man den Sinn von £*33?* ,kokett £ unterschieben müsste,
keinen Beleg gefunden.
11. Kack orientalischer Anschauung fliesst das Blut des
Ermordeten, bis der Mord gesühnt ist (Blutrache).
12. Die Zerzä-Kurden bilden nach Eawlinson den Haupt
bestandteil der Bewohnerschaft von Usckmije und Umgebung.
Derselbe fand nur 800 Familien von diesem Stamme; er nennt
ihn ,the most warlike of the many warlike clans who inhabit
this part of Persia 4 , und sah einige Häuptlinge ,who wore their
shirt of mail day and night, and always kept their horses ready
saddled, not knowing at what moment they might be called
on to sally fortli and repel a foray 4 .
13. Ich habe < .-'15 [16, 10] durch ,grosse Hunde 4
übersetzt. Wahrscheinlick ist damit die ,grosse Abtheilung 4 des
arabischen Stammes der ,beni kiläb 4 zu verstehen.
Nach Millingen, Wild life among the Koords, p. 214 hat sich
ja das "Wohngebiet der Kurden in früherer Zeit viel weiter
nach Süden erstreckt und wäre nach der dort gegebenen
Anmerkung, wonach im Jahre 1860 kurdische Flüchtlinge sich
arabischen Stämmen anschlossen und mit diesen sich vermisch
ten, an eine ähnliche Verbindung des Knrdenstammes der Zerzä
und eines der beiden genannten arabischen Stämme zu denken.
Der Kurdengau Uscbnüje und die Stadt Urumije.
81
14. Qärün ist nach der mohammedanischen Sage ein
Schwager Mosis und mit dem Qorah rn'p der Bibel (Ex. 6. 21.,
Num. 16, 1 ff.) identisch. Er soll von seiner Gattin, der Schwe
ster Mosis, die Goldmacherkunst erlernt haben und so reich
geworden sein, dass er seine Gärten mit goldenen Mauern um
geben konnte und 40 Maulesel nothwendig waren, um die
Schlüssel zu seinen Schatzkammern fortzuschaffen. Vgl. Weil,
Biblische Legenden der Muselmänner, S. 181 und 182; Qorän
XVIII. 76; Häfiz (ed. Bosenzweig) I. 6, S. 18. NB. vgl. Nachtrag,
S. 97.
15*. Statt [17, 2] steht in der Handschrift durch-
gehends Cj^SjS, statt [17, 14] 1. besser st. lUi-s
[17, 15] steht in der Handschrift
16. Der Ort Hegt W.-S.-W. von Uschnü (nach der Karte
von Khanikof-Kiepert: Map of Aderbeijan, Berlin 1862, in der
Zeitschrift für allgem. Erdkunde, N. F., Bd. XIV, Taf. 111!.
17. Der Autor nennt zwar die christlichen Verbündeten
der Kurden bei diesem mohammedanischen Feste ausdrücklich
als Armenier — denn er hat ja dort Armenier aus Choi (arah.
armen. A»y) und Selmäs (arab. armen. |j
angetroffen — doch dürften wahrscheinlich in noch grösserer
Zahl die Nestorianer an diesem Feste sich betheiligen. Siehe
folgende Anmerkung. Uebrigens haben nach Thielmann, Streif
züge, p. 314, die Kurden gegen das Zusammensein mit Christen
überhaupt kein Vorurtheil. NB. 'Abd-er-razzäq thut der Nesto
rianer gar keine Erwähnung, möglicherweise verwechselt er
Syrer und Armenier.
18. Dieser Scheich Ibrahim war wohl nicht armenischer,
sondern syrischer Bischof und dürfte mit dem ersten nestoria-
nischen KathoHkos von Uschnü identisch sein (im 13. Jahrh.)
s. Bitter, Bawlinson und Assemani, Bibi. or. II, 456, wo ein,Abra
ham Episcopus Asnoehae' erwähnt wird. Zur Verwechs
lung der Armenier mit den Syrern vgl. ebendas, p. 407 und
das in unserem Texte bei der Kirche ,Nene Merjenr in Urümije
Gesagte, s. Amn. 80.
19. Vgl. hiezu die Schilderung des Missionärs Hörnle (Ba
seler Missions-Magazin 1837, S. 513): ,Einmal im Jahre feiern
sie ein grosses Fest bei dem Grabmahle eines gewissen Scheiks
Sitzung?her. ä. pUiL-hist CI. CXXXIII. Bd. 3. Ab!i, 6
82
III. Abhandlung: Bittner.
Ibrahim, den sie für einen berühmten Weisen ihrer Nation
halten. Sie verrichten Gebete auf dem Grabniahl, was der
Grabhüter zu seinem Yortheil wohl zu benutzen weiss. Er hat
nämlich einen eisernen Ring, vorn mit einem Haken zum Auf-
und Zuschliessen in seiner Hand. Diesen Ring legt er Jedem
um den Hals, der beten will, schliesst den Haken zu, bis ihm
ein kleines Geldstück gereicht ist, worauf er ihn wieder mit
den Worten öffnet: Der Scheik hat deine Bitte erfüllt!'
20*. Zu diesem Gemisch persischer und arabischer Con-
struction [20, 11] vgl. man z. B. Häfiz (ed. Rosenzweig I, S. 18):
\j U ä!\ cj" 0 t q GJ
21. Sämiri ist nach der mohammedanischen Sage jener
berühmte Zauberer, der den Juden das goldene Kalb gemacht
hat; vgl. Weil, Bibi. Legenden der Muselmänner, S. 172; Qoran
XX, 87, 96; dann Burhän-i qäti' s. v. .j^Go; j> aS
22. Zu den Attributen der Zohre, der himmlischen Venus,
des Planeten der Sänger und Musiker, gehört auch die Hand
pauke.
23. Unter dem ,Erdenstiere' ist jenes fabelhafte Unge
heuer, auf dessen Hörnern und Rücken die Erde ruht, und
unter dem ,Himmelslüwen' das Sternbild des Löwen zu ver
stehen.
24. Ueher die Stiftung dieser Derwisch-Orden vgl. v. Ham
mer, Geschichte des osman. Reiches I, p. 138. Die Naqschbendi
bilden den ältesten Orden, die sogenannte ,Goldene Kette'
und ihre Scheiche heissen Jyp siehe
Ferheng-i schuüri s. v. Naqschbendi wurden sie nach
dem 1319 verstorbenen Pir Mohammed, der den Beinamen
,naqschbend', d. i. ,Mal er' hatte, benannt, vgl. Rosenzweig, Jo
seph und Suleicha, p. 340, 5. Nach v. Hammer sehen die Naqsch
bendi das letzte Glied ihrer Kette in dem Chalifen Abu Bekr,
die anderen Derwische in dem Schwiegersöhne des Propheten,
'Ali. Ueber das Treiben der Derwische vgl. Vämbery, Sitten
bilder aus dem Morgenlande, Berlin 1876.
Der Kurdengau Usclmuje und die Stadt Urömije.
83
25. Dieses nicht gerade classisch - arabische Sprichwort
lautet vollständig: Qlsl ^3.-0 ,In der Narrheit gibt
es Doctrinen, mindestens vierzig'; man vergleiche hiezu Shake
speare, Hamlet: ,Though tliis he madness, yet there is metliod in it.'
26*. Der Terminus [21,18] als Gegensatz zu üb>U
scheint vom Autor erfunden.
27. Dieser Weis — ist nur eine Abkürzung für \
— ist mit dem besonders von den Derwischen verehrten Asceten
Oweis aus Qaran in Jemen identisch. Nach der mohammeda
nischen Legende soll diesem Manne, der seines Zeichens Kameel-
treiber war, im 38. Jahre nach der Flucht der Erzengel Gabriel
erschienen sein, um ihn im Namen des Herrn zu einem Leben
der Betrachtung und der Busse zu berufen; dieser Aufforderung
folgeleistend, habe Oweis der Welt entsagt und sich zu Ehren
Mohammed’s, der in der Schlacht am Berge Uhud durch einen
von Feindeshand geschleuderten Stein einen Zahn verloren hatte,
alle Zähne ausziehen lassen. Vgl. v. Hammer, Geschichte des
osman. Reiches I, S. 138; Sacy, Seances de Hariri, p. 439, note;
Scharischi, Commentar zu den Maqämen des Hariri II, p. riv.
soll Oweis in der Schlacht bei Siffin als
er gefallen sein. —• Die gleiche Anspielung auf die Ka-
meele des frommen Oweis kommt auch in folgendem türkischen
Verse vor, den Herr Sa'ad-ed-din, Correpetitor des Türkischen an
der k. u. k. Orient. Akademie zu Wien, mir mitzutheilen so freund
lich war und der sich häufig auf Schrifttafeln findet:
Nach dem ghls
0^3
,Bändige das Kameel deiner Leidenschaft, wenn du fromm bist,
dass Oweis aus Qaran zu dir sagen kann: Das ist ein junges
Kameel aus meiner Heerde.'
28*. Statt [22, 6] hat die Handschrift ^3^0, was
uäJjJo zu lesen wäre.
29*. Aehnlich finden wir das Treiben dieser Derwische
im Ferheng-i schu'üri geschildert: dS
1* ,3***^ ^ 3.^1 i ^ 32 , ^^<0, ,3-'—.-—g*— : ^3 ^~} aj üüxswbto
eSj3-Q.3? 1 —'3^3
6*
S4
ITT. Abhandlung: Bittner.
A«**3 *3 ^ , ^L-O N Q^J «11 r Alll> liX^O ,,.\ jS,*£
Zi^y^ ‘—jJjVssd **“ t vlr"!rf3 j^L^Lo
sj^ijjS O-^’ 1 S J^ jr? *>i3_A~2mu^
30. Mit dem .Stein' spielt der Verfasser auf das bekannte
Factum an, dass Mohammed in der Schlacht am Berge Uhud
durch ein Steingeschoss einen Zahn verloren hat.
31. Es soll damit nur darauf hingedeutet werden, dass die
Derwische, die ja zum Propheten im Verhältnisse der Fliegen
zum Papagei stehen, sich eine Unverletzbarkeit zuschreiben, die
nicht einmal Mohammed ausgezeichnet.
32*. Ln Diwan des Hifiz kommen diese Verse nicht vor.
Die ersten zwei habe ich in derselben Form im Ferheng-i
schnürt und im Ferheng-i endschnmen-i äräji Näsln gefunden.
33. Wörtlich ,einer, der eine aus Mehl und Traubensyrnp
bereitete Süssigkeit isst', vgl. Bleibtreu, Persien, Freiburg im
Breisgau 1894, p. 71: .ferner machen die Perser aus dem Dn-
schab (einem aus Weinmost zubereiteten Syrup) ein Confect,
das sie Ilelva nennen. Sie mischen nämlich zerstossene Man
deln, Weizenmehl und geschälte Wallnüsse in den Syrup, pressen
dann das Ganze in längliche Säckchen, und zwar so fest, dass
diese Süssigkeit zur Winterszeit nur mit einem Hackmesser
zerkleinert werden kann.'
34. .Gürkän' ist der Beiname des Grossherrn der Mongolen,
Timür Läng oder Tamerlan, 1370—1405. Das Wort bedeutet
nach Ihn 'Arahschäh in der Sprache der Mongolen soviel als
,Schwiegersohn' (s. Ausgabe von Manger I, p. 25, 26): LJ 5
s * iw* t*D
/• * U aiaxJ ^ M ääXs i ■ .1$,aS Aach
Vämbery, Cagataische Sprachstudien, p. 329 ist 0 ,köregen'
zu lesen und das bereits veraltete Wort, das auch ,schön, nett'
bedeutet, der Familienname Timürs.
35. /Am und Zeid' bedeutet hier soviel, wie unser ,Kre-
thi und Plethi' 11.1. Sam. 8, 18: ’rfsBWji TT®?!) oder das englische:
Der Kurdengau Uschnnje und die Stadt Urömije.
85
.Jack, Tom and Harry*. Die beiden Namen kommen sonst ge
wöhnlich in der Sprache der mohammedanischen Juristen und
Grammatiker vor, im Sinne von ,Caius und Sempronius* oder
,A. und B.‘.
36. Die Namen der angeführten Kurdenstämme, bei deren
Aufzählung der Autor sich nur auf die ihm während seiner
Reise bekannt gewordenen beschränkt, konnten fast alle sicher
gestellt werden: Zerzä (so auch Tomasehek, Encyelopädie von
Etsch und Gruber, Kurdistan; Spiegel, Eran. Alterthumskunde,
I, p. 358 ff.; Rawlinson a. o. O., S. 16); Mämäsch (Rieh, Narra
tive, S. 150, Note: Maniash: Spiegel: Mämish); Herki s. Jaba,
Recueil de recits et notices kourdes, S. 68, Nr. 2: La tribu de
Herki eomptait jadis huit milles tentes, aujourd'hui eile est par-
tagee eu deux fractions, dont l'une est au-delä d : Oumadia, et
l'autre a passe en Perse et s'est fixee ä Kirmanchah*’; Rewend
(Tomasehek, a. o. O.: .Rawandi*. Rawlinson: .Rewendi': Globus
LYH.: Revändis') einer der mächtigsten Kurdenstämme; Men-
> kur (Spiegel .Mengur* i; Dseliöckür (Rawlinson, S. 33, Anm.
..Jokhür*); Mamas ä m (Rawlinson .Mämäsäm', Globus LVIL
.Mämasäm); Bilbäs (Rieh ,Bulbass*’, Rawlinson ,Bilbäs*); Chei-
län (Rawlinson .Kbeilän-rj; Bälik (Rawlinson ,Bülik* und ,Bä-
liki); Sekäk (Jaba, Recueil .Sikaki* Zum Namen Dü-
bokri vgl. den Stammnamen .Deh-bokri" (Rawlinson, S. 34,
Anm.).
37. Dieses Rüjindiz (wörtl. ,eherne Festung') ist nach un
serem Texte mit der schon ausserhalb Persiens auf dem Wege
von Uschnüje nach Mosul nordöstlich von Erbil gelegenen, ge
wöhnlich Rewandiz, auch Rowanduz, Rawandiz, Rawanduz oder
Rewendiz genannten Festung identisch. In der Handschrift steht
am Rande, von späterer Hand geschrieben jjil,,. Ygl. TMel-
mann, Streifzöge, p. 326, die Beschreibung der Festung Rowan-
diz, die ,dort deutheh Rewanduz genannt' wird: ,So hegt Re-
wanduz auf drei Seiten vom Wasser umflossen und durch
Schluchten geschützt,, und der Anblick der terrassenförmigen
Stadt hat einen gewissennassen trotzigen Charakter.' S. auch
Brauer und Piath, Geogr. und Statistik von Asien, p. 817, so
wie die Betreffenden Steilen in Ritter s ^Erdkunde'.
38. Also ,Sit fides peues auetores' und .relata refero'.
86
III. Abhandlung: Bittner.
39*. Statt ijSj [28, 13] hat die Handschrift ,,5»o
40*. Statt [28, 14] steht in der Handschrift
Wo der Berg Schahlan liegt, ist nicht bekannt. Burhän-i qäti'
gibt folgende Erklärung: ajs
4 1 ^ ^ 1 V—1 [ ^2Q yL 4 I ' y ti j t—'—s,1
A'v' s«A> e&ojj A~~*~«UL«y und danach auch Vullers (Lex.
pers.-lat.): ,nom. montis cuiusdam/ — An Stelle des fraglichen
könnte vielleicht auch ,Sawalän‘ gelesen werden,
Name eines Gebirgsstockes nächst Ardebil in Azerbaidschän.
41*. So lauten die dem Gulistan 22, 1 entnommenen Verse
nach Vullers, Lex. pers. lat., s. v. s,*A. In der Handschrift hat
der zweite Vers folgende Form: £>U> J_J .1
42. Hiezu vgl. Ihn Hauqal (de Goeje, Bibi, geogr. arab. H,
w * r c, £ ^
p. rr^): X^a2>\ a-oj-«
t «, k—d-'\ ^viL\^ j.-CaiL\^
^V^Oev-tJ\ ^3 $ 3^4“^ JohÜ
dübv>i-\ ^ s^l-LA jJ^ Jaqüt (ed. Wüstenfeld I 7 p. tas):
C ' • - p c£
k_A T b> ^^5 X^J „XäX^X) ZJ^X.> Axasf® Iäoi \
J-?jl CJtAj C-'Wr. W-~o Jj,\ j-yo
y *~~i c *-. A-^2 o iAjG
t—4^4.1 ^2 21 ] A i 21 ^
uv <Ll^ J^S tf* Ij'JA Lf^Ji 0^3 y*^ Dschihän-numä,
p. tao: ^*,1 »jöLaos^S ( s °U wohl «Jo^xiL-1 lauten)
i 1 .j 1^3^ Äip L'^' Lj *Lw.O 1 J .L'i a' 1 tt ■' ^ a
Jjjj u $_ rr » J«./a^ ,A.' ^sAj j 5 iÜ3 Der Beisende Ewlijä Efendi
berichtet, dass das Klima von Uschnüje dem von Urümije vor
zuziehen sei und dass die Leute dort einen Theil des Jahres
auf den Dächern schlafen: a^jt, äJUä^Jjl - i_ä-4J o-><^«v ^^lysy 1
AäT ^,1 ..^. L , • :y ,yj aoy^^l ^yMjbl
J .^j'o s^:.! A^cL
43*. Statt 0 U^Xi^ [30, 2] hat die Handschrift ^AsAo.
Der Autor will wohl den Contrast der üppigen Vegetation im
m
Der Kurdengau Uschrmje und die Stadt Urumije.
87
Thale gegenüber dem kahlen Berglande ringsherum hervor
heben. Aehulich schildert Sandreczki (Reise nach Mosul und
durch Kurdistan nach Urumia 1857, III. Bd., S. 155) die Um
gebung der Stadt Urumije: ,Scharf stechen gegen diese grossen,
wohlgehaltenen Gärten die baumlosen Hügel und kahlen, hö
heren Berggipfel ab/
44. Suldüz ist die am Südufer des Urmiasees gelegene
Ebene, die der Fluss Gäder durchströmt. Sie ist vom Stamme
Zerza bewohnt. S. Tomaschek, Encycl. von Erscli und Gruber,
Kurdistan.
45. Die Mekri-Kurden wohnen südöstlich von den Ebenen
von Uschnüje und Suldüz, ihr Hauptort ist Souk Bulak (=
Kalte Quelle), das nach Thielmann, Streifzüge, p. 311 mund
artlich jSoutscli Bulach* gesprochen wird. Sie sind grösstentheils
Ackerbauer, können aber zur Zeit eines Krieges 4000—5000
Reiter ins Feld stellen; im Winter wohnen sie auf türkischem
Gebiete (s. Spiegel, Eran. Älterthumskunde). Ker Porter schreibt
,Mickrk, Rawlinson ,Mikri ; , während Barb in einer Abhand
lung über die von Scheref behandelten kurdischen Dynastien
(Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensck. zu Wien, p. 21,
phil.-hist. GL, Bd. XXII) den Xamen ,Mekri' spricht und auf
das arabische mehr ,List £ zurückführt. Auch der Missionär
Hörnle (Baseler Missions-Magazin, 1836, S. 505) spricht .Mehr'/.
46. So berichtet auch Hörnle (Baseler Missions-Magazin,
1837, p. 510), dass die Galläpfel einen Haupterwerbszweig der
Kurden bilden und das Monopol der Häuptlinge sind. Daher
wird auch jeder strenge bestraft, der ohne die besondere Be
willigung des Häuptlings Galläpfel einsammelt. Die Haupternte
findet an einem vom Häuptlinge bestimmten Tage statt, und
zwar behält der Häuptling nach Hörnle zwei Drittel der ge
sammelten Galläpfel für sich, während er den Rest dem Volke
schenkt. — Xach Rieh, Narrative of a residence in Koordistan,
p. 142 kommen die meisten Galläpfel in den Eichenwäldern um
Karadagh herum vor und werden nach Kerkük und Mosul ex-
portirt.
47*. In der Handschrift steht nle ' ner Lese
art [31, 11] vergleiche man das osmanische ,das
88
III. Abhandlung: Bittner.
Abfallen der Blätter, der Blätterfall' und das persische ,
cf r > und Di e Uebersetzung, die der Autor von
dem türkischen Ausdruck gibt, ist also keine wörtliche, er
meint: ,Tag, an dem die Schafsschwänze fallen, weil sie ab
geschnitten werden.'
48. Wörtlich: ,seine Hand an jedem Mittel gebrochen hatte.'
49. Die Stadt liegt unter 35°34' n. Br., 63° 71' ö. L., und
ist erst im Jahre 1788 zu Ehren Soliman Paschas von Baghdäd
erbaut worden (s. Brauer und Plath). Sie ist der Sitz eines
Paschas aus den Bebbe - Kurden. Nach Eich (Narrative of a
residence in Koordistan, Lond. 1836) ist der ursprüngliche Name
dieses Stammes ,Kermandj'. Erst seit Suliman Baba oder Bebbe,
der im Jahre 1678 nach Konstantinopel gekommen war und sich
durch seine Unternehmungen gegen die Perser um die Türken
hoch verdient gemacht hatte, fuhrt der Stamm den Namen
Bebbe. In dem edierten Werke gibt Eich eine Uebersickt über
die Paschas von Solimänije aus der Dynastie der Bebbe; die
selbe reicht aber nur bis zum Jahre 1228 d. H. (1813 u. Z.)
und ist dort der in unserem Texte genannte Pascha 'Abdallah
nicht angeführt.
50*. Zu djJUa [33, 12] jSaldäd' vgl. den Gebrauch des
Wortes ,Soldat' im Türkischen, s. Hindoglu, Sammlung etc..
1840, p. 50; ,Soldat, Gemeiner'; Bianchi et Kieffer,
Dictionnaire turc-frangais 1850, I, 1071: Zenker, Dic-
tionnaire turc-arabe-persan, S. 527 oUHo; Anleitung zur Er
lernung der türkischen Sprache für Militärpersonen, Wien 1789,
p. 172 Soldat: soldat, dschenktschi. Was nun die eigenthüm-
liche Schreibung des Wortes in unserem Texte anbelangt, ge
statte ich mir, auf die mir vom verstorbenen Hrn. Dr. E. Polak
mitgetheilte Gepflogenheit der Perser hinzuweisen, fremdspra
chige Worte aus mnemotechnischen Gründen ihrer Sprache zu
assimilieren d. h. so zu schreiben und zu sprechen, als ob das
betreffende Wort ihrem Sprachschätze entstammte; so schrieben
und sprachen die Perser den Namen des Hrn. Dr. E. Polak nur
xiflyi püläk ,squama' und würden meinen eigenen Namen in
,butnär' (aus C-o = Götze und J = Mann) verwandeln. Das
gleiche Princip scheint auch bei der Schreibung ,saldad' obzu
walten (säl JUo = Jahr und däd ib = er gab).
Der Kurdengau Uschnuje und die Stadt Urumije.
89
51. Dieser Qasim (oder Melik Qäsim) ist der Bruder des
Kronprinzen Abbäs Mirza und Statthalter von Urumije, vgl.
Wagner, Reise nach Persien und dem Lande der Kurden. II,
p. 134.
52. Der Name der Stadt lautet in unserem Texte bald
,Urümi', bald ,Urumije'. Die arabischen Geographen schreiben
,Urmija', nur Jüqüt gibt auch die Form ,Urmi' und
erklärt das Wort als persisch kD So hat auch
Sandreczki, III, p. 156 die Eingebornen nur ,Urmy' sagen hören.
Dieser Aussprache steht am nächsten das armenische | \c'H- ,Ormi',
während die kurdische Form ,Urumi' (bei Jaba) an die
eine Schreibweise in unserem Texte erinnert. Bei den Türken
(so Dschihän-numä, p. tav) tindet sich das arabische ,Ur-
mija', während der türkische Reisende Ewlija Äl*/ ,Rümijje'
schreibt, als ob das Wort eine Ableitung von ,11 um' wäre
(Ewlija gibt noch die Namen (^^o) ,Landfestung',
AL«,, ,das grosse Rümijje' und Jy) ^Lk^Sy ,Irän’s Tur-
> kistän', sowie die Form ,Ürmia' als mongolisch an). Nöl-
deke führt in seiner Grammatik der neusyrischen Sprache am
Urmia-See und in Kurdistan, Leipzig 1868, Einl. p. XXII, Note,
auch noch die Form an; dortselbst auch unser and
<y-=yt, die syrische Schreibweise cn-^ioj und Ker Porter
transcribiert ,Ouroomia', Rawlinson ,Urumijeh', die amerikani
schen Missionäre ,Oroomiah'; Sandreczki schreibt ,Urumia',
Thielmann ,Urmi' (während er den See ,Urümia-See‘ nennt).
53. Bahram V., etwa 420—440, mit dem Beinamen ,«£
,der wilde Esel', vgl. Nöldeke, Geschichte der Perser und Araber
zur Zeit der Sasaniden, Leyden 1879, p. 85 wonach ,Gor' zu
sprechen ist (unser Autor reimt das Wort mit und Mal
colm, Geschichte Persiens, Leipzig 1830, p. 96.
54. Nach dem Dschihän-numä, p. tao unter 37° 30' n. Br.
jh sj^ky y_y ;y,l . .. vgl. auch Brauer und Plath,
Geographie und Statistik von Asien (37° 30' n. Br.).
55. Wörtlich: ,diesen Knoten aus dem Herzen lösen muss.'
56. Im Manuscripte steht an dieser Stelle die Zahl 123;
wie man aus verschiedenen, in vorliegendem Texte erwähnten
90
III. Abhandlung: Bittner.
Thatsachen schliessen kann, hat der Copist den .Einer zu setzen
vergessen. Ick hake die vom Standpunkte der Graphik aus
wahrscheinlichste Conjectur ,1230"' (1814/5) in den Text auf
genommen; denn das Zeichen für Null, der Punkt — irr. —
bleibt gelegentlich ungeschrieben, so z. B. auch auf den neueren
persischen Münzen.
57. Dieser Huseinquli Chan ist wohl der Bruder oder ein
Neffe des Aghä Mohammed Chan (1794—1797), des Stifters
der noch jetzt in Persien regierenden Dynastie der Kadscharen.
S. Malcolm, Geschichte Persiens, II, p. 332.
58. Leider hat es sich nicht feststellen lassen, oh die Namen
dieser sechs Stadtbezirke auch wirklich so zu sprechen sind.
,Girde-i sch ehr' ist möglicherweise als appellativum zu fassen =
rfj* ,suburbs', s. Palmer, dict. of the pers. langu. p. 501.
59. Wörtlich: ,werfen aus der Feder/
60. Der Missionär Hörnle (Baseler Missions-Magazin, 1836,
S. 488) schreibt: ,Ein Gottesacker, Kara-Randuk genannt, wel
cher von Subeida, der Gemahlin des Kalifen Harun angelegt
sein soll. 1 Der Name des Kirchhofs soll richtig ,Qara-Sanduq‘,
d. h. ,schwarze Truhe' lauten; jener Fehler ist auch in Ritter’s
Erdkunde abgedruckt.
61. In gleicher Weise äussern sich die arabischen und
türkischen Geographen über die Stadt, indem sie die frucht
bare Gegend von Urümije als wahres Schlaraffenland hinstellen.
So weist Al-Istachri besonders auf die Wohlfeilheit hin —
... üboy..« —, während Ihn Hauqal das fliessende
Wasser als Vorzug der Stadt erwähnt — ... öLb.x*o
iojLU — Al-Moqaddasi nennt Urümije ,schön' —
—, Jaqüt rühmt ausser der Fruchtbarkeit noch das gesunde
Klima — ^iboj^o Im Gegensätze hiezu vgl.
Dschihän - numä, p.
wonach die Luft warm und die Gewässer stin
kend wären. Der türkische Reisende Ewlijä (Hist. osm. 193,
f. 161) weiss nur Gutes zu berichten: l _ jr bb^iS J5» £b
os' ^ y>
b pl t ^b bol
Solche Schilderungen scheinen nicht übertrieben, wenn Wagner,
Der Kurdengau Uschnuje und die Stadt Urümije.
91
Eeise nach Persien und dem Lande der Kurden, p. 123 ,nir
gends so viel Anbau, nicht einmal in der Lombardei' gesehen
haben will.
62. Burrändüz ist der Name eines Flusses und einer Dorf
schaft südlich von Urümije, auch ,Bulanduz' gesprochen, s. Ritter,
Erdkunde, Th. IX, p. 928.
63. Nach Polak, Persien II, p. 244 soll der Haschisch
hauptsächlich von Afghanen und Derwischen verhandelt werden.
64. ,Kubas' [37,7] ist nach Polak, Persien II, 166 ein grobes
Baumwollzeug, das als Kleidungsstoff für die mittleren Classen
und als Zeltbezug verwendet wird.
65. Die Farben werden mittelst Handdruck aufgetragen,
s. Polak, Persien II, S. 166. Vgl. aber auch Vullers, Lex. pers.
lat. s. v. die Bedeutung von ,qui vestes
dictas colore tingit' (sic!).
66. Qasnl (gew. ^-AaUs) ist zwar das türkische Wort für
das Harz der ,Ferula galbanum', wird aber auch in persischen
Ortschaften gebraucht; vgl. Polak, Persien II, S. 281.
67. Wortspiel mit oder j, das gleich dem ara
bischen l _ r Jü (pl. ,Fischschuppe' und ,Pfennig, Heller'
bedeutet.
68. Darunter ist wohl das Stroh zu verstehen, das einen
Bestandtheil des sogenannten J.Ss'5 ,kähgil', d. i. des nament
lich zum äusseren Anwurfe des Hauses dienlichen Mörtels bil
det, der aus Lehm und (kurz geschnittenem) Stroh bereitet
wird. S. Polak, Persien I, p. 53.
69. Ueber das im Oriente durch seinen Reichthum an
Aloeholz bekannte ,Mandal £ vgl. Vullers s. v.
70. ULA*- 1 Temchisä und UuAUi' Temächisä dürften Ver
schreibungen der Namen der beiden ersten Siebenschläfer sein,
und zwar aus Machslinä (Maximilianos) und
l-LALA aus Jamlichä (Samblichos). Diese Namen kommen
in Handschriften, auf Talismanen etc. hundertfältig verstüm
melt vor. Vgl. Guidi, Testi orientali inediti sopra i sette dormienti
di Efeso, S. 63: ,Del resto sarebbe assai lungo e forse inutile
raccogliere le varianti o piuttosto le strane corruzioni che di
92
III. Abhandlung: Bittner.
questi nomi s’ incontrano in innumerevoli passi di codici e nei
molti monumenti, come armi, ornamenti ecc. sui quali sono
scritti i nomi dei Sette Dormienti.' — Nach dem Burhän-qäti'
ist dei’ Name eines der Siebenschläfer i_!hsr°\).
Ueber den anderen Namen Temächisä geben die Wörterbücher
keinen Aufschluss.
71. Das Wortspiel des Textes lässt sich leider nicht über
setzen, wörtlich: ,als er die schmutzige Beehrung forttrug.' Für
,da sein, kommen, fortgehen' sagt der Perser in der höflichen
Sprache bekanntlich ,die Beehrung haben, sie bringen, sie fort
tragen' t—
72. Dieses ,kleine Meer von Urünn' wird gewöhnlich nach
der an seinen Gestaden liegenden Stadt ,Urümije-See' genannt,
so hei Jäqüt ; daneben kommen aber auch Bezeich
nungen wie ,See von Täbriz' oder ,See von Marägha' vor, so
türk. (im Dschihan-numa, p. tav) neben
so auch armen. •'> <"/ neben & nijiut[ oder |)
(nach St. Martin, Recherches sur l’Armenie). Auch finden
sich die Benennungen slA ,Königssee', ,könig
liches Meer' (s. J. Morier, Second voyage en Perse, en Armenie
et dans l’Asie mineure 1810—1816. Paris 1818, II, p. 717 ,La
mer Royale') oder ,Schähi - See' (nach der Halbinsel Schahi).
Bei Moses von Chorene heisst der See ,Qapotan' oder
besser 1|,Kaputan', was dem arab. des Ibn Hau-
qal (de Goeje, Bibi, geogr. arab. II, p. rgv) entspricht. Vgl. die
auf Strabo (ed. Meineke, p. 743, Z. 29): ,E!c: Sk y.ai Xt'p.vat zaxa
xrjv ’Appisvtav psyaAoc., \j.ia gev Y) Mavxtavvj, Kuavfj ep|r^vsu0sica, fieylen),
Siq (paci, |j.?iä xyjv Macwxiv, aXp.upou üäaxoc, Snqzouaa [AE/pi xrjq ’Axpo-
icaxlas, i/ouaa y.a: ako-rr ( yta' bezügliche Stelle des Indschidschean,
in dessen Antiquitates Armeniae, Yen. 1835, T. I, p. 160: *
.puihtjji | J«/y//iy>//7/ tJ u iJ u / ,,ü ^ / tunt; ^3!; ///y« bimj kr * Ji /// j tun f/r itilt, Im.
lujh tuhin.iiMilp /y» £3 ///y/y il'uihji ^l[iuu[nuiniul[ i f jiimjui £ J3~t; ////j h
£ i^//yi f u "[' !•*!• ••••)[••• [nun XI, [ttut[.[tiutj )I[iuii[iiumii/Im ( f n[t *Intjli f[tu—
n[nt_mtuf[ [•um*h, n[t Al £ l~ ,u C "[J^l ,w ^ //y 7/. Das obige Kaputan oder
Kabüdhän hängt also mit armen. # kapujt, pers. lcabdd
,blau' zusammen. — Danach wurde auch das Sxauxa des Strabo
(p. 735) in Kontauxa verwandelt. — Nach Jäqüt (Wüstenfeld, I,
513) ist ein aus dem See emporragender Berg:
Der Kurdengau Uschnüje und die Stadt Urumije.
93
<*J JUb Ich führe dies alles an, weil der
türkische Reisende Ewlija eine Insel Namens ys^s .Kabüter' oder
,Taubeninseh erwähnt, in welchem Worte die obigen Wurzeln
(sanskr. stecken. — Von einer Insel ,Telä £ , wo Huläkü
seine Schatzkammern hatte, erwähnt unser Text nichts, vgl. Dsclii-
hän-numä, p. rAV: aAljl r? ^
^ytoa-öjÄ. iiXiaS^L* a.S ^JO.) jO O^St'' - ' 0
yaA^k. Nach dieser Insel nennt Abülfedä (ed. Reinaud et de
Slane, p. sr) den See S,^s.4 den ,See von Teläh
73. Mit dieser nicht besonders klaren Stelle will der Au
tor wohl nur die Entfernungen der Städte Urumije und Marägha
vom See angeben. Nach Al-Istachri, de Goeje, Bibi, geogr. arab.
I, p. IAS (iS 4 ) 3 aAkj j.*a ' - ,-Q <\
^Is^i '<Lycj\ wäre jedoch das Verhältniss umgekehrt d. h. Ma-
ragha drei Parasangen und Urumije zwei Parasangen vom See
entfernt.
74. Schon im ,Bundehesh £ heisst es über den Urümije-See
(Justi, p. 31): ,Der See Caecagta in Atuhpatakan (hat) warmes
Wasser, ist ohne Leiden (von schädlichen Thieren des Angra
Mainyu nicht geplagt), in ihm ist kein lebendes Wesen/
Strabo 'spricht sich zwar über das Vor- oder Nichtvorkommen
von Thieren, speciell Fischen, im Urümije-See nicht bestimmt
aus, doch lässt die folgende Stelle auf das letztere schliessen
(Strabonis geographica, ed. Meineke, p. 735): ,A(j.7Y]v 8’ l/u
xr;v 2-aötav, sv fi SXe? szavöoüvTE? TT^TCTOViat ■ eiet oe y.vrjqjtwSct? v.al
iicaXyst? ■ e'Xatov 8= tou TraOou? azoc, uBwp Se yXozu toi? y.axuptoÖEiotv
IgaTi'oi?, Et ti? y.aT 1 äyvoiav ßül/stsv et? auxrjv tcXucsw? /ctptv/ Bei
solcher Wirkung des Salzwassers auf den menschlichen Leib
und auf Kleider, ist es auch begreiflich, wenn die arabischen
Geographen, deren Berichte bis zum 14. Jahrh. u. Z. reichen,
das Vorkommen von Fischen und anderem Gethiere im
Urümije-See mit dem stereotypen 1-f-A — L$.A 4
'Jj Zj 0 \^=*. bfA 4 — äJb verneinen. So
auch der türkische Historiker und Geograph Hadschi Chalfa
(Tschelebi) in seinem ,Dschihän-numa £ C-oU
ebenderselbe gibt wohl das Vorkommen einer
Art von ,Fischotter' (sic!) zu, y^>> äjö\ y^o, so
94
III. Abhandlung: Bittner.
wie uns auch Al-Qazwini in seiner Kosmographie
<U\ aJ JUb und Al-Istachri in seinem Liber climatum
«Ul < iob o von diesem problematischen Lebe
wesen berichtet haben. Der Armenier Leon Alisclianean be
richtet in seinem . n L, L ..„ t f,[• s*",v",7 ,ßlV, ",7 (Venedig 1855) über
,den See von Ormi' (S-ȣ 1| mn^nt inllfli oder ir-l *| ) Folgen
des: <“'ib k Lu iuhS.l[i,inpbp ; er ist salzig, von bit
terem Geschmacke und enthält keine Fische'. Die europäischen
Reisenden, die seit Beginn dieses Jahrhunderts den Urümije-See
zum Gegenstände besonderer Studien gemacht haben, stimmen
darin überein, dass in dem Wasser desselben infolge des starken
Salzgehaltes keinerlei Thiere zu leben vermögen. Wagner, II ;
137 hat darin zwar keine Fische oder Mollusken, wohl aber
Krustenthiere gefunden, ebenso Dr. A. Rodler, dem wir die
genauesten Details über den Urumije-See in Bezug auf seine
naturwissenschaftlichen Merkwürdigkeiten verdanken. S. Dr.
A. Rodler, Der Urmia-See und das nordwestliche Persien (in
den Schriften des Vereines zur Verbreitung naturwissenschaft
licher Kenntnisse in Wien, Bd. XXVII (1886—1887), S. 535 bis
575). Umso mehr muss es uns wunder nehmen, wenn der tür
kische Reisende Ewlijä Efendi, der speciell bei der Beschreibung
des Urümije-Sees auf seine Wahrheitsliebe und Schriftsteller treue
hinweist, nebst manchem Kauffahrteischiffe auch etliche hundert
Fischerbote auf dem Urumije-See gesehen haben will ^ aJo ? j
ciyLolS As.1° gjJLuib ,> ^
ji —.A3" ^ äs\ und
dann weiter berichtet, dass die Bewohner der von ihm genannten
zwei Inseln nächtlicherweile einen gar sonderbaren Fischfang ohne
Angel, ohne Netz und ohne Köder zu betreiben pflegen, indem
sie ihre Bote ,mit in den Thran kleiner Silberfische getränkten
Dochten' beleuchten und in den See hinaus fahren; da sollen
dann die auf dem Grunde des Sees befindlichen Fische an die
Oberfläche kommen und durch das Licht angezogen, sich in die
Bote schnellen, so dass diese sich von selber mit Fischen füllen,
vorausgesetzt, dass die Beleuchtung der Bote ,nur in der angege
benen Weise' bewerkstelligt ward. Ewlija Efendi schreibt hierüber
Folgendes: <j;^bLyo sA^i ^Loj>
ja/a bS***JL}^ Ati)1 ( A3 \ jjb X}5 q3 Ajo) ^Ajusj.9
Der Kurdengau Usclinüje und die Stadt Urümije.
95
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IS^jlk^ol l ij b tX-cO^b jOb^X <XÄrb^ t » ,q\ eXU ^.bb-<XXb < .' <,9 b ^yiil ^ t
j>LcöLsb 1 o\^b ^.xb^x ^^1 (3-o--^^^ .x-^-ao Von diesem
fabelhaften Fischfänge erzählt übrigens auch Al-Qazwini (Wü
stenfeld, II, p. iss): (jjl iis. 3 ^i.U ji> bo hf-ols? 0 .-c_5
V -AA9.-b a Vst^bö ^e,-b\ - W.-Q (X-Äjfc ' ^^0 Jbbr-oO AaaxQ <X OaX t . s
I b uk^AA^b j * ,b E l~^.J\ q ^j ^uX.p.1 j 1—2^-h j ^Xc
t b~-*—q~- ^_5**'^" \ ( .9 L^.aaaJ!..S 1 O q_q—X’b1 q*£Jx . tv-O
t^ (. -^1-S-- b s qo | ■ »!x b q i^b—\ Nun findet
sich in einem italienischen Reisewerke (Ramusio, Navigazioni
et Viaggi, vol. II, Venezia 1583: Viaggio d' un mercante, che
fü nella Persia, p. 78 a) die Bemerkung, dass in Tauris (Täbriz)
verkauft werden viele ,pesci,che si pigliano in un lago discosto
dalla cittä una giornata, il quäl e salso (come quelli di Van e
di Vastan), ma non sono di natural sapore di pesce, anzi ten-
gon’ un stran' odore e sapore di solfo/ Wie so entgegengesetzte
Nachrichten über das Vorkommen von Fischen im Urümije-See —
wenigstens in früherer Zeit — zu erklären sind, will ich dahin
gestellt sein lassen, wiewohl man an eine Ab- oder spätere Zu
nahme des Salzgehaltes denken könnte. Interessant ist es, was
Al-Qazwini in jener Hinsicht vom Van-See schreibt (Wüsten-
leid, II, p. ro r b^b*.) \ i b.sb l-^bb-Asd Q^.xls?
bpqXÜ i—-oIä? CX* bqbb Q-vsb ^Jb xb~bl g-qqs*. ^X^kb
ksJ.i-0 A ä5bi-qO (J5j7 3 LjbU
t ^b ^^b-b\ ^j)bo ( s b tX—Jb ^a^.Xji.3 ; 1^-^ ^_bx_)
Diesem Berichte, wonach im Van-See durch zehn Monate des
Jahres keine Fische zu sehen sind, während diese in den zwei
übrigen Monaten so zahlreich auftreten, dass man sie ,mit der
Hand‘ fangen kann, möchte ich nur noch einige Zeilen hinzu
fügen, die F. Millingen in seinem Werke Wild life among the
Koords, Lond. 1870, p. 142 über das Vorkommen von Fischen
im Van-See schreibt: ,The fishery of this lake is limited to one
96
III. Abhandlung: Bittner.
season in the year, beginning at the end of May and lasting
up to tbe middle of June. It is at tbis epoch tbat numberless
swarms of fish rush to the mouths of the rivers, tributaries of
the lake, in Order to deposit their eggs. Düring the rest of the
year no fish are to be found anywhere about the lake; and
the natives believe, tliat the fishing season once over, the fish
cease to exist. The only kind of fish to be found in the lake
of Van is a sort of herring etc/
75. Die Namen der im Folgenden aufgezählten Inseln sind
türkisch und in der Handschrift also geschrieben: —
es"“ 0 ' cajV" — es-“ 0 ' 'd' — L5-^>Doch
scheinen dies keine feststehenden Benennungen zu sein; vgl.
die Karte im Dschihän - nimm, die genaue Karte von Khani-
kof-Kiepert (Map of Aderbeijan, Berlin 1862, in der Zeitschrift
für allgemeine Erdkunde, N. F., Bd. XIV, Taf. III) und Ritter,
Erdkunde. — Der Name der letzten Insel lautet Ispär und
nicht ,Isbir‘ (Kiepert) oder ,Ispera‘ (Ritter).
76. Diese Pflanze ist der Bocksbart (Tragopogon). Zum
türkischen vgl. Vämbery, Cagataische Sprachstudien s. v.
: espece d’herbe a feuilles larges.
77. Dieses Bauwerk nennt der schon genannte Missionär
Hörnle (Baseler Missions-Magazin, 1836, S. 488) ,Uetsch-Gumbad‘
und berichtet darüber Folgendes: ,Ein altes Gebäude, welches
für das Grabmal des Sultans Dschelal - ad - din gehalten wird/
Der Ausdruck ,Uetsch-Gumbad' ist die türkische Bezeichnung
für jSyh-Gumbad', indem üc ,dre/ bedeutet.
78*. Statt [45, 2] steht in der Handschrift
S. Vämbery, Geschichte Bochara’s 1872, I, p. 146, Anm. 2:
,Dieser (Dsclieläl-ed-din) führt den Beinamen Mengbirdi oder
Mengberdi = den der Himmel (meng) gegeben hat/ Houtsma,
Türk.-arab. Glossar 1894, p. 35 schreibt ,der Ewige
hat gegeben', welcher Ausdruck dem hebr. Ss:n: und fnjbs, dem
pers. und >b\j-ä- und dem griech. Oeooo-oi; entspricht. —
Der Chärizm - Schah Dsclieläl-ed-Din Mangberti regierte 1220
bis 1231.
79. Rizäquli ist der älteste Sohn des Afschären Nädirschäh
(1736—1747); vgl. Malcolm, Geschichte Persiens II, p. 178 ff.
Der Kurdengau TJsclinüje und die Stadt Urümije.
97
und das demselben Autor zugeschriebene, aus dem Englischen
übersetzte ,Leben und Sitte in Persien', Dresden und Leipzig
1828, Th. I, p. 75.
80. Von dieser Kirche, deren Name soviel wie ,Mütter
chen Maria' bedeutet, berichtet Hörnle (Baseler Missions-Ma
gazin, 1836, S. 488) Folgendes: ,Eine alte Mesdschet, Nana
Mariam genannt, welche dem Namen und der Bauart nach
eine christliche Kirche war. Die Nestorianer behaupten, sie
habe ihnen gehört. Als Beweis hiefür führen sie an, dass im
Schiff der Kirche viele syrische Bücher vergraben liegen, und
hinten eine kleine Thür sich befinde, die, wie oft sie auch von
den Mohammedanern zugemauert wurde, des Morgens immer
wieder offen stand.'
81*. Die Ergänzung von ist nicht unbedingt noth-
wendig. aXsl könnte = slLb gefasst werden, in der Bedeutung
von und s. Wollaston, engl.-pers. dict. p. 1312
sub ,time'.
82. Nach Polak, Persien II, 166 ist ,qadäk' (Polak
schreibt ,gsedek'), ein besseres, nankingartiges Baumwollzeug.
83. Salomo soll nämlich die Sprache der Vögel so gut wie
die der Menschen verstanden haben. Vgl. Weil, Bibi. Legenden
der Muselmänner, p. 227.
Nachtrag zu S. 56, Z. 23: Die kleinste Rechnungs-(Ideal-)
Münze Persiens zu Beginn dieses Jahrhunderts war der Dinar.
Zur Zeit Fath 'Ali Schäh’s gingen 1000 Dinare auf einen Sä-
hib-qirän; 1 Sähib-qiran (AI) = 20 Schähi (AS) = 5 türkische
Piaster. — In den Dreissiger-Jahren hatte der Sahib-qirän
5'378 Gramm Gewicht, 962-500 Feingehalt und 46’6 kr. Werth
(= 93-2 Heller).
7
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 3. Abh.
IV. Abhandlung: Tomaschck. Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
l
IV.
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
Historisch-topographische Untersuchung
von
Wilhelm Tomaschek,
corresp. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
I.
Grescliiclitlickes über Sasun.
Die verheerenden Raub- und Eroberungszüge, welche die
assyrischen Könige in die ihrem Reiche benachbarten Grenz
gebiete unternommen haben, betrafen besonders häufig das
Nordland NAIRI, die grosse Bergregion, welche sich von der
westlichen Hauptquelle des Diglat an in weitem Bogen bis zum
oberen und unteren Meere, d. i. bis zu den Seen von Van und
Urmi, und weiter südwärts bis zu den beiden Zäb hinab er
streckt. Die Keilinschriften nennen uns eine grosse Zahl von
Burgen und Bergen, welcher dieser Region zufallen; auch Land
schafts-, Fluss- und Volksnamen sind überliefert. Aber die
Flucht der Jahrtausende hat hier alle menschlichen Dinge um
gewandelt, und der Forschung ist es bisher, wenige Ausnahmen
abgerechnet, auf die wir im topographischen Theile zurück
kommen werden, nicht gelungen, die Lagen der überlieferten
Orte festzustellen. So viel jedoch steht fest, dass die Namen
gebung von ganz Nairi, wie namentlich die Ausgänge (z. B.
auf -ari, -ini, -bi) erweisen, ein durchaus gleichförmiges Ge
präge zeigt und sich zunächst an jene des Landes Elam und
des ganzen östlichen Berggürtels anschliesst; dieses Gepräge
ist weder semitisch noch iranisch, auch nicht europäisch; am
ehesten liesse sich noch die kaukasische Sprachenfamilie zur
Vergleichung heranziehen; wo sich etwa eine Anknüpfung an
das Armenische zeigt (beispielsweise in dem häufigen Ausgang
-uni, z. B. in Hiliadruni, Unzamuni; oder auf -anzi, z. B. in
Silzungsber. 4. phil.-hist. CI. CXXXI1I. Bd. 4. Abh. 1
IV. Abhandlung: tfoinaschek.
2
Sulianzi, Madaranzi), da müssen wir sofort an den kaukasischen
Bestandteil denken, der in diese von Haus aus europäische
Sprache als Erbstück von Seiten jener alarodischen und minnäi-
schen Ursassen eingedrungen war, deren Sprechweise uns
durch die sogenannten Inschriften von Van einigermassen be
kannt geworden ist. Da sich nun von dieser durch die In
schriften bezeugten Namengebung der Aboriginer so gut wie
keine Reste erhalten haben, so müssen wir annehmen, dass
auch die Bewohner im Laufe der Zeit gewechselt haben: die
Ursassen sind ausgerottet worden oder haben sich den ein
gedrungenen Volkselementen sprachlich anbequemt. Bei solchem
Wandel dürfen wir uns nicht wundern, dass die assyrischen
und alarodischen Keilinschriften für das Volksthum, dessen
historische Geschicke wir betrachten wollen, keinen sicheren
und greifbaren Beleg abgeben; nur hinsichtlich eines einzigen
Volksnamens könnte ein Zweifel obwalten.
Im Quellengebiet des Tigris bis zum oberen Frat hinauf
finden wir heutzutage und den schriftlichen Zeugnissen nach
seit mehr als 400 Jahren das iranische Volksthum der Kurden
verbreitet. Nun erwähnen auch schon die Siegestafeln des
Tiglath-Pilesar I. (ca. 1100 v. Chr.) ein ausgedehntes Volk,
Namens Kurti (fast auszusprechen wie Kurdi), welches das
waldige Bergland Charia östlich vom Hauptquellfluss des Diglat
oder des heutigen Zibene-sü bewohnt hat. Der König, welcher
eben im Lande Qummuch einen Sieg über die dort eingefallenen
Muskaja erfochten und das Land selbst wieder unterworfen
hatte, verfolgte die über den Diglat geflohenen Reste der Qum
much und stiess auf deren Bundesgenossen, die Kurti, welche
er am Nebenfluss Nämi schlug. Bei einem nochmaligen Zuge
gegen die Qummuch und Kurti drang der König in das Berg
land Charia ein und eroberte hier ein Pelsennest nach dem
anderen. Später finden wir ihn in den Ostländern SarauS,
Ammaus und Saradaus der Zäb-Region. Hierauf wandte er
sich wiederum nach Westen, bewältigte das Gebiet Sugi in
Kilchi und kämpfte hier mit den Kurti und den Schaaren der
Gebiete Chimi Alamuni Nimni; von da drang er über steile
Bergpässe und Gebirge ein in die zahlreichen Fürstenthümer
der Na'fri-Lande bis zu den Gestaden des ,oberen Meeres*.
Jene Kurti werden später nicht mehr erwähnt, obwohl die
3
Sasun und das Quellengebiet des 'Tigris.
Könige oftmals die Na'iri-Lande sieghaft durchzogen haben;
dagegen wird häufig des Landes Kirchi oder Kilchi gedacht,
das sich zwischen dem Bergstock Kasiari (Qaradza-tagh) und
dem Südabfall des Antitaurus erstreckt hat; diesem Südabfall
gehörte offenbar auch das waldige Bergland Charia der Kurti
an, das wir östlich von tnziti ("Avista, Henzit) suchen müssen;
hier gibt es noch jetzt dichtere Waldbestände. Die Namens-
gleichheit berechtigt uns jedoch nicht dazu, in den Kurti irani
sche Kurden zu erblicken — wir könnten höchstens annehmen,
dass dieser offenbar weit später eingewanderte Bruderstamm
der Perser sich den Namen jener Aboriginer angeeignet habe,
wie dies in ähnlicher Weise von einigen Forschern für Madai
angenommen wird. Noch zu Xenophon’s Zeit war das Gebiet
der KapSou/oi oder Kordukh auf die Berglandschaften südlich
vom Bochtän-cayi beschränkt; jenseits, im Quellgebiet des
Bitlis-sü, traf der Grieche nur Armenier und Truppen von
Mygdoniern, Chaldäern und Taoehen. In Henzit sassen nach
mals aramäische Urtaye, die man schwerlich mit jenen Kurti
zu verbinden geneigt sein wird.
In die assyrische Zeit führt uns noch folgendes Ereigniss.
Im Buche der Könige IV 19, 37 heisst es: Sennacherib, regem
Assyriae, cum adoraret in Ninive Nesroch deum suum, Adra-
melech et Sarasar filii percusserunt gladio; hi fugerunt in ter-
ram Armeniorum, et regnavit pro illo Asarhaddon (tertius) eius
filius. Abydenos lässt die Mörder in die Stadt twv Bu^avtiviov
entkommen; er wird wohl geschrieben haben; Tau-
’CavAt? (assyr. Guzana) lag auf dem Wege nach Melitene.
Andere denken an B(£ava des Prokop, d. i. Vidzan, Vorort von
Derdzan am oberen Frät. Asarhaddon selbst erzählt in seiner
Inschrift, er habe noch als Prinz und Heerführer gegen Urartu
gekämpft und sich alsdann gegen seine Gegner gewendet, die
er zuletzt im Lande Milidu erreichte und vollständig schlug;
sofort wurde er zum Herrscher von Assur ausgerufen. Dieses
Ereigniss fällt ins Jahr 681 v. Ckr. Offenbar stand damals
Milidu, wohin die Mörder über Guzana geflohen waren, um
Truppen gegen Asarhaddon zu sammeln, im Bunde mit dem
aufrührerischen Lande Urartu, Ararat des hebräischen Textes,
wofür die Vulgata, den ethnischen Verhältnissen vorgreifend,
aber im geographischen Sinne richtig, terra Armeniorum ein-
4
IV. Abhandlung: Tomaschek.
setzt. — An dem Namen des zweiten Sohnes des Sinachirba,
Sarasar, hebr. Sarezer oder Sarazar, Zzpzsapc; bei Josepbus
Arcb. X 1, 5, haftet die Variante Sanasar. So las wenigstens
jener syrische Mönch Mär Abas Ivatina, welcher zuerst den
Versuch gemacht hatte, die älteste Geschichte Armeniens zu
sammenzustellen; er gab vor, das königliche Archiv von
Nisibina benützt zu haben, seine Hauptquelle bildete jedoch
die Bibel. Ihm genügte der trügerische Schein der Namens
ähnlichkeit zur Aufstellung verschiedener Sagengebilde. So hat
er unter anderem den biblischen Sem mit dem armenischen
Namen des Taurusgebirges Sim oder Simn learn IJ/"® in
Verbindung gebracht, ebenso jenen biblischen Sanasar (Sarasar)
an ein im Tam-us hausendes Volk Sanasan oder Sanasun
| J iuIi luinfli angeknüpft. Es wurde allgemach bei den Chronisten
gang und gebe, Namen armenischer Fürstenhäuser an biblische
Namen anzulehnen oder aus dem Hebräischen zu erklären.
Im Hause der Arerunikh bürgerte sich der Name Senekherim
ein; die Prinzen Sembat wurden aus hebr. sabbat gedeutet.
Bagarat, der Ahnherr der Bagratunikh (ein offenbar iranischer
Name, baga-rata synonym mit baga-data) soll ein Jude ge
wesen sein u. s. w.
So lesen wir denn bei Moses von Chorni I 6: Ksisuthr
(Noah) erzeugte den Sim (Sf,g), und dieser benannte sein
bergiges und quellenreiches Heimatgebiet Simn learn; die Ma
gier von Bald nennen dieses Hochgebirge Zrovan oder Zaro-
vand, und so heisst auch ein Bergeanton zwischen Atrpatakan
und Hajastan Zarovand; Sim erzeugte einen Sohn, Namens
Tarban, nach welchem das ebene und flussreiche Gebiet Taron
benannt ward; taronkh bedeutet übrigens ,Trennung'. Weiters
berichtet Moses I 23: Achtzig Jahre vor Nabuchodonosor
herrschte in Asorestan Senekherim; dieser wurde von seinen
Söhnen Adramelech und Sanasar erschlagen; Sanasar siedelte
sich zur Zeit des Riesen Skaj-ordi an der Grenze von Asore
stan in learn Simn an; seine Nachkommen sind (die hier hau
senden Sanasunkh und) die Grossfürsten oder bdeäs/kh von
Al'dznikh und Cophkh. Moses nennt II 8 einen bdeasy Sarasan
aus dem Hause des Sanasar, welcher über Al'dzn, das Land
am Oberlauf des Deklath, und über den Bergzug des Toros
oder Sim herrschte. Thomas Arcruni II (p. 8 Brosset) wieder-
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
5
holt die Sage vom Auszug der Brüder Adramelech und Sa-
nasar in das Gebirge Sim und leitet II 7 (p. 100 f.) das Volk
der Sanasunkh und Clioith zwischen Al'dznikh und Tarun von
jenem Sanasar ab. Diese zum Volksdogma erhobene Genealogie
erwähnen fast alle späteren Chronisten; Matthäus von Edessa
zu a. 971 leitet das Geschlecht des is/an oder sahan-sah von
Vaspurakan, Senekherim S. des Abu-Sahl S. des Asot S. des
Derenik S. des Gagik aus dem Hause Ar er uni, von Sarasar
ab; Yardan setzt in seiner Geographie (St. Martin, Mem. II,
p. 431) Arcrunikh gleich SASUN. Bar-Hebraeus (p. 208) be
schränkt den Umfang des Taurus auf den gebel Güdi des
Landes Beth-Qardü und die Stätte, wo Noah mit seiner Arche
zuerst festen Fuss gefasst hatte: Adramelech et Sanasar fu-
gerunt in montes Carduorum, ubi genus eorum miscebatur cum
Armenis.
Diese ganze Sagenklitterung des syrischen Mönches be
ruht einzig und allein auf der biblischen Nachricht von der
Flucht der Söhne Sennacherib’s nach Ararat und auf der schein
baren Namensgleichheit von Sanasar, einer gemachten Variante
für Sarasar, mit dem Volke Sanasun; für die wirkliche Ab
stammung dieses Volkes lässt sich daraus kein bestimmter
Schluss ziehen, und so bleibt die assyrische Zeit für unsere
Untersuchung nach wie vor dunkel. Die armenische Bezeich
nung des Taurus Simn, Sim könnte allenfalls als geschwächte
Form des Wortes sein, searn, §em ,Pfosten, Schwelle' gefasst
werden; jedenfalls sind wir nicht bemüssigt, die Urheimat des
semitischen Volkes in den Taurus zu verlegen, obgleich der
selbe lange Zeit hindurch den Grenzwall gegen die semitische
Welt gebildet hat. Es gab indess ein semitisches Wort in der
Bedeutung ,PIöhe‘, das die Griechen mit caji.eq, wiedergeben;
der abweichende a-Vocal erscheint auch in der von Maurikios
angelegten und offenbar im Gebiet der Sanasun gelegenen
Taurusveste üaij.o-yapia, syr. Samo-kerth. Was die zendischen
Benennungen Zrovan, Zarovand betrifft, so sei an Zaravät des
Bundehes 25, 2 erinnert; so hiess zunächst ein Theil des Alburz
oberhalb Tks-Meshed; ausser dem vaspurakan’sclien gavar Za
rovand in der Nachbarschaft von Her kommt noch in Betracht
der von Plinius überlieferte Ortsname Zoroanda — hier soll
der Tigris nach seinem Durchgang durch den See Thospitis
6
IV. Abhandlung: Tomascliek.
wieder hervortreten; es muss damit eine Oertlichkeit des
Nimrüd-tagh oder der Salsalah-Kette von Bitlis gemeint sein.
Was den Namen Sanasun betrifft, der, wie wir gleich
sehen werden, in der Geographie des Moses vön Chorni nnd
in einem byzantinischen Bericht aus der Zeit des Maurikios
auftritt, so kann derselbe entweder bereits jener alten Zeit an
gehört haben, als noch Ursassen elamitischen oder kaukasischen
Schlages den ganzen Taurusbogen bewohnt hatten — das
Schweigen der Keilinschriften müsste in diesem Falle sehr be
fremden — oder er stammt erst aus der Folgezeit, als sowohl
Colonen aus den assyrischen Landen in den Taurus gezogen
wurden (Beispiele hiefür bieten die Inschriften in Menge; so
erhielt zumal der Gau der Yeste Tus/an in' der Provinz von
Anffdi oder Amida eine solche neue Bevölkerung, gleichwie
nach Samaria Leute aus Chuth gezogen wurden), als auch die
Aramäer anfiengen, aus dem syrisch-mesopotämischen Flach
gebiet immer weiter gegen Norden ins Hochgebiet des Taurus
vorzudringen, bis endlich ganz Cophkh mit Syro-Aramäern er
füllt war; Beste der syrischen Namengebung finden sich noch
jetzt über das ganze Quellgebiet des Tigris mitten unter den
Kurden verstreut. Für die erste Annahme lassen sich nur
höchst zweifelhafte Belege, täuschende Namensähnlichkeiten,
Vorbringen. So wird z. B. in einer Inschrift Asarhaddon’s eine
Burg Sanasana erwähnt, welche in Madai nahe dem ,Krystall-
gebirge* Bikni gelegen war. In der Platteninschrift des Tiglath-
Pilesar III. (745—727) werden Burgen von Urartu bis Qummuch
aufgezählt, darunter Sassu und Quta. Für den semitischen
(aramäischen) Ursprung hinwieder Hessen sich Formen geltend
machen, wie Sansanna, eine Ortschaft bei Gaza (am wädi
Semsem ?) — nebenbei sei auch der Fürst Sana-trukh erwähnt
— und betreffs der benachbarten Chuth oder Choith, die Ana
logie des biblischen Namens Chuth (Xo60, Xouöa, daher , die
XouOoaoc Jos. Arch. IX 14, 1—3) für eine Localität des unteren
Mesopotamien, worauf sich schon Thomas Arcruni berief. Was
Hesse sich aber alles aus solchen Analogien beweisen! Wir
werden im Verlaufe der Untersuchung verschiedene Namens
formen des ersten Wortes kennen lernen, Sansan, Sansön,
Sasün und arab. Sanäsana, gleichsam eine Pluralform; im Falle,
als darin keine Doppelung vorliegt und die Endsilbe abgetrennt
I
Sasuu und das Quellengebiet des Tigris. 7
werden darf, müsste das Vorhandensein einer Wurzel sanas-
nachgewiesen werden. Nach armenischem Sprach geigte könnte
san-a-sun aus san ,alumnus‘ mit Gleitvocal a und dem Nomen
verbale -sun ,nutriens, nutritus* (z. B. kathn-a-sun ,lacte nu-
tritus‘) gedeutet werden; doch gibt sich daraus kein passender
Sinn. Für Cliuth jedoch zieht Thomas Arcruni eine armenische
Deutung vor; choith oder chutk bedeutet nämlich ,obstaculum
conglomeratunff, einen unzugänglichen Bergwall oder Felsen,
Sandhaufen u. dgl. — Wir steigen nunmehr in die christliche
Zeit hinab, in welcher beide Namen zum ersten Male deutlich
hervortreten.
Dass die sogenannte Geographie des Moses von Chorni
in ihrem Grundbestand in die Mitte des fünften Jahrhunderts
zurückgeht, daher die Möglichkeit offen liegt, dass Moses deren
thatsäclilicher Verfasser sei, wird jetzt schwerlich mehr be
zweifelt werden, seitdem P. Arsenius Soukry den Text nach
älteren Handschriften herausgegeben hat (Venedig 1881); auf
die Glossen und Zuthaten aus späterer Zeit (nachweisbar aus
den Jahren 880 und 950) darf hiebei das Schwergewicht nicht
gelegt werden; namentlich die Art und Weise, wie die Pro
vinzen des Sasanidenreiches aufgezählt werden, erweist die
Herkunft aus der Zeit sei es des Yazdegerd II. oder des Ka-
vädh I. Auf alles nun, was Moses für die Länder am oberen
Tigris und Frat bietet, wird in der nachfolgenden geographischen
Abhandlung eingegangen werden; hier haben wir es nur mit
zwei beschränkten Cantonen zu thun, welche unmittelbar an
einander grenzen, auffallenderweise jedoch bei Moses ganz aus
einandergerissen auftreten (p. 31 ed. Soukry): er vermerkt
den gavar SANASUN (die älteren Ausgaben haben
die jüngere Form SASUN |J««»#«A) als zehnten und letzten
unter den Gauen des südlich gelegenen as/arli Aldznikh ;
dagegen den gavar Choith \y>'up als ersten unter den sechzehn
Gauen des grossen äüs/arh Turuberan S"^rin unmittel
barer Nähe der beiden Gaue Taron und Aspakuncac-
dzor Iäry 1 ■ Fs hausten demnach die Choith auf
der Nordseite des taurischen Hochkammes oberhalb der
Flachlandschaft von Mus und Taron; die Sanasun dagegen
südlich vom Hochkamm gegen das Flachgebiet von Arzan
«
8
IV. Abhandlung: Tomasche k.
hin; in dieser Anordnung haben sich beide Bezeichnungen am
längsten erhalten.
In der topographischen Beschreibung des Romäerreiches,
d. h. der Aufzählung der Provinzen und Städte desselben,
welche aus den letzten Jahren des Kaisers Maurikios (ca. 600)
stammt und einen gewissen Georgios aus Kypros zum Verfasser
hat — das Buch wurde später (um 825—880) von dem Arme
nier Basileios abgeschrieben und erschien in der Neuzeit ge
wöhnlich unter die byzantinischen Verzeichnisse der bischöf
lichen Stühle (z. B. Not. episc. ed. Parthey) eingereiht; zuletzt
hat es Heinrich Geizer (Leipzig 1890) herausgegeben unter
Hinzugabe höchst brauchbarer historisch - topographischer Er
läuterungen —, wird als Nordgrenze der romäischen Mesopo-
tamia (mit Sophanene und Arzanene) der Taurus angegeben und
die zAeicoupa BaXaXekwv (arab. darb Badlis), und als äusserster
Grenzplatz das zäcrpov ’Lay.oyjxpxwv; nordwärts beginnt Gross-
Armenien (Bardzr-Haikh), ostwärts das Reich der Perser.
Georgios fügt noch Folgendes hinzu (p. 48, Geizer): eist äs za!
ol oizouvxe? st? io cpo? xoü Taüpou iCkrpt'ov xoü autoü zXi'gaTO? Xao! S6o,
ovoptai^oiAsvo! o p.sv st? Xoxbairui. o äs ssspo? XuvaOovvirai. Weiters
folgt eine Bemerkung über den Berg, auf welchem die Arche
Noah zuerst fest haften blieb. Der griechische Bericht unter
scheidet also zwei Völkerschaften, die XcGatsat in Chutha und
diesen unmittelbar sich anschliessende Savacjoimxat; jene wohnten,
wie wir aus Moses’ Geographie erfahren haben, auf der Nord-,
diese auf der Südseite des Gebirges, welches hier gewiss keine
Völkerscheide gebildet hat; beide Stämme waren vielmehr von
gleicher Abkunft, -— ob von autochthon-kaukasischer oder von
aramäischer, bleibe dahingestellt. Als ein Beweis für die ethni
sche Einheit beider Stämme mag der Umstand gelten, dass die
armenischen Chronisten, zumal der bestunterrichtete Thomas
Arcruni, beide Namen, Choith und Sanasun, unterschiedlos ge
brauchen.
Jenes Zeugniss des Georgios füllt eine klaffende Lücke
aus, welche das classische Alterthum in Bezug auf die ethni
schen Verhältnisse der Taursregion zurückgelassen hat; wir
lernen daraus zwei Stämme kennen, welche in den vorhandenen
Schriftwerken des Abendlandes sonst nirgend genannt erscheinen.
Nach Strabo, p. 528, wo von der Bildung der armenischen
►
Sasun und das Quollongebiet des Tigris. 9
Grossmacht die Rede, sollen die Bewohner aller erworbenen
Gebiete d. h. Armenier, gewesen sein, also beispiels
weise auch die Bewohner der vormals assyrischen Tap.o)'«xt?,
wofür wohl Tajj.upai? gelesen werden darf. Dies schliesst jedoch
nicht aus, dass sich neben der allgemein herrschenden armeni
schen Sprache auch noch die älteren Sprechweisen, zumal in
abgelegenen Berggebieten, erhalten haben mochten. — Georgios
von Kypros hätte, wenn es seine Absicht gewesen wäre, eine
vollständige Völkerreihe zu bieten, zuerst der ’Opxaiot (syr.
Urtaye) des Gaues Henzit in Armenia IV. gedenken können;
dem persischen Grenzgebiet östlich vom Flusse Zinnas gehörten
an die zahlreichen Bergstämme von Moxoene, Corduene und
Adiabene, beispielsweise die Tmorikh, syr. Tamüraye, welche
die heutzutage Beit el-Öebab genannte, schwer zugängliche
Bergregion mit dem Vororte Alki innehatten.
Religion und Ritus bilden bis auf den heutigen Tag im
Orient die oberste Macht und beeinflussen das sociale Leben
und Nebeneinanderhausen. Wir müssen darum fragen, wie es
damit im Taurus bestellt gewesen. Taron war einst ein Haupt
sitz der heidnischen Naturreligion, und zwar sowohl der semiti
schen Culte wie der später damit innig verquickten zendischen
Götterverehrung. Wie Agathangelos berichtet, stand ev “/Ap?
Tapaovüv der reich beschenkte ßwp.bp Ouaufjoc, Wahewahean-
mehean, und auf der Anhöhe der Kharkhareaj im Quellengebiet
des Aracani der Altar des Vahagn, des zendischen Herakles.
Eben dort erstand auch die erste Mutterkirche Armeniens und
das Kloster zu den ,neun Quellen'; aber nicht nur Taron und
Hasteankh, selbst die verstecktesten Cantone des armenischen
Berglandes besassen seit dem vierten Jahrhundert Kirchen und
Klöster; aus Kappadokien und Syrien hatte sich die neue
Lehre allgemach verbreitet; es genügt, an Melitene und Amida
zu erinnern, um deren frühes Dasein am Ufer des Frät und
Tigris zu erweisen. Das Quellengebiet des Tigris und die
baumreichen Anhöhen des Sim learn mochten syrische, dann
armenische Coenobiten anlocken; es gab, wenigstens in späterer
Zeit, im nördlicheren gavar Chuth ein Kloster S. Jacob, ge
nannt Wan-dirn (Vardan, St. Martin, Mem. II, p. 431), und
syrische Klöster in grosser Zahl werden im Gebiete von Se'erd,
Chelät, Maipherqät und a. 0. vermerkt. Selbst in diese Hoch-
10
IV. Abhandlung: Tomaschek.
region drang alsbald der Geist sophistischer Dogmenstreitig
keiten. Als Aaron in Asmusat Bischof war (zu Beginn des
sechsten Jahrhunderts), folgten auch die Mönche in SASUN
dem Zuge ihrer Zeit und nahmen lebhaften Antlieil an den
Streitfragen, welche damals alle Geister bewegten; Bischof von
Taron war seit 508 Ner-Sapuh, ein eifriger Monophysit und
Gegner der Synode von Chalkedon, und an seiner Seite stand
der Syrer 'Abd-Iso, Abt des Klosters Sarebat im Quellgebiet
des Flusses von Arzan, im Berglande von Choith-Sasun; vgl.
Michael Syrus, p. 178 Langlois, und Combefisius, Auctarium etc.
II, p. 177: o Zopoq aizo vou Zapsuä, xr^q jrovvj? xwv icAi)«ov
Saaüv (iDdeclinabel, statt SaacovcTÖv). Monophysiten blieben die
dortigen Mönche und Priester während der arabischen Inva
sionen, indem sie ihre Lehrmeinung auf S. Grigor Lusavoric
zurückführten; gegenüber den griechischen Aspirationen ge
schah dies zumal unter dem armenischen Katholik Johannes
Odzneci (,Serpentarius‘ aus Odzn in Tasir), als die Synode
von Manaz-a-kert abgehalten wurde; Michael, p. 254 sagt: wie
die Bewohner von Gross-Armenien dem Symbolum S. Grigor’s
folgten, ohne sich noch im geringsten von den Jacobiten zu
unterscheiden, so war dies damals auch der Fall bei den Be
wohnern von SASUN. Zu Zeiten, wo der Einfluss von Byzanz
in politischen Dingen überwog, mochte wohl auch das Dogma
von Chalkedon Billigung finden; dasselbe geschah zeitweilig
auch im armenischen Reiche von Sis. So unterschrieben die
Beschlüsse des Concils von Sis a. 1307 und von Adana ausser
einigen westarmenischen Bischöfen und Aebten Yardan Bischof
von SASUN (gen. Sasnoj), Johannes Erzbischof von Taron,
Avetikh Bischof von Nephrkert u. A.; vgl. Galanus, Conciliatio
eccl. Arm. I, p. 470.
Das gemeine Volk hatte selbstverständlich für die subtilen
dogmatischen Fragen kein Verständniss; wie Thomas Arcruni
berichtet, genügte es, wenn der Bauer den Psalter hersagen
konnte, den ihm der armenische Vardapet in die Volkssprache
übersetzt hatte. Von einem der ältesten Glaubensboten, Ver-
thanes, wird berichtet, dass er sich in den Höhlengebieten des
Sim vergeblich Mühe gab, die wilden Bergbewohner zu christ
lichem Wandel zu bekehren; am Leben bedroht, zog er es vor,
in eine andere Gegend auszuwandern. Die heiligen Männer,
Sasun und das Quellcngebiet des Tigris.
11
wollten sie Glauben erzielen, mussten Wunder wirken; zu ihrer
Praktik gehörte namentlich das Hervorzaubern von Quellen.
Von Ter Seon aus Bagovan wird erzählt, er habe durch sein
Gebet am Fusse des Sim eine Quelle, welche vollständig versiegt
war, wieder hervorgelockt; darob erstaunte selbst amir-a-pet Su-
leimän, der sich damals im as/arh Aldznikh aufbielt; vgl. Joh.
Katholik 8, p. 35 und 13, p. 94, Kirakos von Gandzak, p. 37 Br.
Erheben wir noch die Frage, wie es mit der oberrichter-
lichen Gewalt in jenen Cantonen bestellt war und welches
Haus dort waltete; erinnern wir uns, dass Armenien seit der
Eroberung des Landes durch die Haikh und die ganze Folge
zeit hindurch in eine grosse Zahl von Gauen zertheilt war, in
deren jedem ein Adelsgeschlecht herrschte und seine Haus
macht besass. Doch wechselte auch hier der Besitzstand des
öfteren, und oft geschah es, dass die herrschende Grossmacht,
beispielsweise die der Arsakiden, ihre Günstlinge einschob und
mit Gütern belehnte, so dass die ältesten Geschlechter sichtlich
dahinschwanden und neueren Platz machen mussten. Moses
von Chorni II 84 erzählt, unter Terdat II. (ca. 300) habe sich
Fürst Seluk empört, das Haupt des Adelsgeschlechtes des Sel-
kunikh, das (nach II 8) seine Abkunft von einem riesenhaften
Jäger herleitete und seinen Stammsitz in der starken Veste
Olkan oder Olakan hatte; noch sind die Ruinen dieser ,rund-
lichen‘ Veste am Westrande der Ebene von Mus vorhanden,
am rechten Ufer des Aracani, dort wo der Strom von steilen
Felsen eingeengt zu werden beginnt. Die Gefolgeschaft des
Seluk bestand vorzugsweise aus den Leuten vom Gebirge Sim.
Der König schickte den Mamgun, der sein Geschlecht von den
Hunnen des Landes Cen hei’leitete, nach Taron ab; dieser schlug
den Rebellen und eroberte die Veste; viele nahmen reissaus
nach Mee-Cophkh. Seither verblieb das Geschlecht des Marngon
(oder Mamikon) im Lehensbesitze von Taron, und seine Ge
folgschaft bildeten die Leute vom Sim. Die armenischen Annalen
vermei’ken eine stattliche Reihe von Helden aus diesem Ge-
schlechte; typisch für dasselbe sind die Namen wie Vasak,Vahan,
Vardan, Hr-a-hat, Tacat, IPamazasp und besonders Musel.
Ein spah-bedh Musel wird im zweiten Jahre des Sasaniden
Chosrov II. erwähnt (Tabari bei Nöldeke 285, vgl. Musleq bei
Josua Stylites 75, p. 61 Wright); die arabische Form lautet
12
IV. Abhandlung: Tomascbck.
Müieliq, die griechisclie Moua/aV.V); und MwuvjXe. Der Name könnte
mit der Stadt Mus in Taron Zusammenhängen — nach Scref
ed-din von Bitlis soll mus im Armenischen ,fauler und nasser
Grund, Moos' bedeuten; Tzetzes Chil. IX 64 übersetzt Mujyj'as
mit Gs'o<; twv üädxtov! Faustus vermerkt in Aidznikh einen Fluss
Mamusel, und Maurus heisst noch jetzt ein Ort im Gebiet Gendz.
In den letzten Jahren des Maurikios und zur Zeit des
Phokas, als der Sasanide Chosrov II. in Mesopotamia und Ar-
menia IV. einfiel und Armenien ebenso von Osten her beun
ruhigte, vertheidigte sich in der Landschaft Taron gegen die
Perser nicht ohne Erfolg der is/an Musel, sowie dessen Sohn
Valian-gail. Der Chronist Johannes Mamikonean gibt uns in
seiner Geschichte von Taron als Herrschaftsbezirk des Musel
folgende Gaue an: Taron, Chuth und die Sasunikh; Vahan-gail
nennt sich is/an von Mus, von Galur, von Satacli, von Chuth
und Sasun. Galur ist sonst unbekannt; vielleicht ist Dalur zu
lesen. Der Name Satacb begegnet wiederholt im Quellen
gebiet des Tigris, und noch jetzt heisst so jener Theil des
Flachgebietes von Taron an der Westseite des Nimrüd-tagh,
wo der Qara-sü einige Zuflüsse erhält; aber schon die Annalen
Salmanassar II. vermerken zum Jahre 836 einen Ort Sichi-Satach
im Lande Namri der Zäb-Begion. Alter Gepflogenheit nach
leisteten die Leute vom Gebirge Sim, von Chuth und Sasun,
dem Museliden wirksame Hilfe. Wir werden bald sehen, dass
das Haus Mamikonean aus seinem Stammsitze verdrängt wurde,
und dass sich dort das Geschlecht Bagratuni festsetzte.
Namen sind Schall und Bauch, zumal in der Völkerkunde,
wenn nicht noch Stoff und Leben hinzutritt in Angaben über
Lebensweise und Sitten. Diese wichtige Beigabe bietet uns
einer der besten armenischen Geschichtschreiber, Thomas Ar-
cruni, in seiner Geschichte des Hauses Arcruni II 7 (p. Brosset,
p. 106); diese zum Jahre 851 vorgebrachte Schilderung, zu
der Thomas ein Seitenstück in seinem Berichte über die kauka
sischen Canarkh (Savapaloi Ptol., arab. Sanäriya) geliefert hat,
dürfen wir schon hier einreihen, weil sie althergebrachte, nicht
leicht veränderliche Zustände wiedergibt. Als sich damals die
Sanasuna und Choith gegen die Tacikkh erhoben, herrschte im
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
13
Lande ein überaus strenger Winter; es trat Noth an allen
Lebensmitteln ein, die Montagnards warfen sieh auf die Dränger
und erschlugen deren Anführer Yüsuf ihn Mohammed.
,Diese Leute/ fährt Thomas fort, ,sind geübte Jäger; sie
wohnen in den tiefen Thalschluchten sowie auf den oberen
Berghalden, in den Wäldern oder im Bereich der Graslich-
tungen, stets aber in vereinzelten Hütten, welche gegenseitig
so weit ahliegen, dass der stärkste Ruf von einer zur anderen
kaum vernehmbar wird; so verkehren sie denn auch mit ein
ander selten, geschweige denn dass sie die Nachbargebiete
besuchten. Daher hat auch fast jeder Thalgrund seinen eigenen
Dialekt, und ihre Sprache überhaupt ist unverständlich und
absonderlich, so dass man sich im Verkehr mit ihnen der Dol
metsche bedienen muss. Mitunter tritt dort Hungersnoth ein,
und dann nähren sie sich kümmerlich von einer Art wilder
Hirse (coreac), bei deren Anbau sie mit den Füssen Furchen
in der Erde ziehen und den Samen in die mit einer hölzernen
Gabel gebohrten Grübchen werfen. Ihren Leib bedecken sie
mit Ziegenfellen oder einem wollenen Wams; zur Wehr gegen
wilde Thiere tragen sie stets eine Lanze oder Keule aus Holz
bei sich. Nahrung und Kleidung ist stets dieselbe, im Sommer
und Winter. Im Frühjahr, wenn der Schnee zu schmelzen be
ginnt, fahren sie über die Bergabhänge mit Schneeschuhen, die
sie mit Riemen an die Füsse schnallen. Ihre Sitten sind roh
und wild; sie sind gewohnt, Blut zu vergiessen — einen Bruder
tödten und ein Schwein abschlachten gilt ihnen gleich. Nichts
destoweniger üben sie Gastfreundschaft, und im Verkehr mit
Fremden zeigen sie sich gefällig und dienstbeflissen. Von
allem Anfang an waren sie, gemäss ihrer Abkunft von Sanasar
und Adramelech aus Asorestan, Heiden; im Laufe der Zeiten
wurden sie Christen, wenigstens dem Namen nach, und sie
führen beständig einen Psalter im Mund, den ihnen die arme
nischen Vardapet übersetzt haben. So leben sie denn in ihrem
Bergland dahin, das sich zwischen Tarun und Aldznikh er
streckt und das wegen seiner Unzugänglichkeit Choith genannt
wird — oder man hat das Volk wegen seiner barocken und
unverständlichen Sprache mit dem biblischen Namen Chuth be
legt; wegen ihrer Abkunft vom Gefolge des Sanasar nennen
sie sich Sanasneaikli
14
lV. Abhandlung: Tomaschek.
Diese lebensvolle, ungeschminkte und durchaus nicht
idealisierende Schilderung zeigt uns in den Sasuniern ein Volks
thum, das sich in seiner Eigenart etwa mit jenem der Basken
oder irgend eines Gliedes der kaukasischen Aboriginerwelt oder
mit dem isolierten Rest der Burisk an der Indusbeuge ver
gleichen Hesse. Im topographischen Abschnitt werden wir auf
den Schneereichthum dieses so weit dem Süden zugekehrten
Berglandes zurückkommen; das Auf- und Abfahren auf den
Schneehalden des Kaukasus schildert uns Theophanes bei Strabo,
p. 506 in anschaulicher Weise; er fügt hinzu: ,in Atropatene
und im Gebirge Masios (syr. Mäsi, Tür-'Abdin) bedient man
sich hiebei angeschnallter Rollhölzer (zpoyjaxoi §6Xivoty. Der
Spatharios Leon aus Mar'as, nachmals byzantinischer Kaiser,
,der IsaureE zubenannt, setzte im Mai a. 710 in Gesellschaft
von zehn Alanen über die Schneehalden und Pässe des Kau
kasus p.sta y.u-/.Xo-6oa)v, Theophan. Chrom, p. 600. Der Hang
zum Blutvergiessen findet sich bei allen uncivilisierten Stämmen,
welche abgesonderte Bergeantone innehaben; fast mit denselben
Worten wie Thomas äussert sich Sandreczki mehrmals über
die heutigen Kurden; und doch wird auch den Kurden Gast
freundschaft und Ehrlichkeit nachgerühmt. Der absonderliche
Charakter der Sprache könnte die Vermuthung wachrufen, dass
wir es thatsächlich mit dem Rest eines voraramäischen Abori-
ginervolkes zu tliun haben; sehr ähnlich äussert sich Moses
von Chorni III 54 über den Dialekt der Gargaraci, einer Ab
theilung der albanischen Nation: ,Es ist eine barbarische, ver
worrene, rauhe und an Kehllauten reiche Sprache/ Es fragt
sich nur, ob Thomas die sprachliche Zugehörigkeit der Choith
richtig zu beurtheilen imstande war; sie können ja gleichwohl
einen syrischen Dialekt gesprochen haben, ohne dass dies dem
Armenier bewusst wurde.
Wir treten nunmehr in die Zeit ein, wo die Tacikkh und
der Islam die Uebermacht über das christliche Byzanz und
die leicht eroberten armenischen Hochlande behaupten. Die
Eroberung von Gezira durch die Araber wird bekanntlich von
Belädhori und Tabari in Hinsicht auf Zoitfolge und Episoden
etwas anders dargestellt als dies der Fall im Buch Futüh
1
Sasun und das Quellengebiet des Tigris. Io
Diyär-Bekr wa Rebi'a des sogenannten Wäqidi, mit welchem
uns B. G. Niebuhr vertraut gemacht hat (Schriften der Aka
demie von Ham, I. Bd. 1847); el-Wäqidi schrieb um das Jahr
800, das ihm zugeschriebene Buch kann jedoch in seiner vor
liegenden Redaction nicht vor 1120—1150 geschrieben worden
sein. Der echte Wäqidi ist uns, wie die mitunter sehr ab
weichenden Citate erprobter Autoren mit Sicherheit erweisen,
verloren gegangen; der Specialuntersuchung eines kundigen
Orientalisten sei es überlassen, darzulegen, inwieweit das
erhaltene Buch Spuren und Reste des echten älteren Werkes
enthält. Streng genommen sollten die nun folgenden Angaben
einem späteren Zusammenhänge eingereiht werden; weil jedoch
die erprobten Nachrichten über die Eroberung von Diyär-Bekr
und Arminia überaus dürftig lauten und anderseits das vorhan
dene Surrogat des Pseudo-Wäqidi gerade in Bezug auf die Orts
und Völkerkunde manches Alte und Beachtenswerthe darbietet,
so möge ein kurzer Auszug daraus schon hier Platz finden.
Nach el-Wäqidi’s Darstellung zog der vom ämir el-mü-
menin 'Omar (I.) ibn Chattäb und vom syrischen Generalissimus
ibn-Sa'd abgeschickte Feldherr 'IyäB ibn Ghanem nach der
Einnahme von Räs-'Ain, der einzigen Stadt von Diyär-Rebi'a,
welche mit dem Schwert erobert werden musste, über Kafr-
TuÖä und Dära in das Gebiet von Nesibin und Tür-'Abdin
und von da über es-§äur gegen Amid, das er im Verein mit
Chälid ben Walid und anderen Helden nach einer Belagerung
von fünf Monaten gegen Ende des Jahres 638 (nach Belädhori
u. A. a. H. 19 = 640) einnahm. Verbündete Fürsten der
Romäer waren damals ausser den Herren von Amid auch noch
der Herr von Ariyäwas (’Aptßä>qov des Georgios v. Kypros) und
es-Se'erd, dann Sarwand Fürst von Chelät, Arg-ei, Cliway und
Salamis; ferner sein westlicher Nachbar Sanäsar Fürst der
SANÄSANA LUoU^o (p. 54. 55), dessen Sohn in der roman
haften Erzählung von der Jungfrau Tärün den Namen Müs
führt; weiters wird ein Prinz aus der Familie des Sarwand von
Chelat erwähnt, Namens Bäkür, Herr der Castelle Badlis, Qäf-
On Bor, Ma'den, Heizän, Tanza, Betäsä und Arzan; ferner der
Herr von IJisn-Keifä; die Gaufürsten der Hakkäriya; endlich
Antäk (’Avtiox°s), Herr von Ninve und Mausei. Zum Gebiet von
Amid im besonderen gehörten ausser der Stadt Meyyäfäreqin
■
16
IV. Abhandlung: Tomaschek.
(MapxupcxoXtc) die Vesten el-Hattäch, Heni, Gabal-Gür, Dhul-
Qarne'in (am Qnellhanpt des Tigris) und Bälü. Nach der Ein
nahme von Amid ergaben sich die nahen Schlösser Gäiza, 'Äqil
(Egil) und el-Yamäniya, hierauf die übrigen vorgenannten
Vesten; in Hattach empfieng 'Iyao die Huldigung der Herren
von Chorira, Qulb, Hisn el-hadid, Motnana und der Dorüb el-
Kiläb. Von Meyyäfäreqin aus zog er gegen Hisn-Keifä, während
Yuqinna, der ehemalige batriq von Häleb, die Gebiete von
Arzan und Se'erd einnahm; im Verein mit Chälid und Yuqinna
wandte sich sodann 'IyäS gegen Badlis und die dortigen Eng
pässe (darb Badlis, xXeicoöpa BaXahefawv), sodann gegen Chelät
und das übrige Armenien. — Aus anderen Berichten erfahren
wir, dass der Besitz Armeniens erst durch die Eroberung von
Adherbeigän (a. H. 22 = 643) und durch die Unternehmungen
des Statthalters Habib ibn Maslama el-Fihri (a. H. 30—40 =
650—660) gesichert wurde; vorübergehend waren die Erfolge
des Küsän el-Armeni, welcher unter griechischer Beihilfe (Be-
lädhori p. 199, Ibn el-AOir V, p. 118) bis zum Tura dhe Sahyö
(,mons aridus' Dionysius v. Tell-Mahrä a. 754/55) vordrang, wo
drei Jahre vorher der Syrer Johann in den Bezirken von
Qulab und Phis die Araber bekämpft hatte. Den Armeniern
waren anfänglich sehr günstige Vertragsbedingungen bewilligt;
um so härter empfanden sie später den Steuerdruck, als unter
Ga'far el-Mansür der strenge Hasan ibn Qahlaba die Pacifi-
cierung des Landes durchführte.
Wichtig für unsere Untersuchung erscheint im Bericht
des Pseudo-Wäqidi die Nennung des Volkes SANASANÄ, das
unter einem eigenen Fürsten Sanäsar stand; entspre
chend dem biblischen Sanasar (Sarazar), wird nämlich am besten
zu lesen sein für die handschriftlichen Varianten (Sa-
nänir; so las Seref ed-din in seiner Geschichte der kurdischen
Fürstenthümer) und (Salantar; so las Niebuhr), obgleich
die letztere auffallend erinnert an drei in der Keilinschrift des
Tiglath-Pilesar I. vermerkten Namen von Häuptlingen der
Kurti, nämlich Kaliantiru, Kiliantiru und Sadiantiru. Die von
Wäqidi gebotene Topographie entspricht freilich am besten cler
Zeit der Marwäniden, Ortoqiden und der Säh-i-Armen, sowie
des Zengi ätäbeg von Mausei; wer bürgt aber dafür, dass
nicht etwa schon in der älteren Grundlage des Buches jene
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
17
Vesten und das Volk der Sanäsanä genannt waren? Fabeleien
und müssige Sagen hatte schon der alte Wäqidi bevorzugt.
Aus der Erzählung von der Jungfrau Tarün, der Tochter des
batriq Sarwand von Chelät, welcher an anderer Stelle Yüstinos
genannt wird, heben wir die Bemerkung hervor: die Jungfrau
hauste auf dem gabal Marad der von ihr den Namen
gabal Tarün erhielt. Kaum wird hier Gabal-Gür
(armen. Oapat-dzur, türk. Cabaq-dzür) zu lesen sein; learn
Marath heisst das Gebirge von Choith noch bei Thomas Meco-
pheci, wobei freilich die Vermutliung platzgreifen könnte, es
liege hier eine Verwechslung vor mit dem cpoq uijujAov stiovo-
p.o£op.svov MapaGzev (Georgios Kyprios, p. 48 Geizer) im gabal-
Güdi, das seinen Namen einem syrischen Mar athqen ,Dominus
disposuit £ (Assemani BO. III 1, p. 216) verdankt. Der eine,
von der Jungfrau bevorzugte, Freier Müs darf für den Ver
treter des bei den Sanäsanä eingebürgerten Geschlechtes Musel
Mamikonean gelten; zugleich tritt der Bezug zur medina und
sähra Müs hervor. Der andere, gewaltthätige und dem Islam
ergebene Freier Bäkür, welcher Badlis und zugleich Arzan
besass (wie später der ämir Toghän Arslän ben El-tekin, vgl.
Ibn el-A0ir a. H. 513 = 1119), vertritt die armenische Fürsten
familie von Aldznikh; schon Faustus III 9 vermerkt um a. 320
unter den rebellischen Statthaltern der südlichen Provinzen
einen Bakur bdüas-/ von Aldznikh; der Name ist übrigens
iranisch (vgl. llazopo?) und findet sich auch in Georgien häufig;
der gavar der Stadt Marand in Atrpatakan hiess Bakur-a-kert,
Moses II 60. Die von Tyal ben Ghanem eingeschlagene Heeres
strasse Amid-Arzan-Badlis-Chelat-Arges werden wir im zweiten
Theile schildern; im allgemeinen bevorzugten die Araber bei
ihren Unternehmungen gegen Armenien die Wege über die
Thäler des Zäb bis Na/cewan und Devin; jene Strasse war
etwas kürzer, aber beschwerlicher — in Eilmärschen zog auf
derselben a. H. 112 = 730 Sa'id ibn 'Amru gegen die Cha-
zären, um die Niederlage des Garrali zu rächen. Wenn zum
Gebiet von Chelät auch Choy und Salamäs gerechnet wird, so
passt dies mehr für die Zeit der Sah-i-Armen.
Sitzungsb. der pliil.-bist. 01. CXXX1II. iid. 4. Abli.
2
18
IV. Abhandlung: Tomascliek.
Die Geschichte des Hauses Mamg'un oder Mamikonean-tun
von Taron während der arabischen Herrschaft lässt sich nur
bruchstückweise verfolgen. Einige Jahre nach dem Tode des
Kaisers Herakleios vermochte noch Kaiser Kon stans Armenien
zu halten (650f.); auf Seiten der Romäer focht, wie Sebeos
berichtet, der is/an Musel Mamikonean, der sich freilich, nach
dem Habib den griechischen Strategen Maurianos bis nach
Kolchis gedrängt hatte (653), dem mit den Schaaren Mo'äwia’s
paktierenden is/an der Reitunikh, Theodoros Vahevuni, an
schloss; den aussichtslosen Kampf setzte eine Weile noch ein
anderer Mamikonean, ■/.o'jpoTM.dvqq Hamazasp S. des Davith,
fort. Weiters berichtet Levont, dass zwischen den Häusern
Mamikonean und Bagratuni allezeit eine tiefgewurzelte Gegner
schaft bestand; das alte Adelsgeschlecht des Bagarat wirkte
allerwegen dämpfend und beruhigend auf die mitunter sich
regenden Unabhängigkeitsgelüste der armenischen Grossen ein
und schloss sich mit Eifer der arabischen Sache an, wodurch
es zu immer höherem Einfluss gelangte, während die aus ihrem
Stammsitze Taron vertriebenen Mamikonean, in den Berggebieten
Hoch-Armeniens heimatlos herumstreifend, Banden um sich
sammelten und die Fahne des Aufstandes weiter fortführten,
ohne die geringsten Erfolge zu erreichen. Unter dem ämir el-
mümenin Hisäm ibn-'Abd el-Melik (724—743) wurde der Ba-
gratean Asot ihn Vasak mit der Würde eines batriq von
Arminia betraut, während die Brüder Mamikonean Davith und
Grigor nach Yemen verbannt wurden. Zwar rief dieselben el-
Welid II. aus der Verbannung zurück und gestattete, dass sie
sich in Vaspurakan festsetzten; unter Marwan II. jedoch wurde
Davith vom Statthalter Ishaq ibn Moslim hingerichtet; Grigor
brachte zwar einige Magnaten auf seine Seite und überfiel den
Agot Bagarat in Bagrevand, er starb jedoch bald in Karin.
Abü-Ga'far el-Mansür, der schon unter dem Chalifat seines
Bruders Abü’l-'Abbäs als Statthalter und Steuereinnehmer Ar
menien hart bedrückt hatte, schickte dahin den Hasan ibn
Qahtaba ab, welcher die Steuererpressungen im höchsten Aus-
maass betrieb. Wiederum stellten sich die Mamikonean, hie
Artavasd, dort Müseliq, an die Spitze der Unzufriedenen, die
jedoch alsbald der Ucbermacht der Schaaren Amru’s erlagen,
welcher über Chlath und Aröes nach Apahunikh und Bagrevand
Sasnn und das Quellengebiet des Tigris.
19
eingedrungen war (762f.); Asot Bagratuni, Sohn des Sahalc,
stand damals an der Spitze der Friedenspartei. Unter el-Mo'tasim
finden wir einen heimatlosen Manuel Mamikonean bald (833)
an der Seite des Isljäq ibn-Ibrahim im Kampfe wider Bäbek
in Atrpatakan, bald (838) als griechischen Heerführer an der
Seite des Kaisers Theophilos im Kampfe gegen die Schaaren
des Türken el-Afsin. Dagegen behauptete der Bagratuni Sembat
ibn-Asöt, is/an der Mokkh, die Würde eines spah-a-pet von
Arminia und genoss die Huld des Chalifen im reichsten Maasse,
trotz mancher Verleumdung; sein Sohn Sahl (ibn-Sabit, d. i.
Sembatean) hatte mit der Auslieferung des Bäbek an cl-Afsin
ein gutes Geschäft gemacht. Dagegen soll sich ein anderer
Bagratean, Bagarat oder Boqrat ben Asot el-batriq, is/an von
Tarun, während der wechselvollen Kämpfe mit Bäbek, in denen
die Schwäche und der Verfall der arabischen Centralgewalt
bereits deutlich hervortrat, müssig und sogar schwankend ver
halten haben.
Ueber diesen Bagarat besitzen wir zunächst eine be-
merkenswertbe Nachricht bei Bar-Hebraeus, Hist. eccl. I, p. 388:
cum Amidae magna ecclesia combusta esset, elapso triennio
(ca. 848) optimates civitatis presbyteros miserunt subsidia pe-
tentes ad Paqrat (gr. lla-yv-pdzicq) bar Asot, dominum regionis
Tarüü, qui consedit in oppido Müs, vera fide conspicuum; is
ipsis donavit tria milia zuzarum, ad hoc praebuit ligna ingentia
ex montibus regionis suae excisa ad reaedificandam Amidae
ecclesiam. — Damals waren also die Anhöhen von Choit-Sasun,
Tarun und Capal’-dzür, noch mit stattlichen Waldbäumen be
deckt; solche sind noch jetzt im Gebiete von Gendz, Cabaq-
dzur und Palu vorhanden, während die Wälder von Choit-Sasun
bis auf Reste verkrüppelten Buschwerks gelichtet und die
Halden in Weidegebiete umgewandelt sind. Nun werden wir
über Bagarat mehr zu hören bekommen.
Schon in den letzten Jahren des Chalifen el-Waöiq hatte
es wiederum in Armenien zu gähren begonnen; wie sonst, gab
auch diesmal der Steuerdruck Anlass dazu. An der Spitze der
Unzufriedenen stand Asöt aus dem Geschlechte Areruni, is/an
von Vaspurakan; ihm schloss sich eine grosse Zahl Gaufürsten
2*
i
V
i
20
IV. Abhandlung: Tomascliek.
an. Der Clialif Abü-Ga'far el-Motawakkel (847 ff.), welcher die
von fanatischer Unduldsamkeit dictierten Gesetze gegen die
Christen womöglich verschärft hatte, schickte den Abü-Sa'd
Mohammed nach Armenien, um die dortigen Verhältnisse zu
erkunden und die Steuern gewaltsam einzuheben; schon in der
ersten Grenzprovinz Taron, wo er mit Boten des Bagarat zu
sammentraf, stiess Abu-Sa'd auf Schwierigkeiten, ebenso in
Vaspurakan; zu schwach, um die widerspenstigen Gaufürsten
zu bemeistern, kehrte er nach 'Lräq zurück, erstattete dem
Chalifen Bericht und starb kurze Zeit darauf; bei seinem Ab
gänge hatte er gegen den unbotmässigen Bagarat den Comman-
danten von Arzan, Müsk ibn Zarära (welchen die arabischen
Berichte wohl nur irrthümlicli als Schwiegersohn des Boqrät
ausgeben), entboten, und nach Vaspurakan den ämir Ala Dzo-
vaphi geschickt. Alk drang über Aibak ein, wurde jedoch im
Lager von Arcuc von den Leuten des Asot überfallen, und
nur Wenige fanden Zuflucht in der Veste Berkri. Müsk,
welcher in Taron eingefallen war, wurde in seinem Lager bei
Mus von den vereinigten Truppen des Asot und Bagarat um
zingelt; die Tacikkh zogen sich theils in unwegsame Verstecke
zurück, theils in die Veste BaJes (Badlis) des gavar Sah-a-stan,
wo Müsk gut behandelt wurde und unthätig sitzen blieb. So
standen die Dinge am Ende des Jahres 850.
Im nächsten Frühjahr erschien ein neuer Statthalter auf
dem Schauplatz, Yüsuf ibn Mohammed, der Sohn des vorigen;
mit bedeutender Heeresmacht rückte er aus Adherbeigän nach
Albaq vor und nahm in Adam-a-kert, dem Hauptsitz der Ar-
crunikh, die von A§ot gestellten Geissei in Empfang; Asot
selbst suchte zunächst im gavar Mard-a-stan persönliche Sicher
heit. Yüsuf zog alsdann über Beznunikh nach Chlatli, wo sich
auch Bagarat, einen gütlichen Ausgang erhoffend, einstellte;
er wurde jedoch in Ketten geschlagen und als Meuterer nach
Bagdad abgeführt, wo er später vergiftet wurde. Yüsuf bezog
in-Mus sein Winterquartier, nachdem er die Dörfer Tarun’s
verheert und die Einwohner vergewaltigt hatte; er zwang sie
trotz der Winterkälte zu den härtesten Arbeiten. Bagarat’s
Söhne Asot und Davith waren zu den Bergbewohnern südlich
von Tarun geflüchtet und reizten nun diese wider die Tacikkh
auf; die schlichten Chuthen, erbost über die Abführung ihres
Sasun und das Quellengeliiet des Tigris.
21
Gauhcrni, auch wohl verlockt durch die Aussicht auf Beute,
folgten dem Ruf, stiegen in die Ebene hinab, warfen sich auf
die arabischen Posten, überrumpelten Mus, wo Yüsuf in der
Kirche Surb Phrkic Sicherheit zu linden hoffte; ein Chuth er
stach ihn unter der Kuppel. Als Lohn der Treue wurden' den
Chuthen die den Arabern abgenommenen Güter zutheil; die
Moslimen, welche dem Schwerte entrannen, starben den Hunger
tod oder erlagen dem Winterfrost.
Bei der Schilderung dieser in den Winter 851/852 fallen
den Ereignisse gibt Thomas Ar er uni II 5 f. jenen Bericht über
das Volk der Chuth und Sanasunkh, den wir bereits oben
eingeschaltet haben. Aber auch die arabischen Annalisten ge
denken diesmal wenn nicht der Sanäsanä, so doch der Choith
oder Chowaiöiya -LJS^Ll; vgl. Beladhon, p. 211 f., Fragm. Hist,
ed. De Goeje, p. 547, Tabari, Annales III 3, p. 1404 ff. Wichtig
ist namentlich Belädhori’s Bemerkung, dass die ChowaiOiya,
welche die nach ihnen benannte Bergregion ■LJgji.l be
wohnen, ein barbarisches Volk, auch el-Artan 0 U>yiJl genannt
würden. Th. Nöldeke, ZDMG. XXXIII 165 findet die Lesung
el-Ortäy (syr. Örtaye) sehr wahrscheinlich; es regt sich
hiebei nur der Zweifel, ob sich diese aramäischen Ortäer so
weit über ihren heimatlichen Gau Handzit, bis nach Tarun
und bis zum Tigris von Bales, erstreckt haben mochten ?
Vielleicht darf eher auf folgende aus alter Zeit (Plinius VI 128)
stammende Nachricht erinnert werden ,vicinum Arsaniae fluere
Tigrim in regione ARTHENE (var. 1. Archene) Claudius
Caesar auctor esi/, wobei schwerlich an Arzene (armen. Ardzn,
Aldzn, Aldznikh, ’Ap^avYjvv^) oder gar an Strabo’s ’Ap<m)v^ (See
und Gebiet von Arüüä) gedacht werden darf; übrigens kennt
Johannes Mamikonean in Taron gegen Hasteankh eine An
höhe Ardzan mit dem Kloster ,Heiligenkreuz' Surb-chaü, und
armen, ardzan hat die Grundbedeutung raTpa; auch nennt
Abu 1-fedä Ann. a. H. 590. 594 qal'at Arzän 0 \jj\ (Var. ^\jj\
und im Gebiet von Müs. Yäqüt’s Zeugniss über das
Volk und den Gau Chowit werden wir später anführen.
Bemerkt sei noch, dass in den meisten armenischen Berichten
der Folgezeit als Statthalter, welcher den Bagarat abführen
liess und der dann von den Aufständischen erschlagen wurde,
nicht Yüsuf, sondern dessen Vater Abu-Seth genannt erscheint.
22
IV. Abhandlung: Tomascliek.
Als Yüsuf’s Mörder wird einmal sogar der obgenannte Müsk
bon Zarära hingestellt, den später Boghä nach Bagdad schickte.
An Stelle des erschlagenen Yüsuf erschien im folgenden
Jahre ein furchtbarer Gegner an der Spitze einer Armee von
200.000 Mann, der vom Chalifen el-Motawakkel zum Genera
lissimus ernannte Türke Boghä (,Stier'), mit der Weisung, die
Empörer zu züchtigen und einzuliefern, die Steuern rücksichts
los einzutreiben, Armenien auf lange Zeit hinaus unschädlich
zu machen und dort eine definitive Ordnung zu schaffen. Die
arabischen Berichte schildern vornehmlich die Thätigkeit dieses
Mannes in den nördlichen Strichen Armeniens und in Georgien;
Thomas Arcruni und Asolik gehen auch auf die früher er
folgte Pacificierung der südlichen Provinzen ein. Boghä zog
den gewohnten Weg über Adherbeigän und Bosfurregän; so
fort schloss sich ihm spah-a-pet Sembat an, dessen Sohn Aäot
sich in den Reihen der Tacik die ersten Sporne verdiente.
Wie immer, so waren auch damals die armenischen Grossen un
einig, sie verleumdeten einander, und der Schrecken zwang sie,
dem Chalifen heimlich und offen ihre demüthigste Unterwerfung
zu vermelden; die Hauptschuld wurde auf die rohen Chuth ge
laden. Vorerst schickte Boghä seinen Unterfeldherrn Zirakh mit
15.000 Mann in die südlich vom Van-See gelegenen Gebirgsgaue,
um Asot’s Bundesgenossen zu züchtigen; Zirakh verfolgte die
selben von Thal zu Thal, von Schloss zu Schloss, bis es ihm ge
lang, sie im gavar Orsirankh beim ,blutigen Weiher' (arian-lic) zu
packen. Bughä selbst zog indess gegen den Hauptrebellen Asot
Arcruni, welcher in der Veste Nkan des gavar Thorn-avan sass;
Asot gab jeden Widerstand auf, stellte sich freiwillig den Türken
und bat um Gnade — er wurde in Ketten geschlagen und sammt
den übrigen Gauherren nach Bagdad geschleppt. Hierauf zog
Boghä über Apahunikh und Chlath nach Tarun; aus dem Flach
land stieg er ins Gebirge der so übel beleumundeten Chuthacikh
auf, schlug auf der Anhöhe der Vazginakh die Söhne
Bagarat’s, Davith und Asot, und deren Gefolgeschaft, und
schickte sie gefangen nach Bagdad; er hielt bei den Chuthen ein
furchtbares Strafgericht ab; Mord, Brand und Raub bezeieh-
neten seine Fährten, als er über Berkri nach Devin abzog.
Thomas Arcruni (p. 172, Brosset) bemerkt übrigens, dass
bald nach dem Abzug der Tacikkh ein Grieche (Yunan) den
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
23
vergeblichen Versuch gemacht habe, im Berglande der Chuth
den Guerillakrieg fortzusetzen; er wurde gefangen und nach
Bagdad abgeführt, Erfolgreiche Bewegungen von der llomania
her waren damals ein Ding der Unmöglichkeit; lagen doch die
beherzten Melitenioten und die Häretiker der Tibrike da
zwischen, geschworene Feinde der Romäer! Ein Jahr brachte
gleichwohl den Moslimen entschiedenes Unglück, a. H. 249 =
863; dem Feldherrn des Kaisers Michael III., Petronas (arab.
Betronäs), gelang es damals bis zur küra Semsät (’Apcop.oaaTa)
vorzudringen, und ihm erlag der gefürchtete Haudegen aus
Malatiya ’Amr el-Aqta' (gr. "Agep oder "Ap.ßpot;); und im Quell
gebiet des Digla fiel 'Ali ben Yahyä el-Armem, der tapfere
und sieggewohnte Commandant von Gezira; die Romäer, welche
damals zum Entsetzen der Moslimen bis Meyyäfäreqin vor
drangen, hielten eine Zeitlang die Höhen des Antitaurus (arab.
es-Salsalah) bSsetzt; merkwürdig, dass die griechischen Annalen
von diesen Siegen so wenig berichten.
Etwa aus dem Jahre 943 — a. H. 332 mag der Bericht
eines gewissen 'Ali ben Mahdi el-Kosrewi an Abu’ 1-Hasan 'Ali ben
Harun über den Oberlauf des Tigris stammen, den wir in der
folgenden Abhandlung erläutern werden. Darin wird einmal als
Ort, woselbst jener 'Ali ibn Yahyä, im Kampfe mit den Romäern
den Glaubenstod erlitten hat, die Klause Holüris (g' r -
xXeicoupa ’lXXöpia«;, armen. Olor) erwähnt; dann wird auch ein Fluss
lauf geschildert, der aus dem Berglande der ChowaiOiya oder
Chowit kommt (Yäqut II, p. 552 unrichtig p. 500 cuiyi.
und III, p. 68): ,die erste und oberste Quelle des wädi es-Sarebat
liegt im Berggebiet Chowit'. Die meisten Quellen erhält der äbi-
i-Arzan aus dem Bogen des Gharzän- oder Charzän-tagh, die
längste und oberste jedoch aus dem Antogh-tagh, welcher Choit
von den Weidegebieten der ModikhKurden scheidet. — Verschie
dene Umstände wirkten zusammen, um jenen Vorstoss der Ro
mäer gegen Amid und Meyyäfäreqin vom Jahre 863 unwirksam
zu machen; vor allem die Thatsache, dass ein Jahr vorher in
Armenien selbst annehmbare und für die Zukunft erspriessliche
Zustände geschaffen worden waren; auch bestand zwischen Ro
mäern und Armeniern der dogmatische Zwiespalt, ein wichtiger
Hemmschuh.
24
IV. Abhandlung: Tomaschek.
Das Haus Bagratuni, dem spah-a-pet Sembat angeliörte,
hatte sich, wie dargelegt, bereits seit den Zeiten des Chalifen
Hisam als Werkzeug der arabischen Herrschaft hervorgethan,
und diese Ergebenheit fand nunmehr ihren Lohn. Die Politik
des Hofes von Bagdad erkannte, dass die Unterstellung des
christlichen und fremdsprachigen’armenischen Landes unter ein
einheimisches, jedoch der arabischen Herrschaft zugethanes Ge
schlecht ihre Vortheile habe: die gegenseitige Eifersucht der
Gaufürsten gestattete niemals ein zu starkes Anwachsen der
oberherrlichen Macht; der Oberherr selbst hatte die Bolle, die
ungeberdigen Gaufürsten im Zaume zu halten; dass in dem
Oberherrn das Unabhängigkeitsgefühl nicht aufkomme, dafür
hatten die Gouverneure von Adherbeigän und Gezira zu sorgen
—■ bequemer war es jedenfalls, in einem solchen Falle einen
Machthaber zu bekämpfen und zu packen, als eine ganze
Beihe rebellischer Gaufürsten in ihren Hochg'Sbieten aufzu
suchen und unschädlich zu machen. Sollten endlich gar die
Gouverneure nach Schaffung einer unabhängigen Hausmacht
streben, so konnte sich der Chalife des Bagratuni als eines
gefügigen Werkzeugs gegen sie bedienen.
So proclamirte denn im Jahre 862 der arabische Statt
halter 'Ali el-Armeni den is/an Asot, Sohn jenes spali-a-pet
Sembat, aus dem Hause Bagratuni, zum Oberherrn oder ämir-
a-pet von Armenien; derselbe Asot I. erwirkte mehrere Jahre
später vom Chalifen die Königskrone nebst anderen Gaben
der Huld und den Titel sähän-Säh oder säh i-Armen; in einem
ähnlichen Vasallenverhältniss stand einst der Armina-sah zum
parthischen Beiche der Arsakiden. Asot I., ein kluger und
bedächtiger Fürst, starb 890; ihm folgte sein Sohn Sembat I.,
ein schwacher und unfähiger Mann, welcher unthätig zusah,
wie der Gouverneur von Adherbeigän el-Afsin die armenischen
Grenzgaue brandschatzte und wie sich schliesslich Gagik, ii/an
von Vaspurakan, unabhängig machte. In ein früheres Jahr,
894, fällt folgendes Ereigniss.
Der arabische wäli von Diyär-Bekr, Namens Ahmed ben
Isa ben Seich el-Seibäni, hatte sich einiger zu Arminia ge
höriger Grenzgaue bemächtigt, zumal des as/.arh Aldznikl;, wo
er den bdeasy Abul-Mahra, einen syrischen Christen, beseitigte;
derselbe vergewaltigte auch die Bewohner des Gebirges Sim
Sasun und das Qnellengebiet des Tigris.
25
und stieg nach Tarun hinab. Ahmed hatte sich hiedurch dem
Chalifen verdächtig gemacht, und Sembat fiel die Aufgabe zu,
den wäli in seine Grenzen zurückzuweisen; Gagik, is/_an von
Vaspurakan, übernahm das Commando. Während Ahmed mit
seinen Schaaren, unter denen auch Gethacikh (= Kethik des
Moses) erwähnt werden, am Aracani lagerte, Hessen sich Sem-
bat und Gagik durch Listen des Gegners in wasserlose und
steinige Hügelgebiete verlocken; schnell kam Aluned heran
und brachte den Armeniern am heutigen Bache Güzel-dere
hei der Veste Thuch eine vollständige Niederlage bei. Gagik
empörte sich, unterstützt von Yüsuf, dem arabischen Gouver
neur von Atrpatakan, gegen Sembat, der zuletzt sein Leben
gegen eben diesen Yüsuf verlor (908); vgl. Thomas Arcruni
III 23 p. 191 Johannes Katholikos 28 p. 161.
Die Chalifen hatten Eines nicht erwogen, nämlich die von
Westen drohende Gefahr in dem Falle, wenn sich das Kriegs
glück wiederum den Romäern zuneigen sollte; dann konnte es
geschehen, dass der Sah-i-Armen, kleinliche dogmatische Streit
punkte beiseite schiebend, .seine Blicke auf Byzanz richtete.
Hatte doch der orthodoxe Basileios I. (arab. Bäsil es-Saqlabi)
nach Erstürmung der paulikianischen Burgen von Tibrike und
aller Taurusvesten die Ostgrenze seines Reiches zum Oberlauf
des Euphrat hart gegen Melitene vorgeschoben und mit Asot I.
wenigstens kirchliche Beziehungen angeknüpft. Unter Leon VI.
wurden an der Ostgrenze neue Themata organisiert, in den Oeden
neue Grenzvesten errichtet und zugleich ernste politische Be
ziehungen mit dem Armen-sah eingeleitet; Grigorik Bagratuni,
Sohn des Vahin, Herr von Taron, soll sein Gebiet den Ro-
mäern geöffnet haben. Unter Romanos I. Lekapenos kämpften
die tapferen Heerführer Melias (arab. Melih, arm. Mleh) und
Johannes Kürkuas (el-domestiq el-Qurqäs, Ihn el-Aöir VIII
p. 221; Eroberer von tausend Städten und Castellen; seine
Heldenthaten beschrieb Manuel in acht Büchern, Theophan
cont. p. 427), beide Armenier von Geburt, erfolgreich im ganzen
Grenzgebiet bis Amid hinab. Asot II. Erkath (,ferreus‘), Nach
folger des Sembat, behauptete sein Reich Ani mit Hilfe grie
chischer Waffen; Bagarat, Sohn des Grigorik, Herr von Taron,
wurde roxTpi'y.to<; und Vasall des Kaisers; ebenso sein Nachfolger
Thornik. Unter Romanos II. hatte Taron durch die Einfälle
26
IV. Abhandlung: Tomascliek.
des kampf- und beutelustigen Seif ed-daula zu leiden — der
Hamdänide drang einmal sogar bis Hawcic vor, schloss jedoch
bald, um sich nach Syrien wenden zu können, mit dem ibn-
Torniq (Thorneci) Frieden. Nikephoros Phokas nahm kurz vor
Seif el-daula’s Tod von Taron Besitz, dem Erbe der Brüder
Grigor und Bagarat, und fiel von da in Mesopotamien ein.
Kaiser Johannes Cpmeskik, Armenier von Geburt, begann (973)
seine syrische Expedition von Taron aus, wo er in der Burg
Aiciac-berd die Allianz mit Asot III. erneuerte.
Als Basileios II. seine Regierung an trat (976), begann
der unzufriedene Patrikios von Henzit und Chaldia, Bardas
Skieros (el-Siqlerös), seinen Aufstand, welcher die Erfolge der
griechischen Politik auf Jahre hinaus untergrub; den Rebellen
unterstützten Abü-Taghleb Herr von Amid ("Ep-et) und Meyyä
fareqin (Miescpyip.), die beiden Prinzen von Taron, Aphranik
is/.an der Mokkh, und Andere; die Wirren dauerten, da sich
zuletzt auch der tapfere General Bardas Phokas (el-Foqäs) em
pörte, bis zum Jahre 990. Diese Wirren benutzte der kurdische
ämir Bädh el-Kurdl, Haupt der Marwäniden im Diyär-Bekr,
zu Einfällen nach Taron, Müs, Chelat und Arges, Harkh und
Apahunikh; auf el-Badh folgte sein Neffe Abu 'Ali ibn-Marwän
(990—997), worauf sich 'Obeid-allah ibn-Dimna der Herrschaft
Amid bemächtigte, während dem Marwäniden Abu Mansur nur
Meyyäfareqin verblieb. Kaiser Basileios suchte nun, soweit es
ihm der lange und schwierige Kampf mit den Bulgaren ge
stattete, den verlorenen Einfluss im Orient wiederherzustellen.
David von Georgien wurde sein Vasall mit dem Rang eines
zoupoTtaXotTvjc; die griechischen Truppen besetzten zugleich Ba-
sean, Harkh und Apahunikh, ferner Chelat und Taron und
setzten sich gegen Meyyäfareqin und Amid in Bewegung; dem
Beispiele des Hamdäniden Abul-FaSail von Häleb folgend, er
klärten sich die verschiedenen Herren von Diyar-Bekr und
ihre nächsten Nachfolger als Vasallen des Kaisers zur Tribut
leistung bereit; so ibn-Dimna, so dessen Bewältiger Nasr ed-
daula ben Marwan von Meyyäfareqin, nunmehr auch Herr von
Amid. Es folgt der Anschluss des Reiches von Ani unter dem
Öähän-säh Johannesik Sernbat an Byzanz und die Annexion
des von Osten her stets bedrohten asyarh Vaspurakan unter
dem Arcruni Senekherim mit 8 Städten, 72 Burgen und 1000
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
27
Dörfern; damals (1022) sollen die Griechen sogar einige Burgen
des gavar Her erobert haben — man zeigte noch später in
Bales die Wurfmaschine, welche dabei zur Verwendung kam —;
weil aber der Winter eintrat und die Bewohner selbst die Nach
hut des Heeres ständig belästigten, zog es der Kaiser vor, wie
Äristakes berichtet, über das Land der Arcrunikh den Weg
zur Heimat anzutreten; doch blieben griechische Soldtruppen
(Varanger, Franken, Bulgaren) in den Plätzen Armeniens bis in
das Jahr (1071) der Gefangennahme des Kaisers Romanos IV.
Diogenes. Während dieser Periode der griechischen Obmacht
wird Choith-Sasun nur selten erwähnt, was begreiflich ist bei
einem schwer zugänglichen Bergland mit armen und rohen Be
wohnern; an solch 1 einem Erdwinkel zieht die Weltgeschichte
meist spurlos vorüber. Wir heben nur folgende Erwähnungen
hervor.
Zu a. H. 427 = 1036 berichtet Ibn el-Aöir in seinem
Kamel et-tewärich IX p. 306 ,über die Beraubung von Mekka
pilgern durch die Vertragsbrüchigen Sanäsana* Folgendes. ,Da
mals zogen Schaaren von Pilgern aus Choräsän Tabaristän und
Adherbeigän über Ani und Vastän durch die armenischen Lande
und gelangten ungehindert in das Gebiet von Chelät. Hier traten
ihnen die armenischen Ra'iya in den Weg und diese fanden hie
bei Helfershelfer an den SANASANA welche gleich
falls zu den Armeniern gehören. Diese Sanäsana befanden sich
zu jener Zeit noch im Vollbesitz ihrer starken Burgen in der
Nachbarschaft von Chelät; sie hatten zwar mit dem Herrn
von Chelät einen Friedensvertrag oder Treubund abgeschlossen,
doch blieb ihnen der Besitz ihrer Burgen und ihre Unabhängig
keit hiebei gewahrt. Damals nun gesellten sich die Sanäsana
den armenischen Ra'iya zu, nahmen viele Pilger sammt Weib
und Kind gefangen, beraubten sie ihrer ganzen Habe und
schleppten sie in das Grenzgebiet der Romäer; den räuberischen
Armeniern gewährten sie Zuflucht. Auf die Nachricht hievon
sammelte Nasr ed-daula ben Marwän seine Truppenmacht, um
gegen die Sanäsana zu Felde zu ziehen; da jedoch der Fürst
derselben, eingedenk der Stärke seines Gegners, sich freiwillig
erbot, Alles gut zu machen, die Gefangenen sammt ihren Fa
milien freizulassen und die geraubten Güter zurückzuerstatten,
28
IV. Abhandlung: Tomaschek.
gieng Nasr ed-daula darauf ein und bewilligte ihnen den Frieden,
wozu ihn auch noch folgende Gründe bewogen: die Stärke und
Zahl der Burgen, die Beschwernisse einer ghaziya in jener
Gebirgsgegend, ausserdem die Nähe der Romäer, welche jenen
sicherlich Hilfe geleistet hätten/ ■—• Wir begreifen die Noth-
wehr der armenischen Ra'iya von Chelät wider die zahlreichen
und fanatischen Pilgerschaaren, welche es mit der Bezahlung des
Lebensunterhaltes nicht immer ernst nehmen mochten; ebenso
die wirksame Mithilfe der in den Bergpassagen hausenden Sa-
sunier! Diese standen unter einem unabhängigen Häuptling,
sei es einem Bagratean oder einem Mamikonean. Von einer
numerischen Uebermacht nomadischer Kurden auf ihrem Boden
ist noch keine Rede, obwohl ganz Diyär-Bekr unter der Herr
schaft der kurdischen Marwäniden stand und namentlich die
Umgebung von Amid eine dichte kurdische Bevölkerung auf
wies. Der ämir Nasr ed-daula Ahmed ben Marwan el-Kurdi
besass ausser Meyyäfäreqin und Amid auch Badlis und Chelät
und war, obwohl bald den Romäern, bald den Seldzuken zins
bar, nicht blos ein mächtiger und prachtliebender, sondern auch
ein humaner Fürst. Kaiser der Romäer war damals Michael IV.
der Paphlagonier; griechische Garnisonen unter xaxeicävw standen
noch in Vaspurakan und an der Euphratlinie in Henzit bis
zur Grenze von Taron; der Grenzort Sevaverak (Süverek)
westlich von Amid war fast gleichzeitig mit dem geschilderten
Ereigniss in die Hände der Kurden gefallen. Die Marwäniden
verloren ihre Herrschaft Amid späterhin an Fachr ed-daula
ibn-Gehir, einen Vasallen des Melik-säh.
Nicht lange nach des Kaisers Basileios II. Tode, des
Bulgarenschlächtei’s, erschien im Osten ein neues Volk auf
dem Schauplatz der Ereignisse, die türkische Horde des Seld-
züq. Solange deren Führer in Chwärizm und Choräsän be
schäftigt waren, hatten die armenischen Grenzgebiete, dank
dem Schutze der griechischen Garnisonen, welche die Einfälle
der Ghozz erfolgreich zurückwiesen — noch im Jahre 1052
drang Michael Akoluthos gegen Gandza-Sahastan siegreich vor
— noch nicht Alles zu fürchten. Bald wurde es anders; an
Stelle vereinzelter Einfälle traten grosse und planvoll durch-
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
29
geführte Invasionen, wobei sich das Seldzukenheer nach alter
Gepflogenheit in drei Abtheilungen auflöste, deren stärkste,
das Centruin, meist über Vaspurakan gegen Chelät und Maläz-
gerd vordrang, während die beiden Flügel, der eine durch
das Thal des Erasy gegen Ani, der andere antlang den beiden
Zäb gegen 'Iräq und Gezira, vorrückten; die vereinigten Massen
fielen zuletzt über die reiche Romania her. Der von Basileios
wiederhergestellte Machteinfluss in der Euphratesia schwand
dahin; die Marwäniden von Diyär-Bekr mussten nunmehr den
Weisungen Tughril-beg’s folgen, bis sie endlich den Turkmanen
wichen; ebenso ergieng es den Herren der benachbarten Länder;
mit Mühe behaupteten sich in einzelnen versteckten Berg- und
Thaldistricten die angestammten Häuptlinge, so namentlich in
den politischen und kaukasischen Strichen, und merkwürdiger
weise auch im Quellgebiet des Tigris, ja selbst in Taron, wo
sich das unter griechischem Einfluss wieder emporgekommene
Haus Mamikonean mit Hilfe der sasunischen Gefolgeschaft wider
standsfähig erwies.
Ueber eine der bedeutendsten Invasionen, welche a. 1054
begann und mit einer Schlappe der Schaaren Toghril’s durch
die Sasunier a. 1058 endete, gibt Aristakes von Lasdiverd
folgenden, die Ereignisse kurz zusammenfassenden Bericht
(cap. 16 ff.). ,Der Sultan zog mit unzähligen Schaaren an den
Vesten Berkri und Arces vorüber in die Gaue Apahunikh und
Harkh gegen die befestigte Stadt Manazakert und vergewal
tigte hier alle Ortschaften des Flachlandes'; er schlug, wie ein
anderer Bericht hinzüfügt, sein Lager am Hügel Khar-a-gluch
(/a0oxi<paXo<-) auf, vermochte jedoch nicht die vom Griechen
Basileios vertheidigte Stadt einzunehmen; voll Wuth hierüber
,gab er seinen Schaaren den Auftrag, alle benachbarten' Länder
zu verwüsten; er sandte Streifcorps nach drei Seiten: das
eine sollte nordwärts gegen die Vesten der Apchaz und in die
Gebirge Parchar und Kawkas ein dringen; das zweite sollte
westwärts gegen die Waldregion von Canethi vorrücken; das
dritte die südliche Bergregion des Simn verwüsten — so wollte
er alles Land in seine Gewalt bringen'. In Haiteankh und
Arsarunikh waltete damals der von Isaak Komnenos eingesetzte
Georgier Ivane, Sohn des a. 1048 in der Ebene von Basean
bei der Veste Kaputru von den Seldzuken gefangenen -/.oupoTta-
30
IV. Abhandlung: Tomaschek.
kctvrfi Liparit, ein unzuverlässiger Mann, welcher kurz vorher
sein Vasallenverhältniss abgeschüttelt hatte und sich nun mit
den Türken verband, deren Raubschaaren er gegen Ol'this und
Canethi geleitete; einer seiner Söhne begleitete das Streifcorps
des ämir Abu-I )inär gegen Melitene. Hören wir, wie es dieser
Abtheilung ergieng.
Matthäus von Edessa berichtet hierüber Folgendes: ,Turci
duce Abü-Dinäro ex Melitene profecti, Euphrate traiecto, in-
vaserunt regionem Handzit et districtum Taron, cuius dominus
tune erat Thornik, Musel'i filius, genere Mamikonean. Thornik
copiis collectis ex regione montana SASUN irruit in Turcos;
pugna fit ad coenobium Klag (= Surb Karapet, S. Gregorii;
hodie Öangeri), hostes vincuntur et ex tota regione eiieiuntur/
Eine andere Abtheilung wurde gleichzeitig im Gebiet von
Edessa aufgeriehen. Uebereinstimmend lautet der Bericht des
Bar-Hebraeus p. 252 a. 1058: ,Turcorum tria milia, urbe Me
litene devastata, abierunt in sua per montes SANSAN; illic
vero et hiems gravis eos oppressit et ipsi Armeni montibus
suis descendentes multos hostium interfecerunP; und des Michael
Syrus p. 290: ,Turci ex exercitu Toghril-begi, devastata regione
Melitenes, moventes in regionem SASUN, perdiderunt tria milia
hominum, qui obruti sunt nivibus montium/ Aristakes (cap. 21):
,Als nun die Perser in die Grenzgebiete von Taron einfielen,
da zogen vom Gebirge Simn bewaffnete Schaaren der Sana-
sunkh |(welche diesen Namen von ihren Vorfahren
tragen — Sage von Sanasar) herab, warfen sich auf die Feinde
und machten alle nieder/
Von jenem Mamikonean Thornik, is/an von Taron und
Sasun, weiss Matthäus von Edessa noch einige Heldenthaten
zu berichten. Trotz der ständig von Seiten der Seldzulcen,
drohenden Gefahren suchte der vom Kaiser Romanos IV. Dio
genes a. 1068 zum [j/ya; SopiuTwo; erhobene zoupo , rc«XdTv;<; <1>iKa-
perr,?, Gouverneur der Eupliratesia und von Hendzit (Filardus
der fränkischen Berichte, arab. el-Filardös er-Rümi, targumän
melik er-Rüm, sähib Hisn-Chartberd), ein Armenier von Geburt
aus dem gavar Varaznunikh von Vaspurakan, das benachbarte
Taron unter sich zu bringen, indem er die Hoheitsrechte des
griechischen Kaisers geltend machte, in Wahrheit aber, um
sich allmälig eine eigene Herrschaft zu gründen — er war ein
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
31
echter Mann seiner Zeit, dem kein Mittel zu schlecht war, um
zu seinem Ziel zu gelangen; als späterhin Fachr ed-daula ben
Gehir Amid gewann, konnte er sich selbst nicht' mehr be
haupten, er trat zum Isläm über, und seiner Veste Chartberd
bemächtigte sich zunächst Haiq el-Turkmän. Matthäus er
zählt: ,Pliilaretes magnus domesticus, considens tune in Char-
berd et Mesar (arab. qal'at Minsär, in den Musar-Bergen gegen
über Izoli; noch jetzt sind hier Ruinen eines armenischen
Klosters gl. N.), non destitit vexare dominum Thornik; quare
Thornik, collectis ex regione mondana SASUN armatorum mili-
bus quinquaginta sex, movens per Capai-dzur, descendit ad
oppidum ASmusät (Apcagocja-a, jetzt Ru. Choraba) regionis
Handzit; proelium fit in planicie Aleluya; vinciter Philaretes
cum suis Francopulis; inde rediit is/^an in regionem suam
Sasun/ — Thornik hatte sich wahrscheinlich mit einer geor
gischen Dame vermählt; denn sein Sohn und Nachfolger führt
den georgischen Namen Cortwaneli; und dessen Sohn war jener
Vigen, iä/an von Sasun, welcher schliesslich der Obmacht der
Moslimen erlag, wie wir bald sehen werden.
Das nächst wichtige, in unsere Untersuchung einschla
gende Ereigniss ist die Stiftung einer eigenen Herrschaft im
südlichen Armenien mit dem Centrum Chelat durch die Seld-
zukenfamilie des Soqmän el-Qotbi, welcher a. H. 493 = 1100
den Marwäniden Chelat entriss und sich den Titel Sah-i-Armen
beilegte. Es scheint, dass diese Herrschaft anfänglich unter
dem Protectorat der Seldzuken-sähe von Persien stand; war
doch Soqmän von Haus aus Dienstmann eines sähib von Ma-
rand; daraus erklärt sich wohl die Thatsache, dass die Atabege
von Adherbeigän seit Ildegiz im Falle von Thronstreitigkeiten
auf Chelat Ansprüche erhoben. Die Herrschaft vergrösserte
sich allmälig immer mehr; im Norden reichte sie bis zu den
Grenzgebirgen von Karin und Bagrevand mit Einschluss von
Manazakert und Talo-tapk (j. Daghodaph zwischen Chinüs und
Qüllü; hier lagerte a. 1071 Romanos Diogenes; der Ort litt
durch ein Erdbeben a. 1134, wird aber noch a. 1160 als Be
sitz des Öäh-Armen erwähnt) — doch wurden diese Striche
oftmals von den Georgiern verheert; ostwärts umfasste die-
TV. Abhandlung: Tomaschelc.
selbe die Ufergelände des Van-See bis Arces und Vastän, ja
bis Chöi und Salamäs; gegen Westen gehörte jedenfalls Mus
dazu, und naturgemäss erfolgte die Annexion von Choit-Sasun.
Das Territorium von Meyyäfäreqin beherrschten die Ortoqiden;
es war jedoch in den Händen des Säh-Armen, als Saläh ed-din
a. H. 581 = 1185 gegen Chelät ziehen wollte. Zwischen den
Herren von Chelät und der Familie des Ortoq el-Turkman,
welche nach dem Sturz der Marwäniden sich auch Diyär-Bekr’s
bemächtigte, herrschte eine ständige Rivalität, welche endlich
zur Auflösung der chelätischen Herrschaft durch die Eyyubiden
von Syrien führte.
Manche Anzeichen weisen darauf hin, dass sich das nume
risch überwiegende armenische Volkselement unter der Herr
schaft des Sah-i-Armen in günstiger socialer und ökonomischer
Lage befand; auch nicht wenige Fürsten aus dem Hause Ortoq
regierten klug und verständig und thaten Erspriessliches für
die Hebung des Handels und Wohlstandes, schon aus dem
einfachen Grunde, um reiche Zölle und Steuern zu fassen —
es bezeugen dies die vorzüglichen Münzen, die Anlagen von
Brücken, Bädern, Einkehrhäusern; einem derselben, Timur-tas
von Märdin und Meyyäfäreqin, wird sogar eine den Christen
sehr günstige Gesinnung zuerkannt. Im Ganzen waren jedoch
die Ortokiden wie die Eyyubiden fanatische Verfechter des
Islam, was sich ja aus der Nähe Syriens erklärt, wo sich die
Kreuzfahrer wie ein Keil eingeschoben hatten.
Einer der mächtigsten Säh-i-Armen war Soqmän II. Näsir
ed-din Mohammed, kurzweg auch Mirän-säh genannt (a. H. 522
—581 == 1128—1185); sein Zeitgenosse war jener Ildegiz oder
Ildeghuz ätäbeg von Atrpatakan, welcher sich gleich seinem
Bruder und Nachfolger el-Pahluvän (+ a. H. 582 = 1186) als
Oberherrn der Herrschaft Chelät betrachtete. Daraus erklärt
sich wohl der Umstand, dass die Annexion von Sasun, welche
um die Mitte des 12. Jahrhunderts erfolgte (das Jahr lässt
sich nicht näher bestimmen), bald dem Ildeghuz, bald dem
Mirän-säh zugeschrieben wird; dieselbe wird bald als eine ge
waltsame, bald als eine freiwillige hingestellt. Vardan sowohl
wie Mechithar von Airi-vankh berichten übereinstimmend:
Ildighuz athabelc von Atrpatakan zog mit seinen persischen
Truppen gegen Taron und nahm überdies SASUN in Besitz,
Sasun und das Quollcngebict dos Tigris.
33
wo der i§yan Vigen (Virgen, Vägen) sass. Dagegen stellen
Michael Syrus p. 338 und Bar-Hebraeus p. 374 den Sach
verhalt so dar: principes Armeni Sasunitae, laesi et oppressi
ab amira Maipherqätae, legatis missis ad Sah-Armen dominum
Chelätae, huic sese adiunxerunt, tradentes omnes suas arces
regionis SASUN. Den Anlass mochten etwa Gewalttätig
keiten des Alba Negm ed-din, des Herrn von Meyyäfäreqin
und Mardin, gegen die Sasuniten bieten; der is/an Vigen,
Sohn des Cortwaneli, gleichzeitig durch einen Einfall der ver
einigten Perser und Chelaten bedroht, zog es vor, der
natürlichen Stellung seines gegen Chelät geöffneten Gebietes
Rechnung tragend, sich dem Sah-Armen zu ergeben; er mag
noch längere Zeit in der Würde eines Gauherrn belassen
worden sein.
Ibn el-AOir fügt in der zu a. H. 427 == 1036 angeführten
Stelle folgende Bemerkung ein: damals befanden sich die Sanä-
sana noch im Vollbesitz ihrer Burgen; erst a. H. 580 = 1184
gerieten alle ihre festen Plätze in die Hände der Moslimen,
wie wir seinerzeit berichten werden. Auf diesen Bericht näher
einzugehen hat jedoch der Chronist a. H. 580 vergessen. Jene
Annexion von Taron und Sasun durch Miran-säh kann damit
nicht gemeint sein; das Datum spricht dagegen. Das Ereigniss
fällt vielmehr in die Zeit des Säh-Armen Bek-Timur Seif ed-
din, eines tyrannischen Prätendenten, welcher die Steuern aufs
härteste eintrieb und zumal die Kirchen und Klöster bedrückte;
möglicherweise giengen damals die Burgen Sasun’s in den Be
sitz der Moslimen Diyär-Bekr’s über, und wir finden, dass
kurze Zeit nachher ein Dienstmann Saläh ed-din’s, Taqi ed-din,
über Chelät bis Maläzgird vordrang.
Zu a. H. 594 = 1197 vermerkt Abul-fedk IV p. 166:
nach dem Tode des Bedr ed-din Aq-Sonqor Häzärdinäri Säh-
Armen von Chelät bemächtigte sich der Herrschaft ein Dienst
mann, Armenier von Geburt aus dem Geschlechte Sanäsana
(Text ä..t^oLo), Namens Qutlugh (türk. ,der Glückliche'),
der schon nach sieben Tagen vom Volke beseitigt wurde, das
Bekr-Timur’s Sohn Mohammed el-Mansür zum Herrscher aus
rief. Unter diesem begannen die Einfälle der Georgier in das
Gebiet von Chelät. Zur Zeit der Synode von Lori (1204/5)
war Chac-a-tur Bischof von Taron.
Sitzungsber. d. pbil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 4. Abb.
3
34
IY. Abhandlung: Tomascheh.
Im Jahre <3. H. 604 == 1207/8 bemächtigte sich der Herr
schaft von Chelat der Eyyüb el-Melik el-Auhad Negm ed-din,
Neffe des Saläli ed-din nnd Sohn des Melik el 'Ädel, bisher
Verwalter von Mayyäfareqin (und Sasnn?). Nach seinem a. H.
1507 = 12 10/11 erfolgten Tode folgte sein Bruder el-Melik el-
Asraf. Chelat wurde damals vom Georgier Ivane, dem Sohne
des Fürsten Liparit III., belagert; dieser fiel auf der über den
Bach Ton Chelat führenden und heimlich zersägten Holzbrücke
durch und wurde gefangen; sein Bruder Zakare schloss Frieden
nnd zahlte ein hohes Lösegeld; der Säh-i-Armen (Melik el-
Asraf?) nahm Ivane's Tochter, die schöne Thamtha, zur Frau.
Thamtha verwendete sich allezeit sehr eifrig für die Christen
von Chelat und Tarön, und wiederum füllten sich die dortigen
Klöster mit Frommen; in Georgien herrschte damals die glaubens
eifrige Königin Tkamar.
Der von den Mongolen verfolgte Cliwarizm-sak Gelläl
ed-din drang aus Atrpatakan in Georgien und Armenien ein,
belagerte und eroberte das albnälig verödete, vom Dienst
mann Asrafs Hossam ed-din vertheidigte Chelat a. H. 627 =
1230. Nachdem ihm die vereinigten Truppen des Asräf und
des Ala ed-din Kai-Qobäd auf der Hochebene Yasi-cemen eine
gewaltige Niederlage beigebracht hatten, floh er gegen Atr-
patakam, kehrte jedoch, von den Tartaren verfolgt, wieder zu
rück; seine Sckaaren wurden in den Bergpassagen von Sasun,
Capal-dznr und Hem geschlagen und zerstreut; der Sah floh
gegen Amid, das ihm die Thore verschloss; er fand sein Ende
durch einen Kurden im Gebirge Silivan; Ueberreste der Chwärez-
miya finden wir noch später im Dienste der Herren von Amid
und Hä leb.
Nachdem die Mongolen wiederholt (a. H. 629. 642) Chelat
eingenommen hatten, setzte sieh schliesslich Hulagbu-chaghan
in den Besitz von ganz Armenien, Kurdistan, Traq und Gezira
(a. H. 656= 1258). Trotz der Verwüstungen, welche die Sckaaren
der Tataren überall angerichtet hatten, wurde die Herrschaft
der Chane von den arg gedrückten Christen wie eine Erleich
terung mit Freuden begrüsst. Die Mongolen, von Natur aus
für religiösen Fanatismus wie für ideale Strömungen minder
empfänglich, waren anfänglich geschworene Feinde des Islam;
Sasun and das Quellengelriet des Tigris.
35
alle Culturanregungen, zumal das Sekriftwesen, hatten sie von
den Uigliuren und nestorianiscken Ckristen übernommen; in
der milden christlichen Lehre glaubten sie eine Abart des ihnen
mundgerecht gewordenen Buddhismus zu erkennen; syrische
Christen wurden von ihnen allezeit zu hohen Ehrenstellen be
fördert; in Ramghär (byz. 'iVriy-p:.:. bei Nisapur, mitten in
Choräsän) bestand ein christliches Erzbisthum. Wie der Mönch
Malakhia in seiner Geschichte der Mongolen oder .Bogenschützen'
(arm. net-a-dzig) erzählt, war Hulaghu’s erste Gemahlin Thawus-
chathun eine Christin, welche nicht nur nestorianische Priester
und Mönche, sondern die Syrer und Armenier überhaupt be
günstigte und diese Vorliebe auch ihrem Gemakle beibrachte; im
mongolischen Heere dienten zahlreiche baghatur oder ,Helden'
armenischer, georgischer und alanischer Abkunft und christ
lichen Glaubens; aus diesen Nationen wurden mit Vorliebe Pagen
und Gardisten (kesiktai) erlesen. Diese glücklichen Zeiten hatten
die Christen auch noch unter Hulaghu’s Nachfolger Abaghai.
Schon als Chelat zum zweiten Male eingenommen wurde
(1244), wurde daselbst eine christliche Prinzessin (eben jene
Thamtha?) in die Herrschaft (wieder-)eingesetzt; es sind mehrere
Beispiele überliefert von Ertheilumg hoher Auszeichnungen und
Würden an Christen in Form eines jarlygh, einer paizä und
in der Stellung eines sanah; dies Alles rief gelegentlich den Un
willen der Moslimen wach. So hatte z. B. ein syrischer Priester
aus Badlis vom Chan einen jarlygh erhalten, eine hohe Ver
walterstelle -—- der Herr von Maipherqat, darob erbost, Hess
den Priester aufgreifen und ans Kreuz schlagen (Bar-Hebraeus,
Chrom Syr. p. 531); Hulagku entriss alsbald dem Melik Kamel
Eyyub die ausgehungerte Stadt Meyyifäreqin (Basid ed-din,
p. Quatremere p. 331. 361), sowie Amid dem Melik Sälik. Kurz
vorher hatte sieh die ganze Bergregion von SASUN den Mon
golen ergeben (Kirakos von Gandzak p. IST Brosset).
Aber schon unter Chän Arghün änderten sich die Ver
hältnisse: die Wage des in ganz Persien herrschenden Islam
schnellte wiederum hoch empor, und der Schutz, den die Christen
bisher erfahren hatten, wurde beiseite gelegt. Davon nur ein
Beispiel. Mit der Landschaft Tarön war noch unter Arghün
ein christlicher Armenier belehnt worden; Ereignisse, wie sie
früher vorgekommen waren, traten wiederum ein — Gewaltacte
3*'
36
IV. Abhandlung: Tomaschek.
gegen Christen wurden kaum noch ernstlich bestraft. Bar-
Hebraeus, Chron. Syr. p. 586 a. 1290, berichtet: Alk-Almys,
dominus Maipherqätae, Christianos acriter persequebatur; is
malis afflixit monachos coenobii Mär-Koma; occidit insuper do
minum oppidi Mus, Christianum Armenum; mox vero, divina
punitione affectus, ipse misere periit in transitu fluvii Chorer.
— Es folgt die Zeit Timur’s und der Timuriden, sowie der
Turkmän-Horden Qara- und Aq-qoyunlu.
Im Frühjahr 1394 = a. H. 796 zog Timur nach Eroberung
von Bagdad und Verwüstung des Tür-'Äbdin über Diyär-Bekr
zu den Weideplätzen des Ala-tagh in Bagrevand; er nahm den
Weg von Amid aus über Mehrwän und Mupliarqin zur Brücke
des Batmän und nach Asmä; hier theilte er sein Heer in drei
Theile (Seref ed-din 'Ali Yezdi, p. Petit de la Croix II,
p. 291 f.): der linke Flügel machte den Umweg über Uapaq-
dzür, der rechte schlug die Heerstrasse gegen Bitlis ein; Timur
selbst mit dem Centrum rückte über Siv-asar ins Hochgebirge
von Säsün ein. Es war Frühjahr, Monat Mai; noch lag tiefer
Schnee in den Schluchten; fast alle Pferde, Maulesel und Ka-
meele giengen bei der schwierigen und überaus steilen Passage
zugrunde; dazu die Noth an Lebensmitteln und Futter —
völlig erschöpft erreichte das Heer die sahrä von Müs. Der
ämir von Bitlis musste einen neuen Pferdepark beistellen; erst
auf der Hochebene von Alasgerd erholten sich die Tataren
von den Beschwerden ihres Zuges durch Sasun-Choit.
Die Zeit der Timuriden und des Säh-i-Armen Iskander
(1420—1437), Sohnes des Qara-Yüsuf aus der Turkmän-Horde
Qare-Qoyunlu, schildert uns def armenische Mönch Thomas aus
Mec-oph, einem Kloster bei Arces; derselbe durchwanderte die
Ufergebiete des Van-See von Berkri bis Chlath und Bal’es so
wie die benachbarten Bergeantone, und war Augenzeuge der
Verwüstungen, welche namentlich der schreckliche Skander
während seiner Kämpfe mit dem Perser-säh Rokkh und dessen
Vasallen ämir Grihän-säh von Atrpatakan aus der Turkmän-
Horde Aq-qoyunlu, sowie mit Qara-'Odmän-beg von Arzen-
Küm und mit verschiedenen Kurdenhäuptlingen angerichtet
hatte; Skander’s Hauptveste war Van-Tosp; ausserdem hatte
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
37
er Uran bewältigt, Erenöak (Alindza) in Qara-bäghi, Cblath
und Bales, Ardzke (seit 1430) und Bagrevand; in den süd-
liclien Bergeantonen gab es ständige Handgemenge mit den
Kurden, den geschworenen Feinden der Turkmänen; zumal
Sasun war der Schauplatz von Raub und Mord. Thomas er
wähnt Sasun immer zusammen mit Chuth; so z. B. (ed. Paris
1860, p. 22) lbayn Chuthaj ev Sasnoj; (p. 27) arkh gavarin
Sasnoj ev Chuthaj ,die Männer der Gaue Sasun und Chuth',
Christen sowohl, wie Ungläubige aus dem Volke der Markh
d. h. Kurden.
Hier werden in Choith-Sasun zum ersten Male ausdrück
lich Kurden erwähnt, und wir müssen die Frage aufwerfen,
woher diese Kurden stammen und seit wann diese Bergregion
ihre nomadischen Gäste, welche sich daselbst allmälig alle
Territorialgewalt aneigneten, erhalten habe. Schon unter Kaiser
Basileios I. (Theophan. cont. p. 283 a. 880) finden sich Kurden
weit gegen Westen vorgeschoben; nach Einnahme der Burgen
von Mar'as T.TadaO und der ganzen Taurusregion liess der Kaiser
itXewtöv ojrXov twv Koipxwv niedermetzeln; hier kann jedoch Kurd
in der im Orient üblichen allgemeinen Bedeutung ,Räuber' ge
braucht sein, ohne Bezug auf die bestimmte Nationalität. Seither
haben jedoch die Marwäniden unter arnir Badh (a. 984 ff.) mit
Hilfe ihrer kurdischen Landsleute aus dem Hochgebiet Zewezän
(kurd. zozän ,alpine Sommerweide, Sommerlager, yailaq') ober
halb Gezirat ibn-'Omar ihre Herrschaft in Diyär-Bekr be
gründet; kurdische Nomaden und Landbauer gab es nunmehr
in grosser Zahl zwischen dem Digla und Forat, und diese
suchten in üblicher Weise während des Sommers die Weide
plätze der Hochgebirge auf, also auch jene von Sasun, zumal
da die Marwaniden ihren Besitzstand weit über Chelät aus
gedehnt haben. Aus Zewezän und dem Lande der Hakkariya
wunderten fortan immer neue Kurdenschaaren aus, seitdem
diese Gegenden ein Durchzugsgebiet der Ghozziya und Turk-
män geworden waren; auch die Mongolen unternahmen wieder
holt Durchzüge durch Kurdistan unter Raub und Mord. Von
blutigen Kämpfen zwischen Kurden und Turkmänen um den
Besitz der Weideplätze im Tür-'Abdin und am Cliäbor wird
mehrmals berichtet, besonders um das Jahr 1185 herum und
zur Zeit der Timuriden; in den armenischen Berichten hierüber
38
IV. Abhandlung: Tomaschek.
werden die Kurden stets Markh ,Meder' benannt. Der Geschicht
schreiber der Kurdendynastien, Seref ed-din von Bitlas, gibt
an, freilich ohne Angabe bestimmter Jahreszahlen für die ältere
Zeit, dass nach Choit zahlreiche Hakkäri-Stämme aus Chawälis
und Bulbäs ausgewandert waren, von denen einige, z. B. die
Baleki, Mödiki, Rüzeki, Andäki, Gharzäni, auch über das Ge
birge südwärts nach Säsün hinüberzogen. Alle diese Stämme
reden, wie dies auch aus Ewliya’s Sprachproben zu ersehen,
den ans Neupersische innig sich anschliessenden Kurdmän-
Dialekt. Sehr im Dunkel liegt dagegen die Herkunft der
Düziki oder der ,Räuber-Kurden' im Hochgebirge von Dersim
zwischen den beiden Forät, welche den stark abweichenden
Zaza-Dialekt sprechen, der auch einige armenische Lehnwörter
-— darunter sogar das Wort für ,Ross' zi, armen, dzi — auf
weist; diese Abtheilung muss in viel älterer Zeit dort ein
gezogen sein; vielleicht sind es gar Nachkommen der einst in
den Bergen Vaspurakan’s hausenden MapBot, deren Vorgau in
altarmenischen Schriftwerken Mard-a-stan genannt wird.
Die Ueberfluthung der armenischen Gaue durch die ge-
waltthätigen Kurden, das Nebeneinanderhausen ackerbauender
und handeltreibender Bewohner und herumziehender Vieh
züchter verschiedener Abkunft und, was im Orient weit mehr
in die Wagschale fällt, verschiedener Religion, brachte begreif
licherweise viele Misszustände und Verwicklungen hervor. Die
osmanische Regierung hat die schwierige Aufgabe überkommen,
die christlichen Ra'iya gegen die Ausschreitungen und Gewalt-
thätigkeiten der Kurden zu schützen; mit Neid blickt der ver
armte Kurde auf seinen ruhig arbeitenden armenischen Nach
bar, den er zugleich als Ungläubigen von Jugend auf hasst
und welchen zu beherrschen vergangene Zeiten erlaubt hatten;
nun muss er überdies die gleiche Steuerlast tragen und die
Folgen einer strafferen Administration über sich ergehen lassen;
der Bei-zäde tritt deshalb lieber in den Militärdienst ein, und
da kann er sich leicht zu Ausschreitungen gegen den Ra'iya
hinreissen lassen. Es ist schon oft ausgesprochen worden, dass
nur die Hebung des Volksunterrichtes die Gegensätze aus
zugleichen vermag; in den Seitens der Amerikaner ins Leben
gerufenen Schulen ist zwar der erste gedeihliche Schritt hiezu
gemacht — doch müssen die Lehranstalten, zumal die gewerb-
Sasnn und das Quellengebiet des Tigris.
39
liehen, interconfessionellen Charakter tragen. Zugleich muss
der Wohlstand allerwegen gehoben werden. Auch der Kurde
ist kein Feind der Arbeit, es fehlt ihm nur die richtige An
leitung und Ausbildung; wie gut wäre es beispielsweise, wenn
der hier einst so blühende Weinbau wieder in Schwung käme
und durch Ermässigung der Abgaben erleichtert würde! Erst
dann, wenn sowohl die allgemeine Bildung wie der Wohlstand
gehoben sein werden, wird ein höheres Ausmass von Selbst
verwaltung im Gemeindewesen und im Gericht, unter gleicher
Berücksichtigung der Nationalitäten, Segen bringen. Nach
dieser kurzen Abschweifung nehmen wir den geschichtlichen
Faden wieder auf.
An die Stelle der Qara-qoyunln traten alsbald die Aq-
qoyunlu in den Vordergrund, unter ihrem ämir und nach
maligen sultän Uzun Häsan-beg, dem Enkel des Qara-yuluq,
welcher sich der östlich vom Forat gelegenen Striche bemäch
tigt und seinen Sitz in Amid aufgeschlagen hatte; ihm fielen
nacheinander alle ehemaligen Besitzungen Skander’s zu, dar
unter Mus Bales Chlath und Bagrevand; Camcean III, p. 502
fügt auch Sasunkh hinzu. Seine Nachbarn im Norden waren
Kalo-Johannes thagavor von Trapezunt, dessen Tochter Despina
er ehelichte (sie nahm ihren Sitz in Charberd und umgab sich
mit griechischen Geistlichen), und Giorgi VIII. mephe von
Karthli und Somchethi (1445—1469); im Osten herrschte der
Persersäh Abü-Sa'id, Timur’s Urenkel, und Gehän-säh, Skan-
der's Bruder, Herr von Tebriz — beide erlagen später (1467)
dem Häsan-beg; im Westen ausser einigen kleinen seldzuki-
seken und turkmanischen Machthabern sultän Mohammed II.,
der Eroberer von Istanbul.
Gegen die kräftig emporgewachsene Macht der Osmanen
suchte schon Nicolaus V. eine Abwehr im Zustandekommen eines
Kreuzzugs; sein Nachfolger Calixtus schickte den Minoriten-
mönch Ludovico di Bologna nach der Levante ab, um die
dortigen Christen und allenfalls jene islamitischen Fürsten, deren
Selbstständigkeit durch den Sultan bedroht war,- für den Plan
zu gewinnen; zum Heerführer wurde Herzog Philipp von Bur
gund in Aussicht genommen. Der päpstliche Sendling brachte
— wenigstens auf dem Papier — eine bunt zusammengesetzte
Liga levantiniseker Mächte zustande, welche Truppen zu stellen
40
IV. Abhandlung: Toraascbok.
versprachen; über deren Stärke geben die Sendschreiben an den
Herzog Auskunft, welche Aeneas Sylvius oder Papst Pius II.,
Nachfolger des Calixtus, in seine Briefsammlung eingereiht hat:
eines vom Kaiser David, Nachfolger des Kalo-Johannes, aus
Trapezunt (ep. 377 d. 22. Apr. 1459); ein zweites vom atabeg
Gorgora (georg. Quarquare) aus Achal-ciche (ep. 378); ein
drittes von Giorgi Bagratean Sohn des Alexander, dem mephe
von Georgien, der sich jedoch hochtrabenderweise rex Persiae
nennt (ep. 379 d. 5. Nov. 1459). Ausserdem nahmen an der
vom Legaten inspirirten Papier-Liga theil Mamia Markgraf
von Guria, Bendian (georg. Bddian, synonym mit Dadian) Fürst
von Mingrelia, Babia Herzog von Avogasia; Berdi-beg von
Klein-Armenien; Isma'il-beg Sohn des Isfendiar, Herr von Sinope,
und der in seinem Besitz schon stark geschwächte sultän von
Qaraman; endlich jener Uzun Hasan-beg, Herr von Diyär-
Bekr, der ausser einem Truppencontingent freien Durchzug
einrückenden Christenschaaren zu gestatten versprach. Der
Legat brachte auch Abgesandte jener Fürsten mit, darunter
den Nicolaus bailo aus Tphilisi', welcher sein Haar nach Mönchs
art zugeschnitten hatte, und den Kurden Mehemed aus Amid.
Sie nahmen ihren Weg über die Nordgestade des Pontus, Un
garn, Wien und Venedig; ihre fremdartige Tracht fiel überall
auf, nur in der Handelsstadt an der Adria erschienen sie als
bekannte Gäste. Mit dem Kreuzzug nahmen es höchstens die
Venezianer ernst, indem sie, wie für den albanischen Helden
Georgios Kastriota, so auch für Trapezunt Feuerwaffen bei
steuerten; in der Levante zerstob die luftige Liga vor den
neuen Anstürmen des Osmanenkaisers.
Für unsere Untersuchung haben jene Documente insofern
Wichtigkeit, als darin zum erstenmale im Abendlande der Name
Sasun laut wird. Es heisst nicht nur (ep. 377) ,nationes Gi-
thorum et Aranorum promittunt militare sub vexillo GeorgiP —
gemeint sind die kaukasischen Bergvölker oder ,Scythae‘ und die
christlichen Bewohner von Arran (arm. Aran, georg. Rani) —,
sondern auch- (ep. 379) ,sunt etiam in dicta liga et alii populi,
Githiarani et SASONP; das sind nicht etwa, wie Brosset (Add.
zur georgischen Chronik S. 408 f.) vermeint, die Suanen (arm.
Sonkh), sondern die armenischen Sasunkh, welche in halber
Unabhängigkeit im Gebiet des Hasan-beg hausten. Nach dem
Sasun und das Quellengeliiet des Tigris.
41
sehr zuverlässigen Bericht des Luccari (Annali di Raüsa, Ve
nedig 1605 p. 110) waren als Sprecher jener christlichen Stämme
aufgetreten die Armenier ,Haitone e Rubino, ambasciadore delle
reipubliche de’ Githiarani e SASSONP.
In das Jahr 1471 fällt der Durchzug des venezianischen
Abgesandten Josaphat Barbaro durch die islamitischen Striche
nach Persien; derselbe erwähnt im Gebiet von Bitlis nur die
räuberischen Curdi. — Seit 1500 hatte sich in Persien Ismä'il-
säh aus dem Geschlecht des Sufi eine Herrschaft begründet,
die er alsbald auf Kosten der Aq- qoyunlu- Turkmänen über
ganz Gezira und Diyär-Bekr erweiterte; seine Vorposten er
reichten den Forat bei Bira und Kamach. In diese Zeit der
persischen Obmacht fällt der uns von Ramusio II 78 f. auf
bewahrte Reisebericht eines venezianischen Kaufmannes, worin
ausser den sechs Städten Mesopotamiens Orfa, Caramit, Mir-
din, Gezire, Asan-chif und Sert, auch fünf starke Castelle
namhaft gemacht werden, darunter Arcen, Aixu (Hazzü) und
SANSON. Auch der türkische Weltspiegel (p. 441) erwähnt
unter den Vesten des livä Hazzü neben Felek o£ls> und Ke-
fendiir jjJOS eine Veste Säsün womit vielleicht der
heutige Vorort des qaza Charzan gemeint ist. Merkwürdig ist
die syrische Namensform Sanson, welche uns von Sanasun zu
Sasun hinüberleitet; der Venezianer hat jedenfalls ein feines
Gehör besessen.
Die Oberherrschaft Säh-Ismä'il’s über Mesopotamien wich
nach der unglücklichen Schlacht bei Cälderän gegen Selim I.
a. 1514 der türkischen Oberherrschaft. Die Kurdenhäuptlinge,
welche den Bemühungen des Perscr-säh um Schaffung einer
festeren Ordnung und um Steuerung des Raubwesens einen
beharrlichen Widerstand entgegengesetzt hatten, zogen es vor,
dem türkischen Sultan zu huldigen, selbstverständlich unter
Wahrung ihrer gewohnten Sonderrechte und territorialen Ge
pflogenheiten. Die Bege von Cemisgezeg und Soghmän, von
Palu Öabaqdzur und Egil, von Ataq und Mufarqin, Sirwänät
Hizän und Bidlis, Nemirän Ispä'ird und Mykis, welche die
Anwesenheit persischer Garnisonen übel ertrugen und über-
42
IV. Abhandlung: Tomaschek.
liaupt zu jeder Zeit Ungebundenheit liebten, machten sich als
bald frei; Mohammed-beg von Säsun folgte dem Beispiel und ver
trieb die Perser aus Charzan und Charire; Melik Chalil gewann
seinen Stammsitz Se'erd zurück; Allen voran hatten sich jedoch
die Bewohner von Amid erhoben. Zwar gelang es dem per
sischen General Karachän von Chelät aus über Öabaqdzur gegen
Amid vorzudringen und die Garnisonen von Märdin und Hisn-
Keifa heranzuziehen; allein der weitere Nachschub von Truppen
über Van und Chelat wurde durch die Kurdenbege vereitelt
und Amid selbst nach wechselvollen Gefechten von den Türken
entsetzt.
