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SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
AK1DEMIE DER MISCBAFTIL
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
SIEBZEHNTER BAND.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER
K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1855.
SITZUNGSBERICHTE
DER
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN
CLASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
SIEBZEHNTER BAND.
Jahrgang 1865. Heft I bis III.
(3Iit 3 Karte nnb 3t3 Cafeltt.)
KMSERLpE AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN
IN WIEN.
)
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI W. BRAÜMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER
K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1858.
300000
/IT. 4 C5S
INHALT
Sitzung; vom 8. Juni 1855.
v. Littrow, Nachträgliche Mittheilung bezüglich der in den Sitzungen
vom 18. Jänner und 22. März d. J. vorgelegten Arbeiten des Herrn
Dr. C. Hornstein über die Bahn der Calliope 3
\ Grunert, Über eine geometrische Aufgabe, ftiit besonderer Rücksicht
auf die Bestimmung der Stillstandspunkte oder Stationen der
um die Sonne sich bewegenden Weltkörper 4
^ — Über eine astronomische Aufgabe 35
Auszug aus einem Briefe des Professors, Hofrath Wühler in Göttin
gen, correspondirenden Mitgliedes der kais. Akademie der
Wissenschaften, an den Vorstand des kais. Hof-Mineralien-
Cabinets, P. Part sch 36
' Schafarik, Über die Cyanverbindungen des Platins 57
V Kner, lchthyologische Beiträge. (Mit 6 Tafeln.) 92
Sitzung; vom 14. Juni 1855.
Hr. A. v. Pelz ein, Assistent am k. k. zool. Cabinete, übergibt im Namen
des w. M., Dr. K. M. Diesing die Beschreibungen und Abbil
dungen von 19 Arten Trematoden für die Denkschriften der
kais. Akademie der Wissenschaften - . 163
Hyrtl, Über die aceessorischen Kiemenorgane und den Darmcanal der
Clupeaceen 163
\j Hechel, Neue Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fische Österreichs . 166
Sitzung; vom 21. Juni 1855.
Rochleder, Chemische Notizen 169
Zantedeschi, Nuovo Elettroscopio per le due elettricita d’ influenza.
(Con 1 tavola.) 171
\^Wedl, Über das Herz von Menopon pallidum. (Mit 1 Tafel.) . . . 173
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 181
Tabellarische Übersicht der Witterung in Österreich im Monate Mai.
(Mit 2 Tafeln.)
Sitzung vom 5. Juli 1855.
Nachricht von dem Ableben des correspond. Mitgliedes, Herrn Prof.
Dr. Franz Adam P e t r i na 187
\,Haidinger, Vereinfachte Methode der graphischen Winkelmessungen
kleiner Krystalle 187
^ — Die Formen des Kalichlorcadmiates 189
VI
N Schiefferdecker, Bericht über die vom Verein für wissenschaftliche
Heilkunde in Königsberg- in Preussen angestellten Beobachtungen
über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft und sein Ver-
hältniss zu den herrschenden Krankheiten. (Mit 15 Tafeln.) . 191
' i v. Waltenhofen, Entwurf einer Construction der Luftpumpe .... 238
I Fitzinger, Bericht an die kaiserl. Akademie der Wissenschaften über
die von dem Herrn Consulatsverweser Dr. Theodor v. Heuglin
für die kaiserl. Menagerie zu Schönbrunn mitgebrachten lebenden
Thier e • 242
Satzung vom 12. Juli 1855.
Fenzl, Bericht über Dr. Joseph Loren z’s Abhandlung, betitelt: Die
Stratonomie von Aegagropila Sauteri 254
\jZantedeschi, Ricerehe sulla contemporaneitä del passaggio delle opposte
correnti elettrichein un filo metallico. Memoria II.(Con 2 tavole.) 257
Boue, Über die Quellen- und Brunnenwässer zu Vöslau und Gainfahrn.
(Mit 1 Tafel.) 274
Marcus, Der Antigraph (Gegen- oder Verkehrtzeiehner) 282
Sitzung vom 19. Juli 1855.
Der Secretär zeigt an, dass der österreichische Reisende, Herr Dr. Karl
Scherz er, welcher vor Kurzem aus Central-Amerika zurück
gekehrt ist, von dort eine Sammlung von Naturalien mitgebracht
und der Akademie zum Geschenke gemacht hat 284
Gintl übergibt der Classe ein versiegeltes Packet zur Wahrung seiner
Prioritäts- und Eigenthumsrechte 284
Wähler, Analyse der Meteorsteine von Mezö-Madaras in Siebenbürgen 284
' Zeuschner, Über die Verbreitung des Löss in den Karpathen zwischen
Krakau und Rima-Szombat 288
Fitzinger, Vortrag über eine neue Katzen-Art (Felis Poliopardus). (Mit
1 chromolithographirten Abbildung.) 295
Wedl, Über das Nervensystem der Nematoden. (Mit 1 Tafel.) . . . 298‘
. Kner, Über ein neues Genus aus der Familie der Welse , Siluroidei.
(Mit 2 Tafeln.) 313
\J Türck, Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz bei neural
gischen Anfällen und über den Rhythmus solcher Anfälle . . 317
Hauer, Karl Ritter v., Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums
mit basischen Chlormetallen. II. 331
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 355
Tabellarische Übersicht der Witterung in Österreich im Juni 1855.
(Mit 2 Tafeln.)
Sitzung vom 4. October 1855.
Zenger, Über die Messung der Strom - Intensität mit der Tangenten-
Boussole 361
^ Hlasiwetz, Über Rutinsäure und Quercitrin 375
— Über das Phloretin 382
Glockcr, Neue Beobachtungen über das Vorkommen des Stilpnomelans 401
\j v. Littrow, Über den Zusammenhang von Flecken und Protuberanzen
der Sonne 411
Diesing, Zwanzig Arten von Cephalocotyleen 424
Filipuzzi, Deila Paraffina 425
— Analisi del carbone fossile di Cludinico in Carnia 440
VII
Seite
Sitzung; vom 11. October 1855.
V Osnaghi, Analyse des Mineralwassers zu Galdhof bei Selowitz in Mähren
Scherfely Analyse des Schmökser Mineralwassers
\j Ilaidinger, Vergleichung- von Augit und Amphibol nach den Hauptzügen
ihrer krystallographischen und optischen Eigenschaften . . .
443
449
456
Sitzung; vom 18. October 1855.
Zwei Schreiben des Herrn Prof. Zejszner in Krakau an das w. M.,
Herrn Dr. Boue in Wien 475
Russegger, Bericht über das am 30. September 1855 Abends gegen
9 Uhr stattgefundene Erdbeben 479
v v, Schauroth, Übersicht der geognostischen Verhältnisse der Gegend
von Recoaro im Vicentinischen. (Mit 1 Karte und 3 Tafeln.) . 481
\J Czermdk, Physiologische Studien. III. Abtheilung. (Mit 1 Tafel.) . . 563
, Hornstein, Opposition der Calliope im Jahre 1856 601
Hörnes, Über einige neue Gastropoden aus den östlichen Alpen . . 612
^Beigel, Über Auftreibung und Bersten der Haare, eine eigenthümliche
Erkrankung des Haarschafles. (Mit 1 Tafel.) 612
Wahlen 618
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 619
Tabellarische Übersicht der Witterung in Österreich in den Monaten
Juli und August. (Mit 4 Tafeln.)
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XVII. BAND. I. HEFT.
JAHRGANG 18SS. — JUNI.
SITZUNG VOM 8. JUNI 1853.
Das w. M., K. von Littrow theilt mit Bezugnahme auf die
in den Sitzungen vom 18. Jänner und 22. März d. J. vorgelegten
Arbeiten des Herrn Dr. C. Hornstein über die Balm der Cal-
liope die Unterschiede mit, welche bei der eben eingetretenen
neuen Sichtbarkeit dieses Asteroiden zwischen der Hornstein’-
schen Ephemeride und der Beobachtung an hiesiger Sternwarte
gefunden wurden.
Beobachtung — Rechnung.
Sa Sä
18SS. Mai 22. . . -f 5 S 35 — 2S ; 0
„ 22 . . . + 4-87 — 25-1
„ 24 . . . -f 5-33 — 26-8
Solche Übereinstimmung der Vorausberechnung mit der Wirk
lichkeit lässt bei einem noch so wenig beobachteten Himmels
körper nichts zu wünschen übrig; die Abweichungen sind so klein,
dass es zum Behufe der Aufsuchung des Planeten nicht einmal
nöthig ist, die von Herrn Hornstein in dem ersten der oben
angeführten Aufsätze gegebene Methode zur Verbesserung der
Ephemeride zu benützen.
Eingesciidete Abhandlungen.
Über eine geometrische Aufgabe, mit besonderer Rücksicht
auf die Bestimmung der Stillstandspunkte oder Stationen der
um die Sonne sich bewegenden Weltkörper.
Von dem e. M. J. A. firmiert.
Die Aufgabe, mit deren Auflösung ich mich in diesem Aufsatze
beschäftigen werde, ist folgende:
Wenn zwei Curven im Raume gegeben sind, in
denselben zwei Punkte von solcher Beschaffenheit zu
finden, dass, wenn man durch diese P u n k t e B er üb ren de
an die beiden Curven legt, diese Berührenden sich
schneiden, und die Entfernungen ihresDurchschnitts-
punktes von den beiden Berührungspunkten in einem
gegebenen Verhältnisse zu einander stehen.
Die Astronomen wissen, dass auf dieser Aufgabe lediglich die
Bestimmung der sogenannten Stillstandspunkte oder Stationen der
ilie Sonne umkreisenden Wellkörper beruhet, wenn man für das in
Bede stehende Verhältnis das Verhältnis der Geschwindigkeiten
der Erde und des betreffenden Planeten oder Cometen setzt, worüber
man unter anderen astronomischen Lehrbüchern besondersB ohnen-
berger’s Astronomie, Tübingen 1811, §. 90 und §. 99
nachsehen kann. Nach Keill (Jntroductio ad veram Astro-
nomiam, Oxoniae 1718, pag. 239) bat zuerst Johann
Bernoiilli die Bestimmung der Stillstandspunkte der Planeten auf
das obige geometrische Problem zurückgeführt, ohne dasselbe jedoch
zur Bestimmung der Stationen selbst anzuwenden, was zuerst Halley
gethan zu haben scheint. In den meisten astronomischen Lehr
büchern findet sich nach elementaren Methoden der Fall behandelt,
Eine geometrische Aufgabe.
5
wenn die Bahnen der Erde und des Planeten als zwei in der Ebene
der Erdbahn liegende concentrische Kreise und die Geschwindigkeiten
beider Weltkörper als constant oder die Bewegungen in ihren Bah
nen als gleichförmig angenommen werden. Die allgemeinen Glei
chungen, welche zu der Auflösung des obigen geometrischen
Problems führen, sind aber noch nicht angegeben worden. Die Ent
wickelung und Aufstellung dieser allgemeinen Gleichungen ist daher
der nächste Zweck dieser Abhandlung. Dann werde ich mittelst
dieser allgemeinen Gleichungen den vorher erwähnten Fall der
Stationen behandeln und seine Auflösung auf Formeln zurückführen,
die theilweise noch nicht bekannt sind und, wie ich glaube, auf beson
dere Eleganz Anspruch machen dürfen. Was mir aber für die Wis
senschaft von besonderem Interesse zu sein scheint, ist die Bemer
kung, dass sich auch der allgemeinere Fall, wenn man zwar wie
vorher die Erdbahn und die Planetenbahn als kreisförmig und die
Geschwindigkeiten als constant oder die Bewegungen als gleich
förmig, aber die Bahnen nicht beide in die Ebene der Erdbahn fallend
annimmt, also die Neigung der Ebene der Planetenbahn gegen die
Ebene der Erdbahn gehörig berücksichtigt, mit fast gleicher Leich
tigkeit wie der vorher erwähnte speciellereFall nach meiner Methode
behandeln und auf ganz eben so elegante Formeln zurückführen lässt.
Um diesen Aufsatz nicht zu sehr auszudehnen, habe ich mich für
jetzt mit der Behandlung der beiden vorher erwähnten Fälle begnügt,
werde aber späterhin vielleicht auf diesen, wie es mir scheint, mehr
fach interessanten Gegenstand zurückzukommen mir erlauben.
I.
Die Gleichungen der beiden gegebenen Curven im Raume
wollen wir im Allgemeinen durch
y = f (a?), 2 = F (x) und y = f (a?), 2 = F, (x) 1)
bezeichnen. Werden nun die gesuchten Punkte dieser beiden
Curven durch (uvw) und («, v, w t ) bezeichnet, so dass der erste
dieser beiden Punkte der ersten, der zweite der zweiten Curve
angehört, so haben wir die Gleichungen:
v = f 0), w = F (u) und = fi (uf), w t = F, («,). 2)
6
G r 11 n e r t.
Die Gleichungen der in den Punkten (uvw) und (iii Vi w i ') an
die beiden Curven gelegten Berührenden sind nach den Lehren der
analytischen Geometrie:
3)
y — v
V — v i
dv
d u
dv j
du.
w
(x — u), *
(x — U t ), Z — Wi
d w
d u
dw i
d u,
(x
O
u) und
Ul).
Sollen diese Berührenden, wie die Aufgabe verlangt, sich
schneiden, so muss bekanntlich die Bedingungsgleichung
tdv dv,
) \{ W - U T7,)-V W '- U ' jttJII
= 0
4)
(dv dvi\ (/■ dw\ ( dw.\)
Vdu ~gp |r - “ diJ ~ l w * ~ Ui ttJ 1
(dw dwi\ \( dv\ r dv,\)
~ (du -dVj - “ dJ ~ - «* J^)\
tfinden, welche man leicht auf die folgende Form brin
, , (dv div. dw d v,\ (dw dw,\
(u — «J ) I —— ■ — +(* — Ui) -|
VaM d Ui du dui> v \d u du x )
(dv d
(w — Wi) J
V« u au ± J
Bezeichnen wir nun die Coordinaten des Durchschnittspunktes
der beiden Berührenden durch x, y, z, so müssen, natürlich unter
der Voraussetzung, dass die vorstehende Bedingungsgleichung erfüllt
ist, diese drei Coordinaten aus den vier Gleichungen 3) bestimmt
werden. Zur Bestimmung von x erhält man aus diesen Gleichungen
durch Subtraction:
also:
5)
Ul
Wi
( dv dv,\ (
j T- 1 X—ltl
du d u y ) V
( dw div,\ (
Tu ~ dTi) x ~y i
d v
du
dw
du
dvii
Ui
^ '
Ui
d u
dw ±
du
U J’
X
X
. ( dv dv t \
V 1 V + I U U. I
V du 1 duj
d v dv l
du dui
, f dw dw,\
o t — w + I u u, I
V du duiJ
d w dw x
du d Ui
Eine geometrische Aufgabe.
folglich:
x — u —
, , d i>i
«j — V — (Mj — w)
d Uj
d v dvi
du du t
— w — (u x — n)
6)
X — u =
d
dui
und:
dw d w t
d u d U\
— V — (ll x — 11)
X Ui —
d u
dv d Vi
du d M]
7)
iv t W («! — u)
X «i —
d io d vj\
du d ui
Die Quadrate der Entfernungen des Punktes (ar y z) von den
beiden Berührungspunkten {u v w) und (u t v t w,) sind
(x — u ) a -j- (y — v ) 3 -f (z — w ) a und
(x — «<i) 3 ■+- (y — *>i) 2 + 0 — W X’
also nach 3): ,
(x— u) 2 jl -f und
<— -H* + 6f) , + (£>1‘
und da nun nach den Bedingungen der Aufgabe diese beiden Entfer
nungen zu einander in einem gegebenen Verhältnisse, welches wir
durch fjr.fXi bezeichnen wollen, stehen sollen, so muss
d w\~
d u
= r bl
öder:
also:
(x - u) j 1 + (—) + (
_ 3( (dv,\z , rdw.\^) |
(*—) |' + (^)+(ü;)|:
+ (£)•+(£)■},
- ±A( —.)ViTlfTl)
8
oder:
G r u n e r t
IX (x
+ pt o
«.)V.+fc) < +(W(
d u t )
*) v^'(^)’+(^r
sein. Führen wir jetzt in diese Gleichung für x — u und x — u x
ihre Werthe aus 6) und 7) ein, so erhalten wir die beiden folgenden
Gleichungen:
+ /■* i »l
V — (tt,
•■)^|V<+(^r+ot
+"£)•+(£)
V«+0'+(j9
0,
d w
/X \ !Vi — w — (Ul — u) v 1
= 0;
8)
oder, wie man nach leichter Entwickelung findet:
-SV 1 +c-:wcy
»£V‘ + (3 + G3 T £V < + (M) +03
* V*+c-)*+ 03* <*• V* + cd +£)*’
Diese beiden Gleichungen und die vier Gleichungen 2) reichen
zur Bestimmung der sechs Coordinaten u, v, io und u t , Vt, w t der
beiden gesuchten Punkte bin, und lösen also unser Problem im All
gemeinen auf; dass man aber auch eine der in Rede stehenden sechs
Gleichungen durch die Gleichung 4) ersetzen könnte, versteht sich
von selbst und braucht wohl kaum noch besonders erinnert zu
werden.
Wenn die beiden gegebenen Curven in einer Ebene, die wir
als Eltone der xy annehmen wollen, liegen, so reichen die beiden
Gleichungen
9) V = f (.o), y = f\ (x)
zu ihrer Charakterisirung hin, und es ist nun allgemein 2 = 0 für
beide Curven, also auch w — 0 und w l = 0. Daher sind die
Eine geometrische Aufgabe.
9
Gleichung 4) und die zweite der Gleichungen 8) identisch erfüllt, so
dass man jetzt also zur Bestimmung der vier Coordinaten u, v und
Ui, Vi nach dem Obigen nur die drei folgenden Gleichungen hat:
V = f (u), V, = f (?<,);
-V‘+o ! --.v>+e)‘
9*)
Daher ist die Aufgabe im vorliegenden Falle unbestimmt, und
man wird also in diesem Falle immer den einen der beiden Punkte
(u v) oder (w 4 v t ) in der ersten oder zweiten Curve willkürlich
annehmen können, wodurch die erste oder zweite der drei Gleichun
gen 9) erfüllt wird, und die beiden Coordinaten des andern Punktes
dann mittelst der beiden anderen der drei Gleichungen 9) bestimmt
werden müssen.
II.
In den astronomischen Lehrbüchern hat, wie schon in der Ein
leitung erwähnt worden ist, der Fall mehrfache Behandlung gefun
den, wenn die beiden gegebenen Curven zwei in der Ebene der x y
liegende concentrische Kreise sind. Nehmen wir den gemeinschaft
lichen Mittelpunkt dieser beiden Kreise als Anfang der x y an, und
bezeichnen die Halbmesser der beiden Kreise durch r und r t , so
haben wir die beiden Gleichungen:
u 3 -f- v 2 = r 2 , Ui a -j- 2 ;
aus denen sich:
also:
u -|- v
d v
d u
0, Ui
+ »i
d Vi
d u 1
dv u dvi Ui
du v ’ d Ui v t ’
folglich:
i i ( dv Y u " + 1,2 ^ -i i ( dv iY V + V
'~\du) v" v 2 ’ “*~Vrf Wl J v 2
ergibt. Haben nun v und v t gleiche Vorzeichen, so ist:
V
10 Gr ii n e r t.
haben dagegen v und v, ungleiche Vorzeichen , so ist:
Vl + Ö’=±l,Vl + (^!) ! = T ^
\auJ v \cl n x ) v ±
indem man die Vorzeichen immer so nimmt, dass die Quadratwurzeln
positiv werden. Im ersten Falle führt die dritte der Gleichungen 9)
zu der folgenden Gleichung:
u __ u j r
P- — + H —
V Vi t»t!]
' J
»*1 _ r
P ~ + H ~
Vi v
im zweiten Falle dagegen führt die dritte der Gleichungen 9) zu der
folgenden Gleichung:
u r, u, r
ß— ± ßi —
V U| V V\
■ 3
»*1 . r
ß~.± ß i -
»ll V
so dass man also im Grunde doch nur die Gleichung
v — v ±
u — u x
ii r t __ «i r
M — + Hl —
V V 1 V Uj
r l r
fl + fl x
Vi V
hat, auf welche wir daher im Folgenden auch nur unser Augenmerk
richten wollen. Leicht bringt man diese Gleichung auf die Form:
H i\
(» —| »(» —«i)|
( ®i v v t S
= ± IM r
V — v x u x (u — u{)
also auf die Forrn :
H )'i (u" v 2 — uu, •— v v,) == + [j.i r («! - -f- v, - — u u, — v v, ),
folglich auf die Form :
u ri (r 3 —- u «j — Wi) + /Mi r (r l ~— u u t — v r,) = 0,
eine Gleichung von sehr eleganter Gestalt.
Aus dieser Gleichung ergibt sich sogleich:
u u t -f- v v t — r ?’i
ßr + [ij Tj
tiri± /ii r ’
und da es nun in dem vorliegenden Falle zweier concentrischer Kreise
offenbar ganz gleichgiltig ist, wo man in dem einen der beiden
gegebenen Kreise den willkürlich anzunehmenden Punkt hin verlegt,
so wollen wir u, = 0, v t = setzen, wodurch wir mittelst der obigen
Gleichung sogleich
tir ±ii l r i
V = }’
nr l ±fi i r
Eine geometrische Aufgabe.
ll
erhalten. Weil aber
u 2 — r* — v* — (r — v') (r -f- v)
st, so ist, wie man leicht findet:
„ „ O + O ± Ih) Oi — »•) O'i + »0
also:
tt 3 __ r 2
(ß± Mi r)~
„ O a - ^i a ) Oi a - ra )
O »'j ± Mi ’O 2
Daher haben wir für u, v die beiden folgenden Systeme zusam
menstimmender Werthe:
P(M a — Mi a )Oi 3 — r 3 ) ftr +Mi'ri
+ r ; , v = r
Mr t + Mi r
und
, ^(// 2 - Mj 2 j (Vf 2 - r 8 )
+ r , v — r
M J-1 + Ml r
ßr —ß 1 r 1
ßr x —ß i r ßr l — ß i r
Die Möglichkeit des Problems erfordert, dass das Product
— /zj 2 ) (?-i s — r 3 ) eine positive Grösse sei.
Aus I. ergibt sich leicht im Allgemeinen:
X 5=
y
( dv\ f dvi\
d v dv,
du du t
( d v\ dv j ( dv j\ dv
V — U — I I V. — Ua — I —
du) duy V dtiy) du *
dv d vi
du d Uy
also im vorliegenden Falle, wie man leicht findet:
x —
V =
r- «i
v Vi
*V _•
üj V
folglich für u x = 0, v x = r t :
x ■
y = »v
Mittelst leichter Rechnung findet man aber:
, -IH r ( r i 3 —z- 3 )
r 2 —v = h ,
M J‘i ± Mi r
und hat daher nach dem Obigen für a:, ?/ die beiden folgenden, den
obigen entsprechenden Systeme von Werthen:
12
G r u n e r t.
und
x = + ih
x = ± fr
Vs
p* -PY
V-
p —Pi
also im Grunde nur das eine System
V = >’i
V = } ’i ;
X = ± Pi
V
i 5. ?y = >'i
P* —/V
natürlich jetzt ohne weitere Beziehung der Zeichen zu den Zeichen
in den obigen Werthen von u, v.
Bezeichnen wir die Entfernung des Punktes (a: ?/) von dem
gemeinschaftlichen Mittelpunkte der beiden gegebenen Kreise durch
R, so ist R z — a? 3 -(- y 3 , also, wie man leicht findet:
R
=v
/j. a r, 1 — /i ( 2 r ä
M — Mi
Das Quadrat der Entfernung der beiden Punkte (w ») und («j )
von einander ist
(« — t«i) s + (v — Vi)" = w 2 + (» — >'i ) 2 ;
nun ist, wie man leicht findet:
11 (r 3 — rj 3 )
» — r i =
also nach dem Obigen:
« 2 + (v — jü) 2 =
woraus sogleich
u" + (v — nY
p r i ± Pi r
O 3 — Pf) r 2 (>V — r 2 ) + p" (<'i 3 — r 2 ) 2
(P r i ± Pi »0 2
t>i 2 — r 3 ) (o. 2 rY — pY j ' 3 )
oder
O ± Mi r) 3
« 3 + 0 — i'i) 2 = O'i 2 — r~)
p r l + Pl r
P r i + Pi r
oder, wenn wir die Punkte (u v) und (ih v \) respective durch Pund
Pi bezeichnen:
PP,
r ~)
P r i + Pi r
P ri ±Mi r
folgt.
Bezeichnen wir den gemeinschaftlichen Mittelpunkt der beiden
gegebenen Kreise durch S, so ist natürlich
S P — r, SPi — i\.
Eine geometrische Aufgabe.
13
Bezeichnen wir nun ferner die an den beiden Punkten P und P,
liegenden Winkel des Dreieckes PSP, durch E und E,, so ist
bekanntlich
ST 3 — ST; 3 TT, 3 + i- 3 — r, 3
PPi 2
cos E —
cos Ei =
2 . PP, . SP
TTj 3 + ST, 3 — ST 3
2 . PP, .SP,
aber nach dem Obigen:
PPP + )' 3 — r,
2 r . PP,
PPS + V -
2 r, . TP,
PP,~ -f r, 3 — r 3 =
also, wie man sogleich übersieht:
■’oy.
_ 2/,;., r fr, 2 — r 2 )
lir, ± ß,r
“Ifir, (r, 3 — r~)
li r, ± fi, r
COS E = + ^ ^ 1
M r, ± Mi r
cos E, =
li r, +ii, r
M 0
(r, 3 r 3 ) (u r, + p, r) ’
M
o-, a - »•"■) y
n ± Mi r ' (r
M» - ! ± Mi r
-J- 3 ) Oii-1 + Ml» - )
Diese Formeln noch weiter zu reduciren, ist nicht zulässig,
weil man sich dabei nicht würde versichert halten dürfen, dass die
Vorzeichen der beiden Cosinus richtig bestimmt bleiben; allerdings
aber übersieht man auf der Stelle, dass
Mi 3 Oi 3 — »' 3 )
cos jE 2 =
cos Ep —
M* »i — Mi" »'“
M 3 (>i 3 — r ~)
M *"i Mi“ 1
ist. Bemerkenswerth ist auch die aus den vorhergehenden Formeln
sich unmittelbar ergehende Proportion :
cos E : cos E, — + p, : p.
Sehr leicht erhält man ferner:
(M 3 — Mi 3 ) » - i 3
sin E' 1 = 1 — cos E~ =
s/h Ep— 1
cos ZS,
M ri — Mi r “
(M 3 —M, 3 ) 1-3
M" »V — Mi"»*“
also, weil die Sinus der 180° nicht übersteigenden Winkel E und E,
immer positiv sind:
sin E = r, \■
sin E, = r ~\j■
■ Mi
M" »Y
M — Mi
M »t
' Mi"
14
Grüner t.
woraus die sich auch ganz von selbst verstehende Proportion
sin E : sin E x = : r
folgt.
Endlich erhält man aus dem Vorhergehenden auch unmittelbar
die beiden folgenden sehr einfachen Formeln:
(fi 2 — /jt. 2 ) r, 2 (fi 2 — /ij 2 ) r"
lang E'~ = —, tang E, 2 = -.
ßi O'r — r 3 ) J fl 2 (>v - >-)
Bezeichnen wir den an dem Punkte S liegenden Winkel des
Dreiecks PS durch S, so ist bekanntlich
cos S —
SP 2 + S JV — PP* r 2 + r i 2 — PP 1 2
2 . SP. SP.
es ist aber, wie man leicht findet:
r 3 -J- »’i 2
PPi 2 = 2 r r t
2 rr.
f“ 1- ± f‘t r i
also:
cos V =
M r x ± >i r
ß r ± ßi »’i
woraus sich leicht
■ o„ Ca 2 — Mi 2 ) Oh
o 2 =
ß Cj ±/i,r
2 — r 2 )
also
tang S 2
(ß r i ± ßi r) 2
(fi 2 — Mj 2 ) (Vj 2 — r 2 )
(F + h Cj) 2
ergibt.
In der Theorie der Stillstände der Planeten setzt man das Ver
hältnis p'-p-i dem Verhältnisse der Geschwindigkeiten zweier in
concentrischen Kreisen in einer Ebene sich gleichförmig bewegen
den Planeten, von denen der eine gewöhnlich die Erde ist, gleich.
Sind nun T und Ti die Umlaufszeiten dieser Planeten, so ist
2 r tz 2 r x -k r r 1
T
Ti
T ' T,
das Verhältnis der Geschwindigkeiten, also
P : ^ ^ : = r Tl: r> T ’
folglich
fp = r 2 Ti 2 : r 4 2 T 2 .
Nach dem dritten Kepler’schen Gesetze ist aber
r i »:r»=T i * : T 2 ,
Eine geometrische Aufgabe.
II)
also nach dem Vorhergehenden:
woraus
oder
f* 2 '■ 1*1* = r 2 r 1 *:r 1 *r 8 =r 1 :r
t* ■■ p.\ = Vn : Yr
folgt. Also ist nach dem Obigen:
_ (r t 2 - r 2 ) V r
COS E = H 17 -7-
V r l ± r Vr
cos E> = fr ' 2 “ r2)V ' ri
1 / t’j f i’i + r f r
(»•j 2 — r 2 J (r t Vrj + r fr)
v;
Vrj + r Vr
r l Yr i ±r Vr T {r 3 - r 2 ) Vr, + r Vr) ’
folglich
cos E : cos Et — + Vr : Vrf
Setzt man der Kürze wegen
K=
so ist:
cos E — +
Vr
K
V
K
r, Vr, + r Vr ’
COS
F V K
1 K ' r, Vr, + r Vr
Diese Formeln sind zwar etwas weitläufig; wollte man dieselben
aber weiter vereinfachen, so würde man Gefahr laufen, dass die
Vorzeichen der Cosinuse nicht richtig bestimmt blieben. In der Tliat
sind diese Formeln, welche bis jetzt unter der vorhergehenden Ge
stalt noch nicht bekannt waren, die einzigen, welche eine ganz
unzweideutige Berechnung der Winkel E und E t , die in der Astro
nomie bekanntlich die Elongationen der betreffenden Planeten von
der Sonne genannt werden, gestatten; keine andere der bis jetzt in
den astronomischen Lehrbüchern vorkommenden Formeln ist dies zu
leisten im Stande.
Leicht ergibt sich mittelst des Obigen auch:
oder:
sin E~ —
(rt — r) r 3
^
sin Et 3
(r, - >0 r 2
rV — r 3
sin E~ =
+ »• »’i + r,
r, sin E, 3 ■■
r 3 + r r, + »V
16
also:
sin E —
Grün e r t.
r
Yr 2 + r r ± + ?y
■, sin Ei —
Yr 2 + r i'j + }•/
welche Formeln es aber unbestimmt lassen, ob die Winkel E und E t
spitz oder stumpf sind.
Leicht erhält man nun auch:
cos E 3
folglich:
tang E~
r (r + r,)
r 3 + rr i + rq
1“
- , COS El 2
r i (r + r t )
r- + r r, + r,
r.
oder:
tang E-
r (»• + r j
ß)
, tang Ey 2 =
1 + -
tang E, 2
r i (r + ,- i)
&
I + -
n
woraus sich ohne Beziehung der oberen und unteren Zeichen auf
einander
rj r
r\
tang E = ±
V
1 + -
tang E t = +
ergibt, und die oberen oder unteren Zeichen zu nehmen sind, je
nachdem die betreffenden Winkel spitz oder stumpf sind; ob aber
das Erste oder das Zweite der Fall sei, darüber liefern natürlich
diese Formeln gar keine Entscheidung, so einfach dieselben auch an
sich sind; eine solche Entscheidung liefern nur die oben von mir
gegebenen, bis jetzt noch nicht bekannten Ausdrücke von cos E und
cos Ei, welche freilich weitläufiger sind. Die vorhergehenden Aus
drücke von tang E und tang Ei sind die , welche bis jetzt allein in
den astronomischen Lehrbüchern Vorkommen; ihre erste Erfindung
scheint Keill (a. a. 0. S. 236) zu gebühren, wie auch Delambre
in seiner Astronomie theorique et pratique, Tom. HI,
pag. 8 bemerkt.
Endlich erhalten wir aus dem Obigen noch zur Bestimmung des
Winkels S die folgende ganz allgemein gütige Formel:
cos S
r V r x + r t Yr
\ Yr, ± >- Yr '
r.
17
Aus dieser Formel ergibt sich:
also:
oder:
und folglich, weil tang iS immer positiv ist:
wo es nicht verstattet ist, die Quadratwurzel aus dem Zähler wirk
lich auszuziehen, eben desshalb, weil, wie schon erinnert, tang\S
immer positiv sein muss.
Auch ist, wie man leicht findet:
Will man praktisch ohne alle Zweideutigkeit rechnen, so scheint
mir dabei das folgende Verfahren das einfachste zu sein. Man
berechne S mittelst der Formel
oder:
2
tang \S = ]J j ? •
r l
wobei nie eine Zweideutigkeit bleiben kann. Dann kennt man
E + E, = 180» — S.
Weil nun in dem Dreieck P S P t die Winkel E und E, den
bekannten Seiten r, und r gegenüber stehen, so weiss man, welcher
von denselben der kleinere ist, und dieser Winkel ist jederzeit spitz,
kann also immer mittelst einer der beiden Formeln:
Sitzb. d. mnthem.-naturw. CI. XVII. Bd. I. Hft. 2
18
Grüner t.
r i
tang E — ±
tcmg K t = +
in denen für spitze Winkel die oberen Zeichen zu nehmen sind,
gefunden werden, worauf man dann auch den andern der beiden in
Rede stehenden Winkel leicht ohne Zweideutigkeit findet, weil man
nach dem Obigen die Summe E-\-E x dieser beiden Winkel kennt.
III.
Wir wollen nun zwei aus demselben Mittelpunkte mit den
Halbmessern r und beschriebene Kreise betrachten, deren Ebenen
unter einem gewissen Winkel gegen einander geneigt sind. Den
gemeinschaftlichen Mittelpunkt der beiden Kreise nehmen wir als
Anfang der xyz an, ihre gemeinschaftliche Durchschnittslinie soll die
Axe der x, und die Ebene des mit dem Halbmesser r x beschriebenen
Kreises soll die Ebene der xy sein. Bezeichnen wir dann den 180°
nicht übersteigenden Winkel, welchen die Ebene des auf der
positiven Seite der Ebene der xy liegenden Theils des andern mit
dem Halbmesser r beschriebenen Kreises nach der Seite der
positiven y hin mit der Ebene der xy einscbliesst, durch *; so
sind die Gleichungen der beiden Kreise offenbar für den einen:
x* + ?y 3 + = »' 3 , * = y tang i
oder:
x" + V 2 + * 3 = »’ 3 , y sin i — * cos i = 0;
und für den andern:
x ~ +y 2 = >'i 3 » * = 0.
Daher haben wir zwischen den gesuchten Coordinaten u, v, w
und iiy, Vi, Wi jetzt die folgenden Gleichungen:
m 3 -j- v~ -j- iv- = r 3 , v sin i — w cos i = 0
und
Ui 3 + «i 3 — ?’i 3 , Wi — 0.
Aus diesen Gleichungen erhält man durch Differentiation:
dv dw dv . dw
u -j- v — \-w — = U, — sm t — cos i — 0
d u d u d h d u
dv. dw.
Ui + »i -— = 0. — = 0.
d Ui d. ;/ |
Also ist, wie man leicht findet:
und
Eine geometrische Aufgabe.
19
und folglich:
d v
du
woraus sich
. , , . , . . s d v
u cos i -f- (v cos i w sin i) — = 0,
du
• • , r • i . .. dw
u sm i -f- (v cos i w sin i) — = 0
du
d iv
v cos i -f- iv sin i du v cos i -\-w sin i ’
dv\2 rd w\2 u~ -f- (y cos i + w sin t) 2
(v cos i + iv sin i)~
i _|_ u + e<
\du) \du) (vcosi
ergibt. Nun ist aber
u~ -f- (v cos i -j- w sin i)
— u 2 -\- » 2 + w 2 —v‘~ (j —cos i~) — w 2 (l —sin 2vw sin i cos
' — n" v" -f~ w 2 — (» 2 sin i 2 — 2vw sin i cos i -J- io- cos i 2 )
= u 2 4 v- -f- w 2 — (v sin i— w cos i) 2 ,
also, weil nach dem Obigen
u 2 4 v 2 -\- w 2 — r 2 , v sin i — w cos i = 0
ist:
u 2 -(- (v cos i 4 w sin i) 2 = r 2 ,
folglich:
i + fiv + •
Vrf uJ \duJ (v cos i -{- iv sin i) 3
Ferner ist nach dem Obigen:
d v, u, d w l ^
d u. v, ’ d u,
also:
1 _|_ i + V = } j~
'(!%/ yduj v, 2 v, 2
Hiernach erhalten wir nun zuvörderst nach I. 4) die folgende
Gleichung:
„ . u sin i ii, , „ «i
0 = (u — u,) —— . . - 1 + (® —r f )
v cos i -j-iv sin i v,
v cos i 4- iv sin i
oder:
( HCOSi Wj\
v cos i -f- w sin i v,)
0 = (u — u,) uu, sin i -f- (v — v,) uv, sin i
—• w { uv, cos i — u, (y cos i -(- w sin i) } ,
welche man leicht auf die Form :
0 = «, (•«» 4 w 2 ) sin i — n (n, 2 4 v, 2 ) sin i 4 uw, sin i
— w (uv, — vu,) cos i,
2*
G r u u c r t.
20
oder auf die Form:
0 = Ui (u~ -j- v 2 -f- x« 2 ) sin i — u (?<i 3 + v x 2 ) sin i
-f- v (uvi — vui) sini —w (uv x — vui) cos i,
also auf die Form :
0 = {«, (u" -f- v* + w ~) — ?<(«i 3 + v i 2 )} sini
-f- (uvi — v Ui) (v sin i — w cos i),
folglich wegen der Gleichungen :
u~ -j- v 3 w* — r % , Ui 2 -|- Vi“ — r t v sin i — w cos i — 0,
auf die äusserst einfache Form :
u r, 2 — Ui r~ — 0
bringt.
Wenn man jetzt die beiden Gleichungen I. 8), mit Rücksicht
auf den vorliegenden besonderen Fall durch einander dividirt, so
erhält man die Gleichung:
" ~ * SV*+.(£)’
Weil man nun nach dem Obigen mit Beziehung der oberen und
unteren Zeichen auf einander entweder
V i + r^ 2 = + r V i + ( d ^±x= ± -
\du) \duJ v cos i-\-w sin i ' \duyi v x
oder:
Vi+f-i+=i , Vi+f—i=± -
\duJ \du) v cos iw sin i ' \du x ) v x
setzen muss, so erhält man im ersten Falle:
v — v t \j.r x u cos i + ru t
w />. r, u sin i
und im zweiten Falle:
v — Vi ßr t u cos i ± Ui r u x
w [xri u sin i
hat also im Grunde doch nur die eine Gleichung:
v — v t fiTfU cos i + /if r Vf
iv n r, u sin i
folglich die Gleichung:
fx r, u (;; — «,) sin i—/ir, uw cos i = + //, rwui,
oder die Gleichung:
H r, u (v sin i— w cos i) — ji r, uv x sin i = + [*i rwu x ,
Eine geometrische Aufgabe.
21
was, weil
v sin i — w cos i — 0
ist, auf die höchst einfache Gleichung
. . , i 1 u rw
tj. r, uv, sm i = + gi rwu, oder sm i = +
H «i r, v,
führt.
Weil bekanntlich w — v tang i ist, so wird vorstehende
Gleichung:
pu . rv
cos l = + ,
r i v i
und wir haben daher jetzt die folgenden Gleichungen:
u r 2 v [ir,u . ft r
— = — , — = + COS l = + COS l,
r, 2 v.
ix, r zi.
