Reinisch. Die 'Afar-Sprache. I. 5 Die Äfar-Spraehe. I. Von Leo Reinisch, ivirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften. Während meines viermonatlichen Aufenthaltes in Massaua vom November 1875 bis Februar 1876 wurde mir eines Mor gens der Besuch von Bilal-Nugüz, Königs der Buru-'Afar, ge meldet. Bald trat derselbe, von einem Knaben geführt ein, ein blinder Mann von etwa vierzig Jahren, von reckenhafter Gestalt und stolzer Haltung. Nach der üblichen Begrüssung und Bewirthung motivirte er mir im Idiom der Tigrc den Zweck seines Besuches und sprach: Ich bin Bilal-Nugus. Fünfzehn Regenzeiten sind um, seit mir die Buru das Haupt eingehüllt und mich auf den Stein gesetzt haben. Niemand führte offene oder heimliche Klage über mich, denn ich that Jedem nach seinen Werken. Es gab keinen Hungernden; denn alle Buru trinken Milch von zahlreichen Kamelen, Kühen und Ziegen. Aber Allah ist der Starke und Mächtige und er erhöht und er niedrigt nach seinem Ermessen. Bilal berichtete nun weiter, dass vor einem Jahre sein linkes Auge erkrankt sei: an dem Augenlide habe sich ein Auswuchs gebildet, den ein abessinischer Arzt mit glühendem Eisen ausgebrannt, dadurch aber auch das Auge geblendet habe. Kurze Zeit darnach sei auch das rechte Auge trübe geworden und habe allmälig die ganze Sehkraft verloren. Da er als blinder Mann das Volk nicht anführen könne, so sei ihm sein jüngerer Bruder zum Wakil beigegeben worden, der nun die Buru führe. Nun habe er (Bilal) durch Schifferleute gehört, dass ein Frängi in Massaua rveile und so sei er zu mir gekommen, ob ich ihm \vohl wieder zu seinem Augenlichte verhelfen möge. Ich drückte ihm mein Bedauern aus, ihm nicht helfen zu können, weil ich kein Arzt sei, stellte