Sultan Selim bediente sich für die damaligen Unterhand
lungen mit den Kurdenchefs der wirksamen Ueberredungskunst
des kurdischen Moliah Idris aus Bitlis. Diyär-Bekr wurde als
türkisches Viläyat eingerichtet und in 19 Fahnen eingetheilt,
darunter elf direct von der Pforte abhängige, acht belehnte;
fünf Gebiete, nämlich Palu, Egil, Gendz, Hazzü und Charire
(Gezire?) verblieben als halb-selbständige Lehen in der erb
lichen Gewalt der bisherigen Stammeshäupter, denen durch be
sondere Fermäne alle Privilegien bestätigt wurden. Auf Grund
dieser Verträge beruht die osmanische Herrschaft über diesen
Theil Kurdistän’s; es blieben weite Gebiete der Willkürherrschaft
der Kurdenbege überantwortet, darunter Hazzü, d. i. Charzhn
mit §äsün. Die Autorität des Sultan galt hier wenig, Steuern
wurden nicht geleistet, Kecruten nicht ausgehoben. Wohl ver
suchte es in unserem Jahrhundert die hohe Pforte bei ver
schiedenen Gelegenheiten, die Allgewalt der Kurdenchefs zu
beschränken und die widerspenstigen Cantone unter die directe
Botmässigkeit des Sultan zu bringen; es geschah dies mitunter
unter Anwendung aller jener drakonischen Mittel, wie sie im
Orient von jeher gang und gebe sind; Zeuge eines solchen
Versuchs war z. B. Hellmuth v. Moltke a. 1838; die Schlösser
der Kurden sowohl wie die Dörfer der ßa'iya mit ihren Be
wohnern litten damals aufs härteste. Wir haben jedoch nicht
vor, die Geschichte unserer Tage zu schreiben oder auf die
jüngsten Ereignisse in Säsun einzugehen; das muss den Augen
zeugen überlassen bleiben.
Hier sei nur noch Folgendes erwähnt. In Seref ed-din’s
Geschichte der Kurdendynastien ist stets nur von den Thaten
Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
43
der Häuptlinge die Rede, die Zustände der Armenier werden
darin nicht im geringsten berührt. Damals, im 16. Jahrhundert,
bildete Säsün eine Dependenz von Hazzü, einem ha-
kümat der kurdischen Tribus Rüzeki welche aus Tab
i_jU» im Gebiete von Choit stammt; Choit hinwieder bil
dete eine der vier Dependenzen des Viläyat Bidlis neben Amurek
(armen, amur ,munitus, firmus £ ), Pughnäd und Ivizig
gy.S. Der türkische Reisende Ewliya Efendi bemerkt in seinem Ta-
rich-i-Sayäh (cod. Vindob. H. Osm. 193 p. 98, 6): nördlich
von Hazzu erhebt sich das Gebirge Zu y, y iyS, wo einst
die Turkmän-Tribus Qara-Zü y iß sich auf hielt; auf „ Säsün
kommt derselbe nicht zu sprechen, es sei denn im dritten Bande
seines Werkes, welcher in der Wiener Hofbibliothek nicht vor
handen ist. —■ Der Name Choit lebt noch jetzt im Munde der
Bewohner, und es gibt eine angeblich kurdische Tribus Choiti
LjPjjk. (Text bei Jaba p. 7, Zeile 4 unten); in der heutigen
officiellen Eintheilung besteht er jedoch nicht mehr, an seine
Stelle ist die qazä Säsün getreten, deren Vorort Has-köi mitten
im alten Choit liegt. Was dagegen vormals Säsün hiess, bildet
die heutige qazä Charzan mit dem Vororte Zoq und die qazä
Hazzü mit dem Vororte gleichen Namens; das heutige Säsün
gehört zum Sandzaq Bitlis, das ehemalige zum Sandzaq Se'ert.
Cuinet hat in seinem überaus brauchbaren Werke ,La Turquie
d’Asie' (Band II, Paris 1891) ausser den Reiseberichten nament
lich die Angaben der türkischen Jahrbücher (säl-näme) ver-
werthet; wir vermissen jedoch darin jedwede Angabe über die
qazä Hazzü! Choit-Sasun ist bis auf den heutigen Tag fast
eine terra incognita geblieben; die nächste Zeit dürfte jedoch
die nothwendigsten Aufhellungen bringen.
In der vorliegenden Arbeit wurde zum erstenmale der
Versuch gemacht, die spärlichen Nachrichten der Vergangen
heit über Choit-Sasun zu sammeln. Was sich für die historische
Topographie der Nachbarstriche, zumal des Quellengebietes des
Tigris, gewinnen lässt, soll den Gegenstand der zweiten Ab
handlung bilden, welche Leser, die es mit dem Begriff ,Klein-
Asien' nicht streng nehmen, auch als eine Fortsetzung der 1891
begonnenen Studien ,Zur historischen Topographie von Klein.
Asien im Mittelalter' betrachten mögen.
44
IV. Abhandlung: Tomaschek. Sasun und das Quellengebiet des Tigris.
Inhaltsübersicht.
1. Die Kurti der assyrischen Keilinschriften S. 1 f. Der biblische Öarazar
S. 3 f.; dieser wird von syrischen und armenischen Chronisten zum
Stammvater der Sanasun gemacht S. 4—7.
2. Die Sanasun und Choit bei Moses von Chorni S. 7, und bei Georgios
von Kypros S. 8; die Ortäer und Tamuräer S. 9. Die christliche Lehre
in Sasun S. 9—XI; Stammfürsten in Sasun S. llf.
3. Lebensweise der Sanasun und Choit nach Thomas Arcruni S. 12 f.
4. Unterwerfung des Tigrisquellengebietes und Sasun’s durch die Araber
S. 14—17.
5. Die Mamikonier und Bagratuni S. 18 f.
6. Aufstände in Sasun gegen die Araber S. 19—23.
7. Die armenischen Yasallenkünige aus dem Hause Bagratuni S. 24 f.; Er
folge der Griechen in Armenien S. 25—27.
8. Die Sanäsana zur Zeit der Marwäniden S. 27 f.
9. Die Invasionen der Seld2uken S. 28 f.; deren Niederlage in Sasun S. 29 f.;
Thornik und Philaretes S. 30 f.
10. Chelät und Sasun unter den Säh-i-Armen S. 31—34.
11. Chelät und Sasun unter mongolischer Herrschaft S. 34—36.
12. Sasun unter den Timuriden und Turkmänen S. 36 f.; Obmaclit der Kurden
in Sasun S. 37 f.; Sasunier unter den Verbündeten gegen Sultan Mo-
hammet II. S. 39 f.
13. Sasunier in einem venezianischen Reisebericht S. 41.
14. Die Osmanen unterwerfen das Tigrisquellengebiet und Sasun S. 41—43.
V. Abli: Y. Jagic. Die Gebeimspraclieu bei den Slaven.
l
Y.
Die Geheim sprachen bei den Slaven.
Von
Vatroslav Jagic,
wirkl. Mitglied der kais. Akademie der Wissenschaften.
I.
■ 1. Eine jede Sprache, die ich nicht verstehe, bildet eigent
lich ein Geheimniss für mich, sie ist relativ genommen eine
Geheimsprache; ja innerhalb seines eigenen wohlgekannten
Idioms kann man bei besonderen Anlässen in die Lage versetzt
werden, mit einer solchen Hänfnng von Ausdrücken eines spe-
ciellen Fachs, eines Handwerks u. dgl., zu thun zu haben, die
für den in das Fach nicht Eingeweihten fast den Eindruck einer
Geheimsprache hervorbringt. In diesem Sinne gibt es unzählige
Geheimsprachen. Doch in der Regel fasst man den Ausdruck
anders auf. Man denkt an das absichtlich, künstlich maskirte,
durch Anwendung verschiedener Kunstgriffe und Mittel zur
Erreichung eines ganz bestimmten Zwecks, dessen letzten Grund
die Geheimhaltung des Einverständnisses bildet, zu Stande ge
brachte Sprechen. Scherz und Ernst kann dabei mitspielen,
eine unschuldige Unterhaltung, aber auch schlaue, ja seihst
spitzbübische Berechnung, das Motiv der Entstehung abgeben.
Jung und Alt, ehrliche Menschen und Gauner, sind an der
Hervorbringung von Geheimsprachen betheiligt. Die Gerichte
kamen wohl am frühesten in die Nothlage von der Existenz
der Gaunersprachen Notiz zu nehmen. K. Estreicher erwähnt
in seinem Aufsatz ,Jezyk zloczyncöw* (den ich aus der Beilage
,Rozmaitosch zur ,Gazeta lwowska 1 , Jahrgang 1859, kenne 1 )
eine schon im Jahre 1778 in der ,Gazeta Warszawska 1 (Nr. 104)
1 Der Aufsatz erschien auch abgesondert und reichlich erweitert (mit vielen
Zusätzen), soll in nächster Zeit abermals in Wisla publicirt werden.
Sitzungsber. d. pkil.-kist. CI. CXXXIII. Bd. 5. Abb. 1
2
Y. Abhandlung: J a g i c.
gemachte Mittheilung, von der durch eine Gerichtsverhandlung
an den Tag gekommenen Geheimsprache der Warschauer Gauner.
Die Zeitung hatte mit lobenswertliem Eifer die betreffenden
Ausdrücke verzeichnet. Viel enthält das Verzeichniss allerdings
nicht, aber Berührungspunkte dieser Gaunersprache mit dem
Idiom der russischen Krämer aus Suzdalj oder der Bettler aus
Nord-, West- und Südrussland sind unverkennbar. Für ,chleb (
(Brot) citirt die ,Ga.zeta warszawska' den Ausdruck sumer,
und das vergleichende Wörterbuch der Kaiserin Katharina gibt
s. v. x.Uidx. den Ausdruck cyaräiCB, sumak (so auch bei Rom. 2 ):
die Identität der Ausdrücke ist unzweifelhaft (vgl. türk, somun,
Laib Brot, oder was näher liegt, griech. 'icojj.i). Oder für das
Pferd wird aus der Gaunersprache Krakaus und Lembergs
das Wort cholota angeführt; offenbar ist damit zu verbinden
bei Rom. Borz. B0.10TB, bei Stud. b0.1Ta. Der ,IIerr heisst bei
den Krakauer Gaunern gawruk, damit ist zu vergleichen bei
Tich. KOBpH (die Herrschaften), Rom. KOBpefi, Borz. aaBpift
(der Herr). Für ,die kleinen Kinder' citirt Estreicher das Wort
chilany, vgl. damit bei Scep. «rapeHfl (Kind), <6HpeMTa (Kinder).
2. Die Aufnahme des Suzdalischen Idioms in das vom
Akademiker Pallas redigirte Wörterbuch der Kaiserin Katha
rina II (Linguarum totius orbis vocabularia comparativa Petro-
* poli MDCCLXXXVI—IX) ist wohl die erste wissenschaftliche
Verwerthung eines geheimen Idioms auf dem slavischen Sprach
gebiete. Pallas spricht überhaupt noch nicht vom Suzdalischen
als einer Geheimsprache, er sagt nur: ,Susdaliensis dialectus
variis graecis barbarisque verbis a mercaturam in Thracia fa-
cientibus corrupta' oder in der russischen Vorrede: ,’Ito KacaeTca
AO cy3Aa.iBCKaro napHiia, to OHoe ecTt cirhrnauHoe uacTtro H3B
np0H3B0^ii)iiTJX , E> cjoiiT,, uacTi.ro H3B rpeuecKiixB bb poccificaia
oöpaipeuHi.ix'B . . . Toprn, koh ott. Cya/p'ua irpon3BO/i,frrcji /i,a>Ke
fl,o rpenju, MoryiB H3M'liHeHiio ceaiy 6htb npnBinioio'. Merkwür
diger Weise kommt die übliche Benennung dieser Hausirer
oder wandernden Krämer, als Ofenen (russ. 0<i>ena oder Aitena),
bei Pallas noch gar nicht in Betracht. Unter den 273 Wörtern,
die das Wörterbuch im ganzen umfasst, sind in der Rubrik
,Suzdaliscld etwa hundert solche verzeichnet, die theils durch
absichtliche Maskirung, theils als Lehnwörter oder unerklärbare
Ausdrücke, den speciell suzdalischen Wortschatz ausmachen,
Die Gebehnspraehcn bei den Slaven.
3
alles übrige stimmt mit den üblichen russischen Ausdrücken
überein.
8. Der fleissige Ant. Jarosl. Puchmayer berücksichtigte
in seiner im Jahre 1821 zu Prag erschienenen Grammatik der
Zigeuner-Sprache (Romani Gib) auch die cechische Gauner
sprache, hauptsächlich um das Vorurtheil zu widerlegen, als ob
Zigeunerisch und die Diebessprache dasselbe wäre. ,Da es Leute,
selbst Gelehrte, gibt, die das Romsche entweder für Rothwälsch
(Diebessprache) oder für einen neuen, aus anderen Sprachen
zusammengestoppelten Mischling halten: so habe ich, um die
erstere Meinung zu widerlegen, die cechische Hantyrka . . .
beigefügt 4 (S. VII). Dieser Anhang umfasst (S. 81—87) nicht
volle 400 Wörtei - , die nur sehr wenig Beziehungen zur polni
schen Gaunersprache oder zu den russischen Geheimsprachen
aufweisen, z. B. klawry, adj. gut, klawo, adv. gut, ist identisch
mit dem poln. klawy, klawo derselben Bedeutung, und mit
dem russischen oeBHH (Aoöpnfi) Scep., Meimh, KyieBiaff Rom.;
oder mikraulsky wenig, stimmt ohne Zweifel zum poln. mikro
(malo), mikna (statt mikra) ,mala dziewlta* und zu dem im
russischen bei Ofenen, Bettlern, Hutwalkern u. s. w. üblichen
MHKpui. Zum Polnischen stimmt doly, die Tasche, mit poln.
dolina, und mit säbr (das Stemmeisen) vgl. poln. szaber,
szabry (Dietrich), sza.browac, öffnen; vielleicht noch einiges.
4. Das erste volksthümlich angelegte Wörterbuch der ser
bischen Sprache von Vuk Karadzid (Wien 1818) berücksich
tigt auch den in Frage stehenden Gegenstand, und zwar nach
zwei Richtungen, deren erste hier zur Sprache kommen soll.
Unter dem Schlagwort jlIocjOBiipa' wird nämlich von einer
linguae fictae genus, fictae ex lingua patria, interpolatis sin-
gulis syllabis erzählt; die Art der Maskirung wird an dem Bei
spiel ,donesi vode‘ demonstrirt, welches nach der Methode
der ,velika poslovica £ so lautet: dobrodonaseneslovisi ve-
dovodobrede, d. h. wie man sieht, vor den consonantischen
Anlaut jeder Silbe wird der aus dem kirchenslavischen Alphabet
bekannte Consonantenname vorgesetzt, mit der vocaliscken Aus
gleichung, die dadurch gewonnen wird, dass entweder der aus
lautende Vocal des Buchstabennamens in den Vocal der Wort
silbe verwandelt (z. B. slovi si, vedovo, dobrede) oder wenn
der Name consonantisch auslautet, ein Vocal, der mit dem in
1*
4
Y. Abhandlung : J a g i 6.
der nachfolgenden Silbe des Wortes stehenden identisch ist,
angehängt wird (z. B. nasenß). Neben dieser grossen ,poslovica £
veranschaulicht Vuk an demselben Beispiel auch die kleine
,poslovica ( . Diese lautet so: dijodonijenesisi vijovodijede.
Wenn Yuk behauptet, dass Bauern .poslovicki' sprechen, so
mag das l’ichtig sein, obgleich uns nähere Angaben über die
Anlässe und Gelegenheiten dieser Sprechweise fehlen, allein
der erste Impuls, wenigstens zur Sprechweise nach der ,velika
poslovica', kann nur von der Schul- oder Klosterbildung aus
gegangen sein.
Bei der Sprechweise nach der ,velika £ oder ,mala poslo-
vica‘ bleiben die übrigen Elemente der Sprache unangetastet.
Das Geheimniss kann also hier sehr leicht gelüftet werden.
Die Maskirung gelingt nicht auf die Dauer, höchstens bei der
ersten Verblüffung wird sie durch schnelles Sprechen erzielt.
Es ist darum auch begreiflich, dass man sich dieses Mittels
mehr scherzweise als zu ernsten Zwecken bedient und es in
möglichst mannichfaltiger Weise anzuwenden trachtet.
5. M. Gj. Milicevic erzählt in seinem Werk ,KHejKeBima
CpÖHja* (Beorpaß 1876, S. 590/1), dass man in Serbien, im Uzicer
Kreis, diese Maskirung in vierfacher Art an wendet: 1. Man
setzt vor jede Silbe die Laute kr, also der Satz ,ljudi su svi
ravni pred zakonomf wird nach dieser Art der Maskirung so
lauten: Krljukrdi krsu krsvi krravkrni krpred krza-
krkokrnom. 2. Man setzt vor die Silben ci, der Satz ,ako
o6es da poznas coveka, podaj mu vlast u ruke £ wird
darnach lauten: ciaciko cioci6e§ cida cipociznaü cicoci-
vecika, cipocidaj cimu civlast ciu cirucike. 3. Man
wendet als Vorsatz beim ganzen Wort den Vocal u an, ver
einigt aber damit auch die Silbenverstellung. Der Satz ,mnogo
ima ljudi, koji jedno misle a drugo govore £ lautet nach
dieser Art so: ugomno umai udilju, ujiko udnoje uslemi
ua ugodru uvorego. 4. Man schaltet nach jeder Silbe den
Consonanten p mit der Wiederholung des Vocals der voraus
gehenden Silbe ein, also ,hitar odvi§e sre6u preskaöe' lautet
so: hipitarpa odpovipiiepe srepe6upu prepeskapaöepe.
6. Milidevih bezeichnet diese Sprachweise, nach dem Vor
bild Vuks, ,poslovicki govor'. Nach Mittheilungen, die ich von
einem meiner Zuhörer aus Lika in Kroatien habe (Herrn Dr.
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
5
Draganid), schiebt man dort eine derartige Sprechweise den Zi
geunern in die Schuhe und zwar besteht eine Art der Maskirung
in der Hinzufügung des Consonanten p mit einem beweglichen,
d. h. an die vorausgehende Silbe angeglichenen Yocal, so: der
Satz ,gradi razanj a zec u sumi‘ wird in Lika auf,Zigeuner
art* so lauten: ,grapadipi rapazapanj apa zepec upu supu-
mipi* (also so wie bei Milicevid Nr. 4). Eine andere Art der
Maskirung, die auch meine Kinder in Kroatien hörten, besteht
in der Einkleidung des Wortes in die Silben u-nje, u wird vor-
und nje nachgesetzt. In Lika wird dabei so vorgegangen: beim
einsilbigen vocalisch auslautenden Wort erfolgt die Einkleidung
durch u-nje; beim einsilbigen consonantisch auslautenden Wort
wird der letzte Consonant vorn an u angehängt und dem übrigen
Bestandteil nje hinzugefügt; ist aber das Wort mehrsilbig, so
wird es in der Weise gespaltet, dass die erste Silbe an letzte
Stelle kommt und als solche mit nje versehen wird, dem übrigen
Bestandteil des Wortes aber u vorgesetzt wird. Der vorer
wähnte Satz ,gradi razanj, a zec u sunik wird nach dieser
Regel so lauten: ,udigranje uzanjranje, uanje uczenje
uunje umisunje*. Nach meines Gewährsmanns Versicherung
sprechen so dann und wann, in heiterer Stimmung, auch ältere
Leute, namentlich im Dorf Kibnik. Auch für südungarische
Serben wird mir die Bekanntschaft mit derartigen Spielereien
von einem meiner Zuhörer (Herrn Stanojevic) bestätigt, der
mir zur Illustration des Vorganges folgende zwei Beispiele auf
geschrieben hat: 1. OpoH Hepekepe /ippohnpn cypy'rpapa nopo-
c.iepciiopo/yHcpe, d. h. on liehe /i,ohn cyrpa noc.ie no/yne. 2. Yoine
ylieiicftc yhHAÖme yrpacyiBe yc.aenoae yAuenöme — derselbe Satz.
Ich selbst erinnere mich aus der frühesten Jugend einiger
Verslein, nicht ganz anständigen Inhalts, deren Geheimniss in
der Umstellung der Silben, ohne jeden weiteren Zusatz, be
stand. Der erste lautete ,teho cepu zebli* (d. h. hote puce
blize).
7. Es dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen, dass der
artige Maskii'ungen in allen slavischen Sprachen üblich sind.
Dalj machte in seiner Uebersicht der russischen Dialecte (zu
erst erschienen 1852 in BhcTHHiM. Hamep. Teorp. oöipecTBa, ab
gedruckt in der Einleitung zum Wörterbuch, ed. 1880 S. LXXII)
auf zwei Arten der Verheimlichung der üblichen Sprechweise
6
V. Abhandlung: Jagiö.
aufmerksam. Die eine Art, die er ,Tapa6apcKiii jibukt. niKO.ii.-
HiiKOii't/ nennt, besteht in der, ganz nach der Analogie der
Geheimschrift, vertheilten Rolle der Consonanten, so dass die
zwei Reihen miteinander abwechseln:
6 B r fl, JK 3 K A M II
m; m h n, x *i> t c p n
Der Satz: a yncca. y IIani.kh Ka.iauHK’i. wird nach
dieser Methode so lauten: a yne.ii. y 111 an tu TacaniT'n.
Die zweite Art ,pa3rOBOp , £ no xf.paMT.' erinnert mehr an
die serbische ,poslovicab Hier wird vor jede Silbe des Wortes
xi.p (der Name des Buchstaben x) vorgesetzt. Tichanov in
seiner vor kurzem erschienenen kleinen Schrift (BpaHCitie crappu.
TafiHHÖ asi.TK'r. iihihiixt,. BpaHCKU 1895. 8° 34) citirt den Satz
piOKypmtT, TpyuonKir', der nach dieser Art der Maskirung
folgenden Gallimathias ergibt: x 1;pii0x’I;pKyx 1:ppnmt. xiptpy-
xh p 6 o u x 1; p Kh x 1; p t.. Wer und bei welcher Gelegenheit sich
dieser Spielerei bedient, wird weder von Dalj noch von Ticha
nov näher angegeben. Nach der Behauptung E. Romanov’s
(9iH0rpa<i>. oooaphirie VII. 126) tritt jetzt in Weissrussland diese
Art der Maskirung, die ,OTBepinipKaa rOBOpKa‘ heisst, immer
mehr bei der jüngeren Generation der Bettler in die Rechte
jener alten Geheimsprache ein, die bei den älteren Generationen
der russischen Bettelsänger, Hausirer (Ofenen) und Hutwalker
(Öapovalen) in Uebung war. Nach demselben Berichterstatter
können Statt der Einschaltung xhp auch die Silben ku, su,
sa-ce, uimucl in ähnlicher Weise verwendet werden. Die Anek
dote Daljs (a. a. 0.), dass ein lustiges Brüderpaar vermittelst
des Vorgesetzten xep das Gespräch führte, welches auch dem
strengen Vater sehr geläufig war und daher von diesem mit
der Androhung der Knute unangenehm unterbrochen wurde,
ist weniger erwähnenswerth, als die Beleuchtung einer neuen
derartigen Maskirung in der von Tichanov angeführten Spracli-
probe: der Satz ,Tpy6o i iKH noKypumkann nämlich auch so
lauten: mnöouKHTpypLi piiMHOKyTapu (S. 5). Man sieht, dass
auch hier die erste Silbe des Wortes immer ans Ende rückt
und ausserdem die Einschaltung Si-ci und Anfügung taci eine
Rolle spielt.
Mehr wird man an die serbische ,velika poslovica' durch
folgende russische Art der Maskirung erinnert: man buchstabirt
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
7
bei jedem Wort nur die letzte Silbe nach der kirchenslavischen
Benennung einzelner Buchstaben, und um das ganze möglichst
unverständlich zu machen, spricht man die Wörter sehr - schnell,
mit besonderem Nachdruck auf der letzten Silbe aus. Darnach
würde der früher citirte Satz ,HOicypHMT> TpyuOHKir so lauten:
noitypHHi-MHC.ieTe-epT.-M'b TpyöouKH-KaKO-Hme-KH. (Nach
Tichanov a. a. 0. S. 5).
8. Alle diese Mittel werden auch in der russischen Geheim
sprache der Krämer (Ofenen), der Zwischenhändler (Präsolen),
der Hutwalker (Sapovalen) und der Bettelsänger (Lirniki, Starci),
nebst dem aus anderen Sprachen entlehnten Wortschatz, zur
Bildung eines eigenen Idioms herangezogen, wie das aus der
weiter unten folgenden Ausführung ersichtlich sein wird. Ich
will zunächst nur die Silbenumstellung anführen. Nach Romanov
heisst bei den Dribinschen Sapovalen das Stroh .aocöiia, offen
bar umgestellt aus c0.1 ö m a (auch die Betonung stimmt). Und
auch bei den Bettlern des Gouvernement Mogilev kehrt der
selbe Ausdruck nur in anderer Silbengruppirung wieder: mo-
c 6.1 a, mit einiger Weiterbildung in der Suffix- und Auslauts
silbe entstand daraus Mae.iura, bei Studyriski ist auch mhc.1 ibra
verzeichnet, das man offenbar nicht davon trennen darf. Da
her lautet bei Romanov 2 auch das Adjectiv davon Mac.iHjKHi.ifi,
5iac.iLiiKaHHHH (von Mac.1 hra, im übrigen angelehnt an co.io-
aieiiHHÜ). Für paiyMin.iu steht bei Romanov 2 (bezieht sich auf
die Mogilever Bettelsänger) das Wort MaaypHUH, schon wieder
nur Umstellung der Consonanten. Bei Scepuro lesen wir be
treffs der Bettler aus dem Gouvernement Minsk, dass bei ihnen
no-iimi! durch Umstellung .ioühhü lautet. Für ca.io führt
Diefenbach laso an (Beitr. IV. 338). Auch der Ausdruck .iax-
'raBHua für no.-lobuha (bei Scepuro) ist wahrscheinlich nichts
weiter als die akavische Umstellung des Wortes, denn bei Ro
manov 2 steht dafür .lonroBHua, Romanov (für Sapovalen) schreibt
.lyxTOBHiia. Die anzunehmende Einschaltung des t wird später
durch einige Parallelen beleuchtet werden. Eben so ist das bei
Studynski (UipHHKH 48) citirte Wort .lauöimfi (aus Nikolajcik’s
Verzeichniss) nur eine Umstellung aus mo.iohhii (für MOMO/yiii).
Bei Golysev findet man A o n e H a für iio.ihno, offenbar nur
eine Umstellung der Consonanten. Auch no.iym.HK'b Rom. für
Tyjyn'B, Schafspelz, dürfte auf der Metathese der Consonanten
8
V. Abhandlung: J a g i c.
von Ty^ynuiKTi beruhen. Studynski führt für uaCT. eine mit hu
versehene metathetische Form Ky3aiB an, die ich allerdings aus
Borzkovskij nicht belegen kann. Fraglich ist es, ob nicht auch
.10Xi in der Bedeutung ,Bauer' Rom. 2 Nikol, auf der Umstellung
der ersten Silbe des Wortes xoaou'I. beruht. Die Einsilbigkeit
des Wortes könnte in der in polnischer Weise ausgesprochenen
Form clilop einen Anhaltungspunkt haben. Aus dem ofen. Wort
büch.ilkk für bo^ioch, B0.10CKH (Haar) bei Tichonravov könnte
man ebenfalls eine tkeilweise ausgeführte Consonantenumstellung
herauslesen; bei Pallas steht dafür Be^iHCOKt, also noch ganz
nahe dem bo.iocok'b; dagegen Prasol. bhcio./ibkh für bojoch
(angelehnt an bhcPtb?). Und wenn bei Romanov 2 für hojkb die
beiden Ausdrücke .laxiiäut und Max^iäut nebeneinander Vor
kommen, so ist damit deutlich genug die Neigung zu dem
selben Wortbildungsmittel ausgedrückt.
9. Nach einer Mittheilung des Herrn Director Bartos in
Brünn treiben in seiner Heimatsgegend (Zlin in Mähren) die
Kinder ihr Spiel mit der Sprache durch die Umdrehung des
ganzen Wortes, worin manche bis zur Geläufigkeit, die Staunen
erregt, bringen. Z. B. der Satz: ,Janku, pod se mnü do lesa.
Co tarn?' lautet nach dieser Spielart so: Uknaj dop ümnes
aselod. Oc mat? Oder der Satz ,Vim tarn o ptakoch, ale
nefikaj nie Jozefovü hat folgende Gestalt: Miv mat chokatpo,
ela jakifen ein Ivofezoj! Aus Habrovan ist die Anwen
dung der Silbenverstellung belegt, indem man die Sätze ,Posel
prisel o den pozdSji, nez jsem ocekäval. Protoz mel jsem noc
plnou obavy‘ so ausspricht: Selpo äelpfi o ned jizdöpo,
zen mejs valkäceo. Tozpro löm mejs con noupl vybao.
Von demselben tiefen Kenner des mährischen Volksthums
wurden mir noch mehrere Proben, die auf dem Princip des
,poslovicki jezik' beruhen, mitgetheilt.
a) Es wird zwischen die einzelnen Silben der Wörter das
Element rga, rge, rgi, rgo u. s. w. eingeschaltet, der Vocal
richtet sich nach dem der vorausgehenden Silbe des betreffen
den Wortes, z. B.: ,Posel ke mne prisel o den pozdeji, nez
jsem oüekäval. Proto jsem mel noc plnou obavy' lautet fol-
gendermassen:
Porgosergel lcerge mnerge pfirgisergel orgo der-
gen porgozdergejirgi, nergez jsergem orgoöergekärga-
Die Gehoimspraclien bei den Slaven.
9
vargal. Prorgotorgo jsergem niergel norgoc plrgrnor-
gou (oder plergenourgou) orgobargavyrgy.
Diese Sprechweise ist belegt für Ruditz bei Jedovnitz, für
Drysitz, für Rostein und für Habrovan.
b) Statt rga u. s. w. kann in gleicher Weise rva etc.
oder nga etc. eingeschaltet werden. Z. B. mit rva etc. lautet
jener Satz so:
Porvoservel kerve mnörve pfirviservel orvo der-
ven porvozdervejirvi, nervet jServern orvocervekärva-
varval.
Mit nga etc. so: Pongosengel kenge mnenge pfingy-
sengel ongo dengen pongozdöngejingy, nengezjsengem
ongocengekängavangal.
Die Fabel vom Fuchs und dem Löwen (Liska a lev), die
kurzgefasst folgenden Inhalt hat: .Liska, kteraz jeste nikdy
Iva byla nevidöla, tohoto jakousi nahodou potkavsi, ulekla se
po prve tak, ze se ji zatemnelo pfed ociina', erscheint nach
dem soeben erwähnten Maskirungsprincip viel länger und sieht
so aus:
Lirviskarva arva levrve.
Lirviskarva, kterveräzrva j ervestörve nirvikdyrvy
lvarva byrvylarva nervevirvidervelarva, torvohorvo-
torvo jarvakourvusirvi närvahorvodourvu porvotka-
vrvasirvi, urvulerveklarva serve porvo prverve ta-
krva, zerve serve jirvi zarvatemrvenervelorvo pfedrve
orvoßirvimarva.
c) Oder es wird vor jede Silbe go vorgesetzt. Darnach
wird der schon öfters citirte Satz so lauten:
Gopogosel goke gomnl goprigosel goo goden go-
pogozdögoji, gonez gojsem googoöegokägoval. Gopro-
gotoz gomßl gojsem gonoc goplgonou googobagovy.
Dieser Beleg stammt aus Strelitz bei Brünn.
d) Auch za, ze, zi etc. kann eingeschaltet werden, wor-
nach derselbe Satz so lautet:
Pozosezel keze mnöze pfizisezel ozo dezen pozo-
zdözejizi, nezez jsezem ozocezekäzavazal. Prozotozoz
mezel jsezem nozoc plzlnouzou ozobazavyzy.
Belegt aus derselben Gegend.
10
Y. Abhandlung: Jagic.
e) An die früher erwähnte serbische Art der Wortspaltung
erinnert folgender Fall. Man trennt die erste Silbe von dem
übrigen Umfang und ersetzt sie durch si, sie wird aber ganz
ans Ende des Wortes mit dem Anhängsel ce angelehnt. Bei
einsilbigen Wörtern wird nur si vor- und ce nachgesetzt.
Darnach lautet derselbe Satz, der bisher citirt wurde, so:
Siselpoce sikece simnece siselpfice sioce äindece
sizdejipoce, siznece simjsece sibekävaloce. Sitozproce
silmöce äimjsece sicnoce sinouplce sibavyoce.
Bud zdräv lautet nach dieser Hegel so: sidbuce siv-
zdrace.
II.
1. Bedeutender, als die bisher besprochenen Spielereien,
sind die ernst gemeinten Geheimsprachen einzelner Klassen von
Menschen, die schon durch ihre regelmässig wiederkehrende
Anwendung und ihre nicht ganz geringe Verbreitung die Auf
merksamkeit auf sich lenken mussten. In Russland war zuerst
die Sprache der sogenannten Ofenen ins Auge gefasst worden.
Im Gouvernement Vladimir, im Kreis Kovrov, befindet sich ihr
Centrum. Schon um das Jahr 1700 sollen die Bewohner dieser
Gegenden als Hausirer oder wandernde Krämer (KOpofieiliiHitn)
über ganz Russland mit ihren Waaren verbreitet gewesen sein.
Es wurde bereits erwähnt, dass man zur Zeit der Kaiserin
Katharina II. ihre Sprache als suzdalisch in das vergleichende
Wörterbuch aufnahm. Man schilderte sie als Krämer, deren
Handel bis nach Thracien und Griechenland reicht. In späterer
Zeit mag ihre Bedeutung gesunken sein, dennoch zählte man
im Jahre 1857 (vgl. Garelin’s Cy3/i,a.ia, (brenn ije X0/i,e6iii,nKH
in dem BbcxiiHKn der k. russ. geographischen Gesellschaft für
das Jahr 1857) noch über 130 Dörfer und einige Städte im
Gouvernement Vladimir, deren Einwohner den sogenannten ofe-
nischen Ilausirliandel trieben.
Nach dem Zeugniss Dalj’s haben sich den Jargon der
Vladimirschen Krämer auch ihre Standesgenossen aus den Gou
vernements Kostroma, Tver, ja selbst aus Simbirsk und Rjazan
angeeignet. In der That findet man in den Moskauer TpyAU
oömecTBa alKJoHTe.iefi PoccificKofi c.ioiiecHOCTH npu Ilunep. Mockob.
yuniiepcHTCT'Ii, schon im Jahrgang 1820 und 1828 lexicalische
Die Geheimsprachen "bei den Slaven.
11
Beiträge, die sich auf die Sprache der Ofenen aus Uglic, aus
Kostroma, aus Kasin, Bjezeck ebenso wie auf diejenigen von
Vladimir beziehen und man begegnet fortwährend gleichen Er
scheinungen. Z. B. aus Uglic ist für öpara (Bruder) verzeichnet
das Wort KOTiopt und in dem Wortverzeichnis Tichonravovs
wird dasselbe KOTiop'B durch napeiiL (Bursche) wiedergegeben,
in dem Wortmaterial am Kostroma lautet das Wort icoi'iopL
und wird durch iiajiMHiri (Knabe) erklärt. Für ciiHO (Heu)
steht in dem Vei’zeichniss vom Jahre 1820 eingetragen (aus
Kostroma) das Wort XBopa, hei Tichonravov *epo. Für py-
6aniita (Hemd) heisst es dort B o A o x a, bei Poprockij betreffs
der Prasolen aus Kaluga und hei Tichonravov betreffs der
Ofenen aus Vladimir b0.10Ha, u. s. w. Neues Material, das jetzt
über die Geheimsprachen der Händler (Prasolen) von Kaluga,
der Hutwalker aus Mogilcv und Cernigov und der Bettler aus
verschiedensten Gegenden (z. B. aus Minsk, Orel, aus Süd
russland und Galizien) vorliegt, bestätigt die Richtigkeit der
Behauptung Daljs, dass man in der That mit einer in vielen
wesentlichen Zügen gemeinsamen, daher sehr weit verbreiteten
Sprache zu thun hat. Allerdings kommen in Einzelheiten Ab
weichungen vor, die schon Dalj durch einige Beispiele beleuchtet,
die auch durch eine grössere Anzahl von Divergenzen weiter
ausgeführt werden könnten. Dalj sagt, dass die Vladimirer
Krämer den Kaftan mhcthkt, nennen, die Simbirer aber mep-
CHHK'b, nun finde ich statt whcthkt. auch die Form oihthk'B
und hei Golis. ist doch auch iiiepcTiuiKT. für die Vladimirschen
Ofenen belegt. Nach Dalj sagt man in Vladimir, für Hosen
uiHi»ihh, in Simbirsk 'mapR, hei Golis. finde ich auch noch
OBpaKH angegeben. Das Tuch nennen die Vladimirer Ofenen
urepciio, die Simbirer BexHO, aber bei Golis. ist auch für die
Vladimirer der erstgenannte Ausdruck als uex./io bezeugt, und
auch hei den Prasolen aus Kaluga lautet das Wort BexHÖ.
Man wird also bei näherer Durchforschung der Sprache
einzelner Gegenden eine Reihe von Abweichungen nebst einer
Fülle des Gemeinsamen finden. Die Einzelcharakteristik aller
dieser Localidiome ist gegenwärtig, beim Mangel an Detail
erforschung, noch gar nicht möglich. Man muss sich vorläufig
mit der Hervorhebung des Gemeinsamen begnügen. Die in den
erwähnten Moskauer ,Tpy/i,r>d verzeichneten Wörter, im Jahr-
12
V. Abhandlung: Jagic.
gang 1820 ( x IacTi, XX) auf S. 115 aus Uglic, auf S. 137 aus
Kostroma, auf S. 139 aus Galic, auf S. 153 aus Kasin und
Bjezeck; im Jahrgang 1828 (Haart VII) auf S. 289 ff. aus Vla
dimir, stehen mir in Auszügen, die Herr A. A. Schachmatoff
die Güte hatte zusammenzustellen, zur wissenschaftlichen Be
nützung.
2. Izm. I. Sreznevskij gab im Jahre 1839 in der Zeit
schrift ,OTe i iecTBeHiii>ui damiCKir Nr. V in der Abtheilung ,Cm4ci>'
Mittheilungen über die Ofenen, die er unrichtig ,Ahnen' nannte:
,A<i'HHCKiu u3lik'l bi> Poccin'. Er erzählt, wie er zuerst aus dem
Munde zweier junger Maurer, die aus dem Gouvernement Tula
stammten, eine Geheimsprache hörte, die er anfänglich für
finnisch (a-*HHCKifi!) hielt (das mag ihn auch zu der falschen
Aufzeichnung der Benennung durch i verleitet haben). Später
kam er in die Lage, von einem Kalugaer Fuhrmann einige
ofenisehe Sätze zu hören. Zuletzt fand er in einem wandern
den Krämer aus dem Gouvernement Vladimir den erwünschten
Gewährsmann, der ihm über das Ofenisehe nähere Nachrichten
gab, die er auch in der angeführten Notiz mittheilte. Meines
Wissens kam Sreznevskij niemals wieder auf diesen Gegen
stand. Da er aber in jenen jungen Jahren sehr romantisch
gestimmt und nicht frei von poetischen Uebertreibungen war,
so mag auch einiges in seiner Schilderung mehr den Werth
einer poetischen Ausschmückung als realer Thatsachen haben.
Doch die Aufzeichnung der Wörter selbst kann durch spätere
Aufzeichnungen ähnlicher Art richtig gestellt werden. Dieses
Material wurde später, nach 24 Jahren, durch die Vermittlung
Schiefner’s, dem bekannten Etymologen und Lexicographen
L. Diefenbach zur Verfügung gestellt; er verwerthete es in der
weiter unten zu citirenden Abhandlung. Ich citire Srezn.
3. Gewöhnlich ist man der Ansicht, dass die Benennung
,Ofenen' (Sing. O'ht'ini oder A<i>ena, vgl. Dalj s. v.), wie die vla-
dimirschen Wanderkrämer oder Hausirer in der Regel genannt
werden, von dem Namen der Stadt Athen herrühre; man hatte
auch an Ofen in Ungarn gedacht. Auch Diefenbach wurde
(in den ,Beiträgen' von Kuhn u. Schleicher, B. IV. S. 328)
durch die ihm unrichtig übermittelte Form ,ofinskoi' oder ,afin-
skoi' zu dieser Ansicht verleitet, obgleich er nicht umhin konnte
zuzugeben, dass ,auf Athen die eingemischten griechischen
Die Geheimspraclien bei den Slayen.
13
Wörter kaum deuten, die nichts weniger als den Grundstock
der Sprache bilden'. In der That ist die Ableitung von Athen
schon wegen der stehenden Form 0<t><5hji (oder A*ena) mit dem
Vocal e (nicht 04>mhckom mit i) abzuweisen. Und doch wäre
ich nicht abgeneigt, die Benennung ,Ofenen' aus dem Griechi
schen abzuleiten. Ich vernrathe nämlich, dass 0$eaa eine rus
sische Koseform für das griechische äsirza (Herr!) enthält. Im
Verkehr mit der griechisch redenden Bevölkerung — und mit
einer solchen müssen die russischen Wanderkrämer Beziehungen
gehabt und von ihr den immerhin nicht unbeträchtlichen grie
chischen Wörtervorrath entlehnt haben — mögen die Bussen
den Ausdruck dsevta gehört und sich, aus Höflichkeit, seiner
den Griechen gegenüber bedient haben. Dadurch wurde nun
auch auf sie selbst die Benennung Ofen ja (sing.) übertragen.
Bekanntlich ist jener Ausdruck auch bei den Türken als efendi,
und durch ihre Vermittlung auch bei den Bulgaren und Serben
als efendija (Herr) geläufig. Aus welcher Zeit der Ausdruck im
Russischen belegt werden kann, vermag ich nicht zu sagen.
Mich bestärkt jedoch in der Annahme des griechischen Ur
sprungs dieser Benennung der Umstand, dass nach Dalj’s Be
merkung die Ofenen selbst untereinander sich Masyki nennen
(/naai.inaji cajin ceo.fi CTpaimroiT, inietreMT, .vacw;06b‘ sagt Dalj a.
a. 0. S. LXX). Der kenntnisreiche russische Ethnograph und
Lexicograph leitete mit Recht diesen internen Namen von iiacu-
ich, nacH-wir, Maciirn, mh, cboii, Haiun (s. v. a<i>eHa) ab, nur
unterliess er hinzuzufügen, dass dieses Wort ebenfalls griechisch
ist, wo [i.y.: ,unser' bedeutet, also ,Masyki' sind = die Unsrigen.
Man nennt auch im Weissrussischen einen ,Landsmann' iianni-
uegi, g. Hamimpa (oder auch Hacudft), vgl. Hniorp. oboaphme
XVH. 128, und Marin Drzic (ein Ragusaner des XVI. Jahr
hunderts) gebrauchte denselben Ausdruck in seinem Lustspiel
,Dundo Maroje': ,Po svetoga Tripuna, vi ste nasjenci! Nas-
jence, dobar ti dan! Nasjenico lijepa!' Dir. Bartos theilt mir
mit, dass auch die mährischen Schweineschneider auf ihren
Wanderungen den ,Naiinec', von dem Deutschen der ,Zlatnik'
oder ,Hlaväc' genannt wird und von dem Magyaren, der ihnen
jPapläk' heisst, unterscheiden.
4. Nach Sreznevskij hat Dalj in seiner vorerwähnten Ab
handlung und im Wörterbuch s. v. a^ens einiges aus dem Ofe-
14
V. Abhandlung: Jagi6.
nischen Sprachschatz beigebracht. Im Jahre 1857 erschien in
Moskau im JUaAmiipcKifi CoopnuKU. Marepia^H -pwi CTaxHCTHKH,
9TH0rpa*iH, HCTopin h apxeo.aoriii B.iaAHMipcKofi rybepma' heraus
gegeben von K. Tiixonpanoi«,, ein weiteres Verzeichniss von
ofenischen Wörtern, alphabetisch geordnet, etwa 170 Wörter.
Diesen Beitrag, nebst dem Sreznevskischen, bekam L. Diefen
bach durch die vorerwähnte Vermittlung Schiefners und ver
arbeitete beides im IV. Band der Kuhn-Schleicherschen Beiträge
auf S. 328—335 in dem Aufsatze: Die ofenische Sprache. Im
Citat der Hilfsmittel steht unsinnig (auf S. 328): ,Herr Staats
rath und Akademiker Dr. A. Schiefner, dessen unschätzbarer
Düte ich zwei von Herrn Sresnewsky in Tichonrawow
gesammelte Wörterverzeichnisse verdanke' statt gesagt zu sein
,zwei von Herrn Sreznewsky und Tichonrawow'. Kaum war
der Aufsatz niedergeschrieben, so bekam Diefenbach durch die
Vermittelung desselben unendlich gefälligen Akademikers Schief
ner auch noch den Aufsatz Garelins, der im Jahre 1857 in dem
jEkcTHHKt' der kais. geogr. Gesellschaft erschienen war, um
auch diesen in gleicher Weise zu analysiren. Das that er eben
daselbst im ,Nachtrag' auf S. 335—341. Ich werde dieses ganze
Material unter den Namen der Autoren, also gekürzt Srezn.
Tichonr., oder auch unter dem Namen Diefenbach (für Garelin)
citiren. Tichonravov schickt seinem Wortverzeichniss nur ein
Paar Zeilen voraus, in welchen gesagt wird, dass unter dem
Namen der Ofenen oder Chodebsciki seit langem die herum
wandernden Krämer der Kreise Vjaznikov, Kovrov und zum
Theil Suja aus dem Gouvernement Vladimir bekannt sind, deren
Wanderungen mit Kleinwaaren sich nach allen Richtungen
Russlands ausdehnen bis weit in die entlegensten Orte von
Sibirien.
5. Ungefähr um dieselbe Zeit, da L. Diefenbach seine
Abhandlung schrieb, erschien im Jahre 1864 in St. Petersburg
in dem Werk ,MaTepia^H j\aü reorpa<i>in h ctuthcthich Poccin,
coopaiiHwe oaupepajiH renepa.n,iraro nrraba. Ka.iyatcitaa ryucpnia,
T. II coct. M. IIonpoE,Kifi' (Cnöru. 1864) ein neuer Beitrag zur
Kenntniss der russischen Geheimsprache. Diesmal ist von den
Händlern (oder Zwischenhändlern, Leuten, die in den Dörfern
herumgehen und Vieh u. s. w. ankaufen, um es mit Gewinn in
die Städte auf den Markt zu bringen, sie heissen im Russischen
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
15
üpäcojiu, also die Prasolen) und ihrer Geheimsprache im Gou
vernement Kaluga die Rede. Das Wortverzeichniss rührt von
Herrn Lametri (? ÜHMeTpn) her und umfasst etwa 280 Wörter.
Betreffs der Prasolen heisst es nur, sie haben ihre eigene
Sprache, wie die Ofenen, nur abweichend von jener (was nur
zum Theil richtig ist) uud diese heisse ,kontjuznyj‘ (kohtio-
JKHHH JISMICb).
Zehn Jahre nachher sammelte J. Golysev abermals
Wörter des ofenischen Jargons und gab das gesammelte Ma
terial in ,IUa/i,HMipcidu ryöepHCKia BhAOMOCTiP 1874, Nr. 33 u. 34,
im nichtofficiellen Theil heraus: ,(laor,apL o$eHCKaro HCKycTBeu-
naro B3BiKa‘ (wiederahgedruckt in JÜHBOnncuoe o6o3p r bme 1874,
Nr. 6, 13 u. 15). Dieses Wortverzeichniss ist das umfangreichste,
es umfasst beinahe 800 Wörter und Wortformen. Ich citire es
mit der Abkürzung Gol.
6. Den Ofenen und Prasolen stehen durch ihre gesell
schaftliche Stellung ziemlich nahe verschiedene volksthümliche
Handwerker, unter denen die Hutwalker (Sapovalen genannt)
oder die Wollenschläger (Serstobiten genannt) sich durch
eigene Geheimsprachen hervorthun, die im Ganzen und Grossen
mit jener der .Ofenen übereinstimmen. Dieses Urtheil gründet
sich auf das von E. Romanov in der Zeitschrift ,JK,HBas CTa-
piuia 1 I, oiyp II, S. 9—16 mitgetheilte Wortverzeichniss der
Wollenschläger aus Dribin, Kreis Causy, Gouvernement Mogilev,
unter der Uebersclirift ,KaTpynniHU,Kiii .leiiesem/ Qcatrücha be
deutet Hut und lemezen die Sprache). Die Armuth der Be
völkerung, Mangel an anderwärtigen Erwerbsquellen, zwingt
die Menschen zu dem wenig erträglichen, aber immerhin einigen
Verdienst abwerfenden Gewerbe der Hutwalker (Sapovaly) Zu
flucht zu nehmen, das sie heim Herumwandern durch die
Dörfer, das wenige unentbehrliche Werkzeug mit sich tragend,
ausüben und in dieser Weise kümmerlich ihr eigenes und das
Leben der Ihrigen fristen. Im Herbst und Winter dehnt sich
ihre Wanderung durch die Gouvernements Mogilev, Minsk,
Cernigov, Smolensk und Orel aus, wobei auf je zwei Arbeiter
ein Reinverdienst der Saison von 40—60 Rubel abfällt. Eine
zweite Arbeitsperiode findet in den grossen Fasten vor Ostern,
eine dritte in der Fastenzeit vor Petrifest statt. Ihre Lebens
weise wird von E. Romanov als sehr nüchtern und ehrlich ge-
16
V. Abhandlung: Jagic.
schildert. Eine gewisse Organisation dieser Öapovalen wird
schon durch das Vorhandensein eines eigenen, geheim gehaltenen
Idioms, dessen sie sich nur auf ihren Reisen bedienen, voraus
gesetzt. Das von E. Romanov mitgetheilte Material rührt von
einem Bauer des Ortes Dribin, Jakov Leonov, der damals
Dorfschidze war, her. Das Verzeichniss umfasst etwa 360 Aus
drücke, die ich mit Rom. oder Roman, citire.
7. Dalj spricht in seinem Wörterbuch (s. v. mepCTfc) von
den Wollenschlägern aus Kostroma, die ganz Russland und
Sibirien durchreisen. Auch diese besitzen eine eigene Sprache,
in der Art der ofenischen, nur sei sie ärmlicher. Die wenigen
von Dalj citirten Wörter stimmen mit dem Idiom der Dribiner
Hutwalker nicht ganz überein, so weit eine Vergleichung mög
lich ist. Dalj führt an: arepi> Hengst, das ist offenbar das tür
kisch-tatarische Wort ajger; 6e33a6oTHHH für Samowar ist
klar; ÖJipH, die Hände, entfernt sich etwas zu weit von dem
auch bei Dribinschen Sapovalen üblichen Ausdruck xnpita für
Hand, und scheint im Zusammenhang zu stehen mit biritB
(geben) Diefenbach, Beitr. IV. 333. Wenn die Kostrom. Wollen
schläger ,Wasser' durch butb, ,giessen' durch bhthtb aus-
drücken, so lautet bei den Dribinschen Öapovalen das Wasser
cyrä (tatarisch: sug, such, suw das Wasser). Das Wort ra-
Aafiica für ,Kukuk' ist gute Neubildung vom Verbum ra^aTB
(prophezeien). Während der Hahn bei den Kostrom. Wollen
schlägern rörycB heisst, nennen ihn die Dribinschen Hutwalker
BapHäKTi. Das Verbum ßflKaTB (geben) stimmt nicht zu Rom.
yrypägL (geben), dennoch findet man bei Scepuro (und auch
sonst) BHA3eKaTt für ausgeben, ausliefern, aT,a,3eKtLTB für
OTßaBaTt (übergeben), na,a,3eKHyTB (no^aTB, geben). Die Wör
ter JKOpi. für Zahn (vielleicht von aipaTB gebildet) und 3BO-
h ä p b, das Glöcklein, findet man eben so wenig bei den Dri
binschen Hutwalkern, wie die Wörter ecaTB oder acaTB (ar
beiten, bei den Drib. Hutwalkern bedeutet m a k c a t b dasselbe),
HM.iflK'B (der Fuhrmann), oder 3äKOiieMHTB (erkranken). Für
das Wort Ba.arajK'B (der Tag) kennt das Wörterbuch der
Kaiserin Katharina II. den Ausdruck n eHB/1,10xu, die Aehnlich-
keit ist jedoch gar nicht gross.
8. Wir besitzen einiges Material noch betreffs der Hut
walker von Novyj Ropsk, im Kreis Novozibkov des Gouverne-
Die Gelieimsprachen bei den Slaven.
17
ment Cernigov, gesammelt von Th. Nikolajcik in ,KieBCicaa
CTapim:/ 1890, Aprilheft. Diese Handwerker, die mit ihrer
Arbeit die Gouvernements Cernigov, Poltava und seihst Mogilev
aufsuchen, werden als minder ehrlich oder zuverlässig geschil
dert; was ihre Sprache betrifft, so stimmt der grösste Theil
des Wortschatzes (gesammelt sind bei 120 Ausdrücke) mit dem
Idiom der Sapovalen Drihins überein. Ich citire diese Quelle
mit Nikol.
9. Am reichhaltigsten fliessen unsere Quellen betreffs der
Geheimsprache der Bettler oder Bettelsänger. Dalj meinte
(in der Abhandlung ,0 napeuinxb pyccKaro atswiab, abgedruckt
vor dem Wörterbuch, ed. 1880, S. LXXI), dass die Bettler
von Profession der Gouvernements Rjazan und Tambov, eben
so wie die Gauner und Diebe, sich nahezu derselben ofenischen
Sprache, mit nur wenigen Modificationen, bedienen, und dass
sie diese Sprache Kantjuznyj nennen. Im Wörterbuch s. v.
KäHTapil wird KaiiTioacnu ti aamen als Bettler- und Gauner
sprache dofinirt und als von den Ofenen entlehnt (mit Zu-
thaten) angesehen: ,Ganze Dörfer, die sich aufs Betteln ver
legen, verstehen diese Spräche/ Diese Charakteristik scheint
im wesentlichen richtig zu sein. Neuere Aufzeichnungen der
geheimen Bettlersprachen haben in der That die nahe Ver
wandtschaft derselben mit den Idiomen der Ofenen und Wollen
schläger erwiesen. In den ,MaTepia.au &AR c./ioiiapa h rpaMMaTiuur
(C. IleTepdypr'L 1854, Band III) theilte S. Mikuckij etwa 60
Ausdrücke aus dem Idiom der weissrussischen Bettler mit
(OdjiacTima caobe 6k.aopyccKHXT> CTappeBb), mit der ausdrück
lichen Hervorhebung der Thatsache, dass dieses Wortmaterial
der von ihnen geheim gehaltenen Sprache angehört. Einige
Hinweisungen auf griechische Vorbilder (wie z. B. auf aXc bei
r ä.a octl, auf yaXa bei ra.1 bm 6, auf y.opr, bei icapura, auf
[uzpöq bei MHicpHH, auf bei ncy^n, auf /olpa bei xapö,
auf yi'Cii) bei xiisaTL, auf x £l -p bei xnpita) sind richtig.
10. Im XXI. Bande des CöopiiHKb der russ. Abtheilung
der kais. Akademie der Wissenschaften (1881) wurde ein kleines
Wörterbuch der Bettlcrsprachc aus Weissrussland, Gouverne
ment Minsk, Kreis Sluck, Ort Semczevo, welches ein Religions
lehrer der Kreisschule zu Mir, Priester F. Scepuro, gesammelt,
als Beilage zu den Sitzungsprotokollen, S. XXIII—XXXII, mit
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 5. Abli. 2
18
V. Abhandlung: Jagic.
einigen begleitenden Bemerkungen A. Byckovs, abgedruckt.
Das Wörterbucli umfasst, in alphabetischer Reihenfolge mit
russischen Schlagwörten, etwas über 800 Ausdrücke. Mit Recht *
bemerkt A. Byökov, dass bei der Aufzeichnung einige Unge
nauigkeiten vorkamen, die beseitigt werden sollten (S. VII),
ohne es zu sein. Z. B. ich halte die Zusammenstellung ,paKT>-
CK.iaßÖTHHK'E,' für einen Schreib- oder Druckfehler statt ,pa6 r r>-
ciwiaßOTHHKT:/: nicht vom Krebs, sondern vom Sklaven oder
Arbeiter ist die Rede.
11. Im Jahrgang 1886 der in Lemberg erscheinenden
kleinrussischen Zeitschrift ,3opa ( theilte auf S. 237—239 K ost L
Viktorin unter der Ueberschrift ,,/l 1 !./i,6iiCKa [aceupaiuta] moiuO
ein Verzeichniss von etwa 250 Wörtern mit, nebst einer Schil
derung der Lebensweise der galizisch-kleinrussischcn Bettler.
Der Herausgeber hörte das betreffende Wortmaterial von einem
jungen Burschen, Pavel Bilecki, aus dem Dorf Kipjacec, un
weit von Tarnopol; der junge Bursche soll viele Jahre Führer
seines blinden Vaters gewesen sein und von diesem auch die
Geheimsprache erlernt haben. Die Schilderung der Beweg- p-
gründe der Entstehung dieser geheimen Bettlersprache halte
ich nicht für ganz stichhältig. In einzelnen Fällen mag der
Vorgang so gewesen sein, wie er hier dargestellt wird, nämlich
dass die mit ihrem Loos unzufriedenen Leibeigenen sich als
Bettler verkleideten, um gegen ihre Herren geheime Verschwö
rungen, Aufstände u. dgl. zu Wege zu bringen, aber der eigent
liche Ursprung der geheimen Bettlersprache liegt viel tiefer
und auch anderswo, nicht in den socialökonomischen Zuständen
Galiziens. Wichtiger ist die Mittheilung, dass nach der Er
zählung jenes jungen Burschen unweit Tarnopol’s (p/r. 3a/iÖ3u;iixi)
eine Leierspielschule für die Bettler (oder Bettelsänger) bestand,
deren Curs mehrere Jahre (man sagt, sogar fünf) gedauert
haben soll. Die gemeinsamen Interessen der Bettler haben an
vielen Orten zu einer gewissen zunftmässigen Organisation ge
führt: so mag es auch hier gewesen sein. Die gewöhnlichen
Gebete recitiren die Bettler, heisst es weiter in diesem Bericht, >
mit üblichen Worten, nur schicken sie voraus die Worte:
0 ‘hear. KOMyirliCHuii /i,o Te6e KwvkTaio,
d. h. 0 Boate .lacicaBun, /i,o Te6e Moaioca.
Die Gelieimspraclien bei den Slaven.
19
In heiterer Stimmung singen sie, wenn keine Fremden
dabei sind, auch das eine oder andere lustige Lied in ihrer
Sprache, z. B. dieses:
K061.1 jieH'h ityitca cs na,
A AO ItyMCH ID,e H THpftHH,
II öyTe^LÖyxi BOHuaicy
EapaBona uopHohpi^Ba,
d. h. Kohi.i Metrik xahhepu cbjithü
A ao x^höa TpomKH cnpa
A ao capa CK.aaiiKa imisa
II A^raim uepHOßpHBa.
Nähert sich ein Fremder, gleich wird der Sänger mit
dem Zuruf ,raBpih ntiäiOTt/ (d. h. nattu iiAyTt,) gewarnt und er
setzt mit ernster Miene seine üblichen Gebete oder geistlichen
Lieder fort.
12. In der .KieiiCiwui crapiiua 1 für das Jahr 1889 (B. XXVI,
S. 653—708) machte uns Valerian Borzkovskij in dein
hübschen ethnographischen Beitrag ,,/lnpHHKif mit dem Leben
der kleinrussischen Bettelsänger bekannt, seine feinen Beobach
tungen stammen hauptsächlich aus Podolien. Den Bettelsänger
treffe man, heisst es da, von Ostern bis zum Herbst zu Hause,
die übrige Zeit sei er auf 'Reisen durch fremde Dörfer. Sie
kennen sieh sehr gut untereinander dem Namen nach und
wissen der eine um den Heimatsort des andern. Ein echter
Bettelsänger, Lirnik genannt, müsse immer zu einem alten
Leiermann in die Lehre gehen, welche 3 Jahre und 3 Monate
dauert. Das Lehrgeld wird durch die Erträge aus dem Betteln
bezahlt, welches während dieser Zeit von dem Jünger auf
Kosten und zu Gunsten des Lehrers ausgeliht wird. Nach voll
endeter Lehrzeit findet in Gegenwart von mehreren alten Bettel
sängern die Prüfung des Leieramtscandidaten statt, welcher
eine Bewirthung der Commission mit Branntwein vorausgeht.
Der Candidat singt die betreffenden Lieder und recitirt die
Gebete. Nach dieser Prüfung bekommt er von einem der Mit
glieder, gewöhnlich vom Lehrer selbst, Brod, welches er von
drei Seiten anschneidet, mit Salz bestreut und in den Aermel
steckt. Diesen Act nenne man ,B3HTH BesiiH.iKV 1 , gewissermassen
,das Diplom in die Hand bekommen'. Nun folgen die Glück-
2*
20
Y. Abhandlung: Jagic.
wünsche und die Einhändigung der Leier, welche der Lehrer
zuerst sich selbst, dann feierlich dem Schüler umhängt. Ein
Pietätsverhältniss werde auch fernerhin zwischen dem Lehrer
und seinen Schülern fortgesetzt. Bei Begegnungen begrüssen
sie sich unter Beobachtung bestimmter Formeln.
Betreffs der Geheimsprache, deren Wortverzeichniss etwas
über 400 Wörter umfasst, wird besondei-s das Geheimthun der
selben hervorgehoben. Dem Herausgeber wurden die Wörter
nur unter dem feierlichen Versprechen, die Urheber nicht zu
verratlxen, mitgetheilt; er behauptet, dabei die grösste Sorgfalt
angewendet und seine Aufzeichnungen durch wiederholte Ver
gleichungen controlirt zu haben. Die alten ,Lirniki‘ bewahren
die Sprache durch Ueberlieferung, sie sprechen sie nur unter
sich und so still, dass sie nicht leicht ein dritter hören kann.
Ueber die Entstehung der Sprache selbst konnte der Auf
zeichner nichts erfahren, offenbar darum, weil die jetzigen
Bettelsänger selbst nichts mehr davon wissen. Ich citire Borzk.
13. Von demselben E. Romanov, der uns ein Verzeichniss
der Ausdrücke aus der Geheimsprache der Sapovalen (s. S. 15)
geliefert, rührt auch eine Wortsammlung betreffs der von ihm im
Gouvernement Mogilev beobachteten Bettlersprache her, die er
im VII. Band der trefflichen Moskauer ethnographischen Zeit
schrift ,9TH0rpa'Mi'ieCK0e oßospimie 1 unter der Ueberschrift .Oaepiri.
6Lira hhiuhxt. uonueBCKoii ryoepinif (Moskau 1890, S. 118—145)
mitgetheilt hat. Auch hier wird in kurzen Zügen das Leben
der Bettler oder blinden Bettelsänger geschildert, die ebenfalls
durch besondere Lehre die Befähigung, geistliche Lieder vor
zutragen, erlangen müssen. Nicht gross sei die Ehrlichkeit und
nicht sehr fest die Sittlichkeit in diesen Kreisen, doch wird
das als Verfall jüngster Zeiten beurtheilt. Bezüglich der Ge
heimsprache wird die Ansicht der Blinden selbst mitgetheilt,
wornach sie vom weisen Salomon herrühren soll, doch sei auch
diese Kunst bei der jüngeren Generation schon im Rückgang-
begriffen, sie werde von der .OTBcpnnnKaji roBopica 1 , (vgl. oben
S. 6) verdrängt. Der Aufzeichner meint, dass jetzt z. B. in
Sluck nicht mehr jene Fülle von Ausdrücken der Geheim
sprache anzutreffen wäre, wie sie vor etwas mehr als zehn
Jahren daselbst Scepuro gesammelt. Ich citire diese Quelle mit
Romanov 2 oder Rom. 2
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
21
14. Vor kurzem hat Kyrill Studynski (derselbe, der
sich früher KostL Viktorin schrieb) nochmals den ,Lirniken,
und ihrer Geheimsprache seine Aufmerksamkeit zugewendet in
einer kleinen Schrift (zuerst in ,3opa‘ abgedruckt), die sich
betitelt ,,/lipirnKii. Ctv/Vü KnpH.ia CTy/i,niici,Koro. IiH/yaue Bu
ch.«! Ayraua. y Albobi 1894b 8°, 56. Hier wird der Gegen
stand nicht so sehr von der sprachlichen, wie von der ethno
graphischen und socialen Seite behandelt, obgleich den grösseren
Umfang der Schrift gerade das Wortverzeichniss ,C.aoiiapen,L‘
bildet (S. 27—56). Dieses wiederholt nicht bloss das schon
früher von demselben Verfasser herausgegebene Material, son
dern liefert noch Zusätze (mit einigen nicht näher motivirten
Auslassungen aus dem früher in 3opa 1886 gedruckten). Wo
her die Zusätze des Jahres 1894 stammen, wird nicht näher
angegeben (nur des schon 1886 genannten Gewährsmanns Pavel
Bilecki geschieht nochmals ausdrücklich Erwähnung), auf jeden
Fall aus Galizien. Dieses kleinrussiseh-galizische Material bildet
die erste Hälfte jeder Columne oder Seite des Verzeichnisses,
in der andern Hälfte werden en regard die entsprechenden,
oder auch die dort nicht vertretenen Ausdrücke der ,ukraini
schen' Lirniki aufgezählt (geschöpft aus dem Verzeichnisse
Borzkovski’s) und ausserdem noch ofenische Parallelen (wie
ich glaube nach dem Material der Beiträge, des geographischen
BhcTHHK'L und eventuell aus Dalj), dann die (von Nikolajcik
verzeichneten) Wörter der südrussischen Sapovalen, sowie end
lich die Parallelen der polnischen Gauner hinzugefügt. Das
ganze Material lässt, kritisch geprüft, manches zu wünschen
übrig. Man sieht z. B. nicht ein, wozu nach dem ersten, parallel
laufenden alphabetischen Hauptverzeichniss, in welchem schon
überflüssiger Weise die Zahlwörter aus der üblichen Reihenfolge
herausgenommen und hinten aufgestellt sind, noch ein ,Nach
trag' aus der Sprache der Sapovalen (welcher? wird nicht ge
sagt) und dann aus der Sprache der Ofenen (man weiss schon
wieder nicht, welcher?) folgt. Zur Erklärung der Wörter wird,
im Verhältniss zu dem, was bereits bei Diefenbach zu finden
ist, wenig, ja fast gar nichts Neues gegeben. Dass der Heraus
geber den Ausdruck ra.-iLOMHH (raaeMufi) nicht kennt (er hätte
ja bei Miklosich u. s. w. ro./ifarL finden können), muss uns
Wunder nehmen; überflüssig ist es jedenfalls, an das litauische
fl
22
Y. Abhandlung: Jagic.
Wort gelme (die Tiefe) zu denken. Bei CMypaK’B hätte nicht
nach Diefenbach’s Vorgang p.copoc citirt werden sollen, da hier
nur der Anlaut d durch sm maskirt ist und das Wort eigent
lich auf AypaKT. beruht. Eben so ist bei hhhk (die Hochzeit),
aHHUHTHCB u. s. w. nicht an yavop.ai zu denken, die Formen
BaHHUHn,L, BSHHieHiHü (bei Romanov 2 ) führen deutlich auf
BinuaTL, nhh t iauie, unter gleichzeitiger Anlehnung an ateiiHTt,
jKCHKX'L, zurück.
Aus dem russischen Material blieben bei Studynski die
Beiträge Scepuro’s, Golysev’s, Romanov’s, unberücksichtigt; da
gegen aifs dem polnischen benützte er ein im Ossolinskischen
Institut in Lemberg befindliches handschriftliches Verzeichniss
Felsztyhski’s (,Wiadomos6 o jezyku bosaiiskim w GalicyP) und
den Beitrag J. S. Ziemba’s in Wisla IV. 152—153, während die
Sammlung Estreichers (vgl. oben S. 1) nicht verwerthet wurde.
15. Zuletzt bekam ich eine unlängst erschienene kleine
Schrift von P. Tichanov (Bpanciäe CTappti. TafiHBift jbmkb
hhiühxi.. 9THO^orn i iecKiu ouepKB. BpmiCKi. 1895. 8°, 34), die ein
kurzes Wortverzeichniss (145 Ausdrücke), alphabetisch geord
net, aus der Geheimsprache der Bettler des Kreises Brjansk
(im Gouvernement Orel), aus dem Dorf Goljazje (der Bettel
sänger heisst Karp Antonov Perfilpjev) enthält. Der mit den
verschiedensten Erscheinungen des Volksthums wohl vertraute
Verfasser begleitet das beigebrachte Material mit allerlei ethno
logischen Bemerkungen. Unter anderem erfahren wir aus einer
Mittheilung, die einer handschriftlichen in der Kasaner Univer
sitätsbibliothek befindlichen Aufzeichnung entnommen ist, dass
schon im Jahre 1786 ein gewisser Andreas Meier, bei der Be
schreibung der Grafschaft Kricev (im Gouvern. Mogilev), von
einem Jargon spricht, dessen sich die Ortsbewohner von Kricev,
Schneider, Schuster und andere Handwerker, besonders aber
die an der polnischen Grenze lebenden Hehler und Diebe
(Korelen genannt) untereinander bedient haben. Dem Verfasser
der Beschreibung entging nicht die nahe Verwandtschaft dieses
Jargons mit dem Suzdalischen, er trug auch die Benennung
desselben als .phut OTBepimitKaa E.m OTBpameimaa 1 in seine
Schrift ein.
Mit Recht werden von Herrn Tichanov die innigen Be
ziehungen zwischen den Geheimsprachen der Ofenen, der Bettler,
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
23
der Handwerker und der Gauner hervorgehoben, obschon es
fürs erste rathsam ist, die Sammlungen über diese Idiome ab
gesondert anzulegen. Mit Recht wird auch auf eine gewisse
Berührung zwischen der Geheimsprache und Geheimschrift hin
gewiesen. Auch die Erklärung der Graecismen in der Sprache
der Ofenen, als eine Folge der Handelsbeziehungen zwischen
den Russen und Griechen, ist ganz annehmbar, doch kann ich
unmöglich dem Verfasser beistimmen, wenn er die ofenische
Benennung der Stadt Moskau als ,Batusa‘ mit einem Ort Süd-
Ungarns Batoszek in Zusammenhang bringt.
III.
1. Auch bei den Südslaven kommen ernst gemeinte
Geheimsprachen vor, zuerst und vor allem sind auch hier die
Bettler in Betracht zu ziehen, wenn auch ihre Sprache, soweit
man nach äusserst ungenügenden Aufzeichnungen darüber ur-
theilen kann, ausserhalb aller Beziehungen zu jener der Russen
steht. Vuk Karadzic theilt in der zweiten Auflage seines ser
bischen Wörtei’buches (Wien 1852) einige Ausdrücke aus der
Geheimsprache der serbischen Bettler, s. v. reraBauKH, mit.
Die Blinden sprechen, sagt er, dann und wann untereinander
so, dass sie von anderen Menschen nicht verstanden werden.
Man nennt diese Sprache gegavacki jezik und man sagt: er
spricht gegavisch (govori gegavacki). Vuk fragte vor Jahren
(d. h. vor 1852) einen jungen Blinden in Vukovar aus und trug
das Gehörte in sein Wörterbuch ein. Mehrere Ausdrücke sind
slavische Neubildungen, im ganzen verständlich:
zräkavica, das Auge, vgl. zräka, Sonnenstrahl, zräkav,
schielend.
zfnija, das Salz, von zrno (Korn), zrnevlje (Körner).
treskavice, der Wagen, vgl. tresenje, das Schütteln, tre-
ska, das Geräusch.
tbznjäk, das Kraut, vgl. tezanje oder tezenje, der
Feldbau.
risulja, die Kuh, risüljka, das Schaf, risovce, das Rind,
von der Farbe, ris Luchs, abgeleitet.
pröslica, der Regen, aber auch Winter, Wasser, scheint
euphemistisch für etwas, dessen schnelles Vorübergehen man
sich wünscht, angewendet zu sein.
24
Y. Abhandlung: Jagic.
mucvänj ak, das Ei, wird zunächst wohl ein verdorbenes
Ei bedeuten, vgl. mudak.
Slavisch klingt zwar, doch ist dunkel
vrgodnik (Bruder) und vi'godnica (Schwester).
Schon von Vuk ist richtig aus dem Rumänischen erklärt:
järba, das Gras, vgl. rum. iarba (aus herba).
Romanisch ist jedenfalls auch
bastünjac (Baum, Stock), vgl. ital. bastone (Stock),
sdglja .(Ranzen, Sack) erinnert ebenfalls an saccolo.
und za, das Haus, und ündzica, das Zimmer, sind mög
licherweise mit dem rum. unghiti (Winkel) in Zusammenhang
zu bringen.
gägul, der Teufel, und läul, der Lauch, haben wenigstens
in der Endsilbe rumänisches Aussehen.
Auf magyarischen Ursprung weist hin das Wort
urviz (Wein), d. h. das Wasser des Herrn, von ur und viz.
Vielleicht ist auch
vänta, der Kopf, magyarischen Ursprungs, von fenn oder
fönn, oben, ableitbar; fö bedeutet magyar. Kopf. Auch
eric (Gott, Himmel) könnte von magyar. eg (Himmel),
etwa durch ezi6 zu eric, abgeleitet werden.
Türkischen Ursprungs ist das Wort
murivo (Käse), unzweifelhaft dasselbe, wie türk, mürebba
(Kompot, Konserve). Aber auch das Wort
lfevät (Mensch) könnte möglicher Weise mit levent iden
tisch sein.
Auf albanesischen Ursprung deutet hin das Wort
miskra, das Fleisch, vgl. alb. misi, plur. miserate. Auch
klindöv (Sohn), klindovka (Tochter) und klince (Kind)
scheinen albanesisch zu sein, wenigstens lässt einen Vergleich
zu das Wort alb. knltmaja (Kind).
Auf deutschem Ursprung dürften beruhen
ünta, der Hund, und vielleicht auch päverica, Feuer.
Ganz dunklen Ursprungs sind: zixnija (Fisch), kevac
(Vater) und keva (Mutter), räskov (Pferd) und raskövica
(Stute); gljhvica (Fuss) wird als Neubildung eines Verbums
gljati (gehen) angesehen, so wie redavice, die Geige, von
redati (bitten). Endlich gotivica (Branntwein) könnte mit
gotov (fertig, d. h. wohl betrunken?) Zusammenhang haben.
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
25
2. Noch einer Geheimsprache führt auf die Spur M. Gj.
Milicevib in ,KHesKemma Cpönja 1 , S. 566. In Bosnien, an der
Drina, zwischen den serbischen Orten Raca und Ljubovija,
wohnt eine Bevölkerung, die von dem Namen Osat der dortigen
Gegend ,Osa6ani‘ genannt, hauptsächlich das Maurerhandwerk
betreibt und zwar nicht blos zu Hause, sondern durch ganz
Serbien. Nacli der Schilderung Milicevic’s gab es eine Zeit, sie
ist nicht lange dahin, wo in Serbien das ganze Maurerhand
werk in ihren Händen war. Diese Leute nun haben auch eine
Art Geheimsprache, deren schwache Proben Mili6evi6 a. a. 0.
mittheilt. Die Mehrzahl der Ausdrücke ist albanesisch, wie man
aus dieser Vergleichung ersehen kann:
miäa (Fleiss): alb. misi.
trem (Mensch): alb. trim als adj. tapfer, pl. trima-te, die
bewaffneten Gefolgsmänner eines Grossen oder Beamten; davon
tremka, die Frau, tremee das Kind.
väjza (Mädchen): alb. väjze-a (Mädchen),
ckoiti (gehen): alb. äkoig (vorübergehen), davon gebildet:
cköjka (der Fuss).
kälac (Pferd): alb. kalji.
bhkürija (Kirche): alb. bukure (schön), bukurla (die
Schönheit). Unzweifelhaft identisch trotz der abweichenden Be
deutung.
sümni (gut), vgl. alb. sume (viel), me sume (vorzüglich),
moriza (Laus): alb. morri id.
ökodric (Groschen): alb. §ko6eta (Kleingeld),
kbdurati (sehen): alb. curojg (ich betrachte, sehe zu), da
von kebije, die Augen. Die Silbe ke ist mir unklar,
stititi (geben): vgl. alb. ätie (werfe, stecke),
volidzati (sprechen), vgl. följurea, fö 1 j ture, Aussprache,
följmeja, Rede.
leäac (Ochs) steht möglicherweise im Zusammenhang mit
ljes (Wolle).
Dunkel sind völa (Rubel), pjeva (Bohne), sülja (Brannt
wein), slcämni (schlecht), karidza (Schwein), kedäs (Tabak).
In catrlj (der Pope) vermuthete ich (Archiv VIII. 102) den
slavischen Ausdruck catrljati (nachlässig lesen).
3. Den russischen Sapovalen und Serstobiten entspricht
im Süden das Handwerk der so genannten ,Mutafd2ije‘ oder
26
V. Abhandlung: Jagic.
,Mutafi‘ (mutab oder mutaf bedeutet Rosshaarflechter, daher
serb. mutab oder mutaf ,koji pravi pasove za konje/). Auch
über diese Sprache, ,mutavski‘ oder ,mutafdziski‘ genannt, aus
der Gegend von Vranja, theilt M. Gj. Milicevic in ,Kpa.T>eBmia
Cp6uja‘ (Belg'rad 1884, S. 317) einiges Material mit (im ganzen
nur 21 Ausdrücke), in welchen zum Theil wenigstens das alba-
nesische Element wiederkehrt, so z. B. in Neren (der Türke),
neren ckavac (schlechter Mensch) dürfte das albanesische
njeri (der Mensch) stecken. Allerdings soll nach Milicevic
ckavac (Mensch) das eigentliche Appellativum sein, doch
möchte ich fragen, ob nicht dieses Wort mit ckoiti (gehen)
und cköjka (der Fuss) im Zusammenhang steht, also den
jFussgängeF bezeichnet, dann könnte neren ckavac einen
armen Teufel, der nicht zu Ross reitet, sondern zu Fuss geht,
bedeuten.
Klar sind als albanesisch:
vajza (das Mädchen), s. oben, S. 25.
pljaka (das Weib): alb. pljakea (altes Weib),
djelaröe (das Kind): alb. djalljeri id., djalljeria
(Jugend).
bukar (das Brot): alb. bukea id.
dzura (Wasser): alb. zurrea (Urin),
orduj (Wein): alb. uroig (einem zutrinken sammt dem
Wunsch, es scheint daher orduj die sogenannte ,zdravica‘ zu
bedeuten).
dosanka (Schwein): alb. dosea.
mostati (schweigen): alb.mos (nicht) undthem (sprechen),
foljati (sprechen), impcr. foljaj (sprich): alb. fljas (ich
rede), m’a folji (er versprach es mir); statt foljati spricht man
auch voljati (versprechen); vgl. oben volidzati.
Slavisch sind: golemas (der Herr, vom Adj. golemi
der Mächtige), iza (das Haus, d. h. hiza, xmaca, ursprünglich
natürlich auch im Slavischen Fremdwort) und vielleicht ciplja
(der Fuss) für cipela (daher auch cipljati ankommen), welches
seinerseits durch das magyar. Medium auf dem mlat. zipellus,
zepellus beruht.
Unerklärt bleiben kalcan (der Pope, vielleicht im Zu
sammenhang mit kalogjin neben kalogjer der Mönch), to-
njar (der Kaufmann) und kräa (der Albanese).
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
27
4. Prof. C. Jirecek brachte im Archiv für slavische Philo
logie VIII. S. 99 ff. einige Notizen über die Geheimsprache der
Maurer ans Bracigovo (ein Marktflecken am Nordabhang der
Rliodope), deren wesentlichen Bestandtheil gleichfalls albane-
sische Wörter bilden, z. B. kimba (Fuss), köka (Kopf), gba
(Mund), mekora (Bart), üja (Wasser), gürec (Stein), bälja
(Koth), misajko (Fleisch), vetam (ich gehe) u. a. Doch gibt
es auch Ausdrücke, die in übertragener Bedeutung slavisch
sind, z. B. ladnata (die Weinstube, als kühle), krivata (die
Kirche, als schiefe, von Dach oder Turm?), gdlco (Wein, ,an
geblich weil der Mensch durch mehr Trinken am Ende gol,
nackt, wird* Jirecek), vgl. dzajko (Pope, vielleicht dasselbe
wie dajko, Onkel, die Benennung älterer Leute, serb. auch
daidza, vgl. Mikl. Türk. Elem. I. 44).
5. Bei den Slovenen haben die Landstreicher, Vagabun
den, die man auf slovenisch ,rokovnjak* nennt, gleichfalls ihre
eigene Greheimsprache; sie nennen sie ,plintovska spraha* (also
,Blindspraclie*?). Der lexicaliscke Wortvorrath ist grüsstentheils
fremd, aus dem Deutschen oder Italienischen entlehnt. Nur selten
tritt die Kraft der Neubildung zum Vorschein, z. B. zaguznica
für Hosen, ist ein solcher Ausdruck (vielleicht aus dem Kroati
schen entlehnt, während bei gozence schon wegen des Plurals
eher' an ,Hosen* zu denken ist), oder wenn der Glensdarm gri-
var genannt wird, so ist damit offenbar der mit der Mähne, mit
dem Federbusch versehene Mann gemeint; auch in pohram-
bati für verstecken, ist das Verbum ,hraniti‘, Subst. ,hramba*
enthalten. Originell scheint pihalnik für puska (die Büchse,
Gewehr), von pihati, popihati (schiessen, eig. blasen) abge
leitet zu sein. Slavisch ist auch prtoven oder prtovna für
platno (Leinen, Gewebe) und rogäjna für blago (Rindvieh)
als Hornvieh. Aus dem Kroatischen entlehnt ist jedenfalls ku-
üigazda, Herr des Hauses (kuce gazda), und vielleicht auch
sutar (für sutra). Jedenfalls ist auch dulian zunächst aus dem
Kroatischen entlehnt, und auch knezice für Bücher möchte
Dr. Strekelj aus dem Kroatischen ableiten. Aus dem Slovakischen
palenka (Branntwein) und aus dem Böhmischen brambor
(Erdapfel), polivka (Suppe). Selbständig gebildet ist kapovec,
das Mus (weil es so dünnflüssig ist, dass es ,kapa* tröpfelt),
ferner skakaö für Hasen, äkripac (vgl. russ. CKpima'iT)) für
28
V. Abhandlung: Jagic.
Geiger, belec für Schnee, merket für Bock (cf. inrkac, mrke-
tati), prepädnica für jama, Grube (in die man liineinfällt),
spiönik für Hafer. Nach der Vermuthung Dr. Strekelj’s ist
krevljak für Stall (ldev) möglicherweise aus ,kravljak' ent
standen? und hei lcripe (Stiefel, cevlji) möchte er auf nsl.
krplje, Schneeschuhe etc. (vgl. Mikl. et W. s. v. kürp) ver
weisen; daher kripovec: fievljar, Schuster. Das Wort palönik
für Korb (kos) scheint unzweifelhaft von ,palica‘ abgeleitet
werden zu müssen. Auch rokavnica für Hemd wird von roka
(Hand), rokav (Aermel), also ,ein Hemd mit Aermeln', her
rühren. Uebrigens schon Pleteränik citirt das Wort in der Be
deutung ,Manipel‘ hei Messgewand. Das Wort koäarka für
Dorf (väs) hat wenigstens slavisches Aussehen, vgl. serb. ,ko-
sara' Stall. Vielleicht ist auch das Verbum upetati, davon-
laufen, eine Neubildung von dem Substantiv peta die Ferse?
Diese Vermuthung stellt Dr. Strekelj auf.
Viel stärker als diese Kraft der Neubildung macht sich
die Entlehnung geltend. Bei den entlehnten Adjectiven ist es
üblich die Silbe -ov anzufügen, also: ajzov (eisern), koltov
(kalt), longov (lang), oltov (alt), plutov (blutig), davon plu-
tovna (Blut), senov (schön), svorcov (schwarz), vajsov
(weiss); grandov (gründe), bonov (bon, buon), u. a. vgl. noch
lobov, sporov.
Die Declination und Conjugation verbleibt slovenisch, auch
die kleinen Wörtchen (Conjunctionen, Präpositionen) sind
meistens unverändert.
Ueber diese Geheimsprache, soweit sie den Gerichtsämtern
unentbehrlich ist, brachte ,Slovenski narod', VIII. Jahrgang 1875,
Nr. 121 und 122, einige Notizen; später beschäftigte sich in
der Zeitschrift ,Dom in SveP, Jahrgang III, 1890, Nr. 4 (das
Aprilheft) Josip Benkovic mit demselben Gegenstand in dem
Aufsatz ,Crtice o rokovnjacih/, dessen drittes Capitel hauptsäch
lich der Sprache gewidmet ist. Dieses Material hegt auch meiner
nachfolgenden Analyse zu Grunde:
a) Die grösste Anzahl von erkennbaren Lehnwörtern ist
deutschen Ursprungs:
bacov adj. ,weizen'-, davon bacovka Weizen als Frucht,
bacovcek Weizenbrot.
bajtov als adj. weit.
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
29
berfniti beruht auf,werfen'. Die Stelle ,berfnimo slogence'
bedeutet, ,lasst uns Karten werfen'.
blink Geld, dürfte von der glänzenden, ,blinkenden' Farbe
des Metalls herrühren; im Mittellat. ist blenchus (franz. blanc,
ital. bianco) als Münzbezeichnung nachweisbar.
berlinkovt beruht auf der Nebenform ,ferlin' für Färklein,
das ist auch die Bedeutung des Wortes.
bornica Wahrheit, ist von ,wahr' abzuleiten,
brandati, po- (kochen) wird mit,brennen'identisch sein,
bursenca ist ,Wurst', vgl. unten s. v. prustenca.
dernica für Mädchen ist wohl das deutsche ,Dirne',,Dirndl',
federinan (Herr) ist vielleicht identisch mit ,Vettermann',
das im deutschen Dialect üblich ist (vgl. Schneller-Frommann).
Dr. Strekelj denkt an den ,Mann der Feder', was dann besser
zutreffen würde, wenn das Wort nur den Untersuchungsrichter
bedeutet.
fistenca (noga) muss ungeachtet der Einschaltung des t
mit dem deutschen ,Füsschen' zusammengestellt werden.
fongajne ist von ,fangen' gebildet, in der Bedeutung
,Gefängniss'.
flodri das Gewand, doch woKl als das ,flodernde' gedacht,
daher floderman, der Schneider. Im ,Wörterbuch der Diebs-,
Gauner- oder Kochemersprache', zusammengestellt von dem
Central-Evidenz-Bureau der k. lc. Polizei-Direction in Wien 1854,
liest man: ,Flader' das Band, ,Flader-Sog' Bandkrämer, dagegen
,Hadern' waschen u. s. w. — Keins stimmt ganz genau zur
sloven. Bedeutung des Wortes.
forati: fahren, davon: odforati, priforati; forovec
Fuhrwerk.
fosati: fassen, d. h. bekommen, daher fosar der Dieb.
In der Gaunersprache ist ,anfassen': stehlen,
fosel ist ,Fassl', d. h. Gefäss.
frogati: fragen, davon frogajne die Ausfragung, Unter
suchung.
golcovna: Holz.
gobelce: die ,Gabel', das Suffix unter Anlehnung an ,vilice'.
kaberle: das Kalb, vgl. dial. Kalbl, Kaibl.
knefla in der Bedeutung ,Magd‘, vielleicht im Zusammen
hang mit ,Knäufel': ein grober Mensch.
30
V. Abhandlung: Jagic.
kofenca: ,Kopf', daher auch kofernjdk (klobuk, Hut),
koltov: kalt.
kronkov wird als ,todt' angegeben, zunächst ist es wohl
,krank'; davon kronkar der Todte.
lihtenca ist ,Licht',
leb am: ich ,lebe'.
lobov: schwach, vielleicht in übertragener Bedeutung von
,Lob' gebildet oder von ,loben', wie iinten sporov von ,sparen'.
Doch könnte das Wort auch slavisch sein, wenn man sich des
serbokroat. labav in der Bedeutung ,schwach' erinnert.
lofam: ich ,laufe', daher ,prilofati' = priteci, heranlaufen,
miltavar bedeutet,Milch', das auch im ersten Theile des Wor
tes steckt. Was ist aber tavar? etwa ,tovar‘ die Waare? Kaum.
u-mohati leite ich von ,machen' ab, es bedeutet: anstellen,
anrichten, verrichten. So auch Dr. Ötrekelj. Vgl. noch zamah-
nen, zabeljen, eingemacht.
nefelca ist ,Löffel', also statt ,lefelca'.
oltov: alt.
pahati, wenn es auch ,kochen' bedeutet, möchte ich den
noch von ,backen' ableiten; daher spahati (= skuhati) und
pahovec Koch, pahovka Köchin.
perkovcan hängt mit ,Berg‘ zusammen, der Bergbewohner,
hribovec.
punkel ist der ,Pünkel'.
petenca: das ,Bett‘.
prustenca, vgl. auchbursenca, gebildetaus dem deutschen
,Wurst', mit derselben Bedeutung.
rokman ist der ,Rock'; wegen des ,man' vgl. russ. suk-
man, poln. sukmana.
r üben ca: die ,Rübe'.
rufam: ich ,rufe', davon rufanje, eig. rufajne: der Name,
sisla ist die ,Schüssel'.
älogence sind die Spielkarten zum ,Schlagen', denn man
sagt: karte ,slogati'.
smekati: schmecken.
za-älosati von slos (Schloss), verschliessen.
srajati ist,schreien'. ,Im Westen des sloven. Sprachgebietes
bedeutet ,srajati' auch sprechen'. Ötrekelj.
stikel, gen. stikelna, bedeutet ,Geldstück'.
Die Geheimspraclien bei den Slaven.
31
strajnica ist die ,Streu'.
ävamoyka: der ,Schwamm 4 .
svorclja für Tinte ist das deutsche ,Schwärze'.
tisenc ist der ,Tisch'.
tragati von ,tragen', daher: pritragati bringen,
vastra dürfte von ,Wasser' mit eingeschaltetem t ahzuleiten
sein, davon: vasterman der Regen, als Wassermann.
vnemati ist nicht slavisches oy-HHiiaTH (wegnehmen), son
dern das deutsche ,nehmen' mit dem Präfix u- oder v-, daher
vnemovt, der Dieb, der wegnimmt,
volati ist das deutsche ,wollen',
voltovna ist der ,Wald'.
zohati ist ,suchen', wie das poln. szukac; daher prezo-
hati durchsuchen.
zverca für Nacht, in der Gaunersprache heisst,Schwärze'
(für Nacht).
Deutsch klingen auch noch folgende Ausdrücke:
grilc in der Bedeutung ,beric' oder ,biric' der Stadtdiener,
Scherge, vielleicht von ,Grille', falls nicht das ital. gridare zu
Grunde liegt.
glaj s in der Bedeutung ,Stadt' könnte auf dem aus dem
Französischen ins Deutsche aufgenommenen ,Glacis' beruhen.
glica ,prosena kasa' (Hirsebrei) könnte aus ,Grütze' ent
standen sein, doch dürfte Dr. Strekelj recht haben, wenn er
an eine Kürzung aus jaglici, der ,Hirsebrei' denkt.
hantati in der Bedeutung ,beten' möchte ich mit dem
deutschen Wort ,Andacht' zusammenstellen, so dass hantati
eigentlich ,andächtig sein, Andacht verrichten' bedeutet. Da
von hantäc in der Bedeutung Rosenkranz.
kacel ,der Kater', ist jedenfalls mit ,Katze'in Verbindung
zu bringen.
knajsati: wissen, kennen, vgl. bei Ave-Lallemant ,kneissen'
(von gneissen, wittern).
knefengar: die Weste, vielleicht von ,Knöpfen', da die
oberkrainische Weste eine grosse Zahl von Knöpfen hat. So
Dr. Strekelj.
vincgar auch bincgar als Benennung für die ,Soldaten',
erinnert an ,Binzger‘ bei Schmeller-Frommann, das allerdings
nur einen Lümmel, einen Säufer, bedeutet.
32
V. Abhandlung: Jagic.
sronca in der Bedeutung ,Hochzeit' hängt vielleicht mit
dem deutschen Schranz, Schranze (schmeichelnder Höfling)
irgendwie zusammen; doch man beachte auch das Verbum
sronati se (sich verheiraten), das an ,Schrannen' erinnert;
dagegen srencenca (jeca, Kerker) dürfte vom deutschen ,die
Schrenzen' (als Korb, auch als Schlinge, um Vögel zu fangen)
herrühren.
stenäti ist das slavisirte deutsche ,stehen'; postenati be
deutet ,lassen'.
flisanka in der Bedeutung ,Weiberkittel' (krilo) muss wohl
ebenfalls deutschen Ursprungs sein, entweder von Flies (das
zottige Fell) oder von einem anderen Wort abgeleitet.
krecel, gen. lcrecelna, für Kraut (relje) entfernt sich
etwas zu weit von dem angeführten deutschen Wort (etwa aus
,Kräutel'?).
ropret in der Bedeutung ,kolovrat' (Spinnrad) sieht so
aus, als ob ein ,Radbrett' dahinter steckte, oder ,Rocken'? Der
Auslaut erinnert jedenfalls an ,Brett'.
sponati in der Bedeutung poznati, kennen, beruht auf dem
in der deutschen Gaunersprache üblichen Ausdruck ,spannen',
mit Aufmerksamkeit (Lüsternheit) anselien, aufpassen (Ave-
Lallemant IV. 609). Davon ist abgeleitet sponar, der Aufpasser.
Die dialectische Bedeutung des Wortes ,spannen* vgl. hei
Schneller-Frommann II. 672.
sporov: reich, wird wohl mit ,sparen' im Zusammen
hang sein.
sraci für ,otroci' (Burschen, Nom. Sing, srac) erinnert an
das deutsche ,Schraz', ,Schrätz' bei Schmeller-Frommann. Auch
in der Gaunersprache steht ,Schraz', ,Schrazen' für Kind, Kinder.
trahtati: warten, dürfte das deutsche ,trachten' sein, ob
schon die Bedeutung nicht ganz übereinstimmt, doch ,streben
nach etwas' ist nicht weit entfernt von ,warten'.
stekelspchniti für stehlen, scheint in der ersten Hälfte
des Wortes Stöckel oder Stickl zu enthalten und vielleicht steckt
darin die Bedeutung des Wortes: ,ein dummer, unbehülflieber
Mensch'(?).
b) Es gibt auch einige Ausdrücke augenscheinlich roma
nischen Ursprungs:
bonov: gut.
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
33
öokelj: Narr, vgl. ital. ciocco, sciocco, kämt, tschogge
(schwachsinniger Mensch, Dummkopf).
dromati (schlafen) beruht wohl auf dormire.
farina: Mehl.
fenätra: fenestra (vielleicht aber direct aus dem deutschen
,Fenster).
fertun (glücklich): fortuna.
feskati in der Bedeutung betteln (beraciti) wird sich wohl
mit dem kajkavischen kvestati decken und auf dem mittellat.
quaestare beruhen; daher feskon, der Bettler; vgl. auch na-
feskati.
galinka (Henne): gallina.
grand: viel, grandov, pregrandov (zuviel, preve<5).
karna: earne (Fleisch), davon adj. karnov, Fleisch-,
kobale ist cavallo.
krtis: Messer, ist das friaulische ,curtiss‘ (coltello, cultello).
pinat, Topf, ist ,pignatta‘, davon pinatovec, Topfflechter,
prevendrovec als Kaufmann, muss von vendere, ver
kaufen, abgeleitet werden. Iiieher gehört aber auch vintrati,
kaufen.
Die Zahlen Renten für hundert, cink für fünf und ka-
rantan (Kreuzer, friaul. carantan, alter Kreuzer) sind an und
für sich klar.
DasYerbum porbati, trinken (auch burbati), wovon por-
bar, der Weinausschänker, porbovnica (krßma, die Schänke),
erinnert merkwürdig an das französische ,pour boire‘ und
könnte in der Zeit der französischen Herrschaft in 1 llyrien ent
standen sein.
c) Deutlich aufs griechische Original weist das Wort
arton für Brod hin, gr. apTsc ist jedoch heute hauptsächlich
in kirchlicher Beziehung gebräuchlich, als Hostie, sonst sagt
man J/wqi.
d) Aus der deutschen Gaunersprache sind:
posata Fleisch, vgl. Ave-Lallemant ,Bossor, Bosser, Pos-
sert, das Fleisch, (vom jüd. bossor, ib. 345).
smalati: sprechen, zasmalati se, sich versprechen, daher
smalovna, Mund, ist in der Gaunersprache nachweisbar, wo
jSchmaien' hören, vernehmen, ,schmusen, schmosen', sprechen,
erzählen bedeutet (Ave-Lallemant IV. 601); im Wiener Polizei-
Sitzungsber. d. phil.-bist. CI. CXXSIII. Bd. 5. Abb. 3
34
V. Abhandlung: Jagic.
Wörterbuch steht geradezu ,schmal', sagen, ,schmälern', auf
Jemanden aussagen. Vgl. jüd. ,schmua towa' eine gute Botschaft.
In der Gaunersprache bedeutet ,Schmaler' die Katze, da
gegen bei den slovenischen Vagabunden ist smalar: der Hund.
Aus der deutschen Gaunersprache, ursprünglich zigeune
risch, ist das Wort bakerman für Schaf: zig. ,baker‘ (das
Schaf). Die Verbreitung des Wortes in den Gaunersprachen
vgl. bei Miklosicli, Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermund
arten III. 7. Der Zusatz ,man‘ erinnert an ,rokman'.
Zigeunerisch ist auch klavati, springen: zig. ,kelava',
tanze, springe (Mild., Beiträge z. Kennt, d. Zig. I. S. 2), ,kchalau',
ich tanze (Mild., Ueber d. Mund. i. d. Wand, der Zig. I. 28).
e) Einige Benennungen sind aus den realen Verhältnissen
erklärlich, so z. B. avgustinka für Stock, nach Dr. Strekelj’s
Vermuthung ,ein Stock, wie ihn die Augustinermönche trugen',
wozu er treffend vergleicht franciskanka für franciäkanska
palica (Franziskanerstock). Oder wenn samaritan für ,ricet'
(vgl. Archiv für slav. Philol. XIV. 540) gesagt wird, so ist das
wohl nur eine scherzhafte oder bissige Benennung einer sehr
armseligen Speise. Wenn der Bock kapucinar heisst, so wird
der Bart des Kapuziners das tertium comparationis abgegeben
haben, vgl. auch feminin kapucinarica. Dagegen kommt mir
so vor, dass stefel für ,Kartoffel' bloss auf einer Umdeutung
des Ausdrucks (der ja dialectisch auch Tuffein, Tüffeln lautet)
beruht. Die Benennung des Führers durch harimbaäa dürfte
über Kroatien zu den Slovenen gekommen sein. Auch die
Benennung der Kirche durch korizna könnte in irgendeinem
Zusammenhang stehen mit ,korizma‘ die Fastenzeit, vielleicht
weil dann der Kirchenbesuch am stärksten ist.
f) Viele Ausdrücke bedürfen erst der Erklärung, die ich
augenblicklich nicht geben kann, Ich führe sie an:
ajsovnik: Lederer, ajsnica: Leder, Haut.
avcek: oce, Vater, Väterchen.
bergati, birgati: sehen, zusehen, acht geben, horchen;
vgl. auch pergati, Sorge tragen, achten. Subst. birganje oder
birgajne, Wache. Das Verbum upirgati wird durch /be
kommen', dobiti, erklärt. Soll das deutsche ,bergen' dahinter
stecken?
cutnica: Halstuch.
Die Gebeimspracben bei den Slaven.
35
erbeznik: Schinder,
ferlakar: Freund.
falakati: prügeln, falakajne, Schlägerei, prefalakati,
durchprügeln.
finfrati: zünden, zafinfrati, anzünden, finfrajne, Feuer,
finfernica, Ofen.
grono: Wein, gronce, demin.
hibajte, 2. pers. plur. von hibati, Acht geben: gebet
Acht, pazite; 2. pers. sing, hibej: pazi. Wahrscheinlich ist in
hamlov hirat’: naju opaziti, die Form hirat’ nur ein Druck
fehler für hibat’.
histerna: Speisesaal, Esszimmer,
kejnati se: sich fürchten,
keta: die Alte, starka.
kumati: stehlen, vgl. pokumati, davon kurnovt, Dieb.
kumza: Haus.
kumerö: Jüngling.
lufti: Menschen, ,Leute*.
maduska: Kuh, ma'dusman, Ochs.
nefternik: Kauclifang, Schornstein.
nufati: zu Mittag essen, nufanje, Mittagsmahlzeit.
pajnica: Lager.
posati: kaufen, vgl. zigeun. ,pus*, verlangen, fragen (Mild.,
Ueber d. Mund. u. Wand. d. Zig. V. 50).
prakati: fangen, gefangen nehmen.
prefak: Geistlicher, davon prefakenca, vgl. parroffia
für parocchia.
pucna: Beutel (mosna).
skrobi: der Teufel.
sebati: gehen, vielleicht dasselbe wie sepati, hinken; da
her prisebati, ankommen,
serkel: Bauer.
po-slcapnik: skaf, unzweifelhaft von demselben Wort
weiter gebildet.
sorbon: der Ausreisser, begun; sorbati, davon laufen,
spudast: böse, schlimm,
sticija: die Dorfpatrouille,
surkovec: Bohne, Fisole.
3*
36
V. Abhandlung: Jagic.
tanati: geben, vgl. pritanati, bringen, po'tanati, geben;
vielleicht von ,donare‘?
tofenca: Kessel; vielleicht der ,Taufbecken' in der Kirche?
vahka: Frau, Mutter.
vajsrovcek: Vorhang (zastor).
volhati: gehen, davon: privolhati, kommen.
zavtraga: Schrein, Truhe.
zmohrovt: Käse.
zohar: Groschen.
IV.
1. Auch in Mähren brachten die Verhältnisse eine Ge
heimsprache zu Stande bei den Schweineschneidern aus der
Gegend von Ungarisch-Bi'od und Walachiscli-Klobouk. Nach
den mir von Dir. Bartos zur Verfügung gestellten Notizen ziehen
die Leute im Frühjahr aus ihrer Heimat fort, durchwandern
die ganze öst.-ung. Monarchie, auch Deutschland, Polen, Kuss
land u. s. w. Wenn sie nun auf den Winter heimkehren, grup-
piren sie sich in den Gasthäusern, oder wo sie sonst Zu
sammenkommen, nach den Ländern, die sie durchwandert haben.
An einem Tisch sitzen ,Nemci‘ (clie in Deutschland gewesenen),
an einem andern ,Madari‘ (die in Ungarn gewesenen), an einem
dritten ,Rusr oder ,Poläci' oder ,Litvini', und radebrechen die
betreffenden Sprachen. Diese Leute, die sich selbst gern den
Namen ,svötov6 l’ude' (Weltmenschen) oder ,svihafi‘ beilegen,
haben es dahin gebracht, dass ihre Sprache, die sie ,rec svi-
harska' oder ,üsviha£ina : nennen, von vielen unbekannten Aus
drücken wimmelt. Vielfach sind es Neubildungen oder Be
deutungsübertragungen von echt slavischen Wurzeln oder
Wörtern, z. B.:
okresky für nohy (Füsse) von okresati (behauen),
vidliöky für nohavice (Hosen), bedeutet eig. die Gabel,
obuvacky für Schuhe (bei Kott ,obuväcek‘ Stiefelhacken),
ohava oder mrkol oder koza bedeutet den Schuster
(eigentlich: Scheusal, Blinzler, Haut).
brbta oder krupica heisst der Lehrer (d. h. Plauderer,
Grütze);
popelka für Müller (offenbar nach der Farbe, weil von
Mehl bestaubt).
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
37
sochor (sedlak), der Bauer, ist eigentlich: der Knüttel,
der Bengel.
Klar in ihrer Bildung sind kvicak (Eber, eigentl. der
Grunzende), rozek, rohafia (Stier, Kuh, d. h. der oder die
Behörnte), usaüa (das mit hängenden Ohren versehene Schwein),
yhndö (Bock, der Wollige), pazür (Hund, eig. Zehe), nohäh
(Pferd, eig. Langfuss) und mlsofi (Kater, der Leckende), le-
1)ucka (Henne, als Eierlegerin), hudec (Hirt, d. h. der Spieler).
Der Tisch heisst Iipovec (vom Lindenholz gemacht). Vgl. noch
folgende Ausdrücke: soliti (salzen, für platiti, zahlen), mrviti
(eig. bröckeln, für essen), man sagt auch ,on tne' oder ,zvihä‘
für ji (isst), dryiid (pije) und hrne (jde), er geht (d. h.
strömt, wimmelt), trkne (da) er gibt (eig. er stösst), tfiska
(ptä, verlangt, d. h. Lärm macht), hfebikuje (nachtlagert, von
hfebik, Nachtlager, vgl. russ. pogreb, Keller), drychme (spi,
er schlaft, im Slovakischen ist drychnati allgemein bekannt).
In den mir mitgetheilten Proben finden sich nur sehr
wenige Fremdwörter, z. B. magyarisch ist disha (Schwein,
magy. disznö), varos (Stadt), katanäk (Soldat), darmek
(Knabe), salaä (Herbei'ge).
Das Idiom der mährischen Schweineschneider zeichnet
sich also meistens durch Neubildungen, weniger durch willkür
liche Bedeutungsübertragungen aus. Letztere Art bildet eigent
lich das Hauptmerkmal und die Hauptquelle der echten Gauner
sprachen, wie z. B. in der poln. Gaunersprache, wo kochanka
Nacht bedeutet (eig. die Geliebte), list Messer (eig. Blatt),
iokiec Jahr (eig. Ellenbogen), ogien Hahn (eig. Feuer, vgl.
,der rotke Habn‘), oko Dietrich, Geheimschlüssel (eig. Auge),
pajak Polizeimann (eig. die Spinne), rekaw Schuh (eig. Aermel).
2. Es verdient angemerkt zu werden, dass zwischen der
Sprache der mährischen Schweineschneider und der böhmischen
Hantyrka nach den Aufzeichnungen Puchmayer’s fast kein
Zusammenhang in dein Wortvorrathe wahrzunehmen ist. Die
letztere macht ebenfalls einen viel reicheren Gebrauch von der
freien Neubildung nach slaviscben Wurzeln, als von der will
kürlichen Bedeutungsübertragung. Ich fand eine Berührung nur
im Worte sykora, die bei Puclnn. Polizeiwächter, bei Brandl
aber ,desatnik ( (ein ,ZehnerP in Geld, es dürfte aber auch in
anderen Beziehungen anwendbar sein) bedeutet. Nicht viel be-
38
V. Abhandlung: Jagid.
weisend ist rohäö (Ochs) und rohaöka, rohatka (Kuh) bei
Puchm. neben rohaba bei Brandl, oder für ,Milch' bei Puchm.
bölä, bei Brandl böl’ena.
Die hauptsächlichsten slavischen in übertragener Bedeu
tung angewendeten Ausdrücke in der böhmischen Hantyrka
sind nach Puchmayer folgende:
Autrata: das Wirthshaus, eig. ütrata die Ausgaben; da
von abgeleitet autratsky der Wirth, autratskä die Wirthin.
Belä: weisses Mehl, aber belka die Milch, bölky das
Licht, bölo der Tag, na bölo beim Mondschein; endlich bö-
läk der Käse und der Mond.
Bezdech: still, d. h. athemlos.
Cernä: finstere Nacht (d. h. die schwarze), öernici die
Zigeuner, cerno finster. Die Nacht heisst dann auch tmavä
(die dunkle).
Deichavy (d. h. dychavy) der Ofen, der dampfende oder
rauchende.
Hladina: die Butter, also die glatte Masse, die Glätte.
Hlaväc: ein Herr, der als , Oberhaupt' fungirt.
Hlinäk: Topf, von Lehm (hlina) gemacht; dagegen wird
hm ec in der Bedeutung ,Kelch' verwendet.
Holäk: der Mond, der nackte, entblösste; holäk jiskfi
der Mond scheint, weil jiskra Auge, d. h. Funke, folglich
jiskriti funkeln bedeutet.
Hromada: ein Gulden, hrst (d. h. Handvoll) dagegen
,hundert Gulden'.
Hlubokä: die Tasche, d. h. die tiefe.
Chladilc: der Keller als der kühle; daher chladnä oder
auch studena das Vorhaus, dagegen ist tep 1 ä das Zimmer
(das warme).
Chlupy: das Tuch, von chlup ,das kurze Haar am Körper',
davon chlupär der Tuchmacher.
Chmelit: trinken und chmelka das Bier, von Hopfen
in der Bedeutung berauschen so gebraucht, wie im Russischen
xne.-ii) Hopfen und Rausch.
Chmatat: stehlen, d. h. tasten, greifen, daher chmätnout
fangen, chmatäc der Dieb, chmatka Diebstahl; vychmatat
ausrauben.
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
89
Chfoupavka: die Nase, vgl. chripö, chfipina die Nasen
löcher.
Kaliti, zkalit vergiften, sonst lieisst kaliti trüben (Wasser)
oder härten (das Eisen).
Kohout: Feuer, d. h. Halm, daher delat kohouta Feuer
schlagen; vykohoutit ausbrennen.
Kopyto: das Pferd, eig. lluf, daher kopytnik Hengst,
kopytnice Stute, kopyt nicek Füllen, wahrscheinlich auch
kobytici (statt kopytici) Rosshändler.
Kfapek: Sohn, krapice Mädchen, Tochter, kfapik
Bursche, krapatko Kind, alles von kräpati plappern (?).
Krouzek: Thaler, eig. ein kleiner Kreis.
Liäka: ein Dukaten, offenbar von der gelben (Gold)-
Farbe des Fuchses.
Makovice: der Kopf, vgl. russ. MaKOBKa Mohnkopf, Spitze,
Gipfel; makovec die Haube.
Mazavy: Tinte, d. h. das schmierende.
Moteil: Brief, motylovat schreiben, eig. ist motyl
Schmetterling.
Nakrmiti: eig. füttern, speisen, aber nakrmenä spli-
chovnice geladene Flinte; splichovnice als Flinte von §pli-
chati abgeleitet; posplichnouti anschiessen.
Näpalecnik: der Ring, der ,auf dem Finger' getragen
wird.
Ne rozleivej: bekenne nicht, d. h. giesse nicht aus.
Ovce: der Tuchmacher, d. h. Schaf.
Padat: verrathen, eig. fallen.
Pazdero: Leinwand, eig. Flocke; pazderka das Hemd.
Prkenice: Schreibtafel, von prkno Brett.
Plasit: fürchten, richtiger schrecken; plasäk die Furcht.
Poddrazka: Untergraben, von dräha der Weg, der
Thalweg.
Podkolenice: Strümpfe, vgl. serb. dokoljenica.
Postfihab: der Schneider, von stfihati schneiden.
Povazny: der Wagner; eher povozny?
Poziräk: Sack, eig. Schlund, wie im Kajk. pozirak den
Schlund bedeutet.
Povetrnik: Mantel, der ,nach dem Wind' gedreht wird;
auch das einfache vötrnik.
40
V. Abhandlung: Jagiö.
Prasnä (von prach Staub), das schwarze Mehl, prasnik
der Müller.
Predäk: das Fürtuch, vgl. russ. nepe/pmirt.
Rohäö: Ochs, rohatka oder rohacka Kuh; aber roho-
vice der Stock, daher rohovat beim Verhör prügeln. Ob da
von auch zarohnout tödten? (zarozdit id. erinnert an rozha).
Skoumnik: Verhehler, von skoumati ausforschen; das
einfache koumat bedeutet wissen, kennen, verstehen, vykou-
mat ausforschen, na vykoumu auf der Spähe; koumavec
ist Ausspäher.
Skfipka: Musik, vgl. russ. cicpunKa die Geige.
Sunt: der Wald, vgl. serb. suma id.
Tözky: die Eisen, d. h. das schwere.
Vlaknuti: Flachs, vgl. vläkno, Fasern.
Voblouk: Fenster, vgl. sloven. oblok Bogen, Fenster.
Vohrada: Stadt (eig. eine Befestigung), vohradnik
Städter.
Zelenka: Garten, in welchem ,Grünes* wächst.
£lutä: der Weizen, der ,gelbe*.
Zlodüjka für Laterne, ist ebenso ein ironischer Ausdruck,
wie lupiö der Gefangenwärter, eig. Plünderer, oder skopec
der Kerkermeister, eig. der Schöps, u. s. w.
Die fremden Ausdrücke werden später besprochen werden;
sie sind deutsch, wie funk (Licht), hakavka (Hacke) oder
jüdisch-deutsch, wie kaffer (Bauer), klufty (Waaren, eig.
Kleider jeder Gattung), koclium (Vertrauter), aber auch ma
gyarisch: hidek (kalt, magy. hideg), medek (angelehnt an
hidek, sonst richtig magy. meleg, warm).
V.
Wollen wir das in vorhergehenden Capiteln besprochene
Material einer kritischen Analyse unterziehen, als deren letztes
Resultat sich die allseitige Erklärung der slavischen Geheim
sprachen in ihrem Wortvorrath ergeben soll, so ist es rathsam,
mit den leichtesten und einfachsten Mitteln, deren Anwendung
den Zweck der Unkenntlichkeit verfolgt, zu beginnen. Diese
bestehen darin, dass das übliche Wort, dessen Flexionsfähig
keit durch alle Formen der Declination oder Conjugation
unangetastet bleiben muss, bei Anwendung bestimmter Laut-
Die Geheimspraclien bei den Slaven.
41
Veränderungen entstellt, d. h. maskirt wird. Diese Lautver
änderungen, wenn man sie auch willkürlich nennen darf, werden
doch in der Regel nicht vereinzelt, sondern hei grösserer An
zahl von Beispielen angewendet, wodurch diesen Gebilden der
Laune der Typus einer gewissen Regelmässigkeit aufgeprägt
wird, deren Erkenntniss die richtige Erklärung einzelner Fälle
wesentlich fördert und erleichtert. Es muss aber vorausgeschickt
werden, dass dieses Band einer gleichartigen Entfaltung nur
die Geheimsprachen Russlands (und zwar Gross-, Weiss- und
Kleinrusslands) umfasst, weshalb in diesem und den nachfolgen
den Capiteln zunächst nur diese einer Analyse bezüglich ihrer
Maskirungs- oder Verheimlichungselemente unterzogen werden.
Ich verstehe darunter die Sprache der Ofenen, der verschiedenen
(früher erwähnten) Handwerker und der Bettler oder Bettel
sänger.
1. Ein sehr einfaches, aber recht häutig angewendetes
Mittel der Maskirung oder Verheimlichung besteht darin, dass
dem Wort die Silbe su vorgesetzt wird. Kleine Lautverände
rungen, die zum Theil in der Zusammenziehung von Vocalen,
zum Theil in dem Abfall einer ganzen Silbe bestehen, sind da
bei nicht ausgeschlossen.
Schon in dem Wörterbuch der Kaiserin Katharina liest
man mytpo für yrpo (Morgen). Das Wort steht auch bei Go-
lysev nebst Kyrpo.
In den ,Trudy‘ 1820 aus Galic: rnyp m airu für KapnaHB (Sack),
mypoMT. für ,a,apOMT> (umsonst), in ,Trudy‘ 1828 steht dafür ruu-
poMB; hier sind also die Silben ita und ßa durch my ersetzt.
Bei Scepuro (betreffs der weissruss. Bettler aus Sluck)
findet man: HemypaHHift (für no3/i,HiH, d. h. iie-my-paHuifi,
nicht früh), adv. lieniypaHO, compar. mypairhn, und auch iuy-
pano für Morgen (yTpo). In mycTO für mIjcto, Ort, ist die
Silbe irh abgeworfen.
Bei Romanov (betreffs der Hutwalker von Dribin): rny-
Becna (Becna, Frühjahr), myßeuepa. (BeuepB, Abend), my-
roAi (roßt, Jahr), myropa (ropa, Berg), mykaHeHB (icaiaeHB,
Stein), mysycTT) (icyCTB, Gesträuch), rnyMicHüB (McagB,
Monat), myii.ikni. (ka4tb, Kammer). In niyceHB für my-oceHB
(oceut, Herbst) und iuyfina für rnyaiia (aiia, Grube) sind Vocal-
zusammenziehungen eingetreten.
42
Y. Abhandlung: J a g i c.
Bei Romanov 2 (bezieht sich auf die Bettler Weissruss
lands): niycijuHiiH'B, iiiycniimca (M'hinaHHHT), irlinyaHKa).
Bei Borzkovskij (betreffs der Bettelsänger Südrusslands):
nryci’o für myirfcero (mIscto, Ort).
Bei Golysev: ury.laii.iiuiuii, 111y.aan.iHHO, erklärt durch
ntacMHBHfi, steht für ’ra^iaHjhbhh , TanauHHBO; mypTHHH für
KapTimiii (Bilder); uiycTpo für oc r rpo (scharf), mycTpuft (ocTpufi),
mypninH'B für aprnmn. (Arschin).
Bei Nikolajcik (südruss. Bettelsänger): mycTO (ßaaap'B,
apjiapKa, d. h. Marktplatz, Ort). Auch bei Studynski: mycTO,
ausserdem myuanua (für euaii'ia, onaHua, Mantel), wofür man
mynaHua erwarten würde; in myk.1 iünnk (Schmied) ist auch
das Hauptwort (KOBavit) modificirt.
Bei Tichanov (Bettler aus Brjansk): uiyCtan’B, erklärt
durch 3nnyH r B, dürfte auf Ka^raHt beruhen, falls es nicht eine
Verunstaltung des Wortes ,mepcTairk darstellt.
Anmerkung. Das Verbum myitopHTB ,suchen' bei Scep.
gehört zu dem poln. szukac.
2. Statt der Silbe Su wird si vorgesetzt in folgenden Bei
spielen :
Bei Sreznevskij: niHMHaTa für KOMHaTa (Zimmer).
Bei Tichonravov: m H .1 r o für /i,o.aro (lang), in h ji r r B für
AO.ii’T. (Schuld), uniporo für ßoporo (theuer), iiihiuip r n für
TOBapt (Waare). Bei Golysev findet man ausserdem: ihhühoko,
mHÖ^OKH für äöjoko, höboich (Apfel), nindpo, nmbpHii für
,a,o6po, /1,06 p un (gut), miirpa, murpaTt für arpa, in-paTL (Spiel,
spielen), mit pro Bari., iiinproB.iii für ToproBaTB (handeln),
TOproii.iH (Handel), mnBapHiu, r L für TOBapinn/B (Gefährte),
ru h c T a t b für XBaCTaTB (sich prahlen). In ,Trudy' 1820 (aus
Galic) wird ne iiiHCTaü durch ,He roßopn, He CKaiiLniafd ge
deutet.
Diefenbach führt noch sirst für nepcTi> (Finger) und
sirmanka für iipMamia (Jahrmarkt), äivar für Jionap r B (Koch),
äirgovec für Toproiseii/r. an.
In mapbÖTaTB (paöoTaTB, arbeiten), niHpbÖTHHK'B (pa-
öothhkij, Arbeiter), niHp6ÖTHHH,a (pa6oxHHH,a, Arbeiterin) —
Beispiele aus Garelin bei Diefenbach, auch bei Golysev — ist
neben der Vorgesetzten Silbe si der nächstfolgende Vocal des
Wortes ausgefallen. Golys. hat auch niypoOTiuiK'B.
Die Gebei mspraclien bei den Slaven.
48
3. Die Aenderung des Anlautes kann in der Vertretung
des consonantischen Anlautes bloss durch S bestehen:
Bei Scepuro: nraicy butb (ß^aroAapHTB, d. h. /VinKynaitB,
nach dem poln. dziekowac, danken), ina4CKiii, Hema^eKifl,
nia^eico, ueniaaeKO (für /^eKifl, weit etc.), nia4ÖTO (für
6o.ioto, Sumpf), ma^LOTiicTufi (604.), maimö (,a,aBHO, lange),
HeniäßHO (He/taB.), mapyio (mapyio, schenke), mynaxB (ßyaiaTB,
denken), iipinnyMaTL (upii,a,.), mdpepa (d. h. M04HTBa, Gebet,
aus dem poln. pacierz), daher bei Borzk. 311 taTH maTep'B,
d. h. beten zu Gott, wo maTepi. deutlich für naTepi. steht;
uiäpiio (iianpacuo, vergebens, d. h. ßapoam, /pipno), ind.ienT,
(na^iept, Daumenhnger).
Bei Romanov (zum Th eil dieselben Ausdrücke): ma.aÖTO
(6040T0), maBHÖ (/i,aBHo), in 04 3 l (für ärl;,y3i>, Kupfer),
(mFahbih, kupfern), m a t y p 11 lt h (t04CTBIü, dick, d. h. das weiss
russische MaTÖpHHÖ), ni a 1; e p a, (iisTaKB, Fünfer, also wohl für
naTepufi), my^pHiia (no4THHa, Hälfte).
Bei ltomanov 2 : mänent (KaiieiiB), Stein, daher iuäMeHHHÜ
(kum.), 11164a (no.aa für no4e, Feld), niacT^at (nocTeat, Bett),
myHU (nyHa, Scheune), uiö.ioctb (bo40Ctb, Bezirk), maailpa
(n04HH,is, Polizei), rnycTB (KycT'B, Gesträuch), maKofi (uokoh,
im Sinne von KOMiurra, Zimmer), ma.'iäii,H (no.iaTH, Schlafstelle
in der Stube), moöpnü (AOÖpHÖ, gut), uiapx^THHH (napxyT-
hhh, weissruss. napxyn,itiH, räudig), maiOBana (no40BHHa,
Hälfte), ma^itHHHHKt (n04THHHHK , B, eine Münze, die die Hälfte
des Ganzen bezeichnet, Halbrubel).
Es ist nicht ganz sicher, ob mapi, maipB, mecTB für
6hcB (Dämon) auf diese Weise zu erklären sind. Das Wort
niaa6fic r rpa für Topöa (Ranzen) steht jedenfalls im Zusammen
hang mit Taflcrpa, Kaftcxpa, cech. tanystra, der Tornister, man
denkt an canistrum. Das Wort mypi> (Dieb) für nop'r. (bei
Tichonravov, Golysev) könnte auch zigeunerisch sein, von cor
Dieb.
Bei Poprockij: maBa erklärt durch ctiio (Heu) steht wohl
für TpaBa (Gras), daher auch maBHaa für ckHHaa (richtiger
TpaBuaa).
Bei Borzkovskij: uia^ÖKO, nra.iÖTO, mo40BHHa, Hiy4H-
pia (1104.), und maTepiiHK'B, maTepHBipa (ii04HTBa, Gebet,
cf. poln. paciorek). Auch der Stadtname Brajlov lautet Sajlov!
44
V. Abhandlung: Jagic.
Bei Tichanov: niö.ie (no.ie, Feld), myTEMKa (öyTu.iKa,
Bouteillc).
Bei Studyhski: raaTep (iia'rep'B, d. h. Gebet), iiio.iöto,
ihöctb (rocTt, Gast), eiom (aomb).
Vereinzelt steht bei Tichonravov meJXBaHHTB für XBa-
jhtb, loben, gewissennassen mit Vorgesetzter Silbe se und einer
Umstellung des Verbums XBajiiTB, wobei noch ni hinzutritt.
Eben so vereinzelt ist bei Golysev B'hpno (treu) durch
mBepno, B'bpio durch m Be pro wiedergegeben. Hieher gehört
auch miiopa für /],upa (Loch) aus uopa.
4. Noch viel häutiger ist die Vorsetzung der Silbe hu.
Im Wörterbuch der Kaiserin Katharina liest man K y q a p i,
für Beuept (Abend), eine Kürzung aus ku-vecer, eben so
Ey.iOTO für 30.10T0 (Gold), aus ku-zoloto, Rypeöpo für ce-
peopo (Silber) aus ku-serebro. In den ,Trudy‘ 1820 steht
Ky6a<i>CJi für 6a6a, bei Poprockij ky6oca — also ku ist vorge
setzt. Tichonr. gibt dafür ityöa.
Bei Diefenbach ebenfalls: kucar (für ku-vecer, Abend),
kurebro (für ku-serebro, Silber), neben kuzoloto (Gold)
bei Srezn. Ky.iOTo; kurlovyj (Silberrubel) wird wohl mit pyö-
.leBtifi im Zusammenhang sein; nikuljzja steht für He.iB3a
(unmöglich), kursin für Ky-apiiiHHT. (Elle).
Auch das aus Garelin entnommene kuzlet (für Gilet)
wurde schon von Diefenbach richtig mit dem üblichen franzö
sisch-russischen ffiiueTi in Zusammenhang gebracht. Bei Golysev
ist KvcTpa für ceci’pa (also statt Ky-cecrpa) belegt.
Nicht klar ist mir kuravitt (leben) Tichonr., da an das
serbokr. boraviti wohl nicht zu denken ist. Das Wort küro
für ue.ypo (Eimer) dürfte aus ku-vedro verkürzt sein; Golys.
schreibt wohl richtiger Ky,a,po und für uOiKa (Gefäss) gibt er
KVApa. Eben so hat er kv.ioto (Gold) und abweichend icy-
peaBjio (Silber).
Bei Scepuro: KyBeuepi> (Beuepi., Abend), naKyiepuTB
(BeuepaTB, zu Abend essen); Kype3aM!> (Birkert, zusammen),
wahrscheinlich für ku-razomi, vgl. Eypa3i> für pa:sT> (einmal),
daher: E^paat CTynöpuTB für marayTB (einmal Schritt thun);
EycTpeuHTt (bctp'LtiitI), begegnen) von kyctpe l Ja (BCTpkaa,
Begegnung), Ey^epataTB (ßepacaTB, halten), daher BttKy/taep-
5K n b a t b , 3aKy r pepjKiii!aTB, KygaepiKy.iHTB (cAepjKHBaTB);
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
45
KyB3pAHTi>ca (cepAHTBca, zürnen, d. h. ku-cherditBsja für
ku-serditBsja) vgl. kyhepA3uthn (cepAHTHH, zornig); icyropa
(ropa, Berg), KyAeHB (achb, Tag), KyApeBO (AepeBO, Holz,
Baum), KyApeBaHHH (hölzern), K^cuacTte (cuacTte, Glück,
cyAtöa, Schicksal), daher: KycuacTjhbhh, glücklich, Ky r 3aBTpa
(saB'rpa, morgen), Ky3AopoBufl (3AopoBHH, gesund), Ky3AO-
poBBe (3AopoBBe, Gesundheit), naK^3ApaBHTB (no3ApaB/iflTB,
begrüssen), ky3haembifi (snaKOMUM, d. h. 3HaeMHÜ, bekannt),
KjM'bpHHK'B (äokotb, Ellenbogen, d. h. ku-mernik) ity3aAy,
(n03aAH, hinten), KynpaBAa (npaBAa, Wahrheit), icypana
(paiia, Wunde), K^paHiiifi (paimifi, früh), KynpiaH’B (poACTBeH-
hhkT), Verwandter, d. h. ku-prijan?), EycerOAHa (cerOAHH,
heute), Ky r caaBa (Ruhm), K^caaBHBiii (berühmt), k^'C-iobo
(Wort), KycepeAHua (Mitte), icyu;enepB (xenepB, sitzt), ky-
AepnkTB (TepniiTB, dulden), KypIiHB (t&hb, Schatten), Ky'nb.io
(tEio, Körper), Kypicro (xiicxo, Teig), K^n,kcHHft (ricHEtfi,
eng), KypaatKO (tbjkko, schwer), K^uacTO (uacTO, häufig),
K) r roA3HHa (aacB, Stunde, d. h. ku-godzina), k^scheiu
(hchhü, hell).
Eine Abkürzung der auf die Vorsilbe ku folgenden Be-
standtheile des Grundwortes nimmt man wahr in Kyii30 (für
ateafeo, Eisen), daher auch yKyi>3HTB (oicoBaTB, mit Eisen be
schlagen), KV'I>3HBm (THjKeaHH, schwer, wohl für ate.i r h3HBin,
eisern), Ky'i3HHn,a (cKOBopoAa, Pfanne, für ;Ke.ik3Hiin,a). Vgl.
noch Kve.iie (se.iBe, Grünes), Kyrpä (nrpa, Spiel), daher Ky-
rpäuB, KyrpäiKa (My3HKaHTi>, Spieler; citpmiKa, aiipa, Geige),
KyrpäTB (arpaTB, spielen, CKpiiniTB, geigen). In KypopiiTB
(noöpociiTB, wegwerfen) steckt das polnische Verbum rzucic
(werfen, schmeissen), davon nOKypouBaTB (noKHAaTB, bei Seite
lassen), p a c k y p o u « a t l (pa3pymaTB, zerstören). Nicht richtig
wird KysipHTB als paHHTB (verwunden) gedeutet sein, vielleicht
B'IipuTB (glauben), oder soll man lesen KyBepeAHTB?
Bei Romanov: KyaiTO (Sommer), KycyTKH (24 Stunden),
kya3ehb (AeHB, Tag), KyuacB (Stunde), KyroA3HHa (Stunde),
K5 r -iiOA3ii (Menschen), e vue.ioiihK'B (Mensch), KyiuaBCH'B (ca-
HpJKHHKx, d. h. uiBenoi, Schuster), KjAyöt (Eiche), Kyöepe3a
(Birke), Kyi’paBa (Gras), eyboisoa'b (lSHHOKypcuHLiii aaBOA'B),
K^3aMOKi (Schloss), Kyaiiynniiina (SBynmima, Ohrgehänge),
kvxepeAHi ü (cepeAHifi,mittlerer), K^xepAäHTHH (cepAHrafi, zor-
46
Y. Abhandlung : J a gi c.
nigj, kycothk (Hundert), icv cott. (cotb, Genit. von cto, Hun
dert), KyTBicaua (Tausend), KyucTBepTB (Viertel), Kyn.iamKa
(öyTH.iKa, d. h. n.aaniKa, die Flasche). Auch hier hört man:
KyÖ30 (me.ah30, Eisen), kye3hlih (eisern), Kye3Hnn;a (ckobo-
poga. Bratpfanne). In KyuepäßKa (für uapK.a. Pokal) ist neben
der Vorsilbe ku noch am Ende das Wort etwas erweitei't (durch
die Silbe av).
Bei Romanov 2 : Kyropa (Berg), icyßo.aOTO (Sumpf), icy-
BecHa (Frühling), KygYMT, (wohl eher KvpHirB, für gi.urB,
Rauch), K^BOceuB (oceHB, Herbst), K^ahTO (Sommer), Ky-
Bf.Tep'r, (Wind), Kyrroroga (Wetter), icygeHB (Tag), ity-
paHBHa (yTpo, d. li. paHBHe, früh), KyBeuepn (Abend), nf-
uacn (Stunde), Kj r CBaTO (npa3 1 a,HHK'B, d. h. cbsto, Festtag),
Kyue.iOB’IiKB (Mensch), KygagBKa (Wärter), KyTeTKa (Tante),
ky3an,b (shtb, Schwiegersohn), kybo.xoce (Haar), KyGopoga
(Bart), Kynaeuo (Schulter), KyBap3yTH (aanTH, nocToaH, eine
Art Schuhe, vgl. im Gouv. Archangelsk: Bep3nii), KyBepcTa,
kymhpHhu,a (auch BepcTa, von Ky-aikpHHpa), Kycyiiiio (Tuch),
Ky3aM0KT> (Schloss), KynipKa (ueTBepuKB), HHKj r pa3y (Hnpa3y),
KyTpaBa (Gras), KygyßE (Eiche), Ky ma.aygB (mo.aygB. Eichel).
Mit kleinen Kürzungen im Anlaute des Wortes: KVBhcTa (statt
KY-HCBliCTa, Braut), KyrairB, ityraiiKa (für Ky-pHraHB, Zigeuner,
KypHrauKa, Zigeunerin), KyraiieiiOKB (pLiraiienoKB, ein junger
Zigeuner), KyrpäuB (jnmjKanTB, Spieler), KyrpäuKa (cKpiuiKa,
Geige), KyrpauHna (xpyßa. Trompete, offenbar von *Kyurpa-
HHga gebildet), Kygpö nebst Kynegpo (Begpo, Eimer). Ebenso
folgende Adjectiva: K^BHCOKifl (hoch), Ky r.XLißOKifi (tief), Ky-
BOCTpHfi (scharf), Kj r gpeHHHfi (gpaHHOÜ, schlecht), KyscHgitift
(flüssig, dünn), Kj r sie.iKin (klein), K}'pa3ysihhh (verständig),
Kycepegiiift (mittlere), KypamKit (TaatKin, schwer), KyuepHHH
(schwarz), k y 3 e .1 e n u fr (grün), k v m o b t ij fl (gelb), k y gepeBSH-
hbih (hölzern), kybece.1 lifi (munter), Ky.aexico (leicht), K.y-
aexue (leichter), KypeopaHBifi (cepeßpaHHÖ, silbern); KyceiiBiia
(cerogHH, heute), Ky3aBTpa (moi-gen). Mit Negation voraus: hs-
KynocTp j.in (Tynoö, stumpf, d. h. He-Ky-BOCTpHfi, nicht scharf).
Vgl. das Verbum KypA3eMHpB (aus Ky-popöiiHTB, für popHTB, ge
bären); ähnliche Bildungen kommen weiter unten zur Sprache.
Bei Borzkovskij neben KyBeuepab, K^peHB, Ky3aBTpa
auch solche: Kypra (Spiel) und aypraTH (spielen, statt Kyrpa,
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
47
KyrpaTBT, von Ky und rpa, rpaTii't, daher auch KypäniHLiicn (für
Ky-rpaniHHKT), MY3HKaHT , B, Spieler). Ehen so ist umgestellt Ky-
adpßa für Baepa (gestern) und etwas modificirt im Anlaute
ityBecriaue für xpecTiunre (Christen, Bauern), ky^ohhtu für
3bohhtb (läuten), daher bei Nikolajöik: KyAÖMHHKB oder Ky-
AOBHHKB für ko.ioko.1X> (Glocke). Vgl. noch hei diesem letz
teren: KyraHB für n,i,iraHT> (Zigeuner), kvb e3HO (aus Ky-
JKe.rli3Ho) für täjkc.io (schwer wie Eisen).
Bei Golysev: nyApo (BeApo), KyuapB (ßeaepn), davon
KY^epaTB (yaiHHaTB), KypcTa (BepcTa), KyaeTBepTB, KyaoTO
(30j10to), Ky<i'THpm,HK'B (aoktopb), die Silbe Ky ersetzt das p,o,
daher auch Ky<6TnpnTB (jeuHTt), Kya>TLipa (.leicapcTBO); icy-
pe.iLuo (sic, statt Kypeöpo? für cepeöpo). Vielleicht gehört auch
CKyApOBMTBCs •— CKyApomycB für öostbcs hieher, wenn es
aus ,CTpamiiTBca‘ mit eingeschaltetem hu hervorgegangen.
Bei Tichanov: HaKynpäßO für HanpaBO (rechts).
Bei Studynski neben Ky6iH3BEO (nahe), KyBenep(Abend),
auch noch KyaoiiaTa (Schaufel), KyBi30 (jEe-ifeo, Eisen), Ky-
AHhb (AeHB, Tag), KyAÖH. (sbohb, Glocke), daher kyaöhhth
(läuten), Ky3axpa (3aBTpa, morgen); ausserdem noch wie bei
Borzkovskij: Kypra (.mpa, Leier, Geige), icypraTn (urpaiB,
spielen), KypaBiHHK (MysuKanTB. Spieler) und Kyaepua (isuepa.
gestern.
Die Ausdrücke KysiäTB, kyh äTOKB, Ky ji dTOUOKB (für
kycokTi, Stück, bei Borzkovskij und Studynski) werden schwer
lich von nraaT, mMaTOK, iuuaToaoK (Stück Gewebe) abgeleitet
sein, wie Studynski annimmt, sondern eher auf dem griechi
schen •/.op.p.äTt, woher auch das serbokroat. komad stammt, be
ruhen.
Bei Tichanov findet man xaaifipB für uipB, HapOAB (Volk),
also mit Vorgesetztem cha? vereinzelt.
5. Nicht so häufig wird der consonantische Anlaut des
Wortes durch einen Austausch mit dem Consonanten k maskirt
und modificirt.
Bei Scepuro: Kapan6TB (ctija'B, Scham, Schande), Ka-
pajiÖTHO (cthaho, schändlich), kapamötiitbca (cthahtbch,
sich schämen), beruhen auf coposiB, COpOMOTHO u. s. w.
In k y p ii y t b e si für BepnyTBca (zurückkehren) ist eher an
Ky-BepHYTLCit zu denken. Auffallend ist Ka.rhnuLiu für c.rinoü,
48
Y. Abhandlung: Jagiö.
blind und OKa.i'hnHyTB (oc.a'hnHyTB, erblinden), Scep., auch Rom. 2
hat Ka-aiiiB (c-Gsub, blind), Ka.rhiiKa oder Ka./nni lipa (c^huaa,
die blinde, d. h. cxinnpa) und Borzk. Ka.iHnHHH (mit h für i).
Statt Ka hätte man hä, d. h. die Negation He erwartet, Haafat-
HHH würde dann ,nicht sehend* bedeuten, vom griech. ou ßXejnuv
(davon später). Vielleicht ist in der That n des Anlautes durch
k ersetzt. Bei Tichanov lautet dasselbe Wort öesy.i'hnmi (also
6e3B und yainafl, ohne Sehen), Rom. liefert geradezu das er
wartete Hayahnaa (cahneifB, der BHnde).
Bei Diefenbach steht kurja für 6ypa (Nord-Wind), ke-
trus und bei Tichonr. iceTpsKB (Stein) für *neTpaKB (aus
dem Griechischen). Schon bei Pallas liest man ueTpycB (Nr. 121),
bei Studyh. Kexpaic (aber Scep. hat mrapyct).
Bei Romanov: KyjKB für myikb, Mann, daher femin. ity-
acoBKa (das Weib); Romanov 2 : Kyry iib für nyryHB (Gusseisen),
und 6aTy3B wechselt mit KaT^3B (Rom. und Rom. 2 ) in der
Bedeutung Soldat und wenn KyjBMaHB Rom. für öyaKa (Sem
mel) erwähnt wird, so ist vielleicht auch hier k für b ein
getreten.
Auch KpBycäpb für pßaTB (reissen) Rom. zeigt ein vor
gesetztes k, wenn die Aufzeichnung richtig ist.
Bei Borzkovskij liest man icarpaTH (xopoiraiB, aufbe
wahren, begraben), noitaTpaTH (noxopoHHTb), citaTpaTHCb
(cnpai’aTBca, sich verbergen); auch hier scheint k für p zu
stehen, wenn das poln. Verbum patrzac (schauen) zu Grunde
liegt. Vgl. im ,3,ono.in. kb o6.a. mob. das Verbum, naTpaTB:
^opoJKHTB (^hoch schätzen), naxpaTBca: AO^ro bo3htbch 3a ita-
khmb 4h6o a^-iomb (sich mit etwas abgeben). Uebrigens Scepuro
schreibt iioxaTpaTB, noxarpänie (für norpeöaTB, norpeöeme),
exaTpaTB (coxpäHHTB, bewahren). Darnach würde man eher
an das Verbum xoBaTB, HOXOBaTB (poln. chowac, pochowac, auf
bewahren) denken müssen.
Einfaches k ist vorgesetzt in ichmPtb- kimetB (Srezn.
Diefenb. Beitr. 4. 338) für hmPtb (haben).
6. Anderer, wenn auch im Princip nicht verschiedener
Entstellungsmittel bedienen sich folgende Beispiele:
In dem Verbum KyprÖHHijB (statt rnaiB, iohhtb, treiben)
Rom. 2 , AOityproHmH (AoriiaiB, durch Nachjagen erreichen)
Borzk., BHKyprÖHBBaTB Scep. (blii’Ohbtb, pohatb, wegtreiben)
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
49
ist statt ku die Silbe kur vorgesetzt. Studynski gibt dagegen
die Formen: kotöhhth, 3aKOrÖHHTH, BHKÖroHHTH. Kur be
gegnet noeb bei Golysev in ic y p jk e u b für caateHB (Klafter),
vielleicht durch icypcTa für BepCTa hervorgerufen.
Die Anlautgruppe Skr begegnet in iincpeA'B für A'lVU>
(Grossvater) bei Scepuro und in iiikpea3b jia für B r Ii/V> Ma (Hexe,
Zauberin), niKpeA3BMaKi> für BhALMaiti. (Zauberer) bei Roma-
nov. Die ganze Silbe skran steht im Anlaut: CKpaiiAS'k, hh-
CKpaHA3 r h für taF (wo), uurAb (nirgends) bei Romanov.
Statt l findet man kl im Anlaute bei K^iioacHTB für kiuctb,
Prasol., ic.3K)5Klith (liegen) Borzk., falls man es mit .iojkhtb
identificiren darf, wogegen allerdings der Vocalwechsel spricht.
Vgl. iioiwioffiHTticB (.leiKaTL, liegen, d. h. ^ojkhtbch), und no-
K^ioacuiiiita (nocTe^L, Bett) ib.; bei Rom. K.aiojKän,B (^eataTL,
liegen), und Rom. 2 k.iiojk4tb, K^iOffiUTga, bei Scep. ic.ük)jkhtb,
UOAKAIOJKHBaTL (nOAMaAHBaTt), aTIt.lK)}KHBaTB (OTK.iaAHBaTB)
und CK/iKUKHBaTB (naA'hBaTB?), bei Tichan. K.noatäTB, bei Stud.
KjiioJKHTH, K.'iiOJKHimu und nOKJioJKKa. Unzweifelhaft ist hier
der Anlaut kl durch den Syncretismus der Verba ?wacTB und
J03KHTB zu erklären.
Denkt man sich 6epe3a (Birke) durch Umstellung paöesa
und vorn ein k angesetzt, das unter dem Einfluss der tönen
den Silbe rja zu g werden konnte, so bekommt man die bei
Rom. 2 belegte Form rpa6 e 3ka.
Ein sk begegnet im Anlaut in C K e A a für 6i>A a (Noth,
Elend) bei Pallas und auch bei Golysev (cid>A a geschrieben);
in cickaiio für A r b^üO bei Golyk (doch gibt er mhoi’O, viel,
als Bedeutung an); ferner in ,Trudy‘ 1S20: citypa, CKypaii'B
für Aypa, AYPBKB (Dummkopf) und in CKeAO für xyAO (schlecht);
in CKeCB für öhcb bei Golysev; in skryzy neben gryzy (für
ijyuw Zähne) bei Diefenb. Golys. schreibt CKp hieb und cicpn-
atHKH für rpHSHKH (Zähne).
Ganze Silbe sku findet man bei Romanov 2 : CKyaio6;ln,B
für .iiooiiTL, lieben, daher auch mit der Kürzung des Wurzcl-
vocals cicyaBbäiiHTB (liebkosen) Scep. und CKy^BÖhuHiifl für
aioÖeSHHH (lieb) ib. Doch bei Borzkovskij ohne s: k y a B 6 4 T H
(aioÖHTB, lieben), wozu vielleicht auch KoaBÖa (statt icyaBÖa), ein
leichtsinniges Frauenzimmer, ib. gehört. Deutlich ist die Vor
silbe sku in cicyApo für B r hAP 0 (in ,Trudy* 1820 aus Bjezeck),
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 5. Abli. 4
50
V. Abhandlung: Jagic.
in ckVMOiKiio, iteckymojeiio (für mokho möglich, HemoatHO un
möglich) Scep. und auch ckymhth Borzk. für yirhTB, kennen
(Nikol, ckymati)) gehört hieher. Vgl. bei Golysev HecKy.11.3a
für He.iB3a. So ist auch ck yr6hh bau,b Rom. 3 für rv.inTB, spa
zieren, zu erklären. Vgl. auch ckob^hh'b für o^t'uri, (ein) Nikol.,
wofür in ,Trudy £ 1820 cko.iähht., cko.i^iui (o,t,hht,. o^Ha) steht
(aus Bjezeck).
Die Consonantengruppe skv (oder auch sm) steht im Anlaut
statt r in CKBoaia (caiOffia) Sreznevskij, Diefenbach, Golysev für
poata (das Gesicht), CKBoaca ist belegt bereits bei Pallas s. v.
.mpo. Vgl. auch cmuhho als Hexopomo gedeutet in ,Trudy‘ 1820
(aus Galic), wahrscheinlich statt CTpamio. Ski vertritt d in CK.ie-
nieBO Srezn. Dief. Golys. für ^eiueBO (wohlfeil).
Man kann mehrere Beispiele mit anlautendem Sc consta-
tiren: Sc statt r sieht man in scadnja Srezn. Diefenb. für
poßHfl (Verwandte), und in in,aba für TpaBa (Gras) Pallas und
auch bei Golysev. Bei Prasolen steht dafür maBa (für TpaBa),
aber in der Bedeutung cl.no Heu, daher auch ui a b u a a für
ciiHFiaH. In den ,Trudy £ vom Jahre 1820 wird aus Galic ipai! i.ira
in der Bedeutung ckHO (Heu) angeführt. Golysev erwähnt
neben ma^ini für po r i,HH auch noch ma,i,HOfi für po^Hon; er
gibt auch y maitsiT i.ca für y^aBUTi.cit (ersticken). In ,Trudy £
1820 (aus Galic) steht ipoTica für BO^iia. Chv für p findet man
in XBH.1ÜTH Rom. für HO.iaTH (Bettgestell), auffallend ist der
erste Vocal, man würde XBa.ia'ra erwarten. Uebrigens h kann
auch von ungefähr den reducirten Laut vor der betonten Silbe
ausdrücken.
Die Lautgruppe Sm oder cm, auch sm, ersetzt einen ein
fachen consonantischen Anlaut in solchen Fällen: HMypäK'B
(oder maiypäET.) für ^ypain. (Tölpel) Roman., umyp 11 i.i 11 für
/typHLifl (Mynuft, dumm) ib., in m siypf,ur, für r.iytrk'ri. (eigentl.
AyphTB, einfältig, tölpelhaft sein) Rom. 2 , in in m yp akh (für 6y-
paiiH, gesäuerte Beten) Rom. und in cuopiti/B für 6opm,T> (Beten,
Ampfer) bei Nikolajcik. Golys. hat CBJiypy für ci./i,ypy (aus
Dummheit) und in ,Trudy £ 1820, S. 137 (aus Kostroma) ist
überliefert caiypB für ^ypaKB, ,Trudy £ 1828: cmypaki. (.yypaK'B,
r.iyneu,T>).
Die Lautgruppe Sn oder sn für den einfachen Anlaut be
gegnet in HlHHpa für ßiipa bei Pallas (Loch, Spalte, Srezn.
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
51
Dief. schreiben niHtipä dafür), in c h e 6 p 1.1 ü für ^oupwii (gut)
Roman., in bchoithth für BTonimi (eintauchen) bei Studynski,
vielleicht in yCHÖßiCH Rom. 2 (Epr.i.iLpo, Gang, Treppengang)
für yxo^,KH (?), denn choai'itl oder CHa/i,3ixn;i, steht für xo^HTt
(gelten) bei Rom. 3 Vgl. HaciiÖAH&ih ('-iyHiecTpaiieirr») Rom. 2 offen
bar für naxoacifi statt npiixoaim (Hame/pnin co ci’opoHH, ein Frem
der, ein Angekommener, Dalj). Man vergleiche ausserdem
c II e h 'h für OH'B (ex 1 ), c n /[ K i ii für mifi (qualis), c Hfl Kl für Tatet
(talis), ciiavt, für Tanns, (ibi), e 11 a n ep i. für Txnrepi> (xeuepi.,
jetzt) bei Rom. Wahrscheinlich ist auch chöhho oder chouhö
für Teu.io (warm) so zu ei'klären (Rom. u. Rom. 2 ), bei Scep.
cnanHÖ, chöhhhh, cnauneHä (TemioTa); Stud. bedeutet CHÖnica
Frühling; allerdings müsste die sonstige Uebereinstimmung
cHe it.16 etc. ei-geben, doch kommen solche Abweichungen vor.
Vgl. CHÖnKa (coflnpe, Sonne) Rom. 2
Vereinzelt ist iidpanx, für öpara (Brader), Pallas, Rom.,
daher 3ÖpaHÖBEa (cecTpa, Schwester); bei Prasolen 3ÖpaHHra
für öpaTt, in ,Trudy‘ 1820 (aus Galic) steht dafür 3Öapan,-i,i,ira
(pOßHOH dpaTT,, leiblicher. Bruder). ,Trudy‘ 1828 schreiben
SÖpaHKO. Eben so vereinzelt ist uapirrt für irhpim, messen, und
narnik (Elle) für ukpuiiKB, auch HapKa für artpKa (Mass)
Diefenb. Golys., oder mjelo (mEio) für Thflo (Körper) Srezn.
Wenn Kome-ieiex, (Geldbeutel) bei Golys. MOine.ieKT, heisst, so
wird dabei das andere Wort monraa oder MOniHfl mit im Spiele sein.
Slj für zn steht bei Srezn. Dief. und bei Golysev in m.is-
KOjihh statt 3HäK0MHH, bekannt, und im Verbum sljakomitLsja
für 3HaKOMHTBCH, sich bekannt machen. Nicht ganz sicher ist
es, ob c.'iCM3axii für cicasaTB, sagen, in ähnlicher Weise zu er
klären ist (Srezn. Golys.). Man vgl. .levesent die Spi'ache,
Rom. St steht im Anlaut im Worte cthö.ihko für ao.iOKO Apfel
(dialect. auch no.iRKo) Tichanov, und die ganze Silbe stro
scheint voi’gesetzt zu sein in c x p o u fr .1 a (für no.ie Feld, klein-
russ. ausgesprochen iii.u..ia) Borzk. Stud. gibt dafür die Fonn
OTponf.ii,. Dagegen hat Rom. und Scep. Tpnno.ia, vgl. Tpn-
no.it Rom. 2 (auch npnnö.iT>) für iro.ix, (Boden).
Wenn Rom. 2 bhhhxt, für ikciiiixt, steht, so mag dabei
der Anlaut der Wörter luinii'i npa, iiHiiii , ienr,ini für nhimaxL,
irfsnaaiiie, u. s. w. mit im Spiele sein. Stud. schreibt ii h ii k in
der Bedeutung Hochzeit, wofür Borzk. flHiira ansetzt, ib.
4*
52
Y. Abhandlung: Jagic.
JiHMHHa (Werbung), hhhhi.tti.tci. (werben). Uebrigens in ko-
bhcto für t'Iscto (Teig) Borzk. scheint neben der Vorgesetzten
Silbe ko auch noch t durch v ersetzt zu sein. Wenn das Wort
cbhst. für paut aus diesem hervorgegangen Rom., so muss sv
das anlautende r ersetzen. Vgl. HHCBfl3y (impa:iy) ib. Aehnlich
verhält es sich mit c b n c .1 o für uac.io Nikol., wofür Stud. n e c .1 o
verzeichnet.
Die Silbe be wird hauptsächlich bei Pronominalelementen
und davon gebildeten Adverbien gern vorgesetzt, so Rom. 2 :
6cöiri>. öeiiHa, 6caiio, öeaHH (für oht>, ona, oho, ohh, er, sie,
es), 66aro, 66ae (für uro, d. h. ero, se, d. h. ee), öecift, 6e-
cia (für ein, eia dieser), 66xto, öemTO (für kto, hto wer,
was), ßeiiKifl, öeaitT., öÖTKifi (TaKofi talis), 66kotophh (qui),
öcko.iii (quando), ö^Kypn (quo), OTÖeityHB (otko.il unde),
öeTaMi, öeTyTB, öeTaici, OT6ecio.ii.. Vgl. bei Tichanov:
6e3,a,hcL für 3,a,hcL. Nach den Aufzeichnungen Borzkovskij’s
lautet die Vorsatzsilbe nicht be sondern bi, also: öhbhh'L (oht>),
öaeny (eny), 6hhh, 6hth, 6htb1ü (tboh), öspeii (cefi), öhbjkc
(Bäte, yate), 6hhiö öiiTani (tto tumt.). Auch bei Scepuro ist
6h neben 6h verzeichnet: öiero, 61eKift (d. h. Hitiö), öhionT.
(ceft, 9T0IT>), ÖhKyHBKO (CKOHLKO), ÖhTEKT., öhTaicace, 6h-
Ty.iLico, öhTypa, aTÖhTyjL. Bei Stud. ist 6iK^pe.iL für
Polizeimann belegt, hier sind p und k ausgetauscht, bi vor
gesetzt und noch eine Silbenmetathese hat stattgefunden.
Ein Lu scheint vorgesetzt zu sein in 6yTHpa für HCTi.ipe
(also statt öy-ueTHpe) vier, in öyrneHL für mecTL (sechs) Rom.,
vgl. öyTiäpHXT. (vier), oyitiueiri. (sechs) Nikolajc.
Ganz vereinzelt stehen die Fälle, wo keine Consonanten-
verwechselung und kein Zusatz, wohl aber .eine Entfernung
des consonantischen Anlauts vorgenommen wurde. Zu solchen
Beispielen gehört e6o (Himmel) für nebo und me.1 fi (Erde)
für zemlja bei Srezn. Dief. Beitr. IV. 332, oder auiöxa für
Kama (Grütze) bei Nikolajcik. In gewisser Beziehung gehört
hieher auch ioriurf., ioräin:a statt puramt, paraHKa Rom., wenn
die Aufzeichnung richtig ist; eben so iory ht. für Tvryira. Rom.,
und wahrscheinlich iotho für cyKiio (Tuch). Wenn richtig auf
gezeichnet, so hat das bei Studynski angeführte lernen plur.
H e tu h n (gegenüber KiemM plur. Klemm) in der Bedeutung
,Krebs' (statt ,Krebsscheeren‘) das anlautende k verloren, eben
Die Geheimsprachcn bei den Slaven.
53
so ib. (waschen) siatt namreHTH. In ,Trudy‘ 1820
(S. 137,aus Kostroma) findet man aB-ieKi. für ae-a-OBhHt.
6. Bei Pallas lesen wir einen Fall des eingeschalteten be:
S/yhöecL für :iA'ici) hier, so auch bei Srezn. Dief. und auch bei
Scep. a36hicy.li> steht eigentlich für oticj^ib (oTicy/fa unde), vgl.
die oben (S. 52) angeführten Beispiele. Bei Tichanov ist die Ein
schaltung von $e nebst der Silbenumstellung in HameBO-ihTO
für ua.-ihBO links, zu beobachten, wo ausserdem hinten noch to
hinzugefügt ist.
Auch für CTO (hundert) findet man durch Einschaltung der
Silbe vo die Form caBÖTHa (statt cothb), auch caBÖCTKa
Roman. 2 , daher caBÖCTO Tichanov für CTO. Vgl. auch ica.iy-
BepHHH füruepHHH (schwarz), entstanden unter dem Einfluss
des zigeun. kalo (schwarz). Eben so ist kobh3hhkt>, KOBH3Hr>in,a
Borzk. (statt KySHeiyt, KV3HHH,a) gebildet unter dem Einfluss
von KOBaTB, Kona.iB. Weniger klar ist p yraisKa für pyica (Hand)
Borzk., vielleicht erst abstrahirt von pyTäiiinnui ib. für py-
KaBHga.
Es kommen aber auch andere Einschaltungen vor. Wenn
koctb (Knochen) oder nach weissrussischer Aussprache Kocpr.
bei Romanov 2 KOÖMy,a,3ecii;L lautet, so ist hier deutlich genug
die ganze Lautgruppe HMy,a,3e eingeschaltet. In der That wird
das durch folgende Parallelen bestätigt: BepeBica (Strick) lautet
bei Rom. 3 B fl p e ü M y/],3ep ka (wahrscheinlich nur verschrieben
statt BapefiMyA3eBKa), nouTa (Post) lautet nofiMH/teiTa ib.,
Ky3HJi (Schmiede, statt Ky3Hiiu,a): ky ihiyysesiur und cyiryvKT,
(Kiste, Koffer) wird zu cyiiM yir/],yKT> (offenbar gekürzt statt
cyiiMyA3iOH/i,yK r B). So sind zu erklären: K.ieihty/yseiuii für
Mem,H (Zange), Tpyfi5iy,a,3i66Ka für Tpyöaa (Pfeife), afiMOA-
3äm,epKa für aipepica (Eidechse), D,BhäMy,a,eTB für gBira
(Blume), .lifoiyAHCTT. für .ihctt. (Blatt), öofiMyASepica für
oöopa, eig. (o)6opita (Schuhschnüre), TOftMy^,3eycTEiii für toj-
cthh (dick), rpofiMH/T,3eMKiü für rpoMitifi (laut, lärmend), n,ift-
My^3Hxifi für THxifi, paxiu (still), .lafiMOASacKOBHä für .ia-
ckobhh (leutselig)’, KpaÜMy,a,3aciiJjf[ für KpacHMii (schön, roth),
6yfijiyA3i6pHii für 6ypHH (braun), cypr>vy.y j ,e3HT,n"i für cepi.e-
3hhh (eig. cypte3HHfi ernst), n'Mniy,a,3emK0MT> für irhinKOHT>
(zu Fuss) und 3afiM0A3i'nKe (richtiger wohl HifiMy/ynbite) für
HHace (niedriger). Alle diese Beispiele sind bei Romanov 2 be-
54
V. Abhandlung: Jngic.
legt. Das Mittel scheint individuell zu 'sein, da ich in den
übrigen Aufzeichnungen keine Belege finde; das Bildungsprincip
seihst erinnert an die auf S. 6 besprochenen Fälle der ,OTBep-
Hinpcaa rOBopica 1 .
Die Silbe li scheint eingeschaltet zu sein in xbh.ihctt>
Rom. 2 für xhoctj:. Schweif, kleinruss. ausgesprochen xiticTB;
doch auch ruaTOK't (ein Gewebe, ein Tüchlein) lautet bei Rom. 2
XBH.iilcTa, XBH.ificTKa, xbhyiiocTKa, weiter gebildet aus xycra,
xycraa? Scep. hat xBH^röcTKa (n.iaTOKi)).
In H03B0Ü, H03Baa für hobhh, HOBaa Golys., könnte man
von einem eingeschalteten z sprechen.
Zu inneren Einschaltungen muss auch die nasale Ver
stärkung der Wurzelsilbe gerechnet werden, wenigstens bei
einigen Beispielen ist die Anwendung dieses Mittels unzweifel
haft. So wird na^aTL (fallen) auf diese Weise zu naHAHUHTt
Scepuro, vgl. ibid. iranair r .i,i,i i iHTi,, nponuh^huhtl, ynau^ü-
uhtb, bei Borzk. naH^HKaTH, bei Stud. naHA'iuHTH. Ob auch
pandüra (Busen) Diefenb. hieher gehört? Ein anderes Bei
spiel dieser Art ist bei den Verben Be^y und boahtl (führen)
ersichtlich: vandatB, vandyritb bei Diefenbach, Ban^aTB PrasoL,
BaHA3epuTi>, aTBau/i,36pHTb, BtiBaH/tsöpBaTB, iiepeBeH-
A36pBaTB, lipHBanAsepiiTL, pa3BeHAatepHTB ist bei Scepuro
belegt, BOHASepapb bei Romanov, BOH^Bepiipb und naH/i,3efi
(uoBO/papt Führer der Blinden) bei Romanov 2 , BaHA3Öpi.iTi.i,
btjbah/i,3ophtij, uoBair/T,3opHUKi» (iiOBO/ij.ipt) bei Borzkovskij,
BaHA,3HpHTb bei Nikolajeik. Hieher gehört auch pasBaHin.HK'B
Srezn. für Hausirer, wohl für pa3B0iii,HK r i, (Srezn. schreibt aller
dings pasHOCBiiKTj). Ein drittes Verbum, bei welchem diese Er
scheinung sich zeigt, ist xoahtb (gehen): bei Scepuro liest man
dafür xaiiAHteBäTt, nepexaHAJKOBBaTt, bei Romanov xon-
AaceBapL, bei Borzkovskij x an/ipKy Bartl, bei Studynski: xaii-
A5KOAUTH, xaiiAupHTB. Daher bei Diefenb. chandyra Wan
derer. Die Hinweisung auf das im Polnischen aus dem Deutschen
entlehnte wedrowad scheint nach dem hier gezeigten Zusammen
hang überflüssig. Ob nicht auch ceiiTHTB (coitum habere cum
femina) bei Tichanov als slavisch von ckhhthca abzuleiten
ist? Hier wäre dann n gewissermassen etymologisch berechtigt.
Das Verbum njeHUHTtca für KynaTbca baden (Romanov 2 )
gehört nicht hieher, da nicht nur uahhuhtb Scep. (mhtb
Die Geheim sprachen hei den Slaven.
55
waschen), u.ihhihth Borzk. ick, sondern auch HJieHHUB, n.ae-
HHma (mhtbcji) Rom. 2 , n.1 enhtb Nikolajc. (waschen), daher
(weiss) ib., mhhbiö Borzk. daneben belegt werden
kann, woraus sich der griechische Ursprung des Verbums ickü-
vo|j.at ergibt. Vgl. plenannica (Samstag) als Wasch- oder Reini-
gungstag (Diefenbach).
Dagegen könnte man fragen, ob khh^.hK'B für rO/pncB
(Jahr) nicht durch Nasalverstärkung nebst Vocalassimilation
entstanden ist? Vgl. Scep. KBU,a,3HK r B, Rom. 2 KeHA3HKT> oder
KHHA3HKT.. Doch auch kindra (die Hitze), kindrikov (der
Sommer) müssen bei dieser Wortgruppe beachtet werden, zumal
schon Pallas für rO/T.’B die Form khiiaphkt. überliefert hat.
Eine Art Nasalirung findet man auch in den Adverbien
Hausse oder KaH^i (icyAa) Scepur., Rom. 2 (wohl richtiger
wo, als icy,/i,a wohin)* icöhto für kto wer, Borzk., hhköhth für
hhkto niemand, Scepur., daher kohthmt. (uPm^) und tohtyh'h
.(tumb).
Eine Einschaltung des r sieht man in yp'B'fspA'b für yi53AT>
bei Golysev, gebildet nach yipAÄTB für yixaTB ib. In He-
ckobaho für iierOAiio Golys. ist vielleicht das Wort ckJlIaho
nebst toaho im Spiel.
7. Häufig bleibt der Anlaut des Wortes unangetastet, da
für aber werden die suffixalen Theile oder Stammbildungs
elemente des Wortes verschiedenartig erweitert. Dieses Mittels
bedienen sich die Geheimsprachen namentlich bei den Acljec-
tiven und Verben, bei den Substantiven nur insofern sie damit
Zusammenhängen.
a) Viele Adjectiva endigen auf -hmhhh (bei BorHiovskij
auf -HBHHÜ).
Pallas’ Wörterbuch gibt schon KpacHMHO (schön).
Sreznevskij-Diefenbach: krasimnyj (iipacHMHBifi, rotli).