H r i
welche wegen ihrer Einfachheit jedenfalls sehr bemerkenswerth sind.
Aus der Gleichung
u 2 v 2 w 2 — r 2
erhält man, weil w — v tang i ist, folglich:
u 2 + v 3 sec i 2 — r 2 ,
also, weil nach dem Obigen
ist:
r 2 u r
U — — U,, V — ± V, COS l
r 3 /X i r,
1y 2
ni 3 -j —- V\ 2 sec i 2 cos i 2 = r 2 ,
‘ r,~
folglich:
gi 3 r 2 u, 2 -f g 2 r, 2 v, 2 = g, 2 r, 4 .
Verbindet man hiermit die Gleichung
u, 3 -f- v, 2 = r,%
indem man sie unter einer der beiden folgenden Formen schreibt:
g 2 r, 2 u, 2 + g 2 r, 3 v, 2 — g 2 r, 4 ,
g, 3 r 2 u, 2 + g, 2 r 2 v, 2 = g, 2 r 2 r, 3 ;
so erhält man durch Subtraction dieser Gleichungen auf der Stelle:
0 3 r, 2 —g, 2 r 2 ) u, 2 = (g 2 — g, 3 ) r, \
(g 2 r, 2 —g, 2 r 2 ) v, 2 = g, 2 r, 2 (r, 2 — r 2 );
also:
(/x 2 — ix, 2 )r,* ß, 2 r, 2 \r 2 — r 3 )
Ui 2 = -z—z V
ß 2 r, 2 — ß, 2 r 2
ix 2 r, 2 — ß, 2 r 2
und verbindet man nun hiermit die folgenden, aus dem Obigen sich
unmittelbar ergebenden Gleichungen:
22
Grüner t.
r- fxr
u = — U\, v = ± i?! cos i;
r i Mi r ±
. # r .
w = v tanq i — ± i, w* = 0;
Mi r t
so sieht man, dass alle sechs Coordinaten bestimmt sind.
Auf ähnliche Art wie in II., auch alle dort eingeführten Bezeich
nungen hier beibehaltend, betrachten wir nun wieder das Dreieck
PSPi, indem wir unser Augenmerk hauptsächlich auf die Bestim
mung der an den Punkten P, P ± , S liegenden Winkel E, E it S
dieses Dreiecks richten.
Zuerst ist
P Pr = (« — Mi)~ + (v — «,)■- + (iv — Wi)
= n 2 + c 3 + jo 3 -f- Ui 2 -f- Vi 3 — 2uut ■— 2vvi
— r 2 + i\ 2 — 2uu t ■— 2vv,
r 3 [ir
— r 2 + r, 2 ■— 2 — Ui 2 + 2 -— v t 2 cos i
r P Pi r t
, „ 'l(p 2 — ßp)r 2 rp 2/t/c, rr, (r, 3 —r 3 )
= J- +»■,“— 5— —— ± —— COS l,
/t 3 r, 3 —/tpr*
woraus sich nach leichter Rechnung:
/t 3 r P + Pp r 2 + 2/t/tj rr l cos i
P P t 2 = (r, 3 — r 3 )
also:
P »i — /üj“ r-
= Y"(- ri s _ ,.2) ^ )- i a + Pp r 2 + 2/t/t, rr, cos t
/t 3 r, 3 — ,u, 3 r ä
ergibt.
Hieraus erhält man ferner leicht:
jpp 2 _|_ ? ,2 rj3 _ 2/t) '• (rr - r 3 ) Q^r + /ir, cos t)
/t 2 »*, 3 — /ij 3 r"
w + n 3
und weil nun bekanntlich
a 2/t r, fr, 3 — r 2 ) (/tr, + /t, r cos i)
/t r — /ij“ r-
cos AJ =
ist, so ist:
PP t z + r 2 - rp PP 3 + r 2 — rä
— , cos Ei = — 5
2r . PP t 2j -,.PP,
COs£ /; 'd r i 2 »• 3 )(/t 1 »' + /tr 1 cosi)'l/ r ~ /t 3 r, 3 — /t, 3 r 3
P“ r i~ 'Pp ,-2 (C) 3 —r 3 )(/t 3 r 1 3 +/t 1 2r 3 + ‘lßß i rr i cos ()’
cos£)
p 2 rp — p 2 r 2 1 ■
P“ r, 3 —/t, r-
(r 1 3 —r 3 )(/t 2 r 1 3 +/t 1 3 r 3 + 2ß^rr^os i)’
Eine geometrische Aufgabe.
23
welche Formeln eine weitere Abkürzung nicht gestatten, weil, wenn
man sich dieselbe erlauben wollte, die Zeichen von cos E und cos E t
nicht richtig bestimmt bleiben würden.
Aus den vorstehenden Formeln ergibt sich aber:
ft, 3 (r, 3 — r 3 ) Oj r + ftr, cos i) 2
COS Jlj“ ~~
(ft 3 r, 3 — /t, 3 r 3 ) (ft 3 r, 3 -j- ft,. 3 r 3 ^ 2ftft, rr, cos i)’
^ /t* (r, 3 — r 3 ) (ft r, + /^-j r cos i) 3
(ft 3 r, 3 — /t, 3 j- 3 ) (ft 3 r, 3 fi, 2 r 3 + 2/t/t, rr, cos i) ’
also, wie man hieraus ferner leicht findet:
»’i 3 {ft 3 (ft r, + ft, j- cos i) 3 — /'-, 2 (ft, >• + ftr, cos i) 3 }
SJK E" =
sin Ei :
(ft 3 r, 3 — ft, 3 r 3 ) (ft 3 r, 3 + ft, 3 r 3 + 2 ij./j. l rr 1 cos i) ’
r 3 {ft 2 (ft r, + ft, r cos i) 3 — ft, 3 (ft, r + ftr, cos i) 3 }
(ft 3 r , 3 — /t, 3 r 3 ) (ft 3 r, 2 4- ft, 2 r 3 + 2 /t ft, r r, cos i)
Es ist daher auch jetzt, wie es sein muss:
sin E : sin E t = r, : r;
dagegen ist jetzt:
cos 75 3 : cos Et 3 —ju t 3 (/t, r + /tr, cos i)~: /t 2 (/zr, + p, r cos i) 3 ,
welches für i — 0 in:
cos iS 3 : cos E^ — jiy 3 : p 3
übergeht; auch ist nach dem Obigen:
cos £: cos 72, = /t, (p, r + p^i cos i) : p (/t r, + /t, r cos *),
folglich für i — 0:
cos E : cos Ei — /t, (p, r + //. r,) : /t (pr, + p, r)
= + Pi ((J-i'i + /A r) : p (ßr, + p, >■),
also:
cos E: cos Ei — + Pi : P >
ganz eben so wie wir schon in II. in diesem Falle gefunden haben.
Durch Division erhält man aus den vorhergehenden Formeln
sogleich:
r, 3 {ft 3 (ft r, + ft, r cos i) 3 — ft, 3 (ft, r + ft r, cos Q 2 }
ft, 3 (r, 3 — r 3 ) (ft, r + ft r, cos i) 3
lang E 2 =
tnng £, 3 =
Weil
r 2 {ft 3 (ft »•, + /t, r cos i) 3 — /z, a (M, r ^ r i cos O 2 }
ft 3 (r, 3 — r 3 ) (ftr, + ft, r cos i) a
COS S —
r 3 4- r, 1
-PP, 3
2rr.
und, wie man leicht findet:
24
• G r u n e r t.
„ , 2 BD. q (f^r ± Ml r 4 cos 0 - Ml r (Mi >'i ± M r cos i)
» 2 + »1 iri ~ = ir r1 — ; ^
ist, so ist:
M* —
g.r 1 (gr±ß i r 1 cosi)—g i r(g i r i + y. r cosi)
COS jb = ,
9 9. 9 9 9
oder auch:
M 2 >'i 3 — Mi 3 > -3
cos S —
(fl 2 — Ml 2 ) rr i ± MMi 0*1 2 — J" 3 ) cos *
M 2 rj 3 —Mi 2 )* a
(»*i a — r 3 ) {m 2 (m >"i + Mi r cos i) 2 — Mi 2 (Mi r + M J 'i cos i) 2 }
(M 2 n 2 — Mi 2 »’ 2 ) 2
2 _ r 2j | a 2 ri q: ^ cos yyi __ ^2 r x ^ cos i) 2 |
{m *'i (m f ± Mi r i cos i) — Mi r (Mi »"i + M r cos i)| 2
woraus:
s/w 5 3 =
also ferner:
tang S 2 —
folgt.
Weil
2 sin J Ä 3 = 1 — cos S, 2 cos 15* = 1 -j- cos £
ist, so ist auch:
o • 1 c» ( r i ~ r ) (m (M r i + Mi »• cos j) + Ml (Mi >• + m » - 1 cos i)}
ä S Wi ^ o * =
2 cos iS 2 =
also:
M 2 » - i 2 — Mi 2 r a
()’i -f r) {m (m »’i + Mi r cos 0 — Mi (Mi >' + M ^ cos i)} _
M a r i 2 — Mi 2 r ‘‘
tmu i s = \ V ' ~~ T • ,l ^ >-1 + /Xl * ^ + r + 111-1 cos
’ ri + r m (m r i + Mi r cos i) — Mi (Mi r + M ^ cos i)
oder:
’ »’i + Mi 2 »' + MMi O + rj cos i
t anglS=\^EI^l
>'i + r M" Cj — Mi 2 r + MMi (r — »*) cos i
Setzt man:
tang 6 —
so ist:
also :
Mi Mi r + a r \ cos i
M m »*i T Mi r cos i ‘
tang
\s = V-
r t — r 1 + laug 0
j’i + r 1 — tang 0 ’
tang l S
=
und weil nach dem Ohigen:
r i + r
tang (4S° -f 0);
Eine geometrische Aufgabe.
25
tang E" =
tang Ei 3 =
ß 2 (ß r t + ß t r cos i) 3
i~—r 2 [ßi~ (g t r + ßr t cosi) 3
1
ist, so ist:
tan( J E " = ( co * 03 ~ O =
/*i a Qi r + ß r t cos t) 3
ß~ (ß i'j + ßi r cos i)-j
cos0 3 — sin B"
tang E,~ =
also:
tang E 2 = -~
r i '
oder:
tang E°
(1
cosW
tang 0 3 ) =
tang Ei 1 —
sin 0 3
cos 0 3 — sm 0 3
cos 0 3
cos 20
cos 0 3
cos 20
, „ „ r 2 cosW
. . , ^ . *a> tana E, z = .
O'i—r) (r, +r) si» 3 0 (r t —r) (Vj -fr) cos 0 3
Wenn man Ä mittelst des obigen, eine Zweideutigkeit nicht
zulassenden Ausdrucks von tang ‘/^berechnet hat, so kennt man auch
E + Ei = 180» — S,
und da man nun auf dieselbe Art wie in II. immer leicht beurtheilen
kann, welcher von den beiden Winkeln E und 2?, der kleinere, also
spitz ist, so lassen sich mittelst der obigen Formeln für tang E z und
tang Ei~ offenbar auch E und E, ohne Zweideutigkeit bestimmen.
Wie in II. könnte man nun auch jetzt wieder in allen obigen
Formeln für die Verhältnisse g 2 : g x 2 und g : g x respective die Ver
hältnisse r x : r und Yr t : Yr einführen; der Kürze wegen will ich
mich aber damit begnügen, dies nur in einigen dieser Formeln zu thun.
Unmittelbar erhält man nämlich:
tang H
tang ‘/ 2 S
tang E 2 =
tang Ei
Yi
V
r + r
i Y ri .,
Y r, ’ r x Y r x T r 1
tang (45° -j- 0),
cos 20
(Vj — r) (r x -f r) sin 0 3
r 3 cos 2 0
(r t — r) (r x -)- »•) cos 1
E + Ei = 180° — S.
26
G r u n e r t.
Diese Formeln, bei denen man nur noch zu beachten hat, dass
E ^ E t ist, je nachdem i\ ^ r ist, woraus sich also immer sogleich
ergibt, welcher der beiden Winkel E und E t spitz ist, dürften die
bequemste numerische Rechnung gestatten, wenn man zugleich, was
natürlich von besonderer Wichtigkeit ist, die Rechnung ohne alle
Zweideutigkeit führen will.
Leicht ergeben sich aus dem Obigen auch die folgenden Formeln:
cos E 2
r(r + r t )
r* + r + r t 3
cos E t 2 ==
r ± (r + '•[)
>' 2 + r r l -f
und:
1
1
»y" sin i 2
r 3 -f- + 2 r r ± Yr r t . cos i
r‘ sin i 2
r 3 + r L 3 + ‘i r r 1 Vr r 1 . eos i
sin E 2
sin E, 3 =
r 3 + r r t + r 2
r 2
,-a + r + r 4 3
1 +
1 +
rr i (r -f- »•,) sin i 3
+ Vj 3 + 2 r r t V r iq . cos i
r r l (i- -p i'j) sin i 3
-(- »q 8 + 2 r r x Yr r x . cos i
Diese Formeln zeigen, dass man, wenn man näherungsweise
i — 0 setzt, also die Neigung der Ebenen der beiden Rahnen gegen
einander vernachlässigt oder als verschwindend betrachtet, nur um
Grössen der zweiten Ordnung fehlt.
Um den Gebrauch meiner Formeln an einem Reispiele zu zeigen,
wähle ich den Mercur. Nach Rohnenberger, a. a. 0. S. 300 und
301 ist für diesen unteren Planeten:
n = 1,0000000
r = 0,3870981
* = 7 9 0 ! 9" 1
1 — r = 0,6129019
1 + »• = 1,3870981
log r = 0,5878211 — 1
logYr = 0,7939106 — 1
log . rVr = 0,3817317 — 7 rfr= 0,2408417
log cos i = 9,9967483 —10 cos i = 0,9925407
rY r — cos i = — 0,7516990
rY v -(- cos i = 1,2333824
log (rY r. cos i) = 0,3784800 — 1 rV r . cos i = 0,2390452
1 —rYr.cosi= 0,7609548
1 -j-rY t . cos i — 1,2390452
Eine geometrische Aufgabe.
27
lang 6 —
^ 0,7316990
1 ' 0,7609348
1,2333824
Vr .
1,2390432
wo der erste Werth für die oberen, der zweite für die unteren
Zeichen gilt.
Obere Zeichen.
log 0,7516990 = 0,8760430 — 1
log Vr = 0,7939106 — 1
0,6699536 — 1
log 0,7609548 = 0,8813589 — 1
log lang 6 = 9,7885947 — 10
0 — — 31 9 34 ! 30" 0
45» -f- 0 = 13 9 25 ; 30" 0
log (1 — r) = 0,7873909 — 1
log lang (45» + 0) = 9,3775911 — 10
0,1649820 — 1
log (1 + r) = 0,1421072
0,0228748 — 1
2) 0,5114374—1
log tang | S =
i S ==
S =
E + = 180» — 6 1 =
r t > r, jBj spitz.
log . r z —
log cos 26 —
log (1 — r) =
% (1 + >') =
log . cos 6 3 =
2) 0,5200243 — 1
9,5114374 — 10
17 9 59 : 12" 7
35 9 58 ! 25" 4
144 9 1 ! 34" 6
0,1756422 — 1
9,6548081 — 10
0,8304503 — 2
0*7873909 — 1
0,1421072
0,8609036 — 1
0,7904017 — 1
0,8304503 — 2
0,7904017 — 1
0,0400486 — 1
28
G r u n e r t.
log tang E y —
E t =
E + Ei =
E =
9,3200243 — 10
18 ? 19 ! 20" 2
144 1 34" 6
125 9 42 ! 14" 4.
Untere Zeichen.
log 1,2333824 =
log Vr =
log 1,2390452 =
log tang 6 —
0 =
45« + 6 =
log (1 — r) =
log tang (45° -f- 6) =
log (1 + r) =
2)
log tang .] S =
iS =
s =
E + Ey = 180° — S =
?'! > r, £, spitz.
log . r z —
log cos 2 6 =
log (1 — r) =
log (1 + r) =
log . cos 6 2 =
2)
0,0910977
0,7939106 — 1
0,8850083 — 1
0,0930871
9,7919212 — 10
31 ? 46 ! 16" 0
76 9 46' 16" 0
0,7873909 — 1
10,6287846 — 10
0,4161755
0,1421072
0,2740683
0,1370342
10,1370342 — 10
53 ? 53 ! 34" 8
107 9 47 ! 9" 6
72 ? 12 ! 50" 4
0,1756422—1
9,6488849 — 10
0,8245271 — 2
0,7873909—1
0,1421072
0,8589996 — 1
0,7884977 — 1
0,8245271 — 2
0,7884977 — 1
0.0360294 — 1
0,5180147 — f
Eine geometrische Aufgabe.
29
log taug = 9,5180147 — 10
E t = 18 9 14 ! 35" 9
E+E, = 72 12 50 4
E = 53 9 58 ! 14" 5.
Noch will ich endlich bemerken, dass die aus dem Obigen
bekannten Formeln:
O 2 — % a ) , /V^oy— »' 2 )
«i 2 = p—r — > v r = —r r-5~> «h
P- z r Y — P-i 2 r z
0;
r . t* r . u r
= — Ui, V = + Vi COS t, 10 — + V x Sltl l
Ml r l
Ul r l
zur Bestimmung der Coordinaten u, v, w; u u v it w t , wenn man für
die Verhältnisse g % :gY und g :respective die Verhältnisse r t : r
und Yri: Yr setzt, die folgende Gestalt annehmen:
Ul- =
r 2 + rr t + r,
«V
rr*(r + ri)
■jp: ; i- w i = 0;
+ rr t -f rp
U — — Ui, V — + Vi COS i
V 7 -
W -
■ ± Vi sin i
Vf.
Herr v. Littrow, dem ich den vorhergehenden Theil dieser
Abhandlung mitzutheilen mir die Freiheit genommen hatte, war so
gütig, mich auf einen Aufsatz von Herrn Raabe in Zürich über die
Planeten-Stillstände im XII. Bande der Annalen der Wiener
Sternwarte ’) aufmerksam zu machen und mir abschriftlich
mitzutheilen , der mir bis jetzt ganz unbekannt geblieben war. In
diesem schönen, sehr Iesenswerthen Aufsatze, durch dessen Mitthei
lung Herr v. Littrow mich sehr erfreut und zu besonderem Danke
verpflichtet hat, hat Herr Ra ah e das Problem der Planeten-Still
stände ganz aus dem astronomischen Gesichtspunkte in sehr allge
meiner Weise behandelt, indem ich in der vorliegenden Abhandlung
den Gegenstand mehr als eine bemerkenswerthe geometrische Auf
gabe, die zu vielfachen weiteren Untersuchungen Veranlassung geben,
und namentlich jüngeren Mathematikern zu zweckmässigen Übungen
empfohlen werden kann, aufzufassen mich bemühte, was von mir
*) Dem wesentlichen Inhalte nach auch abgedruckt im Crelle’schen Journale. Bd. II.
30
Grüner t.
auch schon durch die diesem Aufsatze gegebene Überschrift ange
deutet worden ist.
In der Abhandlung des Herrn R a a h e interessirte mich vor
züglich der Umstand, dass das Endresultat, nämlich in den von Ilrn.
Raabe gebrauchten Zeichen, die Formel:
tang (u — u -f- k) — (1 — Vf) 1 + f
V f -
so wie eigentlich auch alle (ihrigen in dieser Abhandlung entwickel
ten Gleichungen und Formeln, von der Neigung der Ebenen der
beiden Rahnen gegen einander ganz unabhängig sind, ein Umstand,
auf den Herr Raabe nicht besonders hingewiesen hat. Herr Clau
sen in Dorpat, der das in Rede stehende Problem auch vor
zugsweise aus dem astronomischen Gesichtspunkte in Crelle’s
Journal der reinen und angewandten Mathematik,
Rand VI, S. 408, behandelt hat, ist auf dieselbe Unabhängigkeit
seiner Formeln von der gegenseitigen Neigung der beiden Rahnen
geleitet worden, und hat diesen Umstand auch besonders hervorge
hoben. Die von mir im Vorhergehenden entwickelten Formeln
hängen dagegen sämmtlich von der Neigung der Ebenen der beiden
Rahnen gegen einander ab. Ich gestehe, dass mir dieser Umstand
zuerst auffallend war, dass mich aber der, namentlich durch seine
Einfachheit ausgezeichnete Aufsatz des Herrn Raabe auch sogleich
übersehen liess, welches der Grund dieser Erscheinung ist. Ich
habe nämlich, in Übereinstimmung mit allen mir zu Gebote stehenden
astronomischen Werken, namentlich in Übereinstimmung mit den in
der Einleitung zu diesem Aufsatze genannten Astronomen , mein
Augenmerk vorzugsweise auf die Restimmung der sogenannten Elon
gation gerichtet, da diese für eine von der Erde aus zu beobachtende
und durch Reobachtung zu constatirende Erscheinung wohl auch
das eigentlich massgebende Element, und desshalb von allen früheren
Astronomen gleichfalls lediglich ins Auge gefasst worden ist.
Die Elongation, ebenso wie die sogenannte Commutation (S) 1 ),
hängt in der That von der Neigung der Ebene der beiden Rahnen
gegen einander wesentlich ah, wie meine im Obigen entwickelten
l ) Herr Raabe hat zwar die Commutation auch ins Auge gefasst, aber nur für wirk
lich verschwindende Neigungen, was natürlich nicht hierher gehört.
Eine geometrische Aufgabe.
31
Formeln aufs Deutlichste zeigen. Dagegen hängt die von Herrn
Raabe entwickelte Grösse tang (u—u!-\-k), wo u und v! die soge
nannten Argumente der Breite für den Planeten und die Erde und k
die Länge des aufsteigenden Knotens der Planetenbahn bezeichnen,
von der Neigung der Ebenen der beiden Bahnen gegen einander gar
nicht ab, was jedenfalls ein sehr hemerkenswerther Umstand ist.
Natürlich musste es für mich sehr interessant sein, zu unter
suchen, ob dieses Resultat, in welchem jedenfalls zugleich auch ein
sehr hemerkenswerther geometrischer Satz ausgesprochen ist, sich
auch aus meinen Formeln, ohne Rücksicht auf die Beziehung der
selben zur Astronomie, ableiten lasse, was, wie ich jetzt zeigen
werde, allerdings ohne besondere Schwierigkeit möglich ist, so dass
also die von mir angestellte Untersuchung mit Herrn Raabe’s Ent
wickelungensich in der schönsten Übereinstimmung befindet, und wir
daher hier wieder ein sehr lehrreiches Beispiel vor uns haben, wel
ches zeigt, dass in vielen Fällen aus verschiedenen Gesichtspunkten
angestellte mathematische Untersuchungen, — jede für sich, —
zu eigenthümlichen an sich bemerkenswerthen Resultaten führen
können, die aber dann zuletzt doch wieder sämmtlich im schönsten
Einklänge mit einander stehen und zu einem Ganzen sich vereinigen
lassen.
Ich habe oben, in Bezug auf das dort näher charakterisirte Coor-
dinatensystem der xyz, die Coordinaten der beiden Punkte (uvw)
und («j Vi Wj) oder, weil= 0 wy—0 ist (u, %), auf die hier alles
ankommt, bestimmt. Ich will nun den Winkel, welchen die von dem
Anfänge der Coordinaten (der Sonne) nach dem Punkte (uvw) (dem
Planeten) gezogene Gerade mit dem positiven Theile der Axe der x
(der Knotenlinie der Planetenbahn) einschliesst, durch bezeichnen,
indem ich diesen Winkel von dem positiven Theile der Axe der x an
nach der Seite der positiven s hin von 0 bis 360° zählen werde.
Eben so will ich den Winkel, welchen die von dem Anfangspunkte der
Coordinaten (der Sonne) nach dem Punkte (u x Vi) (der Erde) gezo
gene Gerade mit dem positiven Theile der Axe der x (der Knoten
linie der Planetenbahn) einschliesst, durch bezeichnen, indem ich
diesen Winkel von dem positiven Theile der Axe der x an nach dem
positiven Theile der Axe der y hin von 0 bis 360° zählen werde.
Dann hat man, wie leicht erhellen wird, die folgenden ganz allgemein
gütigen Formeln:
32
G r u ii e r t.
u = r cos ‘73’, v — r sin ‘73’ cos i, w = r sin ‘73’ sin i
und
Also ist
und daher:
Ui = Ti cos ‘73’i , v t = r, sin ‘73’ 1 -
» v.
— = taug ■73' cos i, — = tang ‘73’ 1
, , , , x ‘Sf — ‘B’ 1 K — u v. cos i
tang (t— '7tf 1 ) = = — .
1 + tang ‘Ui tang ‘Cf 1 v v t -f- u u A cos i
Nun haben wir aber im Obigen gefunden:
so dass also:
. U r
V — + V x COS l,
Ul >\
. U r . fxr
v Ui = ± Ui Vi cos i, v Vi = + vi Vi cos i:
Ui r ± ! ± i j-j
folglich nach gehöriger Substitution, wie man leicht findet:
tang(<*-«*,)= V '
g r v t v t ± g t r x u u t
ist. Ferner haben wir oben gefunden :
also:
u = —- ?{, ,
uvi u i v,, u Ui = — Ui Ui,
woraus sich, in Verbindung mit dem Vorhergehenden, nach leichter
Rechnung:
tang (<7tf - tf t ) = * r)
g r 4 v t 2 ± fii r u, 2
ergibt. Endlich haben wir oben gefunden:
«i 2 =
O 3 — Ui 1 ) r,»
r, 3 — /i, 3 r 2 ’
^ »V ( r i 3 r 3 )
1 2 2 9 5T »
u 3 r, 3 — Ai, 3 r-
also ist, wie man nach einigen leichten Verwandlungen findet:
,i UVi 2 ± u, r ui 3 = r ‘ 3 (/t< r » ± ^ O fr =F / 3 i 0.
fi 2 r, 3 — /t, 2 r 3
Eine geometrische Aufgabe.
33
und folglich:
tang (Ttf — •V)’,) =
/X 3 r t 2 — p., 2 }- 3 v i v i
IX r t ± /x r /x, r t s
wo nach den vorhergehenden Ausdrücken von m, 3 und v, 2 offenbar
O 2 — IX 2 ) O'i 2 — r 2 )
w r v i~ _ ( w \ v i y __
! J -1 3 'h 6 \'X »’i 3 '
/V >Y V*i r,‘J (/x 2 j-j 2 — /x-i 2 r 2 ) 3
also auch tang (<©’—‘Sfj), von der Neigung i der Ebenen der beiden
Bahnen gegen einander ganz unabhängig ist, welches Resultat jeden
falls ein besonderes Interesse darbietet. Weil, ohne Beziehung der
Zeichen zu den früheren Formeln
X _ V'O 2 — i 1 -1 2 ) Oi
IX r i 3 ~
r 2 )
/x 3 >- t 3 — /xj 2 r =
ist, so hat man nach dem Vorhergehenden für tang (fti— t 5f 1 ) die
folgenden Ausdrücke:
+
tang ('5J’ — ‘©’i) =
Vpx 2 —/Xj 2 ) Ov — r 2 )
IX r i ± !>■ r
V(7
ßi r t ± pr
Setzt man hier wieder für p., p. t wie früher respective Yi\, Yr,
so erhält man:
Yj>-t-'-lTc?^ 72 ),
r l Yr + r Yr,
+
tang (xi — =
Yiri — r) Oj 2 - r 2 )
r, Fr + r Yr,
was man, ohne bestimmte Beziehung der Zeichen zu den Zeichen in
den vorhergehenden Formeln, auch so zu schreiben berechtigt ist:
O’i - o y'x + ir
tang (Ttf — t ©’ 1 ) =
+
r 4 Fr + rYr l
(r, — r) Yr t -f- r
r i y r ± rYr l
Für r, = 1 werden diese Formeln:
+
tang (<©’ — XXY)
(1 — r) Yl + r
Yr.(\ + Yr) ’
(i - r) YV+ r
V r. (1 ± Yr) ’
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. I. Hft.
3
34
Grüner t. Eine geometrische Aufgabe.
oder:
tang (<©' — <©’ 1 ) =
was der Form nach vollständig mit dem von Herrn Raabe gefun
denen Endresultate übereinstimmt.
Es ist also, wie schon erinnert, allerdings tang —'S’,) von
der Neigung unabhängig, wogegen die sogenannte Commutation und
Elongation, auf welche letztere es in astronomischer Beziehung bei
diesem, eine von der Erde aus zu beobachtende und durch Beobach
tung zu constatirende Erscheinung betreffenden Probleme hauptsäch
lich und vorzugsweise ankommt, von der Neigung der Ebenen der
beiden Bahnen gegen einander abhängen, wie die von mir oben für
diese Elemente entwickelten Formeln auf das Deutlichste zeigen, und
auch wohl, als der Natur der Sache vollständig entsprechend, von
vorn herein erwartet werden konnte.
Grünert. über eine astronomische Aufgabe.
35
Über eine astronomische Aufgabe.
Von dem c. M. J. A. Gruncrt.
Unter den verschiedenen Problemen, zu deren Auflösung die
Theorie der Bewegung der Planeten um die Sonne Gelegenheit gibt,
ist jedenfalls die Aufgabe :
Aus z wei Ve ct or en, derDifferenz der entsprechen
den wahren Anomalien und der Zeit, welche
auf die Beschreibung dieser Differenz der
beiden wahren Anomalien verwandt worden
ist, die Elemente der Bahn zu bestimmen,
welche sich nicht auf die Lage der Bahn im
Raume beziehen
eine der wichtigsten. Desshalb haben auch mehrere der berühmte
sten Mathematiker und Astronomen, z. B. Eule r in der Theoria
motuurn planetarum et cometarum, Berolini 1744, sich mit der
Auflösung dieser Aufgabe beschäftigt; insbesondere aber bat Gauss
derselben einen nicht unbeträchtlichen Theil seines berühmten
Werkes gewidmet, die Auflösung durch besonders dazu berechnete
Tafeln zu erleichtern gesucht und eine grosse Anzahl sehr merk
würdiger Relationen zwischen den bei dieser Aufgabe zur Betrachtung
kommenden Grössen entwickelt. So schwer es auch allerdings zu
sein scheint, einem solchen Werke noch etwas Wesentliches
von einiger Bedeutung hinzuzufügen, so glaube ich doch, dass einige
bis jetzt übersehene merkwürdige Relationen, auf welche ich bei
Gelegenheit einer grösseren Arbeit über die Bewegung der Planeten
und Kometen um die Sonne zufällig gekommen bin, und eine auf
dieselben gegründete Auflösung der in Rede stehenden so ungemein
wichtigen Aufgabe, die ich im Folgenden entwickeln werde, der Auf
merksamkeit der Astronomen und Mathematiker nicht ganz unwerth
3
36
G r u 11 e r t,
sein dürften. Was die von mir gefundene Auflösung der Aufgabe an
sich betrifft, so erlaube ich mir im Allgemeinen zu bemerken, dass
ich dieselbe, nach den Ansichten, die ich mir nun einmal über die
Auflösung solcher, der Natur der Sache nach nicht anders als durch
Näherung zu lösenden Aufgaben gebildet und bereits an verschiedenen
Orten ausgesprochen habe, so geben werde, dass dabei von einer
Grösse ausgegangen wird, von welcher man aus bestimmten
theoretischen Gründen weiss, dass sie zwischen zwei bekann
ten, möglichst nahe bei einander liegenden Grenzen eingeschlossen
ist, worauf dann ferner die Auflösung ganz nach der Methode der
successiven Näherungen ausgeführt wird, wie dieselbe aus der
Algebra bei der Auflösung der numerischen Gleichungen durch
Näherung bekannt genug ist, und hier um so weniger näher erläu
tert zu werden braucht, weil ich nachher das anzuwendende Ver
fahren durch ein ganz ausgerechnetes Beispiel in vollständiges Licht
zu setzen holle. Was die im Folgenden gebrauchte Bezeichnung
betrifft, so würde es, schon der leichten Vergleichung wegen, jeden
falls zweckmässig gewesen sein, die von Gauss gebrauchten Zeichen
auch hier in Anwendung zu bringen; wegen der Verbindung jedoch,
in welcher diese Abhandlung mit der oben erwähnten grösseren
Arbeit über die Berechnung der Bahnen der Planeten und Kometen
steht, die ich späterhin zu publieiren hoffe, habe ich es vorziehen zu
müssen geglaubt, die von mir in dieser grösseren Arbeit gebrauchten
Zeichen hier beizubehalten, w'eil sonst eine spätere Beziehung auf
die vorliegende Abhandlung nicht, oder wenigstens nur mit Unbequem
lichkeit möglich sein würde.
Dem zufolge wollen wir die grosse und kleine Halbaxe und den
Parameter der Bahn respective durch a, b und p; die beiden gege
benen Vectoren durch r, ; die beiden entsprechenden wahren
Anomalien durch v, v it und die beiden entsprechenden excentrischen
Anomalien durch u,u t bezeichnen; ausserdem soll wie gewöhnlich
f« s - 6“
e =
a
gesetzt werden. Dies vorausgesetzt, haben wür nach der allgemeinen
Theorie der Bewegung der Weltkörper um die Sonne zuvörderst die
beiden folgenden ganz allgemein gültigen Gleichungen:
r — a (1 — c cos ?«),
r t = a (1 — e cos ih);
Über eine astronomische Aufgabe.
37
aus denen durch Subtraction und Addition sogleich
i\ — r = — ae (cos u, — cos u)
= 2ae sin | («, — u) sin | (u t -)- «)>
i't r = 2a — ae (cos u t -\- cos u)
= 2a — 2ae cos l (m, —■ u) cos | (m, -f- u);
also, wenn wir der Kürze wegen
x = i(u 1 —u),y=i (?<j -f u)
setzen,
J'i — r — 2 a e sin x sin y, )
ri -)->’ = 2 a (1 — e cos x cos y) >
erhalten wird.
Ferner ist nach einer aus der Theorie der Planeten-Bewegung
bekannten Formel:
(3)
(4)
also:
cos u — e
cos V = ,
i—e cos u
1 — cos V —
1 + COS V =
(1 + e) (1 — cos u~)
i— e cos u
(i — e) (i -(- cos ?«)
1 — e cos u
oder nach bekannten goniometrischen Formeln:
. 1 + e
sin J v 2 — ■ sin i n-.
i — e cos u
1 — e
cos i u 3 = cos i u 2 ;
1 — e cos u
folglich, weil nach 2)
A r
1 — c cos u — —
a
ist:
. (1 -)- e) a , (t — e) a
sin S# ! = — sm ln 2 , cos l v 2 = cos l u-,
r " r
Offenbar ist immer gleichzeitig
0 < u < 180°, 0 < v < 180°
und
180» < u < 300°, 180» < v < 300»;
G r u n e r t.
38
also gleichzeitig
0 < i u < 90°, 0 < h v < 90»
und
90°< Ui < 180», 90°< | v < 180»;
so dass also sowohl sin \u und sin i v, als auch cos iu und cos iv
stets gleiche Vorzeichen haben, und daher nach dem Obigen in
völliger Allgemeinheit
(8) sin i v = sin \ u (1 + e )j ( cos \ v = cos | u y ^^;
und natürlich ganz auf dieselbe Weise
(5*) sin i Vi = sin | Ui \f ^ + e ) g , cos l = cos | Mi y ^
1 r t “ " i-j
ist. Aus diesen Gleichungen ergibt sich:
sin | («i — v) — sin l v, cos l v — cos | sin 1 c
a Vl — e 3 a V1—e 3
= sm | «J COS | M — cos | Mi cos | u — ■ —
aY 1 — e 3 . . .
= —■■ ■ sm i («i — mJ,
f n-j
cos 1 («i — ») = cos 1 »i cos iv + sim | Vi sin | v
(1 — e) a , (1 + e) a
= cos I Mi cos | m ^ + sm | Ux sin | u -
also, wenn wir
V rr j
V rr 4
COS 1 (Mi — m)
cos i (m, + m ) ;
(6)
(V
0 = l (Vi — o)
setzen, wo, weil bei der aufzulösenden Aufgabe die Differenz der
wahren Anomalien als bekannt angenommen wird, 0 eine bekannte
Grösse ist:
(sin 0 Vrri = a y 1—e 3 . sin x,
{cos 0 Vri'i — a (cos x — e cos ?/).
Weil die absoluten Werthe von 0 ~^(vi—v) und x — j(iii—u)
offenbar nie grösser als 180» sind, so folgt aus der ersten dieser
beiden Gleichungen, dass 0 und x, also auch v t —v und m 4 — u,
immer gleiche Vorzeichen haben.
Über eine astronomische Aufgabe.
39
Nach der ersten Gleichung in 7) und der ersten Gleichung in
4) ist:
sm x =
sin 9 Yr i-j . r, — r
— , sm y = ;
a Vi .—. 2 a e sin x
also nach gehöriger Substitution des Werthes von sin x in die zweite
Gleichung:
sm y —
(Yj — r) Yl
2 c sin 0 Vr r x
Ferner ist nach der zweiten Gleichung in 7) und der zweiten
Gleichung in 4):
cos &Vr ?’t = a (cos x — e cos y),
r, -f- r = 2 a (1 — e cos x cos y);
also durch Division:
(8)
cos 0
r i + r
cos x — e cos y
2 (1 — e cos x cos y)
(9)
Bestimmt man nun aus dieser Gleichung cos x, so erhält man nach
leichter Rechnung:
2 cos 0 Yr r l + e (j-j -f- r) cos y
cos X
r i 2 e cos 0 cos y V rr,
also, wie sich hieraus ferner leicht ergibt:
(Vj -f- r — 2 cos 0 Yr r t ) (1 — e cos jr)
1 — cos x = -
i + cos x
folglich:
2 sin ix a —
2 coslx 2 =
und hieraus ferner:
rj + r + 2 e cos 0 cos y Yr r t
(r t + r + 2 cos 0 Y r rj) (1 + e cos y~)
— 3
r t -j- r + 2 e cos 0 cos y Yr r t
(>! + r — 2 cos 0 Yr r 4 ) (i — e cos y)
,
r t + r + 2 e cos 0 cos y Yr r,
(Yj + r -f- 2 cos 0 Yr r t ) (1 + e cos y')
r i + r -f- 2 e cos 0 cos y Yr ri
r l -\- r — 2 cos 0 Yr r t i — e cos y
0 Yr r ff* cos y
(10)
(11)
tang | x 2
r i + r + 2 cos
(12)
40 g r u n e r
oder, wenn wir der Kürze wegen
— 2cos 0 Yr r 4
— r zzm 9
>'i + r + 2 cos 0 Yr r,
wo, was wohl zu beachten ist, C blos von den gegebenen Grössen
r, r u 6 abhängt, und insofern also als eine constante Grösse zu
betrachten ist, setzen:
(13) tang\x*=C-
Weil, wie man leicht findet,
e cos y
e cos y
r, -)fr— 2 cos &Vr r, = (fr,—fr) 2 cos|0 3 -[- (fr„-f fr) 2 sin\d°,
r, -f r -f 2 cos dV^rri = (fr, -f fr) 2 cos | @ 2 -f (fr,— ff) 2 sin Id' 1
ist, so ist C offenbar eine positive Grösse; und weil e kleiner als die
Einheit, der absolute Werth von e cos y also offenbar um so mehr
kleiner als die Einheit ist, so ist auch der Bruch
1 — e cos y
1 + e cos y
stäts positiv. Die excentrischen Anomalien u und u, übersteigen 360°
nicht, also ist der absolute Werth von x = i (u, —n) nicht grösser
als 180°, folglich der absolute Werth von -l = {(w,—u) nicht
grösser als 90°, und tangi = x hat daher immer gleiches Vorzeichen
mit ix, also mit w, —u, folglich nach dem Obigen mit v, —v oder 6.
Daher ist nach 13)
(14)
lang > x = ± Y C
•V?
e cos y
(15)
l -f e cos y
indem man in dieser Formel das obere oder untere Zeichen nimmt,
je nachdem das gegebene v, —v oder 6 positiv oder negativ ist.
Wenn man
2 cos 0 Yr r.
