16 IV. Abhandlung: v. B er gor. lassen, als die Annahme, dass unsere Seelen und die der Thiere wesensgleich wären, und wir daher nach diesem Leben nicht mehr zu fürchten und zu hoffen hätten als Fliegen und Ameisen. Man braucht nur auf die wüsten ethischen Folge rungen hinzuhören, mit welchen heute die Pöbelphilosophie als mit angeblichen Consequenzen aus Theorien, welche das Thier und den Menschen als Verwandte betrachten, den Markt über schwemmt, um zu begreifen, was Descartes wollte. Dummer Menschendünkel gegenüber dem Thier lag ihm so ferne, als der gemeine Adelshochmuth echten Aristokraten liegt. Doch wusste er, dass es verderblich sei, wenn Leute, denen ,Thier' ein Schimpfwort ist, den Menschen wissenschaftlich als ein Thier bezeichnen hören und nicht nur Andere, sondern auch sich selbst im Inneren als Thiere betrachten. Dass im Grunde aus dem Satze, der Mensch sei ein Thier, gar nichts folge, vermögen rohe Köpfe nicht einzusehen. Descartes seihst wäre auch nicht darauf verfallen, Missbrauch und Misshandlung der Thiere durch die Zweifelhaftigkeit ihrer Bewusstheit zu recht- fertigen. Er hätte nicht, wie es Malebranche nachgesagt wird, eine ihm freundlich wedelnd entgegenkommende trächtige Hündin durch einen rohen Fusstritt zum kläglichen Aufheulen gebracht und auf den Vorwurf seines Begleiters mit philoso phischer Geckenhaftigkeit erwidert: ,Wissen Sie denn nicht, que cela ne sent pas?‘ Diese praktische Consequenz wider sprach der in derselben Schrift über/ die Methode enthaltenen Sittenregel, durch seine theoretischen Zweifel sein praktisches Verhalten nicht beeinflussen zu lassen. Dass Körper existiren, sagt Descartes, ist nicht unmittel bar gewiss, sondern nur wahrscheinlich. Dass, wenn die Körper nicht sind, auch die psychischen Phänomene wegfallen, welche wir mit anderen Körpern so verbunden denken wie die unseligen mit unserem Körper, scheint mir unbestreitbar. Das Dasein der Thierseelen wird also von dem Zweifel am Dasein der körperlichen Aussenwelt mit in Zweifel gezogen. Doch wäre es ganz falsch, diesen Zweifel an der Thierseele mit jenem, den Descartes in der Schrift über die Methode ge- äussert hat, zu verwechseln. Dieser bliebe bestehen, auch wenn es gewiss wäre, dass Körper sind. Doch hat Descartes, indem er ihn aussprach, die Thierseele so wenig geleugnet, als er