Scepuro: bhhhmho (vielleicht bhahmho, für bhaho sicht
lich), raBÜMiiBifi (ronijii nackt), iiecajaAKHMHHH (ropBirifi
bitter, d. li. Heco.iOAKÜi nicht süss), Taycthmhhh (rpyÖHH dick,
grob, d. h. to.icthh), Aayi’HMHHH (amhhhhh lang, d. h. AO.irift),
AaparHMHHÜ (Aoporon theuer), jkhbhmhhh (jkhboh lebendig),
daher ojkhbhmhhtb (oatHBaTB aufleben), kapatkiimhhfl (ko-
pOTKift kurz), KpacHMHHH (itpacHHH roth, schön), daher itpa-
CHMKa Blut Pallas, Srezn. Dief. icpacHMa, Borzk. KpacHHKa;
56
V. Abhandlung: Jagic.
jerKÖJiHHH (jencifl leicht), MsrKbhhhh (Mancifi weich),
acTphMHHH (ocTpHä scharf), paisin'niiiuii (poBHuii gerade),
daher 3paBimaiHHTB (cpaBHHTB ebnen, ausgleichen), ph^ici'iji n tjh
(ph^Kii selten), adv. p r h/],KhMHO, ropuHima (von ropBidfl bitter,
als Subst, sc. ph^iiim Rettig) und davon ropai'nihhk'B für xpiim,
(Kren); caa^KHMHHH (caap,idfi süss), daher caaa^KÖMHHKB für
Honig (jie/yB), caja/tKHMHHii,a für Mohrrüben, TBepy3HHHHM
(wohl richtiger TBep,a,3HMHHH, für TBep/i,HH hart), tohkhmhhh
(tohküi dünn), paüHMHHix (pKinfi, ganz), bei Tichanov pa^iii-
mh, in der Bedeutung pyuaB, d. h. h'Lucobbi0 (ein ganzer Rubel),
uapHHMHHH (uepiimi schwarz), daher uapHHMHHTB (uepnuTB
schwärzen), hihpokhmhhh (miipoKih breit).
Romanov: khcjmhhh (khcübth sauer), nihpuiimhhfi
(iimpOKin breit), capHMHHÖ (ciprafi grau), pijjkhmhbiii (puatifi
röthlich), CHBHMHHn (chbeih grau), Kpy^aHMHHH (Kpyr.iBi0
rund).
Romanov 2 : bhcokhmhhü (bhcoiuh hoch), hhckomhhh
(statt des erwarteten hhckhmhhh, weil schon in der Vordersilbe
der Vocal i steht, für HH3Kift niedrig) n,tiiKa.iHMHHt (TaaceaHH
schwer), aarKHMHufi leicht, tohbkhmhhii dünn, rycthmhhii
dicht, apoCHMHHH (für nphCHHH frisch, roh, richtiger wohl
npacHMHHii, mit Aussprache des nph als npa), co.1 ofl,kiimiii,ifi
süss, KHC.lÖMHHH sauer (statt KHcaHMHBm aus vorerwähntem
Grunde), ropKHMHHH bitter, CKyiiHMHHÜ geizig, XHTpoaiHHÜ
(schlau, statt XHTptiMHHÖ aus demselben Grunde), mäKU0mhii0
weich, TBepA3HMHHÖ hart, u ap ctbhmhhh zäh, aapHHMHHH
schwarz, chhhmhhh (cHHifi blau, raa^KHMEHH (für aüipHt.ifi
glatt, eig. feist).
Borzkovskij: öochbiiuh (oocoü blossftissig), hobhbhuu
(hobijü neu), ayaiHBHufi (ayatofi fremd).
Studynski: öochbhhh, HOBiiinft (richtiger HOBißHiin?),
coaV/i,Ke.MHe für Zucker, piaiTHHfi (ganz).
Nach dieser Bildung steht racTHMHiiKa. für toctb (Gast)
bei Scep. und raaeMHTHHKi. für nacxa (grosser Festtag, Ostern),
von raaeMHTHHÖ aus roaeMufi = gross. Das Wort okchmhhic'b
Scep. für ahCHHK'B (Waldhüter, Förster) gehört nur dann hieher,
wenn man nach Pallas BOitca (./rhc r B Wald), zu Grunde legt,
doch hat Scep. dafür ökchmb.
b) Manche Verba endigen auf-mutb, omhtb oder -mohhtb:
Die Geheimspraclien "bei den Slaven.
57
Diefenbach: njuchömatB (moxaxB beriechen), sedmatB,
-CHA'kfk (sitzen), davon ce^MH JBHdua der Lehnstuhl und spyt-
matB (fragen, von nijxaxB).
Bei Golysev no/i,i!0/VMaTB (für hoaboahxb) bedeutet no^a-
butb, daher Imperat. no ab aam h ba fi (rrO/T,anaii) Zuruf an den
Heranfahrenden, einfaches bo^mutb ist boahtb, sowie B03MaxBca
B03HXBCB, AepiiaXBCH ApaTBCS, H3^epMaTB H30pBaTB, paa^ep-
naxB, pa3AepMaTBca (falsch mit k geschrieben) für pa3opßaTB,
pa30ApaTBca.
Scepuro: .wkommtb (.xMiitb heilen), Han,eriiOHBBaTB
(HaTariiBaTB aufspannen, dehnen, also von xamroniixB), aöap-
mohhtb (für o6op bat r. abbrechen), irokatdmh n; b (iiOBaauTB
wälzen, niederwerfen, eig. noitaxHXB), nonpaBÖjihtbcb (nonpa-
BHTBca sich erholen), npuraxÖMHTB (npiiroxoBHXB vorbereiten),
paAÖMHTBca (pa^oeaTBca sich freuen), daher pa^OMHiiH (pa-
AOCThhh freudig), paAÖMHXB (pOJKAai'B gebären), ypaAÖMHXbcn
(poAHXBca geboren werden), pa3cy/i,ÖMiixB (pa3cyAHXB beur-
theilen), BttpacTÖniHTB (pacTH wachsen), cayrÖMHTB (c.jyjKHiB
dienen), auch 3acayrÖHUXB, daher cayrÖMHHKx. (Diener),
cayrÖMHnpa (Dienerin, Dienst), cayrÖMita (in der Bedeutung
CBameHHOA'McxBie Heiligendienst), cxeperÖMHXB (CTOpÖffiHTB be
wachen, dagegen oipepmmöiibbaxb ca = ocxeperaxBca sichhüten),
daher cxeperÖMHHK'B (cTopoarB Wächter), cvaomhxb (cyAHTB
urtheilen, richten), A3Hed.m ht Bca (ahbiixbch sich wundern).
Romanov: paAÖMHXga (pOAHXbca geboren werden), xpn-
CTÖMHXüa (iipecxiiTLca sich bekreuzigen), uecMÖHUxpa (ne-
caxBCH sich kratzen), Kypaömhhb (icypHTB rauchen), BhxxÖMHn,B
(ßimaxB hängen), wegen x für c vgl. BHXxepnxB (für bhcIsxb
hängen) bei Scep.
Romanov 2 : cayxxÖMHgB (cayniaxB hören), KpHKÖMHgB
(icpiiaaxB schreien), xpHCXÖMHB,B (taufen, daher xpHCXÖMHHH
KpecTHHH Taufe), und KypA3eMHii;B (poahxb, gebären, offenbar
aus ity-pOAOMHU,B oder p0A3eMHüb), daher KypA38MHHH, d. h.
pOAHHH (Geburtstag). Vgl. das Substantiv xyAOpMämca (statt
xoAHpiianKa Fuss) Rom. 2 neben xOAyaa und xoAÖpKa id. und
das Wort K y .1 b m a h t> für oyaica (Semmel) ist ähnlich gebildet
mit Eintauschung des anlautenden b für k.
Borzkovskij: 3HT0MHXH (jkhxb leben, das Wort ist grie
chisch), c.1 y r o hbi t bi (c.iyatHTB dienen), 3 a k a n a o h u x h (3auepeTB
58
V. Abhandlung: Jagic.
sperren, ich glaube statt saioieiiUBaTt 3aiuenaTt), davon 3aKan-
•iöhhhk'b (saMÖK'B Schloss), saitanAÖHHHita (cyH^,3 r K r B Kiste), hei
Rom. 2 3aKan.aöniHHK'B id., 3aican.a6nHBaTB (3aimpaTB) bei
Scep. Stud. bietet noch einfachere Formen: KanöniHHK (Schlüssel),
BiAKanÖHHTH (aufschliessen), neben den üblichen 3aKaii.aÖH-
hhk, aaiiaii.-ioiiHHTK.
Study riski: bo3mohhth (bc3TH führen), daher b03moiihhk
(B03HHD.a Fuhrmann), AepirÖHHTH (reissen), daher BH^epMÖ-
hhth und ßepMÖHKa (Aiipa), ckukö m hth (cKaKaTB springen),
daher CKaitOMpa (der Tanz), c .1 y r o m 11 t ii dienen, daher c.iy-
i’OMita (c^iyacßa Dienst), c^yxÖMHTH hören, daher c.iyx6Ma (Ohr),
TpacoMHTH schütteln, daher TpacÖMHHpa (Fieber).
Dieses Wortbildungselement begegnet bei verschiedenen
abgeleiteten Substantiven und Adjectiven: KOCTÖMita (für koctb
Knochen) Scep., Ka^iuxTOMKa (Wiege für ito^HÖe^L, von ko-
j-HXTaTB schaukeln) ib., KapHCTOMita (no^B3a Nutzen, d. h.
KOpHCTB) ib., KpVTOMHHKB (KpiOBeKB Häkchen, von KpyTHTB
drehen) ib., pa3jHT0MHHi (pa3.iHBHr.ift verschieden) ib., ca-
AOMhhkb (ca,a,3> Garten) ib., CTpaxoMiinfi (cTpaniHHH furcht
bar) ib., niKypoMKa (nntypa Fell) ib. Golysev: aiajkomhhü
für ata^Kifi, daher sita.iKOMHHTB: aca.ihTB. Aehnliche Bildungen
bei Romanov 3 : xpHCTOMHHKi (icyMB Pathe), xpHCTÖMHHpa
(iivna Pathin), c.iyxTOMica (yxo Ohr), kpytö mka (oöopa y .um tu
Schuhverschnürung um die Wade). Vgl. die schon erwähnten
Adjectiva: khcäömhhh, xiiTpÖMHHH. Bei Golysev KOCBipeinca
für Kocaps (der Mäher), .laiimoiKa für .aannia. Bei Borzkovskij:
AOca^ÖMita (^oca^a Verdruss), A) f xoMica (Ayma Seele), cbh-
TOMita (cbFtb Licht oder Welt, 4 als i ausgesprochen). Statt
AyxoMita (Seele) liest man bei Scep. Ayxayica, bei Rom. 2 AJ-
xäBKa. Bei Diefenbach: rakomök (für poKBTermin), stukomka
(niTyita Kunststück).
Vgl. bei Stud. c-iyxöna (Ohr), zu cnyxoiiHTii (hören).
Golys. b o 3 o h k a (für B030Mita) Fuhr.
Das Verbum TaraHHTB (necra) Scep., TaraHnpB (hochtb),
auch Tarpn und xarHHgB Rom. und Rom. 2 hängt wohl mit
TaräTB, TaigHTB zusammen, vgl. im Archangelsk. Dialect Tamica
oder TaHtKa für Homa (Bürde, Tracht), z. B. Taatica cbiia, co-
.iohbi. Scep. schreibt butar6iibbatb (bbihochtb), HeiiOTaröimTB
(3aHHiiaTB), nepeTarÖHBBai'B (nepeuocim,), npuTarouHTB (npn-
Die Gehcimspraclieu bei den Slaven.
59
hochtb). Rom. findet man TaniHpB für hochtl (tragen), wolil
Statt TälUHTI) ?
c) Recht häufig begegnen Verba auf -opHTB, -epHTL,
-HpHTB, -ypHTt.
Scepuro: anepiiTB (öpaTB nehmen, wahrscheinlich von
chapab, vgl. bei Tich. ycaiiai'B-B3aTb), vgl. BenepüTB, yane-
Phtb, a^enepHTB (BtipBaTB, eig. OToßpaTB, othbtb wegnehmen),
3aanepHTB (3aHaTB einnehmen), ^enepHTBca (? pBaTBca, nicht
ganz klar), BHXTepHTB (bhc4tb hängen), BaH/i,3epHTB (bo^htb
führen), daher BHBa,HA3epBaTB (bhboahtb herausführen), ax-
BaH^3epHTB (otboahtb wegführen), nepeBeH/i,3epBaxB (nepe-
BO/tHTB hinüberführen), n p ii b a h a 3 e p h x b (hinzuführen) und
pa3BeiiA3KepnTB (? auseinanderführen); 3BÖpHXB (3BaxB rufen),
3 h b o p n t b c a (na3BiBaTBca sich nennen), a t 3 h b 6 p b a t b, bhsij-
BOpBaTB, U pH3LIB6pHTB (lipH3BIBaTL), IipOSIJBOpHTB ; ByiU,e-
piiTB (ocBo6oai/i,aTB, d. h. nycicaxB lassen), daher BunymepHTB,
pacnyu;epBaTB; yKÖpiiXB (yanTB lehren), yicopiiXBca, daher
yKÖpHHH (yueHHH gelehrt), yKÖpHHKL (ywreaB Lehrer), yKÖp-
Hiipa (yvHxe.iBimpa Lehrerin), yitopBaHe (ymaHme Lehranstalt),
Hayaöpa (Hayaa Lehre), HayaopsaxB (nayaaTB lehren), nay-
KopiiTB (BHyuHTB), iipiyKÖpHTB (npiyaaxL angewöhnen); 3ry66-
piiTB (ryÖHTB, nOTepaTB verderben, verlieren); at/i,HK6pnTB
(xfiartk, warten), 3äCxyn6pHTB (3am,Hiii,aTB beschirmen), iioa-
cxynopnxB (noAcnynHTB herantreten), iipucTynäpuTB (?);
myaopiiTB (von szukab), daher amyKÖpuBaxB (oöiiaHUBäTB
täuschen) und amyKÖpBaxBca (onniöaxBca, d. h. oÖHäHHBaxBca
sich täuschen); yicycMÖpiiTB (ktcutb beissen), ^.yrjiopHTB
(MyuiiTB quälen, von aJ^kiitb? oder AVI™XB ? vgl. da,s Adjectiv
AyxMÖpHHii (oder AyrMOpHHH?), BiiaxxopHTB (hexoahxb finden,
vgl. Borzk. HaxTHTH), na3HK0pnxB (oAaaÄHBaTB leihen), d. h.
poln. pozyczyb), ojKHBÖpBRTBca (0Ka3HBaxBca Lebenszeichen
geben), HOMaröpiixB (noaioraxB helfen), npHpHCMÖpiiTL (npn-
HyjKAäTB antreiben, d. h. npiixHCKHBaxB), naßyAjkepn r rb (pasoy/piTB
wecken), ycxaHÖpBaxB (ycxynaxB zurücktreten, weichen). Vgl.
auch CKaKypaTB (tanzen), daher uepecKaKypHTB (nepenpimiBaTB
hinüberspringen). Mit cpenypHXB (jitapnxB braten), Hesse sich
vergleichen- lit. kepti, lett. cept (backen), doch ist diese Aehn-
lichkeit nur äussere Täuschung: cpenypHTB ist nur die weiss
russische Aussprache statt cxenypnxL, abgeleitet von CTenypfc
60
Y. Abhandlung: Jagic.
Borzk. (neun der Ofen), auch CTenrni (dasselbe, Nikolajö.),
Stud. führt noch ocTenip (Ofen) und als ofenisch CTenaitn in
derselben Bedeutung an. Wenn das Wort slavisch ist, so muss
man es mit Tenjuft, klr. cren.iHTH ca, zusammenstellen.
Romanoy: nnc6phii,f, (imcaTL schreiben), daher nncopica
(3anncKa Schreibheft, Notiz), aiiTÖpiipB (mixaTB lesen), kh^ö-
piigB (KHAaTL reissen), JioaoTHpiipL (mojothtb dreschen),
KYCMÖpupB (beissen), noB3Hpim;B (noasaTB kriechen), 6krypäpt
(öbraTB laufen), myBaphpB (mim, sich mit Nähen abgeben),
präs. -pbio, chBapkpB (c4htb, mit Säen beschäftigt sein), präs.
-hio. Vgl. noch BOHASepapL (bo3htb führen).
Romanov 2 : cayxTÖpiipB (neben cayxTOMHH,B hören),
aencapiipB (nucaTB schreiben, das Wort ist griechisch, beruht
auf Yp«bai), daher aencapita (icmiatica Büchlein), mnb6pnpi,
(mHTB nähen), UHCMÖpiiTB (richtiger aecMopiiTB, für uecaTB
kämmen), MOJKAatepngB (tkutb weben, vgl. lit. mazgiöti Knöt
chen machen), naxTFipimr, (naxoAHTr, finden), chnop mjt,b (cIuitb
säen), iioiF/vOpiipi, (boshtb führen), ByKÖpHgB (y?HTB lehren),
KyciiopiipB (beissen), anepnpB (nehmen), 3enepan,B (öpaTB).
Vgl. CKaKypaapB (TaHpOBaTB tanzen, hüpfen).
Borzkovskij: i!aH/T,3 6pi,rn,i (boahtb, führen, daher bi,iaaH-
A3opuTU, noBaHA3opHHKi, (noBOAHpB Führer), icycMopHTLi
beissen, daher KycMopHBim die Zähne, amcopHTH (ak'iHTi,
heilen), daher .uiKopmiiri, der Arzt; hayköp r,iri,ici, (naymmca
lernen), daher HayicopmjKB (der Lehrer), OA^unopHTH (ot-
H'büHTB abtrennen, von der Kette loslassen), vgl. bei Scep.
uanypäTB (TporaTB), iracöpnTH (nacra-nacy weiden), cyxsiö-
piiTH (cymHTB trocknen), yTyxMÖpuTH (3aA,aBHTB, d. h. yTymnTB
ersticken), anepBiTH (öpaTB nehmen), 3anepuTH, HaanepuTH.
Nikolajcik: BaHA3iäpHTB, anepHTB; bei Golys. boiiah-
piITB (ße3TH).
Studyhski: BicopHTHCB (lernen), Hais ko p h t h c b, BKopiiHK
(Lehrer); 3acTijKMOpHTii (3aBa3aTB binden), cf. sacTernyTB, da
von 3acTbKM0pHHKB Band, KyBMopiiTH (itycaTB, wohl statt
KycMopHTH beissen), uacKopuTii (bestreichen von iua3aTi,
schmieren), daher MacicopHHK (Bürste), Ha3iitopHTHCB (? nicht
vielleicht Hä3HB0pnTHCB? HaBBiBäTBca heissen), aber no3'iicopHTH
(poln. pozyczyd leihen).
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
61
Tichanov: canypaTB (HO.MaTL schweigen, griech. Ur
sprungs).
Hieher gehören auch viele Nominalbildungen. Bei Diefen
bach: stuchära (Fuss, auch stuchar, plur. CTyxapu), daher
nastucharniki Strümpfe; sumari,, sumar (Brod), vielleicht von
dalier sumarnik (Speicher). Bei Scepuro: CTa/tlipHHH
(öoraTHß reich), CTa,a,BipcTBO (doraTBCTBO Reichthum), muss
nicht gerade von CTa/1,0 herrühren, sondern nach CTäTOKB, CTa-
toihuh weiter gebildet sein; übrigens Srezn. Dief. schreibt
stodnevatyj (reich), was von CTO/yB für dort, abgeleitet sein kann.
Ygl. Nikol, ctoahhh, Borzk. CTÖTeHB = dorauü ein Reicher;
xa/tHpKa (nora Fuss), axiiypt (orypepB Gurke), ^yxiröpimä
(cmbhhh stark), cyxMopHHÜ (cyxofi trocken), piixiiopiiHH
(raxifi still), üHxmopHO (thxo), uyffiaMÖpHHfi (uyacofl fremd).
Bei Romanov: .lOCKOTHpa (xo.ict'b Leinwand), auch .'lycita-
Tiäpaa (Rom. 2 , vgl. ^ocKyT't Lappen), vgl. .lOCKOTupd (doaotho,
xo-ICTb Leinwand) Borzk., Ea^fpHHH (uepHHH schwarz, vgl.
zigeun. kalo schwarz). Bei Romanov 2 : mHBopHHK'B (Schuster),
xo,a,HpKa (Fuss), Kydapita, Kybopua (cTaitani, Glas als Gefäss,
cf. KydoKT.), BOXMypeHt oder BÖXMypoK'B (orypen.'B Gurke),
Rom. schreibt geradezu MÖXMapeHb id., CKynöp Hilft (cityuofl
geizig), ^.ycitaTiipHHH (xo^upeBOH von Leinwand). Bei Ticha-
nov: xoAäpa (Hora Fuss), sonst xo^Hpa.
Vgl. noch nnxTÖpi> (Blasebalg, von iraxrfiTB) und dunklen
Ursprungs: MOSAupu (ue-iOBhici.) bei Borzkovskij, neben Mait-
niTapKa für MaTyniKa bei Rom. 2 und naitapypi) (ypa/piHK'b) ib.
Hieher gehören auch die Zahlwörter: von dar a (8), devera
(9) Srezn. Dief., rnaHApa (6) Scep., dyTupa (4) Rom., mäHßpa
(6), Bornept (8), BÖxn.HMup'B (8), AseBepi. (9) Rom. 2 , BÖMept
(8), ^eBHHTHHHpT. (9), ceHTHMHp'B (7) Tichanov.
d) Es gibt auch Bildungen auf -(K)paTL, -(A)paTB,
-(t)paTB, so bei Scepuro: BcnoMHKpaTB (für BcnosiHHaTB ge
denken), cnamhkpatb (nanoiiHiiaTB erinnern), daher yena-
MeicpaHB (ncnoB'liA 1 ’ Beichte). Bei Romanov 2 : dhrpauHitB (von
dhrpaTB weiter gebildet, für dhraTB laufen), daher wohl auch
'hpuitüB für hxa'i’B gehen, fahren, welches auch 4p/l,a r rB,
yhpAaxB, iiohp^aTB lautet. Auch xaTpaTB (noxaTpäTB,
cxarpaTB, uoxaTpanie) bei Scep. von xoßaTB, uoxobütb etc.
weiter gebildet, in der Bedeutung: norpedaTB, norpedenie (be-
62
V. Abhandlung: Jagid.
graben, Begräbniss). Es war schon erwähnt, dass Borzk. na-
tpätli, nOKai'päTH, CKaTpaTHCB schreibt; bei Rom. 2 dürfte
XHTpHTL nur ein Versehen sein statt xarpirrt? Vielleicht ist in
diesem Zusammenhang auch HKpö Born. 2 für okho (Fenster),
aus dem letzteren Wort erklärbar? Scep. schreibt mit Vorge
setztem 3: 3ei;pö, Roman, saicpö, Borzk. 3HKp6 (okiio Fenster)
und 3HKpä (iviasa Augen). Das Vorgesetzte 3 könnte durch
das Verbum sph/n, (sehen, schauen) veranlasst sein. In ähn
licher Weise erklärt sich vielleicht bei Rom. 2 HBpö für iifipo
(Ei), Scep. HBpäTito. Vgl. noch 3y6pnicx> (für syd^) Rom.
(Zahn).
e) Nicht wenige Verba werden so gebildet, dass sie auf
-oiuHTB endigen. Scepuro hat: Ash-ikBOniHTL (^'käHTL theilen),
3Ka.iBÖniHTL (jKaxhTL, KäHTLCH bereuen), daher 3Ka.iHBOniHO
(aca.uco traurig); aTitpHBÖiHBäTL (aufdecken), daher aTitpu-
bohihhh (oTitpLiTuö offen, aufgedeckt), BaicpuBÖHiHBäTL, na-
KpMBÖniHTB (alles von -kphbohihtb für kphbetb), in ent
sprechenden Bedeutungen, nur bei naitpHBÖmHTB steht oÖHHcaTB;
aTnpaBÖniBaTB (oTnpaBjiHTB abfertigen), ynpaBÖniBaTB (ynpaB-
.jjiTB richten), nonpaBÖniHTB (HcnpaB.iHTB berichtigen), cnpa-
böhiho (cnpaßa rechts); hocluiöhihtb (nocu.iaTB senden),
HpHCH.ioniHTB, aTCHjöniBaTB (oTCH.iaTB absenden); nannTÖ-
hihtb (ciipaniHBaTB, von HHTaTB fragen), itpanöniHTB (icponiiTB
spritzen), XBa^ieniHTB (xbü-ihtb loben). Vgl. das Adjectiv ropöa-
töhhhh für ropßaTHH buckelig Scep. und 3aitan.aöiuHHK , B
(miotb Schlüssel) ib.
Romanov: KynoiuHTita (KyiiaTBca baden), TyicöniHTB
(Ticai’B weben), KviaHÖmHTita (iuaHyTBca schwören), toho-
niHTna (tohhtbch sinken, untertauchen).
Romanov 2 : khaöihhu,b (kh^otb reissen), auch KHA^eiHHUB,
ry^eniHD,B (ry.<WTB spazieren). Vgl. cnpab6nrhhk r B für ncnpaB-
hhkb (Kreisrichter) id.
Borzkovskij: HanpaBOniLiTLi (HcnpaBHTB berichtigen), npa-
BoruLiTH (npaBHTB lenken), noicpHBÖniHHitn (noicptmca, ein ge
fallenes Mädchen).
Studynski: rpHBomiiTHCB (sich wärmen), H-ähtöiiihth
(zahlen), iiepen.iaTÖHiHTH (überzahlen), iipaBÖmiiTH (ordnen),
HanpaBOniHTH (richten), pißöhihhk (Graben), xViBonmHK
(x.iiö? wohl xMb? Stall). Vgl. das nach der Bildung hieher ge-
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
63
hörende Subst. Cßixjoxa für Zimmer (cB'h'jyiHna), bei den Ofenen
CB'bT.iixa Zimmer.
Einigermassen bieber gehört das Verbum uioiiihtb für
jIIOÖhtb, aber .iioco für aiobo bei Golysev. Vgl. auch aenuiaTB-
^enniaio für aejitaxB.
f) Es gibt noch andere Arten der Verbalbildung, die jedes
mal mehrere unter einem Gesichtspunkte zu behandelnde Bei
spiele umfassen. Wir nehmen sie der Reihe nach durch.
Auf -uutb: bkraaTB, npobf>r.iaTB (laufen) Scep., vgl.
auch BHÖ'hr^'hTt (bhckouiitb herauslaufen) ib., Eyp^aTt (ro-
tobhtb bereiten, von Speisen) ib., ÖBTuaTB (6htb sein, wahr
scheinlich von 6htb weiter abgeleitet), vgl. 3a63T^eBaTi> (3a6n-
BaTB vergessen); iia,a,[y]3epry./iHTB (no/t/tepjKHBaTB unterstützen)
und KyA3epmy^aTB (cAepmaTB zurückhalten) ib., TeK.iiouHTL
(TeBB laufen, von *TeK.WTB weiter gebildet); CTOiuagB auch
CTeioaBHüB für ctohtb stehen Romano v 2 , CTHX.aaTB (auch
ctexHatb stehen) Srezn. Dief., bei Golysev ctoh: CTexuaß
oder CTBixaaü; vgl. nacTHK.auth (noAOK/taTB abwarten, d. h.
uoctoutb) Borzk., daher auch CTaK.aaBun (ctuhoboh) Rom. 2 (ein
Bezirksbeamter). Stud. hat statt des CTeKUHTH Borz. eine modi-
ficirte, aber offenbar hieher gehörige Form c.aaicaTH (ffiftaTH
warten), und AoeumaraeB (,a,OHC,a,aTBca). Bei Golysev wird CTano-
Boft durch CTHX^aBOii und ctout. durch cthxausgedrückt.
no/T,6yicaan;B (oöyBaTB anziehen) Rom. 2 , ckaityp,aapb (TanpoBäTB
tanzen) ib., AsepryuuB (mouotb mahlen) ib.; 69T.iuth, 3aÖ9T-
uai’HCB, CTeitaaTH (jkaktb warten), nacTHiwiuTH (noßoSKAaTB)
Borzkovskij; icpyaaTH (für KypaaTH, BapnxB kochen), xaH-
AKO.aaTH (ein Spiel ausführen) Studynski. Bei Diefenbach
myrljatB-murljatB kochen, offenbar mit KypaaTB in einem
gewissen Zusammenhang. Vgl. die Nominalbildungen bhc-mtko
Scep. BHCaaTKa (aö^OKO Apfel), BHcaaTHHua (aöaoHa Apfel
baum) Rom. 2 , BHCaaTHHKB (Obstgarten) ib., BHcaaitH Nikolajc.,
BecuioKO (abaoiio) Borzk., BecarouiHHna (abaoHa) ib. Möglicher
Weise hat man es hier mit einem litauischen Wort zu thun,
da bekanntlich dort ,weislüs‘ fruchtbar, darnach wäre hier von
einem Fruchtbaren im Allgemeinen die Rede. Uebrigens man
kann auch an das Verbum b H c i> T B (hangen) denken, entspre
chend der Bedeutung vismachi (Ohrringe) Diefenbach und
bhcuhkh (atencida rpy^H) Tich. Eine ähnliche Bildung ist nep-
64
V. Abhandlung: Jagic.
x.iukib (Schnee) Srezn. (vgl. pr§i es regnet) und uchljaki
bei Dief. für ucho (Ohr). Vgl. auch üyu.ieft für 606% (Bohne)
Rom., und siycneHB für MyacB.
Eine gleichartige Ableitung vom Verbum xOßHTB (gehen)
yxo^HTB (weggehen) scheint x.ihtb, yx.iiiTL, y x.a h b a t b Tichan.
Rom. Golys. zu sein, vgl. x.uipL, hx.iiui,b Rom. 2 (für hath
gehen), othx.ihii;b (otoiith davon gehen) ib., cx.iHTii,a, cx.1 h-
Baxpa (bctphx 11 tbca, BCTpiuaTBCH, d. h. cxoahtbch Zusammen
kommen) Rom., pacx..iHBitT]i,a (pacxoppTLCii auseinandergehen)
ib., yx.iHBaTn;B (yö'hraxB davon gehen). Bei Golys. box.ihtb für
bohth, bmx.ihtb für bbihxh, aber auch BurnaxB, daher bhxjutb
BUrOHUTB, B30X^1HTB für B30HTH, HUX4HTB für HaflTH, UOX.IH.IB
für nome^B, npox^iHTB für npoimi, yx^iHTB für yfiTH u. s. w.
In ,Trudy‘ 1820 (aus Galic) steht hoxjihmb erklärt durch
iiofyi.eM'B. Vgl. auch p a x .10 b a t b c ji für paßOBaTBca bei Golysev,
daher paxonB für pa/i.'B.
Auf-uhtb : cthuhtb (ctoutb stehen und CTaBHTB stellen)
Scepur., daher: yctliubatb (BCTaBäTB aufstehen), 3acthu is atb
(3acTaBHTB veranlassen), nacTHUBaTB (HacTaByiuTB unterweisen),
daher HacTHUHHKB, iiacTLiuiinna (nacxaBiiHKB, HacxaBinma
Lehrer, Lehrerin) Scep., b c t ei u y b a t li (BCxaBaTB aufstehen)
Borzkov., ocTHHBaTB (ocxaB^iuTB stehen lassen) Scep., acTH-
UHTBCJi(nepecTaTB auf hören) ib., Rom. schreibt CTHuapB (ctohtb) ;
M'kHUHTB (ji'hHUTB wechseln) ib., daher axirhiiUHTB, nepeM'hn-
UHTB ib., naHßHUHTB, HanaH^HUHTB U. S. W. ib., hpUHTB
(hxaTB fahren), 3B r hpuHTB (crrycitaxBCH niederfahren) ib.,
nepenjeHUBaTB (nepeiUEiBaTB hinüberschwimmen) ib., öhrpa-
uhh;b (6’hraTB laufen) Rom. 2 , hpuHi;B (hxaTB fahren), 6o,a,aBqHii;B
(uihtb nähen), m'Ijipihub ib., mhiibuuth (hm'Iitb?) Borzk., no-
mhhui.iti.i (MHHyTB vorüber gehen oder sein) Borzk., ii.ihuti.itli
(mhtb waschen) ib., nuemiHiiB (hhcthtb reinigen) Rom. 2 ; vgl.
noch bbhhuhiib (lihnuaTB bekränzen bei der Vermählung),
daher bjiiih u e h b h a, aiiH/T,3 6a (iihiruaiiie Vermählung) Rom. 2
Hieher scheint zu gehören uyau htt> für 6y/i,exT> Golys., daher
auch 6yauHai> für obub, und ycnauiiTB für ycirhxB (daher
y C u a u H11 a fl für ycnißau) ist eine hieher gehörende Wortbildung.
Auf -thtb, -yxHTB und -Taxb: A3epryxHTB (mhtb zer
drücken) Scep., ,43epryH,Hu;B (mo^iotb mahlen) Rom. 2 , roaocmmB
(co^htb salzen) ib., coxpiipB (aiOAUaTB schweigen), au'BiOXHHHi.
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
65
(oÖHflTB umarmen), offenbar von oömxb, vgl. jochtatB Dief.,
richtiger wohl K)XTaxB, denn roxuaxB ist in der Bedeutung
HO-iyraxB (in Empfang nehmen) verzeichnet ib., daher no/i/Biox-
>i a.nca (podjuchcalka) Gabel ib., von no/i,7>iox’i na.TB (noßHHMaTB
aufheben) Scep., Ha r Lion isaxB (cHHMaTB, eher BHHHMaxB heraus
nehmen) ib., liaiOXTHitaTB (oA'hßaTB anziehen) Rom. 2 , vgl.
BHDXTH (richtig wohl BHIOXTIITh) Stud., UpHIOXTBlTH (npHHaTB)
Borzk. und npiioxpenHicx. (3htb Schwiegersohn) Rom. 2 Golys.
hat für iniingBi (Zange): CBioxamia.-iHHiCH; als einfaches Ver
bum steht bei ihm ioxthtb, ioxth./Ib (b3bxb, B3a^i , B). Mit kxaTB
scheinen in keinem Zusammenhang zu sein aiq'xHTB (xo^htb
gehen), noABaKyunaxB (doaxoahtb herangehen), pa3bhky-
THXBCfl (pacxo/iyixncii). Dagegen klar in diesem Zusammenhang
sind HäxTHTBi (iiaim-i, von naxo/tHXB finden) Borzk., c.ihxxhth
ib. (hören), hhxxhxh (riechen HioxaTB) ib. Vgl. c.iLixxaxB (auch
ca hx mips), c.mxxaBaxB, whxthhh (ayxitifi), Ka.iHXxaTB
(KO.u.ixaTL), .iBixraxBca (cmIuitlch lachen, von y-.iH-6axBca) bei
Scepuro; davon ist nur ein Schritt zu .1 oxäTLici> (carhaTBca) Borzk.
Vgl. die Nominalbil düngen: CMXTa (yxo Ohr) Scep. Rom.,
U.1HXTH (u.'ieMH Schultern) Borzk., cbjixtu (iipas/pirnai, von
cruiTofi) ib. Ob auch nriixxa für /phmca (Rom. Rom. 2 Tich.) hier
zu erwähnen ist, kann fraglich erscheinen, man könnte es aber
sehr gut von /yliBKa, kleinrussisch ausgesprochen ßiBica, nach
dem üblichen Ersatz des consonantischen Anlauts durch s ab
leiten. In der Form mmtxopa kennt schon das Wörterbuch
der Kaiserin Katharina dieses Wort (für ,ä/I’>Ba). Vgl. noch
BHXTa, BHX r ra.iKa für rpy^B (Brust, von bhcFib, vgl. oben
BHC4HKH id.) Rom. 2 , BHXxa^KH Scep., itpyxTH für Kpynu
Rom. 2 und Graupensuppe: KpyxxÖHa, kpyxtVilhhkb ib., bei
Scep. kphxoxu id., kphxoihhicb id., rpyxxayiia für rpyma (Birne)
Scep., liyxxoBHH (nyxoBHit'B. iioAyniica Polster) ib. Diefenb. IV.
338 führt muchtesnica Grütze an, welches, wenn richtig auf
gezeichnet, mit Myita (Mehl) im Zusammenhang steht. Bei
Tichonr. finde ich jedoch .iyxxeiinimi,a (icpyna) und .iyx-
xeniHiiKB (cyu r B), und bei Golyä. jyxxeuHHpa (für Graupe).
Aehnlicli scheint rapxuxa Branntwein Stud., repxuxa Borzk.
id. von ropf.TH. davon das übliche ropißiia, abgeleitet zu sein.
Noch führe ich wegen einiger Aehnlichkeit in der Ableitungs
silbe das Wort hockoxhhb für hocb (Nase) Stud. an.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 5. Abh. 5
66
V. Abhandlung: Jagic.
Auf -ahtb oder -AaTB: raBpHA3nn,B oder roBpHA3nn;B
(rOBopim, sprechen) Rom. Scep., daher raupd/ipta (paaroisop'B
Gespräch), aßroBpH^HTB (oömbjbti. ansagen) aöraBpHJKBaTB
(ocyiKgaTr,, OTB’iuaTB, OTicaiSHisaxi.) Scep., Rom. 2 schreibt dafür
roBpogHTB, Borzk. a b p ij ahtli (npai'B plaudern), Nikolajc. i’o-
BupAaTB. Golys. hat f.paati. für öisacaTB, statt des üblichen
■hpauTB.
Hieher gehört r.aaBAa (ro.aoBa Kopf) Rom., r.aaisyiSAa
ib., r^aB3Aa Scep. Rom. 2 , .laBAa, d. h. (r).iaBAa Borzk., daher
MaBAyHa, (cTapmuiia) Rom. 2 (der Aelteste). Vgl. auch räpAa für
Branntwein (daher auch rapAHMam.), bei Stud. als ofenisch
angeführt, wahrscheinlich von ,ropiBKa‘ weiter entwickelt. Vgl.
hei Rom. rapA3B id.
Auf -caTt, -ycaTB, -chtb: KpmcycaTB (schreien) Rom. 2 ,
ra.iBoycäuB (ry.-um, umhergehen) ib., itapnacaTB (kopmhtb
füttern) Scep., KopnacagB Rom. 2 id., pßycaTB (pbutb reissen)
Rom.; KOncägB (iihtb trinken ?) Rom. 2 , Borzkov. sagt vielmehr
KOucath bedeute (5htb (schlagen), das scheint richtiger zu sein,
daher Koncauu (ApaKa Schlägerei) Borzk. und kouc ä n, e.1 b
(pasoOHHiiKTj Räuber) Rom. 2 Diefenb. schreibt kosatB, auch
kososatB und roskositB (zerschlagen). Bei Golyäev immer
ohnep: yKOCäTB yÖHTB, pacitocai’B pa3ÖHTB, daher pacKOCUHKB
für pa36oÜHHKT>. Mikuckij hat k a 11 c a t b als pyraTB (schimpfen)
und noööitcaTB in der Bedeutung hoöhtb (prügeln), das mit
6htb im Zusammenhang sein kann, schwerlich hat es mit ,boxen (
etwas zu thun. Bn.iaKcaTH (bbt.I'Ejtb herauskommen) Borz.,
neben B3.aeKcaTB (b3.i'I>3tb) Scep., KpHKcäTH (KpuuaTB schreien)
Borzk., Rom. bringt KpuKcaBHgB für KpiiuaTB. Vgl. ir.iaiccHTB
(weinen) Srezn. Dief., h-ihkchtb Rom. 2 , mijkchd;b Rom.,
iuihkchth Borzk., u^HKiuaTB Scep.; kouchub (ho.iothtb)
Rom. 2 Hier könnte mbcbb für mutb bei Pallas, MyatB (Mann) zu
MyceiiB umgestaltet Srez. Rom. 2 mit erwähnt werden. Golys.
hat auch die Form My3.ieHB. Ebenso ist kubasja (Weib)
hieher zu ziehen, vgl. oben S. 44.
Auf -citaTB: ^anagKaTB (äobhtb fangen) Scep., vgl.
3,'ioöyCBKaTH (cjobhtb) Bor2k., .läMacKÜTL (jiomhtb brechen)
Scep. Vgl. das Adj. irhMaH'hcKil für h'Ijmoh (Scep.) stumm.
Auf -yhntb: TeK.iioiiHTB (i’euB laufen) Scep., 11 uabyitut 1.
(? MaTUTB zahlen) ib., .1 a 6 y h n t b c a (ccopHTBca zanken?) ib.,
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
67
vgl. Rom. 2 ./laöyiuiTna cm'Iihtlch (lachen), dagegen .1 a6yhaur.
pyraTB (schimpfen) ib. Nicht ganz klar.
Auf -ata endigen einige Zahlwörter: na 11 /1,jk:i (uatl),
peiseHAatä (AeBSTb) Scep., ceHaia (ceiin), Bocenniia (ßocejiB),
peBeHaca (^eBaTB) Rom., naHBftjKa, caHt^ffia Rom. 2 , ceiiacä
(7) BOceMffiä (8), ÄeßaHJKä (9) Nikol. Ein Verbum erinnert
an diese Wortbildung, d. i. aioöataüB Rom. für ./iioöhtb (lieben).
Auf-XBea, -xueinca: noAyxBefiica für noAyuiKa (Polster)
Rom., copoxBefiica für copouita (Hemd) Rom. Rom. 2 , icoöyxBeu
(Koöy'tea für atenupHa Frauenzimmer, Tich. (möglicherweise im
Zusammenhang mit poln. kobieta), doch vgl. oben kubasja.
In aanyxn für cauoru (Nikolajcik) scheint eine Weiter
bildung von aanTH (Bastschuhe) vorzuliegen, Stud. citirt noch
aönyx für Stiefel (uoboxk) und aonyxäp (Schuster); naexa
für 6aHa Nikol, (naexa Rom.) wird wohl von naeHHTB (mhtb
waschen) abzuleiten sein.
Eine ganz vereinzelte Bildung stellt n,upH3HHKT> für n,apB,
rocy^apB (Kaiser, Herrscher) dar Scep., wofür Rom. 2 piapio-
atnuK'B und napHpHHK'B bietet.
VI.
Die im vorausgehenden Capitel gegebene Analyse der
Wortbildungsmittel zeigt eine sehr reichliche Anwendung der
selben, sie bilden den Hauptbestandteil aller russischen Geheim
sprachen und auch ihre Hauptcharakteristik, da ich, soweit
gegenwärtig das übrige slavische Material überblickt werden
kann, nirgends, d. h. in keiner sonstigen bei den Slaven nach
weisbaren Geheimsprache eine so reichliche und so mannich-
faltige Anwendung dieses Mittels constatiren kann. Doch die
Schaffungskraft des Volkes, nachdem sie schon einmal diesen
Weg betreten, beschränkte sich nicht auf dieses eine Mittel.
Um ihren Zweck möglichst vollständig zu erreichen, greift sie
auch zu Neubildungen von Wörtern aus allerlei wohlbekannten
Verbalwurzeln, wobei selbstverständlich jede Neubildung in
ihrer Bedeutungsfunction mit der Grundbedeutung des betreffen
den Verbums einen bestimmten Zusammenhang verrathen muss,
oder sagen wir genauer, wenigstens für den ersten Erschaffer
des Wortes einen gewissen Anhaltspunkt bieten musste. Eine
68
V. Abhandlung: Jagiö.
auch hier sehr mannichfaltig zur Geltung kommende Verwen
dung von Wortbildungselementen, die in der Sprache vorhanden
waren, legt von der hohen Potenz der schöpferischen Kraft
jener Kreise, in welchen diese Neubildungen entstanden oder
noch immer entstehen, ein sehr glänzendes Zeugniss ah. So
manche wenig gelungene Bereicherung der verschiedenen slavi-
schen Literatursprachen könnte an diesen Schöpfungen der
echten Volkskraft erwünschte Berichtigung linden. Wir reihen
diese Neubildungen unter den entsprechenden Verben alphabe
tisch aneinander:
ÖOflaTb (stechen).
Von diesem Verbum findet man folgende Wortbildungen:
6oj\äM'b (bei Tichanov geschrieben) in der Bedeutung
nopTHofi Schneider Tich., 6o/i,yxa für mvia (Nadel) Rom., Goaä6ica
für hm (Nadel) Rom. 2 , 6o r /i,ai:iii,Hii,a id., aber auch mmca (der
Faden) wird Rom. 2 durch Co/yaRica wiedergegehen, daher dann
6oAaBUHii;i> in der Bedeutung iiihtl (nähen) Rom. 2 und der
Schneider heisst ib. 6o,a,a6uHKB, 6o,a,äBin;HK , B.
Aber auch der Stier (6hkt>) wird 6oayht> genannt Rom. 2
ßypKaTb brummen, summen (r.opuaTi,).
Die Biene, nue^a, heisst bei Rom. 2 öypicaci., öypKOTua
auch 6ypmotka, bei Rom. öypxoTM, bei Scep. öypicaTHH
plur. = uucjIH.
6arp"b (purpur-roth).
ÖarpOBKa Rom. 2 bedeutet eine, offenbar geröthete, Wunde:
cicy.ia, BepeA'B.
öa/iera (Viehmist).
Daraus erklärt sich wohl das bei Stud. verzeichnete Wort
öa^ioacHHK für Mist (ihoh).
ÖaHTb (erzählen).
Auf dieser Wurzel scheint zu beruhen das Wort öa.iafiica
für Lippe Borzk., als das Erzählungsinstrument, vgl. klr. 6&A
Gerede, Faselei, 6a.3ajcaii.io Schwätzer.
6tyi"b (weiss). •
öh.aioc'b bedeutet Schnee Rom. 2 , dagegen 6ii.1 yra (oder
öa^iyra) der (weisse) Rettig, ph/ipica ib., Stud. öi.irora id.
Die Geheimspraclien bei den Slaven.
69
BapHTb (kochen).
Davon bei Prasolen: y:3BapT> für laß, y3napiiHK r L für
qaÜHHKT., y3BapHnn;a für Hafimpa.
Beprferb (drehen).
Vgl. 3BepTin (noac'L Gürtel) Borzk., auch yatt (Schlange).
BHfltTb oder BfeßaTb (sehen, wissen).
Bei Diefenbach BH,a, Ka bedeutet Wahrheit; eben so bei
Prasolen BH/yica, daher Adj. BH/i,Kiii für npaBHH (recht) bei
Golysev.
BHflHTb (hin und her laufen).
Dazu dürfte zu rechnen sein die Bildung b h ,-j io k t. für
3aan,a> (auch bh.ijox'b).
BMCfeTb (hängen).
Davon bhc.ihkm (Brust der Frau) Tich., falls nicht etwa
eine Entstellung des Wortes cnc.iäBKa, wie es Born, schreibt,
im Zusammenhang mit ccaTB, cocpu, anzusetzen ist. Bhc.uitko
(aöiio-Ko) Scep., BHcaaTHHpa (hö.iohh) Rom. 2 , BucaaTHHKt
(Obstgarten) ib., BHC-iaiiKa jeder Fruchtbaum Rom., bei Prasol.
wird BHcaaKT) als orypeip. gedeutet, BHChaKt (aöaoKo) ib.
BHcuaxH (Ohrringe) Srez. bhc.iioxh Golys.
Von irl’iCiii (Wage), ist unzweifelhaft gebildet das Substantiv
B'hcHHK'B für «ayirj'T, (Pfund) bei Prasolen.
BO/IOKHO (Gewebe).
Davon wohl b o .16 x a in der Bedeutung pyöaxa (Hemd)
Tich. und Diefenb., wo auch die Form volonja (auch bei
Prasolen: boaohs für pyöaxa oder copoHKa) verzeichnet ist.
Davon abzuleiten oboaoxnvtlca für o^fiBaTBca und pa3BO-
aoxHyTBca für pa:i/yhTLca bei Golyäev. In ,Trudy‘ 1820, S. 139
aus Galic steht bei b a.1 oxa die Bedeutung itoata (Haut), doch
kommt daneben auch BOJioxa Hemd (Kostroma) vor. In den
Aufzeichnungen der ,Trudy‘ vom Jahre 1828 steht noch die
Form BO^iOKina in derselben Bedeutung pyöaxa.
ü
70
Y. Abhandlung: J a g i c.
Bfex in bhxotb (Stroh im Schuhwerk).
Damit ist im Zusammenhang r.uxpö oder bjixp6 (cimo
Heu) Rom. Rom. 2 Nikol., BiixpäTiiiiii,a (TpaBa Gras) Scep.,
BHxpaub (./IJtb Wiese) Rom. 2
BHwe (mehr).
Bei Prasolen und hei Tichonr. ist bauo so viel wie unoro
und Baiifi für MHorifi.
ro/ltlVI’b (gross).
Daher ra.aeMHTHHKB bei Scep. in der Bedeutung der
grosse Festtag, d. h. Pascha.
rpOMt (Donner, aber auch Getöse).
Bei Dief. gromak, der Wagen, vgl. auch rpoMa^i. id.,
bei Prasol. und Tichonr. rpomaTB für Te.ifsra und rpoMaTHHKB
für 'i’e.jiijKHHK'B, offenbar als das lärmende Fahrzeug; daher
dann auch rpanö•/IBIU.hk'B für Me^bHiiKt (Müller) Rom. 2 und
in derselben Bedeutung gromonnica bei Diefenb. Bei Praso
len: rpOMHTBCfl für cmRhtlch (auch bei Tichonravov), rpOHHT-
hoh für CM'hniHon, rpoHHUHHKB für CM'hniHHKi.; vgl. scrbokr.
rpoxoT.
rpbICTH (heissen).
rpHBHKB Srezn., eben so schon bei Pallas rpu3HKi>, be
deutet den Zahn als den heissenden.
ry6a (Lippe).
Srezn. Dief. verzeichnen gübka in der Bedeutung: Imbiss.
AepraTb (zucken).
Daraus sind hervorgegangen: AepryHHima pp. H e^Bimu,a
Mühle, Borzkovskij, auch ftcprvTHHtj,a id. Rom. 2 ; daher a c P‘
rythhkb für mc.5I.hhkb Müller, Rom. 2 , aber Scep. hat ft.cepryT-
HHKB für MeMi.iiHH,a die Mühle. Das Mahlen, mo.iotl, wird aus
gedrückt durch A^epryTHTB Scep., A3epryn;HH;B Rom. 2 , Asep-
ry^BÜB ib. Rom. hat für ue^BHuita CKpyr6tb, das könnte
nach dem oben beleuchteten Princip des Austausches im Anlaut
geradezu auf AeprOTB beruhen, aber auch von dem anderen
Verbum, nämlich dem weissruss. CKperOTan,B herrühren.
Die Geheimsprachen "bei den Slaven.
71
ApaTb ( reissen).
Darauf beruht dernjucha, Streit, Srezn. Dief., vgl. das
übliche ppaita.
3BeHfeTb (tönen).
Bei Tickonravov bedeutet 3 r, e n i, e x a Glasgefäss (Beitr. IV
334) und 3B r IiH/T,aKT. Diefenb. Glocke (ib. 338). Bei Golys.
eben so 3B&HA,HKi (Glocke) und 3B r hH,a,exa (Glockenthurm).
3i>BäTb (gähnen).
ö 'h h a,<i o in der Bedeutung poT'j. Mund (in ,Trudy‘ 1820,
S. 139 aus Galic).
KaTHTb (wälzen, rollen) und KaTSTH klr. niederschlagen.
Darauf beruht katys das Rad Srezn. Diefenb., okatliiiiii
KOJeca Golys., vgl. auch icaTe./iHKi id., wahrscheinlich auch
KÖpeuL (statt KOTeut in weissruss. Weise) für icojeco (Rad) Rom.
Man schreibt das Wort auch kothhb (bo3b, caHKH) Borzk. Stud.
Auch 3aicaT.aöxa (cKpuua) Stud. wird hieher gehören, vgl. das
deutsche Verschlag.
KOCTb (Knochen, Würfel).
Damit dürfte zusammenzustellen sein koctvCi als Bopa.
(Dieb), vgl. bei Nosovic: KOCTO.iLira oÖMainpuKS Bi iirph,
BOOÖipe n.iyTi als ein Falschspieler, Spitzbube.
Men in 3äKjieiTHBaTB (verscbliessen).
Daraus erklären sich die Beispiele (durch kleine Um
stellung) saKan^ömiHKi (Schloss), 3äKanpohhth (schliessen)
Borzk. Stud.
Kpyrflbm (rund).
Davon KpyrPHKi das Jahr Rom. 2 , offenbar von der
stehenden Phrase icpyr.iMÜ ropt. Bei Prasolen bedeutet iipyr-
■üiK'F. den Rubel für lyli.aK.OBHH.
KpyTHTb (drehen).
KpyTH.ro (bei Borzk. nach alter kleinruss, Orthographie
KpyTBMo) bedeutet K.o.ieco das Rad, als das sich drehende.
Aber auch die Wurst (ioMuaca) lautet Rom. 2 Kpyryxa und Seil
72
V. Abhandlung: Jagic.
(ßepeBKa) als das gedrehte ib. icpyTeJLHHua, bei Rom. Kpy-
TaBKä, daher auch KpyTHH für B03JKH Zügel (Stricke); Kpy-
toiihhki> ist KprouOK'B Häkchen Scep. Endlich bedeutet kpyt6mKa
Rom. 2 oCopica. d. h. jener Riemen am Schuhwerk, mit welchem
die Wade umwickelt wird.
KyßpHB-b (kraus).
KyAPflBept heisst bei Rom. 2 der Lein (jent), hei Rom.
steht dafür KeASepi, vgl. poln. kedzierawy. Vgl. Borzk.
Ka^po in der Bedeutung neuLKa Hanf.
KypHTb (rauchen).
Davon möchte ich Kypexa das Dorf, als das rauchende,
ableiten, Tichonr. Diefenb. Golys. aber ßepeBeHCKiß lautet Kype-
neHcitifi.
KycaTb (beissen).
Daher KyCMOpHHK'b der Zahn (von KyCMOpiiTb) Borzk.
KHCAblM (khc- sauer).
Davon gebildet kh c-ijiki Golys. für .ihmoh'B.
/lamb (bellen).
Davon ist gebildet bei den Prasolen das Wort aaioca.
für Hund.
äOnaTH (poltern, schlagen, klr.).
Bei Borzk. wird dreschen, mojothtl, durch aonÖTHTH
wiedergegeben.
/lonyxij (Klette).
Der Kohl (Kauycra) lautet bei Tichanov a o n 5' x a, bei
Borzk. jenyxa, bei Scep. .aanyxa, bei Rom. Rom. 2 .lanyxa und
aanvxxa; bei Golys. sind .1 aiiym 1111 kii für np angegeben.
äerfeTb (fliegen).
Die Fliege, iryxa, heisst bei Rom. 2 nojurryxa.
äHna (Linde).
,Trudy‘ 1828 steht ^nnyxH für canorii. Ob wirklich von
Jana abzuleiten? Eher vielleicht .1 an yxn zu lesen, wie bei
Die Geheimsprachen bei den Slaven.
73
Golysev .lanyxii (offenbar an .aaiiTiT angelebnt) für canorn,
.lairyniHHK'L für canoacHHKB.
flOCKaTb (,m,ejKaTi> 3y6aMH na np. ophxn 1 ,3,0110.3. kb o6.iac r nr.
c^OBapio, knacken).
Davon ist offenbar herzuleiten a 6 c ii o t e n i. für opixB
Nuss Scep. (Rom. schreibt übrigens jyigaKi. (Nuss), das auch
von .lycita herkommen könnte); aber auch der Zahn heisst
.löcKäTeHB ib. als der knackende. Dagegen dürfte jociiOTLipa
fürxo^CTt (Leinwand) Rom., .ivcKaTiipKa Rom. 2 , .aacKÖTHiiKB
für TEaiL der Weber, und auch .locicagL für xo.ictb (Leinwand)
mit dem russ. .lOCKyTB (Fleck, Lappen) im Zusammenhang stehen.
Golys. hat JoniHxa für xo.ictb, .iocicatb für CKäTepTB.
/lyriHTb (schälen).
•ZLynaxa heisst Kartoffel bei Nikolajcik.
Ma3aTb (schmieren).
Bei Tichanov wird Ma3Öxa als co.iona (Stroh) erklärt;
,Trudy‘ 1S20 (aus Galic) schreibt dafür M030xa. Verständlicher
ist mazicha Diefenb. 338 für Farbe, und HacKopHUKB die
Bürste, Stud.
MepKHyTb (dunkel werden).
Davon ist abzuleiten nepKOUiB für houb Nacht, Diefenb.,
daher bei Golysev: vepKoniB und MepKyma für Nacht, m e p -
Kymeio Nachts; verl. MepKOBaTB Mepicyio (für HoneBaTB); bei
Pallas m e p b k O t b in derselben Bedeutung (ho x ib), bei Srezn. als
Adjectiv irepic6thufl in der Bedeutung: schwarz.
MOpMOTaTb (weissruss. brummen, gewöhnl. öopMOTaTB).
Davon leite ich ab MapMHCB (MC/T,B’t/i,B), MapMBicuxa
(Me/T,B't,a,HU,a), HapiiHceHOKB (jic^bPikohokb), Rom., der Bär als
der brummende.
MOpiUMTb (runzeln).
Davon müsste MÖpmHKB Nase, Rom. abzuleiten sein, bei
Srezn. Dief. steht dafür morsik; vielleicht sind die Wörter
eher mit Ha-CMopitB, CMOpKäTB (schnupfen) in Zusammenhang
zu bringen.
74
V. Abhandlung: Jagic.
HaB03"b (Dünger).
Darauf beruht clie Wortbildung iranaBÖ jKiinn;a für neiuata
(Hanf).
OÖHMiviaTb, OÖHflTb (umfassen).
oÖHflTKii für rpyAH die Brust, neben ounjimta rpy^a Golys.
OÖyBaTb (bekleiden die Füsse).
Dazu gehören BOÖyTi (Stiefel, caiiort) Rom. 2 , BOÖyTHHKi.
(6aniMaKT> Schuh) Rom. 2 , bööothhki. (richtiger wohl BOoyTiniKi)
und BÖ6yTUi;HKB (Schuster, canoatHHitt) Rom. 2 Bei Rom. ist
OÖyTKa für onyaa (Fusslappen) eingetragen.
OCTp"b (scharf).
Bei Srezn. Dief. wird das Pferd ocTpaK'B, bei Pallas
oetpeii'b genannt. Daher nach dem Vorbild von kohioiiiiui
das Wort ocTpomominr für Pferdestall, Srezn. Dief.
nepxaTb (auch nopxaTB flattern).
Daraus entstand nepx.isK'B der Schnee, Pall., wohl auch
nepxa das Mehl, Niltolajc. Vielleicht gehört hieher auch näpyxa
als Wolle, Schafwolle Nikolajc.
neCTpij (bunt).
Davon necTpyxu für Kapn (Karten) Prasol.
nun (stechen).
Von dieser Wurzel möchte man niiKÖTa in der Bedeutung
poi’T. das Horn ableiten, Borzk. Daher (ieüiiu koth i.ih 6e3porin
(ohne Hörner).
nuxrfeTb (keuchen).
Davon nnxTÖp'B der Blasebalg, als der keuchende, Borzk.
n/iecKüTb (klatschen).
Bei Roxnanov 2 heisst der Schmied n./iecKaub (KOBajB,
KysHepB).
npaBMTb (lenken).
Davon npaBOTapt der Herrscher, Srezn. Dief.
Die Gelieimsprachen bei den Slaven.
75
nbl/lb (Staub).
Davon nu.iiixa für Melil bei Golys.
riblX- (athruen, baueben, riechen).
Davon bei Rom. hhxijhk'b für hoct> Nase. Bei Scep. ist
iihxt. der Geruch, .sauax'B. Und auf uyx r L (Flaum) beruht
nyxäiika für Polster, no/iymiia; vgl. nyxra.nca in derselben
Bedeutung bei Nikolajcik, bei Stud. bedeutet es öy.iiia Semmel,
bei Borzk. Pfannkuchen naMiiyxx.
npbiraTb (springen).
Daraus erklärt sich die Benennung des Hasen noßiipH-
lüHKT) Rom. 2 , als des hüpfenden beim Laufen.
porb (Horn).
Das Verbum po ra lshii,r. Rom. in der Bedeutung naxaTb
(ackern) ist unklar, vielleicht ,eine Arbeit mit Hornvieh ver
richten 1 ? Oder steckt in porT> die Bedeutung des üblichen coxa?
CBHCTaTb (pfeifen).
Davon c b ii c ty a i.ii ii ii,a Rom. 3 für Al r Ä a ) CBuph-iB und bei
Stud. CBHCTait (komhh der Herd).
CBtT/l'b (hell, licht).
Der Mond heisst Srezn. Dief. 339 svjetljak (cßhT.iJiKs).
Vgl. bei Puchmayer böläk; CB’kT.a'hxa oder CB'liTJexa Zimmer,
Srezn. Dief. Golys., vgl. das übliche ciiiT.uma. Bei Golys. wird
das Stubenmädchen (ropuHUHaa) durch cirliT./iuairau wieder
gegeben.
cepßaTb (schlürfen).
Zu dieser Wurzel gehört wohl s v erb alle a, auch sver-
baclia (Löffel) Srezn. Diefenb.
CMn (pfeifen, zischen).
Davon CHniipa für 3M'ha Schlange, Rom. 2 als das zischende
Thier, nach der poetischen Volksauffassung: SM'ha ,mnniiTTi‘, man
würde also nrainipa erwarten.
76
V. Abhandlung: «Tagic.
CKpHfl- (knarren).
Dazu gehören Ausdrücke für die Thüre, als knarrende:
CKpiinoTa Pallas s. v. .pept, CKpffnu (ßopoTa) Tichan., citpu-
uo’ra (ABepi.) Borzk., CKpunna (auch pnimn, pnnyTt) Pom. 2 ,
CKpuuj'TLi Scep., CKpungH Nikolajö., CKpunyj.H Golys. Als
Verbum OACKpHUOTä'm (öffnen) Borzk.
c^acTb.
Bei Diefenh. wird für Zucker das Substantiv slastim
(auch Golysev c.-iacTinru) erwähnt.
CflblxaTb (hören).
Davon c^HXTa, Scep. Pom., c^yxTÖMKa (yxo das Ohr,
als das Hörende) Rom. 3
CMeKHyTb berechnen.
CMeKa^iH bedeutet cueiH Golys.
cnacb (Heil).
Davon ciiacna für mii.iocthhh Tich.
CTynaTb (treten).
Hieher gehört CTyxäpi, der Fuss, Srezn. plur. stuchari;
daher nastuchärniki Strümpfe; Golys. HaCTyxapHHKH be
deutet 6anmaKH (Pantoffeln), CTyxapmiKii aber Strümpfe.
Cyna (canis, Hündin).
Damit steht im Zusammenhang, wenn auch vielleicht nach
dem Vorbild von coöaica, das Wort cyuera hei Pallas.
Cbip-b (feucht).
Cupyxa für SCM.jh Tich., bekanntes poetisches Epitheton
ornans der Erde .cupaa seM.nr.
CbflTb (glänzen).
Davon caini für cbütt, (Licht) Scep., cuhhtl (cb'Iithti.)
ib., cjuiko für Sonne (co^Hge) Borzk., ciamca id. Pom. 3 Pom.
schreibt CbBaHKa (co^Hge), gleichsam eine Vereinigung von
CB’hTJHU Und CLHTL.
Die Geheimsprachen hei den Slaven.
77
CfcBep-b (Nord).
Davon CHisepT, für Schnee (cnkre.) Borzk., cißep (Schnee),
ciBepKa (Kälte), chiepuo (kalt), ci'Bepimi (kalt werden) bei
Stud., c,n 116pi, (Schnee, Kälte), CHBÖpica (die Kälte, der Winter)
Scep. Rom. Rom. 2 , chboahhu, chbo^ho Borzk., CHBÖpHHH
(kalt, MepsjHfi) Scep. Vgl. CHBÖpiio (xo.ioaho) Tichan., no,a,CH-
BÖpica (Herbst) Scep. Bei Diefenbach auch: sivochä (Winter),
sivonno (kalt), Pallas hat cHb6nt> für CTyata. Der Brunnen,
KO.iO/T,e3B, wird bei Borzkovskij auch c i'i is p a ii u n, a genannt. Bei
Golys. ist chiio.i’b für xo.io/1,t>, cTyaca, chbo.iho für xo.io/yio
angeführt. Davon die Verba: 3acHBOHHTB, 3aciiBOXHyTB (er
frieren), CHBOxa (die Kälte), chbohhhk'b (.le/yiiiKB Eiskeller)
oder Frost (iiopoB'B).
Ten/lblH (lau, warm).
Daher Teir.iyxa für „tIito Golys.
TepeTb (reiben):
Davon BuxepouKa (Zündhölzchen) Tichan.
TeptTb (Dorn).
Davon TepHaBKa (Pflaumenbaum) Borzk.
TepntTb (leiden).
Davon scheint herzurühren das Wort Tepne.-uoirB (napy-
6okb), d. h. ein Knecht, Borzk., bei Stud. o’repn.nox, OTep-
n.noin6k in derselben Bedeutung.
TpenaTb zerzausen.
Tpena-hopo^a, d. h. Bart (,Trudy‘ 1820, Galic), doch
,Trudy‘ 1828 steht dafür Tps$a, aber bei Srezn. Golysev aber
mals rpena.
TpyCb (das Schütteln, die Erschütterung).
Tpyx^o (Sieb pemeTo) Rom. Scep., TpycHHKB (chto)
Borzk., Tpyxä, Tpyx.ia (Mehl jiyica) Rom. 2 , auch Tpycmi Scep.
Von derselben Wurzel auch Tpyxue.fi Rom., Tpvx.iefi, rpycefi
Rom. 2 als Regen oder Regenwolke.
78
V. Abhandlung: Jagic.
Tptöa (Nutzen, Bedürfniss).
Davon noTpabsipe Scep., d. h. der richtige Augenblick,
nopa; naTpebaipe, nöthig HyiKHO Scep.
Tblfl"b (Hintertheil des Kopfes).
Mit diesem Worte darf in Zusammenhang gebracht werden
cth.it, (d. h. :sa/i, r L, der Hintertheil, von CT.TH.ay abzuleiten)
Borzk. Davon vielleicht weiter CTura aa/piupa (der Hintere) bei
Mikuckij, CTHra Rom. 2 (miiiumi uacTt chhhh, der untere Theil
des Rückens), eben so CTHra, ctlkit,, ctij.it, bei Nikolajcik,
davon nactijjkiihkt> (roöica Unterrock) Rom. 2 , HacTH3KHHii,a
(Hosen niTanu) Rom., auch HacTHHCHHKH (nrraiiu Hosen) Mi
kuckij, HacTH3HHKH id. Scep.
yxo (Ohr).
Davon weiter gebildet: yx^HTt für c.ammaTB (hören) Golys.,
Hyx^HTB yc.'iiJiiiaTi,, daher bei Tichonr. Golys. yx^aitH für ynin.
x/ia6-, XAHÖa (weissruss. Regenguss), x/ia6b (leerer Raum):
Damit scheint sich zu berühren das Adjectiv xjiaölJH in
der Bedeutung ,gross' Dief., auch Golys. hat x.a a 60fi für öo.ai,-
moü, für lie-amco, Srezn. x.an6o mhoto. Daher x.aaÖHiii'B als
,General' bei Golys. verzeichnet. Xaaßo gross hat schon Pallas.
XOflHTb (gehen).
Davon xo/i,opa (Pallas) xoAyxa, xo,a,rJ.aa, xo/tupica u. s. w.
bei allen anderen in der Bedeutung: nora der Fuss, als der
gehende. Mikuckij hat xO/iyiKH für nora und xo/tyiiu für
.aairrH. ,Trudy' 1820, S. 139 (aus Galiö) steht oxo/3,apn für hoth.
Xtlfl-, XWlt (schwach, krank).
Das Adverbum xii.1 o für nexoporuo Tichanov, xii.ioxa
(Aypno, ne Tain,) ,Trudy' 1820, Adj. chiloj für schlecht Diefenb.,
x ii ./I o c t l für oynocTL, x h .1 o fi für rjyiiLin oder /ijpiioft uo.ay-
yMiiufi, xn.1 ktl für MynkiL Prasol.
xpiOKSTb (grunzen).
Daraus ist das Wort xpymi (Schwein) gebildet Dief.,
Golys. hat xpyii^aK^.
Die Gebeimsprachen bei den Slaven.
79
4t/l"b (ganz).
Golys. hat ne^itynen,!. fliV uaci> (Stunde) und u,e^Kynu;H
für uacM (Uhr).
HMlOCTb (Kiefer).
Damit scheint im Zusammenhang zu stehen ue^yoiHTL
in der Bedeutung jKeua'rr, kauen.
HHXaTb (niesen).
Davon q n x;ict, für iioc r r> Nase, Scep.
UJaTaTb (herumgehen wackelnd).
Das Wort iiraTHK'u für ryct Gang, Srezn. Dief. Golys.
luepCTb (Ziegenhaare).
IIIepcTHJiKT) wird bei Golysev durch apnaKi>, 3Hnyin> er
klärt (Rock).
üiepuiaB'b (rauh, struppig, von der Wurzel ctpx-).
Daraus dürfte zu erklären sein die Benennung des Schweins
als sirsucha Srezn. Dief. 333 (bereits bei Pallas iniipiuyxa).
lUMTb (nähen).
Davon iuHuopiiHKi. der Schuster, von miiBopHTB weiter
abgeleitet.
Entlohnungen aus den benachbarten slavischen Sprachen
begegnen auch in diesem Bereich. Bei Dief. ist rychlo für
schnell verzeichnet, das ist das polnische rychly (schnell); eben
daselbst rok in der Bedeutung Jahr ist polnisch. Auch mxtopun
Rom. für canorn (Stiefel) ist das polnische skornia, cech. skornö.
Ferner n.iaxxa bei Prasolen (gedeutet als iuap<i'T>) ist das
polnische plachta. Das bei Rom. für x.i'Mx. eingetragene OKpyjKü
dürfte auf dem weissrussisch belegten yitpyxt (frustum panis)
beruhen, und vielleicht richtiger yKpyni'B zu schreiben sein.
Für xotHstb wird bo.ihub Rom. Rom. 2 , iso.ihtb Scep. verwendet.
Das Verbum ist im siidslavischen und auch kleinrussischen
bojhth wollen, wünschen, noch allgemein bekannt. Die Wörter
XBH.abHHil.a (die Stunde) und xbh^bhhk (Uhr) beruhen auf
80
Y. Abhandlung: Jagic. Die Geheimsprachen hei den Slaven.
dem poln. chwila (die Zeit). ,Trudy { 1820 (aus Galiü) schreiben
prouy für CHHMaio, eigentlich bedeutet piOTHTB (poln. rzucid)
wälzen, schieben, werfen.
Der Erklärung fremder Bestandtheile im lexicalischen
Vorrathe der slavischen Geheimsprachen soll eine nachfolgende
zweite Abhandlung gewidmet sein, in welcher ich auch Zusätze
und Berichtigungen zu dem hier Gebotenen liefern zu können
hoffe. Jeder Beitrag oder Hinweis auf das mir unbekannt ge
bliebene Material wird mit Dank angenommen.
VI. Abhandlung: Ilaffner. Das Kitäb es-sä’ von al-’Asma'i.
l
VI.
Das Kitäb es-sa von al-Asmai.
Herausgegeben und mit Anmerkungen versehen
von
Dr. August HafFner.
Einleitung.
Zu der vorliegenden Abhandlung war ich in der glück
lichen Lage, zwei Parallelhandschriften benützen zu können,
wenn ich auch leider auf die zweite erst aufmerksam wurde,
nachdem der Haupttheil der Arbeit auf Grund einer einzigen
erledigt war.
Ich beabsichtige, die noch unveröffentlichten Werke al-
’Asma'i’s, soweit sie zugänglich sind, zu edieren, um diese, für
eine gedeihliche Bearbeitung eines Lexikons fast unumgänglich
nothwendigen Behelfe, nutzbar zu machen. Hiebei wollte ich
mit dem Kitäb el-’ibil beginnen unter Benutzung der in der
hiesigen kaiserl. Hofbibliothek befindlichen, öfter genannten al-
’Asma'i-Handschrift, aus der schon zwei Abhandlungen ver
öffentlicht wurden (vgl. D. Id. Müller, Kitäb al-fark, 1876;
R. Geyer, Das Kitäb al - wuhüs, 1888). Herr Dr. R. Geyer
hatte hiebei die Freundlichkeit, mich auf eine Handschrift der
Kopenhagener königl. Bibliothek, Cod. CVII, aufmerksam zu
machen, die ebenfalls das Kitäb el-’ibil von al-’Asma'i enthalte;
durch die Vermittelung der kaiserl. Plofbibliothelc habe ich
diesen Codex von Kopenhagen entlehnt und eine Abschrift da
von genommen.
Besagter Cod. CVII der Bibliotheca Regia Hafniensis trägt
die Aufschrift: 1. Liber Camelorum et 2. Liber Ovium, auctore
Adsmäi (om Kamelernes og Faarenes Naturhistorie) udskrevne
af No. 1700 i Escurial Bibliotheket ved Doctor P. Lemming,
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 6. AMi. 1
2
VI. Abhandlung: Haffner.
A. 1819, und enthält dementsprechend ein J->yI und ein
<LLs\ AjIxS von J s ä4-o^\. So erhielt ich also auch ein Kitäb
es-sä’ von al-’Asma'i, und wenn ich es, trotzdem ich hievon nur
eine Redaction besass, eher in Angriff nahm, wie das Kitäb el-
’ibil, so geschah es deswegen, weil es das weniger umfangreiche
war, und ausserdem die Verschiedenheit der beiden J-sA i_>US
— das der Escurial-Bibliothek nimmt nur ungefähr den vierten
Theil des hiesigen ein und weist auch inhaltlich grosse Diffe
renzen auf — zunächst noch grössere Schwierigkeiten bot.
Die Handschrift ist verhältnissmässig sehr gut und meist
vocalisiert, doch fehlt auch öfter die Punktation, und ich er
wähne als besondere Eigenthümlichkeit die öftere Verbindung
des | nach links; leider hat Herr Dr. Lemming auch manche
Randbemerkungen vollständig ausgelassen, und sie als unleser
lich bezeichnet, und besonders am Schluss ist der Schriftzug,
wie auch namentlich oft in einer .LAoL*. sehr flüchtig und mit
vielen Ligaturen, dabei ist wenig punktiert und fast gar nicht
vocalisiert. Die Handschrift, welche ich als Cod. L. citiere, ist
eine verhältnissmässig späte, wie die Datirungen ergeben, ist
aber sorgfältiger mit Anmerkungen versehen, wie die andere,
welche ich, wie oben bemerkt, fast gegen Schluss meiner Be
arbeitung der ersten erhielt. Diese zweite, citiert Cod. Gl., be
findet sich im Privatbesitze des Herrn Dr. R. Geyer, der sie
mir zu überlassen so gütig war, als ich mit ihm gelegentlich
einer Besprechung anderer Arbeiten zusammen kam. Der Text
des Cod. G. weist wenig Verschiedenheiten von dem des ersten
auf; das Original befindet sich in Constantinopel, von wo Herr
Dr. Geyer durch die Hand eines Türken sich die Abschrift
besorgen liess, zusammen mit anderen Abhandlungen, darunter
noch zwei von al-’Asma'i. Die Vocalisation ist sehr lücken
haft und öfters falsch, wie auch die Punktation, und sonst
lässt der Text manche Ungenauigkeiten, besonders in den
Versen, unangenehm empfinden. Gleichwohl bietet er eine
brauchbare Ergänzung zum Cod. L., da in diesem Einiges fehlt,
was nothwendig dagestanden sein muss, wie manchmal schon
die Bemerkung einer iGAU» erkennen lässt; umgekehrt hat der
Cod. L. manches, was im Cod. G., wie es scheint, nur durch
flüchtige Abschrift, ausgeblieben ist. Als Hauptsubstrat für den
Text ist der Cod. L. benutzt, wobei die Angabe der einzelnen
Das Kitab es-sä’ von al-’Asma'i.
3
variierenden Stellen unter dem gegebenen Texte ein hinläng
liches Bild von der Beschaffenheit der beiden Texte bietet.
Ueber die Handschriften und ihre Authenticität will ich
mich jetzt nicht weiter verbreiten, es wird sich späterhin noch
Gelegenheit ergeben, über alle vorhandene Handschriften al-
’Asma'i’s ausführlicher zu reden; ich verweise hier nur auf die
Anmerkungen zu Z. 47—59 und Z. 167—172.
Um die an sich kleine Abhandlung nicht unverhältniss-
mässig auszudehnen, habe ich mich in den Anmerkungen auf
das Wichtigste beschränkt, und auch handschriftliches Material
nicht herangezogen, weil ohnehin in der Folge die anderen Ab
handlungen von al-’Asma'i erscheinen sollen, welche das meiste
Bezügliche enthalten.
Das Werk entspricht in seinem Inhalte den bisher publi-
cierten lexicographischen Arbeiten al-’Asma'i’s, und ist ebenso,
wie jene, nicht erschöpfend; am meisten wird man, um von
verhältnissmässig selteneren Wörtern zu schweigen, die so ge
bräuchlichen und cJäjjA vermissen; vgl. auch Ibn Quteiba,
’Adab el-kätib, p. 66.
Bezüglich des wohl ziemlich vollständig in Betracht ge
zogenen gedruckten Materials ist zu bemerken, dass, wie auch
der Text wenige dicta probantia bringt, in der alten Poesie un
gleich wenige Stellen über den behandelten Gegenstand sich
finden, und ausserdem ja auch viele der gebrachten Termini
auf Kameele angewendet werden.
Die Citierung der verschiedenen Werke geschah nach der
gewohnten Weise.
Meinem verehrten Lehrer, dem Herrn Professor Dr. D. H.
Müller, sowie meinem lieben Freunde Dr. Maximilian Bittner
für die verschiedenfachen Unterstützungen und Verbesserungen
dieser Arbeit, dem Herrn Dr. B. Geyer für die grosse Liebens
würdigkeit, mir seine Handschrift zur Verfügung zu stellen,
sowie den Vorständen der hiesigen kaiserl. Hofbibliothek und
der königl. Bibliothek in Kopenhagen für die erwiesene Libe
ralität, auch an dieser Stelle meinen besten, pflichtschuldigen
Dank.
Wien, am 2. Februar 1895.
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YI. Abhandlung: Haffner.
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1 Cod. L. \"jiL, Cod. G. \;Ik 10 Cod". G.
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VI. Abhandlung: Haffner.
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Üa^Ij 2 Cod. L. O'Xäsj.LII ohne , 8 Cod. L. Äj\1, Cod. G. SS\
4 Cod. G. JaAjiXiAjj 5 Cod. L. Cod. G. Jo^jlZmJs 6 Cod.
L. 7 Cod. L. isUJl 8 Cod. L. j^ü 9 fehlt Cod. L 10 Cod.
G. ^^iöl 15U 11 Cod. G. (j1 j.
Das Kitäb es-sä’ von al-’Asma'i.
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1 Cod. G. *U> 2 Cod. L. ^a> s 8 Cod. G. 4 Cod. G.
0 U 6 Cod. G. JjL/, 6 Cod. L. 0 ^ä.j 7 fehlt Cod. G. 8 Cod. G.
^.1 9 Cod. G. ohne Nnnation 10 Cod. G. ^lio L^«-J 11 Cod. G.
^i5ü\ 3 12 Cod. L. und Cod. G. y*^ 13 Cod. G. ^J> 14 Cod. G.
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VL Abhandlung: II a f f n o r.
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jJOj Lg.Au.JtX.Mj £Jj üli ‘ XjLeb^ glj) LeLpj
1 Cod. G. Lfj-iU,' 2 Cod. G. I^XsU, 3 Cod. L. *UJ1 4 Cod.
G. <4olo 5 Cod. G. J« 0 Cod. G. ^jLo 7 Cod. G. ?Ji 8 Cod.
L. 0 \ 5 ^j\ 8 Cod. G. 10 Cod. L. 0 vjll ohne ^ 11 Cod. G.
\}1^ 12 Cod. G. 13 J Cod. L. in einer Note am Rande
14 Cod. G. 0 sl_5 T M 15 fehlt. Cod. L. 13 CJr iu fehlt Cod. L.
Pas Kitab es-sä.' von al-’Asma'i.
(jjS&j (j»wcX.-vol (\s C^ 5
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1 Cod. G. ^.Xi' C j^J\ ^*3 2 Cod. G. Carsj 3 Cod. G.
äUJ\ 4 Cod. G.^-o^l 5 Cod. G. JaLI 6 Cod. L. g ? l^> 7 fehlt
8 Cod. G. ‘\ } ji 9 fehlt Cod. G. 10 Cod. G. lijUsl 11 fehlt
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VI. Abhandlung: Haffner.
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115 18 ü ; ^XJ! “Ä.JJI “ f ÄSjl VV 7*- sIäI^J»
1 Cod. L. S^L\ 2 Cod. G. <jöb £jJ 8 Cod. G. 4 Cod.
G. 'i^L 6 Cod. G. ^jU. 6 Cod. L. 7 Cod. G. Ö^b 8 Cod. G.
T ^. 0 Cod. G. JÄ ib 10 Cod. G. \yU 11 Cod. G. lib\ slUb 12 fehlt
Cod. L. 13 fehlt Cod. G. 14 j fehlt Cod. L. 15 Cod. L.
Das Kitäb es-sä’ von al-’Asma'?.
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1 £ääÄaw.+J! ooXfta» I<3 J ^Xä+j « 8 ülxi.it oaJL> Iii J ^yo «.Xi»
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büi ^.AjiXiLl X.0UU^Xä/o 11 IjoL-c^-aö ^kx2.jI !6li
^ÄaO <Xa-l ^■äao.j ^1 y^j 1,1 jLkil g^aäJI UjAt l«^ 0 ^ 1 LXaä
1 Cod! G. ksUJ\j 2 Cod. G. ksUJl^ 3 Cod. G. 4 j
fehlt Cod. L. 5 Cod. G. ^\ 6 Cod. G. ubs 5 7 Cod. G. 'iy^\
8 j Cod. L. am Rande 9 Cod. G. 10 Cod. G. zweimal
Lbi-lj UbüJl ^ 11 Cod. G. Udi.\ 12 Cod. G. L5 ÜM 13 j
Cod. G. •U.'J», 14 Cod. G. (_-Xb 16 Cod. G. 0 UAl.
12
VI. Abhandlung: üaffner.
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1 Cod. L. \>\i 2 Cod. G. 3 Cod. G. ^y^)\ 4 Cod. L.
ji 5 Cod. G. \^LS 6 Cod. G. j Sj *i\, 7 Cod. G. _£i)l 8 Cod.
G. ÜU> 9 Cod. G. ^yöjir?, 10 Cod. G. L3 3r ^Jl 11 Cod. G. Us^i-oM
12 Cod. G. ^_,ji.\ 13 beide Cod. £r~s« 14 Cod. L. 15 • • • -J
fehlt Cod. G. 16 Cod. L. ,jPojX, Cod. G. 17 Cod. G.
18 Cod. G. 19 Cod. G. ’SSyL 20 Cod. L. OjJ6\ 5 l
Das Kitäb es-sä’ von al-’Aswa'i.
13
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^a.JI li 11 ^j-Jjl U-Uil . 165
1 Cod. G. I jli 2 Cod. L. 3 Cod. G. ^-a^Cj 4 Cod. G.
s Cod. L *UJ\ 6 Cod. L. 7 Cod. G. ,Ui 8 Cod. L.
zweimal 9 Cod. G. JU* ohne ^ 10 Cod. L. 11 Cod. G.
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14
VI. Abhandlung: Haffner.
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180 jllljJ! tX*j lg+=^ v^.Xäaa! !ö| RsUJIj sL*JJ Jliü.
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^ J! ^bsSjl 20*^ JLi' |VÄ*.H ^c\==- kS2 JU “jÜ-gAX^I
1 fehlt Cod. L. 2 Cod. G. 3 fehlt Cod. L. 1 Cod. G.
0^4 5 Cod. G. pJJu 6 Cod. G. 7 Cod. G.jUUM, 8 Cod. L.
4; ' 9 Cod. G. i±gi\.
|
Das Kitab es-sä’ von al-’Asma'i.
15
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, ^ ü " . '— 9 ^ ’ w
UcjUn ^JyAÄi 8 |VÄxJl lX^I.5 ^1(3 oLaXJI^ 1 V^^+J fW LgJ*-0 185
; =i JlAJI, ‘ 10 S5^J üUJ! sä* ^1 ®JUb 3 5^
P- J ^ ,- , -- ^ yO ^ \M 9 - &
^j! ll ^sUI^ ^väaJU * ^*ÄA4.j’ ^
1>M ^ 1 LsclXa^äaj viXJ3 Ls^v.wJo ^Xi *UI Lj^-Ciö
o^kÄjli (J.ä\J! ^./o 1 ^XT '■'xaäL.J! ^ t sLwJ! o.Xs^I
SLw ^S5. I ^1-- Joas! 13 Jüs J^aj üaaöj./o^ Lgj^Jaj 190
lj^.1.4-^ Sa^3 Lg.J^.ÄXAj sl.CvJf tXi-Lj r-to J.5^ JyÜlj ‘ silA^a.
ö>^ — 0 - 9 'O'f* Qy ,
JLa*j l<M sl*Cv JUüj ^ sLcc^ (J^.jI <JXäj
0 9^9 P-
xa-L.JIS’ L-g.^^ ^7^ ^ ^ c (*^7'^ Lg-w° ^7^ 10 L§a3I
'^4.a«J j S^tXsLl &3tX.wJI ^*..w.J j i-KtX^ sLyCO ^-Ö’
CjX^i^Jl \\\y*tO ^y.M ö^'y+l cX.w.31« &ä7„vvJ I 195
V)'? ’V;^ £ 17 “’r* ^ xii kS*) P"^”) XäjlXj
Xg.Ai^J 1! sLau (3-AJ \_aXA| lXaä sLciJl ^ü-X.b* *Xau 13 Li
1 Cod. L. 2 Cod. G. I*.; 8 Cod. G. 4 Cod.
G. Cry Ä s fel]lt Codi G e Cod G 7 Cod. L. JiiXXä
8 j fehlt Cod. G. 9 Cod. G. JUb ohne ^ 10 Cod. G.
11 Cod. G. 12 Cod. G. AasI^J\ 13 fehlt Cod. L. 14 Cod. G. in
umgekehrter Reihenfolge: J ? j'\ (sic!) i'Jji' üLi> 15 Cod. G.
16 Cod. G. ^ 17 Cod. G. iM 3 ^[)l] 18 Cod. L. f jU 19 fehlt
Cod. L.
16
VI. Abhandlung: Haffnor.
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Jo^iaJ! xaxLiAI Jli ^sS?J|
200 UDjjjäP kL§3 JM |vJ^ R^oLäXJ ^j.a3 £***3 |U
Lg-^J.-c «liki I^L^j SÜ j 1 _aJjX' ü J^.äj
^.Xsl Jö JLuoJI ^J.JC Jjuo^ Lg.*v.Äj "^JflAi ls5j.^iö '
Jj3 jJLi 9 i;u xsLJf V sUJ! oo;3 löli ‘ klI*J!
Lg-ilaj ^ sL&JI lX-’. u^-o 10 1 jli ‘ oaUc <_Xi. ^vl+-o je® d^S
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205 ^«aJI } ^>JLau HL»Cü^ ^ xiiA^0»C5»l tX3*^ j (^A5
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^SS l+ij JaS odySS^ SIaäa-M y'j" I jli ' j-d^ • cIäCaJ!
jj.=»!^.JI Jli' X+aSs.^. iLyi*£
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- ^v—*w (jAf»AJ<3^c3 y" 5 !^ —3%JI ^.jj (3
Cod. G.
.j Cod. L. in einer Note am Bande
3 Cod. G. j-^b 4 Cod. G. ,__~Us.?. 6 Cod. G. 6 Cod. G.
*_AAk-ö 7 j fehlt Cod. L. 8 Cod. L. 5 9 Cod. L. \'\jsa>
^J, 12 Cod. G. ^U. 13 Cod. G. '(AL.
10 Cod. L. \>\ 3 11 Cod. G. , ,s 12 Cod. G.
14 Cod. G. *LiJ\ 15 beide Cod.
Cod. G. ^yUelj 17 Cod.
G. 1aa<a& 18 Cod. L.
Cod. L. c >j^o.
Das Kitäb es-sä’ von al-’Asma'i.
17
13 Li L üL-w 2 oUsöjo J.+*J! Lgj Jllfl 1 föLi
9 9 ^ 9 & s> f & ^ ^ -
sLxo» &^Lj ^Ai L^LjJ RüLaH ^La^u! L^jLä^v! 'waas&<3
j.=>JI Joäölj 215
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6 yLü! r L*JI | 5 iU*i! ‘ffiJdJIj
#U-I 'iL^.+j Lg.jLU o<ojaö !ö| ä.=»Lo »Li« jolj JUb .
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10 ^LaXj f y&. kxSaJ ULbJ ^aktJö 2 ootloJ Juö oajIäo
Jo- ,«xJ| ^Xubl, 112 ilkj. gJd'JUü UU ja* 5 1 11
220
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tU^tXJl 12 Ja-ÜaJJI^ 1 ^juÖ! jj.vo icaasU oJÜ^I
s> _&
(Xmü!^ ^LaawI lgj v^a^aJ ^aJI
» , j( |« 0*0 « -- 5 O W >*0 m m O m 0*0
yZ&sJi vLiä 12 ioJ-MJi ^sdbij
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iLLdi »Li Juö jjjö^JiJI «.iynXx sLUI cy.jfe’ U[j 1 Lgo siLsiö
P 9^0 ^
jJ.AW.^1 vißj U lffj.-g.io jwO IffljjÖ' 11 _*ff 0 UJj 1 \_AAÄ j ! (JAkAJj
1 Cod. G. U\ 3 2 Cod. G. Cuubjj 3 j fehlt Cod. G. 4 Cod-
G. und ^JJli s Cod. G. 6 Cod. L. ^SUJ\ 7 Cod. L.
Ü\ 8 Cod. G. ^ 9 Cod. G. u^aäLj 10 Cod. L. gÜ 11 Cod. G.
15 Cod. G. tlbJ.[M] 13 Cod. G. j^y> 14 Cod. G. am Rande ä. ua») (=
<Asr“°) hiehergestellt statt drei Worte früher.
Sitamgsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 6. Abh 2
225
18
VJ. Abhandlung: Haffner.
Lo 4 !öli ' 3 U=*t 2 iL_A=» sl*i J^as 1 äÄxj ^^vüJ!
230 iULcij jAÄ J.AS ÜSOj' üLij ^J-Aj
Q /• . S ^
i u^~= (5^! c^'^5 \j^ ! ;
’ ^ ✓ 5x /- Sx ^ ,
Joül ‘ jUa-lo^ °iU=.!^ Jyü i—JvX- 1 ! C>A*J« . J!
^,* 7 ^_äJI »iUcXS^ 1 S.|^au 6 ££+tI.!j 5tX^>-I^.JI L^-ioIa!^ \jby\jXu
^la.c.JI 4 eLiJ! ^jjc ^iajiJI io^JiJI^ 1 (jaIaJ!^ JU-Jt
235 JLi' ‘ LsCj^^ ^ tXi k*Jaj - [ ' xaac.J! j 1 s *>L.uJI
‘ r Lüt >1 10 ^ j^li
w -fr / ^'x- 1 . S ; M
^jUas^H ,j..£ eUUl t_>U^ |VJ
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Ljt\.AAU i\ J ^ yX^Z •
240 j^aäJI lCa?
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<X*jS? ^Aflli ,J.J Lei«.** ^LcXÜI Jjt ^.A!
11 ^
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Myü ^ ^^LäJI ^1 ^ “^äly^yi ^
245 JaAJIauJI r Loil| ^AaUI (JsAA+aJ lX+.S? |*Jl*J!j |»Lobl| ^AaUI
1 Cod. G. 2 Cod. G. \lL 8 Cod. G. ul\ 4 Cod. G. \}\ 5
6 Cod. L. und 6 Cod. G. » Cod. G. f yU\ 8 j
fehlt Cod. G. 9 Cod. G. 10 Cod. L. 11 Cod. L. ^\ 12 Cod.
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Das Kitäb es-sä 1 von al-’Asma'S.
19
^ ^ o ** o **
1 2uJ.£ &AJ| cX+Ä-t ^ ^y&yo
^.wAl yj\ |vixJÜ &JJ! 1-t-g.X.B.j ,^'1^1 ^.Jßlis ^j| 2 j.Loüi|
cX*.^? JIäJI ^X-wJ I • lXäaw ^jaaA*..)
5 <31ä^/5H^ iLL+J! Jux i_jb^JI ^j|
tXi.it| |.jj 3, AJöj ^JCil ^! ^jjüx t5 uDll «Dl Jux 2
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ÄoLxJ ^.AÄJ^I &Xmj ^ ^Laä^X» ^.wJt ^gjlj
p- w p. /—
JuX ^j| ^XüiJf I^X ^jX *LÜt LulüS"" {*4~w
au^lx-lj ^^.il (?) yjjuÜI JÜ^ 1 js-UI
^.auA-I 6 ^j( 7 ^j5J»*Jl Sl^lü-wU ^ ^Xu*Al ^gjf ^jX
9 Jux-l |*u+ü |*u"LDt ^JÜ^ cH vJ^*^I ‘^-*- :S? 2:
u’t^ uh 1 I^yi ^ (?)[v3UJt Jux (V^UJI yj } ^j^öüjJlll
f~- ^ P
(?)JU.iaJI 8^-+^ (.^‘AJL+AU^ iX+.^l (JwLaäJ! *»>
^X ^.AU.il .Joyi&X+JI (j^X y^UuiAl
12 Ä^\j ^ Ju-=ä? «ölj n (?)^5_jlj-JI OUujJ (Jj
SjjÜÜI £ ^iyi ^wiiuuO jju tX+^ 8i>ljÄJ 'iUJj ^LftJ! 21
^ kj U JAI.4^ 1S &Ä*W
‘ (5^X*JI t5 ^spi 14 ^J Jx kxäki l$J yö^lx
1 Cod. L. x^- 1 2 j im Cod. L. am Rande 8 Cod. L.
^yuXso 4 Cod. L. 6 Cod. L. >Uj"iMj 6 fehlt Cod. L. 1 oder
ÄjL)^J\ (?) Cod. L. (sehr undeutlich!) 8 Cod. L. 9 Cod.
L. j^.\ ^ zweimal 10 Cod. L. 11 Cod. L. 12 Cod.
L. Ai. 13 Cod. L. <U^ 14 Cod. L. ^yl.
2*
20
YI. Abhandlung: Haffner.
Anmerkungen.
Cod. G\ beginnt folgendermassen: ^1 *L£J1
p X-X XU\ Lib t \ 1 ^3 XX XXtX
cri cr^' ‘ o* «jS^vj" (_st' ^r.'»J
j ...4 üj\o,^J £ XvX ^ \ , ■ ( «TT ^ b^\ XrfX 1
üxb,j * Xx ^s^xoM x^-1 jb.k\ X-x 1-xJ \
' Xx J'iB " Cxi Xxs? 3 1 CJ^ X«-ä*° nx? X^äT 0 ;^xxj
^l-sx ' Xx ^wi.\ Xx £j^xk.\ ^.'3;
‘ XJx Xi’4yb i—JjSl ^3 j^jte ^3 i j^jl x^.1 ^ X^U>» 1 £ J j XJjl XX:
<»x»yJ' C?^V^' <*-B' (►'•**?
\ J ^2xi X^3 ^>3 <—iX^-^-h j^xx]\
- ^3 \ j\X3 X.bi 5 -ks f XX ^6^al^3'l
o***^' d^* XjU-<^5-j crTr^-’ gt;' cr° JysH gXj
J^> ^3 xds' 0 ^ Jxik Xxst 4 ^ X^sr* jyaXU
xx ^ ^jUd' o^di.\ ^\ ^iJ\ U^xJ Jlä ‘ U\, Xdt i‘)jS
2 ( _^ts ,3\ 2 U r j.ä.i JU'j ‘ g4-"d U', xjj: 24jÄ ^jä^Xxll X^-' ^ j'-jV'
4 g*x' U\, Xis 54y> ^5ysnb\ j'JL=J\ xx ^.3 Xx=""' ^-x X^.' 2 l ^ r > ^xA.1
^ xxsx U^xd JIS ‘ ^gjLdJl ^ xd=^ ^5o ^j\ Ujxä.1 J 1 ^'
XX XX«J >>\ Jis JU 5^1 U^xbi Jls ‘ ^ßJ^\ cr -^lL\
5 ^t X»^ 0 ^t' U^.Ä.\, * t «JjbLü\ ^yÄ^o^JI
0\>' Jü> ^UxbswJI x^sr“ ^ J4b; ^\ ^ Jxj^' XJj) cX
^J\ XxL\ CXä^J\ ( _ s Ä* > -o'!d
Cod. L. hat am Rande noch folgende Bemerkung: cxL»_b
xxsr 3 J^aih ^>1, ^^ä)\ ^ xi^ ^ xU\ xx xXs^ ’yo ^1,
1 Cod. G. £jj\ 2 fehlt im Cod. G. 3 Cod. G. ^ ...i. ' 1 j
so ergänzt nach den im Cod. G. mit [^]sr^ endenden Noten am Rande
e Cod. G. ^1 6 Cod. G. C 7 fehlt im Cod. L.
Das Kitäb es-sä 1 von al-’Asma*!.
21
^ er? cr^' 5^3 Js^ Cr? Cr? Cr?
,r®4> CJ^ '^ö^° >—-JU» >«[j ij-f-^ 0 Cr? er? ,r£^ '-* JL "t3
,8 o'^ er? ^jQ-* 1 ' 2 ( ? )(_y?4 er? y^r* er? erÄ - **^'
Zu .Ta, 0 U, ^Ci, Ää", _jjw, A* und vgl. Hommel,
Die Namen der Säugethiere bei den südsemitischen Völkern,
pp. 232—246. 353. 388. 389. 403. 404; Jio wird den ganzen
Text hindurch im Sinne von ,Kleinvieh' überhaupt, speciell für
das Femininum, gebraucht, manchmal durch Zusätze näher be
stimmt, wie Z. 27. 55 jäJ\ ^ SLäJi; doch beachte man auch:
Z.39 ^Jl 3 TäJI. Nach den arabischen Lexikographen und Com-
mentatoren wird SL&Jl auch als Femininum von allen wilden
Thiereii gebraucht, wie vom Wildesel, der Gazelle, der Wild
kuh und ähnlichen; seltener ist jedenfalls das ^ «Li vgl.
Geyer, Das Kitäb al-wuhüs, Z. 584.
Z. 26: Eine Schöne, mit glatten Hüften, eine jugend
strotzende, mit saftigen [frischen] Fettwülsten (die kräftig ist,
weil) sie nicht in rascher Aufeinanderfolge [jedes Jahr ein Kind]
Kinder gebärt.
Lis. Tag. Gauh. s. v. JÄ- und Jk=-. Hamäsa 141.
Z. 28 sqq.: vgl. Müller, Kitäb al-fark 13, 4. Ihn
Quteiba, ’Adab el-Kätib 59.
Z. 30: vgl. Müller, 1. c. 13, 4. 5. Ibn Quteiba 59.
Z. 31: vgl. Müller, 1. c. 13, 2. Ibn Quteiba 59.
Z. 31/32: cuSr*Xxob Jtjj und vgl. Müller, 1. c. 13, 1.
Ibn Quteiba 59, mein Kitäb al-chail, Z. 32.
Z. 33: ccJj^t vgl. Müller, 1. c. 13, 3.4. Ibn Quteiba 59 (X.).
Z. 35: Sie schenkte dir, (obschon) brünstig wie ein wildes
Thier, (nur) einen einzigen Sprössling, während die brünstigen
wilden Thiere doch nicht blos ein einziges Junge zu werfen
pflegen.
Z. 38: Cod. L. am Rande *UsJ ^
1 So im Cod. L.; vielleicht oder (?) 3 Cod. L.
oder zu lesen i> (?) 3 Cod. L. 0 lj*..
22
VI. Abhandlung: Haffner.
Z. 38: vgl. Müller, 1. c. 10, 8 (UA-), Ibn Quteiba 64.
Z. 39: vgl. Müller, 1. c. 10, 8. Ibn Quteiba 64.
Z. 39: vgl. Müller, 1. c. 10, 9. Geyer, 1. c. Z. 94, 95.
483. Ibn Quteiba 64 (wo falsch: Freytag, Proverbia II.
317. Anm. zu 32.
Z. 41: vgl. 'Urwa ibn al-Ward XXVI, 3.
Z. 42: vgl. Müller, 1. c. 14, 5. 6. Ibn Quteiba 59.
Z. 46: cuifA vgl. Freytag, Prov. II. 274.
Z. 49/50: Du siehst die Erde im offenen Gefild durch uns
bedrängt und beengt durch uns mit einem mächtigen Heere.
Vgl. Geyer, ’Aus ibn Hajar XLIII, 24.
Z. 51: und vgl. Ibn Quteiba 60.
Z. 52: Die hier angegebenen Formen JLsJU fehlen in den
Lexicis, doch finden sie sich, namentlich in den Schriften al-
’Asma'i’s, öfter angeführt, wo es sich um die Bezeichnung
der gewohnheitsmässigen Wiederholung einer Hand
lung oder eines Zustandes handelt; vgl. noch weiter unten:
Z. 53: Z. 149,^1»^ und^U-L* Z. 153, Hommel, 1. c.
160 weitere im Kitäb el-’ibil von al-’Asma’i.
Z. 53: vgl. Ibn Quteiba 60; f !i' IV. Moall. 79.
Z. 54: pl. vgl. Müller, 1. c. 15, 6. 7. Ibn
Quteiba 58, Hommel, 1. c. 239. Lebid 125, Z. 12. 'Urwa VIII, 3.
Nöldeke-Müller, Delectus veterum carminum Arabicorum 104,
Vers 48.
Z. 55: vgl. Müller, 1. c. 15, 7. 8. Ibn Quteiba 57. 58.
Hommel, 1. c. 248.
Z. 55: jjUi vgl. Müller, 1. c. 15, 8. Ibn Quteiba 58, Hom
mel, 1. c. 249. Freytag, Prov. II. 86, 507 (bis).
Z. 56: vgl. Müller, 1. c. 16, 13. Ibn Quteiba 57. 58.
Hommel, 1. c. 238.
Z. 57: JA.J (auch ji-Q vgl. Müller, 1. c. 16, 13. 14. Ibn
Quteiba 38. Tarafa VII, 3.
Das Kitäb es-sä 1 von al-’Asma f i.
23
Z. 59: Hinter Jhat Cod. L. im Texte: sj.*
Jisj f U.Jj 3-i\ JIS ‘ L_3o^i.l
i_uiuü äiLOl ^-ÄJ\ vgl. Sibawaihi, Kitäb II. 202. ( _ J -o
vgl. Hommel, 1. c. 163.
Von Z. 57 angefangen, ist, wie die im Cod. L. dar
auf folgende Bemerkung beweist, gewiss eine später in den
Text gedrungene ursprüngliche Randbemerkung; doch habe ich
diese Stelle, wie auch die spätere: Z. 167—172, welche gewiss
ebenso aufzufassen ist, im Texte belassen, weil sie sich in beiden
Codd. findet.
Muh. führt s. v. nach ausser den obigen
noch pl. j\ji an.
Z. 66: Jj, pl. ^bj vgl. Müller, 1. c. 14, 16—18. Ibn
Quteiba 66, Lebid 125, Z. 12.
Z. 67/68: Cod. L. am Rande, unpunktirt und meist un-
vocalisirt: jSI \bi.J
Cod. L. <*OhUs.
Z. 68/69: ^44, v gb Müller, 1. c. 15, 7. Ibn Quteiba 58.
Hommel, 1. c. 238, und ausser den dort angeführten Stellen:
Imrulqais XLVII, 2. Moall. 92, 7. Mufadd- XI, 9. XXIV, 19.
Frey tag, Prov. I. 701.
Z. 70: Und er zog seine Kleider, ohne geheilt zu sein,
über ein stark behaartes (Scrotum, in welchem die Eingeweide
infolge des Hodenbruches) glucksen, (ähnlich dem Tone, mit
dem man) die jungen Lämmer (lockt).
Lis. Tag s. v. (Lis. A!) mit Variante des ersten
Halbverses: A\ *■ UjJ iSp ( _ 5 aJU und folgendem Commen-
C/ C '■ * o ,i e i J .
teil’ i v _^aiL-o )\j\
^^Jb QJ i_j-b ?Q-^lb
bfcb.> LJ
Z. 71: fJ j> vgl. Ham. 28.
Z. 73: ^ vgl. Lebid 86, Z. 14. Hud. 67, Vers 4.
Z. 75: jLä. vgl. Ibn Quteiba 58, Hommel, 1. c. 283.
Nach findet sich im Cod. L. folgende Bemerkung:
24
VI. Abhandlung: Haffner.
Z. 76: >yXt vgl. Ibn Quteiba 58, (und Deminutiv
Hornmel, 1. c. 247. Der Plural lautet sonst mit Assimilation
vgl. auch Sibawaihi, Kitäb II. 201.
Z. 77: JclSjc- vgl. Ibn Quteiba 58.
Z. 79: jAä. vgl. Müller, 1. c. 16, 5. Ibn Quteiba 57. Hom-
mel, 1. c. 58. 154.
Z. 79/80: Am Rande hat Cod. L. folgende Note: Lsl
Z. 82: ( _ 5 Xj' vgl. Müller, 1. c. 16, 5. Ibn Quteiba 57. Hom-
mel, 1. c. 57. 154.
Z. 83: und ÜUsbj vgl. Müller, 1. c. 16, 5. 6. Ibn
Quteiba 57. Hornmel, 1. c. 154.
Z. 84: vgl. Müller, 1. c. 16, 6. Ibn Quteiba 57.
Hornmel, 1. c. 155.
Z. 86. 90: ckilo und gJL^ vgl. Ibn Quteiba 57.
Z. 87—90: [ ] eine spätere Glosse, welche den Zu
sammenhang unterbricht.
Z. 88. 89: und Jjb vgl. Müller, 1. c. 16, 6. Ibn
Quteiba 57. Hornmel, 1. c. 156.
Z. 88: vgl. mein Kitäb al-chail Z. 49. 50.
Z. 91: mli* vgl. Müller, 1. c. 16, 7. Ibn Quteiba 57, Hom-
mel, 1. c. 156.
Z. 92. 93: IV. undpl. Jji vgl. 'Urwa VHI, 2. XXV, 3.
Z. 95: vgl. Hornmel, 1. c. 176 und ausser den dort
angeführten Stellen: Kamil 603, Note n. Ham. 430. 535.
Z. 98: [Sie (sc. die Leute des Stammes) sind derart frei
gebig], dass derjenige, der die milchärmste Heerde (Schafe) be
sitzt, so ist, als ob er die milchreichsten besitzen würde, es
lohnt die für den, der mit ihnen sehr fern verwandt ist, der
mit ihm am nächsten Verwandte.
Z. 99: & vgl. Mufadd. XX, 27. Ham. 758. Kämil 403,
3—10. Freytag, Prov. I. 570 (X.).
Das Kitäb es-sä’ von al-’Asma'i.
25
Z. 102: Es dürstete (das Kameeljunge), aber nicht wurde
sein Durst gestillt (oder: Brünstig war der Kameelhengst, aber
nicht wurde seine Brunst befriedigt), wegen der milcharmen
(d. h. da dieKameelinnen milcharm waren und ihre Euter) wie
Lederbüchsen (berabbängen); oder nach D. H. Müller: Er reitet
schnell, und sein schneller Ritt ist nicht ungefährlich auf milch
armen Kameelinnen, deren Euter [wohl von den Mühsalen der
Reise] wie Lederbüchsen (herabhängen).
Z. 104: Sie (die Wildkuh, Gazelle) hat ein grossäugiges,
schwärzliches (Kalb), so oft es (nach ihr) schreit, kommt zu
ihm eine freigebig spendende mit der Milch in den Strich
kanälen, eine Milcharme; oder nach Cod. G.: kommt es zu ihr,
die zwar freigebig mit ihrer Milch, aber milcharm.
y^L.\ Triptoton wegen des Metrums.
Z. 106: AA. vgl. Lebid 140, Z. 14. 141, Z. 2. 3. Mufaijd.
XXIV, 34. Hud. 239, Vers 3.
Z. 118: ÄksU iksls <L U vgl. Hommel, 1. c. 241. Grünert,
Alliteration im Altarabischen, Nr. 195.
Z. 199: U Freytag, Prov. II. 607. Grünert,
I. c. 127. Ihn Quteiba 19. Hieher gehören noch die ähnlichen:
ä-ijls "Jj äijG aJ U vgl. Ihn Quteiba 20. Hommel, 1. c. 171. 241;
ÄAulj ^ U vgl. Freytag, Prov. II. 667; ^ XjLsS U
■U-JA vgl. Hommel, 1. c. 241, Anm. 3; äj! äIu. U vgl.
Hommel, 1. c. 167. 241; üLäIa ^ aJ U vgl. Hommel, 1. c, 249.
Aehnlicher Gleichklang: d>jU> i_AU> aJ Lo vgl. Freytag, Prov.
II. 606.
Z. 123: Obschon im Cod. L. Jj^k fehlt, findet sich
folgende AAoU. im Texte nach ksd AAjA.
^Jj»^k SOw-ß Lk;\ ooyj
Z. 123: vgl. Hud. 62, V. 8; zu 6, 1—6, 15 vgl. Gold-
zilier, Der Diwan des Garwal b. Aus al- Hutej’a, XXXVII, 4.
Commentar.
Z. 128: Vgl. Ihn Quteiba 64.
Z. 129: vgl. Müller, 1. c. 9, 13. Ihn Quteiba 64. Kä-
mil 12, 8—10. Ihn Doreid 117.
26
VI. Abhandlung: Haffner.
Z. 129: ^Ul vgl. Müller, 1. c. 9, 13. 14. Ibn Quteiba 64.
Z. 132: Ueber und Z. 134 bat Cod. L.
Vgl. zu Ibn Quteiba 21, Z. 4. 5.
Z. 137: Hinter \%.l hat Cod. L. im Texte folgende Rand-
note: g_'LoV\ C-äijhb Ja.s ^ ^\ ksb
Z. 137: vgl. Freytag, Prov. I. 35.
Z. 139: äyül vgl. Ham. 535.
Z. 139: vgl. Nöldeke-Müller, 1. c. 112, Vers 25.
Z. 140: i_^ku£J\ vgl. Freytag, Prov. I. 490. 656. 664.
Z. 142: Gewitzigt haben mich diese Wechselfälle, die das
Schicksal (über mich gesandt), sei es aus engen oder weiten
Euteröffnungen.
Z. 143: vgl. Ham. 501.
Z. 149: und s. o. zu Z. 52.
Z. 153: s. o. zu Z. 52.
Z. 164: Wie ein sehr schwaches, trächtiges Schaf, welches
hört das leise Bellen der Hunde.
Z. 166: Es heulen die Schakale des Thalgrundes infolge
ihres (sc. der anderen Schakale oder der Hunde) Pleulens,
während sie (die Frauen, Hirtinnen) die trächtigen, zum Laufen
unfähigen Schafe in ihren Gewändern (davon) trugen.
Z. 167—172: Ueber die folgenden Zeilen vgl. das zu Z. 57
sqq. Gesagte.
Z. 170: Mit einem (in seinen Bewegungen) unruhigen,
berggleichen (Heere), man glaubt, dass es steht, wegen (seiner)
Bedürfnisse, und doch gehen die Lastkameele im langsamen
Schritt dahin.
Z. 171: Js.* vgl. Imrulqais 65, 15. Mutanabbi 285, Vers 7.
Z. 183: Es gehen herum darin (in dieser Einöde) die
röthlichweissen Kameele wie aussätzige Schafe (die vor Schmerz
Das Kitäb es-sä’ von al-’Asma*i.
27
keine Ruhe finden) auf unfruchtbarem Weideplatz, rauh für
den Aufenthalt.
1. Halbvers Tag. s. v. <k«\; 2. Halbvers Tag. s. v. a 5 s.
Z. 184: ^swJl ygl. Dozy, Supplement VII.
Z. 193: f u; vgl. Lebid 129, Z. 16 und 130, Z. 4. 5.
Z. 196: Ein Wurfmittel für den Teufel, den verfluchten,
er wirft damit, und es wird zur Geschwulst (zum Abscess) an
den Kiefervorsprüngen einer alternden Kameelin.
Lis. s. v. eJ>AS. Tag. s. v. Muh. s. v. l_sAS
al-’Asma’i, Kitäb el-ibil, Handschrift der kaiserlichen Hofbiblio-
thek," N. F. 61, p. 104 r. Z. 15.
vgl. Fraenkel, Mehrlautige Bildungen im Arabischen 43.
Z. 200: Fern weidende (Kameelheerden), die nicht hören
das Hundegebell des Lagers und deren beim Melken bösartige
(brummende) Kameele nur am Tag sich melken lassen.
Vgl. Goldziher, 1. c. LXXVIII, 5, pp. 213 und 216.
Cod. L. am Rande: LA£k kk. ^s.
Z. 201: Vgl. Kamil 177, 13. 14. Freytag, Prov. II. 6.
Z. 208: fk. vgl. Freytag, Prov. II. 346, Nr. 92 und
zwei Verse in Anm. zu 92.
Z. 210: <L^ks vgl. Müller, 1. c. 16, 9. Hommel, 1. c.
158, Ham. 9.
Z. 211: O Gahizah, Tochter der Edlen, erweise dich gütig
(grossmüthig) und lasse frei eine altersschwache Kameelin, eine
von anklebendem Koth verunreinigte, die abgenutzt wurde (auf
der Spur von, d. h. wo man sonst höchstens benutzt) hinter
derben hufstarken Kameelen und hinter jeder alten (aber noch
starken) länglichen (Kameelin).
Der erste Vers findet sich Tag. s. v.
Cod. L. mit folgender Randnote: ÄJb^Lh toJ-AJI.
Z. 215: joXb vgl. Fraenkel, 1. c. 41.
Z. 216: .... und das starke, alte Kameel, wenn das de-
crepide zusammenbricht, und das zahnltickige, das ganz zahn-
28
VI. Abhandlung: Haffner.
lose, in den Tagen der (ungewohnten) merkwürdigen Ereig
nisse . . . (?).
Cod. L. am Rande folgende Note:
Z. 218: JA.L vgl. Müller, 1. c. 16, 9.
Z. 224: .... und die (Kameelin), der die Zähne vor
Alter ausgefallen, die zahnlose, die erprobte; nicht verlässt (der
Hirt ihr Junges), das hinter ihr zurückgeblieben, wenn dessen
Kräfte versagt haben.
So mit Benützung der im Texte des Cod. L. folgenden
Randbemerkung: QJÜlS ^Vjll ^ >\j\ Li IS SJUAh hsd LAbA.
, .. > \ t f.
6jS>
Z. 227: vgl. Ibn Quteiba 66.
Z. 232: iLoJj und vgl. Hud. 157, Vers 21 und Com-
mentar.
Z. 233: f jJü\ vgl. Mutanabbi 153, Vers 41. 688, Vers 4.
Hud. 239, Vers 3.
Z. 234: vgl. Müller, 1. c. 18, 10. Geyer, 1. c. Z. 185.
Z. 235: LLkb vgl. Ibn Quteiba 65. v. Kremei’, Beiträge
zur Lexikographie II. 7. s. v. führt ein Wort LLk an,
welches wohl in KLo zu corrigiren ist.
Z. 235: vgl. Fraenkel, 1. c. 11. Hommel, 1. c. 239
( ) *
Cod. G. schliesst folgen dermassen: <)JJ 'Ukh d>Cs p'
C.c e ^ ^ M ■—•
Darauf fährt er fort: *Ui>
^ y w fi ^ C£ , 2 y f
^\y^\ jbaÄ
ibUb^ iüb ubb.)\ ^ JUb 0^31
^ 1“^2) AJ->Ub ^Xg 2 j\j3 L_s^o
Cod. G. MyL[J\].
1 Cod. G.
Das Kitäb es-sä’ von al-A§ma c i.
29
0J0 und j\jä vgl. Hommel, 1. c. 240. 242, wo auch die
Uebersetzung des Verses 'Alkama XIII. 32, vgl. Socin, Die Ge
dichte des 'Alkama al-fahl, Ahlwardt, Bemerkungen etc. 151.
Es folgen dann noch einige Bemerkungen, die jedoch
weder mit dem behandelten Gegenstände, noch sonst etwa mit
al-’Asma'i im Zusammenhang stehen.
Index.
S> 9 ^ s
äjßyoüo 181—183.
87. 88.
0 9
(3-w.j IV.; (JJwx 155. 156.
187.
feo, 98—100.
f-ip P 1 - [•'-■S4 68—70.
|Vaäjo ; r L^o 53.
43.
üjÜJ! 139.
^lil! 39.
,^-0 IV.; 82.
Jplf. 3^ 191. 192.
ü ; a2|; 194; 181.
182.
55.
IV.; f. iLcAi. 78.79.
yfjAl 128.
J.*=> IV.; und 33.
35.
0 ^ p O
yÄs-1- 75.
91.
tl4J f - XI*. 229.
U-JSJI 184.
Ja^a.; kiojÄ. 190. 191.
ff* X.; iüo^; pl.
28. 29.
IV. j 205.
132. 133.
30
VI. Abhandlung: H a f f n e r.
I
jU IV.; eU 1 pl. jb? 158.
75.
JudkiH pl. JuJbJ^t 137—139.
äJbLt 206.
56. 72. 236.
Iä=>; 30.
»Ll3.I 38.
icvi> IV.; Je bis? 151 bis
153.
äopLl; 6.146.147.
oiUl 129 sqq.
i 09
oU-rff 91.
und üÄs>to 231. 232.
208. 212.
43.
pjßa 215. 217.
^cjJI 100.
,jJ%°jL cjIö 122/123.
^ pb 66.
IV.; ^bj f. 82. 83.
und xa=*!^ 231. 232.
ff*) 1S1 -
cb^ pl. Jl=*j 57.
pbäjJ^I 173.
fyly, r U ; JI 192. 193.
Jp! 234.
idÜS 1 pl- JUS 1 54.
IV.J (j-wiX-u/j (j*0(X*u 83
bis 86.
£yjz\J* 123.
£L* 205.
(jilUJI 186.
179.
v_Jälj| 140.
icyM 232.
^LkäJI 134.
äüJjl 235.
{£ s r/ a pl. bLib 95—98.
^böj ^|bo 86—90.
.v ;. r ti ioo.
t
Das Kitäb es-sä' von al-’Asma'i.
31
5 kiül] 68.
lÜLkjä} «JUyä 31.
; ^A!t 199—203.
äj..öJt 126.
0 5 ^
^yö IV.; 40. 41-
41.
129. 130.
j 122/123.
(j^s II.; (ji Jsjo 46. 48.
julkll 39.
öyZe- pl- j^liXÄÄ 76.
AjJß 135. 136.
1 <2. 173.
udj^p pl. ^jLö^ä 77.
137. )V*Jt 138.
5 ^
197.
jUxLc 210. 211.
210.
II.; J^lä-o 48.
W; äkiU 117. 118.
.**JI 235.
u^jr
^jUp 55.
I. und IV.; jjU pl. Jyt. 92
bis 95.
;? 3j! 143.
0 5 .0
Ojäjc, 51. 52.
-“f r °'
f. ^LäAs 230.
^Jai't 73.
o 5
i_jyOo 42.
c /f.B8.
rf 71 -
174. 175.
I^Ul 233.
p .IpäJI 106.
£*Jl« [g^e] 121.
is^JI 234.
oLjOI; s'o^jJCo 185. 186.
221. 224.
3& 213.
I 136.
32
YI. Abhandlung: Haffner. Das Kitäb es-sä' von al-’Asma'i.
äuä pl. 14 106.
X*k> 220.
Mklll 221. 222. 224.
Xä-Lo 218.
IV.;^ä«jo, Xj.^, 162 bis
171.
III; ^04.
IV.; }-*■+* 148. 149.
Jot* IV.; J22—26.
108.
c ^t 107.
^sÜ! 187.
»ksÜI 178.
f. cLuaj 227. 228.
IV.; yu.*, 148. 149.
153.
(jaLaÄJI 184.
isjjj, Xioili Hl—119-
»JLÜI 176.
177.
127.
131.
isjff 160.
ffy® 159.
t>Ls\.*i 51. 52.
X.; O^* ^1- ^2.
tXl^ I. und II. P. 44. 45. 65.
VII. Abli.: H. Schenk]. Bibliotheca patrum latlnorum Biitannica. VII.
i
VII.
Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
Bearbeitet
von
Heinrich Sehen kl,
Professor an der k. k. Universität in Graz.
(Mit einer Tafel.)
Die schottischen Bibliotheken.
Fiir die Handschriften - Sammlungen der Bibliotheken
Schottlands kommen die Catalogi Angliae et Hiberniae nicht
in Betracht. Wenn ich trotzdem über manche derselben voll
ständigeren und genaueren Bericht erstatten kann, als dies bei
nicht wenigen englischen Bibliotheken der Fall war und noch
sein wird, so verdanke ich dies nicht so sehr den gedruckten
und ungedruckten Handschriftenverzeichnissen, als vielmehr der
Freundlichkeit und Liberalität, mit welcher ich von den Vor
ständen aufgenommen wurde, und der unermüdlichen Gefälligkeit,
welche dieselben durch Beantwortung meiner nachträglichen
Anfragen mir gegenüber bewiesen haben. Ohne dieses Ent
gegenkommen wäre es mir bei der beschränkten Zeit, die mir
zu Gebote stand, nicht möglich gewesen, die folgenden Angaben
zusammenzustellen.
1. Edinburgh. Advocates’ Library.
Der vorhandene handschriftliche Katalog ist sowohl hin
sichtlich der Datierung als auch des Inhaltes der Codices nicht
unbedingt verlässlich. Der Oberbibliothekar, Herr J. T. Clark,
hat durch den Principal Assistant, Herrn Stronach, eine
Reihe von Fragen mit der grössten Zuvorkommenheit beant
worten lassen.
Sitzungsber. d. phil -hist. CI. CXXXin. Bd. 7. Abh. 1
2
VIF. Abhandlung: H. Sehen kl.
(2985—2992)
2985
1. 1. 2. fol., m., s. XV (XIV ex.), illuminiert. Augustinus
de civitate Dei (41, 13).
298ß
1. 1. 5 (A. 3. 35). fol., m., s. XV (Geschrieben von Antonius
Marcelli F. im Jahre 1426). Eusebii Pamphili Chronicon lat.
2987
18. 1. 1. fol., m., s. XII (Meermann 495). Isidori Hispa-
lensis Etymologiarum libri XVII (82). ,Studio fratris Arnulphb.
2988
18. 1. 3. fol., ch., s. XV. Pappi Alexandrini collectio ma-
thematica.
2989
18. 2. 3 (Jac. V. 2. 29). fol., cli., s. XV. Servatii et mul-
torum alioruni legenda.
2990
18. 2. 4 (A. 2. 13). fol., m., s.XII. 1. Homilien: a) Vene-
rabilis Bedae; beej.: ,Vigilias nobis <&c.‘ (94,133; Hom.CXXII
des Homeliarius Pauli Diaconi); b) Gregorii, beg.: ,Multis
uobis lectionibus &c.‘ (76, 1169; Hom. CXXII1); c) eiusdem;
beg.: ,In cotidiana uobis &c.‘ (76, 1182; Hom. CXXV) ; d) Quae-
dam Origenis Adamantii; beg.: ,Docente in monte Domino
discipuli uenerunt ad eum &c.‘ u.s.w. 2. Versus: a) de utilitate
confessionis novem; beg.: ,Ad se nos dominus cupiens remeare
benignus &c.‘ (dieselben im Cod. Bodl. 253 am Schlüsse; vgl.
Nr. 534) ■ b) de luxuria sex; beg.: ,Luxuriae pondus ualet a se
pellere nullus <&c.‘ 3. Decisio Villielmi Ruffi regis Angliae inter
Gundulfum Rofensem episcopum et Picliot vicecomitem de
Grendebruge (Hardy II, 157; g>. 104). 4. Sermo in conceptione
beatae Virginia; beg.: ,Coneeptioni beatae Virginis corde et
uoce simul &c.‘
2991
18. 2. 8 (A. 7. 49). fol.. m. & ch., s. XV. Gregorii Magni
in Job moralium pars III (76).
2992
18. 2. 7 (A. 7. 20). fol., m., s. XI ex. (das auffällig glatte
und iveisse Pergament erweckt fast den Verdacht, dass man es
mit einer ausserordentlich geschickten Nachahmung des XV Jahr-
3
(2993—2998)
Bibliotheca patrum latinoruin Britaunica VII.
hunderts zu thun hat). 1. Aurelius Augustinus de trinitate;
heg.: ,De trinitate quae deus suinmus et uerus &c.‘ (ep. 174; 33,
757). Es folgen die 12 Bücher de trinitate (42, 819). 2. Eius-
dem expositio fidei catholicae; heg.: ,Fides uero de qua in hoc
libro aliquanto &c.‘
2993
18.2.9 (W. 3. 21). kl. fol., ch., 1449 geschr. Ovidii
opera: 1. De arte amandi (das erste Buch fehlt bis auf die
letzten 18 Verse). 2. Remcdia amoris. 3. Tristia. 4. Ex Ponto.
5. Epistolae (die Briefe der Sappho und Cydippe von anderer
Hand hinzugefügt). 6. Ibis.
2994
18. 2. 10. 4°, ch., 1436 geschr. von (oder im Besitz von?)
Nicol. Crabel in Middleburgli. 1. Drei Disticha ,(N)atus in ex-
celsis <&c.‘ (Umpfenbach p. XXV; Anihol. Lat. ed. Riese 734).
2. ,(S)ororem falso creditam meretriculae &c.‘ (11 Verse). Dann
,Prologus Terentij. (P)oeta cum primuni animum ad scribendum
appulit <&c.‘ Nach den sechs Komödien die Subscription ,Calio-
pius recensuib
2995
18. 3. 1 (A. 5. 44). 4°, m., 108 foll., s. Xin. (alter Ein
band). Martialis Epigrammata. (fol. l b ) Jacobus Marchant
hunc librum possidet ex dono Francisci Deomehliclia (?) amici
sui Sedani 3: Decembri 1632 und Ex 1. B. F. J. E. (vgl. über
diese Handschrift jetzt Friedländer’s Ausgabe).
2996
18. 3. 4. 4°, ch., s.XV (XVI?). Lactantii opuseula: 1. De
ira Dei. 2. De opificio Dei. 3. Versus de Fenice. 4. Versus
de resurrectione Christi; heg.: ,Salue festa dies toto uenerabilis
euo. Qua deus infernum uicit et astra tenet &c.‘ (Venantius
Fortunatus III, 9, 39; vgl. Brandt, Lact. vol. II, p. XXXIII sq.)
2997
18. 3. 7. 4", m., s. XIII in. (im handschriftlichen Katalog
s. IX). Epistulae B. Pauli cum notis.
2998
18.3.8. 4°, m., s. XIII in. (XII ex). Ovidii metamor-
phoses.
4
VIT. Abhandlung: II. Sclienkl.
(2999—3007)
2999
18. 3. 9 (A. 1. 16). fol., di., s. XII. Historia Hegesippi
a passione Domini usquo ad suam aetatem; beg.: ,Bello par-
thico, quod inter machabeos &c.‘ (15, 1963).
3000
18. 3. 10 (A. 5. 46). 4°, ch., s. XV. 1. Eutropii historio-
graplii libri cum Pauli Diaconi continuatione (dieser Theil 1481
geschrieben). 2. Raymundi Martiani Index in Caesarem (Fahr.
VI, 40).
3001
18. 3. 11. 4°, ch., s. XV. Suetonii Caesares cum tabula.
Am Schlüsse die Monosticha Ausonii.
3002
18. 3. 12. 4°, ch. & m., s. XV. Cicero de oratore.
18. 3. 14. hl. fol., m., s. XV. Juvenalis satirae. 3003
3004
18. 3. 15. fol., ch. <& m., s. XY. Varro de lingua latina.
3005
18. 4. 3 (A. 5. 48). 4°, di., s. XII in. ,Liber S. Cuthberti,
qui dicitur Paradisus/ 1. Heraclidis Paradisus seu de vita
sanctorum patrum (Historia Lausiaca; 74, 243). Die Vorrede
beginnt: ,In hoc libro quem de vita sanctorum patrum scrip-
turi sumus <ßc.‘ Buch I beg.: ,Multi quidem multos uariosque
libros diuersis temporibus &c.‘ 2. Historia persecutionis affri-
canae provinciae tempore Vandalorum a Victore episcopo Vi-
tensi scripta (58,179). 3. Liber Rabani de corpore et san-
guine Christi (Paschasius Ratpertus; 120,1262). 4. (An
dere Hand; s. XII) Liber Vimundi (Guitmundi) de corpore
Domini contra Berengarium (149, 1427); beg.: ,His temporibus
necessariam quidem &c.‘ 5. Sermo S. Augustini de sacra-
mento altaris; beg.: ,... nos sub figura an sub ueritate &c. c
3006
18. 4. 5. 4°, m., s. XIV in. Enthält (neben Galfridus Mo-
nemutensis) u. a. Secreta secretorum (Pseudo-Aristoteles, auch
de regimine principum; vgl. Cod. 350 = Bodl. 67) und Dares
Phrygius de bello Trojano.
3007
18. 4. 7. m., s. XV. Sedulius de actibus prophetarum et
toto Christi salvatoris cursu.
(3008 3015) Bibliotheca patrnm latinorum Britannica. VII.
O
3008
18. 4. 8 (A. 7. 4). eh., s. XV (Nr. 1—3 sind einem Mainzer
Incunabeidruck von 1478 ,per Johannem de Guldenschaff ‘ ent
nommen). 4. Pii Papae translatio Iliados libri in versus lat.
5. Eiusdem ad Carolum Cipriacum de amore (Ep. 409 der Nürn
berger Ausgabe von I486?). 6. Dionysius Alexandrinus de situ
orbis ex transl. Antonii Becchariae. 7. Dares Phrygius de
bello Trojano.
3009
18. 4. 9 (A. 5. 1). m., s. XIII. 1. Chronica Martini fratris
(Poloni?). 2. Hystoria Alexandri Regis Magni a Wilkine cive
Spoletino metrice composita; beg.: ,Post Abrahae leg. &c.‘
(vgl. P. Meyer, Documents manuscrits de V ancienne litterature
de la France p. 105, adn. 1).
3010
18. 4. 10. m., s. XIV. 1. Isidori episcopi Spalensis mappa
mundi; beg.: ,Septiformi spiritu in terra forma <&c.‘ 2. Spe-
culum regum a magistro G-otofredo Viterbiensi. 3. Ein Papst
katalog bis Nicolaus I. .4. Gereimte Rhythmen; beg.: ,Iuxta
ripam adrie Sedct urbs iocunda &c. 1
3011
18. 4. 11. ch. & m., s. XV. Iustini abbreviatio Trogi
Pompei.
18. 4. 12. 8°, m., s. XI. Idoratii carmina. 3012
3013
18. 4. 13. 8°, m., s. XIV. (,Ex libris DD. Robert de Saint
Victor'). 1. Vergilii Aeneis (bis XII, 300). Vorgebunden sind
2. zwei Blätter (modern); beg.: ,Qui bene vult disponere &c.‘,
schl.: ,explicit Alexanter' (Al exander Neckam de utensilibus;
Scheler im Jahrb. für rom. und engl. Literatur VII).
3014
18. 4. 14 (C. 5. 8). s. XV. (Vollendet am 28. August 1467
von Antonius Caballanus Clericus.) Vergilii poemata. Enthielt
einst Bucolica, Georgica und Aeneis, doch sind die Georgien
mit einem Theil der Aeneis verloren gegangen.
3015
18. 5. 1 (A. 5. 17). 4°, to., s. XIVex. Beda de gestis An-
glorum sive bistoria ecclesiastica gentis Anglorum (95, 21).
6
VII. Abhandlung: II. Scheu kl.
(3016—3025)
18. 5. 2. 8°, s. XV. Catulli carmina. 3016
3017
18. 5. 5. ch., s. XV (,III° decimo Kal. Apr. 1470'). Ovi-
dius~ de Ponto.
3018
18. 5. 8. 4°, ch., s. XVI. Aphthonii progymnasmata.
3019
18.5.9. 4°, ch., s. XVII. Isaacus monaclius de metris
poeticis.
3020
18. 5. 10. 8°, m., s.XIin. Excerpte aus Commentaren
zu lateinischen Dichtern. 1. in Juvenalem (von 188 an).
2. (fol. 5 b ) in Lucanum. 3. (fol. 8 a ) in Persium. 4. (fol. 12 l )
in Sedulium. 5. in Horatium (zu den Oden und der ars
poetica). 6. (fol. 22) in Virgilium (,aeglogae‘). 7. (fol. 30)
in Prudentium. 8. (fol. 34—39) ein Gedicht über Prosodie;
beg.: ,Ante per exemplum soliti cognoscere uersum Aut aliam
partem cum primam postque uocalem &c.‘
3021
18. 5. 12 (A. 5. 37). m., s. XII. 1. Statii Thebais. Voran
gehen Argumente; beg.: ,Soluitur in primo &c.‘ (vgl. Löwe —
v. Härtel, Bibi. patr. lat. Hisp. S. 169). 2. (andere Hand; etwas
jünger) Vergilii Aeneis.
3022
18. 5. 13 (A. 5. 18). in., s. XII. 1. Ovidii Fasti (bis V,
725). 2. (s. XIVex.) Claudiani carmina. Beg. mit in Eutro-
pium; schl. mit ,praebuit aula patrem' (Ende der praefatio zu
in VI. cons. Honorii Augusti).
3023
18. 5. 14 (A. 5. 14). ch., s. XV. Boethius de consolatione
philosophiae.
3024
18. 5. 15 (A.5.11). 8°, m., s. XV. Cicero: 1. de amicitia.
2. de senectutc. 3. de paradoxis (am Schlüsse unvollständig).
3025
18. 5. 16 (A. 5. 42). m., s. XII ex. 1. Macer de virtuti-
bus herbarum (vgl. Fabricius, Bibi. Lat. I. IV c. 12 p. 868).
2. Euax rex Arabum de virtutibus lapidum (Marbodus; 171,
1758).*
(3026—3030)
Bibliotlicca patrum latinomin Britannioa. VII.
7
3026
18. 5. 17 (A. 5. 9). 8°, tu., 5.X. Juvenalis satirae.
3027
18. 5. 18 (A. 5. 32). 4°, m., s. XIV in. 1. Boethius de
trinitate; heg.: ,Investigatam diutissime quaestionem quantum
nostrae mentis &c.‘ (64, 1247). 2. Augustinus de cognitione
verae vitae; heg.: ,Sapientia Dei, quae os muti aperuit &c.‘
(40, 1005). 3. Eiusdem de decern cordis sermo; heg.: ,Dominus
Deus noster misericors &c.‘ (S. 9; 38, 75). 4. Eiusdem de
trinitate omelia; heg.: ,Euangelica lectio proposuit nobis &c.‘
(S. 52; 38, 354). 5. Meditatio peccatoris; heg.: ,Supereminentem
omni qä post hominem deum &c.‘ 6. Eiusdem de penitentia;
heg.: ,Quam sit utilis et necessaria poenitentiae &c.‘ (S. 351; 39,
1535). 7. Augustinus de spiritu et anima; heg.: ,Quoniam
dictum est milii &c. 1 (40, 779). Die Stücke 8. Anselmus de
excellentia g. virginis matris Dei und 9. Idem de conceptione
virginis (159, 311) fehlen jetzt in der Handschrift. 10.' Gre-
gorii Turonensis rclatio; heg.: Apprehensus autem et Joseph
qui cum aromatibus &c.‘ 11. Augustini relatio; heg.: ,At-
tonite mentes opstupuere tortoris &c.‘ 12. Evangelium Tlieo-
dosii (Nicodemi); heg.: ,factum est in anno uicesimo tertio &c. 1
13. Conflictus civium Babilonic et Jherusalem: heg.: ,Inter Babi-
loniam et Jerlrn nulla est pars &c.‘
3028
18. 5. 19‘(A. 6. 12). 4o, 7)i., s. IX (irische Schrift). Li-
turgia S. Columbani Abbatis.
3029
18. 6. 3. ch., s. XV (1444 geschr.). Commentarius in Boe-
thium de consolatione philosophiae Michael Miniclardi (bezüglich
dessen Chevalier auf Bulaeus hist. univ. Paris. V 907 vei'weist).
3030
18. 6. 12 (A. 6. 4). tu,, s. XII. 1. Persii satirae.
2. Aviani fabulae. 3. (nach dem handschriftlichen Katalog
Williehni B iblifthefarii [Malmesburiensis?] opuscula quaedam)
heg.: ,Ei quicunque legit Martini musa quod egit Sicubi deli-
quit uitium sanare reliquit &c.‘ 4. jLingua paterna sonat
quod ei sapientia donat &c.‘ (Novus Cato; vgl. Zarncke, der
deutsche Cato p. 186). Schl.: ,iam uictus honorem.‘||. 5. Es
8
VII. Abhandlung: II. Schon kl.
(3031—3038)
folgen (nach einer Lücke, wie es scheint) sambische Verse:
Musicis concors miraerisque doctus Destinct motu digitisque
cantus Temperet omnes. Dann: .Doctiloquis Studium uerbis ex
tollere rebus &c.‘ bis ,raptoresque rapitb (5. ,Exemplarii uersus
Oratii poetae: Est mi purgatam crebro qui dkcl (Ep. I 1 17)
bis ,ponimus aras' (Ep. II1 18). 7. (von verschiedenen Händen).
jWillelmus canonicorum beati Hilarii minimus Wiperto. No metra
contempnas <£'c.‘ 8. Sympliosii aenigmata (unvollständig).
3031
18. 6. 13 (A. 6. 41). 4°, vi., s. XI ex (XII). 1. Galeni
opuscula. 2. (fol. 94). Antidotarius particularis.
3032
18. 7. 2 (A. 6. 35). 4°, m., s. XII. Terentii comoediae
in scriptura continua (Anfang fehlt); Subscription Calliopius
recensui.
3033
18. 7. 7. 8°, m., s. X in. Sedulii poemata (benützt von
Gibbald in seiner Edinburgher Ausgabe von 1701). Darnach
Versus Libcrati scolastici ,Sedulius domini per culta noualia
agen S‘ (Huemer p. 309).
3034
18. 7. 8 (A. 5. 22). 8°, m., s.XIex. 1. Invectivae Cice- .
ronis contra Catilinam (eine Lücke im Anfang von jüngerer
Hand ergänzt). 2. Invectivae Sallustii et Ciceronis mutuae.
3035
18. 7. 10 (A. 6. 32, 33). s. XIV. Biblia sacra cum ex-
positione vocutn Hebraicarum.
3036
18. 7. 14. 4°, s. XIV. 1. Johannis Antonii Gampani oratio
in die cinerum apud Pium II papam (Fahr. II, 327; Bibi, patrum
Lugdunensis XXVI, 806). 2. Lactantius a) de ira Dei (im
Anfang verstümmelt); b) de opiiicio Dei; c) de Pbenice ave.
3037
18. 7. 15. 4°, bomb., s. XIII ex. (XIV). 1. Cleomedis
y.’jy./.'.y.r, Öswpia; beg.: ,Toü y.'r/Xon mWaypö Xv(og.ivou &c.‘ 2. Arati
<by;vog£va mit Scholien.
3038
18. 7. 17. Zwei Fragmente. 1. (s. XI ex) Sinonima Cice
ronis (D—V; Anfang und Ende fehlt). 2. (s. X) angeblich
(3039 — 3043)
Bibliothecu patrum latinorura Britaonica. VII.
9
Fragmenta Topicorum Ciceronis; heg.: ,a comparatione q e
triplex &c.‘ schl.: ,iam doctos aut indoctos manifestius erudireb
3039
18. 8. 3 (A. 6. 28). s. XII ex. Flores Patrum. ,Flores
summarum uernant bie deliciarum Vita beatarum quorum sapor
est animarum/ Beg. mit , Varii sunt animantium affectus c&c.‘
(Gilberti de Hoylandia continuatio comm. S. Bernardi in
Cant. Cant.; 184, 11). Es folgen Excerpte aus Bernardus,
Hieronymus, Prosper de vita activa et contemplativa, llorcs de
epistolis beati Ilieronymi, Magister Julianus, flores de omeliis
Grcgorii; ferner aus Gregorras in Cant. Cant., in Ezechielem
und den Moralia; Augustini Confessiones, Hugo, Basilius ad
Monachos, Cassianus, de vitis patrum (heg.: ,Mens qui uere &c.‘),
Gregorius super Ezechielem (nochmals); versus de libro Ca-
tlionis; Bibelauszüge; Excerpte aus Augustinus, de diademate
monacliorum, Faustus (beg.: ,Siquis in congregatione liumili-
tatem sequentibus aut pacienciam <&c.‘ Aus I, 58. 871, Z. 1).
Isidorus (beg.: ,Si quis ad litem prouocet &c.‘), zuletzt Seneca
(beg.: ,Vendica te spiritum. &c. 1 ).
3040
18. 8. 5 (A. 6. 29). s. XV. 1. Aristoteles (ut fertur) de
dieta. 2. Commentarius in Psalmos; beg.: ,Multiplex sepe c&c.‘
3. Drei Strophen aus Chaucer ,Guo little bookb 4. Augu
stinus de cognitione verae vitaej beg.: ,Sapientia Dei &c.‘
(40, 1005). 5. Dialogi Theologici.
3041
18. 8. 7. m., s. XII. Ein Fragment aus Arator de actibus
apostolorum; beg.: ,Mensibus hibernis &c.‘ (II, 1206); schl.: ,in-
dicat ordo profundunF, d. h. mit den sechs Versen: ,Versibus
egregiis &c.‘, die gewöhnlich dem Arator beigegeben sind. (Die
Capitula von jüngerer Hand beigefügt.)
3042
18. 8. 9 (Jac. V. 8. 3). 12°, ch., XV. S. Bernardi vita
S. Malachiae nebst anderen seiner Werke.
3043
18. 8. 16 (W. 7. 28). Nach dem handschriftlichen Katalog
s. IX (X?; angelsächsische Schrift). Evangelia latine mit der
praefatio ,Lucas AntiochJ
10
VII. Abhandlung: II. Sclienkl.
(3044—3052)
3044
18. a. 3 (Jac. V. 2. 3). fol., in., s. XIV (1393 geschrieben).
Valerius Maximus cum expositione Dionysii de Burgo.
2. Edinburgh. University Library.
Die Handschriftensammlung dieser Bibliothek bestellt aus
zwei Theilen. Erstens aus der von dem schottischen Gelehrten
David Laing zusammengebrachten und der Universitäts-Biblio
thek vermachten Collection, welche zahlreiche schön illuminirte
Handschriften vlämischer Herkunft enthält, die für die Kunst
geschichte von grosser Bedeutung zu sein scheinen. Bei meinem
Besuche dieser Bibliothek (im Jahre 1887) benützte ich ein
im Druck befindliches Verzeichniss dieser Sammlung, das ich
durch persönliche Einsicht in die wichtigeren Handschriften zu
ergänzen trachtete. Ob dasselbe veröffentlicht und durch den
Buchhandel zugänglich gemacht ist, vermag ich nicht zu sagen.
Ausserdem besitzt die Universitäts-Bibliothek noch einen älteren
Grundstock von Codices, über welche ein handschriftliches Ver
zeichniss existirt.
3045
Laing 1. m., s. XIII. Biblia Sacra mit der Vorrede des
Hieronymus.
3046
Laing 2. m., s. XIII (nicht s. XIV, wie der Katalog angibt).
Biblia Sacra mit den Apocrypha und der Vorrede des Hieronymus.
Laing 3. m., s. XIIex. Novum testamentum. 3047
Laing 4. m., s. XIII. Novum testamentum. 3048
3049
Laing 5. m., s. XIin. (s. XII nach dem Katalog). Evan-
gelia IV cum prologis.
3050
Laing 6. 4°, m., s. XII ex. (s. XIII nach dem Katalog).
Evangelia IV graece.
3051
Laing 7. m., s. XIII (,liber S. Ruphi‘J. Pauli Epistolae
glossatae.
3052
Laing 8. m., s. XIII. Evangelium Johannis glossatum.
(3053—3061)
Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
11
3053
Laing 9. m., s. XII. Griechische Evangelienharmonie.
3054
Laing 10. m., s. XIV (s. XIII nach dem Katalog). 1. Psal-
terium et Preees. 2. Liber de gradibus virtutum a S. Am-
brosio ordinatus in 31 , Lectiones* (vgl. Cod. Bodl. 731
[Nr. 674]). 3. Dicta Augustini de laude psalmorum.
3055
Laing 12. m., s. XI (geschrieben 1083?). Psalterium
graecum.
3056
Laing 21. m. ; s. X (XI; irische Schrift). Kalender und
Gebete, darunter auch einige lateinische Verse.
3057
Laing 28. m., s. XIVin. 1. Instituta coenobiorum cum
S. Cassiani Eremitae praefatione (49, 53). 2. Eiusdem Colla-
tiones (49, 477).
3058
Laing 29. ch., s. XV. Rcvelatio nova (das Leben der heil.
Katharina und Martyrium der 11.000 Jungfrauen; vgl. A. SS.
21. October, Tom. IX.).
3059
Laing 30. ch., s. XV ( ; Liber apostolorum Petri et Pauli
in Ei'flbrdia'). Tractate von Ilugo (de conscientia) und Henricus
de Vrimaria. Im Deckel ein grammatisches Fragment s. XI
eingeklebt (,quid est enim respicio nisi retro aspicio &c.‘), in
dem Priscianus citiert wird.
3060
Laing 47. m., s. XIV. 1. Meditatioues B. Augustini.
2. Excergote aus Beda, Anselmus u. a. 3. (Peniteas cito pec-
cator &c.‘ (Petrus Blesensis 207, 1153; vgl. Haureau in Not.
et Extr. XXVII, 2, 10). Die Handschrift enthält auch altfran
zösische Stücke.
Laing 48. ch., s. XV (,Liber Cartusie Erfordiensis‘).
Alanus de Insulis.
3061
Laing 50. m., s. XIV. Innocentius III de contemptu mundi
(217, 701).
12
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3062—3068)
3062
Laing 51. m., s. XIV ex. (XV). 1. Cato (?). 2. Liber
parvi doctrinalis. 3. Liber cartule (184, 1307). 4. Damasus
de contemptu muudi.
Der sonstige Inhalt der Handschrift ist altenglisch und
altfranzösisch.
3063
Laing 56. m., s. XII ex. (s. XIII—XIV nach dem Kata
log). 1. Ein Tractat, heg.: ,Inuisibilia Dei a creatura mundi &c. 1
Schl.: ,Explicit de operibus trium dierum/ 2. (andere Hand)
Ein Gedicht über die Abstammung der Jungfrau Maria; beg.:
,Trcs tribus Anna uiris legitur peperisse Marias cfec.‘ 3. (wieder
andere Hand) ,Formula de corpore (?) Christi incipit. Quoniam
doctorum eruditio semper, Anatliole &c.‘ (blos eine halbe Seite).
4. (neue Hand) ; Incipit prologus Hugonis. Quatuor uirtutum
species multorum sapientium &c.‘ Dann ; In principio fecit Deus
XX opera &c.‘
3064
Laing 57. m., s. XV. 1. Mapbaei Vegii de perseverantia
(religionis libri IV) (Paris 1511; Fahr. V, 14). 2. Zwei Tractate
des Johannes Chrysostomus; beg.: ,Sunt quidem plurima item &cl
und ,Et ista quidem de prouidentia &c.‘ Am Schlüsse (als
Federproben) allerlei Verse von jüngerer Hand. Theilweise in
Nachahmung älterer Schrift.
3065
Laing 145. m., s. XII (,S. Mariae de Radinger‘). 1. S. An-
selmi et variorum tractatus; darunter auch (Anselm.us) de libero
arbitrio; beg.: ,Quoniam libero arbitrio uid. repugnare &c.‘ (158,
489). 2. ,Incipit praefatio Aniani in omeliis Chrisostomi de
laude S. Pauli Apostoli‘ (21, 1175).
3066
Laing 146. m., s. XIII. Basilii Hexaemeron cum prologo
Eustathii (53, 867).
3067
Laing 147. m., s. XIII in. Isidori episcopi Etymologiae
(82, 73). Ausserdem Verse und Recepte.
3068
Laing 165. m., s. XII in. (s. XIV der Katal.; ,Johannis
Hervagiianno 1523 emptusIIIIaureis'). Priscianus inlibrisXVI.
13
(3069—3084)
Bibliotlieca patruin latinorum Britannica. VII.
3069
Laing 178. s. XV. Zonarae Loxicon Graecum.
3071
Laing 184. in., s. XV (XVI) Chrysolorae erotemata.
3072
Laing 189. m., s. XIII. Gualteri Alexandreis (209, 459).
3073
Laing 386. ch., s. XV. Grammatische Erotemata; heg.:
jIIoctoc Ypct(j.pi,aTa &c.‘
Laing 190. ch., s. XV. Justinus. 3074
3075
Laing 430. ch., s. X V. P. Terentii Afri comoediae sex.
3076
Laing 437. ch., s. XVI. Epicteti Enchiridion gr.
3077
Laing 438. ch., s. XVI. Juvenalis satirae cum argu-
mentis &c.‘
Laing 441. ch., s. XVI. Horatii satirae. 3078
3079
Laing 442. ch., s. XVI. Griechische Texte mit gegenüber-
stehender lateinischer Uebersetzung. 1. Epicteti Enchiridion.
2. Cebetis tabula. 3. Isocrates ad Demonicum. 4. Sapien-
tium quorundam dicta (christlich). 5. Septem Sapientium
gnomae. Bios griechisch sind 6. verschiedene gnomologische Ex-
cerpte, auch aus Maximus (z. B. Alayh/rfi. Tb irepav y.aGeüosiv &c.).
Name des Besitzers oder Schreibers BsveScato? Bs^eXevjX.
3080
Laing 444. 4°, m., s. XV. Acro in sermones Horatii.
3081
Laing 448 enthält nicht, wie der Katalog besagt, deutsche,
sondern schwedische Verse (Eric Hanssen).
3082
Laing 449 & 500 Bruchstücke verschiedener Handschriften
(nicht eingesehen).
Laing 667. s. XIII. Evangelia gr. 3083
3084
Laing 716. Jacobi Gronovii dicta(ta) in Pomponium Melam
de situ orbis.
14
VII. Abhandlung: H. Schenkl.
(3085—3086)
3085
Laing 811. m., s. XIII. (1214 Neophytus presbyter (vgl.
Archaeologia vol. XLVII). Geschr. Sia suxsXou? ßaaiXeiou
Upew; StSauy.äXou y.ai xaßcuXapi'ou xöiv xaßouXaptuv -vjg dyioxdxY]!; eici-
axoicij? iza'.pou xou utou xoö y.axYjyyjxou p,v” p,atw 0yy ß’ xo> gttyß Ixet.
Ausserdem in der Handschrift noch ein griechisches Stück
s. X in. eingebunden.
3086
A. b. a. 39. 4°, m., s. XII. 1. Biblia abbreviata. Dazu
wird wohl auch der nächste von mir notierte Anfang gehören
; Et folium eius non defluet &c.‘ (Ps. I, 3); schl.: ,deducit ad
inferos et reducit' (I Reg. 2, 6; oder Tob. 13, 2 ?). 2. ,Incipit
über testimoniorum Isidori contra iudeos. Venerabili et sanctae
sorori Florentinae Ysidorus. Unde oritur corruptio non haberet
<&c.‘ (?). 3. ,(U)nus duo tres quartnm ex numero uestro Timee
requiro &c.‘ (Platonis Timaeus interprete Chalcidio. 4. ,Tu
quem psallentem tbalamis &c. 1 (Martianus Capella de nuptiis
Mercurii et Philologiae l. I.); schl. ,ornatissime refulsere' (Ende
der Prosa des 2. Buches; p. 52 ed. Eyssenhardt). 5. ,sic in
phedrone inexpugnabiüum <&c.‘ (Macrobii Comm. in Ciceronis
Somnum Scipionis I, 5); schl.: ,praecepta mandatur.' 6. ,Cum
in Affrieam uenissem &c.‘ (Ciceronis Somnium Scipionis);
schl.: saeculis reuertuntur (eine jüngere Hand s. XIII fügt bei
ille discessit ego somno solutus). (Von hier an jüngere Hand
s. XII ex.) 7. ,Nam si singulas disciplinas &c.‘ (Cicero de
natura deorum I, 11); schl.: ,propensior. Explicit über de natura
deorum'. 8. (von jüngerer Hand der Titel Trismegistus ad
Asclepium et Hammonium et Hermiam hinzugefügt). ,0 Asclcpi
omnis humana immort. &c.‘ (Apuleius; c. II p. 29 ed. Goldb.);
schl.: ; incredibilitas contempnat humana'. Von den Worten ,Quid
est o trismegiste &c.‘ (c. XXVIII p. 50 ed. Goldb.) an beginnt
wieder die erste Hemd. Sch.: ,et sine animalibus cenam.'
9. (Apuleius de deo Socratio m 2 ) ,Prophana philosophiae turba
&c. 1 (c. III p. 7 ed. Goldb.); schl.: ,ncc accessit'. 10. Incipit
Calcidius in tymeo. ,at uero dei operum origo &c.‘ (c. XXIII
p. 89 ed. Wrobel). 11. (hier beginnt eine 3. Hand s. XII).
, TI aut secus obstetricum uatiniis &c.‘; schl.: subtilius non parum
15
(3087—3092)
Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
accommodauit' (m 2 hat als Titel Dicta [oder DietaJ Albu-
massar hinzugefügt).
Am Schlüsse von einer Hand des XIII. Jahrh. ,Iste über
est fratris clementis (dieses Wort in Rasur von m 2 ) ordinis
fratrum praedicatorund, hierauf ein Inhaltsverzeichnis und
nochmals von m 2 Clementis Rocha.
3087
A. b. c. 10. kl. fol., m., s. XIII. Cassiodori historia eccle-
siastica (69, 879). Bricht in Buch XII mit ,monens ut omnes
pecunias' (?) ah.
3088
Ohne Signatur, m., s. XIII ex. (,liber sce Marie de dulei
chorde‘). B. Gregorii Dialogi (an der oberen Ecke beschädigt;
77, 149). Am Ende zwei Blätter (s. XIII in.) mit altfranzö
sischen und lateinischen Gebeten.
3089
Ohne Signatur, ch., s. XV (vollendet am 5. April 1462).
Sallustii Catilina et Jugurtha. Die einzelnen Capitel haben
rothe Specialtitel; am Schlüsse stehen die Verse:
Qui cupis ignotum iugurte noscere letum
Tarpeia rupis (?) pulsus ad ima (?) rupit
Licet necatum referant in carcere plures.
3090
A. b. e. 22. ch., s. XV. Geoponica gr., mit Pinax der
21 Bücher.
3091
Ohne Signatur, ch., s. XV. (,Liber sce marie virginis
in huysborcld). 1. Cantica cum dictis. 2. Expositio super
mgt (?). 3. Sermo de passione Domini. 4. Item super can
tica canticorum. 5. Prologus Honorii papae: ,Cantica Canti-
corum dicunt quin <&c.‘ 6. Tabulae dominicales. 7. De
duplici ignorantia. 8. Stella clericorum: ,Quasi stella matu-
tina &c.‘ 9. Item de festo visitationis Marie. 10. Item
quaedam collecta de dictis B. Bernardi super Cantica.
3092
C. X. e. 13. m., s. XIII. 1. Biblische Geschichte in Disti
chen mit Recapitulationen am Ende. Der Anfang fehlt; Exodus
heg.: ? Hic sacra digna deo fiunt ; hic crimina mundant non ali-
16
VII. Abhandlung: II. Schenkl.
(3093—3096)
quas maculas cetera sacra leuant &c.‘ 2. ,Liber magistri Jo
hannis H(alt)avillensis qui Architrenius dicitur ad Gualterum
de Constantiis Rothomagensem episcopura. Velifieatur Atlios;
dubio mare ponte ligatnr die/ (The Anglo-latin satirical poets
in Berum Brit. med. aevi Scr. Bd. 59; 1, 290). Der Prolog
stellt am Schlüsse. 3. Anticlaudianus Alani de Insulis (210,481).
3093
Ohne Signatur. 4°, m., s. XIII, 2 Col. Lateinisches Dictio-
narium; heg.: ,A littera secundum Ysidorum in Omnibus linguis
est prior quia nascentium uocem aperit &c.‘ (Papias?). bricht
mit uirago dicitur quia (quasi ?) uiro acta et est ductum non
a uiri nomine' ab.
3. Edinburgh. New College.
Catalogue of the printed books and manuscripts in the
library of the New College. Edinburgh 1868 (J. Laing). Die
wenigen lateinischen Handschriften, welche sich auf p. 935f.
angegeben linden, stammen sämmtlich aus der Bibliotheca
Sussexiana, deren Nummern nach Pettigrew’s Katalog ich auch
im Folgenden beibehalte.
3094
75. 12°, m., s. XIV, ööfoll. Augustini soliloquium.
3095
76 und 77. 4°, m., s. XV. Augustini meditationes.
3096
80. 4°, m., s. XV, 73 fall. 1. Augustini (et Hieronymi)
epistulae, und zwar die Nummern 28, 40, 71, 75, 68, 73, 81, 67.
72, 39 des zweiten Theiles der Benedictinerausgabe. 2. Hie
ronymi expositio litterarum Hebraicarum. 3. Eiusdem ad
Hidebiam quaestiones XII (Ep. 120; 22, 980). 4. Eiusdem
vitae Pauli et Malchi (23, 17 und 33). 5. Damasi ad Hiero-
nymum epistola et Hieronymi responsum. 6. Hieronymus
in expositione evangelii secundum Matthaeum.
4. Glasgow. Hunterian Museum.
Ein, allerdings sehr dürftiges, Verzeichniss der Hand
schriften hat Ilänel in seinen Catalogi S. 786 gegeben, vielfach
("3097—3104) Bibliotlioca patrum latinorum Britannica. VII.
17
ohne Datierung. Auch ist clie Aufstellung der Handschriften
mittlerweile geändert worden. Dem Bibliothekar Herrn Pro
fessor John Young, M. D., bin ich für zahlreiche werthvolle
Nachträge zu grossem Danke verpflichtet.
3097
S. 1. 4. fol., in., s.XII—XIII. 1. Flavii Josephi historia
antiquitatum Judaicarum. 2. Eiusdem de bello Judaico; leg.:
,Q,uoniam bellum quod cum populo &c.‘ Vorher geht Eusebii
Hieronymi laus Josephi (aus de scriptoribus illustribus).
3098
S. 2. 3. 4°, m., s. XV. Grammatica linguae latine; leg.:
,Grammatica est scientia recte loquendi <&c.‘ Als Quellen sind
am Rande angegeben: Festus, Valla, Guido Marcinellus, Pri-
scianus, Idetius (?).
3099
S. 2. 5. ch. & m., s. XV. 1. BsoSoiXoo (Thomae) Mayiavpoo
iv.'kC'((x\ AEiSWV ’ATTiy.ÖV. 2. nXotVOuäv;; TTSpt GUVTClijstoV p^p.ävwv äp,£Ta-
ßäiwv y.sci p.£TaßaTtx<öv (vgl. Bachmann’s Anecd. II 153 adn.)
3. MavouvjA Moc/CTTO'jkou t/.Xo-f *oaä axov/fiov cvop.itwv ’Aruixtov (Paris
1532). 4. Ascr/.sv v.ccia cvot^elov zspi Tiveugotitov irapa TpuoGivo? Xotpo-
ßoT/.ou ■/.!:. GeoSwphoo. — Name des Schreibers ’luavvr;? ‘Ppcrg/laxoc
o ßoxäpSo?. Einst im Besitze P. Burmann’s ,ex auctione Boer-
nerianak
3100
S. 2. 8. fol., m., s. XV. Ciceronis orationes Philippicae.
3101
S. 2. 9. 4°, in., s. XIIex. Theodoreti commentarius in
Psalmos; gr.
3102
S. 2. 10. 4°, m., s. XIIIin. Hegesippus de excidio Ju-
daeorum libri Y (15, 1965); bricht mit /juinque in aquae ductu
abscondiP (15, 2206) ab.
3103
S. 2. 11. 4°, m., s. XIIex. Priscianus de partibus ora-
tionis; leg.: ,Cum omnis eloquentia die/ Bricht in VIII, 47 mit
den Worten ,et sine praepositione proferrfl (p. 412 3 ed. Hertz) ab.
3104
S. 2. 16. fol., in., s. XVin. Terentii comoediae; heg. un
vollständig: ,Qui gnatum haberenF (Andr. 71) und bricht mit
Sitzungsber. d. pbil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 7. Abb. 2
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
18
(3105—3110)
,conuenire possim uP ah. — Gefunden ,apud ]>enwarn in agro
Cornubiensi 11 Kal. Maias 1738b
3105
S. 2.17. fol., m., s.XIIin. Yergilii Georgica. Am Schlüsse
von anderer Hand die Sub script io: Johannes Dvile de gliperg
plebanus inhuna cenobita In monte sei Johannis sub dominis
abbatibus Dammone Wilhelmo et Yolperto militans scripsi bodie
prid. kal. Martias anno D primo super millesin)'.
3106
S. 2.'20. 8°, m., s. XII. 1. Bedae (Defensoris monachi)
scintillarium (88, 597). 2. De penitentia; heg.: ,Si quis do-
leas &c. 3. De primo ordine; heg.: (In primo ordine canoni-
stria appon. &c.; der letzte Theil de septimo ordine. 4. Arn-
monitio S. Augustini; heg.: ,Propitio Christo fratres karissimi
ita lectionem diuinam auido &c.‘ (Sermo 56 ad fratres in Eremo,
40, 1339). 5. ,Incipit über S. Augustini de conflictu uitiorum
et machina uirtutum. Apostolica uox clamat per orbem atque in
procinctu fidei &c. 1 (40, 1091). 6. De quattuor virtutibus;
heg.: ,Sunt animi uirtutes im &cl
3107
T. 1. 1. fol., to., s. XIV. 1. Ein medicinischer Tractat;
heg.: ,Medicina diuiditur in duas partes &c.‘ 2. Theophilus
de urinis. 3. Ypocratis aphorismorum übri cum commento
Galieni ex Arab. in lat. transtulit Constantinus Africanus.
