2 IV. Abhandlung: Kühnert. früheren Epochen gewaltsam aufzupropfen. Selbst der vor züglichste Kenner der Sprache wird zufolge der Eigenthüm- lichkeit des chinesischen Sprachbaues, trotz dieser seiner Ver trautheit kaum in der Lage sein, unter allen Umständen das Richtige zu treffen, abgesehen davon, dass er auch bei der Uebersetzung bezüglich der Realien vor Widersprüchen nicht sicher ist. Doch auch der reine Astronom, mag er selbst die grösste Capacität auf seinem Felde sein, wird aus den mit Bienen- fleiss gesammelten Angaben der Sprachforscher nicht jene Funde heben können, welche sie bieten, sei es, dass er für sich allein, auf die Resultate der Sprachforschung gestützt, arbeitet, sei es, dass er in Verbindung tritt mit einem der ersten Philologen des betreffenden Faches. Denn der Schwerpunkt seiner Schlüsse liegt wo anders als jener der philologischen und historischen; überdies sind astronomisches und philologisch-historisches Denken in zwei getrennten, selbständigen Individualitäten, selbst wenn letztere durch mündlichen oder schriftlichen Austausch in Be ziehung kommen, stets nur parallelen Geraden vergleichbar, wo jede für sich ihren richtigen Weg nimmt, keine aber mit der andern zusammentrifft. Nur die Einheit der Individualität, in der sich astronomisches und philologisch-historisches Denken beisammen finden, bietet die Möglichkeit, dass diese beiden Parallelen in die einzig mögliche Berührung kommen, die sich dann über die ganze Ausdehnung der letzteren erstrecken wird, wenn der Träger genannter Individualität das Medium des gegen seitigen Austausches bildet. So wie der Tonkünstler, der eine dramatische Handlung im musikalischen Kleide der Oper zur Darstellung bringen will, wie der Dichter, welcher mit dem Worte in gebundener Rede uns das Zusammenprallen feindlicher Charaktere aus dem Menschen leben dramatisch vor Augen zu führen beabsichtigt, jeder für sich fähig sein müssen, wechselweise mit den verschiedenen zur Darstellung kommenden Persönlichkeiten sich zu identifieiren und nach Bedarf urplötzlich oft aus dem einen in den andern