COS « —
setzt, so ist
r +
C — tang l w 2 , YC — tang i w.
-fr — 2 y r r, = (Yr, — fr) 2
(16)
Weil
Über eine astronomische Aufgabe.
41
ist, so ist 2 Vn\ ^ r-\-r { , und daher gewiss der absolute Werth
desBruches auf der rechten Seite der Gleichung IS) nicht grösser als
die Einheit, so dass sich also der Winkel w in der That mittelst die
ser Gleichung immer bestimmen lässt; man muss w stäts positiv
und nicht grösser als 180° nehmen, damit tang i u> jedenfalls positiv
werde, was wegen der Gleichung
Y C = tang i w
erforderlich ist.
Wir wollen jetzt die Zeiten, welchen die beiden Vectoren r,i\,
die wahren und excentrischen Anomalien v, v t und ?«,?<, entsprechen,
durch T, Tj bezeichnen, und wollen von jetzt an voraussetzen, dass
Ti grösser als T sei, so dass also die Grössen i\, v lt u v einer
späteren Zeit als die Grössen r, v, u entsprechen, wobei die
Zeiten T und Zj von einem beliebigen Zeitmomente an gerechnet sein
mögen. Dann wird jedenfalls die Zeit, welche der Planet gebrauchte,
um von der wahren Anomalie v zu der wahren Anomalie tiberzu
gehen, durch die Differenz T^—T dargestellt, und da diese Zeit bei
unserer Aufgabe als bekannt angenommen wird, so wollen wir die
selbe durch das einfache Symbol r bezeichnen, also r —T y —T
setzen. Ferner wollen wir durch t und G die Zeiten bezeichnen,
welche von dem Zeitpunkte an, wo der Planet zunächst vor dem
Zeitpunkte, wo er die wahre Anomalie hatte, durch das Perihelium
ging, bis zu den Zeitpunkten, wo er die wahren Anomalien v und Vi
hatte, verflossen sind. Ist dann zuerst 0 = i (v, ■—v) positiv, also
»i >v, so kann der Planet offenbar nicht während des Zeitinter
valles r durch das Perihelium gegangen sein, und es ist daher in
diesem Falle, wie man sogleich übersehen wird, tj > t und
r=T l — T=t t —t.
Wenn dagegen 0—i(v ( —v) negativ, also v, < v ist, so ist
der Planet offenbar während des Zeitintervalls r durch das Perihe
lium gegangen, und daher in diesem Falle G <f und, wenn wir die
Zeit eines ganzen Umlaufes in der Ellipse durch £ bezeichnen,
T = T t — T = G + (£ — 0 = $ + (G — 0-
Nach einer bekannten allgemeinen Formel der Theorie der
Planeten-Bewegung ist nun, wenn 1c die Constante des Sonnen
systems bezeichnet.
G r u n e r t.
42
also:
oder:
a 2 . a 2 ,
t = — (u — e sin u), ti = — («i — e sm u t );
ti — (: = — lui — u — e (sin u A — sin u)
2 a~‘
ti — t = — | \ (ui — u) — e sin l (u t — u) cos h (m 4 -}-«)(>
folglich nach 3):
2 a" 2
ti — t — — (x — e sin x cos y).
Aus der Formel
Ui ~ . ,
t = — (u — e sm u)
/£
erhält man offenbar %, wenn man u — 2k setzt, was
2 a T 7r
%
k
(17)
gibt. Daher ist nach dem Obigen, je nachdem 6 = \(vi—»)
positiv oder negativ ist:
3.
2a 2
t = —— (a: — e sin x cos y)
K
oder:
3
2 “V i • v
r = — (n- x — e sm x cos y),
woraus sich, immer je nachdem 6 — i (r 4 — v) positiv oder
negativ ist,
/ 9
k t
a =
(18)
2 ( x — e sin x cos y )
oder:
k z
2 (ff + x ■— e sin x cos y)
ergibt.
So wie die Formeln hier dargestellt sind, erfordern sie, dass x
in Theijen des der Einheit gleichen Halbmessers ausgedrückt sei;
Über eine astronomische Aufgabe.
43
nehmen wir dagegen x in Secunden ausgedrückt an, so muss in den
vorstehenden Formeln x Arc\" für x gesetzt werden, woraus sich
ergibt:
kr ) 3
a —
a =
oder auch:
a —
a —
2 (x Are 1" — e sin x cosy
oder :
k r
|2 (ir + xArc i" — e sin xcos y')\ ’
k r
oder, weil Are 1" =
2 (x Are 1" — e sin x cos y)
oder:
k r
2 [ (648000 -f- x~) Are 1" — e sin x cos ’
1
ist:
206264,67
206264,67 . k r
2 (x — 206264,67. e sin x cos y~)
oder:
206264,67. k r
a =
\% (648000 -f x — 206264,67. e sin x cos y)
oder endlich, weil
ist:
206264,67 . k = 3648,18761
1774,09381. r
a —
x — 206264,67. e sin x cos y
oder :
1774,09381. r
648000 + x — 206264,67 . e sinx cos y
(19)
(20)
(21)
(22)
wo man des Folgenden wegen bemerken kann, dass
log 1774,09381 = 3,2489766
ist.
Die bis jetzt entwickelten Gleichungen reichen schon hin, um
unser Problem aufzulösen, wobei wir
w — e cos y, — e sin y,
(23)
44
also
Grün e r t.
(24)
w 2 -j- Wi z = e 2 , w 2 -)-!»! 2 —e" — 0
setzen wollen.
Wenn nämlich 0 positiv ist, so ergeben sich aus den Gleichun
gen 15, 16, 14, 22, 4, 7, 24 die folgenden Formeln:
2 cos 9 Yrr.
cos w = , Y C = tang l w ;
)-i + r
tang \x — Y C.
'■VF
w ")
j 1774,09381. T ) *
(.r — 206264,07. w sin x) ’
— r
Wt = 5 :— ,
2 a sin x
! sin 6 Yr r t ) 2 r r ± sin 9~
a sin x ) (a sin xj 2 '
w~ -f- to t 2 •—- e 2 = 0;
welcher man sich auf folgende Art zu bedienen hat. Zuerst berechne
man mittelst der zwei ersten der vorstehenden Formeln ein für alle
Mal die Grösse YC, welche bekanntlich insofern constant ist, als sie
nur von bekannten Grössen abhängt. Von der Grösse w—ecosy
weiss man nun mit theoretischer Bestimmtheit, dass dieselbe
stäts zwischen den Grenzen —1 und -[-1 liegt, wobei praktisch
noch hinzugefügt werden mag, dass dieselbe meistens der Null sehr
nahe kommen wird, wenn auch hierauf in theoretischer Beziehung ein
Werth nicht gelegt werden kann. Desshalb nehme man, von Null
anfangend nach beiden Seiten hin, für w in dem Intervalle —1 und
-|-1 eine Reihe gleich weit von einander abstehender Werthe an;
berechne für jeden dieser Werthe mittelst der dritten Formel x, was
ohne alle Zweideutigkeit geschehen kann, da ix in diesem Falle
immer zwischen 0 und -(-90° liegt; dann mittelst der vierten For
mel a, mittelst der fünften Formel w it mittelst der sechsten Formel
e 2 ; für alle einander entsprechenden Werthe von iv, w u e berechne
man den Werth der zum Verschwinden zu bringenden Grösse
w 2 -)-w t 2 — e 2 , und ermittle in bekannter Weise aus den Zeichen
wechseln dieser Werthe die engeren Grenzen, zwischen denen die
) Fiir cos ‘Tri = w wäre tang }* = tang } 73’.YC.
Über eine astronomische Aufgabe.
45
Grösse w liegen muss. Theilt man dann diese engeren Intervalle
weiter, so wird man in ganz bekannter, einer weiteren Erläuterung
hier nicht bedürfender Weise sich den genauen Werthen von w
immer mehr und mehr nähern und dieselben, sowie natürlich zugleich
auch die Werthe von x, a, w i; e, endlich mit völliger Sicherheit bis
zu jedem Grade der Genauigkeit bestimmen können. Mittelst der aus
23) fliessenden Formeln
IV w,
cos V — —, sm v = —
J e J e
oder auch mittelst der Formel
w x
fang y = —
kann man dann die Grösse y ohne alle Zweideutigkeit beslimmen,
wenn man sich dabei nur an die folgenden Regeln hält:
Wenn w positiv, w x positiv ist, so ist 0 < y < 90°;
„ w negativ, w x positiv „ „ „ 90° < y < 180°;
„ w negativ, w t negativ „ „ „180°< y < 270°;
„ io positiv, w t negativ „ „ ,, 270° < y < 360°.
Wenn 6 negativ ist, so erhält man zur Auflösung unserer Auf
gabe aus den Gleichungen 15, 16, 14, 22, 4, 7, 24 die folgenden
Formeln:
cos M = 2 C0ä 6 v .^ , VC = tang |«;
^ + *
a =
tangix = — VC.
1774,09381 . r
648000 + x — 206264,67. w sin x \
ri — r
m = -—:— ,
2 a sm x
2 rr t sin 0 2
(a sin x) 2 ’
iv 2 —J— zz?i 3 — e 2 = 0;
deren man sich in ganz ähnlicher Weise wie der unsere Aufgabe
im vorhergehenden Falle auflösenden Formeln bedient, indem man
nur bemerkt, dass jetzt ix zwischen 0 und —90° genommen wer
den muss.
1 — e 2 =
sin 0 '
46
(i r u n e r t.
Da man
x = & (ut — u) , y = 1 (tii + u)
kennt, so kann man auch die excentrischen Anomalien u, tii mittelst
der Formeln
(27) u = y — x, Ui = y + x
berechnen, und die wahren Anomalien v, u, erhält man dann mittelst
der aus der Theorie der Planeten-Bewegung bekannten Formeln:
(28)
iang § v
tang \ v t
taug i u,
tang 1 ?<,;
oder auch mittelst anderer zu diesem Zwecke dienender Formeln, von
denen weiter unten noch einige Vorkommen werden.
Dass durch die wahren Anomalien v, die Lage des Perihe
liums bestimmt ist, versteht sich von selbst, und weil man t, t t mit
telst der Formeln
JL 1
a z ££ 2
(29) t — ~ (u — e sin u), ti = — (?< t — e sin u t )
berechnen kann, so lässt sich offenbar auch die Zeit des Durchganges
durch das Perihelium leicht bestimmen.
5 a ja
Weil e 3 = —= 1 ist, so ist
a~ a 2
(30)
(31)
(32)
(33)
oder nach 7):
b = a V1 — e 2 ,
sin 0
b =
V rr t .
Endlich wird der Parameter ^ mittelst der bekannten Formel:
2 b 2
P = —
a
oder auch mittelst der aus 7) und 31) fliessenden Formel:
sin 0 , /
p = 2 — K(1 — e 2 ) rr,
sin x v J 1
berechnet.
Über eine astronomische Aufgabe. ^
Die grösste und kleinste Entfernung des Planeten von der Sonne
findet man mittelst der Formel:
a + Va 3 — b 3 = a ± a ^ ^ = a (1 + e),
wo das obere Zeichen der grössten, das untere der kleinsten Entfer
nung entspricht.
Bevor ich zur Entwickelung noch anderer Relationen übergehe,
will ich die Anwendung der vorhergehenden Formeln durch ein Bei
spiel erläutern, und wähle dazu den von Gauss in der Theoria
motus, p. 93 und p. 106 behandelten Fall, bringe dabei jedoch den
Werth von 0 nur bis auf die zweite Decimalstelle abgekürzt in An
wendung, indem Gauss auch noch die dritte Decimale beibehalten
hat. In diesem Falle ist in meinen Zeichen:
v = 21,93391 Tage logt =1,3411160
0 = 3». 47'. 26,86”
r = 2,1417264 log r = 0,3307640
= 2,1000224 log t\ = 0,3222239.
Weil 0 positiv ist, so kommt in diesem Falle das erste der bei
den obigen Systeme von Formeln in Anwendung. Zuerst habe ich
nun die folgenden Grössen berechnet, welche bei der folgenden Rech
nung als constant zu betrachten sind, da sie blos von den gegebenen
Grössen abhängen:
r t + r = 4,2417488 log (r t + r) = 0,6275449
r, - r = - 0,0417040 log (r t — r) = 0,6201777 — 2 n
log YC= 0,5244738 — 2
log (1774,09381 . r) = 4,5900926
log 206264,67 = 5,3144248
log . rt'i sin 0 2 = 0,2935693 — 2
Ich setzte nun
w=—0,1 «>=0,0 *o = + 0,l,
fand in allen drei Fällen mittelst der obigen Formeln 1—e 3 >1, was
ungereimt ist, und konnte nun aus einer sorgfältigen, an sich übrigens
ganz einfachen Betrachtung der obigen Formeln, die ich der Kürze
wegen hier nicht weiter erläutern will, leicht schliessen, dass w
überhaupt nicht zwischen ■—1 und -(- 0,1 liegen könne, wesshalb
48
G r u n e r t.
ich für w neun blos positive Werthe zu setzen mich für berechtigt
hielt.
Ich setzte daher w = + 0,2 und w — -j- 0,3 und tand:
w = 0,2 w 2 -{- Wi 2 —,e~ — —■ 0,0008121
w = 0,3 tv 2 -f- (Ui 3 —■ e- — ■— 0,0481533.
Wenn nun auch die Werthe von w 2 -\- u\ z —e 3 einen Zeichen
wechsel noch nicht darboten, so zeigte sich doch hier schon, dass der
genaue Werth von w nahe bei 0,2 liegen müsse. Desshalb hielt ich
mich für berechtigt, indem ich
a = 0,2 A = — 0,0008121
6 = 0,3 B = — 0,0481535
setzte, einen neuen Näherungswerth von tv nach der bekannten
Formel:
zu berechnen, wodurch ich
w = 0,1982846
erhielt. Hieraus ergab sich ferner:
w 3 + — e 2 = + 0,0001061,
so dass ich jetzt hatte:
w = 0,1982846 w 3 + il\ 2 — e 3 = + 0,0001061
w = 0,2000000 w 2 -f w x 2 — e 2 = — 0,0008121
und daher nun ein Zeichenwechsel gefunden war. Für
a = 0,2000000 A = — 0,0008121
b = 0,19S2S46 B = -f 0,0001061
berechnete ich einen neuen Näherungswerth von tv nach der schon
vorher angewandten Formel:
w — a
a — h
A — B
A = b
a — 6
A-B
B
und fand:
tv = 0,1984828 w 2 + w x 2 — e 2 = -f 0,0000001,
also schon hier fast ganz genau eine Übereinstimmung bis zur siebenten
Decimalstelle, woraus man sieht, wie genau und sicher die obige
fiechnung zum Zwecke führt.
49
Über eine astronomische Aufgabe.
Zugleich findet man bei dieser Rechnung
| x = 1». 34' . 1,98" x = 3» . 8' . 3,96"
und:
e a = 0,0601812
log a = 0,4224429 — 1
log w = 0,2977229 — 1
log iv^ = 0,1688831 — 1„
so dass also w positiv, w { negativ ist. Weil nun nach dem Obigen
IV . IO ±
cos ?/ = —» sm y = —
e e
also cos y positiv, sin y negativ ist, so endigt sich y im vierten Qua
dranten, oder liegt zwischen 270° und 360°. Dies vorausgesetzt,
findet man y am leichtesten aus der Formel
nämlich
Also ist
lang y =
IV i
9
IV
y = 324» . 0' . 22,33".
u =y — x ^ 320» . 32' . 18,37"
w, = y + x = 327 . 8 26,29
wovon die Resultate hei Gauss nur um wenige Secunden verschieden
sind, wobei ich, wie schon oben bemerkt, nochmals erinnere, dass
der von mir angenommene Werth von 6 nicht ganz genau mit dem
Werthe dieser Grösse bei Gauss übereinstimmt.
Ich will nun noch eine Reihe hemerkenswerther, dem grösseren
Theile nach noch nicht bekannter Relationen entwickeln, die hei den
vorhergehenden Rechnungen auch von Nutzen sein können.
Aus der ersten der beiden Gleichungen 7) ergibt sich unmittelbar
0 Vi
tt =
sin x y i e a
In der Gleichung 8), nämlich in der Gleichung
sm y
fr, - r) V 1 - e*
2 e sin 0 V r r,
ist ganz von seihst die Forderung enthalten, dass
(r — r) V 1 — (
12 e sin 01/ r r,
Sitzb. d. mathem.-naturv. CI. XVII. Bd. I. Hft.
= Oh— r) 3 (1 c a ) = J
4 e 2 r r, sin 0 2
(33)
4
so
oder
Grüner t.
(Yj — r) 2 (1 — e~) < 4 e~ r r, sf« 0-
sei. Es muss also sein:
(r, — ?■)■- <; e 2 |(r 4 — r)" -f- 4 r »'j sin 6~],
woraus sich
, ^ ( r i - r Y
(r 4 — r) 3 + 4 r r t sin 0 2
ergibt. Nun erhält man aber aus der Gleichung 8) sehr leicht:
4 cos 9 Yr r t
1
c =
1 + c =
also durch Division:
( 36 ) cos 0 =
r\( + r -)- 2 cos 0 Er r,
2 (r t + r)
r t + r + 2 cos 0 Er r (
1 - C r, + r
folglich
sin 0 2 =
t + C 2 Er r, ’
4 r r, (i + C) 2 - (r, + r) 2 (1 — C) 2
4 r r t (1 + C) 2
oder, wie man hieraus mittelst einiger leichten Transformationen
findet:
sin 0 2 =
also:
4 ( r , + r yc~ (r, - r) 2 (1 + C) 2
4 r r t (i -f- C) 2
4 (r f + r) 2 C
(r t — r) 2 -j- 4 r r, s*w (9 2 =
und daher:
(1 + cy ’
p — n 8 (1 + C) 2
(r, — r) s + 4 r r, sin @ 2 vr, -f r) 4 C
(r, — r) s
Folglich ist nach dem Obigen:
e- >
oder:
(37)
(1 + C) 2
4 C
>'i — r 1+C _
r, + r ' 2 E C ’
und man hat also für e die beiden Grenzen
V, + rJ
e > val . abs .
/ / r i — r 1 + C
welche enger sind als die Grenzen 0 und 1, die sich ursprünglich für
e würden angeben lassen.
Uber eine astronomische Aufgabe.
51
Zur Berechnung von x hat man nach 10) und 9) auch die
Formeln:
Sill x = +
cos x
_i_ F[(r 4 -f r)~ — 4 r r f cos 0 2 ] (1 — e z cos iy 2 )
r 4 -f- r -|- 2 e cos 0 cos iy Fr rj
2 cos 0 Fr r.[ -f e (rj -f- r) cos y
r, -f r -f- 2 e cos 0 cos y Vr r t
(38)
in der ersten dieser beiden Formeln das obere oder untere Zeichen
genommen, je nachdem x, dessen absoluter Werth bekanntlich nicht
grösser als 180° ist, positiv oder negativ ist; d. i. nach dem Obigen,
je nachdem v, — v positiv oder negativ ist. Führt man in diese For
meln für 2 cos &Vr r, den aus 36) sich ergehenden Werth
2 cos 6 V r r, = (V, -f r) | ^
ein, so erhält man nach leichter Rechnung:
sin x = +
cos x =
oder:
sin x
+
COS X —
also:
2 FC (1 — e cos y) (t -f e cosy')
i + C + e (1 — C) cos y
i — Cf e(l + C) cos y
i -j- C + e (1 — C) cosy’
2 VC (1 — e cos ii) (1 + e cos i/)
1 -f- e cos y + C (1 — e cos y')
1 f e cos y — C (1 — e cos y~)
1 + e cos y + C (t — e cos y) ’
tang x— +
und:
2 FC(1 — e cosy) (i + e cos yj
1 + e cosy — C (1 — e cosy)
(39)
cot X
=±i V
1 -j- e cos y
-VS
C(1 — ecosy)
C(1 — ecosy) ’ i+ccosy
Für u hat man nach 7) und 4) auch die folgenden Ausdrücke:
cos 0 Fr r,
(40)
(41)
(42)
a =
COS X -
r<
-e cos y
— r
a =
2 e sin x sin y 9
r t + r
2(1 — e cos x cos y)
(43)
4*
52
Grüner t.
Aus der zweiten und dritten dieser Gleichungen erhält man:
2 a e cos x cos y — 2 a — (j\ + r),
2 a e sin x sin y — r t ■— r;
also durch Division: , •
2 a — (r, +•>•)
cot x cot y — ,
j - j — r
woraus für 2 a der Ausdruck:
(44) 2a — r, r -f (r t —• ?■) cot x cot y
folgt.
Aus 9) folgt sogleich:
cos x — e cos y =
2 cos 0 Vr r, (1 — e 3 cos # 3 )
(45)
(46)
n + r -f- 2 e cos 0 cosy Vr r t
also nach der ersten der Formeln 43):
r t -f r -f 2e cos 0 cos y Yr r 1
2 (i — e 2 cos i/ 3 )
Bestimmt man cos y aus der Gleichung 9), so erhält man:
1 {r. + r) cos x — 2 cos 0 Vr r,
cos y — — ■ — ,
e r 1 ~ r — 2 cos 0 cos x Yr r t
folglich, wie man leicht findet:
2 cos 0 sin x 2 Y r rj
cos x — e cos y =
(47)
r x -\-r — 2 cos 0 cos x Yr r t
also nach der ersten der Gleichungen 43) :
»•j -j- r — 2 cos 0 cos x Yr r t
a —
2 sin x 2
Wenn man in dem Ausdrucke 45) von a die Grösse
1 - C
2 cos 6 V r i\ = (?’j -j- r) —
+ C
setzt, so erhält man nach leichter Rechnung für a den folgenden
bemerkenswerthen Ausdruck:
(48)
a —
r l + r 1 + C + e (1 — C) cos y
oder:
2 (1 + C)
(49)
r, + r (
a = — —
1 — e 3 cos y 3
+
2 (1 + C) (1 — e cos y 1 + e cos y
Über eine astronomische An fff ab e.
S3
Nimmt man in dem Ausdrucke 47) von a dieselbe Substitution
vor, so erhält man:
r t -j- r i + C — (1 — C) cos x
a —
2 (1 -p C) sin x 1
r t r 1— cos x -f- C (1 + cos - T )
2 (1 + C) (1 — cos x) (1 -f- cos x)
r, +r
4 + c
2 (1 -f- C) (1 + cos x i — cos x
1
j'i + r
4 (1 -f- C) ( cos 4- x
+ ~r
(SO)
4 (1 + C)
sec l x % + C cosec | x 2
Nach S) und 5*) ist:
sin l(v, -f- v) — sin l v, cos | v -(- cos h v t sin | v
aVi — e 2
— sm i Ut cos t u -
= sin i ( iii -f- u) .
Yr J'j
a V i
-|- cos i Ui sin hi
aVi-e?
Yrr t
cos t (»i v) — cos { v, cos i v — sin 1sin i v
, ,«(!—«) • , . , «C 1 + e)
= cos i Ui cos I u — sm nh sm r u—
Vrr t V r r t
cos i («i + u) ■
V r
also, wenn der Kürze wegen
ß = i (®i + ®)
gesetzt wird:
a y \ e i
sin ß — — sin y,
Y r r x
COS I (Ul —u) . ;
V YTTi
cos ß =
a (cosy — e cos .r)
(51)
(52)
Yr r x
oder auch, weil nach dem Obigen
ist:
sin y =
sin ß —
(r, — r)rl — e 2
2 e sin 0 Yr r x
a (1 — e 2 ) (r, — r)
2«rr, sin 0
(53)
54
Grunert
Auch ist:
sin i/ Vl — e ä
cos y — e cos x
Es würden sich aus dem Obigen noch verschiedene andere
bemerkenswerthe Relationen ableiten lassen, die ich aber, um nicht
zu weitläufig zu werden, übergehen will.
Weil nach 4)
(54)
tang
2 ae cos x cos y = 2 a — (r, -j- »'),
2 ae sin x sin y = 1\ —r
ist, so ist :
r, — r 2 a — (r 4 + r)
e sm x sm y — , cot y — -
2 a J rj — r
also durch Multiplication:
2 a — (r t + r)
e sm x cos y — tanq x,
Za
und folglich nach 17):
2a 3 j 2 a — (r t + r)
I
oder:
tang x;
x
2 a
tang x
T — — j 7T X
2 a — (r t 4- r)
2a
tang x\,
je nachdem 0 = 4 (v t —v) positiv oder negativ ist. Nimmt man nun
hierzu noch die Gleichung 47), so ist eigentlich die vollständige
Auflösung unseres obigen Problems, je nachdem 0=4 (»j—v) positiv
oder negativ ist, in den beiden Gleichungen
r 1 -\-r — 2 cos 0 cos x Yr j'j
(55)
2 a-
X
2 sin x~
_ 2" —O'i + r)
2a
tang x\
oder in den beiden Gleichungen:
(55*)
+ r — 2 cos 0 cos x V rr x
3
n»
2a=
~k
2 sin x z
2a — (Vj+r)
+ x 77 tang x
2a
Über eine astronomische Aufgabe.
mit den beiden unbekannten Grössen x und a, enthalten. Dieser
Gleichungen bedient man sich mit Vortheil, um, wenn man auf irgend
eine Weise schon einen Näherungswertli von x gefunden hat, sich
der Wahrheit dann noch mehr zu nähern, wozu man bekanntlich
Methoden genug hat, deren weitere Erläuterung nicht hierher gehört;
natürlich gehen die obigen Gleichungen dann zugleich auch a. Hat
man aber x und a gefunden, so erhält man y mittelst der Formel:
cot y
2a — (V, + r)
r t — r
tang x
und e mittelst der Formel:
r t — r
2 a sin x sin y ’
wobei aber noch Folgendes zu bemerken ist. Da man von y —
i(ui-\-u) nur weiss, dass diese Grösse zwischen 0 und 360° liegen
muss, so liefert der obige Ausdruck von cot y für y jederzeit zwei
um 180° von einander verschiedene Werthe; welchen dieser beiden
Werthe man aber zu nehmen hat, ist immer leicht zu entscheiden,
weil dieselben offenbar für
'•i — r
c = ; ;—
2 a sin x sin y
immer Werthe mit entgegengesetzten Vorzeichen liefern, und da
nun e seiner Natur nach positiv ist, so muss man für y immer den
der beiden in Rede stehenden Werthe setzen, welcher e positiv
liefert. Wie man nun auch noch alle übrigen unbekannten Grössen
findet, ist aus dem Obigen von selbst ersichtlich.
56 Auszug- aus einem Briefe des Prof. Hofrath Wühler an Herrn Dir. P. Partsch.
Auszug aus einem Briefe des Professors, Hofrath Wohl er in
Güttingen, correspondirendem Mitgliede derkais. Akademie der
Wissenschaften, an den Vorstand des kais. IIof-Mineralien-
Cabinets, P. Partsch.
„Ich habe das Vergnügen Ihnen zu berichten, dass am 13. Mai
in unserm Königreich bei Bremervörde (Landdrostei Stade) ein merk
würdiger Meteorstein-Fall stattgefunden hat. Durch die Güte des
Amtmanns von Reiche zu Bremervörde bin ich so glücklich gewesen,
in den Besitz des grössten der gefallenen Steine zu gelangen. Er wiegt
G Pfund und ist fast ganz unversehrt, da er 4 Fuss tief in ein Torf
moor gefallen war. Nur zwei kleine Ecken wurden von den Findern
(Arbeitern im Torfmoor) abgeschlagen, weil sie sehen wollten, ob
die Masse nicht Eisen sei. Der Stein ist mit der gewöhnlichen schwar
zen Rinde und den wie mit Fingern gemachten Eindrücken versehen.
Im Innern hat er grosse Ähnlichkeit mit den Steinen von Mezö-
Madaras; man erkennt darin metallisches Eisen und Schwefelkies.
Der Amtmann von Reiche hat die glückliche Idee gehabt, die Finder,
in deren Nähe der Stein gefallen war, amtlich zu vernehmen und über
das ganze Phänomen ein Protokoll aufnehmen zu lassen, von dem er
mir eine Abschrift geschickt hat. Das Phänomen fand Nachmittags
gegen 5 Uhr Statt. Zuerst wäre es gewesen, als ob Kanonen gelöst
würden, dann sei ein Geknatter und ein heftiges Sausen mit donner
ähnlichem Getöse entstanden. Es sei ein gewaltiger Lärm gewesen,
so dass Allen hange geworden sei. Der Himmel war bewölkt, was wohl
die Ursache ist, dass man keine Feuerkugel gesehen hat. Die Leute
sagten ferner aus, dass in derselben Gegend noch mehrere solcher
Steine gefallen sein sollen. Ich habe dem Amtmann von Reiche so
gleich geschrieben und ihn ersucht, dass er auf diese Jagd machen
lassen möge, indem ich für jedes Pfund Stein, wenn er sich als echter
erweise, einen Preis aussetzte, so wie ich auch hoffe, dass die beiden
abgeschlagenen Fragmente wieder aufgefunden werden.“
Weiter theilt Hofrath Wöhler mit, dass er gehört habe, dass
noch zwei andere Steine von diesem Fall nach Zellerfeld am Harz
gekommen seien. Einen davo, 3 Pfund schwer, habe Dr. Römer in
Schafarik. Ülicr die Cynnverbindungen des Platins.
57
Clausthal angekauft, der andere befinde sich noch in Zellerfeld. Hof
rath Wohl er wird, wenn er alle Nachrichten über das Phänomen
beisammen hat, eine Mittheilung darüber an die königliche Societät
der Wissenschaften in Göttingen machen und unterdessen die
chemische Analyse vornehmen. Zuletzt gibt er die Vollmacht, diese
vorläufigen Notizen der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
mitzutheilen.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
Von Adalbert Schafarik.
(Vorgelegt in der Sitzung' vom 8. Juni 18J>o.)
ERSTE ABHANDLUNG.
Der in obiger Aufschrift genannte Gegenstand hatte das eigene
Schicksal, der Reihe nach von einer Mehrzahl tüchtiger Chemiker
behandelt zu werden, ohne dass einer derselben es unternommen
hätte, die Aufgabe in ihrem vollen Umfange anzugreifen und zu
lösen. Die erste Platincyanverbindung, das Kaliumplatincyanür, ent
deckte bekanntlich Leopold Gmelin 1 ), dem wir ja auch die Kenntniss
der Ferricyanverbindungen verdanken; derselbe stellte zugleich auch
ihre Formel fest. Rammeisberg 3 ) wiederholte Gmelin’s Analyse
und fand sie bestätigt. Später stellteD ober einer 3 ) aus dem Gmelin’-
schen Salze die analoge Quecksilberverbindung und mit Hilfe derselben
die Platinblausäure sowie das Platincyanür dar. Knop und Scline-
d er mann 4 ) untersuchten die Einwirkung des Chlors auf das
Kaliumplatincyanür, welches zuthunL. Gmelin merkwürdigerweise
unterliess (wiewohl er selbst beim Blutlaugensalze diesen Process
zuerst angewandt hatte); dadurch wurden sie zu Entdeckern des
Kaliumplatin-sesquicyanides. Zugleich fanden dieselben eine bequemere
Methode zur Darstellung der Platincyanverbindungen als jene von
Gmelin und untersuchten neben den beiden Kaliumplatincyan-
U Handbuch, i. Aufl. I. 1436; 2. Aufi. II. 1692.
2 ) PoggendorlFs Ann. 2. Reihe, XII, 136.
3 ) PoggendorlTs Ann. XXXVII, 346 und Liebig’s Ann. XVII, 230.
4 ) I.iebig’s Ann. XL1II, 113 und Erdm. Journ. XXXVII, 461.
58
Schafarik.
Verbindungen auch noch die entsprechenden Ammoniumverbindungen,
ohne jedoch auf die übrigen Salze der leichten Metalle Rücksicht zu
nehmen; von den schweren Metallen untersuchten sie einige krystal-
lisirte Doppelverbindungen mit Ammoniak, wiewohl nur beiläufig. Sie
gaben zwar jene Resultate, die sie publicirten, nur als vorläufige, doch
ist eine Fortsetzung ihrer Arbeiten nicht bekannt geworden. Die
erste erschöpfende Untersuchung, wenigstens einer Reihe der Platin
cyanverbindungen, verdanken wir Bernhard Quadrat, welcher
seine im Jahre 1846 — 1847 in Redtenbacher’s Laboratorium
ausgeführte Arbeit in Liebig’s Annalen (LXIII, 164 — 192)
publicirfe und ausser dem Kaliumplatincyanür auch noch die ent
sprechenden Verbindungen des Natriums, Ammoniums, Baryums,
Strontiums, Calciums, Alumiums, Kupfers und Quecksilbers genauer
untersuchte und beschrieb *). Auf die Platincyanidverbindungen nahm
Quadrat keine Rücksicht. Seine Arbeit erregte hohes Interesse bei
Chemikern und Physikern, einerseits durch die merkwürdigen und
wirklich ausgezeichneten optischen Eigenschaften der von ihm ent
deckten Salze, anderseits aber durch die ungewöhnliche Zusammen
setzung die er seinen Salzen ertheilte. Quadrat fand nämlich alle
von ihm dargestellten Verbindungen nach der empirischen Formel
Pt 5 CyH M 6 zusammengesetzt, welche er durch S PtCy 3 M-J-CyM
interpretirte. Zugleich fand er jedoch durch seine eigenen Analysen für
das nach Gmelin dargestellte Kaliumsalz die Gmelin’sche Formel
PtCy a K bestätigt, während dagegen das nach Knop’s Methode aus
Platinchlorür und Cyankalium bereitete Salz, sowie sämmtliche
(durch Vermittelung eines Kupfersalzes) daraus abgeleiteten Salze
obige Formel zugetheilt erhielten. Diese Reihe nannte Quadrat
zum Unterschiede von dem einfacheren Gmelin'schen Kaliumsalze
und den ihm entsprechenden Salzen die der zusammengesetzten
Platincyanverbindungen; er stellte, um die wesentliche Dififerenz
beider Reihen als wirklich existirend nachzuweisen, einige Salze
durch Sättigung von Platincyanwasserstoff mit der entsprechenden
Basis dar, und fand wirklich die so gebildeten Substanzen nicht nur
analog dem Gmelin’schen Salze, daher abweichend von seinen
Salzen zusammengesetzt, sondern auch mit anderen physicalischen
*) Böhmisch und mit einigen Zusätzen bereichert, erschien seiue Arbeit in der
böhmischen Museums-Zeitschrift XXIII, «3, 47—72.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
59
Eigenschaften begabt (a. a. 0. p. 190). Wiewohl nun die Arbeit von
Quadrat das Gepräge einer tüchtigen Anlage und fleissigen Aus
führung an der Stirne trug, auch keinerlei in ihr selbst liegende
Gründe die kleinste Veranlassung gaben an ihren Resultaten zu zwei
feln, so wurden doch nichtsdestoweniger bald nach ihrer Publication
Stimmen laut, welche die Quadrat’schen Formeln höchst unwahr
scheinlich fanden; so Laurent 1 ), Liebig 2 ), Svanberg 3 )
u. a. m. 4 ). In Folge dessen erschien im 65. Bande von Liebig's
Annalen (p. 249) eine Note von Quadrat, worin er zwar zugibt,
dass seine Salze nicht ganz rein gewesen seien, namentlich mit
Rhodanmetall verunreinigt, im Ganzen jedoch (soweit man jene Note
deuten kann) bei seiner Ansicht verharrt. Zwei Jahre später publieirte
er (Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften, raathem.-
naturw. Classe, Juni 1849, p. 10 — 16) einen Aufsatz „über die
einfachen Platincyanverbindungen," worin er eine Reihe von Verbin
dungen beschreibt, deren allgemeine Formel PtCy a M ist, die somit dem
Gmelin’schen Kaliumsalze entsprechen; er gewann sie ganz ebenso
wie die im Jahre 1847 beschriebenen zusammengesetzten Verbin
dungen, durch Überführung des Kaliumsalzes in ein Kupfersalz und
Behandlung dieses Salzes mit Basen, nur dass er das Salz PtCy 3 K,
nicht das Salz PtsCyüK,;, als Ausgangspunkt nahm; das Salz PtCy a K
stellte er jedoch nicht — wie Gmelin — durch Glühen von Platin
schwamm mit Blutlaugensalz dar, sondern durch wiederholtes
Umkrystallisiren seines Salzes Pt 5 Cy u K 6 , wodurch er den Platin
gehalt von 49-05 Procent auf 51-65 steigen und somit Pt 5 Cy lt K c
in PtCy 3 K übergehen sah. Dass jedoch Quadrat auch dazumal
noch an der wirklichen Existenz jener zusammengesetzten Reihe
PtsCyn K 6 fest hielt, beweist der Passus (p. 10 ibid.): „Ich bin der
Ansicht, dass nicht zwei (wie ich durch analytische Resultate bereits
zum Theile früher bewiesen habe), ja dass noch mehrere Reihen
von Platincyanverbindungen existiren“ 5 ).
*) Laurent hältQuad rat’s Salze für PtCy 2 M, Liebig-, Jahresber. f. 1847-48, p. 484.
2 ) Liebig, Jahresbericht f. 1847—48, p. 482—484.
3 ) Svanberg, Jahresbericht, XXVIII. Jahrg., p. 147—154.
4 ) Dass L. Gmelin die Arbeit von Qua drat ignorirt hätte, wie Prof. Otto in seinem
Lehrbuche (2. Auflage II, 2 ; p. 1331) meint,ist ein kleiner Irrthum; der 4. Band des
Handbuches erschien zu Anfang des Jahres 1848, das Capitel über Cyan war daher
gewiss schon gedruckt als Q u a d r a t’s Abhandlung erschien.
5 ) Vgl. darüber Liebig’s Jahresbericht f. 1849, p. 301—303.
GO
Schafarik.
Seit jener Zeit sind über die Platincyanverbindungen keine
ausführlicheren Untersuchungen bekannt geworden, welche geeignet
gewesen wären, die eben exponirten Differenzen vollständig auf
zuklären. Wertheim veröffentlichte 1850 eine kurze Notiz über
einige Alkaloide, worin er auch Analysen von Platincyanverbindungen
solcher anführt (namentlich von platinblausaurcm und chlorplatin
blausaurem Chinin), jedoch ohne die Eigenschaften und Darstellungs
weise seiner Producte zu beschreiben *)• Gerhardt bereitete sich
das Kaliumplatincyanür nach der von Quadrat empfohlenen Methode,
und fand für dasselbe bei der Analyse die Zusammensetzung PtCy a
K-(-3HO, also ganz dieselbe wie bei dem Salze von Gmelin 2 ). Zu
demselben Resultate (Identität von Quadrat’s und Gmelin’s
Kaliumsalze) gelangte auch Professor Schrötter; er fand im
ersteren 51-43 pCt. Platin + 20-43 pCt. Kalium, im letzteren
51-64 pCt. Platin -f- 20-00 Kalium. Die Mittheilung darüber findet
sich in einer interessanten Note, worin Schrötter nachweist, dass
die Zusammensetzung der Q uadrat’schen Salze im Grunde um
nichts sonderbarer sei als die der metallischen Doppelcyanüre über
haupt, und dass alle bekannten Doppelcyanmetalle auf die zwei Typen
nMCy undM 5 Cy c reeurriren ;: ). Ausser dem schon Angeführten möchte
nur noch die Arbeit von Buck ton chemisches Interesse haben, indem
derselbe darin eine merkwürdige Isomerie zwischen Platosammonium-
platincyanür und Diplatosammoniumcyanür nachweist 4 ).
Auf physicalischem Felde gaben diese strittigen Verbindun
gen unserem trefflichen Mineralogen und Physiographen Herrn
Haidinger Gelegenheit, ein ganz neues Capitel der Optik, die Lehre
von den Körperfarben, scharfsinnig zu begründen, während uns Herr
Sch ab us über die Krystallformen dieser wundervollen Körper nicht
minder exacte und werthvolle Informationen verschaffte.