4. Ypocratis regimen actuarium aegritudinum cum commentario
Galieni. 5. Galieni Tegni cum commentario Haly. 6. Ypo
cratis prognosticorum über cum commentario Galieni.
3108
T. 2. 3. fol., ch., s. XVII. Collation eines Codex ,soc. Jesu
Antwerpiensis', das Onomasticon Pollucis enthaltend, mit der
editio Juntina.
3109
T. 2. 4. fol., ch., s. XVI. Olympiodori commentarius in
Platonis Phaedonem.
3110
T. 2. 5. (Incunahel, Pergamentdruck.) Qu. Curtius, II.
III—XI.
(3111—3114)
Bililiotheca patrum latinorum Britannica. VII.
19
3111
T. 2. 11. 4°, m., s. XIV. Quintiliani causae XIX; beg.:
Ex incendio domus adolescens &c.‘ (also wohl die Excerpta; in
Burmann’s Ausgabe vol. II). Am Schlüsse ein Distichon:
,Inuidia quondam suppressus rhetoricorum
In lncem redeo Quintilianus ego/
3112
T. 2. 14. 4 °, w., s. XIV. 1. Cicero de oratore.
2. Eiusdem oratio de haruspicum responso. 3. Ein Tractat;
heg.: ,Res militaris in III diuiditur partes &c.‘ 4. Cicero
de finibus; heg. unvollständig mit: ,In eo antem uoluptatis &c.‘
(II, 14). 5. Eiusdem Lucullus (Academ. priora).
3113
T. 2. 15. kl. fol., m., s. XI ex. ungewöhnlich dickes Perga
ment. Auf fol. 1 a allerlei Verse; z. B.: ,Terque quaterque parit
iusto lux una ruinam &c.‘ (fol. l l ) ,Domino ac beato patri
Macedono presbitero Sedulius in Christo o' prius t\ salutem.
Postquam (?) me uenerabilis pater <&c.‘ (ed. Huemer p. 1).
(fol. 5) ,Paschalis Carminis über primus incipit. Paschales qui-
cumque dapes conuiua requiris &c.‘ (p. 14). Durchaus Special
titel, wie de translatione Enoci, de Abraham et Sara u. s. w.
Schl. (fol. 22) ,Sufficeret densos per tanta uolumina libros. Ex-
pliciunt quattuor euangeliorum libri. Incipit ymnus Sedulii. Can
temus socii Domino cantemus honorem &c.‘ (H. p. 155). Schl,
(fol. 25) ,Cum sancto spiritu gloria magna patri. Finit. Versus
Bellaesarii Scolastici. Sedulius Christi miracula uersibus edenS
&c.‘ (H. p. 307); schl. (fol. 25 v ) ,Semotis cunctis modicis satu-
rauit ab esciS. Incipit ymnus Sedulii. A solis ortus cardine
ad usque terrae limitem &c.‘ (H. p. 163); schl. (fol. 26) ,cal-
cauit unicus dei seseque caelis reddidit. Finit ymnus Sedulii
uenerabilis antistitis/ — (f<A. 26 h ) ,Salue festa dies toto uene-
rabilis aeuo &c.‘ schl.: ,Dixerat ut Gabriel nascitur EmmanueP;
eine jüngere Hand hat mehrere Verse bis ,Fulgida misteriis (?)
cernitur ethereus' hinzugefügt. (Vgl. Cod. 2996 == Advocates’
library 18. 3. 4).
3114
T. 3. 3. fol., to., s. XV. 1. Ciceronis Brutus. 2. Eius
dem ad filium partitiones oratoriae. 3. Eiusdem Topica.
2*
20
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3115—3119)
3115
T. 3. 13. 4°. Petri de Crescentiis ruralium commodorum
libri (vgl. H. Keil im Index schol. aest. Hai. 1885).
3116
T. 4. 1. m., s. XIV. 1. G-uidonis de Columna liistoria
Trojana; heg.: .Licet cotidiano &c.‘ 2. Julii Valerii liistoria
Alexandri Magni; heg.: ,Aegyptii scientes &c.‘ 3. ,Incipit pro-
logus de gestis Karoli editus a Turpino Arcliiepiscopo &c.‘
4. Paulus de veneciis; heg.: (oder ein nachfolgendes Tractat?)
,Licet rnulta et uaria de ritibus &c. 1 5. Itinerarium Johannis
de Maundeville; heg.: ,Quia plures desiderant audire de terra
sancta cßc‘.
3117
T. 4. 2. 4°, m., s. XII in. 1. Calendarium. 2. De
temporibus; heg.: ,Unde dicta sunt tempora? &c.‘ (Beda de
ratione computi; 90,579). 3. (fol. 11). 7 Incipit praefatio Be-
dae presbyteri et monachi in librum de temporibus' (90, 277).
4. (fol. 71 b ). ,Incipit epistola yenerabilis Bedae presbyteri
ad Withedum presbyterum magnae religionis uirum de uernali
aequinoctio' (90, 599). 5. (fol. 73 b ). ,Incipit Epistola reveren-
dissimi Dionysii abbatis urbis Romae. Beatissimo et nimium
desideratissimo patri Petronio episcopo Dyonisius Exigius. Pa-
schalis festi rationem quam multorum diu frequentem <&c.‘
(67, 19). 6. (fol. 75). Epistola reverendissimi Dionisii ad
Bonifacium et Bonum secundicerium; heg.: ,Reuerentiae paschalis
regulam &c.‘ (Ep. II; 67, 23). 7. (fol. 92). Compotus volgaris
qui dicitur ephemerida Abdonis. 8. (fol. 95 h ). Sententia Ab-
donis (Äbhonis?) de ratione sperae (139, 579). 9. (fol. 116).
,Hyginus M. Fabio Salutem. Etsi te studio grammaticae artis
&c.‘; hricht mit: ,indictio ad eos oppugnandos' ah. — Die
Handschrift enthielt einst noch: 10. Aratus astrologus.
11. Beda de naturis rerum. 12. Beda de temporibus minor.
13. Beda de arte metrica. 14. Beda de scematibus et tropis.
3118
T. 4. 3. 4°, ch., 1515 geschrieben. Bedae liistoria eccle-
siastica Anglorum (95, 16).
3119
T. 4. 4. 4°, m., s. XIV ex. Commentarius in Psalmos (un
vollständig). Beg.: ; conformare, ut beatitudines in primo parente
21
(3120—3126)
Bibliotlieca patrum latinorum Britannica. VII.
amissam in se studeat reformare &c.‘ Der 2. Psalm heg.: ,Quare
fremuenint gentes • id est philistei • quod omnes qui non
erant de gente iudeorum uocabantur gentes seu gentiles. Et
populi diuersarum ciuitatum in terra philistinum (?) existentium.
Meditati sunt inania intendebant enim destruere regnum
dauid sed frustrati fuerunt ab intentione sua &c.‘
3120
T. 4. 7. 4 , wi.j s. Lactantn mstxtutionum divmarum
libri VII.
3121
T. 4. 11. 4 °, m., s. XIII. 1. (Pauli Diaconi) historia
Langobardorum; heg.: ,Septentrionalis plaga &e.‘ (95, 434).
2. (Victoris Vitensis) tractatus de dura persecutione affri-
canae ecclesiae ab Arrianis illata. 3. Tractatus Augustini
contra errorem (?) heresis Arrianae: ieq.: .Eorum praecedenti
(&c.‘ (42, 683).
3122
T. 4. 13. 4°, m., s. X in. (ivestgothische Schrift mit manchen
Eigentümlichkeiten). 1. Liber de arte medicinae. 2. De in-
firmitatibus. 3. De curis ex G-aleno et Hippocrate. 4. ,Aute
uolumina ad erbas perquirenda arcilleor est origanum &c.; schl.:
,Explicit ante balumina'. 5. ,Incipit ante balumi ypocratis et
Galieni pro acanti sperma lignis &c.‘ 6. .Ine. nomina omnium
pimentorum uel erbarum ubi nascunt uel crescunt aut in quales
regiones uel pro'uincias quid medici scire debent. Medicina si
quis uult recte quere bec debet &c.‘
3123
T. 5. 2. 4°, m., s. XIII in. 1. Parabolae Salomonis cum
commentario (Walachfridi Glossa ordinaria; 113, 1079).
2. Ecclesiastes cum commentario 113,1115).
3124
T. 5. 15. 4°, m., s. XII ex. (XIII in). Eutropius et
Paulus Diaconus.
3125
T. 6. 14. 8°, ch., s. XV in. Pbalaridis epistolae gr.
3126
U. l. 6. 4°, m., s. XIVex. Hieronymi epistolae 1. Ad
Eustocbium de virginitate servanda (Ep. 22; 22, 394). 2. Ad
Siluinam (!) de Nebridio (79; 724). 3. Ad Aggeruchiam (123;
22
VII. Abhandlung: H. Schenk!.
(3126)
1046). 4. Ad Ebidiam (!) quaestiones XII (120; 980).
5. Ad Pammachium de morte Paulinae; heg.: ,Sanato uulnere
et in cicatrice superdicte cutis &c.‘ (66; 639). 6. Ad Julianum
exbortatoria et de pignoribus (118; 960). 7. Ad Oceanum de
morte Fabiolae (77; 690). 8. Ad Damasum papam de panibus
(App. Ep. XLIII; 30, 292). 9. Ad Paulum de alphabeto lie-
braeo (Ep. 30; 22, 441). 10. Solutiones quarundam quae-
stionem ad Marcellam; heg.: ,Magnis nos prouocas quaestionibus
&c.‘ (Ep. 59; 22, 586). 11. Ad Marcellam de diapsalma (28;
433). 12. Exhortatio Paulae et Eustocbii ad Marcellam de
sanctis locis (46; 483). 13. Consolatoria ad amicam (um!)
aegrotam (um?); heg.: ,Quamquam certissime noueris (?) ex-
perientiam tuam &c.‘ (App. Ep. V; 30, 61). 14. Apologia ad
Pammachium (49; 511). 15. Ad Pammachium de libris adversus
Jovinianum et de interpretatione quorundam (48; 493). 16. Ad
Pammachium et Marcellam (97; 790). 17. Ad Dompnionem
(50; 512). 18. Ad Fabiolam de veste sacerdotali (64; 607).
19. Ad matrem et filiam in Galliis morantis (117; 953).
20. Symbolum fidei Damaso missum; heg.: ,Credimus in deum
patrem omnipotentem cunctorum uisibilium et inuisibilium &c.
(vgl. Ep. XVII App.; 30, 176). 21. Epistola Damasi ad
Hieronymum (35; 451). 22. Hieronymi ad Damasum de
propositis quaestionibus (36; 452). 23. Ad Damasum in ex-
positione Origenis in Cantica Canticorum und Origenis Omeliae
II super Cantica Cant. (23, 1117). 24. Ad Damasum nomine III
ypostaseon (Ep. 15; 22, 355). 25. Ad Damasum cui apud
Syriam (?) in fide communieare debeat (16; 358). 26. ,Et
factum est in anno, quo mortuus est rex Ozias &c.‘ (Ad Da
masum Papam de Seraphim et de calculo ep. 18; 361).
27. (Hieronymus ad Augustinum) ,In ipso profectionis &c.‘
(102; 830). 28. Ad Augustinum. ,Anno praeterito &e. 1 (103;
831). 29. Augustini epist. ad Praesidium (111; 915).
30. Augustinus ad Hieronymum. ,Numquam eque quisquam
&c.‘ (56; 665). 31. Hieronymus ad Augustinum. ,Crebras
ad me &c.‘ (105; 834). 32. Augustinus ad Hieronymum. ,Habeo
gratiam &c.‘ (67; 647). 33. Augustinus ad Hieronymum. ,Ex
quo cepi &c. 1 (104; 832). 34. Hieronymus ad Augustinum.
,Tres simul epistolas &c.‘ (112; 916). 35. Ad Marcell(in)um et
Anapsicliiam (126; 1085). 36. Ad Augustinum. ,Cum a sancto
(3126)
Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
23
&c.‘ (115; 935). 37. Augustinus ad Hieronymum. ..Jam pridem
&c.‘ (116; 936). 38. Augustinus ad Hieronymum. ,Quod ad te
&c.‘ (132; 1138). 39. Hieronymus ad Augustinum (Visum <foc.‘
(134; 1161). 40. Ad Augustinum. ,Omni quidem &c.‘ (141;
1179). 41. Ad Augustinum. ,Multi utroque &c.‘ (142; 1180).
42. Ad Alypium et Augustinum (143; 1181). 43. Augustinus
de origine animae; heg.: Deum nostrum qui uos uocauit in
suum regnum &c.‘ (131; 1124). 44. Hieronymus ad Helio-
dorum (14; 547). 45. Ad nepotianum (52; 527). 46. Ad
Paulinum presbyterum (58; 579). 47. Ad eundem de omnibus
divinae historiae libris (53; 540). 48. Ad Amandum (55; 560).
49. Ad Pammachium. ,Paulus praesente &c.‘ (57; 568).
50. Epiplianii Cyprii ep. ad Hieronymum (91; 757). 51. Pam-
machii et Oceani ep. ad Hieronymum (83; 743). 52. Hiero-
nymi responsum (84; 744). 53. Pammachii et Oceani ep. ad
Hieronymum; heg.: ,Qui Etbyop. &c.‘ (App. Ep. XXXII; 30,
239). 54. Hieronymus ad Oceanum de vita clericorum (App.
Ep. XLII; 30, 288). 55. Ad Oceanum de uxore (69; 853).
56. Ad Euagrium (Euangelum. 146; 1192). 57. Ad eundem
de Melcliisedech (73; 676). 58. Ad Marcum presbyterum (17,
359). 59. Ad Avitum (124; 1059). 60. Definitio fidei sym-
boli Nicaeni; heg.: ,Credimus in unum deum patrem omni
potentem omnium uisibilium et inuisibilium creatorem &c.‘
61. Ad Superantium (Exs. 145; 1191). 62. Ad Rusticum (122;
890). 63. Ad'Tranquillinum (62; 606). 64. De honorandis
parentibus (Ep. App. XI; 30, 145). 65. Ad Crastinam (Casto-
rinam) Materteram (13; 346). 66. Ad Helyodorum episcopum.
Epitaphium Nepotiani (60; 589). 67. Liber contra Helvidium
(23, 183). 68. (Adversus Yigilantium) heg.: ,Justum quidem
fuerat nequaquam tibi &c.‘ (61; 602). 69. Ad Riparium; heg.:
,Acceptis primum litteris tuis non respondere &c.‘ (109; 906).
70. Adversus Yigilantium. ; Multa in orbe &c.‘ (23, 212).
71. Ad Magnum oratorem urbis Romae (70; 664). 72. Ad
Rufinum presbyterum de iudicio Salomonis (74; 682). 73. Ad
Vitalem (72; 672). 74. Ad Florentinum; heg.: ,Quantus beati-
tudinis tuae rumor <&c.‘ (4; 335). 75. Ad eundem de stabilienda
amicitia (5; 336). 76. Ad Abiganum (!) Spanum (76; 689).
77. Ad Castricianum (Castrucium. 68; 651). 78. Ad Pabianum
dyaconum lapsum (147; 1195). 79. Ad Julianum dyaconum
24
VII. Abhandlung: H. Schenkl.
(3126)
(6; 337). 80. Ad Niceam yppodiaconum (8; 341). 81. Ad
Rusticum; heg.: ,Nihil est Christo fei. &c.‘ (125; 1071). 82. Ad
Paulum senem monachum (10; 345). 83. Ad Cromatium Jovi-
nianum &c.‘ (7; 538). 84. Crissocomäs monachum (9; 342).
85. Ad Antonium monachum (12; 345). 86. Ad Theodosium
et ceteros anachoretas (2; 331). 87. Ad Minervum et Ale-
xandrum monachos (119; 966). 88. Ad Cyprian um preshyterum
(140; 1166). 89. Damasi ad Jeronimum preshyterum; heg.: ,I)um
multa &c.‘ 90. Responsum Hieronymi; heg.: ,Beatissimo Papae
Damaso sedis apostolicae &c.‘ 91. Ad Paulam de dormitione
Blesillae (39; 465). 92. Ad Demetriadem (130; 1107).
93. Ad Aletam (107; 867). 94. Ad Furiam (54; 550).
95. Ad Tyrasium (Ep. App. XL; 30, 278). 96. Ad Oceanum.
(69; 653). 97. Capitula et quaestiones ad Algasiam (121;
1007). 98. Ad Marcellam de Onaso (40; 473). 99. Ad
eandem de hebraicis nominibus et v. (26; 430). 100. Ad
eandem de decem nominibus &c.‘ (25; 428). 101. Ad eandem
de fide; heg.: ,Testimonia de Johannis evangelio congregata
die. 1 (41; 474). 102. Ad eandem de blasphemia (42; 477).
103. Ad eandem de detractoribus suis; heg.: , Post priorem
epistolam in qua de hebreis die. 1 (27; 431). 104. Ad eandem.
, Abraham tentatur &c.‘ (38; 463). 105. Ad eandem. ,Epi-
stolare officium &c.‘ (29; 435). 106. Ad eandem. ,Beatus
Pamphilus diel (34; 448). 107. Ad eandem. ,Ut tarn par-
vam &c.‘ (32; 446). 108. Ad eandem de exitu Lee (23;
425). 109. Ad eandem de vita Asellae (24; 427). 110. Ad
eandem, de urbe seced. (?. 43; 478). 111. Ad eandem de
muneribus. ,Ut absentiam &c.‘ (44; 480). 112. Ad Theo-
doram (75; 685). 113. Ad Innocentium (10; 345). 114. Ad
Principiam; heg.: ,Sepe et multum flagitas &c.‘ (127; 1087).
115. Ad Asellam (45; 480). 116. Ad virginis hermonenses
(11; 344). 117. De dormitione Paulinae (66; 639); heg.: ,Si
cuncta mei corporis membra uerterentur &c.‘ (108; 878).
118. Ad Desiderium (47; 492). 119. De tribus virtutibus
(App. Ep. VIII; 30,115). 120. Ad Dardanum; heg.: ,Queris
Dardane Christianorum nobilissime &c.‘ (129; 1099). 121. Ad
Lucinum (71; 669). 122. Ad Fabiolam de XLII mansionibus
(78; 698). 123. Ad Euagrium; heg.: ,Nisi uererer beatissime
frater ne inter simulatos amicos &c.‘ (F. S. Paulini ohiurgatio;
(3127—3130) Bibliotheca patmm latinortim ßritannica. YII.
25
lei Hieronymus XI, 192 ed. Vall.; auch als Bachiarius de
reparatione lapsi lei M. 20, 1037 gedr). 124. Ad Presidium.
,Nulla res &c.‘ (App. Ep. XVIII; 30, 182). 125. De XII
doctoribus (23; 723). 126. Ad Demetriadem. ,Si summo in-
genio pari fretus &c.‘ (Pelagii Ep.; App. Ep. I; 30, 15).
127. ,Voce me prouocas &c.‘ (Ad Paulinum. 85; 73). 128. Ad
Damasum de filio prodigo (21; 379). 129. Praefatio Rufini
periarchon (80; 735). 130. Apologia Rufini (Ad Anastasium
papam?; 21, 623). 131. Hieronymus ad Rufinum. ,Diu te &c.‘
(81; 735). 132. Ad eundem. ,Lectis litteris &cl (23, 457).
133. Ad eundem. ,Plus demum &c.‘ (3; 332). 134. Rufini
libri II contra Hieronymum (21, 541). 135. Hieronymi libri II
ad Pammacliium et Marcellam (23, 397). 136. Libri II contra
Jovinianum (23, 211).
Die Handschrift enthält (oder enthielt) vielleicht noch
andere Briefe, da Nr. 35 in ihr als Nr. 43, Nr. 50 als Nr. 59
gezählt ist u. s. iv. Manchmal sind freilich auch Briefe in
zwei Nummern zerlegt, ivie z. B. Nr. 19.
3127
U. 1. 9. fol., m., s. XIV. Senecae opera: 1. De causis
libri X (Seneca Rhetor). 2. De remediis fortuitorum. 3. De
providentia. 4. De ira. 5. De tranquillitate animi. 6. De
beneficiis. 7. Proverbia. 8. Litterae Senecae et Pauli.
9. De clementia'. 10. De IIH virtutibus.
3128
TJ. 1. 10. m., s. XIVex. Platonis Phaedrus per Leonardum
Aretinum; Comment. Marsilii Ficini in convivium Platonis;
Marsilius Ficinus de voluptate et de divino furore. Ausserdem
Epistolae ,Anthonio Canis Jano‘ und ,Clementi Forlinob
3129
TT. 1. 8. fol., m., s. XV. Historia ecclesiastica S. Eusebii
Caesareensis episcopi, quem beatus Hieronymus de Graeco in
Latinum transtulit.
3130
TT. 2. 8. fol., m., s. XI ex. Cassiodori historia ecclesiastica
tripartita ab Epiphanio de graeco in Latinum translata (Buch
I—XI; unvollständig; 69, 879).
26
VII. Abhandlung: H. Sclienkl.
(8131—-3134)
3131
U. 2. 9. fol., m., s. XIV (das Datum 1493 von anderer
Hand). Johannis Chrysostomi homiliae super Mätthaeum opere
imperfecto et legenda in vitam S. Johannis Chrysostomi.
3132
IT. 2. 10. fol., ch., s. XV (geschr. 1464). 1. Servii gram-
raatici insignis in Bucolica, Georgien et Aeneida expositio.
2. Servius de mediis et ultimis syllahis; heg.: ,Servius Ho-
noratus Aquilino Salutem &c.‘ (Gr. Lat. ed. Keil; IV, 449).
U. 2. 11. fol., ch., s. XVI. Poliorcetici graeci. 3133
3134
IT. 3. 4. fol., m., s. XIV. 1. .Incipiunt meditationes beati
Augustini ad patrem et filium et spirituni sanctum. Domine
deus meus da cordi meo te desiderare &c.‘ (40, 901) 2. Eius-
dem meditationes ad spiritum sanctum specialiter; heg.: ,Deus
meus spiritus sancte timeo et desidero loqui &c.‘ (Invocatio
Spiritus sancti; Mai, Bihl. nova P. P. 1308). 3. Augustinus
de assumptione b. Mariae matris Dei, in quo manifestis rationi-
bus probat credit et affirmat eam assumptam esse in corpore
etanima; heg.: ,Quia profundissime et sua dignitate altissima &c.‘
(40, 1143). 4. Idem de substancia dilectionis Dei; heg.: ,Quoti-
dianum de dilectione sermonem &c.‘ (40, 843). 5. Idem de
laude caritatis; heg.: Diuinarum scripturarum multiplicem ha-
bundantiam &c.‘ (Sermo 350; 39, 1533). 6. Gerardi et Hu-
gonis varia scripta. 7. ,Philomena premia temporis ameni &c. 1
(8—14 Senecae opera). 8. Epistolae Senecae et Pauli.
9. Seneca de verborum copia ad apostolum Paulum. ,Prologus
in librum Senecae de uerborum copia. Nisi illud quod a Seneca
ad Paulum misi tibi librum de uerborum copia scriptum esse
legitur me moneret hunc librum inter ipsius uolumina ponere
supei'fluum arbitrer <&c.‘ Dann ,quisquis prudentiam sequi de-
sideras tune per rationem recte <&c.‘ (Martinus Bracca-
rensis de quattuor virtutibus c. II; Seneca ed. Haase III, 469).
10. .Incipit liber Senecae de liberalibus artibus, ubi docet de
eis singulis que animum ad ueritatem non perducant et pre-
parant. De liberalibus studiis quid sentiam scire desideras nullum
suspicio &c.‘ (Ep. 85 ad Lucilium.) 11. De nn virtutibus.
12. Proverbia. 13. De moribus. 14. De remediis fortuitorum.
15. Theophrastus contra nuptias ad mulieres (aus Hiero-
(3135 3140) Bibliotlieca patrum latinornm Britannica. VII.
27
nymus contra Jovinianum 147; 23, 276). 16. Lucilli ad Se-
necam, de malis moribus. 17. ,Epistola Scipionis ad Laelium
de signis mali hominis perque (?) suspectus fieri potet. Scipio
Africanus Lelio. Super lioc quo me consuluisti amicorum spe-
cialissime Leli hoc respondeo, quod mihi suspecta est uita &c.‘
(17—22 Seneca.) 18. De brevitate vitae. 19. De provi-
dentia. 20. De Constantia. 21. De beata vita. 22. De cle-
mentia. 23. De tranquillitate animi. 24. Compilatio ex libris
naturalibus Aristotelis et aliorum. 25. ,Tractatus de hominis
creatione, formatione, natiuitate, artibus, membris et membrorum
dispositionibus per morem dialogi inter discipulum quaerentem
et philosopham perpendentem. Homo est animal rationale et
mortale &c.‘ 26. Breyis explanatio orationis divinae elicita a
dictis sanctorum (?) inde diffusius tractat Studium boni. Augu-
stini in tractatu de oratione. Nichil aliud est oratio, quam
deuoto id est pio &cl 27. Symbolum S. Augustini; beg.: Cre-
dimus in unum Deum patrem omnipotentem et unigenitum
filium eius Ihesum Christum Deum et hominem saluatorem
nostrum &c.‘
3135
TJ. 4. 3. fol., to., s. 1440. Aristotelis Politica et Ethica
ex translatione Leonardi Aretini (vgl. Voigt, Wiederherstellung
II 2 169).
3136
U. 4. 7. 4°, to., s. XIV. 1. Galienus de virtute alimen-
torum ex versione G. de Moerbeca. 2. Quaestiones super
librum Isaac de dietis. 3. Cantica Avicennae cum comm.
Averrois.
3137
U. 4. 17. kl. fol., to., s. XV. Catonis Disticha cum para-
phrasi Anglica (nach jedem Distichon sechs engl. Verse).
IT. 5. 2. 4°, ch., s. XVII. Celsus de medicina. 3138
3139
U. 5. 6. 8°, to., s. XIIex. (XIII in.). Ovidii Metamor-
phoses. Beg. unvollständig mit II, 662; das letzte Blatt, dessen
Schluss unleserlich ist, fängt mit XV, 622 an.
3140
U. 5. 12. 8°, m., s. XI. Boethius de consolatione philo-
sophiae.
28
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3141—3152)
3141
IT. 5. 13. 4°, m., s. XV. Vita Alexandri Magni; leg. (un
vollständig): ,Quae res amorem Philippi &c.‘
3142
IT. 5. 14. 4°, m., s.XVin. Lactantius de opificio hominis.
3143
IT. 5. 18. 4°, m., s. XIIex. Cicero de Amicitia.
3144
IT. 5. 19. 4°, m., s. XII. Boethius de consolatione philo-
sophiae (der Anfang fehlt).
3145
TT. 5. 20. 4°, m., s. XII. Commentarius in Martianum
Capellam; leg.: ,Martianns genere Affer civis Carthaginiensis
dignitate ad Romanos extitit &c.‘
3146
U. 5. 21. 8°, m., s. X. 1. Cassiodorus de artibos libe-
ralibns; leg.: ,Intentio nobis est de arte grammatica&c.‘ (Gramm.
Lat. ed. Keil; VII, 213). 2. Ex libro primo Angustini de
inusica (32, 1081; zwei Blätter).
3147
IT. 5. 22. 4°, m., s. XV. Iustini epitomc historiae Romanae.
3148
IT. 8. 8. kl. 4°, m., s. Xin. (Codex P. Burmanni) Excerp-
tum de tractatu Sergii Grammatici in Bucobca (et Georgica)
V ergilii.
3149
TT. 6. 9. 4°, ch., s. XVI. ’ApiaTsiSou KotvttXtavoo TCcpt [xoua'.y.^?.
3150
IT. 8. 10. 8°, m., s. XIex. Aristotelis Analytica priora
et posteriora; leg.: ,Primnm oportet dicere &c.' Zum Schlüsse
kleinere Stücke ,de berbis 4 , ,bec snnt partes domus princi-
pales &c.‘ u. dgl.
3151
U. 8. 11. 4°, ch., s. XV. Hesiodi opera gr. 1. Opera et
Dies. 2. Tbeogonia. 3. Scutiun.
3152
IT. 6. 12. Veteres in Juvenalem glossae; ex bibl. Leidensis
et Yossianae codicibus ist moderne Abschrift.
29
(3153—3164)
Bibliotlieca patrnm latinornm Britannica. VII.
3153
U. 6. 14. 4°, m., s. XIIex. (XIII). Priscianus de con-
structionibus; heg.: ,Quoniam in ante expositis &c.‘ (Buch XVII).
3154
TT. 6. 15. 8°, m., s. XIVex. Senecae tragoediae X cum
commentariis (am Schlüsse ein altfranzösisches Gedicht).
3155
U. 6. 18. 4°, m., s. XV (1453 g es ehr.). Cicero de oratore.
3156
U. 8. 19. 4° m., s. XV (1453 geschr.). Justini orationes.
3157
TJ. 7. 15. 8°, ch., s. XV. Sapientia Jesu, filii Sirach.
3158
IT. 7. 16. 4°. m., s. XV. Senecae tragoediae cum picturis.
In einem. Epigramm am Schlüsse Karolus Fernandus lectorem
alloquitur balbus ,collato codice multob Der Maler nennt sich
Vuolfgangus artifex.
3159
U. 7. 18. ch., 4°, s. XVI. Sophoclis tragoediae II (Aias
und Electra).
3160
II. 7. 24. 4°, m., s. XII. De diversitatibus februm et alii
tractatus medici.
3161
IT. 7. 26. 4°, m., s. XIV. 1. Dares Phrjgius de bello
Trojano. 2. Proplietia Sibyllae Tiburtinae. 3. Galfridus Mo-
numentensis. 4. De Herculis laboribus.
3162
IT. 8. 12. 4°, m., s. XV. Sexti Rufi breviarium liistoriae
Romanae.
3163
IT. 8. 15. 12°, ch., s. XVI. B. Cyrilli Alexandrini opus gr.
3164
V. 1. 3. fol., to., s. XIIIin. Rabanus Maurus de rerum
naturis et significationibus ad Ludovicum regem (De universo ;
111, 9).
30
VII. Abhandlung: H. Sclienkl.
(3165—3173)
3165
V. 1. 5. fol., m., s. XIV. Hegesippns de bello Judaico
(ab Ambrosio transl.).
3166
V. 1. 6. fol., m., s. XIVin. 1. S. Augustinus de libero
arbitrio; heg. (32, 1221): ,Dic mihi quaeso te utrum deus non
sit auctor mali &c.‘ 2. Encliiridion; heg.: ,Dici non potest,
dilectissime fili Laurenti quantum tua eruditione &c.‘ (40, 231).
3. De natura boni; heg.: ,Summum bonum quo superius non
est Deus est &c.‘ (42, 551). 4. De spiritu et anima ,Prologus
in librum de spiritu et anima. Quoniam dictum est mihi ut me
ipsum &c.‘ (40, 779). 5. Damascenus de incomprehensibi-
litate Dei. ,Johannis presbyteri Damasceni qui mansit (?) über
primus incipit in quo est . . ndicio tota ortodoxe fidei capitulis
divisa. Deum nemo uidit unquam &c.‘ 6. G-regorii Dialo-
gorum libri IY. 7. Lactantius de opificio Dei.
3167
V. 1. 7. fol., m., s. XV. T. Livi bellum Punicum II cum
picturis.
3168
V. 1. 11. 4°. m., s. XIV (1385 gesclir.). Boetius de con-
solatione philosophiae (,Ex bibl. I. F. comitis ConsistorianP).
A. 1. 12. fol., m., s. XIV. Vergilii Aeneis. 3169
3170
V. 1. 13. fol., in., s. XV. Cassiani Collationes Patrum.
3171
V. 1. 15. 4°, m., s. XIII in. ,In nomine Dei misericordis
primus incipit über Pliylonis de ingeniis spiritualibus. Dixit
quia tuum arnice (?) mi archalem (?) iam noui desiderium ad
sciendum (faciendum?) ingenia subtilia &cl Mit vielen Figuren,
Retorten und andere chemische Apparate darstellend. Derselbe
Tractat in Cod. Bodl. Digby 40, Nr. 2.
3172
V. 2. 4. 4°, m., s. XV. 1. De vita et moribus philo-
sophorum (Gualteri Burley?) bis Priscianus grammaticus.
2. Dissuasiones Valerii ad Eufinum ne ducat uxorem (30, 254).
3173
V. 3. 2. 4°, m., s. Xex.; langobardische Schrift. 1. Epi-
stula Ippocratis; beg.: ,Quattuor sunt uenti quattuor anguli celi
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H. Schenkl. Bibliotheoa psitrum latinorum Biitannica.
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Cod. Glasgowiensis Musei Hunteriani V. 3. 5 et 6.
(3174 3184) liibliotlieca patrum latinorum Britannien.. YII.
31
quattuor &c.‘ 2. Ammonitio Theodori medici. 3. Epistola Ga-
leni ad Glauconem. 4. Decreti Yppocratis. 5. Aphorismi.
Zunächst 7 Absätze (Text roth) mit Commentar, dann (Usque
ad istum locum completa est expositio cum textu. Hi alii qui
remanserunt aforismi non exponuntur quia aliqui dicunt scrip-
tores &c.‘
V. 3. 3. tu.j s. XI (XII?). Evangelistarium gr. 3174
3175
V. 3. 4. m., s. XII. Ein griechisches Lectionarium aus den
Acta Apostolorum und den Paulusbriefen (,Ex libris Cesaris
de Missy Berolinensis. Londini 1747‘).
3176
V. 3. 5. u. 6. 4°, m., s. IX ex. Basilii homiliae gr.
_ EP' _ ’A ='
Vollendet jjw)vi iou/lw tg vjjj.epot ß w g Vv ß a izo v.xlaee)^ y.oag.oo
gu \ vpaaiEv Siä yj-foc, tyvaTwo [/.o'/dyou (899). Siehe die beigefügte
Tafel.
3177
V. 3. 10. fol., m., s. XIV. Usuardi martyrologium.
3178
V. 3. 11. 4°, ch., s. XV. Suetonii vitae XII imperatorum
mit Ausonii Caesares.
• 3179
V. 4. 1. 4°, ch., s.XV (o.Dec.1467). Vergilii opera omnia.
3180
V. 4. 2. 4°, m., s. XIin. Gregorii Theologi Opera gr.
V. 4. 3. Evangelistarium gr. 3181
3182
V. 4. 6. 4°, m. ; s. XIV. Excerpta ex Senecae declama-
tionum libris X.
3183
V. 4. 8. 4°, ch., s. XIV. Plutarclii vitae gr. (Theseus,
Solon, Themistolcles, Aristides, Kimon, Perikies, Nikias(f). Co-
riolanus, Alkibiades, Demosthenes, Cicero).
3184
V. 4. 9. 4°, 7n., s. XV. Lactantii Institutionum divi-
narum adversus Gentes libri IX.
.
32
VII. Abhandlung: II. Schon kl.
(3185—3193)
3185
V. 5. 1. 4°, to., s. X. ,Incipiunt regul? pastorales Gre
gor i i pape urbis rome seripte ad Jobannem episcopum Ra-
uenne urbis. Pastoralis eure me pondera fugere &c.‘ Schl.
, Expli ciunt regule pastorales beati Gregorii pape urbis rome
seripte ad Jobannem episcopum urbis rauenne/ (77, 13). Auf
der Rückseite des letzten Blattes von einer Hand des XII. Jahrh.
,Defuncto Herode secessit in partes/
3186
V. 5. 2. 4°, m., s. XIV ex. Prisciani grammatica cum
expositione.
3187
V. 5. 5. 4°, m., s. XII ex. Alexandri yatrosopbiste opera
medica: ,De offrasia et allopitia &c.‘
3188
V. 5. 8. fol., to., s. XII. 1. Beda in Actus Apostolorum.
(92, 937). Hierauf folgt: ,Incipit über II de descriptione sanctae
terrae a beato Beda prouinciarum ciuitatum insul. buic libro
congruentium. Acbeldemacb est ager sanguinis qui bodie &c.‘
(92, 1033). Am Schlüsse ,Explicit über Bede presbyteri in
Actas Apostolorum. 2. Prologus retractationis eiusdem und
Hbellus retractationis (92, 995).
3889
V. 5.10. m., s. XIIex. (XIIIin). Evangelistarium graecum.
3190
V. 5. 11. 4°, to., s. XV. Ciceronis epistulae ad fami
liäres (Graeca mit rother Tinte später eingefügt). Dann: ,Marcus
Cicero sal. die. Gneo Plancio. Binas a te &c.‘ (Ep. fam. TV, 14, 5)
und ,Accepi breues tuas litteras <&c.‘ (ib. 15).
3191
V. 5. 15. 4°, to., s. XIV (1380?). Ovidii Metamorphoses
cum notis.
3192
V. 5. 16. fol., to., s. XII in. Beda super VII epistolas
canonicas (93, 9).
3193
V. 5. 17. fol., bomb., s. XIV ex. Excerpta ex libris Gre
gorii Nysseni de creatione mundi.
(3194—3206) Bibliothoca patrnm latinorum Britannica. VII.
33
3194
V. 6. 2. 4°, to., s. XIII. Lexicon Latinum.
3195
V. 6. 3. 4°, to., s. XIV ex. (XV in.) Lucani Pharsalia
mit dem Epigramm, ,Corduba me genuit &c.‘
3196
V. 6. 13. 4°, to., s. XIV ex. Vergilii Aeneis mit den
Versen ,Ille ego die/
3197
V. 6. 17. 4°, to., s. XIV. Allerlei Kalendarisches, darunter
auch: Conipotus ecclesiasticus S. Augustini; heg.: ,Testante
S. Augustino quatuor sunt quibus sancta indiget ecclesia &c.‘
3198
V. 7. 2. und 3. Evangelistaria Graeca s. XII und XIII.
3199
V. 8. 11. 4°, m., s. XV. Duo Lexica latina scripta ab
Ortentio Leoncillo (“}). 1) heg.: ,A a a uox dolentis est &c/
2) heg.: ,Abauus coaeuus &c.‘
Folgende von Hänel nach der alten Aufstellung verzeich-
nete Handschriften habe ich nicht auf finden können:
3200
Q. 3. 48. Leonardi Aretini vitae ex Plutarcho in Latinum
transductae, c. pict.; membr. fol.
Q. 5. 78. Alcuini rhetorica; 4. 3201
3202
Q. 6. 106. Doctrina S. Basilii; Synonyma S. Isidori;
membr. 4.
3203
Q. 8. 113. Phalaridis epistolae translatae p. Leonardum
Aretinum; 4.
3204
Q. 8. 157. Summa mag. Vindocinensis de modo dictandi
et versificandi; summa mag. Ganfredi de eadem re; membr. 12.
3205
Q. 8.162. Aemilius Macer de yirtutibus herbarum; membr.
4. (old.).
Q. 8. 183. Hieronymi Psalterium: membr. 4. 3206
Sitzungsber. d. phil.-liist. CI. CXXXIII. Bd. 7. Abli.
3
34
VII. Abhandlung: H. Sc hon kl.
(3207—3219)
3207
B. 4. 46. Richardi de S. Victore Studium sapientiae;
membr. 4.
• 3208
B. 6. 81. A fragment of Palladius de agricultura; membr. 4.
3209
S. 4. 44. Josepbi of Exeter description of the destruction
of Troy in old verses; chart. fol.
3210
S. 9. 141. Evangelium Johannis, Graece; Bruti epistolae,
Graece; saec. XV, cbart. 4.
3211
S. 10. 171. Lib. Iudicum, Graeee; saec. XII, membr. 4.
,Collecta est bibliotheca ex libris 1) Caesaris de Missy,
Berolinensis, qui circa a. 1740 Londini vixit et insignem copiam
codd. mss. possedit; 2) Georg. Holmes, equitis (keeper of tbe
records of tbe Tower); 3) Petri Burmanni; 4) Joan. Jac.
Chiffletii; 5) Bibliotbecae Foucau.lt/ (Hcinel.)
5. Glasgow. University Library.
Auch, von dieser Sammlung hat Hänel ein kurzes Ver
zeichniss gegeben S. 784. Die (sümmtlich sehr jungen) Hand
schriften haben jetzt eine andere Numerierung erhalten.
Die Handschriften befinden sich alle in der Abtheilung
B. D. 1.
3212
a 6 & a 7. ch. } s. XVII. Olympiodorus in Platonis Pbi-
lebum et Gorgiam.
3213
a 8 & a 11. ch., s. XVII. Proclus in Platonis Parmenidem
et Cratylum.
3214
a. 13. cli., s. XV. Boetbius de consolatione pbilosopbiae.
b. 22. m., s. XV. Alexander Trallianus latine. 3215
b. 23. ch., s. XV. Terentius. 3216
e. 3. ch., s. XV. Palladius de agricultura. 3217
e. 4. ch., s. XV. Terentius. 3218
e. 9. ch., s. XV. Senecae Tragoediae. 3219
35
(3220—3231)
Bibliotheca pafcrum latinorum Britannica. VII.
o. 12. ch., s. XV. Ambrosius de officiis. 3220
3221
e. 14. ch., s. XV. Ciceronis Orator, Brutus, de Oratore.
3222
e. 17. m., s. XIV. Lactantius (Institutiones, de ira Dei,
de opificio Dei).
d. 9. m., s. XV Florus. 3223
d. 18. Juvenalis ? 3224
3225
d. 19. m., s. XIV. Boetbius de consolatione pbilosopbiae.
f. 7. 21. m., s. XV. Juvenalis. 3226
f. 12. to., s. XV. Juvenalis. 3227
3228
h. 1. to., s. XV. (,finiui Basilee VI Kal. May. mccccxliiiJ).
1. Lactantius de ira Dei ad Donatum. 2. Idem de opificio
Dei sive formatione hominis ad Demetrianum.
Einen von Hänel erwähnten Vegetius de re militari membr.
habe ich nicht gesehen.
6. S. Andrews. University Library.
3229
Augustini opera (s. XIV). Nach ,Report of tlie Com-
missioner of historical Mss.‘ II, p. 206.
7. Aberdeen. Kings College.
Der (gedruckte) Katalog der Druckwerke dieser Biblio
thek enthält auf S. 785—803 einen alphabetischen Index zu
den Handschriften. Nachträgliche Auskünfte verdanke ich der
Gefälligkeit des Bibliothekars Herrn P. J. Anderson.
C 2 . 1. 116. ch., s. XV. Porphyrii Isagoge gr. 3230
3231
C 2 . 3. 63. to., s. XI (theiliveise in langobardischer Schrift):
1. S. Augustini de doctrina Christiana libri IIII (34, 9).
2. ,Berengarius Domino sancto ac uenerabili G. Nouiter ad
nos beatissime pater &c.‘ (nach dem Katalog Berengarii epistola
de corpore et sanguine Christi). 3. Expositio orationis domi-
3*
36
VIT. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3232—3234)
nicae; heg.: ,Pater noster ■ in hoc nomine et caritas exertatur
(?) quid enim carius iiliis esse dehet quam pater &c.‘ 4. ,Am
brosius. Sjmbolum quod continetur breuiter propter aeternam
salutem 5. (Von hier aus durchwegs langohardische, sehr
kleine Schrift.) ,Incipiunt sirasirin -t- cantica canticorum Salo-
monis. In hoc libro qui de canticis canticorum conscriptum
est quasi amoris corporii uerba ponuntur &c.‘ 6. Parabolae
Salomonis filii David regis Israhel (cum Bedae commentariis);
als Beispiel gebe ich den Anfang zu XI, 27: ,Bene surgere di-
luculo: bona quaerere quae facere debeas quibus ad caelestia
bona peruenias hoc est bene diluculo consurgere i. e. crescente
luce scienciae ad opus bonum accingi &c.‘ (91, 973). 7. Beda
in illud ,Mulierem fortem quis inuenerit &c.‘; heg.: ,A diebus
Salomonis usque ad pai-tuin uirginis &c‘ (91, 1030 oder 1041?).
Eingebunden zwei Blätter s. X eines theologischen Werkes.
3232
C 2 . 3. 77. ch., s. XVT (1595). 1. Ciceronis oratio pro
lege Manilia. 2. Horatius de arte poetica (,liber Patricii
Dune*). 3. Senecae Hercules furens et Thyestes 4. ’Iso-
y.pi'O'jc N;y.:yligo: -pkoc. 5. Verse aus den Disticha
C atonis.
3233
C 3 . 4. 79. m., s. XIII. 1. Petrus Alphonsi, de disciplina
Clericali (157, 671). 2. Grregorii Homihae XL in Evangelia
(76, 1075). Bricht unvollständig in hom. 39 mit den Worten
jdespicicndus esset* (76, 1301) ab. 3. ,Incipit prologus de
miraculis sanctissimae et perpetuae virginis Mariae matris Do
mini nostri Jesu Christi. Etema Dei sapientia attingens a fine
usque ad &c.‘ Darunter auch De Theophilo qui Christum ne-
gauit et iterum recuperauit per beatam virginem. Subscription:
Exphcit über HI miracnlorum b. virginis Marie. 4. Miractdum
eiusdem a Willelmo abbate de Binetone editum. 5. Serino
de natiuitate S. semper virginis Marie; heg.: ,Natiuitas gloriose
virginis Marie &c.‘ 6. Sermo Fulberti Carnotensis de nati-
vitate.*
3234
C 2 . 6. 71. m., s. XV. 1. Catonis Disticha (ohne senten-
tiae singuläres). 2. Boethius de consolatione pliilosophiae.
37
(3235—3247)
Bibliofclieca patrum latinorum Britannica. VII.
3235
C 2 . 6. 78. m., s. XII ex. Martialis epigrammata (An
fang und Ende verstümmelt).
3236
C 2 . 6. 80. m., s. XIV. Sermones variorum (beg. mit fdl. 211).
3237
C 2 . 6. 80. (Von mir nicht eingesehen.) Humilis (T.) Turo-
nensis Libellus de Corpore et Sanguine Domini e dictis S. Patrum
collectus.
C 2 . 7. 61. ch., s.XV. Cicero de oratore. 3238
3239
C 2 . 7. 62. ch., s.XV. Mela de cosmographia (,Per manum
Andreae Scorti de S. Miniate V. M/).
3240
D 2 . 3. 33. Commentarius in Porpliyrii Isagogen (1605 und
1606 geschrieben).
3241
D 2 . 4. 10. ch., s.XV. De vita Jesu Christi (imperf.).
3242
D 2 . 4. 83. m., s. XIV in. 1. Seneca de clementia.
2. Epistolae Senecae et Pauli. 3. Quaestionum naturaiium
libri VII. 4. (andere Hand). Ciceronis Rhetorica ad Heren-
nium. 5. Petri Blesensis epistolae (207).
3243
D 2 . 5. 31. m., s. XII. Gregorii Moralia in Job (l. 32—42).
D 2 . 5. 32. (Von mir nicht eingesehen.) Commentarius in
Isaiarn, Jeremiam, Threnos, Barucb e patribus a Gilleberto Au-
tissiodorensis ecclesiae diacono (decano?) haustus (Fabr. 111,57).
3244
D 2 . 5. 33. tn., s. XIV. Gregorii epistularum 1. XIV.
3245
D 2 . 5. 34. m., s. XII. Augustinus s. Psalmos I—L.
3246
D 2 . 5. 35. m., s. XII. Augustinus super Psalmos CI—CL.
3247
D 2 . 5. 36. m., s. XTVin. (XIII ex). 1. Augustini libri VI
contra Julianum; beg.: ,Contumelias tuas et uerba maledica
Juliane &c.‘ (44, 641). 2. Eiusdem Epistolae CXXXIX. Die
38
VII. Abhandlung: H. Schenkl.
(3248)
ersten sind a) Ad Volusianum cum. rescripto; b) Ad Marcel-
linum c. rescr.; c) Ad Ytallicum; d) Ad Marcellinum; e) Ad
Hieronymum c. rescr.; f) Alypii et Augustini ad Aurelium; g) Ad
Longinianum cum rescr.; h) Ad eundem; i) Paulini ad Augu-
stinum &c.‘; die letzten sechs Je) Ad Festam; l) Commonitorium
Augustini ad Fortunatum; m) Ad Ecdiciam; n) Ad Aseliicum
episcopum; o) Ad Paulinum et Therasiam; p) Ad Probam de
oi’ando Deo.
3248
D 2 . 5. 37. m., s. XIVex. Augustini sermones, epistulae,
opuscula. 1. De pastoribus sermo (S. 46; 38, 270). 2. De
ouibus sermo ('S. 47; 38, 295). 3. De tide et symbolo (40,
181). 4. De periurio ('S. 180; 38, 972). 5. De hoc dicto
apostoli ,Semper gaudete, sine intermissione orate‘ (S. 171; 38,
933). 6. Sermo ad populum; leg.: , Ad uos mihi sermo est &c.‘
(S.391; 39,1705). 7. De excidio urbis (40, 715). 8. Ad
inquisitiones Januarii sei'mones duo (Ep. 54; 33,199). 9. De uita
et moribus clericorum sermones duo (32, 1447). 10. Sermo
de decem cordis (S. 9; 38, 75). 11. Epistula ad Honoratum
Episcopum (Ep. 140; 33, 538). 12. De divinatione daemonum
(40, 581). 13. Epistula ad Julianum comitem (40, 1047).
14. Liber contra epistolam Fundamenti; leg.: ,Omnipotentem
ex quo omnia &c. 1 (42, 173). 15. De beata uita (33, 959).
16. De moribus ecclesiae catholicae (32, 1309). 17. De utili-
tate credendi (42, 63). 18. Sermones duo (?) de quattuor
uirtutibus caritatis; leg.: ,Desiderium caritatis nostre (?) a nobis
exigit &c.‘ (S. App. 106; 39, 1952; vgl. Suppl. 47,1127). 19. De
oboedientia tenenda; leg.: ,Filii! ita deo placet quemadmodum
oboedientia &c.‘ (40, 1221). 20. De contemptu mundi; leg.:
,Attendite fratres karissimi salutiferam patris nostri doctrinam
&c.‘ (?). 21. De assumptione beatae virginis; leg.: ,Ad inter-
rogata de uirginis et matris Domini &c.‘ (40, 1141). 22. De
uita Christiana (40, 1031). 23. De disciplina (40, 667).
24. De utilitate spiritualium canticorum; leg.: ; Dicamus quos
nobis Deus donare uidetur die. 1 25. Tractatus quod non solum
lingua sed et moribus et operibus Deus laudandus est (S. App.
252; 39, 2210). 26. De laude caritatis (S. 350; 39,1533?).
27. De LXXXIII quaestionibus (40, 11). 28. Ad Marcellinum
de spiritu et littera (44, 199). 29. De eo ,fundamentum aliud
39
(3249—3252)
Üibliotlieca patrum latinorum Britannica. VII.
nemo potest ponere (S. App. 104; 39,1946). 30. De videndo
Deo (Ep. 147; 33, 596). 31. De diligendo Deo (40, 847).
32. Encheii'idion (40, 231). 33. Contra IIII hereses (40,
1101). 34. De fide ad Petrum Diaconum (40, 753). 35. X
Omeliae super epistolam Johannis (35,1977). 36. De spiritu
et anima (40, 779). fol. 225—247 und damit 37. De elemo-
sina fehlen. 38. De orando Deo (Ep. 130; 33, 493). fol.
252—254 fehlen. 39. Augustini epistula ad Cyrillum de laude
S. Hieronymi (Ep. app. 18; 33, 1120). 40. Cyrilli epistula ad
Augustinum de laude S. Hieronymi (Ep. app. 19; 33, 1126).
41. Seneca de quattuor virtutibus cardinalibus sive de formula
vitae honestae ist mit fol. 259ff. verloren gegangen.
3249
D 2 . 5. 38. m., s. XIV. 1. Augustinus de perfecta iu-
stitia hominis contra Coelestinum (44, 291). 2. Eiusdem de
ordine (32, 977). 3. Eiusdem de civitate Dei (41).
3250
D. 5. 39. m., s. XI (a. 1090; schöner, kalligraphisch ge
schriebener Codex). Augustini sermones LVI de verbis Dei.
Vorher ein Blatt s. XII.: Testimonia Augustini, Hieronymi,
Ambrosii de Salomone.
3251
D 2 . 5. 40. m., s. XIV in. 1. Gregorii Pastorale (77,
13) 2. (von hier an etivas jüngere Iland) Tabula über das
Vorige. 3. Eiusdem homiliae XL in Evangelia (76, 1075)
cum tabula. 4. Eiusdem Dialogi (77, 149). 5. Augustini
Regula (32, 1377). 6. Hugo de S. Victore super regulam
Augustini (176, 881).
3252
D 2 . 5. 61. m., s. XIII in. Hieronymi epistulae CXXVI.
Beginnt mit: a) Epistula Damasi; b) Responsum Hieronymi;
c) De egressione; d) De ignorantia Isaac; e) Ad Damasum de
tractatu Origenis in Epithalamium; f) Oi'igenis de cantico can-
ticorum tractatus; g) Secunda Omelia de eodem; h) Ad Tran-
quillinum; i) Damasi ad Hieronymum. Die letzten fünf sind:
k) Ad Marcellam de exitu Lee; l) Ad Marcellam de vita Asellae;
m) Ad Innocentium de septies percussa; n) Ad Principiam de
uita S. Marcellae; o) Ad Pammacliium de morte Paulinae.
40
VII. Abhandlung: H. Sclienkl.
(3253—3260)
3253
D s . 6. 33. ch., s. XVex. 1. Orosius ,Liber Archibaldi
Qwhitelaw, archidiaconi Sancti Andreae quem fecit scribi infra
ptes landonie'). 2. Flori Epitome. 3. Dares de bello Trojano.
3254
D 2 . 6. 34. m., s. XIII (illum). Bestiarium: Genesis Cap. I:
Liber de naturis Bestiarum [Isidorus Hispalensis de Animalibus,
cum Additionibus: Idem de Homine et Partibus ejus, et de
Aetate Hominis: Excerpta ex eodem de Arboribus: Aliquis re-
centior de Lapidibusj. (So der Katalog.)
3255
D 2 . 6. 35. m., s. XII in. 1. Augustinus de concordia
Evangelistarum (34, 1143). 2. (andere Hand) Petrus Ble-
sensis super Job (207, 795). 3. (?) in Polycratico Johannis
(Sarisberiensis).
3256
D 2 . 6. 36. m., s. XI in. 1. Beda super Apocalypsin.
Anfang fehlt; heg. mit ,in praeceptis habemus ut &c.‘ (93,
133 B). 2. Hieronymi Explicatio Apocalypsis ad Anatolium:
,Diuersos marina discrimina transuadentes inueniunt &c.‘ Der
Commentar heg.: ,Principium libri beatitudinem legenti audienti
et seruanti &c} (Als Werk des Victorinus Petav. gedruckt in
Bibi, joatrum Lugd. III, 414 und ohne die Vorrede hei Migne
5, 317).
3257
D 2 . 6. 40. rn., s. XIII (1280). Nach einer Tabula von
einer Hand s. XV Augustini homiliae CXXIV in Evangelium
Johannis (35, 1379).
3258
D 2 . 6. 62. ch., s. XV. Commentarius in Porphyrii Isa-
gogen; heg.: .Queritur utrum cui sunt &c.‘
3259
D 2 . 7. 32. m., s. XIV. 1. Legenda Sanctorum. 2. Ein
Tractat de dedicatione ecclesiarum. 3. De septem sacramentis
ecclesiae.
3260
D 2 . 7. 33. m. 1. (s. XIV ex). De sacramento eucha-
i’istiae. 2. (s. XIII). Ricardus de S. Victore de Patriarchis.
(3261—3268) Bibliotheca patrnm latinonnn Britaunica YII.
41
3. Hieronymi Sermo de Omnipotentia et Inuisibilitate et Im-
mensitate atque Eternitate Dei et de membris Dei variisque
Affectibus morc Prophetico figuraliter ei assignatis (so der Kata
log); heg.: ,Omnipotens Deus .... unus et trinus (XI, 138 Voll.;
Aug. 42, 1199). 4. Gregorii Homiliae XXII in Ezechiel
(76, 785).
Die Handschrift enthält noch andere Tractate: De horo-
logio Ahaz, Anselmus Cantuariensis in ,Intravit Jesus in quod-
dam castellund, Bernardi libri Y de consideratione ad Euge-
niuni V., Hugo de S. Victore de Arra animae & Didascalicon
de studio legendi. Ferner (zwischen 3 tmd 4?) einen Tractat;
heg.: ,Assumpta est Maria in caelum, gaudent angeli &c.‘
3261
D 2 . 7. 34. m., s. XI ex. Commentarius in Psalmos; heg.:
unvollständig mit Ps. 72: ,Quam bonus i • d • q • r • c Quasi
dicat quam incomparabiliter est bonus Deus israhel &c.‘
3262
D 2 . 7. 36. m., s. XIII (das letzte Blatt von einer Hand
s. XIV ergänzt). Rufini historia ecclesiastica mit der praefatio
Ruphini ad Cromatium (21, 461).
3263
D 2 . 7. 61. ch., s. XV. Bernardi de Gordonia Lilium me-
dicinae (Hain 7795).
D 2 . 7. 66. Alexandri de villa Dei doctrinale. 3264
3265
D 2 . 7. 67. ch., s. XV. Comm. in Porphyrii Isagogen; Comm.
in Aristotelis Praedicamenta, De interpret., Analyt. pr. et post.,
Topica, De sophist. elenchis.
3266
D 2 . 7. 69. ch., s. XVex (XVI?). 1. Boethius de conso-
latione philosophiae mit ausführlichem Commentar. 2. Idem
de disciplina scliolarium (64, 1223). 3. Tabula (,Will. Walace
scriba').
3267
M. N. 22. 196. Eginhardi vita Caroli (moderne Copie).
3268
Hyginus (C. Julius) de signis coelestibus usque ad caput
de Arcophylace und Carmen metricum de Sibodone (beide im.
42 VII. Abhandlung: H. Schenkl. (3269)
Katalog ohne Signatur) konnte ich nicht einsehen (vielleicht
gleichfalls moderne Handschriften).
3269
Ausserdem enthält die Bibliothek eine reichhaltige Samm
lung von Collegienheften (Dictata, Adversaria, Notae) meist
nach holländischen Gelehrten, die für die Geschichte der Philo
logie nicht ohne Interesse sind. Ich verzeichne sie nach dem
Katalog.
Arntzenius (H. J.): Dictata in Tursellini Epitomen.
Bos (Lambertns): De scriptoribus latinis: de Necessitate Disci-
plinae militaris.
Dictata in Antiquitates graecas.
Excerpta qnaedam ex eins ore in Antiquitates Graecas &c.
Bosscha (Herrn.): Dictata in Suetonium et ad Antiquitates
Romanas.
Burmannus (Petrus) Animadversiones in Epistolas Ciceronis
ad Familiäres cum formulis epistolae bene scribendae.
Dictata in Suetonium.
Dictata in Terentii Andriam et Eunuchum.
Dictata in Tursellini historiarum Epitomen, cum Conti-
nuatione ad 1650.
Dictata in Antiquitates Romanas.
Dictata a C. Saxio in eius Antiquitatum Romanarum bre
vem descriptionem.
Graevius (Joan. Geo.) Notae et Observationes in Taciti
Annales.
Gronovius (Jac.) Dictata in Mattliaeum et Lucam.
Comment. in Sallustium Crispum.
Havercampus (Sigebertus): Dictata in Antiquitates Graecas.
Oudendorpius (Fräs.) Dictata in Antiquitates Romanas.
Perizonius Annotata in Tursellinum.
Refutatio historiae de Joanna Papissa.
Saxius (Christ.): Notae in Tursellini Romanarum historiarum
Epitomen.
Schraderus (Joan.): Fundamenta Styli Cultioris.
Dictata in Suetonium.
Struchtmeyer (J. C.): Dictata in Suetonium.
Compendium historiae recentioris.
Valcknaer (Lud. C.) Antiquitates Graecae.
(3270)
Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
43
Wassenberg: Antiquitates Graecae.
Wesseling (Petrus): Dictata in Tursellini Epitomen Histo-
riarum.
IRLAND.
8. Dublin. Trinity College.
Ein Verzeichniss der Handschriften, welches jedoch mit
dem jetzigen Bestände nicht mehr genau üb er einstimmt, ent
halten die Catalogi Angliae et Hiberniae II, 2, p. 16 sqq., ohne
Datierung und nicht immer genau, jedoch durch gelegentliche
Angabe der Initia nützlich. Reichhaltiger ist der in der Biblio
thek vorhandene handschriftliche Katalog. Vgl. auch das (nur
einen Theil umfassende) Verzeichniss von Gilbert im ,Report 1
IV, 588 (ebenfalls ohne Datierung). Die Katalogisierung macht
bei der grossen Zahl von Miscellanhandschriften jüngeren Datums
nicht geringe Schwierigkeiten; ähnlich wie die der Sammlung
Digby in Oxford, welche durch Macray eine so meisterhafte
Behandlung erfahren hat. Da ich nur ivenige Tage in der
Bibliothek arbeiten konnte, vermochte ich nicht mehr zu leisten,
als das Alter der in Betracht kommenden Handschriften fest
zustellen und für mehrere der wichtigen Codices die Angaben
der Kataloge zu ergänzen. Die Unzulänglichkeit der in der
Grazer Universitätsbibliothek zu Gebote stehenden literarischen
Hilfsmittel habe ich freilich bei der Bearbeitung dieses Theiles
meiner Bibliotheca besonders drückend empfunden. ■— Schliesslich
habe ich noch Herrn T. K. Abbott für die freundliche Beant
wortung zahlreicher nachträglicher Anfragen meinen Dank aus
zusprechen.
3270
A. 1. 1 (750). m., s. XIIex. Novum Testamentum cum
Psalmis. Enthält eine besonders reiche Sammlung von einlei
tenden Tractaten. Zum neuen Test.: 1. Hieronymus ad
Damasum de im evangeliis (29, 525) und Canon im evange-
lioruin. 2, Praefatio Hieronymi ad Damasum de im evan
geliis. 8. Eusebii epistola ad Carpianum fratrem de canoni-
bus (29, 529). Zu den Psalmen: 4. Eusebius Hieronymus
ad Sopbronium de Psalterio (28; 1123). 5. De dictis Origenis
44
VII. Abhandlung: H. Schenk I.
(3271—3278)
(vgl. Cod. Laud. Mise. 406, 4, d). 6. Interrogatio et responsio
Personarum de nomine et qualitate Psaltern (131, 135).
7. Origo prophetiae Dauidi Begis in nnmero er Psalmornm
(in Hieronymi ep. 47 App.; 30, 295). 8. Damasi ad Hie-
ronymum (13,1441) cum Hieronymi responso (Ep. App. 47;
30, 294). 9. Quid significat ; in finend quod frequenter in-
uenitur in titulis (131, 133). 10. Praefatio S. Hieronymi.
11. S. Hieronymi epistola ad Paulam de alphabeto Hebraeo-
rum (Ep. 30; 22, 441). 12. De differentia missarum et
Psalterii. 13. De lande Psalmorum. 14. Hieronymi epistula
ad Sunniam et Fretelam de Psalterio et correctio eiusdem de
lxx interpretum editione (Ep. 106; 22, 837) und ähnliche Pro-
oemia. Zuletzt 15. De propria eloquentia Psalterii; hierauf
die Psalmen.
3271
A. l. 2. m., s. XIV. Acta Apostolorum mit Hieronymi
epistola ad Paulinum presbyterum de omnibus div. scripturae
libris (Ep. 53; 22, 540).
A. 1. 3. m., s. XIV. Concordantia Bibliae. 3272
3273
A. 1, 4, 6, 7, 8 enthallen glossierte Theile der Bibel (s. XII
—XIV).
3274
A. 1. 12. m., s. XIIin. Exodus et Deuteronomium gl.
3275
A. 1. 13. fol., m., s. XII (,quondam über S. Mariae de
Cumbermara'). Anonymi Commentarius (richtiger Glossa) in
librum Job. Der Anfang fehlt; heg.: ,Christi nuncius extitit
signum quippe erat ut omnes &c. 1 Der Comm. heg.: Alleg.:
,Job dolens id est Christus qui dolores nostros portauit <&c.‘
327G
A. 1. 14. Biblia universa (geschrieben 1320).
3277
A. 3. 3. ch., s. XV. Augustinus in Johannem (?).
3278
A. 3. 16 (754). ch., s. XVI. 1. Theodoretus in xn
prophetas minores. 2. Initium Catenae Nicetae Heracleensis
Metropolitae in Psalmos. Gr.
45
(3279—3288)
Bibliotlieca patrnm latinorum Britannica. VII.
3279
A. 4. 1 (338). fol., Tn., s. XII ex. Anonymi Glossa in
Josnam.
3280
A. 4. 2 (622). vi.j s. XII ex. Paralipomenon über gl.
3281
A. 4. 3 (337). 4°, m., s. XIII. Glossa in eapita aliquot
evangelii sec. Marcum.
3282
A. 4. 6. vi., s. IX (irische Schrift). Evangelia rni.
3283
A. 4. 8. 4% m., s. XII u. XIII (Bella Lauda). 1. (s. XIII)
Vita et transitus S. Augustini a Possidio scr.; die Vorrede
leg.: ,Inspirante rerum omnium factore &c.‘ (32, 33); das Werk:
,Ex proy. affr. &c..‘ (32, 34). 2. (s. XII) Genesis cum com-
mentario antiquo.; heg. unvollständig: ,id est eos qui celestis
hominis imaginem portauerunt &c.‘
A. 4. 17, 18 Bibelhandschriften. 3284
3285
A. 4. 20. vi., s. X ex. (irische Schrift). Psalterium.
328G
A. 4. 21 (752?). ch., s. XVex. Novum Testamenten, Gr.
A. 5. 1. m., s. XIV. Biblia. 3287
3288
A. 5. 3 (148). 4°, m., s. XIV. 1. Adami de Stockton
Scintillarium poetarum; heg.: ,Multi uiri &c.‘ (Alhrici Poe-
tarium; vgl. Cod. 1160, 4 [Chelt. 1151] und Fahr. I. 39 u. 53).
2. Summa Chiromantiae; heg.: ,Benedictus deus optimus &c.‘
3. De diis ethnicorum; heg.: ,A veritate quidem (1) auditum
auerterit ad fabulas &c.‘ (gehört als Vorrede zum Folgenden).
4. Commentarius super Ovidii Metamorphoses cum tabula super
easdem; heg.: ,In noua fert animus: Ponit enim primo et ante
omnia Ovidius <&c.‘ 5. Tractatus de vencno et tabula super
eundem. 6. Valerius ad Ruffinum de non ducenda uxore
(30, 254).* 7. Mythologia Fulgentii cum expositione Adami
de Stockton; heg.: ,Intentio uenerabilis uiri Fulgencii ai sui.
. . . est (?) sub tegumento fabularum a poetis fictarum descri-
bere diuersa genera uiciorum et uirtutum &c.‘ 8. Tractatus
de difficilibus dictionibus Bibliorum, ordine alphab.*
46
VII. Abhandlung': H. Sclienkl.
(3289—3292)
3289
A. 5. 4 (494). 4°, m., s. XIII. 1. Homiliae in Biblia
sacra (zumeist Gregorius, Beda, Maximus) z. B.: a) Bedae: ,Ac-
ccpturus Johannes evangelista illud memorabile &c.‘ b) Bedae:
,Vigilias nobis • hnins sanctissimae noctis &c.‘ (94, 133 =
Pauli Diaconi Hornel, de temp. CXXII). c) Gregorii: ,Multis
uobis lectionibus &c.‘ (76, 1169 = Horn. CXXIII). d) Maximi:
,Non immerito fratres bodierna dies &c. 1 (Ambrosii comm. in
Lucam; 15, 1623). e) Maximi: ,Magnum fratres et mirabile
donum &c.‘ (hom. 58; 57, 365). 2. Quaedam ex annotationibus
B. Hieronymi in Epistolas Pauli excerpta.
3290
A. 5. 5 (468). 4°, m., s. XII u. XIII (von verschiedenen
Händen geschrieben). 1. Gilberti Abbatis de Hoylandia
tractalus in Cantica Canticorum (184, 11).* 2. Sermones qui-
dam (ohne Autornamen). 3. Gregorii Pastorale (77, 13).
4. Hildeberti Cenomanensis epistolae (171, 141). 5. Ser-
lonis versus Leonini de vocabulis aequivocis; lag.: ,Dactile
quid latitas? exi cur puplica uitas &cl (vgl. Cod. Digby 53, 1).
6. Sententiae Theologicae (de humilitate &c). 1. Collectanea
ex Isidoro, Sixto (z. B.: ,finem uite estimes, secundum dm
uiue £ ), Augustino, Beda, Gregorio, Albino, Seneca al. 8. Sermo
ad sacerdotes; leg.: ,Fratres presbyteri et sacerdotes domini
cooperatores ordinis nostri estis. Hos quidem &c,.‘ (96, 1375).
9. Brevis expositio orationis dominicae et symboli apostolici.
10. Sententiae S. Augustini; heg.: ,Principium et caput omnium
deus ante omnia eternaliter &c.‘
(Ausserdem Tractate von Bicardus und Hugo de S. Victore,
sowie die Historia scholastica des Petrus Comestor.)
3291
A. 5. 8 (215). 4°, ch., s. XV (,ex monast. S. Mariae apud
DublJ) S. Augustini libri im de genesi ad litteram (34, 245).
3292
A. 5. 9 (467). 8°, m., s. XII. Gilberti Altisiodorensis
expositio in Lamentationes Jeremiae. Vor dem Text Auszüge
aus Paschasius. Dann Quomodo sedet &c.‘: Gillebertus. Priori-
bus singulis sappbici metri clausulis ternorum versuum singulas
interpretationibus suis litteras reddidi &cl Gilbertus’ Worte
47
(3293-3301)
Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
scheinen zu beginnen: ,Sub quadz’ato celi cardine presentis se-
culi delicta quadrato luget alphabeto &c.‘
3293
A. 5. 30 (551). 8°, ch., to., s.XV. 1. Sententiae de pluri-
morum doctorum codicibus excerptae.* 2. Aenigmata.
3294
A. 6. 9 (434). 8°, to., s. XIV ex. Expositio Threnorum
S. Hieronymi per Ric. de Hampol nebst anderen seiner Tractate,
darunter auch Cantus Philomelae.
3295
A. 6. 11 (214). 8°, to., s. XIII in. 1. Augustini
tractatus de spiritu et anima. (40, 779). 2. ,Sapientia Dei
quae os muti aperuit &c.‘ (Augustinus de cognitione verae
vitae; 40, 1005). 3. Eiusdem responsiones ad quaestionis
Orosii (40, 733). 4. Lamentatio Pet. Mag. S. Marcelli Presbyteri
Cardinalis de hominis comrptione. 5. Ordo novem ecclesiasti-
corum graduum.* 6. Imperfectum quoddam opus anonymum
(de operibus carnis).
3296
B. 1. 6. s. XV. Conciones selectae e S. Patribus in vitani
parabolas et miracula Christi. Tertia pars, capp. 1—89; heg.:
,13c coufessione uerae fidei quam Petrus fecit pro omnibus.
Post' premissa uiuit iehes tanquam saluator ubique &c.‘
3297
B. 1. 9. m., s, XIII. Psalmi LXIX—XC. ,Gratias grano
tritici quam mori &c.‘ (?)
3298
B. 1. 10 (570). fol., m., s. XIV. B. Mariae vita et miracula.
3299
B. 1. 16 (793). to., s. XIII. (Monast. S. Mariae de Jore-
valle.) Vitae Sanctorum (Liste im gedruckten Katalog).
3300
B. 2. 1 (419). to., s. XII ex. (Anfang und Ende von einer
Hand s. XIV ergänzt). 1. Euthymii Zingabeni Panoplia.
2. Photii Patriarchae appendix de vii conciliis oecumenicis. Gr.
3301
B. 2. 2 (231). fol., m., s. XIII. Grosses Homiliar (von
Ostern bis Pfingsten). Die ersten zehn Homilien sind folgende:
1. ,Bedae: Vigilias nobis huius sacratissime noctis sicut ex
48
VII. Abhandlung: H. Schenkl.
(3301)
lectione evangelica &c.‘ (94. 133; Ilom. CXXII des Homiliarius
Pauli Diaconi de temp). 2, ,Bernardi: Accepimus ab apostolo
liabitare Christum per fidem in cordibus &c.‘ B. ,Bernardi:
Sicut in corpore medicina purgationes adhibentur &c.‘
4. ,Augustini: Lectiones evangelice de domini nostri iesu
Christi resurrectione sollempniter ex ordine recitantur &c.‘
(8. 86; Mai nova P. P. Bibi. I, 166). 5. ,Augustini: Confite-
mini domino quoniam bonus quoniam in sseculum misericordia.
Cum alias os nostrum divinis laudibus &c.‘ 6. ,Augustini:
Liberatoris nostri piscatio nostra est liberatio. Quas autem ad-
vertimus &c.‘ (S. 251; 38,1167). 7. ,Augustini: secundum
evangelistam iohannem multa scripta sunt &c.‘ 8. ,Augustini:
Narratio resurrectionis domini nostri iesu Christi secundum
iohan: evang: hodie legi cepit &c.‘ (S. 243; 38, 1143).
9. ,Eusebii: magnuni et admirabile pasche et baptisini sacra-
mentum &c..‘ (Caesarii sermo; 67; 1043). 10. ,Eusebii:
oportune et congrue sub die insignis sollennitatis &c.‘ (Fausti
Ehegiensis sermo; 58, 877). Fs folgen Homilien aus Beda in
Evang. Matthaei, Lucae, Johannis; Augustinus, Eusebius Emi-
senus, Amalarius (de varietatibus Sabbati ante Pascham), Pe
trus Eavennas, Martinas Episcopus (de resurrectione), Haimo,
Maximus Taur., Johannes Episcopus, Leo Papa, Ambrosius in
Lucam und Andere. Ein vollständiges Verzeichniss findet sich
in den Catalogi A. et Hib., woselbst auch einige Initia ange
geben sind, nämlich: 29. ,Augustini. Reddendi sermonis offi
cium &c.‘ (8. 3; 46, 827). 30. ,Augustini. Hoc quod uidetis &c. 1
(3. 6; 46, 834; oder S. 272 ; 38, 1246). 33. ,Faustini. Beneficia
Dei nostri &c.‘ (59, 407). 34. ,Augustini. Passionein uel re-
surrectionem &c.‘ (8. App. 160; 39, 2059). 35. ,Augustini.
Pascha Christi dilectissimi &c.‘ (8. App. 168; 39, 2070).
38. ',Augustini. Festiuae festiuitates &c.‘ (?). 42. ,Petri Rav.
Cum rebellis Judaea &c.‘ 52. ,Augustini. Audiuimus nos &c.‘
(S. 105: 38, 618). 53. ,Maximi. Legimus in prophetis
(p. 301). 55. jAugustini. Quoniam ieiuniorum &c.‘ (8. App.
175; 39, 2079). 71. ,Leonis Papae. Hodiernam sollemn. &c.‘
(I217). 72. ,Eiusdem. Plenissime quidem &c.‘ (I, 220).
73. ,Eiusdem. Hodierna (?) dilectissimi &c.‘ (1226 oder 229).
87. ,Leonis Papae. Confidenter nos &cl (I, 27). 88. ,Eiusdem.
Adorandam dilectissimi &c.‘ (?). 89. ,Eiusdem. Euangelicis
(3302—330.5)
Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
49
sanctionibus &c.‘ (7, 32). Die letzten eilf Sermones, in der
Handschrift sämmtlich Augustinus zugeschrieben, sind:
90. ,Multa quidem et frequenter ausi sunt arriani &c.‘ (S. App.
236; 39, 2181) 91. ,Ostendimus fratres dilectissimi ut certa
uestra dilectio &c.‘ (S. App. 237; 39, 2183). 92. ,Hucusque
fratres dilectissimi de deo patre in quem &c.‘ ('S. App. 238;
39, 2185). 93. ,Ordinem simboli fratres dilectissimi in quo &c.‘
(S. App. 239; 39, 2187). 94. ,Universalis ecclesia congaudet
in una regula &c.‘ 95. ,Super fabricam totius ecclesiae aliud in
fundamento ponunt &c.‘ 96. ,Quajso vos fratres carissimi ut
expositionem &c.‘ (S. App. 242; 39, 2191). 97. ,Accipite regu-
lam fidei quod simbolum dicitur &c.‘ (de symbolo sermo; 40,627).
98. ,Catkolice fidei fidissimum fundamentum post christum &c.‘
(Fulgentii Ruspensis sermo pro fide catholica; 65, 707).
99. ,Simbolum reddidistis quo breviter conpreliensa continetur
fides <&c.‘ (Augustini sermo 58; 38, 393). 100. ,Beatus
apostolus tempora ista quando futurum &c.‘ (S. 56; 38, 377).
3302
B. 2. 3 (782). fol.. m., s. XV. Vincentii Bellovacensis
Speculum liistoriarum.
3303
B. 2. 7 (794). fol., to., s. XIV ex. Vitae Sanctorum quo-
runtlam Angliae (nebst einigen Prophezeiungen; Liste im ge
druckten Katalog). Aehnlich den von Hardy benützten Hand
schriften Cotton Tib. E. und Bodl. Tanner. 15. Enthält auch
die Propketiae Canonici de Bridlinton (,Febribus infectus &c.‘;
vgl. Cod. 609 — Bodl. 478). Die Versus quidam Abbati de
Normandia in uisione traditi (Nr. 20) heg.: ,Anglia transmittet
leoparduni, lilia Galli &c.‘ Am Schlüsse (Nr. 22) Versus se-
quentes composuit quidam Spiritus ut dicitur. Primo ceplias
mille carus (?) catulus et cocadrille &c.‘ (Willelmi Stapiltone?;
Vgl. Cod. Bodl. Digby 186, 8).
3304
B. 2. 10 (373). fol., to., s. XIV in. Dionysii Areopagitae:
de coelesti et ecclesiastica hierarchia libri cum comm. Roberti
Lincolnensis.
3305
B. 2. 11 (372). fol, vi., s. XIV. 1. Dionysius Areo-
pagita: 2. De angelica hierarchia. 3. De ecclesiastica hier-
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 7. Abb. 4
50
VII. Abhandlung: H. Selten kl.
(330G—3308)
archia. 4. De divinis nominibus. 5. De mystica theologia
cum comm. Roberti Lincolnensis. 0. Epistolae (,Compresbytero
Timotheo*). 6. Dionysii vita.
330G
B. 2. 16 (322). fol., m., s. XIV. Johannis Chrysostomi
homiliae super Matthaeum. (Hinsichtlich der eigenthümlichen
Anordnung der Handschrift vgl. den gedruckten Katalog.)
3307
B. 2. 17 (409). fol., m., s. XII ex. (,olim S. Petri de Grlo-
cestriae'). 1. Epistolae Ivonis Carnotensis Episcopi, Hilde
berti, Tirroni et Bernardi. 2. .Sicut hiemps laurum non urit nec
rogus aurum &c.‘ (Hildeberti Cenomanensis vita Mariae Aegyp-
t.iacae; 171, 1322). 3. Anonymi epistolae (et carmina) quae-
dam. a) Ad GL episcopum; heg.: ,Ad decus ecclesiae cum te
natura crearet &c-.‘ (171, 1407; carrn. misc. Hildeberti Ceno
man. 54). b) Ad Petrum; heg.: ,Susceptum sanctum (semen?)
sex primis Petre diebus &c.‘ (vgl. Haureau, Les melanges poe-
tiques d’Hildebert de Lavardin p. 180). c) Ad Reginam Ang-
lorum; heg.: ,Inter opes et delicias poplique fauores &c.‘ (carm.
misc. 139; 171, 1442; Haureau p. 157). d) De Hermafrodito;
heg.: ,Duin mea me mater &c. 1 (vgl. L. Traube, 0 Koma nobilis).
e) Ad S. Nepotem; heg.: ,Res male tute puer &c.‘ (Haureau
p. 187). f) De Roma; heg.: ,Par tibi Roma nihil &c. 1 (171, 409).
g) Epitaphium Cathensis episcopi; heg.: ,Hoc tumulo uir legis
amans uir splcndidus ortu &c.‘ (Serlonis Melrosensis; vgl. A. SS.
zum 13. Sept. [IV, 51 d ] und Hardy III; p. 12). h) Epita
phium Manasse; beg.: ,Integer illecebras et mortes mille Ma-
nasses &c.‘ Dann ,Eiusdem. Ad patriam post exilium remeasse
Manassem efee/ Dieser Theil der Handschrift schliesst mit
einem Gedicht in sapph. Metrum; beg.: Jiaec dies mundo ce-
lebris refulget &c.‘; schl. ,Omnium causas meritum rependet |
Omnibus equus^. 4. Darauf folgen von anderer Hand mehrere
Briefe; dann ,Cum frequenter uacans otio scripturam tuao dilect.
&c.‘; ferner drei Gedichte, beg.: ,Laudis ab ofitio tibi gloria
redditur ex quo &c.‘; zuletzt noch ein Brief, heg.: ,Quotiens ad
animum reduco mi pater &c.‘
3308
B. 3. 5 (275). fol., m., s. XIV (,monast. S. Tliomae Mar-
tyris juxta Dublinund). 1. Calendarium. 2. Tabulao Calen-
(3309 3311) Bibliotlicca patrnm latinoram ßritannica. VII.
51
dariorum diversorura versu descriptae cum glossis ct ebdomali;
de formatione tabulae Dionysii et ßedae. 3. Massa Computi
(versu cum glossis); heg.: ,Licet modo in fine temporum &c.‘
4. —6. Liturgischen und kalendarischen Inhalts. 7. Usuardi
Martyrologium (123); cum litteris Cromatii et Heliodori ad
Hieronymum (20, 573) et responso Hierouymi. 8. Regula
5. Augustini. 9.—13. Liturgica. 13. Regula S. Beuedicti.
14.—16. Regula S. Francisci (mit den declarationes Gregorii et
Nicolai). 17. Regula Anachoretarum. 18. Epistola Hiero-
nymi ad Nepotianum; heg.: ,Clericus qui Christi seruit ecclesiae
interpretetur &c.‘ (Ep. 52, §. 5; 22, 531). 19. Monita Isidori
extracta ad instituendum liominem; heg.: ,0 liomo scito te ipsum,
scito quid sis, scito cur ortus sis &c.‘ (vgl. Cod. 674, 3 =
Bodl. 731).* 31. Libellus sententiarum b. Augustini; heg.:
Jnnocentia uera est, quae nec sibi nec alteri nocet &c.‘ (Prosper;
51, 427). 33. Hugo de S. Victore de institutione novitiorum
(176, 925) et B. Gregorii tractatus de religiosis simulatoribus;
heg.: ,Dic queso te frater, in domo Dei qualiter conuersaris &c.‘
34. Innocentius m. de contemptu niundi (217, 701). 35. Ur-
bani Danielis Ecclesiensis (vgl. Bale III, 17) carmina de moribus;
heg.: ,Cum nihil utilius humanae credo saluti <&c.‘ (Supplementum
Catonis; Leyser p. 439). 36. Epigrammata Anonymi.
3309
B. 3. 8 (66l). 4°, m., s. XII ex. (versch. Hände). 1. Ju
lian i Toletani Prognosticon saeculi Futuri libri m: de origine
mortis humanae (96, 461); de animabus defunctorum (475); de
ultima corporum resurrectione (497). 3. Ottoboni Cardinalis
Constitutiones. 3. S. Benedicti Abbatis Regula. 4. V. Bedae
Presbyteri Martyrologium cum commentario.*
3310
B. 3. 16 (508). 4°, m., s. XIV. 1. Innocentii in. Papae
libellus de miseriis conditionis humanae (217, 701). 3. Officium
Bonifacii Papae de quinque Christi vulneribus.*
3311
B. 4. 1 (714). fol., to. & ch., s. XV. 1. Sermones Arma-
chani (membr.). 3. (von hier an chart.). Specidum aüreum
animae peccatricis. 3. Ars bene moriendi Jacobi Interbuck
Carthusiani prope Erfordiam (Fahr. IV, 9).* 4. Confessio
S. Cypriani episcopi et martyris.
4*
52
VII. Abhandlung: H. Sclionkl.
(3312)
3312
B. 4. 3 (478). fol., m., s. XII. 1. Gruilelmus Malmes-
buriensis de miraculis S. Andreae Apostoli (Bale II, 73).
2. Expositio Decorosi presbyteri in laudem S. Lucae; heg.:
,Cum in diuinis uoluminibus studiose lectitando &c.‘ (Hom.
de sanctis LIX des Homeliarius Pauli Diaconi; 95, 1530).
3. Sermo in laudem S. Barnabae apostoli; heg.: ,Redemptor
et saluatov noster dominus Jesus Christus antequam de in-
teritu &c.‘ 4. Sermones duo S. Augustini de S. Vincentio;
a) heg.: ,In passione quae nobis hodie recitata est, fratres caris-
simi &c.‘ (S. 276; 38, 1255). b) heg.: ,Item alius sermo. Vin-
centii martiris sancti fortissimam et gloriosissimam passionem
celebrare uidimus animo et cogitatione conspeximus &c.‘
5. Revelatio gloriosa de reliquiis S. Stephani protomartyris socio-
rumque eius per Gamalielem V. presbytero Luciano caelitus
ostensa (41, 807). 6. Passio S. Barnabae ap. 7. Passio SS. Eu-
phemii Sosthenis & Victoris. 8. Martyrium Didonis et Theo-
dorae (4. Kal. Mai.). 9. Passio S. Lauretae 7. Kal. Jul.
10. Passio SS. Virgg. Spei Fidei Charitatis et matris earum
Sapientiae Kal. Aug. 11. Passio S. Theclae Virg. 12. Vita
S. Euphroxiae, an Euphrasiae V. 13. Passio S. Victoris et
Coronae. 14. Passio S. Crispini M. 15. Passio Theodorae ct
filiorum eius 4. Non. Aug. 16. Passio S. Paterni per Fortu-
natum; heg.: ,Religiosorum gesta praedicabilia subcrescente die/
(ed. Krusch p. 33; cap. II). 17. Vita B. Aegidii Abb. per
Fulbertum; heg.: ,Sanctus igitur Egidius natione grecus a prae-
claris c&c/ (Acta SS. Sept. vol. I, 299). 18. Sermones de
S. Nicolao; heg.: ,Uniuersis Christi ecclesiis litteris nostris cogno-
scenda significamus &c.‘ 19. Lectiones de S. Juliano; heg.:
,Beatus itaque Julianus romana generositate clarissimus lingua
facundus &c.‘ 20. Vita S. Servatii Tungrensis Episc. 3. id.
Maii. 21. Vita S. Leonardi Confess. 22. Passio SS. Juliani
et Basilissae V. 23. Vita S. Guthlaci Prcsb. & Anachoretae.
24. Vita S. Amalbergae V. 25. Sermones Augustini in natali
S. Stephani; heg.: ,Quoniam uideo nostras disputationes graphio
ceraque &c.‘ (S. App. 217; 39, 2147). 26. Passio S. Cy-
priani M. 27. Passio Rufini ct Walcri SS. 28. Tractatus
de Macchabaeis martyribus; heg.: ,Si quis uestrum fratres di-
lectissimi fortasse miratur iudos uiros supplica pro legis prae-
(3313—3320) Bibliotheca patram latinorum Britannica. VII.
53
cepto perpessos &c.‘ (Gaudentii sermo XV; 20, 948). Schl.
,ipse est enim nostra redemptio cui omnis honor uirtus et gloria
cum patre et cum spiritu sancto per omnia secula amen'.
29. Passio S. Achatii (Sacliarii der Catal.) cum 10000 sociis
suis; heg.: Saluatore ig'itur domino nostro iesu Christi eterni et
ueri Dei filio apparente c&c.' (Anastasii Bibliothecarii?; Acta
SS. Jim. vol. IV, 182).
3313
B. 4. 17 (634). 4°, m., s. XII (Prachthandschrift mit
Goldtiteln). Photii Leges per capitula digestae plenius quam
in Nomocanonc e Mss. Bibi. Barocc. edito. Gr.
3314
B. 4. 18 (277; von derselben Hand und in derselben Weise
geschrieben wie die vorhergehende Handschrift). Canones Apo-
stolorum, Canones Conciliorum, epistolae synodales (Liste im
gedruckten Katalog).
3315
B. 4. 20 (326). 4", m., s. XIII. Clementis recognitiones
ad Jacobum fratrem Domini Rufini Torano Aquilino intorprete.
lieg, unvollständig in I, 9 mit den Worten pncntes quac ad
lidem paratae &c.‘
3316
B. 4. 21 (351). ch. (moderne Abschrift). Concilii Triden-
tini decisiones et dccreta.
3317
B. 4. 23 (513). fol., m., s. XIV ex. Johannis Andredae (!)
liber de S. Hieronymo et eius operibus (vgl. Acta SS. 30. Sept. =
VIII, 423 A).
3318
B. 5. 5 (220). 4°, ch., s. XV. Aurea carmina ad instruc-
tionem vitae.*
3319
C. 1. 1 (216). fol., m., s. XIV in. Augustini expositio
super primam partem Psalterii. (36).
3320
C. 1. 4 (217). fol., m., s. XIII in. (pnonasterii S. Mariae
de Kelebo in Scotia'J. 1. Augustini Sermones lxxxix de
verbis Domini sccundum Matthaeum, Lucam, Johannem.
2. Coelestini v Papae Bulla de possessionibus et privilegiis Mona-
54
VII. Abhandlung: H. Sc henk 1.
(3321—3325)
stem S. Mariae de Mailros. 3. Henrici n Regis charta con-
cessa monasterio de Radirgis in Agro Benoccnsi.
3321
C. 1. 8 (487). fol., m., s. XIII (sehr grobe Schrift).
1. Nach dem Columnentitel Historia evangelica; heg.: ,eo (?)
tempore Romani Gallos superaucrnnt &c.‘ 2. Actus Aposto-
lorum ab ascensione ad imperium Neronis quo tempore Petrus
et Paulus passi sunt; heg.: ,Anno nono decimo imperii Tiberii
Caesariis adliuc procuratore &c.‘ 3. Epistola Alexandri ad
Aristotelem; heg.: ; Semper memor tui etiam inter dubia bel-
lorum &c.‘ Im Deckel ein Fragment s. IX in irischer Hand
schrift. (,OIim Liber Milonis SymnerJ)
3322
C. 1. 10 (788). Griechische Fragmente verschiedener Zeit.
1. (s. XII). Ilspi tou äßßa ü-epe^iou. 2. (s. X ex.). Ein Fragment
über die Jungfrau Maria. 3. (s. XV). Vita Spiridionis; beg.:
’AvSpuv ß!o; Yävvaiwv y.al Qeo^iAwv [xe^iaTov ei; 4uyyz woe'Aetav &c. 1
4. (s. XV). Vita S. Katharinae ex Symeone Metaphraste;
beg.: ? BaoiAe6oyTo; tou daeßeaTaTou Ma^evttou Ttäoa vj twv 'Pwgaiwv
ipyf &c.‘ 5. (s. XVI) ,”0zo'. TÖ (pöoiv XoYixbv e/ovte; &cl
6. (s. XVI). Mr/ayjX tou Auy^ou e^Y^m? v.aia tcXocto; ei; töv 0ou-
y.uSioTjV y.aTy. Aec'.v y.at y.ctTa voüv rcapd tou evöügou yuptou TeoipYiou toü
Bepy.ty.iou. Es folgen vier Ar,|M]YOpia! aus Thukydides, nämlich:
Kepy.upaicov xpo; ’AÖKjvatou;, IvoptvGiuv Tpb; ’A0v)vatou; ; KoptvOiwv xpo;
Aaxeoatp.ovicu; und ’Aö^vaiwv xpb; Axy.soa'.p.oviou;. 7. (s. XV).
Fragmentum commentarii incerti auctoris in Aristotebs cate-
gorias. 8. (s. XVex.) Fragmenta clironologica. 9. (s. XV ex).
,Kp!c;i; xoiv;[AdTü)v y) d'/.p’ßrj; -f/S>cn; &c.‘ 10. (s. XV ex.) Synopsis
canonum grammaticalium. — Die drei angehängten lateinischen
Sermones, nämlich: 11. (initio mutil.) de eucharistia, 12. Jo
hannes Chrysostomi super Mesopentecosten Judaeorum und
13. Eiusdem super Pentecosten sind moderne Abschriften.
3323
C. 1. 20 (684). Rathranni monacbi Corbeiae contra appo-
sita Graecorum imperatorum pro Romana sive Latina ecclesia
(121, 223) Epistolae Rabani et Hincmari enthaltend, und
3324
C. 1. 21 (370). Dialogus inter magistrum et discipulum;
beg.: Eil mihi probabilius sind moderne Abschriften.
(3325 3328') Bibliotheca patrurn latiuorum Britannica. VII.
55
3325
C. 1. 27 (518). Ivones vel Freculphi Chronicon, Martinus
Polonus &c. Gleichfalls moderne Abschrift.
3320
C. 1. 29 (1G8). fol., m., s. XIIIex. 1. Anonymi pöema, or-
rlinc alpliabctico; heg. unvollständig (von M an). ,Cum mcritis
pensans penas et premia nostra Letificant testes patientia causa-
que mercesh 2. Anselmi meditationes.
3327
C. 2. 3 (760). 4°, ch., s. XVex. 1. Tractatus de censuris
et poenis ecclesiasticis. 2. Commentarii in quasdam epistolas
B. Pauli.
3328
C. 2. 4 (147). fol., ch., s. XVex. 1. Acta concilii Basi-
leensis 1430—1433. 2. EinTractat; heg.: ,Quod uiator non po-
test per aliquem actum esse &c.‘ 3. Espositio in tertiam Epi-
stolam S. Johannis. 4.—18. Briefe von und an Hieronymus u. a.:
4. Hieronymus ad fabiolam de mansionibus filiorum Israelis
(Ep. 78; 22, 698). 5. Ad Marcellam Fridelamque respondens
de quibus sibi prop. ex psalmis (I); nach einer Einleitung von
fünfeinhalb Seiten über die Worte Ex Deo est beg.: ,Seni (?)
Gaio carissimo Sal. Quia istam epistolam quae dicitur tertia
canonica Johannis suscepi litteraliter declarandam &c.‘ 6. Epi
stola consolatoria et institutoria; beg.: /Diuersorum) opprobria
tribulationes multiplices quibusdam obsidiautibus &c.‘ (ad Ocea-
num ep. App. 41; 30, 282). 7. Ad virgines de continentia
virginali; beg.: , Quant am in celestibus beatitudinem virginitas
sancta possideat &c.‘ (Ep. App. 13; 30, 163). 8. Ad diaconum
ut fiat monachus; beg.: ; Nulla res uetus inquit comicus tarn
facilis &c.‘ (Ep. App. 18; 30, 182). 9. Ad Ruff inum; beg.:
,Plus Deum tribuere quam rogatur &c.‘ (Ep. 3; 22, 331).
10.—12. Hieronymi et Theophili epistolae (quingue?; Ep. 86
—90?). 13. Anastasius episcopus Romanus ad Joannem epi-
scopum Hierosolymitanum. 14. Hieronymi ep. at Pammachium
de comment. in Danielem (25, 491). 15. Eiusdem ep. de re-
prehensione tractatuum in Canticis Canticorum Retici Galli
(Ep. 37; 22, 461). 16. Ad Ruffinum (= Nr. 9). 17. Ad
President diaconum (Ep. App. 18; 30, 182). 18. Paula et Eusto-
56
VII. Abhandlung: H. Sclienkl.
(3329—3332)
chium ad Marcellam de locis sanctis (Ep. 46; 22, 483).
11). Vita S. Hieronymi.
3329
C. 2. 9 (619). fol., in., s. XIII. Palladii historia Lansiaca
(73, 1065 oder 74).
3330
C. 2. 12 (141). fol., m., s. XIIIin. (versch. Hände). Ent
hält nur mittelalterliche Traktate: Nr. 5—-8 des Kataloges bilden
in der Handschrift als Ilugo de Folieta de claustro animae
ein Werk. Nr. 10 (De essistencia purae bonitatis; heg.: ,Omnis
scicntia suis utitur regulis &c.‘) sind die Regulae des Älanus
(210, 621). Zu Nr. 11 (Fragmentum de anima et peccato ori
ginal)) habe ich notiert: cuiusdam fratris de Amaros (?), Mona-
sterii de Pascal.
3331
C. 2. 13 (707). 4°, m., s. XIVex. Sententiae excerptae ex
homiliis S. Chrysostomi und Sermones quidam.
3332
C. 2. 14 (553). 4°, cli., s. XV. 1. Libcllus de laudibus et
assumptione B. Mariae. *2 (6 im Kat.). ,Incipit libellus de
transitu et assumptione beatae et gloriosae sempiterne virginis
Marie editus a Militone quodam episcopo sardiniensi. Milito
seruus Christi episcopus ecclesie &c. Cum uobis duo opuscula
de uita &c. 1 *3 (10). Narrationes quaedam de miraculis quae
feceratB. Maria bis qui salutatione eius usi sunt. *4 (16). Sermo
b. Augustini ad Religiosos de beatitudinibus; heg.: ,Si dili-
genter attenditis fratres omnes sacerdotes &c.‘ ('S. App. 287;
39, 2287). 5 (17 u. 18). Rcsponsio devotissima Franc. Petrar-
ebae poetae de Florentia ad epistolam D. Sacmoris de Pomeriis
inprimis militis, tune ord. Cisterc. und Septem Psalmi (poeni-
tentiales) eiusdem Francisci ad militem supradictum (Fahr.
V, 228). *6 (20). Augustinus de conflictu virtutum et uitio-
rum; heg.: ,Apostolica vox clamat per orbem &c.‘ (40, 1091).
*7 (23). Martinus Episcopus de formula uitae bonestae (Se-
neca ed. Haase III, 469). *8 (28). Excerpta ex libro B. Bri-
gidae de passione Christi &c. 9 (40). De Origine quaedam.*
(Ausserdem Werke von Bonaventura, Anselmus, E. Ilampole,
Bernardus, Lanfrancus und Petrus Comestor).
(3333—3335)
Bibliotheca patrum latinoruin Britannica. VII.
57
3333
C. 2. 16 (369). 4°, m., s. XII ex. (versah. Hände; e libris
monasterii S. Mariae de Ricval). 1. Lanfranci (Honorii) Eluci-
darius (172, 1109). *2. Expositio super orationem Dominicum;
beg.: Seruus nequam in Euangelio decem milibus &c.‘ Dann
Pater noster: Deus omnipotens cum sit dominis uerendus.
I. Augustinus de opero monachorum; beg.: , Jussioni tuae
sancte frater Aureli tanto de uotis &c.‘ (40, 549). 5. Idem
de natura boni (42, 551).
3334
C. 2. 17 (779). 4°, ch. et m., s. XV. 1. Pauli Vergerii
Istri ad Ubertinum de ingenuis moribus et liberalibus studiis
über (Fahr. VI, 289). 2. De sectis philosophorum. 3. De
historiae Romana quaedam. 4. Guarini Veronensis de liistoriae
conscribendae praeceptis libellus. 5. Fragmentum Hieronymi
de viris illustribus (23, 601). 6.. Eiusdem ad Desiderium de
xii lectoribus (23 , 723). 7. Plinius Secundus (S. Aurelius
Victor) de viris illustribus. 8. Plutarchi comparationes
cum Guarini praefatione. 9- Sexti Rufi liistoriae Romanae
epitome. 10. Aurispa equestris ordinis viro cuidam.
II. Contentio Alexandri Hannibalis et Scipionis (vgl. Cod. E.
5. 20).
3335
C. 2. 18 (435). 4°, ch., s. XV. 1. Expositio orationis do-
minicae secundum Augustin um; beg.: ,Anima nobis dominica
oratio ex pontificali doctrina &c.‘ Dann: Pater noster: Magna
dignatio patris, magna dignatio creatoris <&c.‘ 2 (p. 3). Sermo
Augustini de laude ebaritatis; beg.: ,Qui diuinarum scripturarum
multiplicem üabundantiam latissimamque doctrinam &c.‘ (S. 350;
39, 1533). 3 (p. 5). Eiusdem Sermo de oboedientia; beg.:
,Nicbil sic deo placet, quomodo oboedientia &c.‘ (40, 1221).
4 (p. 7). Eiusdem Speculum peccatoris; beg.: ? Utinam saperent
et intelligerent et nouissima prouiderent &c.‘ (40, 983).
*7 (p.17). Sermo de poenitentia; beg.: ,Aperite portam quoniam
uobiscum est &c.‘ *9 (p. 27). Versus Sibyllae Erytliraeae;
beg.: ,Judicii signum. tellus sudore madescet &c.‘ (90, 1186;
auch 171, 1731). 11 (p. 35). Testimonium Josepbi de Christo.
*15 & 10 (p. 56). Epistolae S. Augustini ad Cyrillum et Cyrilü
58
VII. Abhandlung: H. Schenkl.
(3336)
acl Aügustinum de transitu Hieronymi (Epp. App. 18 u. 19;
33, 1120). 17 (p. 75). Mcditationes S. Augustini de dili-
gendo Deo; heg.: ,Vigila (?) (cura) et mente solicita summo
conatu &c.‘ (40, 847). *20 (p. 104). Augustinus contra Fau-
stum Manich.; heg.: ,Faustus quidam fuit genere Afer civitate
Milevitanus &c. (42, 207; icohl nur der Prolog). 21 (p. 106).
Prologus B. Augustini in libros de civitate Dei (41). * 23 (p. 109).
Vita S. Johannis Apostoli et Evangelistae de authenticis collecta
libris. 21 (p. 122). Liber xi. B. Augustini contra Faustum
integer; heg.: ,Hoc est quod ante dixi: quia ubi sic manifesta
ucritate &c.‘ (Cap. 2; 42, 245). 25 (p- 126). Eiusdem über xxi
de civitate Dei (41, 709). *36 (p. 164). Narrationes quas
S. Joannes Anachoreta in Aegypto narravit S. Hieronymo &ci
Ausserdem Revelationes, Miraeula und Aehnliches; Werke von
Bernardus, Innocentius, Petrus Blesensis, Hugo (de conscientia)
und Rieh. Hampole.
3336
C. 3. 19 (765). 4°, m., s. XIV. *5 (fol. 27). Philosophia
Secundi; heg.: .Secundus fuit philosophus diel 8 (fol. 41).
Homiliae super Evangeüa per annum. 9 (fol. 104). Sermo
Augustini de obedientia et humilitate; heg.: ,Kichil sic placet
Deo quomodo &c. e (40, 1221). 10 (fol. 105). S. Augustinus
de x praeceptis et x plagis; heg.: ,Non sine causa est fratres
dilectissimi &c.‘ 11 (fol. 107). S. Augustini sermo de
Jo. Evang.; heg.: ,Gaudeamus fratres karissimi copiosum uere
fraternitatis adesse conuentum 13 Speculum pecca-
toris. *15 S. Augustinus de 6 verbis Christi in cruce prolatis;
heg.: .Post regulas fidei evangelico dogmate promulgatas &c.‘
(Ernaldus Ah Las; 189, 1681). *17 Tractatus de conceptione
Salvatoris; heg.: ,Mense autem sexto &c.‘ 18 Excerpta ex
Isidoro Beda &e. 19 (fol. 186). Liber dictus Formula vitae
honestae. *22 (fol. 197). Sermo Augustini de assumptione
B. Virginis; heg.: ,Ad interrogata de Virginis et matris Do
mini &c.‘ (40, 1141). *27 De xv signis xv dierum prece-
dentium diem iudicii, sicut invenit Hieronymus in annalibus
Hebraeorum (94, 535). *35 (fol. 27). Lotharius de miseria
conditionis humanae (217, 701). 36 Repertorium vocabulorum
S. Scripturae per quendam Canonicum Regulärem; heg.: ,Licet
nonnulli circa notabilia Bibliae &c.‘*
(3337—3344)
Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
59
3337
C. 3. 21 (252). 4°, m., s. XIII. G. (Gilberti Porretani)
Pictaviensis episcopi glossae super Boetkii libros de aeternitate
(trinitatef; 64, 1255) et hebdomadibus (64, 1311).
3338
C. 3. 23. 4°, ch., s. XV. Sermones Dominicales et in festa
Sanctorum.
3339
C. 4. 6 (476). 4°, m., s. XIII. 1. Gregorii Papae Pasto-
ralium über i (77, 13).* 2. Expositio missae et symboli per
Remigium; idem de officiis divinis.
3340
C. 4. 9 (688). 4°, ch., s. XV. 1. Regula Augustini ad
matrem suam.* 2. Sermones duo S. Augustini cum Sibyllae
versibus de die iudicii; heg.: a) /Lcgimus sanctum Moysen po-
pulo Dei praecepta dantem &c. ( (S. App. 245; 39, 2196); b) ,Vos
inquam conuenio(?)o iudei quousque <&c.‘ 3. Johannis Episcopi
sermo de jejunio Ninevitarum. 4. Eiusdem sermo de David
et Golia, 5. S. Augustini sermones xxv ad fratres in eremo;
der erste beg.: ,Audistis fratres carissimi sanctissimos reges dili-
genter &c.‘ (S. 43; 40, 1317); der letzte: ,Quia in hac uasta
solitudine Dei gratia &c.‘ ('S. 13; 40, 125). 6. Excerpta ex
Augustino, Bernardo et Leone. 7. Hieronymi prologus in
libros Psalmorum; beg.: (Dauid fibus Jesse cum esset in regno
suo quatuor elegit qui psalmos facerent &c.‘ (aus Ep. App. 47;
30, 295).
3341
C. 4. 8 (517). 4°, m., s. XIII. Ivonis historia ecclesiastica
(in VI libros div.).
3342
C. 4. 15 (744). 4°, m., s. XIV ex.* Augustinus de
planctu B. Virginis, quos (?) virgo ipsa Augustino revelavit;
beg.: ,Quis dabit capiti meo fontem lacrimarum &c.‘*
3343
C. 4. 21 (504). 4°, m., s.XIV. *1. Dialogorum Gregorii
libri m. *2. Regula S. Augustini.
3344
C. 4. 22 (278). 4°, m:, s.XIV* Liber Aristotelis de secretis
secretorum sive de regimine principum ad Alexandrum Magnum.
60
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3345—3349)
3345
C. 4. 23 (785). 4°, vi., s. XIV (c libris Monasterii B. Mariae
Eborac.). 1. Visio Tyndali Hiberni. 2. Historia Amici et
Amelii (vgl. Cod. 1498, 2 = Chelt. 4387). 3. Miraculum quod-
dam S. Augustini apostoli Aoglicani. *4. Isidori de summo
bono libri m (83, 537). 5. Lotharius de miseriis conditionis
lmmanae (217, 701).
3346
C. 4. 30. m., s. XIII. Sermones Dominicales.
3347
C. 4.32. (371). 4°, vi., s. XIII. 1. Dialogus inter virtutes
et vitia. Die in den Catalogi A. et II. angeführte zweite Num
mer Scrmo B. Augustini de igne purgatorio (heg.: ,111c ignis
purgatorius durior ei-it quam quiequid potest in boc seculo &c.‘)
ist hlos ein Citat; ivahrscheinlich auch Nr. 3 Tractatus B. Augu
stini de immortalitate animae. 2. Florigerus über collectus
ex diversis libris B. Augustini et Bernardi. *3. Tractatus
fratris Wil (seu potius Hugonis de S. Victore) de professione
monacborum. 4. Sermones dominicales cum locis quibusdam
e S. Script, petitis. 5. Epistula B. Augustini de exitu animae;
heg.: ,Unicuique animae duo exitus occurrunt quando (?) migrat
de corpore &c.‘
3348
C. 5. 5 (547). 8°, vi., s. XIII. 1. Liber Ephrem; heg.:
,Dolor me compellit dicere &c.‘ (vgl. ed. Rom. 1732 vol. I,
pag. LXXXI, Nr. 1). 2. Expositio Cantici Canticorum; heg.
unvollständig: ,Figuris. genas ergo ecclesie fragmini compa-
ramus &c.‘
3349
C. 5. 8 (365). 8°, m., s. XIV (verschiedene Hände).
1. Descriptiones t er rar um. 2. Verschiedene Tractate: de vii
sacramentis, de lionestate clericorum, de matrimonio, de avaritia,
de caritate &c.‘ dann Sermones dominicales et de sanctis.
3. Regula B. Augustini. 4. Miracula S. Brecham (?), partim
prosa, partim versu. *5. Exemplum epistolae Abgari ad Do
minum et Domini ad ipsum, cum colloquio inter Abgarum et
Thaddaeum. *6. Annales Coenobii Montis Fernandi ab an.
Dom. 45 ad an. 1247 (vgl. Hardy, III. p. 207; Nr. 352).
61
(3350—3356)
Bibliotlieca patrum latinorum Britannica. VII.
3350
C. 5. 15 (7 64). 8°, m., s. XIVex. und XII. 1 (s. XIV).
Augustinus de divinis officiis (?). 2. ,Fundamentum aliud
nemo &c.‘ (Augustini S. App. 104; 39, 19461). 3. Soliloquia
Isidori Archiepiscopi (83, 825). 4. Stimulus compassionis B.
Mariae D. N. ex Christi passione; heg.: ,Jesu Christi celeri
miseracione Et Mariae virginis intercessione &c. 1 5 (s. XII).
Regula S. Augustini. 6. Eiusdem quaestiones ad Orosium
(40, 733).
3351
C. 5. 28. Loci communes ex scriptoribus theologicis ist
s. XVI.
3352
C. 5. 29 (422). 8°, ch., s. XVI. *Computus temporibus und
de nominibus synonymis.
3353
D. 1. 17 (286). fol, in., s. XIV. Catalogus Bibliothecae or-
dinis fratrum Eremitarum S. Aug. Eboraci 1372. Fratre Willelmo
de Staynton tune existente Priore.
3354
D. 1. 19 (285). fol., s. XV. Catalogus librorum MSS. cuius-
dam bibliothecae ignotae; scriptus circa tempus Edwardi IV.
(1461—1483).
3355
D. 1. 26 (153). 4", m., s. XII. 1. Aethici Cosmographi
antiquitatis historia ab Hieronymo in latinum sermonem e graeco
conversa (ed. Wuttke Leipz. 1853). 2. Hieronymi Interpre-
tationes nomin um Ilebraicorum; heg.: .Philo uir disertissimus &c.‘
(23, 771).
3356
D. 1. 28 (507). 4°, cli., s. XV u. XVI (aus verschiedenen
Stücken zusammengebunden). 1. Initium prioris libri summae
Logicae Nicephori Blemmydae (Patr. Gr. 142). 2. ,To Spyavov
vrfi ©tAocoGta? StatpslTat s!? y. r xxr l '{cp'.aq &c.‘ 3. Fragmenta
quaestionum quarundam naturalium (quare gallus noctu cantet,
quare canis- caudam moveat). 4. Aristobuli Apostolii, filii
Michaelis paroemiographi in Anonymi Scriptoris (Theodori Pro-
dromi ?) praefatio. 5. Primi libri Iliadis Ho-
mericae metaphrasis. 6. Fragmentum Phurnuti de natura
62
VII. Abhandlung: II. Schenkt.
(3357—3359)
deorum sive de poeticarum fabularum allegoriis. 7. Narratio
fabularum Saracenica dialecto per Johannem 'Damascenum;
heg.: '0 xiöv ’IvSöv ßaoiXebi; ’AßaaXi&v. 8. Excerpta ex Origenis
Tom. 32 in Johannis cap. 13. 9. Theodoreti quaestio 65. in
Genesin. 10. Pauli Ep. ad Rom. VIII, 23 — XIV, 10.
11. Basilius de legendis gentilium libris. 12—15 theologischen
Inhaltes (Gennadius, Hymnen mit Comm. &c.). 16. E! X6wj<;
sOsXet? xpaxelv. Eine sehr umfangreiche Gnomensammlung (sog.
ay.&'l) als Uehungsstoff zu grammatischer Exposition.
3357
D. 2. 12 (456). fol., ch., s. XV. 1. Commentarii in artem
grammaticam libri VI (1 de nomine verbo participio; 2—6 de
ceteris orationis partibus). 2. Gasparini Bergomensis praecepta
in dictaminibus (Fahr. III, 22). 3. Ein Tractat über Wort
stellung. 4. Guarini Veronensis Tractatus de diphtbongis.
5. Prosodica quaedam.
335.8
D. 2. 29 (502). 4°, m., s. XIV. Hippocratis aphorismi und
andere medicinisch-naturwissenschaftliche Schriften, von denen
die Catal. A. et Ilib. ein Verzeichnis geben. Der dort erwähnte
Tractat Nr. 16 de ponderibus hat Jordanus Ncmorarius (Fahr.
V, 176) zum Verfasser.
3359
D. 3. 35 (324). 8°, ch., s. XV. 1. Ciceronis epistolae non-
nullae (25 an der Zahl); der erste Brief ist verstümmelt, der
zweite heg.: ,Nec saepe est cui litteras demus &c.‘ (ad. Farn..
XIV, 6). Der letzte heg.: ,. . suadendi ac dissuadendi ratio &c.‘
2. Epistolae Antonii Panormitani. 3. Vier Briefe des Hiero
nymus: a) ad Desiderium; heg.: ,Lecto sermone dignationis
tuae quem mihi nec opinanti &c. 1 (Ep. 47; 22, 492); d) ad Ju-
lianum; heg.: ,Antiquus sermo est mendaces faciunt ut nec
uera dicentibus credatur <&c.‘ (Ep. 6; 22, 337). 4. Augustini
ep. ad Hieronymum; heg.: ,Audiui peruenisse in manus tuas
litteras sed quod adhuc &c.‘ (Ep. [Hier.] 101; 22, 829).
*8. Epistolae commendatoriae et consolatoriae Marii (PhilelphiVj;
heg.: ,Quod obierit diem pater tuus vir clarissime non possum
non dolere &c.‘ 9—14 meist humanistischen Inhaltes (Nie.
Pirottus, Laur. Valla). 15. Aurelii Prudentii in utrumque
(33G0 3365) Bibliothoca patrnm latinormn Britannica. VII.
63
testamentum tetrasticha (das sog. Diitochaeum). IG. Gramma-
ticalia, partim prosa, partim versu.*
3360
D. 3. 36 (325). 12° [11'5 X 7 cm.], m., s. XIin. Cicero
de invcntione; heg.: ,bestiis praestare quod loqui possunt &c,.‘
(I, 4, 5); sclil.: ,quasi in temptantis loco producendo || ‘ (II,
43,125).
3361
D. 4. 3 (263). fol. (?), cli., s. XV. *2. Sermo S. Augu-
stini; heg.: ,Oportet nos fratres ut totae mentis intentione in-
quirere et intelligere studeamns &c.‘ 3. Augustinus de digni-
tate sacerdotis (vgl. Cod. Bodl. Auct. F. 6. 1); heg.: ,0 uene -
randa sacerdotum dignitas inter quorum &c.‘ 4. Anselmus de
cogitatione. 5. Liber 5 capitulorum &c. (s. Catal. A. etil.).
G. Meditationes S. Bernardi. 7. Sententiae e patribus ex-
cerptae.* 11. Narrationes. a) de S. Michaele; b) de quodam
rege bene uiuente et de n mulieribus.
D. 4. 2. s. XV. Yergilii Bucolica et Aeneis. 3362
3363
D. 4. 4 (152). 4°, m., s. XVin. 1. Aequivoca M. Matthaei
Yindocinensis cum comm. scripto per Fr. Jo. Hancock (Fahr.
V, 35). 2. Modus scribendi epistolas secundum Alcock D. Th.
3. Liber de compositionibus verborum a quibusdam ascriptus
Saxoni canonico ecclesiae Hildesheymensis, ab aliis Joanni de
Gariondia, cum comm.; heg.: ,Am si praeponas puto scindit, de
dat, in infert &c.‘ 4. Liber inscriptus Neutrale; heg.: Aspi-
rans precibus vestris persaepe rogatus (Adamus de Nutzarde;
Leyser 2041; vgl. Cod. Bodl. Digby 100, 8). 5. Liber aequi-
vocorum secundum alphabetum; heg.: ,Exprimit aequiuocae
lactentibus iste nouellus <ßc.‘.
3364
D. 4. 5 (729). 4°, m., s. XV. Julius Solinus (Anfang un
vollständig).
3365
D. 4. 7 (486). 4°, m., s. XIVex. 1. Historia Troiana per
Guidonem de Columna Messanensem. 2. Peregrinatio s. Terrae
secundum M. B. de M.
G4
VII. Abhandlung: H. Schenk 1.
(3366—33G7)
3366
D. 4. 9 (170). 4°, m., s. XIIIex. 1. (Johannis de Gar-
landia) Encheiridion de synonymis; heg.: ,Ad inare ne uidear
latices &c.‘ (vgl. Cod. 32,7 = Bodl. Auct. G.60). 2. Gregorii
propositiones, cum notis interlin. et marg.; heg.: ,In uicem
(iucem ?) graece ponnntur praepositiue Pone decem iungas octo
numerumque tenebis &c.‘ (Haureau in Notices et Extr. XXVII,
2, 48 u. 85). 3. Promptuarium (paruolorum); heg.: ,Dictionarius
dicitur libellus iste a dictionibus magis necessariis &c.‘ (Scheler
im Jahrb. für rom. und engl. Philologie VI, 161); der Commentar
dazu, beginnt: ,Ysidorus dicit &c.‘ 4. Alexander Nequam de
nominibns utensilium (Scheler, ebenda Bd. VII). 5. Quoniam
ignorantiae nubilo excaecati quidam imperiti &c.‘ Dann: ,Est
proprie meta trans graece, formatio plasma &c.‘ (Eberhardi
Betliunensis Graecismus). 6. Ein Tractat; heg.: ,Hoc excusetur
quod materiale tenetur &c.‘ (Cod. Durham C, IV, 26). 7. Ovi-
dius de mirabilibus mnndi; heg.: ,Hic serpens uentis pernicior
atqne sagittis &c.‘ (vgl. Cod. Digby 100, 30). 8. Liber de verbis
deponentibus; heg.: ,Sinderesis rogitata refer quo pandere
tractu &cl (Im Cod. Digby 100, 22 einem Nicholaus de Bralcen-
dale zugeschrieben; vgl. den Cod. von Durham C, IV, 26, wo es
vor Älexandri Doctrinale steht. 9. Liber Hymnorum. (Hin
sichtlich der Reihenfolge der einzelnen Tractate bin ich nicht
ganz sicher.)
3367
D. 4. 14 (633). 4°, ch., s. XV. Pbalaridis epistolae trans-
latae per Franciscnm Aretinum.
3368
D. 4. 16 (475). 4°, ch., s. XVI. 1. Grammaticalia lat.
carmine & Angl, prosa. 2. Libellus dictus ,Poeniteas cito £ ,
impress. (vgl. 207, 1153).
3369
D. 4. 18 (693). 4 n , rn., s. XIII. 1. Rhythmi quidam Gallice
(de rebus divinis). 2. B. Gregorii dialogi duo (77, 149).
3. Edmundi oratio ad sanctos omnes. 4. Vie de St. Eustace
und Predicationes ad Jesum (altfranz.). 5. Liber Fr. Hen.
de Dunstante; heg.: ,Factae sunt leges &c.‘ *6. Excerpta ex
SS. Augustino, Basilio, Ambrosio. 7, Regula B. Augustini.
(3370 3373) Bifoliotlieca patrum latinorum Britannica. VII.
65
3370
D. 4. 22 (184) 8°, m., s. XIV. Aristoteles über de regimine
principum ad Alexandrum Magnum ex Arabico in latinum versus
per Johannem quendam filium Patricii ex lingua Graeca in Clial-
daeam, ex Cbaldaea in Arabicum translatus, iam vero per
Philippum Clericum in latinum versus et dicatus Guidoni Tripo-
lensi pontifici.
3371
D. 4. 24 (820). 8°, m., s. XVI. 1. Xenophontis Hiero.
2. (Isocratis) Nicocles in subditos. 3. Contentio Alexandri,
Scipionis, Hannibalis et Henrici V; heg.: ,Me o Libyce prae-
poni decet. melior equidem sum &c.‘ (das zwölfte der Todten
gespräche Lukian’s, mit einem eingeschobenen Passus über
Heinrich V., der in Cod. C. 2. 17 fehlt). 4. Orationes Ho-
meri. 5. Alberteni (Brixiensis?) tractatus quidam de bello
et praepai’atione ad bellum. 6. Isocrates ad Demonicum.
7. Eiusdem or. ad Nicoclem. 8. Guarini Veronensis (versio
Plutarchi) de differentia adulatoris et veri amici. 9. Socrates
de morte contemnenda; beg.: !',Cum ex Athenis decederem ad
Herculis &c.‘ 10. Sermo Plutarchi de virtute ac vitio per Cyni-
cum Romanum. (,IIos übros compilavit Mag. Jo. Mannyngham
secr. et scriba almae univers. Oxoniensis/)
3372
D. 4. 27 (18G). 8°, m., s. XTV. 1. Boetbii Arithmetica
(63, 1079). 2. Idem de s. Trinitate (64, 1247). 3. Idem de
duabus naturis in Christo (64, 1337). 4. Idem de hebdomadibus
(64,1311).
Es folgen mathematisch-astronomische Tractate (der als
Nr. 12 verzeichnet.e Commentarius super centiloquium Ptole-
maei hat Haly Rodoham zum Verfasser); darunter de .inter-
pretationibus somniorum.
3373
E. 1. 29 (791). fol. } m., s. XIVex. 1. Catonis Disticha
(englisch). 2. Vita m llegum Coloniensium. 3. Alberteni
Causidici de ecclesia Agathae 1010 (?) tractatus de doctrina
dicendi et tacendi (Fahr. I, 39). 4. Speculum religiosorum
per Edmundum Cantuariensem (Bibi. Patr. Lugd. XXIV, 316).
*5. Visio B. Pauli de poenis inferni et tormentis animarum.
6. Excerpta de epistola Cyrilli ad Augustinum de transitu Hiero-
Sitzungsber. d. pbil.-bist. CI. CXXXIII. Bd. 7. Abh. 5
66
VII. Abhandlung: H. Schenkl. (3374—3376)
nymi et poenis inf. (33, 1126). *7. Liber de Bello Trojano
auetore Guidone de Columna.
3374
E. 2. 23 (230). fol., m., s. XIII in. 1. Bedae historia
ecclesiastica gentis Anglorum (95, 21). 2. Vita S. Cuthberti.
3. Epilogium de obitu S. Bedae per S. Augustinum. 4. De
conversione Anglorum. 5. Notationes de Sanctis ; qui in Anglia
requiescunt.
3375
E. 4. 2 (501). 8°, m.; über das Älter ivage ich keine Ent
scheidung (s. VIII?) Liber Hymnorum (vgl. J. H. Todd in den
Publicationen der Irish Archaeological Society 1855 und 1860,
Whitley Stokes in ,Goidilica‘; keines dieser Werke ist mir
zugänglich). Enthält u. a. eine Anzahl lateinischer Hymnen:
7. Hillarii in Christum; heg.: ,Ymnum dicat turba fratrum
ymnum &c.‘ 10. Ambrosii; beg.: ,Gloria in excelsis et in
terra pax hominibus bone uoluntatis &c.‘ 13. Augustini et
Ambrosii in laudem S. Trinitatis; a) beg.: ,Laudate pueri do
minum laudate nomen domini &c.‘; b) beg.: ,Te deum laudamus
te dominum confitemur &c.‘ Einen Hymnus S. Patricii hat
jüngst F. E. Warren in der Academy Nr. 1172 (20. Oct. 1894)
p, 304 veröffentlicht. Ferner: 18. Christi epistola ad Abgarum;
beg.: ,Beatus es qui me non uidisti et credidisti in me <&c.‘
24. Ambrosii Lamentatio; beg.: ,Adonai domine Sabaoth omni-
potens et terre dominus &c.‘ 25. Orationes ccclxii et Bene-
dictiones a Gregorio Papa e Psalterio collectae; beg.: ,Deus in
adjutorium meum intende domine ad adiutorum &c.‘
3376
E. 4. 12 (784). 4°, m., s. XIV. 1. Visio Tyndali Hiberni
de purgatorio. 2. Gerlandus ex libro Mag. Franconis Legiensis
de ligno crucis. 3. De obitu Isaiae et Ezechielis. 4. De
parabola Ovis, et drachmae et filii prodigi. 5. De morte David
et eius sepultura. 6. Quomodo Alexander adorauit nomen
Domini; beg.: ,Dum Alexander erat in obsidione tiri scripsit ad
principem sacerdotum &c. 1 7. Quid fecerunt apostoli abeunte
Domino. 8. Prosper (Julianus Pomerius) de vita activa
et contemplativa (59, 415). Der folgende Theil der Handschrift
ist ch., s. ATT und enthält u. a. Epistola Aristotelis ad Ale-
(3377—3382)
Bibliotheca patrum latinoruw Britaunica VII.
67
xandrum de conservatione salutis et regimine principis, Carmina
quaedam und Formula vitae honestae seu de iv virtutibus.
3377
E. 4. 19 (455). 4°, m., versch. Hände. 1. (s. XII). Gual-
teri Alexandreis (cd. Müldener Leipzig 1863). 2. (s. XII).
Hugonis Didascalicon (176, 739). 3. (s. XI). Apocalypsis
cum uotis. 4. (s. XIV). Commentarii in epistolas et evan-
gelia dominic.
3378
E. 4. 21 (675). 4°, m., s. XIII. 1. Psalterium cum hymnis
usitatis. 2. De xn abusivis saeculi (rhytlimice).*
3379
E. 4. 26 (477). 8°, m., s. XIII (versch. Hände). Enthält
nach Gruil. Malmesburiensis de gestis pontif. Angl. 1. Orationes
quaedam in Cic. et Sallustio inventae. 2. Excerpta ex Sue-
tonio de Jul. Caesare; de Judaeis et Iiierosolymae expugna-
tione ex Josepho; Q. Curtius (V, 4 his zum Ende); e Gellii
Noct. Att.
3380
E. 5. 2 (703). 4°, m., s. XIII in. 1. Senecae epistolae
3!)—89. 2. Galfridi Monem. epistola ad Gualterum quendam
(Fahr. III, 11). 3. Increpatoria contra ebriosos; heg.: ,A domo
et mensa vestra nuper egrediens magister &c.‘ 4. Grammati-
calia quaedam.
3381
E. 5, 3. (489). 4°, m., s. XIV. Enthält nach Dares de
bello Phrygio und Galfridus Monem. nebst den Prophezeiungen
1. Tractatus de professione monachorum. 2. Liber Solilo-
quiorum Isidori (83, 825). 3. Leo (IX.) Papa de conflictu
vitiorum (143, 559). 4. Flores S. Augustini. 5. Dissuasio
Valerii ad Rufinum de ducenda uxore (30, 254). 6. Inno-
centius de contemptu mundi (217, 701). 7. Speculum spiri-
tualis amicitiae. 8. Seneca de naturalibus quaestionibus.
3382
E. 5. 7 (452). 4°, m., s. XII ex. *In Porphyrii Isagogen
commentarius.
68
VIT. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3383—3387)
3383
E. 5. 9. in., s. XIV. * Gregorii Narratio de monaclio Or-
tolano.*
3384
E. 5. 12 (407). 4°, m., s. XIII—XIV. Epistola Aristotelis
ad Alexandrum de conservatione sanitatis et regimine principis.*
3385
E. 5. 13 (466). 4°, ch., s.XV. Gesta Romanorum &c.‘
3380
E. 5. 20 (527). 4°, ch., s. XV. *1. (7) De mirabilibus
Brittaniae. 2. Pauli Veneti Itinerarium. 3. Fabula Pliae-
thontis. 4. Seneca de in gratiis. 5. Nomina poetarum.
6. Poeticae fabulae tabulis dispositae una cum antiquorum genea-
logiis. 7. Sententiae quaedam excerptae ex Cassiodoro, Seneca,
Petronio, Terentio, Sallustio, Boethio, Macrobio, Cicerone, Quin-
tiliano, Caesaris Comm., Sidonio, Yegetio, Josepho. 8. Ex-
cerpta ex gestis Januensium, Gestis Trevirorum; Papia; Agellii
Noct. Att., Orosio, Trogo Pompeio. 9. Destructio Thebanorum;
heg.: ,Temporibus dyoth iudicis destructae sunt thebe &c.‘
10. Dialogus Scipionis Africani et Laelii senatoris de delatore
cavendo vel potius confutando; heg.: ,Super hoc quod me con-
suluistis (&c.‘ 11. Collatio inter Senecam et Lucilium de amico
fido; heg.: ,Lucius Anneus Seneca cum quadam die in pene-
tralibus &c.‘ 12. Exhortatio ad Senatum ad praecavendos
dolos Simonidis rempublicam invadere cupientis; heg.: ,Ad uos
. . Romani ad vos cultores iustitiae amatores honesti &c.‘
13. Argumenta in Lucani Pliarsalia; heg.: ,Prima ingenii ex-
perimenta Marcus Anneus Lucanus cordubensis in Neronis
laudibus dedit <&c.‘ 14. Gualteri Mapes Apocalypsis.
15. Idaymonis Christianarum rerum memoria; heg.: ,Quantum
eruditionis quicunque diuinafum et humanarum rerum noticiam
&c.‘ (118, 817). 16. Varronis Proverbia ad Papyrianum
Senatorem; heg.: ,Dii essemus nisi moreremur dtc.‘
3387
E. 5. 28 (789). 4°, m., s. XI ex. Vitae S. Etbelburgae,
Hildehere (Hildelithae) et Wilfridae (Wolfhildis?) virgg. (Hardy
I, 891—894, 941, 1172; pp. 385, 414, 583; auch in Bodl. 240).
Der folgende Textus translationis ist von einer anderen Hand
s. XII.
(3388—3393) Bibliotbcca patrum latinoruni Britaunica, VII.
69
3388
E. 6. 2 (454). 8°, m., s. XIV. *1. Descriptioncs quae-
dam de sitibus civitatum et locorum circa Hierosolymas, V. Beda
auctore (Hardy 1445; aus Eccl. hist. V, 15?).*
3389
P. 4. 6 bis. m., s. XIV. 1. Vita S. Patrieii a Jocelino
Monacho de Furnesia (Hardy 1182; p. 63). 2. Bernardi vita
S. Malachiae (182, 1073).
3390
P. 5. 3. m., s. XIV. Enthält unter anderen (theilvoeise
irischen) Tractaten: 1. De inventione S. crucis. 2. De
iudicio extremo. 3. Gesta Caroli Magni per Turpinum archi-
episcopura Bemensem. 4. Liber virtutum Senecae.
3391
P. 5. 23. 8°, m., s. XII ex. Ein Gedicht de aetatibus
mundi; heg.: ,Te prece te uotis te fletibus ante cupitus &c.‘
Buch IV heg.: ,Cum pareret primo natura cliaosqne figuras &c.‘
Blich IX schl.: ,Dissolui cupiunt carne deumque sequi.'
G-. 2. 3. m., s. XIII. Biblia Vulgata. 3392
3393
G-. 4. 16. to., s. IX. Abdias de uitis et passione aposto-
lorum. Anfang, Ende und eine Lüche gegen das Ende zu von
einer Hand s. XIII. ergänzt.
Catalogue of the iibrary at Royal Irish Academy House,
Dublin 1822, 8° und Catalogue of the Iibrary of the Dublin
Society, Dublin 1839, 8° enthalten keine in den Bereich dieser
Publication fallenden Handschriften. Die Handschriften der
Marsh-Library (von denen Hardy I, Nr. 472 eine erwähnt),
konnte ich nicht besichtigen.
A n li a li g.
9. Die Bibliothek des Earl of Leicester in
Holkham Hall (Holkham, Norfolk).
Ueber diese besonders an herrlichen illuminirten Hand
schriften, unter denen manche hinter dem Breviario Grimani
nicht zurückstehen, reiche Handschriftensammlung hat zuerst
R. Förster im Philologus XLII, 158 ff. berichtet. Hinsichtlich
70
VII. Abhandlung: H. Schenkt.
(3394—340G)
der Entstellung derselben 1 verweise ich auf die g'edicgene Ein
leitung dieses Aufsatzes, den ich auch an mehreren Stellen,
wo meine Excerpte aus dem handschriftlichen äusserst genauen
Katalog von W. Roscoe und F. Madden nicht ausreichten, mit
Dank benutzt habe. Für die Gastfreundlichkeit, mit welcher
ich in der Familie des Right Honorable des Earl of Leicester
aufgenommen wurde, und für das freundliche Entgegenkommen
seines Agenten zu danken, ist mir eine angenehme Pflicht.
3394
52. 4°, m., a. 1238. S. Athanasii Alexandrini et aliorum
opuscula.
3395
59. Patrum homiliae praecipue S. Joannis Chrysostomi.
70. Chrysostomi et aliorum sermones. 3396
3397
71. Eusebii historia ecclesiastica latine reddita a Georgio
Trapezuntio.
72. Cyrilli epistolae. 3398
73. Cyrilli thesaurus. 3399
74. Cyrilli Glaphyra. 3400
75. Theodoreti Pselli et aliorum opuscula. 3401
3402
76—78. Theodoreti commentarii in prophetas minores.
79. Joannis Sinaitae Climaci Scala Paradisi 3403
3404
103. 4°, bomb., s. XIV. Nicephorus monachus, Michael
Psellus, Nicomachi Geraseni arithmetica, Porphyrii introductiones,
Aristotelis categoriae et de interpretatione.
3405
118. 4°, ch., s. XV. Michaelis Apostolii opera varia inter
quae epistolae.
3406
120. fol., m., s. XV. Lactantii Firmiani opera: 1. In-
stitutionum adversus gentes libri vn. 2. De ira Dei. 3. De
artificio Dei.
1 Die Sammlungen von Giulio Giustiniani in Venedig, S. Giovanni in
Verdare bei Padua und Andreas Erasmus v. Seidel in Berlin bilden den
Grundstock der Bibliothek.
(3407—3409)
Bibliotlieca patruin latinorum Britannica. VII.
71
3407
121. fol., m. & ch., s. XV. Cypriani opistolae et tractatus.
Enthält folgende Stücke:
38. Ep. 3
1. Traut, p. 1 der Ox-
fordcr Ausgabe von
1682. 1
2. Tract. p. 92
3. „ p. 121
4. „ p. 104
5. „ p. 139
G. „ p. 167
7. „ p. 185
8. „ p. 210
9. „ p. 221
10. Ep. 58
11. Ep. ined.: Siluano,
Eegino et Donatia-
no; heg.: ,Inter nia-
ximam laetitiam <Tc.‘
12. Ep. 10
13. „ 63
14. „ 6
13. ., 5o
lfi. „ 28
17. . 37
18. Ep. 12
19. „ 39
20. „ 60
21. „ 76
22. „ 73
23. „ 71
2). „ 70
25. Tract. p. 229
26. Ep. 74
27. „ 69
28. „ 67
29. „ 64
30. • „ 2
31. „ 13
32. De laude martyrii;
heg.: ,Etsi incongruas
&c.‘ (p. 343 Baluze).
33. Ep. 43
34. „ 65
35. „ 52
36. „ 1
37. „ 56
39. „ 47
40. „ 45
41. „ 42
42. „ 44
43. „ 61
44. „ 46
45. „ 57
46. „ 59
47. „ 40
48. „ 4
49. „ 72
50. „ 51
51. „ 54
52. „ 32
53. „ 20
54. „ 11
55. „ 30
56. Tract. p. 11
57. Ep. 66
58. Cena Cypriani
59. Ad Fortunatuni.
3408
122. fol., m., s. XII. Ambrosii opera: 1. Hexaemeron
(14, 123). 2. De paradiso (14, 275). 3. Exameron pascliale;
heg.: ,De sacramentis quae accepistis &c.‘ (also De sacram.;
16,417). 4. De mysteriis (16,389). 5. Expositio fidei catlio-
licae; heg.: ,Hanc lidem quae catholica dicitur &c.‘ 6. ,Hora diei
prima ante solis ortum &c.‘ 7. De septem mundi miraculis.
3409
123. fol., m., s.'XV. Ambrosii opera: 1. De excessu
Satyri fratris (16, 1286). 2. De virginibus (16, 187 f.
3. Sermo b. Ambrosii de beata Agnete virgine &c.‘ 4. Epistola
ad Theodosium Augustum. 5. Epistola ad eundem (Ep. 53).
<). Eiusdem epistolae: 61, 62, 10, 11, 12, Ep. Concilii Aquileiae
ad Augustos, 14, 13, 57, 42, 60, 84, 90, 89, 19, 52, 88, 86.
1 Da diese Ausgabe in der Grazer Universitätsbibliothek nicht vorhanden
ist, sehe ich mich ausser Stande, die Angaben des handschriftlichen
Kataloges nach Migne oder Hartei umzuschreiben.
72
VII. Abhandlung: II. Schenkl.
(3410)
3410
124. fol., m., s. XV. Hieronymi epistolae. Den Citaten
des handschriftlichen Kataloges, welche nach der Benedicter-
ausgabe gemacht sind, füge ich die Verweisung auf Migne, be
ziehungsweise Vallarsi bei.
1. Tom. II, col. 807
(Praefatio in Cant.
Cant, ab Origine vers;
23, 1118)
2. Ep. 5 (14)
3. „ 34 (52)
4. „ 33 (60)
5. „ 95 (125)
6. „ 90 (122)
7. „ 49 (50)
8. „ 50 (53)
9. Tom. V, c. 412 (Ep.
app. XLII; 30, 288)
10. Ep. 82 (69)
11. „ 92 (118)
12. „ 52 (71)
13. „ 110 (51)
14. „ 55 (76)
15. „ 100 (68)
16. Tom. II, e. 619 (Ep.
73)
17. Tom. V, c. 302 (Ep.
132)
18. Ep. 81 (143)
19. „ 83 (70)
20. „ 37 (10.9)
21. T. IV, 2, c. 280 (Adv.
Vigilantium;23,339)
22. T. II, c. 574 (Ep. 64)
23. Ep. 28 (45)
24. „ 12 (11)
25. „ 97 (130)
26. „ 57 (108)
27. „ 89 (117)
28. „ 13 (13)
29. „ 19 (38)
30. „ 22 (39)
31. „ 84 (77)
32. „ 45 (43)
33. „ 30 (48)
34. Ep. 91 (123)
35. „ 23 (31)
36. Tom. V, c. 97 (Ep.
app. XI; 30, 145)
37. Ep. 31 (49)
38. „ 54 (66)
39. „ 86 (108)
40. „ 18 (22)
41. Tom. II, e. 561 (Ep.
35)
42. Ep. 56 (62)
43. Tom. IV, c, 1 15 {Pro
log comm. in epist.
ad Gal.; 26, 307)
44. Ep. 14 (15)
45. „ 16 (16)
46. Tom. III, c. 523
(Prologns comm. in
Jeremiam; 24, 679)
47. Tom.III, c.515 (Ep.
18)
48. Tom. IV, c. 149 (Ep.
21)
49. Tom. V, c. 122 (Ep.
app. XVI; 30,176?)
50. ib., c. 415 (Ep. app.
XLVI; 30, 249 =
13, 440?)
51. ib. (Ep. app. XLVII;
30, 294)
52. Tom. IV, c. 160 (Ep.
55)
53. Tom. V, c. 420 (Ep.
app. XLIII; 30,292)
54. Ep. 75 (115)
55. „ 76 (116)
56. ,, 68 (101)
57. „ 72 (110)
58. „ 66 (103)
59. „ 73 (111)
60. Ep. 65 (56)
61. „ 71 (105)
62. „ 67 (67)
63. „ 70 (104)
64. „ 74 (112)
65. Tom. V, c. 307 (Ep.
131)
66. Ep. 79 (134)
67. „ 80 (141)
68. „ 77 (142)
69. Tom. V, c. 384 (Ep.
app. XXXVII; 30,
261)
70. Ep. 78 (126)
71. „ 58 (63)
72. „ 59 (86)
73. „ 60 (87)
74. „ 61 (88)
75. „ 62 (89)
76. „ 63 (91)
77. Tom. II, c. 542 (?)
78. Tom. V, c. 416 (23,
723)
79. ib., c. 182 (XI, 192
Vaü. = 20, 1037)
80. ib., c. 71 (Ep. app.
VII; 30, 105)
81. Ep. 51 (85)
82. „ 2 (4)
83. „ 4 (5)
84. „ 6 (6)
85. „ 8 (8)
86. „ 10 (10)
87. „ 7 (7)
88. „ 9 (9)
89. „ 11 (12)
90. „ 3 (2)
91. Ad Cyprianum; heg.:
,frater karissime &c.‘
92. Ep. 87 (97)
(3411)
Bibliotlieca patrum latinorum Britannica. VII.
73
93. Ep. 32 (50)
94. „ 98 (128)
95. „ 33 (52?)
96. Tom. V, c. 37 (Ep.
app. III; 30, SO).
97. ib., c. 176 (XI, 180
Voll; = 16, 367)
98. Ep. 47 (54)
99. „ 85 (79)
100. Ad Lamotliesephon-
tem; heg.: ,Crebra
fratrum cßc.‘
101. Ep. 1 (3)
102. „ 43 (133)
103. „ 102 (137).
104. T.H,c.681 (Ep. 44}
105. Tom. IV, c. 493
(Praefatio libri ad
Didymum; 23, 101)
106. Tom. V, c. 108 (Ep.
app. XIII; 30,163)
107. ib., c. 146 (Ep.app.
XVIII; 30, 182)
108. Ep. 109 (148)
109. ib., c. 184 (XI, 195
Voll.)
110. db., c. 11 (Ep. app.
I; 30, 15)
111. ib., c. 208 (Ep. app.
XXXII; 30, 239)
112. Ep. 103 (139)
113. Tom. V, c. 210 (Ep.
app. XXXIII; 30,
242)
114. Ad Theodorum;
heg.: ,Ad te manum
<£c.‘
115. Tom. V, c. 483 (Cg-
riUus ad Augusti-
num; 33, 1126)
116. S. Crisostomi, quam
in exilium ducen-
dus tractauit; heg.:
,Multi quidem fluc-
tus &c.'
117. Tom. V, c. 408
(Ep. app. XLI; 30,
282)
118. ib., c. 43 (Ep. app.
V; 30, 61)
119. T. IV, c. 160 (42)
120. ,Prepositio tua ‘
121. Tom. XI, c. 708 (Ep.
30)
122. Tom.II, c. 622 (Ep.
36)
123. Ep. 44 (46)
124. „ 96 (127)
125. „ 27 (41)
126. „ 25 (27)
127. „ 26 (40)
128. Tom. II, c. 705 (Ep.
26)
129. ib., c. 704 (Ep. 25)
130. Tom. IV, c. 164
(Ep. 42)
131. Tom. II, c. 611 (Ep.
29)
132. ib., c. 711 (Ep. 34)
133. Ep. 24 (32)
134. Tom.II, c. 706 (Ep.
28)
143. Ep. 101 (146)
144. Tom.II, c. 570 (73)
145. ib., c. 605 (129)
146. Tom. V, c. 78 (Ep.
app. VIII; 30,110)
147. Ep. 17 (1)
148. „ 48 (47)
149. Tom. II, c. 616 (74)
150. Ad Paulam et
Eustoehium; heg.:
,Cum omnis deuo-
tio c£c.‘
151. Ad Innocentium;
beg.:, Lucianus quo-
que &c.‘
152. Tom. V, c. 33 (Ep.
app. II; 30, 45)
153. ib., c. 150 (Ep. app.
XIX; 30, 188)
154. ib., c. 337 (Ep. app.
XXXVI; 30, 254?)
155. Tom. IV, 2, e. 90
Vita Malehi; 23,53)
156. Adversus Kufinum
presbyterum Aqui-
leiensem; beg.: ,Lec-
tis &c. 1 (23, 457)
157. Ep. 53 (75)
158. Cromatii et Helio-
dori ad Hierony-
mum; beg.: ,Cum
religiös cß c.‘ (20,
135. Ep. 46 (44)
136. „ 21 (24)
137. „ 20 (23)
138. „ 110 (51)
139. „ 40 (83)
140. „ 15 (17)
141. „ 94 (124)
142. „ 33 (57)
373)
159. Hieronymi ep. ad
Cromatium et He-
liodorum; beg. :
,Constat deum <fic.‘
(ib.)
160. Tom.II, c. 694 (Ep.
140)
s. XV. Hieronymi Epistolae.
125. fol., m.,
1. Tom. II, col. 561
(Ep. 35)
2. ib., c. 562 (Ep. 36)
3. ib., c.807 (Praefatio
in trans!. homil. Ori-
genis in Cant. Cant.;
23,1117)
4. ib. f,Quomodo didi-
cimus &c.‘; transl.
hom.lib.I; 23, 1118)
3411
5. ib., c. 816 (^Omnes
animae motiones &c.;
transl. I. II; 23,1129)
6. Tom. IV, c. 145 (Ep.
20)
74
VII. Abhandlung: H. Schenkl.
(3411)
7, 8. Tom. III, u. 523 et
515 (Ep. 18)
!). Tom. IV, c. 149 (Ep.
21)
10. Ep. 68 (101)
11. „ 69 (102)
12. „ 66 (103)
13. „ 73 (111)
14. Augustinus ad Ilie-
ronymum; heg.: ,Cur
itaque couor <£c.‘
15. Ep. 65 (56)
16. „ 71 (105)
17. „ 67 (67)
18. „ 70 (104)
19. „ 74 (112)
20. „ 78 (126)
21. Tom. V, c. 307 (Ep.
131)
22. ib., c. 302 (Ep.
132)
23. Ep. 79 (134)
24. „ 50 (141)
25. Tom. IV, e. 160 (Ep.
55)
26. ,Prepositio tua &c.‘
27. Ep. 33 (57)
28. „ 101 (146)
29. Tom. II, c. 570 (Ep.
73)
30. ib., c. 605 (Ep. 129)
31. Ep. 83 (70)
32. Tom. II, c. 616 (Ep.
74)
33. ib., c. 619 (Ep. 73)
34. Tom. IV, c. 210 (Ep.
119)
35. Ad Cypriauum,-6ey..-
,Frater karissime
cßc.‘
36. Tom. V, c. 415 (Ep.
app. XLVI; 30,294
= 13, 440)
37. ib. (— Ep. app.
XLVII; 30, 294)
38. Tom. IV, c. 168 (Ep.
120)
39. Tom. V, c. 420 (Ep.
app. XLII; 30,
292)
40. Tom. II, c. 708 (Ep.
30)
41. Tom. IV, c. 165 (Ep.
69)
42. Tom. II, c. 706 (Ep.
28)
43. Ep. 28 (45)
44. „ 26 (40)
45. Tom. II, c. 705 (Ep.
26)
46. ib., c. 704 (Ep. 25)
47. Tom. IV, c. 164 (Ep.
42)
48. Tom. II, e. 611 (Ep.
29)
49. ib., c. 711 (Ep. 34)
50. Ep 24 (32)
51. Tom. II, c. 586 (Ep.
78)
52. Ep. 56 (62)
53. „ 14 (15)
54. „ 16(16)
55. „ 80 (141)
56. „ 77 (142)
57. „ 81 (143)
58. Tom. V, c. 122 (Ep.
app. XV)
59. Ep. 110 (51)
60. „ 40 (83)
61. „ 41 (84)
62. „ 15 (17)
63. „ 94 (124)
64. Tom. V, o. 122 (Ep.
app. XVI)
65. Tom. IV, 2, e. 129
(adv. Edvidium; 23,
183)
66. Contra Jovinianum
(23, 211)
67. Ep. 36 (61)
68. „ 37 (109)
69. Tom. IV, 2, c. 280
(adv. Vigilantium 23,
339)
70. Ep. 30 (48)
71. „ 31 (49)
72. „ 3(2)
73. „ 87 (97)
74. „ 32 (50)
75. „ 27 (41)
76. „ 25 (26)
77. Tom. V, c. 254 (Ep.
70)
78. ib., c. 259 (Rufini
apologia; 21, 623)
79. Ep. 42 (81)
80. Adversus Kufnmm
presbyterum Aquil.
(23, 457)
81. Tom. V, c. 416 (23,
723)
82. Tom. IV, 2, c. 350
(heg. •’ ,Relegi scri
pta tua &c.‘)
83. Tom. IV, c. 283
(Rufini apol. lib. II;
21, 583)
84. Tom. IV, 2, c. 349
(Apologia adversus
libros Rufini, l. I;
23, 397)
85. ib., c. 389 (lib.
II)
86. Ep. 5 (14)
87. Ep. 6 (6)
88. „ 34 (52)
89. „ 39 (82)
90. Tom.V, c. 208 (Ep.
app. XXXII; 30,
239)
91. Ep. 99 (145)
92. „ 90 (122)
93. Tom. V, c. 78 [Ep.
app. VIII; 30, 110)
94. Ep. 52 (71)
95. „ 18 (22)
96. „ 55 (76)
97. n 93 (147)
98. „ 95 (125)
99. „ 97 (130)
100. „ 57 (106)
(3412—3413)
Bibliotlieca patrurn latinorum Britannica. VII.
75
101. Ep. 47 (54)
102. „ 91 (123)
103. „ 44 (46)
104. „ 89 (117)
105. „ 13 (13)
106. „ 20 (23)
107. „ 17(1)
108. „ 96 (127)
100. „ 45 (43)
110. „ 26 (40)
111. Tom. V, c. 11 (Ep.
app. I; 30, 15)
112. ib., c. 97 (Ep. app.
XI; 30, 145)
113. Tom. IV, c. 187 (Ep.
121; vorher die Ca-
pitula)
126. fol., m. :
114. Tom.V, c. 182 (Ep.
XI, 192 Vaü.; =
20, 1037)
115. ib., c. 146 (Ep. app.
XVIII; 30, 182)
116. Ep. 48 (47)
117. „ 2 (4)
118. „ 4 (5)
110. „ 6 (6)
120. „ 8 (8)
121. „ 10 (10)
122. „ 9 (9)
123. „ 11 (12)
124. „ 3 (2)
125. „ 12 (11)
126. „ 23 (31)
127. „ 100 (68)
128. Ep. 85 (79)
129. „ 54 (86)
130. „ 92 (118)
131. „ 84 (77)
132. „ 35 (60)
133. Tom. V, c. 405 (Ep.
app. XL; 30, 278)
134. Ep. 19 (38)
135. „ 53 (75)
136. Tom. V, c.408 (Ep.
app. XLI; 30, 282)
137. ib., c. 43 (Ep. app.
V; 30, 61).
138. Tom. IV, 2, c. 670
(Ep. 108 t; heg.:
,Si cuncta corporis
&c.‘)
3412
s. XV. Hieronymi epistolae. Eine ähn
liche Sammlung wie 125, doch mit manchen Abweichungen.
Enthält besonders: 1. Tom. IV, 2, c. 51 (Ep. 22). 2, Tom.
IV, 2, c. 90 (Vita Malchi; 23, 53). 3. Tom. IV, 2, c. 68 (Vita
Pauli; 23, 17). 4. Regula S. Augustini ad virgines. 5. Ad He-
liodorum; beg.: ,Perfectus autem &c.‘ (aus Ep. 34 = Vall. 52).
6. Ad Oceanum; beg.: ,Sacerdotes qui &c.‘ 1. Ad Julianum;
beg.: ,Sancti corruunt &c.‘ (aus ep. 118). 8. Explanatio fidei
S. Hieronymi.
3413
127. fol., m., s. XV. Hieronymi epistolae. Auch diese
Sammlung ist im Allgemeinen Nr. 125 ähnlich. Als eigen-
thümlich habe ich notirt: 1. Tom. IV, 2, c. 64 (Ep. 41).
2. Tom. II, c. 574 (Ep. 64). 3. Ad Aleticum; beg.: ,Lectis
litteris &c.‘ 4. De epistola Epbifanii; beg.: ,Te autem
fratres &c.‘ 5. Tom. V, c. 254 (Ep. 70). 6. Tom. V,
c. 259 (Rufini apol.; 21, 623). 1. Augustini ep. 109 (ed.
Bened.). 8. Hieronymi sermo Tom. V, c. 195 (Ep. app.
XXV; 30, 220). 9. ib. c. 196 (XXVI; 221). 10. ib. c. 197
(XXVII; 223). 11. ib. c. 198 (XXVIII?). 12. ib. c. 192
(XXIV; 215). 13. ib. c. 200 (XXIX; 224). 14. ib. c. 189
(XXII; 211). 15. Tom. IV, 2, c. 51 (Ep. 23?). 16. Tom. II,
c. 681 (Ep. 44). 17. Ep. 44 (46).
76
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3414—3417)
3414
128. fol., m., s. XV. Hieronymi epistolae. Nach dem
Katalog abgeschrieben aus ,one of tlie early printed editions
published by Joannes Andreas Bisliop of Aleria'; stimmt mit
einer ed. Romana des Jahres 1470 von Siveinheim und Pannartz.
3415
129. fol., m., s. XI—XII. Hieronymi vitae SS. Patrum.
Enthält: 1—6 [nach Rosweyde’s Ausgabe (Lugd. 1617)] II,
I, 16, 28, 30, 32, 10. 7. Ammonicio Basilii ad monachos;
beg.: ,Audi fili monitiones &c.‘ 8. Vita Columbani. 9. Vita
Fursei (Acta SS. Jan. II, p. 33). 10. Vita S. Galli. 11. De
Daniele et elogio. 12. De iuvene qui liberavit se et mulierem
de adulterio. 13.,Miraeula cuiusdam fidelis notarii &c.‘ 14. Hi-
storia Theodorii et Abramii. 15. De latrone converso. 16—28.
(Rosw.) II, 2, 4, 5, 12, 6, 7, 8, 9 (ein Theil davon besonders
unter dem Titel de patre Mucio),- 17, 23, 29. 29. De n fra-
tribus cuiusdam mercatoris filiis. 30, 31. Pallad. bist. Laus.
17, 18. 32. De Mackario Eg. 33. De Machario Alexan-
drino. 34. De Moyse et Hyope (= Pall. 72). 35. (Rosw.)
II, 11. 36. De monacho qui dedit elymosynam mulieri.
37. De muliere pudica quae recusavit adulterium. 38. De
episcopo qui compatiens cuidam prodigo iuveni nobili dedit ci
aurum. 39. De sene infirmo. 40. De alio sene infirmo.
41. De vidua pudica. 42. De puella pudica. 43. De epi
scopo qui taetu mulieris temptatus est. 44. De monacho qui
calumpniatus et inuide iudicatus et liberatus est. 45. De
sancto sene in cuius figura illudebat mulieribus demon.
46. De abbate Daniele. 47. De sancto Basilio. 48. Istoria
de Malcho monacho (Rosw. II, 93). 49. De monacho Egypcio
Romano. 50. De abbate Apollo qui vidit seniorem sagittari
a diabolo. 51. De iuvene monacho qui onagris imperavit.
52. De discipulo discreto qui notavit (?) uerba pacis. 53. Le-
genda S. Zenonis abreviata.
3416
131. 4°, m., s. XV. S. Hieronymi et aliorum opera
varia a Philippo de Diversis de Quartigianis de Luca excerpta.
3417
132. fol., m., s. XV. S. Aurelii Augustini epistolae cniv.
Enthält folgende Briefe der Benedictiner aus gäbe: 132, 135, 137,
(3418 8420) Bililiotheca patrura latinorum Britaunica. VII.
77
136, 138, 92, 143, 28, 40, 67, 68, 39, 74—71, 75, 81, 82, 41,
233—235, 98,. 166, 172, 25, 27, 30, 31, 24, 32, 243, 26, 40,
41, 16, 17, 127, 214, 215, 93, 102, 155, 152, 153, Dioscuri
acl Augustinum, 118, 187, 121, 149, 90, 91, 23, 173, 164, 130,
147, 111, 257, 96, 259, 100, 97, 265, 144, 101, 165, 199, 266,
99, 58, 110, 77, 78, 122, 145, 260, 261, 264, 188, 145, 248,
205, 33, 21, 35, 112, 232, 242, 3, 141, 46, 47, 258, 131, 190,
139, 134, 133, 176, 49, 43, 87, 4, 53, 105, 89, 34, 35, 52, 76,
88, 51, 66, 238, 239, 240, 241, 228, 147, App. 1—15, 148,
262, 196, 80, 189, 217, 22, 227, 48, 192, 249, 203, 220, 244,
171, 170, 197, 198, 236, 86, 212, 160, 161, 163, 159, 162, 213.
(Die Handschrift stimmt nach dem Katalog fast ganz mit Cod.
Laur. 1,1).
3418
133. fol., to., s.XV—XVI. S. Aurelii Augustini in sacras
Pauli Epistolas interpretatio per Venerabilem Bedarn collecta.
(Copie der ed. princ. Paris 1499, mit mancherlei Abweichungen.)
3419
134. fol., to., s. XV. S. Aurelius Augustinus de doctrina
Christiana (34, 15).
3420
135. 8°, m., s. XV. S. Aur. Augustini Confessiones
(.32, 659).
3421
136. 4°, ch., s. Al'. S. Aur. Augustini de gratia et
libero arbitrio über graece.
3422
137. 8°, to., s. XIII. S. Aur. Augustini sermones de
verbis Domini.
141. fol., m., s. XV. Cassiani Collationes. 3423
3424
142. 8°, to. & ch., s. XV. 1. S. Leonis Magni epi-
stolae. 2. Fulgentii sermo de natali Domini. 3. Veterum
pliilosophorum epistolae (Crates, Socrates, Aristoplianes, Me-
nippus, Heraclitus, AnacbarsisJ.
143. fol., to., s. XII. S. Gregorii Registrum. 3425
3426
144. fol., to., s.XIV—XV. 1. S. Gregorii Dialogorum
libri IV (77, 149). 2. Omelia S. Jeronimi; heg.: ,Fratres
78
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
(8427—3439)
karissimi non queramus terrenam gloriam &c.‘ 3. Sermo
S. Isidori; heg.: ,Satis nos oportet timere tres causas <&c.‘
4. De S. Symeone.
3427
145. fol., m., s. XIV (XIII?). Gregorii Dialogi.
146. fol., m., s. XII. Gregorii Dialogi. 3428
147. fol., m., s. XII. Gregorii Dialogi. 3429
3430
149. 4°, m., s. XII. 1. Gregorii Dialogi. 2. Eiusdem
über pastoralis (77,13).
3431
151. fol., m., s. XII. Remigius in Apocalypsin.
3432
154. 4°, m., s. XV. 1. Redulsi de Bibraclio septem itine-
rum aeternitas tractatus. Dann Augustini sermones et trac-
tatus, u. zw. 2. Sermo de poenitentia (S. 351; 39, 1535).
3. Expositio super ,Pater nosterb 4. De honestate mulierum;
heg.: ,Nemo dicat &c.‘ (3. App. 293 ; 39, 2301). 5. De aedi-
fic. animae; heg.: ,Obsecro uos &c.‘ 6. De beato latrone; heg.:
,Deus erat &c.‘ 7. S. 345; 39, 1517 (oder S. 40, 1215?).
8. De vita christiana (40, 1031). 9. Manuale (40, 951).
10. De moribus et de vita honesta; heg.: ,Dilecte fili, dilige
lacrimas &c.‘ (87, 457).*
3433
155. 4°, ch., s. XV. Sermones (theils lateinisch, theils
italienisch); darunter Auszüge aus Augustinus, Beda &c.
3434
263. fol., m., s. XV. Homeri Batrachomyomachia et Ilias.
3435
264. 4°, ch., s. XIV. Homeri II. I—XII et Batracho
myomachia.
265. fol., cli., s. XV. Homeri Odyssea. 3436
266. 4°, ch., s. XV. Carmina Sibyllina. 3437
3438
267. 4°, ch., s. XV. 1. Dionysii Periegesis. 2. Tbeo-
gnidis sententiae. 3. Pindari Olympia.
3439
268. 4°, ch., s. XV. Pindari carmina cum schob marg.
(3440 — 3451) Bibliotheca patrum latinorum Britannica. VII.
79
3440
269. 4°, ch., s. XV. Aristophanis Plutus, Nubes, Ranae,
Equites, Acliarnenses, Vespae, Aves, Fax; cum glossis interl.
et schob marg'.
3441
270. 4°, ch., s. XV. Aristophanis Plutus, Eubes, Ranae.
3442
271. 4°, ch.; s. XV. Sophoclis Oedipus Coloneus.
3443
*272. fol., ch., s. XVI. Apollonii Rhodii Argon, lih. I.
latine redd.
*273. fol., bomb., s. XV. Herodoti über I. 3444
3445
274. fol., m.; s. XV. Plutarcbi vitae parallelae nonnullae:
Cimon, Lucullus, Tliemistocles, Poplicola, Solon, Camillus, Ly-
curgus, Numa, Phocion, Cato M., Dion, M. Brutus, Paulus
Aemilius, Timoleon Sertorius, Eumenes (cum paralb), Alexander,
Caesar (unvollständig).
3446
275. fol., ch., s. XV. Plutarcbi Lycurgus, Numa, Solon,
Poplicola, Aristides, Cato M., Tliemistocles, Camillus, Cimon,
Lucullus (unvollständig).
3447
276. fol., ch., s. XV. Plutarchi Moralia: 1. Quomodo
quis internoscat adulatorem ab amico. 2. Consolatio ad Apol-
lonium. 8. De utilitate ab arnicis capienda. 4. De garrulitate.
,Mt/arp,ou ßa!(u/.tou ex vtov jxapxou jxop^voo. 4
277. 4°, ch., s. XV. Xenophontis Anabasis. 3448
278. 4°, ch., s. XV. Aesopi vita et fabulae. 3449
3450
279. 8°, m., s. XV. Aristotelis Etbica Nicomacbea.
3451
280. 4°, ch., s. XV. 1. Georgii Gemisthii oratio fune-
bris Cleopae. 2. Isocratis Encomium Helenes. 3. De Iside;
beg.: ,II'.cts6s[j.sv B-t ecr! &c.‘ schl.: ,8teXu0r; av 4. De
exsecrato Moameth. (Einst im Besitze des Marcus Musurus;
geschrieben von Georgios Gregoropulos.)
80
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3452—3459)
3452
281. 12°, eh., s. XV. 1. Alcinous de Platonis dogma-
tibus. 3. Maximi Tyrii Dissertationes (fol. 72—118).
3. (Von einer neueren Hand s. XVI) Libanii oratio funebris
in Julianum.
3453
282. 8°, eh., s. XVI. Hippocratis opera (26 Tractate).
283. fol., cli., s. XVI. Aetii libri VIII. 3454
3455
284. fol., cli., s. XV. Athenaei libri XV (285 Index in
Athenaeum).
286. 4°, m., s. XV. Onosandri strategicus. 3456
3457
287. 4°. eh., s. XIV. Philostrati Heroicns translatus a Ma-
ximo Planude (vgl. Fahr. Bibi. Graeca XD 693).
