138 Neil wi rfcli. gestalt mit den Pflanzenmotiven um die Gleichberechtigung streiten, phantastischer und lebendiger; sie ist von jenem Geiste durchdrungen, der auch die Initialen des Antiphonars von St. Peter in Salzburg so anziehend zu gestalten versteht. Ver binden sich solche Motive schon auf fol. 55 b zu einem recht gelungenen Ganzen, so gilt dies in noch höherem Grade von dem L auf fol. 88 b , an dessen Stamm ein nackter Mann empor klettert, um dem darunter stehenden Bären zu entgehen, dessen ei'hobene Tatzen ihn an der Ausführung seines Vorhabens zu hindern suchen; die ganze Auffassung des Vorganges scheint sich auf das Streben zu gründen, wirklich Erlebtes hier zu verwerthen, und greift zu einem Stoffe, der in dem P des Münchener Evangelistariums aus der Passauer Collegiatkirche St. Nicolaus theilweise wieder begegnet. Drachen und Schlangen kommen auf fol. 93 b , 99 b und 102 a in ebenso passender Weise zur Verwendung, wie sie in Handschriften aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, z. B. im Passionale aus dem Kloster Zwifalten, begegnet. Der Miniator zeigt sich namentlich in der Initialornamentik als tüchtigen Zeichner, der Schwung und Schönheit der Linien hochhält. Seine gedrungenen Menschen gestalten , deren kräftige Köpfe voll Ausdruck sind, zeigen, abgesehen von dem Weibe auf fol. 91% bei guter, dem Leben abgelauschter Bewegung richtige Verhältnisse; Hände und Füssc sind durchschnittlich natürlich modellirt, während durch die dem Körper sich mehr anschmiegende Gewandung die Formen desselben entschieden durchklingen. Unter allen Lam- baeher Handschriften begegnet hier das beste Verständniss für die Bedeutung des Lebens und der Natur. Da alle genannten Denkmäler ausser Codex Nr. 6 und 24 dieselbe mit den Ritualbüchern übereinstimmende Behandlung der Initialen und farbige Federzeichnung bieten, in Gewand- und Haarbildung der gleich erfassten Gestalten sich decken und auch nach den architektonischen Details der guten romani schen Zeit angehören, darf man wohl annehmen, dass während der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Kloster Lambach 1 eine Schreiberschule bestand, die vielleicht unter dem Abte Bernhard sich besonderer Förderung zu erfreuen hatte. Ihre 1 Chronicon breve Lamb. p. 8 erwähnt in Lambach Gottschalk und Haymo.