Ich war zu derselben Zeit, wo Quadrat seine Arbeit vollendete
(Herbst 1847), in Redtenbacher’s Laboratorium als Anfänger
beschäftigt, ich sah die schönen Salze vor meinen Augen entstehen
und theilte die Freude des Entdeckers — den ich mit wahrem und
1) Liebig, Ann. LXXIII, 211.
2 ) Laurent und Gerb., Comptes-rend. 1850, p. 146.
3 ) Sitzungsb. d. Wiener Akad. mathein.-naturw. CI. II, p. 320—321. (1849.)
4 ) Liebig, Ann. LXXVIII, 328—338.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
61
lebhaftem Vergnügen meinen Freund nennen darf — wenn ein neues
Salz zum ersten Male anschoss. Ich wusste, dass Knop und Scline-
dermann den Anfang einer zweiten Reihe von Cyanplatinverbin
dungen entdeckt hatten, von der sie jedoch nur zwei Glieder, das
kupferrothe Kalium- und das ganz ähnliche Ammoniumsalz, unter
suchten. War es wohl Wunder, wenn ich, sobald ich überhaupt an
selbstständige Arbeiten denken durfte, darauf losging, die von Knop
und Schnedermann begonnene Reihe ebenso auszufüllen wie es
Quadrat mit der Gmelin’schen gethan, und vielleicht ebenso
schöne, ebenso merkwürdige Verbindungen zu entdecken? Schon im
Jahre 1849 machte ich Versuche in dieser Richtung, die jedoch durch
äussere Verhältnisse unterbrochen wurden; im Jahre 1850— 1851
arbeitete ich bei meinem Freunde Professor Quadrat zu Brünn;
meine Berufung an die böhmische Realschule zu Prag und die vielen
damit verbundenen neuen Geschäfte unterbrachen mich wieder auf
langeZeit, so dass ich erst jetzt imStande bineinenTheilmeiner Arbeit
vorzulegen. Was nun den Plan dieser letzteren betrifft, nur so viel:
Es war wohl ursprünglich meine Absicht, nur die Knop’schen Unter
suchungen weiter zu führen, da es mir bei Beginn meiner Unter
suchungen gar nicht einfiel, die Resultate der Qu adrat'schen Arbeit
im geringsten in Zweifel zu ziehen; als ich jedoch später mit der
Literatur des Gegenstandes näher bekannt wurde, entschloss ich
mich den ganzen Gegenstand vorzunehmen und einer Revision zu
unterziehen. Überflüssig däuchte mir dies nicht, denn im Gebiete der
inductiven Wissenschaften entscheiden Wahrscheinlichkeiten, und
wären sie noch so gross, nichts gegen Thatsachen; fanden sieh
Quadrat’s Formeln bei einer neuen Untersuchung — natürlich
vorgenommen mit der nöthigen Umsicht — bestätigt, so waren sie
richtig, mochten sie auch noch so wunderlich aussehen. Diese Revision
der Quadr at’schen Zahlen macht nun den Gegenstand vorliegender
Abhandlung aus. Ich bemerke ausdrücklich, dass derselbe bei mir
nur cursorischer, nur Nebenzweck war; die Hauptsache blieb mir
immer die genaue Untersuchung der so interessanten, durch Knop s
und Schnedermann’s Arbeit angedeuteten, Reibe von Sesqui-
cyaniden und Bicyaniden. Es mag mich dies entschuldigen, wenn ich
etwa im vorliegenden Aufsatze nicht genug auf Einzelheiten eingebe;
immerhin hoffe und wünsche ich, meine Arbeit möge genügend
befunden werden, den Gegenstand zu erledigen. Die zweite Abtheilung
62
Schafarik.
meiner Arbeit, die ich in kurzer Zeit folgen lasse, wird die merk
würdigen Verhältnisse der Sesquicyan- und Dicyanverbindungen des
Platins erörtern, wie ich sie, zum Theil Knop's und Schneder-
mann’s Andeutungen folgend, gefunden habe.
Doch muss ich, noch bevor ich zu den einzelnen Verbindungen
übergehe, einen Gegenstand erwähnen, der sie alle gleichmässig
betrifft: die analytischen Methoden, deren ich mich bediente. Leider
fand ich keine Methode, die auf alle nachfolgenden Verbindungen mit
gleich gutem Erfolge anwendbar gewesen wäre. Boll ey 1 ) hat vor
nicht langer Zeit eine Methode beschrieben, Doppelcyanverbindungen
durch Erhitzen mit einem Gemische aus schwefelsaurem und salpeter
saurem Ammoniumoxyde zu analysiren, die er bei Ferrocyanverbin-
dungen ganz gut befand. Ich habe sie vielmals, leider immer vergebens,
angewendet: die merkwürdige Beständigkeit der Platincyanverbin
dungen zeigt sich darin, dass aus ihnen durch Bolley’s Methode nur
Platincyanür ausgeschieden wird, das dann äusserst schwer zu ver
brennen ist; bei Baryum-, Strontium- und Calciumverbindungen ist
sie ohnedies unanwendbar; reines salpetersaures Ammoniumoxyd
scheidet, schmelzend, nur Platincyanür aus; bei stärkerem Erhitzen
verbrennt zwar auch dieses, aber stossweise und mit solcher Heftig
keit, dass Verlust nicht zu vermeiden steht. Ich habe mir nach
Umständen geholfen, und die Chemiker mögen urtheilen, in wie weit
meine Methoden Vertrauen verdienen.
Kaliumplntincyanür.
L. Gmelin stellte dieses Salz dar, indem er ein Gemenge von
Platinschwamm und entwässertem Blutlaugensalz längere Zeit in
gelinder Schmelzhitze erhielt, die Masse auslaugte und das gebildete
Platincyansalz vom unzerlegten Blutlaugensalz durchs Krystallisiren
trennte.
Hierauf zeigte Knop, dass es sich viel bequemer auf die Weise
darstellen lasse, dass man Platinchlorür mit Cyankalium zusamiTTBn-
bringe, wobei Chlorkalium entsteht (PtCl + 2KCy = K Pt Cy 2 -f KCl).
Ebenso fand Knop, dass man diese Verbindung sehr rein erhält,
wenn man frisches (hydratisches) Platincyanür — bereitet aus
1 ) IJolley, über die Analyse der schwer zerlegbaren Cyanverbindungen. Liebig, '
Ann. LXXX, pag. 2ö4.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
63
unreinem Kaliumplatincyaniir durch heisses Vitriolöl und Auswaschen
mit heissem Wasser — in Cyankaliumlösung einträgt. Namentlich
letztere Methode gibt ein treffliches Präparat.
Endlich bereitete Mei 11 et*) dasselbe Salz aus Platinchlorid und
Cyankalium, wobei jedoch doppelt so viel Cyankalium verbraucht
wird als bei Knop’s Methode und überdies viel mehr Chlorkalium
nebst anderen Salzen die Mutterlauge verunreinigen hilft.
Ich habe das fragliche Salz sehr oft Male nach allen drei
Methoden bereitet, ich habe Hunderte von Grammen auf einmal unter
den Händen gehabt, glaube daher aus Erfahrung Folgendes sagen zu
dürfen. Die Methode von Meil 1 et verdient gar keine Empfehlung.
Die Methode von Kn op ist jedenfalls die bequemste, denn sie gestat
tet in einem Tage bedeutende Mengen Salz (bis zu mehreren hundert
Grammen) chemisch rein zu erhalten, nur muss man Folgendes be
achten: Vor Allem muss das Platinchlorür frei von Chlorid sein, sonst
bekommt man dunkelbraune Salzlaugen, die ein sehr gefärbtes, schwer
zu reinigendes Product geben a ). Ferner ist jede Spur anderer Metalle
aus den Platinspänen sorgfältig auszuziehen, ehe man sie auflöst,
denn einmal zu Cyaniden geworden, hängen solche Begleiter dem
Kaliumplatincyaniir hartnäckig an. Endlich ist ein bedeutender Über
schuss von Cyankalium zum guten Krystallisiren unentbehrlich; man
übergiesse also nicht [wie Knop und Sehnedermann s ) rathen]
Platinchlorür mit Wasser umStücke von Cyankalium hinein zu werfen,
bis alles gelöst ist—ich bekam einmal auf diese Art aus 140 Grammen
Platinchlorür, das noch Chlorid enthielt, fast nur Kaliumplatinchlorid,
sondern man bereite sich eine eoncentrirte kalte Lösung von Cyanka
lium, giesse davon in ein Becherglas ab und setze nun unter stätem
Schwenken messerspitzenweise Platinchlorür hinzu; dasselbe löst sich
rasch und vollkommen, die Flüssigkeit wird sehr heiss; zu rasches
Einbringen von Platinchlorür ist zu meiden. Will sieh das Platinchlorür
nicht rasch lösen, so setzt man Cyankaliumlösung hinzu. Auf diese
Weise bekam ich fast immer klare oder nur wenig triibeLösungen, die
beim Abkühlen ganz erstarrten. Der Brei wird auf ein Filter gebracht
und möglichst entwässert, die Lauge wird durch Kochen mit Vitriolöl
A ) Meillet, Nouveau Journ. de Pharm. III, p. 444.
2 ) Lieber möge das Platinchlorür überhitzt sein, also etwas Platin eingemengt halten.
3 ) Erd mann, Journ. XXXVII, 461.
64
Schafari k.
zersetzt, wobei sich gelbes gallertartiges Platincyanür ausscheidet.
Das abgetropfte Salz ist nach 2- bis 3maligem Umlcrystallisiren zur
Analyse bereit. Ich habe, wie auch Quadrat, immer Liebig’sches
Cyankalium verwendet, wobei nur zu achten, dass es nicht Rhodan
kalium halte, was sehr dunkle Salzlaugen gibt. Um das aus der
Mutterlauge erhaltene Platincyanür in Kaliumsalz zu verwandeln, kocht
man es mit Wasser aus, filtrirt es ab (leider geht es sehr stark durchs
Filter durch), übergiesst es mit wenig heissem Wasser und gibt vor
sichtig reines Cyankalium hinzu, bis alles gelöst ist; die Lösung ist
klar und nahezu farblos, sie gibt gleich bei der ersten Krystallisation
treffliches, fast chemisch reines Product. Die Methode von Gmelin
ist leider umständlich und im Grossen unanwendbar; zu optischen Ver
suchen sollte man (glaube ich) das Salz immer nach derselben bereiten,
denn der Auszug der Schmelze ist vollkommen farblos; mischt man
denselben mit gleichviel Alkohol von 80% und filtrirt nach 24 Stun
den (um Blutlaugensalz zu scheiden) ab, so gibt die Lösung freiwillig
verdampfend Krystalle, deren Trichroismus so rein und auffallend ist
(namentlich das milchige Blau), dass sie neben den Krystallen der
Knop'schen Salze fast grünlichblau, die letztem mehr gelb aussehen.
Diekrystallographischen und optischen Eigenschaften des Salzes
sind so bekannt, dass ich nichts hinzuzufügen habe; nur habe ich
bemerkt, dass die Axenfarbe des Salzes eigentlich ein blasses bräun
liches Kirschroth. ist (wie schwefelsaures Manganoxyd). Ich sah
dies besonders deutlich an Krystallen, die sich aus einer Lösung von
200 Grammen Salz beim Abkühlen gebildet hatten und gegen
2 Millimeter dick waren; die gewöhnlichen Krystalle sind zu dünn,
um diese Beobachtung zu gestatten.
Das Gmelin’sche Salz ist bereits von L. Gmelin, Rammeis
berg, Quadrat und Sclirötter mit übereinstimmenden Resultaten
analysirt worden, ich habe daher nur die Salze analysirt, welche
nach den beiden Methoden von Knop erhalten werden und von
denen das erste nach Quadrat Pt 5 Cy u K 6 -)-22 aq ist.
I. 1-615 Grm. Salz nach der ersten Knop’schen Methode bereitet
(nur zweimal umkrystallisirt) verloren in 24 Stunden über
Schwefelsäure 0-152 Grm. =9-41 pCt.*), ferner bei -f-100® C.
*) Das einfach gewässerte Salz, welches durch Wasserentziehung aus dem dreifach
gewässerten entsteht, ist kreidig, undurchsichtig und blass liilafarben, dabei
Über die Cyanyerbindungen des Platins.
65
getrocknet 0-051 Grra. = 3-16 pCt. (zusammen 12-57 pCt.),
und endlich bei + ISO 0 C. noch 0-001 Grm. = 0-06 pCt.;
zusammen 0-204 Grm. = 12-63 pCt.
Dieselbe Menge Salz, mit Schwefelsäure durchgeglüht, gab
1-379 Grm. Pt-f-I£0.S0 3 = 85-39 pCt. Die Masse wurde
zerrieben und mit verdünnter Salpetersäure ausgekocht; es
blieben 0 720 Grm. Platin = 44-58 pCt. Somit verbleiben
0-659 Grm. KO . S0 3 , entsprechend 18-29 pCt. Kalium.
II. 2-052 Grm. Salz nach Knop’s zweiter Methode (PtCy gelöst
in KCy), nur einmal umkrystallisirt, verloren über Schwefelsäure
0-186 Grm. = 9-06 pCt.,bei+100°C. 0-074 Grm.=3-61 pCt„
zusammen 0-260 Grm.=12-67 pCt., bei 200° noch 0-004 Grm.
= 0 - 20 pCt.; im Ganzen 0-264 Grm. = 12-87 pCt.
Dieselbe Menge Salz gab 1-752 Grm. Pt + KO.S0 3
(= 85-38 «/„) und 0-7705 Pt = 44-59 pCt. Daher verbleibt
KO.SO ä = 0-837 Grm. entsprechend 18-28 pCt. Kalium.
Man sieht, dass beide Salze fast genau dieselben Resultate
gaben, wiewohl das erstere nach Qua drat K 0 Pt 5 Cy tl -J-22I10,
das zweite nach Gmelin, Knop, Rammeisberg PtCy 3
K-|-3HO ist. Auch ist bei beiden die Menge Pt +KO. S0 3 der
theoretischen (85-71 pCt. nach KPtCy,-f3aq gerechnet) so
nahe als möglich.
III. 2-360 Grm. Salz nach Knop’s erster Methode (noch einmal
aus verdünntem Alkohol krystallisirt) verloren im Ganzen
0-311 Grm. = 13-18 pCt. Wasser.
1-705 Grm. desselben Salzes (wasserfrei) gaben 1 665 Grm.
Pt + K0.S0 3 =97-65 pCt. (nach KPtCy 3 97-90pCt.),davon
waren 0-875 Grm. = 51-32 pCt. Platin, wesshalb 0-790 Grm.
KO. S0 3 entsprechend 20-77 pCt. Kalium.
Die Resultate sind nun
wasserfrei:
Berechnet:
Berechnet:
K 6 Pt 5 C yil
51-32 495 = 48-77
_ 286 = —
20-77 234 = 23-05
1015
KPtCy 3
Pt 99 = 52-11
Cy 52 = -
K 39 = 20-53
190
behält es die Form der ursprünglichen Krystalle. Bei und über -j-100 0 C. werden
die Krystalle orangefarb.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. I. Hft. **
66
Scliafari Tv.
Berechnet:
KPIGvT+aV+ 2aq
Pt 99 = 45-62
Gewässert:
Gefunden:
44-58 - 44-59
Berechnet:
KePfeCyi, + 22aq
495 = 41-11
Cy 52= —
K 39 = 17-97
Aq 9= 4-15)
2aq 18 = 8-29)
12-44
217
286 == —
18-29
3-22
9-41
18-28
234 = 19-44
12-87 13-18 189 = 15-70
1209
Aus den angeführten Analysen geht nun, glaube ich, unleugbar
hervor, dass das fragliche Salz unter allen Umständen der Formel
KPtCya + HO-f 2HO entspricht; ich habe zwar in Nr. I und II um
1 pCt. zu wenig Platin gefunden (offenbar, da das Salz noch nicht
genug gereinigt war), aber immer noch ist die Abweichung von
Quad r at’s Formel zu gross, um diese als zulässig erscheinen zu
lassen. Ich zog das Durchglühen mit Schwefelsäure dem Glühen mit
Salmiak vor, da man bei ersterem wenigstens jederzeit erkennen
kann, oh und was für einen Verlust man erlitten hat, namentlich wenn
man (wie ich) den Tiegel während des Verjagens der Säure nicht
mit seinem Deckel sondern mit einem Uhrgläschen zugedeckt hält.
Beim Glühen mit Salmiak erfährt man erst nach Beendigung der
Analyse, ob mit den Massen Salmiakrauch, die aufsteigen, nicht auch
Chlorkalium und Platin entwichen sind. Die Methode von Bolley
fand ich leider auch hier nicht praktikabel.
Natriumplatincynnür.
Dieses Salz habe ich nur einmal dargestellt. Krystallisirtes
reines Baryumplatincyanür (nach Quadrat's Methode bereitet)
wurde in wenig heissem Wasser gelöst, mit einem Überschüsse von
Glaubersalzlösung vermischt, nun das lOfache Volumen einer Mischung
von gleichviel Äther und Weingeist zugesetzt und nach mehrstündigem
Absitzen filtrirt. Die klare Lösung zuerst an der Luft, dann im Vacuum
über Schwefelsäure verdampft, verwandelte sich bis auf den letzten
Tropfen in schöne farblose lebhaft glasglänzende Prismen von etwa
8 Millimeter Länge und 1 Millimeter Dicke. Sie wurden ganz wie die
vorige Verbindung analysirt.
IV. 1-6535 Grm. Krystalle verloren bei 100° C. 0-225 Grm. =
13"61 pCt. Wasser, bei —210° C. noch fernere 0-004 Grm. =
0-24 pCt.; zusammen also 0-229 Grm. = 13-85 pCt. Wasser.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
67
Dieselben gaben mit Schwefelsäure geglüht 1-395 Grm.
Pt -f- NaO . S0 3 = 84-37 pCt. (die Formel PtNaCy 2 -j-3aq
erfordert davon 84-58 pCt.).
Darin waren 0-804 Pt=48'62 pCt., folglich 0*591 NaO. S0 3
= 11-58 pCt. Natrium.
Berechnet:
PtCy a Na + 3Aq.
Pt = 99 = 49-23
Cy = S2 = -
Na = 23 = 11-44
Aq= 27 = 13-43
201
Ainmoniumplatincyanür.
Dieses Salz bereitet Quadrat durch Vermischen von Kalium-
platincyanür mit überschüssigem schwefelsaurem Ammoniumoxyde,
Eindampfen der gemischten Lösung und Ausziehen der trockenen
Masse mit einem Gemische von Äther und Alkohol. Es lässt sich auch
auf die Art erhalten, dass man Baryumplatincyanür löst und mit einem
Gemisch von kaustischem und kohlensaurem Ammoniak fällt; das Filtrat
liefert langsam verdampfend bis zum letzten Tropfen schöne Krystalle.
Letztere Methode empfiehlt sich dadurch, dass das Baryumsalz wegen
seiner grossen Krystallisirbarkeit leicht vollkommen rein zu erhalten ist;
bei der Methode von Quadrat können immer Spuren von Kalium
salzenmitgenommen werden. Indess erhält man nach beiden Methoden
ein Präparat von gleicher Schönheit, bestehend aus tief citronengelben
bis zu 50—80 Millimeter langen, aber immer nur dünnen Prismen, die
meistens strahlig divergiren und jenen prächtigen blauen Flächen
schiller, der allen gelben Salzen dieser Gruppe eigen ist, in hohem
Grade zeigen. Die Axenfarbe dieses Körpers habe ich noch nicht
beobachten können. Das Salz braucht etwa eine seinem Gewichte
gleiche Menge kalten Wassers zur Lösung, von absolutem Alkohol
noch weniger, es krystallisirt daher nur durch Verdampfen. Lässt
man sehr eoncentrirte Lösungen dieses Salzes, die mit Ätzammoniak
versetzt wurden, im Wasserbade verdampfen, so bilden sich darin
farblose durchsichtige Nadeln mit demselben prächtig lasurblauen
Schiller, der dem gelben Salze eigen ist; wie man sie jedoch aus
der Flüssigkeit nimmt, werden sie alsbald gelb. Knop, der diese
5 *
Gefunden: Berechnung nach Quadrat:
Pt.Cy, ,Na„ + 28HO
48-62 493 = 42-27
— 286 = —
li-38 138 = 11-78
13-83 232 = 21-30
1171
68
Schafari k.
Erscheinung zuerst sah, erklärt sie durch Wasserverlust*), ist also der
Ansicht, dass die weissen Krystalle mehr Wasser enthalten als die
gelben; Quadrat 2 ) dagegen ist der Meinung, die gelbe Färbung
sei durch Verlust an Ammoniak bedingt, wofür allerdings scheinbar
der von Quadrat beobachtete Umstand spricht, dass die an der
Luft gelb gewordenen weissen Krystalle in einer Atmosphäre von
Ammoniakgas wieder weiss werden, was auch mit solchen Krystallen
geschieht, die schon ursprünglich gelb waren 3 ). Ich habe aber noch
einen Umstand entdeckt, der mich auf die Spur einer andern Erklärung
brachte. Bringt man eine abgewogene Portion frischer, glänzend
gelber, durchsichtiger Krystalle unter eine Glocke mit Ätzkalk, auf
den man Ätzammoniak getropft, so werden die Krystalle bald rein
weiss, aber trübe, und wiewohl vollkommen trocken, erleiden sie
doch einen merklichen Gewichtsverlust (von 4—ä pCt.). Diese
Erscheinung widerspricht offenbar der Erklärung von Knop. Bringt
man nun diese weiss gewordenen Krystalle an die Luft, so werden
sie (wiewohl nur langsam) wieder gelb, stellt man sie aber über
Schwefelsäure, so bleiben sie weiss. Letzterer Umstand schliesst
offenbar die Erklärung von Quadrat aus, denn über Schwefelsäure
müsste doch offenbar Ammoniak leichter verloren gehen als an blosser
Luft. Ich glaube folgende Erklärung geben zu dürfen: das gelbe
durchsichtige Salz ist PtCy 3 (NH 4 ) -)-2Aq, das weisse Salz, welches
aus ammoniakalischen gesättigten Lösungen anschiesst und in welches
die gelben Krystalle in einer Ammoniak-Atmosphäre übergehen, ist
Pt Cy 3 (NH 4 ) —|— Aq. Dass das gelbe Salz in einer Ammoniak-
Atmosphäre, obwohl weiss werdend, nicht Wasser aufnimmt sondern
abgiht, zeigt der Gewichtsverlust und das Trübwerden; die Wasser
entziehung erfolgt offenbar durch die mächtige Affinität des trockenen
Ammoniaks zum Wasser. An der Luft zieht natürlich das durch
Ammoniak halb entwässerte Salz sein zweites Wasseratom wieder an
und wird gelb, was über Schwefelsäure nicht geschehen kann, daher
es da weiss bleibt. Bei 100° verlieren beide Salze, das gelbe und
das weisse, ihr Wasser, jedoch nicht vollständig, was erst bei etwa
1) Knop, Erdm. Journ. XXXVII, p. 4G9.
2 ) Qua drat, Wien. Sitzb. d. math.-naturw. CI. III, p. 15.
3 ) Dass die weissen Krystalle auf blaues Lakmuspapier gelegt, dieses beim Gelb
werden röthen, habe ich nicht beobachtet.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
69
ISO 0 geschieht, und sind nun beide schön milchweiss oder perlfarbig.
Wenn das Salz beim Trocknen eine braune Farbe annimmt, wie
Quadrat angibt und ich auch öfters beobachtet habe, so sind daran
nur die Verunreinigungen des käuflichen Äthers und absoluten Alko
hols Schuld. Das reine Salz wird, wie gesagt, schön milchfarbig;
löst man es in diesem Zustande in absolutem Alkohol und lässt die
Lösung im Vacuum über Vitriolöl verdampfen, so schiessen am
Rande des Gefässes Krusten von strahlig gruppirten farblosen Nadeln
an, die am Ende das ganze Gefäss mit einem Netze überziehen, und
einen trefflichen violettlich-milchigen Schein zeigen, aber an der Luft
sehr rasch gelb werden. Ob diese Krystalle etwa wasserfreies Arnrno-
niumplatincyanür sind oder aber das weisse Salz PtCy, (NH 4 ) -f- Aq,
welches durch Ammoniakdampf aus dem gelben entsteht, habe ich
aus dem genannten Grunde nicht entscheiden können, will jedoch
trachten diesen Umstand zu eruiren.
Meine analytischen Resultate sind folgende:
V. 1 • 1 OS Grm. lufttrockene gelbe Krystalle verloren bei -|- 100° C.
0-099 Grm. Wasser = 8-96 pCt., hei + 200° C. noch
0-012 Grm.; im Ganzen also 0-111 Grm. = 10 05 pCt.
Dieselbe Quantität Salz hinterliess geglüht 0-577 Grm.
Platin = 52-22 pCt. Berechnet man diese 0-577 Grm. Platin
auf das wasserfreie (bei 200° getrocknete) Salz, so entsprechen
sie 58 05 pCt. (Das Salz wurde beim Trocknen bräunlich, es
waren grosse dicke Krystallkrusten vom Rande.)
VI. 0-961 Grm. Krystalle, die in einer trockenen Ammoniak-Atmo
sphäre weiss und trüb geworden waren, verlorenbinnen 24Stun-
den über Schwefelsäure 0 028 Grm. = 2-91 pCt., bei -j- 100°
C. fernere 0-010 Grm., bei -j- 210° C. noch 0-011 Grm.; im
Ganzen also 0-049 Grm. = 5-10 pCt.
Dieselbe Quantität Salz gab geglüht 0-537 Grm. = 55-88
pCt. Platin. Auf das wasserfreie Salz bezogen, entsprechen
diese 0-537 Grm. Platin = 58-88 pCt.
Es dürfte wohl dem mit den Eigenschaften unserer Verbindun
gen weniger Bekannten gewagt erscheinen, eine Verbindung, die als
Platincyanür mit Ammoniumeyanür betrachtet werden mag, bei
-f- 210°C. zu trocknen; doch ich habe mich überzeugt, dass das Salz
selbst bei + 250° C. getrocknet unverändert bleibt, indem es in
Wasser gelöst wieder die glänzenden gelben Prismen anschiessen
70
Schafarik.
lässt. Erst über 300° C. zerfällt es in Platincyanür und entwei
chendes Ammoniumcyanür.
Die Vergleichung mit den Formeln steht also:
Berechnet: Gefunden:
NHjncjC '
Pt = 99 = 58-38
Cy =52 = 30-77
NIL
18 = 10-65
169
58-05 — 58-88
Berechnet:
(NWtlcy,,
493 = 55-68
286 = 32-17
108 = 12-15
889
NH 4 PtCy a + aq NH 4 PtCy a + 2 aq
= 99 = 55-62 55-88 99 = 52-94 52-22
= 54=- — 52 = — —
= 9= 5-01 5-10 18= 9-63 10-05
T78 187
Pt
Cy 2
nh 4
aq
Bariumplatincyanür.
Die Darstellung dieser schönen Verbindung- habe ich sehr oft
unternommen, und zwar nach verschiedenen Methoden, jedoch immer
mit gleichem Erfolge, d. h. mit Erlangung von Producten, die alle
von Quadrat angegebenen Eigenschaften besassen. Schon im Jahre
1849 konnte ich Herrn Sectionsrath Hai ding er Krystalle dieser
Verbindung mittheilen, nach Quadrat’s Methode bereitet, an denen
Messungen gelangen, zu denen die früheren Krystalle nicht hingereicht
hatten. Quadrat stellte das Salz durch Kochen von Kupferplatin-
cyanür mit Ätzbaryt und Abscheidung des überschüssigen Baryts mit
Kohlensäure dar. Ich habe auch bedeutende Quantitäten des Salzes
durch Sättigung von Platincyanwasserstoff mit kohlensaurem Baryt
hei Siedehitze dargestellt, und zwar zu wiederholten Malen, ohne an
dem erhaltenen Präparate einen Unterschied von dem Qu a d rat'schen
finden zu können, etwa mit Ausnahme einer lichter gelben Farbe;
doch auch dieser Umstand ist sicher nur zufällig, da einesteils auch
hei Quadrat’s Methode (wie mich vielfache Erfahrung lehrte) nicht
immer ganz gleich aussehende Producte resultiren, anderntheils ein
mal durch Sättigung von Platinhlausäure, die noch etwas Schwefel
kupfer suspendirt enthielt, mit kohlensaurem Baryt Krystalle erhalten
wurden, die sich durch eine tiefe glänzende bräunlichgelbe Farbe
auszeichneten, hei welcher der zeisiggrüne Axenschimmer fast ganz
Über die Cyanverbindungen des Platins.
71
zurücktrat, dagegen der blaue Flächeuschiller, complementär gehoben,
besonders hervortrat. Den sonstigen Eigenschaften des Salzes, wie
sie Quadrat gefunden, habe ich nichts besonderes hinzuzufügen.
Beim Erwärmen auf + 100° C. wird das Salz schön bräunlich-oran
genfarben und undurchsichtig, wobei es genau die Hälfte seines
Wassers verliert, der blaue Schiller aber bleibt. Schon über Schwefel
säure verliert es langsam diese erste Hälfte seines Wassers. Bei
-(- 140° bis -f- 150° C. verliert es alles Wasser und wird rein weiss
mit einem Stich ins Grünliche, oder mit schwachen indigoblauen Strei
fen durchzogen. In diesem Zustande ist es äusserst empfindlich gegen
Feuchtigkeit, und muss bedeckt rasch gewogen werden; angehaucht
läuft es sofort mit der tiefsten Feuerfarbe an. Die Analysen machte
ich zum Tlieil nach der Methode von Quadrat, nämlich durch mehr
maliges Ausglühen mit Salpetersäure, Zerreiben des Rückstandes von
Baryt und Platin, Auskochen mit verdünnter Salpetersäure, Abfiltriren
des Platins und Fällen des Baryts mit Schwefelsäure. Diese Methode
gibt nur bei grosser Vorsicht annähernde Resultate, denn erstens
decrepitirt das vorläufig für sich verglühte Salz beim Befeuchten mit
Salpetersäure und Glühen immer mehr oder weniger heftig, indem
der Kohlenstoff durch das Barytnitrat verbrennt; nur bei sehr geräu
migen Tiegeln ist Verlust zu vermeiden 1 ); zweitens ist der Glührück
stand auch nach heftigem Glühen nie Platin und Baryt (wie man sich
durch Wägen überzeugen kann, wo man immer mehr findet, als dem
entspräche), sondern zum Tlieil Platinoxydbaryt. Desshalb darf man
nicht mit Salzsäure auskochen, weil sich Platinoxyd lösen könnte,
andererseits muss man befürchten, durch Säuren nicht allen Baryt
auszuziehen. Dennoch weichen meine auf diese Art angestellten
Versuche von der Quadra t’schen Formel Pt 5 Cy 14 Ba 6 -f- 22HO
weit genug ab, und nähern sich der Formel Pt Cy 2 Ba -f- 2IIO -J-
2HO hinlänglich, um letztere weitaus wahrscheinlicher zu machen.
Das aus Platinblausäure bereitete Salz analysirte ich durch Fällen
mit kaustischem und kohlensaurem Ammoniak, Abfiltriren, Waschen
und Glühen des kohlensauren Baryts und Eindampfen des Filtrats im
Wasserbade zur Trockne, worauf der Rückstand (Ammoniumplatin-
cyanür) möglichst ohne Verlust in den Platintiegel gebracht und
geglüht das Platin ergab.
D Audi ist (1er Verlust desto grösser, je grössere Quantitäten man zur Analyse nimmt.
72
Schafarik.
Die analytischen Resultate sind nun folgende:
VII. 0 ■ 851 o Grm. ausgezeichnete Krystalle nach Quadrat berei
tet (in dessen eigenem Laboratorium zu Brünn) verloren bei
+ 200» C. 0-1245 Grm. = 14-62 pCt. Wasser.
Dieselben gaben mit Salpetersäure geglüht und ferner
nach obiger Angabe behandelt 0-3225 Grm. = 37-87 pCt.
Platin und 0-379 Grm. BaO. S0 3 , entsprechend 26 • 24 pCt.
Baryum.
VIII. 2-952 Grm. Salz nach Quadrat (andere Bereitung) in
kleinen aber reinen Krystallen verloren bei-}-100° C. 0-216 Grm.
= 7-32 pCt., bei + 165» C. 0-208 Grm. =7-04 pCt.;
im Ganzen daher 0-424 Grm. = 14-36 pCt. Wasser. Die
Analyse durch Glühen mit Salpetersäure ging trotz aller Vor
sicht verloren.
IX. 2-735 Grm. von der vorigen Substanz gaben bei -f- 170° C.
0-394 Grm. = 14-41 pCt. Wasser und 1 035 Platin =
37-84 pCt. Die ßaryumbestimmung ward durch einen Unfall
vereitelt.
X. 2-5825 Grm. (schöne lichtgelbe Krystalle aus Platineyanwasser-
stofF und kohlensaurem Baryt bereitet) gaben bei 100» C.
0-190Grm. = 7-36pCt.,bei+190»C. 0-180 Grm. =6-97 pCt.
Wasser; im Ganzen 0-370 Grm. = 14-33 pCt.
XI. 2-5785 Grm. desselben Materials gaben bei -(- 100° C.
0-185 Grm. = 7-17 pCt., bei + 190» C. 0-182 Grm. =
7-06 pCt. Wasser; im Ganzen also 0-367 Grm. = 14-23 pCt.
XII. 2-854 Grm. desselben Produetes wie X und XI gaben durch
Fällung mit Ammoniumoxyd und Carbonat, Filtriren, Eindampfen
und Glühen 1-104 Grm. Platin = 38‘68 pCt. Der kohlensaure
Baryt wog U0965 Grm., entsprechend 26-78 pCt. Baryum.
Die Vergleichung mit der Theorie steht nun also:
Berechnet nach Quadrat:
Berechnet:
Ba 6 Pt 5 c yil +22110
Pt — 495 = 35-53
Cy = 286 —
Ba =414 = 29-72
HO = 198 = 14-21
BaPtCy 2 + 2HO + 2Aq
99 = 38-67
69 = 26-95
1393
256
Über die Cyanverbindungen des Platins.
73
• Gefunden:
a) Salz nach Quadrat.
37-87 _ 37-84
Gefunden:
b) Salz aus HPtCy 2 .
38 68
26-24
14-62 — 14-36 — 14-41
607)
7-36)
26-74
14-33
_ 7-06)
7-175
14-23
Ich glaube diese Zahlen, wenn auch gewiss in geschickteren
Händen grösserer Genauigkeit fähig, reichen wohl hin zu zeigen,
dass unser Salz unter allen Umständen der Formel Pt Cy 2 Ba-f- 2H0
-f- 2Aq. entspricht.
Da das Baryumplatincyaniir von allen hierher gehörigen Verbin
dungen am leichtesten krystallisirt (es braucht bei -}- 16° C. nach
Qua dra t 33 Tlieile Wasser zur Lösung), so dient es wohl am zweck-
massigsten, um sich die übrigen Salze schnell und rein zu bereiten,
indem man eine abgewogene Quantität desselben durch eine genaue
äquivalente Menge des betreffenden Sulfates oder Carbonates fällt, und
das Filtrat ohne weiters zum Krystallisiren hinstellt. Ich habe auf diese
Art immer Lösungen erhalten, die, bis zum letzten Tropfen ver
dunstend, reines Salz hinterliessen. Nur ein lästiger Theil ist bei der
Bereitung des Baryumsalzes, nämlich das vollständige Auswaschen
des Kupferplatincyanürs, welches bei nur einigermassen grösseren
Quantitäten (über 100 Grammen) wegen der schleimigen Beschaffen
heit dieses Productes wochenlang dauert. Decantiren geht nicht an, weil
sich der betreffende Körper nur aus Salzlösungen klar setzt, in reinem
Wasser aber immer zum grossen Theile suspendirt bleibt. Ich habe
direct aus Kaliumplatincyanür die Baryumverbindung auf folgende
Weise in kürzester Zeit ganz rein erhalten. Man löst das Kaliumsalz
in möglichst wenig kaltem (oder mässig warmem) Wasser und fügt
zuerst (unter Vermeidung übermässigen Erwärmens, was Platincyanür
ausscheiden würde) eine äquivalente Menge reiner Schwefelsäure
(auf 100 Salz 23 Säurehydrat) und dann das lOfache Volumen
starken (SOproeentigen) Alkohol hinzu; Zusatz von etwas Äther
befördert die vollständige Fällung des Kalisulfates. Man stellt die
Mischung auf einige Stunden in kaltes Wasser; das schwefelsaure
Kali setzt sich fast gänzlich ab, die abfiltrirte Flüssigkeit wird auf
Vs abdestillirt, mit Wasser vermischt und kochend mit kohlensaurem
Baryt gesättigt. Das Product ist vollkommen rein, denn die Spuren
74
Schafarik.
von Kalisalz, die der Alkohol aufnimmt, bleiben vollkommen in der
Mutterlauge. Schon Quadrat fand, dass aus Kaliumplatincyanür ver
mittelst Weingeist und Schwefelsäure ziegelrothe zerfliessliche Nadeln
erhalten werden, ohne jedoch zu. erkennen, dass diese Platincyan-
wasserstoff sind.
Strontiumplatincyanür.
Quadrat erhielt dieses Salz durch Kochen der Kupferverbin
dung mit Strontianwasser in gelben Blättchen, die beim Erhitzen
blaugrün, hernach gelbroth wurden; eine Analyse stellte er nicht an.
Wir werden gleich sehen, dass die von Quadrat gesehene Form
dieses Salzes nicht seine gewöhnliche ist. Als ich mich schon vor
längerer Zeit vergeblich bemühte, durch Vermittlung des Kupfersalzes
das schöne kupferrothe Salz, welches Knop für Kaliumplatinsesqui-
cyanid bestimmte, L. Gmelin aber für Dicyanid hält, in die entspre
chenden Baryum-, Strontium-, Calcium- u. s. w. Verbindungen zu
überführen, ganz so wie Quadrat bei den Cyanürverbindungen that,
erhielt ich durch Kochen des schön grünen Niederschlages, den das
kupferrothe Sesquicyanid in Kupfersalzen gibt, mit unzureichendem
Strontianwasser ein Salz in grossen milchweissen, perlglänzenden
Krystallblättern, das ich ohne weiteres für Strontiumplatinsesqui-
cyanid nahm, da das Monocyanid nach Quadrat gelb sein sollte;
als ich jedoch reinen, aus Kupferplatincyanür bereiteten Platincyan
wasserstoff mit kohlensaurem Strontian kochend sättigte und die
Lösung im Vacuum über Schwefelsäure verdampfen liess, sah ich zu
meinem nicht geringen Erstaunen grosse dicke Tafeln anschiessem
ganz von der schönen Milch- oder Perlfarbe des vermeinten Cyanids,
welches nun freilich als Cyanür sich erwies. Jene grossen Krystalle
waren im Vacuum vollkommen milchfarben, an der Luft nahmen sie
bald durch und durch einen zarten violettlichen Ton an. Bei einer
zweiten Bereitung in viel grösserer Quantität, jedoch mit nicht ganz
reinem Platincyanwasserstoff, erhielt ich eine Masse Krystalle von
mehr prismatischem Habitus und gelblicher Farbe, jedoch mit violet
tem, milchigem Schimmer in axialer Richtung; aus der Mutterlauge
dieser letzteren Krystalle (welche offenbar eine wiewohl geringe
Menge Strontiumrhodanür enthielt, da sie mit eisenhaltigem Bittersalz
gefällt, nach einiger Zeit lichtblutroth gefärbt wurde) schossen im
Exsiccator noch zahlreiche, vollkommen farblose, durchsichtige
Über die Cyanverbindungen des. Platins.