3458
288. fol., eh., s. XV. Snidae Lexicon, incipiens a littera
Subscr.: ,sTsXei(l>Orj 6 xapwv cuiSa? S'.a /sipop 8v)p.Y]Tptou tcü Eav-
öutcoüXou ev e-rei, gu ^a) Eb> ßio y.a't ioö p.r)vb<; asupouapiou tSJ
3459
289. fol., in., s. XII. 1. Lexicon Cyrilli (heg.: ,aarraoz‘).
3 (fol. 119 b ). Joannes Pliiloponus de variis significationibus
pro accentuum varietate; heg.: ayo?: -cb pAcioi; &c.‘ 3 (fol. 125 h )
Philippicarum orationum dictiones; heg.: /Io piXXov &c.‘
4 (fol. 133 b ). Aliae dictiones rhet.; heg.: ,’Ap&c.‘
5 (fol. 137). AicßJ'.c deliberativarum Demosthenis; heg.: Jlapa-
Xtaxetat (&c.‘ 6 (fol. 137 b ). Lexicon in Octateuchuni.
7 (fol. 160 b ). ’E-aXovy) dictionmn variarum; heg.: ,’Ap.üp.ova &c.‘
8 (fol. 163). Versus xn (als Schlussakrostichon BaatXsio?).
9 (fol. 163 1 ). Lexicon xn prophetarum. 10 (fol. 165 h ).
Ai^(e)i: libri medici, Interpretatio herbarum; heg.: ,’Ay.av0a &c.‘
11 (fol. 168). Etymologiae xxiv litt, alphab.; heg.: ,’Avayy.atov cs
zpb Trav-uv &c.‘ 13 (fol. 169 b ). ,T!-Xo; izpcypaar, y.sp.-Xa'not <&c.‘
13 (fol. 170). ,Ilapi y.ipou. '0 -/.cpo; sctiv &c.‘ 14 (fol. 173 b ). ,Tb
TaXavTov i/u XiTpac pX &c.‘ 15 (ih.). /O Säy,tuXo? ä eorlv o-sp
y.ai p.sv. <&c.‘ 10 (fol. 174). De metris et mensuris Atticis et
notis; heg.: /ExsiS^Ttsp r t tuv p.. &c.‘ 17 (ih.). S. Epipkanius
de metris et mensuris; heg.: ,K6po; cutou p.oSS X. - &c.‘ Der
Katalog verweist auf ,Bandini II, 418t
81
(3460—3487)
Bibliofckeca patrum latinorum Britannien. VII.
3460
290. 4°, bomb., s.XIV. Syntagma astrologicum geoman-
ticuin atque geometricum e variis auctoribus (Isaaco Argyro,
Joanne Alexandrino Philopono) collectum.
291. 4°, bomb., s.XV. Cleomedis opera. 3461
3462
292. 8°, ch., s.XV. 1. Yariorum astronomica et philoso-
phica item liistorica et miscellanea (Michael Psellus). 2 (fol. 73).
Aristoteles de mundo. 3 (fol. 95 l ). Isaaci Tzetzi versus de
ortu et occasu astrorum (\wohl dieselben, welche im Cod. Mon.
287 stehen. Vgl. Hart. J. J. Sappl. XII, p. 29 ; F.) 4 (fol. 96 h ).
Dionysii philosophi periegetae sermo narrationis comprehendens
quae sunt in universo. Accedit brevis vita quae incipit: ,O0-oc
ö Atovötuo; vevovev &c.‘ 5 (fol. 120). Claudii Ptolemaei capita artis
astronomicae. 6 (fol. 191 h ). Orphei de terrae motibus; heg.:
«hpfCso 8t; y.ai tBvos (Anthol. gr. III, p. 222). 7 (fol. 192 b ).
Computus Pythagorae. 8 (fol. 224 i ). Artemidorus de Nilo
(,= Stiehle, Philologus XI, 220‘ F). 9. Ausserdem Heronis
Geodaesia.
3463
293. 4°, ch., s. XV. (jBtßXo; p-ap-oiiva rp shs -aBe ypässtat
touvuv B’ cTvai v£wp /.op.Yjtoc too -/.op’.'ibloA). 1. Synesius de in-
somniis. 2. Timaeus Locnis de anima mundi et natura.
3. Lysidis Epistola ad Hipparchum. 4. Definitiones Platonis.
5. Proverbia e Platone. 6. Platonis Epistolae. *13. ,lIooc sati
Hcipizov cJcr/ip-a cu/Aaßwv &c. c (,Nicetas Sen - .; Patr. Gr. 119, 9‘
Kat.). 14. Hippocratis apliorismi.
3464
294. 4°, ch., s.XV. Vita Alexandri Magni (,d. i. Pseudo-
Callisthenes' F).
3465
295. 4°, ch., s. XVI. Georgii Monachi Hamartoli Chronicon.
3466
296. fol., m., s. XII (1118). Georgii Monachi Hamartoli
et Symeonis magistri chronica.
3467
297. fol., ch. et m., s. XV. Georgii Cedreni compendium
historiarum.
Sitznngsb. der phil.-kist. CI. CXXXIII. Bd. 7. Abk.
6
82
VII. Abhandlung: H. Schenk 1.
(3468—3484)
3468
298. fol., ch., s. XV. M. Äcci Plauti Comoediae.
3469
299. 8°, ch., s. XV. Terentius (Andria bis Phormio; ,Ca-
liopius recensuPJ.
300. 8°, to., s. IF. Terentius. 3470
3471
301. fol., ch., s. XIV (?). Expositio in Terentium.
302. fol., ch., s. XVII. Lucretius. 3472
3473
303. fol., to., s. XII—XIII. Vergilii Bucolica, Georgien,
Aeneis cum commentariis Servii.
3474
304. fol., m., s. XV. Vergilii Georgica et Aeneis.
3475
305. fol., to., s. XIV—XV. 1. Vergilii Bucolica, Geor
gica, Aeneis. 2. Versus ,Vergilius magno &c.‘ (Antliol. Lat.
ed. E. 1). 3. Tetrasticon Ovidii Nasonis (ib. 2?J. 4. ,Pi'imus
habet &c.‘ (ib. 634). 5. ,Aeneas primo &c.‘ (ib. 1). 6. Die
Verse ,Ille ego &c.‘
3476
306. fol., to., s. XIV—XV. Vergilii opera (mit Nr. 4, 5
und 6 der vorhergehenden Handschrift).
3477
307. fol., to., s. XIV. Vergilii Bucolica et Georgica cum
comm. Servii.
308. 8°, to., s. XII—XIII. Vergilii Aeneis. 3478
309. fol., to., s. XIII. Vergilii Aeneis. 3479
3480
310. 4°, to.., s. XIV. Vergilii Georgica et Aeneis.
3481
311. fol., to., s. ZF (2 Bände). Vergilii opera cum com-
mentario Servii. Vorher Glosae Miconis grammatici; heg.: ,Am-
bactus seruus d'c.‘; schl.: ,zima fermentumb
3482
312. fol., to., s. XIV. Servii Grammatici comm. in Ver
gilii opera.
313. 8°, in., s. XV. Horatii opera.
314. 8°, ch., s. XV. Horatii opera.
3483
3484
83
(3485—3500)
Bibliotlioca patruiu latinorum Britannica. VI.
3485
315. 4", to., s. XIV. Horatii de arte poetica über et epi-
stolae.
3486
316. fol., to., s. XIV. Horatii de arte poetica über, epi-
stolae, sermones.
3487
317. 8°, to., s. XV. Horatii de arte poetica über, epi-
stolae, sermones.
318. fol., to., s. XV. Persius et Horatius. 3488
319. 8°, to., s. XIV. Ovidii Epistolae. 3489
320. 8°, to., s. XIII. Ovidii fasti. 3490
3491
321. 4°, to., s. XIV (a. 1386). Ovidii carmina. 1. De
arte amatoria. 2 (andere Hand). De remedio arnoris.
•3. ,Nox erat et sompnus &c.‘ (Somnium). 4. Nux. 5. ,Parue
pulex sed arnara &c.‘ (de pulice). 0. De medicamine aurium.
7. De medicamine faciei.
3492
322. 8 , to., s. XIV. Ovidii carmina. 1. Fasti. 2. Liber
puellarum (?). 3. Ex Ponto. 4. De arte amatoria. 5. De
remedio arnoris (zwei Bücher). 6. Tristia.* 10. De ibin (!)
(vgl. Ellis praef. p. LV).
323. fol., to., s. XV. Ovidii metamorphoses. 3493
3494
324. fol., to., 6-, XV. 1. Ovidii metamorphoses. 2. Enar-
rationes in Ovidii de arte amandi libros et de remedio (Copie
einer gedruckten Ausgabe). 3. Comm. in Ovidii Metamorph.
4. Ausonii Carmina.
325. fol., to., s. XIV. Lucanus. 3495
326. fol., ch., s. XV Valerius Flaccus. 3496
327. 8°, to., s. XV. Juvenalis et Persius. 3497
328. 8°, m., s. XV. Juvenalis et Persius. 3498
3499
329. fol., to., s. XIV. 1. Pindari Thebani Epitome.
2. Statii Tliebais.
330. fol., ch., s. XV. Statii Thebais et Achilleis.
6*
3500
84
VII. Abhandlung: H. Schoukl.
(3501—3514)
3501
331. fol., m., s. XV. 1. Hygini poeticae Astronomiae
über. 2. Serenus Sammonicus de medicina. 3. Manilii
Astronomicon.
3502
332. 4°, ch., s. XV. Claudianus de raptu Proserpinae.
3503
333. fol., m., s. XV. 1. Propertius. 2. Petrarchae
carmina.
3504
334. 4°, ch., s. XV. 1. Calpurnii (et Nemesiani) eclo-
gae XI. 2. Vergilii Bucolica. 3. Statii Achilleis.
3505
335. fol., ch., s. XV. Sallustii Catilina et Jugurtha.
Denselben Inhalt haben:
336. 4°, m., s. XV. 3506
337. 8°, m., s. XV. 3507
338. fol., ch., s. XV. 3508
3509
339. 8°, m., s. XV. 1. Sallustii Catilina et Jugurtha.
2. Leonardi Aretini opera quaedam.
3510
340. fol., m., s. XII. 1. Caesaris libri VIII (^Celsus
Constantinus legP). 2. ,Caesar tantus eras quantus <&c.‘ (Ge
dicht auf Kaiser Heinrich III; Burmann, Anthol. lat. II, 153).
3. Epigrammata quaedam Martialis (XIV, 190, 186, 185, 188,
191, 192, 194).
3511
341. fol., m., s. XV. Caesaris commentarii (alles; ,Jul.
C. Const/J.
3512
342. fol., rn., s. XV. Caesar de bello gallico II—VIII
und die übrigen Comm.
3513
343. ch., m., s. XV. Caesaris commentarii (alles; nach
B. Gail.: ,Exceptus est Caesaris adv. &c.‘).
344. fol., m., s. XIV. Livius (B. 1—40).
3514
(3515—3537)
Bibliotheca patrom latinorum Britanuica. VII.
85
Gleichen Inhalt hat:
345. fol., to., s. XIV.
346. fol., m., s. XV. Livius (B. 1—10).
Gleichen Inhaltes:
347 ‘ } fol., to., s. XV.
348. J J ’ ’
349. fol., m., s. XV. Livius (B. 21—30).
Gleichen Inhaltes:
350. |
351. ( fol., TO., s. XV.
352. >
353. fol., to., s. XIV Livius (B. 31—40).
Gleichen Inhaltes:
• } f° 1,
1. 1 , ,
i. ) f° 1 ’
354.
355.
356.
357.
358. (Livius
to., s. XV.
ch., s. XV.
V
359. fol., to., s. XV. Taciti Annales et Historiae.
360. fol., to., s. XIV. Valerius Maximus.
3515
3516
3517
3518
3519
3520
3521
3522
3523
3524
3525
3526
3527
3528
3529
3530
Gleichen Inhaltes:
361. fol., to., s. XV. 3531
362. 4°, to., S. XV. 3532
363. fol., to., s. XIV—XV. Justinus. 3533
3534
364. fol., m., s. XV. 1. Dictys Cretensis de bello Tro
jano. 2. Appiani Alex, historiae Rom. libri. 3. Leon.
Aretinus de primo bello Punico, Chartbaginiensi, Grallico.
4. Curtius Rufus.
365. fol., to., s. XV. Curtius Rufus. 3535
3536
366. fol., to., s. XV. 1. Livii Breviarium (die Peri-
ockae?). 2. Caesaris epistolae. 3. Plorus. 4. Rufus
Sextus. 5. Eutropius. 6. Aeschinis, Demadis et Demo-
sthenis orationes quaedam.
367. fol., to., s. XIV. Eutropius et Florus.
3537
86
VII. Abhandlung: H. Sehen kl.
(3538—3553)
3538
368. fol., ch., s. XV. 1. Eutropius. 2. Plinius Se-
cunclus de viris illustribus (S. Aurelius Victor). 3. Lactantii
libri YII instit. 4. Eiusdem de ira Dei über. 5. Eiusdem de
opificio Dei über.
3539
369. 8°, to., s. XV. 1. Sextus Rufus. 2. Plutarchi
Apoptbegmata per Philelphuin. 3. Plinius de viris illustribus
(S. Aurelius Victor). 4. Sapphus epistola (Ovidio tributa).
370. fol., to., s. XIV. Orosii libri VII. 3540
3541
371. fol., m., s. XIV—XV. Eusebii Chronicon 1. e vers.
Hieronymi et Prosperi.
3542
372. fol., to., s. XV. Ciceronis Rbetorica ad Herennium.
3543
373. 4", to., s. XIV. 1. Ciceronis Rbetorica ad Heren
nium. 2. Basilii, Asmenii &c. epitaphia Ciceronis (Anthol. lat.
cd. R. 612—614
3544
374. 4°, ch., s. XV. Ciceronis Rbetorica ad Herennium.
375. 4°, to., s. XV. Cicero de inventione. 3545
3546
376. fol., ch., s. XV. Ciceronis Orator et Brutus.
377. 4°, ch., s. XV. Ciceronis Topica. 3547
3548
378. 4°, vi., s. XV. Ciceronis epistolae ad familiäres.
379. 8°, m., s. XV. Ciceronis epistolae selectae. 3549
3550
380. 4°, to., s. XII. Ciceronis Tusculanae disputationes.
381. fol., to., s. XV. Cicero de natura deorum. 3551
3552
382. 4°, to., s. XV. Ciceronis opera. 1. De ofticiis.
2. De amicitia. 3. De senectute. 4. Paradoxa. 5. Somnium
Scipionis. 6. Epistolae ad Quintum. 7. Oratio pro Marcello.
3553
383. 4°, to., s. XV. Ciceronis opera. 1. De ofticiis.
2. Paradoxa. 3. De amicitia. 4. De senectute.
87
(3554—3561)
Bililiotlieca patrum latinornm Britannica. YII.
384. 4°, ch., s. XV. Cicero de officiis. 3554
3555
385. 4°, m., s. XV. 1. Cicero de amicitia. 2. De
senectute. 3. Paradoxa.
3556
386. 8°, m., s. XV. 1. Cicero de amicitia. 2. Vitae
Beati Monachi et Pauli Eremitae.
3557
387. fol., m., s. XI. Ciceronis orationes. 1. in Cati-
linam. 2. pro Ligario. 3. pro Deiotaro.
388. 4°, m., s. XV. Ciceronis Philippicae. 3558
3559
389. fol., m., s. XV. Ciceronis orationes. 1. pro im-
perio Cn. Pompei. 2. pro Milone. 3. pro Plancio. 4. pro
Sulla. 5. pro Licinio. G. pro Marcello. 7. pro Ligario.
8. pro rege Deiotaro. 9. pro Cluentio. 10. pro Quintilio (!).
11. pro Flacco. 12. qua populo gratias egit. 13. ad sena
tum. 14. adv. Catilinam iv. 15. ad pontifices. 16. Epist.
ad Quintum. 17. pro Murena. IS. de provinciis consul.
19. pro M. Caelio. 20. pro Balbo. 21. pro S. Roscio Am.
22. in Vatinium. 23. in Sextium (!). 24. in Pisonem. 25. pro
Rabirio Post. 2G. pro Rabirio perd. 27. pro Caecina.
3560
390. fol., m., s. XIV. Senecae opera. 1. Epistolae
ad Paulum. 2. De clementia. 3. Epistolae ad Lucilium.
4. De remediis fortuitorum. 5. De septem liberalibus artibus.
G. De quattuor virtutibus. 7. Proverbia. 8. De moribus.
9. Ad Novatum quaestiones naturales. 10. De beneficiis.
11. De providentia Dei ad Lucilium. 12. De Constantia sa-
pientis. 13. De beata vita. 14. De trän quill itate animi.
15. De brevitate vitae. 16. De ira ad Novatum. 17. Ad
Marciam. 18. Ad Ilelviam. 19. De copia verborum ad b.
Paulum. 20. De celo sive luctus (Apocolocyntosis).
3561
391. fol., m., s. XIV. 1. Senecae epistolae ad Luci
lium. 2. Senecae patris declamationum libri x. 3. Senecae
et Pauli epistolae. 4. De brevitate vitae.
88
VII. Abhandlung: H. Scheu kl.
(3562—3579)
392. 4°, ch., s.XV. Asconius in Cic. 3562
393. 4°, 7)i.j s. XIV—XV. Melae cosmographia. 3563
3564
394. fol., rn., s. XV (2 Bände). Plinii historia naturalis.
3565
395. 8°, m., s. XV. 1. Plinius de viris illustribus (S. Au-
relius Victor). 2. Yergilii Priapeia et Moretum.
3566
396. 4°, m., s. XV. Plinii Secnndi iunioris epistolae.
3567
397. fol., m., s. XV. Apuleius de magia lib. ii.
398. fol., m., s. XIV. Vegetius de re militari. 3568
3569
399. fol., ch., s. XIV—IV. Macrobii comm. in Somn.
Seipionis.
3570
400. fol., 'in., s. XIV (s. XIII n. Liebermann). Cassiodori
Variae.
3571
401. fol.) m., s. XIII (s.XIV). Cassiodori variae. Vgl.
hinsichtlich dieser beiden Handschriften Mommsens conspectus
codicum Nr. 59 und 2.
402. fol., Tn., s. XIV und 3572
3573
403. fol., m., s. XIV. Boethius de consolatione phi-
losopbiae.
3574
404. fol., m., s.XIV—XV. Boethius in Topica Ciceronis.
3575
405. 4°, m., s. XIV. Prisciani de constructione libri n.
3576
406. fol., m., s. XV. Priscianus de vm partibns orationis.
407. fol., m., s. XV und 3577
408. fol., ch., s. XV. Nonius Marcellus. 3578
3579
409. fol., ch., s.XV. Pauli Diaconi epitome Festi.
(8580—3596)
Bibliotheca patrum lutinorura Britannica. VII.
89
3580
410. fol., m.j s. XII. Isidori Chronicon et Etymolo-
giarum libri.
3581
411. fol., m., s. XII. (jOlim Francisci Nansii, nunc vero
Petri Scriverii() Rei agrariae et geometriae scriptores (vgl. Blume
in d. Rom. Feldm. II, p. 9 und 57).
414. fol., ch., s. XVI und 3582
415. 4 °, ch., s. XV. Inseriptiones antiquae. 3583
416. 4°, ch., s. XV. Inseriptiones Brixianae. 3584
418. 4°, m., s. XV. Juvencus. 3585
3586
419. 8°, m., s. XI. Sedulii carmen Paschale cum cornm.
3587
432. fol., ch., s. XV. Humanistische Schriften, mit vielen
lateinischen Gedichten.
3588
433. 4°, ch., s. XV. Crivelli Orpbei Argonautieorum
latina versio.
453. fol., m., s. XJV und 3589
3590
454. fol., m., s. XV. Josephns Rufini de bello Jud.
3591
456. 4°, m., s. XF. Dictys Cretensis ex interpret. Septimii.
3592
458. fol., m., s. XIV. Aristoteles de secretis secretorum.
459. fol., ch., s. XV. Pauli Diaconi historia. 3593
3594
460. fol., ch., s. XV. Bedae historia eccl. gentis Anglorum.
3595
461. fol., m., s. XII—XIII. 1. Victor Vitensis de perse-
cutione Vandalorum. 2. Eusebius Rufini et alii tractatus et
excerpta.
3596
462. 4°, ch.. s. Al'. Pbilippi de Lignamine Hieronymi et
Eusebii abbreviatio et continuatio.
90
VII. Abh.: H. Schenkt. Bibi. patr. lat. Brit. VII. (3597 3599
3597
475. 4°, m., s. XV. Christophori Buondelmonti de insulis
Archipelagi.
3598
479. fol., ch., s. XV. Allerlei Humanistisches (Leon. Are-
tinus u. dgl.). Ausserdem: 1. Cicero de oratore. 2. Augu-
stini Speculum. 3. Ambrosius de moribus et honesta vita.
481. 4°, ch., s. XV. Poggii varia opuscula. 3599
3599 A
488. 8°, ch., s. XV. Lapi Castelliunculi Florentini opus
cula varia, darunter auch Uebersetzung von Lucianus de ca-
lumnia und de tyranno (vgl. Cod. Laur. 89, 13).
VIII. Abh.: Kirste. Die alphabetische Einordnung v. Anusvära n. Visarga.
VIII.
Die alphabetische Einordnung von Anusvära
und Visarga.
Von
J. Kirste,
Professor an der Universität in Graz.
1
*
Wenn es sich um die Stelle handelt, die ein Buch
stabe in einem Alphabet einzunehmen hat, so wenden wir uns,
wie billig, zuerst an die einheimischen Grammatiker, um zu
sehen, welche Anordnung sie einhalten; in zweiter Linie steht
die Untersuchung, ob durch den betreffenden Buchstaben ein
ganz bestimmter Lautwerth, der keinem anderen Buchstaben
zukommt, repräsentirt wird; woraus dann drittens aus dem Zu
sammenhalte dieser beiden Momente und etwaigen praktischen
Erwägungen über die Zweckmässigkeit dieser oder jener Ein
ordnung das Schlussresultat sich ergeben muss.
I.
1. Was nun zunächst die einheimische Anordnung des
Sanskritalphabets betrifft, so finden wir eine genaue Aufzählung
der Buchstaben mit Angabe der Gesammtzahl in der Päninlya
Siksä (SS. 3—5). Darnach gibt es 63 oder 64 Buchstaben, je
nachdem man den duhsprsfa als eigenen Laut rechnet oder
nicht. 1 Der Anusvära und der Visarga folgen in der Auf
zählung auf die vier Yamas, denen ihrerseits die Spiranten
1 In einem Conunentar dieser Siksä, der sich in der Pariser National
bibliothek befindet (Fonds Burnonf 44) und den ich mir schon vor län
geren Jahren copirt habe, wird duhzprsta = isat»prsla gesetzt und als
varnadkarma, d. h. nicht als selbständiger Laut bezeichnet. Ebenso in
der Coli, of Siksäs, Benares 1893, p. 389. Vgl. MSL. A, 103.
Sifczungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bä. 8. Abh. 1
2
VIII. Abhandlung: Kirste.
vorangehen, 1 also: s, s, s, h, F 1 , F 2 , F 8 , F 4 , m, li, %, cp. Eine
ähnliche Stellung nehmen unsere beiden Laute ein im Rigveda-
Prätiaäkhya, I, 10: h, s, s, s, h, •/, cp, m; im Väjasaneyi-Präti-
säkhya, VIII, 22—27: s, s, s, li, h, /, cp, m; im Taittirlya-
PrätHäkhya I, 1: s, s, s, h, %, cp, m, h (Whitney ändert, ich
weiss nicht aus welchem Grunde, diese Aufzählung, p. 10 seiner
Ausgabe, um in: s, s, s, cp, h, m, h) und im Rktantravyä-
karana, p. 2 (ed. Burnell): -s', s, s, h, h, •/, cp, Anunäsika oder
Näsikya, 2 F 1 , F 2 , F 3 , F 4 , m. Zu erwähnen ist ferner, dass
nach der Sarvasammatasik^ä (S. 35) der Anusvära, Visarga
und die Usmans den Schluss des Alphabets bilden. In den
Sivasütras erscheinen die beiden Buchstaben nicht, obwohl
sie nach Bhattoji im Pratyähära cit enthalten sind (Böhtlingk,
Pänini 1 , B. II, p. 13), und die Aufzählung der Buchstaben im
Commentar zu Pan. 1,1,9 kommt für uns nicht weiter in Betracht,
da hier die Laute nach den Gesichtspunkten des Sthäna und
Prayatna verschiedentlich angeführt werden. Dasselbe ist nach
Luders (Vyäsas. p. 111) in der Aranyas., die 65 Laute zählt
und das hervorbringende Organ zur Grundlage der Eintheilung
macht, der Fall, ferner in der Kälanirnayas., die 73 Laute an
führt, indem sie die Quantität zu Grunde legt, und der Lak-
smlkäntas., in der ein System von 108 Lauten aufgestellt wird,
da bei der Classiiicirung ,alle Ursachen' in Betracht gezogen
werden. Da die Vyäsasiksä noch nicht publicirt ist, so kann ich
nur anführen, dass dieselbe 66 Laute kennt (Lüders, 1. c. p. 90).
Die citirten Varnasamämnäyas führen die beiden Buch
staben also am Ende des Alphabets nach den Usmans auf, und
zwar drei von ihnen in der Reihenfolge m, h, die anderen um
gekehrt h, vi.
2. Eine andere Anordnung finden wir in den ältesten
bis jetzt bekannten Sanskrithandschriften, den Horiuzi-Palm-
blättern, die aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts stammen
(Bühler, An. Ox. A. S. I, III, p. 64).
Hier stehen die beiden uns beschäftigenden Buchstaben
am Ende der Vocale vor k, also: — o, au, m, h, k etc. Dass
diese Anordnung aus noch viel älterer Zeit herrührt, ergibt sich
1 Mit Y 1 etc. bezeichne ich die Yamas.
2 Siehe unten.
Die alphabetische Einordnung von Anusvara und Visarga.
3
daraus, dass sie zugleich diejenige der Bäräkhadl, des noch
jetzt in den einheimischen Schulen Indiens benutzten Schul -
alphahets, ist, das in das 3. Jahrhundert vor Christus zurück-
geht (Bühler, Sitzungsber. d. Wiener Akademie 1895, CXXXII,
p. 28). Bühler macht ausserdem darauf aufmerksam, dass nach
dem Lalitavistara der junge Buddha dieses Alphabet ebenfalls
kannte, gerade so wie der Steinmetz, der unter Asoka die Pfeiler
des Tempels von Mahäbodhi Gayä mit den Voealen statt der
Zahlzeichen markirte (1. c. p. 30, 31). Für unseren Zweck
wichtig ist ferner hei diesem Schulalphabet die gegenseitige
Stellung der beiden Buchstaben: m, h, sowie der Umstand, dass
sie entschieden zu den Voealen gerechnet werden, da man die
Schüler alle Consonanten des Alphabets der Reihe nach mit
ihnen geradeso wie mit den anderen Voealen verbinden lässt.
Diese mindestens 2000 Jahre alte Schultradition steht also
in einer Art Gegensatz zu den zuerst angeführten Autoritäten,
und wir haben die Aufgabe klarzulegen, wieso es kam, dass
die einen die beiden Buchstaben zu den Voealen, die anderen
zu den Consonanten rechneten. Dazu ist es nothwendig, ihren
Lautwerth festzustellen.
II.
3. Was den Lautwerth des Visarga betrifft, so verweise
ich auf meine diesbezügliche Abhandlung in den Sitzungsber.
der Wiener Akademie (1890, Bd. CXXI), nach welchen wir
denselben kurz als ,gehauchten Vocak definiren können, dessen
Einreihung entweder unter den Voealen oder den Consonauten
leicht begreiflich ist.
Ueber den Lautwerth des Anusvära haben schon vor län
geren Jahren Bergaigne und Whitney eine Discussion geführt
(Mem. Soc. Lingu. II, 31 ff., 194ff.), die ich hier wieder auf
nehmen muss, da sie zu keinem definitiven Abschluss gedieh.
Eine Verständigung der beiden Gelehrten war allerdings schon
von vorneherein dadurch ausgeschlossen, dass Whitney im Gegen
satz zu Bergaigne die Existenz eines lautlich vom Anunäsika,
d. h. dem nasalirten Vocal sich unterscheidenden Phonems, ge
nannt Anusvära, leugnete, trotzdem dass die phonetischen
Lehrbücher die Bildung der beiden Laute als verschieden be
schreiben, wie wir weiterhin sehen werden; dass sie die Er-
1*
4
VIII. Abhandlung: Kirste.
Setzung cles einen durch den andern ausdrücklich erwähnen —
so wird Rig. Prät. XIV, 11 die Aussprache mit Anusvära statt
Anunäsika in gewissen Fällen als Fehler bezeichnet; vgl. Taitt.
Prät. XV, 1—3, Pan. VIII, 3, 4 — und dass sogar die Schrift
verschiedene Zeichen für die beiden Laute verwendete. Anderer
seits war freilich die physiologische Definition, die Bergaigne
vom Anusvära aufstellte, nicht geeignet, Whitney’s Standpunkt,
der die Schwierigkeit dadurch löste, dass er sich auf die Seite
der Minorität, der Atharvans, stellte, die nur den Anunäsika
anerkannten, unhaltbar zu machen. Sie beruht nämlich auf der
von Whitney mit Recht zurückgewiesenen Ansicht, als könnten
wir einen reinen Nasenlaut produciren, hei dessen Erzeugung
die Mundorgane einfach als nicht vorhanden zu betrachten seien.
,Par la nature meine des choses la resonnance nasale ne peut
se produire sans une certaine position des Organes de la bouche:
il faut qu’ils soient fermes ou plus ou moins ouverts', replicirt
Whitney (1. c. p. 195). Lässt man nach Vorschrift Bergaigne’s
(1. c. p. 31) den Luftstrom durch die Nase streichen und scliliesst
zugleich die Lippen, so erzeugt man in der That keinen reinen,
unabhängigen Nasenlaut, sondern den Verschluss des m, und
die Stelle der Siddh. K. zu Pän. I, 1, 9, auf die sich Bergaigne
beruft, 1 könnte höchstens als ,argumentum ex silentio* Berück
sichtigung finden, da es sieh hier um die Definition des von
sthäna und prayatna abhängigen Terminus savarna handelt,
aber keineswegs um die genauere physiologische Beschreibung
aller bei der Erzeugung des Anusvära in Betracht kommenden
Momente.
Da die Hauptpunkte, die bei der ganzen Frage eine
Rolle spielen, schon in der erwähnten Discussion zur Sprache
gebracht wurden, so begnüge ich mich, dieselben kurz zu resu-
miren, indem ich noch eine Anzahl von Bergaigne und Whit
ney nicht citirter Stellen hinzufüge.
Die Grundlage der Werthbestimmung wird von Whitney
(1. c. p. 196) mit den Worten gegeben: ,11 est admis de tous,
que la grammaire orthodoxe de Finde reconnait un anusvära
qui est un appendice de la voyelle [precedente].' Ausser im
Rig. Prät. I, 15: pürvasyänusväravisarjanlyau wird dies gelehrt
1 Eher wären Vaj. Pr. I, 74, 75 zu oitiren gewesen.
Die alphabetische Einordnung von Anusvära und Visarga.
O
im Rktäntravyäkarana 23: anusvärau ca p ürväntasasvaräu bha-
vatali und in der Pän. Siksä 5, wo zu den Worten anusväro
visargas ca nach der Erklärung des Pariser Commentars aus
dem Folgenden paräsrayau 1 herüberzunekmen ist, da es im
Sütra 27, b (der Yajus-Recension = S. 22, b der Rig-Reeension)
beisse: ayogavähä vijneyä äsrayasthänabhäginah 2 und da der
Terminus ayogaväha auch den Anusvära begreife. Da ich diese
Lehre schon in meinem Aufsatze über den Visarga (p. 4) be
sprochen habe, so erlaube ich mir liier nur noch anzuführen, dass
die dort (p. 16) vorgeschlagene Erklärung von ayogaväha durch
den Pariser Commentar des zuletzt angeführten Sütra ihre Be
stätigung zu finden scheint; er sagt nämlich: na vidyate yogah
samyogak varnäntarena saha yesäm te ayogavähä vijneyäh äsra-
yästhänabhäjinali. Der Anusvära hat also kein ihm eigentüm
liches sthäna, sondern das des ihm jeweilig vorausgehenden
Vocals, mit anderen Worten, hei der Aussprache von amsa
bleiben die Mundorgane während der Dauer des m in der
selben Position, die sie bei der Aussprache des a hatten; bei
trimsat in der Position des i; bei puins in der des u, etc.
Von dieser Eigenschaft hat er auch seinen Namen, den der
Commentar von Pän. Siksä 5 mit svararn anuhhavatlti analy-
sirt mit Berufung auf Sütra 28 (Yajus-Rec. = 23 Rig-Rec.):
a läbuvmänirghoso dantyamülyah svaränugah, anusväras tu kar-
tavyo nityam hroh Sasasesu ca } wozu der Commentar bemerkt:
svarän akärädln anuhhavatlti svaränugah. s Da nun anderer
seits der Anusvära durch die Nase ausgesprochen wird, so
folgt daraus, dass wir ihn aufzufassen haben als: ,homogener
Nasalvocal, der einem rein ausgesprochenen angehängt wird'.
Für amsa könnten wir dies darstellen durch agsa, für trimsat
durch triißat, für puins durch puus etc.
4. Ist diese Definition richtig, so müssen alle anderen
Eigenschaften und Verwandtschaften unseres Lautes sich dar
aus ungezwungen ergeben. Vor Allem ist klar, dass aa, ii etc.
ähnlich gebildet sind wie die Diphthonge ai, au etc., und
dies findet seine Bestätigung in der Lehre des Rig. Prät.
XIII, 16, dass die Gruppe kurzer Vocal -f Anusvära bezüglich
1 In Weber’s Handschriften findet sich auch parasritau.
2 Oder — bhävinah.
3 Vgl. Taitt. Pr. II, 30.
6
VIII. Abhandlung: Kirste.
der Quantität sich so verhalte wie die zwei Diphthonge ai
und au. 1 Nach den Prätisäkhyas (siehe Whitney zu Ath. Pr.
I, 40) werden dieselben so ausgesprochen, dass die Dauer des
a: V, Mäträ, die des i, respective u: D/ 2 Mäträ beträgt. Dies
wird auch vom Pariser Commentar der Pän. Siksä 26 (Yaj.
Ree. == 19 Rig. Rec.) bestätigt: ardhamäträ kantliyasambandhini
bhavet, adhyardhä tälvosthasthänä. Bezeichnen wir die Mäträ-
einheit mit einer Viertelnote, so erhalten wir das Schema: „ V J.,
in dem die Achtelnote die Dauer des a, die punktirte Viertel
note die Dauer des i, respective u repräsentirt. Ganz in der
selben Weise wird die Vertheilung der Zeitdauer für einen
kurzen Vocal gefolgt von Anusvära bestimmt vom Väj. Prät.
IV, 147, d. h. die Quantität des Anusvära beträgt in diesem
Falle D/g Moren. Das Rig. Prät. XIII, 13 enthält hingegen die
.Angabe, dass in einem solchen Falle die Dauer: 1 ,' 2 Svarabhakti
dem Vocal genommen und dem Anusvära hinzugefügt werde.
Leider wird die Länge der Svarabhakti in diesem Lehrbuche
nicht genau fixirt, sie beträgt entweder 1 / 2 oder 1 / 4 Mäträ.
Nehmen wir der Einfachheit halber das erste Mass, so würde
daraus folgen, dass der reine Vocal statt‘der Normaldauer
einer Viertelnote: J nur die Dauer J'. hat. Das verlorene Sech
zehntel wird dem Anusvära, der nach dem Commentar zu Rig.
Prät. I, 11 die Normaldauer eines Consonanten, d. h. 1 / 2 Mäträ
hat, hinzugefügt, so dass wir nach dieser Vorschrift das Schema
j'-J'- erhalten, in dem, wie man sieht, die Dauer des reinen
und des nasalirten Vocals ganz gleich ist. Schliesslich finden
wir noch eine dritte Angabe. In der Sarvasaipm. S. 11 heisst
es nämlich, dass der Anusvära, der auf einen kurzen Vocal
folgt, 2 Mäträs misst, und ebenso sagt auch der Commentar
von Pratijnäs. 23: hrasvät paro dlrghah dvimiäträkälah, ob
gleich man nach dem Wortlaute dieses und des vorangehenden
Sütras im Zweifel sein kann, ob es sich dabei um den Anusvära
oder einen Stellvertreter desselben handelt. Das dritte Schema
wäre also j !, das mit dem ersten wenigstens insoweit stimmt,
1 Dieser Vergleich dürfte deshalb auffallen, weil das erste Element der
Vrddhidiphthonge langes ä ist. Ich kann auf die Aussprache der-Di
phthonge hier nicht eingehen und verweise vorläufig auf Havet, MSL.
III, 76.
<
Die alphabetische Einordnung von Anusvära und Visarga.
7
dass in beiden die Dauer des Anusvära die des vorangehenden
Vocals um 1 / i Note, d. h. um eine Mäträ übertrifft. Das zweite
Schema, das ,nach einigen Lehrern* aufgestellt werden muss,
hat übrigens schon an und für sich wenig Gewähr, da es einer
seits mit dem allgemeinen physiologischen Grundsätze, dass,
wenn zwei Laute zu einer einheitlichen Gruppe sich vereinigen,
der eine dem anderen sich unterordnet, andererseits mit der
Vertheilung der Quantität auf die einen Diphthong bildenden
Vocale, in dem nach den Prätisäkhyas der eine ein grösseres
Zeitmass benöthigt als der andere, im Widerspruch steht.
Wir haben bis jetzt nur von dem Anusvära, der einem
kurzen Vocal folgt, gesprochen und wollen jetzt den einem
langen folgenden ins Auge fassen. Die zwei Schemata
und e J erfahren für diesen Fall eine vollständige Umkehrung,
nämlich J. 0 S und J J, oder in Worten ausgedrückt: der lange
Vocal beträgt IV respective 2 Matras, der Anusvara dagegen
nur 1 / 2) respective 1 Mäträ. Das zweite Schema, das nach
dem Rig. Prät. (XIII, 13) aufzustellen ist, hat in diesem Falle
" s
die Form worin das schliessende Sechzehntel dem Anu
svära zufallt, stimmt also wenigstens insoweit mit den beiden
anderen, dass die Schwäche des nasalen Elementes deutlich
hervortritt.
Aus der Vergleichung der 6 Schemata:
am, etc.
Väj. Pr. IV, 147, 148 JV
Rig. Pr. XIII, 13 Jiji
Sarv. S. 11 |
Pratijn. 23 I
ergibt sich nun zur Evidenz, dass in der Aussprache der
,Anusvära-Diphthonge‘ die Quantität des nasalen Elements um
1 / 4 , respective 1 / 8 Note differirte, und zwar wurde nach einem
langen Vocale der kurze, nach einem kurzen der lange Anu-
svära ausgesprochen. Diese beiden Varietäten werden aus
drücklich erwähnt im Varnasamämnäya des Rktantravyäkarana
1 Väj. Prät. IV, 148.
2 Unter der Annahme von Svarahliakti — 1 / 2 Mäträ.
dm, etc.
i N ^
JJ
Differenz
J
8
VIII. Abhandlung: Kirsto.
(p. 2, ecl. Burneil): ,atha anusvärau am, äni ity anusvärau .
hrasväd dirgho dirghäd dhrasvali 1 ; ferner im Sütra 28 desselben
Lehrbuches ,anusvärau ca‘, wozu sich im Commentar eben
falls die Bemerkung ,hrasväd dirgho dirghäd dhrasvali.‘ findet,
die Burnell fehlerhaft auf die Gänas bezieht. Diese Zweitheilung
hat allerdings in der Schrift keine Darstellung gefunden, doch
hält es der Pariser Commentar der Pän. S. zu S. 5 für noth-
wendig, darauf aufmerksam zu machen, dass die Zahl 64 der
im Alphabet angeführten Buchstaben davon nicht afficirt werde:
Jcatham punar anusväradvayam hrasvadirghabhedeneti brümah,
tathä caudavrajih, anusvärav am, am ity anusväro hrasvä[d]
dirgho dtrghä[d] hrasva iti.‘
5. Es wird nun noch eine dritte Art des Anusvära er
wähnt, auf die ich schon WZKM. IV, 45 aufmerksam gemacht
habe und die vom Pratijnäsütra 23 als ,guru' bezeichnet wird.
Nach der Terminologie der Prätisäkhyas (Ath. Pr. I, 51—54)
bedeutet guru die metrisch schwere Quantität einer Silbe, die
entweder durch die Länge des betreffenden Vocals oder durch
eine positionsmachende Consonantengruppe hervorgerufen wird.
Man hüte sich nur vor der, wie Havet (MSL. IV, 22) nach
gewiesen hat, ganz falschen Vorstellung, als ob durch die Po
sition die Quantität des Vocals selbst afficirt werde, obgleich
diese Auffassung durch den Wortlaut des Sütra Väj. Pr. IV, 105
unterstützt wird, welches lehrt, dass von Consonantengruppen
gefolgte Vocale 2 Mäträs messen. Da nun, wie wir gesehen
haben, ein Vocal + Anusvära sich so verhält wie ein Di
phthong, so ist es selbstverständlich, dass die betreffende Silbe
,schwer' ist, und dies wird in der Tliat direct ausgesprochen
von Big. Pr. I, 14. XVIII, 19; Taitt. Pr. XXII, 15. Aber, wird
Jemand einwenden, zugegeben, die erste Silbe vom amsa wurde
wie ää ausgesprochen, so haben wir es doch hier einfach mit
dem Anusvära zu thun, der nach kurzem Vocal steht und nicht
mit einer dritten Varietät, die einen eigenen Terminus bean
spruchen kann; ferner heisst es sowohl im Ath. Pr. I, 53, als im
Taitt. Pr. XXII, 14 nicht, dass die Anusvära-, sondern dass die
Anunäsika-Silbe schwer sei. Was die letzte Stelle betrifft, so
ist vor Allem die schon von Whitney gemachte Beobachtung
zu notiren, dass die Lesung anusvära statt anunäsika die Sym
metrie des Metrums hersteilen würde, und dass in dem folgenden
Dio alphabetische Einordnung von Anusvära und Yisarga.
9
Sütra, das nur eine negative Wiederholung des vorangehenden
ist, in der That anusvära 1 und nicht anunäsika steht. Das
Atharvapräti&äkhya, das den Anusvära vom Anunäsika nicht
unterscheidet, kommt natürlich bei der Untersuchung über eine
Varietät des ersteren gar nicht in Betracht; bezüglich der
meritorischen Einwendung aber müssen wir einen Fall unter
suchen, den wir bis jetzt nicht in Erwägung gezogen haben,
nämlich den, dass dem Anusvära eine Consonantengruppe folgt.
In einem solchen Falle beträgt die Dauer des Anusvära,
wie uns der Commentar des Sütra Väj. Prät. IV, 147 belehrt,
1 / 2 Mäträ. Natürlich kann sich dies nur auf Fälle beziehen,
in denen dem Anusvära ein kurzer Vocal vorhergeht, da er
nach einem langen, wie wir gesehen haben, nach diesem Lehr
buche ohnedies nur 1 / 2 Mäträ dauert. Während also in amsa
die Quantität des Anusvära iy 2 Mäträs beträgt, misst er in
samskartä nur 1 / 3 Mäträ; Differenz: 1 Mäträ. Dieselbe Quantitäts
differenz ergibt sich auch bei der etwas gröberen Bestimmung
der Sarvas. Siksä 13 (vgl. Lüders, Vyäsa S. p. 91). Nun kann
das Wort samskartä (siehe Pänini, ed. Böthlingk, 1840, Bd. II,
p. 376) auf 108 Weisen ausgesprochen werden, und unter diesen
befinden sich 6, in denen der Anusvära verdoppelt sein soll.
Ebenso muss dies in dem angeführten Beispiel geschehen nach
Sarvas. 6. 5; 6, doch fügt dasselbe Lehrbuch später SS. 11; 12
hinzu, dass diese Verdopplung nur als dvirüpavat aufzufassen
sei, während Väj. Prät. IV, 107 die Verdopplung des Anusvära
direct verbietet. 2 Das sind anscheinend Widersprüche genug,
und doch ist es möglich, durch Heranziehung eines physio
logischen Vorganges den Knoten zu entwirren.
In meinen ,Etudes sur les Prätisäkhyas £ (MSL. V, 81 ff.)
glaube ich gezeigt zu haben, wie die Aussprache der Con
sonanten durch ihr Zusammentreffen mit anderen modificirt,
respective geschwächt wird; schon der Umstand, dass in amsa
die Silbengrenze vor das s, dagegen in samskartä in die Dauer
des gutturalen Verschlusses fällt (1. c. p. 116 ff.) macht es be
greiflich, dass in dem letzteren Beispiel der Anusvära, durch
1 Warum der Gebrauch dieses Terminus’, wie Whitney meint, dieses
Sütra als späteren Ursprungs erweisen soll, ist mir unverständlich.
2 Ebenso Väsisthas., siehe Luders, Vyäsas. p. 18.
10
VIII. Abhandlung: Kirste.
die Nachbarschaft des s und k gedrückt, sich nicht voll ent
falten kann. Daraus erklärt sich die Vorschrift von der kurzen
Dauer des Anusvära vor Consonantengruppen, auch wenn er
nach einem kurzen Vocal steht. Wie lässt sich aber damit die
Lehre von seiner Verdopplung in demselben Falle in Einklang
bringen? Nach der von uns vorgetragenen Ansicht können
wir am durch an wiedergeben; eine Verdopplung des Anusvära
durch aa, wobei zu beachten bleibt: erstens, dass die Dauer des
Anusvära in dem genannten Beispiel nur 1 / 2 Mäträ beträgt, wäh
rend der vorangehende Vocal 1 Mäträ lang ist, und zweitens,
dass die beiden nasalirten a selbstverständlich in ein einziges
zusammenfliessen, dem folglich die Quantität 1 f 2 zukommt.
Dieses Raisonnement wird durch das Sütra Taitt. Prät. XVII, 5
in erwünschtester Weise bestätigt; wir erfahren dort, dass der
alte Kaun<Jinya im Falle der Nasalirung eines Vocals die Ver
längerung desselben um die Dauer eines Consonanten, d. h. 1 / 2
Mäträ vorschrieb. Wenn nun aus 1 s + x / 2 a das Phonem D/ 2 a
entstanden war, so konnte das Resultat verschieden definirt
werden; am entsprechendsten wäre es wohl, dasselbe nach Kaun-
dinya als verlängerten Anunäsika zu bezeichnen, aber auch der
oben erwähnte Ausdruck ,gleichsam verdoppelter Anusvära' ist
nicht unpassend, und es wird schliesslich auch verständlich, was
das Väjasäneyiprätisäkhya mit seinem Verbot der Verdopplung
des Anusvära sagen will, nämlich dass in Fällen wie samskartä,
Imam stanam etc. die ursprüngliche Aussprache und Quantitäts-
vertheilung 1 a -)- x / 2 a bewahrt blieb.
Das Phonem 1 1 / 2 a mit seiner intermediären Quantität
ist aber nicht blos vom theoretisch-physiologischen, sondern
auch vom morphologisch-historischen Gesichtspunkt aus von
Wichtigkeit, da dasselbe die letzte Etappe vor dem Entstehen
des einfachen nasalh'ten Vocals darstellt, der jetzt an Stelle
des Nasaldiphthongs in Indien ausgesprochen wird (Bühler, Leit
faden), so dass wir die historische Entwicklungsreihe: 1 « +
V 2 m, 1« + x / 2 a, l 1 / 2 a, 1 a erhalten, wobei nur nicht aus den
Augen gelassen werden darf, dass die zweite Etappe nach den
Lehren der vedischen Phonetiker nur vor Consonantengruppen
eintrat. Dieser Fall, der mit dem ,ungehemmten' 1 Anusvära
1 D. h. nicht von einer Consonantengruppe gefolgten.
Die alphabetische Einordnung von Anusvära und Visarga.
ll
in morphologisch zusammengehörigen Gruppen häufig genug
wechselte — man denke z. B. an pumsah, pumsä, pumsavana,
pumskokila, pmnscall; mamsa, mämspacana; mamsi, mamsate,
amamsata, amamsta, amanisthäh, mamsyate — in dom einerseits
die feine Quantitätsvertheilung zwischen dem kurzen und langen
Vocal und dem nachfolgenden Anusvära nicht existirte, und
der andererseits schliesslich die Verschmelzung der beiden Ele
mente zu einem einheitlichen Nasalvocale herbeiführte, war offen
bar die Ursache des Schwankens in der Aussprache aller hieher
gehörigen Fälle, sowie der sich oft scheinbar widersprechenden
Angaben der Grammatiker. Ich glaube, dass die vorangehenden
Erörterungen uns den Schlüssel zum Verständniss der Sütras
Rig. Prät. IV, 35, Väj. Prät. V, 43, Pratijnäs. 24 und Ath. Prät.
II, 25 liefern, in denen Worte mit ,gehemmtem' Anusvära und
in Folge dessen als Anunäsika ausgesprochenem, solchen mit
,ungehemmtem! gegenübergestellt werden; in purrisa haben wir
also 1 / 2 u-\- 1V 2 u, in pumsk- l x / 2 u vorauszusetzen, 1 wenn wir
die, meiner Ansicht nach richtigste, Quantitätsvertheilung des
Väjasaneyiprätisäkhya zu Grunde legen.
Schliesslich sahen sich die Grammatiker sogar genöthigt,
genaue Vorschriften darüber zu geben, in welchen Worten dem
Anusvära ein kurzer, in welchen ihm ein langer Vocal voran
ging, wie dies im Rig. Prät. XIII, 7—10 und im Ath. Prät. I,
83—91 geschieht, da sich eine grammatische Autorität fand,
die vayämsi, aber havimsi und yajumsi auszusprechen vor
schrieb (Taitt. Prät. XVI, 16), da ferner im Jatäpafha der
Känvas ein schliessendes am vor Sibilanten, h und r zu am
wurde, z. B. mätaräm suvratänäm (Väj. Prät. IV, 185), und da
es auch Leute gab, die kurze nasalirte Vocale zu verlängern
liebten, d. h. ugrä okali aussprachen (Rig. Prät. XIV, 20, vgl.
I, 26 und Müller’s Bemerkungen zu II, 32). 2
1 Auf eine Erörterung der Quantitätsverhältnisse in Fällen wie mämsp-
kann ich hier nicht eingehen, da sie eine Untersuchung über Ursprung
und Aussprache der vrddhirten Vocale voraussetzt.
2 Interessant sind die Nebenformen mamsthäh, mämsthäh (s. Whitney zu
Ath. Prät. I, 87), von denen die zweite vielleicht aus der ersten durch
,unorganische 1 Dehnung entstand, was an lat. änser gegenüber skr.
hamsa erinnern würde. Die indischen Grammatiker nehmen allerdings
eine Wurzel man, neben man, an. Ist das Verschwänden des n im lat.
12
VIII. Abhandlung: Kirste.
Diese Unsicherheit bezüglich der Quantität der Nasal
diphthonge und der daraus entstandenen Nasalvocale ist um
so begreiflicher, als der Anusvära nach den indischen Gram
matikern von Haus aus keine bestimmte Dauer hatte, denn
der Angabe des Taitt. Prät. I, 34, seine Quantität betrage eine
Mäträ, steht die Bemerkung Uvata’s zu Eig. Prät. I, 11 gegen
über, dass er nur 1 / 2 Mäträ messe, abgesehen davon, dass
derselbe Gelehrte' kurz vorher den Anusvära auf gleiche Stufe
mit den Vocalen stellt, da er sowohl kurz, als lang vorkomme.
6. Wir haben in den vorhergehenden Paragraphen die
physiologische Definition des Anusvära gegeben und dabei auf
die engen Beziehungen desselben, sowohl vom lautlichen als
historischen Gesichtspunkte, mit dem Anunäsika hingewiesen.
In der That unterscheiden sich beide ja nicht constitutionell,
sondern blos functioneil voneinander, insoferne nämlich der
Anusvära als ein Anunäsika in consonantischer Verwendung
bezeichnet werden kann, gerade so wie man von einem vocali-
schen und consonantischen r zu sprechen gewohnt ist, oder
wie das i des absteigenden Diphthongen di nur der Function
nach von dem selbständigen Vocal i verschieden ist. Die schliess-
liche Ersetzung des Anusvära durch den Anunäsika, die, wie
wir vermutheten, vor Consonantengruppen ihren Anfang nahm,
war nur eine Frage der Zeit; es ist aber interessant zu sehen,
dass schon in sehr alter Zeit darüber, ob der eine oder der
andere in bestimmten Fällen am Platze sei, Meinungsverschieden
heiten herrschten. So finden wir im Eig. Prät. XIII, 10 die An
gabe, dass mämscatve mit Anusvära zu sprechen wäre, während
doch für dieses Wort im Sütra IV, 35 der Anunäsika vorge
schrieben worden war. Der Commentator Uvata belehrt uns
aber, dass jede dieser Aussprachen in einer bestimmten Schule
bestand. Dasselbe dürfte der Fall gewesen sein in Worten wie
amsa und amsu, da uns der Commentar von Sütra Väj. Prät.
IV, 51 mittheilt, dass das zweite Wort mit upa zusammen
gesetzt nur dann upäsu gebe, wenn man es nicht mit Anusvära,
sondern mit Anunäsika ausspreche, wie dies in der Schule der
Atharvans der Fall war (Ath. Prät. I, 69), während das Eig.
quoties neben quotiens nach der indischen Theorie von dem schwachen
Anusvära nach langem Vocal zu erklären?
Die alpLabetisclie Einordnung von Annsvära und Visargu.
13
Prät. XIII, 10 wieder ausdrücklich bhütämsa aus bhüta-amsa
mit Anusvära vorschreibt. Ich glaube deshalb, dass Whitney
vollkommen im Rechte ist, das Sütra Taitt. Prät. X, 11 auf
solche Contractionsfälle zu beziehen, obgleich der Commentator
— nothgedrungen, wie Whitney hätte hervorheben können, da
amsa und amsu ausdrücklich Taitt. Prät. XVI, 29 als mit Anu
svära versehen bezeichnet werden — die Regel: ,Wenn ein
Anunäsika contrahirt wird, entsteht ein Anunäsika', auf die
nasalirten Endvocale bezieht, die in allen Säkhäs nur Anunä
sika, nicht Anusvära hatten. 1
Statt des Anunäsika wird gegenwärtig gh gesprochen
(Bühler, Leitfaden). Diese Aussprache ist aber schon uralt, da
sie im Rig. Prät. XIII, 7 von Uvata erwähnt wird. Darnach
gab es Leute, die anstatt ayam so agnih und liavlmsi: ayah so
agnih und havlnksi aussprachen, d. h. den gutturalen nasalen
Verschlusslaut statt des nasalirten Vocals oder des Anusvära,
was ja aus der Wiedergabe französischer Nasalvocalc durch
eine ungeübte deutsche Zunge bekannt genug ist. In Inschriften
und Manuscripten wird häufig auch wirklich so geschrieben;
so bezeichnet die eine der von Burnell zur Herausgabe des
Rktantra benutzten Handschriften die beiden Anusväras durch
an, an (p. 2). Umgekehrt gab es Leute, die, wenigstens nach
der einen Erklärung des Scholiasten zu Rig. Prät. XIV, 22; 23,
statt eines nasalen Verschlusslautes einen Anusvära aussprachen,
z. B. statt tan ghnanti also tarn ghnanti. 2 Eine andere Auf
fassung desselben Sütra's bezieht den Fehler der Aussprache
darauf, dass vor dem Nasal ein Anusvära eingeschoben wurde,
d. h. dass man tamn ghnanti sprach: oder man könnte sogar,
was Uvata nicht erwähnt, die Worte upadhärri vänyavarnäm
durch: ,sie sprechen vor dem Nasal den andern Buchstaben,
d. h. den Anunäsika aus 1 erklären, woraus die Aussprache tan
ghnanti folgen würde. Was mir diese Interpretation sehr wahr
scheinlich macht, ist der Umstand, dass wir in indischen Manu
scripten sehr oft den Anusvärapunkt 3 über Vocalen finden, nach
1 Auch für die Kritik der phonetischen Lehrbücher lässt sich die scharfe
Unterscheidung der Kegeln, die sich auf die beiden Phoneme beziehen, ver
werten, doch muss ich es mir versagen, hier darauf näher einzugehen.
2 Vgl. Sarv. S. 32.
3 Der hier den Amjnäsika bezeichnen würde.
14
VIII. Abhandlung: Kirste.
denen ein nasaler Verschlusslaut stellt, z. B. Ich habe
darauf bereits in der Vorrede zu meiner Ausgabe des Hira-
nyakesigrhyasütra (p. VIII) aufmerksam gemacht und bemerke
hiezu noch, dass diese Orthographie sich auch häufig in einem
Manuscripte von Hemacandra’s Dhätupätha findet, das ich
gegenwärtig copire. Die nasale Aussprache eines Vocals, dem
ein Nasal vorhergeht oder nachfolgt, wird bereits im Big. Prät.
XIV, 24 getadelt, und ich habe in einem Aufsatze der Revue
Scientifique 1883, t. XXXI, p. 374 darauf hingewiesen, dass
derselbe Tadel in der Aussprache französischer Worte, wie
bonne und femme, von Seite der Deutschen häufig berechtigt
ist, wenn sie nicht mit reinem o und a, sondern wie ,bon' und
,fam‘ ausgesprochen werden. Auch Pratijnäsütra 25 lässt sich
nach dieser Auffassung sehr gut erklären. Dort heisst es näm
lich, dass der Anusvära vor anderen Lauten als Sibilanten und
r denselben angeähnlickt werde, ohne jedoch seine Natur gänz
lich aufzugeben, und der Commentar fügt hinzu, dass der Vocal
,nicht klar', d. h. doch wohl ,rakta' nasalirt ausgesprochen
werde. Aus tarn jänan wird also tan jänan, und diese Aus
sprache bildet jedenfalls ein historisch-phonetisches Mittelglied
zwischen tan j- und ta j-, Uebrigens scheint diese Mittelstufe
auch vom Commentar zu Väj. Prät. III, 129 und 135 ins Auge
gefasst zu sein, der die Restriction aufstellt, dass beim vikära
(oder vikarana) von finalem m und n, nicht aber beim prakrti-
bhäva oder lopa derselben der vorhergehende Vocal nasalirt
werde, in welch’ letzterem Falle natürlich der lopa durch das
,Einschieben' (Taitt. Prät. XV, 3, Comm.; Rktantravyäk. 185)
eines Anusvära wettgemacht wird. Ist diese Interpretation be
rechtigt, so würde z. B. tarn humäram zuerst zu tan k- und
dann zu tau k- werden, und wir hätten damit eine theoretische
Bestätigung der oben erwähnten, allerdings seltener vorkom
menden Orthographie.
Nach der Lehre der Sarvasamm. S. 43 soll die erste
Hälfte des Anusvära nach der Aussprache der Taittiriyas ein
jr-Laut, die letzte anunäsika sein, ebenso soll er mit einem g
ausgesprochen werden nach der Vyäsa Siksä (Lüders, p. 87),
und diese Beschreibung stimmt vortrefflich zu der von Büliler
angewendeten Umschreibung des jetzigen Anunäsika durch gü.
Um diese Lautverbindung auszusprechen, genügt es, dass die
Die alphabetische Einordnung von Anusvära und Visarga.
15
Nasenhöhle einen Moment später geöffnet wird, als der Ver
schluss für das g vollzogen ist, während das Zusammenfallen
dieser beiden Momente ein h hervorbringt (vgl. MSL. V, 89, 90).
Die Aussprache agit ist also nur eine leichte Modification der
Aussprache an, die wir soeben kennen gelernt haben.
Die Veränderungen, die ein Nasal vor einem Guttural
erleidet, können auf Grund der vorstehenden Erörterungen in
folgendes Schema gebracht werden:
ank
ank
ank aak
nie.
Der Anunäsika der 3. und der Anusvära der 4. Form sind
darnach in gewissem Sinne gleichwerthig, und schon dieser
Umstand allein gibt eine genügende Erklärung der Unsicher
heit der Grammatiker bezüglich des Vorkommens und Laut-
wertkes der zwei Phoneme.
7. Um das Bild, welches wir vom Anusvära und seinen
Substituten gewonnen haben, zu vervollständigen, haben wir
noch zwei Buchstaben des Alphabets zu besprechen, die die
Namen näsilcya und ranga führen.
Sarvas. S. 31 findet sich im Sütra der Ausdruck näsikya,
und derselbe wird vom Commentar mit anusvära erklärt; in
Uebereinstimmung hiemit betrachtet der Grammatiker Vyäli
jeden Anusvära als entweder näsikya oder anunäsika (Rig.
Prät. XIII, 15). Der Terminus näsikya hat, wie ich MSL.
V, 82 ausgeführt habe, eine allgemeine und eine besondere Be
deutung, und es ist klar, dass er hier in der ersteren, d. h. als
Nasenlaut im Allgemeinen zu nehmen ist. Der näsikya im
eigentlichen Sinne hingegen, der durch hum 1 dargestellt zu
werden pflegt, jedoch nicht, wie wir aus Väj. Prät. VIII, 45
erfahren, von allen Schulen anerkannt wurde, ist ein nasalirtes
skr. h, das sich bei der Verbindung dieses Buchstabens mit
nachfolgendem Nasal z. B. in brahma einstellt. Wir müssen uns
1 Rktantravyak. ed. Burneil, p. 2, n. 1 ist mit dem MS. B nasilcyah für
anunäsikah zu lesen.
16
VIII. Abhandlung: Kirste.
jedoch hüten, das altindische li, eine gutturale tönende Spirans
mit dem deutsch-englischen h, d. h. dem Visarga zu identificiren, 1
wie dies Whitney (Ath. Prät. I, 100) thut. Dieses nasalirte li ist
das laryngale Gegenstück zu dem nasalirten palatalen y und
steht natürlich dem entsprechenden Verschlusslaut, dem laryn-
galen n, das Brücke (Grdz. 2 p. 66) mit tt 3 bezeichnet und in
dem er ursprünglich den französischen Nasenlaut, d. h. den
Anunäsika erkennen wollte, sehr nahe. Havet (MSL. II, 78)
identificirt den Anusvära mit diesem laryngalen Verschlusslaut;
ich glaube jedoch, dass diese Ansicht, abgesehen von allem
übrigen, durch die Angaben von Rig. Prät.'XIII, 3, dass beim
Anusvära der Mundcanal offen stehe, und Taitt. Prät. II, 33, C.,
dass beim Anusvära, trotzdem er ein Consonant sei, kein Ver
schluss stattfinde, widerlegt wird. Eine sehr schwache Aus
sprache hat der näsikya in dem Falle, als ihm ein Nasal
vorangeht und die indische Phonetik gibt deshalb die Vorschrift,
dass ein Anusvära, der der Gruppe hm oder hn vorangeht, dem
folgenden Nasal assimilirt werden könne (Rkt. 184; Pän. VIII,
3, 26; 27): also entweder Mm oder Mm hmalayati; Mm oder
Mn hnute. Die Assimilation ist nur unter der Voraussetzung
begreiflich, dass das durch die Nase ausgesprochene h (s. Lüders,
Vyäsa S. p. 101) seine selbständige Geltung verliert und zu
einem blossen Hauche herabsinkt, was für das tönende h direct
als Fehler bezeichnet wird von Rig. Prät. XIV, 8. Dadurch
geht das nasalirte skr. h in den nasalirten Visarga über, und im
Rig. Prät. XIV, 9 werden in der That Leute getadelt, die
einen Visarga nach nasalirtem ä oder f als Näsikya aussprechen.
Wir haben schliesslich noch ein paar Worte über den
Raüga zu sagen, den die phonetischen Tractate ebenfalls als
näsikya (Rkt. p. XXXIII; Sarv. 6. 46) oder als änunäsikya
(Taitt. Prät. II, 52, C.) bezeichnen. Der Connnentar der letzten
Stelle gibt als Beispiel suSlokäm sumangaläm, das sich in
demselben Lehrbuche XV, 8, ferner in der Sarv. 6. 46 findet.
1 Ich beklage es sehr, dass auch in der neu vereinbarten Transcription,
so freudig sie von allen Indianisten begrüsst werden wird, die tönende
Spirans mit h, dagegen der Visarga, das reine h, mit h umschrieben
werden. Sogar Schrift und Druck würden durch die rationellere, um
gekehrte Verwendung gewinnen, da der Visarga häufiger ist als die
Spirans.
Die alphabetische Einordnung von Anusvära und Visarga.
17
Nach der sehr klaren Beschreibung wird zuerst ein langer, reiner
Vocal gesprochen und daran die nasale Varietät desselben ge
hängt, die aber durch längere Zeit ausgehalten wird und allmäh
lich verklingt, also etwa ääi. Ein solches Phonem eignet sich
gehr gut zur Schlusscadenz eines langgezogenen Rufes, und wir
finden in der That die Angabe, dass die Frauen aus Surästra das
Wort takra (Buttermilch) in dieser Weise aussprachen (Sarv. S.
48; vgl. Weber, I. St. IV, 269). Die Aehnlichkeit mit dem Anu
svära springt sofort in die Augen; der Ranga ist ja eigentlich
nichts Anderes als ein in die Länge gezogener Nasaldiphthong.
Da er auch in der Recitation der heiligen Texte vorkommt, z. B.
Rv. X, 146, 1, wo der Schlussvocal von vindati so ausgesprochen
wird, um den Zweifel zu markiren, ebenso Av. X, 2, 28 ba-
bhüva (s. Ath. Prät. I, 70; 105), so war es nothwendig, seine
Quantität zu fixiren. Die Lehrbücher unterscheiden einen rahga-
dlrgha und rahgapluta und geben die Länge gewöhnlich als
2 Mäträs, die Sarv. 6. 49 die des rahgapluta als 4 Mäträs an
(s. die Bemerkungen von Franke zu Sarv. 6. 46'—49 und Bur-
nell, Rktantravyäk. p. XXXIII). Die Manuscripte bezeichnen
die Quantität des in Rede stehenden Lautes durch nachgesetzte
Zahlen, stimmen aber darin ebenfalls nicht überein; am gewöhn
lichsten ist eine 3, was zu der Definition der Plutalänge passen
würde, wobei es aber ganz unbestimmt bleibt, ob der reine
Vocal, der nasalirte Vocal oder beide. zusammen diese Länge
haben. Zu diesem Zweifel gesellt sich dann die noch grössere
Schwierigkeit, ob wir nicht vor demselben Problem stehen wie
bezüglich des Verhältnisses von Anusvära und Anunäsika, mit
anderen Worten, ob wir unter Ranga nicht auch einen ge
dehnten* nasalirten Vocal, d. h. « 3, neben dem oder statt des
Nasaldiphthongs, d. h. ää, welch’ letzterer passend mit der
Mäträlänge 4 (Sarv. S. 48) geschrieben würde, zu verstehen
haben. Wir finden in der That im Taitt. Prät. XV, 8 die Vor
schrift, dass jedes plutirte a nasalirt auszusprechen sei, eine
Regel, die im engsten Zusammenhang mit der zweitvorher
gehenden steht, welche die Nasalirung von Endvocalen lehrt.
Die Zahl 2 steht in den von Väj. Prät. III, 130 tangirten Fällen
wie malm 2 indrah, die ihrerseits wieder von Beispielen wie
iatrü 1 r apa, paridhi 1 r apa (ib. III, 140) nicht getrennt werden
können, in denen es sich immer nur um Anunäsika, nicht Anu-
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXI1I. Bd. 8. Abh. 2
18
VIII. Abhandlung: Kirsto.
svära handelt. 1 Ebenso hat schon Benfey (Vollst. Gr. §. 100)
bemerkt, dass in vedischen Schriften auslautendes än vor Vocalen
sowohl zu «, als zu am wird. Nach der Zahl 2 stehen, wie Hang
(Ved. Acc. p. 34) berichtet, in der Väjasaneyi-Samhitä noch
zwei senkrechte Striche, die, wie er vermuthet, eine zwei Moren
dauernde Pause andeuten dürften, womit wir also wieder zur
Quantität 4 gelangen würden. Uebcr die Länge der Pause in
einem solchen Falle finden wir nur in der Sarv. S. 31 die
genaue Angabe, dass sie l'/ 4 Mäträ betrage, ebensoviel soll
der vorhergehende Näsikya — wir haben schon früher be
merkt, dass der Commentar diesen Ausdruck durch Anusvära
erklärt, und schöpfen unsererseits daraus die Berechtigung
darunter den Anunäsika zu verstehen, — betragen, was also
zusammen 2V g Mäträs gäbe. Aus diesen nicht gerade harmo
nisch zusammenstimmenden Angaben und Schreibweisen glaube
ich die Vermuthung ableiten zu können, dass es in der That
bei der ßecitation der heiligen Texte zwei Nasalvocale gegeben
habe, von denen der eine, der rangadlrgha, 2 Mäträs mass und
nach einem langen, reinen, nichtnasalirten Vocal stand, während
der andere, der rangapluta, wie schon sein Name besagt, ein
dreimoriger nasalirter Vocal war; der erste wäre etwa durch
d 2 ä 2, der zweite durch ä 3 darzustellen. Die Vyäsa- S.
(Lüders p. 90, n. 1) führt die beiden Eaügas als selbständige
Vocale in ihrem Alphabet auf. Da eine Untersuchung über
das Vorkommen und die Bezeichnung 2 dieser beiden Phoneme
in die Textgeschichte des Veda gehört, so werde ich eine
separate Abhandlung darüber vor öffentlichen. Dies ist umso
mehr geboten, als die Behandlung dieses Gegenstandes mit
der Frage, in welchem Umfange ,unorganische 1 Nasalirungen
und Dehnungen bei der Recitation vedischer Texte verwendet
werden, zusammenhängt. 3 Hier kam es uns nur darauf an,
zur Festigung des oben postulirten Verhältnisses zwischen Anu
svära und Anunäsika darauf hinzuweisen, dass die phonetischen
Lehrbücher zwei Phoneme kennen, von denen das eine, der
1 Die Differenz ä 2, aber ä 1, ü 1 erinnert auffallend an den oben bei der
Quantität des Anusvära besprochenen Unterschied von vayämsi, havimsi,
yajumfi (Taitt. Prät. XVI, 16).
2 Vgl. Mnller’s Rigveda 2 I, p. XIII, n. 1; Schröder, ZMG. XXXIII, 186.
3 Vgl. Rig. Prät. I, 26. II, 32. Taitt. Prät. XV, 6—8. Rkt. 18; 19.
Die alphabetische Einordnung von Anusvära und Visarga.
19
rangadirgha, die gedehnte Varietät des Anusvära, das andere, der
raiigapluta, dieselbe Modifikation des Anunäsika zu sein scheint.
8. Bevor wir an die Frage, welcher Platz dem Anusvära
im Alphabet anzuweisen sei, herantreten, dürfte es passend
sein, ein paar Worte über moderne Parallelen zu dem von
uns für ihn ermittelten Lautwerth einzufügen.
Vor Allem mache ich auf eine von Rousselot mit Hilfe
seiner Registrirapparate nach der graphischen Methode ge
machte Beobachtung aufmerksam. Derselbe berichtet (Revue
des patois gallo-romans IV, 106): ,La nasalite varie suivant la
nature de l’articulation apres laquelle les voyclles nasales sont
placees. Complete k l’initiale et apres s, s, et probablement
toutes les continues, eile manque dans les premiers instants
de la voyelle apres p, b, t, k et sans doute d et g.‘ Und
auf der nächsten Seite: ,Ce n’est pas lh une particularite de
mon patois: la prononciation de M. J. Passy est sur ce point
conforme a la mienne. On peut donc croire que ce pheno-
mene tient a des conditions organiques generales. 1 Diese Aus
sprache des Nasalvocals in der französischen Phrase ,je pense 1 ,
der, wenn das zweite Wort in der Pause steht, die Quantität
eines langen Vocals hat, entspricht darnach so genau als mög
lich der von den indischen Grammatikern beschriebenen Aus.
spräche eines Wortes wie pämsu mit Anusvära.
Eine weitere willkommene Bestätigung meiner Anusvära-
theorie durch eine moderne Sprache verdanke ich der Güte
Professor Ascoli’s, dem ich dieselbe mittheilte. Seine Antwort
lautete: ,Come Ella sa, il lombardo, a differenza del francese,
ha pur F i et 1’ ü nasalizzati, e in genere vi sono piii lunghe
le vocali nasalizzati, che non nel francese. In ispecie, come i
forestieri soglion notare, appare molto lungo 1’ i milanese nasa-
lizzato dei polisillabi p. e. sigürl, diminutivo del lat. securis; e
confesso di aver creduto che quest’ l milanese si sentisse tra il
popolo come u. Ma ho voluto ricorrere a un valente fonologo
lombardo, il prof. Carlo Salvioni e n’ ebbi la risposta che qui Le
trascrivo 1 : ,,A Milano si tratta di vocale interamente nasale.
Ne ho procurata la prova da parte di parecchi milanesi, tra
cui mia moglie. Applicando infatti un dito alle alette del
naso mentre si pronuncia pa o vi o sigüri, queste si agitano
nello .stesso momento in cui s’ incomineia a pronunciare 1’ a o
2*
20
VIII. Abhandlung: Kirste.
1’ i, che quindi sono a et i. Nella Valtellina invece par pro
prio che s’ abhia una pronuncia che io rappresenterb per es.
per pä ~ (pane), kä ~ (cane), vi ~ (vino). V’ ha poi una dif-
ferenza tra il di pä~ et quello di vi—. In questo si sente
un poco la nasal faucale.“ Die letztere Bemerkung scheint
darauf hinzudeuten, dass das Wort für ,Wein' etwa wie vih aus
gesprochen wird, eine Aussprache, die mir aus südfranzösischen
Dialekten als Stellvertreter der Nasalvocale bekannt ist, 1 und
der wir oben in derselben Function im Indischen begegnet
sind. Das schliessende h ist allerdings sehr schwach und durch
aus nicht einem deutschen n in ,eng‘ an die Seite zu stellen.
Die angeführten romanischen Parallelen liefern, so viel ich
sehe, keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Aussprache aa, ee etc.
von der Natur des folgenden Lautes beeinflusst wird, während
im Indischen die legitime Stelle des Anusvära vor Spiranten ist.
Dagegen ist dies, wie mir Herr Professor Baudouin de Courtenay
mitzutheilen die Güte hat, bei den polnischen Nasalvocalen der
Fall. Vor Spiranten werden dieselben nämlich genau so ausge
sprochen, wie es die correcte Wiedergabe des Anusvära erfordert.
Bezeichnen wir nach der Methode des genannten Gelehrten
die reine, orale Aussprache eines Vocals mit A, die nasale Re
sonanz mit N, so ist polnisches «. e, vor Spiranten - = A "‘y. 2
Da das Litauische die Buchstaben q, e etc. aus dem Polni
schen entlehnte, so ist die Vermuthung sehr naheliegend, dass
sie auch hier einen ähnlichen Lautwerth hatten. Schleicher
(Gr. p. 7, n.) glaubt freilich nicht, dass dieselben jemals nasale
Aussprache gehabt hätten. Dagegen bemerkt Kurschat (Gr.
§. 149), dass ein Nasal nach einem Vocal vor einem Sibilanten
sich dialektisch erhalte, im gewöhnlichen Preussisch-Litauisehcn
jedoch verschwinde, nachdem er den verh ergehen den Vocal
gelängt habe, z. B. zqsis (Gans), neben dialektisch Sansis. Nach
Bezzenberger (B. B. VII, 163) wird im Preussisch-Litauischen
zansis ausgesprochen, wobei schon das a nasalirt ist; im £e-
maitisclien wird zqnsis geschrieben. Zuweilen tritt allerdings
bei q und e der Nasalwerth in einer Weise zurück, dass man
1 Berg-aigne (MSL. XI, 31) identificirte diese Aussprache mit dem indischen
Anusvära.
2 Vgl. auch dessen Schrift Hfa. ota. cpaii. rp. ca. «3. Warschau 1881, p. 23.
T -
Die alphabetische Einordnung von Anusvära und Visarga.
21
nur trübes a, e mit folgendem Nasalansatz zu vernehmen glaubt,
und in manchen Gegenden hört man überhaupt nichts Nasales
mehr, das alte q wird ä, a, ai oder o (ä) (Bezzenberger, ib.
XII, 75). Diese schwache Aussprache des nasalen Elementes,
die schliesslich zum völligen Verschwinden desselben führt,
erinnert an lateinische Fälle, wie cosol, omne = omnern, aide =
aidem in der Scipionengrabschrift (Corssen I, 259, 271; Fay,
Am. J. Ph. XV, 420; Breal, MSL. IX, 25; 26) sowie an neu-
persische, wie hälä für arab. hälan, und an die indische Form
maslya, Ev. X, 53, 4, die für mamslya stehen soll. Nach
alledem dürfte es wohl nicht unbesonnen sein, als historische
Zwischenstufen zwischen ans und as: anas, d. h. aas, äs ein-
znsetzen.
III.
9. Nach Feststellung des Lautwerthes der beiden uns
beschäftigenden Buchstaben, von denen wir den einen, den
Anusvära. als ,reducirten, nasalirteff, den andern, den Visarga,
wie gesagt als ,gehauchten VocaP bezeichnen können, liegt
uns nun die Entscheidung ob, welche Stelle wir ihnen im Al
phabet zuzuweisen haben. Gemäss unserer phonetischen Defini
tion würde man geneigt sein, sie den Vocalen zuzuzählen und
beide darnach, wie dies ja im indischen Schulalphabet geschehen
ist, am Ende der Vocale anzuführen. Vor Allem ist aber daran
zu erinnern, dass die Eintheilung in Vocale und Consonanten
nur die funetionelle Verwendung der Phoneme trifft, nicht ihre
constitutioneile Beschaffenheit. Ein r bleibt immer ein r, ob
es nun als Vocal oder Consonant fungirt, 1 und der Unterschied
der dreisilbigen Formen pitros, indra, akpi etc. (s. meinen
Aufsatz in B. B. XVI, 294 ff.) von den zweisilbigen beruht nur
darauf, dass im ersteren Falle r als Träger der Silbe erscheint
und im zweiten in seiner Sonorität' im Vergleich zum nach
folgenden Silbenträger etwas reducirt wird. Aus dieser Defi
nition folgt, dass Anusvära und Visarga als Vocale dann er
klärt werden dürfen, wenn sie als Träger der Silbe fungiren
können; dies ist aber bei beiden ausgeschlossen, da sie, correct
ausgesprochen, nur als Anhängsel eines Vocals fungiren, wie
dies ausdrücklich vorgeschrieben wird von Eig. Pr. I, 15.
1 Vgl. Whitney, JAOS. VIII, 362.
22
VIII. Abhandlung: Kirste.
XVIII, 18. Damit scheint nun allerdings im Widersprache zu
stehen, dass der Anusvära wenigstens Rig. Pr. I, 11 als an den
Eigentümlichkeiten beider Lautclassen, der Vocale und Con-
sonanten, participirend dargestellt wird. Liest man jedoch den
von Kegnier zu dieser Stelle mitgetheilten Commentar (Journ.
As. 1856, I, p. 193), so überzeugt man sich leicht, dass die
Phrase: ,der Anusvära ist entweder Consonant oder VocaP
eigentlich besagen soll: er ist beides, d. h. er hat einige Eigen
schaften der einen und der anderen Lautclasse, und ferner,
dass hier die Ausdrücke Voeal und Consonant, wie dies ja
auch bei uns nach dem Vorgänge der classischen Grammatik
so oft geschieht, nicht in ihrer functionellen, sondern in einer
constitutioneilen Bedeutung genommen werden.
Einen zweiten Ein wand gegen unsere Einreihung der
beiden Laute unter die Consonanten, d. h. unter die Phoneme,
die nicht Silbenträger sein können, könnte man aus der That-
sache ableiten, dass sie im indischen Schulalphabet unter den
Vocalen angeführt werden, und dass die Schüler ebenso kam,
kali, gam, galt etc. bilden lernen wie ka, ka, ki, ku etc. Es
ist jedoch leicht zu sehen, dass auch diese Thatsache nicht
hinreicht, die Anführung der beiden unter den Vocalen zu
rechtfertigen. Ganz abgesehen von der Frage, ob die Schüler
den Anusvära und den Visarga noch in correcter Weise aus
sprechen, genügt es ja gar nicht, sie am, ah, kam, kdh, kham,
khali etc. bilden zu lassen, da die beiden Phoneme nicht blos
nach a, sondern auch nach anderen Vocalen Vorkommen, woraus
implicite folgt, dass man am und ah nicht als gleich'werthig
mit ai und au ansehen kann, die feste Verbindungen vorstellen.
Ein Phonem aber, das nach allen Vocalen stehen, aber nicht
allein als Träger der Silbe erscheinen kann, gehört seiner
Function nach nicht zu den Selbst-, sondern zu den Mitlauten.
Wir sind damit zu dem praktischen Resultate unserer
Untersuchung gelangt, und es ist mit Rücksicht auf die unter
I. angeführten Alphabete wohl selbstverständlich, die beiden
uns beschäftigenden Buchstaben am Ende der Consonanten, also
nach dem h anzureihen, und zwar in der Reihenfolge Anusvära
Visarga. Ich habe diese Anordnung in den Glossaren meiner
Ausgaben des Hiranyakesigrhyasütra und von Hemacandra’s
Unädiganasütra befolgt, kann aber nicht umhin, zu Gunsten
Die alphabetische Einordnung von AnnsvSra und Visarga.
23
derselben noch einige Bemerkungen über die bis jetzt in den
europäischen Wörterbüchern befolgte Methode hinzuzufügen.
10. Was zunächst den Anusvära betrifft, so wird ihm,
falls er von Liquidae und Zischlauten gefolgt ist, die erste
Stelle unter den Consonanten zugetheilt; d. h. auf sa, sä, si etc.
folgt nicht sah 0 , säk°, sik° etc., sondern sam°, säm°, sim°.
Folgt dagegen ein Verschlusslaut, so wird der Anusvära immer
hinter dem jeweiligen Nasal der Classe eingefügt, also sang 0 ,
samg°, doch ist dieses Princip nicht streng durchgeführt, denn
ich finde im kleinen Pet. Wörterbuche kimja, kinja statt kinja,
kimja. Diese Anordnung beruht auf der von den indischen
Schreibern eingeführten Gewohnheit, den Anusvära statt des
Classennasals vor Verschlusslauten zu schreiben, und es wäre
im Grunde genommen durch die Annahme dieser Orthographie
weiter kein Unheil angerichtet worden, wenn man sie eben
consequent durchgeführt und die Worte darnach alphabetisch
angeordnet hätte, so dass also z. B. auf ah°: amk°, amc°,
ams° etc. gefolgt wären. Statt dessen hat man ein Compromiss
versucht, und die Folge davon ist die jeder gesunden lexiko-
graphischen Anordnung, die es vor Allem mit der leichten
Auffindbarkeit eines Wortes vom ocularen Gesichtspunkte aus
zu thun hat, zuwiderlaufende Behandlung von je zwei Zeichen,
als wenn sie eines wären. So haben wir sann°, samn°, sann 0 ,
samn 0 , sann° etc.; während es doch consequenter gewesen
wäre, entweder die eine Schreibweise ganz aufzugeben oder,
falls man beide, wie dies aus morphologischen Gründen sich
empfiehlt, beibehalten wollte, zuerst sann° und dann samn° zu
absolviren, aber nicht sie durcheinander zu werfen. Der Grund
kann wohl gegen unsere Anordnung nicht geltend gemacht
werden, dass dann Worte wie saiiga und samga nicht neben
einander stehen, da sie ja morphologisch ganz verschiedenen
Ursprungs sind und nur in Folge jener Schreibergewohnheit
gleich geschrieben werden. Uebrigens genügt ja für jeden An
fänger die Anweisung, dass er sich, falls ein Anusvära vor
einem Verschlusslaut steht, die Möglichkeit gegenwärtig zu halten
habe, dass er es nur mit dem graphischen, stellvertretenden
Zeichen zu thun habe und deshalb sowohl den Classennasal
an seinem Orte, wie den Anusvära, dessen Platz nach unserer
Anordnung ebenfalls genau fixirt ist, nachschlagen müsse.
24 VIIT. Abh.: Kirste. Die alphabetische Einordnung v. Anasvära u. Visarga.
Aehnlich wie dem Anusvära ist es dem Visarga ergangen,
der bei den europäischen Lexicographen ebenfalls keinen be
stimmten Platz in der Alphabetstafel einnimmt. So lassen Bopp
in seinem ,Glossarium comparativund und Benfey in seinem ,San-
skrit-english dictionary* duh. a auf du folgen, d. h. sie betrachten
den Visarga als den ersten Consonanten, und die mit dieser Prä
position zusammengesetzten Worte folgen in der Reihenfolge, in
der der initiale Consonant des zweiten Gliedes im Alphabet steht;
auf duhkh 0 folgt also dulip°, duM°, duhs°. Hingegen werden im
Petersburger Wörterbuch die Gruppen duh -f- Verschlusslaut ge
trennt von den Gruppen duh -f- Sibilant angeführt und die letz
teren weiters nicht zusammen, sondern auf du&° folgt duM°, auf
dus° — dulis und auf dus° — duhs°. Dies geschieht natürlich
deshalb, weil nach der Ansicht einiger Grammatiker, respective
vediseker Schulen der Visarga vor der Gruppe Sibilant + Ver
schlusslaut ausfällt und nach der Auffassung anderer der Visarga
vor einem Sibilanten dem letzteren assimilirt wird. Nach den
ersteren ist also z. B. nur antastha, nicht antahstha, nach den
anderen du&s 0 , nicht duJis 0 etc. gestattet. Auch hier ist unserer
Ansicht nach die einfachste Lösung der Schwierigkeit die, dem
Visarga einen ganz bestimmten Platz anzuweisen und den An
fänger darauf aufmerksam zu machen, dass die Orthographie der
Ausgaben und Handschriften in dem und jenem Punkte von der
recipirten abweichen kann. Die feinen Regeln der indischen
Grammatik über den Visarga upäcarita (d. h. die Verwandlung
des Visarga in einen Sibilanten) in der Composition sind allerdings
von den Copisten der Handschriften nicht beachtet worden, so dass
diesbezüglich eine vollkommene Verwirrung eingetreten ist, aber
ich glaube, dass es auch zu den Pflichten eines Lexicographen ge
hört, eine mit den Lehren der angesehensten Autoritäten in Ueber-
einstimmung befindliche Orthographie einzuführen und darnach
die Reihenfolge der von ihm verzeichneten Worte zu bestimmen.
Unsere Schlussfolgerung ist also: ,Der Anusvära und Vi
sarga sind zwei unabhängige Buchstaben mit bestimmtem Laut
werth, und in einer alphabetischen Anordnung sind die Worte,
in denen sie Vorkommen, so aufzuführen, dass ihre Location
der Stellung der beiden Buchstaben im indischen Alphabet nach
der gutturalen Spirans h entspricht/
IX. Abhandlung: v. Sickel. Römische Berichte. I.
l
IX.
Römische Berichte.
Von
Dr. Th. R. von Sickel,
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
I.
Einleitung.
Ich eröffne hiemit eine Reihe von Berichten über bisher
minder bekannte Partien des päpstlichen Geheimarchivs. In
diesem ersten und einem zweiten Berichte, welcher möglichst
bald folgen soll, will ich vornehmlich die eine Abtheilung des
Yaticanischen Archivs -ins Auge fassen, welche kurzweg die
der Concilakten benannt wird, in Wirklichkeit aber fast nur
Akten des Concils von Trient enthält, und will über Umfang
und Beschaffenheit dieser Akten insoweit Aufschluss geben,
als ich in Verfolgung eines speciellen Themas sie zu prüfen
Anlass und Gelegenheit hatte.
Mein Augenmerk war nämlich auf eine andere Gruppe
von Archivalien gerichtet, auf die Deutschland betreffenden
Nuntiaturen aus dem Pontificate Pius IV. 1 Ich will hier nicht
ausführen, wie hochwichtige Verhandlungen damals zwischen
der Curie und K. Ferdinand I. gepflogen worden sind, sondern
1 Ich erkläre gleich hier, dass ich mich, um die Gruppen und Arten von
Akten zu bezeichnen, streng an den Sprachgebrauch der Zeitgenossen,
für den ich später zahlreiche Belege beibringen werde, halte. Was von
dem Geheimsecretariat als der massgebenden Stelle (s. S. 40) schriftlich
oder auch mündlich ausging, und dazu gehörten sowohl die au die
Nuntien als die an die Concillegaten gerichteten Weisungen, hiess da
mals und bis ins 18. Jahrhundert hinein proposte, und was der Curie
von ihren Organen erwidert oder berichtet wurde, hiess risposte. Oie
den Nuntien ertheilten proposte und die von ihnen eingesandten risposte
samint den mannigfaltigen Beilagen wurden als nunziature zusammen
gefasst.
Sitzungsber. d. pliil.-liist. CK CXXXIII. Bd. 9. Ahli. 1
2
IX. Abhandlung: v. Sickel.
nur betonen, dass in diesen Jahren die Nunziature di Germania
zu einer Aktenmasse von besonderem Umfange anscbwellen
mussten. P. Pius IV. hielt bereits einen ständigen Nuntius
am Kaiserhofe; überdies entsandte er, worauf ich zurück
komme, zu Beginn des Jahres 1561 zwei Nuntien in das
Reich. Gab es so eine Zeitlang eine dreifache Correspondenz
zwischen Rom und Deutschland, so war auch die einfache
Correspondenz der folgenden Jahre in Anbetracht der vielen
während des Concils wie auch nach Schluss desselben zu er
ledigenden Fragen eine sehr lebhafte und ergiebige. Wie aber
steht es mit der Erhaltung dieser gewaltigen Masse von Schrift
stücken?
Da die Curie etwa erst seit dem Pontificate Paul V.
den mit der politischen Correspondenz betrauten Beamten,
mochten sie in Rom functionirt haben oder in die Ferne ent
sendet worden sein, die Ablieferung der Amtspapiere, also auch
der im Verkehre mit den Nuntien entstandenen proposte und
risposte zur Pflicht gemacht hat und darauf bedacht gewesen
ist, was von solcher Correspondenz älteren Datums in Privat
besitz geblieben war, nach Thunlichkeit wieder an sich zu
bringen, und da dann noch ein Jahrhundert vergangen ist,
bis die so in das päpstliche Geheimarchiv gelangten Nun
tiaturen zu einer besonderen Abtheilung zusammengestellt und
repertorisirt worden sind, so kann es nicht Wunder nehmen,
dass die aus dem 16. Jahrhundert stammenden Akten dieser
Kategorie hier nur lückenhaft auf uns gekommen sind. Ist
dies in jüngster Zeit oft bemerkt worden, so ist noch minder
hervorgehoben worden, dass es in dieser Abtheilung des Vati-
canischen Archivs am allerschlechtesten mit den Nunziature di
Germania aus dem Pontificate Pius IV. bestellt ist: kaum der
zehnte Theil dessen, was einst vorhanden gewesen ist, findet
sich in ihr geborgen.
Mit so dürftigem Material hätte sich eine Edition der
Nuntiaturen der Jahre 1560—-1565 nicht herstellen lassen.
Ging ich als Leiter des Istituto Austriaco in Rom dennoch,
als wir uns, wie es schon zuvor die Görres-Gesellschaft gethan
hatte, mit dem Preussischen Institute in Rom über eine ge
meinsame Herausgabe der Nuntiaturberichte des 16. Jahr
hunderts verständigten, die Verpflichtung ein, die uns zu-
Römische Berichte. I
gewiesene Abtheilung der Publication gerade mit der Periode
Pius IV. zu beginnen, 1 so geschah es in der zuversichtlichen
Erwartung, dass sich das Material durch Ausdehnung der
Forschung auf andere Sammlungen wesentlich werde ergänzen
lassen. Thatsächlich haben wir, wie ich an anderem Orte be
richten werde, mit der Zeit grössere oder kleinere Bruclitheile
dieser Correspondenz in Archiven und Bibliotheken in und
ausserhalb Rom aufgefunden. Zunächst galt es jedoch, das Va-
ticanische Archiv nach allen Richtungen hin auszunützen. Wie
die Abtheilung der Nuntiaturen seit ihrer Bildung im Jahre
1735 immer mehr angewachsen ist durch allmählige Einver
leibung von Bänden, welche einst von ungefähr liier oder dort
eingestellt, erst nach und nach als zu den Nuntiaturen gehörig
erkannt worden sind, so wird sie sich auch heute noch um
etwas vervollständigen lassen. So haben wir uns der Mühe
unterzogen, in verschiedenen anderen Fonds des Vaticanischen
Archivs Nachlese zu halten. Zu allererst nahmen wir die
Abtheilung der Concilakten in Angriff, weil wir im Voraus
wussten, dass sic uns einige Ausbeute liefern werde. Palla-
vicino und Odorico Rinaldi haben nämlich zu zahlreichen De
peschen der Nuntien aus den Jahren 1561—1563 bemerkt,
dass sie ihnen aus den Concilakten mitgetheilt worden waren,
und haben zuweilen auch bestimmte Bände dieser Abtheilung als
ihre Quellen angeführt. Dies erklärt sich folgendermassen.
Schon zu Ostern 1561 sollte die mit Bulle vom 29. No
vember 1560 wieder nach Trient einberufene Kirchenver
sammlung zusammentreten, aber erst am 18. Jänner 1562
konnte die erste Sitzung abgehalten werden: so viel Mühe
kostete es, aus den Ländern, welche dem Rufe des Papstes
schliesslich Folge leisteten, die genügende Anzahl von Theil-
nehmern zusammenzubringen. Es war die Hauptaufgabe, welche
damals den an den grossen Höfen weilenden Nuntien gestellt
war, den Kaiser und die Könige zur Beschickung des Concils
zu bestimmen und anzutreiben. Und in das Reich wurden,
1 Vgl. den Bericht des H. v. Sybel im Vorworte zum I. Bande der 1.
von dem Preussisclien Institute veröffentlichen Abtheilung und meinen
Bericht in den Mittlieilungen des üsterr. Instituts 13, 367—376 und
663—667.
II
4
IX. Abhandlung: v. Sickel.
wie ich schon andeutete, zwei ausserordentliche Nuntien, Com-
mendone und Zaccaria Delfino, entsandt, um alle Fürsten und
Städte im Namen des Papstes besonders einzuladen. Wenn
irgend möglich Erfolg zu erzielen, wurde auch die Mitwirkung
der Concillegaten in Anspruch genommen, insbesondere des
Cardinais von Mantua und des Cardinais Seripando, welche
als die ersten der Legaten schon im April 1561 in Trient ein
getroffen waren. Da sie aber, um in die von den ordentlichen
und ausserordentlichen Nuntien geführten Verhandlungen ein
zugreifen, über deren Gang genau und schnell unterrichtet werden
mussten, wies die Curie ihre Sendlinge an, fortan zugleich
nach Rom und nach Trient zu berichten. Commendone z. B., 1
welcher damals Niederdeutschland bereiste, wurde schon am
4. März 1561 der Auftrag ertheilt, auch an die Rev mi legati del
concilio Bericht zu ei'Statten. Er antwortete: scriverö, secondo
la commissione, ne solamente quanto occorrerk per l’avvenire,
ma un sommario. ancora del passato. Und diese seine Corre-
spondenz mit den Legaten in Trient läuft ununterbrochen fort
bis zu seinem eigenen Eintreffen daselbst (3. März 1562),
worauf er in der Genei’alcongregation Vom 7. März nochmals
mündlich referirte. Zu gleicher Zeit unterx'ichtete Commendone
den damals als Nuntius am Kaiserhofe weilenden Hosius, welcher
wieder seinerseits den Legaten meldete, was bei Hofe oder
auch im Reiche voi’ging. Endlich erhielten die Legaten regel
mässige Berichte auch von Zaccaria Deliino, welcher erst die
Fürsten und Städte Oberdeutschlands zum Concil einlud und
sich dann an den Kaiserhof begab, bei welchem er als Nach
folger von Hosius accreditirt worden war. 2 Dieser Vorgang
bewährte sich so, dass er auch nach Eröffnung des Concils bei
behalten wurde, um die allseitige Verständigung über die
immer von Neuem auftauchenden Streitfragen zu erleichtern.
Delfino, welcher schliesslich der einzige Vertreter der Curie in
1 Pallavicino (ich bediene mich der ersten 1664 in Rom erschienenen
Ausgabe, citire aber nach Büchern u. s. w.) XV, 6 Nr. 2. Dazu die zum
Theil bereits im 6. Band der Miscellanea di storia italiana veröffent
lichten Briefe Commendone’s.
2 Seltener als die Nuntien in Deutschland haben die in andern Ländern
an die Legaten berichtet.
Römische Berichte. I.
5
Deutschland war, kostete es geringe Mühe, zugleich zwei Herren
mit seinen Berichten zu bedienen. In der Regel sandte er
seine an den Cardinal Borromeo adressirten Risposte über
Trient, wo die Legaten in sie Einsicht und von ihnen Abschrift
nahmen, bevor sie sie weiter nach Rom beförderten. Aber
auch bei gesonderter Expedition nach Rom und nach Trient
lieferte er gleichlautende Berichte, ausser wenn er besonderen
Anlass hatte, dem einen oder dem andern Adressaten in einer
Nachschrift eine vertrauliche Mittheilung zu machen. Nur wenn
es Delfino an Zeit mangelte, zweimal ausführlich zu schreiben,
sandte er nach Trient blos einen Auszug der nach Rom expe-
dirten Depesche. Diesen Risposten der Nuntien an die Legaten
stehen nun auch Proposte gegenüber. Um bei dem Verkehre
mit Delfino zu verbleiben, so hat die Curie die ihm zugedachten
Weisungen zumeist über Trient befördern lassen, so dass die
Legaten sie kennen lernten und eventuell auch copieren lassen
konnten; in anderen Fällen wurden den Legaten von Rom
aus Abschriften oder doch Summarien mitgetheilt. Anderer
seits sind Delfino und im Jahre 1561 seinem Collegen auch
direct von den Legaten Aufträge ertheilt worden, sei es dass
Verständigung zwischen den Legaten und der Curie voraus
gegangen war, sei es dass jene die Nuntien nach eigenem Er
messen instruiren zu sollen glaubten. Kurz es lief in den
Jahren 1561—1563 neben dem Briefwechsel zwischen der
Curie und den Nuntien ein analoger zwischen den Concil-
legaten und den Nuntien einher. Insoweit nun diese Trienter
Nuntiaturen, wie ich sie fortan benennen will, aufbewahrt
worden sind, sind sie der Registratur der Legaten ein verleibt
worden und haben deren Schicksale getheilt: sie finden sich
noch heute in den an das Vaticanische Archiv abgelieferten
und dort in die Concilakten eingestellten Ueberresten jener
Registratur.
Die Concilakten zu benutzen bedarf es einer speciellen
Erlaubniss. Um keine Fehlbitte zu thun, beschränkte ich
mich in meinem ersten Gesuche auf das, was mir damals
nothwendig, aber auch genügend erschien, dass nämlich den
Mitgliedern unseres Instituts gestattet werden möge, sämmtliche
Bände dieser Abtheilung, deren Zahl damals auf etwa 100
geschätzt wurde, darauf hin zu prüfen, ob sie Nuntiaturen
6
IX. Abhandlung: v. Sickel.
enthalten, um dann diese zu copiren oder zu excerpiren. 1 Die
Ermächtigung wurde uns bereitwilligst ertheilt. Abgesehen von
einigen Collectaneenbänden erwies sich das Material leidlich
geordnet, so dass sich auf den ersten Blick erkennen und von
genauerer Prüfung ausscheiden liessen 1. die Bände, welche
gar nicht auf das Tridentinuni Bezug hatten, 2. die, welche
Protokolle der -Sitzungen mit den zu ihnen gehörigen Gut
achten, Voten und dergleichen enthielten, und 3. die Bände
mit Correspondenzen bis zum Jahre 1560. Da uns ja lediglich
der Briefwechsel aus den Jahren 1561 —1563 um der ihm
einverleibten Nuntiaturen willen interessirte, war auch ich der
Meinung, dass nur die ursprünglich oder auch in der Folge für
die conciliare Correspondenz bestimmten Bände und die durch
gehende später entstandenen Sammelbände vermischten Inhalts
zu berücksichtigen seien. Diese Bände allein, welche ich später
aufzählen werde, wurden genau untersucht und beschrieben,
und ihr Inhalt wurde, insoweit die einzelnen Briefe Deutsch
land betrafen, verzeichnet. Waren zu Beginn manche Stücke
auch sofort abgeschrieben worden, so standen wir davon bald
wieder ab. Liess sich doch, bevor der ganze Vorrath über
blickt werden konnte, schwer entscheiden, ob ein Brief ganz
oder auch nur zum Theil in die Edition aufgenommen zu
werden verdiene. Dazu kamen unvorhergesehene Schwierig
keiten. Nur vereinzelt liegen in den Concilakten Risposte der
Nuntien in der Urschrift vor; zumeist sind sie und desgleichen
die andern Stücke der conciliaren Correspondenz blos in ab
geleiteter und vielfach verkürzter Form (es fehlen z. B. häufig
die Namen der Schreiber oder die der Empfänger) auf uns
gekommen. Ueberdies sind zahlreiche Briefe in mehreren Ab
schriften überliefert, welche im Umfang, in der Datirung und
wohl auch in der Fassung differiren. So tauchten immer und
immer wieder die Fragen auf, ob ein Brief zu den Nuntiaturen
1 Seit dem October 1891, in welchem wir zuerst auf das l'ontificat
Pius IV. zurückgriffen, betheiligten sich an dieser Arbeit die Herrn
DDr. Starzer, Mayr, Schneller, Witting, später die Herrn DDr. Steinherz,
und Pogatscher. Die Herstellung der Edition war Starzer zugedacht.
Als dieser 1893 in Folge fester Anstellung zurücktreten musste, über
nahm es 1894 Steinherz, zunächst die Nuntiaturen aus der Zeit Pius IV.
herauszugeben. Von meiner Betheiligung an der Arbeit rede ich gleich.
Römische Berichte. I.
7
gehöre oder nicht, und oh diese oder jene Copie den Vorzug
verdiene, oder mit andern Worten: auch dieses Material bedurfte
kritischer Sichtung.
Das war mir klar geworden etwa um die Zeit, da
Dr. Starzer aus unserem Kreise schied. In Ermangelung eines
Ersatzmannes griff ich, um die uns gestellte grössere und
schwierigere Aufgabe zu lösen, persönlich in die Forschung
im Archive ein. Die bereits vorliegenden Aufzeichnungen
über zahlreiche Bände kamen mir sehr zu statten, mussten
aber, wobei mir Dr. Pogatscher und später Dr. Steinherz
behilflich waren, revidirt und nach mehr als einer Seite hin
ergänzt werden. Es leuchtete mir sofort ein, dass die Unter
suchung, um fruchtbar zu werden, nicht allein auf die Nun
tiaturen aus andern Ländern, sondern auf die ganze (Korre
spondenz der Legaten, d. h. auf ein zwanzigmal umfangreicheres
Material ausgedehnt werden müsse, und es stellte sich in der
Folge heraus, dass, um über gewisse Punkte Aufschluss zu
erhalten, die gesammten Concilakten berücksichtigt werden
mussten, deren es noch viel mehr gab, als bislang angenommen
worden war. Ich habe doch mein ursprüngliches Ziel, die hier
erhaltenen Nuntiaturen in ihrem ganzen Umfange kennen zu
lernen und über ihre Ueberlieferung ins Reine zu kommen,
fest im Auge behalten und habe mir, sobald icb dasselbe er
reicht zu haben glaubte, Halt geboten. Welche Schranken
ich meiner Untersuchung gezogen habe, werde ich noch sagen.
Dass ich die doch noch grosse Arbeit im Vaticanischen Archiv,
in welchem die Arbeitszeit karg bemessen ist, in zwei Wintern
zu bewältigen vermochte, verdanke ich vornehmlich der mir
von zwei Seiten gewordenen Unterstützung.
Die Archivverwaltung hat mir und meinen Genossen, wofür
ich ihr öffentlich Dank sage, stets möglichste Förderung zu
theil werden lassen. Mons ro Ciasca, Mons re Tripepi und Car
dinal Galimberti, welche in den letzten Jahren als Präfecten
des Archivs auf einander folgten, haben in voller Würdigung
meines sich immer mehr erweiternden Arbeitsplanes diese und
jene Schranke beseitigt, welche dessen Durchführung im Wege
stand. Dadurch wurden die Herren Archivare Mons re Wenzel
und P. Deniflc in der Bereitwilligkeit, das Material, dessen ich
bedurfte, aufzusuchen und mir zur Verfügung zu stellen, bestärkt;
8
IX. Abliandlnng : v. Sickel.
wie sehr ich in einem Punkte auf ihre Hilfe und Belehrung
angewiesen war, sage ich in anderem Zusammenhänge. Ihr
Eifer galt übrigens nicht mir, sondern der Sache. Eben hatte ich
beschlossen, mir Ueberblick über die gesammten Akten des Tri-
dentinnms zu verschaffen, und eben hatte ich die Ermächtigung,
sie in vollem Umfange für meine Zwecke auszubeuten, erhalten,
als mir die Kunde von dem Plane der Görres-Gesellschaft wurde,
eine neue Ausgabe der eigentlichen Concilakten zu veranstalten,
ein Plan, welchen die Archivverwaltung nicht allein gutgeheissen,
sondern möglichst zu fördern versprochen hatte: dazu gehörte,
dass in allen Beständen des Archivs nach solchen Concilakten
Umschau gehalten wurde, welche bisher noch nicht in die für
sie bestimmte Abtheilung eingereiht worden waren.
Das Vorhaben der Görres-Gesellschaft gereichte mir auch
sonst zum Vortheil. Von einer Concurrenz zwischen ihren
Sendlingen 1 und mir konnte nicht die Rede sein, denn von den
Acta concilii, welche sie bearbeiten, ist, wie ich später ans
führen werde, der auf das Concil bezügliche Briefwechsel,
welchen allein und sogar in der Beschränkung auf wenige Jahre
ich ins Auge gefasst habe, streng geschieden. Dagegen nahmen
wir uns gegenseitig die Mühe ab, jeden Band daraufhin genau
zu prüfen, ob er der einen oder der andern Kategorie an
gehöre. Jedoch habe ich im Einverständnis mit den neuen
Arbeitsgenossen die zwischen uns im voraus gezogene Grenze
in etwas überschritten. Die ganz eigenthümlichen Schicksale
der Briefsammlungen aus der letzten Periode des Concils auf
zuhellen, musste ich auch einige Handschriften der anderen
Classe in die Untersuchung einbeziehen; andere dieser Hand
schriften fesselten mich durch ihren Inhalt. So werde ich
auch über solche Bände vornehmlich im II. Capitel dieses
Berichtes einige vorläufige Mittheilungen machen, auf die
Gefahr hin, von Professor Kirsch und Dr. Ehses, welche die
selben gründlicher als ich untersucht haben, berichtigt zu
werden.
1 Herr Professor Finke hatte die erste Orientierung begonnen. Herr
Professor Kirsch nahm im Herbst 1894 die eigentlichen Vorarbeiten- in
Angriff, welche dann Herr Dr. Ehses fortsetzte. Mit den zwei Letzt
genannten habe ich Monate hindurch Schulter an Schulter gearbeitet.
Römische Berichte. I.
9
Was dagegen die Bände mit Correspondenz anbetrifft,
so habe ich sie meinem neuen Programm entsprechend sämmtlich,
mochten sie Nuntiaturen enthalten oder nicht oder mochten
sie etwa auch einiges Material aus der Zeit vor Pius IV. bieten,
genauer Prüfung unterzogen und habe Entstehung, Gliederung,
Ueberlieferung und Werth jedes einzelnen Bandes festzustellen
gesucht. Damit habe ich, worauf es mir in erster Linie ankam,
einen sicheren Massstab zur Beurtheilung der eingestreuten
Trienter Nuntiaturen erhalten.
Nebenbei hat die Forschung im Archive, wie ich sie be
trieben habe, mir noch zweierlei Gewinn eingetragen. So
lange ich allein die zwischen der Curie und den Nuntien ge
wechselten, auf uns aber nur unvollständig gekommenen Briefe
zu Rathe gezogen hatte, war mir nicht klar geworden, wie
unter Pius IV. die auswärtigen Angelegenheiten behandelt
worden waren. Erwiesen sich nun die den Concillegaten zuge
sandten Proposte und die von ihnen eingelaufenen Risposte
als den Nuntiaturen ganz gleich und lagen sie mir trotz mancher
Verluste in weit grösserer Anzahl vor, dazu in allen Phasen
der Entstehung und in allen Formen der amtlichen Ueber
lieferung , nämlich als Minuten, Originalausfertigungen und
Registerabschriften, so gewährten sie mir, wie ich im III. und
IV. Capitel ausführen werde, willkommenen Einblick in die
Organisation und die Thätigkeit der massgebenden Kreise,
von denen die Nuntien ebenso wie die Legaten abhingen.
Der zweite Gewinn erwuchs mir daraus, dass ich, um
den noch nicht in die für sie bestimmte Abtheilung einver
leibten Concilakten auf die Spur zu kommen, einerseits deren
Geschicke und andererseits die Geschichte und Gliederung
des päpstlichen Archivs seit dem 16. Jahrhundert verfolgen
musste. Wurde mir auf die zuvorkommendste Weise gestattet,
für solchen Zweck die zahlreichen Indices und Repertorien zu
benutzen, so habe ich aus diesen auch noch manches zu den
Nuntiaturen gehöriges Stück und anderes werthvolles Material
kennen gelernt. Ich werde zum Nutzen Anderer auch über
diese Indices u. s. w. referiren.
Indem ich mich mehr und mehr in das Studium der
conciliaren Correspondenz vertiefte, erinnerte ich mich des
Ausspruches Ranke’s, mit welchem er seinen Excurs über Sarpi
10
IX. Abhandlung: v. Sickel.
und Pallavicino abschliesst, dass die Geschichte des Concils
noch zu schreiben ist, und dass, wer sie schreiben will, um den
Stoff zu erschöpfen von vorne anfangen muss. 1 Willkommener
noch als eine neue Darstellung würde der gelehrten Welt
eine alles Material umfassende Publication sein, welche aller
dings die Mittel und Kräfte eines Einzelnen übersteigen würde
und von einer gelehrten Gesellschaft in Angriff genommen
werden müsste. Die Acta concilii liegen ja schon in der
neuen Ausgabe vor, welche Theiner ohne ausdrückliche Er
mächtigung erscheinen liess. Ihren Mängeln haben wir es
mit zu verdanken, dass jetzt mit Genehmigung der Curie eine
bessere Edition in Vorbereitung begriffen ist. Je zuverlässiger
sie ausfallen wird, um so mehr werden alle Freunde historischer
Wahrheit darnach verlangen, auch über die Entstehung dessen,
was in den Acta zusammengefasst werden wird, durch eine Aus
gabe der die Acta ergänzenden Correspondenzen und Diarien
genau unterrichtet zu werden.
In der Hoffnung, dass es über kurz oder lang zu solchem
Unternehmen kommen wird, habe ich mich, nachdem ich über
die Trienter Nuntiaturen den erwünschten Aufschluss erhalten
hatte, entschlossen, auch über die Concilakten des Vaticanischen
Archivs Bericht zu erstatten, um nicht allein auf diesen Schatz
aufmerksam zu machen, sondern Anregung und Anleitung zur
Hebung desselben zu geben. Ich glaube, dass dazu, obwohl
ich in der Durchforschung des Materials vielfach auf halbem
Wege stehen geblieben bin, die von mir gewonnenen Ergebnisse
ausreichen werden. Um den Plan zu einer Edition zu entwerfen,
wird es noch anderer Vorarbeit bedürfen. Ich habe bestätigt
gefunden, was sich im Voraus vermuthen liess, dass der Bestand
an Concilakten des päpstlichen Archivs an Umfang und Güte
das gesammte Material gleichen Inhalts übertrifft, welches bis
lang als über die verschiedenen Länder und deren zahlreiche
Sammlungen zerstreut bekannt geworden ist. Aber jener Bestand
1 Von Cantü uud von Calenzio wiederholt hat dieser Ausspruch auch in
Italien grosse Verbreitung und Beachtung gefunden. — Ranke’s Zweifel,
dass es zu solchem Unternehmen noch kommen werde, waren, als die
Geschichte der Päpste erschien, wohl berechtigt, sind es aber, so haben
sich die Zeiten geändert, heutzutage nicht mehr: insbesondere steht es
jetzt mit der Zugänglichkeit des Materials weit günstiger als dazumal.
Römische Berichte. I.
11
weist doch grosse Lücken auf, welche mit Hilfe der Yorräthe
in andern Fundstätten ausgefüllt werden müssen und können;
überdies bietet er in manchen Partien nur Material abgeleiteter
Form, während sich die Originalien anderswo erhalten haben.
Es muss also allüberall Umschau gehalten werden, um den
ganzen noch vorhandenen Vorrath und um die je beste Ueber-
lieferung kennen zu lernen. An so weit ausgreifende Arbeit
habe ich nicht einen Augenblick denken können. Ich habe
nur den ersten Schritt thun und mit der Forschung da ein-
setzen wollen, wo es am füglichsten zu geschehen hatte, nämlich
in dem päpstlichen Archive. Dass ich auch dieser, wie ich
schon sagte, gewisse Schranken gezogen habe, hatte wieder
seinen Grund in dem mir bereits bekannten Verhältnisse des
vaticauischen Materials zu dem an andern Orten geborgenen.
Es wäre doch z. B. verlorene Mühe gewesen, einen Band des
päpstlichen Archivs mit Abschriften genau zu untersuchen und
zu beschreiben, wenn noch anderswo die Urschriften zur Ver
fügung stehen. So habe ich auf die Concilakten und ins
besondere die Correspondenz in andern Sammlungen in und
ausserhalb Eom nur in zwei Punkten Rücksicht genommen:
ich habe auf sie, soviel ich von ihnen mehr oder minder sichere
Kunde hatte, gelegentlich hingewiesen, und ich habe mich be
strebt, über die vaticanischen Bände so zu referiren, dass es
leicht werden wird, das Werthverhältniss zwischen ihnen und
den anderswo befindlichen Bänden gleichen oder ähnlichen
Inhalts festzustellen.
Die Beschreibung einzelner Bände behalte ich allerdings
meinem zweiten Berichte vor. In diesem ersten will ich die
erforderlichen Vorbemerkungen und zugleich der späteren
Begründung vorgreifend die Hauptergebnisse meiner Unter
suchungen zusammenfassen. In die so allgemein gehaltene
Orientierung werde ich jedoch hie und da auch Notizen über
diejenigen Handschriften einflechten, welche ich auch in der
Folge nicht eingehend besprechen, aber der Aufmerksamkeit
anderer Forscher empfehlen will. Drei Punkte erledige ich in
Excursen. Im Anhänge zu diesem und den folgenden Berichte
drucke ich auch einige Briefe und Urkunden ab, theils als Be
lege zu meiner Darstellung, theils als Proben des mannigfaltigen
Inhalts dieses Archivfonds. Nach den Concilakten gedenke
12
IX. Abhandlung: v. Sickol.
ich in gleicher Weise die Nuntiaturen aus den Jahren 1560—
1572 zu besprechen, um es dem Herausgeber unserer Ab
theilung der Nuntiaturberichte zu ermöglichen, sich in dem
Referate über die von ihm benutzten Quellen kurz zu fassen.
I. Das Archivwesen der Curie in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts.
Demselben Papste, welchem es gelang, die ConcilVer
handlungen zu glücklichem Abschlüsse zu bringen, wird nach
gerühmt, sich grosse Verdienste um die päpstlichen Archive
erworben zu haben. 1 An Anregung dazu, auch diesen Zweig
der Verwaltung zu reformiren, hat es Pius IV. allerdings nicht
gefehlt. Schon unter seinen Vorgängern waren die historischen
Studien auch in den curialen Kreisen wieder in Aufnahme
gekommen. Unter ihm zeichneten sich in dieser Beziehung
die Cardinäle Vitelli, Amulio, Sirleto aus, welche wieder die
jüngere Generation anspornten und förderten, so Santorio, Cesi,
S. Severina und den allen überlegenen Baronio. Obgleich allen
1 Deren Geschichte ist am besten dargestellt von Gaetano Marini in den
Memorie istoriche degli archivi della s. sede, welche ich vorkommenden
Falles nicht nach der selten gewordenen, vom Cardinal Mai besorgten
Originalausgabe von 1825, sondern nach dem Wiederabdruck von Lämmer
in Monum. Vat. 433—453 citiren werde. Auf Munch’s Buch brauche
ich hier gar nicht und auf Gachard, Les archives du Vatican (1874)
brauche ich nur hie und da Bezug zu nehmen. Dagegen werde ich
mich oft auf zwei Arbeiten des jetzigen Archivcustoden D. Gregorio
Palmieri stützen, auf das kurze Vorwort seiner 1884 erschienenen Ad R.
pontificum regesta manuductio und auf die sehr ausführlichen Prole-
gomena zu den Regesta Clementis V (1885). Allerdings hat D. Palmieri
nur in wenigen Punkten Marini zu ergänzen und zu berichtigen Anlass
gehabt: sein Hauptverdienst besteht darin, dass er die von Marini
citirten Documente zur Geschichte des Archivs veröffentlicht hat, so
auch (Manuductio XXIII und Prolegomena LI) das oben besprochene
Breve Pius IV. von 15. Juni 1565. — Für die Geschichte der Bi
bliothek, soweit ich sie hier zu berühren habe, benutze ich vornehmlich
G. B. de Rossi, La biblioteca della s. sede (Rom 1884) und De origine,
historia, indicibus scrinii et bibliothecae sedis apostolicae (Rom 1886).
— Mit dem Hinweise auf diese Werke will ich mir und dem Leser
die Citate möglichst ersparen. Dagegen werde ich über alle von mir
benutzten handschriftlichen Quellen genau Rechenschaft geben.
Römische Berichte. I.
13
diesen Männern vornehmlich daran gelegen war, die schrift
lichen Denkmäler früherer Jahrhunderte zu sammeln, zu er
halten und auszubeuten, so redeten sie doch auch der Auf
bewahrung jüngerer Archivalien das Wort. Und für diese
trat zu gleicher Zeit, aber weit entschiedener die Schule
päpstlicher Beamten ein, deren hervorragendster Vertreter Mar-
cello Cervini gewesen war: die von ihnen angestrebte Neu
gestaltung der verschiedenen Kanzleien und Secretariate sollte
sich auch auf deren Registraturen und Archive erstrecken.
Zwar hatte Cervini als Papst Marcellus II. in den wenigen
Wochen seines Pontificats die Verwirklichung seiner löblichen
Pläne noch nicht einmal in Angriff nehmen können; er hatte
jedoch zuvor, als er in den Secretariaten und auch in der
Bibliothek diente, junge Männer tüchtig geschult, unter Anderen
Gloriero und Massarello, welche wir als ausgezeichnete Beamte
unter Pius IV. noch kennen lernen werden. Sowohl mit diesen
Männern als mit den Geschichtsforschern der Curie hielt es
nun der Neffe Pius IV., der Cardinal Carl Borromeo, und in
mitten der grossen Aufgaben welche ihn in Anspruch nahmen,
fand er die Zeit, sich auch um gute Geschäftsführung und
Aufbewahrung der Akten zu bekümmern. So von mehreren
Seiten aufgefordert und berathen, ordnete Pius IV. zuerst
die Anlage des Consistorialarchivs an und befahl dann mit
Breve vom 15. Juni 1565 dem Cardinal Amulio, welcher von
seiner Vaterstadt Venedig her mit diesbezüglichen Einrichtungen
vertraut war, ihm behilflich zu sein, tabularium seu archivium
eorum omnium quae ad nos et sedem apostolicam quoquomodo
pertinent ... in palatio nostro Vaticano . . . parare atque in-
struere. Im Zusammenhänge mit diesem Plane, ein Centralarchiv
zu schaffen, steht, dass unter Pius IV. der Transport von Ar
chivalien von Avignon nach Rom wieder aufgenommen und
unter dem Nachfolger fortgesetzt wurde. Weitere Erfolge
scheinen von beiden Päpsten nicht erzielt worden zu sein.
Die Errichtung eines einzigen Archivs für den ganzen Kirchen
staat, welche dem Papste vorgeschwebt hatte, war, wie bereits
Marini bemerkt hat, unausführbar. Gleiches gilt von dem
etwas bescheideneren Plane, welchen Pius V. verfolgte, als er
mit Motuproprio vom 19. August 1568 ein vollständiges und
genaues Inventar aller auf die römische Kirche bezüglichen
14
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Schriftstücke anzufertigen befahl. Abgesehen davon, dass der
Curie damals wichtigere Aufgaben gestellt waren als diese,
so fehlte es noch an den Vorbedingungen und den Kräften, die
Archivfrage in auch nur leidlicher Weise zu lösen. Hatten
somit beide Päpste weit über das Ziel hinausgeschossen, so
kann es uns nicht Wunder nehmen, unter dem Pontificate
Gregor XIII. aus dem Munde eines in diesen Dingen wohl
unterrichteten Mannes zu hören, dass es trotz der Massnahmen
Pius IV. und Pius V. in Wirklichkeit um nichts besser ge
worden, und dass insbesondere noch wenig Fürsorge getroffen
war, das jüngere Aktenmaterial von Amtswegen zusammen
zuhalten und einerseits vor Missbrauch zu bewahren und
andererseits in rechter Weise zu verwerthen.
Der damalige Stand des Archivwesens wird nämlich in
einer 1574 von Giovanni Carga verfassten Denkschrift, betitelt:
Informatione del secretario et secretaria di X. Signore e di
tutti gli officii che da quella dependono 1 wiederholt berührt:
es werden die Schäden desselben geschildert und werden Re
formen vorgeschlagen. Nur die Vaticanische Bibliothek, sagt
Carga, hat der ihr gestellten Aufgabe, die ihr anvertrauten
Schätze zu hüten und auszunützen, entsprochen. Das Archiv
dagegen, dessen Verwaltung in der jüngsten Zeit Vitelli, Amu-
lio und Grassi übertragen war, 2 gleicht einem corpo senza anima,
1 Ueber den Autor s. Excurs I. — Auf den Hauptinhalt der Denkschrift
komme ich im Capitel III. zurück. Hier will ich nur von der hand
schriftlichen Ueberlieferung und dem einzigen Abdrucke in Liimmer,
Monum. Vaticana 457—468 reden. Dieser Abdruck lässt sehr viel zu
wünschen übrig. Aber auch die zwei von Lämmer benutzten Hand
schriften Cod. Urbin. 854 f. 49 und C. Urbin. 859 f. 72 und eine dritte
ihm entgangene, nämlich Cod. Ottobon. 2264, bieten an Fehlern reiche
und vielfacher Emendation bedürftige Texte. So findet sich auch in der
verhältnissmässig besseren Handschrift C. U. 854 an zwei Stellen Pio
quinto statt Pio quarto. Als Probe, wie der Abdruck zu verbessern sein
wird, biete ich hier den Eingang. E veramente... cosa degna di
consideratione . . che tra tanti scrittori . .. nessuno ritenga nome d’haver
scritto della secretaria... et nondimeno il consenm comune ... mostra
. .. che la professione 6 una delle due scale principali etc. Man möge
sich also nicht wundern dass die von mir citirten Stellen zuweilen recht
von denen bei Lämmer abweichen.
2 Vitelezzo Vitelli (Cardinal 1557, stirbt 1568) stand eine Zeitlang zu
gleich der Bibliothek und dem Archiv vor. In ersterem folgte ihm, wie
Römische Berichte. I.
15
morto et in tntto inutile, weil alles vorhandene Material un
geordnet und verschlossen ist. Es thäte Notli dass dem Archivar
gleiche Vollmacht gegeben werde, wie sie Vitelli und wie sie
die Bibliothecare haben di raccogliere scritture appartenenti
a negotii di secretaria, non gik quelle che vivono nella penna
e nelle mani del secretario secreto, ma tutti gli altri registri
et lettere di papi, di legati, di nuntii, di governatori et di
altre persone che hanno servito la sede apostolica, le quali
memorie o sono restate in mano d’heredi o vanno disperse, et
si comprano e vendono publicamente, e li principi forestieri
et molte persone private ne fanno archivii in Roma, e sino
li heretici ne hanno havute copie et falsilicatole et con postille
pernitiosissime stampate. Carga schlägt hier und in andern noch
nicht veröffentlichten Denkschriften eingreifende Neuerungen
vor, Einrichtungen, wie sie in andern Staaten und zumal in
Venedig längst bestehen; insbesondere räth er, die Archive nicht,
wie es seit Pius V. versucht worden war, den protonotarii
partecipanti anzuvertrauen, sondern vielmehr den segretarii
partecipanti mit einem Cardinal an der Spitze; allerdings sei auch
letzteres Collegium einer Reform bedürftig, könne aber, wenn
es zum Archivdienst und zum Studium der Akten angehalten
werde, zu einer Pflanzschule werden für die viri industriosi
quorum opera (R. pontifices) rebus magnis et arduis apostolicae
sedis statum et commodum et orthodoxae fidei incrementum
concernentibus uti possunt. 1
Nach etwa 15 Jahren wird von einem ungenannten,
aber ebenso gut unterrichteten Manne die Verwahrlosung des
päpstlichen Archivs als noch fortdauernd geschildert. 2 Be-
wir gleich sehen werden, 1565 der Cardinal Amulio. Der Bischof von
Montefiascone Carlo Grassi war schon 1568 von Pius V. im Archivdienst
verwendet worden (Marini 1. c. 445), scheint aber erst 1570 nach dem
Tode von Amulio die Oberleitung übernommen zu haben.
1 Citat aus der Constitutio Innocenz VIII. von 31. December 1487, mit
welcher das betreffende Collegium eingesetzt und zugleich der neue
Posten des secretarius domestieus geschaffen wurde: s. S. 40.
2 Beltrami hat im Archivio Romano 2,165 sq. aus dem aus dem Nachlasse
von Felice Contelori stammenden Cod. Vatic. 7763 (Varia ad bibl. Vat.,
vol. II) sehr werthvolles Material zur Geschichte der Archive unter
Urban VIII. veröffentlicht, von dem ich oft Gebrauch machen werde.
Doch bin ich froh, dass ich die Handschrift selbst eingesehen habe.
16
IX. Abhandlung: v. Sickel.
sonders unter Paul IY. sagt er, vernachlässigte man, die Papiere
zu sammeln und in Ordnung zu halten. Damals war nur
Vitelli darauf bedacht, sich auf eigene Kosten ein Archiv an
zulegen; er hatte zu diesem Behufe die Erlaubniss erwirkt,
allerlei auf der Bibliothek und in der Engelsburg abschreiben
zu lassen. Dass sich Vitelli so immer gut unterrichtet zeigte,
gab Pius IY. Anlass, Amulio den früher erwähnten Auftrag
zu ertheilen. Amulio hat sich wenigstens bemüht, unter diesem
und dem folgenden Papste Archivalien zu retten, insbesondere
auch nach dem Tode von Massarello und Vitelli, was sich in
deren Händen befand. 1 Nach ihm erhielt die Bibliothek im
Cardinal Sirleto einen ausgezeichneten Präfecten; das Archiv aber
wurde dem nichts weniger als für das Amt geeigneten Grassi
anvertraut*. Unter ihm und da nach seinem Tode der Posten
unbesetzt blieb, wurden die Akten bald in die Bibliothek, bald
in die Engelsburg, bald in die Guardarobba gebracht und zu
meist dem Zufalle preisgegeben. 2 Alle Versuche Pius V. und
Beltrami hat, wenig mit der Terminologie des Urkunden- und des Arcliiv-
wesens vertraut, die eine und die andere Stelle nicht richtig verstauden.
Er hat es überdies versäumt, einen Auszug aus einer f. 17 beginnenden
Darstellung der Geschichte der Bibliothek und des Archives zu bieten.
Ich kann das hier nicht nachholen, sondern nur einige auf mein Thema
bezügliche Daten herausgreifeu. Doch will ich zugleich den Versuch
machen, die Abfassungszeit zu bestimmen. Gregor XIII. wird als ver
storben erwähnt, aber keiner der Nachfolger wird namentlich angeführt:
also wird der Verfasser unter Sixtus V. oder einem der drei rasch auf
einander folgenden Päpste geschrieben haben. Allenfalls könnte noch
an den Beginn des Pontificates Clemens VIII. gedacht werden, d. li.
an die Zeit, bevor dieser Papst, wie ich später berichten werde, sehr
energische Massregeln zu Gunsten des Archivs ergriff, Massregeln, welche
der Autor noch nicht kennt. Unter den andern als verstorben be
zeichnten Männern, soweit sie mir bekannt sind, ist Sirleto der zuletzt,
nämlich 1585, gestorbene, was ebenfalls auf das Pontificat Sixtus V. hin
weist. Der Autor kennt offenbar Carga’s Denkschrift. Da ihm aber,
was Carga Nebensache war, Hauptsache ist, geht er mehr in Einzel
heiten ein, sowohl wo er über Vergangenes berichtet, als wo er Reform
vorschläge macht. Vielleicht ist Cardinal Cesi der Verfasser.
1 Wenigstens ein Codex aus dem Nachlasse des Letzteren ist mir bisher
im Vaticanischen Archive zu Gesicht gekommen, nämlich Arm. XXXII,
tom. 34, und dieser enthält wirklich zumeist Copien von Papstbullen.
2 Facendo la cera che da molti maneggiata sempre si diminuisce e ne
rimane un poco per tutto; di qui cominciarono molti curiosi ingegui
Römische Berichte. I.
17
Gregor XIII. leidliche Ordnung herzustellen, blieben erfolglos.
Nach wie vor eigneten sich die Erben und Diener der Päpste
Archivalien an. Den Cardinälen könne man allerdings die
scritture delle cose publiche nicht wegnehmen, aber dieselben
sollten verzeichnet und nach dem Tode der Cardinäle zurück
gefordert werden. Die Besitzer der Privatsammlungen (als
solche werden die von Vitelli, Sirleto, Morone, Commendone und
anderen stammende genannt) wären zur Ablieferung von Copien
anzuhalten. Die Minister des Papstes müssten so gut wie der
Datar und Schatzmeister durch eine Constitution verpflichtet
werden, die Akten an das Archiv auszufolgen. Bezeugen
diese und weitere Vorschläge, um Abhilfe zu schaffen, dass
es etwa dreissig Jahre nach dem Concil mit dem Archiv
wesen noch ebenso schlecht bestellt war wie zur Zeit, da Carga
schrieb, so wird es begreiflich, dass selbst die Akten des
Concils von Trient nicht die gebührende Beachtung gefunden
und Schaden erlitten haben, welchen alle späteren Bemühungen
und energischen Massnahmen der Curie nicht wieder ganz
gutzumachen vermochten.
II. Dev Concilsecretär Massarello und die ihm
anvertranten Akten.
Gegen die Geschäftsordnung des Trienter Concils, wie
sie schon bei der ersten Eröffnung dieser Kirchenversammlung
am 18. December 1545 aufgestellt worden war, ist nicht allein
von denen, welche sich fernhielten, Einspruch erhoben worden,
sondern auch von vielen sehr eifrigen Theilnehmern. Aber
die Curie hatte keinen Anlass in diesem Punkte irgendwie
nachzugeben, und so ist durch die drei Perioden des Concils
hindurch derselbe Ordo celebrandi sacrosancti oecumenici et
generalis concilii beobachtet worden. Die beste Aufzeichnung
desselben 1 stammt aus der Feder eines Mannes, der nicht allein
Zeuge aller Verhandlungen von Anbeginn bis zum Schlüsse
a fare particolori raccolte e raolti copisti sono andati vendendole. Be
sonders für den König* von Spanien wurde eine grosse Sammlung an
gelegt.
1 Theiner, Acta genuina 1, 1—13.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXI1I. Bd. 9. Abli. 2
18
IX. Abhandlung: v. Sickel.
gewesen ist, sondern kraft seiner Stellung als Secretär des
Concils wesentlich dazu beigetragen hat, dass an der Geschäfts
ordnung nicht gerüttelt worden ist und dass auch die Akten
des Concils in stets gleicher Weise geführt worden sind. Als
Autor und Verwahrer des grössten und wichtigsten Theiles
der Concilakten verdient dieser Mann, Angelo Massarello, dass
ich hier einige Beiträge zu seiner Biographie biete. 1
In den Vaticanischen Concilakten fand ich bisher Massarello
zum ersten Male als Adressat eines Briefes genannt, welchen
der Cardinal Santa Croce, d. i. Marcello Cervini am 10. April
1543 aus Piacenza an ihn nach Rom sandte. 2 Der Cardinal
erscheint da als Patron seines Landsmannes Massarello und trägt
ihm unter anderen auf: scrivete con diligentia il Registro di Gre-
gorio; offenbar beschäftigte Cervini seinen Familiären auf der
damals von ihm verwalteten Bibliothek. 3 Er hat, als er, von
Paul III. immer mehr begünstigt, zum Protonotar und weiter
zum Secretär des Cardinalnepoten Alessandro Farnese empor-
1 Eine eigentliche Biographie zu liefern, hätte ich die Geschichte des
Concils auch in den früheren Perioden genau verfolgen und zweitens
das archivalische Material aus den Jahren 1561 —1563 ebenfalls mehr
ausnützen müssen, als ich es bisher vermochte. Augenblicklich liegt
mir nur daran, den Antheil Massarello’s an der Erhaltung der Akten
festzustellen. Die Mittheilung diesbezüglicher Notizen wird mir aber
auch Gelegenheit geben, auf einzelne Bände des Vaticanischen Archivs
hinzuweisen’, welche weitere Aufschlüsse über Massarello bieten. —
Bevor ich im 5. Capitel über die Abtheilung der Concilakten aus
führlich berichte, möge Folgendes zur Erklärung meiner Citate dienen.
Die Concilakten pflegen als in den Armarien LXII und LXIII der Haupt
abtheilung des Geheimarchivs stehend bezeichnet zu werden. Sie bilden
jetzt eine Serie von 151 Bänden. Der Kürze wegen gebe ich die
Armarien nicht an, sondern nur die Ordnungszahl des tomus.
2 Tom. 139 und 140 enthalten von Confalonieri gesammelte Briefe an
oder auch von Massarello. Diese Briefe reichen, wenige ausgenommen,
nur bis 1559. Besonders reichhaltig ist die Correspondenz bis 1552 und
besonders ausgebreitet ist sie während des Verweilens Massarello’s auf
dem Concil. Nur wenige vom Cardinal von Mantua 1561 auf der Reise
nach Trient geschriebene Briefe finden sich in tom. 139, f. 267 ff. ein
geschaltet.
3 Rossi, Bibi, della sede apost. 45. — In der Denkschrift des Cod.
Vat. 7763 heisst es, dass der Cardinal sich bei seinen vielen Geschäften
bediente dell’ indefesa lettione di Sirleto . . . e della penna del Massarello.
Römische Berichte. I.
19
stieg, Massarello auch in die Geschäfte des Secretariats ein-
geführt und hat in ihm einen sehr gelehrigen und gewissen
haften Schüler gefunden. So nahm er ihn auch als seinen
Gehilfen mit, als er sich 1545 als einer der Cardinallegaten
nach Trient begab. Auch der erste Legat Cardinal dal Monte
kannte Massarello seit lange und war ihm stets gnädig ge
wesen. 1 So geschah es, dass, als die Besetzung des wichtigen
Secretärpostens auf allerlei Schwierigkeiten stiess, 2 Massarello
erst provisorisch und dann definitiv zum Concilssecretär be
stellt wurde: als solcher unterfertigte er schon das Protokoll
der sessio I. 3 Von der staunenswerthen Thätigkeit, welche
Massarello in dieser Stellung entfaltet hat, zeugen noch heute
die in grosser Zahl erhaltenen Bände von Akten jeder Art,
Diarien und Briefen, welche er eigenhändig geschrieben hat. 4
Seine Verdienste wurden auch reichlich belohnt, als seine beiden
Gönner dal Monte und Cervini nach und nach den päpstlichen
Stuhl bestiegen. Schon unter jenem, also unter Julius III.,
finden wir im Ruolo di fainiglia Massarello mit anderen Beamten
des Geheimsecretariats unter den gleich auf die Prälaten fol
genden extra-ordines aufgezählt. Er scheint damals und auch
in der Folge wenigstens einen Theil der Concilakten in Ver
wahrsam gehabt und sie durch Sammlung verwandten Materials
bereichert zu haben. 5 Er hatte dem Papste, als dieser das
Concil wieder eröffnen wollte, über den Stand der einzelnen
1 Briefe des Cardmals an Massarello finden sich ebenfalls in tom. 139. 140.
2 Pallavicino VI, 1; in dem hier citirten Briefe der Legaten vom S. Februar
1546 wird Massarello ein glanzendes Zeugniss ausgestellt.
3 Tlieiner, Acta gen. 1, 29, wo er noch nicht wie die zwei anderen Sub-
scribenten als Geistlicher erscheint. Wann er in den geistlichen Stand
getreten ist, weiss ich noch nicht zu sagen. Ich vermuthe, dass es erst
zwischen 1548 und 1550 geschah.
4 Ueber die Protokollführung belichtet Paleotto (edit. Mendham 26):
sententias qua poterat celeritate secretarius notis excipiebat atque in acta
redigebat; idem et aliis cuiuscumque arbitratu licebat, sed auditor
rotae praesertim singula calarno ex plumbario lapide diligenter colligere
atque in commentariolum referre solebat. — Ueber Massarello’s Antheil
an der Schlussredaction der Canones, über seinen Stil u. s. w. s. Lago-
marsini in Epist. Pogiani 3, 99. — Auf das Diarium Massarello’s komme
icli später zurück.
6 Vorläufig verweise ich auf den von Friedeusburg, Nuntiaturberichte 3, 20
beschriebenen Codex.
2*
20
J\\ Abhandlung: v. Sicke 1.
Fragen zu berichten. Und vollends, nachdem er in der zweiten
Periode wieder als Secretär des Concils functionirt hatte, war
und blieb er sozusagen der ständige Referent in allen auf
das Concil bezüglichen Angelegenheiten. Mehrmals bis in das
Jahr 1559 hinein finde ich ihn auch amtlich bezeichnet als
secretario del s. concilio, d. h. wie dieses als nur vertagt be
trachtet wurde, behielt es auch die ihm einst zugewiesenen
Beamten. Damals freilich unter Paul IV. war vom Wieder
zusammentritt der Kirchenversammlung nicht ernstlich die Rede.
Aber Massarello als sehr geschickter und gewissenhafter Be
amter stand auch bei diesem Papste in besonderer G-unst: er
wurde als einer der vertrauten Secretäre vielfach verwandt
und wurde 1557 zum Bischof von Telese ernannt. 1
Als sich Pius IV. entschloss, es nochmals mit einem Concil
zu versuchen, trat Massarello wieder in den Vordergrund. Aber
da der Papst vorerst aus Rücksicht auf Deutschland und Frank
reich das wiederum nach Trient einberufene Concil nicht als
die Fortsetzung des früheren bezeichnen durfte, musste auch
Massarello, obwohl er noch immer als secretarius concilii ge
golten hatte, von Neuem zum Secretär ernannt werden. 2 Es
1 Huolo di fainiglia des P. Pius IV. 43. — Ieli trage hier nach, dass ich
inzwischen das dort S. 6 angeführte Werk Garampi’s kennen gelernt
habe. Von demselben sind in 4° gedruckt worden 168 Seiten des Textes
und 336 Seiten des Appendice di documenti; das Titelblatt fehlte noch,
als der Druck eingestellt wurde, so dass das Werk nur nach der Ueber-
schrift auf der ersten Seite als Saggi di osservazioni sul valore delle an-
ticlie monete pontificie citirt werden kann. Im Anhang wird eine vor
treffliche Auswahl von Urkunden aus den Jahren 1300—1600 geboten,
welche durch ausserordentlich inhaltreiche Noten illustrirt werden: es
werden hier unter anderen ganze Reihen der Inhaber einzelner Aemter
geboten. Aber meine einstige Vermuthung, dass Garampi ein Familien
rotel Gregor XIII. zur Verfügung gestanden habe, trifft nicht zu; seine
zahlreichen Angaben über Familiäre dieses Papstes gehen auf andere
Quellenschriften zurück. Für die Zeit Pauls IV. hat er besonders das
Diarium Angeli Massarelli benutzt, nach welchem er S. 266 ausführlich
über dessen Secretariat handelt und da auch die Biographie des mir
früher noch unbekannten Giovanni de la Casa segretario domestico per
le lettere italiane einflicht.
2 Ich berichte hier über tom. 146, der erst in jüngster Zeit mit neuem
Einband versehen, dabei aber nicht gut geordnet worden ist. Auf
f. 7—22, 1—6 (also gleich am Anfang sind die Blätter verbunden) findet
sich ein Registro di lettere al nuntio di Venezia von 1550. Es folgt
Römische Berichte. I.
21
ist bekannt, dass der Papst, um jeden Verdacht gegen seine Ab
sichten zu beheben, alle vorbereitenden Schritte zu beschleunigen
suchte: 1 so musste Massarello schon am 11. März Rom verlassen
und traf, obwohl er zuvor noch in Venedig Einkäufe zu machen
hatte, bereits am 26. in Trient ein; mit ihm der gleich ihm aus
S. Severino stammende und schon damals in seinem Dienste
stehende Astolfo Servantio. 2
allerlei Material zur Geschichte des Concils in der zweiten Periode, unter
anderen zahlreiche Voten der Väter im Original, ferner aus denselben
Jahren ein Minutenregister des Massarello und diesem vorausgehend ein
Fragment glichen Inhalts von 1554. Hieran schliesst sich dann eine
Sammlung von Aktenstücken zur Geschichte des Concils von 15G1—1563
an: bunt untereinander Originale, Copien und auch Drucke; hervorzu
heben sind einerseits scritture pertinenti al concilio in Germania 1561
(damalige Sendung Delfins) und andererseits die auf die Einberufung
bezüglichen Urkunden im Original. Hier also die von allen Cardinälen
mitunterfertigte Consistorialbulle vom 29. November 1560 (Ann. eccl.
1560, Nr. 69) und eine Reihe von Bestallungsbriefen in Form von
Breven, deren Daten Beachtung verdienen. Zuerst nämlich (18. Jänner
1561) wurde Thomas episcopus Cavensis zum Commissarius ernannt und
acht Tage später der ihm untergeordnete forrerius seu hospitiorum
curator: als Quartiermacher mussten sie allen voraneilen und trafen that-
sächlich schon am 24. Februar in Trient ein. Am 4. März wurden mit
Breven ernannt der secretarius, promotor, magister ceremoniarum und
depositarius, endlich auch die zwei notarii. Erst sechs Tage später
wurde das Breve an die Cardinäle Puteo, Mantua, Seripando, Hosio,
Simonetta als an nostri et apostolicae sedis legati a latere erlassen. An
dere hier befindliche Breven aus den folgenden Jahren werde ich später
zu citiren Anlass haben. — Weitere Originalbreven an die Legaten,
welche unter anderem die Lecture häretischer Bücher und den Verkehr
mit Häretikern betreffen, finden sich in tom. 134.
1 Vgl. Sickel, Aktenstücke zur Geschichte des Concils von Trient Nr. 106,
109 u. s. w.
2 Siehe dessen Diario, tlieilweise abgedruckt von Düllinger, Ungedruckte
Berichte und Tagebücher zur Geschichte des Concils 2, 51. — Neben
diesem Drucke benutze ich die Vaticanische Handschrift tom. 84, welche
auch Pallavicino Vorgelegen hat.
Die dies adventus sind ja vielfach und insbesondere auch in den
Acta concilii verzeichnet worden. Dennoch will ich hier auf einen
alten, in tom. 8, f. 163 eingehefteten Druck aufmerksam machen,
welcher diese und-andere beachtungswerthe Angaben bietet. Der Titel
lautet: Particolar notamento nel quäle s’ha piena e fedele cognitione di
tutti i nomi. .., del giorno che vi giunsero e del numero de’ servitori
e cavalcature che lioggi di vi si tengono .. . In Riva di Trento 1562.
22
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Als erster von den Legaten sollte, wie wir später sehen
werden, der Cardinal von Mantua womöglich gleich nach Ostern
(6. April) in Trient eintreffen: ihm wurde am 22. März vom
Papste und Tags darauf vom Cardinal Borromeo geschrieben
(s. Anhang Nr. 1 und 2), dass er, wenn er des Ratlies bedürfe,
sich u. a. auch an den Bischof von Telese halten solle: il quäle
b informatissimo et molto versato in queste cose. Schon zwei
Tage vor Einlauf dieser Briefe hatte sich der Cardinal von
Mantua aus 1 an Massarello mit der Bitte um Unterstützung
gewandt, um auf die ihm in Trient bevorstehende Begrüssung
die rechte Antwort ertheilen zu können. Wie hier, wo es sich
nur um eine Formalität handelte, so befanden sich die Le
gaten vollends, als nach geraumer Zeit die Congregationen und
Sessionen begannen, in gewisser Abhängigkeit von dem ihnen
an Erfahrung überlegenen Concilsecretäre. Nur in einem Palle
jedoch, soviel ich weiss, ist es zu einem Conflicte zwischen
ihnen und dem Secretär gekommen. Die Legaten wollten den
zahlreichen Procuratoren deutscher Bischöfe kein Stimmrecht
einräumen. Massarello aber liess in der Congregation vom
20. Juli 1562 zwei derselben zur Abstimmung zu, und zwar
auf Grund einer einst von Paul III. zu Gunsten der deutschen
Prälaten getroffenen Entscheidung. 2 Es war damit eine Frage
Unter allen mir bisher zu Gesicht gekommenen Verzeichnissen der auf
dem Concil anwesenden Personen ist dieses das ausführlichste, da auch
die Theologen, die Unterbeamten, die Sänger u. s. w. alle mit Namen
und Angabe der Heimat aufgeführt werden. Es ist ein förmlicher Concil-
Rotulus, im Sommer 1562 angelegt. Aus den bis zu den Bischöfen
hinabreichenden Angaben über die bocche und die cavalli eines jeden
hebe ich folgende hervor: Card, von Mantua b. 160 c. 20 — C. Seri-
pando b. 50 c. 15 — Osio b. 60 c. 15 — Simonetta b. 60 c. 10 —
Altaemps b. 70 c. 22 — Card. Madruzzio b. 93 c. 20. —■ Unter den
Erzbischöfen hat der von Prag das grösste Gefolge (b. 30 c. 8) und der
von Zara das geringste (b. 7 c. 1). Von Bischöfen traten am statt
lichsten auf Drascovicz von Fünfkirehen (b. 23 c. 4) und Rettinger von
Lavant (b. 20 c. 6). Massarello hat b. 13 c. 1. Mit diesen Angaben
vergleiche man die über Besoldung und Provisionen, welche ich in
anderem Zusammenhänge biete.
1 Brief vom 26. März im Anhang Nr. 3. — Die Antwort Massarello’s vom
30. März im Gonzaga-Archiv zu Mantua, Busta 1938.
2 Breve vom 5. December 1545 in Theiner, Acta gen. 1, 25; dazu Pallavi-
cino VI, 2 Nr. 6. — Ueber die Geschehnisse im Jahre 1562 s. Pall. XVIII,
Römische Berichte. I.
23
von grossei’ Tragweite aufgeworfen, weshalb mehrere italienische
Bischöfe sofort gegen das Vorgehen des Secretärs Verwahrung
einlegten. Den Legaten blieb, da Massarello auf seinem Stand
punkt verharrte, nichts übrig, als zunächst jene Facultät zu -
suspendiren und dann von Pius IV. eine förmliche ßevocation
des Breves Paul III. zu erwirken. Was aber Massarello betraf,
so hatten die Legaten schon auf ihren ersten Bericht von Borro
meo die Antwort erhalten: 1 S. S t; ' haverebbe voluto che il ve-
scovo di Tilesio prima che pigliare i voti di quei due procuratori,
n’ havesse detto una parola a le SS. VV. Ill mo , et perö lei sara
contenta farli in nome di S. S li un poco d’admonitione, per che
sia piu cauto in Tavvenire et habbia loro il rispetto che si
deve. Das gute Einvernehmen zwischen den Präsidenten und
dem Secretär war übrigens bald wieder hergestellt. Und auch die
Curie trug Massarello weder diese Eigenmächtigkeit nach, noch
dass er sich gelegentlich freimüthig über das Concil äusserte. 2
Dagegen wurden von den Concilvätern mancherlei Klagen
gegen den Secretär erhoben. 3 Nach Musotti war schon im
14 Nr. 12 und Servantio in Döllinger 2, 52; sie werden in den von
Tlieiner edirten Acta nicht erwähnt, dagegen mehrfach in der Corre-
spondenz mit Rom. — Jenes Breve Paul III. und das Pius IV. vom
26. August 1562 (quo revoeatur aliud breve Pauli III. quo coneedebatur
facultas praelatis Germaniae comparendi in concilio per proeuratorem)
in tom. 146.
1 Brief vom 29. Juli 1562 in Nunziatura di Germania 4, f. 303.
2 In tom. 146 fand ich einen Brief vom 21. Jänner 1563, in welchem
Massarello dem Cardinal Borromeo bei Zusendung der letzten Voten
über das decretum de residentia (Tlieiner, Acta gen. 2, 229) schrieb:
lunedi si fini P esaminatione del decreto della residentia, et con questa
sarä il summario di voti che restano dopo quelli che mandai all! giorni
passati; hora li deputati attendono a rassettarne un altro: piaccia a Dio
che habbiano meglior mano che non si 6 liavuta nel passato. — Ich
weiss nicht ob Massarello auch sonst Glossen zu den von ihm ein
gesandten Decreten und Voten gemacht hat, da ich noch nicht die Zeit
gehabt habe, die sehr zerstreuten Bruchstücke seiner Correspondenz
genau zu durchforschen.
3 Auch hier erkläre ich, den Dingen noch nicht genügend nachgegangen
zu sein, um selbst über Massarello’s Verhalten ein Urtheil fällen zu
können. Aber um die Stellung desselben zu kennzeichnen, kann ich die
ihm gemachten Vorwürfe nicht mit Stillschweigen übergehen. Be
mängelt wurde insbesondere das Eiusammeln und Protokolliren der
Voten. Wie dabei sowohl in den Sessionen als in den verschiedenen
24
IX. Abhandlung: v. Sickol.
Juni 1562 der Bischof von Castellanetta, welcher den damals
kranken Massarello vertrat, beschuldigt worden durch die Frage
stellung die Abstimmung beeinflusst zu haben. 1 Im Jänner 1563
wurde dann Massarello selbst vom Cardinal von Lothringen
vorgeworfen, die Voten nicht richtig aufgezeichnet zu haben,
und bei diesem Anlass wurde die Forderung erneuert, dass
mehrere Secretäre, und zwar verschiedener Nationalität zu er
nennen seien. 2 Dass Massarello schon seit lange von schmerz
haftem Leiden heimgesucht und in seiner Thätigkeit behindert
wurde, kam solcher Forderung zu statten. Aber schon um
den Schein zu vermeiden, dass an seiner Glaubwürdigkeit und
Zuverlässigkeit gezweifelt werden dürfe, wollten die Legaten
keine anderen Secretäre neben ihm bestellen. 8 Als Massarello
sich im Juni einer Operation unterziehen musste, beschränkten
sich die Präsidenten darauf, einen neuen Stellvertreter, nämlich
den Bischof von Campagna, zu bestellen und ihm überdies in
der Person des Veroneser Canonicus Adam Fumano einen Ad-
juncten zu geben. 4 Der Bischof von Telese genas doch noch
Congregationen vorgegangen werden sollte, besagt der Ordo bei Tlieiner
1, 5 sq. — Massarello selbst gab am 7. November 1562 eine sehr
bestimmte Erklärung über die Glaubwürdigkeit der von ihm nieder
geschriebenen Acta ab (Theiüer 2, 166). Bekanntlich ist lange darüber
gestritten worden, ob die bischöfliche Gewalt de iure divino sei oder
nicht. Da man sich nicht einigen konnte, hatte Seripaudo vorgeschlagen,
die betreffenden Worte ganz fallen zu lassen. Unter den Spaniern, welche
sich dagegen sträubten, behauptete der Bischof von Segovia, dass damit
ein bereits unter Julius III. gefasster Beschluss umgestossen werde. Um
diese Behauptung zu entkräften, wurden li atti proprii di quel concilio
che sono autentici in mano del vescovo di Thilesio (s. Döllinger 2, 31
und 44; Pallavicino XVIII, 16) zu Käthe gezogen. Das gab Anlass zu
der geharnischten Erklärung des Secretärs, welcher unter Berufung darauf,
dass seine Aufzeichnungen von den Notaren und dem Präsidenten be
glaubigt worden seien, mit den Worten schloss: verum si mihi in actis
concilii non crederetur, cui crederetur?
1 Döllinger 2, 16. — Gegen Musotti erklärt sich Pallavicino XVI, 12 Nr. 10.
2 Pallavicino XIX, 14 Nr. 2; XX, 4 Nr. 2, 9 Nr. 1, XXI, 3 Nr. 17 u. s. w.
Die Legaten selbst bezeichneten es als Anomalie, dass der Posten von
einem Bischöfe bekleidet wurde.
3 Vgl. Sichel Nr. 260 und den in der Anmerkung angeführten Brief der
Oratoren an den Kaiser vom 18. Juni.
4 In Theiner, Acta gen. finde ich Massarello zuletzt am 2. Juni 1563 (2, 288)
genannt und den vicesec.retarius episc. Campaniensis zuerst am 7. Juni
Römische Berichte. I.
25
einmal und konnte gerade in den letzten Wochen des Concils
wieder in volle Thätigkeit treten. Ich werde gleich zu erzählen
haben, wie und wann er von Trient aufgebrochen ist und wie
er in Rom bis zu seinem Tode (17. Juli 1566) sich der Sache
des Concils gewidmet hat.
Da Massarello im März 1561 seine Reise nach Trient be
schleunigen musste, folgte sein Gepäck erst später nach. 1 In
einem auf dessen Transport bezüglichen Schreiben ist die Rede
von due casse piene di scritture et altre robbe di Mons. de Thi-
lesio; offenbar sind damit die Concilakten der früheren Perioden
gemeint, welche der Secretär in Trient benöthigte, und welche
er, wie ausdrücklich berichtet wird, 2 dort zur Hand hatte. Um
sich eine rechte Vorstellung zu machen, bis zu welchem Um
fange diese Akten in den Jahren 1561—1563 anwachsen mussten,
muss man sich vergegenwärtigen, was dem Concilsecretär, um zu
nächst nur dessen Registratur zu berücksichtigen, aufzuzeichnen
und aufzubewahren oblag. Es hat nämlich, so lange das Concil
getagt hat, in Trient und in Rom die Absicht bestanden, was
öffentlich verhandelt worden war, auch uneingeschränkt und
vorbehaltlos zu publiciren. Zu diesem Zwecke hat Massa
rello damals wie in den früheren Jahren alle der Kirchen
versammlung zugegangenen Schriftstücke gesammelt und alle
mündlichen Verhandlungen aufgezeichnet. Was nach seinem all
seitig gebilligten Plane in die Acta concilii aufgenommen werden
(294). Obwohl in der sessio VII vom 15. Juli «anstatt des episc. Tele-
sinus . . . secretarius adversa v«aletudine impeditus wieder der Bischof
von Castellanetta die eingelaufenen Breven u. s. w. vorlas, hat doch
Massarello (312) unterfertigt. Dann aber erscheint regelmässig vom
24. Juli bis 10. November der episc. Campaniensis als vicesecretarius
oder prosecretarius. Fumano fand ich in dieser Ausgabe nie. Dass
aber «auch er neben dem Bischof von Campagn«a Aufzeichnungen ge
macht hat, geht aus dem Berichte Beccadelli’s in Monumenti di väria
letteratura 2, 135 (dazu Mendham 621) hervor. Mit Hilfe des hand
schriftlichen Materials wird sich hoffentlich genau feststellen lassen, wer
jedesmal thatsächlich «als Secretär fungirt hat.
1 Zwei auf diese Reise bezügliche Patente im Anhänge Nr. 4 und 5. Zum
ersten vergleiche, was Rübsam, Job. Bapt. von Taxis (Freiburg 1889) 212
über die Personenbeförderung s.agt. Auch das zweite Schreiben scheint,
mir als altes Beispiel eines Laissez-passer der Veröffentlichung wertli.
2 Instruction der Legaten für den nach Rom ges«andten Visconti vom 26. De-
cember 1562 in Düllinger 2, 44.
26
IX. Abhandlung: v. Siclcel.
sollte, 1 wird wenigstens annähernd aus der Theiner’sehen Aus
gabe ersichtlich. Zuvörderst alles, was sich auf die Wiederein
berufung des Concils und die Vorbereitungen zu demselben bezog.
Dann alles, was in den Generalcongregationen und Sessionen
zur Sprache gekommen war, von der Einbringung der Propo
sitionen an bis zur Feststellung des Wortlautes der Decrete. 2
Dieser Theil der Acta war nicht allein der wichtigste, sondern
auch der umfangreichste, denn er begriff in sich sämmtliche
von aussen her eingelaufene und den Mitgliedern mitgetheilte
Briefe und Vorlagen, 8 ferner sämmtliche innerhalb der Ver
sammlung entstandene Vorschläge und Gutachten, des weitern
die Abstimmungslisten und die ausführlichen Voten. Dazu kamen
endlich Berichte über kirchliche und ausserkirchliche Festlich
keiten und sonstige das Concil berührende Vorkommnisse. Natür
lich sollte in die schon in Trient vorbereitete Schlussredaction
der Acta das in Betracht kommende Material nur abschriftlich
eingeflochten werden. Die Originale eingelaufener Briefe, die
Minuten abgesandter Schreiben, die Gutachten oder Voten in
der ursprünglichen Form und vieles Andere erlagen in der Regi
stratur des Secretariats, desgleichen zahlreiche Schriftstücke,
welche, ohne geheimgehalten werden zu sollen, doch nicht zur
Verlesung gekommen waren und daher nicht in die für die
1 Dafür, dass doch in einzelnen Fällen die Meinungen zweiten, führe ich
folgendes Beispiel an. In tom. 114 (einst signirt A und so von Palla-
vicino IX, 17 Nr. 2 If. citirt) liegt eines der Exemplare der von Massa-
rello veranstalteten Reinschriften der Acta concilii vor. Ist nun hier
f. 504 aufgenommen die Responsio episcopi Feltrensis (d. h. Th. Cam-
peggio, conf. Pall. IX, 20 Nr. 4) ad obiecta in protestatione imperatoris
contra translationem e Tridento etc., so hat eine gleichzeitige Hand am
Rand bemerkt: hoc non pertinet ad acta concilii, quia fuit responsum
privatum.
Auch die Protokolle der Congregationes theologorum (s. z. B. Theiner 2,
7—38) scheinen zur Aufnahme bestimmt gewesen zu sein. Dagegen ist über
andere Congr. particulares und über Deputationes nur in gewissen Fällen
(ib. 295, 334 u. s. w.) in Kürze referirt worden. Wie es Massarello mit
diesen halten wollte, wird erst genaue Untersuchung der mehrfachen
und sich nicht in allen Theilen deckenden Exemplare des Vaticanisclien
Archivs ergehen, eine Untersuchung von der ich ganz abgesehen habe.
3 Theiner, Acta gen. 1, 066 veranschlagt die hier eingeflochtenen und auch
von ihm noch nicht edirten Briefe aus den letzten Jahren auf etwa
hundert Stück.
Römische Berichte. I.
27
Oeffentlielikeit bestimmten Acta aufgenommen wurden. Danach
lässt sich ermessen, wie reichhaltig und umfangreich mit der
Zeit die Massarello unterstehende Registratur 1 geworden war.
Hier will ich ausführen , was ich in der Einleitung S. 8
nur angedeutet habe, dass die Concilakten in zwei von Anbeginn
an gesonderte Gruppen zerfallen. Was ich soeben als der Obhut
des Secretärs anvertraut aufgezählt habe, bildet die eine Gruppe,
welche ich die der eigentlichen Concilakten nenne. Die andere ist
dadurch entstanden, dass die über und zugleich neben dem Concil
stehenden Legaten oder Präsidenten, denen es unter anderen
oblag den Verkehr nach aussen, in erster Linie mit der Curie,
dann aber auch mit den Fürsten und deren Oratoren, mit den
Nuntien u. s. w. zu pflegen, behufs Erledigung ihrer, wie es
heisst, negotia secreta einen besonderen Secretär bestellt hatten,
welcher auch seine eigene Registratur hatte. Die sich hier
ansammelnden Akten könnte man zum Unterschiede von den
zuvor erwähnten die Präsidialakten nennen. Aus zwei Gründen
behalte ich jedoch die schon eingebürgerte Bezeichnung: con-
ciliare Correspondenz bei. 2 Sie passt nämlich gut auf den ein
stigen Bestand dieser zweiten Trienter Registratur, in welcher
vornehmlich Briefschaften aufbewahrt wurden, 3 und sie bietet
den Vorth eil, dass sie dehnbar ist. Es kommt hier in Betracht,
dass unter dem Präsidium die Gesammtheit der Legaten zu
verstehen ist, und dass nur die von der Gesammtheit aus
gegangenen oder an sie gerichteten Schreiben, d. h. nur die
1 Dass sie ihm unterstand, wird auch dadurch bezeugt, dass in einige
Bände dieser Amtsregistratur, wie z. B. in tom. 134 u. 146, auch Privat-
correspondenz Massarello’s gerathen ist.
2 Ich rede hier und in der Folge immer nur von zwei Gruppen, den
eigentlichen Concilakten und der conciliaren Correspondenz. Mit ihnen
ist aber weder was von Concilakten überhaupt überliefert worden ist,
noch was von ihnen im Vaticanischen Archiv in die betreffende Ab
theilung eingestellt worden ist, erschöpft. Das Ein- und Ausgabebuch
des Cassiers des Concils (s. S. 29) z. B. kann weder der einen noch der
andern Gruppe zugerechnet werden. Das Gleiche gilt von den Diarien.
Letztere haben Kirsch und ich beiderseits in unsere Arbeit mehr oder
minder einbezogen. Ob sie in die Publication der Görres-Gesellschaft
aufgenommen werden sollen, ist noch nicht entschieden.
3 Noch mehr passt sie auf die jetzigen Ueberreste derselben, welche fast
nur noch Briefe aufweisen.
