132 Fluctuation in denselben habe ich bei ausgebildeter Stase oft noch vier bis fünf Stunden lang beobachtet. Ueber den Zusammenhang der vorbeschriebenen Erschei nungen sind verschiedene Hypothesen aufgestellt worden, die aber grösstentheils kein Gegenstand wissenschaftlicher Discus- sion sein können, da sie höchst problematische Kräfte, wie z. B. eine vermehrte Anziehung zwischen den Blutkörperchen und den Wänden der Capillargefässe in Requisition ziehen. Nur auf die bekannte Ansicht von Henle muss ich hier näher eingehen, da sie die gangbare ist, und mit Recht den von anderen Autoren aufgestellten vorgezogen wird. Henle sagt in seinem Handbuch der rationellen Pathologie (Bd. H. p. 4fiIJ: „Mit der Erweite rung der Gefässe, welches auch die Ursache derselben sei, sehen wir die Strömung des Blutes sich verlangsamen. Diese That- sache, auf einem bekannten hydraulischen Gesetze beruhend, bedarf kaum einer besonderen Erklärung.” Diess ist der Ober satz von Henle’s Entzündungstheorie, durch welchen er dieVer- langsamung der Blutbewegung aus der Erweiterung der Capil largefässe und der kleinen Venen ableitet, welche er als das Primäre betrachtet, ihn müssen wir also zunächt ins Auge fas sen. Wenn ich durch eine irgend wie gestaltete Röhre Flüssig keit hindurchtreibe, so kann ich die mittlere Geschwindigkeit derselben in irgend einem Stücke der Röhre, welches ich als cylindrisch betrachte, ausdrücken durch v = wenn ich unter p das Flüssigkeitsvolum verstehe, welches in der Zeit t durch- passirt, und unter q den Querschnitt des betreffenden Theils der Röhre. Hiernach scheint es allerdings als ob v abnehmen müsse, wenn q wächst, man darf aber nicht vergessen, dass p selbst Function von q ist, und dass es leicht geschehen kann, dass bei einem Wachsen von q der Quotient grösser wird als er vorher war. Ob dieser Fall eiutritt, wird, wenn der als Triebkraft benutzte Druck derselbe bleibt, natürlich abhäugen von der Gestalt und den Dimensionen der llöhre und von der Ausdehnung, in welcher q verändert wird. Betrachten wir das Gefässsystem und die Verhältnisse, unter welchen sich das Blut in denselben bewegt, so finden wir, dass zwar in den Capilla- ren das Blut langsamer fiiesst als in den Arterien; und selbst etwas langsamer als in den Venen, und dass mithin der Ge-