75
Krystalle an, die in axialer Richtung schönen rothvioletten Milchschein
zeigen, und in ihrer Gestalt ganz der gewöhnlichsten Arragonitcom-
hination (Prisma, Doma und verticales Pinakoid) gleichen, daher
wohl orthorhomhisch sind. Es ist daher das Strontiumplatincyanür
ohne Zweifel in reinem Zustande wasserhell; dass es sich mir
meistens in frühen Krystallen zeigte, ist um nichts sonderbarer als
das Eintreffen derselben Erscheinung (bald wasserhelle, bald trübe
Krystalle) hei so vielen anderen Salzen. Endlich bereitete ich das
Salz auch durch Kochen von Kupferplatincyanür (aus Kaliumplatin-
cyanür und Kupfervitriol) mit Strontianwasser, und erhielt wieder
(wie aus dem Cyanidsalze) weisse perlglänzende Blätter. Nur bildete
sich mir im letzten Falle ringsherum eine Kruste undeutlicher gelber
Krystalle, die jedoch, auf Papier gelegt, über Nacht weiss wurden, so
dass ich nicht einmal bestimmen konnte, ob das gelbe Salz mehr oder
weniger Wasser enthält als das weisse. Wahrscheinlich begünstigt der
kleine Überschuss von Strontian, der im letzten Falle selbst hei Anwen
dung von Kohlensäure zurückbleibt, die Bildung eines andern Hydrates.
Die schönen milchfarbigen oder auch durchsichtigen Krystalle
aller angeführter Bereitungen werden über Schwefelsäure im Exsic-
cator hinnen 24 Stunden prachtvoll purpurviolett, wie eine Lösung
von übermangansaurem Kali, und nehmen zugleich einen goldgrünen
metallischen Obertlächenschiller an; diese Veränderung ist jedoch
nur oberflächlich, denn an freier Luft nehmen die Krystalle in wenigen
Tagen wieder vollkommen ihr früheres Ansehen an. Auch eine Lösung
des Salzes in heissen Gefässen umgeschwenkt, überzieht diese mit
violettpurpurner, goldgrünglänzender Kruste. Ohne Zweifel entspricht
dieser Farbe eine eigene Hydratationsstufe, und bei genügendem
Material nebst etwas Geduld dürfte es gelingen, sie in Krystallen zu
erhalten; ich will dies später nachholen, wenigstens den Wasser
gehalt des purpurnen Salzes bestimmen. Bei -f- 100° C. wird das Salz
durch und durch trüb und nimmt eine tiefe Orangenfarbe an, tiefer
als das trocken eBaryumsalz, zugleich übergeht der goldgrüne Flächen
schiller in einen lasurblauen. Bei -j- ISO 0 wird das Salz weiss und
wasserfrei, ist jedoch wie das Baryumsalz unter denselben Umständen
so empfindlich gegen Feuchtigkeit, dass es, angehaucht, im Momente
schwärzlich purpurfarben anläuft.
Die Analyse geschah, wie (zum Theil) heim Baryumsalz, durch
Fällen mit Ammoniumoxyd und Carbonat, Wägen des Niederschlages
76
Schafarik.
und Glühen des eingedampften Filtrates. Die analytischen Data sind
folgende:
XIII. 2-208 Grm. lufttrockenes Salz, aus Platincyanwasserstoff berei
tet, in grossen milchweissen Tafeln, verloren bei -j- 100° C.
0-258 Grm. = 11-68 pCt., bei + 215» C. 0-180 Grm. =
8-16 pCt.: im Ganzen 0-438 Grm. = 19-84 pCt. Wasser.
XIV. 2-103 Grm. von derselben Bereitung blieben über Nacht bei
bedecktem Tiegel im Exsiccator, und waren Morgens mit einer
zarten, prachtvoll purpurvioletten Haut von goldgrünem Metall
glanzeüberlaufen. Eine Partie dieser veränderten Krystalle in ein
Röhrchen mit gut scliliessendem Korke gefüllt, war Tags darauf
wieder violettlicb-milchfarben und vom früheren Glanze. Obige
2103 Grm. verloren bei -f- 240° C. 0-393 Grm. = 18-69 pCt.
Wasser. Die Analyse wie gesagt; Platin ging verloren. SrO C0 3
wog 0-652 Grm. = 18-43 pCt. Strontium.
XV. 1-596 Grm. Salz von anderer Bereitung, etwas gelblich und
feucht, gab bei 100° C. 0-206 Grm. = 12-91 pCt., bei
+ 200« C. 0-113 Grm. = 7-08 pCt.; im Ganzen 0-319 Grm.
= 19-99 pCt. Wasser; ausserdem 0-650 Grm. Platin =
40-73 pCt.
XVI. 1-9585 Grm. Salz nach Quadrat bereitet, entliessen bei
+ 100«C. 0-231 Grm. = 11-79 pCt., bei+220»C. 0-1545 Gm.
= 7-89 pCt.; im Ganzen 0-3855 Grm. = 19-68 pCt. Wasser.
Das Platin wog 0-800 Grm. = 40-85 pCt.; der kohlensaure
Strontian wog 0-6015 Grm. = 18-26 pCt. Strontium.
Berechnet:
SrPtCy„-f2HO + 3Aq.
Pt = 99 = 41-25
Cy = 52 = —
Sr = 44 = 18-33
2 HO = 18 =
3 Aq =27:
240
40-85 — 40-73
18-26
i= 7-:J0 1h«.7“ 8-16)
' = 11-25) 8 7 ° 11-68)
— 18-43
19-84 -
11
7-08,
12
— 18-69
Da Quadrat das vorstehend beschriebene Salz nicht analysirt
hat, so kann auch kein Vergleich zwischen seiner Formel und meinen
Resultaten stattfinden, ausser wenn man meine Zahlen auf wasserfreies
Salz reducirt.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
In Nro. XIV entsprechen die 2-103 Grm. Krysta'.le 1710 Grm.
wasserfreien Salzes; daraus wurden erhalten 0-652 Grm. SrO. €()„
entsprechend 22-62 pCt. Strontium in wasserfreiem Producte.
In Nro. XV gaben 1-596 Grm. Krystalle 1-277 wasserfreies
Salz, darinnen 0-650 Grm. Platin, entsprechend 50-90 pCt. desselben.
In Nro. XVI gaben 1-9585 Grm. Krystalle 1 573 wasserfreies
Salz, davon resultirten 0-800 Grm. Platin = 50-86 pCt. des wasser
freien Salzes und 0 6015 Grm. SrO. C0 2 = 22-75 pCt. desselben.
Der Vergleich steht nun also:
Nach SrPtCy 2
Pt = 99 = 50-77
Cy = 52 = —
Sr =44 = 22-56
195
Gefunden:
50-86 - 50-90
22-62 — 22-75
Nach Sr 6 Pt 5 Cy,j
495 = 47-37
286 = —
264 = 25-26
1045
Gewiss merkwürdig ist der Reichtbum dieses Salzes an verschie
denen Hydratationsstufen; mit Bestimmtheit kann man wenigstens
vier derselben annehmen: eine gelbe, blauschillernde, die Quadrat
erhielt, und ich wenigstens zu Gesichte bekam; die farblose mit
violettem axialem Scheine, hier analysirt und beschrieben; die pur
purne mit Goldglanze; die orangenbraune mit blauem Schiller (bei
100°). Sicherlich müsste es bei hinlänglichem Material gelingen,
alle in Krystallen zu erhalten.
Cnlciumplatincjanür.
Auch dieses bereits von Quadrat beschriebene und analysirte
Salz habe ich sowohl nach der Quadrat'schen Methode (aus Kupfer-
platincyanür und Ätzkalk) als auch durch Sättigung von Platincyan
wasserstoff mit kohlensaurem Kalk dargestellt. Ich muss gestehen,
dass ich letzterer Methode, was Schnelligkeit und Reinheit betrifft,
den Vorzug gebe, namentlich da man sich — wie oben beim Baryum-
salze gezeigt worden — den Platincyanwasserstoff direct aus Kalium-
platincyanür durch Schwefelsäure und Weingeist so rein darstellen
kann, als er überhaupt nur zu dieser Operation nöthig ist. Als ich
eine beträchtliche Quantität, nach der zweiten Methode bereitet, in
einer tiefen Schale verdunsten Hess, erhielt ich, ausser gelben Kry-
stallkrusten, die ringsum den Rand bedeckten, am Boden eine Anzahl
prächtiger Krystalldrusen, bestehend aus concentrisch gruppirten
78
S c h a f a ? i k.
Prismen von nahe 25 Millimeter Länge, an Schönheit des Tricliroismus
dem Baryumsalz wenig nachgebend, nur mit mehr grünlichem Grund
ton als letzteres. Die farbigen Säume an Gegenständen gesehen,
durch die Prismenkanten dieses und noch mehr des Baryumsalzes,
schienen mir sehr breit und lebhaft, doch mag ich — da hier nur
Messungen Werth haben — nichts bestimmteres darüber aussagen.
Das nach Quadrat dargestellte Salz bildete Krusten, locker
zusammengewebt aus schwefelgelben oder bräunlichgelben Nadeln;
doch erhielt ich aus Platinblausäure ähnliche Producte, wesshalb der
Unterschied als zufällig zu betrachten sein wird.
Bei -f-100° C. wird das Salz blassrosenroth, bei -|-150° C. weiss
und wasserfrei. Eine concentrirte Lösung des Salzes, auf heissen
Flächen rasch verdampfend, gibt ihnen einen tiefrosenrothen Überzug;
durch Abdampfen der gesättigten Lösung etwas unter -j- 100° C.
dürfte wohl die rosenrothe Verbindung (Ca Pt Cy 2 + 2HO) in Kry-
stallen zu erhalten sein. Die gelbe Verbindung ist
Ca Pt Cy 3 -f 2HO + 3Aq.
Man sieht, dass die Formeln des Strontium- und Calciumsalzes genau
correspondiren. Darauf bezügliche krystallographische Untersuchun
gen dürften von Interesse sein. Die Analyse wurde ganz so durch
geführt wie beim Strontium- und zum Theile beim Baryumsalz.
XVII. 2-005 Grm. lufttrockene Krystalle (aus Platincyanwasserstoff
bereitet) gaben bei+ 100° C. 0-2635 Grm. = 13-14 pCt., bei
4-220° C. 0 - 158 Grm. = 7'8S pCt. Wasser; im Ganzen also
0-4215 Grm. = 21-02 pCt.
Dieselbe Quantität Salz gab 0-905 Grm. Platin = 45 - 14pCt.
und 0-4575 Grm. CaO. C0 3 = 9-13 pCt. Calcium.
XVIII. 2100 Grm. Salz derselben Bereitung gaben bei -)- 100° C.
0-274 Grm. = 13-05 pCt., bei -f- 200° C. noch 0-163 Grm.
= 7-76 pCt. Wasser ab; im Ganzen daher 0-437 Grm. =
20-81 pCt.
Ca0.C0 3 wog 0-485 Grm. = 9-24 pCt. Calcium.
XIX. 1-7285 Grm. Salz nach Quadrat bereitet gaben bei -J-100° C.
0-2315 Grm. = 13-39 pCt., bei + 215» C. 0-131 Grm.- =
7-58 pCt.; im Ganzen also 0-3625 Grm. = 20-97 pCt. an Wasser.
Der kohlensaure Kalk wog 0-403 Grm., entsprechend 9-32pCt.
Calcium, das Platin wog 0-786 Grm. = 45-47 pCt.
Über die Cyan Verbindungen des Platins.
79
Die Zusammenstellung der Resultate mit der Theorie lautet
nun also:
Berechnet:
CaPtCy 3 + 2HO+3Aq
Pt = 99 = 43-83
Cy = 32 = —
Ca = 20 = 9-26
HO =18= 8-33)
= 27 = 12-30) • 83
Gefunden:
43-47 — 43-14
9-13
7-38
■9-32
7-38
9-24
Berechnet nach Quadrat:
cÜjpCc^T+WBO
495 — 43-27
286 = —
120 - 10-49
Aq
wJ^.sSl 20 ' 97 ^! 20 - 81 !“
243 = 21-24
216
1144
Magncsiumplatincyanär.
Bei den ausgezeichneten Eigenschaften dieser Verbindung
schien es mir von Interesse, ihre Zusammensetzung so scharf als
möglich zu bestimmen, um keinen Zweifel übrig zu lassen. Leider
ist mir dies nicht gelungen, wie man unten sehen wird, ohne dass
ich jedoch den Grund anzugeben wüsste. Dies ist um so unange
nehmer als gerade hier in Quadrat’s Zahlen Versehen vorgefallen
sein müssen, die aus den gedruckten Daten nicht zu erklären sind.
Ich habe das Salz oft und auf alle mögliche Arten bereitet, zur
Analyse auf folgende Art: Reines krystallisirtes Baryumplatincyanür
(Substanz Nr. VIII und IX) wurde in Wasser gelöst, mit einem kleinen
Überschuss von Bittersalz gefällt, die abgeklärte Flüssigkeit verdampft
und der Rückstand mit absolutem Alkohol, dem etwas Äther beigemischt
war, extrahirt. Der Auszug wurde verdampft, der Rest in Wasser
gelöst, die Lösung filtrirt und im Vacuum über Vitriolöl verdampft.
Ich erhielt die bekannten prachtvollen Krystallrinden (tetragonale
Prismen mit Endflächen und seltenen Flächen der Nebenpyramiden)
mit etwa 2bis 4 Millimeter dicken Krystallen. Die SättigungvonPlatin-
cyanwasserstoff mit kohlensaurer (nicht kaustischer) Magnesia bei
Siedehitze gibt ganz genau dasselbe Product wie das Fällen von
ßaryumplatincyanür mit Bittersalz oder das Eindampfen von Kaliumpla-
tincyanür mit Bittersalz und Extrahiren mit Alkohol; analysirt habe
ich zwar die Verbindung nicht, aber Aussehen, Verhalten und theore
tische Gründe erlauben keinen Zweifel; Quadrat fand das so gebil
dete Salz blässer roth als das nach ihm bereitete, fast nur rosenroth;
ich fand es im Gegentheil in allen Farbentönen tiefer, namentlich das
heitere Goldgrün des Quadrat'schen Salzes war bei dem Piatincyan-
wasserstoff-Product dunkel metallisch-grünblau.
80
Schafarik.
Löst man das scharf entwässerte Salz in heissem absolutem Al
kohol (wozu ziemlich viel erfordert wird), sokrystallisirt beim Abkühlen
ein die ganze Flüssigkeit erfüllendes Gewebe zarter, weisser atlas
glänzender Fasern; bei Luftzutritt werden sie bald gelb und ziehen
sich endlich zu karminrothen goldglänzenden Krystallkrusten zusam
men. Löst man das trockene Salz in so viel Alkohol, dass beim Ab
kühlen nichts krystallisirt und lässt es auf einer flachen Schale in war
mer trockener Luft verdampfen, so erhält man dünne citronengelbe
Tafeln oder vielmehr Blätter mit schön blauem Flächenschiller; sie sind
rectangulär und charakteristisch fächerförmig gruppirt. Ich erhielt
diese Verbindung oft, ohne jedoch für die Analyse zu sorgen; in letz
ter Zeit, da ich zur Analyse derselben schreiten wollte, war es mir
unmöglich sie zu erhalten, olfenbar inFolge feuchterer Luft (ich hatte
die Krystalle immer im Winter in stark geheiztem trockenem Zimmer
bekommen). Offenbar entsprechen die citronengelhen Blätterbünde
jener gelben Masse, in welche sich das rothe Salz bei etwa —J- 30—40°C.
verwandelt, während jene asbestartigenNadeln MgPtCy s -j-2HO sind
— dasselbe Salz, in welches sich die rotlien Krystalle bei -j—100° C.
verwandeln.
Quadrat fand in seinem Salze 18-69 pCt. Krystallwasser (bei
-(-100° C. entweichend) und 14-57 pCt. Hydratwasser (erst in hoher
Temperatur schwindend), zusammen daher die bedeutende Menge von
33-26 pCt. Wasser. Zugleich aber gibt er die Formel
Mgö Pts Cy 1( -j- 8HO -j- HAq.
welche, wie sich Jedermann durch Nachrechnen überzeugen mag,
nur 16-70 pCt. Wasser entspricht, aber 48-34 pCt. Platin verlangt,
5 pCt. mehr als der Wirklichkeit entspricht. Um 33 pCt. Wasser zu
finden, müsste man die Formel Pt 5 Cy 11 Mg 6 -j-47HO nehmen, welche
33• 1S pCt. Wasser aber nur 38-80 pCt. Platin gibt, von letzterem also
5pCt. zu wenig. Ich vermag diesen Widerspruch nicht zu lösen und
gebe nun meine Resultate.
XX. 1-419 Grm. schöne lufttrockene Krystalle verloren bei -f-100° C.
0-269 Grm. = 18-25 pCt. Wasser, bei + 235» noch 0-100 Grm.
= 7-05pCt.; im Ganzen also 0-359 Grm. =25-30 pCt. (Das
Salz wird bei -|-30—40°C. schwefelgelb, bei-j-100°C. blass-
rosenroth, fasst weiss, bei 200°orangefarbig.) Das entwässerte
Salz wurde für sich im bedeckten Tiegel geglüht, wobei ich
Über die Cyanverbindungen des Platins.
81
durch das Uhrglas, welches ich absichtlich zum Deckel nahm,
sah, wie das Salz mehrere Minuten lang im lichtrothglühenden
Tiegel sich kaum veränderte, sondern erst beim Ablegen des
Deckels wie Zunder verglomm. Der Rückstand wiederholt mit
Salpetersäure befeuchtet und geglüht, wog 0'7615 Grm. =
53-66 pCt.; nach der Theorie folgt für Pt Cy 2 Mg-j-2HO-j-5 Aq an
Pt -f- MgO = 52'66 pCt. Die Masse wurde gerieben, mit ver
dünnter Salpetersäure ausgekocht und aus der Flüssigkeit die
Magnesia als Phosphat bestimmt. Pt wog 0-617 Grm. =
43-48 pCt.; P0 5 .2Mg0 wog0-380Grm., entsprechend5-79pCt.
Magnesium.
XXI. 1-797 Grm. minder deutliche lufttrockene Krystalle gaben bei
+ 100° C. 0-332 Grm. = 18-48 pCt., bei + 235» C. noch
0-116 Grm. = 6-45 pCt.; im Ganzen also 0-448 Grm. =
24-93 pCt. Wasser. Sie wurden gelöst, das Magnesium mit
phosphorsaurem Natron, Salmiak und Ammoniak gefällt, das
Filtrat mit viel Salmiak eingedampft, geglüht und der Rück
stand mit Schwefelsäure ausgekocht, um dem Platinschwamm
alle Phosphate zu entziehen.
Pt wog 0-790 Grm.=43-96pCt., P0 5 .2Mg0 wog 0-460 Grm.
= 5-53 pCt. Magnesium.
XXII. 1-6185 Grm. reine Krystalle verloren bei-)-240° C. 0-4265 Grm.
= 26-35 pCt. Wasser; daich immerfort die angezeigten 33pCt.
Wasser suchte, so trocknete ich noch einmal 3 Stundenlang bei
-j-300°C. —Das Salz blieb unverändert, verlor aber auch nicht
ein Milligramm mehr.
Die obige Portion zuerst für sich verglommen, dann wieder
holt und sehr vorsichtig mit Schwefelsäure geglüht, wog 1-158 Grm.
= 71-55 pCt. Die Formel MgPtCy 2 -f 2HO -f 5Aq verlangt
Pt-f MgO. SO, = 70-35 pCt.
Das Platin durch Kochen mit angesäuertem Wasser abge
sondert wog 0-702 Grm. = 43-37 pCt. Die pyrophosphorsaure
Magnesia wog 0-401 Grm. = 5-36 pCt. Magnesium.
XXIII. 1122 Grm. ausgesuchte Krystalle (lufttrocken) entliessen bei
-f- 100« C. 0-207 Grm. = 18-45 pCt. bei -(- 240» C. weitere
0-093 Grm. = 8-29 pCt. Wasser; im Ganzen 0 300 Grm. =
26-74 pCt.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. 1. Hft.
6
*
82
S c li a f a r i k.
XXIV. 0-4835 Gm. der grössten und reinsten Krystalle verloren bei
+100»C. 0-0885 Grm.=18-30pCt.,bei+240»C. 0-0465 Grm.
= 9-62pCt., im Ganzen daher 0-135 Grm. = 27-92pCt. Wasser.
Die Zusammenstellung der Zahlen ist nun folgende:
Berechnet :
MgPtCy* +
Pt =99 =
Cy = 52 =
Mg =12 =
HO = 18 =
Aq = 45 =
2HO 4
43-81
23 01
3-31
7-96
19-91
SAq
•27-87
43-48 _ 43-96 — 43 37
3-79 — 3-33 — 3-36
7-03) 6-4ö\ 8-29)
>23-30 >24-93
26-33
26-74
18-23)
18-48)
18-43)
— 27-92
226 = 100-00
Berechnet:
MgPtCy-j + OHO
99 =
52 =
12 =
45-62
23-96
5-53
8-30)
16-J
(18= 8-30)
(36= 16-59) 2489
217 = 10000
Man sieht: die Platin- und Magnesium-Bestimmungenharmoniren
mit der ersten Formel, nur die Wassergehalte sind zu klein; reducirt
man aber die Platin- und Magnesiummenge auf die jeweilige Menge
wasserfreien Salzes, so findet man
Berechnet:
MgPtCy-j
99 = 60-74
52= 31-90
12 = 7-36
"163 = lOtToT
Gefunden :
(in der Ordnung- wie oben)
58-21 — 58-56 — 58-89
7-75 — 7-46
7-28
Mg 6 Pt 5 C yil
495= 58-03
286= 33-53
72 = 8-44
853 = lOO-OF
Der Magnesiumgehalt stimmt gut mit der ersten Formel, der
Platingehalt weicht aber constant ab, nähert sich sogar der compli-
cirteren Formel. Ich kann den Fehler weder in meinen Methoden
noch in meinen Operationen linden und werde wiederholte Unter
suchungen anstellen, um diese Differenz verschwinden zu machen.
Übrigens zeigt der Ursprung aus einem Salze, das evident die Zusam
mensetzung Ba Pt Cy 3 -(-4HO hat, hinlänglich, dass die Formel des
Magnesiumsalzes keine andere sein kann, als die vorangestellte;
Über <lie Cyanverbindungen des Platins.
83
auch hat Baumert auf Liebig's Veranlassung zwei Analysen des
wasserfreien nach Quadrat bereiteten Salzes gemacht, welche
00-51—59 81 Pt und 7-38—7-28 Mg ergaben i).
Herr Sectionsrath H ai ding er hat in den Sitzungsberichten der
kais. Akademie der Wissenschaften (math.-naturw. CI. II, 20—24) eine
Notiz über Magnesiumplatincyanür gegeben, wonach unter besonderen
ungekannten Umständen neben den karminrothen goldgrünglänzenden
quadratischen Prismen noch andere hexagonale Nadeln von morgen-
rotherKörperfarbe und blauem Flächenschiller erhallen werden. Er
gab später diesem Körper den Namen Aurorit. Ich habe diesen Kör
per nie so deutlich erhalten wie er dort beschrieben ist, sondern nur
spurenweise, und auch das nur dann, wenn ich das Magnesiumsalz
durch Eindampfen von Kaliumplatineyanür mit Bittersalz zur Trockne
und Extrahiren mit Ätheralkohol darstellte; hei Darstellung des
Magnesiumsalzes durch Fällung von Baryumplatincyanür mit Bittersalz
erhielt ich den fraglichen Körper nicht. Ich habe allen Grund zu ver-
muthen, dass derselbe ein Doppelsalz von Kalium- mit Magnesium-
platincyanür ist; aus einer gütigen Mittheilung von Herrn Professor
Schrötter weiss ich, dass die hier abgehandelten Salze zahlreiche
Doppel- ja Tripelverbindungen unter einander eingehen, über die wir
wohl interessanten Mittheilungen von ihm entgegensehen dürfen.
Kupferplatincyanür.
Diese Verbindung entsteht jedesmal, so oft zu einer aufgelösten
Platincyanür-Verbindung eine Kupfersalzlösung hinzugesetzt wird, in
Gestalt eines voluminösen, bald blaugrünen, bald gelbgrünen Nieder
schlages, der sich aus einer, überschüssiges Kupfersalz enthaltenden
Flüssigkeit binnen 24 Stunden ganz klar absetzt, aber nach mehr
maligem Decantiren und Aufgiessen von reinem Wasser in letzterem
sich fein vertheilt, ohne selbstnach längstem Stehen vollkommen abzu
sitzen, so dass man zumFiltriren seine Zuflucht nehmen muss, welches
aber hei nur einigermassen grösseren Quantitäten wochenlang dauert
(wenn man nämlich bei überschüssig zugesetztem Kupfersalz so lange
auswäscht, bis Beagentien das Filtrat nicht mehr verändern), da der
Niederschlag fast noch mehr als Thonerdehydrat eine feste gelatinöse
i) Liebig's Ann. LXV. 2S0.
0“
84
Schafarik.
Schicht am Papiere bildet. Beim Trocknen schrumpft er ausseror
dentlich zusammen, zerspringt und verwandelt sich in glänzende, scharf
kantige Fragmente von sattem Gras- bis Lauchgrün, welche aber zer
rieben ein matt berggrünes Pulver geben. Das Salz hält hartnäckig
hygroskopische Feuchtigkeit zurück, wie alle metallischen Doppel-
cyanüre (Berlinerblau z.B.) und muss zur Analyse bei-(-150 bis 180° C.
getrocknet werden. In verschlossenen Gefässen bis zum Glühen
erhitzt wird es tiefer grün, dann braun und verliert Cyan, welches ent
weichend mit schöner gelbgesäumter Purpurflamme verbrennt. Das
entweichende Gas hat einen äusserst stechenden und angreifenden
Geruch. Der Rückstand verglimmt bei Luftzutritt zu einem schwarzen
Pulver (wohl Platin und Kupferoxyd). Dieses Pulver mit Salpeter
säure gekocht, gibt an selbe Kupfer ab und Platinschwamm bleibt zu
rück, doch haben mich mehrfache Versuche überzeugt, dass es auf
diese Weise fast unmöglich ist, alles Kupfer auszuziehen. Wieder
holtes Abrauchen von Salpetersäure über dem verglommenen Pulver
und Glühen des Restes, wie es Quadrat that, zerstört zwar wohl alle
und jede Spur von Cyanür (oder Paracyanür), aber macht den geglüh
ten Schwamm so compact, dass er weder vom Tiegel zu trennen ist
noch an kochende Säuren alles Kupfer abgibt. Ich fand am besten die
fein geriebene und gewogene Substanz in möglichst dünner Schicht
auf einer flachen Platinschale zuerst bei gelinder Hitze verglimmen zu
lassen, sie dann in der Muffel (bei sehr vorsichtigem Zuge) stärker
und anhaltend zu glühen und endlich mit saurem schwefelsauren Kali zu
chmelzen. In Wasser suspendirt und mit Chlorgas behandelt wird
die Verbindung sehr langsam angegriffen, wobei glänzende grüne
Krystalle entstehen, die ich in meiner zweiten Abhandlung alsKupfer-
platirichlorocyanid beschreiben werde. Mit Schwefelsäurehydrat eine
halbe Stunde gekocht bleibt das Salz ganz unverändert, mit Schwefel
und Salpetersäure ebenso. Ich bemerke übrigens besonders, dass ich
zu meinem Kupfersalze Kaliumplatincyanür nahm, das nach Quadrat’s
(vielmehr Knop’s erster) Methode bereitet und nur einmal umkry-
stallisirt war, daher der Formel Pt 5 Cy^ K 6 entsprechen sollte.
XXV. Ein Versuch, das Salz nach Quadrat’s Methode zu analy-
siren, gab von 0-607 Grm. Substanz 0-3398 Grm. Platin =
55-98 pCt.
XXVI. 1-002 Grm. Substanz verbrannt und mit Bisulphat geschmol
zen, gaben 0-542 Grm. Platin = 54-09 pCt.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
85
Berechnet:
Gefunden :
Berechnet nach Quadrat:
CuPtCy 3
Pt = 99 = 54-10
Cy = 52 = 28-41
Cu = 32 = 17-49
183 = 100-00
286= 29-40
192= 19-73
973 = 100-00
Die vollkommene Übereinstimmung der zweiten Analyse mit
meiner Formel ist natürlich Zufall.
Die schöne lasurblaue Verbindung, die aus dem Kupfersalze
durch wässeriges Ammoniak entsteht •—• gewässertes Ammoniocupram-
mon-Platincyanür •— zu analysiren, hielt ich nach Knopund Quadrat
für überflüssig, um so mehr, da auch Quadrat in ihr CuPtCy 3 und
nicht Cu 6 Pt 5 Cy 14 annimmt.
Ich fand übrigens das Kupfersalz in neutralen und nicht allzu
sauren Flüssigkeiten so unlöslich, dass ich es immer benütze, um den
zahlreichen Mutterlaugen verschiedener Krystallisationen die Spuren
von Platincyanüren bequem und einfach zu entziehen. Bei Gegenwart
von Barytsalzen u. dgl. nimmt man natürlich Kupferchlorid oder Nitrat
zur Fällung. Die gesammelten Vorräthe von Kupfersalz verarbeitet
man am besten zu Baryumsalz, da dieses so leicht krystallisirt.
Quecksilberplntincyanür.
Die Auflösung des Kaliumplatincyanürs gibt mit Sublimatlösung
einen weissen, mit salpetersaurem Quecksilberoxydul einen anfangs
weissen, jedoch bei steigendem Zusatz von Reagens erst gelb, dann
grün, zuletzt schön blau werdenden Niederschlag, der in der Flüssig
keit tief gefärbt ist, beim Abfiltriren und Trocknen smaltenblau wird,
aber durch heisses Wasser immer blasser blau werdend, endlich eine
graue Farbe annimmt. Schon Döbereiner lehrte uns diese Erschei
nungen kennen und erklärte sie richtig dadurch, dass er die weisse
Verbindung für Queeksilberplatincyanür, die blaue für dasselbe -f- sal
petersaurem Quecksilberoxydul nahm, welches letztere jedoch durch
heisses Wasser ausgezogen werden kann. Rammelsberg's Analyse
hat später die Ansicht Döbereiner’s über das blaue Salz vollkommen
bestätigt, denn er fand für das blaue Salz die Formel 5 Pt Cy 2 Hg
+Hg 3 0.N0 5 -J- IOHO Q. Dasweisse Salz, welches Döbereiner zur
Darstellung des Platincyanürs benützte, ist, wenn ich nicht irre, noch
*) Rammeisberg’, Pogg. Ann. LXXIII, 117 und Erdm. Journ. XLI, 184.
86
Schafarik.
nicht analysirt worden, denn Quadrat fand, dass beideSalze, das weisse
sowohl als das blaue, beim Trocknen zersetzt werden, indem Queck
silberkügelchen an den Wänden des Trockenapparates ansublimiren.
Ich für meinen Theil fand, dass das blaue Salz, erhalten mit Queck
silberoxydulnitrat, durch Waschen mit heissem Wasser, wenn auch
Schwefelwasserstoff die Waschwässer nicht mehr bräunt, nicht ganz
vom Nitrate befreit werden kann. Das Salz bleibt immer blaugrau,
was namentlich beim Trocknen zum Vorschein kommt. Setzt man das
möglichst ausgewaschene Salz zerrieben auf einer flachen, mit einer
Glasscheibe zugedeckten Schale in dünner Schichte einer Temperatur
von -f 200° bis 250° C. aus (im Sand- oder Luftbade), so wird das
Salz allmählich schneeweiss, und die Glasplatte beschlägt mit feinen
Quecksilberkügelchen. Streift man diese ab, wenn das Salz ganz weiss
geworden, und erhitzt nun beliebig lange bei gleicher Temperatur
fort, so erscheint kein Beschlag mehr. Über + 300° C. bräunt sich
das Salz schwach, doch ohne seine Zusammensetzung zu ändern, wie
mich Analysen lehrten. Gibt man das so bereitete, vollkommen trockene
Salz in einen mit einem Uhrgläschen bedeckten Platintiegel und erhitzt
langsam bis zum Rothglühen, so sieht man Quecksilberdampf das
Glas beschlagen, aber bald verschwinden, während Cyan entflieht,
durch Geruch und Flamme erkennbar; dabei wird das weisse Salz zu
gelbem Platincyanür, das mitten im mässig rotbglühenden Tiegel
minutenlang unverändert bleibt und erst hei lichter Rothgluth unter
Cyanverlust zu einer schwarzen Masse wird, die an der Luft rasch
zu Platinschwamm verglimmt.
Quadrat hat das Salz nicht analysirt, scliliesst aber folgender-
massen: Da das Kaliumsalz K 6 Pt ä Cy H = SK Pt Cy 2 -f- KCy ist,
so müsste jedenfalls in der Flüssigkeit nach Ausfüllung mit über
schüssigem Quecksilberoxydulnitrat Cyanquecksilber vorhanden sein,
wenn der Niederschlag nicht Hg 6 Pt 5 Cyn, sondern Hg Pt Cy 3 wäre;
er konnte aber kein Cyanquecksilber finden. Man sieht, wodurch die
Argumentation bedingt ist. Ich habe mein Salz aus der Kaliumver
bindung Nr. I bereitet und wie oben behandelt. Das Salz war weiss,
eine zweite Bereitung blassbräunlichgrau.
XXVII. 0-464 Grm. weisse Substanz gaben 0-17S Grm. Platin
= 38-36 pCt.
XXVIII. 0-715 Grm. graue Substanz gaben 0-284 Grm. Platin
= 39-72 pCt.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
87
XXIX. 0-7359 Grra. graues Salz gaben 0-2925 Grm. Platin =
39-55 pCt.
Berechnet:
HgPtCy a
Pt = 99 = 39-44 38-30
Cy a = 52 = 20-72
Hg =100= 39-84
251= 100-00
Gefunden: Berechnet:
H ?6 pt 5 c yn
- 39-72 — 39-55 495 = 35-68
280 = 20-71
600= 43-45
1381 = 100-00
Über die Zusammensetzung beider Torangehenden Salze, des
Kupfer- und des Quecksilbersalzes, ist noch Folgendes zu bemerken.
Quadrat führt ausser seinen Analysen, welche ihm die Formel
Cu 6 Pt 5 Cy„ und Hg 6 Pt 5 Cy,, stützen helfen, auch noch den Umstand
als Beweis für erstere Formel an, dass, bei der Zerlegung des ersten
der beiden Salze durch Schwefelwasserstoff, Schwefelkupfer und
Platinblausäure gebildet werde, zugleich aber Blausäure, am Gerüche
erkennbar, entweiche. Ich habe zwar diesenümstand nicht beobachtet,
doch dürfte wohl neben Schwefelwasserstoff der Geruch ein unsicheres
Reagens auf Blausäure sein ; stringenter scheint mir folgende Conclu-
sion. Nach der Formel müsste die Menge der entwickelten Blausäure
doch nicht ganz unbeträchtlich sein (2-8 pCt. trockene Säure); nun
weiss man aber, dass Blausäure in einer mit Schwefelwasserstoff
gesättigten Flüssigkeit nicht die Luft berühren kann, ohne Rhodan
wasserstoff zu gehen, wie die Yauquelin’sche Blausäure (aus Hg Cy
und SH) beweist; es müsste also ein aus dem Salze Cu 0 Pt 5 Cyn oder
Hg 6 Pt 5 Cy,, dargestellter Platincyanwasserstoff nebst den daraus
bereiteten Salzen wohl immer Rhodanmetall enthalten. Ich aber habe
äusserst oft Platincyanwasserstoff bereitet und nie bei reinen Mate
rialien Rhodanreaction gefunden; so oft sie stattfand, zeigte sie auch
das Kaliumplatincyanür, aus dem das Kupfersalz bereitet war. Ich
glaube dieses Argument ist, obwohl secundär, doch nicht werthlos.
Platincyanür.
Dieser Körper wurde zuerst von D ober einer durch sehr gelin
des Glühen von Quecksilberplatincyanür in verschlossenen Gefässen
als gelbgrünes, gegen Reagentien äusserst indifferentes Pulver dar
gestellt. Knop und Schnedermann zeigten, dass man ihn auch
durch Erhitzen von wasserfreiem Kaliumplatincyanür mit Quecksilber
chlorid erhalten kann, was amEnde auf die Methode von Döbereiner
88
Schafarik.
hinausläuft; wichtiger ist eine zweite von denselben aufgefundene
Darstellungsweise dieses Körpers. Das auf trockenem Wege bereitete
Platincyanür ist in Reagentien, namentlich in Cyanürlösungen voll
kommen unlöslich, kann also nicht dazu dienen, Doppelcyanüre zu
bereiten. Kocht man dagegen Kalium- oder Ammoniumplatincyanür
längere Zeit mit Vitriolöl, so scheidet sich ein feurig orangengelber,
schwerer, gelatinöser Körper aus, der in der Flüssigkeit, in der er
gebildet wurde, ganz unlöslich ist, und gut aus derselben absitzt, in
reinem Wasser jedoch sich so fein vertheilt, dass man eine Lösung zu
haben glaubt, auch äusserst schlecht sich filtrirt. Dieser ist in Cyan
kalium, Ammonium u. s. w., leicht löslich und gibt so ein Mittel, sehr
reine Salze darzustellen. Von kochendem Vitriolöl wird er erst nach
längerer Zeit unter Entwickelung schwefeliger Säure verändert (oliven
grün gefärbt). Doch hält er immer etwas Kalisalze hartnäckig zurück,
die auf keine Weise zu entziehen sind. Trocken (er schrumpft ganz
unglaublich zusammen) bildet er glänzende, rothbraune, zersprungene
Massen, wie Aloeharz oder Schellack, von orangebraunem Pulver.
D ober einer fand in seinem Präparat 78—79 pCt. Platin, Knop
in dem seinigen etwas über76 pCt. Quadrat analysirtebeideProducte
und fand in beiden nur resp. 71-7 und 72-8 pCt. Platin, was zunächst
der Formel Pt 3 Cy 3 entspräche, woraus dann folgen würde, dass dieser
Körper ein Sesquicyanid, das Cyanür aber noch nicht dargestellt wor
den sei, wiewohl dem der Umstand widerspricht, dass er in Cyan
kalium gelöst wieder Kaliumplatincyanür gibt.
Ich habe das Knop’sche Product mehrfach dargestellt, und zu
gleich noch eine andere Methode benützt, nämlich anhaltendes Erhitzen
von reinem Ammoniumplatincyanür auf etwa -f- 300° C. im Sand
bade. Die gelben Krystalle werden anfangs rein weiss (wasserfrei),
dann erst fangen sie an gelb zu werden, wobei ein leichter betäubend-
stechender Dampf (Cyanammonium) entweicht. Zuletzt bleiben schöne
schwefelgelbe Pseudomorphosen von Platincyanür zurück, die noch
stärker erhitzt bei Luftzutritt verglimmen und deutliche Pseudomor
phosen von Platinschwamm nach Ammoniumplatincyanür zurücklassen.
Auch beim Kochen von Platinblausäure mit Salpetersäure ent
steht sehr reines Platincyanür, nebst anderen Producten, wovon jedoch
erst in der nächsten Abhandlung gesprochen werden soll.
XXX. 0-298 Grm. aus Kaliumsalz durch Schwefelsäure, zuletzt
mit Weingeist gewaschen, daher beim Trocknen porös und
Über die Cyanverbindungen des Platins.
89
locker gelb geblieben, Hessen 0-230 Grm. Platin = 77-18
pCt.
XXXI. 1-434 Grm. von anderer Bereitung (rothbraune glänzende
Masse, Pulver orangenbraun) gaben 1-084 Grm. Platin =
75-59 pCt.
XXXII. 1-232 Grm. aus Knop’schem kupferrothem Ammoniumpla-
tinsesquicyanide durch mehrstündiges Einkochen'mit verdünn
ter Schwefelsäure bereitet, nass feurig citrongelb, trocken
hornartig, matt rothbraun, Hessen 0-927 Grm. Platin =
75-24 pCt.
XXXIII. 0-763 Grm. aus Knop’schem kupferrothem Kaliumplatin-
sesquicyanide durch Kochen mit Vitriolöl ausgeschieden,
anfangs schön orangen-, dann unter Entwickelung von wenig
schwefeliger Säure olivenfarbengeworden, gaben 0-575 Grm.