IX. Abhandlung: v. Sickel.
sogenannten litterae in commune in der Präsidialregistratur ge
sammelt worden sind. Daneben läuft aber die particulare Corre
spondenz eines jeden der Legaten einher, für welche diese
auch wieder eigene Secretäre und Custoden hatten. Amtlicher
Charakter kommt nicht allein ihr zu, sondern auch der Corre-
spondenz, welche Specialgesandte der Curie einerseits mit dieser
und andererseits mit den Legaten geführt haben. An diese
schliesst sich endlich mannigfaltige halbofficielle und private
Correspondenz über die Verhandlungen der Kirchenversammlung
an, welche gleichfalls als werthvolles Material auf bewahrt und
von der Forschung bereits vielfach benutzt worden ist, aber
noch weitere Beachtung verdient. Wie alle auf das Concil
bezüglichen Briefe ohne Rücksicht auf die Stellung des Ab
senders und des Empfängers im Vaticanischen Archive in eine
Abtheilung vereinigt worden sind, so will auch ich sie unter
der Bezeichnung conciliare Correspondenz zusammenfassen.
Allerdings gedenke ich in diesen Berichten die amtliche
Correspondenz allein eingehend zu besprechen, und so will ich
auch hier nur an ihr ausführen, worin sie sich von Anbeginn
an von den eigentlichen Concilalcten unterschieden hat. Letztere
haben eine einheitliche Masse gebildet und haben einen Herrn
und Hüter gehabt. Dagegen zerfiel selbst die amtliche Corre
spondenz, indem die Briefe nach der damals vorherrschenden
Auffassung als Eigenthum der Absender oder Empfänger, even
tuell sogar der Dictatoren betrachtet wurden, in zahlreiche
Gruppen, deren jede ihre eigenen Wege ging, bis sie entweder
der Vernichtung anheimfiel, oder bis sie glücklicherweise noch
gerettet wurde. Wir müssen die Bruchtheile dieser Correspondenz
erst auseinanderhalten und genau kennen lernen, bis wir die
Schicksale einer jeden zu verfolgen vermögen. Nur wie es
sich thatsächlich mit der Erhaltung der Correspondenz im All
gemeinen und andererseits mit der der eigentlichen Akten ver
hält, will ich gleich hier sagen. Die letzteren erliegen so gut
wie in ihrem ganzen Umfange, d. h. aus allen Perioden des
Concils im päpstlichen Archive: das ist dem zu danken, dass sie
von jeher als Eigenthum der Curie galten, von dem ständigen
Secretär Massarello zusammengehalten und nach dessen Tode
im Grossen und Ganzen abgeliefert wurden. Dagegen ist von
der conciliaren Correspondenz nur der letzte, aus den Jahren
Römische Berichte. I.
29
1561—-1563 stammende Theil in die päpstlichen Archive ge
kommen, allerdings erst nach und nach und nicht im ganzen
Umfange. Dass die Correspondenz aus den früheren Jahren
theils nach Neapel und Parma (carte Farnesiane), theils nach
Florenz (carte Cerviniane) gerathen ist, haben bereits Druffel,
Theiner, Friedensburg u. a. bemerkt und richtig erklärt. Ich
hatte diesen Schätzen nachzugehen keinen Anlass und sehe
von ihnen in meinen Berichten ganz ab. 1
In diesem Capitel will ich fortan nur die in Massarello’s
Obhut befindlichen Concilakten auf ihrer Wanderung von Trient
nach Rom verfolgen. Ihr Transport, glaubte ich, müsste Spuren
in den Akten zurückgelassen haben. Da er zweifelsohne über
Bologna und durch die Hände des dortigen Yicelegaten ge
gangen ist, könnte er in dessen Berichten erwähnt sein; aber
aus jenen Jahren haben sich die Berichte aus Bologna nicht
erhalten. So wollte ich die Libri exitus zu Rathe ziehen, ob
in ihnen die Ausgaben für den Transport gebucht worden sind;
aber auch von dieser Serie fehlen die betreffenden Jahrgänge.
Und so fand ich nach langem Suchen nur folgende Notizen,
welche hier allenfalls Berücksichtigung verdienen; ich verbinde
mit ihnen gleich andere Angaben derselben Quellenschriften,
von denen ich später Gebrauch machen will.
Im Rechnungsbuch des Cassiers (depositarius) des Concils,
Antonio Manelli, 2 reichen die Ausgabeposten bis zum 18. De-
cember 1563; aber die letzten beziehen sich lediglich auf die
Abwicklung des Korngeschäftes, und von dem Personal, welches
uns hier interessirt, ist nur in den Posten bis zum 9. December
die Rede. Am 5. wurden die letzten Ausgaben für die Regie
gebucht und zugleich die den Mitgliedern des Concils für die
Heimreise bewilligten Gelder. Die Mandate für die an diesem
Tage erfolgten Auszahlungen sind noch von allen damaligen
Legaten, d. h. von Morone, Hosius, Navagero und Simonetta
1 Einzelnes ist doch von ungefähr in das Vaticanische Archiv übergegangen.
So finden sich in dem unter Alexander VII. gebundenen tom. 75 f. 17—105
Lettere dei legati al Farnese vom 1. Februar bis 17. März 1546.
2 MS. der Bibi. Vallicelliana L. 40, von welchem ich im zweiten Berichte
bandeln werde. Vorläufig verweise ich auf Calenzio, Documeuti inediti
e nuovi lavori sul concilio di Trento, welcher den ersten bis 1549
reichenden Theil dieses Libro delle spese veröffentlicht hat.
30
IX. Abhandlung: v. Sickel.
unterfertigt worden. Am 6. fehlt bereits der letzte Name in
den Zahlungsanweisungen, obwohl Simonetta gleich den anderen
Legaten und gleich dem Präsidialsecretär Camillo Olivo am
6. noch Geld aus der Concilscasse bezog. Vom 7. liegen zwei
Mandate an den Cassier vor: das eine von Trient datirt und
von Morone, Hosius und Navagero unterschrieben; das zweite
datirt de Rover e und gefertigt mit visto il cardinale Morone:
so scheint Morone an diesem Tage von Trient aufgebrochen
zu sein, in Roveredo aber noch den Auftrag zu einer Zahlung
an Olivo ertheilt zu haben; am 9. bestätigt dieser den Empfang
des ihm am 7. angewiesenen Restbetrages. Am 9. endlich findet
sich eingetragen, dass in Folge der Abreise der Legaten keine
Mandate mehr von ihnen ausgestellt werden konnten und dass
an ihrer statt der Bischof von Telese Massarello dem Post
meister in Trient Giovanni Battista de Tassis Zahlung an
wies für die Spedition der Decrete der letzten Sitzung bis
Bologna, von wo der Vicelegat dieselben weiter nach Rom
befördern sollte. 1
Mit diesen Daten stimmen die von Servantio in seinem
Diario gebotenen überein, nämlich: 2 addi 5., finito che fü il
concilio, 1’ 111™ signori legati fecero congregatione fra loro, nella
quäle distribuettero diece mila scudi d’oro in oro per dona-
tivo a tutti vescovi et officiali del sacro concilio, cioe a ve-
scovi poveri ch’erano stati provigionati, che gli havessero a
servire per tornare alli loro paesi, et a me Astolfo Servantio
da S. Severino nel Piceno donarono vinti d’oro come a scrittore
delle cose di esso concilio, che tanto hebbero doi altri mei
compagni per uno. — Addi 6. del mese detto di decembre
partirno di Trento rill™ SS. cardinali legati Morone et Simo
netta ... in detto di parti di Trento 1’ Ill mo cardinale di Lorena
andando in Francia. — addi 9. parti di Trento 1’ Rl mo quarto
1 Auf den Postverkelir zwischen Trient und Rom gehe ich in einem der
folgenden Berichte ein. Hier bemerke ich nur, dass der damalige Post
meister in Trient, der Sohn des mit den Taxis verwandten und von
Bordogna bei Bergamo nach Tirol übersiedelten Lorenzo sich bald de
Bordogna und bald de Tassis nennt; vgl. Rübsam, Job. Baptista von
Taxis, S. 199.
2 Da Döllinger *2, 6*2 den Passus übersprungen hat, lasse ich ihn hier,
wenn auch wiederum gekürzt, nach der Originalhandschrift tom. 84 folgen.
Römische Berichte. I.
31
legato il cardinale Navaggiero . . . (Notiz über die Ankunft der
Söhne Maximilians in Trient am 10. Abends) partessimo poi
noi per 1’ ultimi, hayendo a portar con noi le scritture del sacro
concilio sottoscritte da tutti 1’ Ill mi SS. cardinali legati, ambascia-
tori de’ principi e vescovi. 1
Was ist unter diesen Schriften zu verstehen, welche Massa-
rello offenbar der Sicherheit wegen mit sich führte, obwohl er
sich auf der Reise nach Rom Zeit nahm und Abstecher er
laubte? Bekanntlich wurde der Schluss des Concils mit Un
geduld erwartet und es hätte des strengen Befehles des Papstes,
dass jeder binnen acht Tagen nach dem Schlüsse Trient zu ver
lassen habe (s. Breve vom 14. Oktober 1563 im Anhang Nr. 6)
nicht bedurft, um die Prälaten zu eiligem Aufbruche anzutreiben.
Nur der einen Pflicht hatten sie noch zu genügen, welche ihnen
ganz zuletzt auferlegt worden war: praecipitur vobis sub poena
excommunicationis, ne quisquam vestrum ab liac civitate Triden-
tina discedat, antequam iis quae in hac sacra synodo decreta
fuere, propria manu subscribet aut per publicum instrumentum
approbet. 2 Bis mehr als.zweihundert Unterschriften, so disponirt
wie es die Rangordnung erforderte, gegeben sein werden, werden
einige Tage vergangen sein. 3 Lag es wahrscheinlich Massa-
rello ob dieses Geschäft zu überwachen, so lasteten auf ihm noch
viele andere Geschäfte. Wir sahen schon, dass er die Decrete
der letzten Sitzung erst am 9. December der Post übergeben
1 Auch Muzio Colini in Monumenti di varia letteratura 2, 151 berichtet,
dass Morone und Simonetta am 6. abzureisen gedachten, dass dagegen
Navagero noch zwei Tage in Trient bleiben wollte.
2 Theiner, Acta gen. 2, 509.
3 Muzio Colini (Monumenti di varia letteratura 2, 154) berichtet darüber:
dei quali atti, per ciö che si fanno quattro copie autenticlie, perö si
sono anche fatte le sottoscrizioui in quattro diversi quaterni. — Mir
sind von solchen Heften mit Unterschriften zwei zu Gesichte gekommen.
Das eine in tom. 122 als f. 455—467 am Schlüsse der Akten aller 25
Sitzungen und vor den zwei Bullen vom 26. Jänner (confirmatio concilii)
und vom 18. Juli 1564 (super declaratione temporis ad observanda de
creta). Scheinen also hier die Blätter mit den Unterschriften erst nach
träglich den Akten, welche durch sie beglaubigt werden sollten, beigefügt
worden zu sein, so bildet das zweite mir bekannte Exemplar (tom. 23)
noch jetzt ein Heft für sich, so dass jedenfalls hier die Subscriptionen
in bianco ertheilt worden sind.
32
IX. Abhandlung: v. Sickel.
konnte. Und doch drängte es auch ihn, die Concilstadt zu ver
lassen und die Decrete aller Sessionen und die Beglaubigungen
mit sich zu nehmen. Mit mehr als diesen schon umfangreichen
Papieren wird sich der Secretär auf seiner Reise kaum be
schwert haben, so dass der Transport der ganzen ihm anver
trauten Registratur, auch wenn Massarello vor seinem Auf
brüche diesbezügliche Anordnungen getroffen haben mag, erst
später erfolgt sein wird. In Ermangelung jeder bestimmten
Nachricht über diesen grösseren Transport habe ich mich auf
den Nachweis beschränkt, dass diese oder jene Gruppe von
Trienter Akten zu früherem oder späterem Zeitpunkte in Rom
gewesen, dort einem der päpstlichen Archive einverleibt und so
mit den an der Curie selbst entstandenen Concilakten vereinigt
worden ist.
Nach jeder Congregation und vollends nach jeder Sitzung
(Belege dafür habe ich bereits S. 21 und 23 angeführt) sandte
Massarello der Curie die Protokolle ein. In Rom wurde dann,
wie wir aus zahlreichen Briefen erfahren, 1 amtlich und ausser-
amtlich berathen, ob und inwieweit der Papst seine Zustimmung
ertheilen könne. So war, als Massarello le scritture del sacro
concilio sottoscritte da tutti nach Rom brachte, die letzte Ent-
1 U. a. aus den Epistolae Pögiani. — Auch in der amtlichen Correspondenz
wird die Frago der Bestätigung', welche namentlich vom Cardinal von
Lothringen angeregt worden war, vielfach berührt. Vorläufig führe ich als
Beleg folgenden Passus eines Briefes des Papstos an die Legaten vom
30.November 16(13 an: al cardinale diLorenanoiscrivemo l’alligata lettera
in risposta d’una sua (gedruckt in Tlieiner, Acta gen. praef. XVI), et
perc.he ve ne inandamo la copia, volemo che quolla ci basti per la risposta
che havorossimo a dare ancora a voi intorno a la confirmatione de gli atti
conciliari, certificandovi che noi faremo subito et volontieri tutto quello
di oho saromo ricercati per servitio di Dio et benoficio publico, potendo
essor bon corto ogn’uno che, come noi siamo stati ardenti in convocaro
et incaminare con la gratia di Dio il concilio al termine che si trova,
cosi ancora saromo pronti a corroborarlo et exequirlo in tutti quei mi-
gliori modi che si dovorä, et cosi voi potrote promettefo in nome
nostro. — Wie Pins IV. Uber dio Confirmation dachte, erfahren wir
noch besser aus soinou ltedon im Consistorium, namentlich aus der am
30. December 1563 gehaltenen, veröffentlicht von Lagomarsini in Epist.
Pog. 3, 381; ein sehr ausführlicher Auszug derselben in den vom da
maligen Kämmerer Giov. Franc. Gambara geführten Consistorialakten
(Cod. Vatic. 7061).
CTQ
Römische Berichte. I.
33
Scheidung schon vorbereitet. Dennoch beauftragte Pius IV.
in der Consistorialsitzung vom 30. December 1563 eine Anzahl
von Cardinälen, unter ihnen auch die zwei von Trient heim-
ekehrten Legaten Morone und Simonetta, die Frage der Con-
rmation nochmals in Erwägung zu ziehen. 1 Nachdem dann
1 Diesbezügliche) Aufzeichnungen fand -ich in tom. 0 und in tom. 104.
Dort f. 74 sind unter der Uoborschrift Do quibus deliberandum vidoatur
ante confirmationem concilii 17 Punkto aufgeführt und erörtert worden;
zu der Mehrzahl ist am Rande bemerkt wordon maneat docretum. —
Tom. 104 besteht vornehmlich, wie das Vorblatt bosagt, aus scripturae
circa exequenda doereta concilii cum variis resolutionibus ad dubia,
d. li. aus Aufzeichnungen über Boratbungen, welche innerhalb der im
August 1564 eingesetzten Concilscongregation gepflogen worden sind,
und zwar, soweit; bestimmte Daten beigefügt sind, vom Novomber 1564
bis in den August 1565 hinein. Da meines Wissens von den resolutiones
und declarationes dieser Congregation in ihren Anfängen noch gar nichts
bekannt ist, tlioile ich, um die Handschrift der Aufmerksamkeit der
Canonisten zu empfohlen, einiges aus derselben mit. Fol. 4 ohne Zeit
angabe betrifl't den Iuformationsprocess der Bischöfe und dio professio
fidei iuxta formam quae nunc praescribitur (dazu auch fol. 85). Ebenda
Picturae in capolla apostolica cooperiantur; in aliis autem ecclesiis de-
leautur, si quae aliquid obscenum aut evidenter falsum ostendant, iuxta
decretum in sessione IX sub Pio. Fol. 10 vom 10. Novomber 1564
Cum esset autem constitutum ut conficeretur bulla qua condeinnarentur
omnia quaecumque committerentur contra concilii Tridentini doereta,
qiria primum id minus expedire Visum est S 1 " 0 D. N., propterea placuit,
patribus rei explicationem differre. Fol. 10 vom 9 Mai Cateehismus in
linguam vulgarem italianam convertatur. Fol. 21 vom 9. Juli Qui con-
traxerat sponsalia cum puella, illa rnortua, vult ducere uxorem mortuae
sororem: Casus non prohibetur a concilio. Fol. 58 Ubi decreta concilii
utuntur verbo hortatur aut monet vel confidit, non intelligitur certa lex
prescripta, sed debet S 11 "" arbitrio suo rem moderari. Fol. 112 vom
3. April beginnen sehr lange Erörterungen über dubia betreffs sessio
XXIII. c. 18. Meist sind die Fragen durch Eingaben von Bischöfen an
geregt worden. So heisst es fol. 13’ vom 22. November 1564: Recitatae
sunt litterae episcopi Comensis quibus quaerit, an decretis concilii Tri
dentini impedimentum spiritualis affinitatis pertinent ad contraeta matri-
monia an ad contrahenda: Visum est ut illae litterae mittantur per manus
cardinalium — dazu fol. 18 responsum est, spiritualis affinitatis impedi
mentum ex decreto concilii pertiuere ad inatrimonia contrahenda, non eon-
tracta. Dass die Congregation mit anderen Congregationen oder curialen
Behörden sich ins Einvernehmen zu setzen hatte, bezeugen fol. 58 Exami-
nata in congrogationo oflioialiuin coram 111 11 " 8 Simonetta et Vitollio, et
deinde etiam in congregatione coram Ill mU cardinalibus pro expeditione
Sitztmgsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bä. 9. Abh. 3
34
IX. Abhandlung: v. Sickel.
diese beiden im Consistorinm vom 26. Jänner 1564 die Bitte
des Concils um Bestätigung aller unter Paul III., Julius III. und
dem jetzigen Papste beschlossenen Decrete wiederholt hatten,
willfahrte Pius IV. der Bitte und confirmirte die Decrete mit
der vom gleichen Tage datirten Bulle Benedictus Deus et pater.
Dazu und auch zu der sofort befohlenen Veranstaltung
des ersten Druckes der Concilakten in beschränktem Umfange
würde allerdings das nach und nach von Trient eingesandte
und zuletzt von Massarello mitgebrachte Material genügt haben,
aber nicht mehr für andre Zwecke, welche bald nach Schluss
des Concils ins Auge gefasst wurden. Ich habe schon der neuen
Concilcongregation gedacht, welche die ihr gestellte Aufgabe
ohne Einsichtnahme in die Akten nicht lösen konnte. Ebenso un
entbehrlich waren diese für Herstellung einer den damaligen An-
negotiorum et executione decretorum concilii; nachdem darüber auch
coram S mo Pio IV. verhandelt worden war, folgten (fol. 70) die reso-
lutiones congregationis concilii intimate officialibus poenitentiarae, aber
auch neue responsiones officialium poenitentiariae. Hierzu noch die eine
Bemerkung, dass die Congregation nur zweimal Deutschland betreffende
und ihr zur Begutachtung zugewiesene Angelegenheiten beräth: 1. fol. 12’
vom 13. November 1564 Cum episcopus Augustensis petiisset ut sibi
liceret obtinere prioratum s. Ursi suae urbis, ut eum seminario attri-
bueret, consenserunt patres pro gratia propter merita ipsius episcopi;
2. fol. 105 am 11. April 1564 wird über eine Petition des Herzogs von
Baiern verhandelt, welche den Jesuiten das monasterium s. Augustini
in Bavaria zugesprochen zu sehen wünscht, worüber dann in der Sitzung
vom 11. Juni (fol. 20’) — beim Einbinden ist nämlich die chronologische
Ordnung arg gestört worden — Beschluss gefasst wird. — Den kurzen
Aufzeichnungen über die resolutiones liegen nun allerlei Belege, darunter
auch gedruckte, bei, ferner Gutachten und Entwürfe mit zahlreichen
Correcturen und Glossen. Das alles macht mir den Eindruck, dass ein
in diese Congregation berufener Cardinal die Aufzeichnungen und die
Sammlung der Beilagen veranlasst hat. Und so mögen in die Collection
auch Blätter mit Notizen gerathen sein, welche der Zeit vor Einsetzung
der Concilcongregation angehören und sich auf die Confirmation der
Decrete beziehen. So sind fol. 32 Bedenken gegen die Confirmation
zusammengestellt, und so heisst es fol. 3 Haec sunt quae in presenti
firmanda esse dictum fuit; primo: facta confirmatione mittantur a S t0 S.
legati seu nuntii idonei et graves ad omnes principes, quibus deferant
confirmationem factam a S te S. et curent ut auxilio et favore ipsorum
principum ea quae in concilio statuta sunt debitam in provinciis exe-
cutionem consequantur.
Römische Berichte. I.
35
forderungen entsprechenden officiellen Ausgabe. Noch während
die Kirchenversammlung tagte (auch hier rede ich nur von der
letzten Periode), waren Decrete einzelner Sitzungen in Druck
erschienen. 1 So ungehalten die Curie über diese eigenmächtigen
Publicationen war und so oft sie die Legaten dagegen einzu
schreiten aufforderte, so konnte den Druckern das Handwerk
nicht gelegt werden. Um so mehr traf man in Rom rechtzeitig
Vorbereitungen, um dort möglichst bald nach dem Schlüsse
der Verhandlungen eine Gfesammtausgabe erscheinen zu lassen.
Allerdings kam dem zu solchem Behufe von Venedig nach Rom
berufenen Paolo Manuzio der besonders rührige Baptista Bozzola
nochmals in etwas zuvor: er bot in einer vom 4. November 1563
datirten Edition die Decrete bis zur 7., respective 23. Sitzung
und zu ihr bald Nachträge mit den Decreten der zwei letzten
Sitzungen. Dass diese Ausgabe sofort in Antwerpen, Köln
und anderen Orten nachgedruckt wurde, spornte P. Manuzio
zur Eile an: seine cum privilegio Pii IV. P. M. zugleich in
mehreren Formaten gedruckte Sammlung der Canones et de-
creta ist noch im Frühjahr 1564 ausgegeben worden. Aber
noch bevor sie vollendet war, hatten Mitglieder des Concils
und namentlich Massarello constatirt, dass die Ausgabe incorrect
sei und in einer Beziehung hinter den gehegten Erwartungen
zurückbleibe. P. Manuzio selbst musste die Berechtigung der
laut gewordenen Klagen anerkennen und kündigte bereits im
Vorworte zur ersten Ausgabe eine neue, grössere und bessere
1 Selir werthvolle Beiträge zur Geschichte der Drucke hat Calenzio ge
liefert 1. im Esame critico-letterario delle opere riguardanti la storia del
concilio di Trento, Roma 1869 und 2. in den S. 29 Anm. 2 citirten
Documenti etc. — Ein Verzeichniss der opusculi stampati in Riva durante
il concilio findet sich im Archivio Trentino II. (1883), 216—221. — Da
Calenzio für sein Thema die Akten des Vaticanischen Archivs noch nicht
benutzt hat, theile ich hier und in der Folge Einiges aus diesen mit.
Es schrieb z. B. Borromeo am 5. August 1662 an den Cardinal
von Mantua: Non resterö a dire a V. S. 111“"* che N. S. liavendo veduti
li decreti di questa ultima sessione stampati, se ne h meravigliato et
haverebbe castigato lo stampatore, se fosse stato in potere nostro; ma
essendovi poi veduto che la stampa 6 fatta a Riva di Trento ad istanza
d’un Battista Bozzola, S. S 1 “ dice che V. S. Ill ml tenghi mano che non
si stampino piu ne che si vendino gli stampati, essendo conveniente che
sieno approbati da la S tä - S. prima che publicati.
3*
36
IX. Abhandlung: v. Sickel.
an. 1 Es ist unzweifelhaft, dass Pius IV. die Akten in solchem
Umfange hat veröffentlichen wollen, dass auch der Gang der
Verhandlungen ersichtlich werde, und dass Borromeo damals
diesen Wunsch getheilt hat. So ist die Vorarbeit für eine
zweite römische Edition mit Energie und Umsicht in Angriff
genommen worden. Manuscripte für die neue officielle Aus
gabe erliegen noch im Vaticanisclien Archive. Desgleichen die
Sitzungsprotokolle einer Commission von Cardinälen, welche die
Herstellung der neuen Acta concilii überwachen sollte. In jene
Manuscripte ist nun ein beträchtlicher Theil der Schriftstücke
verflochten, welche die in Trient unter dem Secretär stehende
Registratur bildeten, so dass diese damals bereits in Rom ein
getroffen sein musste. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Massa-
rello den Transport besorgt. Dass er auch an der Editionsarbeit
grossen Antheil genommen, wird dadurch bezeugt, dass in den
Manuscripten vielfach seine Handschrift begegnet und dass jene
Sitzungsprotokolle ganz von seiner Hand geschrieben sind. 2
1 Dies Vorwort in Theiner, Acta gen., praef. III.
2 Bevor sich das letzte Wort über die erschienenen und über die vor
bereiteten Editionen sagen lassen wird, wird erst die authentische Fassung
der Acta concilii festzustellen sein. Ich habe das ganz den Herren der
Görres-Gesellschaft überlassen. Deshalb wird es mir doch gestattet sein,
hier Einiges anzuführen um zu erhärten, was ich oben gesagt habe,
dass nämlich unter Pius IV. ernstlich an eine grosse Publication gedacht
und dass für sie die Trienter Registratur benützt worden ist.
Tom. 43 verrätli seine Bestimmung schon durch den Titel: Acta
s. oeeumenici concilii . . . imprimenda. Wichtiger sind wohl tom. 125:
Acta c. Tr. prima forma, und tom. 126: Acta c. Tr. secunda forma. Der
erstere beginnt mit einer Art Instruction für die Prüfung der beiden Re
dactionen, welche den Cardinälen Simonetta, Viteluzzi, Sirleto, Amulio
und Paleotto aufgetragen worden war. Sie besagt u. a., dass hier nur
geboten sei was vollen Glauben verdiene, nämlich quae sunt in actis
apud secretarium, und dass die Revisoren nicht mehr zu lesen brauchen
was in der und der Weise signirt worden ist; reliqua vero . . . sigillatim
erunt legenda, quoniam ex iis constat integra series totius historiae. Die
prima forma wird wiederholt als plenior et extensior bezeichnet. — Offen
bar beziehen sich auf diese Arbeit die in tom. 134 fol. 40—45 befindlichen
von Massarello geschriebenen Annotationes ab Ill nlia cardinalibus deputatis
faete super acta s. concilii, cum Pius IV. acta ipsa breviori forma im-
primi . . . iussit. Die Berathungen begannen am 10. August 1564 und
setzten sich nach diesen Aufzeichnungen fort bis zum 1. August 1565.
Römische Berichte. I.
37
Solange man solchen praktischen Zweck verfolgte, haben
die von Trient nach Rom transportirten Concilakten gar nicht
in den Archiven reponirt werden können. Und wird ausdrück
lich von den acta apud secretarium gesprochen, so haben wir
sie uns als noch immer in Massarello’s Verwahrung zu denken.
So erscheint mir in der Hauptsache durchaus glaubwürdig, was
der Verfasser der Denkschrift im Cod. Vat. 7763 von Amulio
berichtet, dass er scritture importanti gesammelt habe e tra
l’altre tutte quelle del concilio Tridentino alla morte del Massa-
rello. Leider erfahren wir nicht, ob Amulio sie in eines der
drei damaligen Depots abgeliefert oder oh er sie etwa ebenfalls
in seiner Behausung aufbewahrt hat. Und wenn nach seinem
Es finden sich ferner zahlreiche Nachrichten über den Fortgang
des ersten Druckes und über die späteren Editionspläne in der diplo
matischen Correspondenz. Ich erinnere mich, dass der kaiserliche Orator,
dessen Berichte ich vor vielen Jahren benutzt habe, immer wieder auf
dieses Thema zurückkommt. Ebenso wird es fortwährend in der Corre
spondenz zwischen der Curie und den Nuntien berührt. Besonderen Werth
scheint man in Frankreich auf zuverlässige und ausgiebige Kunde vom
Verlaufe des Concils gelegt zu haben. So will ich aus der Nunziatura
di Francia einige diesbezügliche Stellen mittheilen.
Zuerst, nämlich am 1. Februar 1564, fügte Borromeo der Meldung
über die eben erfolgte Confirmation hinzu: ora si stampano qui con dili-
genza i detti deereti. Am 13. desselben Monats schrieb er dem Nuntius
in Frankreich: si sono poi dati a stampare tutti i detti deereti, acciö
che escano di qua ben corretti, et saranno finiti di stampare fra 8 e
dieci giorni. Doch so schnell schritt der Druck nicht vorwärts. Erst
am 24. März 1564 konnten einige Exemplare der ersten Ausgabe nach
Frankreich gesandt werden. Ich übergehe eine Reihe von Depeschen,
welche von Nachdrucken und von voraussichtlicher Fälschung durch die
Häretiker handeln. Der Nuntius S. Croce hatte auch an der römischen
Ausgabe allerlei auszusetzen. Darauf schrieb ihm der Geheimsecretär
Galli am 20. Juli: quanto che ne i deereti del concilio saria stato bene
mettere li nomi delli prelati et dottori . . ., si e lasciato stare, perche
presto presto si stamperä un gran volume di tutti gli atti di esso con
cilio, nel quäle saranno tutti i nomi et tutte l’attioni con tanta dili-
genza che non vi si poträ desiderare cosa aleuna. et questo volume di
deereti si e cercato di farlo piü breve e piü semplice che sia stato
possibile. il volume grande sarä una cosa bellissima et, come dico, si
stamperä presto.
Auch über die mit P. Manuzio geführten Verhandlungen liegt
noch reiches Material in einigen Bänden der Miseellanea des Vati-
canisclien Archivs vor.
38
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Tode unter G-rassi (s. S. 14) die grösste Unordnung geherrscht
und Vieles verschleppt worden ist, so wird auch was bei Massa-
rello’s Tode mit Beschlag belegt worden war, noch allerlei Ge
fahren ausgesetzt gehliehen sein, so dass die Verluste, welche
wir heutzutage constatiren, recht wohl bis in jene Zeit zurück
reichen können. Dass wir von da an bis in das Pontificat
Paul V. hinein über die Bestände der einzelnen Archive gar
nicht unterrichtet sind und dass wir über den Verbleib der
eigentlichen Concilakten erst im Jahre 1610 wieder Bestimmtes
erfahren, erzähle ich in anderem Zusammenhänge. Dagegen
will ich gleich hier bemerken, dass die Angabe, Amulio habe
auf tutte quelle (scritture) del concilio Beschlag gelegt, nicht
wörtlich zu nehmen ist.
Laut einem Inventarium librorum et scripturarum reper-
tarum penes D. C. JI. Marguritium de S. Severino, maritum
D. Sulpitiae Massarellae neptis et in parte haeredis q. b. m. Ang.
Massarelli.. . secretarii s. concilii Tridentini 1 waren 54 grössere
und kleinere Handschriften in den Besitz der einen Erbin Massa-
rello’s übergegangen, welcher also, sonst das Muster eines Be
amten, es doch an Obsorge für die ihm anvertrauten Akten hatte
fehlen lassen. Die Mehrzahl der hier verzeichneten Stücke bezieht
sich auf die Vorgeschichte des Concils und auf dessen frühere
Perioden, einige jedoph stammen aus den Jahren lo61-—4563.
Befinden sich darunter zahlreiche vota, sententiae, articoli etc.,
so sind diese so verbreitet gewesen, dass es nicht einmal der
Mühe lohnt zu untersuchen, ob die Massarello’schen Exemplare
noch erhalten sind oder nicht. Zumeist lauten auch die An
gaben über Inhalt und Beschaffenheit zu unbestimmt, um die
Identität festzustellen; dazu genügt auch nicht, dass im In
ventar ein Heft als so und so viel Blätter oder Seiten ent
haltend bezeichnet wird, da minder umfangreiche Hefte später
zumeist zusammengebunden worden sind. Aber von einigen
Stücken kann ich versichern, dass sie in der Folge in das
Vaticanische Archiv gekommen und dort in die Concilakten
eingereiht worden sind. So spätestens unter Paul V. die Patentes
1 Von Calenzio, Docum. 421—426 abgedruckt aus dem Cod. Valicell. G. 63
Nr. 17. — Auch in der Handschrift ist das Jahr der Inventaraufnahme
nicht angegeben worden.
Römische Berichte. I.
39
litterae . . . praesidentium . . . a 1545 usque ad 1549 — jetzt
tom. 40, und das Diarium Hier. Aleandri ... ex eius legatione
germanica 1538 et 1539 — jetzt tom. 24. 1 Hervorzuheben aus
dem Verzeichnisse sind noch zwei Prachtexemplare vouDecreten-
sammlungen, ein Liber manuscriptus et circumcirca aureatus,
sed non coopertus, von Massarello selbst unterfertigt, und die
Decreta . . . edita Bononiae 1548, cum subscriptionibus 111. lega-
torum, secretarii ac notariorum concilii, in carta pergamena cum
duobus sigillis in capsulis auric.alcheis cum cordulis rubeis pen-
dentibus; bic est über ligatus, aureatus circumcirca et extra et
operimentis cartaceis copertus. 2 Obwohl es nicht wenige ge
schriebene oder auch gedruckte Decreta concilii gegeben hat,
welche von den Secretären und Notaren eigenhändig unter
fertigt, und auch mehrere, welche überdies durch Siegel be
glaubigt worden waren, so bleibt es doch bezeichnend für die
Gewohnheiten des 16. Jahrhunderts, dass so werthvolle Exem
plare, wenn auch nur vorübergehend, in privatem Verwahrsam
oder Besitz waren. Wie der Nichte Massarello’s, so sind auch
Anverwandten vieler Cardinäle solche Schätze in den Schooss
gefallen, und es hat lediglich vom Zufall abgehangen, ob sie
sich erhalten haben oder nicht bis zu der Zeit, da die Curie
die Concilakten und andre Zeugnisse der Vergangenheit wieder
zusammenzubringen trachtete, um sie nicht allein zu conserviren,
sondern um sie auch zwei Jahrhunderte hindurch ängstlich ge
heim zu halten.
III. Absender und Empfänger der eonciliaren
Correspondenz.
Zerfällt diese je nach den Absendern und Empfängern
der Briefe in zahlreiche Gruppen, so beginnen wir am füg-
lichsten mit derjenigen, welche entschieden den ersten Bang
1 Also der von Friedensburg 3, 24 beschriebene Band. — Im Inventar
geht voraus Dieta Pragensis 1539 ex legatione card. Brundusini in Ger
mania, über ligatus et manuscriptus in fol. pag. 136 — vielleicht der später
mit andern Akten zusammengebundene erste Theil des Arm. LXIV, 26
(Friedensburg 3, 15).
2 Offenbar die von der apostolischen Kammer besorgte Ausgabe, welche
Calenzio, Docum. 445 beschreibt, und von der sich zwei Exemplare
(tom. 112 und 113) in den Concilakten des Vaticanischen Archivs befinden.
40
IX. Abhandlung: v. Sickel.
einnimmt, nämlich mit der Correspond enz zwischen der Curie
und den Concillegaten. Den Letzteren und ebenso den Nuntien
gehen behufs Erledigung der gewöhnlichen Geschäfte Erlässe
im Namen des Papstes, zumeist in Brevenform, zu, welche von
den dazu bestellten älteren Expeditionsbehörden ausgefertigt
werden. Daneben läuft die Correspondenz her, welche sich
auf die besonderen, den Legaten oder Nuntien übertragenen
Functionen bezieht, bestehend aus den von den Leitern der
Curie an ihre auswärts weilenden Organe gerichteten proposte
und aus den ihnen von ihren Sendlingen zugegangenen ris-
poste. Die einen herzustellen und die andern in Empfang zu
nehmen, gehörte unter Pius IV. wie unter seinen Vorgängern zu
den Hauptaufgaben der neuen Expeditionsbehörde, über deren
Einrichtung und Gebahren uns Giovanni Carga einen so an
schaulichen und, wie die noch vorhandenen Akten bezeugen,
getreuen Bericht hinterlassen hat.
Als Carga schrieb, war bereits fast ein Jahrhundert ver
strichen, seit Innocenz VIII. durch die Constitution vom 31. De-
cember 1487 der Secretaria apostolica eine feste Organisation 1
1 So unentbehrlich für die rechte Benützung der päpstlichen Register des
Mittelalters die Kenntniss der Organisation und der Gebräuche der da
maligen Kanzlei ist, so nothwendig erscheint es mir, dass mit der jetzt
so eifrig betriebenen archivalisclien Forschung für die Geschichte der
Päpste des 16. Jahrhunderts das Studium der weit künstlicher gewordenen
Gestaltung der curialen Behörden Hand in Hand gehe. Die Arbeiten
von Ottenthal und Tangl, an welche anzuknüpfen sein wird, können zu
gleich als Vorbilder dienen. Jener hat bereits in Mittheil. Erg. 1, 461 ff.
von den secretarii apostolici bis zur Zeit Innocenz VIII. gehandelt, für
deren Geschichte jetzt Tangl in dem Buche: Die päpstlichen Kanzlei
ordnungen von 1200—1500 neues Material beigebracht hat. Auch er hat
Halt gemacht bei der Neuordnung des Collegs der Secretäre durch Inno
cenz VIII., welche wieder Ausgangspunkt eines neuen Secretariats ge
worden ist. Es gilt also fortan die ältere secretaria apostolica und
ein noch namenloses und im fortwährenden Fluss befindliches neues
Amt zu verfolgen. Die Constitution für jene vom 31. December 1487
ist längst veröffentlicht, u. a. in der Turiner Ausgabe des Bullarium
Rom. 5, 333. Da eine nicht unwichtige Stelle in allen Drucken bedenklich
klingt, habe ich dem Original oder einer Copie im Vaticanischen Archiv
nachgeforscht, aber vergeblich. Dagegen fand Herr Dr. Teige in der
Vaticanischen Bibliothek im Cod. Ottob. 492 eine Abschrift. In diesem
unter Paul III. und wahrscheinlich für das betreffende Collegium ge
schriebenen Codex sind 24 Erlässe der Päpste von Innocenz VIII. bis
Römische Berichte. I.
41
verliehen, zugleich aber auch durch Bestellung eines secretarius
domesticus den Anstoss gegeben hatte, dass, da dieser Gehilfen,
benöthigte, sich von dem alten apostolischen Secretariat wieder
ein neues Secretariat abzweigte, und es ist nach Carga noch ein
halbes Jahrhundert vergangen, bis letzteres den fortwährenden
Wandlungen entrückt und zum Staatssecretariat ausgestaltet
wurde. In der Wahl des neuen Secretärs hatten die Päpste durch
aus freie Hand: wer ihr volles Vertrauen genoss und ihnen hin
länglich befähigt erschien, 1 konnte ohne zuvor in andern curialen
Aemtern gedient zu haben, auf den hervorragenden Posten er
hoben werden. Ebenso hing es von dem Beheben jedes Papstes
ab, welchen Wirkungskreis und welche Autorität er dem Manne
seines Vertrauens zuweisen wollte. 2 Der domesticus, so hatte
einst Innocenz VIII. verfügt, sollte in palatio assidue residens . ..
Paul III. zusammeng’estellt, welche von der Organisation der secretaria
apostolica, ihren Privilegien, Taxen u. s. w. handeln, so dass sich mit
Hinzuziehung der Register dieser Behörde die Geschichte derselben leicht
wird schreiben lassen können. Viel umfassendere Studien wird es er
fordern, das neue Secretariat, dessen in jenem Codex nur gelegentlich Er
wähnung geschieht, durch alle seine Wandlungen hindurch zu verfolgen.
1 Lämmer 1. c. 465: questo servitio consiste in due cose principalmente,
nella secretezza e nella buona espedizione delle materie riservate. Auf
der nächstfolgenden Seite führt Carga aus, welche Kenntnisse und Fähig
keiten er für erforderlich hält und zählt bis ins Kleinste Alles auf was
dem Bureau zu thun obliegt und was der Secretär zu überwachen hat:
da ist schliesslich selbst vom Adressiren und Falten der Briefe die
Rede und von simili altre minute di secretaria alle quali 6 necessario
che si abbassi tal volta il secretario per teuer in offitio ogn’ uno et
supplir esso al buon servitio che da lui si aspetta.
2 Lämmer 462: 1’ autoritä e quanto dal papa si puö dare al secretario, et
si conosce dalle materie riservategli e dalle espedizioni di esse, dal
paragone di lui agli altri secretarii di collegio, et dalli ministri che lo
servono in secretaria, et che dalla secretaria escono e dependono. —
Dazu 463: li ministri che lo servono in secretaria sono li sostituti o
coadiutori maggiori, li secretarii delle provincie, li secretarii latini, li
secretarii di complimento, li secretarii delle cifre, gli archivisti che
sono custodi delle lettere e scritture che vanno e vengono in secretaria,
li custodi et distributori de memoriali, li scrittori delle lettere in netto
li quali anco sono registratori di esse, il maestro delle poste et suoi
officiali. — Quelli che dalla secretaria dipendono, sono tutti li secretarii
de’ nuntii e de’ legati ordinarii et straordinarii, ben che li nuntii mede-
simi si possono dire secretarii del papa absenti etc.
42
IX. Abhandlung: v. Sickel.
nostra et Romanae ecclesiae negotia secreta, nostrum. et eius-
dem ecclesiae aut orthodoxae fidei statum concernentia, quo-
modocumque fuerit a nobis iussus, legitime expedire. Wurde
im Wesentlichen an dieser Bestimmung festgehalten, so wurde
doch der Umfang der dem einen Secretär vorbehaltenen Agenden,
wie ich gleich sagen werde, bald erweitert und bald wieder ein
geschränkt. Gleich den Befugnissen schwankte auch der dem Ver
trauensmann des Papstes gegebene Titel: il secretario domestico
o secreto 6 intimo o maggiore che si chiami, sagt Carga 1 und an
andrer Stelle redet er vom secretario di nostro signore. 2 Immer
ist mit der Stellung grosser Einfluss auf das ganze Regiment
und Aussicht auf höhere Würden verbunden gewesen. 3 Darum
und wegen der immer wieder versuchten Uebergriffe in die
Competenzen anderer wurde der Geheimsecretär von den Mit
gliedern der älteren Expeditbehörden beneidet und angefochten,
und so oft im 16. Jahrhundert von der Nothwendigkeit der Re
form der päpstlichen Verwaltung die Rede war, wurde nament
lich gegen das neue Amt Klage erhoben. Das Alles wirkte
zusammen, dass die neue Institution sich nicht consolidirte und
von Papst zu Papst etwas umgemodelt wurde.
An und für sich betrachtet Carga den Wirkungskreis
und die Autorität als unbeschränkt und er bezeichnet es daher
als Schmälerung, 4 dass der neuen Behörde zu dreien Malen
Schranken gezogen worden sind. Zuerst unter Leo X., bei
1 L. 461, dazu auch 464.
2 So oder secretarius intiraus, was ich Geheimsecretär übersetze, pflegte
man unter Pius IV. den Vertrauensmann des Papstes, nämlich Ptolomeo
Galli, zu betiteln. Neben ihm erscheint damals ein secretarius dome-
sticus Fiordebello (s. Ruolo di famiglia 46). Obwohl die Competenzen
dieser und andrer Secretäre genau geschieden sind, so gebraucht man doch
zuweilen secretarius und secretaria ohne weiteren Zusatz zur Bezeichnung
des Geheimsecretärs und seines Amtes; ja Paolo Tiepoli in seiner Re
lation von 1576 bedient sich des noch vieldeutigeren Wortes cancellaria.
3 L. 457: la prova istessa mostra chiaramente che il servigio e importan-
tissimo al buon governo di s. chiesa, et che la professione e una delle
due scale principali con le quali piu di sicuro o di facile si ascende
alli primi lionori. — Ich füge hinzu, dass zuvor zu lesen ist: e vera
mente come ben dice V. S. ... et nondimeno il consenso comune etc.
4 L. 464: 1’ autoritä del secretario secreto & scemata, es folgen dann una,
un’ altra, la terza smembrazione. Uebrigens ist dieser ganze Passus
auch in den Handschriften schlecht überliefert.
Römische Berichte. I.
43
welchem sich das apostolische Secretariat mit Recht beschwert
hatte, dass die domestici die Ausfertigung von Breven aller
Art an sich zu ziehen getrachtet hatten; er verfügte also,
dass die neue Behörde fortan nur in den in der Constitution
Innocenz VIII. genannten Fällen urkunden sollte. Ich füge
hinzu, dass meines Wissens unter Pius IV. der secretarius in-
timus weder brevia noch litterae apostolicae in forma brevis
sub cera vel plumbo expediendae auszustellen befugt gewesen
ist, sondern nur eventuell mit der Zustellung derselben be
traut worden ist. 1 Des Weitern wurden, als unter Paul III. das
S. Uffizio errichtet wurde, dem Geheimsecretariat die negotia
lidei orthodoxae statum concernentia entzogen. Handelte es
sich in diesen zwei Fällen um Einschränkung des Wirkungs
kreises, so trat dann auch eine schwerwiegende Einschränkung
der Amtsgewalt ein, indem der Geheimsecretär in Allem einem
cardinale sopraintendente, zumeist einem Cardinalnepoten unter
stellt wurde. 2 Wie sich da die Dinge gestalteten, führe ich
1 Fast sämmtliche an die Legaten oder an andre Mitglieder des Concils
adressirte Breven sind unterzeichnet Glorierus und finden sich dem ent
sprechend als Minuten oder als Copien in dem von Gloriero als Vor
stand des apostolischen Secretariats (als solcher wird er auch von Carga
in L. 464 genannt, jedoch war er nicht, wie es dort heisst, Nachfolger,
sondern Vorgänger von Boccapaduli) geführten Register. Weshalb ein
zelne dieser Breven, wie u. a. der Bestallungsbrief des Thomas episc.
Cavensis als Commissär des Concils vom 18. Jänner 1561 von dem da
maligen domesticus Florebellus subscribirt worden sind, und weshalb
die Einberufungsbulle vom 29. November 1560 dieselbe Unterschrift trägt,
ist mir noch nicht klar geworden. Dafür, dass die Competenzen doch
nicht ganz scharf von einander abgegrenzt worden sind, spricht, dass
die von mir im Ruolo di famiglia 47 aufgestellte Regel, dass die brevia
ad principes dem domesticus Vorbehalten gewesen seien, ebenfalls Aus
nahmen erlitten hat: ich fand nämlich in den Brev. minutae Pii IV.
tom. II. fol. 195 ein regi Franciae zugesandtes Breve von Gloriero ge
zeichnet. — Betrachte ich die Eintragung von Breven in die eine oder
die andre Serie der betreffenden Register, in die des Fiordebello oder
die des Gloriero als für die Ausfertigung durch jenen oder durch diesen
entscheidend, so verhält es sich mit der eventuellen Buchung päpst
licher Briefe in die Register des Geheimsecretariats anders: hier konnten
nämlich die von andern Behörden ausgestellten Schriftstücke als Bei
lagen zu den Proposte eingetragen werden.
2 L. 465: nessuna derogatione all’ autoritä del prefato secretario 6 stata
giudicata maggiore di quella che hebbe, quando gli fu dato un cardinale
44
IX. Abhandlung: v. Sickel.
gleich an den uns nahe liegenden Beispielen aus der Zeit des
Concils aus.
Als G-eheimsecretär Pius IV. nannte ich schon Ptolomeo
Galli. 1 Aus Como gebürtig, diente er zuerst einem Mons. Garim-
berto, dann dem Cardinal Medici, welchen er als Secretär in das
Conclave von 1559 begleitete, und von welchem er noch vor der
am 6. Jänner 1560 erfolgten Krönung unter die päpstlichen
Secretäre aufgenommen wurde. Schon nach wenigen Wochen
wird er diesen Allen als secretarius intimus vorangestellt. Offen
bar hat Carga ihn im Auge, wo er die Stellung des Geheim-
secretärs mit der andrer Secretäre vergleicht, wobei er allerdings
noch von der Unterordnung unter den Cardinalnepoten absieht.
Jener hat mit den Secretären die Tracht eines Protonotars, den
Titel eines Hausprälaten, den Genuss aller dem Collegium der
Secretäre zuerkannten Ehren und Privilegien gemein, hat aber
vor ihnen allerlei Rechte voraus. Er wohnt ununterbrochen in
der Nähe des Papstes, während sie in ihren Häusern wohnen
und im Palast nur das gemeinsame Arbeitslocal haben. Er hat
jederzeit Zutritt zu dem Papste und besitzt dessen Ohr; sie gar
nicht oder doch nur wenn sie zu bestimmten Stunden gerufen
werden. Er allein und für sich allein besorgt die geheimen Ge
schäfte des Papstes und der Kirche; sie dagegen haben zumeist
nur die gewöhnlichen laufenden Geschäfte und zwar collegialiter
zu erledigen. Er empfängt seine Aufträge aus dem Munde des
Papstes und führt viele derselben kraft der Autorität des Papstes
mündlich aus; sie erhalten sie schriftlich behufs Erledigung auf
dem gewohnten Wege. Ihm stehen viele vom Papst besoldete,
aber ganz von seinem Willen abhängige Schreiber und Diener
zur Verfügung; ihnen helfen nur die Scriptoren der Breven.
che rivedesse et sottoscrivesse tutto quello che egli da se legitime poterat
expedire. — Ich übergehe hier, was Carga unmittelbar zuvor berührt,
dass auch die Errichtung der Consulta der Autorität der Geheimsecretäre
Abbruch gethan hat, weil diese Schmälerung erst unter Gregor XIII. be
gonnen hat. Auf diese Zeit will ich hier nicht weiter eingehen, als ich
es in der zweitfolgenden Note zu thun genöthigt bin.
1 So unterfertigt er sich. — Um nicht mit Citaten zu ermüden, bemerke
ich hier ein für alle Male, dass ich die biographischen Notizen zumeist
aus den Röteln der Päpste schöpfe, zuweilen auch aus den von Alberi
veröffentlichten Relationen der venetianisclien Oratoren.
Römische Berichte. I.
45
Ihm für seine Person sind zwei Quoten der monatlich zu ver
theilenden Emolumente Vorbehalten, von denen alle andern Mit
glieder nur je einen Theil beziehen. Ihm wird das Amt lediglich
durch die Wahl des Papstes und ohne alle Widerrede verliehen;
sie müssen um die Stellen bitten und sie erkaufen, bedürfen
überdies, um zum Dienst und Genuss der Bezüge zugelassen
zu werden, der Zustimmung des Collegiums. Er kann in kurzer
Zeit reich und angesehen werden; sie sind in der Regel auf
die Zinsen des von ihnen eingezahlten Capitals angewiesen. —
In der That war Galli’s Glück gemacht. Schon am 13. September
1560 zum Bischof von Martorano ernannt und im Juli 1562 nach
Siponto transferirt, erhielt er am 12. März 1565 den Cardinals-
hut; zugleich sammelte er, wie allgemein berichtet wird, Schätze.
Nach Pius IV. Tod trat er zwar in den Hintergrund, aber nur
um unter Gregor XIII. zu noch höherer Stellung zu gelangen. 1
Für uns kommt das Verhältniss Galli’s zu Carlo Borro
meo besonders in Betracht. Als Pius IV. gleich nach der Er
hebung auf den päpstlichen Stuhl diesen seinen Schwester
sohn nach Rom berief und bereits am 31. Jänner 1560 zum
Cardinal creirte, trat auch bald 2 ein was Carga so dar stellt:
la segnatura et la sopraintendenza delle espedizioni che fa il
secretario intimo, e la maggiore e piu favorita gratia che possa
fare il papa, et la suol dare al piu caro et al piu. stretto
cardinale et parente ch’eglia habbia, tanquam discipulo quam
prae ceteris elegit et cui revelat secreta et commendat ma-
trem, dandogli la voce, la podesta et Tintrinseco della mente
in tutto quello che S. S ta negotia come vicario di Christo.
Pius IV. wollte im weitesten Sinne des Wortes Christi Statt-
1 Wie ich schon sagte, will ich seine ferneren Erlebnisse (er starb erst 1607)
hier nicht erzählen, sondern nur das eine Moment hervorheben, dass er
unter Gregor wieder das Geheimsecretariat übernahm, zugleich aber auch
tutta la sopraintendenza de 1 negotii et la signatura delle lettere secrete.
Wie er mehr denn zuvor beneidet wurde, erzählt Paolo Tiepoli in Alberi
1. c. 218. Ich glaube, dass die bisher unerhörte Cumulirung beider ein
flussreicher Posten den Anlass gegeben hat zu der Aufforderung an Carga
seine Denkschrift abzufassen. Dieser erwähnt dann auch zum Schluss
a molti pare che non convenga alla dignitä de’ cardinali 1’ esercizio di
secretario etc. . . . a questo rispondo io con una raggione che non ha
replica, et d la commune della corte, ciod che sic plaeuit Sanctissimo.
2 Vgl. das Schreiben vom 15. März in Ann. eccl. 1560, Nr. 94.
46
IX. Abhandlung: v. Sickel.
lialter sein. Noch immer war die Zahl der der Entscheidung
des Papstes vorbehaltenen Angelegenheiten sehr gross: zu den
vielen Fragen auf kirchlichem Gebiete und auf dem der inneren
Verwaltung, welche nicht ohne Wissen und Zuthun des Papstes
gelöst werden sollten, kamen sämmtliche in dem Verkehre mit
den weltlichen Mächten auftauchende Fragen. Pius IV. wollte
nicht nur zum Schein regieren, sondern von lebhaftem Interesse
für Alles was die Kirche und den Kirchenstaat berührte beseelt
und von der Neigung Alles nach seinem Sinne zu gestalten,
erweiterte er noch den Kreis der Agenden, in welchen er das
letzte Wort zu sprechen verlangte; insbesondere nahm er den
regsten Antheil an allen conciliaren Verhandlungen. So fiel
auch dem Cardinalnepoten, welchen er sich zum Mitarbeiter
lind Gehilfen erwählt hatte, eine gewaltige Aufgabe zu. Borro
meo hat sich ihr mit aller Hingabe gewidmet. So lange das
Concil tagte, hat er alle seine Kräfte und Fähigkeiten auf-
geboten, auf die Verhandlungen nach den Weisungen seines
Oheims Einfluss zu nehmen. Mit gleichem Eifer hat er an
der Durchführung der Decrete tlieilgenommen. Doch nachdem
er Jahre lang der Pflicht gelebt, dem Papste in der Leitung
aller kirchlichen und politischen Angelegenheiten behilflich zu
sein, wollte er auch die Pflichten erfüllen, welche ihm als Erz
bischof von Mailand oblagen, und wollte dieses Amtes in
Person walten. Sobald er, was ihm nicht leicht wurde, die
Erlaubniss Pius IV. erwirkt hatte sich in seinen Sprengel zu
begeben, verliess er am 1. September 1565 Rom, betheiligte
sich aber auch von Mailand aus am Regiment der Kirche und
des Kirchenstaates. Vom 5. September bis zum 5. December,
das heisst bis zu dem Augenblicke, da er auf die Nachricht
von schwerer Erkrankung seines Oheims wieder nach Rom
eilte, so dass er dem Sterbenden noch die letzte Oelung spenden
konnte, liegen noch jetzt 25 Originalbriefe vor, in welchen der
Cardinal von Como, wie sich damals Galli nannte, dem Car
dinal Borromeo über alle Vorgänge an der Curie und über alle
von den Nuntien eingelaufenen Depeschen berichtet, um dessen
Rath einzuholen. 1
1 Aufschluss über diese und andre Briefschaften des Cardinais Borromeo,
welche in der Ambrosiana zu Mailand auf bewahrt werden, werde ich in
einem der folgenden Berichte geben.
Römische Berichte. I.
47
Um zu schildern, wie der Cardinalnepote und der Geheim
secretär geschäftlich miteinander und auch mit dem Papste
verkehrten, halte ich mich wieder an Carga, schicke aber das
Eine voraus, was dieser zu erwähnen nicht Anlass hatte. Bevor
der Papst in irgend einem negotio secreto e riservato ent
schieden hat, ist Alles wohl erwogen worden. Insbesondere
sind alle während des Concils aufgetauchten Fragen Congre-
gationen oder einzelnen Cardinälen, Theologen oder Canonisten
zur Begutachtung zugewiesen worden; eventuell holte Borromeo
auch den Rath seines Privatconcils, aus welchem später die
Consulta hervorgieng, ein. 1 Diese Gutachten und die ein
gelaufenen Berichte lagen dem Papste vor, wenn er sich mit
seinem Nepoten berieth und seine Entschlüsse fasste. In der
Regel wohnte den Unterredungen auch der Geheimsecretär
bei, so dass er aus des Papstes eigenem Munde erfuhr, was er
selbst oder seine Untergebenen als Weisung an die Legaten
oder an Andere zu Papier bringen sollte. 3 Die Minuten zu den
Proposten hatte der Geheimsecretär dem Cardinal vorzulegen,
welcher sie nach seinem Ermessen abänderte, bevor die Proposte
mundirt, von ihm unterfertigt und mit seinem Siegel versehen
wurden. 3 Eventuell sind die Minuten und auch noch die Rein
schriften dem Papste selbst behufs Approbation oder Revision
1 Folgende Belegstelle, welche ich Paleotto 361 entnehme, wird genügen:
Quae ubi in urbem perlata fuernnt (nämlich die erste vom Cardinal
von Lothringen am 23. November 1562 gehaltene Rede, über welche die
Legaten sofort ausführlich berichtet hatten) Visa sunt S li S. maturius
expendenda et ex tlxeologorum iurisque pontificii doctorum consilio quibus
id muneris dedit, deliberanda.
2 Lämmer 167: il secretario intirao e di questo cardinale assistente, con-
sigliere, testimonio et come vicecaneellario fidelissimo di tutto quello
che in nome di N. S r0 autentica di sua mano, anzi e la mano sua propria
nelle espedizioni ... et . . . intraviene col cardinale dal papa, e quando
gli communica (le lettere ovvero gli estratti) e ne piglia risoluzioni. —
Was die estratti sind, erkläre ich später.
n Lämmer 466: der Geheimsecretär bringt le sue commissioni in scritto . . .
inanzi al cardinale della signatura, il qnale n’Ä arbitro, censore e giu-
dice et alla sua presenza cassa, aggiugne, muta e sottoscrive quel
che gli pare . . . cosi il secretario fa la sua expedizione non solo legi-
tima, come gli b stata concesso, ma autentica con la mano e sigillo di
un cardinale.
48
IX. Abhandlung: v. Sickel.
unterbreitet worden. 1 Für die Correspondenz Rom-Trient gilt
also als Regel, dass die Briefe im Namen des Cardinais
Borromeo abgefasst und von ihm subscribirt worden sind,
dass sie aber im Geheimsecretariat dictirt und mundirt worden
sind; in einigen Fällen fügt der Cardinal eigenhändig eine Nach
schrift bei, und in ganz seltenen Fällen schreibt er auch selbst
einen ganzen Brief. 2
Häufig hat sich der Papst nicht begnügt seine Befehle zu
ertheilen und deren Ausführung zu überwachen, sondern hat
in die letztere persönlich eingegriffen. Es wird z. B. den Legaten
in einem Briefe gemeldet, dass noch ein zweiter an sie gerich
teter bereit liege, aber noch nicht expedirt werden könne, weil
1 In einem Briefe des Cardinais von Como <on Borromeo (1565 September 29,
Original in der Bibi. Ambrosiana) wird von einem die concessio calicis
für den Sprengel von Aquileja betreffenden Breve gesagt: il breve e
sigillato, ma non si 6 perö ancora mandato, havendo detto S. S l “ di vo-
lere prima releggere la minuta.
2 Bisher kenne ich nur ein ganz autographes Schreiben des Cardinais
an die Legaten vom 27. November 1563, welches, da Pallavicino
XXIV, 4 Nr. 5 es nicht gefunden zu haben erklärt, von mir später ver
öffentlicht werden wird. Dass Borromeo hier seihst zur Feder griff, ge
schah nicht um den Inhalt in Rom geheim zu halten, sondern nur weil es
an der Zeit mangelte den Brief in der gewohnten Weise auszufertigen. —
Wie wir sehen werden, sind auch durchaus private Mittheilungen des
Cardinais an einen der Legaten im Geheimsecretariat aufgesetzt worden,
obwohl derselbe sein Privatsecretariat hatte. Und ich kenne bisher nur
ein einziges von ihm nach Trient gesauntes Schreiben, welches, obwohl
es Amtsangelegenheiten betrifft, von einem seiner eigenen Secretäre,
nämlich von Valerius Amanius verfasst und unterfertigt ist (Abschrift
desselben im Libro delle spese).
Ueber die Concipienten der Proposte weiss ich nur wenig zu
sagen. Wären uns, wie von den verschiedenen Arten der Breven, die
Minuten erhalten, so würden wir Stück für Stück einem bestimmten
Verfasser zuweisen können. In Ermanglung derselben sind wir auf Ver
muthungen angewiesen. Nach seinen eigenen Aeusserungen will Carga
sehr viele dieser Briefe concipirt haben. Aber dass er die ganze Corre
spondenz mit den Legaten, Nuntien u. s. w. besorgt, erscheint mir geradezu
unmöglich. Es werden ihm die andern Untergebenen Galli’s und nach
Gelegenheit Familiäre des Papstes und des Cardinalnepoten bei Abfassung
der italienischen Briefe geholfen haben. Und sicher hat man sich in
den selteneren Fällen, dass in lateinischer Sprache geschrieben werden
sollte, an die als gute Latinisten bekannten Männer der Curie gewandt,
wie an Poggio oder Amaltheo, auf welche ich zurückkomme.
Römische Berichte. I.
49
sich der Papst die Sache noch einmal überlegen und etwas
beifügen wolle. Und an Nachschriften, welche Pins einem In-
grossator in die Feder dictirt oder auch selbst geschrieben hat,
ist kein Mangel. Seine persönliche Betheiligung geht noch weiter.
Wenn eine Frage ihn besonders interessirt, wenn er glaubt,
dass seine Willensmeinung in einem Briefe seines Nepoten nicht
ganz zum Ausdruck gekommen ist oder wenn er jeden Zweifel
daran, dass sein Befehl so und so laute, beheben will, so lässt
er den Legaten im eigenen Namen verfasste Proposte zugehen,
welche, wenn sie im Geheimsecretariat mundirt werden, noch
einen Zusatz von des Papstes Hand aufweisen, ausnahmsweise
auch ganz von ihm selbst geschrieben werden. 1
Als di’itten Schreiber der nach Trient gesandten Briefe
habe ich Galli zu nennen. Wenn Borromeo verhindert ist, was
allerdings nur selten der Fall ist, correspondirt statt seiner der
Geheimsecretär. Ganz vereinzelt mag er auch ohne dessen
speciellen Auftrag und ohne Wissen des Cardinalnepoten nach
Trient geschrieben haben, aber doch nur im Sinne desselben.
Immer hat, soviel ich sehe, volles Einvernehmen zwischen
beiden geherrscht. Und dass Galli auch den Papst mit den
von ihm geleisteten Diensten vollständig zufrieden gestellt hat,
ist zweifellos. 2
Auch über die Empfänger der proposte, die zugleich die
Schreiber der risposte waren, stelle ich hier die erforderlichen
Daten zusammen. — Im Consistorium vom 14. Februar 1561
hatte der Papst zunächst Puteo und Mantua zu legati a latere
huic consilio nomine S tis S. praefuturi bestellt, dann in der Sitzung
1 So liegen vom 11. Jänner 1562 ein ganz autographer Brief an die ge-
sammten Legaten und ein zweiter an den Cardinal von Mantua allein
vor. — Vgl. auch die in Theiner, Acta gen. praef. XVI veröffentlichten
Briefe vom 30. November 1563.
2 Auf ihn bezieht sich wahrscheinlich was Carga, wo er von der Wahl
des Secretärs redet, sagt: onde si come e del tutto escluso chi e in-
sufficientc et diffidente, cosi uno di mediocre inteliigenza conosciuto et
esperimentato buono et leale n’ e ordinariamente eletto e, si conserva
il possesso e ne ha, secondo che dall’ effetto si vede, la mercede et li
premii convenienti. e nella bolla (di Innoceuzo VIII) una clausola che
specifica che questo secretario sia ad nutum amovibilis, ma non gli e
pero pregiuditiale, anzi lo coniirma et l 1 obliga esser piii acurato e piu
fedele in tutte le sue operationi.
Sitzungsber. d. phil.-liist. CI. CXXXIII. Bd. 9. Abh.
4
50
IX. Abhandlung: v. Siclcol.
vom 10. März noch Seripando, Hosius und Simonetta. Von letz
terem Tage datirt auch das für Alle ausgestellte Ernennungsbreve.
Mantua weilte damals in seiner Heimat, Hosius versah die Nun
tiatur am Kaiserhofe und Puteo war in Rom, aber krank: so
wurde nur Seripando und Simonetta am 17. März das Kreuz
überreicht und das übliche Geleit bis vor das Thor von S. Peter
gegeben. Mantua war schon damals aufgefordert worden, sich
baldmöglichst nach Trient zu begeben, erwirkte aber Aufschub
bis nach Ostern (6. April). Mit dem Brief des Papstes vom
22. März, in welchen ihm Frist bis nach den Osterfeiertagen und
Weisung für sein Verhalten in nächster Zeit gegeben wurden, und
dem des Cardinais Borromeo vom 23. (Anhang Nr. 1 und 2)
gleichen Inhalts hebt die Reihe der Proposte an. 1 Mantua beeilte
sich noch immer nicht, sondern wartete auf Seripando, welcher am
26. März Rom verlassen hatte. Beide zogen endlich am 16. April
in Trient ein, vom Cardinal von Trient und den bisher einge-
troffenen neun Bischöfen festlich empfangen, worüber beide
am 17. nach Rom berichteten: das ist die erste Risposta dieser
Correspondenz. 2
Am 20. August kam Hosius (von Wien abgereist am 1.
oder 2.) in Trient an und am 9. Dezember Simonetta (von Rom
abgereist am 19. November). Inzwischen hatte der kränkliche
Puteo die Enthebung von der ihm zugedachten Würde erwirkt.
Musste ein Ersatz gesucht werden, so wurde in Rom von vielen
1 So in dem Vaticaiiisc.hen Register dieser Correspondenz. In der Samm-
lung der in der Ambrosiana zu Mailand aufbewahrten Originale gehen
allerdings voraus 1. Borromeo an Mantua vom 20. December 1560; aber
diese Zahl ist verschrieben und der Brief gehört, wie auch das Empfangs
datum besagt, in das Jahr 1561, und 2. derselbe an denselben vom 8. März
1561, Empfehlungsschreiben für den Concilsnotar Marcantonio Pelle-
grini. Inwieweit derartige Briefe zur conciliaren Correspondenz zu rechnen
sind, das ist eine Frage, welche ich bei Besprechung der amtlichen Re
gister erörtern werde.
2 Im Gonzaga-Archiv zu Mantua, Busta 1938 drei Briefe Massarello’s an
den Cardinal von Mantua vom 4., 8. und 15. April. Im ersten die Bitte
den Einzug in Trient bis zum Eintreffen von Seripando zu verschieben,
si per fuggir il dupplicar cosi spesso questa cerimonia dell’ intrata
publica, come per esser piü ex dignitate ch' intrassero ambedue insieme
che fra pochi giorni separatamente. Im dritten wird vorgeschlagen, den
Einzug am 16. gegen 21 Uhr zu halten, und zu diesem Behufe die
Pontihcalien im Heiligenkreuz-Kloster anzulegen.
Römische Berichte. I.
51
Seiten geltend gemacht, dass. das bisherige Präsidium seiner
Aufgabe kaum gewachsen sein werde und durch mehrere in
der Theologie und im Kirchenrecht besser bewanderte Legaten
verstärkt werden müsse. Zunächst gab doch ein andrer Gesichts
punkt den Ausschlag. Ein Schwestersohn des Papstes, Marc
Sittich von Hohenems (in Rom Altaemps genannt), erst 1560
und ohne alle Vorbildung in den geistlichen Stand getreten,
bestimmt Coadjutor des Bischofs von Constanz zu werden,
am 26. Februar 1561 zum Cardinal creirt, wurde am 19. No
vember darauf im Consistorium zum Legaten ernannt. Man
hegte die Hoffnung, welche allerdings nicht in Erfüllung ging,
dass der deutsche Clerus der Einladung zum Concil williger
Folge leisten werde, wenn ein Cardinal deutscher Abkunft
mit zur Leitung desselben bestellt sei. Der junge Cardinal
schob seine Abreise nach Trient möglichst hinaus, traf dort
erst am 1. Februar 1562 ein, verliess, sobald sich ihm Anlass
bot, die Stadt wieder, und bat so lange uni Enthebung von
der Legation, bis sie ihm auf Fürsprache des Cardinais von
Mantua im Jänner 1563 bewilligt wurde. 1
Dem Cardinal von Mantua war von Anbeginn an die
oberste Leitung der Verhandlungen und der Geschäfte zu-
gedacht, und trotz mancherlei Reibungen, welche ich noch zu
erwähnen haben werde, stieg er immer mehr zu dominirender
Stellung empor. Daher wurde man in und ausser Trient um den
Fortgang des Concils besorgt, als Mantua Ende Februar 1563 von
schwerer Krankheit ergriffen wurde und derselben am 2. März
1 In Hinblick auf den später zu besprechenden tom. 49, welcher die
Particularbriefe an Altems enthält, habe ich oben Einiges eingeschaltet,
was zu deren Verständniss erforderlich ist, und füge hier noch Folgendes
hinzu. Ein weiteres Motiv für diese Ernennung gibt Cusano an, s. Sichel,
Aktenstücke S. 138. Einen für die Stellung des Cardinais lehrreichen
Brief vom 11. Jänner 1562 drucke ich im Anhänge Nr. 7 ab. Dass
Altems in kritischen Momenten gute Dienste geleistet hat, erkennt auch
Pallavicino an, obgleich ihm die Briefe an den Cardinal in tom. 49 ent
gangen zu sein scheinen. Interessant ist, dass die Ankunft des Cardinais
von Lothringen den Ausschlag für die Abberufung von Altems gab,
s. Anhang Nr. 8. Nachdem dieselbe auch vom Mantuaner befürwortet
worden war, schrieb Borromeo am 23. Jänner 1563 (tom. 49 fol. 164 und
tom. 55 fol. 95) seinem Vetter: poträ venirsene (nach Rom*) a (juesta
volta a piacere suo, dove S. S 14 et noi altri la vederemo tutti volontieri.
4*
52
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Abends nach 10 Uhr erlag. 1 Die Kunde davon traf schon am
6. Abends in Rom ein, zAvei Wochen später die weitere, dass
auch Seripando am 17. März gestorben war.
Das ganze Jahr zuvor war daran gedacht worden, den
damaligen vier Legaten andre beizugesellen, und offenbar hatte
der Papst seine Wahl bereits getroffen. So vermochte er, als
die Nachricht vom Tode Mantua’s einlief, schon am 7. März
Morgens die zufällig versammelten Cardinäle mit der Erklärung
zu überraschen, dass er Morone und Navagero zu Legaten
designirt und zu schleuniger Abreise aufgefordert habe. 2 Vom
1 Im Anhänge Nr. 9—11 drucke ich die drei Briefe und ein Postscriptum
ab, welche die Collegen des eben verstorbenen ersten Präsidenten Tags
darauf nach Rom schrieben und, wie sie in weiteren Briefen vom 4.
berichten, am 3. Abends durch Courier absandten. Vorausgehenden
Berichten und einem noch ungedruckten Diarium entnehme ich die
folgenden Daten. Der Mantuaner hatte die Risposten vom 22. noch mit
unterzeichnet. Am 23. hatte er, obwohl schon vom Fieber ergriffen,
noch an einer Privatcongregation theilgenommen. Seit dem 24. bettlägerig,
überliess er es den Collegen am 25. wieder nach Rom zu schreiben. Aber
er empfing noch am 27. den von Innsbruck heimgekehrten Cardinal von
Lothringen und am 28. seinen Neffen den Herzog von Mantua. An diesem
Tage gab man bereits alle Hoffnung auf.
2 Vom Jänner 1563 an steht uns eine neue Quelle zu Gebote, nämlich im
Cod. Vat. 7061 die Acta s. consistorii sub Pio IV. P. M. a die 1. Januarii
1563 usque ad diem 7. Novembris 1565 inclusive, scripta per b. m. car-
dinalem de Gambara (damals presidente di camera). Diese Aufzeichnungen
sind bald ganz knapp, bald sehr ausführlich gehalten. Zum 7. März heisst
es: liabita est ad d. Petri post missam congregatio generalis, in ea decreti
sunt legati ad concilium Tridentinum Moronus et Navagerius cardinales
suffecti in locum cardinalis Mantuani nuper vita functi, und zum 17. März:
data fuit crux Morono et Navagerio ad synodem Tridentinum euntibus. —
Dafür, dass Navagero vom Papst ins Auge gefasst worden war und sich
auch bereit erklärt hatte, bevor an den Tod des Mantuaners nur ge
dacht wurde, zeugt ein Brief des Cardinais Navagero an Camillo Olivo
in Trient, der allerdings ohne Datum überliefert ist, aber die Hoffnung
mit dem Cardinal von Mantua zusammenzuwirken ausspricht. Indem
Navagero- hier auf ein Schreiben, mit welchem Olivo ihn willkommen
geheissen hatte, antwortet, gibt auch er dem Wunsche Ausdruck, dass
es bald zum Schlüsse des Concils kommen werde: che le nozze hanno
da finire e i legati, prima che adempino le loro legationi, havrano bisogno
d’altri legati; andro dunque. — Ich fand diesen Brief im Cod. Vallecell.
L. 10, betitelt Navagerii epistolae, 73 nur zum Theil beschriebene Blätter.
Leider enthält er nicht ein einziges Particularschreiben (s. S. 55) dieses
Cardinais von Trient nach Rom.
Römische Berichte. I.
53
11. datirt das beide ernennende Breve und am 17. erhielten sie
das Legatenkreuz. Morone verliess am 23. Born und hielt am
10. April seinen feierlichen Einzug in Trient, während Na vagere
erst am 25. März auf brach, sich unterwegs in Venedig auf
hielt und so erst am 28. April in Trient eintraf. Inzwischen
hatte sich Morone am 16. April an das kaiserliche Hoflager in
Innsbruck begeben, von wo er erst am 17. Mai nach Trient
zurückkehrte. Bis dahin fungirte Ilosius als primus ad praesens
legatus oder als primus nunc praesidens. 1 Die Daten für die
Abreise dreier Legaten habe ich schon S. 30 angeführt, so
dass ich hier nur wenig nachzutragen habe. Der Schluss des
Concils erfolgte am 4. December 1563, d. h. etwas früher als
man in Rom erwartet hatte; die Kunde davon traf etwa am 9.
in Rom ein. 2 So erklärt sich, dass am 4. noch einmal Briefe
an sämmtliche Legaten und an jeden einzelnen abgesandt
wurden. Damals wusste man in der Curie schon, dass Morone
und Simonetta so bald als möglich Trient zu verlassen und
direct nach Rom zu reisen gewillt waren: so wurde ihnen
nach dem 4. nicht mehr nach Trient geschrieben. 3 Dagegen
war Hosius und Navagero bereits die Ei'laubniss ertheilt worden,
sich wie sie wünschten in ihre Sprengel zu begeben, und da
man voraussetzte dass sie die Abreise nicht so sehr beschleunigen
würden, 3 wurde beiden von Rom aus nochmals am 11. December
1 Dort wo ich von den betreffenden Theilen der Correspondenz zu reden
haben werde, werde ich das Itinerar des Cardinais Morone für die Inns
brucker Reise angeben, desgleichen das Itinerar des Cardinais von Loth
ringen, des Bischofs Visconti u. a.
2 Auf dem Originalbrief der Legaten vom 4. December ist der Tag des
Einlaufs nicht vermerkt worden. Ich fand ihn auch sonst nicht an
gegeben. Aber schon am 10. (so nach Epist. Pog. 3, 372, während Palla-
vicino vom 12. spricht) machte der Papst einigen Cardinälen Mittheilung
vom Schlüsse des Concils.
3 Wann beide in Rom eingetroffen (Sarpi behauptet vor Weihnachten), habe
ich noch nicht festzustelleu vermocht. Weder aus der vom Papst am
30. December im Consistorium gehaltenen Rede, noch aus dem Consistorial-
protokolle geht hervor, ob die beiden Legaten dieser Sitzung schon bei
gewohnt haben.
4 Betreffs Navagero s. S. 30. —■ Hosius, der wieder in Geldnoth war,
scheint erst am 18. December (cf. Lagomarsini in Epist. Pogiani 3, 378)
abgereist zu sein.
54
IX. Abhandlung: v. Sickel.
geschrieben, womit die ganze Correspondenz zwischen der
Curie und den Legaten ihr Ende fand.
Ich trage hier nach, dass die Legaten, obgleich hei der
ersten Bestellung derselben am 10. März 1561 nicht der geringste
Unterschied gemacht wurde, in allen Urkunden, Akten und
Diarien in bestimmter Reihenfolge und Rangordnung erscheinen.
In der ersten Periode ist Mantua primus praesidens: als solcher
nimmt er in den Sitzungen den Mittel-, d. h. den Ehren
platz ein, unterfertigt als erster die Briefe, nimmt die an die
Legaten gerichteten Briefe in Empfang u. s. w. — ebenso sein
Nachfolger Morone. 1 Mantua kam als Repräsentant des Präsi
diums nach aussen zu statten, dass er aus fürstlichem Geschleclite
und mit Glücksgütern ausgestattet war. Er bezog als Legat
nicht mehr als seine Collegen, nämlich 500 scudi d’oro in oro
monatlich und konnte sich doch dank seinen eigenen Revenuen
zweimal so viele Diener und Pferde halten als die anderen
Präsidenten (s. S. 22). Und dass er ein fürstliches Haus ge
halten hat, bezeugt auch eine Notiz über die Mobilien, welche
nach seinem Tode von Trient nach Mantua geschafft wurden. 2
Bevor ich verfolge, wie die höhere Stellung von Mantua und
Morone auch in der Correspondenz mit der Curie zum Aus
druck kam, muss ich hier weiter ausführen, dass wir es mit
zwei Kategorien von proposte und risposte zu thun haben.
1 Paleotto 24: medius inter eos cardinalis Mantuanus. Legatus ei pro-
ximior in gradu oder secundus praesidens war Seripando. Alles genau
wie in den früheren Sitzungen und dem allgemeinen Grundsätze ent
sprechend, dass das Alter der Promotion massgebend ist. Mantua war
schon 1527 zum Cardinal creirt und Morone 1542, dagegen Seripando,
Hosius, Simonetta, Altaems, Navagero sämmtlieh am 26. Februar 1561.
Nur das eine weiss ich mir nicht zu erklären, dass Puteo, solange von
ihm als Legaten die Rede war (s. S. 50), stets vor Mantua genannt wird,
obwohl er erst 1551 den Cardinaishut erhalten hatte.
2 In tom. 146 hat sich ein Schreiben der Legaten vom 10. März 1563 er
halten, gerichtet an datieri, gabellieri et altri riscotori de passi, welche
aufgefordert werden, die Effecten des verstorbenen Cardinais von Mantua
frei durchzulassen. Aufgezählt werden Möbel, Tapeten und allerlei Ein
richtungsgegenstände bis zum Kiichengescliin-hinab; aber, wie ich gleich
hier bemerken will, von Büchern, Akten oder Briefschaften ist nicht
die Rede — quali robbe tntte insieme asceudono alla summa di some
numero 530.
Römische Berichte. I.
00
Von jeher hatten die Päpste, wenn sie zu gleicher Zeit
an ein und demselben Ort mehrere Vertreter unterhielten,
hald mit der Gesainmtheit, bald mit jedem einzelnen brieflichen
Verkehr gepflogen. Als nun in Trient vier bis fünf Legaten
fungirten, mussten die Briefe an die einzelnen an Zahl, Umfang
und Bedeutung zunehmen. Pallavicino hat mit Recht von
diesen ebenfalls Gebrauch gemacht und hat auch in seinen
Citaten vielfach geschieden zwischen lettere a’ oder de’ legati
in comune und in particolare. 1 Aber bei wenn auch flüchtiger
Durchsicht des Materials habe ich den Eindruck gewonnen,
dass sich aus der Einzelcorrespondenz noch Vieles lernen lässt,
und dass bei strengerem Auseinanderhalten des Inhalts der
Briefe der einen und der andern Art manches in anderem
Licht erscheint. Wie dem aber auch sei, indem ich hier von
der Anlage und dem Werth der Register dieser Correspondenz
handeln will, muss ich die Scheidung zwischen den beiden
Arten in den Vordergrund stellen. Ich suche deshalb an
einigen nahe liegenden Beispielen zu veranschaulichen, wieviel
Anlass damals zu gesonderter Correspondenz mit den einzelnen
Legaten gegeben War. 2
Jeder derselben hatte an der Curie seine eigenen und
seiner Clientei Interessen wahrzunehmen, und musste die Nach
theile der Abwesenheit von Rom durch lebhaften schriftlichen
Verkehr mit den dort massgebenden Personen wettzumachen
suchen. Zugleich gaben Fragen höherer Ordnung Anlass zu
gesonderter Correspondenz. Wie innerhalb des damaligen Car-
dinalscollegiums die Meinungen über die grossen und Meinen
Tagesfragen noch sehr auseinandergingen, so nicht minder
innerhalb der kleinen Schaar von Männern, welche auserwählt
und nach Trient entsendet worden waren, dort in grösseren
Kreisen möglichste Einigung zu erzielen. War es da Vor
bedingung, dass die Legaten unter sich eins wurden oder sich
wenigstens Schweigen auferlegten, so haben sich Pius IV.
1 Lettere particolari sind auch gemeint, wenn Pallavicino als Schreiber
oder Adressaten nur einen Legaten nennt.
2 Im Verkehre der Curie mit den Nuntien wiederholt sich die gleiche
Erscheinung, vgl. in Miscellanea di storia italiaua 6, 20 sq. die an Borro
meo gerichteten Briefe in nome di Mons. Varmiense, Delfino e Commen-
done oder comune con Mons. Delfino.
56
IX. Abhandlung: v. Sickol.
und Borromeo die ganze Zeit hindurch redlich Mühe gegeben
zu vermitteln und zu besänftigen, auf der einen Seite zu
grösserem Eifer anzuspornen und auf der andern den Ueber-
eifer zu zügeln, und haben in gewissen Fällen und Momenten
das entscheidende Wort ausgesprochen. Eventuell haben Ver
trauensmänner, die zwischen Born und Trient hin und her
gingen, Eintracht zwischen den Legaten stiften und das volle
Einvernehmen zwischen der Curie und dem Präsidium her-
stellen müssen; insoweit aber das gleiche Ziel auf schriftlichem
Wege angestrebt wurde, musste mit den einzelnen Legaten
correspondirt werden, bevor eine Weisung an die Gesammtheit
erfolgen konnte.
Natürlich sind die particularen Correspondenzen nicht von
gleichem Werth und Gewicht: diese richten sich nach der
Persönlichkeit, nach der Stellung, welche sich jeder einzelne
Legat auf dem Concil zu erringen verstanden hatte, und nach
dem Vertrauen, welches ihm seitens des Papstes und der Curie
entgegengebracht wurde. In der ersten Periode stehen Simo-
netta und Mantua im Vordergründe, aber jener traf doch erst
zu Ende des Jahres 1561 in Trient ein, Mantua dagegen als
der erste, und überdies sollte er als der Rangälteste die Leitung
übernehmen. Gleich der erste an ihn gerichtete Brief (s. Anhang
Nr. 1) bezeugt, dass ihm die Rolle des Führers zugedacht war
und dass ihm der Papst damals volles Vertrauen schenkte.
Bezeichnender ist, wie Altaemps angewiesen wurde sich dem
Cardinal von Mantua vollständig unterzuordnen (s. Anhang
Nr. 7). Zu zahlreichen Briefen an Mantua allein gab Anlass,
dass er über den grösseren Theil der dem Concil zugewiesenen
Gelder zu verfügen hatte, nämlich über die den poveri prelati
oder auch dem Orator der katholischen Eidgenossen zuge
dachten Subventionen: er hatte sie nicht allein auszuzahlen,
sondern hatte auch deren Höhe zu bemessen. Dabei verblieb
es, selbst als mit der Zeit Mantua in Ungnade gefallen war.
Schon in der Residenzfrage war es auf dem Concil heiss zu
gegangen und hatte Mantua nicht den Erwartungen entsprochen.
Er und ebenso Seripando pflichteten der vorherrschenden
Meinung bei, dass die Residenz iuris divini sei, und dass
dieses in dem in Berathung begriffenen Decret zu erklären sei.
Die Gegner, an ihrer Spitze Simonetta, welcher seinen Collegen
Römische Berichte. I.
57
auf dem Gebiete des canonisclien Rechts überlegen war, sahen
in solcher Erklärung eine Schmälerung der päpstlichen Auto
rität, verklagten Mantua und Seripando in Rom und fanden
insbesondere bei dem Papste Gehör. Dieser gab in seiner
lebhaften Art der Unzufriedenheit mit dem ersten Präsidenten
rückhaltslos Ausdruck, so dass man in Rom schon von der
Abberufung Mantua’s oder doch von der Ernennung weiterer,
dem päpstlichen Stuhle ergebenerer Legaten sprach. Solchem
Schimpfe zuvorzukommen, bat der Cardinal um seine Ent
lassung. Indem Borromeo und andere vermittelten, lenkte
Pius IY. ein, und Simonetta musste sich schliesslich mit Mantua
wieder versöhnen. Diese und ähnliche Vorgänge hat Pallavicino
um so weniger verschwiegen, als er der Deutung derselben
durch Sarpi entgegentreten wollte und musste. Aber auch
seine Darstellung wird sich im Einzelnen noch ergänzen und be
richtigen lassen an der Hand der damals zwischen dem Papste
und Borromeo einerseits und den einzelnen Legaten anderer
seits gewechselten Briefe. Sie bezeugen zugleich dass, wie
ich schon bemerkte, die dem Cardinal von Mantua einge
räumten Befugnisse, auch während mit ihm gehadert wurde,
nicht angetastet wurden. Mit der Zeit kehrte auch das Ver
trauen zu ihm wieder, so dass ihm allein geschrieben wurde,
bis zu. welchen Zugeständnissen der Papst allenfalls in der
Kelchfrage gehen wollte, oder wie er den Präcedenzstreit
zwischen Spanien und Frankreich auszutragen oder auch nicht
auszutragen gedachte, und dass ihm allein aufgetragen wurde,
diesem oder jenem Beamten oder Mitgliede des Concils namens
des Papstes eine Verwarnung zu ertheilen.
Morone, wie er seinem Vorgänger Mantua überlegen war,
hat in noch höherem Grade als dieser seine Collegen, insbe
sondere auch Simonetta, überragt. Er theilte so wenig als
Mantua des letzteren Anschauungen, kam aber, wie im letzten
Jahre innerhalb der Kirchenversammlung die Verhandlungen
gepflogen worden sind, nie mit ihm in einen Conflict. Seit
der Ankunft des Cardinais von Lothringen in Trient (Novem
ber 1562) hatte es sich immer mehr herausgestellt, dass es
einer Verständigung mit den Grossmächten über den Gang und
den Ausgang des Concils bedurfte, und dass zu solchem Behufe
wie in Rom und von Rom aus, so auch in Trient und von
58
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Trient aus politische Negociationen geführt werden mussten. Die
Frage, wer unter den Cardinälen solcher Aufgabe am meisten
gewachsen sei, war vom Papste bereits erwogen und wohl auch
beantwortet, bevor er die Nachricht vom Tode Mantua’s er
hielt. Erschien ihm Morone als der geeignetste, so konnte er
ihm nun auch den erledigten Posten des ersten Präsidenten
zuweisen. Dass Morone gleich bei Antritt desselben die schwie
rige Aufgabe mit dem Kaiser in Innsbruck zu verhandeln mit
Erfolg gelöst hatte, sicherte ihm fortan den massgebenden Ein
fluss und bewirkte, dass sich die Collegen seiner Führung willig
unterordneten. 1 Allerdings tauchten immer neue Schwierig
keiten auf und drohten mehr als ein Mal das Concil scheitern
zu machen. Dass Morone ihrer doch immer wieder Herr
wurde, dankte er nächst seiner grossen Befähigung und ganzen
Hingabe dem unbedingten Vertrauen, welches ihm, dem Lands
manne und dem alten Freunde, P. Pius IV. schenkte. Diesen
beirrte es nicht, dass die strengere Partei nach wie vor gegen
Morone Argwohn hegte und ihm in Rom wie in Trient Hinder
nisse bereitete. 3 Gerade Morone weihte der Papst in seine ge-
1 Es schädigte sein Ansehen und seinen Einfluss nicht, sondern erleichterte
ihm die Erfüllung höherer Pflichten, dass die Gebahrung mit den Geldern
und die Vertheilung der Subventionen ihm abgenominen und als ge
meinsame Angelegenheit behandelt wurden. Diese Aenderung griff sozu
sagen von selbst Platz. Als Mantua starb, war die Kasse in Trient leer,
und bis in Rom neue Vollmachten ansgestellt wurden, weigerten sich
die Banquiers in Venedig das bei ihnen deponirte Geld auszufolgen.
Hosius und Simonetta (denn Seripando starb ja wenige Wochen nach
Mantua) kamen in die grösste Verlegenheit. Endlich wurde ihnen das
Geldgeschäft übertragen. So sind fortan die Briefe des thesoriere gene
rale Donato Matteo Minale an die legati in comune gerichtet und ebenso
die diesbezüglichen Schreiben des Cardinais Borromeo.
2 Im October 1563 ist in der Correspoudenz mit Morone vielfach die Rede
von scritture sopra il proponentibus legatis, welche Morone dem C. Borro
meo und durch diesen dem Papste hatte zustellen lassen, welche aber
vor andern Personen geheim gehalten und an sicherem Orte aufbewahrt
werden sollten. Obwohl Borromeo dieses zugesagt und auf die Papiere
wohl Acht gehabt hatte, waren sie in die Hände des Cardinais von Ales-
sandria gerathen, welcher, als Borromeo und Galli sie zurückverlangten,
antwortete, che a lui pare ch’ ella (nämlich la fede, eine zu jenen Pa
pieren gehörige Erklärung) sta meglio e piü sieuro in poter del s. officio,
etiam pro servitio particolare di V. S. 1 ll ma (Morone), perche quivi le
Römische Berichte. I.
59
heimsten Wünsche und Pläne ein, um sich von ihm Rath zu
erholen und denselben auch zu befolgen. 1
Ein Moment hebe ich noch aus der mit den beiden ersten
Legaten geführten Correspondenz hervor, dass nämlich die
Entscheidung zuweilen in Mantua’s und häufiger in Morone’s
Hände gelegt worden ist. Beiden wurden Schreiben an den
Kaiser oder Weisungen an die Nuntien nicht blos behufs
Einsichtsnahme zugestellt, sondern mit der Aufforderung sie
zu prüfen und sie nach ihrem Ermessen weiter zu befördern
oder auch zurückzuhalten. Ebenso ist es beiden oft anheim
gegeben worden, ob sie dies oder jenes ihren Collegen an
vertrauen wollen. Morone wird z. B. geschrieben: N. S. si
rimette a la prudenza di V. S. 111 ma , se le piace di commu-
nicare o tutto o parte a li 111“ 1 colleghi. Lehrreicher ist der
am 27. November 1563 beobachtete Vorgang, als nach Trient zu
melden war, dass der Papst von besorgnisserregender Krankheit
heimgesucht sei. Borromeo schrieb ganz eigenhändig eine
scritture si conservano sicuvissime, und auf weitere Vorstellungen, ehe
non ce la darebbe mai, se non per ordine di S. S‘“ in seriptis, poiche
questa scrittura per ordinario ha da stare con 1’ authentico del processo
che sta in poter del detto s. officio. — Vgl. den Brief Musotti’s an Borro
meo vom 17. Juni 1563 (Anhang Nr. 12), laut dem der Concillegat Se-
ripando Besorgnisse hegte, weil alcuno di quei signori de l’Inquisizione
ragiouava contra de la persona sua molto libcramente.
1 Davon legt fast jeder Brief an Morone Zeugniss ab. Aber sie alle ins-
gesammt genügen noch nicht um alle Phasen kennen zu lernen, welche
die Stimmungen und Anschauungen des Papstes durchlaufen haben. Da
die Proposte, auch wenn Pius IV. selbst zur Feder griff, durch das
Geheimsecretariat gingen, liess der Papst Morone und eventuell auch den
andern Legaten seine Ansichten und Absichten etwa mündlich, nämlich
durch nach Trient entsendete Vertrauensmänner kund thun. Solche
Mission hat insbesondere Visconti gehabt. In ähnlicher Weise haben
die Legaten ihren Standpunkt dem Papste oder dem Cardinal Borromeo
durch ihre Vertrauten darlegen lassen. Morone bediente sich zu solchem
Beliufe zumeist des Luigi Fedele. Momentan wurde allerdings bei
dieser Art von Negociatiou, wie es beabsichtigt wurde, das Geheimniss
besser gewahrt. Doch alle diese Vertrauensmänner haben, was sie ver
handelt haben, gleichfalls zu Papier gebracht, so dass, soweit sich
ihre Briefschaften erhalten haben, uns die Geheimnisse erschlossen
werden. Auf die Aufzeichnungen Visconti’s und Fedele’s komme ich
noch zurück.
60
IX. Abhandlung: v. Siclcel.
lettera in comune, 1 welche aber eine erste Beilage erhielt,
laut welcher Morone und Simonetta, unter deren Adresse der
Brief abging, entscheiden sollten, se a lor parerh di tenere la
cosa solamente fra lor dui o pur di leggere in commune la
detta lettera allegata, und dann noch eine Nachschrift an
Morone allein, in welcher diesem die Geheimhaltung der Nach
richt so ans Herz gelegt wird, dass er wohl auch befugt
gewesen wäre, sie Simonetta ebenfalls vorzuenthalten. Wir
werden später sehen, wie das Secretariat die Bestimmung
eines jeden Briefes, nämlich ob er allen oder gewissen Legaten
oder nur einem gelte, ersichtlich zu machen suchte. Aber der
erste Präsident, welchem die Postpaquete zugestellt wurden, wird
vielleicht auch ohne ausdrückliche Ermächtigung den Collegen
den Inhalt eines Schreibens verschwiegen haben. Andererseits
haben Mantua und Morone nur für sie bestimmte Proposte
dem einen und andern Collegen vertraulich mitgetlieilt. Kurz,
nicht in jedem Falle ist die Correspondenz so wie es Borromeo
gewünscht hatte, behandelt worden.
Den Concillegaten fast gleichgestellt waren der Cardinal
von Lothringen und der Bischof von Ventimiglia Visconti.
Schon die Anmeldung des Erscheinens des ersteren auf dem
Concil wirbelte viel Staub auf. Sein inniger, wenn auch nicht
eingestandener Wunsch zum Legaten ernannt zu werden,
ging allerdings nicht in Erfüllung. Aber dem Führer des
französischen Clerus musste in Trient, wo er im November 1562
eintraf, und in Rom Rechnung getragen werden. Unterhandelte
er dann doch in Person über Concilsfragen mit dem Kaiser
in Innsbruck (Februar 1563) und endlich selbst mit dem Papst
und dessen Rathgeber (September 1563). Vor und nach diesem
Besuche in Rom ist mit ihm eine Particularcorrespondenz
geführt worden, welche der mit den Legaten an Wichtigkeit
wenig nachsteht. Hochofficiell ist dann auch der Briefwechsel
zwischen der Curie und Visconti gewesen. Als Verwandter
und Vertrauter Borromeo’s auserwählt zwischen den Concil-
legaten Frieden zu stiften und ihnen des Papstes letzte An- und
1 Es ist der Brief, von dem Pallavicino XXIV, 4 Nr. 5 sagt, dass er ihn
nicht gefunden habe. Ich gedenke diesen Brief mit andern auf den
Schluss des Concils bezüglichen später zu veröffentlichen.
Römische Berichte. I.
61
Absichten kund zu thun, war er im Mai 1562 nach Trient
gekommen, und weilte, abgesehen von einer Reise nach Rom
behufs mündlicher Berichterstattung und von einer Fahrt nach
Padua behufs Verhandlungen mit dem Lothringer, dort bis in
den Hei’bst 1563, die ganze Zeit in ebenso lebhaftem als vertrau
lichem Briefwechsel mit der Curie. Zu der Correspondenz mit
den Legaten, welche wir früher betrachteten, kommt also noch
weitere amtliche hinzu, ziemlich gleicher Entstehung und Ueber-
lieferung. An sie schliesst sich, wie wir schon sahen, mannig
faltige Privatcorrespondenz an, welche um ihres lehrreichen
Inhalts willen schon die Zeitgenossen geschätzt und kennen
zu lernen gesucht haben, welche dann die Curie ebenfalls in
ihren Besitz zu bringen und zu hüten getrachtet hat, welche
Sarpi und in grösserem Ausmasse Pallavicino und alle nach
folgenden Historiker ausgebeutet haben, ohne jedoch ihren
reichen Inhalt zu erschöpfen, so dass auch sie noch der Auf
merksamkeit der Forscher zu empfehlen ist. Es würde mich
jedoch zu weit führen, auch diese Gruppen der conciliaren Corre
spondenz in meinen Berichten ausführlich zu behandeln, und so
will ich gleich hier über die drei Gruppen dieser Art, welche
ich im Vaticanischen Archive gefunden habe, in Kürze berichten.
1. Muzio Colino, aus Brescia gebürtig, welcher dem
Cardinal Alojsio Cornaro 1555 auf dem erzbischöflichen Stuhle
von Zara nachfolgte, am 25. September 1561 in Trient eintraf
und dort bis zum Schlüsse der Kirchenversammlung weilte,
hat seinem Patron Cornaro fortlaufende Berichte nach Rom
gesandt. 233 dieser Briefe, welche vom 3. Oktober 1561 bis
zum 6. December 1563 reichen, haben sich in den Originalen
erhalten (tom. 69 und 70). Im Cod. Barberin. XVI. 57, welcher
Abschriften dieser Briefe enthält, wird in der Vorrede erzählt,
dass die Originale nach dem Tode des Cardinais Cornaro in
den Besitz eines seiner Familiären, des Rainolfo Rinalducci
kamen, und von einem Erben des letzteren Teodoro Rinalducci
dem Papste Alexander VII. geschenkt wurden, welcher sie
dem Geheimarchiv zuwies. 1 Aus dem Barberini-Codex wieder
abgeleitet ist tom. 141 des Vaticanischen Archivs, welches den
selben 1807 aus dem Nachlasse des Cardinais Arcliinto erwarb.
1 Vgl. Pallavicino XV, 13 Nr. 4 u. Nr. 7 (Randbemerkung).
62
IX. Abhandlung: v. Sickel.
2. Auch Cardinal Morone erhielt, bevor er selbst nach
Trient ging, von dort zahlreiche Berichte, zumal von seinem
Familiären und Nachfolger in Modena Egidio Foscarari. Des
letzteren Briefe liegen theils in Minuten und theils in Origi
nalen vor, jene in tom. 131 und diese in tom. 42. Soweit ich
die 95 offenbar beim Einbinden in Unordnung gerathenen
Blätter des tom. 131 geprüft habe, enthalten sie nur Fragmente
der ursprünglichen Sammlung, beginnend mit dem 12. Jänner
1562 (Foscarari war schon im April 1561 in Trient eingetroffen)
und reichend bis 4. März 1563. 1 Tom. 42 stammt offenbar
aus Morone’s Nachlass. Er enthält vornehmlich an diesen
gerichtete Originalbriefe, erst (f. 1—89) eine Gruppe aus den
Jahren 1542—1549, dann (f. 89—449) eine stattliche Sammlung
von Briefen aus den Jahren 1560—1562. Auf die Briefe von
Hosius, Dellino und Commendone komme ich in anderem Zu
sammenhänge noch zurück. Die des Egidio Foscarari heben
an mit einem noch aus Modena vom 2. April 1561 datirten;
aber schon der zweite ist aus Trient und vom 17. April.
Mögen auch einige Stücke dieser Correspondenz verloren ge
gangen sein, so ist uns doch hier gleich wie in den Briefen
des M. Colini ein fortlaufender Bericht über die Vorgänge
in Trient geboten. Ueberdies sendete Foscarari seinem Patron
Abschriften von zahlreichen an andere Adressaten in Trient
eingelaufenen Briefen ein, und so auch von Briefen, welche wie
mir scheint nur hier überliefert sind.
3. In dem ebenfalls aus Morone’s Nachlass stammenden
und spätestens unter Paul V. in das Vaticanisclie Archiv ge
kommenen tom. 32 findet sich f. 346—377 ein auf der ersten
Seite als quinternus quartus bezeichnetes lieft eines Registers von
Briefen, welche Luigi Fedele seinem Patrone Morone von Rom
aus schrieb, hauptsächlich um über die im Aufträge des Car
dinais an der Curie geführten Verhandlungen zu berichten.
Dieses Fragment enthält Briefe vom 9. Oktober bis 10. No-
1 Wahrscheinlich ist dies das von Pallavieino XV, 13 Nr. 4 erwähnte Re-
gistro di Frat. Egidio Foscarari, nach welchem er als piü intero e piü
copioso das Register des M. Colino nennt. — Tom. 131 stand früher im
Arm. LVII als Miseell. tom. 3. Demselben Armarium gehörten die jetzt
in die Concilakten als tom. 146—149 gestellten Bände an, welche eben
falls betitelt waren Miseellanea MSS. conc. Tridentini.
Römische Berichte. I.
63
vember 1563, dann noch einen unvollendeten, daher auch noch
nicht datirten Brief. Von der gleichen Correspondenz sind
einige Stücke (das erste unter ihnen vom 17. April 1563, also
bald nach Morone’s Abreise von Rom) im Original auf uns
gekommen. Im ersten bis f. 297 reichenden Theil desselben
Bandes 32 sind nämlich Originalbriefe des Papstes, des Kaisers,
der Legaten, verschiedener Cardinäle, Nuntien und anderer
Personen vom Jänner 1563 bis Juni 1564 zusammengebunden
worden, darunter auch einige des L. Fedele. 1 Dergleichen
Bruchstücke von conciliarer Correspondenz desselben Absenders
an denselben Empfänger oder anderer an andere mögen sich
in den zahlreichen Sammelbänden vielleicht noch mehrere
finden, wenn man, wozu ich nicht die Zeit hatte, Band für
Band genau untersucht.
IV. Die Ueberlieferung der eonciliaren Correspondenz.
Ob was von der eonciliaren Correspondenz im päpstlichen
Archiv als dem Hauptdepot erhalten ist, viel oder wenig ist,
ob es gut oder minder gut überliefert ist, das lässt sich nur
sagen, wenn man sich klar gemacht hat, was nach den Bräuchen
jener Zeit einmal vorhanden gewesen sein muss, und was aus
diesem ursprünglichen Vorrathe mit der Zeit geworden sein
kann. Dieses Soll, an dem unser Haben gemessen werden
will, lässt sich berechnen aus den allgemeinen Bräuchen und
aus den besonderen des Geheimsecretariats oder auch aus den
auf uns gekommenen Resten des einstigen Bestandes.
Bei dem schriftlichen Verkehr, mit dem wir es hier zu
thun haben, tritt jeder Brief von Anbeginn an in zwei Formen
auf: als Minute, welche bei dem Schreiber zurückbleibt, und
als Reinschrift, welche dem Destinatär zugeht und bei diesem
verbleibt. Für denselben Brief werden oft auch mehrere Minuten
aufgesetzt, nämlich bis eine gut befunden wird, was jedoch
nicht zur Folge hat, dass die ersten verworfenen Concepte
vernichtet werden. Weist etwa auch die letzte Minute zahl
reiche Correcturen auf, so pflegt man in den curialen Aemtern
von ihr noch eine Abschrift anzufertigen, welche sich von der
1 So f. 224 Original vom 10. Oktober 1563 und f. 359—363 Registercopie.
64
IX. Abhandlung: v. Sickel.
zu expedirenden Reinschrift nur durch das Fehlen der Unter
schrift und der Aussenadresse unterscheidet. 1 Ebenso wie die
Concepte sind auch die dem Empfänger zugedachten Rein
schriften oder Originalbriefe zuweilen in duplo ausgefertigt
worden. Geschah dies z. B. bei den Proposte an den 1561
nach Deutschland entsendeten Commendone, weil man in Un-
kenntniss des jeweiligen Aufenthaltes des Destinatärs nicht
sicher war, dass ein erster Brief an seine Adresse gelangt war,
so war dergleichen bei der Correspondenz mit den Legaten
in Trient nicht zu befürchten. Hier wurde aus anderem
Grunde zuweilen zweimalige Expedition beliebt. Es geschah
z. B. oft, dass in Rom an einem Mittwoche ein Schreiben der
Ordinaripost übergeben war, welche in der Regel am 7. Tage
in Trient eintraf, 2 und dass sich am folgenden Tage Anlass
bot einen Courier abzusenden, welcher bis Trient höchstens
fünf Tage gebrauchte: dann wurde letzterem auch eine duplieata
des Tags zuvor expedirten Schreibens mitgegeben. So ent
standen auch doppelte Reinschriften. Was die Erhaltung dieser
und der ihnen zu Grunde liegenden Minuten anbetrifft, so
müssen wir uns immer gegenwäi’tig halten, dass die ur
sprünglichen Sammelstellen verschiedene waren: die Originale
der Proposte und die Minuten der Risposte sind in Trient
gesammelt worden und sind erst in der Folge eventuell nach
1 Ueber Minuten der Correspondenz Trient-Rom berichte ich später. Von
der Correspondenz Rom-Trient hat sich meines Wissens nicht eine Mi
nute erhalten, und auch von Minuten anderer Proposte des damaligen
Geheimsecretariats kenne ich nur wenige. Diese aber beweisen, dass
dieses Seeretariat genau so gearbeitet hat, wie das dem domesticus Flore
bellus unterstehende Seeretariat der brevia ad principes und wie das
von Glorierius geleitete Seeretariat der gewöhnlichen Breven, so dass wir
aus der Beschaffenheit der aus diesen zwei Aemtern stammenden Con
cepte auf die des Geheimsecretariats schliessen können. Die von Glorierius
unterfertigten Originalminuten aus dem Pontificate Pius IV. befinden sich
in Arm. XLII, wie schon Friedensburg, 1. Einl. XX angegeben hat. Ver
weist dieser dann auf die Serie der brevia ad principes in Arm. XLIV,
so muss ich bemerken, dass die hier eingereihten Bände mit Breven
Pius IV. nur zu Anfang des 17. Jahrhunderts angefertigte Copien der
Minuten sind; die Originalminuten der betreffenden Jahre werden in
Arm. LXVIII aufbewahrt.
2 Sie ging damals am Mittwoch und am Samstag von Rom, und am
Montag und Donnerstag von Trient ab.
Römische Berichte. I.
65
Rom gekommen, während die Collection von Originalen der
Risposte und von Minuten der Proposte in Rom entstanden
und dort verblieben ist. Das ist namentlich für die unmittel
bar erfolgte Vervielfältigung massgebend geworden. Was aber
die Erhaltung der Originale bis auf den heutigen Tag anbe
trifft, so kann ich erst in anderem Zusammenhänge (s. S. 76—78)
berichten, was aus den einst in Trient eingelaufenen geworden
ist. Dagegen sei gleich hier gesagt, wie es mit den einst
nach Rom gesandten Originalen der Risposte steht: die der
Communecorrespondenz angehörigen liegen noch so gut wie
vollständig im päpstlichen Archive vor, während von den
Originalen der Berichte der einzelnen Legaten nicht ein ein
ziges Stück mehr aufzuiinden war.
Bevor ich die Reproduction der Briefe in extenso in ihren
mannigfachen Formen und Abstufungen verfolge, will ich von
einer Ueberlieferungsform reden, welcher von allen abgeleiteten
Formen die Priorität zukommt und welcher, obwohl sie ihnen in
etwas nachsteht, mehr Beachtung zu schenken ist, als ihr bisher
zu theil geworden ist. Zn den Obliegenheiten des Geheimsecretärs
gehört nach Carga, dass er die Briefe öffnet und ne fa gli es-
tratti; er kann auch diese Arbeit seinem Substituten über
tragen, muss dann aber die Extracte prüfen che si leggono al
papa b che ad altri si coinmunicano. Es handelt sich da
um einen alten, in ganz Italien nachweisbaren Brauch, den
Fürsten und ihren Ministern in der Regel das Lesen langer
Berichte zu ersparen und sie doch gut zu unterrichten. Zu
meist wurden die estratti oder sommarii oder capitula auf die
Rückseite der Briefe geschrieben, dann aber auch abgesondert.
Jenes finden wir unter Pius IV. sehr entwickelt; es weisen
z. B. die Originalbriefe des Hosius aus dem Jahre 1560 auf
der Adressenseite sehr ausführliche Inhaltsangaben auf, welche
mit nur geringen Veränderungen dann besonders copirt worden
sind. 1 Für die Pius IV. vorzulegenden Estratti scheint man
1 Nunz. di Germania vol. 64. — In unserer Edition der Nuntiaturberichte
werden wir dem Abdruck eines Briefes auch den des Extracts beifügen,
um darzuthun, dass letzterer in den meisten Fällen hinlänglich Ersatz
bietet, so dass es durchaus gerechtfertigt erscheint, statt der weitschweifigen
Berichte die unmittelbar nach dem Einlauf von sachkundigen Männern
angefertigten Summarien zu veröffentlichen.
Sitzungsbor. d. pliil.-hist. CI. CXXXUI. Bd. ‘J. Abh.
5
66
IX. Abhandlung: v. Sickel.
der Länge nach zusammengefaltete Folioblätter verwendet
zu haben, 1 welche dann zu Heften vereinigt wurden. Da uns
in tom. 138 solche Originalextracte erhalten sind, will ich nach
diesem die stilistischen Kennzeichen derselben hervorheben. 2
Nachdem in Kürze der Name des Schreibers und das Datum
des Schreibens angegeben worden sind (der Name wird jedoch
nicht wiederholt, wenn gleich eine Reihe von Summarien von
Briefen desselben Berichterstatters geboten wird), folgen ein
fach mit che eingeleitet die einzelnen aus der Eisposte hervor
gehobenen Mittheilungen. 3 Wie unter Borromeo gute Ordnung
gehalten worden ist, so scheinen von sämmtlichen eingelaufenen
Briefen Estratti angefertigt und auch aufgehoben worden zu
sein. 4 Aber auch diese werthvolle Sammlung ist von den päpst-
1 Siehe was ieli im Rüölo di famigliä S. 11 über die Schmalhefte der für
die Kanzlei bestimmten Rotel gesagt habe.
2 Auf den Inhalt dieser und verwandter Bände gehe ich erst später ein. —
Von Briefen der Nuntien sind ziemlich viel Estratti auf uns gekommen.
Ich habe mir u. a. solche von Briefen des Campeggio not.irt, allerdings
ohne zu untersuchen, ob sie in ursprünglicher oder abgeleiteter Form
vorliegen. Noch häufiger sind sie mir in späteren Nuntiaturen begegnet.
Dass die Summarien noch unter Clemens VIII. dieselbe Rolle spielten
wie unter Pius IV., ergibt sich aus der Relation des P. Paruta vom
Jahre 1595 in Alberi 10, 416.
3 Es entfällt also das Zeitwort scrive oder dice. So auch schon die Dorsual-
angaben auf den zuvor citirten Briefen des Hosius, welchen aber z. B.
vorausgeht: del vescovo Varmiense nunzio; accusa le lettere di V. S.
Ill ma di 10 agosto — oder desidera d’esser informato da V. S. Ill ma ,
woraus sich ergibt, dass diese Estratti für den Cardinal Borromeo ge
macht wurden.
4 Obgleich ich erst in meinem zweiten Berichte näher auf die für mein
Thema wichtige Privatcorrespondenz des Cardinais werde eingehen kön
nen, führe ich hier einen Passus aus einem Briefe an, in welchem
C. Speziano am 24. September 1569 dem Cardinal Borromeo über die
von letzterem in Rom zurückgelassenen Amtspapiere berichtete. Ho por-
tato, schreibt Speziano, qua in casa tutte le scritture che V. S. Ill raa sa,
et le ho consignate a Mons. Buonliomo per lei. io ne ho veduto qual-
cheduna, et certe saria di grau danno, se uscissino in altre mani, massime
quelle del concilio et molte altre, cui ella sa meglio di me, che le
ha vedute tutte et ha buona memoria, et questi devono esser li som-
marii delle lettere di quasi tutto il pontificato della felice me
moria di Pio IV. — Ick füge vorläufig hinzu, dass ich bisher noch nicht
genau feststellen konnte, wann und wie das gesammte Material aus der
Römische Berichte. I.
67
liehen Archivaren schlecht behütet und mehr oder minder dem
Untergang preisgegeben worden. Erst unter Urban VIII. hat
Confaloniere (s. S. 89) die wenigen Hefte von Estratti, welche
sich im Engelsburgarchiv erhalten hatten, zusammengelesen und
zu dem zuvor erwähnten tom. 138 zusammenbinden lassen.
Und damals wusste man diese Auszüge so gut zu schätzen,
dass der Cardinal Barberini jenen kleinen Band für seine eigene
Bibliothek copiren liess. 1 Uebrigens müssen die Estratti auch
unmittelbar nach ihrer Abfassung vervielfältigt worden sein,
um, wie Carga bemerkt, anderen mitgetheilt zu werden, nämlich
denen, welche, zur Theilnahme am Regiment berufen, über alle
Vorgänge zu unterrichten waren. Solche gleichzeitige Ab
schriften haben sich u. a. in dem Nachlasse Morone’s befunden,
aus welchem der jetzige tom. 32 stammt. Dieser Sammel
band enthält nämlich auf f. 298—335 unter dem Titel Sommario
delle lettere conciliari Auszüge aus sämmtlichen Commune-
risposten vom 17. April 1561 bis 4. December 1563 2 und auf
f. 335—345 Auszüge der Briefe der Legaten an Fürsten,
Nuntien u. s. w. vom 16. September 1562 bis zum Schluss des
Concils. Stichproben, welche ich auch hier gemacht habe,
führten zu zwei Ergebnissen. Soweit mir Briefe in ihrem ganzen
Wortlaute Vorlagen, erwiesen sich die mit ihnen verglichenen
Estratti als durchaus zuverlässig. Hie und da stiess ich auf
Extracte von Briefen, von denen ich bisher weder Minute noch
Original noch Abschrift aufzuspüren vermochte (s. S. 75): von
ihnen werden wir also in Ermangelung anderer Ueberlieferung
Gebrauch zu machen haben.
Zeit der Verwaltung des Cardinalnepoten Pius IV. aus dessen Verwahrsam
an die Curie gekommen ist.
1 So ist der Codex Barb. XVI. 21 entstanden Auf derselben Bibliothek
habe ich noch andere Handschriften gleichen Inhalts in Händen gehabt,
unter denen insbesondere XVI. 59, 60, 65 auf die Zeit des Concils Bezug
haben. Doch habe ich mir noch nicht die Zeit genommen zu unter
suchen, ob dies originale oder abgeleitete Estratti sind. Gerade unter
Urban VIII. ist allerlei Material, welches den päpstlichen Archiven hätte
einverleibt werden sollen, in den Besitz seiner Familie gekommen, so
dass möglicher Weise auch ein Theil der von Speziano erwähnten Original-
extracte in Barberini-Handschriften gerathen ist.
2 Abschrift wurde für Pallavicino gemacht.
5*
68
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Von den Abschriften der Briefe in extenso sagte ich
schon, dass sie sehr verschiedener Art sind. In erster Linie
kommt die Entstehung derselben in Betracht, in zweiter der
durch die Entstehung bedingte Werth der .Copien. Es ist
ganz erstaunlich, wie oft einzelne Stücke der conciliaren
Correspondenz vervielfältigt worden sind. Die Vielschreiberei
in gutem und in schlechtem Sinne war in Rom seit Jahr
hunderten eingebürgert. Bei so wichtigem und interessantem
Stoffe, wie es der auf das Concil bezügliche Briefwechsel war,
steigerte sich die Nachfrage nach Copien und das Angebot der
selben. Da es, wie ich schon andeutete, auch zu Lebzeiten
Pius IV. an der Curie mit dem Amtsgeheimniss nicht allzu
streng genommen wurde, gab es dort für findige Lohnschreiber
Arbeit in Hülle und Fülle. Desgleichen in Trient, wo sich
im Gefolge der Concilväter eine grosse Schaar von wissbe
gierigen, wenig beschäftigten und auf Nebenerwerb angewie
senen Clerikern zusammengefunden hatte, und wo es noch
leichter war, sich Kenntniss von den Akten zu verschaffen.
Nach Schluss des Concils wurde dies Geschäft in noch grös
serem Stile fortgesetzt, da das Material, zunächst hierhin und
dorthin verschleppt, den Copisten noch mehr als gute Beute
zufiel, und da jetzt auch aus der Ferne Bestellungen auf
Abschriften einliefen. Wohl begann die Curie etwa seit der
Wahl Gregor XIII. den Akten nachzuspüren, sie nach Tliun-
lichkeit an sich zu bringen und unter Verschluss zu halten,
aber in den fünfzig Jahren bis zur Reform des Archiv
wesens blieb ein grosser Theil noch immer ziemlich zu
gänglich. Und so strenge Massregeln in der Folge getroffen
wurden, alle Archivalien und insbesondere die auf das Concil
bezüglichen geheim zu halten, einzelne Männer in und ausser
den Aemtern fanden doch wohl noch Gelegenheit, die conciliare
Correspondenz einzusehen, nützten sie dann, eben weil sie
selten war, möglichst aus und nahmen für sich oder an
dere Abschriften. Angesichts der so entstandenen Masse ab
geleiteten Materials werden wir vor allem zu scheiden haben
amtliche und ausseramtliche Vervielfältigung, ferner gleich
zeitige und spätere. Steht es nun im allgemeinen sehr gut
mit der amtlichen und ziemlich gleichzeitigen Reproduction,
so enthebt uns das der Mühe, die ausser dem Amte und
Römische Berichte. I.
69
später entstandenen Copien auf den Grad der Ableitung hin
zu prüfen. 1
Indem das Geheimsecretariat, soweit es die ihm reser-
virten Agenden zuliessen, die Gepflogenheiten der älteren
Secretariate, von denen es abgezweigt worden war, beibehielt,
hat es auch den ganzen Einlauf und Auslauf nach gewissen
Gesichtspunkten gegliedert in Registerbände eingetragen. Hatte
man so an der Curie, als die Nuntiaturen ständig zu werden
begannen, nach dem Vorbilde der Register, in welche einst die auf
besonders wichtige Verhandlungen mit dem Kaiser und den Kö
nigen bezüglichen Akten zusammengefasst worden waren, Serien
für die nunziature di Germania, di Francia u. s. w. angelegt
und diese eventuell wieder eingetheilt einerseits in proposte und
risposte und andererseits nach den einzelnen Nuntien, so wurde
auch eine Reihe von Bänden für die conciliarc Correspondenz
bestimmt und in Unterabtheilungen zerlegt. Was in Rom Brauch
war, war aber auch den Nuntien und den Concillegaten vor
geschrieben, so dass betreffs der Correspondenz mit den letzteren
mindestens zweifache Registrirung, und zwar in Rom und in
Trient Platz greifen sollte und zum Theil Platz gegriffen hat.
Dabei ist in zwei Punkten in Rom und Trient gleich
vorgegangen worden, während in einem dritten für die Ueber-
lieferung und Erhaltung wichtigen Punkte das Verfahren in
Trient sich anders und ungünstiger gestalten musste als in
Rom. Für beide Orte gilt, dass das Expedit nur nach den
Minuten und der Einlauf nur nach den Originalen registrirt
worden ist. Die erstere Behauptung bedarf vielleicht insofern
noch der Begründung, als zweifelsohne bis in das 16. Jahr
hundert hinein in gewissen curialen Aemtern die Originale vor
1 Ich brauche mich also nicht zu scheuen, zu erklären, dass ich im all-
gemeinen ganz von den ausser Rom nachweisbaren Copien und des
gleichen von den in Rom, aber ausserhalb des päpstlichen Geheimarchivs
befindlichen abgesehen habe, ja auch die in letzterem geborgenen nur
oberflächlich geprüft habe, nachdem ich aus der gewaltigen Masse die
allein der Beachtung werthen Abschriften herausgefunden hatte. Inwie
weit es in diesem Archiv für eine Kategorie von Briefen an aller oder
doch an guter Ueberlieferung fehlt, werde ich nicht unterlassen zu
sagen, und, soweit meine Kunde von den Dingen reicht, werde ich
auch die Wege andeuten, auf welchen weiter zu forschen sein wird.
70
IX. Abhandlung: v. Sickel.
der Versendung der Registratur behufs Eintragung zugewiesen
worden sind. Diese Modalität war aber durch die immer
wieder betonte Hast in der Beförderung der conciliaren Corre-
spondenz ausgeschlossen. Es bricht z. B. der Cardinalnepote
ein Schreiben ah und vertagt die Fortsetzung, weil die Ordinari-
post eben abgehen soll, oder weil der um der Dringlichkeit
willen beliebte und bereits im Sattel sitzende Courier nicht
aufgehalten werden soll. Und die Legaten in Trient pflegen
vor den Sitzungen ausführlichen Bericht zu erstatten, um
nach den Sitzungen, während welcher die Staffette in Bereit
schaft ist, nur noch über den Ausgang referiren zu müssen.
Wurden also sowohl die Proposte aus Rom als die Risposte
aus Trient nach den Minuten gebucht, so ergibt sich, dass
das Expeditsregister jener in Rom und das Expeditsregister
dieser in Trient geführt worden ist. Letzteres hätte allerdings
auch in Rom geschehen können. Die Registrirung hat nämlich
nicht immer gleichen Schritt mit der Erledigung anderer
Secretariatsgeschäfte zu halten vermocht und hat sich, wie
wir noch sehen werden, um Jahre verzögert. Da nun nach
dem Schlüsse des Concils mit anderen Akten des Präsidiums
auch Minuten von Risposten nach Rom transportirt sein können,
würde sich auch hier Gelegenheit geboten haben, sie nachträglich
zu registriren. Thatsächlich sind unter Gregor XIII. fünf
Bündel von Concepten zu Trienter Berichten (s. S. 82) an die
Curie abgeliefert und dort auf bewahrt worden. Die Registrirung
derselben hier nachzuholen ist aber niemand eingefallen, und
auch sonst bin ich nicht auf eine Spur von in Rom angelegten
Registern solchen Inhalts gestossen. Dagegen hat hier, und
zwar von Amtswegen, zweimalige Registrirung der Proposte
nach den Minuten stattgehabt.
Dass man die Correspondenz Rom—Trient, wenn auch
nur abschriftlich, in Registerbänden besass, welche sich leichter
bewahren und benutzen liessen als fliegende Blätter, das ist
dazumal wie im Mittelalter der Erhaltung der Minuten ab
träglich geworden: man hat sie vernachlässigt, hat sie mit der
Zeit zu Grunde gehen lassen oder auch, um sie nicht in un-
rechte Hände gerathen zu lassen, absichtlich vernichtet. Wir
können diesen Verlust (s. S. 48 X. 2) leicht verschmerzen,
denn ein beträchtlicher Theil der Proposte (Genaueres über
Römische Berichte. I.
71
ihn S. 76—77) liegt uns noch in den Originalen vor und die
ganze Serie derselben in mehrfachen amtlichen und fast gleich
zeitigen Abschriften, nämlich einmal vollständig in den im
Geheimsecretariat zu Rom entstandenen, auf den Minuten
fassenden und so gut wie intact auf uns gekommenen Expedits
registern und zweitens zu einem Theile in einem Trienter
Register, welches ich gleich genauer kennzeichnen werde.
Einlaufsregister sind meines Wissens hüben und drüben
in geringerer Zahl und in minderem Umfange geführt worden.
Die Buchung der Risposte nach den Originalen konnte nur
in Rom erfolgen, ist aber, während das Concil tagte und die
Geschäfte sich häuften, offenbar unterblieben und ist erst unter
Gregor XIII. und auch da nur in beschränktem Masse nach
geholt worden. War man so an der Curie auf die eingelaufenen
Originale angewiesen, so mag das Anlass gegeben haben, dieselben
sorgsamer aufzubewahren: so liegt uns wenigstens eine Kate
gorie der Originale noch vor (s. S. 76). Mit dem Registriren des
Einlaufs in Trient hat es seine eigene Bewandtniss gehabt. Das
dortige Präsidialbureau hat nämlich von Anbeginn an Einlauf
und Expedit in einer Sammlung vereinigen wollen, hat also Ab
schriften der Originale der ihm zugegangenen Proposte und Ab
schriften der Minuten der von ihm expedirten Risposte in ein
und denselben Band eintragen lassen. Um dies unter Wahrung
der chronologischen Reihenfolge durchführen zu können, musste
jedes Stück der Correspondenz Rom—Trient unmittelbar nach
der Präsentation in Trient registrirt werden. Die Arbeit ist
aber, wie es scheint, nach dem Tode des Cardinais von Mantua
ins Stocken gerathen. Und zweitens beschränkte sie sich auf
die Communecorrespondenz.
Damit sind wir schon auf den Punkt gekommen, in welchem
die Behandlung der Akten in Trient eine andere sein musste
als in Rom: dort nämlich musste die Scheidung in lettere comuni
und 1. particolari für die Aufbewahrung, Registrirung und Er
haltung den Ausschlag geben, während sie in Rom minder in
die Wagschale fiel. Ueberdies war in Rom die Continuität der
Gebahrung durch den sich immer gleich bleibenden Status des
Geheimsecretariats gewahrt, während in Trient mit dem Tode
des Mantuaners und der Ernennung Morone’s zum ersten Prä
sidenten auch die Geschäftsführung eine etwas andere wurde.
72
IX. Abhandlung: v. Sichel.
Wurde mit den Particularbriefen bezweckt, den Kreis
der Wissenden möglichst einzuschränken, so musste dem auch
im Geheimsecretariat in der Gegenwart und zugleich in Hin
blick auf die Zukunft Rechnung getragen werden. Der Se-
cretär, welchen Carga den Beichtvater seines Herrn nennen
möchte, wird schwerlich alle seine Untergebenen 1 in alle Ge
heimnisse eingeweiht, sondern wird einzelne auserwählt haben,
die vertraulicheren Proposte zu concipiren und zu mundiren und
die vertraulicheren Risposte aufzubewahren und zu registriren.
Auf der ersten Seite der zur Expedition bestimmten Rein
schriften und zwar in der unteren linken Ecke wurde in
möglichster Kürze und in kleinen Buchstaben vermerkt, ob
das Schreiben an alle Legaten oder an einen einzelnen ge
richtet war: zunächst sollte damit wohl dem Schreiber der
Aussenadresse und dem mit der Beförderung betrauten Post
meister ein Fingerzeig gegeben werden; aber mit dieser Notiz
wird überhaupt bezweckt worden sein, die lettere comuni und
particolari auseinander zu halten und die letzteren als solche
zu bezeichnen, welche auch innerhalb des Secretariats als
vertraulich behandelt und nicht jedem in die Hand gegeben
werden sollten. Dass zwischen den Amtsgenossen gerade in
Bezug auf Vertrauenswürdigkeit ein Unterschied gemacht wurde,
geht schon daraus hervor dass es bereits einen segretario dellc
cifre gab, welcher dank seiner besonderen Befähigung mehr
als die anderen Schreiber in die Geheimnisse eingeweiht
wurde. 2 Zweitens linden sich in den Amtsregistern der Pro-
1 Schon 1560 waren Galli 7 sottosecretarii zugewiesen (s. Ruolo di fa-
miglia 47).
2 Damals Triphone Beucio. Zu dem, was ich über ihn im Ruolo di fa-
miglia bemerkt habe, trage ieli nach, dass er schon unter Paul III. ge
dient und 1541 Nuntien nach Deutschland begleitet hat (Atanagi, Lettere
facete 1, 327 ff.), dass er dann 1545 in Trient als im Präsidialbureau
beschäftigt erscheint (Calenzio, Docuinenti 3 ff.). Also wieder ein Beleg
für die Angabe von Carga (Lämmer 463), dass allerlei Wechselbeziehungen
zwischen dem Geheimsecretariat einerseits und den Legaten und Nuntien
andererseits bestanden und dass insbesondere die Unterbeamten bald hier
bald dort verwendet wurden. Ich füge einen zweiten bei. Giovanni Tori,
welchen ich, obwohl ich den Namen nicht zu entziffern vermochte, im
Ruolo di famiglia 47 als Untersecretär von Galli im Jahre 1560 auf
gezählt habe, war, als mit päpstlichem Mandat vom 5. März 1561 die
Römische Berichte. I.
73
poste für Nuntien in Deutschland oft Eintragungen von zwei
Händen: die erste besorgt die Hauptarbeit, die zweite aber
trägt am Rande in Klarschrift nach, was den Nuntien in Chiffern
geschrieben worden war, was also offenbar nicht zur Kenntniss
des ersten Schreibers kommen sollte. Demnach vermuthe ich,
dass auch die Particularcorrespondenz nur einem oder doch
nur wenigen Mitgliedern des Secretariats zugewiesen war. Sicher
sind Commune- und Sondercorrespondenz geschieden worden,
als unter Pius V. oder Gregor XIII. zu einer zweiten Registri-
rung (die erste hatte schon zu Lebzeiten Pius IV. stattgefunden)
der an die Legaten gerichteten Proposte geschritten wurde.
Man legte nämlich damals dreifache Register an: in das erste
trug man alles ohne Unterschied ein (ich nenne es das General
register der Proposte); zugleich gliederte man den Stoff, um in
einem zweiten (dem Communeregister) die an die Gesammtheit
gerichteten Briefe zu buchen und in einem dritten (dem Par-
ticularregister) die an die einzelnen Legaten geschriebenen
Briefe; letzteres erhielt wieder so viele Unterabtheilungen, als
es Legaten gegeben hatte. 1 Das kann doch nur in der Ab
sicht geschehen sein, denen, welche in der Gegenwart und in
der Zukunft ihrer Stellung nach Zutritt zu den aus der
Concilszeit stammenden Expeditsregistern hatten, eventuell die
Kenntnissnahme der lettere particolari vorzuenthalten. Dass
man somit an der Curie zwischen der einen und der andern
Beamten des Coneils bestellt und ihnen ihr Gehalt angewiesen wurde,
zum scrittore del secretario (d. li. Massarello’s) ernannt worden, und zwar
sollte er monatlich V/ 2 scudi aus der Hauptkasse und H/a scudi Zu
schuss aus der Präsidialkasse beziehen. Er hat aber offenbar diese Stelle
nie angetreten, da weder in der Reiserechnung noch in den folgenden
Rechnungen sein Name begegnet. An seiner Statt erscheint in den libri
delle spese Francesco Betti scrittore delle cose di concilio (sicher identisch
mit dem in tom. 72 in der Umgebung von Massarello genannten D. Franc.
Betto de Prato laicus): er traf mit Massarello in Trient ein und bezog vom
1. April 1561 an 3 scudi 18 bai. Monatsgehalt und l 1 / 2 scudi Zuschuss.
1 Es fehlt jetzt nur die Unterabtheilung für die an Hosius gerichteten
Briefe (s. S. 86). Dagegen existirt eine solche für die dem Lothringer zu
gesandten Schreiben. — Ich werde fortan für die immer wiederkehrenden
Worte General-, Commune-, Particularregister die Siglen GR., CR., PR.
gebrauchen. Das S. 71 erwähnte Trienter Register werde ich um seiner
Beschaffenheit willen allgemeines Register (AR.) nennen.
74
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Kategorie von Briefen zu scheiden gewusst hat, ändert an
dem Tliatbestande nichts, den ich hier zu betonen habe, dass
es ein und dasselbe Bureau in Rom gewesen ist, von welchem
die Weisungen an alle oder an einzelne Legaten außgegangen
sind, und in welchem die Berichte der gesammten und die der
einzelnen Legaten eingelaufen sind, so dass sich in einer und
derselben Registratur die ganze conciliare Correspondenz an-
sammelte, mochte sie in Minuten, Originalen oder Register
bänden bestehen. Einer guten Verwaltung, an der es aller
dings noch fehlte, wäre es ein leichtes gewesen, diesen einheit
lichen Fonds zusammenzuhalten und vor Schaden zu bewahren.
Anders stand es von Anbeginn an in Trient. Nur .was
von Rom der Gesammtheit der Legaten geschrieben wurde,
kam an das Secretariat des Präsidiums, und nur was von der
Gesammtheit der Curie geantwortet wurde, ging von diesem
Secretariat aus, so dass sich in der betreffenden Registratur nur
Communecorrespondenz, deren Bestandtheile wir später ins Auge
fassen werden, ansammeln konnte. Daneben hatte jeder ein
zelne Legat sein Privatsecretariat: die particulare Correspondenz
vertheilte sich somit auf sieben Sammlungen, deren jede ihren
eigenen Herrn und in der Folge ihre besonderen Schicksale
hatte. Es ist ein Glück, dass uns die Mühe, letztere zu ver
folgen, wenigstens in etwas erspart bleibt.
Da auch die particulare Correspondenz ursprünglich in
zwei Formen vorhanden gewesen ist, ist zu vermuthen, dass
uns manches Stück aus anderer Quelle stammend irgendwo
zugänglich ist, so dass wir füglich auf die durch jene Privat
sammlungen vermittelte Ueberlieferung verzichten können. Das
gilt thatsächlich von allen an die einzelnen Legaten gerichteten
Proposten, welche uns in den in Rom angelegten GR. und
PR. vorliegen. Anders steht es mit den Risposten der Sonder-
correspondenz. Ich berichtete schon S. 65, dass die einst in
Rom ein gelaufenen und gesammelten Originale mit der Zeit,
und zwar ohne zuvor registrirt worden zu sein (S. 71), zu
Grunde gegangen sind. 1 Unsere Kunde von diesem Theile des
1 Wie das Geheim secretariat bei der Registrirung der Proposte schied
zwischen lettere communi und lettere particulari, so scheinen auch die
eingelaufenen Risposte in zwei gesonderten Gruppen aufbewahrt worden
Römische Berichte. I.
75
römischen Einlaufs beschränkt sich darauf, dass 1. auch von
den particularen Risposte Estratti angefertigt und dass einige
derselben theils in der ersten Niederschrift und theils in späteren
Copien auf uns gekommen sind, und dass 2. einzelne Briefe
in Korn in extenso copirt und so überliefert worden sind. 1
Fast alle mir auf solche Weise bekannt gewordenen Stücke 2
stammen aus der Feder von Seripando, oder Simonetta, d. h.
derjenigen Legaten, welche als Autoritäten auf den Gebieten
der Theologie und des Kirchenrechtes eine hervorragende
Rolle spielten, deren Briefe die am meisten streitigen Punkte
betrafen und weniger Berichte als Gutachten waren. Daher,
was ich gleich hier einschalten will, wurden sie auch in Trient
sehr beachtet und geschätzt, unter der Hand verbreitet und
vervielfältigt: so finden wir Briefe dieser beiden Legaten in
die dort geführten Diarien eingeflochten, und andere sind,
indem sie in Einzelabschriften cursirten, von Trient nach Rom
und an andere Orte gekommen. 3 Die uns so gebotenen Proben
der Correspondenz einzelner Legaten sind so lehrreich, dass,
wer sich mit der Geschichte des Concils ernstlich befassen will,
allen Grund hat nachzuforschen, oh noch die eine oder die
zu sein: so erklärt sich am ehesten, dass die eine Gruppe intact ge
blieben und die andere im ganzen Umfange verschwunden ist.
1 Insbesondere in den Varia Politicorum.
2 Aufzählen kann ich sie erst bei der Beschreibung der einzelnen Mauusoripte.
3 Ich habe genau auf die von Pallavicino benutzten Risposte einzelner
Legaten geachtet, um denselben auf die Spur zu kommen. Leider lauten
seine Citate oft so unbestimmt, dass es unmöglich ist, ihnen nachzugehen.
In der Mehrzahl der Fälle aber, in welchen er sich bestimmt ausdrückt,
hat er keine anderen Quellen benützt als die noch uns vorliegenden. Ver
weisen einige wenige Citate auf Handschriften, welche, wie genau bekannt
ist, im vorigen oder in diesem Jahrhunderte zu Grunde gegangen sind, so
scheint es sich auch in diesen Fällen nur um versprengte Stücke und
nicht um geschlossene Sammlungen zu handeln. Daraus scliliesse ich,
dass letztere um die Mitte des 17. Jahrhunderts nicht mehr vorhanden
waren. Kommt dazu, dass in den Indices und in den Repertorien, welche
ich im folgenden Capitel als mit dem Jahre 1610 beginnend erwähnen
werde, nicht mit einem Worte der Sammlungen von risposte particolari
gedacht wird, so vermuthe ich, dass die Originale schon in der Zeit der
ärgsten Verwahrlosung der Archivalien, d. li zu Ausgang des 16. Jahr
hunderts verschwunden sind, dass also die auf uns gekommenen Copien
einzelner Stücke älteren Datums sind.
76
IX. Abhandlung: v. Sickel. 7
andere dieser Sammlungen oder wenigstens grössere Fragmente
sich erhalten haben. Erst als ich, und das ist nicht lange her,
constatirt hatte, dass uns in dieser Beziehung die Bestände des
Yaticanischen Archivs so gut wie im Stiche lassen, haben ich
und meine Arbeitsgenossen auf das diesbezügliche, in anderen
römischen und nichtrömischen Sammlungen befindliche und
zur Ergänzung heranzuziehende Material genau Acht gehabt,
so dass ich hier nur wenige bestimmte Notizen bieten und
sonst nur andeuten kann, in welchen Orten und in welchen
Richtungen die Forschung weiter fortzusetzen sein wird.
Auf noch nicht aufgeklärte Weise sind die Originale nicht
nur der an den Cardinal von Mantua allein, sondern auch der
an die Gesammtheit der Legaten gerichteten Proposte früh
zeitig nach Mailand und dort in die Ambrosiana gekommen: 1
das legt den Gedanken nahe, dass auch das Expedit, also
Minuten der Risposte, in den Besitz des Cardinais Borromeo
oder seines Nachfolgers übergegangen sind.
Gleich seinem Vorgänger hat offenbar auch Morone als
erster Präsident die Papiere der Communecorrespondenz mehr
oder minder als ihm gehörig angesehen und hat den wichtigsten
Theil derselben, nämlich die eingelaufenen Originale, als er von
Trient nach Rom heimkehrte, an sich genommen. Der höchst
umfangreichen Registratur des Morone einverleibt, sind sie nach
1 Dort J. inf, 139—141. Auf Grund einer Notiz im Cod. 141 nimmt man in
Mailand an, dass derselbe schon unter Erzbischof Eederigo Borromeo
zum zweiten Male gebunden worden sei, wonach man die Erwerbung
bis in die Zeiten des heil. Carlo zurückversetzen könnte. — Merkwürdiger
Weise reicht die Sammlung bis zu einem Schreiben des Cardinais Borro
meo au die Legaten insgesammt vom 24. Marz 1563 (mit Einlaufsdatum
31. März), also über den Tod des Cardinais von Mantua und auch über
den Seripando’s hinaus. Nichtsdestoweniger muss man annehmen, dass
die Sammlung als Eigenthum des Mantuaners betrachtet worden sei.
Aber so wenig wie in dem S. 54 Nr. 2 erwähnten Passirscheine ist
in der auf die Naclilassenscliaft des Cardinais bezüglichen Instruction
(Archivio storico di Gonzaga in Mantua, E. XXV. 1.) von Briefschaften
die Rede. Auch sonst findet sich, wie mir Herr Archivar Davari ver
sichert, im Mantuaner Archiv keine Notiz über die nach Mailand ge
kommene Sammlung. So erwarte ich Aufschluss nur von genauer Durch
sicht der in der Ambrosiana aufbewahrten umfangreichen Correspondenz
des Cardinais Borromeo, über welche ich in meinem zweiten Berichte
einige vorläufige Mittheilungen machen werde.
Römische Berichte. I.
77
dessen Tode mit anderen aus der Concilzeit stammenden Pa
pieren an den Vatican gekommen und zum grössten Theile
dem Archive zugewiesen worden. Hier finden wir auch alle
an Morone allein gerichteten Proposte (Originale) und alle von
ihm allein ertheilten Risposte (Minuten), so dass wenigstens von
diesem einen Legaten die Sondercorrespondenz so gut wie voll
ständig erhalten ist. 4
Ueber die von Seripando hinterlassenen Papiere berichtet
sein einstiger Secretär Musotti in einem Briefe an Borromeo
vom 17. Juni 1563 (s. Anhang 12), dass der Cardinal kurz vor
seinem Tode tutte le sue scritture nach dem Kloster S. Gio
vanni a Carhonara schaffen liess. Die Frage ist, oh da auch
die particularen Briefe inbegriffen waren. Ueber die Haupt
masse dieser Papiere, welche bei Aufhebung des Klosters in
die königl. Bibliothek zu Neapel gekommen ist, hat Calenzio 2
berichtet, ohne eines Stückes solcher Correspondenz Erwähnung
zu thun. Aber nicht der ganze Nachlass Seripando’s ist in
Neapel verblieben. Ich vermuthe, dass von dorther einige einst
von Pallavicino für Seripando-Briefe benützte, jetzt aber ver
schollene Manuscripte der Spada-Bibliothek stammten. Und
sicher ist, dass mehrere Codices des gleichen Fonds vom Kloster
dem Kaiser Karl VI. geschenkt worden und so in die Wiener
Hofbibliothek gekommen sind , 3 Codices, welche sehr werth
volles Material zur Geschichte des Concils und darunter auch
Originale der Briefe an den Cardinal und Minuten von Briefen
1 Ich habe Morone-Papiere blos aus neun Monaten und insoweit sie sich in
Rom befinden zu prüfen Anlass gehabt, während Herr Professor Friedens
burg und dessen Arbeitsgenossen sie in grossem Umfange benützt haben.
Deshalb überlasse ich es jenem gern, wie er es im Band 3, 17 ange
kündigt bat, über den handschriftlichen Nachlass des Cardinais Aufschluss
zu geben. Ich will hier nur von dem Eindrücke reden, welchen die mir
zu Gesichte gekommenen Partien auf mich gemacht haben. Die Papiere
aus dem Jahre 1563 scheinen mir einst sehr gut geordnet gewesen zu
sein, und zwar nach einem damals sehr verbreiteten Schema. In der
Folge hat aber allerlei Verwirrung Platz gegriffen, und als man theils
im Archiv und theils in der Bibliothek des Vaticans das Material wieder
zu sichten und auf Bände zu vertlieilen suchte, hat man sich der Mühe
entschlagen, die ursprüngliche Ordnung wieder herzustellen.
2 Docum. 363.
3 Lambeccius, Comment. (ed. altera, opera Kollarii) 1, 763.
78
IX. Abhandlung: v. Sichel.
des Cardinais enthalten sollen. Wie ihr Inhalt noch genauer
für den Zweck, den ich hier im Auge habe, zu prüfen ist,
so gilt das auch von mehreren Handschriften der Barberini-
Bibliothek und der Stadtbibliothek zu Trient, welche Abschriften
von Seripando-Briefen zu enthalten scheinen. 1
Was Hosius anbetrifft, so ist zu bemerken, dass aus der
an das Vaticanische Archiv gelangten Sammlung seiner Briefe 2
die conciliare Correspondenz geradezu ausgeschlossen ist. Aber
in Handschriften der Krakauer Universitätsbibliothek haben sich
unzählige Minuten von Briefen des Cardinais erhalten, darunter
nach Dr. Steinherz, welcher jüngst diese Codices für die Aus
gabe der Nuntiaturen benützt hat, auch Minuten von Schreiben
aus Trient an Borromeo. — Die Correspondenz des Cardinais
Marc Sittich von Altemps ist an die Familie Serbelloni-Brusca
gekommen und wird heutzutage auf einem Gute derselben bei
Seste-Calende auf bewahrt. 3 — Von Briefen der Legaten Simo-
netta und Navagero weiss ich nicht mehr, als was ich bereits
S. 52 und 75 gesagt habe.
Ich kehre zu der Communecorrespondenz zurück, deren
Erhaltung von vorhinein mehr gesichert war. Wir lernten schon
kennen, was als von Anbeginn an zur römischen Registratur
gehörig alle Stürme überstanden hat und noch heutigen Tages
im Archive vorhanden ist, nämlich die Proposte vollständig in
mehrfachen, mehr oder minder gleichzeitigen Amtsregistern und
die Risposte ziemlich vollständig in den Originalen und über-
1 Von Handschriften der letzteren Bibliothek würde nach Finazzi (Miseell.
di storia ital. VI, Vorwort) vornehmlich der Codex 4224 in Betracht
kommen; jedoch wenn als in ihm u. a. überliefert ein Brief vom 16. Juli
1562 besonders hervorgehoben wird, so ist dieser kein Novum, sondern
als von Musotti in sein Diarium aufgenommen längst bekannt. Man
wird überhaupt für alle diese Untersuchungen erst Verzeichnisse der
schon bekannten Stücke anlegen müssen, bevor Archive und Biblio
theken zu durchforschen sind. — Auch der Codex Ambros. H inf. 244
soll, wie ich nachträglich erfahre, Briefe von Seripando an Borromeo
vom Jahre 1562 enthalten.
2 Tom. 35, den ich später beschreibe.
8 Dr. Starzer, welcher sie dort aulfand, hatte nicht die Zeit, sie darauf
durchzusehen, ob sie bis zum Aufenthalt des Cardinais in Trient zurück
reicht. Starzer sah dort auch die Originalregister des Cesare Speziano aus
den Jahren 1592 —1595, in welchen er Nuntius am Hofe Rudolfs II. war.
Römische Berichte. I.
79
dies vollständig in ein Amtsregister etwas jüngeren Datums
eingetragen/ und wir lernten auch schon als aus der einst
Trienter Registratur stammend die fast vollständige Serie der
dort eingelaufenen Originalproposte kennen, deren erste Hälfte
frühzeitig in Mailand geborgen worden ist und deren zweite
Hälfte aus Morone’s Nachlasse dem Vatican wieder zugegangen
ist. In Kürze erwähnte ich auch schon ein in Trient angelegtes
Register des Einlaufs und des Auslaufs. Um über den Ver
bleib dieses und eines zweiten Registers, sowie über den Ver
bleib der einst in der Trienter Registratur befindlichen Concepte
für die Legatenberichte Auskunft zu geben, muss ich zuvor
von den Beamten des Präsidiums roden.
Schon S. 30 habe ich Camillo Olivo als Präsidralsecretär ge
nannt. Wie ich im Excurs II. ausführe, war er mit dem Cardi
nal von Mantua als dessen Secretär nach Trient gekommen und
besorgte, bis dieser sein Patron starb, dessen Privatcorrcspondenz,
zugleich aber auch, da die Gesammtheit der Legaten ihn in
Dienst genommen hatte, die Communecorrespondenz bis zum
Schlüsse des Concils. Dass alle von der Curie an die Gesammtheit
gerichteten Proposte durch seine Hände gegangen sind, bezeugen
die von ihm den Originalen beigefügten Dorsualbemerkungen.
Andererseits sind auch die Minuten zu den Risposten i. c., soweit
sie erhalten sind, zumeist von ihm geschrieben. Vermutldich
hat auch er sich bekümmert, wie das nach Carga dem Vorstand
eines Secretariats oblag, um 1’ ordine col quäle si ripongono e
si tengono le lettere e registri. Die Frage ist aber, inwieweit
Olivo alle Obliegenheiten in Person verrichtet oder Amts
genossen überlassen hat. Unter diesen wird am häufigsten Fi
lippo Musotti genannt, der, aus Bologna stammend und zur
Familie des Cardinais Seripando gehörig, mit diesem nach Trient
gekommen war und dort auf seines Herrn Empfehlung hin für
1 Dieses schon S. 71 erwähnte Register war allerdings wie viele andere
den päpstlichen Archiven gehörige Bände in den Besitz der Borghese
gekommen, wo es die Signatur I. 384 erhielt, und ist erst in den letzten
Jahren vom Vatican wieder erworben worden. Dass diese Handschrift
einer Privatbibliothek angehörte, wird dazu beigetragen haben, dass sie
wiederholt copirt worden ist. Bei der Beschreibung derselben in meinem
zweiten Berichte komme ich auf die abgeleiteten Codices zurück.
80
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Präsidialgeschäfte verwendet wurde. 1 Ueber die ihm zugefallene
Eolle berichtet er selbst: 2 trovandomi col cardinale Seripando . . .
mi erano communicate tutte le lettere che da tutti legati in-
sierne si scrivevano, et quelle ancora che a loro dal papa et
da altri erano scritte, et similmente tutti i negotii che da loro
o con li oratori de’ principi o con prelati o con altri perso-
naggi si trattavano. Er gesteht offen, dass er seit dem Tode
seines bisherigen Patrons nicht mehr so gut eingeweiht war.
Während die Legaten C. Olivo für unentbehrlich hielten und
sich seiner nach wie vor bedienten (nur die Privatangelegen
heiten Morone’s liess dieser durch seine bewährten Familiären
besorgen), scheint sich niemand Musotti’s angenommen zu haben:
er suchte daher einen neuen Herrn und fand ihn im Cardinal
von Lothringen. Von diesem nach Rom gesandt, hat er über
wichtige Fragen selbst mit dem Papste direct verhandelt (s. An
hang Nr. 13). Es war natürlich, dass man ihm die Papiere ab
forderte, welche er während seiner Dienstleistung im Präsidial
bureau gesammelt hatte. Er erklärte sich auch bereit, sie
abzuliefern, ja Morone oder den anderen Legaten über alle
nicht aufgezeichneten, ihm aber zum grossen Theile bekannten
Gedanken und Pläne des verstorbenen Seripando offen und
getreulich Mittheilung zu machen (s. Anhang Nr. 12 vom
17. Juni 1563). Ich fand aber bisher keinen Beleg dafür, dass
Musotti die in seinen Händen befindliche Communecorrespondenz
thatsäehlich ausgefolgt hat, und habe Gründe anzunehmen, dass
er alles behalten und seinen Erben hinterlassen hat.
Offenbar handelt es sich dabei um ein Register des Ein-
und des Auslaufs. 3 Damit komme ich auf die einst in Trient
1 Ebenso verschaffte 1563 der Legat Navagero seinem Familiären, dem
Veroneser Canonicus Adam Fumano (s. S. 24), einen Posten.
2 Döllinger 2, 1. — Vorläufig verweise ich, was Musotti’s Aufzeichnungen
betrifft, auf Pallavicino XV, 13 Nr. 1. Die im Vaticanischen Archive
befindlichen Manuscripte werde ich später besprechen.
3 Dagegen Hesse sich einwenden, dass die Mailänder Collection der in
Trient eingelaufenen Originale, wie ich schon S. 76 bemerkte, bis zum
24. März 1563 reicht, dass sie also möglicher Weise von Musotti an
gelegt und von ihm oder seinen Erben an den einen oder den anderen
Borromeo verkauft sei. Aber diese Collection besteht ja aus proposte in
commune und aus proposte in particolari (nämlich an Mantua), und
letztere hat Musotti seiner Stellung nach kaum gekannt und sicher
Römische Berichte. I.
81
geführten Register zurück. Das eine, welches ich AR. benenne,
habe ich bereits S. 71 erwähnt. Hier füge ich über den Um
fang und die Ueberlieferung Folgendes hinzu. AR. beginnt mit
dem Berichte, welchen Mantua und Seripando am 17. April 1561
über ihren Tags zuvor gehaltenen Einzug in Trient erstatten, 1
und endet mit den Briefen der Legaten vom 3. März 1563
über den Tod des Mantuaners. Leider habe ich von dem Ori
ginale dieses Registers gar keine Kunde; in das päpstliche
Archiv sind nur um 1600 zwei Abschriften gekommen, von
welchen die eine überdies eine Sammlung von Aktenstücken,
welche durch kurze Erzählung verbunden werden, enthält. Die
letztere bedarf noch genauer Untersuchung, welche ich den
Herren der Gürres-Gesellschaft überlasse; so spreche ich nur
als Vermuthung aus, dass hier die dritte von Pallavicino dem
Musotti zugeschriebene Arbeit vorliegt. 2 Trifft sie zu, so würde
auch AR. mit voller Sicherheit als Werk Musotti’s bezeichnet
werden können.
Ein zweites Trienter Register macht mir noch mehr
Schwierigkeiten. Es ist meines Wissens nur in einer Copie
des 18. Jahrhunderts erhalten. Seltsamer Weise kann im Ar
chive bisher niemand sagen, wann, von wo und wie der
betreffende Band erworben worden ist. Es fehlt auch jeder An
haltspunkt die Frage zu beantworten, ob das Register, auf
welches dieser eine Band zurückgeht, erst mit 1562 begonnen
hat oder ob ein vorausgehender Band der Copie verloren
gegangen ist. Nur der Inhalt gestattet unsichere Schlüsse
auf Entstehung und Herkunft. Es sind hier vereint die an
Mantua allein gerichteten Briefe der Curie und die proposte
in commune bis zum 24. März 1563. Wird uns so der Ge
danke nahegelegt, dass es sich gar nicht um Abschrift eines
nicht in Verwahrsam gehabt; im Briefe vom 17. Juni 1563 ist auch nur
von lettere scritte in communi da li legati et le ricevute da loro die
Rede. Ist damit der Gedanke ausgeschlossen, dass Musotti je die Ori
ginale der Proposte in Besitz gehabt habe, so wird das gleiche auch
von den Minuten der Risposte gelten.
1 Die erste hier eingetragene Proposte ist vom 26. April, nämlich Antwort
des Cardinais Borromeo auf den Bericht vom 17.
2 P. XV, 13 Nr. 1. — Er muss aber ein anderes Exemplar als das im
Vatican befindliche benützt haben.
Sitznngsber. d. pbil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 9. Abh. 6
82
IX. Abhandlung: v. Sickel.
alten Registers handelt, sondern um eine jüngere Copie der in
der Ambrosiana aufbewahrten und ebenso weit reichenden
Originale, so glaube ich ihn doch um eines Umstandes willen
zurückweisen zu müssen. Es befinden sich nämlich in dem Bande
auch zwei von der Curie an C. Olivo gerichtete Briefe, von
denen man in Mailand keine Spur entdecken konnte. 1 Um dieser
Briefe willen bin ich geneigt, an ein von Olivo selbst angelegtes
Register zu denken, welches ganz oder zum Theile in Ab
schrift auf uns gekommen ist.
Um alles zu erledigen, was einst in der Trienter Regi
stratur vorhanden gewesen sein muss, spreche ich noch von
den Minuten. Deren Schicksale hängen am engsten mit dem
Uebergang von dem einen Regiment unter dem Cardinal von
Mantua zu dem anderen unter Morone zusammen. Ich sagte
schon, dass ich von den Minuten aus der ersten Periode, mögen
sie der Gesammtcorrespondenz oder der besonderen des Man
tuaners angehören, nicht eine Spur entdeckt habe. Dagegen sind
wir über den Verbleib der Concepte der zweiten Periode genau
unterrichtet. Die seiner eigenen Correspondenz hat Morone
sammeln und mit seinen anderen Papieren nach Rom trans-
portiren lassen, wo sie in den sicheren Hafen des päpstlichen
Archivs eingelaufen sind. Seltsamer Weise hat er, welcher doch
die Originale der an die Gesammtheit gerichteten Briefe an
sich genommen hat, sich damals um die Minuten der Commune-
risposten nicht gekümmert. Erst 1574 hat er, wie ich im Ex-
curs II. ausführe, auf die Kunde, dass Camillo Olivo sie in
Mantua auf bewahrt und seinem Bruder vererbt hatte, sie an
sich zu bringen gewusst, so dass auch sie, sei es damals oder
nach seinem Tode, in das päpstliche Archiv gelangten.
Neben der amtlichen Registrirung der Minuten läuft auch
zu jener Zeit eine andere her, welche, privaten Zwecken dienend,
jener an Glaubwürdigkeit nachsteht, aber sie doch eventuell
zu ersetzen vermag. Seit der Renaissance hat die Curie noch
1 Nichtsdestoweniger wird der Vaticanische Codex, auf den ich S. 103,
Anm. 2 zurückkomme, noch genau mit der Mailänder Sammlung zu
vergleichen sein, bevor sich sagen lässt, inwieweit er relativen Werth
besitzt. Zu solchem Behufe muss er aber ganz oder doch zum grossen
Theile abgeschrieben werden, eine Arbeit welcher ich mich nicht unter
ziehen konnte.
Komische Berichte. I.
83
mehr als früher darauf gehalten, Männer, die mit der Feder
umzugehen wussten, in ihren Dienst zu nehmen, und vollends
für die neuen Secretariate trachteten die Päpste die besten
Briefschreiber zu gewinnen. Selbstgefällig pflegten diese ihre
eigenen Dictamina zu sammeln und zu diesem Behufe von den
Minuten, welche sie dem Amte überlassen mussten, Abschriften
zu nehmen. Fanden sie Käufer oder gar Verleger, so scheuten
sie sich nicht, die Proben ihres Epistolarstils weiter zu ver
breiten und sich so die Arbeit nochmals honoriren zu lassen.
Das hatten bekanntlich schon die ersten Humanisten, welche
im Dienste der Päpste gestanden hatten, gethan. Unter Pius IV.
erinnerte man sich näher liegender Fälle. So waren 1538 in
Lyon erschienen (bis 1600 folgten fünf weitere Ausgaben) Petri
Bembi epistolarum Leonis X. nomine scriptarum libri XVI. Als
nach dem Tode dieses Papstes sein vertrauter Secretär Bembo
Rom verliess, hatte er aus den unzähligen im Aufträge Leo X.
verfassten Schreiben, welche er als sein litterarisches Eigenthum
betrachtete, ausgewählt litteras multorum eventuum et rerum
variarum pleniores, d. h. insbesondere die meist an Fürsten
gerichteten Briefe politischen Inhalts. Und als er sich von
Freunden überreden liess, diese Auslese von päpstlicher Corre-
spondenz zu veröffentlichen, glaubte er in vollem Rechte zu sein
und scheute sich nicht, die erste Ausgabe dem Papste Paul III.
zu widmen. An der Curie wurde man doch bedenklich. Schon
munkelte man davon, dass nächstens auch die Briefe, welche
Sanga für Clemens VII. dictirt hatte, an die Oeffentlichkeit
kommen würden. Die Abschriften nämlich, welche sich Sanga
ebenfalls gemacht hatte, waren nach seinem Tode an seine
Mutter gekommen und waren von dieser behufs Publication
verkauft worden. Indem man rechtzeitig einschritt, wurde der
grössere Theil dieser Briefe unterdrückt; nur einige fanden
Aufnahme in die von Dionigi Atanagi herausgegebenen Lettere
facete. 1 Auf diese Beispiele berief man sich geradezu in den
Kreisen der Litteraten, welche Pius IV. und sein Neffe Borro
meo in ihre Nähe gezogen hatten, um sich dauernd oder vor-
1 Aus den von Sanga im Aufträge des Cardinais Farnese verfassten Schreiben
hebe ich das am 15. Juni 1540 an den Nuntius in Deutschland Contarini
gerichtete hervor.
6*
84
IX. Abhandlung: v. Sicke 1.
übergehend ihrer Feder zu bedienen. Und da man damals
besonderes Wohlgefallen fand an gut stilisirten lateinischen
Episteln, nahmen deren Verfasser jede Gelegenheit wahr, mit
ihren Dictaten zu prunken. Am meisten war darauf Pogiani
bedacht: er bewahrte jedes aus seiner Feder geflossene Stück
auf und hinterliess die ganze Sammlung Graziani und anderen
Freunden, um sie zu veröffentlichen. 1 Fand sich damals noch
kein Verleger für die geplante Ausgabe, so scheiterten ähnliche
Pläne anderer Zeitgenossen an der mit Recht von oben erhobenen
Einsprache. Ich erinnere in diesem Zusammenhänge daran,
wie scharf sich Giovanni Carga über die Verwahrlosung der
Akten und über den mit ihnen getriebenen Missbrauch äusserte:
le scritture istesse che tengono li negotii importantissimi et li
secreti della sede apostolica, di secrete si fanno private et
conseguentemente hereditarie. 2 Und doch hat Carga der Ver
suchung nicht widerstanden, die einst von ihm concipirten Briefe
ebenfalls zu sammeln und, als er in Noth kam, einen Käufer
für sie zu suchen; er fügte sich jedoch dem sofortigen Verbote
des Cardinais Borromeo. Während ich bisher der von Carga
angelegten Sammlung noch nicht auf die Spur gekommen
bin, kann ich hier auf einen unter den gleichen Verhältnissen
entstandenen Band mit Briefen aus der Feder des Giovanni
Battista Amaltheo hinweisen, welcher sich in mindestens zwei
Exemplaren erhalten hat. Amaltheo 3 gehörte von Anfang an
dem Kreise gelehrter Männer an, welche Carlo Borromeo um
sich schaarte, und wurde von ihm als Briefsecretär verwendet,
namentlich um den Theil der Correspondenz mit Concillegaten,
Fürsten und Nuntien zu besorgen, welcher aus Rücksicht für
die Adressaten in die lateinische Sprache geldeidet werden
sollte, übrigens in der Regel gleich den italienischen Briefen
1 Ich komme auf die sehr lehrreichen Epistolae Pogiani später zurück.
2 Lämmer 1. c. 464.
3 Er war 1525 zu Oderzo geboren und kam zuerst 1562 nach Kom. Er
wird oft von Lagomarsini und Liruti (s. S. 104 Anm.) genannt. Jener
hat jedoch in Epist. Pog. 4, 274, wo von Carga gesagt wird: una cum
Amaltheo scribendis epistolis operam navarat, Giov. Batt. Amaltheo mit
dessen Neffen Attilio verwechselt. Dieser setzte seinem Onkel in S. Sal-
vatore in Lauro ein Monument, welches nicht mehr erhalten ist. Nur
die Grabschrift liegt noch in zwei Ueberlieferungen vor: s. Forcella,
Iscrizioni delle chiese di Eoma 8, 89—91.
Römische Berichte. I.
