Dr. Karl Hopf. Geschieht!. Überblick über die Schicksale von Karystos. 555 Geschichtlicher Überblick über die Schicksale von Karystos auf Euboea in dem Zeiträume von 1205—1470. Von Hin. Dr. Karl Hopf aus Bonn. Zu den dunkelsten Perioden des Mittelalters Europas gehört ohne Zweifel die Zeit, in welcher Griechenland von den Occiden- talen erobert und theilweise wenigstens über zwei Jahrhunderte beherrscht wurde. Das Land der Hellenen, die Heimath aller gei stigen Bildung, theilte mit dem muhammedanischen Orient ein gleiches Loos; und so wenig wir trotz des Fleiskes unserer Orientalisten zu einer umfassenden, hier aber namentlich keineswegs unmöglichen Darstellung einer Geschichte der Staaten gelangt sind, in welche seit dem Anfänge des neunten Jahrhunderts sich der Koloss des Kha- lifats von Bagdad zersetzte, eben so wenig kennt man bis jetzt die Verhältnisse der Staaten etwas genauer, in die sich Griechenland seit dem Jahre 1204 theilte. Die Heimath eines Themistokles und Perikies, eines Sophokles, Thukydides und Aristoteles ist in jenen Zeiten von einem eben so finstern Schleier umhüllt, wie die Ge schichte der benachbarten kleinasiatischen Seldschuckenreiche, die eine neue Theilung des Landes nach dem Falle des Sultanats Ikonium Vornahmen, welche uns ganz in die Zeiten der altpersischen Satra- pien zurückversetzt. Von europäischen Staaten lässt sich eigent lich nur Irland damit vergleichen, dessen vielgetheilte Reiche vor der englischen Eroberung bis jetzt noch keinen gründlichen Historiker fanden, obgleich, wie sich Verfasser dieser Abhandlung durch eigene Forschungen auf diesem Gebiete überzeugte, hier des gedruckten Materials genug vor uns liegt. Ein Menschenalter nach der Erobe rung Irlands durch den ritterlichen Strongbow beginnt die neue Aera Griechenlands, zwar keine Regeneration des herabgesunkenen, mit fremden Elementen fast zur Unkenntlichkeit vermischten Volks stammes; denn eine solche erscheint selbst in unseren Tagen noch sehr zweifelhaft; aber bedenkt man die verrinische Zeit der byzan tinischen Statthalter in Hellas und die dann hereinbrechende türkische Barbarei, bei der das Oberhaupt der Eunuchen über die Stadt der Pallas schaltete, so muss die „fränkische“ Herrschaft in Griechenland als ein Lichtpunct aus der dichtesten Finsterniss erscheinen. Freilich verwuchsen die Occidentalen nie mit dem unterjochten Geschlechte