II. Abhandlung: Rn ich. Gian Vincenzo Gravina als Aesthetiker. 1 II. Gian Vincenzo Gravina als Aesthetiker. Ein Beitrag zur Geschichte der Kunstphilosophie von Dr. Emil Reich. I. Wäre der Mann, dessen Name an der Spitze dieser Zeilen steht, ein Franzose oder ein Engländer gewesen, dann wäre ihm vielleicht der gebührende Platz unter den Vorläufern der modernen Aesthetik längst eingeräumt worden und die deutsche Wissenschaft hätte nicht verfehlt, sich eingehend in zahlreichen ausführlichen und gelehrten Schriften mit ihm zu beschäftigen. Vincenzo Gravina war ein Italiener, und es ist seiner bisher blos in einem einzigen Werke gedacht worden, und zwar — wie zu zeigen sein wird — in unzulänglicher Weise. Je weniger der italienischen Wissenschaft bisher Auf merksamkeit geschenkt worden ist, um desto mehr scheint es Zeit, das Versäumniss gutzumachen. Eine rühmenswerthe Aus nahme bildet der Wiener Forscher Karl Werner, dessen treff liches Werk über ,die italienischen Philosophen des 19. Jahr hunderts' 1 klar beweist, welch’ reiche geistige Schätze noch bei unseren südlichen Nachbarn zu heben sind und der wiederholt in der Wiener Akademie der Wissenschaften über italienisches Geistesleben berichtet hat. Mit der vorliegenden Abhandlung wollen wir versuchen, in bescheidener Entfernung seinen Spuren folgend, einen kleinen Beitrag zu der Sühnung dieser Schuld zu leisten, bezüglich eines Schriftstellers, dem ein ehrenvoller Platz in der Geschichte der Philosophie der Kunst gebührt. 1 Fünf Bände. Wien, Faesy, 1880—1886. Sitzungsber. d. phil.-hiet. CI. CXX. Bd. 2. Abh. 1