85
vom Geheimsecretariat expedirt und dementsprechend dort
auch in die Register eingetragen wurde. Amaltheo behauptete
sich auch am Hofe Pius Y. und starb im Anfänge des Ponti-
ficats Gregor XIII. Wahrscheinlich hatte er selbst eine Aus
wahl aus den von ihm in den Jahren 1568—1572 in amtlichem
Aufträge verfassten Schreiben getroffen, welche nach seinem
Tode ein Neffe zu veröffentlichen wünschte. War dies von
Cesare Speziano dem Cardinal Borromeo gemeldet worden, so
antwortete dieser am 27. Mai 1573: le lettere latine scritte da
M. G. B. Amaltheo b. m. a mio nome nel pontificato di Pio IV.
saranno, come m’ imagino, piii de’ negotii publici che de parti-
colari miei, onde non mi risolverei di poter consentir che il
nipote suo hora le facesse stampare, come mi ricercate per
parte sua; ma par mi che s’ habbia da intenderne la volontk di
N. S. per mezzo di Mons. Ill mo di Como che ne sarä infor-
mato: et sieno questo lettere o publice o private, consentendosi
N. S. che si stampino le publiche, in ogni caso per essere scritte
a mio nome, desidero prima darvi una scorsa a tutte insieme o
almeno alle private. Das Vorhaben wurde aufgegeben, scheint
aber dem Cardinal Anlass geboten zu haben, das Manuscript
anzukaufen. Der Cod. Ambros. R. 100 aus dem Ende des
16. Jahrhunderts, betitelt: S. Caroli Borromaei Mediolani archi-
episcopi epistolae ad varios Europae principes episcopos et opti-
rnates conscriptae a Joh. Bapt. Amaltheo qui illi erat a secretis,
enthält nämlich eine Auslese der einst vom Cardinalnepoten an
IJosius, die Könige von Polen und von Portugal u. a. gesandten
Briefe. 1 Handschriftlich fand diese Sammlung weitere Verbrei
tung, und so ist sie dann später aus einem Codex zu Lucca
in Baluze-Mansi, Miscell. 3, 506—542 veröffentlicht worden. 2
Obgleich ich die so überlieferten Particularbriefe an Hosius als
Legaten in Trient erst später mit den in die römischen Register
1 Schon Montfaucon, Bibi. 1, 529 verzeichnete den Codex, aber in einer
so fehlerhaften Weise (lettere di Giov. Balla scritte sotto C. Carlo), dass
niemand erratlien konnte, was hier erhalten war. — Noch zu Ende des
vorigen Jahrhunderts war die Handschrift signirt F. n° 384. Damals
copirte der Präfect der Ambrosiana Antonio Albuzio einige Briefe, die
mit anderen gleichzeitigen Stücken sich im Cod. Barber. XL1I. 61 finden.
3 Die Ausgabe bietet 138 Briefe, meist aus den Jahren 1563'—-1567. Der
Mailänder Codex soll drei Briefe weniger enthalten.
86
IX. Abhandlung: v. Sickel.
eingetragenen vergleichen kann, so will ich doch gleich hier
bemerken, dass es gerade an ihnen handgreiflich wird, dass
die Ueberlieferung zum grossen Theile durch die Entstehung
bedingt wird. Mit Hosius, welcher der italienischen Sprache
nicht ganz mächtig war, wurde lateinisch correspondirt. War
das der Grund, dass Amaltheo als Concipist zur Arbeit heran
gezogen wurde, so scheinen auch seine Concepte anders als
die für die italienischen Briefe behandelt worden zu sein. In
das gleichzeitig geführte Generalregister der Proposte sind sie
nur zum Theil eingetragen worden. Und als etwas später in
Rom die Partieularregister angelegt wurden, scheinen die
Minuten der lateinischen Schreiben nicht mehr zur Hand ge
wesen zu sein, so dass in den PR. eine Unterabtheilung für
Hosius fehlt.
Die herkömmliche Vervielfältigung hat also zur Folge
gehabt, dass, abgesehen von den in geringer Anzahl erhaltenen
Originalminuten und den in grösserer Zahl erhaltenen Original
ausfertigungen, jedes Stück der conciliaren Correspondenz einst
in mehrfachen gleichzeitigen und amtlichen Registerabschriften
vorhanden gewesen ist. Soweit diese auf uns gekommen sind,
weichen sie, wie ich schon in der Einleitung sagte, doch zu
weilen voneinander ab. Es bedarf also eingehender Prüfung
der sich inhaltlich deckenden Register, um zu bestimmen,
welchem der Vorzug zu geben ist. Die Ergebnisse der Prüfung
lassen sich noch in anderer Richtung verwerthen. Nicht alle
ursprünglichen Register haben sich conservirt, so dass wir
für gewisse Gruppen von Briefen auf Gopien von Registern an
gewiesen sind, auf Copien welche früher oder später angefertigt,
bald unmittelbar aus den Originalregistern abgeleitet, bald von
diesen durch mehrere Mittelglieder getrennt sind. Gilt es also
oft auch zwischen diesen Copien von Registern eine Auswahl zu
treffen, so wird uns die Entscheidung wesentlich erleichtert, wenn
wir der Kennzeichen der Originalregister kundig sind. Doch
bevor ich diese festzustellen auf die Beschreibung und Verglei
chung der einzelnen Registerbände eingehe, biete ich einen Ueber-
blick über alle Handschriften des päpstlichen Archivs mit Akten
oder mit Correspondenz des Concils; ich kann mit ihm am füg-
lichsten verbinden, was ich über die allmähliche Bildung und
Vervollständigung der Abtheilung der Concilakten zu sagen habe.
Römische Berichte. I.
87
V. Die Bildung einer Besonderen ABthcilung für Concil-
akten im Geheimarchiv.
Fehlten unter Pius IV. und seinen unmittelbaren Nachfol
gern noch alle Vorbedingungen für Regelung des Archivwesens, so
war es in mancher Hinsicht bis zum Ausgange des 16. Jahr
hunderts oder bis zum Pontificate Clemens VIII. (1592—1604)
besser geworden. Im Vatican war durch die grossen Bauten
Sixtus V. für Sammlungen Raum geschaffen worden, und in der
Engelsburg hatte Clemens VIII. für das dortige Archiv grössere
und geeignetere Localitäten herrichten lassen. Vor allem war
auch eine Generation heran gewachsen, welche sich theils in
der diplomatischen Laufbahn, theils in der Beschäftigung mit
historischen Studien nicht allein von der Nothwendigkeit einer
durchgreifenden Reform überzeugt, sondern auch zur Theil-
nahme an solcher vorbereitet hatte. Aber ein Organisator war
noch nicht erstanden, und noch kein Papst hatte verstanden,
die Rechte des Staates auf die Akten geltend zu machen, was
demselben entfremdet war wieder an ihn zu bringen und der
weiteren Entfremdung vorzubeugen. Clemens VIII., von Cesi
und Baronio berathen, hatte sich allerdings entschlossen, die
strengsten Massregeln zu ergreifen; aber sein Entwurf zu einer
diesbezüglichen Bulle stiess, als er im Consistorium verlesen
wurde, auf solchen Widerstand, dass auch dieses Papstes Eifer
erlahmte. So ist erst Paul V. der Begründer des päpstlichen
Geheimarchivs geworden. 1
Als Paul V. 1605 den päpstlichen Stuhl bestieg, gab es
eine Reihe von Depots für Archivalien und mindestens drei
für die aus dem Geheimsecretariat stammenden Akten, nämlich
das Archiv der Engelsburg, die mit der Bücherei verbundene
Biblioteca secreta und die Guardarobba; auf diese drei ver
theilte sich auch, was von Concilakten nach und nach abge-
1 Im Capitel über die Nuntiaturen werde ich Anlass haben, näher auf
die Geschichte der Archive in der Zeit von Pius IV. bis Paul V. oder
bis Urban VIII. einzugehen und auch bisher unbenutztes Material bei
zubringen. Hier wird es genügen, auf die Darstellungen von Marini
und D. Palmieri zu verweisen, sowie auf die Costituzione dell 1 archivio
Vaticano betitelte Abhandlung von F. Gasparolo in Studi e documenti
di storia e diritto 8, 1 — 64.
88
IX. Abhandlung: v. Sickol.
liefert worden war. Von der Bibliothek und ihrem Anhängsel
sind Repertorien aus der Zeit von Pius IV. bis Paul V. nicht
auf uns gekommen, 1 so dass wir nur von ungefähr den einen
und den anderen Band mit Concilakten als damals der Secret-
bibliothek gehörig kennen lernen. Ueber den Bestand der
Guardarobba 3 und dessen Veränderungen sind wir besser unter
richtet, weil bei jeder Uebertragung von Material in andere
Sammlungen noch vorhandene Verzeichnisse angefertigt worden
sind; ich brauche hier nicht in Einzelheiten einzugehen, weil
das Guardarobba-Archiv unter Paul V. so gut wie aufgelöst
worden ist und jedenfalls alles, was es von Concilakten besass,
an das neue Geheimarchiv abgeliefert hat.
Genau wissen wir, was 1610 im Engelsburgarchiv geborgen
war, da damals auf Geheiss Paul V. von Silvio de Paulis eine
Series scriptorum quae in archivo arcis Hadrianae continentur
verfasst wurde (s. Excurs III.). Hier verzeichnete unter dem
Schlagworte Concilium die erste Hand die Artikel 1—26, eine
zweite 27—30, eine dritte zwei Bündel Briefe Ferdinand I. an
Pius IV. Während die letzten jetzt leider nicht aufgefunden
wurden, sind alle vorausgehenden Artikel gut bekannt. Ab
gesehen von Art. 26 (acta conc. Florent. a. 1435) gehören die
1 Rossi, La Bibliotlieca 46 kennt nur aus Citaten in den Bibliotlieksakten
einen Index . . . a tempore Nicolai V. ac deinceps usque ad Sixtum V.
Vielleicht ist es derselbe, welcher in der Denkschrift des Cod. Vat. 7763
(s. S. 15) als von Sirleto und Federico angelegt erwähnt wird. Der Ver
fasser der Denkschrift schlägt vor, diesen Iudex in ein Repertorium mit
Angabe der Position und der Signatur der Handschriften umzuarbeiten.
2 In ihr wurde von jeher auf bewahrt, was man von litterarischeu Werken,
Regesten, Akten u. s. w. jeden Augenblick zur Hand zu haben wünschte.
Der Cardinal von Sanseverina erwähnt in seiner Autobiographie (Archivio
della Soc. Romana 13, 163), dass er nach dem Tode Gregor XHI. dessen
Nachfolger vergeblich eine Inventarisirung vorgeschlagen hatte delle serit-
ture ch’ erano in guardarobba del papa, de’ quali parte dovevano essere
lettere dinuntii etc. — Ueber die Lage der Guardarobba erfahren wir aus
dem Ruolo degli appartamenti e delle stanze nel palazzo Vaticano doll’ a.
1594 (von Fl. C. Colnabrini edirt, Rom 1895) nur, dass sie sich über l’ap-
partamento di N. S ro befand, also im 3. Stock des den Damasushof ein-
schliessenden Palastes. Ich kann diese Angabe dahin ergänzen, dass ihr
damals einTheil des 3. Stockes des nördlichen Flügels zugewiesen war, der
hinter der Loggia delle carte gelegene Theil, also etwa dieselben Räume,
in welchen jetzt das Archiv des Staatssecretariats untergebracht ist.
Römische Berichte. I.
89
1610 verzeichneten 25 Bände sämmtlich den beiden schon von
Massarello angelegten Serien der Acta concilii Tridentini an,
deren Beschreibung ich Herrn Professor Kirsch überlasse. Von
den von zweiter Hand eingetragenen Nummern entsprechen
zwei dem tom. 145 und dem jetzigen Doppelbande 150, 151,
welche 1619 von den Erben des Bologneser Bischofs Beccadelli
dem Papste geschenkt wurden; die Eintragung derselben kann
jedoch erst viel später erfolgt sein, da sie auch den frühestens
um 1680 an das Archiv gekommenen tom. 107 in sich begreift. 1
Das Verzeichniss von 1610 ist aber nicht regelmässig fortgesetzt
worden; es sind z. B. die schon unter Paul V. von Confalonieri
gesammelten und auf vier Additamenta betitelte Bände (jetzt
tom. 132, 133, 137, 138) vertheilten Schriftstücke hier nicht
berücksichtigt worden. Meines Wissens sind dem Engelsburg
archiv nach 1610 von Concilakten nicht mehr als die hier auf
gezählten 9 Bände einverleibt worden, ein Beweis, dass schon
damals die Absicht bestand, die Concilakten, soweit sie nicht
zum alten Vorrath des Engelsburgarchivs gehörten, in der
betreffenden Abtheilung des Geheimarchivs zusammenzustellen.
Als Sixtus V. die nach ihm benannte Bibliothek erbauen
liess, wurden für die schon von seinem gleichnamigen Vorgänger
abgezweigte Biblioteca secreta Vaticana zwei grosse Säle be
stimmt. Durch Einräumung weiterer anstossender Localitäten
und durch Bestellung besonderer Beamten legte Paul V. den
Grund zum neuen Geheimarchiv, welches bald ganz abgetrennt
von der Bibliothek und bald als derselben coordinirt erscheint.
Eine ganz strenge Scheidung des Materials hat jedoch nicht statt
gefunden, so dass noch heutzutage die Bibliothek Manuscripte
besitzt wie die Codices 6404, 6405, 6408, 6409 mit Morone-
Briefen, welche füglicher wie andere Bände aus dem Nach
lasse dieses Cardinais dem Archiv hätten überlassen werden
sollen. Das Engelsburgarchiv musste schon unter Paul V. sehr
viel an das Geheimarchiv abliefern, aber darunter befand sich
nichts von Concilakten. Erst als im Jahre 1798 das Engels
burgarchiv in den Vatican transportirt wurde, wurde aller Be-
1 Art. 27 = tom. 135 (s.'S. 101); Art. 28 oder nach damaliger Signatur
arm. IV. capsa XI A et B = tom. 150, 151; Art. 29 = tom. 145; Art. 30
= tom 107. ’
90
IX. Abhandlung: v. Sickel.
sitz der Curie an Concilakten in dem einen päpstlichen Geheim
archiv vereinigt, abgesehen von den wenigen in der Bibliothek
verbliebenen Bänden.
Den grössten Zuwachs erhielt das neue Geheimarchiv
durch Einverleibung der einst in der Guardarobba aufbewahrten
Schätze. 1 Nachweislich sind damals zu dem alten Bestände
der Biblioteca secreta mehr als 3000 Bände hinzugekommen,
welche aufzustellen auch die Zahl der Armarien vermehrt werden
musste. 2 Schon unter Paul V. sind die Codices oder Fascikel
in eine gewisse Ordnung gebracht und demgemäss nummerirt
worden. 3 In der Hauptsache ist nun sowohl diese Ordnung wie
die ihr entsprechende Zählung für die lange, bis über Nr. 2000
hinausgehende Serie der päpstlichen Registerbände festgehalten
worden. Nicht so für die Archivalien des 16. Jahrhunderts,
welche einst zwischen Nr. 3000 und Nr. 4000 eingereiht waren,
dann aber mehrmals umgestellt worden sind, so dass die alten
Signaturen unbrauchbar und schliesslich aufgegeben wurden.
Nur hier und da haben sich die einstigen Etiquetten erhalten
oder sind die alten Nummern in die Handschriften eingetragen
worden; einige weitere Nummern lernen wir aus den Citaten der
1 Theils kamen sie unter Paul V. direct aus der Guardarobba, theils aber
auch aus dem Archiv der camera apostolica, in welches zu wiederholten
Malen, wenn die gleichfalls unter dem Kämmerer stehende Guardarobba
überfüllt gewesen war, Partien übertragen worden waren.
2 So kostbare Schränke, wie sie unter Clemens VIII. 1592 für das Engels
burgarchiv angeschafft wurden (s. Marini bei Lämmer 446), hat das Geheim
archiv nicht erhalten. Aber fast alle sind, wie Marini u. a. gelegentlich
erwähnen, mit in Holz geschnitzten Wappen der Päpste, auf deren Kosten
sie angefertigt wurden, geschmückt worden. Mögen nun die Armarien
anfangs nach der Zeit der Anschaffung mit Ordnungszahlen versehen
worden sein, so sind diese Zahlen, wie in der Folge die Schränke wieder
holt umgestellt und anders verwendet worden sind, ebenfalls abgeändert
worden. Ich komme darauf gleich zurück.
3 Die Nummern stehen zumeist mit rother Tinte geschrieben innerhalb
eines in Schwarz vorgedruckten Rahmens. Die gleichen Etiquetten sind
nicht allein im Archiv und in der Bibliothek des Vaticans verwendet
worden, sondern auch in der Biblioteca Barberini, welcher der Stempel
für den Druck der Etiquetten zur Verfügung gestanden haben wird. Es
darf also daraus, dass Barberini-Codices diese Bezeichnung tragen, nicht
gefolgert werden, dass sie alle, wie es bei gewissen allerdings nach
weisbar ist, aus den Vaticanischen Sammlungen stammen.
Römische Berichte. I.
91
Annales ecclesiastici kennen. 1 Diese ergeben mit aller Sicher
heit, dass bei der Neuordnung unter Paul V. die damals vor
handenen Bände mit Concilakten bereits zu einer gesonderten
Abtheilung zusammengestellt worden waren, 2 welche mit Nr. 3188
= tom. 1 der heutigen Zählung begann. 8 Laufen von da die
Zahlen parallel fort bis Nr. 3226 = tom. 39, wird aber tom. 41
als Nr. 3229 angeführt, so muss ausser tom. 40 hier noch
ein anderer Band eingereiht gewesen sein, wahrscheinlich der,
welcher jetzt tom. 68 bezeichnet wird. Der Gleichung Nr. 3229
= tom. 41 entspricht wieder, dass Nr. 3237, 3238 heute als
tom. 49, 50 erscheinen. 4 Es folgt daraus, dass die schon unter
Paul V. gebildete Abtheilung der Concilakten mindestens 50
Bände umfasst hat. Für tom. 1—48 oder Nr. 3188—3236
kommt noch in Betracht, dass sie alle den Borghese-Einband
aufweisen. 5 Andere Umstände sprechen dafür, dass die Ab-
1 Icli befinde mich hier in derselben misslichen Lage wie v. Ottenthal
(s. Mittheilungen Erg. 1, 406) u. a., welche die aufeinanderfolgenden
Zählungen der aus dem Mittelalter stammenden Registerbände festzu
stellen unternommen haben. Eigentliche und vollständige Concordanz-
tafeln werden nur die Beamten des Archivs anzufertigen im Stande sein.
Wir werden mit unseren Versuchen nur halben Erfolg haben und müssen
sie doch anstellen, um wenigstens den Citaten früherer Benutzer nach
gehen zu können.
2 Nicht so die Nuntiaturen, von denen z. B. der jetzt Nunz. di Germania 4
bezeichnete Band die alte Nummer 3475 trug, dagegen Nunz. di Ger
mania 53 gleich Nr. 3160 war.
3 Diese mache ich immer durch das der Zahl Vorgesetzte tom. kenntlich.
4 Tom. 52 wird in den Ann. eecl. als Nr. 3300 angeführt. Das läuft aber
offenbar auf einen der in den Annalen häufigen Druckfehler hinaus.
Setzen wir statt dessen 3240, so reicht der Parallelismus bis hierher.
5 Auch die Geschichte der Einbände der MSS. der verschiedenen päpst
lichen Sammlungen können nur die Beamten mit Sicherheit feststellen.
Nach meinen bisherigen Wahrnehmungen zerfallen die Borghese-Ein-
bände, d. h. die Bände, welche auf dem Vorderdeckel das in Gold ein
geprägte Familienwappen aufweisen, in zwei Arten, in Bände mit rothem
Leder überzogen und in Bände in weissem Pergament. Die ersteren
sind bestimmt unter Paul V. gebunden worden, unter dem das rothe
Leder ebenso mit Vorliebe verwendet wurde, wie unter Urban VIII. das
grüne. Dagegen ist es fraglich, ob der weisse Pergamenteinband der
selben Zeit angehört oder einer früheren; das Wappen kann ja auch
nachträglich angebracht worden sein. Besitzt doch das Archiv auch ein
zelne Volumina, welche zweifelsohne vor Paul V. eingebunden, erst ge
legentlich der Einverleibung in das Archiv in schlichterer Weise mit
92
IX. Abhandlung: v. Sickel.
theilnng schon damals auch die jetzigen tom. 51—61 und 68 in
sich geschlossen hat. Bei den tom. 49—61 herrscht ein gleicher
schlichter Einhand vor, welchen ich allen Grund hahe als den
unter Gregor XIII. im Geheimsecretariat üblichen zu betrachten;
überdies enthalten alle diese Bände conciliare Correspondenz.
Gehören nun zweifelsohne tom. 49, 50 als ehemals Nr. 3237,
3238 zu der unter Paul V. gebildeten Abtheilung der Concil-
akten, so wird das auch für tom. 51—61 anzunehmen sein.
Dagegen beginnen mit tom. 62 Handschriften, welche mehr
oder minder bestimmt als später erworben zu bezeichnen sind.
Sicher ist, dass tom. 72 im Jahre 1631 aus der Bibliothek an
das Archiv abgeliefert 1 und dass tom. 69 demselben von Ale
xander VH. geschenkt worden ist. Der zuletzt, nämlich erst im
Jahre 1807 an das Archiv gekommene Band mit Concilakten
ist tom. 141. Von tom. 62 an begegnen auch zumeist jüngere
Einbände mit den Wappen der Pamfili, Chigi, Albani u. s. w.
Es lässt sich nun auch beweisen, dass die Abtheilung der
Concilakten nicht vor Paul Y. entstanden ist. Es sind nämlich
dem Einbande nach die jetzigen tom. 92, 93 damals schon vor
handen gewesen, wenn sie auch noch anderwärts aufbewahrt
worden sein mögen. Dieselben enthalten nun zwei Arten von
Indices zu einer Collection von 54 Bänden, welche beginnt mit
seinem Wappen versehen worden sind; dasselbe ist nämlich auf den
alten Vorderdeckeln mit freier Hand in Schwarz und in Gold einge
zeichnet woirden.
1 Durch Felice Contelori, vgl. Beltrami im Areli. Rom. 2, 165 ff. — Dass
der eine Vorwurf, welchen ich S. 15, Anm. 2 dem Verfasser dieser sehr
lehrreichen Arbeit gemacht hahe, begründet ist, will ich wenigstens mit
einem Beispiele belegen. Die Notiz über die Ablieferung von der Biblio
thek an das Archiv di tutte le bolle dei pontifici anteriori a Pio V.,
prima custodita nella segretaria de’brevi, welche mich stutzig machte,
erwies sich als ungenau: im Codex steht di tutto le brevi. — Wurden
1631 die Handschriften 5588—5591 abgeliefert (Beltrami 1. c. 208), so
handelt es sich um Handschriften, welche auf der Bibliothek diese Num
mern führten; es hat also die Nr. 5590 auf bekannter Etiquette, welche
tom. 72 noch jetzt aufweist, mit der Zählung der Archivbände nichts zu
thun. — Von den Codices 5588, 5589, 5591 bemerkt Contelori ausdrück
lich, dass sie sine tegumine waren. Indem sie erst nach Ablieferung an
das Archiv gebunden worden sind, sind die Etiquetten mit den Biblio
theksnummern verloren gegangen. Die Inhaltsangaben allein haben mir
nicht genügt, diese drei Handschriften wieder aufzufinden.
Römische Berichte. I.
93
den tom. 1—20 der Concilakten, worauf sich gleich anschliesst
tom. 41 der jetzigen Abtheilung und, nachdem Bände anderen
Inhalts aufgezählt worden sind, tom. 40, 21—23, 45—48 der
selben folgen; dazwischen eingereiht erscheinen jetzt im Arm.
LXIV (s. Friedensburg 1, Einl. XXI und sonst) oder auch in
ganz anderen Abtheilungen des Archivs befindliche Bände. 1
Das will doch besagen, dass, als diese Indices angelegt wurden,
die Concilakten noch nicht so, wie es noch unter dem Pontificate
Paul V. geschah, aus den gleichzeitigen und inhaltlich ver
wandten Archivalien ausgeschieden worden waren. Es lässt sich
aber noch die weitere Folgerung ziehen, dass in dem Depot,
welchem die 54 Bände angehörten, sich noch nicht viel mehr als
die hier aufgeführten 29 Bände der späteren Abtheilung befanden,
und zwar nur Bände mit eigentlichen Concilakten. Erst indem
unter Paul V. noch einige Bände gleichen Inhalts und sehr viele
Bände mit conciliarer Correspondenz hinzukamen, scheint der Ge
danke, eine besondere Abtheilung zu bilden, aufgetaucht zu sein.
Auf die Nummern in den Citaten der Annales komme
ich nochmals zurück. Besser als den an Druckfehlern reichen
Ausgaben entnehmen wir sie den für Odorico Rinaldi etwa um
1665 angefertigten Excerpten aus den vaticanischen Concilakten. 2
Da reichen die Ordnungszahlen wiederum bis 61, worauf noch
ganz vereinzelt 68 folgt, ein weiterer Bevveis, dass selbst zu
einer Zeit, zu welcher nachweislich bereits andere Volumina
gleichen Inhalts an das Archiv gekommen waren, eine Gruppe
von 61, resp. 62 Bänden bestand.
Aber im Archive selbst hat man auffallender Weise von
der mit 3188 beginnenden Zählung dieser Handschriften keinen
oder doch nicht regelmässig Gebrauch gemacht. In tom. 81
liegt ein Theil der Vorarbeiten vor, welche von den Archivaren
1 Im 18. Jahrhundert hat ein Archivar versucht zu bestimmen, für welche
Bände diese Indices gelten. In drei Fällen ist es ihm nicht gelungen. In
den anderen hat er die zu seiner Zeit üblichen Signaturen, wie Arm.
LXÜ, 1—20 oder Arm. LXIV, tom. 26 links von den alten Bezeich
nungen nachgetragen.
2 In der Bibi. Vallicelliana K. 34 und K. 36, 1. — Im ersteren Manuscript
heisst es f. 267’: tom. 17 (der 20 Bände umfassenden Collectio de concil.)
non est allatus, sed eins loco tom. 1: de militiis et regularibus et monia-
libus, was besagen will, dass statt Nr. 3204 gebracht wurde Nr. 3208,
dass also nicht alles gut nummerirt oder nicht gut aufgestellt war.
94
IX. Abhandlung: v. Sickel.
des Vaticans für eine Geschichte des Concils geliefert und später
von Pallavicino verwerthet wurden. 1 Soweit da Bibliotheks
handschriften verzeichnet werden, werden sie nach der da-
1 Auf dem Titelblatte des tom. 81 steht: Scritture raecolte da Mons. Conte-
lori sopra la materia del eoncilio Tridentino e viste diligentissimente
dal P. Sforza Pallavicino . . . e con questo aiuto specialmente diede in
luce la sua historia del medesimo eoncilio. Pallavicino selbst nennt
aber (XV, 13 Nr. 3) Costanzo Centofiorini, den Nachfolger des 1644 ab
gesetzten Contelori, als den, der ihm, bevor er Zutritt zum Archiv er
hielt, aus demselben Abschriften lieferte. Der wirkliche Sachverhalt ist
folgender. Contelori hat sehr frühzeitig begonnen, Material zur Wider
legung von Sarpi zusammenzustellen. Er hat zu diesem Zwecke Sleidan
cxcerpirt und dann die seiner Obhut anvertrauten vaticanischen Akten.
Es ist möglich, dass seine Excerpte für Terentio Alciati bestimmt waren,
der zuerst vom Jesuitengeneral beauftragt war, gegen Sarpi zu schreiben.
Es findet sich nämlich f. 65 ein eigenhändiger Brief des Alciati vom
29. Mai 1629, wie mir scheint an den Cardinal Barberini als Bibliothekar
« gerichtet, mit allerlei Bitten, ihn in seinen Studien zu unterstützen;
augenblicklich möchte er die Acta originalia Pauli III. einsehen, dann
aber von Contelori über den ganzen Vorrath von Concilakten unter
richtet werden. Contelori, welcher das Gesuch zuerst begutachten sollte,
hatte allerlei Bedenken, u. a. folgendes: schon früher hätte ein Jesuit
die Acta sub Paulo III. verlangt per vedere le cose appartenenti alla
gratia e de divinis auxiliis, il che potendo apportare romore tra Gesuiti
e Dominicani, mi pare che non lo pote havere. Ich vermutlie, dass
Contelori doch beauftragt worden ist, Alciati Mittheilungen zu machen,
und dass so die Aufzeichnungen, welche ich oben erwähne, entstanden
sind. Sie haben in der Folge, als nach Alciati’s Tode im Jahre 1651
vom General Goswin Nickel Pallavicino auserwählt wurde, die Geschichte
des Concils zu schreiben, auch letzterem zur Verfügung gestanden. In
zwischen hatte sich die Curie entschlossen, diese Arbeit wirksamer zu
fördern, und hatte demgemäss Centofiorini instruirt. Unter diesem wurden
ganze Bände und Fascikel für Pallavicino copirt. Auch tom. 81 enthält
von fol. 70 an derartige Abschriften. Daher spricht Pallavicino vor
nehmlich Centofiorini seinen Dank aus und erwähnt nur gelegentlich
die für ihn minder werthvollen Excerpte Contelori’s.
Ich habe schon bemerkt, dass die Citate Pallavicino’s oft sehr
unbestimmt lauten. Aber dass er geradezu unrichtige Angaben betreffs
der Provenienz mache, wie Friedensburg 1, Einl. XXXIII annimmt,
finde ich nicht. Pallavicino unterscheidet nun einmal nicht zwischen
Originalen und Abschriften ersten oder mehrfachen Grades, und waren
ihm Copien aus dem Vaticanischen Archive oder aus den Sammlungen
der Borghese, Barberini u. a. geliefert worden, so forschte er nicht mehr
nach, ob vielleicht an anderen Fundorten die Originale erhalten waren
und auch ihm zugänglich sein würden.
Römische Borichte. I.
95
maligen durchlaufenden Nummerirung angeführt. Dagegen er
scheinen die Codices des Archivs in mehreren Gruppen und
in jeder derselben besonders gezählt. Es werden z. B. f. 38
tom. 1—8 delle lettere nell’ archivio Vaticano erwähnt, womit
die jetzigen tom. 68 und 26—32 gemeint sind 1 und f. 26—33
libri di diverse istruzioni nell’ arch. Yat. ad conc. Tridentinum
63 an der Zahl, deren mehrere seit Paul Y. bis auf heute zur
Abtheilung der Concilakten gehören, andere aber unter den
sogenannten Variae politicorum stehen.
Auf Contelori, von dessen Hand diese Verzeichnisse ge
schrieben sind, folgte 1644 als Präfect Costanzo Centofiorini,
von dem sich im Arm. LVI. 35 erhalten hat ein primo sbozzo
dell’ inventario dell’ archivio Vaticano dettato da me C. C. Hier
wird ebenfalls von der fortlaufenden Zählung der Bände ganz
abgesehen und werden diese lediglich citirt nach scanzie, in
denen sie aufgestellt waren, und nach Nummern, welche durch
mehrere Schränke 2 durchgehen und dann von Neuem beginnen.
Da dieses Inventar vor dem Jahre 1656, in dem Centofiorini
1 Wirklich enthalten sie alle conciliare Correspondenz, und tom. 26, 29,
30, 32 weisen noch heute die alten Nummern II. V. VI. VIII. auf.
2 Die Anlage dieses Inventars ist folgende. In alphabetischer Ordnung
wird eine grosse Anzahl von Schlagworten geboten, unter denen die
einzelnen Aktenstücke und Briefe oder auch grössere Gruppen derselben
dem Hauptinhalte nach eingetragen worden sind, also z. B. Abissinorum
rex — Alexander (folgen die Päpste dieses Namens) — Anglia — Arch.
Avenionense — Arch. Vaticanum u. s. w. Die allererste Notiz lautet:
Abissinorum rex; interrogationes factae Mattheo oratori Abissinorum regis
ad Paulum III. circa res pertinentes ad statum ecclesiasticum et res pias:
scanzia XXXIX, libro 3 et 10. Unter Concilium werden nun auch die
Akten des Tridentiüums sehr ausführlich aufgezählt, und zwar in der
Regel so, dass von Band zu Band der Inhalt verzeichnet wird. Es
heisst also z. B. Lettere del card. di Lorena a Pio IV. dal conc. di
Trento 1563: sc. XXXIX 1. 6. — Lettere del Seripando al Borromeo
1562: sc. XXXIX 1. 9. — Lettera del card. Delfino delli preti uxorati in
Vienna 1564: sc. XL, 1. 69 f. 343. — Confessio Augustana, verba caesaris
contra eam: sc. XL, 1. 69 f. 364. — Protestatio card. Commendoni . . .
ne confirmetur recessus: sc. XL, 1. 69 f. 369 u. s. w. Das Wiederauffinden
der einzelnen Stücke wird nun nicht allein durch die trotz der Warnung
des Verfassers erfolgte Aenderung der Signaturen erschwert, sondern
auch dadurch, dass zuweilen der Inhalt zu knapp und das Datum nicht
genau genug angegeben worden sind. Trotzdem hat mir dieser Index
grosse Dienste geleistet.
96
IX. Abhandlung: v. Sickel.
in den Jesuitenorden trat, entstanden ist, also früher als die
Excerpte für Rinaldi, so muss es einen besonderen Grund ge
habt haben, dass man im Archive die jedenfalls noch nicht
getilgte alte Nummerirung ignorirte.
Es lässt sich mit einiger Sicherheit vermuthen, wenn wir
das nächstfolgende Inventar zu Rathe ziehen, überschrieben In-
ventarium librorum omnium qui asservantur in archivio secreto
Vaticano SS. D. N. papae Clementis X seu camerae apostolicae
nec non scripturarum diversarum in fasciculos alligatarum; in
hanc formam redactum est per me Ioannem Bissaigham hoc
anno 1672 etc. 1 Auch hier dient zur Bezeichnung der Bände
1. die Ordnungszahl der scanzia und 2. die des einzelnen
Bandes. Vergleichen wir aber mit dem Inventar des Cento-
fiorini, so ist die Vertheilung auf die Schränke und die Numme
rirung nur bei den Registerserien dieselbe, weicht dann aber
bedeutend ab. Zur Erklärung kann wohl folgende Glosse dienen:
usque adhuc servatus est ordo pontificum et deinceps habetur
potius ratio materiarum unitarum quam series temporum, ut
videri est in sequentibus, d. h. alle Archivare hatten sich, soweit
die Registerserie reichte, an die jedermann geläufige Reihen
folge der Päpste gehalten, hatten aber das weitere Material
nach ihrem Belieben und daher in verschiedener Weise ge
ordnet. Eine zweite Glosse von anderer Hand: hic inceptus
numerus mutatus 20. apr. 1704, gibt uns Kunde von noch
maliger Aenderung.
Wie stand es nun mit der Einreihung und Vertheilung
der Concilakten? Wir sahen bereits, dass sie von Centofiorini
wenigstens zum grossen Theile in Arm. XXXIX und XL
untergebracht worden waren, von seinem Nachfolger aber in
den Arm. LXIV, LXV; beide weichen aber auch in der Ver
wendung der durch mehrere Schränke durchlaufenden Zahlen-
1 B. war schon unter Urban VIII. Gehilfe von Contelori und wurde 1666
Präfect. Von beiden stammt der Index librorum 112 diversarum scriptu
rarum, d. i. der L. politicorum che sono nella stanza delle Miscellanee
di Belvedere. Ich führe dies als Beweis dafür an, dass auch diese Ab
theilung so weit zurückreicht: daher konnten ihr hei der Auflösung
der Collection, welche ich S. 92 als aus tom. 92, 93 bekannt besprach,
einzelne Bände zugewiesen werden. — Die Concilakten waren 1672 in
die Arm. LXIV, LXV eingestellt.
Römische Berichte. I.
97
reihen von einander ab. Bissaigham hebt nämlich u. a. bei
scanzia LXI della stanza camerale wieder mit 1 an: so kommen
auf seine zwei Armarien mit Concilakten die Nummern 236—313
und 314—400. 1 So musste also durch wiederholte Umstellung,
welche neue Bezeichnung nach sich zog, die unter Paul Y. ein
geführte einheitliche Zählung entwerthet werden. 2 Da der häu
fige Wechsel auch der Ordnung abträglich war, begreift es sich,
dass man, während man sich bisher mit Indices dieser oder
jener Art beholfen hatte, zur Anlage eines Localrepertoriums
schritt, welches alle Bände der Hauptserie des Archivs umfassen
und jeden derselben an die ihm zugewiesene Stelle binden
sollte; ich betone alle Bände der Hauptserie, da man die
Sonderabtheilung der Miscellanea fortbesteken liess und aus
den vom Staatssecretariat nach und nach abgelieferten Ar
chivalien die neue Sonderabtheilung der Lettere della segre-
teria di stato bildete. 3
1 Doch sind einzelne Bände gleichen Inhalts noch in scanzia LXVIII ein
gereiht worden und tragen daher höhere Nummern. — Wichtig ist noch,
dass zu scanzia LX. bemerkt worden ist, dass hier fliegende Blätter
(carte sciolte) untergebracht worden sind, die erst gesichtet und ge
bunden werden müssen, bevor das Verzeichniss angefertigt werden kann;
falls dies in der Folge geschah, musste die Nummerirung der Bände
wiederum geändert werden.
2 Möglicher Weise ist sie auch nie ganz durchgeführt worden. Ich er
innere mich wenigstens nicht, bis 4000 oder noch weiter reichende Num
mern gesehen zu haben, ausser bei Bänden, welche, aus der Bibliothek
stammend, die dortigen höheren Signaturen aufweisen.
5 So hat man es auch in der Folge und bis auf heute mit den neu
hinzugekommenen und in sich geschlossenen Beständen gehalten, nämlich
mit der unter Benedict XIV. erworbenen Biblioteca Pia, mit dem 1798
in den Vatican übertragenen Engelsburgarchive und mit dem 1891 an
gekauften Archive der Borghese. — Repertorien und Indices des Engels
burgarchivs werde ich noch Anlass haben anzuführen. — Die Biblio
teca Pia war von dem 1689 gestorbenen Cardinal Pio Carlo di Savoia
angelegt worden. Einige Handschriften sind nur Copien von Archivcodices,
wie sie im 17. Jahrhundert häufig für Privatbibliotheken augefertigt
worden sind. Der Cardinal hat aber ebenso wie die Nepoten der Päpste
dieser Zeit Gelegenheit gehabt, auch den päpstlichen Archiven zugehöriges
Material an sich zu bringen. Als die ganze Sammlung von den Erben
zum Kaufe angeboten wurde, wurden Garampi (er wird damals nur
canonico betitelt) erst 281, dann weitere 50 Mauuscripte zugestellt,
affinchd possa osservare in archivio, se sono duplicati. Auf sein Gut
achten hin wurde dann die Collection von Benedict XIV. angekauft-
Sitzungsber. d. pliil.-hist. CI. CXXXIII. Jid. 9. Abb. 7
98
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Dieses werthvolle Repertorium ist unter Benedict XIII.
angelegt worden von P. Donninus de Pretis patricius Urhinas
eiusdem archivii custodiae praefectus. 1 In ihm sollten die
einzelnen Bände nach ihrer Aufstellung in den damals schon
vorhandenen 80 Armarien aufgezählt werden, jedoch ist der
Plan nur bis Arm. LXXIY (f. 290—292) durchgeflihrt worden;
von den weiteren Armarien finden sich blos die Aufschriften,
aber nicht die weiteren Angaben. Auf den ersten Blättern
folgt nach dem üblichen Vorworte ein Verzeichniss der Päpste
in alphabetischer Ordnung: jedem Namen sind die Ordnungs
zahlen der Schränke beigefügt, welche Akten des betreffenden
Papstes enthalten. Die Anlage des Inventars zu veranschau
lichen, wähle ich die zwei Armarien, in welchen die Concilakten
untergebracht worden sind. Nach der Aufschrift Arm. LXII
heisst es: in hoc armario continentur LII vol. concilii Tridentini
et aliorum conciliorum, und zur Aufschrift von Arm. LXIII ist
hinzugefügt, dass hier 43 Bände mit den Ordnungszahlen 53—95 2
eingestellt sind. Das ursprüngliche Verzeichniss hat nur zwei
Zusätze erhalten: nach tom. 86 ist eingeschaltet worden tom. 86 A
(Akten des Baseler Concils) und am Schluss ist nachgetragen
worden tom. 96 Reg. eontinens plura acta conc. Tridentini.
Auf dieses längst nicht mehr erschöpfende Verzeichniss geht
offenbar zurück was Friedensburg I. 1. Einl. XX über die Ab
theilung sagt. Wie die einzelnen Bände bezeichnet sind, möge
man folgendem Beispiele entnehmen: Registrum epistolarum lega-
Ich habe bisher mir ein Verzeichniss kennen gelernt, ein Heft von
10 Blättern, betitelt: Catalogo della Bibi. Pia che 1’ Em"° Valenti acquistö
per 1’ archivio secreto (Silvio Valenti-Gonzaga, Staatssecretär Benedict XIV.
bis zu seinem Tode 1756).
1 Der Arehivpräfect war nach einer Verfügung Urban VIH. vom Jahre 1630
zumeist dem Cardinalpräfecten der Bibliothek untergeordnet. So auch
der 1712 zum Präfecten ernannte Giacomo Antonio de Pretis, dem 1727
sein Bruder P. Donninus folgte. Wie letzterem 1740 Pil. Ronconi zum
Coadjutor bestellt wurde, so 1749 dessen Gehilfe Gius. Garampi. Beide
de Pretis haben sieh um die Ordnung des Archivs grosse Verdienste er
worben, auf die ich im Capitel über die Nuntiaturen zurückkomme. Das
hier in Betracht kommende Repertorium bildet einen starken Foliohand,
in braunes Leder gebunden, mit dem Rückentitel Invent. arch. secreti.
2 Die Zahlen laufen also durch beide Schränke durch, so dass man ebenso
gut citiren kann Arm. LXII tom. CO als Arm. LXIII tom. G0.
Römische Berichte. I.
99
torum concilii tom. 30 in Charta bomb, conscriptum, fol. 9L
sub tegumine pergameno, foris signatum Nr. 50; die Inhaltsan
gabe ist jedoch falsch, denn der noch jetzt 50 signirte Band von
91 numerirten Blättern enthält nicht risposte, sondern proposte,
so dass es heissen müsste epist. card. Borromaei ad legatos etc. 1
Wurden nun 1730 der Bände 95 aufgeführt, so wurden
in der Folge immer mehr in das Armarium LXIII eingestellt,
ohne in dem Repertorium sämmtlich nachgetragen zu werden.
Ich entnahm zuerst den Schedae Garampianae, dass die Ab
theilung in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zu
104 Bänden angewachsen war, und erhielt auch auf mein Ver
langen so viele Bände. 2 Durch wiederholte Durchsicht dieser
Scheden und der verschiedenen Indices des Engelsburg- und Ge
heimarchivs kam ich nach und nach weiteren Handschriften
mit grösserem oder geringerem Vorrathe an conciliaren Briefen
auf die Spur. In diesem Zusammenhänge gedenke ich noch
mals der Hilfe, welche mir seitens der Herrn der Görres-Ge-
sellschaft und seitens der Herrn Archivbeamten zu theil ge
worden ist. Abgesehen davon, dass sich in die Indices u. s. w.
auch unrichtige Angaben über den Inhalt dieses oder jenes
Bandes eingeschlichen haben, lauten viele andere Angaben so
unbestimmt, dass sie irre führen müssen: man wird enttäuscht,
iu einem Bande nicht zu finden, was der Index erwai’ten liess,
und man übersieht noch häufiger in ein bestimmtes Thema
einschlagendes Material, weil es nicht als an der und der
Stelle befindlich hervorgehoben worden ist. Dadurch, dass
wir mehrere zu gleicher Zeit und für dasselbe Thema alle
die für Orientirung im päpstlichen Archiv zur Verfügung ste-
1 Dass jedem der Bände 21—76 der neuen Zählung eine zweite Um 20
niedere Ordnungszahl noch beigefügt wird, kann ich nur dahin deuten,
dass neben der offenbar ältesten Sammlung von Concilakten (s. S. 92) in
20 Bänden (jetzt tom. 1, 3—20, 22, indem nach de Pretis einmal die
einstigen Bände 2 und 22 ihre Plätze und dann auch ihre Signaturen
vertauscht haben), welche auch im Repertorium den Reigen eröffnet,
vorübergehend eine zweite mit eigener Nummerirung gebildet worden ist.
2 Die gleiche Angabe in dem Berichte des D. Ricardo di Hinojosa (s. Bole-
tin de Ia R. Academia de la Historia 1894, S. 294—299), "welcher, auf den
Mittheilungen der Archivbeamten fussend, nicht allein die alten Bestände
des Geheimarchivs, sondern auch die erst in den letzten Jahren liinzu-
gekonnnenen aufzählt.
7*
100
IX. Abhandlung: v. Sickel.
henden Hilfsmittel benutzten, erzielten wir grössere Sicherheit
des Erfolges: bald konnte ich die neuen Arbeitsgenossen auf
ein ihnen entgangenes Stück aufmerksam machen und bald
erwiesen sie mir den gleichen Dienst.
Uns beiden kam noch mehr die Hilfe des Mons re Wenzel
und des P. Denifle zu statten. Sie wussten doch in allen Par
tien des Archivs gut Bescheid und wussten auch mit den In-
dices besser als wir umzugehen, so dass sie, sobald sie sich
der Sache annahmen, noch viel mehr neues Material als wir
zu Tage förderten. Und in einer Beziehung sind wir ja ganz
auf ihre Unterstützung angewiesen gewesen. Was nützte es
mir, aus den Annales ecclesiastici einen so und so nummerirten
Band mit Risposten eines Legaten kennen gelernt zu haben,
wenn ihm später eine andere Signatur gegeben und dabei die
frühere beseitigt worden war, und was nützte es mir, aus dem
Inventar des Bissaigliam zu wissen, dass ein Codex damals
der so und so vielste in dem so und so vielsten Schranke
war, wenn er seitdem Stelle und Bezeichnung gewechselt hatte?
Der mühevollen Arbeit mit der Zeit verstellte Stücke wieder
aufzufinden, vermochten sich nur die Herren Beamten, welche
allein Zutritt zu den inneren Räumen des alten Archivs und
zu den in ihnen geborgenen Schätzen haben, zu unterziehen,
und dass sie, welche durch den starken Besuch des Archivs
bereits über die Massen in Anspruch genommen werden, uns
und unserer Arbeit zu Liebe diese Nachforschung mit solchem
Eifer betrieben haben, verpflichtet uns zu besonderem Danke. 1
Dabei drängte sich ihnen wie uns die Frage auf, wie es in
Zukunft mit solchen in andere Fonds gerathenen Bänden ge
halten werden solle, und sie wurde dahin beantwortet, dass
die seit Jahrhunderten bestehende Abtheilung der Concilakten
durch Einverleibung des gleichartigen und bisher noch nicht
an einen festen Standort gebundenen Materials vervollständigt
werden solle. Diese Vereinigung der Concilakten, welche es
1 Als einen der Bände, den nur die Herren Beamten aufstübern und uns
zur Verfügung stellen konnten, führe ich tom. 141 (Abschrift der S. Gl
erwähnten Briefe des M. Colino) an. Er ist nämlich erst 1807 aus dem
Nachlasse des Cardinais Archinto in das Archiv gekommen und war bis
lang noch in kein Repertorium eingetragen, auch noch keiner Abtheilung
zugewiesen worden.
Römische Berichte. I.
101
schon uns erleichtert hat, Ueberblick zu gewinnen uncl über
sichtliche Berichte zu erstatten, wird zweifelsohne auch allen
uns nachfolgenden Forschern willkommen sein.
Dabei ist doch mit aller Schonung der bisherigen Ordnung
vorgegangen worden. Vor allem ist an dem bisherigen Bestände
der Abtheilung der Concilakten nicht gerüttelt worden. Schon bei
der ersten Bildung derselben ist in sie Material eingereiht worden,
welches der Zeit vor oder nach dem Tridentinum angehört, so
die auf die langen Vorbereitungen zum Concile bezüglichen Corre
spondenzen in den tom. 24, 36—39 1 oder die von der Durch
führung der Concildecrete handelnden tom. 2, 21, 23 De regula-
ribus. Ferner war schon zu Zeiten des P. D. de Pretis, wie wir
aus dessen Repertorium ersehen, als tom. 85 eingestellt worden
das Manuale mei Troteti de hiis quae facta fuere in sacro concilio
Pisis celebrato a. 1409, 2 desgleichen der S. 93 erwähnte tom. 81;
etwas später wurde in demselben Armarium tom. 86 A (s. S. 98)
untergebracht. Alle diese Bände sind auch jetzt in der Ab
theilung der Concilakten belassen worden. Ja es ist ihr auch
noch als tom. 135 ein gedrucktes Exemplar der Verhandlungen
des Pseudoconcils zu Pisa vom Jahre 1511 zugewiesen worden. 3
Von Fall zu Fall ist reiflich erwogen worden, ob ein
Band oder Fascikel jetzt in die erweiterte Abtheilung der Concil
akten einbezogen oder füglicher am alten Standorte belassen
werden soll. Ich betone Band oder Fascikel, denn von ein
zelnen durch Zufall verschlagenen Schriftstücken ist überhaupt
abgesehen worden; nur mehr oder minder zusammenhängende
Sammlungen, mögen sie vollständig oder auch nur fragmen-
1 Vgl. Friedensburg I. Einl. XX.
1 Thomas Tretet, Seeretär des Cardinalbischofs von Frascati Pierre Girard
de Puy, war einer der Notare des Concils. — Diese Handschrift (alt
Nr. 2730) ist meines Wissens noch nicht benutzt worden.
s Titel: Promotiones et progressus sacrosancti Pisani concilii modemi in-
dicti et ineohati a. d. MDXI. — Benutzt von Hergenröther in Hefele,
Conciliengescbichte 8, 480. Zur Beschreibung dort ist die Notiz anf
der letzten Seite nachzutragen: hnius libri possessor Franeiseus Daulx,
durch welche Hergenröthers Vermnthung über die Provenienz hinfällig
wird. Interessant ist, dass die Art und Weise, wie in tom. 135 die Proto
kolle der einzelnen Sitzungen vom Secretär und den Notaren beglaubigt
worden sind, genau wiederkehrt in den ältesten Drucken der Decrete
des Tridentinum: vielleicht hat tom- 135 Massarello als \orbild gedient
102
IX. Abhandlung: v. Sickel.
tarisch erhalten sein, konnten in Frage kommen. Auch sie sind
nur in den Fällen der Abtheilung der Concilakten einverleiht
worden, in denen durch die Umstellung alte geschlossene und be
reits repertorisirte Serien nicht zerrissen und geschädigt wurden.
So ist der Bestand des Borghese-Archivs, in welches mancher
Band mit Concilakten gerathen ist, nicht geschmälert worden.
Auch aus den Abtheilungen der Miscellanea und der Varia politi-
corum ist nichts ausgehoben worden, wofür auch massgebend
war, dass, was dort von Concilakten einst eingereiht worden ist,
zumeist nur aus Abschriften besteht, welche auf ältere schon
seit lange in den Concilakten befindliche Vorlagen zurückgehen. 1
Am meisten Zuwachs hat die Abtheilung durch die Ein
verleibung der einst im Engelsburgarchiv aufbewahrten und
bisher in dessen Armarien verbliebenen Concilakten (s. S. 88)
erhalten. Das augenblickliche Ergebniss ist, dass die Abtheilung
151 Bände aufweist. 2 Bevor ich sage, wieviele derselben die
von mir genauer geprüfte conciliare Correspondenz enthalten,
wiederhole ich, dass ich hier weder einzelne von ungefähr in
diese oder jene Verbindung gerathene Briefe berücksichtigen
will, noch die zahlreichen Briefe, welche schon zur Zeit des Con-
cils entweder den Akten oder den Diarien eingeflochten worden
sind. Es bleiben doch für die Correspondenz im weitesten Um
fange 37 Bände dieser Abtheilung, von welchen 23 auf den
1 Dasselbe gilt von mehreren Bänden des Borghese-Archivs, welche ich
als nur abgeleitetes Material enthaltend in meinen Berichten über
gehen zu dürfen glaube.
2 Allerdings sind dabei die Nummern 108—111 Bänden Vorbehalten, welche
erst noch zu bilden sind. Es hat nämlich den Beamten und auch uns
noch an Zeit gefehlt, die carte sciolte zu sichten und zu ordnen, welche
nach und nach als auf das Concil bezüglich in den Schränken der Ab
theilung untergebraebt worden sind. Es würde mich zu weit führen
hier zu sagen, weshalb es räthlich befunden wurde, die neuen Bände
zwischen 107 und 112 einzuschalten. Was gelegentlich noch von Concil
akten im Archiv aufgefunden werden wird, wird tom. 152 u. s. f. signirt
werden. — Hier noch eine Bemerkung über die Bezeichnung der Ar
marien. Auch nach de Pretis sind Schränke umgestellt und ist das
Material anders, als es vor 160 Jahren geschehen war, auf die Schränke
vertheilt worden. So befinden sich auch die Concilakten jetzt nicht
mehr in den damals als LXII und LXIII gezählten Schränken. Dessen
ungeachtet hält man an den in dem Grundinventar eingetragenen Be
zeichnungen fest.
Komische Berichte. I.
103
Briefwechsel der Curie mit den Legaten kommen. 1 Die Unter
suchung der letzteren muss aber auf 3 weitere Bände in anderen
Abtheilungen des Vaticanischen Archivs ausgedehnt werden: auf
Borghese I. tom. 184, auf Nunziatura di Germania tom. 4 und
auf einen Band, welchen ich kurz als tom. CVIII bezeichnen
werde. 2 Von einigen dieser 26 Bände wird es genügen zu
sagen, dass sie aus anderen hier noch vorhandenen Bänden ab
geleitet sind. Die Mehrzahl jedoch verdient es genau beschrieben
und gekennzeichnet zu werden. Obgleich ich die Lösung dieser
Aufgabe dem zweiten Berichte Vorbehalte, will ich doch schon
hier begründen, weshalb ich zuerst von den Bänden handeln
werde, welche sich als Register erweisen und dann erst von
denen, in welchen sich Originalminutcn oder Originalausferti
gungen befinden. Es lässt sich schwer und nicht mit voller Sicher
heit berechnen,, wie sich der jetzige Vorrath an den letzteren zu
dem ursprünglichen verhält. Dagegen können wir den Umfang
und die Reihenfolge der Briefe leichter und besser den auf uns
gekommenen Registern entnehmen, vorausgesetzt, dass der Ein
lauf oder der Auslauf ohne grösseren Verzug gebucht worden sind.
1 Wie Tlieiner, Acta genuina praef. VII zu seinen niedrigen Zahlenangaben
gekommen ist, begreife icli nicht.
2 Borgh. I. 184 besprach ich schon S. 79. — Inwieweit Nunz. di Germ. 4
zu den Concilakten gehört, kann ich erst im Berichte II sagen. — Der
von mir als tom. CVIII bezeiehuete Band gehört zu einer bisher noch
namenlosen Serie von etwa 450 Bänden, auf welche ich bereits in Me-
langes Julien Havet 18 aufmerksam gemacht habe. Es ist mir noch immer
nicht gelungen, über die Entstehung dieser Sammlung und über ihre Ein
verleibung in das päpstliche Archiv befriedigenden Aufschluss zu er
langen. Nach Angabe der Herren Archivare, welche ich bei flüchtiger
Durchsicht einzelner Bände bestätigt gefunden habe, liegen hier vor
nehmlich Abschriften von Nunziaturen vor, welche zu Anfang des 18. Jahr
hunderts angefertigt worden zu sein scheinen. Tom. CVIII soll der einzige
eonciliare Correspondenz enthaltende Band dieser Serie sein. Schon die
äussere Ausstattung (die Titelblätter z. B. weisen alle einen gemalten Blu
menkranz auf, in welchen die Titel eingeschrieben sind) lässt erkennen,
dass die ganze Collection zu gleicher Zeit und nach einheitlichem Plaue
angelegt worden ist. Die hier gebotenen Nunziature di Germania, auf die
ich besonders geachtet habe, setzen leider erst mit etwa 1600 ein, es
müsste denn der 1. Baud der ganzen Serie, welcher bislang noch nicht
aufgefunden wurde, ältere Nuntiaturen aus Deutschland enthalten.
104
IX. Abhandlung: v. Sickol.
E x c u r s I.
Giovanni Carga, den ich oft als meinen Gewährs
mann angeführt habe, war um 1520 zu S. Daniele im Friaul
geboren, begann dort die höheren Studien unter Joh. Petrus
Ahstenius, setzte sie in Bologna fort und wanderte dann um
1550 nach Born. Mit der Zeit allen damals in Born weilenden
Gelehrten näher getreten, wird er oft in deren Briefen ge
nannt. 1 So erfahren wir zuerst aus einem Schreiben des eben
nach Born gekommenen Graziani, dass Carga bereits 1553 als
homo doctus ac tum in Bomana aula in primis gratiosus galt.
Da er offenbar schon unter Julius III. in päpstliche Dienste
getreten war, muss er unter der Leitung des Marcello Cervini
gestanden haben, der, selbst ein musterhafter Beamter, eine
Beihe von tüchtigen Beamten heranbildete. Bühmt unter An
derem auch Carga die Verdienste, welche sich Cervini in und um
das Secretariat erworben habe, so wird er ihm gleichzukommen
versucht haben. Und das mit Erfolg, da er frühzeitig An
erkennung fand und trotz des häufigen Wechsels der herrschen
den Parteien immer neue Gunstbeweise erhielt. Zuerst, so
viel ich weiss, von Julius III. im Jänner 1555 mit einer Pfründe
in seiner Heimat, nämlich in Belluno belohnt, 2 wurde er auch
von Paul IV. im November desselben Jahres mit einer Pfründe in
Valesiano bedacht, dann 1558 mit einem Canonicate zu Civi-
1 So in mehreren Briefen, welche Lagomarsini in den Anmerkungen zu den
Epistolae Pogiani veröffentlicht hat. Diesen Briefen und Liruti’s Werke,
Letterati del Friuli, entnehme ich viele der folgenden Notizen. Aber
abgesehen davon, dass Lagomarsini und Liruti mancherlei berichten,
was ich unrichtig befunden habe und deshalb hier nicht wiederhole, so
sind sie und der gleich noch zu erwähnende Mazzuchelli ganz ungenügend
über Carga’s amtliche Laufbahn und Thätigkeit unterrichtet gewesen.
Nachdem ich durch die Information auf deren Verfasser aufmerksam ge
worden war, habe ich aus den Ruoli di famiglia, aus Handschriften der
Vaticanischen Bibliothek, aus Correspondenzen in den römischen Ar
chiven und aus der in der Ambrosiana befindlichen Correspondenz des
Cardinais C. Borromeo die oben verwertheten neuen Daten geschöpft.
2 Diese und andere Urkunden für Carga kenne ich aus dem Nachlasse
des ihm befreundeten Graziani.
Römische Berichte. I.
105
dale und einem zweiten zu S. Stephan in Aquileja. Ad ser-
vitia curiae Romanae ad praesens Romae commorans, wie es
einmal heisst, wurde er bald darauf vom Capitel von Civi-
dale zu dessen Procurator in Rom bestellt. 1 Unter dem letzt
genannten Papste 1556 mit Graziani in die von Commendone
geleitete Abtheilung des Secretariats eingetreten, fand er fortan
in diesem einen warmen Fürsprecher. Zugleich erfreute er sich
der Gunst des Cardinais Carlo Caraffa, welcher ihn am 8. Jänner
1557 ernannte zum notaro apostolico e conte del sacro palazzo e
della corte Lateranense. In die nächstfolgenden Jahre müssen
die von Carga seihst erwähnten Reisen fallen, welche er im
Gefolge von Nuntien und Legaten machte, und welchen er die
spätere Verwendung als Dictator der Proposte verdankte. Einmal
sollte er einen Legaten, vermuthlich Commendone, in die’Türkei
begleiten; aber diese Mission, von der Carga allein uns Kunde
gibt, unterblieb wohl in Folge des Todes Paul IV.
Mit dem Pontiiicate Pius IV. fällt die Glanzperiode Car-
ga’s zusammen. Kaum war der Neffe des neuen Papstes Carlo
Borromeo nach Rom übersiedelt, so wurde Carga von Gabriele
Flaminio in desen Haus eingeführt, in welchem er mit seinen
Landsleuten und Schulgenossen Gian Battista Amaltheo und Bar-
tolomeo de Porzia wieder zusammentraf. Hier, wie in anderen
gelehrten Kreisen, wurde er wie Atanagi meldet, gern gesehen.
Auf Borromeo’s Empfehlung wurde er schon 1560 Gehilfe des
neuen Geheimsecretärs Ptolomeo Galli. Diesem, so berichtet er
selbst, ho servito nel pontificato di Pio IV. per scrittore prima
e poi per archivista, poi per coadiutore e primo sustituto con
portar il carico di tutto quello che si scriveva al concilio di
Trento e che di la veniva, et insieme a tutti li nuntii e della
riforma che si fece a Roma. Einen so verwendbaren Mann
1 Aus einem Schreiben des Cardinais Borromeo an den Wiener Nuntius
Delfino vom 25. October 1561 erfahren wir, dass Carga che serve qui
in segretaria, also der Residenzpflicht nicht nachlcommen konnte, an
der Besitzergreifung eines Canonicats in Aquileja gehindert wurde, an
geblich auf Befehl des Kaisers, welchem der Nuntius beauftragt wurde,
Vorstellungen zu machen. Da hier das Canonicat nicht genauer be
zeichnet wird, bleibt es fraglich, ob es sich um die schon 1558 ver
liehene Pfründe handelt oder um ein zweites Canonicat an einer anderen
Kirche zu Aquileja.
106
IX. Abhandlung: v. Sickel.
suchte man an die Curie zu fesseln: so wurde er vom Papste
mit Breve vom 5. September 1561 von der Residenzpflicht
förmlich entbunden, quam diu servitiis nostris instituit, und
des ungestörten Genusses der Einkünfte seiner zahlreichen
Pfründen versichert. Vermuthlich hat Carga, um den ihm
gestellten Aufgaben gewachsen zu sein, selbst gethan, was er
Anderen als die beste Vorbereitung für den Secretariatdienst
empfiehlt, nämlich historische Werke, die Amtsregister und
andere Akten zu studiren. Dass ihm gründliche Kenntniss
der Entstehung und Organisation der curialen Aemter zuge
traut wurde, beweist die von einem Unbekannten an ihn ge
richtete Aufforderung, die Information von 1574 niederzu
schreiben, und dass er wirklich gut unterrichtet war, folgere
ich daraus, dass ich jede seiner Angaben, welche ich nach
zuprüfen in der Lage war, bestätigt gefunden habe. 1
Hatte nun sein mächtiger Gönner, der Cardinal Borro
meo, sich schon zu Lebzeiten Pius IV. nach Mailand zurück
gezogen und musste nach des Letzteren Tode dessen Geheim-
secretär, der Cardinal von Como, wie Galli damals hiess, dem
von Pius V. bestellten Geheimsecretär Geronimo Rusticucci
weichen, so fühlte sich auch Carga zurückgesetzt und ent
schloss sich, da er überdies in Folge angestrengter Arbeit
sich ein bedenkliches Augenleiden zugezogen hatte, trotz Ab
rathens Commendone’s die Curie zu verlassen. Ueber seine
nächsten Schicksale unterrichtet uns am besten ein Brief des
Cardinais Sirleto an Borromeo vom 8. November 1566, den ich
als zuverlässiges Zeugniss über Carga’s Verdienste hier ein
schalte: Partendo per la mia chiesa io lascio in Roma molti
servi di V. S. Ill mil , che fo fede meritare la grazia di lei
1 Ich habe bisher noch nicht eine Arbeit über das gleiche Thema kennen
gelernt, die sich mit Carga’s Denkschrift messen könnte. Ganz unbrauchbar
für das 16. Jahrhundert ist Phil. Bonamici, De Claris pontificiarum littera-
rum scriptoribus (Romae 1753). Ebensowenig genügen handschriftliche
Arbeiten, welche mir auf der Bibliothek oder im Archiv des Vaticans in
die Hände gekommen sind. Als Beispiel führe ich die nach 1650 an
gelegte Collectio de officiis R. ecclesiae (Vat. Areh. Arm. XI, tom. 86)
an, die allerdings reiches und zuverlässiges Material für die Geschichte
jener Zeit bietet, aber sehr lückenhafte und zum Theil auch unrichtige
Angaben über die Aemter des 16. Jahrhunderts.
Römische Berichte. I.
107
per il buon esempio ehe clanno in qnesta corte conforme alla
sua retta intenzione. fra questi e M. Giov. Carga, il quäle
avenclo quasi persi gli occhi in secretaria nel tempo della s.
memoria di Pio IV. per le continue fatiche del concilio ed
avendo peregrinato per tutta l’Italia cercando qualche rimedio
per ricuperare la vista, alla fine senza frutto e ritornato a
Roma, ma con frutto assai, essendosi ben risoluto ehe la vera
vista non e questa di quaggiü et essendosi tutto volto a di-
mandarla a Dio in cielo, resistendo alle tentazioni tanto ga-
gliardamente che ne fa. anco inni. ed ho appunto voluto
mandarne qui inclusa una a V. S. 111 ma , persuadendomi che
non le dispiacera questa nuova poesia di un suo servitore
e per raccomandarglielo con questa occasione, affine che la si
consenti per amor mio estendere le sue mani adiutrici verso
questo povero giovane che ha consumato tutto quello che ha-
veva in medici viaggi e medicine, ed il mal suo incurabile e
conosciuto per tutta 1’ Italia, ne e aiutato. sara opera degna
della pieth. di lei riconoscerlo in qualche cosa in segno della
servitu e per eccitar. questa cristiana poesia nella quäle ha
speciale dono di Dio, e da quindici anni in qua l’ho sempre
conosciuto di buona vita e di buona mente.
Der Unterstützung war Carga um so mehr bedürftig, als
ihm, da er Rom verlassen hatte, das Capitel von Cividale das
einträgliche Procuratorium entzogen hatte; auch die Pfründen
in der Heimat scheint er nach und nach verloren zu haben.
Zunächst nahm sich Borromeo seiner an, conoscendolo huomo
da bene meritevole, wie er am 20. November 1566 an Bonomo,
den späteren Bischof von Vercelli, schreibt, und liess ihn nach
Mailand kommen, wo er unter Anderem ein eben vom Cardinal
neu angelegtes Archiv einrichtete. Aber er vertrug das dortige
Klima nicht und sehnte sich zurück nach Rom, was Borromeo
veranlasste, am 21. September 1567 an Sirleto zu schreiben:
la prego che a buon occasione rappresenti a N. S 1 ' 0 le cica-
trici che (Carga) porta nelle pupille de gli occhi... et insieme
procuri che S. S u gli faccia quella mercede che non posso
far io et che mi pare meriti, almeno per dar esempio agli altri
che vengono a Roma di spondere volontieri et la vista et la
vita in servitio di quella santa sede. Pius V. scheint jedoch
unerbittlich gewesen zu sein. Immer wieder ist in der Corre-
108
IX. Abhandlung: v."Sickel.
spondenz des Cardinais mit Bonomo, mit Speziano (später
Bischof von Cremona) n. A. von der Versorgung Carga’s die
Bede. Obwohl dieser seinen Protector durch übertriebene
Forderungen, ja einmal sogar durch die Ankündigung verletzte,
er wolle, um sein Lehen fristen zu können, einst im Namen
des Cardinalnepoten verfasste und noch in seinen Händen be
findliche Briefe an einen Buchdrucker verkaufen, hat ihm Bor
romeo mitleidsvoll noch viele Jahre hindurch Unterstützungen
zukommen lassen und hat ihn Andern empfohlen.
Mit Gregor XIII. war Carga's ehemaliger Vorgesetzter, der
Cardinal von Como, wieder empor und zu grösserem Einflüsse als
zuvor gekommen. Zu täglichem Dienste konnte er jedoch den
kranken Mann nicht mehr verwenden. Aber sowohl er als an
dere Cardinäle zogen ihn oft zu Käthe, wie noch vorhandene
(u. a. in Miscellanea K.93) Gutachten aus Carga’s Feder bezeugen:
er lieferte Referate über die Drucklegung der Decrete und
der Akten des Concils, über die Hebung der Buchdruckerei
in Rom, über Reform der Universität, der Indexcongregation,
der Spitäler u. s. w. Vornehmlich aber wandte sich Carga
in den späteren Jahren der geistlichen Dichtung zu; Mazzu-
chelli, welcher ihm ein eigenes Capitel in seinem Werk Scrit-
tori italiani (Cod. Vat. 9265) gewidmet hat, zählt sowohl die
gedruckten als die ungedruckten Gedichte desselben auf. Auf
fallend ist, dass unter den Gutachten mehrere noch von Car
ga’s Hand geschrieben sind; also war er doch bis in die ersten
Jahre Gregor XHI. noch nicht ganz des Augenlichtes beraubt.
Und zu seinen steten Klagen hat ihm wohl mehr als die
Krankheit seine Armuth Anlass geboten. Unterkunft und
Pflege hatte er allerdings in S. Spirito gefunden, von wo
schon die Informatione del secretario vom Jahre 1574 datirt
ist; aber nach seinen einstigen Leistungen glaubte er Anspruch
auf besseren Lohn zu haben. Noch 1578 haben Sirleto und
Alciati, welche ihm immer Wohlwollen bewahrt hatten, ver
gebliche Versuche gemacht, ihm zu neuen Pfründen zu ver
helfen. So hören wir bis in das Jahr 1585 Carga über sein
elendes Leben in S. Spirito klagen. Wann er gestorben ist,
konnte ich bisher nicht finden.
Römische Berichte. I.
109
Excurs II.
Camillo Olivo verdient aus zwei Gründen unsere Auf
merksamkeit: er hat 1561—1563 die Communecorrespondenz
der Legaten geführt, und er soll später Sarpi über den Verlauf
des Concils in der letzten Periode unterrichtet haben. 1 Ueber
ihn als Präsidialsecretär gehen die römischen Akten, wie wir
gleich sehen werden, mancherlei Aufschluss. Galt es mir aber
auch seine früheren und späteren Erlebnisse kennen zu lernen,
und liess ich deshalb in seiner Vaterstadt Mantua durch Herrn
Archivar Stefano Daveri und durch Herrn Dr. Steinherz nach
forschen, so war die Ausbeute für die Biographie Olivo’s ge
ring. 2 Die Nachrichten von einigem Belang hat bereits Graf
Carlo d’Arco in seinem dem Archive hinterlassenen Werke
Notizie genealogiche delle famiglie di Mantova, tom. 5. p. 335
folgendermassen zusammengefasst:
Camillo figlio di Giovanni Olivo, nato al 1510, seguendo
i consigli del padre si dedicö al sacerdozio e raccomandato da
quello al cardinale Ercole Gonzaga non solo ebbe grado di
canonico della catted rale e di rettore della chiesa parrocliiale
di S. Giorgio presso Mantova, ma si allogö presso quello a se-
1 Sarpi erwähnt nur gelegentlich im 6. Buche, dass er Olivo persönlich
gekannt habe. Erst die Biographen desselben (statt Aller citire ich den
jüngsten, Bianclii-Giovini, Biografia di Fra Paolo Sarpi, Zurigo 1836)
berichten, dass er durch Olivo Concilakten kennen gelernt habe, ohne
jedoch bestimmte Beweise dafür beizubringen. Diese schon ihm be
kannte Angabe versuchte Pallavicino, Introd. 4 Nr. 3 als aus der Luft
gegriffen hinzustellen, wobei er sich zu dem Ausspruche verstieg: essere
stato l’Olivo non il calunniatore, ma il calunniato. Ich komme auf
diesen Punkt am Schlüsse des Excurses zurück.
2 Dagegen wird sich wohl allerlei für die Geschichte des Concils aus den
noch erhaltenen Briefen des besonders gut unterrichteten Olivo (Gonzaga-
Archiv, Büste 1410, 1938, 1943) lernen lassen. Dr. Steinherz machte mich
besonders auf zwei Gruppen aufmerksam: 1. Briefe aus Trient an den
im Herbst 1561 in Levico weilenden Cardinal von Mantua, und 2. fort
laufende Berichte aus Trient an den Castellan von Mantua aus dem
Jahre 1563, um den Herzog über alle Vorgänge in Trient und über
alle dort einlaufenden Briefe und Avvisi zu unterrichten. Wie alle Corre
spondenten dieser Zeit beschränkte sich Olivo allerdings nicht auf zu
verlässige Mitteilungen, sondern fügte auch hinzu nuove che si dice-
vano per bianchi.
110
IX. Abhandlung: v. Sicke 1.
gretario, che seco poi lo condusse al concilio di Trento, ed a
cui morendo al 1563 legava scudi mille. e larga provisione
quindi ottenne dal papa che lui nominö a segretario dei legati,
se non che desidcroso di patria quivi tornava e vi attese agli
studii e si diede a scrivere l’istöria del concilio a cui aveva
assistito, la quäle mai fu pubhlicata. ed a quella medesima
impresa egli stesso incoraggiava ad assumerla frate Paolo Sarpi,
allorche questi venne in Mantova, e col quäle si teneva ami-
cissimo, come stato lo era a molti altri dottissimi, fra quali
ospite tenne per qualche tempo Girolamo Muzio da Capo
d’Istria quivi infermatosi. agli Ultimi anni del suo vivere pati
gravi molestie per accusa appostagli di opinioni sospette intorno
a religiosi argomenti, ed anzi si dolse agli anni 1567 e 1572
d’essere chiamato innanzi al tribunale d’inquisizione a chiarire
quelle sue opinioni. mori al 12 gennaio del 1573 contando di
eta 63 anni.
Die Rathgeher des Cardinais von Mantua in Trient waren
nach Paleotto: 1 theologus frater Camillus Campeggius Domi
nicanus, iurisconsultus Fr. Borsatius, philosoplms ac theologus
Fred. Pendasius, secretarius, cui etiarn omnes legatorum litterae
committebantur, Camillus Olivus. Letzter war bisher in ecclesia
s. Pauli canonicus ac a secretis ... D. cardinalis Mantuae 2
und scheint mit oder doch bald nach seinem Patron in Trient
eingetroffen zu sein. So machte es sich von selbst, dass einerseits
Olivo und andererseits Filippo Musotti aus Bologna, welcher Se-
ripando’s Secretär war, die beiden Legaten gemeinsamen Ange
legenheiten besorgten, wobei Olivo das Concipiren der Briefe
zufiel. Und da die später eintreffenden Legaten Hosius und
Simonetta nichts einzuwenden hatten, wurde, als das Concil
endlich eröffnet werden konnte, der Mantuaner Bürger und
Canonicus Olivo am 17. Jänner 1562 von sämmtlichen Legaten
ernannt ad opus et officium secretariatus in rebus et negociis se
cretis ad s. concilium pertinentibus. Was sich aus dem voll-
1 Ich emendire gleich die Stelle in Mendham 18.
2 Urkunde des Herzogs von Mantua vom 6. Sept. 1561 in tom. 72. In
diesem Bande und in tom. 146 finden sich auch die nächstfolgenden
Notizen. — In einem Briefe vom 10. Jänner 1563 (Gonzaga-Archiv)
sagt Olivo von sich selbst: di poi ch’ io sto col cardinale clT e quasi
da che sono nato.
Eömische Berichte. I.
111
ständig erhaltenen Material der Monate März bis December 1563
ergibt, wird sicher auch für die vorausgehende Zeit gelten: aller
Einlauf der Connnunecorrespondenz ging zuerst Olivo zu und
alle von der Gesammtheit der Legaten ausgehenden Briefe
wurden von ihm verfasst, und zwar nicht allein die an die
Curie gerichteten Risposten, sondern auch alle Schreiben an
Fürsten, Cardinäle, Nuntien u. s. w.; insbesondere war ihm ein
für alle Male die Berichterstattung an den Nuntius am Kaiser
hofe überlassen worden. Nebenbei fungirte er als der Privat-
secretär des Mantuaners und unterstützte diesen in den Ob
liegenheiten des ersten Präsidenten. Sahen wir schon, dass es
zu diesen gehörte, wie man sich ausdrückte, den poveri e
bisognosi prelati Provisionen auszusetzen , auszufolgen und
darüber Buch zu führen, so hatte der Cardinal auch dieses
Geschäft seinem Vertrauensmanne Olivo übertragen. Anfangs
wollte er doch noch die Verantwortung für die Gebahrung
mit diesen Geldern übernehmen. Aber Borromeo schrieb ihm
(Nunz. di Germania 4, f. 204): non accadeva che V. S. 111 ma
pigliasse fatica lei di dar conto de i denari che si spendino
costi, come ha voluto fare per la sua di 9., perche il segretario
suo supplisce abbastanza, basta ch’ella attenda a spendere
dove giudica a proposito, restando certo che noi di qua have-
remo cura che denari non gli manchino. Um diese Zeit be
ginnt auch der Tliesoriere generale sich direct an Olivo zu
wenden und ihm betreffs Auszahlung und Verrechnung der
Provisionen Weisungen zu ertheilen. 1
Mit Ausnahme von Simonetta hielten alle Legaten grosse
Stücke auf Olivo. Jener hatte, als er im Sommer 1562 in
heftigen Streit mit dem Mantuaner gerieth, die Umgebung des
letzteren beschuldigt, den Conflict verschärft zu haben, und so
mag er in seinen Particularberichten auch gegen den Präsidial-
secretär Klagen erhoben haben, welche, wie wir gleich sehen
werden, beim Papste Gehör fanden. Dennoch gestalteten sich
die Verhältnisse bald so, dass auch Simonetta für Olivo ein-
treten musste. Als dieser der Leiche seines am 2. März 1563
verstorbenen Herrn nach Mantua 2 das Geleite geben und
1 Schreiben vom 28. Jänner und 14. Februar 1562 .in tom. CVIII f. 27
und 382.
2 Schon am 4. März fand der Transport der Leiche nach Mantua statt.
112
IX. Abhandlung: v. Sickel.
Trient überhaupt verlassen wollte, hielten ihn Seripando, Hosius
und Simonetta als für die Führung der Geschäfte unentbehrlich
fest und baten schon am 3. März (siehe Anhang Nr. 11) den
Cardinal Borromeo auch seinerseits beizutragen, dass Olivo
nach wie vor in Trient verbleibe und nach wie vor seinen
Dienst versehe. Als Antwort auf diesen Antrag ist ein am
19. März an Simonetta allein gerichtetes Schreiben zu be
trachten 1 in dem es heisst: N. S re dice che la mordacitä di
Messer Camillo Olivo ha nociuto assai a quella causa publica
et qui et appresso ai principi. et con tutto cio a S. S ta pare
che si debba trattenere et ben trattarlo, finchb arrivino quest’
altri due SS. legati, col rihaver poi col parere di tutti cinque
di chi haveranno a servirsi. Simonetta unterfertigte dann doch
gleich seinen Collegen das Communeschreiben, in welchem der
Antrag auf feste Anstellung von Olivo und zwar mit einem
Monatsgehalte von 40 scudi erneuert wurde. Darauf ant
wortete der Cardinalnipote am 24. April (tom. 27.): del tratte-
nimento che le SS. VV. 111 me hanno dato a Messer Olivo N. S re
resta satisfatto, et similmente de la speranza che gli hanno
data, havendo S. S a veramente intentione di riconoscere le
fatiche sue, quando n’ha vera occasione. 2
Bis zum Aufbruch von Trient, mit dem unsere Quellen
versiegen, hat Olivo viel Verdruss gehabt und keinen Lohn
geerntet. 3 Dass mit dem verstorbenen Mantuaner abgerechnet
werden musste, gab zunächst Anlass zu einer allgemeinen Re
vision der in Trient geführten Rechnungen (Brief vom 30. August
1563 im Anhang Nr. 14), und als Olivo, welcher ja für seinen
Herrn auch die Kasse geführt hatte, Decharge zu erhalten
hoffte, stiess er auf allerlei Schwierigkeiten. Es heisst u. a. in
einem Briefe Borromeo’s an die Legaten vom 20. October: il
breve di quietar M. Camillo non si manda per alcune difhcultä
1 Tom. 51 f. 93. — Vgl. Pallavicino XX, 9 Nr. 8.
2 Drei Tage zuvor hatte Borromeo Simonetta in einem Particularbriefe
(tom. 51 f. 105) über einen anderen Punkt zu beruhigen gesucht. Ich
habe, schrieb Borromeo, nichts weiter zu sagen, se non che io non ho
dubitato mai, ne sentito dubitar da altri, che in Messer Camillo sia
alcuna sorte di fraude, onde per conto mio non si haverä a fare alcuna
diligenza ne li conti suoi.
3 Ueber diesen und über andere Punkte erweist sich also Graf C. d’Arco
als schlecht unterrichtet.
Römische Berichte. I.
113
che ha messe Mons. thesoriere generale, de le quali si dara conto
con le prime, e sono solamente per interesse et chiarezza di
detto Mons. thesoriere generale. Die Legaten, aus deren Brief
vom 11. November (Anhang Nr. 16) 1 wir erfahren, weshalb
Camillo hingehalten wurde, mochten noch so warm für ihn
eintreten: zunächst wurde er nur wieder vertröstet. Noch in
der letzten diesbezüglichen Proposte, welche ich gefunden
habe, nämlich in einem Briefe vom 18. November, schrieb
Borromeo: a Messer Camillo Olivo le SS. W. 111 mo possono
aquietar l’animo col certificarlo che S. S tJl non gli lascera
mai far torto alcuno, sapendo molto bene che le fatiche sue
nel distribuere i denari et nel resto meritano mercede et premio;
tra tanto vedera quel che il thesoriere ha a dire intorno a ciö.
Kein Wunder, dass Olivo, durch dessen Hände nach und nach
über 45,000 scudi gegangen waren, um der Schlussabrechnung
wegen ernstlich besorgt war.
Inzwischen war auch nicht eine der Hoffnungen in Er
füllung gegangen, zu denen Olivo nach Borromeo’s Brief vom
24. April berechtigt zu sein glauben mochte. Die Legaten
liessen es nicht an Fürsprache fehlen und wurden vom Cardinal
Gonzaga und vom Bischof von Ventimiglia unterstützt. Als
der bischöfliche Stuhl von Bologna erledigt wurde, liessen sie
den Papst durch Borromeo bitten (Anhang Nr. 15) Olivo ein
dortiges Beneficium zu verleihen. Die erste Antwort vom
13. October an Morone lautete günstig: di Messer C. Olivo si
tenera poi quella memoria che conviene, quando S. S til dispo-
nera de la chiesa di Bologna. Morone brachte diese und die
Geldangelegenheit nochmals am 22. November zur Sprache, in
dem er einer gemeinsamen Risposte an Borromeo eigenhändig
hinzufügte: V. S. Ul'" a se degna non scordarsi di mandare la
facoltatc per poter liberare M. C. Olivo del tempo della bona
1 Statt mich auf Abdruck des Olivo betreffenden Passus zu beschränken,
drucke ich als Probe der Eisposten den ganzen Brief ab. Ihm folgte
nach Beendigung der Sitzung (s. Theiner, Acta 2, 463; wie die Legaten
bemerken, begann sie innanzi le 16 höre, ne siamo uscito adesso cli’ e
vicinö alle 3 di hotte, d. h. sie dauerte von 10 U. Vormittags bis 9 U.
Abends) ein zweites, ebenfalls vom 11. November datirtes und ziemlich
eingehendes Referat, welchem die Decrete de matrimonio und de refor-
matione beigeschlossen wurden.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXSUI. Bd. 9. Abh, 8
114
IX. Abhandlung: v. Sickel.
memoria del eardinale di Mantoa, et anchora, se possa, recogno-
scere le fatighe soe in questo fine del concilio. Ob Olivo endlich
Decharge und Lohn zu theil geworden ist, erfahren wir, da die
Correspondenz bald abbricht, nicht mehr.
Ich führe hier noch aus, was ich S. 82 über die Olivo
verbliebenen Papiere gesagt habe. Der Schreiber des Registro
delle risposte in comune (Borghese I. 148) schickt demselben
ein Briefverzeichniss voraus, eingeleitet durch die Worte: Io
Annibale Foscherio ho ricevuto dal S ro Pirro Olivio in Mantova
cinque mazzi di lettere conciliari, come appare per inventario.
Das Inventar zählt 224 Briefe der Legaten an Borromeo und
52 Briefe derselben an andere Personen auf mit Angabe der
Daten und des Inhalts. Bei welchem Anlasse dasselbe angelegt
wurde, erfahren wir aus einem Briefe des Herzogs von Mantua
an Morone vom 17. September 1574 (Anhang Nr. 17) und aus
Mantuaner Akten; Camillo’s Papiere hatte dessen Bruder geerbt:
nobilis D. Pirrus f. q. Joannis Mathei de Olivis civis Mantuae
de contrata Leopardi. Morone suchte auch diese Papiere an
sich oder an die Curie zu bringen. Auf seinen Betrieb sandte
der Bischof von Modena Yisdomini einen dortigen Edelmann
A. Foscherio 1 nach Mantua, welcher sich mit einem Briefe des
Cardinais vom 28. August beim Herzog von Mantua einführte.
Der Herzog nahm an, dass man in Rom nur ausscheiden wolle,
was sich nicht zur Verbreitung eigne, und dass man die übrigen
Briefe zurückstellen werde. 2 Wenn Pirro solches Versprechen
gegeben worden war, so wurde es nicht gehalten: die sämmt-
lichen Briefe sind ins päpstliche Archiv gekommen und haben
sich dort, wie wir noch sehen werden, in zwei Bänden erhalten.
Es kann nicht meine Absicht sein, hier auf die Frage,
inwieweit Sarpi’s Darstellung glaubwürdig ist oder nicht, eine
bestimmte Antwort geben zu wollen. Aber auf zwei Punkte
1 Auf meine Anfrage iiat der Director des Staatsarchives in Modena Archivar
Conte Malaguzzi die Güte gehabt, mir reiches Material zur Geschichte
des A. F. zur Verfügung zu stellen, von dem ich jedoch erst bei anderer
Gelegenheit Gebrauch machen kann.
2 Auf der Rückseite des Briefes ist dem Inhalte folgende Deutung gegeben:
S r duca di Mantua dice havere date le lettere conciliari et prega, leva-
tone ciö che non si vuole, si rimandino perclie 1’ Olivo le possa
stampare.
Komische Berichte. I.
115
will ich doch hinweisen, welche bei nochmaliger Erörterung
dieser Frage zu berücksichtigen sein werden. Sarpi, welcher
15o2 geboren ist, kann nur in jüngeren Jahren mit dem 1573
verstorbenen Camillo Olivo verkehrt haben. So möchte ich er
klären, dass Sarpi, als er nach Jahrzehnten die Geschichte des
Concils schrieb, gerade über Olivo zwei unrichtige Angaben
machte, dass er ihn erstens einmal mit Pendasio verwechselte,
und dass er zweitens ihn Trient schon im März 1563 ver
lassen liess. Der zweite Punkt betrifft die Concilcorrespondenz
aus dem Jahre 1563. Dass dieselbe in Olivo’s Händen ge
blieben war, ist jetzt erwiesen. Aber ob er sie dem jungen
Serviten Sarpi mitgetheilt hat, ist und bleibt fraglich. Es wäre
jedenfalls erst die Erzählung Sarpi’s an der Hand dieser Briefe
in commune darauf hin zu prüfen, ob der Autor Kenntniss
von ihnen gehabt hat oder nicht. Lässt sich die Benutzung
dieser Correspondenz nicht nachweisen, so möchte ich, was
Sarpi selbst über seine Beziehungen zu Olivo sagt, dahin deuten,
dass er u. ä. von diesem zum Studium der Geschichte des Con
cils angeregt, vielleicht auch in der Anschauung der Dinge
beeinflusst worden ist.
Excurs III.
Der 1610 von Silvio de Paulis aus Nepi mit Hilfe seines
Neffen Sebastiano vollendete Index des Engelsburgarchives, so
klagt G. Marini in Lämmer 447, imprudentemente si lasciö
andar per le mani di molti. Das will doch nur besagen, dass
er handschriftlich ziemlich verbreitet wurde. So besitzt das
Vaticanische Archiv, indem man die in Umlauf gesetzten Copien
mit Beschlag zu belegen bemüht gewesen ist, meines Wissens
vier Exemplare, von denen jedoch nur zwei vollständig sind,
das eine signirt Arm. IX ord. II Nr. 29, das andere wohl aus
jenem abgeleitet Arm. XXVII Nr. 25. 1 In beiden Exemplaren
geht ein Schreiben des S. de Paulis an den Papst voraus. Dann
folgen in alphabetischer Ordnung die Artikel, welche der Ver
fasser als in den Akten erwähnt hervorheben will, mit der
1 D. h. jenes hat, wie schon die Signatur bekundet, stets dem Engelsburg-
arcliiv angehört, dieses dagegen dem Geheimarchiv.
8*
116
IX. Abhandlung: v. Sickol.
Angabe, in welchem Armarium, in welcher Capsa und unter
welcher Ordnungsnummer die betreffenden Schriftstücke ein
gestellt worden sind. So ist z. B. eingetragen worden: Con-
cilium generale indicendum ex voto imperatoris et aliorum prin-
cipum — XI", XII 11 , 30, womit die Einherufungshulle vom
29. November 1560 (jetzt in tom. 146) gemeint ist. Diese unter
dem Schlagwort Concilium eingetragene Notiz ist dann ein wenig
erweitert unter dem Schlagworte Tridentinum wiederholt worden.
Sie begegnet ebenfalls zweimal in den beiden anderen Exem
plaren des Index (signirt Arm. LVI tom. 27 und Pia 251), deren
Unvollständigkeit nur darin besteht, dass sie des Vorwortes und
der unter den Anfangsbuchstaben A und B eingereihten Artikel
darben und erst mit C beginnen.
Dass ich bei meinen Untersuchungen über den Verbleib
und die verhältnissmässig späte Reponirung der Concilakten in
den curialen Archiven mich lediglich an den Index von 1610
gehalten und nicht auch von den drei Inventaren Notiz ge
nommen habe, welche Gachard, Les Archives du Vatican 12,
als im Codex Corsinianus 671 überliefert angeführt hat, (zwei
derselben beziehen sich auf das Engelsburgarchiv und das
dritte auf die Bibliotheca secreta Vaticana) kann insofern auf
fallen, als dieselben, indem sie nur Urkunden und Registerbände
aufzählen, ebenfalls bezeugen würden, dass zur Zeit der Anlage
dieser Verzeichnisse Akten des Tridentinum noch nicht in die
beiden Depots aufgenommen waren. Die Frage ist aber, ob
diese Inventare, wie Gachard angenommen zu haben scheint,
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts angehören.
Jener Codex Corsinianus enthält noch vier andere Ver
zeichnisse: 1. das von Kaltenbrunner in Mittheilungen 5,
282 besprochene Inventar von 1566; 2. eine von 1588 datirte
Lista de’ libri di Fr. Onofrio Panvini che giä furono in depo-
sito appresso il cardinale Savelli ... et hora sono appresso
rill mo . . . Rusticucci; 3. das von Kaltenbrunner ib. 289 in der
Anmerkung citirte Inventar vom 2. Mai 1591 und 4. das ib.
288 Anin. 1 citirte vom 28. April 1585. 1 Von diesen genau
1 Auch in keinem dieser vier Verzeichnisse werden Concilakten erwähnt.
Dagegen bietet der gleiche Codex f. 181 Canones s. concilii Tridentini
in folio, cum quibusdam annotationibus f. m. Gregorii XIII, sign. Nr. 177.
Römische Berichte. I.
117
clatii’ten Verzeichnissen untersclieiclen sielt die drei vorher
gehenden durch den Mangel jeder Angabe über die Ent
stehungszeit. Wie vom ersten derselben lediglich gesagt wird:
exemplum mihi datum ab . . . card. Sirletto bibliothecario die
28. m. septembris 1577, so heisst es von dem zweiten und dem
dritten nur, dass sie am 11. und am 6. April 1578 nach den
von A. Caligari zur Verfügung gestellten Exemplaren copirt
worden sind. Durch diese Daten geblendet, hat Gachard so
wenig nach der Zeit der Anlage gefragt, dass er nicht bemerkt
hat, dass das erste dieser von ihm als bisher unbekannt be
zeichnten Stücke identisch ist mit dem von ihm selbst kurz
zuvor nach Montfaucon Bibi. bibl. 1, 202 citirten Inventare, näm
lich dem von Zanobio Acciajoli am 6. December 1518 begonnenen
und 1519 vollendeten Inventare. 1 Jünger, denn es verzeichnet u. a.
bereits Urkunden Hadrian VI., 2 ist das zweite von Gachard an
gezogene Inventar, doch gehört es ebenfalls der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts an. 3 So könnten Akten des Tridentinum
höchstens in dem dritten unter Gregor XIII. angelegten In
ventar begegnen, wenn es sich nicht, wie schon gesagt, auf
Aufzählung von Instrumenten und Registern beschränkte. 4
Da meines Wissens noch niemand die Herkunft dieser
Sammlung von Inventaren im Cod. Corsin. verfolgt und fest
gestellt bat, will ich dies nachholen. Von f. 235 an linden sich
zahlreiche Originalbriefe des Cardinais Alessandrino (des Neffen
Pius V.) und anderer Zeitgenossen an den Cardinal von
1 Das Original im Vat. Archiv: tom. VI Invent. tabularii castri s. Angeli
p. 332. — Eine sehr gute Copie aus der Zeit Gregor XIII. im Cod.
Corsin. 244.
2 Vgl. von Domarus im Hist. Jahrbuch der Görres-Gesellseliaft 16, 83.
3 Dafür spricht u. a., dass hier wie in dom ersten Inventar (Gachards
diesbezügliche Angabe ist unrichtig) die Urkunden noch als in diesem
und jenem Sacke aufbewahrt verzeichnet werden. — Im Cod. Cors. 244
sind dann am Rand vielfach die später üblichen Signaturen nach Ar
marien u. s. w. eingetragen worden.
4 Nach Kaltenbrunner 1. c. 287 entstanden zwischen 1555 und 1578. Ihm
war entgangen, was Marini 1. c. 446 berichtet, dass Gregor XIII. 1578
durch Caligari weiteres Material von Avignon nach Rom überführen
liess. Es wird also, wozu ich nicht Anlass hatte, das Verzeichniss des
Cod. Corsin. mit dem von Marini citirten Inventar des Arm. XXXVII
tom. 60 zu vergleichen sein
ns
IX. Abhandlung: v. Sickel.
banta Severina, 1 welche nur aus dessen Nachlass stammen
können. Gleiches gilt von fast allen hier zusammengebundenen
Stücken und insbesondere von den Inventaren: die zuvor citirten
Worte exemplum mihi etc. und manche andere Bemerkungen
sind vom Cardinal eigenhändig geschrieben worden. Dass nun
dieser bei seinem offenkundigen Bestreben, Ueberblick über
das in Born zur Verfügung stehende Material zu gewinnen,
was das Engelsburgarchiv anbetraf, von seinem gewiss gut
unterrichteten Freunde Sirleto kein jüngeres Inventar als das
vom Jahre 1519 erhielt, spricht ebenfalls dafür dass eine neue
Kepertorisirung der dortigen Vorräthe in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts noch nicht stattgefunden hat, sondern erst
durch Silvio di Paulis im Jahre 1610.
1 Das ist Giulio Antonio Santorio aus Caserta, 1566 zum Erzbischof von
S. Severina ernannt, daher, nachdem er 1570 den Cardinaishut erhalten
hatte, zumeist Cardinal von S. Severina genannt. — Ich benutze die
Gelegenheit die letzten Zeilen der S. 12 zu berichtigen; es muss dort
heissen: so Cesi, Santorio (oder S. Severina) und . . . Baronio.
Komische Berichte. I.
119
Anhang. 1
1.
Plus IV. an den Cardinal von Mantua.
liom 1561, März 22.
Ambrosianische Bibliothek in Mailand, Codex 1. 139 inf. fot. 5. — Originalbrief,
der letzte Absatz vom Papste selbst geschrieben. — Vgl. S. 22 und 50.
Pius papa III.
Dilecte fili, salutem et apostolicam benedictionem. Have-
mo visto quanto V. S. ba scritto al Cardinal nostro Borromeo,
et per risposta le dicemo che con questa sara la bolla de la
deputatione che havemo fatto de legati al concilio, la quäle si
manda a V. S. per correro espresso; et ricevuta che 1’ havera,
haveremo piacere che lei s’ invii quanto piü presto potra a la
volta di Trento. ci contentamo perö che la S. V. secondo il suo
prudente discorso si trattenghi questi giorni santi in Maguzano
per li rispetti che lei dice, ma fatto pasqua deverk poi seguire
il suo camino a Trento, dove se ben volemo ch’ ella vada, non
intendemo perö che si venga ad alcuno atto conciliare, se prima
non n’ e avvisata da noi, il che non mancheremo di fare al
tempo debito. tratanto havemo ordinato che il cardinale Seri-
pando parta fra tre giorni, et il medesimo farebbe il cardinale
Puteo, se 1’ Indisposition sua lo consentisse; ma almeno Simo-
1 Mit dem Verweis auf die Seiten des vorhergehenden Berichtes, auf
denen die hier abgedruckten Stücke benutzt worden sind, glaube ich
mir die Inhaltsangaben ersparen zu können. — H. Acliille Batti Dottore
della Bibi. Ambrosiana sage ich hiemit Dank dafür, dass er mir die Ab
schriften von Nr. 1 und 2 besorgt und allerlei Auskünfte über das in
Mailand befindliche Material ertheilt hat. — Da von Nr. 3 an alle
Stücke der Abtheilung der Coneilakten des Vatieanisehen Archivs ent
nommen sind, citire ich nur die Bände dieser Abtheilung. — Die Origi
nale drucke ich mit allen Formeln, der Aussenadresse, dem Begistratur-
vermerk u. s. w. ab, ausser wenn bereits ein Brief des gleichen Schreibers
an den gleichen Empfänger vorausgegangen ist. Wenn ich wie bei Nr. 7
ein Begister als Vorlage benutze, enthalte ich mich jeder Aenderungen
an den hier gebotenen Ueberschriften, Formeln und Glossen, da deren
Behandlung zumeist charakteristisch ist.
120
IX. Abhandlung: v. Sickel.
netta partira subito fatto pasqua, se sarh bisogno, et tratanto
s’ e scritto al Varmiense che come prima 1’ imperatore havera
mandato qualche prelati et oratori, .venga ancor lui subito a
Trento. et con questi et particularmente con Seripando et
Varmiense V. S. potra communicare tutto quel che occorresse
de le materie pertinenti al concilio, essendo F uno et F altro di
quella bontk, dottrina et esperienza che la S. V. sa molto bene,
ci h ancora il vescovo di Thilesio, il quäle e informatissimo et
molto versato in queste cose, et perö non potra se non giovare
intenderlo et valersene ne le occorrenze. il che sara la fin di
questa, ch’ el signor Iddio conservi et prosperi V. S.
Dat. Romae die 22. Martii 1561.
Noi non intendemmo che si faccia alcuno atto conciliare
ne segno di apertura de concilio nanche la messe di spirito
santo, sina a tanto che non F avisaremo. il ehe faremmo su
bito, che saremo sicuri de F assistentia de questi tri principi,
cioe F imperatore, re di Franza et re catholico, de li quali
anchora non havemmo la volonth libera (solo havemmo da
Franza, che faranno ciö che fara questi altri dui principi,
maxime F imperator), si che se ha da mostrare al mondo che
non resta da noi, si come non resta. non di mancho senza
F aiutto et assistentia de questi tre principi, non ne pare per
adesso potere ne doyere venire ad alchuno atto conciliare:
questo stii secreto apresso di lei, et faccia si come confidamo
ne la sua prudentia et bontä.
[Aussenadresse: Dilecto filio Herculi tituli S. Mariae Novae
praesbitero cardinali Mantuano, nostro et apostolicae sedis ad
S. concilium legato. —- Registraturvermerk: 1561 di N. S. papa
Pio IIII. di 22 di Marzd.]
2.
Borromeo an den Cardinal von Mantua.
Rom 1561, März 23.
Ebenda und in demselben Codex fol. 7. — Originalbrief. — Vgl. S. 22 und 50.
Hl mo et R m0 S or mio osservatissimo.
Havendo ricevuta la lettera che V. S. Ill ma mi scrive de
li D. di questo, et communicato il tutto con N. S 1 ' 0 secondo
Römische Bcriclilo. I.
121
ch’ ella mi commandava, S. S ta resta con piena satisfattione di
lei et le piace che habbia gia inviate le sue robbe inanzi et
che nel resto stia preparata per montare a cavallo ad ogni
avviso di S. B ne . cosi se le mando hora la bolla de la depu-
tatione de legati al concilio, et a S..S Ö sarä charo che riceyuta
che lei 1’ habbi, s’ invii quanto prima a la volta di Trento. ma
perche S. B ne ha approvata per buona et prudente la conside-
ratione ch’ ella ha fatta, d’ andarsi trattenendo per camino et
far i giorni santi in Maguzano per le cause che lei dice, S. S ta
si contenta che lo faccia; ma che subito dopo li tre giorni di
pasqua seguiti il suo viaggio a Trento, dovc advertira perö
che non si faccia alcun’ atto conciliare, se prima non ne havera
ordine da S. B ne .
Quanto poi al desiderio che V. S. 111 ma tiene che N. S re
le nomini qualche prelato con chi possa communicare confidente-
mente et sicuramente li negotii che gli occorrerh, di trattare a la
giornata, a S. S t; * pare che dovendo partirsi di qua quest’ altra
settimana il R m0 Cardinal Seripando et fra pochi giorni il Car
dinal Varmiense da la corte de 1’ imperatore per trovarsi ancora
loro al concilio come colleghi di V. S. 111 ma , ella non possa trovar
meglio che lor SS. RR mi , per esser pratici de le cose conciliari
et di quella bonta, dottrina et valore che lei sa. Mons. vescövo
di Thilesio secretario del concilio b ancora lui molto pratico et
versato in queste materie conciliari, et perö non sara se non
bene che lei se ne serva ne F occorrenze. et perche sopra tütte
queste cose scrive a Y. S. Ill ma S. S ta medesima, io non mi ci
estenderö piü oltre. ma venendo a rispondere a la lettera sua
de li 3. del presente, le dico che F allegrezza che la S. V. 111 ma
ha sentita per la promotione di Mons. Ill mo Gonzaga suo nipote
e unita et conforme a la nostra, sicome siamo uniti tra noi di
sangue et di volere, et perö accetto i ringratiamenti ch’ ella
me ne fa da la benignita sua, supplicandola a credere che comc
non cedo ad esso Mons. 111 m0 suo nipote in amarla et osservarla,
cosi io sia per fare sempre con ogni poter mio tutto quello che
conoscerö esser a satisfattione et servitio di V. S. Ill ma et de
F111 ma casa sua.
Il presente latore ö cameriere di S. S ta mandato da lei a
portare il cappello al R mo cardinale Varmiense; Y. S. Ill ma sara
contenta di non trattenerlo molto, acciö possa far la sua diligenza.
122
IX. Abhandlung: v. Sickol.
S. S‘“ manderä ancora il cappello al R mo cardinale Ma-
druccio, al quäle vuol fare questo lionore. con tutto che S. S n “
R m “ sia per venir presto a Roma, si manderä il detto cappello
in mano di V. S. IU lila , acciö lei poi gli lo dia con le debite so-
lennita, honorando questo atto con la persona sua.
Al cardinale d’ Aras et a Salviati si manderä similmente,
poiche possono fare maggior frutto stando ne le provincie dove
sono, che con venire a Roma.
Mando a V. S. BI ma una copia de la risposta data ultima-
mente dal re di Francia in materia del Concilio; ma se hene
e conditionata, come lei vederä, S. S' 1 ha perö mostrato con
questi ministri francesi di non haver advertito a la conditione,
pigliando semplicemente che S. M“ Christ““ manderä li suoi
prelati et oratori a Trento, et cosi S. S“ ha puhlicato con tutti,
et il medesimo doverä fare Y. S. 111™ per maggior reputatione
del negocio.
Il vescovo Delfino, quäle ha da restar nuntio a Vienna
dopo la partita del cardinale Yarmiense, avvisa che per riduttion
d’ alcuni heretici sarä forse necessaria qualehe spesa; et S. S ta
gli fa scrivere che di cose simili dia sempre conto a Y. S. 111““,
che lei gli farä anche provedere di quel che bisognasse per
spendere in opere tali: perö se lui le ricerchera cosa alcuna,
sara contenta di non mancargli, che cosi e mente di S. S“. et
con tal fine le hacio le mani humilissimainente. che X. S re
Dio la conservi.
Di Roma a H 23. di Marzo 1561.
Di V. S. 111““ et R m “.
humillissimo servitor
il cardinale Borromeo.
\Aussenadresse: al 111 mo et Rev mo S ,jr mio Oss m0 Mons. il
cardinale di Mantua, legato del concilio. — Eegistraturcermerk:
1561 il cardinale Borromeo da Roma di 22 di Marzo, rice-
vuta il 28. j
Bömische Berichte. I.
123
3.
Cardinal von Mantua an Massarello,
Mantua 156t, März 26.
Vaticanisches Archiv. Tom. 139 fol. 267. — Originalbrief. — Vgl. S. 22.
Molto Rev. Mons re come fratello mio carissimo. Mi vien
detto che all’ entrar delli legati in Trento si fa loro ö dal clero
6 da chi che sia alcune orationi, alle quali hisogna che habhiano
chi risponda per loro all’ improviso quel tanto che occorre, et
similmente qnando ad essi legati vengono ambasciarie de prin-
cipi o prelati d’ importanza. et perche non ho in casa persona
che sia atta ä questo, et come poco pratico di simil cose non
ne ho provisto di fuoravia, pensando anco che a V. S. come
secretario del concilio toccasse questo carico, ho volnto colla
presente pregarla che, qnando allei non tocchi o non le paia
di doverle fare, si contenti di trovar’ uno che lo faccia, perche
s’ ella 6 in una maniera 6 in un ! altra non m’ aiuta almeno sn
questo principio, non so come farmi ne dove mi voltare, et
fratanto me le offro et raccomando di cuore.
Di Mantova il 26. di Marzo del 61.
Di V. Rev. S na
amorevolissimo fratello
Hercole cardinale di Mantova.
4.
Postpatent für Massarello.
Rom 1561, März 11.
Vatic. Archiv Tom. 146. — Original. — Vgl. S. 25.
Mastri delle poste di N. S 1 *. Mons. di Tilesio sara 1’ osten-
sore della presente, che se ne viene a cotesta volta mandato
da S. S ta per secretario del conciho a Trento, et perö non
mancareti di darli bonissimi cavalli imposte a mezza posta et
senza guida et come piu commodo tomara hene a S. S na . la
quäle desidero che resti da voi servita piu che se fasse la
124
IX. Abhandlung: v. Sickel.
propria persona mia, et non li fareti pagare piu del solito, la-
sciandola passar non ostante altro ordine in contrario et con-
fidando che tanto essequireti non diro altro, et stati sani.
Da Koma il di 9. di Marzo 1561.
Vostro Hippolito Lampugnano
mastro generale de le poste di N. S re .
5.
Patent an die Zollbeamten für Massarello.
Bologna 1561, März 29.
Vatic. Archiv. Tom. 146. — Original. — Vgl. S. 25.
Petrus Donatus Caesius,
episcopus Naniiensis, Bononiae vicelegatus.
Conducendo Giovanni Battista Scarsella patrone di barca
a Trento due casse piene de scritture et altre robbe de Mons.
de Thilesio secretario del sacro concilio, commandiamo a tutti
li datieri, gabellieri et passaggieri suggetti alla nostra iuris-
dittione, che le debbano lassar passare libera mente et senza paga-
mento ne impedimento alcuno, sotto pena dell’ arbitrio nostro.
gli altri poi non suggetti strettamente preghiamo a contentarsi
di fare il medesimo come di robbe di prelato et pertinenti al
concilio, che ci faranno piacere gratissimo. in fede di che etc.
Dat. in Bologna li 29. di Marzo 1561.
P. episcopus Narnicnsis, vicelegatus.
6.
Breve des Papstes Pius IV. an die Concillegaten.
Rom 1563, Oktober 14.
Vatic. Archiv. Tom. 134 fol. 112. — Original. — Vgl. S. 31.
Pius papa IIII.
Yenerabilis frater et dilecti filii nostri, salutem et aposto-
licam benedictionem. Ut concilii quod istic ad Dei honorem
Römische Berichte. I.
125
et universalis ecclesiae commodum congregandum et celebran-
dum indiximus, liberum sine impedimento ullo progressum esse
semper optavimus, ita, cum finis ei fuerit imponendus, eum ita
illi Deo dante imponi cupimus, ut nullum inde existere possit
ecclesiarum damnum aut scandalum. itaque volumus et tenore
presentium vobis mandamus, ut cum circumspectioni vestrae et
maiori parti concilii expedire et opportunum esse yisum fuerit
ipsum concilium dimitti, nomine et auctoritate nostra praelatis
omnibus in concilio congregatis abeundi potestatem faciatis,
hortantes ac nihilominus mandantes eisdem nostro nomine et
monentes sub excommunicationis et aliis quibus vobis visum
fuerit poenis, ut intra octo dies postquam recedendi licentiam
a vobis habuerint, omni mora et excusatione omissa discedant
et, cum tamdiu non sine maximo ecclesiarum damno atque
incommodo abfuerint, recta ad suas quisque eorum ecclesias
eant curentque ut ad eas primo quoque tempore perveniant.
Dat. Romae apud s. Petrum sub annulo piscatoris die
14. Octobris 1563, pontificatus nostri anno quarto.
Ant. Florebellus Lavellinus.
[Aussenadresse: Yenerabili fratri Jo. episc. Praenestino et
dilectis iiliis nostris Stanislao Yarmiensi, Ludovico Simonetae
et Bernardo Navagerio S. R. E. presbyteris cardinalibus, sedis
apostolicae in Tridentino concilio legatis.]
7.
Pius IV. an den Cardinal von Mantua.
Rom 1562, Jänner 11.
Vatic. Archiv. Tom. CVIII fol. 11. — In diesem Register der dem Mantuaner
zugegangenen Briefe ist nicht ausdrücklich bemerkt worden icie in dem römischen
PR. tom. 49 (hier fol. 36’ Abschrift desselben Briefes mit geringfügigen ortho
graphischen Abweichungen), dass der zweite Theil vom Papste eigenhändig hinzu
gefügt worden ist. — Vgl. S. 51.
Cardinali Mantuano.
Dilecte fili, salutem et apostolicam benedictionem. Oltre
quello che scrivemo in commune a tutti voi legati, havemo
126
IX. Abhandlung: v. Sichel.
voluto con questa particolarmente cüre a V. S. che il cardinale
d’ Altemps dopo il servicio che ha da prestare a Dio in questo
Santo negotio, ha espi’essa commissione da noi di governarsi
secondo il maturo giuditio vostro e di dipendere in tutte le
sue attioni da quello che gli sara ricordato e detto da V. S. vi
preghiamo ad accettar volontieri per amor nostro questa pro-
tettione e a riconoscere il prefato cardinale non tanto per nostro
nipote e figliuolo, quanto per desiderosissimo di ubbidirvi, conie
V. S. intendera piü largamente da lui al quäle rimettemo. et
nostro signore Dio la conservi e doni ogni contento. Datum
Rome die 11. ianuarii 1562.
Noi mandiamo nostro nipote, acciö ubbidischi e servi a
V. S. in tutto e per tutto e faccia sempre quello cli’ ella le
commetterk, che cosi ha ordine da noi espressö. non risponde-
remo alle sua lettere insieme con quelle che ne mostro il car
dinale G-onzaga suo nepote, perche sono responsive alle nostre,
e dicessimo a bocca al cardinale suo nepote quanto occorreva.
noi non potemo essere piü sodisfatti di quello che siamo di
lei e della diligenza e sufficienza e fedelta sua; Dio la rimune-
, rara e noi non le saremo ingrati. la vadi pur dietro e spendi
gagliardamente e nell’ elemosine e in tutto quello che bisogna, e
mi avvisi, massime dal canto di Germania, dove nostro nepote
sara buono. alli danni del cardinale di Trento per sue gabelle
interrotte et altro e provisto di qua, e da piü se da ducento
scudi il mese al cardinale Madruzzo da spendere dove vuole,
e cosi lui pigliera la cura delle porte e della giustizia, ne se
havra da lasciar uscire cosa che sii al bisogno nostro e del
concilio, et il cardinale di Trento promette pigliare sopra di se
ogni carico e spesa, salvo di una guerra guerreggiata, della
quäle non dubitamo, e se venisse, le diffendaremo e prove-
deremo, come meglio s’ intendera da nostro nipote, al quäle
rapportiamo.
Pius papa IV.
Römische Berichte. I.
127
8.
Cardinal Borromeo an den Cardinal von Mantua.
Rom 1562, December 12.
Vatic. Archiv. Tom. 55 fol. 62'. — Klarschrift eines chijfrirten Postscripte in
dem römischen Generalregister. — Vgl. S. 51.
Poi die il cardinale d’ Altaemps se n’ andö per sue facende
a Cos tan za, parve a S. S ta di fargli scrivere che vi si fermasse,
giudicando che in questa venuta di Loreno al concilio stesse
forse meglio al vescovato che a Trento, sapendo hene la S. V.
Ill raa che N. S re non lo mando costi come theologo ne litterato,
ma solo come nipote suo et parente di quei SS ri Madrucci et
che per esser Tedesco saria potuto esser di qualche servitio a
quella causa publica, hora S. S ta non sa, se facendolo ritornare
a Trento, si corresse pericolo che Loreno o altro simile potesse
un giorno fargli qualche vergogna con arguirlo di illitterato, et
perö la S ta S. desidera intenderne il parere di V. S. Ill ma et del
S. cardinale Simoneta, al quäle lei percib si degnera communicar
questa cifra et discorrerne insieme, et poi con le prime scrivere
a S. S ta quel que ne giudicheranno.
9.
Die Legaten an den Cardinal Borromeo.
Trient 1563, März 3.
Vatic. Archiv. Tom. 61 fol. 94. — Originalbrief. Bei• Minute zu demselben in
tom. 26 Nr. 1 liegt ein Beiblatt bei mit der Nachschrift, welche ich ebenfalls
abdrucke. — Vgl. S. 52.
111™° et Rev mo S or Oss mo .
Mons 01 ' 111™° di Mantova finalmente ci ha lasciati, essendo-
glisi in capo d’ otto giorni scoperta quella febbre sua tanto
maligna che non potendola piu reggere, questa notte a le quattro
höre se n’ e passato ;i migliore vita. et veramente a migliore
vita possiamo credere che sia passato, non essendo possibile
imaginarsi un transito piu christiano del suo, nel quäle la bonta
di Dio gli ha fatto gratia d’ un’ animo cosi risoluto, cosi forte
et cosi conforme k la sua divina volunth che ben puö esser et
128
IX. Abhandlung: v. Sickel.
d’ essempio et d’ invidia a tutti noi, oltre ch’ e stato sempre fin
k 1’ ultimo spirito con quella istessa cognitione et seiitimento
che haveva quand’ era sano. come siamo rimasi noi senza la
compagnia di cosi grande, cosi virtuoso et cosi honoratd per-
sonaggio ch’ era di tanto splendore k questa nostra legatione,
V. Ill ma et R ma S. da se stessa se lo puo imaginäre, senza che
noi vi ci habbiamo a diffonder sopra, per questo corriere k
posta gliene havemo voluto dar aviso et condolercene non pur
con lei, ma colla S ta di N. S r0 et col collegio tutto et colla
chiesa universale, essendo in vero la perdita che s’ e fatta nella
persona sua di tal momento et ispetialmente in questi trava-
gliosi ternpi in che siamo, che da tutti i gradi si dovera sen-
tire. baciamo le mani di V. Ill ma et R raa S. et humilmente ce
le raccomandiamo.
Di Trento h li 3 di Marzo nel 1563.
Di V. Ul ma et R raa S.
humilissimi servitori
Hier. card. Seripando
Stau. card. Yarmiensis
Lud. card. Simoneta
[Aussenadresse: Al! Ill mo et Rev m0 S ro Osserv mo , il S. cardi-
nale Borromeo, prima. — Registraturvermerk: Prima, 63 Trento
3 a Martii, de li R'"’ S ri legati.]
Poscritta. Sapendo che 1’ ordine che si dava intorno
al rimettere i denari da Vinegia era che si pagassero o man-
dassero a Mons. IU mo di Mantova, havemo scritto hoggi a quei
mercanti la et al nuntio che diano quelli che si trovano da
dare al Manelli depositario del concilio che hora e in Venegia,
et ne piglino quitanza dallui che noi gliele rinovaremo biso-
gnando. et questo havemo fatto a fine che intendendo la morte
di quel S re non ne ritardassero la sborsatione. Y. S. Ill m;l e
R ma potrk ordinäre quel che intorno a cio le parerk, accioche
nell’avvenire s’ habbianno li denari senza indugio: che hormai
essendo noi qui senza un quatrino havemo un rümör alle spalle
troppo grande.
Römische Berichte. I.
129
10.
Zioeiter Brief der Legaten an den Cardinal Borromeo
von gleichem Tage.
Vatic. Archiv. Tom. 61 f. 95. — Originalbrief. — Vgl. S. 52.
111 mo et Rev mo S or Oss m0 .
Questa mattina mentre che si stava per ispedir il corriero
coli’ altra lettera nostra qui alligata, Mons or di Lansac ci fece
domandar audienza per hoggi a le venti höre, onde ci parve
di far sopraseder il detto corriero per poter insieme avisare Y.
Ill ma et Rev ma S. di quello ch’ egli havesse passato con noi.
hora le facciamo intender ch’ esso Lansac e stato da noi colli
compagni et per la prima cosa s’ e condoluto con esso noi della
morte di Mons° r Ill m0 di Mantova molto teneramente, mostrando
d’ havere tal opinione della bontk et retta mente di quel S or et
della destrezza et maniera sua, che se ne potesse sperar molto
di bene nel progresso di questo sacro concilio, il qnale con-
fessö, che n’ havrebbe * molto bisogno et che ogni di piu lo
conoscerebbe meglio. poi ci ha pregati che non ostante questo
vogliamo seguitar’ et andar’ innanzi alla speditione di questa
causa publica, accioche una volta se ne venga al fine, essendo
di troppo danno al mondo queste dilationi. et sopra tutto ci
ha instato a mettere mano a le loro petitioni, poi che per una
lettera scritta dalla S ta di N. S re dice esser chiaro, che S. B no
le ha viste et le sono piaciute. alla parte di Mons° r Ill mo di
Mantova rispondemmo quel ch’ era debito nostro di rispondere,
confirmando la opinione che haveva della bontk et valore suo.
a 1’ altra poi dicemo che havevamo scritto a N. S re che volesse
in luogo di S. lll ma S ria mandar un’ altro legato che regesse
questa barca nosti’a, ma che pero non mancheressimo di con-
tinuare le congregationi, non havendo men desiderio di lui ne
men bisogno di uscire di questo negotio, il quäle hormai ci
cominciava a parere troppo lungo et troppo grave.
D’ un’ altra cosa ancora havemo da scriver’ a V. Rl ma et
Rev ma S. di qualche consideratione et e che F abbate di Chia-
ravalle ha detto a me Varmiense, che’l vescovo di Segovia s’ e
doluto grandemente d’ liaver’ inteso che uno delli auditori costi
della Rota il quäle ha una sua causa nelle mani, essendo in-
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 9. Abh. 9
130
IX. Abhandlung: v. Sickel.
stato a volerla proponer’ ha rieusato di volerlo fare con dire,
che ’l vescovo predetto e persona che doveria esser chiamato
a Roma essendo com’ e grandemente sospetto d’ heresia; et
perchh a noi non pare, che queste sieno cose che si conven-
gano in questi tempi et massimamente contra un vescovo che
ha credito nella natione Spagniuolo et e stimato molto dal rd
catolico, ne havemo volnto avertire V. Ill ma et Rev ma S. per
ufficio nostro. et per die vedemo che delli prelati partiti pochi
ne ritornano et altri tuttavia instano perche diamo loro licenza
di partire, pregamo V. Ill ma et Rev ma S., che per pigliar’ oppor-
tuno spediente k questo disordine et liberare noi di questa mo-
lestia, si contenti di mandarci un breve per lo quäle si com-
mandi sotto pena di scommunicatione a quelli che se ne sono
iti, che debbano subito ritornar’ et a quelli che sono in concilio,
che non se ne partano; avertendo che nel breve non si metta
quella parola: ,senza licenza nostra', perche saressimo alli me-
desimi termini di prima.
Per fine ricordamo a Y. Ill ma et Rev ma S. che si mandi
un’ altro legato accid che si possa meglio far’ il servigio di S.
B nc , et baciandole le mani humilmente ce le raccomandiamo.
Di Trento a li 3 di Marzo 63.
Di Y. Ill ma et Rev ma S.
humilissimi servitori
Hier, card Seripando.
Stau. card. Varmiensis.
Lud. card. Simoneta.
11.
Dritter Brief der Legaten an den Cardinal Borromeo
von gleichem Tage.
Vatic. Archiv. Tom. 61f 97. — Originalbrief. — Vgl. S. 52 und 112.
Ill m0 Rev m0 Sig r nostro Oss m0 etc.
Messer Camillo Olivo ci ha sino dal principio che si
vene in Trento, serviti di scrivere tutto quello che ci e occorso;
hora essendo mancato Mons r Ill m0 di Mantova suo particolare
et principal patrone, egli haveva deliberato di ritornarsene a
Römische Berichte. I.
131
viversi quietamente a casa et insieme con li altri servitori
accompagnare a Mantova il corpo del suo signore. noi per la
necessita che ci troviamo havere del servitio suo, lo habbiamo
con prieghi sforzato a fermarsi fin tanto, che si pensi et deli-
beri da noi chi ci possa servire, et questo lo bavemo fatto con in-
tentione di rimoverlo per adesso da questa sua rissolutione che
haveva fatta di andarsene, con speranza che in tanto debba
da V. S. Ill ma Rev ma venirgli tal ordine che habbia da servirci
volontieri, perche in vero egli ha servito con tanto amore, con
tanta diligenza, con tanta fede et cosi bene, che giudicamo
non potere esser serviti da altri come da lui, et a questo vi
si aggiunge la pratica et notitia che ha di questo negotio,
essendo passato ogni cosa per le sue mani et 1’ havere appresso
di se tutte le scritture; perö pregamo V. S. Ill ma R raa quanto
piii possiamo, che voglia operare che questo ministro ci serva,
facendo con esso quello officio che le parerk a proposito, pro-
vedendo che possa star qua et servirci con quello utile et honore
che giudichera convenirsi a un' suo pari, che ce ne fara gratia
grandissima et ci dara occasione di sentir manco la perdita di
questo nostro signore. ne essendo questa per altro le basciamo
humilmente le mani.
Di Trento a di 3. di Marzo nel 63.
Di V. Ill ma Rev ma S.
humilissimi servitori
Hier, cardinalis Seripando.
Stan. cardinalis Varmiensis.
Lud. cardinalis Simoneta.
12.
Philippo Musotti an den Cardinal Borromeo.
Trient 1563, Juni 17.
Vatic. Archiv. Tom. 27, Beilage zu Nr. 26. ■— Gleichzeitig in Born angefertigte
Copie, -welche dem Cardinal Morone am 26. Juni nach Trient gesandt wurde. —
Vgl. S. 59, 77, 80.
Ill mo et Rev mo S or mio Oss mo .
Solamente hier sera mi fu data la lettera di V. S. Ill ma et
R m “ de li 5., et subito la mostrai al S or cardinale Morone
9*
132
IX. Abhandlung: v. Sickcl.
offerendomi prontissimo ad essequire quanto yolesse coman-
darmi; et cosi serk, se mi si comandera cosa alcuna, benche
per qnanto mi e parso di poter conoscere dal parlar suo, fra
le scritture del cardinale Seripando non si trovera cosa ehe
sia al proposito, perebe se bene sono le medesime materie et
le medesime controversie addesso in essere che erano al suo
ternpo, & nondimeno tanto differente lo stato loro da quello di
qtxei tempi. che quelle osservationi et considerationi d’ allora
parriano sogni. pure perche non sono appresso di me, mi pare
di dover dire a V. S. Ill ma che sono in Napoli nel monastero
di S. Giovanni a Carbonara de 1’ ordine di S. Agostino ne la
libraria del detto S or cardinale, salvo perö se '1 maestro di casa
sua non havesse mancato di mandarcele, il che non credo. ma
quivi, al sicuro credo, che si troveranno insieme con molte
scritture, massime di riforme mandate da Roma le quali mi
sono accorto solo addesso di non haverle io, et altre scritture
le quali per opinion mia sarh bene provedere che non si divol-
gassero. et per che la S. V. Ul ma et R ma sappia come sta il
fatto, ha da sapere che essendo piu volte il detto S or cardinale
advertito da amici che N. S. haveva dette alcune parole piene
di sdegno contra di lui, et che alcuno di quei SS n de 1’ Inqui-
sitione ragionava contra de la persona sua molto liberamente,
vedendosi vicino al morire, comando tre di prima che morisse,
che tutte le sue scritture fussero secretamente mandate a Napoli,
et perchfe la cosa fu fatta in un subbito, ve n’ andarono di
molte scritte di mia mano et d’ altri attinenti a questo negotio,
le quali io non mi curai ritenere, perche F animo mio era di
venire a Roma et poi di andarmene sino k Napoli et quivi
rihavere ogni cosa.
Appresso di me sono quasi tutte le lettere scritte in com
mune da li legati et le ricevute da loro, vi e ancora le cose
fatte ne le congregationi et sessioni et poco altro di niuna
consideratione. pure quäl si sia, se dal cardinale Morone o
altro de’legati si disidererä cosa ch’io habbia, ce la darö; se
vorranno intender cosa alcuna di che non ci sia scrittura de
pensieri et disegni di quel S re intorno a questo negotio conci-
liare (perche io ne so gran parte) et che me ricerchino, io ce
la dirö liberamente et fidelmente, se da me conoscero di poter
ricordando qualche cosa giovare, non aspettero di esserne ricer-
Römische Berichte. I.
133
cato. et questo non tanto per potere sperare nuove gratie da
la benignith di N. S re per il mezzo di V. S. Ill ma et R ma , ma
per fare conoscere al mondo ch’ io conosco la grandezza de
benefici che ho ricevuto. ne volendo esserle piu molesto con
questa, dopo haverle con ogni riverenza et humilth baciate le
inani, le dico che, se bene so che di qua si scrive da molti
altrimenti, che se questo inio Ill mo S re non havesse una santa
mente tutta volta a la gloria di Dio et a 1’ honore di S. S ta ,
si tengono rnodi cosi strayaganti con lui che se ne seria ito di
qua piu volte. et con tutto questo spero che la patienza et la
bonta sua prevalera di maniera, che N. S re haverä causa di
lodarsene.
Di Trento il di 17 di Gfiugno nel 63.
Di V. S. Ill ma et R ma
devotissimo et obligatissimo servitore
Philippo Musotti.
13.
Promemoria des Ph. Musotti zu JPanden des Papstes.
Rom 1563, Juli 6.
Vatic. Archiv. Tom. 32 fol. 165. — Original. — Vgl. S. 80.
Si contiene tanto ne la lettera, beatissimo Padre, che a
me non resta che dir altro, se non che il cardinale priega et
supplica con ogni humilta la S t!l Y. che voglia contentarsi di
revocar quell’ ordine, che ella ha dato a li SS rl legati ne la
materia de la precedenza, acciochc il concilio possa caminare
al suo fine buono et fruttuoso secondo il bisogno de la christia-
nitk et il desiderio di Y. B ü0 . il quäl fine si puö sperare che
habbia da esser assai presto, poi che tutte le maggiori diffi-
culta erano superate. li Spagnuoli si contentavano che non si
parlasse de la institution de vescovi, non si potendo accordare;
et li Francesi lianno gran piacere che non si habbia da par-
lare de F auttoritk del papa, come quelli che sempre hanno
hayuto dispiacere che questa materia sia stata posta in campo.
il che e conforme a quello che V. S ta mi commando gia ch io
dicessi al cardinale in suo nome. onde si vedeva che a li 15.
134
IX. Abhandlung: v. Sickel.
del mese si saria fatta la sessione, et forse vi si saria posta
ancora la materia del matrimonio, perche li canoni erano gilt
formati, et tali che gli pare che possano passarsi per verbum
placet. et mandö me a farlo intendere al cardinale Morone
con dirgli che il parer suo era, che si proponessero a li padri
doi o tre giorni avanti il giorno de la sessione a 1' improviso,
et che esso diria placet, et sperava che tutti dovessero far il
medesimo. poi circa il restante de le materie da trattarsi, che
sono de le indulgentie, del pnrgatorio et altre simil cose, haveva
proposto a li SS rl legati che si dovessero chiamar li doi piü antichi
theologi d’ ogni natione et fare che si congregassero con tntti li
altri, et considerato quanto dicevano gh heretici et quello che
se gli poteva rispondere, lo ponessero in scritto, il quäle poi
si leggesse in congregatione de prelati, et cosi in doi giorni
far quello che non si saria potuto far in tre mesi, qnando si
havesse havuto ad ascoltar tntti li theologi ad uno ad uno
sopra ciascnna materia. et cosi in pochi giorni si poteva poi
finire il concilio et si saria fatto, se non s’ interponeva questo
impedimento il quäle ha intertenuto il corso suo et fermatelo.
perö supplica V. S tt che voglia rimoverlo, poi che e causa d’ im-
pedire ö ritardare cosi buona opera. quando pure a V. B ne
paresse di non volerlo fare, al cardinale pare di haver pagato
il debito suö con lei, havendoli scritto et fatto intendere per
mi i mali che ne seguiranno, li quali gh pareno tanto grandi
che, quando havesse potuto venire in quattro giorni, saria
venuto esso a rappresentarli, ma poi che non ha potuto farlo,
ha mandato me.
Ho per obedir a V. B n0 posto in scritto quello che hier-
mattina io le dissi, et di piü le dico che, se si degnera di
darmi risposta o vorra inten der cosa alcuna intorno a le lettere
6 altro, che ho ordine di satisfarle et mostrarle che, se non
fosse stato il rispetto che si e portato a V. S tÄ , si saria proce-
duto con li SS n legati nel modo che essi hanno proceduto con
altri; ma per esser ministri di V. S*“ et sapere che la mente
di lei non e di gravar il re di Francia pupillo, ne di dargli
occasione di restar poco satisfatto di questa santa sede, si.e
lasciato passare qualche cosa che altrimente non si saria, fatto.
la supplico per parte del cardinale che voglia degnarsi la S s V.
di revocar quanto prima 1’ ordine dato a li suoi legati, acciö
Römische Berichte. I.
135
si possa finir il concilio presto et benes econdo il desiderio di
tutti i buoni, per poter pensar poi a rimediare a mali de la
christianita con quei modi che piü saranno a proposito.
In Roma a li 6 di Luglio 1563.
Jo. Filippo Musotti
scrissi et ho sottoscritto questa etc.
14.
Der Schatzmeister D. M. Minale an die Concillegaten.
Rom 1563, August 30.
Vatic. Archiv. Tom. 68 Nr. 108. — Originalbrief. — Vgl. S. 112.
Ill mi et Rev mi SS ri et patroni miei Osser™.
Mandando io costa di ordine di N. S re Giovanni Antonio
Salvago, eshibitor della presente, a riscontrare i conti delli da-
nari mandati al concilio cosi in mano del Cardinal di Mantova
di bnona memoria come del Manelli depositario, ho voluto con
questa mia pregar le SS. YV. Ul me et Rev me che si degnino
tener mano, che in tutto s’ usi la dehita diligenza et si pro-
ceda con buon ordine et particolarmente che messer Camillo
Olivo o altri ministri del prefato Cardinal di Mantova a chi
toccasse, rendino conto delli detti denari et di piü che diano
autentica nota delle quietanze et ricevute fatte, acciö che S. S“
possa haver vera chiarezza dell’ entrata et essito di tali danari.
quanto poi al Manelli per non dar tanto travaglio alle SS rie VY.
Ill 1 “ et Rev mc nelle loro importantissime et continue occupa-
tioni, si e data cura a Mons or di Parma che come chierico et
pratico di questa Sorte di negotii intervenga alla revisione de
suoi conti, tanto delli denari sborsati in provisioni et altre
occorrenze del concilio, quanto sopra 1’ amministratione de grani
che si sono fatti venire di Baviera et delle provincie della
Marca et di Romagna, et sapendo ch’ egli non manchera d’ u-
sarci quella diligenza che conviene, io non dirö altro alle SS.
VV. Ill me et Rev mo , salvo che essendo io loro tanto affettionato
servitore quanto in vero sono, le priego instantemente che’si
degnino di commandarmi in quel che mi conoscessero buono a
servirle, che non mi potranno fare la maggior ne la piu segna-
136
IX. Abhandlung; v. Sickel.
lata gratia, et humilmente raccommandandomi loro, le bascio
riverentemente le mani, desiderandole ogni prosperezza et
contento.
Di Roma il di 30. d’ Agosto 1563.
Delle SS. W. Ill mo et Rev™
devotissimo et humilissimo servitore
Donato Mattheo Minale tbesoriere.
15.
Die Concillegaten an den Cardinal Borromeo.
Trient 1563, September 30.
Vatic. Archiv. Tom. 61 fol. 438. — Originalbrief, von welchem die mundirte
Minute in tom. 26 Nr. 230 und die Register copie in Borghese I. 148 fol. 411
nur wenig abweichen. — Vgl. S. 113.
Sapendo per mezzo di Mons. Ill mo Gonzaga et di Mons.
Visconte che piacque gia a V. S. Ul ma et in nome di N. S re di
dare intentione a messer Camillo Olivo .per le molte faticlie
fatte et che fa tutta via in servitio di questo s. concilio di
gratificarlo d’una honorata pensione, et conoscendo che dall’hora
in qua e andato sempre meritando piu co ’l buono et honorato
servitio suo ; a tale che non si puö credere che sia diminuita in
loro la volunth di beneficarlo essendo accresciuto il merito, ne
parrebbe mancar a noi medemi et esser reputati ingrati, se non
mettessimo questo talvolta avanti alla S. V. Ill ma , massime hora
con F occasione della vacante di Bologna la cui pezza h tale
che senza diminuire molto reddito a chi piacera. k S. B n0 di gra-
tificare et honorare di quelle chiesa, si potrebbe benissimo satisfare
a questo gentilhuomo tanto honorato dabene et benemerito. et se
in questa occasione non potesse haver luoco, servira la presente
per tenerglilo in memoria con qualche altra et pregarla quanto
possiamo ad haverlo per raccomandato sempre, che se per altri
che raccommandiamo solemo restare obligati a V. S. Ill ma , per
questo doveremo restarli obligatissimi. et basciandole humilmente
la mano ci raccommandiamo di continuo nella buona gratia sua.
Da Trento all’ ultimo di settembre 1563.
Römische Berichte. I.
137
16.
Die Concillegaten an den Cardinal Borromeo.
Trient 1563, November 11.
Vatic. Archiv. Tom. 61 fol. 485. — Originalbrief und zwar der erste von diesem
Tage. — Vgl. S. 113.
Ill mo et Rev m0 S or Oss™.
Dal com er o che giunse hiermattina innanzi giorno, rice-
vemmo le lettere di V. Ill ma et Rev ma S. di 6. col discorso man-
datoci per abbreviar queste cose et venir piu presto alla fine
del concilio, et lettolo subito diligentemente deliberammo unita-
mente di communicarlo col cardinale di Loreno, il quäle nel
leggerlo moströ iucontinente di riconoscerlo come discor’so se
non fatto, almeno promosso da lui quando era in Roma, et ben
ch’ egli havesse gia cominciato a sparger per lo concilio la
necessita, che ha non solo il regno di Francia che’ 1 concilio si
ünisca senza dilatione, ma questi prelati Francesi d’ andarsene
et per conto delle chiese loro et per non potersi piu qui man-
tenere, come toccammo nella lettera nostra da 1’ altro giorno:
tuttavia havendo noi travagliato tutti questi di per ridurre le
cose a concordia et far piii quietamente che fosse possibile la
sessione et essendosi gia su 1’ andar alla congregatione generale
per dar fine a tutto coli’ aiuto di Dio, non parve a S. Ill ma S ria
che fosse per hora da far altra proposta per non confonder la
mente alli padri et dar loro cagione di sospettar che volessimo
aggirarli, ma che fosse meglio attender alla sessione con ogni
industria et diligenza possibile, riserbandoci a pensar doppo
quella ciö che si potesse far per venire quanto prima al desi-
derato fine del concilio. et parendo a noi ancora che questa
sia la miglior et piu sicura via, eleggemmo tutti di compagnia
di lasciar per alhora da banda quel discorso per non metterci
a pericolo di perder le fatiche che tanti giorni liavemo fatte
per conseguir questa benedetta sessione, per la quäle havemo
havuto h perder il cervello con tante contrarieth et difficulta
poco men che inestricabili. cosi andammo in congregatine pas-
sate le diciotto höre et vi stemmo fin a le due di notte sonate.
quivi si proposero tutte le cose da decretarsi ne la sessione,
racconcie nella forma che sarä qui alligata. et benche vi fosse
138
IX. Abhandlung: v. Sickol.
assai che dire corae V. Ill ma S. pub imaginarsi, pur la bontk
di Dio favori il negotio di maniera che a 1’ ultimo ogni cosa
si concluse pacificamente, eccetto quel particolare degli arci-
vescovi et vescovi del regno, che stando come sta fin adesso
non ci lascia pienamente godere di questa consolatione che in
vero per altro e grandissima. alcuni prelati et massimamente
Spagnuoli si sono mostrati assai protervi, et h convenuto dar
loro alquanto sulla voce, ma queste minutie haveremo piu. caro
che V. 111™ S. le intenda da altri che da noi: a noi hasterä
di dire solamente che non havemo lasciato niuna cosa che ci
habbia potuto suggerir’ il nostro dehole intelletto per servir a
Dio, alla chiesa universale et al particolar contento della S ta
di N. S re , che non F habbiamo fatta.
Qnesto e stato cosi gran passo che havemo fatto, che non
potemo considerarlo senza meraviglia ne renderne gratie a ba-
stanza h la divina bonta, da cui lo riconoscemo spetialmente,
et parendoci d’ esser sicuri non solo della sessione, a la quäle
anderemo a mano ä mano, ma di dover anco in brieve dar
fine al tutto, ce ne rallegramo con S. B ne et con V. 111™ S. di
cuore quanto piii potemo.
A me Yarmiense incresce bene, come non ho potuto
esser alla congregatione d’ hieri, di non poter anco esser hoggi
alla sessione, per un poco di febretta sopravenutami, la quäle
non vorrei ne la stagione che noi siamo, che mi s’ inver-
nasse addosso; ma mi consolo con sapere che io sarö da
V. Ill ma S. come sono anco da questi miei Ill mi SS ri tenuto per
iscusato.
Non volemo lasciar di dir a V. Ill ma et Rev ma S. che N. S ro
ha molta cagione di portar particolar affettione a parecchi di
questi prelati, che al servigio di lei et alla sua dignith si sono
mostrati amorevolissimi, et ispetialmente all’ arcivescovo d’ Otranto,
il quäle se in tutti i trattati passati del concilio ha fatto il de-
bito suo con maniere destrissime et prudenti com’ ella sa, in
questo ha avanzata la nostra opinione. onde siamo tenuti non
solamente a far questo testimonio della virtii et delli meriti
suoi, ma h pregar S. B ne che si degni di tenerne grata me
moria in ogni tempo.
Scrivemo questa innanzi la sessione per liaver questa sera
che di ragione saremo stanchi, men che fare et facciamo star
Römische Berichte. I.
139
preparato messer Giovanni Battista Vittorio, perche porti esso
la nuova della sessione a V. Ill ma et R ma S. questo gentilhuoino
era qui col cardinale di Loreno et essendo noi d’ animo
d’ ispedir un corriero, S. Ill ma S ria ci ha pregati che vogliamo
mandar lui, accioche con tal occasione egli sia meglio veduto
non pur da V. Ill ma S lla , ma da S. S ta ancora, et noi 1’ ha-
vemo di questo compiaciuto volentieri in segno d’ haver cara
la gratia che S. B no gli ha fatta et per raccomandarglielo come
facciamo.
II buono et diligente servigio che ricevemo ogni di da
messer Camillo Olivo ci fa anco pensosi et solleciti di lui. V. Ill ma
et R ma S na ci scrisse, piu di sono, d’haver ad instanza di Mons° r
thesauriere generale sopraseduto di mandar in qua il breve gib
fatto per saldar i conti suoi et fargli la sua liberatione et disse
d’ haverlo fatto per le cagioni che ci scriverebbe poi, ma non
ce ne ha piu scritto nulla; ha ben inteso esso M. Camillo per
lettere del S or cardinale Gonzaga ch’ el detto thesauriere voleva
dallui, prima che si lasciasse venir’ il detto breve in qua, una
nota di tutti i danari ch’ egli liaveva fatti rimetter in mano
del S or cardinale di Mantova di felice memoria per via di Vi-
negia, et benchb paresse che non si dovesse domandar tal cosa
allui che non ha che farvi, ma piu tosto alli mercatanti per
mezo de quali il thesauriere haveva rimessi li danari et i quali
ne havevano sempre havute dal cardinale predetto le quie-
tanze dupplicate, nondimeno M. Camillo per desiderio d’ uscir
di quest’ impaccio, datosi con ogni diligenza h procurar d’ haver
la detta nota, 1’ha gia alcuni di mandata al detto thesauriere;
onde havendo ancora che fuor de 1’ obligo suo sodisfatto k
quanto dallui si desiderava, prega et supplica V. IU ma S., come
facciamo ancora noi per amor suo, che voglia senza indugio
mandar il detto breve, acciö ch’ egli si possa quanto prima
liberare da questo fastidio; nel quäle poi cli’egli e entrato per
noi et a nostra instanza et 1’ ha durato tanti et tanti mesi
senza una utilitk al mondo et con molto pericolo o d’ esser
rubbato o d’ ingannarsi k suo danno per la poca pratica che
ha di simil maneggi et per troppe altre occupationi, e honesto
che noi 1’ aiutiamo ad uscirne col mezo massimamente di Y. S.
Ill ma , onde di nuovo ne la pregamo et quanto potemo glielo
raccomandamo.
140
IX. Abhandlung: v. Sicke 1.
Havemo anco per 1’ ordinario ricevute le lettere di 3. et
veduto quel che lia scritto Mons° r Crivello, et non e da far
poca stima di quella commissione ch’ egli dice haver data ii re
cattolico a quel dottor Velasco, la quäle sara tanto piü a pro-
posito quanto che in questi nostri trattati ultirni il conte di
Luna s’ e portato in guisa che ce ne possiamo contentare, se
ben alcuni Spagniuoli hanno fatto altramente.
Ci piace che Mons re Visconti sia incaminato per Ispagna,
et noi di qui non mancheremo di tenerlo diligentemente rag-
guagliato di ciö che occorrera, acciochh possa meglio servir
a S. B ne .
Di quel che V. Ill ma et Rev ma S. ci ha scritto toccante a
gli Ill mi cardinali da Este et di Ferrara, non sapemo che replicar
altro, se non che sentimo gran dispiacer che la S ta di N. S.
oltra gli travagli di fuora habbia anco de gli travagli di dentro,
nelli quali sapemo perö che si governera colla solita prudenza
et benignita et clemenza sua. et qui facendo fine humilmente
ce le raccommandamo.
Di Trento a li 11. di Novembre del 1563.
Di V. Ill ma et Kev ma S.
humilissimi servitori
II cardinale Morono
Lud. cardinale Simoneta
B. cardinale Navagero.
17.
Der Herzog von Mantua an den Cardinal Morone.
Desenzano 1574, September 17.
Vcitic. Archiv. Tom. 58. — Dort zwischen fol. 62 und 63 eingehefteter Origincd-
hrief. — Vgl. S. 114.
Ill mo et K m0 Mons re .
Le lettere di 28 del passato colle quali V. S. Ill ma m’ addi-
mandava le lettere conciliari che erano in mano del fü segre-
tario Olivo, mi furono date in tempo ch’ io mi trovavo cosi
travagliato da miei soliti dolori che io non potei per allhora
Römische Berichte. I.
141
rispondere a Y. S. Ul ma , ma non mancai perö di ordinäre che
ellcno fossero consegnate subito al gentelhuomo che per questo
effetto mandb Mons 1 ' 0 di Modena: il che si come segui senza
perdita di tempo, cosi priego V. S ria Ill ma che assicurata dallo
effetto della prontezza dell’ animo mio verso lei, iscusi la tar-
danza di questa risposta.
Messer Pirro Olivo mostra desiderio di conservar la me
moria delle fatiche del segretario suo fratello con queste lettere,
et perciö mi ha fatto pregare a far si che ritornino in sua
mano, levata che ne sia quella parte che V. S. Ill ma gindichera
che non sia bene di lasciar andar per le mani di quelli che
volessero interpretar sinistramente la sincerita con che dette
lettere si scrivevano, la quäl cosa essendomi parsa ragionevolc
non ho potuto negarle di procurar questo presso lei; perö
priego Y. S. Ill ma a voler dar ordine che cosi sia fatto, assi-
curandole che riceverö piacer non picciolo di vedere in ciö
compiacciuto il detto messer Pirro, al quäl fine le bacio le
mani, desiderandole ogni sorte di contento.
Di Desenzano a 17 di Settembre 1574.
Di V. S ria Ill ma et R ma
servitore
il duca di Mantua.
X. Abhandlung: Mussafia. Still’antica metrica portoghose.
l
X.
Süll’ antica metrica portoghese.
Osservazioni
di
Adolfo Mussafia,
socio effettivo dell’ accademia delle scienze.
11 trattato di metrica portoghese, che si contiene nel
codice Colocci-Brancuti e fu puhblicato dal Molteni e dal Mo-
naci, insegna (V, 2): ,conven que o trobador que trohar quiser,
se comeca en longas ou per curtas syllabas, que por ellas acabe;
pero que podera meter na cobra das hunas et das outras, se
quiser, a tanto que, por quäl guisa as meter en liuna cobra,
que por tal guisa as meta nas outras*. Se p. es. il 2° e 4° verso
d’ una strofa hanno uscita ossitona (tronca, maschile), il 2° e 4°
di nessuna altra strofa non la possono avere parossitona (piana,
femminile). Legge questa, come ognuno sa, costante nella lirica
provenzale, 1 dalla quäle senza dubbio la tolsero i Portogliesi.
Ora il Diez, Über die erste portugiesische Kunst- und Hofpoesie,
p. 56, osserva che nelle poesie di re Dionigi ricorrono alcune
eccezioni, p. es. morte, forte in una strofa, mentre i versi cor-
rispondenti di altra strofa hanno prazer, träger. Non altrimenti
il Lang nel libro teste publicato, Das Liederbuch des Königs
Denis von Portugal, p. CXXVII: ,Dieses Gesetz ist von den
Kunstdichtern sehr oft überschritten worden. Unter den zwei-
unddreissig Gedichten unseres Königs, in welchen männliche
und weibliche Reime sich mischen, verstossen nicht weniger
als 'eilf gegen die Regel*.
Sarebbe invero oltremodo singolare che una legge basata,
come dice egregiamente il Diez, sulle esigenze della melodia
che accompagnava i versi (,das brachte eigentlich schon die
1 E, s’ intende, (salvo rarissime eccezioni) nella francese.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 10. Abh.
1
2
X. Abhandlung: Mussafia.
Tonweise der Lieder mit sich') e formulata in modo cosi espli-
cito da un precettista portoghese, fosse stata cos'i spesso violata
dal re poeta. Gli e naturale adunque che noi siamo tentati di
ricercare se non vi sia alcun modo di spiegare, o se non altro
di scusare, un tal suo procedimento.
Per maggior chiarezza, mi fo alquanto da lungi e mi
permetto di ricordare nozioni elementari.
Sebbene nella lingua portoghese il maggior numero delle
parole abbia desinenza piana, la lirica antica preferisce di gran
lunga usare alla fine del verso parole tronche. Anche in cio e
lecito ravvisare influenza provenzale. Giova perciö nel compu-
tare il numero delle sillabe e quindi nella nomenclatura delle
varie specie di versi rinunciare al sistema italiano-spagnuolo-
portoghese ed attenersi al provenzale-francese, secondo il quäle
F ultima sillaba accentata viene considerata quäl ultima del
verso, o (a dire altrimenti) il verso maschile e il normale, mentre
il femminile ha alla fine una sillaba metatonica, che non viene
computata. 1
Se ora esaminiamo le canzoni composte in ottonarii (o
contenenti un certo numero di ottonarii), troviamo che agli
ottonarii maschili si avvicendano versi con desinenza femminile,
i quali, avendo F accento obligatorio sulla settima, devono se
condo la nomenclatura provenzale chiamarsi settenarii. Questa,
come e noto, e consuetudine altresi della lirica provenzale. Si
confronti in Cercalmon:
Per fin’ amor m’ esjauzira
tant quant fai cliaut ni s’ esfrezis;
toz temps serai vas leis aelis,
mas non posc saber enquera
si poirai ab joi remaner
om voldra per seu retener
cella cui mos cors dezira.
con *
Que trist’ oj’ e meu amigo,
amiga, no seu coragom!
1 Se la voce e proparossitona, le sillabe metatoniclie sono naturalmente due.
Non sembra perö che la poesia antica usasse alla fine del verso voci
coli’ accento sulla terzultima. — Alcnni fra i moderni precettisti (de
Castillo, Braga) lianno proposto anche per la poesia moderna la nomen-
clatura provenzale-francese.
Süll’ antica metrica porfcogliese.
3
ca nom pode falar migo
nein veer-me. Faz gram razom
meu amigo de trist’ andar
pois m’ el nom yir, e lli’ eu nembrar.
Si pub titubare sul modo di giudicare la relazione in cui
stanno fra loro i versi maschili e femminili, o, a dire altri-
menti, si put) dubitare se strofe quali le due teste citate sieno
composte di versi di misura eguale o differente, sieno cioe
isometriche o eterometriche (o come altri le chiama: meta-
bolicbe). Non si pub a meno di confrontare il procedimento
di Matfre Ermengau nel suo Breviari d’ Amor e dell’ anonimo
autore del S. Brandano francese. Anclie in questi componi-
menti lo stesso avvicendamento. P. es. nel Breviari:
don volon aver palafres
belas raubas e bels arnes
e vi'andas delicadas
e trop ben aparelhadas.
II numero materiale delle sillabe (otto) e identico in am-
bedue i versi, ma 1’ accento grammaticale ha sede diversa; nei
maschili sulF ottava, nei femminili sulla settima.
II movimento ritmico e quindi nei primi precipuamente 1
giambico, nei secondi e trocaico. Altri vede in cib un accor-
gimento artistico, altri una deplorevole mancanza di sentimento
ritmico. II Diez (Altrom. Sprachdenkm., p. 110), dopo aver
notato che questa c un’ imitazione della poesia chiesastica latina,
aggiunge: ,Spätere Dichter benützten diese Einrichtung, nicht
etwa aus Unbeholfenheit, sondern um in das Eintönige des
Verses, der sich oft durch Werke von grossem Umfange hin-
1 Dico ,precipuamente“, giäcche non si deve dimenticare ehe i versi con
1’ accento principale su una sillaba pari (giambici) hanno spesso g-li altri
accenti su sillabe impari, ed e converso quelli con 1’accento principale
su sillaba impari (troeaici) accentano di frequente le sillabe pari. Si
vedano p. es. rispetto ai secondi i seguenti settenarii femminili:
dolöres o febres cartana.
o aütra greu malautia.
et oritral dig gran salari.
don tröbaras ab qu’ enqueiras.
que fetz ab cor melanconia.
In tutti questi versi ed in moltissimi altri le prime due coppie di sillabe
(altri direbbe: i primi due piedi) sono giambi.
1*
4
X. Abhandlung: Mussafia.
durchzieht, mehr Abwechslung zu bringen*. II Tobler all’ in-
contro (Franz. Versbau 3 , p. 9): ,Es ist ein Zeichen von Schwäche
der Empfindung für den Rhythmus der Rede, wenn man in
der Meinung durchweg gleichwertiges zu geben, männliche
aclitsilbige und weibliche siebensilbige Verse durcheinander ge
mengt hat*. Possiamo lasciar indeciso il lato estetico della
questione; quello che qui rileva si e il constatare che per certo
Matfre Ermengau e 1’ anonimo poeta francese non intesero
dettare i loro componimenti a. rime baciate in versi di differente
misura. Essi avrebbero considerato una mostruosita ad una
coppia di ottonarii maschili farne seguire una, puta caso, di
settenarii o di decasillabi maschili o frammischiare coppie di
femminili accentati sulla settima con femminili accentati sul-
1’ ottava; stimarono perö lecita deviazione dal solito tipo badare
piü al numero delle sillabe che all’ accento grammaticale e
quindi al ritmo dell’ ultima sillaba. Tanto e vero, che Matfre
non rifuggi dall’ accoppiare in rima e parole, in cui la sola
sillaba metatonica e identica:
es alogatz sus el cercle
d’ amor de femn’ e de mascle
e un parossitono con un ossitono:
li quals jorz, segon est cömte,
vint e quatre horas conte.
Qui, perche rima ci sia, F accento grammaticale deve, o in
ambedue le voci rimanti o in una almeno, essere spostato. Ed
il movimento ritmico diviene giambico a dirittura. E uno spi-
gnere il sistema d’ imitazione del latino fino all’ ultima conse-
guenza; un’ aberrazione, ma istruttiva, perche prova manifesta
delle intenzioni ritmiche del verseggiatore.
Il procedimento tenuto da Matfre fu o paragonato, o senza
piu identificato, con quello dei lirici, prima dal Bartsch (Jahrb.
f. rom. u. engl. Lit. IV, 423): ,Matfre verfährt nach Analogie
der Lyriker, denn der Vers mit weiblichem Reime, der in der
Lyrik dem achtsilbigen mit männlichem Reime entspricht, ist
der aclitsilbige, nicht wie in der Epik der neunsilbige*. 1 Poi
1 A rigore, il B. avrebbe dovuto dire: ,ist der siebensilbige, nicht der aclit-
silbige*. Ma forse questa maniera di esprimersi non h una svista del-
T uomo dottissimo; e quasi un’ istintiva allusione alla peculiarita di questo
Süll’ antica metrica portoghese.
5
da Paolo Meyer, il quäle (Rom. VIII, 209), osservando che Terra-
magnino da Pisa a coppie d’ ottonarii maschili frammiscliia in
parte coppie di femminili coli’ accento sull’ ottava, in parte (e
piü di frequente) coppie di femminili coli’ accento sulla settima,
dice a proposito degli Ultimi: ,C’ est le Systeme du Breviari
d’ Amor et de la poesie lyrique'. A che lo Stengel (Grundriss
II, 10) riposta: ,Entschieden zu weit ist P. Meyer gegangen,
wenn er meint, in der lyrischen Poesie der Provenzalen, spe
ziell im 8-Silbner, sei die Vernachlässigung des festen Worttons
am Verschlüsse üblich gewesen, und wenn er danach die weib
lichen 7-Silbner mit den männlichen 8-Silbner rhythmisch für
identisch hält. Die Wahrheit ist, dass im Gegenthcil beide
Versarten einen geradezu entgegengesetzten Tonfall besassenf
Ma forse lo Stengel fa dire al Meyer piü che questi non pen-
sasse. Che teoricamente un verso quäle mas non posc toler
enquera abbia a dirsi settenario, e fuori d’ogni dubbio; che
quindi, a rigor di termini, la strofa di Cercalmon succitata
avrebbe a dirsi eterometrica, puö del pari concedersi; ma se,
rinunciando a far questioni di terminologia, badiamo piuttosto
a ciö che ci si presenta in via concreta, potremo dire: la ragione
dell’ avvicendarsi di versi, che presi isolatamente sono di strut-
tura differente, e second’ ogni probabilith riposta nell’ essersi
data maggior importanza al numero eguale delle sillabe che
alla sede diversa dell’accento. E di nuovo, noi non staremo
a chiedere se questo far preponderare un momento estrinseco
su d’ un altro intrinseco abbia o no a riprovarsi; a noi basta
aver posto in sodo il fatto. Delle due objezioni che, procedendo
nel suo esame dell’opinione del Meyer, muove lo Stengel, la
prima non mi e ben chiara. Dice lo St.: ,Erstens fehlen in der
ältesten provenzalisclien Lyrik Strophen, in denen 8- und
7-Silbner gemischt auftreten, noch gänzlich'. Il mancare esempii
antichi 1 d’ una consuetudine qualsiasi non e argomento valevole
a dimostrare ch’ essa non sia esistita; dal silenzio dei testi ante-
riori si puö tutt’ al piü dedurre che la consuetudine sia un’ in-
novazione. L’altra objezione e questa: ,Zweitens müsste, wenn
procedere, che consiste nel computare materialmente il numero delle
sillabe, senza aver riguardo all’ intima essenza del verso.
1 Ma quello di Cercalmon non e antico abbastanza?
6
X. Abhandlung: Mussafia.
Meyer Recht hätte, z. B. in einer Reimforrael abbaccdd mit
lauter männlichen 8-Silblern bei eintretendem Reimwechsel doch
in der oder jener Cobla für irgend eines der männlichen
8-Silbner-Paare ein weibliches 7-Silbner-Paar anftreten. Ein
solcher Ersatz ist aber in der ganzen provenzalischen Lyrik
nicht zu beobachten'. Quest’ osservazione sembra a primo aspetto
avere una ccrta importanza. Ma anzi tutto, una data causa puö
non aver avuto quell’ efietto che legittimamente ne aspetteremmo,
senza che percio si debba negare 1’ esistenza della causa stessa.
Oltrecciö — ed ora ritorno al punto, d’ onde ho preso le mosse
— 1’ effetto, che lo Stengel aspetta e non trova nella lirica
provenzale, si riscontra nella portoghese. Giacche questa pare
a me la spiegazione dell’ anomalia che si rimprovera a re
Dionigi. Vediamo la canzone XII.
l a strofa -a -osa -osa -a -a
2 a „ -cdcs -ado -ado -edes -edes
3 a „ -eus -adcs -ades -eus -eus
Se ai due versi
l 1 Pois mha Ventura tal e ja
3 1 E lume d’estes ollios meus
rispondesse
2 1 E pois por bem vos nom teedes
1’ irregolaritä non trovcrebbe scusa alcuna. Ma il verso suona:
E pois por bem nom teedes.
A rischio di ripetermi, dico: Un tal verso, preso isolatamento,
e senza dubbio settenario femminile, ma il poeta trae partito
dall’ aver esso un numero identico di sillabe a quello dell’ otto-
nario maschile per mettere in intima relazione i due versi e
considerarli metricamente uguali. 1 La strofa, che in teorica
dovrebbe dirsi eterometrica, secondo la mente del poeta e iso-
metrica.
1 Ha quindi luogo rispetto al verso quello che nella lirica provenzale-fran-
cese ha luogo rispetto al primo emistiehio. Totz tenips volrai 6 quadri-
sillabo maschile, no sai domna & trisillabo femminile, eppure metrica
mente sono identici. Secondo 1’ interpretazione, forse troppo larga, data
dal Morel-Fatio (Romania XXIII, 218) ad un accenno dello Stengel
(Grundr. II, 52), 1’ accento grammaticale sarebhe a dirittura spostato:
drnnnd, teedes.
a
LXXXIV.
A
rispondoDo:
CI.
A
rispondono:
Süll’ autica metrica portoghese.
l a strofa -eus -em -em -eus
2 il „ -ado -i -i -ado
1 1 Amiga, bom grad’ aja Deus
l 4 quando o vir dos ollios meus
2 1
2 4
1“ strofa
oa
z n
3“ „
2 1
2 4
3 1
3 4
Aja Deus ende bom grado
quand’ eu vir o namorado
-igo -edcs -edes -igo
-em -er -er -em
-ei -or -or -ei
Nom creo que tamanho bem
Si, senlior, e mais direi em
Amigu’, eu nom vos creerei
Si, senhor, e mais vos direi
l 1 Dizede, por Deus, amigo
l 4 Si, senhor, e mais vos digo. 1
La controprova si farebbe, se fosse dato mostrare che,
qualora ad ottonarii mascliili si frappongono ottonarii fernrni-
nili, la diversita di desinenza, che (come abbiamo detto) in
questo caso sarebbe manifesta infrazione alla legge, non ha mai
avuto luogo. Ma poiche mescolanza siffatta in Dionigi non
ricorre giammai, manca la possibilitii di istituire una tale prova
1 Anelie nella Canz. LXXV il Lang trova diversa uscita in versi di eguale
postura. Le rime sono:
l a strofa -ada -i -i -ada
2“ „ -osa -osa -em -em
3“ „ -ida -eus -eus -ida
Qui pero abbiamo disposizione irregolare nelle rime della seconda strofa:
aabb in luogo di abba. E di questa accagioneremo non il poeta, ma il
trascrittore. La strofa suona:
Por Deus, mlia senhor fremosa,
vos sodes tan poderosa
de mim que meu mal e men bem
em vös ü todo; [e] porem
querede-vos de mi doer
ou ar leixade m’ ir rnorrer.
Nulla di piü facile ehe inverlire 1’ ordine dei versi, cosi che il
primo sia il quarto. Cio parrä ancor piü probabile, quando si badi che
anelie nelle due altre strofe por Deus ricorre non nel principio, ma verso
la fine (nel 4° verso della prima, all’ uscita del terzo verso nella seconda).
8
X, Abhandlung: Mussafia.
per le canzoni in ottonarii. Essa ci riesce, ancorche in limiti
molto ristretti, per i decasillabi.
Nei decasillabi femminili alternanti con decasillabi maschili
ricorrono due strutture:
A) La sillaba metatonica alla fine del verso non viene
computata; la sede dell’ accento e sulla dccima; le sillabe, a
numerarle materialmente, sono undici.
Tali le canzoni YII. XXXVI. L. XCVIII dell’ edizione
del Lang. Di queste la prima e le due ultime non c’ insegnano
nulla, perchh ripetendosi le medesime rirne in ciascuna strofa,
manca 1’ occasione a varieta di desinenza nei versi corrispon-
denti. Ma nella XXXVI, che rnuta le rime, la legge e osservata:
l a strofa -ao -er -er -ao 1
2 a „ -erto -or -or -erto
3“ „ -ado -eu -eu -ado.
I primi due versi suonano:
Senhor fremosa e de mui lou(;,ao
cora9om, e querede vos doer.
B) Versi con numero materiale di sillabe eguale a quello
dei maschili, ma con 1’ accento principale sulla nona:
que andava d’ outra namorado.
II Diez (p. 48), studiando il verso costruito a questo modo,
lo definisce ,zehnsilbig mit weiblichem Reim, die letzte (un
betonte) Silbe mitgezählt', ed aggiunge: ,sofern sie sich mit
männlichen Decasillaben mischt, vergleicht sich dieser Wechsel
zwischen Versen von gleicher Silbenzahl und verschiedenem
rhythmischen Wandel dem in provenzalisclien und altfranzösi
schen Gedichten, welche aus achtsilbigen Versen, theils jambi
schen männlichen, theils trochäischen weiblichen, zusammen
gesetzt sind'. II Lang si oppone alla denominazione del Diez
e vuole che tale verso abbia a dirsi ,trochäischer 9-Silbner'.
