70 VIII. Abhandlung: v. Krem er. aufschlug und den nächstbesten Vers, den das Auge traf, las; sein Inhalt galt dann als entscheidend für oder gegen (tafä’ul). 1 Diese Art, das Schicksal zu befragen, ist noch jetzt in mohammedanischen Ländern sehr üblich und man hat dafür einen eigenen Ausdruck (isticharah). Schliesslich ist noch besonders der Träume zu gedenken, in denen man mehr als in allen anderen den Wink und das Walten höherer Mächte zu erkennen vermeinte. Wie alle anderen alten Völker, so legten auch die Araber den Er scheinungen, die im Schlafe sich einstellen, eine besonders hohe Bedeutung bei. Wenn man ein Orakel von einer Gott heit holen wollte, so pflegte man im Tempel zu schlafen und im Traume offenbarte sich der Rathschlag der Gottheit; gerade so wie bei den griechischen Orakelstätten in Asklepios zu Epidauros, des Kalchas und Podaleirios in Apulien am Vor gebirge Garganus und so auch an anderen Orten. Man pflegte sich in diesen Heiligthümern auf dem Felle des Opferthieres zum Schlafe niederzulegen und erwartete so die Heilung vom Siechthum oder die Erleuchtung durch einen Traum. Bei den Arabern finden wir eine ganz ähnliche Sitte, denn in der südarabischen Höhle Haue} Kowwir, offenbar einer alten Cultstätte, musste man zuerst eine schwarze Ziege schlachten, sich mit den Eingeweiden und dem Blute be schmieren und dann in das Fell gewickelt zum Schlafe nieder legen, nachdem man vorher den Wunsch, welchen man hegte, im Geiste festgestellt hatte. 2 Solche heidnische Dinge vertrug der Islam nicht für die Länge und suchte sie zu verdrängen, was in der That zum grossen Theile gelang, wenn auch Reste des alten Aberglaubens noch nachzuweisen sind. 3 Dass früher aber solche Bräuche in verschiedenen Orten herrschten, ist nicht zu bezweifeln. Doch hinderte auch die neue Religion es nicht, dass man den Träumen eine sehr grosse Bedeutung zuschrieb. Die ersten prophetischen Erleuchtungen des Propheten von Mekka sollen 1 Vgl. Gorar alchasäi's u. s. w. S. 63, Cap. II, Abschnitt 2. 2 Culturgeschichte II, S. 263; Jäkut II, 357. 3 Vgl. III, S. 60.