140 Werner. die Stelle der Natur tritt als philosophisches Betrachtungsobject unmittelbar der Mensch selber. Gemeinsam ist beiden differenten Richtungen und Anschairungsweisen die Beziehung ihres specifi- schen Betrachtungsobjectes auf die allwirkende göttliche Causali- tät; wie der Cartesischen Weltlehre die Kenntniss der imma nenten Bewegungs- und Gestaltungsprincipien der Körperwelt noch völlig fehlte, ermangelte auch Vico’s Geschichtsphilosophie noch völlig der Advertenz auf die in vielfältigster Diversität gegebenen selbstigen Principien der individuellen Gestaltungen des geschichtlichen Zeitlebens der Menschheit. Darin tritt aber ein bedeutsamer Unterschied zwischen Yico und der Cartesi schen Doctrin hervor, dass er gegenüber der in den Gedanken einer kosmischen Unendlichkeit sich verlierenden Cartesischen Weltlehre das Bedürfniss einer Sammlung und Concentrirung der philosophischen Weltbetrachtung in der Idee des Menschen zur energischen Geltung brachte. Darum zwecken auch alle seine methodologischen Anweisungen auf Menschenbildung ab; Regeln zur Auffindung des Wahren, wie Fardella sie zu ent wickeln versuchte, scheinen ihm überflüssig, da, wie es ihn bedünken will, der geistig geweckte Mensch, wofern ihm die Richtung auf die wahren Ziele eines menschenwürdigen Strebens gegeben worden, in der Anstrebung derselben sich von sich selbst zurechtzufinden wissen werde. Nicht Regeln zur Auf findung der im Menschheitsdasein allgegenwärtigen Wahrheit, sondern zur fruchtbaren Erweiterung des Wissens, d. i. der Erkenntniss der vielfältigsten Wechselbezüge des Wahren er scheinen ihm als ein Bedürfniss, welchem aber gerade die über der Kritik die Topik vernachlässigende Cartesische Doctrin nicht gerecht zu werden gewusst habe. Obschon Yico nirgends Fardella namentlich vorführt, darf man doch immerhin annehmen, dass seine Polemik gegen den Cartesianismus zum nicht geringen Theile Fardella galt, sofern dieser einer der ersten und namhaftesten Vertreter des Cartesianismus in Italien und für die Verbreitung desselben als öffentlicher Lehrer und als Schriftsteller thätig war. Ob Fardella von aussen gehemmt, oder weil er zu keinem förm lichen Abschlüsse seiner philosophischen Bestrebungen kam, seine beiden am weitesten ausgreifenden Werke unvollendet Hess, lässt sich mit Sicherheit nicht entscheiden; vielleicht hatte