E ; come si vede ? una mera questione di parole, ed oltrecciö il Lang
1 Le rime dei v. 1 e 4 sono lougdo certao, encoberto certo, namorado pe-
cado. Il Diez, p. 56, dice lougao certao rime maschili, ed 5 quindi pro-
penso ad ammettere anclie in questa canzone 1’ infrazione alla legge.
Ma un numero grandissimo di casi ci fa certi che la desinenza -ao e le
altre consimili nell’ antica lirica erano parossitone.
Süll’ antica metrica portoghese.
9
non bado come il Maestro abbia con fine accorgimento distinto
,zehnsilbig ( da ,Decasillabb Pare anche a me opportu.no di
conservare i termini ,novenario femm.' e ,settenario femm/ per
i versi coli’ accento sulla nona e sulla settima, seguite da una
metatonica che non si computa, ed usare il termine ,versi femm.
di dieci e d’ otto sillabe/ quando si contino tutte le sillabe, com-
presa la metatonica. Con cio si toglie ogni ambiguitii. Il verso
teste citato
que andava d’ outra namorado
c — chi vorra negarlo? — un novenario femminile, ma e nel
medesimo tempo un verso di dieci sillabe e pub quindi corri-
spondere ad un maschile decasillabo o di dieci sillabe (giacche
rispetto ai versi maschili, i due termini vengono a dire la stessa
cosa). Yersi femminili della struttura B ricorrono in sette canzoni:
XXVI. LVI. LXXXm. LXXXVI. CXXXIX. cm. CIX; tre di
queste ci offrono la particolarith che i versi corrispondenti nelle
singole strofe hanno desinenza diversa.
XXVI. l a strofa grado falou cuidou namorado
2 a „ dia senhor senhor moiria
3 a „ Deus rem bem meus
Il 1° e 4° verso della 3 a strofa hanno uscita diversa da
quelli delle due prime. I versi suonano:
l 1 Nostro senhor, ajades bom grado
l 4 Que andava d’ outra namorado
2 1 Porque mi falou oj’ este dia
2 4 Cuidou que eu por outra moiria
Se p. es. I 1 sonasse:
Nostro senhor, ajades mui bom grado
1’ infrazione ci sarebbe; ma dato il verso cosi com’ c, si com-
prende benissimo come il poeta potesse farlo corrispondere ai verso
Por quanto in’ oje falou, aja Deus.
LXXXIII. l a strofa eu plazer träger seu
2 ;l „ sei bem porem farei
3 a „ desamor morte forte melhor.
I versi 2° e 3° della terza strofa hanno uscita diversa
da quelli delle prime due. I versi sono:
3 2 Nom se podia guardar de morte
3 3 Tant’averia em coita forte.
10
X. Abhandlung: Mussafia.
LXXXVI. Eccola per intero:
Roga m’ oje, filli’, o voss’ amigo
muit’ aficado que vos rogasse
que de vos amar nom vos pesasse;
e porem vos rogu’ e vos castigo
que vos non pes de vos el bem querer,
mais uom vos mand’ i, filha, uiais fazer.
El me estava em vös falando,
e m’ esto que vos digo rogava;
döe 1 -me d’ el, tarn muito chorava,
e porem, filha, [vos] rogu’ e mando
que vös ecc.
Ca de vos el amar de cora§om,
nom vej’ eu rem que vos i per^ades,
sem i mais aver, mais guaanhades,
e por esto, pola mha beeneon,
que vös ecc.
Non attribuiremo veruna importanza al fatto che in tutte
e tre le canzoni la deviazione ha luogo nella terza strofa, qua-
siclie come nella stanza tripartita la sirima segue altre norme
che la fronte, cosi nella canzone tripartita la terza strofa po
tesse avere struttura diversa da quella delle due prime. Poiche
di un tale procedimento non troviamo altrove traccia alcuna,
non vedremo nel fatto accennato che un caso fortuito. Ma che
la deviazione rispetto alla desinenza si ristringa a quei com-
ponimenti artistici 2 nei quali il verso femminile ha numero
eguale di sillabe al maschile, non puö essere un mero caso;
e, per conchiudere il mio ragionamento, questa eguaglianza, a
dir cosi aritmetica, delle due specie di versi generö la possi-
bilitk d’ usare rime piane la ove a rigore dovrebbero essere
tronche. 8
1 Nelle correzioni il L. registra doi in luogo di doe\ ma con ciö al verso
maneherebbe una sillaba.
2 Escludiamo con ciö le canzoni d’ escarneo e maldizer, genere di compo-
nimenti, in cui gli accorgimenti dell’ arte non veugono scrupolosamente
osservati. In due poesie di questo genere troviamo varietä di desinenza
nei versi corrispondenti. I deeasillabi femminili dell’ una (CXXXIII) sono
costruiti secondo la formola A, nell’ altra (CXXXVIII) secondo B.
3 A voler riassumere il fin qui esposto in forma d’ uno scliema, diremo:
Se il primo verso di due strofe ci presentasse le formole:
Süll’ antica metrica portoghese.
11
La diversa desinenza nei versi rispondenti delle singole
strofe venne constatata dal Diez solo in Dionigi; quanto alle
canzoni del codice di Lisbona, cb’ egli allora attribuiva tutte
ad un solo autore, egli osserva: ,Bemerkenswerth ist, dass
unser anonymer Dichter nie gegen die provenzalische Regel
sündigt'. Eppure al numero 120 1 dell’edizione del Yarnhagen
troviamo:
1“ strofa -ores -eus -ores -eus
2 a „ -on -ejo -on -ejo
3 a „ -on -udo -on -udo
ove con duplice deviamento la 2 a e 3“ strofa hanno rima tronca
ove la 1* la ha piana ed e converso. I versi maschili sono
decasillabi, i femminili hanno dieci sillabe coli’ accento sulla nona. 2
Non altrimenti nel Canzoniere Mariano di Alfonso X. Si
puö esclüdere la Ganz. CCLXXXII, composta di settenarii, in
cui i versi 2. 4. 6 vanno in rima maschile. Solo nella l a strofa
troviamo -de e la vocale accentata e pur sempre la settima. A
3 2 que amava mais ca ssi
3 d andava, com’ aprendi,
3 6 muit’ alt’ e caeu d’ ali
rispondono
1 2 et piadad’ et mercee
1 4 a quen en ela ben creo
1 G todo sab’ e todo vee.
Ottonario Decasillalio
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11
la legge sarebbe infranta. Ma 1’ identitä del numero delle sillabe con-
sente le formole:
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10
• 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10
1 Apparente deviazione in Trovas 216 ove verdade sembra a prima vista
corrispondere ade saüior; la rima eon fe mostra che invece di *’ e ver
dade va letto se vcrdad’ 4. Non altrimenti 66, ove grande 6 stampato
in luogo di grand' e, di nuovo in rima con fe.
2 Un esame della metrica delle altre poesie contenute nel Yaticano e nel
Colocci-Brancuti si poträ istituire appena allora che uno Studio accurato
abbia fatto le opportune distinzioni rispetto agli scrittori, alla loro etä,
al geuere dei loro componimenti.
12
X. Abhandlung: Mussafia.
Ora, egli e ben vero che tali voci in -ee vengono altrove con-
siderate come di desinenza femminile; nondimeno b facilissimo
comprendere che il poeta, prevenendo 1’ uso posteriore, si sia
valuto della forma contratta in -e.
Nella Canz. XXI lo Schema e a u a 11 a lt E 11 , 1 con questa
notevole particolarita che nelle strofe dispari (1. 3. 5. 7) ah
maschile, nelle pari (2. 4. 6) femminile. In questo alternare di
desinenza vedreino con certezza non caso fortuito, ma deliberato
proposito. Gli e perciö che quando pure tutti i versi avessero
F accento sull’ undecima sillaba, potremmo dire che qui c’ e
non nn’ infrazione, ma un ingegnoso avvicendarsi di due seric
diverse di strofe. In verita pero i versi femminili hanno 1’ accento
sulla deciina; tutti i versi hanno il medesimo numero materiale
di sillabe. Si vedano le due prime strofe:
Santa Maria pod’ enfermos guarir,
quando xe quiser, et mortos resorgir.
Na qire Deus seu saut’ Espirit’ enviou
et que forma d’ ome en ela fillou,
non e maravilla se d’ el gaannou
vertude per que podess’ esto comprir.
Porend’ un miragr’ aquesta reinna
santa fez mui grand’ a ua mesquinna
moller, que, con coita de que maninna
era, foi a ela un fillo pedir.
Anche nella Canz. LXX (a a a E) a nelle strofe 1.3 e
maschile, nelle strofe 2. 4 e femminile, e femminile altresi in 5,
con disposizione meno simmetrica che in XXI.
En o nome de Maria
quinque letras, no mais, i-a. 2
M 3 mostra madr’ e maior
e mais manssa e mais 4 mellor
de quant’ al fez nostro Sennor
nen que fazer poderla.
1 Indico con E il verso che rima con 1’ Estribillo. Il segno u sotto la
lettera significa che la rima e parossitona.
2 Di questa accentuazione i-a in luogo di i-ä diremo qui appresso.
3 Leggi Eine.
4 O meglio col cod. di Toledo e il secondo dell’ Escuriale mui.
Sull’antica metrica portoghese.
13
A demostra avogada
aposta e aorada
e amiga e arnada
de mui santa compania.
Tutti i versi a sono di otto sillabe, ancorche teorica-
mente ottonarii mascliili e settenarii femminili. Anclie 1’ Estri-
billo femminile, die potrebbe conservare la sua indipendenza
cd avere 1’ accento sull’ ottava, segne la stessa via che a.
Senza regolare awicendamento nelle seguenti due Can-
zoni. In LX: ab ab] b nelle prime tre strofe e mascliile, nella
quarta e femminile.
Entre Av’ e Eva
gran departiment’ a.
Ca Eva nos tolleu
o paräis’, e Deus
Ave nos i meteu •,
porend’, amigos meus,
Eva nos foi deitar
do dem’ en sa prijon
et Ave en sacar eec.
La quarta ed ultima strofa suona:
Eva nos ensserrou
os geos sen ehave,
e Maria britou
as portas per Ave.
b La 1’ accento sulla sesta, b Io ha sulla quinta; beb
constano di sei sillabe.
I primi sei versi di CXY vanno in ababab] nelle prime
due strofe a e senario femminile, nelle altre 28 settenario
mascliile; quindi sempre sette sillabe.
1 Con aiuda nos vene
et con ssa amparanfa
contra o que nos tene
no mund’ en gran balanca
por toller-nos o bene
da mui nobr’ esperan^a....
4 Est’ om' e sa moller
mui gran temp’ esteveron,
servindo Deus volonter
14
X. Abhandlung: Mussafia.
et seus fillos fezeron
et quant’ ouveron mester
a eada uun deron ....
Unica vera infrazione nella Canz. CLXXIII, in cui i
settenarii 2. 4. 6 rimano insieme. Nelle prime tre strofe essi
lianno clesinenza masehile; nelle due ultime feinminile, ma con
1’ accento pur sempre sulla settima. A
1 3 per com’ eu öi dizer
1 4 e que eran de creer
l 8 por un seu serv’ aceorrer
rispondono:
4 2 a outri, mais ssa carreira
4 4 enton et achou enteira
4° tan grande que yerdadeira.
E cosi nella 5 a strofa.
In nn numero grandissimo di componimenti i codici dis-
pongono le linee cosi che o tutte quelle uscenti in rima, o una
parte di esse, sono precedute da linee senza rima, che col
termine italiano chiameremo sciolte. Poiche non v’ ha nessun
motivo stringente 1 che ci obblighi a considerare le linee sciolte
come primi emistichii, e ce ne sono invece parecchi che o vietano 2
1 Tutt’ al piü potrebbe ricordarsi elie ne le linee sciolte ne le rimanti
che tengono loro dietro eccedono giammai le otto sillabe.
2 In alcuni componimenti due linee sciolte precedono la rimata. Cosi p.
es. nella Canz. CLI:
Sempr’ a Virgen, de Deus madre,
busca vias e carreiras,
per que os seus tirar possa
de mal per muitas maneiras.
D’ est’ un fremoso miragre
vos direi que fez a Virgen,
madre de Deus gror'iosa,
por un crerigo que mrrito
a onrrava, mais fazia
ssa vida lussuriosa
sempre con maas molleres
et casadas et solteiras,
nen virgees non queria
leixar, nen monjas nen freiras.
Stimeremo possibile un verso di 21 o, computando le metatoniclie delle
due linee sciolte, di 23 sillabe?
Süll’ antica metrica portogliese.
15
o l-endono poco probabile 1 la riunione dolle due linee in un
verso solo, noi — da pocbissimi casi in fuori — seguiremo
la distribuzione dei codici ed ammetteremo versi sciolti, che
s’ avvicendano ai rimati.
Gli sciolti della stessa strofa hanno desinenza d’ egual
genere e poiche anche ad essi s’ applica la regola ehe i versi
corrispondenti delle singole strofe devono avere desinenza
eguale, ne risulta che quasi sempre gli sciolti dello stesso com-
ponimento sono o tutti mascliili o tutti femminili. 2 I primi sono
oltremodo rari. Di fronte a piu di 200 canzoni con sciolti
femminili, tutt’ al piü tre o quattro con maschili.
Talvolta la regola pare violata, e non e, giacche il nu-
mero materiale delle sillabe degli sciolti a desinenza diversa e
identico. Se in una delle pochissime canzoni con sciolto maschile
ne ricorre alcuno femminile, questo lia 1’ accento una sillaba
prima che il maschile. Se ai moltissimi sciolti femminili (piu
d’un migliajo e mezzo) risponde qua o lk uno maschile, esso
lia F accento una sillaba dopo che il femminile. Con altri ter-
mini: Dato x 3 settenario, g: sara teoricamente senario; dato x
settenario, x sara ottonario. E in forma di Schema:
x 7 : 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7 4
x 7 : 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8
Ecco le canzoni, in cui ricorrono versi di desinenza
diversa.
1 Nei versi di dieci e piü sillabe ehe i codici scrivono continuatamente,
la bipartizione spesso o non riesee punto o riesce solo ammettendo per
entro al medesimo componimento parecehie varietä di scansione, tante
varieth da farci a ragione dubitare se veramente il poeta abbia avuto
1’ intendimento di dettar versi bipartiti.
2 Ed anche questo contribuisce a persuaderci che la coppia di linee non
rapprosenta un verso solo bipartito. Per entro a questo la cesura sarebbe,
come in provenzale ed in francese e nel verso d’ arte mayor spagnuolo,
ora maschile ora femminile.
3 Indico con x lo sciolto maschile, con x lo sciolto femminile.
4 Col segno r> sotto la cifra indico la sillaba metatonica.
16
X. Abhandlung: Mnssafia.
A) x h mascliile.
CCXXXVII: x 8 a 6 x 8 a c x 8 a 6 x 8 E R
Se ben en a Yirgen fiar
o peccador sabudo,
querra-o na rnorte guardar
que non seja perdudo.
E d’ esta confian^a tal
vos direi, se quiserdes,
que ouve grand’ na moller;
e pois que o souberdes,
loaredes a Madr’ enton
de Deus, se me creverdes,
et averedes des ali
o dem’ avorrefudo.
18 1 e 24 5 suonano:
e mui longe este feito
e comungou-ss’, e a Madre.
CCXXIV: X 7 a 7 X 7 a 7 x 7 a 7 x 7 E 7
A Reinna, en que e
comprida toda mesura,
non e sen l-azon se faz
miragre sobre natura.
Ant’ 4 con mui gran razon
a quen parar i femom^a
en aver tal don de Deus
a de que el quis nacen^a
fillar por dar a nös paz,
e tal e nossa creen<;,a
e quen aquesto non cree 1
faz torpidad’ c loucura.
Ora troviamo:
4 7 muit’ en santa Maria
8 7 de levar la menina 2
1 Eeco altro esempio di cree mascliile; la penultima linea delle altre strofe
6 poder, faz, enton ecc.
2 Ad ambedue i versi 1 editore annota: ,Palta una sllaba 1 . Al contrario;
a leggere (com’ egli propone) muito en, e de levar, la ragione metrica
sarebbe violata.
Süll’ antica metrica portoghese.
17
In questa stessa Canzone troviamo perö anclie:
3 3 en riba d’ Aguadi'ana
a un logar muit’ onrrado
7 3 et entenderon que fora
aquesto per seus pecados.
Reiche questi due versi, ancorclie femminili, hanno 1’ accento
sulla settima, pare che qui ci sia infrazione; pure, non appena
si faccia 1’ elisione della vocale a dinanzi ad altra a, s’ ottiene
Aguadian’, for’, ed il verso e maschile. 1
Resta il 5° verso dell’ 8 a strofa:
E un an enteir’ ou mais
en sa casa a criaron,
e dos miragres enton
da Yirgen ali contaron
5 que faz grandes en Terena;
porend’ ambos outorgaron....
L’ accento e sulla settima, e non e possihile proporre
veruna emendazione. Abbiamo adunque un esempio d’ infra
zione. E dovendo constatare questo, rinunceremo anche per i
due testb citati al ripiego dell’ elisione ?
B) x h femminile.
Superfluo ricordare i luoghi in cui la desinenza tronca e
solo apparente, come quella die k prodotto di elisione non
legittima in fine di verso.
CCI. 9 3 ar foi comer outra grand’
empoQoada o fera
LXXV. 2 ,! mui riqu’ e muit’ orgullos’
e sobervi’ e torticeiro
CIY. 2 1 a moller se tornou log’
a eigreja
Si legga (e si dovrebbe ancbe stampare) grande, orgulloso,
logo. E cosi in parecchi altri luoghi. Ed a questo proposito si
confrontino i due passi seguenti. Nella Canz. CXLIX (x 7 a 1 ) al
sacerdote che dubitava dell’ ostia, perchb gli pareva non esser
altro che pane, Maria dice:
1 Tale elisione in fin di verso non lia nulla di singolare in un poeta, che
si consente persino rima spezzata fra strofa e strofa; vedi Appendice I.
Sitzangster, d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 10. Ath. 2
18
X. Abhandlung: Mussafia.
8 1 Mas pero o revolves
e tanges con tas maos,
creendo que pan est’,
este polos crischaos
reeebeu na oruz morte.
CLXXXV (a? 7 a 7 ) 2 1 Aqueste castello est’
en o reino de Geen.
Se la forma fosse est, i due versi che la contengono do-
vrebbero avere una sillaba di piü che gli altri sciolti. Poiche
questo non e, e noi senza motivo imperioso non abbiamo diritto
di aumentare il numero delle deviazioni dalla regola, diremo che
1’ editore fece bene a mettere 1’ apostrofo e leggeremo este. Si
modificherä quindi 1’ asserzione del Diez, nella nota alla p. 116:
,eine Form este scheint nicht vorhanden 7 .
Prescindendo da questi, i casi, in cni a x risponde alcun
x, possono venir raccolti in certi gruppi:
1. La ultima voce della linea sciolta k un monosillaho
atono, che a vero dire si dovrebhe appoggiare procliticamente
alla parola che segue, ma in quella vece appare quasi en-
clitico. 1
CXCIX (a? 7 a 7 ) 9 7 e que os guarda do dem’ e
de sas maas tentaQoes.
CCXIII (g: 7 a 7 ) 10 1 E pois aquest’ ouve dit’, e
sa oraijon acabada. 2
CCXIV (x 7 g 7 ) 8 3 et un d’ eles era ric’, o
outro non avia nada.
1 Inutile osservare che il trovarsi una proclitiea in fin di linea non e
argomento ehe militi a favore della riunione di xa in un verso solo;
poichi, dall’ un lato, se la metrica portoghese esigesse la nota pausa
logica, questa dovrebhe esserci anclie alla fine dell’ emistieliio, dall’ altro
troviamo che la proclitiea puö persino formare rima, p. es. CXXMI,
ultima strofa:
Quand’ est’ öiron as gentes
mui gran maravilla en
ouveron et ar loaron
muito a que tauto ben
fez ....
Si confrontino altresi i tanti versi che e in Alfonso e in Dionigi e da
per tutto hanno in rima la proclitiea nom.
2 CLXV, 3 8 fu stampato faxend' 6 e CCXXV, 9 S ßkm-ss’ e; alla congiun-
zione e non spetta 1’ accento.
Süll’ autica inetrica poitogbcse.
19
Andra qui anche
CCLXX (x G a e ) 7 7 que seu fruito britas’
o dem’ brav’ e felon. >
E cosi sospetto dem per demo che non esiteremo a leggere:
britas’ o
demo brav’ e felon.
CCXCVT (x b a G ) 2 7 que sempre fara est’ a
quen a servir souber.
CCCXIX (a: 5 g 5 ) 7 6 non avian d’ ela
ja neun conorte
nen sabian que Ile
valves’, ergo morte.
2. Lo sciolto esce in un monosillabo che potrebbe per se
essere atono, ma che tenendo dietro ad altro monosillabo atono,
acquista il valore di accentato.
CCCXIX (a? 6 g 6 ) 8 3 Des i prometeron
que a levarian
a Terena; ca ja
per al non sabian
que säud’ ouvesse.
XXXII (x 6 g 5 ) 5 1 Te dig’ e te mando
que d’ estas perfias
te quites, et se non,
d’ oi a trinta dias ....
3. II monosillabo alla fine della linea e decisivamente
accentato. E qui possiamo distinguere due casi:
3 a) Ih monosillabo accentato tien dietro ad un ossitono:
CCCXIX (a? 6 g 5 ) 3 1 Riba d’Odian’ a
ua Ssa eigreja
d’ esta virgen santa
que beeita seja.
CXCVII (a? 7 a‘) i codici e la stampa hanno:
l 1 Ca sse el algun poder
a nos omees matar....,
mui maior poder sa Madre
a en os ressucitar.
La sintassi esige:
Ca sse el algun poder ä
a nos omees matar.
2*
20
X. Abhandlung: Mussafia.
3 b) II monosillabo accentato tien dietro ad una proclitica:
CLVII (x 7 a 7 ) 1 7 mais a ssa ospeda lies foi
nmi maa de cabo säo.
Nella XII“ delle feste di Maria (cp 5 a 7 ) troviamo:
18 1 E u todo-los reis
foren ant’ el omildosos,
di-lle eomo vees
d’ eles dos mais poderosos.
CCLXIII (x 7 a 7 ) il codice aveva prima:
l 1 Ca ela sempre a nos da
que fa9amos o mellor,
per que nos guardemos d’ erro
et ajamo-lo amor
de Deus ecc.
Poi venne cancellata nel primo verso la preposizione a;
a torto, poiclie ne risulta o un verso mascliile accentato sulla
settima, mentre dev’ essere sull’ ottava, o (accentando, come or
ora diremo, nös-da) un femminile accentato sulla sesta, mentre
dev’ essere sulla settima.
In tutti e tre questi gruppi e piü o meno ovvio consi-
derare il monosillabo in fine dello sciolto quäl sillaba metatonica
d’ un parossitono, con che i rispettivi versi divengono femminili.
Negli esempii citati al n° 1. cib e quasi necessario: saremo
invero ben piu disposti ad ammettere ric o, est’ a, dit’ e che
ad accentare F articolo, la preposizione, la congiunzione. Si
confrontino le rime: XXI, 6 2 ant’ o \ altar con quebranto;
C, 2 5 a ti a \ outorgaria; CXV, 6 8 guardass’ e \ npn britasse;
CXXXVIII, 3 7 cant’ e \ aja solaz con espante. Nei casi del
n° 2. Io spostamento dell’ accento dal monosillabo accentato
all’ atono (cd-ja, se-non) puo parere alquanto singolare. Maggior
dubbio dovrebbero ispirare i casi del n° 3. Se non che la
diffidenza s’attenua, anzi sparisce, quando si badi alle rime
seguenti. Per 3 a in cui di due accentate la seconda- perde
F accento (poder-d diviene poder-a) si confronti CCLXXX del
cod. Vaticano, ove il Braga stampa:
3 1 sanhuda
sej’ eu e triste, eoitada poren
por meu amigu’ e meu lum’ e meu ben
que ei perdud’ e el mi perduda
Süll’ antica metrica portoglieso.
21
con 1’ausiliare sottinteso. Megiio il Lang: perdud’a. Rispetto
a 3 b, ove le parti fra atona ed accentata sono a dirittura in-
vertite, si ricordi la rima piü sopra citata di i a (ibi habet) in
rima con Maria. Qui il mutamento di giambo in trocbeo b
fuori d' ogni dubbio. 1
Messici su questa via, si puö andare un passo innanzi
e chiedere se non sia lecito per avventura ammettere desinenza
piana anche in altre voci, che in verita sono tronche e coine
tronche furono per solito usate da re Alfonso.
LXXV (a? 7 a 1 ) 1 1 Ed’ esta razon vos direi
un miragre inui fremoso,
quc mostrou santa Maria
madre do Rei grorüoso.
CXXV (a? 7 a s ) 1 1 Ed’ esta razon vos direi
un miragre fremos’ assaz,
que fezo santa Maria
por un crerigo alvernaz.
Se ricordiamo quanto a lungo sia rimasto vivo nella peni-
sola iberica il sentimento dell’ origine del futuro, non ci parrä
del tntto inverisimile che in dir ei la seconda delle dne voci
abbia perduto il suo accento, cosicchfe il poeta si sia permesso
di accentare dir-ei.
C’ e un pajo d’ esempii in cui le desinenze di 3 a sing,
del perfetto debole -ew, -iu 2 ricorrono al posto di
CCLIII (a? 7 a 7 ) 4 1 0 ome böo entendeu
quc andava en peeado,
et foi-sse confessar logo;
et pois foi ben confessado ....
In CCXXXVI1I i due Ultimi versi vanno in x 1 U 7 . Ora
nella strofa 13“ troviamO:
quäl sennor eie serviu
assi 11’ o gualardoou.
Il primo esempio e poco conchiusivo. 0 si legga bon en
tendeu (-eu femminile) o si conservi la lezione del codice (-eu
1 Da altre letterature si confronti: Con 1. le rime francesi fui-te : lier-
mite, pers le : perle, dis-je : oblige. Con 2. garce : par ce (= cej, Foulce:
[ne scoi] pouv he. Con 3. alcune rime italiane, e precisameilte con
3 a. aver de’ : verde dell 1 Ariosto, con 3 b. non ci ha : oncia di Dante.
2 Talvolta -eo, -io.
X. Abhandlung: Mussafia.
maschile), il numero delle sillabe e sempre lo stesso. Ma nel
secondo esempio il verso non torna che con -iu femminile; la
desinenza maschile esigerebbe una sillaba di piii. 1
I casi che non consentono in verun modo supporre desi
nenza piana sono oltremodo rari. La sesta strofa di XXXII
(g: 5 a b ) incomincia:
0 bispo se levou
mui de madurgada
et ao capelan
deu ra^on dobrada.
\
E singolare che il codice di Toledo abbia su raschiatura
la Variante seguente, che in ambedue i luoghi sostituisce desi
nenza piana alla tronca:
0 bispo levou-sse
mui de madurgada
e deu ao preste
ssa racon dobrada.
Canz. CCCXXVIII (x 1 cf):
' l 6 e corrudo d’ el Mafomet
e deitado en eixillo.
Abbiamo dunque tre soli esempii (uno, attenendoci al
codice di Toledo), in cui senza dubbio veruno il principio della
identitk aritmetica del numero delle sillabe si applica a sciolti
maschili ricorrenti al posto di femminili. Secondochfe si rifiu-
tino ■ tutte o alcune delle osservazioni teste fatte, il numero dei
casi si verrä piu o meno aumentando; in ogni modo esso e
scarso assai.
Talvolta lo sciolto sporadicamente maschile ha Y accento
sulla medesima sillaba che il femminile, cosicclih, numerando
materialmente le sillabe, x ne ha una di meno che g:. In questo
caso perö troviamo che il verso seguente (rimato) ha una
sillaba di piu. La Canz. IX delle feste di Maria b costruita
secondo lo Schema:
a; 6 a 6 g: s a 6 g: 6 a e g: 6 JE 6 .
1 E lecito confrontare CGCLXIII, 5 1 : El se vio nas prijues, ove il setfce-
nario torna, se si considera vio come bisillabo. L’ editore propone un’e-
mendazione.
Süll’ antica raetrica portogliese.
23
Des quando Deus sa madre
aos ceos levou,
de nos levar consigo
carreira nos mostrou.
Ca pois levou aquela
que nos deu por sennor
et el fillou por madre,
mostrou-nos que amor
mui grande nos avia,
non podia maior;
ca pera o suo reino
logo nos convidou.
E cosi in ben 29 fra 30 strofe. Solo in una (19) i clue ultirai
versi suonano:
apostolos et en
Josafas lo enterrou.
L’ anomalia che di 30 versi nella stessa postura e rimanti in-
sieme uno abbia maggior numero di sillabe che gli altri h certo
grave; raa parrii forse soverchio rigore esigere per ciö che
F ultima coppia di linee di ciascuna strofa si debba considerare
come un verso solo, nel quäle F anomalia, concernendo F emi-
sticliio, sarebbe piu tollerabile o, avendo riguardo al metodo
seguito dal poeta nei versi lunghi, a dirittura lecita. Saremo
•tanto piu restii a formare di g'E un verso solo, che in questo
caso sembra inevitabile fare lo stesso rispetto ai tre xa delle
singole strofe.
Non appena perb il numero degli sciolti maschili con
F accento sulla medesima sede che i femminili e per conse-
guente F oscillare del metro nei versi rimanti raggiunge pro-
porzioni maggiori, la necessith di considerare la coppia di linee
come un verso solo si fa sempre piu imperiosa. Si veda p. es.
la Canz. XXXIV:
Gran dereit’ e que fill’ o
demo por escarmento
quen contra santa Maria
filla atrevemento.
Poren direi un miragre,
que foi gran verdade,
que fez en Costantinoble
na riea cidade
a Virgen Madre de Deus,
24
X. Abhandlung: Mnssafia.
por dar entendimento
que quen contra ela vai
palla e contra vento.
Se indichiamo x 7 a 5 con <x e x 7 a 6 con ß, abbiamo lo Schema
seguente, in cui ß prepondera, senza che perö sia dato rico-
noscere un principio costante' nell’ avvicendamento delle due
formole:
l a cop. 2 a cop. 3 a cop. 4 a cop.
l a —2 a strofa a a ß * ß
3 11 —6 a „ ß ß ß ß
7“ „ o= ß a a
Dobbiamo dunque rinnire le due linee in un verso; la rnetato-
nica di x, perchb non piii in fin di verso, ina interna, va (se-
condo 1’ uso costante del portoghese) computata; tutti i versi
hanno 1’accento principale sulla 13 1 . 1 Ad ammettere bipar-
tizione, 1’accento interno h sulla 7“. Se 1’emisticliio e maschile,
la cesura & dopo la 7“; se femminile dopo 1’ 8 a , nel primo caso
7 + 6; nel secondo 8 + 5, salvo che si voglia considerare la
metatonica come prima sillaba del 2° emisticliio, nel quäl caso
abbiamo di nuovo 7 + 6. 2
Sparisce finalmente ogni dubbio rispetto all’ impossibilita
di ammettere che le due linee rappresentino due versi, quando
e le sciolte di eguale desinenza e le rimanti deviano nel numero
delle sillabe. Cosi nella Canz. L, ove accanto a
l 1 E dultar non deve
por qitanto vos direi
e la Variante
2 5 ouveramos, se el
non foss’, amigos mens
troviamo
1 8 porque se non foss’ esto
non viramos rei
1 Riiminiino le due linee con tanto mag'gior sicurezza die, essendo assai
piu probabile fiU-o che fill-o, nella prima coppia dell’ Estribillo avremmo
nuova Variante: x a aP. Nel 4° verso si faccia 1’ elisione: fill' atr.
2 Schema:
x: .... 6. 7. | 8. 9
. ... 6. 7. 8. | 9 ... .
.... 6. 7. y 8. 9 ... .
x° = 6
0
12
—-
!}
12
g;“ = 7
a 5 = 5
) 12
Süll’ antica metrica portoghese.
25
Ancora un esempio. La prima strofa della Canz. XXXVII:
Fremosos miragres
faz, que en Deus creamos,
et maravillosos,
porque o mais temamos;
porend’ un d’ aquestes
e ben que vos digamos
dos mais pi'adosos.
fa supporre g: 6 g 6 . E cosi (a) vanno 2 3 - 6 , 3 1 “ 4 , 4 1 - 6 , 5 3-4 , ö 8 “ 6 ,
85—6. ]y[ a j n .
2 1 Est’ aveo na terra
che chaman Berria
3 5 e depois en o conto
dos gopos ficava
abbiamo g: 6 g 6 . E cosi (ß) vanno 5 1-2 , 6 1-4 , 8’~ 4 .
Delle quattro coppie rimanenti:
5° seja per ti, se non 1
serei oi mais teudo
7 1 e quando s’ espertou
sentiu-sse mui ben sao
sono varianti di a) con accento sulla 6“ di x maschile. E tale
puö essere anche
7 3 e catou o pe
e pois foi d’ el ben certäo
dividendo
e catou o pe e 1
pois foi
Resta
7 5 non semellou log’, andando
per esse chäo
che non s’ accorda ne con a) nfe con ß).
Abbiamo adunque in ambedue le canzoni, se prescindiamo
da XXXVII, 7 6 “ li , versi con 1’ accento principale sulla 12 il e
1’ interno sulla 5 a o la 6 11 di voci parossitone, e sempre sulla 6“
di ossitone. Se essi debbano chiamarsi bipartiti o no, e que-
stione che va esaminata da se; ad ogni modo qui non abbia
mo un verso sciolto ed uno rimato, come ce li presentano i
1 Ammettendo se-non, pi-e queste due linee spettano alla formola pre-
pondei'ante a).
26
X. Abhandlung : M u s s a f i a.
codici. Si dica lo stesso di altre canzoni — p. es. CXVII.
CCLVII. CCCLXIII, 1 — in cui 1’ oscillare delle linee b ancor
maggiore, e rispetto alle quali P editore stesso notd che dovreb-
hero stamparsi in una linea sola.
Appendice I a
Rima spezzata. Vocali aperte e chiuse.
La canzone LIV e stampata del Lang come segue:
Assi me trax coitado
e afiead’ amor,
e tarn atormentado,
que se nostro Senhor
5 a ma senhor nom met’ en cor
que se de mi doa d’ amor,
[nun]ca averei 2 prazer e sabor.
Ca viv’ em tal cuidado
come quem sofredor
10 e de mal aficado
que nom pode maior,
se mi nom val a que em forte
ponto vi; ca ja da morte
ei [mui gram] prazer e nenhum pavor.
15 E faco mui guisado,
pois soo servidor
da que mi nom da grado,
1 Nella Canz. CCLXXXV oltre alla molteplice varietä di metro delle sin-
gole linee avremmo per la fronte lo Schema xaxbxaxb, mentre altrove
a x non tien dietro che una rima sola. Riunendo le due linee in un
verso solo, la fronte consta di quattro versi con le rime abab.
2 II Vatic. ha ca arerey. Nelle note il L. dice: ,Vers 7 spricht der über
lieferte Text sowol als der Sinn für nunca ar averei p. e s., woraus ein
Zehnsilbner entsteht“. A dir vero, arerey conduee piü faeilmente ad
averey (?■ in luogo di u) che ad ar av. (ommissione di au) ed il Colocei-
Brancuti ha ca uerey. Anche ad accettare il senso che il L. attribuisce
a questo passo, non si puö dire che qui calzi la particella ar, la quäle
significa sempre ,di nnovo“ o ,alla mia (tua, sua ecc.) volta“. Ad avere
finalmente il deeasillabo voluto dall’ editore, la nuova lezione dovrebb’es-
sere nunc’ ar averei.
Suir antica metrica portogliese.
27
querendo lh’ eu melhor
ca mi nem al; porem, [enton]
20 conort’ eu nom ei ja se nom
da mort’, ende soo desejador.
Accettanclo questa lezione, avremmo anche qui nei vv. 5. 6
della 2 a strofa due settenarii femminili 1 corrispondenti agli otto-
narii maschili della 1“ e della 3 il . Se non che, la cosa sta, a
veder mio, in modo del tutto diverso.
II Diez, p. 55, reca alcuni esempii dell’ artificio della rima
spezzata. Sono tutti oltremodo semplici: coitada \ mentre, ser-
vir | ei, doer | s-ia, ove la ragione etimologica consente con faci-
litä la divisione degli elementi della voce composta. 2 Nessuno
degli esempii recati e di Dionigi ed il Lang, p. CXXVI,
dichiara esplicitamente: ,Denis hat sich dieser Reimart nicht
bedient 4 .
Io non dubito che la canzone LIV ce ne offra esempio
in tntte e tre le strofe; nella prima in un verso solo (6), nella
seconda e terza in due (12—13, 19—20). Io leggo:
6 que se de mi doa, da mor-
t’ 3 averei prazer e sabor.
12 se mi nom val a que em for
te ponto vi, ca ja da mor-
t’ ei prazer e nenhum pavor.
1 Computando, s’ intende, que em come una sillaba.
2 Alfonso, oltre a questi, ha ancora LX VI, 5 2 ao san \ t’ om e; CCXC1I,
15 5 san\ta; LVI, 4 5 in conver|tendo e 4 7 retvibue ser|vo tuo5 XXXII, l 6
ora | gon, ove, clivisa la parola in clue, T accento secondario acquista
valore di prineipale. In CXXXV, 16 5 et disser\ron la spezzatura ha
luogo per entro la stessa sillaba; uso ardito, che obliga il poeta a dare
alla desineiiza -eron due r in luogo di una. Il Lang reca (p. CXXXIX)
veja | mola in rima con seja, e la dice liberta soverchia, come quella
che lede 1’accento. In veritä, questa sarebbe strana licenza; ma non e
da accagionarne il poeta, il quäle ha usato F accentazione analogica, in
virtü della quäle il popolo su veja vejas veja modella vcjamos; cfr. Meyer-
Lübke, Gramm. II, 191. — Spezzatura per se stessa ovvia assai, ma
notevole perche fra strofa e strofa, ricorre nella Canz. CXCVI. La 3 a
strofa finisce con a guardavan asconduda- e la 4 a incomincia mente; et
porende ecc.
3 L’ errore del Vatic. consiste adunque (oltre r per u) in c in luogo di t
e ripetizione dell’ a; quello del Col.-Br. solo in c = t. Si noti poi che
nella prima e seconda strofa il Vatic. chiudendo le linee rispettive con
damor, en for, damor indica bene la rima spezzata.
28
X. Abhandlung: Mussafia.
19 ca mi nom val; porem conor-
t’ eu nom ei ja se nom da mor-
t’, ende 1 soo desejador.
A questo modo, non c’ b bisogno delle aggiunte dell’ editore,
delle quali mui gram puö dirsi superflua, e entom h certamente
molto fiacca. I versi 6. 7 e 13. 14 esprimono esattamente il mede-
simo pensiero, mentre d’ amor non e bene chiaro. E c’ e anche
questo. Secondo la lezione della stampa le rime della prima
strofa sarebbero due (ababbbb), mentre le altre due strofe ne
avrebbero tre (ababccb). II Lang si contentö di registrare
1’ anomalia, senza tentarne spiegazione o scusa. Egli non s’ avvide
perö che nella prima strofa s’ avrebbe cor in rima con -or. In
verita abbiamo una canzone in coblas unissonans colle rime:
-ado -or -ado -or -or -or : or.
II 6° verso di ciascnna strofa finisce con da mgr-,
E qui viene in acconcio fare un’ altra osservazione rispetto
alla distinzione in rima delle vocali aperte dalle chinse.
II Lang opina che nella canzone CV, contenente quattro
strofe colle rime abba ... . la rima a delle due prime strofe
sia identica:
l a strofa guarecer ser& a escolher....
2 a „ mester passar matar prouguer....
, 3 a „ maior mortal mal senhor....
4 a „ fe passou durou e.. ..
Egli avrebbe dovuto notare lo stesso rispetto alla rima b
nella seconda e terza strofa di VI:
l a strofa senhor rem vem sabedor....
2 il „ mal disser mester val....
3 a „ pesar soffrer dizer dar....
La canzone LVI e secondo il L. in coblas unissonans.
Ma qui troviamo:
l a strofa querria aprouguesse estevesse terria....
2 a „ prazeria morasse falasse todavia....
3 il „ viveria vivesse entendesse faria
E quindi rispetto alla seconda strofa una svista; il L.
avrebbe dovuto constatare anche in questo componimento la
1 Forse onde.
S.uir antica metrica portoghese.
29
stessa particolarith. che in VI e CV; che, cioe, sebbene le rime
dei versi 2. 3 sieno diverse nelle varie strofe, il poeta per negli-
genza o imperizia nell’ arte ripetesse una delle rime.
Finalmente nella canzone LX (abbccca) egli trova che
la terza strofa devia da questo sistema, offrendo abbbbha:
l a strofa senhor cora^om nom tolher prazer aver senhor
2 a „ mal ei sei rem bem em mal
3" „ afam prouguer er tolher prazer veer afam.
Ed anche questa sarebbe un’ irregolarita, atta a generare
meraviglia da parte di un trovatore aulico.
Se non che, tutte queste osservazioni sono erronee. Se il
L. avesse badato che in tutti e quattro i casi la pretesa ano-
malia concerne la rima in -er, egli si sarebbe avveduto che
questa rima solo graficamente appare unica; foneticamente essa
& duplice: -er ed er. Almeno per le forme preteritali dei verbi
forti doveva ricordarsi che queste hanno e la ove le forme
rispondenti dei verbi deboli hanno e. Tale fatto e registrato
in cosi gran nurnero d’ : opere, anche elementari (p. es. nel Len-
castre), che k inutile citarle; ricorderemo solo la spiegazione
tentatane dal Meyer-Lübke (Zeitsch. f. rom. Phil. IX, 253) e
1’ osservazione esplicita dei Cornu (Grundriss I, 733) che nel-
F antica poesia portoghese le forme forti non rimano mai con le
deboli, mentreche nella poesia posteriore questa distinzione non
viene piü osservata. E ciö non avviene percbc in via fonetica
la diversita di pronuncia sia cessata — giacche ancor tutto di
abbiamo p. es. soubeste tivera jouvgr dissesse allato a respon-
deste perdera romper tolhesse —, ma perche la poesia moderna
rinunciö alla distinzione fra le due e e le due o. E poichb si
tratta di fonetica, e non di morfologia, s’intende da s& che
nell’ antica poesia la distinzione non si ristringe alle forme ver-
bali. In fatti, nelle canzoni ricordate di sopra troviamo mester
(anclie oggidi con e) ed er. Ed altrove molher e quer o rimanti
insieme o con futuro congiuntivo forte, non mai con fut. cong.
debole o con 1’ infinito in -er. 1 La seconda strofa di XXII
suona nel codice Vat.:
1 Cosi pure, s’ intende, nelle Trovas e presso Alfonso. Che se Tr. LXII
il Yarnliageu stainpa mester : qiterer, il Col.-Brauc. CLXYI ci da la retta
30
X. Abhandlung: Mussafia.
E des que m’ eu, senlior, per boa fe
de vös parti, creed’ agora bem
que nom vi prazer nem pesar de reu
e aquesto direi vos por que.
Nel quarto verso, a supplire la sillaba mancante, il Lang legge
vos [eu] por que. Si preferirh por que e, in rima con fe, la
quäl voce, sebbene venga da fidem, si pronuncia oggidi e pro-
babilmente s’ e sempre pronunciata con e aperta. E qui giova
recare un altro passo. La canzone CX incomincia:
Vi-vos, madre, con meu amig’ aqui
oje falar e ouv’ ein gram prazer,
poique o vi de eabo vös erger
led’ e tenho que mi faz Deus bem i 5
ca pois que s’ el ledo partiu d’ aquem
110m pode seer se nom por meu bem.
Segue nel Vaticano:
Ergeusse ledo e rijo ia que
0 q mui qm (= gram) tempa q el 110 fez
mays poys ia esto passou es ta uez
fiqndeu leda se 9s be mi de.
II Braga stampö:
Ergueu-se ledo e rio ja, 0 que
mui gram temp’ a qu’ el no fez
con che il secondo verso di decasillabo diviene settenario. E
il Lang:
Ergeu-se ledo e riio ja, o que
mui gram temp’ a que el no fez
lezione que quer. Tr. CCLVI, 3 2 si legga se mi mal fez[%r] in rima
con ouver.
Non altrimenti nel Cod. Vat. DCCLXIX, strofa 3:
E pero non tem querer
de me bem fazer vontade,
mais val seu mal en verdade
que o bem que m’ outra der.
Si legga que quer; ,sebbene ella non abbia qualsiasi (= la menoma)
volonta di farmi del bene 1 . Trovas CCLVI:
E non o pode defender
de morte se mi mal fez.
Il 2° verso e monco di una sillaba e non rima con ouver; leg’gi fezer.
Snir antica metriea portogliese.
31
con che il secondo verso e ottosillabo. S’ intende che o que va
lasciato dove lo ha il codice e dove il metro 1’ esige. Alla fine
del primo verso io suppongo aque, avverhio usato spesso da
Alfonso X, ancorche con costruzione alquanto diversa. IV, 8 7
et aque a gente ven; CXXXV, 9 3 aque o ric’ ome sal, 13 7 aque |
m’ estou tod’ aprestidado • CLVIII, 3 4 aque ven santa Maria;
CCLI, 18 6 aque a madr’ aduz ant’ o altar sa filla; p. 606 diz
un a outro: Aque-o | angeo que ven do ceo (terza rima e veo =
velurn). Con pronome enclitico: LXV, 30 2 aque-vo-los sanctos con
santa Maria; CCXII, 4 3 aque-vos üa dona.. a ela ven; CCLXX1V,
12 2 aque-vo-la Vir gen ven. Il significato e quindi ,ecco, ecco quih
Talvolta, con F aggiunta di aqui: XCVII, 6 5 Aque-m’ aqui, XIII,
5 ß aque-vo-la aqui que me nas sas mäos sofre (un codice ha
aqueyuola aqui). Io leggo :
Ergeusse ledo e ril’ oj’ aque
con che abbiamo di nuovo F oje della prima strofa. 1 Aque sa-
rebbe qui in modo insolito posposto al verbo. 0 forse va unito
all’ avverbio di tempo; oj’ aque sarebbe un oje rinforzato come
jehui, ancui ecc. Quäle sia la pronuncia di e, non saprei dire.
Poiche nella Canzone CXXXV, 13 di Alfonso aque rima con fr,
e, se, pg, 2 la rima con dy parrebbe opporsi alla lezione da me
proposta, ma anche Alfonso altrove ha d$ con g, 3 il che da adito
a chiedere se forse in fin di parola o la distinzione non venisse
osservata o le due pronuncie si fossero unificate. 4
Farebbe opera utile chi studiasse la questione concernente
le rime di vocali aperte e chiuse dai primordii della poesia
portoghese fino ai di nostri.
1 L’ elisione <li -o (u) in riio (rüu) e lecita; chi volesse modificare legger-
mente la lezione del codice, potrebbe leggere: led’ e riio oj’.
2 Queste rime dimostrano che il Lang non doveya aceentare 6,que nel
passo di Dionigi: 1176 aque m’ em vossa prizoin.
3 Nel componiinento DCC1I del Vaticano este con g, se gii\ non va letto
est’ e.
4 Gli k perciö che nella Canz, XXII non osai escludere ricisamente 1’ emen-
dazione del Lang per il solo motivo che ne avremmo q-ue : g, e mi con-
tentai di dichiarare piii probabile g ■ /C, rima che ricorre si di frequente
e in Dionigi e presso gli altri poeti da potersi dire stereotipa.
32
X. Abhandlung: Mussafia.
Appendice II“
Varii accoppiamenti di sciolti con rimati nel
Canzoniere Mariano di Alfonso X.
Gli accoppiamenti di versi di misura differente i sono
rari assai:
a: 8 a‘ solo neg'li nltimi due versi di CIII :
2 5 fez lo entrar en ua orta
en que muitas vezes ja
* 8 a G ■ solo in CCXXXVH:
2 1 Esta moller en Santarem,
com’ aprendi, morava
x 7 a 8 in CXXV 1 :
2 1 0 crerigo maiordomo
era do bispo ben d’ ali
x 7 a ß ; solo nelle prime due coppie e nella cjuarta di VP:
Porend’ a sant’ Escritura
que non mente nen erra
gd a 5 ; solo in XCVIII:
l 1 D’esto direi un miragre
que contar öi
x 1 ' g 7 ; solo nella IX delle feste di Maria:
u verra na earne
que quis fillar de ti, madre.
1 E con aleune irregolarita in CXIII. Hentre il primo a 6 sempre di otto
sillabe, il secondo ondeggia; str. 1. 4 in tutti i codici di 8; 5. 6 in tutti i
codici di 7; 2. 3 in un codice dell’ Escur. di 7, nell’ altro di 8.
2 In questa canzone troviamo la singolare deviazione che il terzo a ha una
sillaba di piü che i due prilni ed E. Lo Schema e quindi: x n a 6 x 1 «, 6
x 1 a’ x 1 E 6 : Cosi p. es.
1° con que judeus an gran guerra
2 6 con que foi mui confortada.
Andre a voler considerare le coppie come altrettanti versi lunglii (pa-
recchie irregolarita rendono probabile una tale riunione, ed il codice
di Toledo scrive di fatto x a in una linea sola), resta 1’ anomalia, che
in una strofa collo Schema aaaE il terzo verso ha una sillaba di
piii degli altri.
Süll* antica metrica portoghese.
33
Nel massimo numero dei casi ambedue i versi sono del
medesimo metro. Fra questi di gran lunga piü frequente sono
i settenarii. La strofa e quasi sempre di otto versi: 1. 3. 5. 7
sciolti: 2. 4. 6 rimano insieme; 8 rima con 1’ Estribillo. Secondo
che a b maschile o femminile abbiamo le due formole:
A) gaxagaxaxE
B) xaxaxgggxE
Ecco un esempio d’ ambedue :
XIII
Assi como Jesu Cristo
estand’ en a cruz salvou
un ladron, assi sa madre
outro de morte livrou.
E porend’ un gran miragre
vos direi d’ esta razon,
que feze santa Maria
d’ un mui malfeitor ladron
que Elbo por nom’avia;
mas sempr’ en ssa oraQon
a ela s’ acomendava
et aquelo Ile prestou.
Ciascuna di queste formole 1 b
ponimenti. 2
XLIII
Porque e santa Maria
leal e mui verdadeira,
poren muito 11’ avorrece
da paraula mentireira.
E porend’ un orne boo,
que en Darouca morava,
de ssa moller que avia
boa e que muit’ amava
non podia aver fillos;
e porende se queixava
muit’ end’ el; mais disse-11’ ela:
Eu vos porrei en carreira.
rappresentata da circa 90 com-
1 Nella formola Ä la Variante ...xE ricorre piii volte; rara all’incontro
nella formola B e la variagte ...xE.
2 E si puö fare questa osservazione, che il numero n’ e scarso in sul
principio e poi di mano in mano va crescendo. Nelle prime 150 Canz.
solo 14 sono del tipo A ed 8 del tipo B. Si vede adunque che col
crescere della materia vien meno al poeta o la lena o 1’ attitudine ad
usare molteplice varietä nella struttura delle strofe ed egli sempre piü
frequentemente si vale della medesima. E alcunclie di simile a quello
che io ehbi giä occasione di notare rispetto agli argomenti: in sul
principio il re poeta mette ampiamente a contribuzione il materiale
che, grazie ai numerosi incidenti ed alle situazioni draminatiche, s’ era
difluso in tutto 1’ occidente, poi, mancandogli questo, ricorre a tradizioni
locali o ad avvenimenti personali. Ne deriva che quanto piü andiamo
innanzi nell’opera, tanto minore si fa 1’interesse e dal lato dell’argo-
mento e da quello della forma. S’ aggiunga che il fin qui detto si rife-
risce alle prime nove canzoni d’ogni decina, che sono narrative; la
decima, ventesima, trentesima e cosi via sono inni lirici alla Vergine,
ed in questi si riseontrano sino alla fine le piü varie forme metriche.
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXX1II. Bd. 10. Abli. 3
34
X. Abhandlung: Mussafia.
Non di rado g? e a hanno Y accento sulla G il . Ne abbiarao
recato un esempio (IX”- delle feste di Maria); eccone altri due:
uno con a, V altro con a.
XLVII
Virgen santa Maria
guarda-nos, se te praz,
da gran sabedoria
que en o demo jaz.
LXXI
Se muito non amamos,
gran sandele fazemos,
4 Sennor que nos mostra
de como a loemos.
Ca eie noit’ e dia
punna de nos meter
per que faQamos erro,
porque a Deus perder
ajamo-,Io teu Fillo,
que quis por nös sofrer
na cruz paxon et morte,
que ouvessemos paz.
E porend’ un miragre
vos quero dizer ora
que fez santa Maria,
a que nunca demora
a buscar-nos carreiras
que non fiquemos fora
do reino de seu Fillo,
mais per que i entremos.
A prima vista b il dodecasillabo provenzale-francese o
alessandrino. Eppure, come bene notb il Diez, p. 41, non iden-
tico a questo, e quindi non derivato da esso, perciocche nel-
F alessandrino il primo emisticbio k ora maschile, ora femminile;
nelle nostre canzoni e sempre della stessa desinenza (femminile).
Come queste due canzoni e parecchie altre o composta la
decima delle feste di Maria cbe i codici scrivono in una linea
sola:
Beeita es, Maria, filla, madr’ e criada
de Deus teu padr’ e fillo; est’ d causa provada,
beeita foi a ora en que tu geerada ece.
Il Diez aveva giudicato nello stesso modo 1’ Estribillo
d’ una öanzone d’ Alfonso (XXIII), da lui citato sulla scorta
di Nie. Antonio:
Com Deus fiz vino d’ agua ant’ Archetriclino
ben assi poiB sa madre aerecentou o vino
senza perö avvertire che il 2° emist. del primo verso e quinario. 1
Il Lang, che aveva a sh dinanzi tutto il componimento, non
doveva ripetere tale asserzione. Anzi tutto i due versi suonano:
Como Deus fez vinno d’ agua ant’ Archetecrinno,
ben assi depois sa madr’ aerecentou o vinno.
1 Trovo nel mio esemplare la nota marg-inale [o] archetr. E correzione
del Maestro, o di aleun altro?
Süll’ antica metrica portogliese.
35
E la prima strofa:
D’ esto direi un miragre que fez en Bretanna
santa Maria por ua dona mui sen sanna,
en que muito bon costum’ e muita boa inanna
Deus posera que quis d’ ela seer seu vezinno.
Dove sono qui i clue senarii ? L’ accento interno e sulla settima..
Kfe mancano nella canzone versi altrimenti costruiti.
x ed a sono quinarii; in CCCXIX, canzone di cui gik
ho recato alcuni versi:
Ca tan muitas gragas
deu, et pi'adades,
a ela seu Pillo
que enfermidades
de muitas maneiras
toll’; e ben creades
que a quen a chama
non e vagarosa.
Secondo che si ammettano le osservazioni fatte piii sopra
rispetto a:
7 5 nen sabian que Ile
3 1 riba d’ Odian’ 4
8 r> a Terena, ca ja
o tutti gli sciolti sono femminili, o questi tre versi sono mäschili
e per conseguente con 1’ accento sulla sesta.
Non altrimenti nella Canz. XXXII, del pari qui addietro
citata, ove quasi sempre abbiamo a; 5 q 5 e solo in tre versi x G , dei
quali uno puö eliminarsi leggendo se-non e gli altri due, seguendo
la lezione dei codici di Toledo.
Con queste si confronti la IX' 1 , che i codici scrivono in
una linea sola:
En esta cidade que vos ei ja dita
ouv’ i ua dona de mui santa vida,
mui fazedor d’ algu’ e de todo mal quita,
rica e mui nobre e de ben eomprida.
E cosi per 119 versi; solo 1’ultimo suona:
e sobe lo altar a pos por emenda.
Quosto accoppiamento di due quinarii (uno sciolto, 1’ altro
rimato) arieggia il verso d ! arte mayor spagnuolo, il taratantara
3*
36
X. Abhandlung: Mussafia. Süll’antica metrica portoglieso
francese; se ne diversifica perö e per essere 1’ uscita del primo
emistichio quasi costantemente femminile, e piü ancora per ciö
che i pochi primi emistichii maschili non hanno 1’ accento sulla
quinta, ma sulla sesta. Ivi la metatonica (in ispagnuolo possono
essere due) non si computa e quindi nel 1° emistichio sede
d’ accento egnale e numero materiale di sillabe diverso; qui
tntte le sillabe si compntano e quindi numero di sillabe eguale
e sede d' accento diversa.
In altra gnisa si puö ottenere il medesimo risultato: con-
servando nel 1° emistichio maschile 1’ accento sulla quinta, e
facendo crescere di una sillaba il secondo emistichio. Quindi
1° em. fern. 1. 2. 3. 4. 5. 6 | 7. 8. 9. 10. 11. 12
1° „ tausch. 1. 2. 3. 4. 5. 6 | 7. 8. 9. 10. 11. 12
oppure 1. 2. 3. 4. 5 | 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12
Quest’ ultima formola troviamo nella Canz. LXXIX:
Porend’ un miragre vos direi fremoso
27 versi sono costruiti cosi; ma:
l 3 e de o öir ser-vos-& saboroso 1
10 1 santos, e poren seja de nos rogado
10 2 que nos aclie sen erro e sen pecado. 2
# ’■&
Mentre si stampava questo mio Studio, mi pervenne 1’ ultimo fascicolo
del 91. volume dell’ Archiv für das Studium der neueren Sprachen, ove
si legge una relazione di Adolfo Tobler sull’ edizione del Lang. Eispetto
alla questione principale 1’illustre romanologo fa un breve accenno, dal
quäle credo poter rilevare che suppergiü egli conviene meco nel modo di
spiegare 1’ apparente infrazione della regola concernente la desinenza dei
versi di eguale postura nelle singole strofe. Anche su alcuni altri punti
egli espone opinioni, che o interamente o in parte s’aceordano con le mie.
Tale coincidenza come reca a me viva sodisfazione, cosi giovera, spero,
a far piu facilmente accettare risultamenti, ai quali due studiosi, ognuno da
se, sono pervenuti.
1 Questo verso si potrebbe anche ricondurre all’ altra forma, scandendo
ser | vos.
5 II codice di Toledo introduce il solito metro, leggendo:
que nos aclie quitos d’ err’ e de pecado.
XI. Abli.: v. Schroeder. Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek etc.
l
XI.
Zwei neuerworbene Handschriften der k. k. Hof
bibliothek in Wien mit Fragmenten des Käthaka.
Von
L. v. Schroeder,
Professor an der k. k. Universität in Innsbruck.
(Mit zwei Tafeln.)
Oie k. k. Hofbibliothek in Wien hat zu Anfang des
Jahres 1895 durch Vermittlung des Herrn Dr. M. A. Stein in
Lahore eine grössere Collection von Sanskrit-Manuscripten er
worben , über welche einen Gesammtbericht zu liefern Herr
Dr. Stein sich Vorbehalten hat. Die beiden ersten Nummern
dieser Sammlung (Nr. 1 auf altem kaschmirischen Papier, Nr. 2
auf Bhürjablättern geschrieben) enthalten eine nicht unbe
deutende Anzahl von Fragmenten des Käthaka und sind aus
diesem Grunde von Herrn Hofrath Dr. W. v. Hartei bereits
vor mehreren Monaten gütigst mir überwiesen und von mir
einer gründlichen Durcharbeitung unterzogen worden. Das
Interesse, welches diese beiden Handschriften verdienen, dürfte
eine Darstellung der hauptsächlichsten Resultate dieser Durch
arbeitung genügend rechtfertigen; ich bemerke dabei aber im
Voraus, dass ich mein Augenmerk hauptsächlich darauf ge
richtet habe, dasjenige mitzutheilen, was zur Kenntniss des so
wichtigen und alten Käthaka von Bedeutung ist, während ich
anderweitige Mittheilungen Herrn Dr. Stein’s Bericht, respective
späteren Bearbeitern überlasse.
Beschreibung (1er Handschrift W t .
Die erste und wichtigere der beiden in Rede stehenden
Handschriften, welche ich benenne, ist auf altem kasch-
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 11. Abh. 1
2
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
mirischen Papier mit Cäradä-Schrift 1 geschrieben, die Blätter
durchschnittlich c. 15X14 cm. gross. Es ist dies eigentlich
eine Zusammenstellung von neun, gesondert paginirten Manu-
scripten, von welchen das erste aber durch seinen bedeutenden
Umfang die anderen so weit übertrifft, dass ich dasselbe als die
eigentliche Handschrift einfach durch bezeichne, indem ich
es als das ■/.aP Spyr,') so zu nennende Manuscript fasse, während
die kleineren, demselben angeschlossenen Manuscripte als Zusatz-
manuscripte durch die beigefügten Buchstaben a, ß, y, S, e,
■r h 0 unterschieden werden. Die beiden letzten, Wj i\ und 0,
heben sich von den anderen Manuscripten durch helleres, etwas
rauheres Papier und wesentlich andere Handschrift ab; sie unter
scheiden sich auch, wie weiter unten näher beleuchtet werden
soll, hinsichtlich des Inhalts von denselben. Das Papier von
Wj und W x a—X, ist mehr gelblich, die Schrift, wenn auch nicht
durchweg die gleiche, so doch mehr conform. Das ganze Manu
script, namentlich aber der Anfang desselben, trägt deutliche
Spuren langjährigen Gebrauches. Die Blätter waren, als ich
das'Manuscript zur Bearbeitung erhielt, zum Theil in Unordnung
und machte die Ordnung derselben wegen der vielen selbst
ständigen Paginirungen einige Mühe. Hie und da fehlen einige
Blätter, doch sind die Lücken im Ganzen nicht sehr erheblich.
Die Gesammtzahl der Blätter beträgt 307, und zwar ver
theilen sich dieselben auf die einzelnen Th eile des Manuscriptes
in folgender Weise:
W l (v.ax’ £^oy_f,v)
W* «
W t ß
Wj y
W t s
W>*
w x ?
W,T,
Wj 0
124 Blätter
45
43
5
2
10
27
47
4
Summa 307 Blätter.
1 Bei den Anführungen aus dieser wie auch aus der anderen Hand
schrift habe ich natürlich durchweg £äradä in Devanägan umgesetzt.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbihliothek mit Fragmenten des Käthaka.
3
Dies Manuscript ist ein sogenanntes Rcaka mit vielen Stücken
aus dem Käthaka und RV, enthält aber auch viele Mantras,
welche weder aus dem Käthaka, noch aus dem RV, noch
einer der anderen Samhitäs stammen, zum Theil sich aber
z. B. im Täitt. Brähmana und Äranyaka nacliweisen lassen;
desgleichen Brähmana-Partien, welche ebenfalls nicht dem Kä
thaka (respective einer der anderen Samhitäs) entnommen sind,
sich aber zum Theil auch in dem zweiten der beiden hier
in Rede stehenden Mannscripte (W 2 ) und in dem Berliner
Manuscript Or. Fol. 1412 vorfinden; dieselben dürften wohl
aus einem bisher noch nicht aufgefundenen Katha-Brähmana
stammen, dessen Existenz man schon nach den bezüglichen
(in unserer Katlia-Samhitä nicht vorhandenen) Stücken des Täitt.
Brähmana und Äranyaka vermuthen musste, jetzt aber mit
grösserer Bestimmtheit annehmen darf. Dass übrigens auch ein
Qräutasütra der Katha-Qäkhä existirt hat, lässt sich mit ziem
licher Bestimmtheit aus den von Weber im Commentar zum
Kätiyasütra aufgefundenen und mir freundlich st zur Disposition
gestellten zahlreichen Citaten'schliessen, welche durch den Bei
satz Kathasütre (oder auch Käthake) näher charakterisirt sind.
Auch ein Dharmasütra der Kathas wird, wie Herr Hofrath
Bühler mich brieflich belehrt, noch in Werken des 14. Jahr
hunderts citirt. Ob diese Bücher der Katha-Schule, oder doch
ein Theil derselben, noch irgendwo in der Verborgenheit exi-
stiren, wird die Zukunft lehren. Ihre Auffindung würde für
die genauere Kenntniss der Katha-Schule und damit überhaupt
für die Kenntniss der vedischen Culturperiode von nicht ge
ringem Werthe sein.
Das Manuscript W x ist sehr sorgfältig und correct ge
schrieben und daher für die betreffenden Käthaka-Stücke von
bedeutendem kritischen Werthe. Vielfach habe ich die richtige
Lesart, die sich bisher nur allenfalls vermüthen liess, in diesem
Manuscript allein vorgefunden. Nähere Nachweise darüber wird
meine Ausgabe des Käthaka bringen.
Bei der nun folgenden Beschreibung des Inhalts dieser
Handschrift habe ich vor Allem die respectiven Käthaka-Theile
genauer behandelt, während ich von dem übrigen Inhalt nur
dasjenige hervorhebe, was mir einer besonderen Beachtung
werth schien.
1*
4
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
Ich bespreche zunächst W, zore’ ico/tfi.
Dies Manuscript umfasste ursprünglich 131 Fol., von denen
aber Fol. 1. 27—31. 36, im Ganzen also 7 Blätter fehlen, das
selbe umfasst gegenwärtig also 124 Fol.
Die ersten Blätter sind stark mitgenommen, nicht ganz
vollständig und ohne Zahlzeichen; Fol. 1 fehlt. Der Inhalt be
steht in Mantras, deren rothen Faden das Wort bildet.
Es sind Verse, welche meist mit Bst, B3TT u. s. w. be
ginnen und welche sich weder im Käth. noch im RV vorfinden:
auch Täitt. Br. und Ar. bieten nur einige solche Verse; da
gegen ist zu beachten, dass auch das Berliner Manuscript Or.
Fol. 1412 auf den ersten Blättern hauptsächlich ebensolche
Verse enthält, 1 wodurch, wie auch durch den weiteren Inhalt,
die nahe Verwandtschaft dieses Manuscriptes mit W, sich
kundgibt. Die einzelnen Abschnitte sind am Schluss jedes
mal bezeichnet als ^rf^BTgTB, BfBWBs£B (sic! ),
BfVBsTB, BtTBlBs^B, BTITBj^B^ und schliesslich heisst es
Fol. 8 B^ BBTtB II
Fol. 9“ beginnen die Stücke aus dem Käthaka, und zwar
enthält dieses Blatt Käth. 1, 1 und 2 vollständig, sowie den
Anfang von 1, 3 (alles ohne Accente, abgesehen von dem ver
einzelten echten Svarita in 'd4«df<v!). Fol. 10 “ wird Käth.
1, 3 zu Ende geführt und es folgt Käth. 7, 2, welches aber
auf 10 b abbricht bei dem Verse Bi^T BB BTVlVfB etc. (ex
clusive).
Es folgen die beiden Verse B BWBTfB l'.B etc. und
B BT Bl fBBTBPBI etc. aus Käth. 7, 12 mit der richtigen alten
Katha-Accentuation, wie sie das Berliner Manuscript Or. Fol.
1412 bietet. 2 Dann Käth. 11, 7 von Anfang (nur die ersten
1 Eine speciellere Vergleichung cler respectiven Verse ist mir jetzt nicht
möglich, da mir das Berliner Manuscript z. Z. nicht vorliegt und ich mir
nur im Allgemeinen das Vorhandensein solcher Verse angemerkt habe.
2 Im Berliner Manuscript Or. Fol. 1112 kommen zuerst Käth. 5, 5, 20 und
5, 5, 14, dann aber auch, wie hier, Käth. 1, 1—3; 7, 2 (Fragm.); 7, 12
(Fragm.); 11, 7; 15, 2 u. s. w. Man vergleiche im Uebrigen meine In
haltsangabe jenes Manuscriptes in der Zeitsehr. d. D. M. G., Bd. 49,
p. 151 f., woraus man die nahe Verwandtschaft der beiden Manuscripte
ersehen wird, die aber auch wiederum nicht identisch sind, wie schon
der Anfang zeigt.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothok mit Fragmenten des Käthaka.
5
Worte noch accentuirt). — Fol. 11 führt Käth. 11, 7 fort mit
Varianten, welche zu Chambers 40 stimmen, von D (dem Manu-
scripte des Dayäräm Jotsi) abweichen. Fol. 12 schliesst Käth.
11, 7 ab; es folgt Käth. 15, 2 von % ffT: FTWff bis zum
Ende des Capitels. Es folgt der Schluss von Käth. 16, 4, be
ginnend mit dem Verse firfr vr etc. Dann kommen ver
schiedene Verse aus Käth. 16, 14. 13 u. a. m.
Fol. 13“ bietet Käth. 1, 4 von Anfang bis ff WT fTfTf,
worauf die Formeln folgen füf «rf etc., der Vers
fff rUrafTff etc., die Formel fff ifv etc., dann kommt
Käfh. 35, 7 von f 'sfT an bis zum Ende des Capitels.
Fol. 14 und 15 bieten verschiedene Verse, die zum Theil
im Käth. vorhanden sind (an ganz verschiedenen Stellen), zum
Theil auch nicht.
Fol. 16“ bietet den Schluss von Käth. 40, 5, anfangend
mit dem Verse tifTf WT etc.; es folgen Verse aus
verschiedenen Capiteln des Käth., namentlich 16, 15.
Fol. 17 und 18 enthalten Verse aus ganz verschiedenen
Capiteln des Käth., zum Theil auch solche, die im Käth. fehlen.
Fol. 19 enthält Verse namentlich aus Käth. 13, 16 am
Schluss, beginnend mit TTfiTJTt ff^fT etc. bis zum Ende des
Capitels, in der Mitte etwa durch einige andere Verse unter
brochen.
Fol. 20 enthält Käth. 40, 11 von Anfang an, mit guten
Lesarten, die kritische Hilfe brachten.
Fol. 21 bringt Käth. 40, 11 zum Abschluss. Es folgt
auf 21 b ein Stück von Käth. 6, 9 (beginnend mit dem Verse
“FfVflVT etc.), — dann andere Verse.
Fol. 22—25 enthalten Verse aus verschiedenen Capiteln
des Käth., zum Theil auch solche, die im Käth. nicht vor
handen. Auf Fol. 25 a unten heisst es dann fff f fTTtTf II
Weiter auf Fol. 25. 26 verschiedene Mantras, die nicht aus
dem Käth. stammen.
Fol. 27—31 fehlen.
Fol. 32—35 verschiedene Mantras, bei deren Abschluss
es 35 a in der Mitte heisst ffTfiffUT II Es beginnt sodann
ein Brähmana-Stück, welches ich noch nicht nachweisen kann,
anfangend mit den Worten ff fVTf fT
6
XI. Abhandlung: v. Scliroeder.
etc. und auf Fol. 35 b unten schlicsscnd mit den
Worten TUUTT *T%rT II
Fol. 36 fehlt.
Fol. 37 a oben heisst es WTTTff II ~ ~
~ W W etc. Fol. 37—50
geht das fort, im Käth. nicht nachweisbar, und 50“ heisst es dann
I/ft (sic) ifrw W9R%T!r ^JTT'R’T II fw
ii ii w?tr f^ugra ii Auf den folgenden Blättern
mit verschiedenen Mantras, Sprüchen und Versen, finde ich
keine Stücke aus dem Käth., von vereinzelten Mantras ab
gesehen (so enthält Fol. 54 Einiges aus Käth. 38, 12; darauf
Mantras aus Käth. 18, 14 u. dgl. m.). Fol. 50 findet sich der
Vers Wit WT etc., der weder im Kätli. noch im RV,
wohl aber Täitt. Br. 2, 1, 11 vorkommt. Das Folgende stimmt
aber wieder nicht zu Täitt. Br.
Fol. 59 a heisst es cRT II Es folgen die Verse
*TPU etc. und Wt ^ffT etc., welche sich Käth.
35, 3 am Ende finden: das Weitere aber stimmt nicht. Auch
Fol. 60—63 enthalten nichts aus dem Käth. Erst
Fol. 64 a heisst es II und nun folgt Käth. 40, 14,
welches Fol. 65 zum Abschluss kommt. Dann heisst es
V5nfr fwam II II ^ WUf*T II Es folgt RV 1, 50,
welches Lied Fol. 66“ abschliesst. Weiter kommen Verse ver
schiedenen Ursprungs und dann RV 8, 88, welches Fol. 69 a
abschliesst. Dann Fol. 69 a heisst es II und es folgt
Käth. 7, 12 von Anfang, welches Capitel Fol. 70 b zum Ab
schluss kommt. Es heisst weiter *W etc. und darauf
kommt RV 4, 15. Dann heisst es wieder Fol. 71»
und es folgt Käth. 2, 15 von Anfang (Wt?l <^TT*TT etc.), welches
Capitel Fol. 73 b zum Abschluss kommt.
Fol. 74 a heisst es WRM II etc.
und darauf kommt RV 1, 154. 155. 156. 157, welch letzteres
Lied Fol. 76“ abschliesst. Darauf (Fol. 76 a ) heisst es wieder
■SpäjqT^r: II und es folgt Käth. 14, 10 von Anfang bis zu
Ende. Darauf W VUTV ^TTfT etc. und
endlich WT*m II Es folgt RV 10, 71; darauf Fol. 77»
unten heisst es wieder II und Fol. 78 a enthält dann
auch Käth. 14, 1 von Anfang bis zu Ende. Darauf heisst es
Fol. 78’’ unten II und bald darauf beginnt
Zwei Handschriften der k. k. Hofbihliothek mit Fragmenten des Kathaka.
7
RV 6, 61, welches Lied Fol. 79 b unten abschliesst, worauf es
wieder heisst 'RV VV: II und es folgt richtig Käth. 38,1, welches
Capitel Fol. 80 b abschliesst. Daran schliesst sich der Anfang
von Käth. 38, 2, welcher aber nur bis zum Abschluss der ein-
leitenden vier Verse fortgefülirt wird. Dann heisst es 'W •HRJ
HRTV I *VT?T I WTfT I RTRTfR-
VTn?T I WTfT I FtTfT I etc.
Fol. 81“ oben heisst es RV TTM'RT'Rr VJTW und 81 b oben
beginnt RV 7, 35, welches Lied Fol. 82 b abschliesst. Dann
Fol. 82 b in der Mitte heisst es wieder RV VVI II und mit dem
Verse V «ft etc. beginnt Käth. 13, 16, welches Ca
pitel Fol. 84“ zum Abschluss kommt. Dann heisst es Rt «HR
V%R7TV etc. und schliesslich. RV TTVWTVV ||
Fol. 85 a heisst es dann wieder RV VV1 II und es folgt
Kath. 10, 13 von Anfang, welches Capitel Fol. 86 abschliesst.
Darauf heisst es ■snfr LTf% RTRVVTVLTV VJTIT etc. und schliess
lich folgt RV 1, 43; nach dessen Beendigung heisst es dann
wieder RV Wl II und es folgt Käth. 9, 7, welches Capitel Fol. 87
^ n i »v/in »v »s
zu Ende gelangt. Darauf heisst es RT «HR R<TV etc. und es
folgt RV 10, 173. Dann heisst es Fol. 87 b unten wieder RV
VV: II und Fol. 88 a oben beginnt darnach Käth. 15, 8 und endet
88 b unten.
Fol. 89“ heisst es RV RVTRWTVR II RRVTTVRHVTV: etc.
Es folgt RV 1, 179, und dann heisst es 89 b wieder RV VV II,
worauf die zweite Hälfte von Käth. 10, 11 folgt, beginnend mit
den Worten fTfVVRTVVPRT Wfarft VTRT vfrRVTVcft fRVHVV
WRnVTlgTtfV etc. Fol. 90 kommt Kath. 10, 11 zum Abschluss.
Fol. 91 enthält zuerst RV 7, 54 (vTOWft FfrT VTVllL
RTT«T etc..); darauf RV 7, 55, und dann heisst es VTWTR-
fVVW WTRR II Es folgt RV 4, 57 (%V^T HfcT^TT VV etc.),
welches Lied Fol. 92 b zum Abschluss kommt. Dann heisst es
TffcT WTRR II Es folgt RV 5, 46, welches Lied
Fol. 93 b abschliesst. Dann heisst es WTRV II
Es folgt der Anfang von RV 10, 127, und dann heisst es Fol. 94
Ti'fR LTfVRR VHTRV II WtVHVTV «HR II etc. Es folgen RV 1,
59 und 60. Darauf
Fol. 95“, heisst es wieder RV VV: II und es folgt Käth. 2,
14, welches Capitel Fol. 96 zu Ende geht. Dann heisst es TR'
fRVRTT II II RT «HU RTfVRTV etc. Es folgt RV 8, 56, nach
Cs N
8
XL Abhandlung: v. Schroeder.
dessen Beendigung es Fol. 97 a wiederum heisst II Dar
auf kommt Käth. 11, 12 in der Mitte, beginnend mit dem Verse
etc. bis zum Schluss, woran sich Käth. 11,
18 anschliesst, welches Capitel Fol. 98 zu Ende geführt wird.
Darauf heisst es II II W «UtY (sic) II etc.
Es folgt RV 1, 24.
Fol. 100 a in der Mitte heisst es wieder ^Täj: II und es
folgt Käth. 11, 3 vom Anfang, welches Capitel Fol. 101 b zum
Abschluss gelangt. Dann heisst es II || W ^TTft
RTfTTV II Es folgt das Lied fJTTt *TTrTT ^fu: etc. (RV 5, 2),
welches Fol. 102 b unten zum Abschluss kommt.
Fol. 103“ oben heisst es wieder II und es folgt
Käth. 16, 21, welches Fol. 104 b zum Abschluss gelangt. Dann
heisst es VW?? II «Tlft II etc. Es folgen
RV 7, 99 und 100.
Fol. 106 " heisst es wieder ^1 II und es folgt Käth.
2, 8 von Anfang, welches Capitel Fol. 107 abschliesst, worauf
sogleich Käth. 2, 9 folgt, welches Fol. 108 abschliesst. Es folgt
Käth. 2, 10, welches Fol. 109 abschliesst; darauf Käth. 2, 11,
welches Fol. 110 abschliesst. Dasselbe Blatt enthält noch Käth.
2, 12 vollständig und beginnt 2, 13, welches Capitel Fol. 111
endet. Dann heisst es || \\ •TUl
etc. Es folgen RV 4, 49 und 50." ^
Fol. 112 heisst es wieder II und cs folgt Käth.
9, 19 von Anfang, welches Capitel Fol. 114 zum Abschluss
kommt, Dann heisst es ^fTT || || ^Sü «Tjff (sic)
etc. Es folgt RV. 7, 95.
Fol. 115" heisst es wieder if^T: II und es folgt Käth.
2,5 von Anfang, welches Capitel Fol. 116 abschliesst. Dann
heisst es jf* II (sic) II etc. Es folgt
RV 3, 38.
Fol. 117" unten UW II Es folgt Käth. 6, 1, welches
Capitel Fol. 118 zu Ende geht. Dann heisst es ^f<T II
II %ff TTf% etc. Es folgt RV 2, 23, welches Fol. 120 ab
schliesst. Dann heisst es wieder ^TST II und es folgt Kätli.
12, 13, welches Capitel Fol. 122 abschliesst. Dann heisst es
Tf* || Wf ^tT% (sic). Es folgen RV 10,
136 und 137, welch letzteres Lied Fol. 123" abschliesst. Dann
Fol. 123" in der Mitte heisst es UW WW: II und es folgt Käth.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Kathaka.
9
17, 17, welche 8 Capitel Fol. 124 endet. Darauf heisst es
*F3^n*W* II II W ll Es folgen RV 1, 18 und
19, welch letzteres Lied Fol. 125 b abschliesst. Dann heisst es
VTOTO ll ^T^T- ll und es folgt Käth. 17, 1, welches
Capitel Fol. 126 b abschliesst. Dann heisst es wieder
WTOTO II W TO*3TO II Es folgen RV 1, 170 und 171,
welch letzteres Lied Fol. 127 b unten abschliesst.
Fol. 128 a oben TO TO II Es folgt Käth. 11, 9, welches
Capitel Fol. 129 a abschliesst. Dann heisst es TO^
WRTOffffTr II II II und nun folgt Käth. 6, 2 mit
der alterthümlichen Accentuation (W vf'^^TrT V TTTlT^rT etc.).
Dies Capitel kommt Fol. 130 b zum Abschluss, und dann heisst
es Vfft II II Es folgt nur noch mit
anderer Hand und klein geschrieben ein Zusatz, RV 1, 32,
welches Lied Fol. 131 31 unten zum Abschluss kommt. Dann
heisst es nur noch II und damit ist das
Hauptmanuscript Wj abgeschlossen. Die letzte Seite ist un
beschrieben.
Wi «, das erste Zusatz-Manuscript hat ursprünglich 47 Fol.
enthalten, es fehlen aber Fol. 39 und 40, so dass es jetzt im
Ganzen 45 Fol. sind.
Fol. 1 beginnt mit W *W II W TOT VHTO-
TffTSf II II TO WTVJT II und nach einigen einleitenden Versen
beginnt das Purushasükta, RV 10, 90, welches Fol. 2 b abschliesst.
Dann heisst es ?frT TftTOT# TWTHR) II II W TO TJ#-
«TTTTTOr jjTOTTTTO II und es folgt nun noch einmal RV 10, 90
(nur der Schlussvers weggelassen). 3 Darauf Fol. 3 b der Vers
%?TfTO UTO 3TfT*tT?TTf^TO'fr5frTO: ’TWTöT I TOtfW TOTfH
fTOW ’fcftvt ^HTTfV I! (cf. unten W t Q. Dieser
Vers findet sich weder im Käth., noch im RV, dafür aber
Täitt. Ar. 3, 12, 7, und es beginnt damit eine Reihe bemerkens-
werther Berührungen des vorliegenden Werkes mit Täitt. Ar.,
welche die directe Angabe der indischen Tradition, nach der
das Täitt. Ar. und Br. Stücke enthalten, welche von dem
1 Dies Blatt trägt übrigens kein Zahlzeichen.
2 Man beachte, dass auch sowohl das Berliner Manuscript Or. Fol. 1412,
wie auch der Cod. Stein das Purusbalied zweimal bieten.
10
XI. Abhandlung: v. Scliroeder.
Weisen Katha stammen, d. h. der Katha-Schule entlehnt sind,
durchaus zu rechtfertigen geeignet sind. Es erschien dies bis
her zweifelhaft, weil die betreffenden Partien in unsrem Ka-
thaka, d. i. der Katha-Samhita, nicht vorhanden sind, wir werden
jetzt aber annehmen dürfen, dass jene Angabe richtig ist, dass
nur dort nicht die Katha-Samhita, sondern ein bisher noch
nicht aufgefundenes Katha-Brähmaua als Quelle zu vermuthen
ist, auf dessen Vorhandensein noch manche in der Katha-
Samhita nicht auffindbare Brähmana-Partien in W x und 2 wie
im Berliner Manuscript Or. Fol. 1412 deuten. 1 Es folgt der Vers
’fcJT'fTT etc., welcher ebenfalls weder im Kath.,
noch im RV, wohl aber Täitt. Ar. 3, 12, 7 vorkommt. Darauf
Fol. 4 a der Schlussvers von RV 10, 90, der aber auch Taitt. Är.
3, 12, 7 erscheint. Es folgt der Vers VRrO etc., der Kath.
39, 3, aber auch Taitt. Är. 3, 13 und 10, 1, 3 vorkommt.
Dann heisst es Xfä II II
m WRfrTWffff etc. ein
Vers, der weder im Kath., noch im RV, wohl aber Taitt. Är.
3, 13, 1 erscheint. Es folgt RVK
UDi I rTffcf e tc. (weder im Kath., noch im RV vorhanden, wohl
aber Taitt. Är. 3, 13, 1!); es folgt '«ft WrPlfH etc. (weder
im Kath., noch im RV vorhanden, wohl aber Taitt. Ar. 3, 13, 2);
folgt etc. (weder im Kath., noch im RV,
noch in Taitt. Är. oder Br.); folgt etc. (weder
im Kath., noch im RV, aber Taitt. Är. 10, 1,2); darauf
f*TfRT etc. (weder im Kath., noch im RV, wohl aber
Täitt. Är. 10, l, 2); nrraT etc. (weder im Kath.,
noch im RV, aber Taitt. Är. 10, 1, 2); etc. (weder
im Kath., noch im RV, aber Taitt. Är. 10, 1, 2); »T
fuufu etc. (weder im Kath., noch im RV, aber Täitt. Är.
10, 1, 3); Fol. 5 ^ ^T° etc. (RV 10, 190, 1, aber auch
Täitt. Är. 10, 1, 13; im Kath. nicht vorhanden);
etc. (RV 10, 190, 2; aber auch Täitt. Är. 10, 1, 14; im
Käth. nicht vorhanden); ^xp^wt ^TUT etc. (RV 10, 190, 3;
1 Eine nähere Untersuchung der Beziehung, in welcher W, und die an
deren, verwandten Rcakas zu Täitt. Ar. und Br. stehen, muss ich mir
für eine andere Gelegenheit Vorbehalten; desgleichen die speciellere Be
handlung der in diesen Rcakas aufgefundenen, sonst noch nicht nach
weisbaren Brähmana-Partien.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliotkek mit Fragmenten des Kätkaka.
11
aber auch Täitt. Ar. 10, 1, 14; im Käth. nicht vorhanden);
etc. (Käth. 39, 3, aber auch Taitt. Är. 3, 13;
10, 1, 3). Die Beziehung zu Taitt. Är. 3, 12, 7; 3, 13, 1 und 2;
10, 1, 2 und 3; 10, 1, 13 und 14 dürfte ausreichend klar sein.
Es folgt das Hiranyagarbhalied RV 10, 121, aber in der
Fassung und mit den Varianten des Käth. (40, 1) und der
Mäitr. S. (2, 13, 23); auch mit dem Schlussvers VIT VI JT5TT
WVR etc. Das schliesst auf Fol. 6 a ab. Darauf folgt der
Vers VWrTOV etc. (weder im RV, noch im Käth. vorhanden,
aber Taitt. Är. 10, 1, 3); dann IT cTsfT%^T<T etc. (weder im RV,
noch im Käth., aber Taitt. Är. 10, 1, 3). Es folgen mehrere
Verse, die weder im Käth., noch im RV, noch in der Täitt.
Cäkhä vorhanden sind; darauf RV 1, 18, 6, welcher Vers auch
Täitt. Är. 10, 14, nicht aber im Käth. vorhanden ist ('ü^flVT-
ffrfT^TrT etc.). Darauf der Vers V VVt etc. (weder
im Käth., noch im RV, noch in der Täitt. Qäkhä), und dann
heisst es IIIIII VIV II
Der nun folgende Abschnitt schliesst Fol. 8 b mit den Worten
Vf<T II (der letzte Vers des Abschnittes war
RV 6, 2, 11 = 6, 14, 6; die vorausgehenden Verse aber ge
hören keinem dieser beiden Lieder an, finden sich auch weder
sonst im RV, noch im Käth., noch in der Täitt. Qäkhä). Der
folgende Abschnitt beginnt mit VfT«m VW II
ffW VVVTWVTVT 0 etc. W-TfVt VrfVTVTC etc. (Verse, die
ich weder im RV, noch Käth., noch in der Täitt. Cäkhä finde).
Dann heisst es Fol. 9“ unten || Es folgt Fol. 9 b
Käth. 13, 6 (WfVVTWteVJTfW^ifvT 0 ' etc,). Dies Capitel
schliesst Fol. 11 a oben ab, und dann heisst es
STTW II (sic!). Es folgen, beginnend mit TV VfVV VVRVT etc.
vier zusammengehörige Verse aus Käth. 36, 15. Dann heisst
es VfR II (sic!). Es folgt 7mal der Vo-
cativ fVV und'darauf VIT wf^TVTV II %T FTVTWWmvit
fvvv etc. Darauf verschiedene Mantras, von denen nur Einiges
im Käth. vorhanden.
Fol. 12 11 finden wir 3mal den Eingangsvers von Käth.
17, 11 (rffVWV fVW? etc.); darauf Plf ^VTVT etc., und
Fol. 12 b folgt das Weitere von Käth. 17, 11 «WVT VV' etc.
Fol. 13 führt Käth. 17, 11 zu Ende; es folgt Käth. 17, 12,
welches Capitel Fol. 14 abschliesst; folgt Käth. 17, 13, welches
12
XI. Abhandlung: v. Schrooder.
Fol. 15 abscliliesst; folgt Käth. 17, 14, welches Fol. 16 ab-
schliesst; folgt Käth. 17, 15, welches Fol. 17 abscliliesst; folgt
Käth. 17, 16, welches Fol. 18 abschliesst.
Fol. 19“ oben heisst es tfu ii %t
UfSpTTO II %T 'fUT ^"RT cRT% etc. (Käth. 17, 16);
mY ^Yu uY etc. (Käth. 40, 11) u. s. w. Mantras ver
schiedenen Ursprunges.
Fol. 23 a heisst es dann
%T MU: ßpTRT II %T ■^miT'RT ^*WY etc. Käth. 18, 5 von
Anfang, welches Capitel Fol. 24 abschliesst. Es folgen Käth.
18, 6 und 7 vollständig. Fol. 25 bietet Käth. 18, 8 und
9 vollständig und den Anfang von 18, 10, welches Capitel
Fol. 26 abschliesst; es folgt 18, 11 vollständig und der An
fang von 18, 12, welches Fol. 27 abschliesst. Es folgt noch
18, 13 vollständig, und dann heisst es UUTRU II
«Tuf^RTRT II Es folgt Käth. 11, 5 von Anfang (UYUTFT'^" VV
1%%UcT etc.), welches Capitel Fol. 29 zu Ende geführt wird.
Dann heisst es €tUTTY^ 1TW UUTFW Sl II II II %T
^mTTJRTRT || %f ^Y^TT etc. Damit beginnt Käth. 21, 5
(und zwar mit Accentuation!). Fol. 30 kommt Käth. 21, 5 zum
Abschluss und es folgt Käth. 21, 6 (ebenfalls mit Accenten).
Dies Capitel geht bis Fol. 32“ fort, wo es abschliesst. Dann
heisst es weiter ^frT WIHU II
Fol. 32 b —36 b erstreckt sich das grosse Lied RV 1, 164
(vollständig gegeben).
Fol. 36 b —38“ Käth. 9, 18 (ohne Accente). Es folgt Fol. 38
RV 10, 125 (vollständig); dann RV 1, 196, welches Lied im
dritten Verse abbricht, da Fol. 39 und 40 fehlen.
Fol. 41 il kommt ein Abschnitt zum Abschluss, der als
l 'iäfA'ftr bezeichnet ist. Da namentlich die später (Fol.
46. 47) gegebenen von Interesse sind, setze ich
auch den hier erhaltenen Rest der her. Derselbe lautet:
JTärrcrra qfcFrftN sfUfYu:
^IfTUT ^WUTU^Y'gTUffUT YT-
U*TT%TJ trgfYrfT trifT WltlT (sic) uYu URfYufU
f^^uf^^TrTTrfY ^epjfYcfiTfU«R^m II ^TW-
||
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Käthaka.
13
Es folgen Verse, welche wiederum wegen der Berührung
mit der Täitt. Qäkhä, vor Allem mit TÄr. von besonderem
Interesse sind. 1
R\RT RRTRTRRRfTH I etc.
(weder im Käth., noch im RV vorhanden, aber TAr. 2, 3, 1.
7, 3; TBr. 2, 4, 4, 8; 3, 7, 12). Dann ÜTRT etc.
(weder im Käth., noch im RV vorhanden; aber TAr. 2, 3, 2;
TBr. 3, 7, 12, 1); RiRR ^TcfTRfRTt etc. (weder im Käth., noch
im RV, aber TÄr. 2, 3, 3; TBr. 3, 7, 12, 2); T^TVi fiTRTRWT
*Nrr etc. (weder im Käth., noch im RV vorhanden; dagegen
TAr. 2, 3, 4); etc. (weder im Käth., noch im RV;
dagegen TÄr. 2, 3; TBr. 3, 7, 12, 2); vfwtJp! etc.
(TÄr. 2, 6, 8; TBr. 3, 7, 12, 4; allerdings auch Käth. 9, 6; TS
1, 8, 5, 3; aber nicht im RV); VR fwT R?rNtr etc. (TÄr.
2, 3; weder im Käth., noch im RV vorhanden); etc.
(TÄr. 2, 3; TS 3, 3, 8, 1; weder im Käth., noch im RV);
etc. (TÄr. 2, 4, 1; 7, 3; weder im Käth., noch
im RV).
Fol. 42 etc. (TÄr. 2, 4; TBr. 3, 7, 12, 3;
weder im Käth., noch im RV); VT^*[<T etc. (TAr. 2,
4, 3; weder im Käth., noch im RV); RTR % %VT RRVT etc.
(TÄr. 2, 4, 4; allerdings auch TBr. und TS öfters, Käth. 40, 11;
RV 1, 24, 14); VVhT etc. (TAr. 2, 4, 4; im Käth., TS
und TBr. öfters; RV 1, 24, 15); V 3 * ^ RRW Wl etc. (TÄr.
2, 4, 4; 4, 20, 3; auch Käth., TS, TBr., RV 1,125, 19); cHRT-
etc. (TÄr. 2, 4; 4, 20, 3; auch im Käth., TS und TBr.
öfters); Wt ^ etc. (TÄr. 2, 4, 4; 4, 20, 3; auch Käth.,
TS, TBr.); fRRTCJSGt etc. (TÄr. 2, 4, 5; weder im
Käth., noch im RV, noch in TBr. oder TS); etc.
(TÄr. 2, 4, 6; weder im RV, noch im Käth., noch TBr. oder
TS); etc. (TÄr. 2, 4, 7; im RV, Käth., TS,
TBr. nicht vorhanden); V R^VT RRRT etc. (TÄr. 2, 4, 8; auch
im Käth., und TS); RKR% fR^Rl etc. (TÄr. 2, 5; 7, 3; auch
TS 2mal; im Käth. und RV nicht vorhanden); fTTSTR etc.
(TÄr. 2, 5, 3; TBr. 2, 7, 7, 5; TS 2, 3, 10, 3; im Käth. öfters;
im RV nicht vorhanden).
1 Vgl. auch unten W 2 Pol. 266—268 derselbe Text.
14
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
Fol. 43: WM WTMfR tfRM WT etc. (RV 9, 66, 19; häufig
im Kath., in der Täitt. C. u. s. w., speciell aber auch TÄr. 2,
5, 4 vorhanden); WftTffifT TRMT«r etc. (stimmt offen
bar zu TAr. 2, 5, 6 etc. Es ist RV 9, 66,
20 = W t a; im Kath., TS, TBr. nicht vorhanden); WTMT-
MTWgT «6 etc. (TAr. 2, 5, 7; auch Kath. 17, 6; 21, 2; TS; da
gegen im RV nicht vorhanden); M^MT WTrTTMniTgrT etc. (TAr.
2, 5, 8; auch Kath. 17, 6; TS 2mal; im RV nicht vor
handen); wv *fr «fr tfM<ft wr w«fr etc. (stimmt offenbar
zu TÄr. 2, 5, 9 MÄ «TT sfMHl M«T: etc.; auch TBr. 2,4, 1,1;
im Kath. und RV nicht vorhanden); 4(M '«ft «ft ifMgTMtfiT etc.
(— gTMfrT etc. TAr. 2, 5, 10; auch TBr. 2mal; im Kath.
und RV nicht vorhanden); Rt MWPTgTRffT etc. (TAr. 2, 5, 11;
auch TBr. 3, 7, 6, 23; im RV, Kath., TS nicht vorhanden);
ÜflTcT % sTW etc. (TÄr. 2, 5, 15; TS 4,1,10, 3; 5,1,10, 2; Kath.
16, 17; im RV nicht vorhanden); MW etc. (TAr. 2, 5, 16;
TS 4, 1, 10, 3; 5, 1, 10, 2; Kath. 16, 7; 19, 10; im RV und TBr.
nicht vorhanden); KM*!«!: etc. (TÄr. 2, 5, 17; im RV,
Kath., TS und TBr. nicht vorhanden). Darauf heisst es MTMTM-
MTlpTMT II und damit hat dieser Abschnitt ein Ende. Man
ersieht aus der obigen Uebersicht leicht, dass die Berührungen
des Textes mit allen anderen Texten nur gelegentliche sind,
dass aber mit TAr. eine fortlaufende Berührung vorliegt.
Es folgt der Vers %MTMRWMT MMM I
WfMMT etc., der Anfangsvers von Kath. 38, 5. Ausser diesem
werden noch die folgenden zwei Verse des Anfanges von Kath.
38, 5 gegeben: Mfe fgWT «TW etc. und Fol. 44“
MTMWfg; etc. Dann aber heisst es FTRfVMTf«! MMT«rfrMTf«T
IRMflRMMY: II Mg; WWfM: WWRTM etc. Der Anfang von Kath.
35, 1 (das Präyagcitti-Capitel). Es folgen die drei Kath. 35, 1
folgenden Verse, und dann heisst es RRI MftfWWMT TTRURMf
II Es folgt ein Stück von Kath. 38, 2 von M«T«TT MT
fUTTVWt«MTM: etc. bis M«Trft etc. (inch). Dann heisst
es Fol. 45“ MWWY Wrf«TV?T>M II MMMTMf^f^M etc. (in RV,
Kath., TBr., TS nicht vorhanden, dagegen TÄr. 1, 30!); II RMf
"Vri: ufMWTR etc. (in RV, Kath., TS und Br. nicht vorhanden,
dagegen TAr. 1, 30, 1); OT TTO RfMMY etc. (in RV,
Kath., TS und Br. nicht vorhanden, dagegen TAr. 1, 30, 1).
Also wiederum ein Stück, das zu TÄr. stimmt.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbihliothek mit Fragmenten des Käthaka.
15
Dann heisst es dTdT dt TfddT ddTdrT: II TY dTdd
dd^T^T dTd etc. ein mehrfach auch sonst vorkommendes Stück
d »v
(Verse) aus Käth. 36 ? 15 bis zu dem Verse etc.
(inch). Dann heisst es ffW^W't 3^ WdTd II ffTTdddTT^-
^Jr: dTddiT: etc. (TBr. 2, 8, 9, 3; TS 5, 6, 1; im RY, Käth.
TAr. nicht vorhanden); dTTTT l^dT f^fd üddfdT etc. (TS 5, 6,
1, 1; im RV, Käth., TBr. und Är. nicht vorhanden); dTTTT
TT5TT dWt etc. (RV 7, 49, 3; TS 5, 6, 1, 1; im Käth. nicht
vorhanden).
Fol. 46 und 47 enthalten die didTTdg'TTüdT:, welche ich
Os 7 /v
hier wegen ihrer merkwürdigen Berührung mit TAr. voll
ständig aufführen will, indem ich zugleich noch die letzten
Zeilen des vorausgehenden Abschnittes mittheile.
dfdd »dt: (sic) dTdd Yd: ddtd Yd: ( s i c ) vd: w-
drfd Yd: djUFrfd«fT Yd: II YtK YYftd: I! YIYTcYdT II Yfd YT dT-
TdfY fVTYWYd II YTY <d dTvdT Ydfi WT'«Yl%fdTfY fdtfdr
fWT I dd ddt YYYT V Ydf dYT rftdiTY YYYTY t TT. 1 II
YYTYYtVY dYiV dTdpcf: dTlTfdYdlWFT YdcdWTfY dYTfW
Y^TYYtd Y II YYTYT1Y dfYY^YTdt V$t ddT dlfft ^YYTd
TT YYPdWTYTdW dd^ TT VT d^Y =[fTVT^dSTTY 2 II VYTVT:
dTddT VI dfYY^rdfTdfdVTY dTTd I YVTVTVViYdT YTVdTVT
VYYVt VTd VTddTfd 3 II Yd d TWY f^fd TddYt YTd VTT% I
df TdVT?T Y^rTWä^Ydi dtdVd 1 II fdfdft*Y dftdiPSrfd VVTVJ-
^fd YVdid | YTVfTd dYTcft V^dTdbddt YVWrV 5 II TT dYT-
V» M \
YYTfVYliTfV fd^TYTYTdfd: dddVT YSVdT I YdTTfd^WTTT:
dVYTT^f^WYT^dVdVTYd 13 II VVVTVTdYY TTYTTfdT ddT YtT
fd^ddTdVYdV I YY-’Ydi ^d: dd^^TdK^fdidTW VTV YdTTf 7 1|
YTTddTdVdYddT ddTY d^TdYVt dVY I dV dfrfVd
1 RV 1, 189, 2; TS 1, 1, 14, 4; TBr. 2, 8, 2, 5; TAr. 10, 2, 1; im Käth.
nicht vorhanden.
2 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; dagegen TAr. 2, 6. 1. 7, 3.
3 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; dagegen TAr. 2, 6, 2.
4 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; dagegen TAr. 2, 6, 3.
5 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; aber TAr. 2, 6, 4.
6 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; aber TÄr. 2, 6, 5.
7 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; aber TÄr. 2, 6, 6.
16
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
11 uftpffrnT
3IT ^frTrft JTTrTt =FT f^fffUTT I ^f^JTT WT5^R ^fYWPaw(!)
^^MftTriT ^nf®r w*rr' J ii ^rrrafr-
^fmrwr ’t: i ^rrö: ftcrr WTf*mwHTRUf? | reft-
^fiDT (sic) 3 II ^RT TJ^T^WrfT *RRT föfTO rRT ^TR I
^r^TWT ^T%Tf<TT?^5f Wt% TR W*T fq?ft ^ tR*C 4 II *T^W*T-
SSpfifa ^TWU öfT wf^R I iq^RRt ^WUTJft
fäsw ufTranfTf rRrr^rur ^frr 5 11
^WT fw* ^TRÄ ffWPH TORRf^R I ^RRT ^TRl
föw TfffT^^fTfTrf^Jr! ct^ftt^^ttt g^tu 6 11 ^rfq: ift-
*nrrcfiu tflrft ^r 11 ir: staut ur: ^ftcft ur I *ta: jftaut
\3 \» V» V» CS
*5: iftcfr ^ I WWT 3ft^cft 5ffTT Tflrrfr ^ I WTOf?T: TftarTT TT^TT-
ufu: Trefft ur 1 Trta^t 3&wta: 'sftcrrw^rT 11 upfrri^r-
^CmTrUTUT^fai: W*?t Uf%W II ^frT UTOTT^U^reRTWf: 7 II
^ ^ <2- ^ Cs Os
ii hm ii
V»
Die Uebereinstimmung dieses Abschnittes mit TÄr. 2, 6,
wie oben diejenige mit TÄr. 2, 3—5 dürfte hinlänglich klar sein
und wird die indische Tradition, welche die beiden ersten
-s '
Bücher des TAr. dem Weisen Katha zusclireibt ; dadurch auf
bemerkenswerthe Weise bestätigt (s. Webers Indische Literatur
geschichte, 2. Auf!., p. 101. 102). 8
Es folgen nur noch einige spätere Zusätze von anderer
Hand und damit ist W, a abgeschlossen.
W, ß umfasste ursprünglich 46 Blätter; davon fehlen
Fol. 23—25; es sind also gegenwärtig nur 43 Blätter.
1 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; aber TÄr. 2, 6, 7.
2 TAr. 2, 6, 8; im RV nicht vorhanden; Käth. 9, 6 und 7 und TS mit Va
rianten; TBr. 3, 7, 12, 4.
3 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; aber TÄr. 2, 6, 9.
4 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; aber TÄr. 2, 6, 10.
5 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; aber TÄr. 2, 6, 11.
6 Weder im RV, noch im Käth. vorhanden; aber TÄr. 2, 6, 12.
7 Vgl. oben das Fragment der und unten W t e Fol. 6 u. 7
das UiTUT 03 WT^TTT
8 Vgl. noch die TÄr. 2, 7, 1. 8, 1. VS 20, 14 f.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Käthaka.
17
Fol. 1—15 enthalten das ganze Sthänaka 35 des Käth.
(35, 1—20), d. i. das Präyaccittisthänaka, welches gerade auch
die alte, von mir bereits im Jahre 1891 in der Zeitschr. d. D.
M. Gr. besprochene Wiener Bhürja-Handschrift bietet. Zu be
merken ist dabei nur, dass die ersten fünf Verse zu Anfang
dieses Abschnittes blos mit den Anfangsworten gegeben sind,
während sie im Texte, des Käth. vollständig ausgeführt sind.
Nähere Ausweise über die Lesarten u. dgl. wird für diese wie
für die übrigen Käthaka-Partien meine Ausgabe bringen.
Fol. 15 a schliesst Käth. 35, 20 ab, und dann heisst es
FTFfFfWTFF II II FFTF FIFfFfWIFF II II FJwr-
fFFFF ff: II %FF II ll FTFTLt^ ii ff ff^ftff ii
II FT FfFfWFF FTfFFT etc. Der Anfang von Käth. 18, 1,
welches Capitel Fol. 16 abschliesst. Es beginnt Käth. 18, 2,
welches Fol. 17 abschliesst; folgt Käth. 18, 4, welches Capitel
Fol. 19 abschliesst. Die betreffenden Abschnitte waren am
Schluss immer durch die entsprechende Zahl (1—4) richtig be
zeichnet. Nun heisst es weiter FrT FPTfwsiTFt I 4 I FFFtfF I
$ I FTFF I 'S I FF F I c I W F I Q. I mFT F MO I
F M4I fFFfFF I 44. I FTFF 43 (Fehler für FTFFT). Es sind
dies die Anfangsworte der Capitel Käth. 18, 5 — 13. Damit ist
Fol. 19 abgeschlossen.
Auf Fol. 20 folgen nun aber nicht die Anfangsworte von
Käth. 18, 14—21, sondern es heisst FF FTFpHFT II FT FT FT
VTFTFF^V^f etc. (RV 4, 3, 1) II tlTTFTF II F^FTF
FFTFF etc. (RV 7, 102, 1) II FT FFFTfFF etc. (RV 1, 23, 11)
II FFFTF II FTFTVfF^: etc. (RV 6, 47, 11) II sf^TF II FT FF?
Ft f^WTF etc. (RV 1, 158, 1) u. s. w. Mantras, die wesent
lich aus dem RV stammen, mit dem Käth. keine ersichtliche
Beziehung haben. Das geht Fol. 20—22 fort.
Fol. 23—25 fehlen.
Fol. 26 bietet zuerst die Schlussverse von RV 3, 38,
worauf es heisst Fä * F^FTFFTJFyifF II Es folgt das Lied
RV 10, 129 vollständig (FTF^TF^H etc.).
Fol. 27 enthält RV 10, 130 vollständig. Darauf heisst es
wieder TfF FJTF^FFFTFFiF II Es folgt RV 10, 135, welches
Lied Fol. 28 abschliesst. Dann heisst es Vfff FTTF^FFFFF II
Folgt RV 5, 33, welches Fol. 29 abschliesst. Wieder heisst es
dann ^f<T FJTF^FFFTFFF « dann aber FF FFF^: II Es
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 11. Abb. 2
18
XI. Abhandlung: v. Scliroeder.
n Anfang bis zu Ende. Dann heisst es Tf*
II Es folgt Käth. 39, 4, welches Fol. 30 ah-
schliesst. Dann lieisst es ^ffl II Folgt Kätli.
5, 5, welches Fol. 31 abschliesst. Dann heisst es
II Folgt RV 10, 18, welches Lied Fol. 32 zum Ab
schluss kommt. Dann heisst es ^f<T II Folgt
Käth. 9, 12, welches Capitel Fol. 33 fortgeht und Fol. 34
abschliesst. Dann heisst es II Darauf be
ginnt Käth. 38, 12, welches Capitel Fol. 35 fortgeht und Fol. 36
abschliesst. Dann heisst es wieder II
fUU«!: II und nun beginnt RV 10, 15. Dieses Lied schliesst
Fol. 37 ab. Darauf heisst es fUUUWJT II Folgt RV 10, 16,
welches Lied Fol. 38 abschliesst. Dann heisst es
farrcram ii
d Cs x
Fol. 39 enthält RV 10, 57. Dann heisst es wieder
II *T^r: II Es folgt Käth. 21, 14, welches
Capitel Fol. 40 abschliesst. Dann heisst es ^I<jnf^fiTrTUW*T II
Fol. 41 beginnt Käth. 9, 16 mit Accenten, welche aber
nicht vollständig durchgeführt sind.
Fol. 42 setzt Käth. 9, 16 fort, bricht aber ab vor den Worten
*fr wTwwt etc. Dann heisst es II
wrfäwT% i %f ^Ir: fachet
Wtfa f^7TTVT% SSJrf: etc., ein Brähmana-Stück, mitten heraus
aus Käth. 10, 7 (nur der Anfang accentuirt). Das Stück schliesst
Fol. 43 11 mit den Worten %*pqfafarRTTftfa ^ Tp* fa^DTcTOT
II VfU II II
Fol. 43—45 a folgt eine Brähmapa-Partie, welche ich noch
nicht nachweisen kann. Dieselbe beginnt % facIT"
^ITg fqrtT^ etc. und
schliesst
II II Tfa II
Dass dieses Brähmana-Stück nicht aus dem Käth. stammen
kann, trotz der Bezeichnung als wf^fUUsn^li!?!, ersieht man
schon daraus, dass die einzige Stelle des Käth., wo der Vers
vorkommt, nicht zum Obigen stimmt. Man
wird vermuthen dürfen, dass auch dieses Stück aus dem voraus
zusetzenden Katha-Brähmana entnommen ist.
Fol. 45 beginnt ein neuer Abschnitt, der Fol. 46 endet
und den ich wegen mehrfacher Beziehungen zum Täitt. Br. hier
folgt Käth. 6, 1 v<
■
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Käthaka.
19
mittheilen möchte. Es heisst daselbst, im unmittelbaren An
schluss an das oben Gegebene:
%T II II WTTUTt f T Tflf ffrT II II %T % %TRT-
f^fh TifAWT ii %t *rrsrr % «tttt fPtv: 1 ffsrwT 11 %f vrc-
»ruft: fwfwtwfVT i ^fafwsmt wr wtw%-
tswt ffrre 2 ii xrnnrpftf^jps f»r ^fr^wsfr i fiurrer-
sfr \f^Tf^r?TfrtT (sic) 3 II fTT ffsRWT3rr*T*pf?r
trrörpr: wra *tt 4 11 uwrow ’smt-
5ITTT ffWTJT V I srfT Tpffaf?' 3 II f^*T-
WtSTT ^f*TT tffTrT *f*fNrr I *T?fr TTWT TW-
WTfW ffT* ITT 5TTrr%^T ^^PBTT IJfTjT 6 II TRSTpff: TpfiftTSfl-
JT I f ^rSfT^VfW^f(5J^r| td ^ Tf^frT 1 II m-
I fq<TO^fmfrT3f^ wft ^fif-
II (sic) ffvtwfa I
^: 9 ii *tt f*nrt fw i ff%
f^TT: Jpftcf 10 *TT 5fTr[%^T: Tpftff *TT U II Tf^TW tffJT
i ^%*r 'Stw ff%: 12 ii ^ fmwftfWRprpPRTir-
*ft|*PT I ffWt 13 II WT*^ rnrrew
$fm I ^Rrafwt^ ^TT 14 II **'■
T^r I Ttf ^ TJfW^Tfh ^f^HWTTHfT^T 15 II VTWTWftrf ^fW-
caffföWWJift T^TJT I rt% ^T^rfl wK 10 II
1 Zu dem so beginnenden Abschnitt s. unten W 2 , Fol. 265.
2 TBr 1, 4, 8, 5; im RV und Käth. nicht vorhanden.
3 TBr 1, 4, 8, 5; im RV und Kätli. nicht vorhanden.
4 TBr 1, 4, 8, 6; im RV und Käth. nicht vorhanden.
5 TBr 1, 4, 8, 6; im RV und Käth. nicht vorhanden.
6 TBr 1, 4, 8, 6 (mit Var.); im RV und Käth. nicht vorhanden.
7 Weder im RV, Käth., noch TBr vorhanden.
8 Weder im RV, Käth., noch TBr vorhanden.
9 RV 9, 67, 26; im Käth. und TBr nicht vorhanden.
10 Manuscript fehlerhaft dWtf.
11 RV 9, 67, 27; Käth. 38, 2; TBr 1, 4, 8, 1.
12 RV 9, 67, 28; im Käth. und TBr nicht vorhanden.
13 RV 9, 67, 29; im Käth. und TBr nicht vorhanden.
14 RV 9, 67, 30; im Käth. und TBr nicht vorhanden.
15 RV 9, 67, 31; im Käth. und TBr nicht vorhanden.
10 RV 9, 67, 32; s. TBr. 1, 4, 8, 4; im Käth. nicht vorhanden.
2*
20
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
PTPPi^nPPiP>pip PPP PTPPTPt PTfiP PTTPfRV^P ^t*tPTfTT-
PPTpfPV^ PTn^HfjTTPT PTPPTP^PiPTOPfVPTVT PTP-
PTT PTPT PTVTPWtPTP[PIPT PPJPT PPJPT II 3 II ^fp PTPPT-
pfaTWW WT7TW II
Auch dieses Stück dürfte aus dem vorauszusetzenden
Katha-Brähmana stammen.
Damit ist (auf Fol. 46) W x ß abgeschlossen.
W, y. Dieses dritte Zusatz-Manuscript besteht aus fünf
Blättern.
Fol. 1 beginnt PT PP: pfppT PP PlPPfP etc. (Käth.
18, 13 a. E.); ^fppiTPift PPTfTP etc. (RV 4, 39,"6; Käth. 6, 9;
7, 4; 5, 4, 8) u. s. w. Verse verschiedenen Ursprungs.
Fol. 2 beginnt Käth. 9, 6, welches Capitel Fol. 3 abschliesst.
Dann heisst es TfP PPPpfPPPT^TtTP II Es folgt ein Bräli-
mana-Stück, beginnend mit den Worten PfPfTUt PT PTPT
PTPP etc. (im Käth. nicht vorhanden, wohl aus dem voraus
zusetzenden Katha-Brähmana stammend). Dasselbe scldiesst
Fol. 5 b ab, und dann heisst es VfP fPPPTWWP II Damit ist
Wj Y abgeschlossen.
Wj cf. Dieses vierte Zusatz-Manuscript besteht aus nur
zwei Blättern (Fol. 1 und 2). Dieselben enthalten Käth. 16, 13
vollständig; ausserdem nichts. Die letzte Seite ist leer.
W x e, das fünfte Zusatz-Manuscript, hat ursprünglich aus
18 Blättern bestanden, es fehlen aber leider die Fol. 8—10,
somit umfasst e jetzt 10 Blätter.
Fol. 1 beginnt PT PP PTPPtWTtUPTP II und es folgt Käth.
10, 7 (%f PP% pfpPTPTSTPiPTPfp%PP etc.), welches Capitel
Fol. 2 fortgesetzt wird und Fol. 3 abschliesst. Dann heisst es
Tfp PTWPtPTWWPi PPPN II %? PPT PTPW II PT PPTfpPfpfp
P^Tf^WTWfpPT PTtfpPT PPPT PPP pfpfppfp etc., eine*noch
nicht nachgewiesene Brähmana-Partie, welche Fol. 4 a abschliesst.
Dann heisst es ^fp PPffpPPT^FPT II Es folgt eine andere
Brähmana-Partie, welche Fol. 4 b unten endet, auf Käth. 26, 12
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Kä'jdiaka.
21
sich beziehend, 1 aber sonst noch nicht nachzuweisen. Dieselbe
findet sich auch in dem Manuscript W 2 , Fol. 264 (mit Accenten),
siehe unten. Sie beginnt:
%f WH WHY W^$ WH jTHT WTWW
^W^FT WTWTW^ST W«1 HW WHHF^fw ^TTW WH WWT%
WHY WlgJTW WH HfW HWtWTT % ^TWTf^WTT WWTWT W^HT
Wf(w)^f T rfT W«T HW WHHfiTYfW WÜWW WH ^fW WTTRfWWYwTT-
HW WHW<YfW HW WHY HW WH ^fW H^HWTHW WHHfffYfW
WTWTW WHY wfWWTHTWTW WH ^fw WMTWW W WHHi-
TffW etc. Der Schluss lautet WHY HW WfWWYfWW H<WfWWTWW-
WW fW^WTWtWTwtWTlftWiUWWWfW II II jfci WH WTfTWH II
Fol. 5 beginnt und endigt ein noch nicht nachgewiesenes
Brahmana-Stück, welches sich deutlich auf Käth. 18,2 (respec-
tive das Yicvakarman-Lied) bezieht und auch in dem Manu
script W 2 , Fol. 264 erscheint. Dasselbe beginnt: %f wY fww-
WWWW fWWWWW IWTWT HWfw fWWWtHWT ^ fWW HHiT
W?NfW etc. 2 Zum Schluss heisst es TfW WY fWWWWWTWWH II
Es folgt eine Brähmana-Partie, welche sich auf Käth. 5,
5, 14 bezieht und folgendermassen beginnt:
%T W 3f ; Wl¥t WffWWWY WTWWYfHWTT? WWW HW WW‘
WWH H^Tfw WWn-WHT WWWY WWWWHY WTWWTHfWT r TT% TTWW:
wr HWWY fwwfw HfTHWY WTHWTfwfW TTWSJ HW HTW WfWHTW-
^WTfW WWfTrWTT fWWIW Hfl^wY W% ^YnfY 8
MWfHfW M^WTHW WWY ^MTfW WWTTcHHT ^W^frsfY 1 W% 5 etc.
1 Zum Beweise dessen, dass dies Brähmäha sich thatsächlich auf Käth. 26,
12 bezieht, und um zu zeiget, in welcher Weise, sei hier der Anfang
dieses Capitels mitgetheilt. Derselbe lautet: 3)1 WH WHY
SW^jf WH: *3TTW WH WWTW WHY SWWWTW WH: WüWW WH
WWWÜWW WH; HW WHY SHW WhY WTWTW WHY WfWWJHTWTW
WHY etc.
2 Käth, 18, 2 enthält das Lied wY fwHwwww fwHw'Yniwr etc.
' M
3 So corr. Das Manuscript schreibt «^WY.
4 So corr. Das Manuscript schreibt f*wY.
5 Man vergleiche den Anfang von Käth. 5, 5, 14 HT WfJpWTfHWY
WWW^hY WTWWTWfWPHT^ HTWWT HWW1 HTf HWTTWY WTHWT
^Y?wY Mw: etc.
22
XI. Abhandlung: v. Scliroeder.
Zum Schluss, Fol. 6 b , heisst es ^fcf W TfjpfTTWH TTjfo II.
Dasselbe B rahm an a findet sich auch im Manuscript W 2 ,
Fol. 263.
Alle diese Brahmana-Partien, vor Allem aber die letzten
drei, welche sich so deutlich als Brahmana’s an gewisse Capitel
des Kathaka anschliessen, respective sich auf dieselben beziehen,
stammen vermuthlich aus dem vorauszusetzenden Katha-Bräh-
mana. Dasselbe gilt wohl auch von der letzten, sich hier in
Wj £ noch anschliessenden derartigen Brahmana-Partie, welche
Fol. 6 beginnt und Fol. 7 b abschliesst, und welche ich aus dem
Grunde in extenso mittheilen möchte, weil ich bereits die
hieher gehörigen Mantras und ein Stück fTfT oben mitgetheilt
habe. 1 Hier wird aber durchweg TiTTTTFiT geschrieben, wäh
rend oben TjWPSir Diese Brahmana-Partie findet sich übrigens
auch in dem Berliner Manuscript Or. Fol. 1412, Fol. 138 und
der grösste Theil derselben (das Mittelstück ausgenommen)
auch im TAr. 2, 7 und 8! Der Text lautet:
%T TTcfTW f TT TTW^fTTT 2 TTHRfTT-
v» <*
TTY TfUTTW fTTrTWTWTTr^fU: TiWPJWTfT cfT% *TW-
^W^TT T cfTTT T tfTTTTY ST^PTiTT fTTTTtTTTfcf cf TPfY-
TTT?uft tY STT TTTTfY sfTWlfTf TiT WTTTTfYf TTTTTY SW-
\» C. v*
T-WfWW wY Wcf WWTTWTY TfT^Dffcf cf TirfTfw Tjrt*BTJ?FW^TT
i^Tf^W W^WwW*TWTTTT% fTWcft WJTcf WWT-
TTTTT Vff^^lwfrT cf STTTlY UTT'WWYf^ffspT-
WTcWcTY ^WfTiTTHT^pT II TTTT f % TUT WTWWT TTrfT'3TWT%
f*TT ffT^T ^TfW^WT wrf%TT TTWTWt% STrfWWWnTÜW Wl
WWT TW WT^WfTfW WWUTTTl^T WWT WWTTTf^WW WfD^UsfT
WfT^WTcfWP^Tfw WiW#t5rWTWY SWcf ^W Tf%cf W^TT-
WYWTWY ^WWWTWTTTWITWr%WfJTWIwYWT TT TWfWiWiT W57WPW-
TT T %WY TTT WnTT^T TTfcf WY SWYtT "TcffTT^frf T?%-
1 S. oben p. 12. 15.
" TfjTT Adj., der sich abmüht, bisher nur durch Pä. 3, 2, 141 bekannt.
Wieder eine Bestätigung seiner Zuverlässigkeit. Im TAr. 2, 7 steht dafür
TTPÜT und ist somit ein jüngeres Wort an die Stelle des von Pänini
bezeugten gesetzt!
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliotkok mit Fragmenten des Käthaka. 23
fftfd TTVdTWT^T d^ffd ^fw<T '
^frf?r 3*rwt ^tfwr *Rfri tfwrr^rarFng^ffö R-re^tfsv
(fr ^f^frT ^fr % RTW t^W^c^T^T<?rH^*ft7r ^T^IT TT-
Rdfd ^W^WW^WWTT^TWT^^fHT WT-
Rdfd t?|:T ddrTW ^rPR ^dcSrWETcRVT^dTdn^
rt^I WrffT RT*Dra^T?T f^GffcrmttPTftftW ^^rTT^rHrH^fr
\fl \» V» C.
WTWW dd ¥l^r ^Wrfjp
WNrf^; »T%ffttf^^iTift(?fl-^vj^T^-rarm^rrf»T(Sigwri%^-rw^'T
II II ^fd dTJ^T^WTWW WTTTT* II II II
Fol. 8—10 fehlen.
Fol. 11 enthält RV 1, 80.
I Fol. 12 und 13 enthalten Käth. 17, 1 und 16, 16 voll
ständig. Am Schlüsse sowohl von 17, 1 wie von 16, 16 heisst
es TfTT *T3^n*W*jfW II.
Wj g. Dieses sechste Zusatz-Manuscript umfasste ur-
f sprünglich 39 Blätter, von denen aber Fol. 26 — 37 fehlen.
Demnach sind es jetzt im Ganzen 27 Blätter.
Fol. 1 beginnt %T d*fl ^TTTTWre II und es folgt RV
10, 96, welches Lied Fol. 2 a zum Abschluss kommt. Dann
heisst es f^ T *[rRAiR II Darauf folgen RV 3, 44 und 45,
welch letzteres Lied Fol. 3 a abschliesst. Dann heisst es TfR
=?jät(^f5rajr}|^?T II Es folgt RV 10,101; Schluss Fol. 4\ Dann
heisst es Tfd II Es folgen RV 3, 8 und 9, welch
letzteres Lied Fol. 5 a abschliesst. Dann heisst es nochmals
Tf<T II
Fol. 5 a in der Mitte beginnt Käth. 12,14, welches Capitel
Fol. 6“ abschliesst. Folgt Käth. 12, 15 und schliesst Fol. 7“.
Dann heisst es ^fd II Es folgt Käth. 16, 10;
schliesst Fol. 8 a . Dann heisst es weiter '^fd II
Es folgen Käth. 3, 2 und 3 vollständig, welch letzteres Capitel
Fol. 9 b abschliesst. Dann heisst es II dMddid II ^fd fdWW-
WTWmir^ II (sic!).
1 Man beachte dies für das Alter des Textes zeugende Wort; s. Zeitschr.
der D. M. G. 33, p. 192; Monatsberichte der Berl. Akad. der Wissensch.
Juli 1879, p. 697.
2 Das Wort dRTT^Td in WB noch nicht vorhanden.
.
24
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
Fol. 9 und 10 enthalten RV 2, 25 und 26. Es folgen RV
1, 18 und 19, welch letzteres Lied Fol. ll b ahschliesst. Dann
heisst es II Folgt RV 1,40; Schluss Fol. 12”.
Dann heisst es H und weiter II
Es sind dies
die Anfangsworte von Käth. 15, 8, welches Capitel also nur
angedeutet, nicht ausgeführt ist. Folgt Käth. 35, 7; Schluss
Fol. 13 b unten. Dann Vfa II Fol. 14 enthält RV
IO, - 166 vollständig (mit Accenten!). Dann heisst es
II
Es folgen Fol. 14 b —16 a durchweg accentuirte Verse,
welche (mit einer einzigen Ausnahme) nicht im RV vorhanden
sind, ebenso wenig im Kath. oder in der Täitt. Cäkhä. Zum
Schluss derselben Fol. 16“ heisst es aber auffallenderweise
TfW II Der bezügliche Abschnitt beginnt mit
dem Verse 4Tcf 4t sm I
| ~ Cs. \* • I * N <i ^ I <£- • I »x
ST^ftcTT rf% II und der Schluss-
vers lautet (mit starken Fehlern) 4t^ j^T
STTc^T: I rfj^Vfä 4|'^f^T^4T-
II
Fol. 16 und 17 enthalten weiter RV 2, 33 vollständig (mit
Accenten). Dann heisst es Fol. 17 b W4^«<%<]4ra4T ; folgt
RV 1, 6 (mit Accenten); Schluss Fol. 18 b . Dann heisst es ^frf
n ^ f%^r#r n Es folgt Käth.
7, 16 (accentuirt); Schluss Fol. 20 a ; folgt Käth. 7, 17; Schluss
Fol. 20 b unten. Dann heisst es Fol. 21 a oben TflT %rT4T3f4T II
^ M Cs. \
Fol. 21 a beginnt Käth. 16, 8; Schluss Fol. 22 b unten
(Accente zeigen sich hier nur noch sporadisch und hören bald
ganz auf). Dann heisst es ^ffT '?T3TV^f3T^R^'R II Es folgt RV
10, 14 vollständig; Schluss Fol. 24\ Dann heisst es ^J4%-
c^fftjTfiit II Es folgt RV 10, 58; Schluss Fol. 25\ Dann
heisst es wieder Vfrl II Es folgt RV 3, 38 vom
Anfang, dies Lied bricht aber Fol. 25 b unten ab, da die fol
genden Blätter fehlen.
Fol. 38 setzt mit den Worten
4t4T43ffT II mitten in Käth. 19, 14 ein, welches Capitel auf der
selben Seite zu Ende geführt wird. Dann heisst es
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Kathaka. 25
11 Darauf folgt auf diesem und dem folgenden
(letzten) Blatte, Fol. 39, ein späterer Zusatz, von anderer Hand
geschrieben, sehr deutlich sich abhebend, beginnend mit den
Worten «W II ^tf «W: || Zunächst kommt Kath. 5,
4, 6; dann 5, 4, 7 und 8, welch letzteres Capitel Fol. 39 b ab-
schliesst. Dann heisst cs WTTm II II II *T5jfa
(sic) II Damit ist ’C abgeschlossen.
W i % das siebente Zusatz-Manuscript, umfasst 47 Blätter.
Zuerst 30 Fol., welche mit den Zahlen 1—30 bezeichnet sind,
dann kommen mehrfach Lücken, vielfach fehlen die Zahlzeichen.
Dies Manuscript ist jedenfalls von einer anderen Hand wie
die vorhergehenden, und auf anderem, hellerem und rauherem,
gröberem Papier geschrieben. Dasselbe enthält, wie schon
Stein bemerkt hat, eine Paddhati und behandelt hauptsächlich
die Süryabali- und die Vishnugraddha-Ceremonic. Der Inhalt
ist für uns von geringerem Interesse, daher ich nicht näher
auf denselben eingehe.
Wj TL Das achte Zusatz-Manuscript, eine kleine Paddhati
von 4 Fol., in Papier und Handschrift sich ungefähr an r, an
schliessend.
Bringt man alle in der Handschrift W, sammt allen Zusatz-
Manuscripten enthaltenen Capitel des Kathaka in die gehörige
Reihenfolge, so ergibt sich folgende Uebersicht:
Käth. 1, 1—3; 1, 4 (Frgm.); 2, 5. 8—15; 3, 2 und 3;
5, 5; 6, 1. 2; 6, 9 (Frgm.); 7, 2 (Frgm.); 7, 12. 16. 17; 9, 6. 7.
12. 18. 19; 10, 7 (Frgm.); 10, 11 (Frgm.); 10, 13; 11, 3. 5. 7.
9. 13; 11, 12 (Frgm.); 12, 13-15; 13, 6. 16; 14, 1. 10; 15,
2. 8; 16, 4 (Frgm.); 16, 8. 10. 13. 16. 21; 17, 1. 11—17; 18,
1—13; 19, 14 (Frgm.); 21, 5. 6. 14; 35, 1—20; 36, 15 (Frgm.);
38, 1; 38, 2 (Frgm.); 38, 5 (Frgm.); 38, 12; 39, 4; 40, 1;
40, 5 (Frgm.); 40, 11. 14; 5, 4, 6—8.
Somit enthält die Handschrift circa 100 vollständige Ca
pitel des Kathaka und ausserdem circa 15 fragmentarische.
Vergleicht man diese Capitel mit denjenigen, welche sich in
dem Berliner Manuscript Or. Fol. 1412 finden, so ergibt sieb,
dass W 1 circa 40 Capitel enthält, welche im Berliner Manu-
26
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
script nicht enthalten sind (und vice versa, denn das Berliner
Manuscript enthält auch circa 100 Capitel des Käthaka). W, ist
nach alledem sowohl im allgemeinen Charakter als auch im
speciellen Inhalt dem Berliner Manuscript Or. Fol. 1412 nahe
verwandt, jedoch keineswegs mit ihm identisch. Eine gründ
liche Untersuchung dieser und ähnlicher Werke nach ihrer
Anlage, ihrem Inhalt, ihrer rituellen Verwendung u. s. w.
dürfte ganz interessante Ergebnisse liefern; indessen muss die
selbe der Zukunft Vorbehalten bleiben, die uns wohl noch
mehr Material dieser Art in die Hände bringen wird.
l)ie Aceentiiation von IVj.
Das Manuscript Wj sammt seinem Zusatz-Manuscript ist
zum grössten Theil unaccentuirt, mit ab und zu auftretenden
vereinzelten Accentresten, wobei — wie bereits bei verschie-
denen Manuscripten des Käthaka von mir beobachtet worden
ist — die Bezeichnung des echten oder primären Svarita sich
am zähesten erweist und öfters vereinzelt dort auftritt, wo es
sonst keinerlei Accente mehr gibt. Einige Partien zeigen reich
lichere Accentreste, und wieder andere sind vollständig accentuirt.
Im Allgemeinen ist das sich hier findende Accentuations-
systein dasselbe, wie es im Codex Stein und im Berliner
Manuscript Or. Fol. 1412 von mir beobachtet und beschrieben
worden ist, d. h. der Udätta wird durch einen senkrechten
Strich über der betreffenden Sylbe bezeichnet, der Anudätta-
tara durch einen senkrechten Strich unter der betreffenden
Sylbe, der secundäre Svarita durch einen Punkt unter der
betreffenden Sylbe, der primäre oder echte Svarita vor be
tonter Sylbe durch einen Haken, respective ein kleines Dach
unter der betreffenden Sylbe. Für den primären oder echten
Svarita vor unbetonter Sylbe habe ich aus verschiedenen Kä-
thaka-Manuscripten bereits eine ganze Reihe verschiedener Be
zeichnungsarten nachgewiesen, jedoch immer so, dass jedes
respective Manuscript an einer bestimmten Bezeichnungsart des
betreffenden Accentes festhielt und dieselbe durchgängig dar
bot (so Chambers 40 die Curve über der Linie, das Manuscript
des Dayäräm Jotsi die Curve unter der Linie, das Berliner
Manuscript Or. Fol. 1412 den Haken oder das kleine Dach
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Kätliaka.
27
über der Linie). Es erscheint mir nun sehr beachtenswert,
dass das Manuscript alle diese drei Bezeichnungsarten des
primären Svarita vor unbetonter Sylbe neben einander und
mit einander abwechselnd aufweist, so dass dieselben also als
gleichwerthig und — wie es scheint — promiscue gebraucht
neben einander auftreten. Auf ein und demselben Blatte findet
sich das eine und das andere Zeichen gebraucht; ja, es er
scheint einmal sogar bei derselben Sylbe zugleich die Curve
oben und unten angewandt, in der Stelle Wj a Fol. 31
Tsprffat 5t ffm t^rr: etc. Ferner ist zu beachten, dass die
Curven in auffallend verschiedenen Formen auftreten. Wir
finden nicht nur das gewöhnliche über der Sylbe, das «-
unter der Sylbe, sondern auch die Zeichen <9 9
& —=z> £. über der betreffenden Sylbe und einige Male
unter der Sylbe.
Der Haken oder das kleine Dach über der Sylbe zur
Bezeichnung des primären Svarita vor unbetonter Sylbe (wie im
Berliner Manuscripte Or. Fol. 1412) findet sich in W, nur an
einer Stelle, und zwar W 1? Fol. 10 b in zwei aus Käth. 7, 12
entnommenen Versen, welche — von einigen Lücken und Feh
lern abgesehen — vollständig accentuirt sind (während das
Vorhergehende und das Folgende keine Accentuation aufweist).
Dieselben lauten in der Schreibung des Manuscriptes folgender-
massen:
forewHY ff: i ^hff’gTrenffWffr ffwff-
• d ^ »d ♦ v# Id I v* I fl
st: HTvrt w ff: 11 ff ^ft ff: fWrffpffffjfffffft f^ffTfff ff: 1
ffiT(JT+ fft w ff ii fffft %
TTff^T etc. (weiter keine Accente mehr!).
Hier haben wir deutlich rpff^ffffT gegenüber fpff^ffffflffT
und rpTf ffff (im Manuscript ist nur der Udätta von ffff
weggefallen) — also genau so wie im Berliner Manuscript Or.
Fol. 1412. Gleich darauf aber folgt fffffffr mit der
Curve (in sehr eigentümlicher Form) über dem primären
Svarita in der nämlichen Stellung!
Häufig ist die Bezeichnung des primären Svarita vor un
betonter Sylbe durch eine Curve über der Linie, ähnlich der
im Cod. Chambers 40. z. B. W n Fol. 80 ^fffffff; Fol. 83
28
XI. Abhandlung: v. Scliroedor.
: Fol. 90 °(5JT«mrTrf ; Fol. 97 ’SBjNNl cTRT^;
*£t ^[CTf?T; Wj «, Fol. 10 (2 Mal); Fol. 13%T<^T$;
Fol. 15 %HWRT; Fol. 16 *T-
Miwt^r; jtwDt; fa^prBsr; ; ^fy;wm
^ -RXTWt^T M; Wfa; FT§T*T TPTT^fa; fawfa ^ HTTlfm
ffw^; *TTWfa; TWfa; Fol. 17 W t ß, Fol. 34
Wl 1 Fol. 35 <T% W t C, Fol. 9 »GT-
^JT^fTW; Fol. 13 ^Rrfwt^ff; <T^ trrff etc.
Die betreffende Curve hat aber vielfach, wie schon er
wähnt, andere Gestalt. So finden wir W 1? Fol. 129
^TSm ifhärf 5TT^rT etc.; W t «, Fol. 12 ^FTMT^f W^ft'; Fol. 13
%5TTjf f^t; Fol. 37 rfW' rPTpK:; W t ß" Fol. 5 rf^WT; Fol. 6
fUT^ni (neben auf derselben Seite!); Fol. 8
'3T c ?J^T'S;wf%«T: Fol. 10 #301; ThmT^T (auf demselben Blatte!);
Fol. 34 (auf derselben Seite ^r^<HM^)T) ; Wj s, Fol. 1
^fTffTfW; Fol. 2 =sf%TM*rT u. dgl. m.
Oefters ist diese abweichende Gestalt der Curve bedingt
oder doch beeinflusst durch andere Zeichen (namentlich den
e- und o-Strich); oft aber liegt auch nichts Derartiges vor, und
man sieht nicht, aus welchem Grunde der Schreiber die Formen
der Curve derart variirt.
Auch die Bezeichnung des primären Svarita vor unbe
tonter Sylbe durch eine Curve unter der Sylbc (wie im Manu-
script des Dayäräm Jotsi und im Cod. Stein) ist häufig, und
zwar findet sie sich in denselben Theilen des Manuscripts wie
die Curve über der Sylbe. So lesen wir z. B. W t , Fol. 108
109 Ttajfiir; 113 fT-^r i^TrfT:; 117 ^ ^T; 128
( au f ( ] em folgenden Blatt 129 STpSHT etc.);
ferner W, «, Fol. 30 Tm^WTWT; Fol. 31 m ^fh *Rcf 2 (auf
derselben Seite cptf^ÜTfta'r etc.); W, ß, Fol. 3 Wl^ft FPTT.
Die Curve in anderer Form, ungefähr umgedreht, findet
sich W, ß, Fol. 6 W, e, Fol. 5 in der Stelle
T rf^TcT (dem geht auf demselben Blatte mit bemerkens-
1 Han beachte das Nebeneinanderstehen des Zeichens für den Svarita vor
unbetonter und vor betonter Sylbe.
2 Das Zeichen des primären Svarita vor betonter und vor unbetonter Sylbe
neben einander!
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Kathaka.
29
werther Inconsequenz voraus Hier
liegt jedenfalls ein Feliler vor, und Fehler oder Versehen sind
es auch gewiss, wenn es W t e, Fol. 12 heisst; W x ß,
Fol. 8 rT'V: fTF; Fol. 16 ^TW-', “also der Haken oder
das kleine Dach unter die Svaritasylbe vor unbetonter Sylbe
gesetzt ist. Denn diese Bezeichnung kommt sonst nur der pri
mären Svaritasylbe vor betonter Sylbe zu, im Manuscript W,
ebenso wie in allen bisher bekannten accentuirten Käthaka-
Manuscripten.
Ich führe einige Beispiele an.
W t , Fol. 9 und 13 Fol. 88 Fol. 95
^TTTT; W t «, Fol. 23 W, «, Fol. 30 W
ihtX t%f:; °*p^: 4?t° ; ; Fol. 31
*wt:; Fol. 10
TnfT VT; f ^i Fol. 11 7F% 13 15
Tt-%^f?refT; 42 TR fhrfTT strT: etc. W, o,
Fol. 1 rTRT T9: ; W x L, Fol. 7 etc.
Ein paar Mal finden wir auch das Zahlzeichen R (in der
Devanägari-, nicht in der Qaradäform!), auf die betreffende
Sylbe folgend, als Bezeichnung des primären Svarita vor be
tonter Sjdbe; so W, a, Fol. 37 Sfi4VTT; (eine
Regel über die Anwendung dieses Zeichens ist bei der Spär
lichkeit der Fälle nicht zu entdecken).
Für fehlerhaft halte ich es, wenn ein paar Mal auch die
Curve als Bezeichnung des primären Svarita vor betonter Sylbe
auftritt; so W lf Fol. 89 fJT*R3n«prN^T ^fRrff *TP^T
etc.; W t s, Fol. 2 *RT5jf% ^rK.
Vollständig durchgeführt, wenn auch natürlich nicht ohne
Fehler, findet sich die Accentuation, abgesehen von einem be
reits oben mitgetheilten Falle, 1 W 1; Fol. 129 und 130, wo das
ganze Capitel Kaffi. 6, 2 accentuirt gegeben ist. Der Anfang
lautet: *fTV*T(T ^
% W^rT V Tri^VTtfW^fTTTVn ^TfSTWT *nF<T etc.
Ferner vollständig accentuirt auf W, a, Fol. 29—32, Käth.
21, 5 und 6, beginnend mit den Worten «fHfFT
1 S. p. 27.
30
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
etc. Eine Seite davon (Fol. 31”) ist als Facsimile diesem Auf
sätze beigegeben.
Endlich sind noch W\ 'C, Fol. 14—16 vollständig accen-
tuirt, während die nächstfolgenden Blätter nur unvollkommene
Accentuation bieten. Ein paar Verse als Beispiele von diesen
Blättern habe ich bereits oben (p. 24) mitgetheilt.
Beschreibung der Handschrift W 2 .
Die zweite der beiden in Rede stehenden Handschriften,
welche ich W 2 benenne, besteht in einem umfänglichen Bande
(ohne Einbanddecken, nur lose zusammengefügt) von circa 360
Folioblättern aus Birkenrinde, durchschnittlich 28X^2 cm.
gross, wozu noch eine Menge kleinerer und grösserer Frag
mente kommen. Das Manuscript ist mit Qärada-Schrift ge
schrieben, sehr ähnlich dem Berliner Manuscript Or. Fol. 1412.
Die Blätter sind sehr brüchig, stark mitgenommen und grossen-
theils mehr oder weniger defect, so dass es schwer ist, zwischen
,Blättern' und ,Fragmenten' die Grenze zu ziehen. Ich habe
auf die nothdürftigste Restaurirung dieses Manuscriptes viel Zeit
und Mühe verwenden müssen, denn verhältnissmässig wenige
Blätter waren in einem solchen Zustande, dass man sie so be
lassen konnte, wie sie waren, wenn anders dem bei diesem
Material unaufhaltsam vorschreitenden Ruin vorgebeugt werden
sollte. Ueberall fast gab es zerrissene Stellen zu verkleben,
Zerbrochenes zusammenzufügen u. dgl. m. Fragmente, die oft
weit auseinanderlagen und sich erst allmälig zusammenfanden,
mussten zusammengesetzt und zusammengeklebt werden. Für
das so entstandene Blatt galt es dann die richtige Stelle zu
finden, was auch nicht immer ganz leicht war, da die Zahl
zeichen vielfach weggebrochen sind und die Ordnung des Manu
scriptes erschweren. Ueberklebung des Textes habe ich nach
Möglichkeit vermieden und dieselbe nur dort vorgenommen,
wo sie unbedingt nothwendig schien zur Erhaltung des Blattes.
Es wurde dazu das durchsichtigste Pauspapier verwendet. Als
Klebemittel wurde Eiweiss und Collodium elasticum benutzt,
welche Stoffe nach verschiedenen Versuchen sich als die ge
eignetsten und zweckentsprechendsten auswiesen.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Kathaka.
31
Das Manuscript ist von Dr. Stein im Jahre 1894 in
Crinagar (Kaschmir) erworben. Stein bezeichnet dasselbe als
,Collection of Prayogas relating to ceremonies of the Kashmirian
Grhyaritual, based on the Kathaka'. Eine Inhaltsübersicht, von
Pandit Govind Kaul angefertigt, liegt dem Manuscript bei. Man
ersieht aus derselben die Richtigkeit der von Stein gegebenen
Bestimmung des Manuscriptes. Sie hier mitzutheilen halte ich
mich nicht für berechtigt, um nicht den von Dr. Stein be
absichtigten Mittheilungen vorzugreifen. Ich beschränke mich
daher auf die Besprechung derjenigen Partien, welche zum Kä-
thaka in Beziehung stehen, und die sonst nothwendigen Angaben.
Die den Text bildenden Prayogas sind im Allgemeinen
nicht accentuirt, doch linden sich in ihnen verstreut eine Anzahl
Stücke des Kathaka, desgleichen ganze Lieder und einzelne
Verse des RV, welche nach dem alten System der Katha-Schule
accentuirt sind. Es ist dasselbe System, wie es der Codex
Stein und das Berliner Manuscript Or. Fol. 1412 darbieten, wie
ich solches auf dem Genfer Internationalen Orientalistencongress
entwickelt und auch oben wieder charakterisirt habe; jedocb
mit der Modification, dass hier der primäre oder echte Svarita,
auf welchen eine unbetonte Sylbe folgt, das Zeichen erhält,
welches unter die betreffende betonte Sylbe gesetzt wird, —
somit wieder ein neues Zeichen für diesen schon so mannig
fach bezeichnet gefundenen Accent.
Ich führe einige Beispiele an.
Fol. 214“ trrf^TT f^ifr f*r^irafcT (mehrmals); ebenda
tfnsbrpjft TT*rpp?rr ^Tfrr4tirr ; Foi.2i4 b htRt;
Fol. 217“ (RV 10, 87, 12); I (Schluss eines Satzes);
Fol. 221 (Frgm.) TGPN; Fol. 225“ ^ 225 b
Fol. 464 a (Anfang von Käth. 5, 5, 14), bei
welchem Beispiele das Nebeneinander der beiden Zeichen für
den primären Svarita vor unbetonter und betonter Sylbe in-
structiv ist.
Es mögen noch ein paar Beispiele folgen, in welchen der
primäre Svarita vor betonter Sylbe erscheint.
Fol. 214 b ; n Fol. 217 a
TTjC^IT (RV 10, 87,’13); Fol. 22l’(Frgm.) f%Nt;
Fol. 225 a cf-^nr w5p<n o ; wirwr etc.
82
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
Das ganze Accentuationssystem wird durch das diesem
Aufsatz beigefügte Facsimile vorgeführt.'
Der Codex beginnt mit vier Blättern ohne Zahlzeichen, 2
dann folgt als erstes Blatt mit Zahlzeichen Fol. 208 — man
sieht also, dass über 200 Blätter gleich zu Anfang fehlen.
Fol. 209—213 enthalten nichts aus dem Käthaka. Fol. 214
bringt das erste Käthakastück, und zwar Käth. 10, 5 (mit der
alten Accentuation), welches Capitel Fol. 215 abschliesst. Das
letztere Blatt enthält weiter RV 4, 4 vollständig (mit Accenten),
welches Lied grösstentheils ja auch in Kä{h. 6, 11 vorliegt.
Fol. 216 enthält Käth. 38, 14 und darauf den Anfang von
RV 10, 87 (Alles mit Accenten).
Fol. 217 führt RV 10, 87 zu Ende. Es folgt RV 10, 161,
welches Lied fast zu Ende geführt wird (Alles mit Accenten).
Fol. 218 enthält den Schluss von RV 10,161; darauf RV 10,
162. 163. 164. Es folgen Verse, welche ich weder im RV, noch
Käth., noch sonstwo nachweisen kann (^T IJV^nrTPJTT tJT-
etc.). Dieselben setzen sich Fol. 219 fort. Dieses
Blatt ist ohne Zahlzeichen, seine Stellung wird aber dadurch
bestimmt, dass es sich deutlich an 218 anschliesst und ebenso
220 vorausgeht. Es wurde dies Blatt aus drei ganz verstreut
liegenden Fragmenten von mir erst zusammengesetzt und an
die entsprechende Stelle gebracht; ebenso wurde 218 aus zwei,
220 aus drei ganz auseinander liegenden Fragmenten zu fast
ganz vollständigen Blättern zusammengesetzt.
Fol. 219 enthält weiter den Anfang von Käth. 37, 9 (mit
Accenten), welches Capitel Fol.'220 zum Abschluss gelangt.
Dann beginnt Käth. 36, 15 (mit Accenten), welches Capitel auf
Fol. 221 zum Abschluss kommt. Fol. 221 hat kein Zahlzeichen,
besteht überhaupt nur in einem Fragment, die Stellung dieses
Blattes ist aber gerade dadurch bestimmt, dass es sich an
Fol. 220 anschliesst. Es folgt ein Fragment (ohne Zahlzeichen),
das auf der einen Seite den Anfang von Käth. 11, 12 enthält,
auf der anderen RV 10, 84, 7 und 10, 85, 1 ff. (Alles accen-
tuirt, wie auch das Folgende). Es schliesst sich daran ein
1 Fol. 224» mit RV 10, 85, 26—35.
2 Dieselben sind hier wie auch sonst häufig mit grösseren oder kleineren
Stücken des Blattes in Verlust geratlieu.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Käthaka.
33
stark defectes Blatt (ohne Zahlzeichen), das grosse Stücke von
RV 10, 85 enthält; daran ein ebenfalls unvollständiges Blatt
(ohne Zahlzeichen) mit weiteren grossen Stücken von RV 10,
85 (eine Seite desselben bildet das Facsimile unten!); darauf
folgt ein Blatt ohne Zahlzeichen, welches den Schluss von
RV 10, 85 und RV 10, 86, 1 enthält, woran sich accentlose
Prosa (Prayogatext) anschliesst. Diese vier zusammengehörigen
Blätter habe ich vermutliungsweise als Fol. 222—225 bestimmt.
Fol. 226, 227, 228 (ohne Zahlzeichen) bieten weitere ac
centlose Prosa; Fol. 229 (mit Zahlzeichen versehen) desgleichen;
Fol. 230—233 (ohne Zahlzeichen) desgleichen; Fol. 234 (mit
Zahlzeichen) desgleichen; Fol. 235 (ohne Zahlzeichen, sonst voll
ständig) desgleichen.
Fol. 236 (ohne Zahlzeichen, defect) enthält RV 10, 85, 33
u. a. mit Accenten, meist aber accentlose Prosa; Fol. 237 ohne
Zahlzeichen, meist ohne Accente; Fol. 238, defect, enthält RV
6, 52, 15; 10, 183, 1 und 2 eingestreut in accentlose Prosa. Es
folgen vier defecte Blätter ohne Zahlzeichen und ohne Accente
(239—242?); weiter ein defectes Blatt (243?) mit accentuirten
Rigvedaversen (4, 3, 1; 7, 102, 1; 1, 23, 11 etc.); ein dito Blatt
(244?) mit accentuirten Versen, die theils im Käthaka vor
handen sind, theils aber auch nicht.
Es folgt Fol. 245 mit verschiedenen accentuirten Versen,
die aber nur zum Theil im Käthaka Vorkommen.
Fol. 246 enthält accentlose Prosa, dann accentuirte Verse,
welche nur zum Theil im Käthaka vorhanden sind (iha gävah
etc.); Fol. 247 dito Verse, accentuirt.
Fol. 248—259 ohne Accente.
Es folgen drei defecte Blätter und zwei kleinere Frag
mente als Vertreter von Fol. 260—264. Dieselben enthalten
drei accentuirte Brähmana-Abschnitte, welche sich auf bestimmte
Capitel des Käthaka beziehen, vermuthlich dem Käthaka-Bräh-
mana entstammen und mit den von uns bereits in W x e, Fol. 4
bis 6 nachgewiesenen Stücken identisch sind, nur dass dieselben
hier in W 3 accentuirt und dabei wegen des defecten Zustandes
der Blätter nicht ganz vollständig sind. Wir haben da das auf
Käth. 5, 5, 14 sich beziehende Brähmana, beginnend mit den
Worten: ä brähman brähmanö brahmavarcasi jäyatäm ity äha
brähmana evä brahmavarcasam dadhäti etc. Sodann das Bräh-
Sitzungsber. d. pliil.-hist. CI. CXXXIII. Bd. 11. Abh. 3
34
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
mana zum Anfang des Vicvakarmanliedes, beginnend mit den
Worten: yö vieväcaltshur utä iti vicväcakshur vai devanäm
bhavati etc. Dann das Brahmana zu Käth. 26, 12, beginnend
mit den Worten: drashtre näma upadrashtre nämo nudrashtre
näma ity agnir vai drashtä brahmana upadrashta väyür anu-
drashtä tebliya eva nämaskaroti etc.
Fol. 265 enthält ein interessantes accentuirtes Brahmana,
das ich hier mittheilen will, da es in W x ß, Fol. 45 nur mit
den vier Anfangsworten angedeutet ist (cf. oben p. 19). Das
selbe findet sich auch im Berliner Manuscript Or. Fol. 1412,
Fol. 151, was wiederum die Verwandtschaft dieser Texte be
kundet. Es lautet:
*TTWT % «TTTT
f^i'fTT'gT f*fi 3i«T tfthTTfft ^T-
FTW?TT#lfT^t ^fwifW tflWTfrr % Fftf
T^(’Jr) rfar%<T vgffvffi: jftwTfä ?Nt-
W^fcT ift-
TTTTfrT ?t*T WT^fr tN fiJrh;: Ffarfs?} rT^rm^fr^-
^f# VlWfTT ^ ^ ”TT^T
TfH H H
Fol. 266—268 enthalten denselben interessanten Abschnitt,
welchen wir oben W x a, Fol. 41—43 nachgewiesen haben, die
merkwürdigen Berührungen mit TAr. u. s. w., nur dass die
Verse hier accentuirt sind. Zu Anfang einige Lücken, weil die
Blätter beschädigt, aber die vollkommene Uebereinstimmung
von W 2 mit W x ist durchweg erkennbar.
Fol. 269 enthält den Anfang von Käth. 35, 1; bricht dann
ab; es folgt ein grösseres Stück aus Käth. 38, 2; dann ein
Stück aus Käth. 36, 15 (das auch schon oben vorkam, be
ginnend räthe aksheshu etc.).
Fol. 270 fährt fort in Käth. 36, 15, bricht aber bald ab
(da, wo die Prosa beginnen sollte). Es folgen die Verse hiranya-
varnäh cücayah pävakä etc.; yäsäin devä divi etc. (s. oben
W t Fol. 44 und 45).
Fol. 271 enthält ein accentuirtes Brähmana, beginnend mit
den Worten küshmä hä vai näma ysliayo vätäracanäs te etc.
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Kathaka.
35
Es ist dasselbe, welches wir oben aus W x s, Fol. 6. 7 voll
ständig mitgetheilt haben und welches sich auch im Berliner
Manuscript Or. Fol. 1412, Fol. 138 vorfindet. *
Fol. 272—276 ohne Accente (275 auch ohne Zahlzeichen).
Fol. 277 zuerst auch ohne Accente, dann kommen einige accen-
tuirte Verse, welche aus Käth. 38, 12 stammen (im RV nicht
vorhanden).
Fol. 278 (?) ohne Zahlzeichen, enthält ein paar accentuirte
Verse aus Käth. 40, 11; 21, 14; es folgt ein defectes Blatt ohne
Zahlzeichen und ohne Accente; dann eine Lücke von mehreren
Blättern.
Fol. 283 ohne Accente; Fol. 284 enthält den Vers nämo
mahimnä etc. (Käth. 13, 9), sonst ohne Accente; Fol. 285 ohne
Accente; Fol. 286 zuerst desgleichen, dann folgen die Verse
RV 1, 97, 1—5 mit Accenten.
Fol. 287—295 ohne Accente.
Fol. 296 enthält den Anfang von Kätli. 7, 1 (ämbhah
sthämbho vo bhakshiya etc.); dann wieder eine accentlose Partie.
Fol. 297 und 298 a ohne Accente; 298 b enthält ein grös
seres Stück aus Käth. 7, 12, beginnend mit säm vas srjämi etc.
(accentuirt).
Fol. 299 defect, ohne Zahlzeichen und ohne Accente.
Fol. 300 ohne Accente. Es folgen mehrere Fragmente ohne
Zahlzeichen und ohne Accente. Dann Fol. 300—308 ohne
Accente. Fol. 309 meist ohne Accente, nur ein accentuirter
Vers aus Käth. 38, 2 eingestreut (kumbhö vanishtür janitä etc.).
Fol. 310 fragmentarisch, ohne Zahlzeichen und ohne
Accente; Fol. 311 mit Zahlzeichen, aber ohne Accente; Fol. 312
fragmentarisch, ohne Zahlzeichen und ohne Accente; Fol. 313
—318 vollständig, aber ebenfalls ohne Accente; Fol. 319 (?)
ohne Zahlzeichen, ohne Accente; Fol. 320 sehr defect, ohne
Zahlzeichen und ohne Accente; Fol. 321 stark mitgenommen;
aber die Zahl erkennbar, ohne Accente; Fol. 322—326 ohne
Accente; dann Lücke von sechs Blättern. Fol. 333—339 ohne
Accente. Es folgen drei stark defecte, fragmentarische Blätter,
ohne Zahlzeichen und ohne Accente, die ich aber doch für
Fol. 340—342 halten möchte. Dann Fol. 343 ohne Accente;
Fol. 344 meist ohne Accente, jedoch enthält das Blatt auch
mehrere accentuirte Verse aus Käth. 39, 3 (sämsarpän trin
3*
36
XI. Abhandlung: v. Schroeder.
samudrän etc. bis mahl dyäuh prthivi etc.); Fol. 345—350
ohne Accente; Fol. 351 meist ohne Accente, enthält aber auch
ein paar accentuirte Verse; Fol. 352 ohne Accente; Fol. 353
ohne Accente, das Zahlzeichen abgebrochen.
Fol. 354—359 ohne Accente. Es folgen zwei defecte Blätter
ohne Zahlzeichen und ohne Accente, wohl = 360. 361. Fol.
362—381 ohne Accente. Es folgt ein Fragment, auf der einen
Seite ohne Accente, auf der anderen accentuirt und ein weiteres
Fragment ohne Accente (wohl 382 und 383); Fol. 384 enthält
accentuirte Verse verschiedenen Ursprungs; Fol. 385 fast ganz
ohne Accente; Fol. 386-—-398 ohne Accente. Fol. 399 und 400
fehlen.
Fol. 401 ohne Accente; auf diesem Blatte lesen wir atba
laugäkshisutre vidhih.
Fol. 402 ohne Accente; es folgen zwei stark defecte Blätter
ohne Accente (403 und 404'?).
Fol. 405—410 ohne Accente.
Fol. 411 zuerst ohne Accente, dann aber kommen sieben
Verse aus Käth. 39, 10—11 (accentuirt), beginnend mit ekä-
shtakä täpasä tapyämänä etc.
Es folgen drei defecte Blätter ohne Zahlzeichen und ohne
Accente (Fol. 412—414?); folgen zwei defecte Blätter (415.
416?) meist ohne Accente, jedoch mit einigen accentuirten Versen
versehen; folgen zwei noch stärker mitgenommene Blätter, zum
Theil accentuirt. Dann Lücke.
Fol. 421—424 ohne Accente. Folgen die Fetzen eines
Blattes (425 oder 426?); Fol. 427 ohne Accente; Fol. 428
fast ganz ohne Accente; erst 428 b unten beginnen accentuirte
Formeln, die sich 429 a (ohne Zahlzeichen) fortsetzen und zum
Abschluss kommen; so deväsya tvä savitüh prasave cvinor
bähübhyäm püshnö hastabhyäm prätigrbnämi värunas tvä na-
yatu etc.; kä idam kasmä adät kämah kämäya etc. Fol. 430 ohne
Zahlzeichen und ohne Accente; Fol. 431—433 ohne Accente;
folgen fünf defecte Blätter ohne Zahlzeichen und ohne Accente
(434—438?); dann ein paar kleine Fragmente (Reste von 439?);
dann Fol. 440, ohne Accente; Fol. 441 desgleichen, nur RV 10,
189, 1 accentuirt darin enthalten; Fol. 442—449 ohne Accente.
Fol. 449 a heisst es iti yajurvedakathake tarpanakhandam
samäptam! indessen sind die respectiven Verse, die oft mit
Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek mit Fragmenten des Käthaka.
37
tarpayämi beginnen, in unserem Käth. nicht vorhanden, auch
sonst nicht nachweisbar. Ich vermuthe, dass auch hier ein
Stück des Katha-Brahmana vorliegen könnte.
Fol. 450. 451 ohne Accente; Fol. 452 ohne Zahlzeichen,
meist ohne Accente, doch findet sich vereinzelt ein accentuirter
Vers (RV 6, 47, 26); Fol. 453—459 ohne Accente; Fol. 460
ohne Zahlzeichen und ohne Accente; dann drei vollständige
Blätter ohne Zahlzeichen und ohne Accente (461—463); darauf
ein aus zwei Fragmenten zusammengeklebtes, sehr defectes
Blatt, ohne Accente (wohl 464).
Fol. 465 ohne Zahlzeichen und ohne Accente; Fol. 466
ohne Accente. Es folgen 13 Blätter ohne Zahlzeichen und ohne
Accente (467—479?); darauf vier Fragmente (480—483?).
Fol. 484—489 ohne Accente.
Sodann beginnt merkwürdigerweise die Zählung wieder
mit 450, welche Zahl übrigens corrigirt scheint, doch sieht
man nicht deutlich, was eigentlich dastand.
Fol. 450—457 ohne Accente. Es folgen eine Anzahl kleine
Fragmente, dann Fol. 463 (ohne Zahlzeichen, defect und ohne
Accente).
Fol. 464 theilweise accentuirtes Blatt, Sprüche und Verse,
unterbrochen von nicht accentuirten Bemerkungen. Die Accen-
tuirung beginnt mit dem Anfang von Käth. 5, 5, 14 ä brähman
brahmanö brahmavarcasl' jäyatam asmin räshtre räjanya isha-
vyac cüro etc. (das zugehörige Brähmana s. oben Fol. 260). —•
Fol. 465—467 ähnlich; Fol. 468—471 ohne Accente; Fol. 472
zuerst ohne Accente, dann accentuirte Verse verschiedenen
Ursprungs; Fol. 473 enthält accentuirte Verse verschiedenen
Ursprungs; Fol. 474 — 477 ohne Accente, Fol. 478 enthält
accentuirte Verse, die aber nur zum Theil auch im Käth. vor
handen.
Es folgen Fragmente ohne Accente; auf solchen liest man
auch die Zahlen 484—493. Das erste wohlerhaltene Blatt ist
494, welches ebenso wie 495—497 unaccentuirt ist. Es folgen
mehrere Fragmente ohne Accente, sodann Fol. 502 ohne Accente,
Fol. 503 (?) ohne Zahlzeichen und ohne Accente.
Auf Fol. 503 folgt unmittelbar Fol. 544 (ohne Accente)!
Hier wird also um 40 Fol. vorausgesprungen, wie vorhin um
40 Fol. zurück!
38
XI. Abli.: v. Scliroeder. Zwei Handschriften der k. k. Hofbibliothek etc.
Fol. 545—557 ohne Accente.
Es. folgen circa 33 mehr oder weniger defecte Blätter
ohne Accente und ohne Zahlzeichen. Ausserdem liegt noch
eine grössere Anzahl von vereinzelten Fragmenten vor, die
nicht unterzubringen waren, theils mit, meist aber ohne Accen-
tuation. Auf den accentuirten Fragmenten finden sich Verse
z. B. aus Kath. 2, 15; 15, 12 u. dgl. m.
V. SüHROEDER. Zwei neuerworbene Handschriften mit Fragmenten des Kätliaka.
Ms. W x a, Fol. 31 b .
(Kath. 21, 6 a. E.)
Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wissenscb., pbil.-hist. Classe, CXXXIII. Bd., 11. Abh., 181)0.
Tafel 1.
V. SCHROEDER. Zwei lieuerworbene Handschriften mit Fragmenten des Käthaka.
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Tafel II. j
BIBL ÖAW
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