Platin = 76-36 pCt.
Dieser Körper wusch sich leicht aus, setzte sich aus
reinem Wasser gut ab und lief nicht durch das Filter; in
Cyankalium gelöst, gab er ganz reines Kaliumplatincyanür.
XXXIV. 0 4425 Grm. aus Ammoniumsalz durch Rösten bei -f- 300°C.
bereitet, gaben 0 3365 Grm. Platin = 76 00 pCt. Das Salz
hielt nach späterer Untersuchung etwas Chlorcalcium. Bei
reinem Ammoniumsalz muss das erhaltene Cyanür wohl den
normalen Platingehalt geben.
Berechnet: Gefunden:
Pt 2 C Ys P^Cy,!
198 = 71-94 891 = 75-70 75-24 — 75-59 — 76-05 — 76-36 — 77-18
78 = 28-26 286= 24-30 —
276 = 100-00 1177 = 100-00
pt io c yu
990 = 77-59
286= 22-41
1276 = 100-00
Man siebt, dass meine Resultate dasKnop’sche (76—77 pCt.
Pt.) bestätigen. Wollte man zu jeder Analyse eine Formel aufstellen,
man müsste wohl ein Dutzend Platincyanüre annehmen; alle obigen
Producte sind offenbar Cyanür mit 79-20 pCt. Platin, verunreinigt
durch variable Mengen unauswaschbarer Beimengungen.
Berechnet:
PtCy
99 = 79-20
26 = 20-80
125 = 100-00
90
S c h a f a r i k.
Schluss.
Da ich zu den Angaben Quadrat’s über den Platincyanwasser-
stofF in analytischer Beziehung nichts nachzutragen wüsste, und die
Beschreibung seiner verschiedenen merkwürdigen Derivate, die ich
aufgefunden habe, so wie die des Aluminiumplatincyanürs und des
prachtvoll krystallisirten Bleiplatineyanürs der nächsten Abhandlung
Vorbehalten will, so schliesse ich hiermit meine Mittheilung, deren
Zweck und Richtung ich hoffentlich gleich zu Anfang genug deutlich
angegeben habe, um kein Missverstehen befürchten zu müssen. Nur
will ich noch kurz meine Ansicht über die vorliegenden Verbindun
gen resumiren, und einige einschlägige Bemerkungen in Betracht
ziehen. Quadrat hält in seinen Abhandlungen fest, dass zwei ver
schiedene Reihen von Platin-Doppelcyanüren bestehen, davon die
eine M 6 Pt 5 Cy u die andere M Pt Cy 3 zur Zusammensetzung habe,
und gründet seine Überzeugung theils auf seine Analysen, theils auf
die Thatsache, dass er die aus Platincyanwasserstoff erzeugten „ein
fachen“ Platincyantire nicht nur chemisch, sondern auch physicalisch
different von den „zusammengesetzten“ denen der ersten Reihe fand.
Ich habe, wie der Leser aus dem Vorhergegangenen genugsam erkannt
haben wird, beide Argumente geprüft; ich habe die Q u adr at'sclien
Verbindungen theils nach seinen Methoden, theils aus Platincyan-
wasserstoff dargestellt und keine grösseren physicalischen Differenzen
gefunden, als sie hei Salzen verschiedener Darstellungen nach der
selben Methode Vorkommen; ich habe die Analysen von beiden Arten
Salzen nach verschiedenen Methoden wiederholt, und dabei Resultate
erhalten, die zwar zum Theile weniger mit meinen Formeln stimmen,
als Quadrat’s Analysen zu seinen Formeln (wovon die Schuld in
der doch nicht ganz leichten Reindarstellung dieser Verbindungen,
liegen mag), aber doch jedenfalls genügen zu zeigen, dass für die von
mir untersuchten Salze die Formeln, die ich gebe, die richtigen sind,
während sie sich mit den Quadrat’sclien durchaus nicht vertragen.
Nur noch einen Umstand will ich berühren. In der angeführten Notiz
von Quadrat (Liebig’s Annalen LXV, 151) berichtet er, in seinen
Salzen Schwefelcyanverbindungen gefunden zu haben, und erzählt
zugleich, aus den Mutterlaugen der Baryum- und Magnesiumverbin
dungen krystallisirten zuletzt andere farblose Salze, die in Alkohol viel
leichter löslich sind. Diese Verbindungen sind mir nie vorgekommen.
Über die Cyanverbindungen des Platins.
91
und ich glaube, dass sie nichts als Baryum- und Magnesiumrhodanür
waren, bedingt durch einen Schwefelcyangehalt des gleich ursprüng
lich angewendeten Cyankaliuras, wie er bei Pottasche, die Kalisulphat
hält, unvermeidlich ist. Fällt man Kaliumsalz, das mit solchem Cyan
kalium bereitet, daher mit Rhodankalium verunreinigt ist, durch Kupfer
vitriol, so ist dem Kupferplatincyanür natürlich Kupferrhodanür bei
gemengt, und beim Kochen mit Baryt oder Magnesia wird die Rhodan
verunreinigung auf beide letztere übertragen. BeimArbeiten rnit reinen
Materialien erhielt ich nie eine Rhodanreaction.
Mögen nun competente Richter entscheiden, ob wirklich die von
mir dargestellten Verbindungen identisch mit den Quadrat'schen
seien, oder oh doch nicht unter Umständen Salze von der Formel
M 0 Pt 5 Cy 41 entstehen, wiewohl ich letztere nach den Methoden, die
ihr Entdecker angegeben, nicht erhielt. Auch wenn das erstere der
Fall sein sollte, was wohl meine Überzeugung ist, so wird doch das
Verdienst ihres Entdeckers als solcher nicht geschmälert, und
namentlich der Physiker wird die schönen Krystalle des Magnesium
salzes nie ansehen, sei es zum Vergnügen, sei es in wissenschaftlicher
Absicht, ohne sich dankbar an Jenen zu erinnern, der uns ihre Dar
stellung zuerst gelehrt.
92
K n e r.
Ich thyologisc he Beiträge.
Von dem c. M. Dr. II. Rner.
I. Über die Gattungen Aspredo und Chaca C. V. aus der Familie der
Welse (Siluroidei).
(Mit VI Tafeln.)
Obwohl ich meine im vorigen Jahre begonnenen Untersuchungen
über die Gattungen Callichtliys und Doras früher zum Abschluss
brachte als jene über die oben genannten, glaube ich doch die Ergeb
nisse der letzte™ vorausscbicken zu müssen, da sich diese Gattungen
noch näher den Panzerwelsen (Loricaten s. Goniodonten) anreihen.
Namentlich gilt dies von der Gattung Aspredo, jedoch nur zum Theile,
denn Valenciennes lässt auch eine Art mit ihr vereinigt, die zu
wesentliche Verschiedenheiten zeigt, um diese Verschmelzung ferner
als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Es ist dies Aspr. verrucosus
Val. oder Bloch’s Platystacus verrucosus. Das kais. Museum besitzt
aber nicht nur diese in mehren wohlerhaltenen Weingeistexemplaren,
sondern auch eine zweite ihr nahe verwandte Art; aus der nachfol
genden Beschreibung beider Arten wird sich die Nothwendigkeit
ihrer Trennung von der Gattung Asptredo ohne Mühe heraussteilen.
Früher scheint jedoch nötliig, die Eigenthümlichkeiten der letztem
näher ins Auge zu fassen.
Als Ähnlichkeiten, durch welche sie an die Gattung Loricaria
mahnt, sind zunächst hervorzuheben: die Totalform des Kopfes, der
platt gedrückte Leib, der in einen langen dünnen Schwanz endet,
der halb unterständige Mund, welcher von papillösen Lippen und
ähnlichen Bartfäden umgeben wird, die wenig strablige weit vorne
stehende Rücken- und die in einen Faden auslaufende Schwanzflosse;
die Gegenwart eines Porus lateralis und in skeletiicher Hinsicht
namentlich die oberen in eine continuirliche Platte vereinigten Dorn
fortsätze. — Dagegen unterscheidet sich Aspredo wesentlich
von Loricaria (abgesehen von der völlig nackten Haut): durch Packete
von Sammtzähnen in beiden Kiefern; äusserst kleine überhäutete
Ichthyologische Beiträge.
93
Augen ohne Augenspalte, sehr enge Kiemenöffnung, einen nach aussen
und innen gezähnten Brustflossenstachel, eine sehr lange, vielstrahlige
Afterflosse, und Vorhandensein einer Schwimmblase.
Das kais. Museum besitzt drei Arten der Gattung Aspredo, deren
Beschreibung ich jedoch, obwohl sie schon seit Bloch bekannt ist,
von einer Art ausführlicher gehen zu dürfen glaube, da sie einerseits
mehre bisher unbeachtet gebliebenen Punkte umfasst und anderseits
geeignet scheint, das Bild der nachfolgenden Gattung in um so
schärferen Umrissen hervoi'treten zu lassen.
Die zu beschreibende Art ist Aspredo sexcirrhis C. Val. wahr
scheinlich synonym mitPlatystacus cotylephorus, welchen Bloch auf
Taf. 372 abbildet. •— Die Totalgestalt ist sehr gestreckt und nieder
gedrückt, besonders der Schwanz länger und dünner als selbst hei
Loricaria. Die Entfernung vom Schnauzenrande bis zur Dorsale
beträgt nur */ 4 der Totallänge, jene aber bis zur Kiemenöffnung
hievon beiläufig nur die Hälfte oder etwas weniger als % der
Gesammtlänge, die grösste Breite vor den Brustflossen i / 7 dieser
Länge, die grösste Höhe am Vorderrücken nicht die Hälfte der
Breite. — Die äusserst kleinen blos unter der Haut durchschimmernden
Augen stehen gleich weit von einander, wie vom Schnauzenrande ab,
nämlich nahezu 3 Diameter. Die Breite der Mundspalte beträgt
weniger als 1 / 3 der grössten Breite; der Mund ist halbunterständig,
Ober- und Zwischenkiefer ragen bedeutend über den unteren vor, der
an sich wenig entwickelt, nur eine sehr schmale Binde äusserst feiner
Sammtzähne trägt, während auf den Zwischenkiefern grössere Gruppen
von solchen stehen, und hinter denen ein kurzes Gaumensegel quer
ausgespannt ist. — Die Narinen sind klein, die hintere eben so weit
vom Auge wie vom Schnauzenrande entfernte stellt eine einfache
Spalte dar, und ist von der vorderen ein kurzes Röhrchen bildenden
und nahe am Sehnauzenrande gelegenen durch ein gewölbtes, über-
häutetes Nasenschildchen getrennt. Die Eckbarteln reichen bis gegen
die Kiemenspalte zurück, die zwei dem Unterkiefer nahe stehenden
sind die kürzesten, die beiden weiter zurück vor der Kiemenstrahlen
haut befindlichen von mittlerer Länge. Der Oberkopf ist wie der
ganze Fisch nackt- und glatthäutig; hinter jedem Auge erhebt sich
aber eine Knochenleiste, zwischen denen die sehr grosse Stirnfon
tanelle liegt, und die nach hinten in einen medianen Kiel sich ver
einigen, der scharf abgestutzt vor dem Stützknochen der Dorsale
94
K n e r.
endet. — Die Kiemenspalte ist sein' enge und nur an der Kehlseite
vor der Brustflossenbasis geöffnet. Die Platten (claviculae) des
Pectoralgürtels sind in der Mittellinie am breitesten, die beiderseits
nach rückwärts laufenden Hörner desselben reichen aber nur bis zur
halben Länge des Pectoralstaehels und ebenso weit auch der über
der Brustflosse liegende, gleichfalls spitz endende Humeralfortsatz
dieses Gürtels.
D . 1/4, P . 1/6 (7), V . 1/8, A . 56 — 58, C . 9.
Der breite und flach gedrückte Pectoralstachel reicht bis zu den
V. zurück und ist derart völlig überbautet, dass seine stumpfe
Spitze noch von einem breiten Hautlappen überragt wird; durch
die Haut werden auch seine Zähne überdeckt, die am äusseren Rande
nach hinten, am inneren nach vorne gekehrt sind. Die Dorsale ent
springt im Beginne des 2. Viertels der Totallänge, ihr erster und
längster Strahl ist ungetheilt aber biegsam, der letzte der kürzeste;
ihr gegenüber stehen die V., deren längste Strahlen (der 2. und 3.
getheilte) nur wenig kürzer als die der Dorsale sind. Nahe hinter
ihnen liegt die Analöffnung und die Genitalpapille. Die nahe hinter
letzterer beginnende Anale reicht bis zur Basis der Caudale und
besitzt fast gleichlange Strahlen, unter denen nur die letzten bedeu
tend kürzer werden. Der Schwanz läuft sehr zugespitzt aus und der
obere. Lappen der Caudale endet wie bei Loricaria in einen längeren
Faden, sie ist aber im Ganzen wenig entwickelt, denn mit Einschluss
des Fadens beträgt ihre Länge nur a / 3 der grössten Kopfbreite.
Längs der Dorsalseite des Schwanzes erhebt sich vom Ende der
Dorsale bis zur Caudale eine Hautkante, welche durch die oberen
Dornfortsätze gestützt wird, die hier wie bei Loricaria in eine conti-
nuirliche dünne Platte verwachsen sind. — Der Porus lateralis ist
sehr deutlich, aber weit zurück genau unter der Spitze des Humerus
fortsatzes befindlich. — Die Seitenlinie verläuft in '/„ Höhe und stellt
kleine dicht gedrängte Papillen dar; über und unter ihr verlaufen
aber am Schwänze ähnliche Reihen, als wäre die Seitenlinie mehr
fach. Am Vorderrücken und den Seiten des Rumpfes stehen ebenfalls
zahlreiche Wärzchen, jedoch mehr regellos, der Oberkopf zeigt
deren nur zerstreute und zwar längs des Verlaufes der Kopfcanäle als
Mündungen derselben. — Bloch’s citirte Abbildung zeigt die ganze
Bauchseite bis hinter die Analgrube mit fadigen Anhängseln besetzt,
welche in trichterförmige Näpfe enden (Filamenta cum cupulis);
Ichthyologische Beiträge.
95
Valenciennes vermuthet, sie seien blos den Weibchen zu einer
bestimmten (Fortpflanzungs-?) Zeit eigen; sie fehlen unsern Exem
plaren gänzlich, die sich offenbar ausserhalb der Parungszeit befanden,
und deren Erhaltungszustand übrigens nähere Angaben über den innern
Bau und namentlich die Sexualverhältnisse nicht gestattet. Nur
folgende Punkte liessen sich ermitteln. Der Magen bildet einen
grossen Sack, der Darm mehre nach rechts gelegene Windungen und
geht in einen weiten Afterdarm über; die Leber ist gross, mehrlappig,
die Schwimmblase symmetrisch in eine rechte und linke Hälfte einge
schnürt, in der Mittellinie fest an die Wirbelsäule gewachsen, das
breite Querstück der Nieren legt sich am hinteren Ende derselben
zwischen ihre Schenkel hinein.
Die Färbung der Spiritusexemplare erscheint gleichmässig
bräunlich, die Seiten des Rumpfes und Schwanzes sind mit dunklen
Wolken und Flecken besetzt alle Flossen braun, nur die Basis der
Anale an der vorderen Hälfte weisslich mit breitem braunem Saume,
die hintere Hälfte aber ganz braun.
Totallänge des grösseren Exemplars 9% W. Z. — Fundort:
Surinam.
Die beiden anderenArten sind: Asp.tilncen Temm., durch ihre
aufstehenden Nasaldornen leicht kenntlich, und Asp. laevis, von der
ich nur folgende Merkmale anführe: der Mund ist völlig unterständig,
indem die breite Schnauze y a " lang übergreift, und von 8 Barteln
und sehr grossen seitlichen Lippensegeln umgeben; der Kopf ist
gänzlich nackt, aufstehende Nasendornen fehlen, der Bauch erscheint
durch kurze Cotyli stellenweise zottig. Ein Porus lateralis fehlt, da
der grosse gewölbte Humeralfortsatz ein breites, bis an den Bauch
herabreichendes und in die Clavicula übergehendes Schild darstellt.
Gattung: Bunoccphalus m. (Hügelkopf.)
Die von Valenciennes nochder Gattung Aspreilo beigezählte
Art: Platystacus verrucosus Bloch, Tab. 373, Fig. 2 unterscheidet
sich als eigene Gattung, zu der vorstehende Bezeichnung gewählt
wurde, durch folgende Merkmale: Vorderrücken höher,
Schwanz kürzer und höher als bei Aspredo, Haut d u r c h a u s
warzig, 0 b e r k o p f und Rücken mit rundlichen Höckern,
Afterflosse wenig strahlig.
96
K n e r.
Diese Gattung steht zu Aspredo in einem ähnlichen Verhältnisse
wie die Hypostomen zu den Loriccirien, die Totalgestalt ist weniger
niedergedrückt und gedrungener, namentlich aber der Schwanz
kürzer, und ein Caudalfaden fehlt. — Sie wird im kais. Museum
durch folgende zwei wesentlich verschiedene Arten vertreten.
1. Art. B. verrucosus m.
Syn. Platystaeus verrucosus Bl. — Aspredo verrucosus C. Val.
Die Entfernung von der Schnauze his zum Stützgelenke der
Dorsale beträgt Vs der Totallänge, jene bis zur Kiemenspalte ist
aber T^mal in derselben Länge enthalten; die grösste Breite vor
den Brustflossen ist = i/ 4 der Totallänge, die grösste Höhe am
Buckel vor der Dorsale nahezu — '/ 5 dieser Länge oder der halben
Entfernung der Dorsale vom Schnauzenrande. — Die Mundspalte ist
endständig, nicht weit, ihre Breite beträgt nur 1 / 4 der grössten
Breite; beide Kiefer sind mit länglichen Gruppen äusserst feiner
Sammtzähne besetzt, der Unterkiefer wird nur wenig von dem etwas
längeren Zwischenkiefer überragt. Eine wahre freie Zunge fehlt,
Unter- und Obergaumen sind nackt und glatt behäutet. Die Eckbarteln
reichen his an die Basis der Brustflosse zurück, die zwei hinter der
papillosen Unterlippe stehenden sind sehr kurz und dünn, die beiden
weiter zurück an der Kehle befindlichen doppelt so lang. -— Augen
äusserst klein, 5 Diameter von einander entfernt, 3 vom Schnauzen
rande, 1 von der hinteren Narine; die vordere nahe am Mundrande
stehende Nasenöffnung ist in ein kurzes Röhrchen verlängert. Die
Kiemenspalte stellt wie bei Aspredo nur ein enges Loch
unterhalb der Brustflossenbasis vor.
Der Oberkopf erscheint, so wie die Seiten des Vorderrumpfes
durch aufstehende Knochenhöcker und Leisten hügelig. Die beiden
vordersten Höcker begrenzen jederseits das Auge vorne und hinten;
drei grössere Hügel stehen längs der Mitte des Hinterhauptes hinter
einander und beiderseits derselben erhebt sich eine Längsleiste,
weiter zurück ein medianer ziemlich scharfer Kiel, der gegen die
Dorsale steil abfällt, warauf dann das Stützgelenk dieser Flosse sich
wieder rasch erhebt. Auch der Schultergürtel bildet über den Brust
flossen knorrige Erhabenheiten und dehnt sich nach hinten über der
Pect, in einen spitzen (Humerus-) Fortsatz aus, hinter welchem
etwas höher jederseits noch ein runder Knorren (Fortsätze des
grossen Wirbels?) sich erhebt. Nach unten bildet der Schulter-
Ichthyologische Beiträge.
97
gürtel zwei breite in der Mitte durch Nath verbundene Brustplatten
(claviculae), die nach rückwärts in spitz endende Fortsätze auslaufen,
welche bis unter den Anfang der Dorsale reichen. Alle diese Uneben
heiten sind aber von der theils fein, theils grosswarzigen Körperhaut
überdeckt, welche auch die Stützen der Dorsale und selbst den
ganzen Stachel der Pect, sammt dessen Zähnen überkleidet.
D . 5, P . 1/5, V . 6, A . 6, C . 10.
Die Dorsale entspringt etwas vor halber Körperlänge, ihr erster
und biegsamer Strahl ist nur wenig kürzer als der zweite und längste,
der mit jenen der gegenüber stehenden V. gleichlang ist. Der
Pectoralstachel ist flach gedrückt, am äusseren und inneren Rande
mit nach vorne gekrümmten derben Zähnen besetzt, die unter der
am Ende des Stachels sich in einen stumpfen Lappen verlängernden
Haut durchschimmern; ihr erster getheilter ist mit dem Stachelstrahle
gleichlang und reicht bis an die V. zurück. Die Anale steht weit
von der Aftergrube entfernt und besitzt viel längere Strahlen als die
D. und V., der zweite und dritte sind unter ihnen die längsten, der
erste nur wenig kürzer. DieCaudale ist 5y 3 mal in der Gesammtlänge
enthalten, somit fast so lang als der Pectoralstachel und fächerförmig
abgerundet, d. h. ihre mittleren Strahlen am längsten. — Die Haut
ist besonders an den Seiten des Rumpfes mit zahlreichen grösseren,
konischen Papillen besetzt, die längs des Seitencanals eine dicht
gedrängte Reihe derart bilden, dass die Seiten des Schwanzes
dadurch wie gekielt erscheinen. Am Ende des Schwanzes sind
Höhe und Breite desselben einander gleich und sein
Querschnitt fast kreisrund. Der Poms lateralis bildet eine halbmond
förmige Spalte zunächst hinter der Brustflossenbasis.
Die Grundfarbe ist hell bräunlich mit dunklen Wolken und
Flecken, besonders längs des Seitencanals; Dorsale, Anale und
Caudale sind gleichmässig dunkelbraun oder nur an den Strahlen
gefleckt, P. und V. heller durch dunkle Flecken wie gebändert.
Uber den inneren Bau vermag ich nur folgende vereinzelte
Notizen anzugeben. Die an der Wirbelsäule festgewachsene Schwimm
blase nimmt den grössten Theil der Bauchhöhle ein; Druckfeder
apparate konnte ich nicht wahrnehmen. Auffallend ist die Weite des
Dickdarms; der Dünndarm macht drei nicht spirale Windungen, eine
grosse Harnblase ist vorhanden und zwar nach links geneigt, da der
Afterdarm rechts verläuft.
Sitzb. (1. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. I. Hft.
7
98
K n e r.
Das kais. Museum besitzt drei Exemplare, von denen das grösste
4, das kleinste weniger als 2 W. Z. lang ist.
Fundort: Barra do Rio negro.
2. Art. B. hypsinrns, m. — Taf. I, Fig. 1.
Schwanz seitlich comp ress, höher als breit, oben und
unten eine stumpfe wellenförmig unebene Schneide
bildend; Dorsale mit nur z wei Strahlen.
Die Entfernung von der Schnauze bis zum Stützknochen der
Dorsale ist 3y 5 — y 4 mal, jene bis zur Kiemenspalte 6y 3 mal in der
Totallänge enthalten, die grösste Breite vor den Brustflossen 3 y 3 mal;
die grösste Höhe am Höcker der Hinterhauptleiste vor der Dorsale
beträgt die Hälfte der grössten Breite. Die Totalform ist daher mehr
depress (namentlich bei dem jüngeren Exemplare) als bei der vorigen
Art; und die Höhe des Schwanzes sogar bedeutender, als jene am
Hinterhaupte, denn selbst an der Basis der Caudale ist sie noch
6y 2 mal in der Totallänge enthalten.
In der Breite der Mundspalte, den Augen, Narinen, der Zahl und
Beschaffenheit der Barteln und in Bezahnung stimmt diese Art nahezu
mit verrucosus überein; nur enthält der Unterkiefer eine sehr schmale
Binde kurzer Sammtzähne, der Zwischenkiefer aber jederseits
eine längliche und mindestens dreimal breitere. — Die Kiemen
spalt e stellt auch hier eine sehr enge Öffnung an der Unter
seite dar; die Kopfhöcker zeigen aber eine etwas abweichende
Anordnung. Das vorderste Paar hält die Mitte des Schnauzenrandes
besetzt, der bei B. verrucosus zwischen dem Auge und der hinteren
Narine vorkommende Höcker fehlt, dagegen erhebt sich über dem
Auge ein stärkerer Buckel und hinter diesem jederseits in gleichen
Abständen und in divergirender Richtung noch drei ähnliche. Die
medianen Leisten und Höcker des Hinterhauptes bis zur Dorsale sind
weniger erhaben, da überhaupt die Gestalt mehr flach gedrückt
erscheint. Auch der Schultergürtel ist schwächer entwickelt und
namentlich reichen die Hörner der Brustplatten (claviculae) nicht so
weit zurück wie bei der vorigen Art.
D . 2, P . 1/8, V . 1/5, A . S, C . 9.
Die Dorsale steht vor den V., im Beginne des zweiten Drittels
der Gesammtlänge, ihre beiden Strahlen sind sehr kurz aber gleich
lang. Der Pectoralstachel reicht zurückgelegt nur oder nicht einmal
Ichthyologische Beiträge.
99
bis unter die Dorsale, sein Auss enr and ist gl att, der in ner e der
Länge nach mit ziemlich starken geraden Zähnen besetzt, aber
wie bei verrucosus überhäutet; seine Länge wird vom angrenzen
den getheilten Strahle etwas übertroffen. — Die V. entspringen in
halber Körperlänge, ihr erster und kürzester Strahl ist ungetheilt.
Die Analgrube liegt nahe hinter ihnen, fast genau in halber Total
länge; die beiden ersten Strahlen der Anale sind einfach, der erste
am kürzesten, die folgenden drei nur wenig kürzer als jene der V.Die
Caudale ist viel kürzer als bei verrucosus, ß'/jinal in der Totallänge
enthalten, übrigens gleichfalls fächerförmig abgerundet. Die Wellen
linie, welche die obere und untere Schwanzkante bilden, rührt, so
wie die Höhe des Schwanzes selbst von den stark entwickelten oberen
und unteren Dornfortsätzen her, deren jeder rundlich endet, und die
zwar nicht wie bei Loricaria und Aspredo in eine continuirliche
Platte verschmolzen, aber gleichfalls an einander stossend und durch
Bänder vereinigt sind; die oberen sind gleich hinter der Dorsale
stark entwickelt, die unteren erst hinter der Anale.
Die Hautbedeckung ist wie bei verrucosus, dessgleichen die
Seitenlinie und der Porus lateralis. Letzterer scheint mir hier ganz
deutlich in einen Luftsack zu führen, der unter dem Humerusfortsatz
liegt; mindestens gelang es mir bei dem grösseren Exemplare mittelst
eines Tubus durch den ziemlich grossen halbmondförmigen Porus
Luft einzutreiben, durch welche ein abgegrenzter Raum unter dem
Humerusfortsatz blasig ausgedehnt wurde, und die bei angebrachtem
Drucke wieder durch den Porus entleert werden konnte, aus dem sie
in Bläsehenform austrat. Ich fürchte um so weniger, das Eindringen
der Luft auf künstlichem Wege befördert zu haben, als ich dasselbe
Resultat auch bei kleineren Exemplaren dieser und der vorigen Art
erhielt (wenn auch zufolge der Kleinheit der Spalte nicht jedesmal),
und als mir überdies das Vorkommen eines eigenen Muskels auffiel,
der, ausser Zusammenhang mit dem System der seitlichen Rumpf
muskeln und jenem Luftsacke aufliegend, schräg nach ein- und rück
wärts verläuft ').
1 ) Vielleicht gelingt es mir in der Folge hei Untersuchung der grösseren Siluroiden-
Gattungen, die sich gleichfalls durch weite Pori laterales auszeichnen, die
Bedeutung derselben und ihre Verhältnisse näher auszumitteln. Ob hier in der
That hydrostatische Apparate, wahre zur Verringerung des specifischen Gewichtes
7*
100
K n e r.
Die Färbung erscheint wie bei verrucosus, nur bedecken hell
gelbe Flecken ziemlich regulär die Seiten des Rumpfes und Schwanzes
längs der Seitenlinie, die Anale ist schmal weiss gesäumt, die Grund
farbe der Caudale weisslich und nur in der Mitte braun gefleckt oder
grösstentheils braun mit weisslichem Saume; die Kopfbuckeln sind
meist ebenfalls heller gefärbt.
Totallänge des grösseren Exemplares 6", des kleineren 2y 2 ".
Fundort: Rio branco.
Gattung. Chaca. Cuv. Val.
(Braehystacus v. d. Hoev.)
Charakter: Kopf sehr p 1 attge d rii ckt, fast gleich
breit, Mund- und Kiemenspalte weit, die 2. Dorsale
und 2. Anale mit der spitz auslaufenden Caudale in
eine peripherische Flosse verschmolzen.
Diese merkwürdige Gattung mahnt zugleich an mehrere
Familien, an Pediculati, Cottoiden und Siluroiden, und steht doch so
eigentümlich da, dass sie wohl in jeder Familie eine Ausnahm-
stellung einnimmt. Die meiste Verwandtschaft zeigt sie allerdings
noch mit Siluroiden, entfernt sich aber jedenfalls zu weit von der
Gattung Sisor, um sie etwa, wie von Valenciennes geschieht, mit
dieser zunächst in Verbindung bringen.
Das Vorkommen eines starken Brust- und schwächeren Rücken
flossenstachels, die beide durch ein Gelenksperrbar sind, derdepresse
Kopf, die weite Mundspalte mit Sammtzähnen in den grossen
Zwischenkiefern, die Eckhartein, die kleinen Augen und bezüglich
des inneren Baues: der weite Magensack, derMangel von Blinddärmen
und die an der Wirbelsäule befestigte grosse Schwimmblase sind
als vorzügliche Übereinstimmungen mit andern Siluroiden hervor
zuheben.
Bisher ist diese Gattung nur in einer einzigen Art bekannt, die
von Ham. Buchanan zuerst aufgefunden, und in seinem Werke über
die Ganges-Fische beschrieben wurde. Die nachfolgende Beschrei
bung enthält allerdings manchen Beitrag zur genauem Kenntniss der-
dienende Luftsäcke vorliegen, in denen die Luftregulirung etwa durch die Bewe
gung der Brustflossen und die Contractionen des erwähnten inneren Muskels erfolgen
würde, kann vorläufig nur als eine Möglichkeit bezeichnet werden.
Ichthyologisehe Beiträge.
101
selben, mag aber mehr noch als Anregung zu ferneren Untersuchungen
und Beobachtungen dieses interessanten Fisches dienen.
Art: Chnca lophioides C. Yal. pl. 4SI.
Syn. Platystacus chaca, Ham. Buch., Brachystacus chaea, van der
H o e v.
Die Entfernung von der Schnauze bis zur 1. Dors. beträgt mehr
als y 3 der Totallänge; jene bis zum Brustflossenstachel ist in letz
terer ä^inal enthalten und gleicht nahezu der grössten Breite vor
den Brustflossen; die grösste Höhe vor der 1. Dors. und die Breite
(Dicke) des Rumpfes zwischen denV. kommen nur einer halben Kopf
breite nahe.
Der Mund ist endständig und nimmt die ganze Breite der
Schnauze ein, die schon zwischen den Eckbarteln fast eben so gross
wie am Brustflossengürtel ist, so dass die Seitenränder des Kopfes
nahezu parallel verlaufen. Der Unterkiefer ragt bedeutend
über den obern Mundrand vor; den grössten Tbeil des letz
tem nehmen die grossen Zwischenkiefer ein, doch tragen auch die
Oberkiefer zeitlich zur Bildung desselben bei; aber nur Unter- und
Zwischenkieferäste, die beide in der Mitte getrennt sind, tragen Bin
den von feinen Sammtzähnen. Am äusseren Rande der Zwischenkiefer
sind diese am breitesten, jene des Unterkiefers reichen dagegen wei
ter nach rückwärts. Die Eckbartel entspringen aus einer breiten
Hautfalte, die Oberkiefer sind nicht zu Bartelknochen umgebildet.
Hinter der Zahnbinde ist oben ein kurzes Gaumensegel quer ausge
spannt; Gaumen- und Zungenbein sind zahnlos, an letzteres setzt sich
eine die ganze Breite der Mundhöhle einnehmende kurze, aber völlig
freie Zunge an, deren Rand in der Mitte leicht eingebuchtet ist. —
Die Augen sind kaum stecknadelkopfgross, dünn überhäutet, seitlich
gestellt, 8 Diameter von einander, 4 1 / 3 vom Oberkieferrande entfernt.
Die hintere, ein kleines längliches Loch bildende Narine, steht der
Medianlinie und dem Schnauzenrande näher als dem Auge und ist an
ihrem vorderen Rande von aufstehenden, äusserst kurzen und einfachen
Tentakeln umgeben, die vordere Narine ragt am Schnauzenrande als
kurzes Röhrchen empor. — Die Kieme nspa lte ist weit, aber nur
vor und über der Brust fl ossenbasis fast bis zur Höhe des
Seitencanals offen, die’Kehlseite geschlossen.—Von den
wie bei Aspredo und Bunocephalus gestellten vier Barteln an der
102
K n e r.
Kehle sind schon die vorderen länger als die Eckhartein, werden aber
von den weiter zurück hinter den Mund winkeln stehenden noch an Länge
übertroffen. Überdies verlängern sich die meist flachen zahlreichen
Wärzchen der nackten Haut namentlich an der Schnauze und denSeiten
des Kopfes zu kurzen Zotten und Fäden, durch welche besonders
das Weibchen sich auszeichnet.
1. D. 1/4 (S). P. 1/4, V. 6, 1. A. 6 — 7.
Die 2. Dors. beginnt etwas hinter halber Totallänge, hat blosunge-
theilte, aber weiche Strahlen, die nach rückwärts an Länge zunehmen
und unmerklich in die Caudale übergehen, deren mittlere Strahlen
die längsten sind. Die 2. Anale, deren Basis um die Hälfte kürzer als
die der 2. Dors. ist und die auch ungetheilte aber niederere Strahlen
besitzt, geht ebenfalls in die Caud. über. Vor ihr durch einen kleinen
Zwischenraum getrennt steht die 1. A„ deren gleichfalls ungetheilte
Strahlen an Länge jene der 2. A. übertreffen; sie entspringt etwas
weiter zurück als die 2. D. Der dreikantige Stachel der 1. D. ist viel
kürzer als die folgenden weichen und gegenseitiggleichhohen Strahlen.
Die eigenthümliche, sicher nicht zwecklose Form des breiten löffel
förmig ausgehöhlten Pectoralstachels, der an Länge von den angren
zenden weichen Strahlen übertroffen wird, ist aus Fig. 6 am besten
ersichtlich. — Die V. entspringen unter dem Ende der 1. D. und rei
chen bis zu Anfang der 2. zurück; ihre Strahlen sind die längsten
von allen Flossen. Die Analgrube und Sexualpapille liegt zwischen
ihnen, weit vor der A., erstere genau in i/ a Totallänge.
Die Haut ist am Rumpfe besonders zwischen den beiden Dors. bis
gegen die Bauchseite herab mit grossem und kleinern Wärzchen dicht
besetzt, von denen letztere in regulären Querlinien angeordnet sind.
Der in halber Höhe verlaufende Seitencanal wird bis zum Beginn der
2. D. durch eine aus gedrängt stehenden Knötchen zusammengesetzte
Linie angedeutet, die aber am Schwänze unterbrochen ist und zuletzt
ganz aufhört; ein Poms lateralis ist nicht aufzufinden. — Männchen
und Weibchen zeigen äusserlich keine auffallenden Unterschiede. —
Die Grundfarbe erscheint dunkelbraun, mit schwärzlichen Punkten
und Flecken besäet, die auch zum Theile an den Flossen und selbst
den Barteln sichtbar sind.
Totallänge des Männchens 4y a , des Weibchens 4". — Fund
orte: Borneo und Neu-Guinea.
Ichthyologische Beiträge.
103
Bezüglich des innern Baues muss ich mich blos auf Mittheilung
einzelner Angaben beschränken. Was zunächst das Skelet betrifft, so
verweise ich auf die beigegebenen Abbildungen (Fig. 2—S) mehrerer
Theile desselben und glaube nur in Betreff der übrigen noch folgende
Punkte hervorheben zu dürfen. Die Zahl der Kiemenbögen beträgt 4, die
der Kiemenstrahlen 7; rippenlose Wirbel sind 2S, rippentragende 4 vor
handen und nur letztere mit queren oder vielmehr dachförmig nach ab
wärts geneigten Fortsätzen zur Anheftung der Rippen versehen. Die
obern Dornfortsätze sind durchwegs breiter als die untern, alle aber frei,
die an den Bauchwirbeln am höchsten und breitesten, jene, über
welchen die 1. Dor. steht, spalten sich oben gabelig und dienen als
Stützen für diese Flosse, indem sie dadurch eine Einfalzung für selbe
bilden. Die beiden ersten vor und unter dem Beginne des Dors. lie
genden Rückenwirbel breiten sich seitlich und aufwärts in gewölbte
Knochenplatten aus, die ein Dach über die Höhlung bilden, welche
zur Aufnahme des Vordertheiles der Schwimmblase dient. Diese knö
cherne Decke der Schwimmblase grenzt beiderseits bis an den Schul
tergürtel ; nach oben wird sie durch den langen spiessfönnigen Stütz
knochen der D. überdeckt, welcher mit seiner stumpfen Spitze an den
Medianfortsatz des Hinterhauptes sich anlegt. Auch der Schulter
gürtel ist mächtig entwickelt und eigentümlich gebildet, namentlich
bezüglich des Gelenkendes derClavicula und der langen gebogenen an
das Hinterhaupt sich anlegenden Omolita (os suprascapulare)-. In
Betreff der Zähne ist noch zu erwähnen, dass sie nicht auf den Kie
ferrändern festgewachsen sind, sondern nur auf Knötchen aufsitzen,
leicht abfallen und mehr einen kurzborstigen Überzug (dentes villosi)
als knochenharte Zähne darstellen.
Den ganzen vorderen Raum der durch ein Perieardium und
Diaphragma abgeschlossenen Bauchhöhle nimmt beiderseits die mehr
lappige Leber ein, deren nach links gelegene Gallenblase mit ihrem
Ausführungsgange in die Pförtnergegend des Magens mündet. Der
Magen ist gross musculös, liegt genau in der Mittellinie und reicht
bis zum Querstück der Niere zurück; der stark eingeschnürte Pylorus
liegt links, von da läuft das ziemlich weite Duodenum nach vorne bis
zur Leber, bildet in der Medianlinie abermals eine Einschnürung, nach
welcher der Dünndarm beginnt, der nach rechts umbiegt, dann in ge
rader Linie zurückläuft und als Afterdarm sich abermals verdickt. —
Das Quer- oder Mittelstück der Niere liegt auf dem hinteren Ende der
104
K n e r.
grossen bis zur Leber reichenden Schwimmblase, aus der mir deut
lich ein dünner, ziemlich langer Ausführungsgang in dieCardiagegend
des Magens zu münden scheint. Die ansehnlich grosse Harnblase liegt
links.—Die schmalen SamendrüsenderMännchen verlaufen unter den
Seitentheilen der Nieren und vereinigen sich erst unmittelbar vor der
Genitalpapille. Die beiden Ovarien der Weibchen stellen kurze, aber
ziemlich dicke geschlossene Säcke vor mit sehr ungleich grossen
Eiern und münden in einen weiten gemeinsamen Eigang.
Besondere Erwähnung verdient endlich die völlige Verschliess-
barkeit des Schlundes durch einen wahren Sphincter oesophagi, der
so kräftig wirkt, dass kaum eine punktgrosse Vertiefung den Eingang
in die Speiseröhre bezeichnet und rings um diese die Falten der
Schleimhaut radienartig auslaufen. Dieser Schliessmuskel stellt wohl
nur eine höhere Potenz der den Schlundkopf der Speiseröhre über
haupt ringförmig umgürtenden Schichte quergestreifter Muskeln vor,
ist mir aber in dieser Ausbildung sonst nirgends bekannt. Es wird
durch ihn ein Verschluss ermöglicht, der vielleicht jenen bei Krokodi
len noch übertrilft und doch von dem Segel dieser völlig sich unterschei
det. Dass eine so auffallende Einrichtung in einer teleologischen Be
ziehung mit der Lebensweise dieser Fische stehen muss, ist klar; dass
hiemit auch die enorme Weite der Mund- und Kiemenhöhle und wohl
auch die eigenthümlicheForm des schaufelartigen Brustflossenstachels
in Einklang stehen werden, ist wahrscheinlich, das „wie“ muss jedoch
unbeantwortet bleiben, so lange über die Lebensweise dieses Fisches
nicht mehr bekannt ist, als Buch an an und Valenciennes dar
über angeben. Ersterer sagt, er ähnle hierin dem Uranoscopus und
Platycephalus, sei aber auch Teich- und Sumpfbewohner und letzterer
fügt bei: „Dies wolle wohl ausdrüeken, er halte sich im Schlamme
auf, um auf Beute zu lauern.“ — Trocknen diese Sümpfe vielleicht
öfters aus und zwingen etwa den Fisch, sich tiefer einzugraben und
längere Zeit ohne Nahrung auszuhalten? Möglich, ob aber wirklich,
muss vor der Hand dahin gestellt bleiben.
Erklärung der Abbildungen. (Taf. I.)
Fig. i. Bunocephalus hypsiurus, m. (Fig. 1, a) a Kopf von oben.
Fig. 2. Schiideldeeke von Chaca lophioides. a. divergirende, bis zum oberen
Schnauzenrande reichende Fortsätze der Stirnbeine, zwischen und unter
welche sich die convergirenden Stielfortsiitze der Zwischenkiefer, Fig.
3, einschieben; 6 Stirnfontanelle; c Hinterhauptspitze, an deren Basis
lehthyologische Beiträge.
105
jederseits die Omolitn (os suprascapulare) d sielt anlegt; A' unteres
Gelenkende der Omolita, das der durch die Ausbreitung und Verschmel
zung der ersten Winkel gebildeten knöchernen Decke der Schwimmblase
aufliegt, und mit den andern Knochen des Brustflossengürtels sich ver
bindet; e Stützknochen vor dem ersten sehr kurzen Dorsalstachel.
Fig. 3. Die beiden Zwischenkiefer in natürlicher Lage von oben gesehen, a con-
vergirende Stielfortsätze derselben.
Fig. 4. Ansicht der linken Claviculu von unten,« stielartiger Fortsatz derselben,
der schief nach aufwärts steigend an die Innenfläche der scapula sich
anlegt.
Fig. 5. Seitenansicht der Clavicula, die sich nach hinten in einen oberen a
und unteren 6 Asttheilt, letzterer lenkt sich an den Pectoralstachel ein,
von a geht ein Verbindungsast c nach abwärts ab.
Fig. 6. Äussere Seitenansicht des rechten Pectoralstachels; der obere zahn
tragende Rand stellt eine schmale schiefe Fläche vor, darunter die nach
aussen stark gewölbte löffel- oder schaufelförmige Aushöhlung des
Stachels sich befindet.
II. Zur Systematik der Gattung Callichthys Linn.
Die Gattung Callichthys, durch ihren knöchernen Hautpanzer
für den ersten Anblick den Loricaten zunächst stehend, erweist sich
in jeder anderen Beziehung derart von ihnen verschieden, dass sie zu
sammen wohl nicht in eine natürliche Familie vereinigt werden können.
Ungleich näher ist sie den Siluroiden verwandt, obwohl auch
ihre Vereinigung mit diesen manche Bedenken erregt. — Der Mund
ist endständig und parallel dem Unterkiefer bereits die grosse Kehl
falte vorhanden, welche die echten Welse, namentlich unseren Siln-
rus glanis auszeichnet, und die den Loricaten fehlt. Dessgleichen
stimmen sie auch bezüglich der verkümmerten, jedoch nicht zu Bartel
knochen umgebildeten Oberkiefer mit jenen überein. Ein vorderes
Mundsegel mangelt, ein hinteres ist aber vorhanden, jedoch klein
und in der Mitte meist tief eingebuchtet; der Zwischenkiefer ist
zahnlos, der Unterkiefer trägt jederseits eine längliche Gruppe
äusserst feiner, spitzer und festsitzender Zähne. Die Pupille ist rund;
nackte Stellen zwischen den Scheitel- oder Slirnschildern, Fonta
nellen und zwar bald einfache, bald zwei hinter einander liegende
sind auch hier, wie für alle Siluroiden, bezeichnend ; die Nasenlöcher
sind in einfache Grübchen eingesenkt; ein Porus lateralis fehlt allen
Arten, ebenso eine Schwimmblase. Der Magen ist rundlich, der Darm
106
Rner.
mehrfach gewunden, ohne aber so zahlreiche Umgänge wie bei
Loricaten zu bilden. Hoden und Eierstöcke sind paarig, letztere
stellen geschlossene Säcke dar. Bezüglich der übrigen Geschlechts
unterschiede erlaube ich mir, auf meine früheren Mittheilungen in
den Sitzungsberichten der k. Akademie der Wissenschaften im Juni
hefte 1853 (XI. Band) hinzuweisen. — Auch in skeletlicher Hinsicht
sehliesst sich diese Gattung den Siluroiden an. An der Wirbelsäule
eines Skeletes von C. asper zähle ich bis zum fächerförmigen Caudal-
wirbel und mit Einschluss des ersten mit dem Hinterhaupte verwach
senen 26 Wirbeln, von denen 9 Rippen tragen. Obere und untere Dorn
platten an der Wirbelsäule fehlen. Der Brustflossengürtel ist ziemlich
schmal, aber derbknochig, seine beiden Hälften in der Mittellinie
durch grobe Nath verbunden; der nach abwärts gewölbte Bauch
flossengürtel bildet längs der Mitte einen Kiel, ist nach oben ausge
höhlt, sein Hinterrand jederseits in ein dreieckiges Stück auf- und
vorwärts gebogen. Der starke, beiderseits in einen nach vorne
gekrümmten Querfortsatz auslaufende Stützknoehen (interepineux)
der ersten Rückenflosse, zeichnet wie auch Valenciennes bemerkt,
diese Gattung insbesondere in skeletlicher Beziehung aus. — Die
Schlundknochen sind mit spitzen Hechelzähnen in einfacher Reihe
besetzt. Valenciennes gibt nur drei Kiemenstrahlen an, jedoch
steht bei meinem Skelete mit dem vordersten noch ein dünner und
kürzerer appendiculärer Strahl in Verbindung. In Betreff aller übrigen,
hier nicht eigens berührten Verhältnisse verweise ich auf die beson
ders gelungene allgemeine Beschreibung dieser Gattung in der
Histoire des poissons.
Die verschiedenen Arten lassen sich, wie schon Valenciennes
andeutet, in zwei Gruppen vereinigen; in solche mit nackter und
mit beschilderter Brust. Die Zahl der letzteren scheint über
wiegend zu sein, wenigstens gehören von den vier Arten des kais.
Museums, die hier beschrieben werden sollen, drei dieser Gruppe
an. Dass Valenciennes zehn Arten wohl auf eine kleinere Zahl zu
reduciren sein werden, dürfte aus dem zur Genüge hervorgehen,
was ich (1. c.) bezüglich des Umstandes hervorhob, dass die Sexual-
untersehiede von selbem nicht als solche beachtet und zum Theile
als Artunterschiede aufgefasst wurden.
Aus der Gruppe von Callichthys-Arten mit nackter Brust
besitzt das kais. Museum verlässlich nur die
Iehthyologische Beiträge.
107
1. Art: 0. asper C. Val.
Auch habe ich zu Valenciennes’Beschreibung (Tom. XV,
p. 302 et seq.) nur weniges hinzufügen. — Der Durchmesser des
Auges betragt i / i der Kopflänge, der gegenseitige Abstand der Augen
fast 6 Diamefer; das Auge erscheint daher etwas grösser, dessgleichen
die Körperbreite, die Höhe aber geringer als Valenciennes angibt.
Das obere Bartel ist meist kürzer als das untere, reicht aber gleich
wohl bis hinter die Kiemenspalte zurück, doch scheint die Länge der
Barteln überhaupt variabel, indem bei einigen (Männchen) das obere
länger als das untere ist. Die einfache Fontanelle ist klein und kreis
rund, der Brustflossenstachel länger und stärker, indem er fast bis
zu den Bauchflossen zurückreicht; die Anale zeigt um einen Strahl
mehr, mithin 1/6, wenn der erste sehr kurze und mit dem zweiten
gleichfalls ungetheilten verwachsene dazu gezählt wird, und eben
so hat die Dorsale 1/7 Strahlen, wenn der erste gleichfalls sehr kurze
ungetheilte als Stachelstrahl gerechnet wird; ihr erster Glieder
strahl ist einfach, der letzte bis zur Basis getheilt und daher doppelt
scheinend. Seitenschilder zählt man in oberer Reihe 26. Der Verlauf
der Kopfcanäle ist über dem Deckel bis zu den Augen durch runde
Poren sehr deutlich, als Seitenlinie sind aber nur über dem Schulter
gürtel ein Paar einfache Mündungen sichtbar, welche ober- und
unterhalb von einem hellen Punkte an jeder Seitenschiene eingesäumt
werden. — Die Färbung erscheint gleichmässig braun, nur der
Schwanz hie und da dunkler gefleckt, von den Flossen sind hlos die
erste Dorsale und Caudale ziemlich dicht mit kleinen schwärzlichen
Punkten besetzt.
Die 3 — 6" langen Exemplare des kais. Museums stammen von
Para Rio, Surinam und Bahia und erweisen sich durch die schon
früher (1. c.) von mir angegebenen Merkmale theils als Männchen,
theils als Weibchen. Die eben daselbst ausgesprochene Vermuthung,
dass Cal. laevigatus Val. nur ein Männchen von Asper sein dürfte,
und dass Linne’s Citate zu seinem Callichthys (in der 13. Ausgabe
des Syst, naturae), nämlich nebst Gronov auch Marcgravi
Brasil. 151 und Seba III, Tab. 29, Fig. 13 sich auf diese Art
beziehen, glaube ich auch jetzt noch festhalten zu müssen J ).
A ) Dagegen bezieht sieh C atesb y’s Cataphr actus (mit 6 Bartfäden und einfacher seit
licher Schilderreihe) offenbar auf einen Boras, wie dies bereits auch Valen
ciennes anerkannt.
108
K n e r.
Die folgenden drei Arten gehören der Gruppe mit beschil
derter Brust an; unter ihnen finden sich die beiden Arten
C. thoracatus und laevigatus Val. vor, worüber sowohl die Beschrei
bung, wie auch die Vergleichung mit den Abbildungen, trotz ihrer
geringen Genauigkeit keinen Zweifel überlassen. Ich beschränke
mich daher bezüglich derselben gleichfalls nur auf Angabe einiger
abweichender Messungsverhältnisse und auf den näheren Nachweis
der Geschlechtsunterschiede.
2. Art: Cal. thoracatus C. V. pl. 443.
Von dieser Art bewahrt das kais. Museum vier Spiritus-Exemplare
aus Surinam, von denen zwei darunter, das grösste über 5" lang,
Männchen, die beiden anderen Weibchen sind. Aus Valenciennes’
Text und Abbildung geht hervor, dass sein ihm zur Verfügung
gestandenes Individuum ein Männchen war. — Die grossen Augen,
die Zahl der Seitenschilder, die der Flossenstrahlen, die Färbung,
namentlich die dunkle Verticalhinde in halber Länge der abgestutzten
Schwanzflosse, stimmen völlig auf unsere Exemplare. Der Augen-
diameter ist etwas über 7mal in der Kopflänge enthalten, der Abstand
beider Augen von einander beträgt aber nur 5 Durchmesser; die
Fontanelle ist gross und länglich (über einen Augendiameter lang).
In allen diesen Punkten unterscheiden sich die Geschlechter durchaus
nicht von einander. Dagegen sind bei Männchen die Brustplatten
viel grösser und stossen fast ihrer halben Länge nach an einander,
der starke, dicke Brustflossenstachel reicht mit seiner einwärts
gekrümmten weichen Spitze mindestens bis zur halben Länge der Bauch
flossen, somit auch fast bis unter das Ende der ersten Dorsale und
ist an seinem Innenrande nicht ge z ähnelt; die Genitalpapille
ragt penisartig weit vor. — Bei den Weibchen stossen die viel
kürzeren und schmäleren Brustplatten nicht einmal vorne an einander,
vielmehr bleibt eine ziemlich breite Stelle inmitten nackt, nach hinten
divergiren sie aber noch mehr und lassen den grössten Theil des
Vorderbauches frei, um die Ausdehnung desselben durch die reifen
Eier zur Fortpflanzungszeit möglich zu machen. Der Pectoralstachel
ist kürzer als die folgenden getheilten Strahlen, reicht nur
bis zum dritten Schilde der unteren Reihe und selbst die längsten
weichen Strahlen erreichen nicht die Basis der Bauchflossen; der
Innenrand des Pectoralstaehels ist g e z ä h n e 11, wie bei C. laevigatus
Ichtliyologische Studien.
109
und longifilis Val., die Genitalpapille kurz; der hintere und längere
Bartfaden reicht über die Basis der Ventrale hinaus, wie dies Vale n-
ciennes von seinem C. longifilis angibt. — Während dieser Forscher
die hier angeführten Sexualunterschiede als solche nicht erkannte,
legte er dagegen der Rauhigkeit der Schilder, der Zahl der unpaarigen,
dachziegelartig an der Rückenßrste liegenden Schildchen zwischen
der ersten und zweiten Dorsale und zwischen letzterer und der Cau-
dale, ferner der Länge der Barteln u. s. w. einen systematischen
Werth bei, den sie nicht besitzen, da alle diese Verhältnisse variabel
und nicht geeignet sind, verlässliche Artunterschiede abzugehen.
3. Art: Cal. Inevigatus C. V. — d’Orbigny, Voy. dans
l’Amer. merid. pl. V, Fig. 2.
Das in d'Orbigny's Reisewerk abgebildete Individuum ist
ein weibliches und auf ein solches passt auch Valenciennes’
Beschreibung, welche auf zwei im kais, Museum aufbewahrte Spiritus-
Exemplare von 7" Totallänge völlig stimmt. Sie sind als Weibchen
Schon äusserlich durch den kurzen, nach innen gezähnten Brustflos-
senstachel, nicht zusammenstossende Brustplatten und sehr kleine
Genitalpapille kenntlich. Übrigens zeichnet sich diese Art allerdings
durch Glätte der Seitenschilder aus, die nur am Rande äusserst fein
gezähnelt sind, und von denen die obere Reihe blos gegen den
Rücken, die untere gegen den Bauch durch Grübchen uneben er
scheinen. Die Stirnfontanelle ist schön elliptisch und noch grösser als
bei der vorigen Art. Der Durchmesser der ziemlich grossen Augen
beträgt ‘/ 7 der Kopflänge, ihr gegenseitiger Abstand fast 5 Diaineter.
Die Poren der Kopfcanäle sind deutlicher und weiter zu verfolgen,
als bei den übrigen Arten. Der eine Ast verläuft über dem Auge
gegen die Stirnfontanelle, mündet daselbst mit einem Porus, setzt
dann über die Nasengrube fort, so dass noch neben der vorderen
Narine eine Mündung sichtbar ist; der Canal selbst schimmert in
seinem ganzen Verlaufe unter den glatten, lichten Kopfschildern
durch und seine Poren liegen meist in Grübchen derselben eingesenkt.
Der zweite Hauptast steigt hinter dem Auge und vor dem Deckel zur
Kehle herab, und mündet daselbst in der nackten Haut mit drei
grossen Poren. Als Seitenlinie setzt sich der Canal eine längere
Strecke als bei den anderen Arten fort, indem er bis unter das fünfte
Schild der oberen Reihe durchschimmert und an den daselbst einge-
110
K n e r.
buchteten Rändern derselben mit einfachen Röhrchen mündet. In
oberer Reihe zählt man 24, in unterer 23 Schilder. Die Zahl der
unpaarigen Schildchen längs der Rückenfirste ist variabel, die Caudale
seicht gablig eingeselmitten, gleichlappig. Die Strahlenzahl der
Flossen und deren Dimensionsverhältnisse stimmen mit den Angaben
von Valenciennes überein. Der längere Rartfaden reicht bis zur
halben Länge des Pectoralstachels, dessen Zähnelung am Innenrande
zwar fein, aber deutlich ist. — Alle Exemplare (auch mehrere aus
gestopfte) sind hellbräunlich grün und ungefleckt; Natt er er gibt
ihnen den Provinzialnamen Tamboata.
Dass Cal. subulatus Val. wahrscheinlich nur das Männchen
dieser Species sein dürfte, darauf machte ich schon in meiner früheren
Mittheilung (1. c.) aufmerksam.
4. Art: Cal. snlcatus, m.
Die hier zu beschreibende Art ist vielleicht mit C. longifilis Val.
synonym, doch lässt die unzureichende Reschreibung, die sich grössten-
theils auf unverlässliche oder allen Arten zukommende Eigenschaften
bezieht, eben so wenig ein entscheidendes Urtheil zu, als die ungenaue
Abbildung Guerin’s von Cal. longifilis auf pl. S3. Valenciennes
beschreibt als C. longifilis offenbar nur ein Weibchen und gibt auch
eine von unserem sulcatus zum Theile abweichende Strahlenzahl der
Flossen an; sollten aber beide vielleicht dennoch als gleichartig sich
herausstellen, so schiene selbst dann räthlich, die Artbenennung
longifilis fallen zu lassen, da die überhaupt variablen Rartein durchaus
nicht länger als bei anderen Arten sind. Dagegen zeichnen sich
unsere Exemplare vor allen durch ein Merkmal aus, das dem Scharf
blicke eines Valenciennes sicher nicht entgangen wäre, wenn es
sich auch bei seinem C. longifilis vorfinden würde, und namentlich
desshalb glaube ich selbe vorläufig als unbeschriebene Species
ansehen zu dürfen. Die grossen Schulterschilder (kumdraux)
zeigen nämlich hinter den Rrustflossen eine ziemlich tiefe Längs
furche, die zur theilweisen Aufnahme der Pectoralstrahlen beim
Zurücklegen der Flosse dient und bei allen anderen Arten vermisst
wird, auf sie bezieht sich die vorgeschlagene Artbezeichnung.—Die
Kopflänge beträgt % der Körperlänge und kommt fast derKopfbreite
und der grössten Höhe vor der Rückenflosse gleich. Die Augen sind
gross, im Durchmesser von */, der Kopflänge, ihr gegenseitiger
Iehthyologische Beiträge.
lll
Abstand ist == 4 Diametern. Form und Grösse der Stirnfontanelle
erweisen sich besonders hier als veränderlich, indem sie bei einigen
Exemplaren klein und fast kreisrund, bei anderen grösser und elliptisch
erscheint. Das hintere Mundsegel ist ziemlich entwickelt und in
zwei Lappen getheilt; das längere, untere Bartel reicht bis gegen
oder über die Basis der V. zurück, variirt aber bei Männchen und
Weibchen an Länge.
1 . D. 1/7, A. 1/5, P. 1/8, V. 1/5, C. 14.
Der erste Strahl der Dorsale ist an der Basis breit und nahezu
nur */ 2 so lang als der folgende und längste, der letzte bis zur Basis
gablig getheilt, daher scheinbar doppelt; die Höhe der Flosse kommt
ihrer Länge fast gleich; sie entspringt im Beginne des zweiten Drit
tels der Totallänge und zwischen ihr und der zweiten Dorsale kommen
neun Seitenschilderder oberen Reihe zu liegen; die Zahl der unpaarigen
Schilder an der Rückenfirste schwankt wie überall. Der letzte und
kürzeste Strahl der Anale ist ebenfalls bis zur Basis in zwei gespalten,
der erste nächst ihm der kürzeste, der zweite bis vierte am längsten ;
die mittleren Strahlen der abgerundeten Caudale sind etwas länger
als die Endstrahlen. In Hinsicht der Bezahnung, Zahl und Rauhigkeit
der Rumpfschilder u. s. w. steht diese Art dem C. thoracatus
zunächst.
Die Färbung scheint charakteristisch. Alle nackten Hautstellen
sind weisslich hell, aber mehr weniger dicht und regelmässig mit
schwarzbraunen Punkten und Flecken besetzt, dessgleichen die
Brustplatten, Rumpfschilder und alle Flossen, der Oberkopf zeigt nur
dunkle Wolken; die Schwanzflosse ist an der Basis hell, hierauf folgt
eine vertieale, breite, schwarze Binde, sodann ein helles Band und
zuletzt ein schmaler schwarzer Saum. Die Färbung variirt übrigens
an Intensität, Grösse und Zahl der Flecken und Punkte, nur an der
Caudale und der nackten Unterseite ist sie constant.
Männchen und Weibchen zeigen auch hier die früher erwähnten
Unterschiede; erstere einen langen, nicht gezähnten Pectoralstachel,
grössere, einander genäherte Brustplatten und eine bis i / 3 " lange
Genitalpapille, letztere einen kurzen nach innen gezähnten Pectoral
stachel , kleinere von einander abstehende Brustplatten und eine
kurze Sexualpapille.
Das kais. Museum bewahrt acht Exemplare in Weingeist von
4 — 6" Totallänge aus Riobranco und Marabitanas; einige tragen
112
K n e r.
noch von Natterer ihnen angehängte Zettel mit der Angabe des
Geschlechtes, die in der That mit meinen Ergebnissen stäts über
einstimmt.
Was die von Valenciennes angeführten übrigen Arten mit
Brustplatten betrifft, so fehlen die beiden Arten: Cal. punctatus
und barbatus jedenfalls dem kais. Museum; für die erstere ergibt sich
dies aus der Vergleichung mit den Abbildungen von Bloch, Taf. 377
und d’Orbigny, Amer. merid. V, Fig. 1, und letztere wäre durch
die spitze Schnauze mit steifem Barte ohne Zweifel auf den ersten
Blick zu erkennen. Ihr Vorkommen verdient desshalb besondere
Erwähnung, da durch sie die Gruppe der Schnurbartträger hier
ebenso vertreten wird, wie dies durch mehrere Arten bei den Lori
carinen und Hypostomiden der Fall ist.
III. Zur Systematik und Charakteristik der Gattung Doras.
Die von Lacepede aufgestellte Gattung Doras steht, wie
ich bereits in meiner Mittheilung über die verschiedenen Formen
ihrer Schwimmblase hervorhob (in den Sitzb. der kais. Akademie,
Juniheft 18533, den echten Siluroiden noch näher, als die Gattung
Callichthys und gehört zu den artenreicheren Gattungen jener grossen
Familie. Dieser Reichthum an, zum Theile sehr auffallend verschie
denen Arten verleitete mich auch anfänglich zur Ansicht, selbe könn
ten nicht füglich in e i n Genus vereinigt belassen werden. Als ich sie
aber seither einer genaueren Prüfung und Vergleichung unterzog,
erkannte ich, dass eine Trennung derselben in zwei oder mehrere
Gattungen mit Consequenz eben so schwierig durchzuführen sei, als
sie bei flüchtigerer Betrachtung leicht und sogar nothwendig zu sein
schien. — Zwar sagt schon Valenciennes: Diese Fische theilen
sich nach derForm des Mundes in zwei Gruppen ; bei der einen ist er
endständig und trägt in beiden Kiefern breite Binden von Sammtzäh-
nen; bei der andern ist die Schnauze konisch verlängert, der Mund
unterständig und nur im Unterkiefer mit kleinen Zahngruppen besetzt.
Gleichwohl vermied aber Valenciennes dieTrennungbeiderGruppen
in verschiedene Genera und dies wie ich glaube mit Recht. Denn alle
Eigenschaften, die sich zu unterscheidenden Gattungsmerkmalen zu
eignen scheinen, erweisen sieh zuletzt als unverlässlich. Nur in
Ichthyologische Beiträge.
113
folgenden stimmen alleArten überein undichglaube sie daher als Merk
male in den Begriff oder Charakter der Gattung Boras aufnehmen
zu dürfen. Diese Merkmale sind: Zwei Eck-und vier Unter
lippenbarteln, längs des Seitencanales eine Reihe
von Schildern mit einem nach rückwärts gerichteten
Haken, Hinterkopf und Vorderrücken von einem
knöchernen Helme bedeckt; der Stachel strahl der
Brustflosse am äusseren und inneren Rande gesägt,
weit hinter der Dorsale eine stachellose Fettflosse, Anale mehrstrahlig
als die Dorsale.
Nachdem ich die erwähnten Merkmale hiemit als die einzig ver
lässlichen hervorhob, erübrigt zunächst der Nachweis für obige
Behauptung, dass alle übrigen Eigenschaften variabel und daher als
solche unbrauchbar seien. Vergleicht man zwei so entfernt stehende
Arten wie z. B. D. armatulus und carinatus Val., dann möchte man
sich allerdings zu einer Trennung derselben in zwei Gattungen versucht
fühlen und noch grösser erscheint die Kluft, wenn man z. B. die hier
beschriebenen beiden Arten B. lithogaster und lipophthalmus neben
einander hält. Dass jedoch selbst so grosse Differenzen durch Zwi
schenglieder vermittelt werden und höchstens geeignet sind, Art-,
nicht aber Gattungsunterschiede abzugeben, mag aus nachstehenden
Betrachtungen erhellen.
Was zuerst die Lage des Mundes betrifft, so wird dieser
s chon bei kurzschnauzigen Arten, wieB.fimbriatus, pundatus, hume-
ralis u. a. halb unterständig und nicht minder geht die konisch zu
gespitzte Form der Schnauze, wie sie bei B. carinatus und lipoph
thalmus ihren Höhenpunkt erreicht, durch Zwischenformen, wie
D. Immeralis und d'Orbignyi in die breite, stumpfe Form von
B. armatulus, lithogaster u. a. über. — Der theilweise Mangel von
Zähnen kann gleichfalls nicht als durchgreifendes Merkmal zur
Unterscheidung von Gattungen benützt werden; so ist z. B. bei dem
stumpfschnauzigen B. brevis der Zwischenkiefer völlig zahnlos, beim
spitzschnauzigen D. carinatus dagegen bezahnt; ferner fehlen bei
unserem Exemplare von D.niger in beiden Kiefern Zähne, während hin
wieder D. d'Orbignyi deren oben und unten trägt. — DieEckbarteln
sind zwar bei den meisten Arten mit kurzer Schnauze und endstän
digem Munde einfach, bei jenen mit konisch zugespitzter Schnauze
und unterständigem Munde aber halb gefiedert und bei ersteren die
Sitzb. d. raathem.-natnrw. CI. XVII. Bd. I. Hft. 8
114
K n e r.
Barteln des Unterkiefers bis zur Basis frei, bei letzteren dagegen in ein
hinteres Mundsegel verwachsen, jedoch besitzt z.B. derstumpfschnau-
zige D. fimbriatus gefiederte Eckbartel und ein Segel, während bei
D. d'Orbignyi letzteres fehlt und die Lippenbarteln bis zur Basis frei
sind. Nicht minder erweisen sich die Narinen und die Ausbildung
der Suborbitalknochen als Unterscheidungsmerkmale unbrauch
bar und dessgleichen die Augen; denn die nackte Haut um diese
und die bei D. lipophthalmus so ausgezeichneten, meniscusförmigen
Fetthautpolster finden sich im minderen Grade schon bei anderen
Arten vor und ihre Entwickelung erscheint um so stärker, je schwä
cher Kopfschilder und Helm ausgebildet sind. — Dass die Beschil
derung überhaupt ebenfalls bei Individuen einer Art bedeutend
variiren kann, davon liefern z. B. jene von D. brevis Beweise. Ein
offenbar mit den übrigen gleichartiges Exemplar zeigt einen anders
geformten Humerusfortsatz, schwachem Helm, kleinere Seitenschilder
und keine Spur frei aus der Haut vorragender Brustplatten, die übri
gen bilden aber in allen diesen Punkten zu jenem Individuum vermit
telnde Übergänge J ).
Auch die Zahl der Seitenschilder, noch mehr aber jene der
unpaarigen vor derCaudale schwankt innerhalb gewisser Grenzen, die
jedoch nach den bisherigen Erfahrungen noch allerdings nicht festzu
stellen sind. Das Gleiche gilt von der Form dieser Schilder. Zwi
schen den ausgezeichneten Kam ms child ern, d. h. jenen hohen und
schmalen mit geradlinigem, gezähnelten Hinterrande, wie deren z. B.
D. cataphractus, stenopeltis u. a. besitzen und den echten Schmet-
terlingsschildern wie bei D. murica und dorsalis, kommen
nicht blos bei anderen Arten Übergangsformen vor, sondern selbst
bei einem Individuum zeigen dieSchilder verschiedene Form..—-End
lich gestatten auch der Knochenstrabi der Dorsale, die Fettflosse, die
Lage der Analgrube, das Vorhandensein oder der Mangel eines Poms
lateralis und wie schon früher (1. c.) erwähnt, auch die Form der
Schwimmblase nicht, darnach eine Trennung in zwei oder mehrere
Gattungen vorzunehmen.
A ) Öfters fehlen stellenweise die Seitenschilder gänzlich, ohne dass sie etwa zufällig
abhanden gekommen wären. Wie überhaupt Mangel oder Vorhandensein solcher
Hautgebilde, wenn sie für sich allein als Artunterschiede benützt werden, trügerisch
sein können, davon gibt namentlich auch die Art Gasterosteus aculeatus (Stich
ling) ein Beispiel, indem sie hiernach fälschlich in die beiden Arten : G. trachurus
und leiurus zersplittert wurde.
Ichthyologische Beiträge.
115
Nach allem Gesagten scheint es demnach gerathen, sämmtliche
nachfolgende Arten in einer Gattung beisammen zu lassen und selbe
nur in eine möglichst natürliche Reihenfolge zu bringen. Indem ich
hiemit dies versuche, reihe ich die stumpfschnauzigen Arten mit Zäh
nen in beiden Kiefern, ohne hinterm Mundsegel und mit freien unge
fiederten Barteln, zunächst an einander, lasse hierauf die vermittelnden
Formen mit stumpfer Schnauze, halb unterständigem Munde und gefie
derten Eckbarteln folgen und zwar unter diesen zuerst solche, die
Zähne in beiden Kiefern besitzen, sodann jene, die deren im Zwischen
kiefer ermangeln und seliliesse mit den langschnauzigen, für welche
vielleicht der Gattungsname Oxydoras gewähltwerden könnte, wenn
anders die Aufstellung einer Gattung zu rechtfertigen ist, welche blos
auf ein einziges Merkmal basirt und selbst dann nicht scharf zu be
grenzen ist. — Lässt man aber die Gattung Doras auch unzersplittert,
so fällt doch die Parallele auf, welche zwischen ihr und den Loricaten
besteht, indem die spitzschnauzigen Arten mit Unterlippensegel den
Loricarmen, die stumpfschnauzigen ohne Segel sich den Hypostomiden
parallel gegenüberstellen und namentlich durch die Art D. lithogaster
die Gruppe der ganz gepanzertenHypostomen vertreten wird. Letzt
genannte Art dürfte auch vielleicht am besten an die Spitze der stumpf-
sehnauzigen Doraden zu stellen sein, doch beginne ich vorläufig die
Reihe derselben mit D. armatulus, als einer derjenigen Arten, die
Valenciennes gleichsam als typische voranstellt und ausführlicher
beschreibt. Eine völlig natürliche Gruppirung scheint überhaupt aus
mehreren Gründen derzeit noch nicht möglich. Eine solche verhin
dert schon der Umstand, dass viele Arten in zu wenigen Exemplaren
vorliegen, um den Umfang derSpecies daraus beurtheilen zu können,
ferners sind die Geschlechtsunterschiede noch unklar. Auffallender
Weise sind von manchen Arten blos Weibchen, von anderen blos
Männchen vorhanden und da bei verwandten Gattungen wie z. B. Cal-
lichthys so auffallende Geschlechtsunterschiede Vorkommen, so läge
die Vermuthung nahe, ob nicht auch hier Ähnliches stattfinde. Jedoch
ist dies wenigstens nicht wahrscheinlich, da das kais. Museum von
mehreren Arten sowohl Männchen als Weibchen besitzt und diese
keine haltbaren äusseren Sexualunterschiede zeigen. Eher steht zu
vermuthen, dass Altersunterschiede von Bedeutung sein dürften,
doch erlaubt auch hier der Mangel genügend zahlreicher Exemplare
sehr differenter Altersstufen vor der Hand keinen bestimmten Nach-
8*
116
K n e r.
weis. — Aus allen diesen Gründen lässt sich demnach bisher nicht
bestimmen, ob und welche Arten in der Folge etwa aus dem Systeme
wieder zu streichen wären, und es muss sogar dahin gestellt bleihen,
ob nicht eine oder die andere bereits bekannte Art hier als neu
beschrieben wird; denn der völlige Mangel an naturgetreuen Abbildun
gen und die Flüchtigkeit, mit der manche Arten beschrieben sind,
machen diese Entscheidung wenigstens so lange unmöglich, als nicht
die Original-Exemplare selbst oder diese mit guten Abbildungen ver
glichen werden können.
Den meisten nun folgenden Beschreibungen der 18 Arten des kais.
Museums, welche ich als solche einstweilen anerkenne, füge ich daher
zu diesem Behufe naturgetreue Abbildungen bei, mit Ausnahme jener,
über deren Gleichartigkeit mit Valencien nes'sehen Species kein
Zweifel sein kann. Von den zehn in der Hist, des poissons aufgeführten
Arten finden sich aber zweifellos in unserem Museum nur die fünf nach
stehenden vor: D. armatulus, cataphractus, dorsalis, carinatus und
niger, die übrigen fehlen entweder wirklich oder sind mindestens
nach so ungenügenden Beschreibungen, wie sie z. B. von Zf. Hancocki und
crocodili vorliegen, nicht herauszufinden; jedenfalls fehlt auch eine
Art, die, wieD.Blochii einen Stachelstrahl an der Fettflosse besitzen
würde, eine Angabe, die wohl überhaupt nur auf einemlrrthume beru
hen dürfte.
Beschreibung der einzelnen Doras-Arten des kais. Museums.
1. Art: D. armatulus C. V.
Diese in der grossen Ichthyologie nebst D. costatus gleichsam
als typisch vorangestellte Art zeichnet sich durch feine, kurze, nach
rückwärts gelegte und ihrer Länge nach festgewachsene, gerade Sta
cheln aus, welche die ganze Oberfläche aller Seitenschilder bedecken
und durch die der hintere Rand fein gezähnelt erscheint.
Die grösste Höhe vor der Rückenflosse gleicht der Breite daselbst
und ist so wie die Kopflänge 4 3 / 4 mal in der Totallänge enthalten. Die
grösste Breite überhaupt fällt aber zwischen die Basis der Brustflos
sen und diese ist nur 3 3 / 4 maI in der Gesammtlänge enthalten; die
Entfernung der Schnauzenspitze bis zur Dorsale beträgt mehr als y 3
der Totallänge. Die Schnauze ist scharf abgerundet, die endständige
Mundspalte weit; Zwischen- und Unterkieferäste tragen ihrer ganzen
Ichthyologische Beiträge.
117
Breite nach Binden sehr kurzer, spitzer Zähne. Die Eckbarteln reichen
über die Basis der P. hinaus, die äusseren des Unterkiefers sind nur
wenig kürzer, die zwei mittleren aber bedeutend; eine Spur eines Se
gels findet sich nur unter den Eckbarteln inForm einer umgeschlagenen
Lippe vor. ■— Der Durchmesser des Auges beträgt */ 5 der Kopflänge,
der Abstand der Augen von einander 2Diameter und kommt dem vom
Schnauzenrande gleich; die Augenhöhle ist völlig abgegränzt, kreis
rund, die Fontanelle ziemlich klein, länglich oval, das vorderste Suborbi
talschild,das ich hier fortan als Subnasalschild bezeichne, ist aufstehend
und am Rande fein gezähnelt. Hinter der Fontanelle erhebt sich das
Hinterhaupt in eine über den Helm bis zur Dorsale reichende stumpfe
Firste, der Helm setzt sich am Rücken bis unter den zweiten Dorsal
strahl fort; der Humerus endet in eine Spitze unter dem Stachelstrahl
der Dorsale, ist doppelt so lang als hoch und nahe seinem
unteren Rande mit einem abgerundeten, fein bezähneltenKiele versehen.
Die tiefe Bucht zwischen Helmfortsatz und Humerus ist nur theilweise
nackt, theilweise aber inselförmig von den ersten rudimentären Seiten
schildern ausgefüllt. — Der Knochenstrahl der P. reicht bis gegen die V.
zurück, ist der längste und stärkste aller Flossenstrahlen und wie bei
allen Arten am äusseren Rande mit nach hinten, am inneren mit nach
vorne gerichteten derben Zähnen besetzt; die zwischen diesen aus
gespannte dünne Haut setzt sich über die Spitze des Stachels in einen
Lappen fort. Die Dorsale entspringt im zweiten Drittel derTotallänge,
ihre Basis kommt einer l / 2 , ihre grösste Höhe fast einer ganzen Kopf
länge gleich; ihr schwach nach rückwärts gebogener Stachelstrahl
ist von vorne bis zur Spitze gezähnt, nach hinten aber blos an der
oberen Hälfte und mit wenigeren, schwächeren Zähnen besetzt, i
Die etwas hinter halber Körperlänge entspringenden V. reichen
zurückgelegt bis zur Analgrube; die Anale steht derFettflosse gegen
über, die ziemlich kurze ( 3 / 3 der Kopflänge betragende) C. ist tief
gablig eingeschnitten.
Die Anzahl der Seitenschilder beträgt 29, alle sind ungleich
höher als breit, das vorderste reicht vom Helme bis zum Humerus;
von der Gegend über der Analgrube nehmen sie bis zur C. bedeu
tend an Grösse ab. Alle sind längs des Seitencanales mit fast gleich
starken, rückwärts gebogenen und compressen Haken besetzt, die an
den vorderen Schildern unter, an den hinteren aber in oder über
der halben Höhe derselben liegen, und an den Caudalschildern relativ
118
K n e r.
grösser erscheinen. Brust und Bauch sind nackt, dessgleichen die
Rückenfirste zwichen der ersten und zweiten Dorsale, hinter letzterer
liegen aber, wie hinter der Anale einige (3—5) unpaarige, rauhe
Schildchen, die allmählich in die Stützstrahlen dei'Caudale übergehen.
Hinter der Basis der Pect, ist ein einfacher Porus lateralis deutlich
sichtbar; der Seitencanal mündet mit einfachen Röhrchen unter und
hinter jedem Haken in einer Einbuchtung jedes Schildes.
Die Färbung ist nach Natterer sowohl bei lebenden, wie bei
Spiritus-Exemplaren dunkelbraun, ein hellgelbes Band beginnt über
dem Auge und zieht längs der Hakenreihe der Seitenschilder bis an
das Ende der Caudale; ein minder deutlicher heller Streif läuft längs
der Rückenfirste bis zur Fettflosse, die untere Hälfte der Dorsale ist
gleichfalls hell, die obere schwärzlich gefärbt. Die Unterseite des
Kopfes, die Basis des Humerus und der Knochenstrahl der Pect, sind
ebenfalls lichtgelblich oder weisslich, die nackte Brust- und Bauch
haut dunkelbraun, die Iris ebenso gefärbt mit hellgrauen Punkten.
Männchen und Weibchen unterscheiden sich äusserlich nicht;
die paarigen, geschlossenen Eiersäcke letzterer reichen nach vorne
bis zur Leber und vereinigen sich hinter dem Ende der Schwimmblase
in einen weiten gemeinsamen Ausführungsgang. Die Schwimmblase
nimmt den grössten Theil der Länge der Bauchhöhle ein und ist wie
bei Cyprinoiden in eine vordere grössere und hintere spitz auslau
fende kleinere Abtheilung eingeschnürt, übrigens ohne Appendices
(1. c. Fig. 6). DieNieren stehen durch eine quere über der Einschnü
rung oder dem Halse der Schwimmblase wegsetzende Brücke in Ver
bindung (Hu fei s ennie re), die beiden Harnleiter münden in eine
kleine, links gelegene hirnförmige Harnblase.
Sämmtliche Exemplare wurden von J. Natterer in der Pro
vinz Matogrosso zwischen 15 und 17° südl. Breite aus den Flüssen
Guapore und Paraguay gesammelt, differiren in Grösse zwischen 2‘/ 2
bis S" und führen den Provinzialnamen Botoado und in der Sprache
der Guanas „Corome“.
2. Art: D. dcntatus? m. — Taf. III, Fig. 3.
Die Art D. costatus konnte ich unter allen Exemplaren des kais.
Museums mit Sicherheit nicht auffinden, vielleicht fällt sie wirklich
mit D. armatulus zusammen, da Valenciennes selbst beide „so
ähnlich findet, dass man sich versucht fühlen könnte, sie blos für ver-
Ichthyologische Beiträge.
119
schiedene Alterszustände zu halten,“ vielleicht aber entspricht derselben
das hier ahgebildete und zu beschreibende Exemplar. D. costatus soll
sich durch rauh gekörnte hohe Seitenschilder (Kammschilder)
und tief eingeschnittene Schwanzflosse auszeichnen. Die weiteren
Angaben lauten: Kopflänge bis zur Kiemenspalte = 1 / s der Total
länge; die vordere, ein kurzes Röhrchen bildende Narine liegt am
Rande der Oberlippe, die Stirnfontanelle ist klein, oval, die Suborbi
talknochen sind wie der Helm und die Seitenschilder rauh. Der Hu
merus endet in eine Spitze, ist viermal so lang als hoch,
rauhkörnig, mit einer Leiste versehen und erstreckt sich bis unter den
Dorsalstachel. Die Länge des Pectoralstachels beträgt % derTotal-
länge; die Fettflosse bildet eine lange, nach hinten in eine Spitze
erhöhte Falte. Die zwei in der Rucht zwischen Helm und Humerus
liegenden ersten Seitenschilder sind klein, die folgenden 32 drei bis
viermal höher als breit. Hinter der Fettflosse und Anale liegt bis zur
Caudale eine Reihe von 7—8 unpaarigen Schildchen. Die Strahlen
zahl der Flossen
D. 1/7, A. 11, P. 1/7; V. 7, C. 17
und die Färbung ist wie bei D. arrnatulus. — Unser fragliches Exem
plar steht nun allerdings in Totalhabitus und Färbung dem D. arrnatulus
sehr nahe, unterscheidet sich aber durch mehrere Merkmale, nament
lich durch breite Rinden, relativ grössere Zähne in beiden Kie
fer n (besonders im Zwischenkiefer), durch geringere Höhe der Seiten
schilder und die Bewaffnung dieser mit gebogenen Häkchen (nicht wie
beii). arrnatulus mit geraden Nadeln), die aber gleichfalls der Länge
nach auf der Fläche der Schilder angewachsen sind, so dass nur ihre
rückwärts gekrümmten Spitzen frei vorstehen; auch ist die Zahl
dieser Häkchen auf den einzelnen Schildern kleiner, als die geraden
Nadeln bei D. arrnatulus.
In vieler Hinsicht, wie namentlich in Form des Humerus, in Zahl
der Seitenschilder, der Flossenstrahlen, der meisten Messungsver
hältnisse, der Färbung u. s. w. stimmt aber dieses Exemplar so nahe
mit D. costatus überein, dass es vielleicht wirklich dieser Art ange
hört. Doch kann diese Vermuthung nur unter Zweifeln ausge
sprochen werden.
Die grösste Höhe vor der Dorsale ist gleich der Kopflänge und
S'/jmal, die grösste Breite zwischen der Pectorale aber nur d^/nmal in
der Totallänge enthalten. Die abgerundete Schnauze ist schmäler als
120
K n e r.
bei D. armatulus, die Eckbarteln reichen bis an das letzte Drittel der
Länge des Brustflossenstachels, die äusseren Lippenbarteln bis zur
Basis desselben, die inneren sind noch um die Hälfte kürzer, alle frei
und fadenförmig. Der Abstand der grossen Augen von einander beträgt
l‘/„ jener von der Schnauzenspitze nicht ganz 2 Diameter; die Sub-
orbitalknochen bilden nur einen sehr schmalen unteren Augenrand,
das vorderste oder Subnasalschild ist aber gross, aufstehend, radial
gefurcht und am oberen Rande scharf gezälmelt; die Fontanelle bedeu
tend grösser als bei D. armatulus und über 1 Augendiameter lang.
Der beiderseits stark abgedachte Helm bildet vor der Dorsale eine
fast schneidende Kante und endet zu beiden Seiten mit einem nach
abwärts gerichteten hakenförmigen Fortsatze. Der Humerus ist, wie
dies Valenciennes von D. costatus angibt, viermal so lang als
h o ch, endet in eine Spitze, die bis unter das zweite Seitenschild reicht
und ist der Länge nach gefurcht, sein oberer und unterer Rand bildet
eine vorspringende gezähnelte Kante. Kopfscliilder, Deckel, Helm und
Scapula erscheinen durch Furchen rauh gekörnt. — Die Zahl der
Seitenschilderbeträgt 31, sie sind durchwegs bedeutend niedriger als
bei D. armatulus und nehmen besonders gegen den Schwanz an Höhe
ab; die beiden ersten stossen nach oben an den Helm, reichen aber
nach unten nicht bis zum Humerus; das dritte gleichfalls noch bis zum
Helm sich erhebende ist das höchste von allen (es übertrifft die halbe
Kopflänge), von ihm an nehmen die folgenden an Höhe derart ab,
dass die letzten Schwanzschilder kaum mehr f / s so hoch als jenes
sind. Die Haken sämmtlicher Seitenschilder sind aber fast gleich
gross, stark compress und fast unter einem rechten Winkel nach
rückwärts umgebogen. Von ihrer Basis laufen radienartig nach auf-
und abwärts die erwähnten Leisten aus, die am Rande dann mit
freier gekrümmter Spitze als Nebenhäkchen enden und vorzüglich
am dritten Seitenschilde und den folgenden 6—8 deutlich sind, deren
Zahl aber an den Schwanzschildern derart abnimmt, dass zuletzt nur
ein solches Häkchen über und unter dem Haupthaken am Rande
vorragt. — Hinter der Fett- und Afterflosse liegen einige flache
unpaarige Schildchen, welche in die dornähnlichen Stützstrahlen der
Caudale unmerklich übergehen; der nackte Rücken zwischen der
Dorsale und Fettflosse ist nicht abgerundet, sondern gekantet.
D. 1/6, A. 12, P. 1/7, V. 7, C. 17.
Ichthyologische Beiträge.
121
Der Stachel der vor dem zweiten Drittel der Totallänge ent
springenden Dorsale reicht lange nicht bis zur Fettflosse zurück und
ist auch kürzer als der folgende weiche Strahl; die Basis der Flosse
erreicht nur 2 / 3 , ihre grösste Höhe aber lA/g der Kopflänge. Der
Knochenstrahl der Pectorale reicht bis unter das Ende der Dorsale
und an die Basis der Venale, diese nicht ganz bis zur Anale, letztere
aber bis zur Caudale, welche tiefgablig eingeschnitten und im Ver
gleiche zu B. armatulus stärker entwickelt ist, indem die Endstrahlen
des oberen etwas längeren Lappens eine Kopflänge übertreffen. Die
Knochenstrahlen der Dorsale und Pectorale sind wie bei der vorigen
Art vor- und rückwärts sägeförmig gezähnt; ein ziemlich grosser
einfacher Poms lateralis ist vorhanden.
Hauptfarbe an der Oberseite braun, am Bauche heller; die
breite lichte Binde längs der Hakenreihe der Seitenschilder fehlt,
und die Haken sind mit den Seiten gleichfärbig braun, hinter jedem
in der Einbuchtung des Schildes ist ein schwarzbrauner Fleck bemerk
bar, wie deren auch die nackte Bucht zwischen Helm und Humerus
zeigt; über jeden Caudallappen läuft eine schwärzliche Längsbinde,
so dass die Bänder und Mitte dieser Flosse licht bleiben.
Das einzige 8*//' lange Spiritus-Exemplar stammt aus Surinam
und erweist sich durch Ovarien mit unreifen Eiern als Weibchen.
So viel sich über die theilweise ausgeschnittene Schwimmblase noch
urtheilen lässt, scheint sie einfach und ohne Appendices zu sein und
würde somit auch einen Art-Unterschied von D. armatulus darbieten.
3. Art: D. affinis, m. —Taf. II, Fig. 1.
Die nun folgende Art steht gleichfalls den vorigen noch nahe,
zeichnet sich aber durch sehr breite Brustplatten aus und einen
längs gefurchten, weder vor-, noch rückwärts gezähnten
Dorsalstachel. — Stirn und Helm sind abgerundet, nicht gekielt,
alle Kopfschilder rauh, die Fontanelle ziemlich klein, länglich, die
Suborbitalknochen bilden nur eine schmale Leiste. Die Augen sind
ziemlich gross, ihr Umfang kreisrund, ihr gegenseitiger Abstand
beträgt etwas über einen, jener vom Schnauzenrande keinen ganzen
Diameter. Der obere Augenrand ist nicht aufstehend, das Sub
nasalschild äusserst fein gezähnelt. Die Eckbarteln reichen bis
an die Spitze des Humerus, das äussere Paar am Unterkiefer ist nur
wenig kürzer, das innere aber kaum halb so lang. Die 25—26 Seiten-
122
K n e r.
schilder sind grösstentheils überhäutet, so dass nur die Haken
derselben frei bleiben, über und unter welchen noch mehrere Reiben
von Nebenhäkchen wie bei der vorigen Art den Rand jedes Schildes
besetzt halten. Das erste Seitenschild nimmt fast die ganze Höhe
zwischen Helm und Humerus ein und besitzt keinen Haken. Ein Poras
lateralis fehlt.
D. 1/6, A. 12, P. 1/ß, V. 7.
Der blos längs gefurchte Dorsalstachel ist kürzer als jener
der Pectorale, welcher hinter die Spitze des Humerus und bis über
die Basis der Ventrale zurückweicht und wie gewöhnlich am äusseren
und inneren Rande gesägt ist. Die Caudale ist schief ahgestutzt, der
obere Lappen etwas länger als der untere, vor ihr liegen, weder
hinter der Anale, noch Fettflosse, unpaarige Schildchen.
In Färbung steht diese Art dem D.armatulus nahe, die Rücken
seite ist braun, der Bauch hell, beide aber dunkelbraun gefleckt, längs
der Hakenreihe der Seitenscliilder eine helle Binde, alle Flossen
dunkel gefleckt. Die Caudale zeigt an der Basis eine dunkle Vertical-
binde, hierauf eine breitere lichte, dann wieder eine dunklere. Der
Saum der Flosse ist gefleckt.
Alle noch mit Eingeweiden versehenen Individuen erweisen sich
als Weibchen, deren geschlossene Eiersäcke theils reife und
grosse, theils noch unentwickelte sehr kleine Eier enthielten. Beide
Eileiter münden in einen kurzen gemeinsamen Ausführungsgang
hinter dem After und von der Urethra, von letzterer durch eine
dünne Hautbrücke getrennt. Die Schwimmblase ist einfach, ohne
Appendices.
Noch sehr junge Exemplare von nur l 1 /., Zoll stimmen bereits
in allen wesentlichen Punkten mit älteren überein. Die Brustplatten,
die Sägezähne des Pectoralstachels, die Haupthaken der Seiten
schilder sind verhältnissmässig nicht schwächer wie bei Alten ent
wickelt, nur die Flächenausdehnung der Lateralschilder ist geringer
und die Nebenreihen von Häkchen fehlen noch, dagegen sind die
Zähnchen an der Längsleiste des Humerus schon ausgebildet und das
aufstehende Subnasalschild grösser, gröber gezähnt; Ventrale und
Anale noch schwach, die Caudale aber bereits gut entwickelt, ihr
oberer Lappen deutlich länger, die Fettflosse relativ nicht grösser
als bei Erwachsenen; ein Porus lateralis fehlt gleichfalls, die Bauch
seite ist noch ungefleckt.
Ichthyologische Beiträge.
123
Die grössten unter den 11 Spiritus-Exemplaren des kaiserl.
Museums zeigen nur 4 1 / a Zoll Totallänge. Fundort: Rio branco und
Guapore.
4. Art: D. asterifrons Heck. Mscrpt. — Taf.II, Fig. 2.
Stellt der vorigen Art jedenfalls zunächst und stimmt mit ihr
in vielen Punkten überein, unterscheidet sich aber namentlich durch
stark aufstehenden oberen Augenrand, schmälere
und kürzere Brustplatten vorne fein gezähnten Dor-
salstachel und anders geformte Schwimmblase.
Die Länge von der Schnauzenspitze bis zur Dorsale ist gleich
y 3 der Totallänge, die grösste Breite vor den Brustflossen kaum
geringer. Der ganze. Helm äusserst raulikörnig und grubig, längs
der Mitte eine Kante bildend, die sich hinter der hier grossen Fon
tanelle gablig tlieilt. Die Wangen nackt, die Suborbitalknochen kaum
als rauhe Linie angedeutet, der Augenring nach vorne nicht geschlos
sen, indem das Subnasalschild ziemlich weit vorne liegt; letzteres ist
breiter und stärker als bei D. ajfinis, aufstehend und längs seines fast
horizontal liegenden Randes grob gezähnt. Die Stirn zwischen
den Augen ist zufolge des aufstehenden oberen Augenramjes concav.
Die grossen Augen stehen kaum einen Diameter vom Schnauzen
rande, etwas über einen von einander und nicht ganz zwei vom Rande
des Schultergürtels (hinter welchem die nackte Seitenbucht liegt) ab.
Der endständige Mund ist im Zwischen- und Unterkiefer bis gegen
die Mundwinkeln mit schmalen Binden feiner Sammtzähne besetzt.
Die Eekbarteln reichen bis an das zweite Drittel des Brustflossen
stachels, die äusseren halb so weit, die inneren sind noch um die
Hälfte kürzer. Zahl der Seitenschilder 24—23; ihre Form wie bei
D. affinis, über jedem Haupthaken liegen an den vorderen Schildern
fünf, weiter zurück drei und am Schwanzende nur ein Nebenhaken,
unterhalb auch an den vorderen Schildern blos zwei Nebenreihen,
von denen die obere zugleich mit derHauptreihe beginnt und bis zum
vierten letzten Schilde zurückreicht, die untere aber erst über der
Analgrube anfängt und vor den Stützen der Caudale aufhört. Die
Brustplatten sind zum Theile überhäutet, ihre nach hinten auslau
fende Spitze um die Hälfte kürzer als jene des Humerus, der bis
über die halbe Länge des Pectoralstachels und bis unter die weichen
Strahlen der Dorsale zurückreicht.
D. 1/6, A. 11—12, P. 1/6, V. 7.
124
K n e r.
Der Staclielstralil der Dorsale ist fünf- (fast sieben-) kantig,
nur vorne kurz und fein gezähnt, mit jenem der Pectorale fast gl eich
lang, völlig gerade, und reicht zurückgelegt bis zur kurzen Fett
flosse. Der längs gefurchte Peetoralstachel ist säbelförmig gekrümmt,
nach aussen und innen wie überall mit derben Sägezähnen besetzt,
seine Spitze reicht bis zur Genitalpapille zurück. Die Anale entspringt
etwas vor der Fettflosse, die Caudale ist schief abgestutzt und wie
bei D. affinis der obere Lappen etwas länger; der Rücken hinter der
Dorsale bis zur Caudale nackt, breit und abgerundet, längs der Mittel
linie gefurcht; hinter der Fettflosse, deren Basislänge grösser als
ihre Höhe ist, liegt nur ein breites, gefurchtes Schildchen, worauf
sogleich die zahlreichen Stützdornen der Caudale folgen, ein gleiches
findet an der Basis des unteren Caudallappens Statt. Ein Porus late
ralis fehlt auch hier.
Die Rückenseite ist dunkel, schwärzlich gefleckt, Kehle weiss-
lich, Brust und Bauch hell mit braunen Flecken, alle Flossen licht
mit dunklen Flecken, die zum Tlieile Querbinden bilden, insbesondere
erstrecken sich deren 5-—6 über den Stachelstrahl der Pectorale.
Unter 12 Exemplaren, die das kais. Museum in Spiritus aufbe
wahrt, sind auffallender Weise 11 davon Männchen. Ihre paarigen
Hoden reichen bis unter die Spitze der Brustplatten und vereinigen
sich in einen kurzen, hinter dem Mastdarme verlaufenden gemein
samen Ductus, welcher an der hier deutlich durchbohrten kurzen
Genitalpapille mündet; sie sind von derselben Form wie bei allen
übrigen Arten, und wie sie Fig. a von D. lipoplithalmus zeigt.
Die Schwimmblase (1. c. Fig. 4) bildet eine Übergangsform zu den
abgetheilten und endet in ein einfaches Blinddärmchen ohne Appen-
dices.
Bei dem Umstande, dass zwischen dieser und der vorigen Art
in vielen Punkten Übereinstimmung herrseht und alle untersuchten
Exemplare von D. affinis als Weibchen, hier aber fast alle als
Männchen sich erweisen, drängt sich die Vermuthung insbesondere
auf, ob die allerdings bedeutenden Differenzen nicht etwa blos Sexual
unterschiede sein könnten, doch darf ihr füglich nicht Raum gegeben
werden, da das weibliche Unicum von D. asterifrons sich mit Aus
nahme der Ovarien durchaus nicht von den Männchen unterscheidet,
und ich überhaupt, wie früher erwähnt, bei keiner Art von Doras
äussere Geschlechtsunterschiede auffinden konnte.
Ichthyologische Beiträge. 125
Totallänge der grössten Exemplare kaum über 4 Zoll. Fundort:
Barra do Rio negro und R. Guapore.
5. Art: D. Deckeln, m. *) — Taf. UI, Fig. 4.
In Form des Helmes, der Augen, Subnasalschilder, Mundstellung,
Zahnbildung, wie auch bezüglich der Seitenschilder und einiger anderen
Punkte steht dieses Unicum dem ajfinis gleichfalls nahe, ist aber
auch ein Weibchen, daher nachfolgende Unterschiede nicht als
sexuale und wohl eben so wenig als Altersverschiedenheiten ange
sehen werden können.
Die Länge von der Schnauzenspitze bis zur Dorsale beträgt
nahezu y s der Totallänge, ist nur wenig grösser als der Abstand des
Dorsalstachels von der Fettflosse; die grösste Breite zwischen den
Pectoralen ist gleich y 4 der Totallänge, die grösste Höhe bedeutend
geringer. Die Augenspalte erscheint länglich, indem die Suborbital
schilder beiderseits, namentlich aber nach vorne, einen ziemlich
grossen Ausschnitt bilden; jedoch auch ohne diesen ist der Diameter
des Bulbus selbst so gross, dass er dem gegenseitigen Abstande
beider Augen gleicht. Die Entfernung des Auges vom Schnauzen
rande beträgt 1 %, von jenem der nackten Bucht hinter dem Schulter
gürtel 2*4 solche Durchmesser. Der obere Rand steht nicht auf, die
ansehnlich grosse Fontanelle reicht fast bis an das Subnasalschild,
welches S-förmig, lang gezogen, nach vorne an Breite
zu nimmt und am frei aufstehenden Rande fein gezähnelt ist, die
übrigen Suborbitalknochen sind rudimentär. — Der Helm ist mehr
abgerundet als stumpf gekielt zu nennen, der Mund nimmt die ganze
Breite der allerdings ziemlich schmalen Schnauze ein; Zwischen-
und Unterkiefer sind mit breiten, sehr feinen Zahnbinden besetzt.
Die Eckbarteln reichen bis über das erste Drittel des Pectoralstacbels,
die äusseren des Unterkiefers bis an das Ende der Brustplatten, die
inneren nicht völlig bis an das Mittelstück des Brustgürtels, der schmal
und grösstentheils überhäutet ist. Deckelstücke, Wangen und Seiten
der Schnauze sind nackt bis zu den Eckbarteln. Die stumpfe Spitze
des Humerus, dessen grösste Höhe nur */ s seiner Länge
beträgt, reicht bis hinter das zweite Seitenschild, er ist längs
*) In Heckers Manuscripten ist diese Art als D. Hancockii bestimmt, von der sie sich
aber schon allein durch A. 12 unterscheidet; meine Angabe über die Form der
Schwimmblase 1. c. Fig. 7 bezieht ‘sich daher auf diese Species.
126
K n e r.
gefurcht und rauh, zeigt aber einen kaum bemerkbaren, nur durch
etwas stärkere Rauhigkeiten angedeuteten Längskiel. Zahl der Seiten
schilder: 29; alle sind derart überhäutet, dass nur die Haupt- und
Nebenreihen von Haken, welche sich wie bei der vorigen Art vor
finden, frei vorragen. Jedes Schild springt aber über und unter dem
Haupthaken dornartig vor, ist daselbst am breitesten und bildet
somit den Übergang zu den echten Schmetterlingsschildern, wie
diese bei anderen Arten Vorkommen. Bios die beiden vordersten
Schilder sind ihrer ganzen Höhe nach gleich schmal, und zwar
beträgt ihre Breite kaum i / i der Höhe; das erste vom Helme bis
zum Humerus reichende Schild zeichnet sich allein durch Mangel
eines Hakens und blose Rauhigkeit aus.
D. 1/6, A. 12, P. 1/6, V. C. 20.
Der Pectoralstachel reicht bis zur Ventrale, der starke und
völlig gerade Dorsalstachel ist nur am Vorderrande bis nahe
zur Spitze fein gezähnt, kommt an Länge dem ersten weichen
Strahle gleich und reicht bis nahe zur ziemlich grossen Fettflosse
zurück. Unter den Strahlen der Anale sind der fünfte bis siebente
die längsten, der erste der kürzeste. Der obere Lappen der schwach
eingebuchteten Caudale ist länger als der untere. Rücken breit,
abgerundet, ohne Furche, bis zur Caudale nackt, so auch die ganze
Unterseite und der Raum zwischen Anale und Caudale. Statt eines
Porus lateralis sind tiefe Gruben bemerkbar.
Rücken bräunlich, Unterseite hell gefärbt, die Brust zurnTheile,
der Bauch aber dicht braun gefleckt und fein punktirt, dessgleichen
die Pectorale, Ventrale, Anale und Caudale, die nackte Haut am Deckel
und in der Bucht; weniger deutlich Rücken, Seiten, Dorsale und
Fettflosse, Oberkopf und Helm aber völlig ungefleckt.
Das einzige in Weingeist aufbewahrte Exemplar stammt aus
dem R. negro, besitzt 6" 8"' Totallänge und erweist sich als Weib
chen. Die Schwimmblase ist abgetheilt, ohne Appendices.
6. Art: D. cataphrnctus C. V.
Die in Heckel’s Manuscript vorläufig als D. polyramma
bezeichneten Exemplare glaube ich mit Recht als die genannte Art
anzuerkennen, mindestens stimmen sie in Strahlenzahl, Färbung
u. s. w. mit dem von Valenciennes aus dem Leydener Museum
Ichthyologische Beitrüge. 127
beschriebenen völlig iiberein; und ebenso scheint D. bmnescens,
Sc ho mb. davon nicht wesentlich verschieden.
Der Mund ist endständig, die schmalen Zahnbinden des Zwischen-
und Unterkiefers nehmen fast die ganze Breite der Mundspalte ein;
alle Barteln sind frei und lang, die Eckbarteln reichen bis zur Spitze
des Humerus und selbst die inneren und kürzesten noch bis zum
Brustgürtel. Die Augen sind klein, ihr Abstand von einander beträgt
2‘/*—3. vom Schnauzenrande 4, von jenem der Kiemenspalte 6 Dia-
meter. Stirnfontanelle klein, länglich eirund, das aufstehende Sub
nasalschild fein gezähnelt, Stirn und Helm gewölbt, ohne Andeutung
eines Kieles. Der Humerus trägt eine einfache Längsreihe dünn
stehender, gerader und grober Dornen, die Brust ist bei beiden
Geschlechtern nackt, indem die Brustplatten völlig überhäutet sind.
Die Zahl der Seitenschilder schwankt zwischen 25—28, sie sind
hohe, aber derart von Haut überdeckte Kammschilder, dass nur die
fast geraden Haupthaken und Nebendornen am Rande vorragen;
von letzteren zählt man über der Hakenreihe 6—3, unter ihr
4—2. Alle Exemplare zeigen einen grossen Porus lateralis.
D. 1/4, A. 9, P. 1/4 u. s. w.
Der Pectoralstachel ist wie immer nach aussen und innen gesägt,
der Dorsalstachel dreikantig, vorne und an den Seitenkanten
gezähnt, nach rückwärts aber nicht; die Caudale ist abge
rundet, die Fettflosse lässt durchaus keinen Strahl wahrnehmen.
Grundfarbe bräunlich, längs der Reihe der Haupthaken zieht
jcderseits eine helle Linie und eine gleiche längs der Mitte des
Rückens bis zur Schwanzflosse. Alle Flossen zeigen auf lichtem
Grunde bräunliche (nach Valenciennes röthliche) Flecken; die
Feltflosse ist weiss gesäumt.
Das kais. Museum besitzt Männchen, Weibchen und Junge, die
aber keine wesentlichen Unterschiede darbieten, nur scheint bei
Weibchen die Bewaffnung etwas stärker, die Stacheln der Pectorale
und Dorsale länger, der Deckel rauh, während er bei Männchen
überhäutet ist; bei ganz jungen sind die Nebenreihen der Dornen
noch nicht deutlich vortretend. — Die Schwimmblase ist bei Allen
einfach, fast so breit als lang, und ohne Appendices (siehe 1. c.
Fig. 1. unter dem Namen D. polygramma).
Fundorte: Rio Gunpore und Barra do Rio negro.
128
Kne r.
7. Art: D. dorsalis C. V. — Guerin, Tab. 52, Fig. 2.
Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, dass die hier zu beschrei
benden Exemplare mit D. dorsalis Val. gleichartig sind, doch schei
nen einige nähere Angaben nöthig. — In Hinsicht der breiten Zahn
binden im Zwischen- und Unterkiefer, der völlig freien, ungefransten
Barteln, wie auch des aufstehenden, am Rande gezähnelten Subnasal
schildes und der zu einer sehr schmalen Leiste verkümmerten Subor
bitalknochen schliesst sich diese Art den vorhergehenden an, nähert
sich aber bezüglich der Bildung der Augen und des Umstandes, dass
ein grosser Theil der Seiten-, der Kopfschilder und des Helmes
überhäutet sind, vielen der folgenden Arten.
Die Totalgestalt ist gestreckt, die Entfernung vom Schnauzen
rande bis zur Dorsale gleich der vom Beginne dieser Flosse bis zur
Fettflosse und gleich ’/ 3 der Totallänge. Der Kopf ist breit, die
Schnauze stumpf, die grösste Breite hinter der Kiemenspalte gleich
der Länge des Kopfes. Die Augen stehen 1 Vs Diameter vom Schnau
zenrande, 2%— a / 3 von der nackten Bucht hinter dem Schultergürtel
und iy a — 2 / s von einander entfernt. Mit Ausnahme des oberen, nach
vorne scharf vortretenden knöchernen Augenrandes und der äusserst
schmalen Suborbitalleiste ist die Umgebung des Auges nackthäutig,
die Augenspalte nicht kreisrund, sondern vor- und rückwärts winklig
ausgezogen. Die Wangen und grossentheils auch die Deckelstücke
und der Helm sind überhäutet, letzterer namentlich an seinem hinteren
gegen die Seiten absteigenden Fortsatze. Hinter der sehr grossen
und langen Fontanelle ist der Helm bis zur Dorsale derart gekielt,
dass zwei sehr nahe parallele Leisten zwischen sich eine Furche
lassen. Die nackte Bucht zwischen Schultergürtel, Helm und Seiten
schildern ist gross, der Humerusfortsatz aber kurz und schmal, er
reicht kaum bis unter die Dorsale und über die Hälfte des Brust
flossenstachels zurück und endet, allmählich sich verschmälernd, in
eine einfache scharfe Spitze; seine Oberfläche ist rauh, aber weder
gefurcht, noch gezähnelt. Die Eckbarteln reichen fast bis zur halben
Länge des Pectoralstachels zurück, die äusseren Lippenbarteln sind
kaum halb so lang, die inneren noch mindestens um die Hälfte kürzer.
Die Zahl der Seitenschilder beträgt 17, wenn das erste verkümmerte
mitgerechnet wird; das zweite ist von allen das grösste. Die vorderen
sind echte Schmetterlingsschilder, alle aber nur mit den stark com-
pressen und rückwärts gekrümmten Haupthaken besetzt, deren
Ichthyologische Beiträge.
129
Grösse au den Schwanzschildern zunimmt. Die in der Medianlinie
des Rückens liegenden unpaarigen Schildchen, auf welche die Art
benennung sich bezieht, sind unverlässlich; während eines unseres
Exemplare deren allerdings zwischen der Dorsale und Fettflosse und
beiderseits vor der Basis der Caudale zeigt, erscheint am andern
Exemplare die ganze Rückenfirste nackt mit kaum punktgrossen
Andeutungen von Schildchen.
D. 1/6, A. 14 u. s. w. J )
Die Stacheln der Pectorale und Dorsale enden in einen Haut
lappen, und sind, wie auch Valenciennes bemerkt, mit weniger
Zahlreichen, aber gröberen Zähnen vor- und rückwärts
besetzt, als andere Arten. Der Pectoralstachel reicht nur bis an
das Ende der Dorsalbasis zurück. Die Ventrale stehen fast unter der
Mitte des Raumes zwischen der Dorsale und Fettflosse und reichen
zurückgelegt bis zur Anal grübe, die hier sehr nahe der Anale
liegt (viel näher als hei anderen Arten, woselbst sie meist der Ven
trale genähert ist). Die Fettflosse steht dem hinteren Ende der Anale
gegenüber; die Caudale ist tief gablig eingeschnitten, gleichlappig;
ihre längsten Strahlen kommen dem Stachel der Pectorale und Dor
sale fast gleich. ■— Die ganze Unterseite ist nackt, der Porus late
ralis sehr deutlich, dessgleichen der Seitencanal, dessen Mündungen
mit abwärts laufenden Nebenästen in der nackten Seitenbucht und am
Kopfe besonders gut sichtbar sind. Die Genitalpapille ist lang, das
Geschlecht aber unbestimmbar; die Schwimmblase (1. c. Fig. 9)
abgetheilt, mit zum Theile fingerförmig verästelten Appendices
behängt.
Färbung: Rückenseite einfarbig bräunlich, Bauchseite hell
und so wie alle Flossen ungefleckt.
Die beiden Exemplare von 7" Totallänge stammen von Para
Rio.
8. Art: D. inurica Natt. Mscrpt.
Diese schon von Natterer und Heckei (in deren Manu-
scripten) als neu betrachtete Art scheint in der That mit keiner
andern mir bekannten übereinzustimmen.
A ) Guerin’s Abbildung zeigt in der D. l/;> und in der A. blos li Strahlen, doch ist
sie überhaupt ungenau und wenig brauchbar.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Ci. XVILBd. I. Hft.
9
130
K n e r.
Durch den endständigen Mund, der im Zwischen- und Unter
kiefer breite Zahnbinden trägt, freie, ungefranste Barteln, das auf-
stehende, am Rande gekerbte Subnasalschild und durch dieZähnelung
des Rücken- und Brustflossenstachels schliesst sie sich den bisher
betrachteten Arten an; durch die Schmetterlingsform der Seiten-
schilder mit einfacher Hakenreihe aber zunächst der vorhergehenden
Species.
Die Mundbildung erinnert ganz an Silurus glanis; die weite
Mundspalte nimmt die ganze Breite der abgerundeten Schnauze ein
und ist in beiden Kinnladen bis zu den Mundwinkeln mit breiten,
ununterbrochenen Binden von Sammtzähnen fast gleicher Länge
und Stärke besetzt. Die langen, fadenförmigen Eckbarteln reichen
bis zur Spitze dos Humerusfortsatzes, die vier Unterlippenbarteln
sind ebenfalls frei, fadenförmig, die äusseren halb so lang als die Eck
barteln, die inneren noch um die Hälfte kürzer. DasAuge ist kleiner
als bei allen übrigen Arten, sein Diameter beträgt kaum i / ls
der Kopflänge (ohne Helm); es steht 4'/ 3 Diameter vom Schnauzen
rande, fast 10 von der Kiemenspalte und nahezu 7 vom anderen
Auge entfernt. Die Suborbitalknochen sind breit, rauh, dessgleicben
das Subnasalschild, welches langgestreckt, hoch und am aufstehenden
Rande gekerbt ist. Der Schnauzenrand und die Gegend um die hinteren
Narinen, die Augen und Wangen sind nackt, die Deckelstücke aber
rauh beschildert, dessgleicben der ganze Hinterkopf und Helm. Die
lange und schmale Fontanelle läuft nach vorne in eine Furche aus;
die mässige Wölbung des Hinterhauptes geht am Helme in einen
schwachen, stumpfen Kiel über. Die Länge von der Schnauze bis
zur Dorsale ist 3'/ 2 mal in der Totallänge enthalten; der schmale,
dornähnliche Humerusfortsatz reicht bis hinter das erste Seitenschild
und endet spitz; der nach den Seiten absteigende Ast des hinteren
Helmendes ist kurz; Helm, Humerusfortsatz und Seitenschilder
schliessen sich nicht an einander an, in die nackte Bucht hinter
dem Schultergürtel bleibt vielmehr ein weiter Eingang über. Die
Zahl der Seitenschilder beträgt links 28, rechts 27; sie zeigen vom
vierten angefangen Schmetterlingsform und nehmen so wie die stark
compressen, rückwärts gekrümmten Haken gegen den Schwanz an
Grösse derart zu, dass unter der Fettflosse die grössten zu liegen
kommen; das dritte Seitenschild ist zwar das höchste (indem der über
dem Haken liegende Tlieil nach aufwärts stark verlängert ist), aber
Ichthyologische Beiträge.
131
schmal und noch nicht von Schmetterlingsform, das erste Schild
allein ist ohne Haken, aber wie auch alle folgenden rauh und mit
niederliegenden kurzen Dornen besetzt.
D. 1/6, A. 12, P. 1/10, V. 1/6, C. 18 (ganze und jederseits
13 Stützstrahlen).
Der Knochenstrahl der Dorsale ist der längste von allen Flos
senstrahlen und am vorderen Rande der ganzen Länge nach dicht
und fein gezähnt, nach hinten nur an seiner oberen Hälfte; der
flache, aber sehr breite und starke Stachel der Pectorale (deren
grosse Zahl getheilter Strahlen auffällt) *) ist dagegen am äusseren
und inneren Rande stark sägeförmig gezähnt, er wird vom ersten
getheilten Strahle an Länge übertroflen. Die Ventralen entspringen
hinter dem Ende der Dorsalbasis unter dem neunten und zehnten
Seitenschilde und sind die kleinsten aller Flossen. Die Anale ist
stark entwickelt, ihr erster Strahl äusserst kurz, der fünfte bis neunte
sind die längsten und fast gleichlang mit jenen der Ventrale. Caudale
halbmondförmig eingeschnitten, gleichlappig, ihre längsten Strahlen
erreichen aber nicht Kopflänge. Die Fetlflosse ist mässig gross,
rautenförmig, der breite, abgerundete Rücken völlig nackt, eben so
die ganze Unterseite; die Analgrube liegt auch hier näher der After
ais Rauchflossen. — Remerkenswerth ist die eigenthiimliche Ver
dickung und Verknöcherung der gegliederten Strahlen, die besonders
bei der Caudale, zum Theile auch bei der Anale, weniger aber bei
den Ventr. und derDors., dagegen gar nicht bei den Pect, stattfindet.
Sie werden nämlich mitunter zu dicken soliden Knochen, die nur
gegen die Spitze noch Theilung und Gliederung wahrnehmen lassen.
Dieselbe Verknöcherung findet sich auch bei mehreren anderen
Arten, jedoch nirgends sonst ist mir eine ähnliche Ossifications-
tendenz weicher Gliederstrahlen bekannt. — Übrigens zeigt auch
die nacktscheinende Haut hier Neigung zur Ablagerung von Knochen
kernen; in die Haut des ganzen Rückens und der Seiten sind nämlich
ziemlich dicht und regulär längliche kleine und dünne Knochenkerne
*) Während die Strahlenzahl der Brustflossen gewöhnlich innerhalb einer Gattung wenig
differirt, zeigt sie hei Doras im Gegentheile je nach den Arten bedeutende Unter
schiede, namentlich grössere als die Dorsale, welche doch sonst durchschnittlich lür
die Charakteristik brauchbarer sich erweist.
9*
132
K n e v.
eingesenkt, als ob kurze Stacheln unter der Haut lägen, und durch
welche sie mit länglichen Unebenheiten warzig besetzt erscheint f ).
Über die Färbung im frischen Zustande fehlen in Natterer’s
Notizen alle Angaben, an dem getrockneten Exemplare ist nur zu
erkennen, dass Rücken und Seiten mit äusserst feinen schwarzen
Punkten sparsam besäet sind, deren aber an allen Flossen fehlen;
sämmtliche Knochenschilder und Flossenstrahlen erscheinen weiss-
lich.
Das von Natter er gesammelte Exemplar misst 20" Totallänge,
stammt von Cujaba, wird von ihm mit dem Provinzialnamen Botoado
und überdies als Männchen bezeichnet.
9. Art: D. lithogaster Heck. Mscrpt.
Diese ausgezeichnete Art vertritt unter Am Doraden die Gruppe
der völlig gepanzerten, welche bei den Hypostomiden so zahlreich
repräsentirt wird, ganz allein. Sie dürfte zwar, wie Heckei sich zu
erinnern glaubt, bereits bekannt und beschrieben sein, da wir sie
jedoch nirgends auffinden können, so behalte ich vorläufig obige
jedenfalls gut gewählte Artbenennung bei. Während sie durch ihre
dichte Bedeckung mit dicken Knochenschildern einzig
dasteht, schliesst sie sich durch endständigen Mund mit breiten
Zabnbinden oben und unten, und freie, ungefranste Barteln den echten
Dorasarten und zwar zunächst der vorhergehenden an. Inwieferne
diese complete Beschilderung als Artunterschied mit Verlässlichkeit
anzusehen ist, lässt sich beim Mangel genügender Erfahrungen über
diese Fische und nach dem in einer früheren Note Gesagten im
Voraus wohl nicht angeben.
Der Mund nimmt die ganze Breite der halbkreisrunden Schnauze
ein, der Zwischenkiefer trägt eine breitere, der Unterkiefer eine
schmälere Binde grober Sainmtzälme; die Eckbarteln reichen kaum
bis zum Deckel zurück, die äusseren Kinnbarteln sind noch um die
Hälfte kürzer, jedoch länger als die inneren. Das Auge ist mässig
klein, 3 Diameter vom Schnauzenrande, 4y a vom andern Auge und
etwas über 5 von der Kiemenspalte entfernt und beiläufig 8y a mal in
der Kopflänge enthalten. Die Suborbitalschilder bilden einen breiten
*) Ähnliches findet auch bei der Gattung 1 Coitus Statt, an welche namentlich die
kleinen Doras-Arten überhaupt mehrfach erinnern, als wären sie die Stellvertreter
jener Gattung in Südamerika.
Ichthyologische Beiträge.
133
Knochenring, und das vorderste oder Subnasalschild, welches durch
eine Hautbrücke von den hinteren getrennt ist, ist besonders gross
und stark gewölbt, am Rande aber nicht gezähnelt. Die lange und
ziemlich breite Stirnfontanelle wird rings von sehr rauhen Schildern
umgrenzt. Stirn und Hinterhaupt sind flach, erst der Helm erhebt
sich bis zur Dorsale und bildet einen stumpfen Kiel. Die Länge von
der Schnauze bis zur Dorsale beträgt nahezu % der Totallänge, jene
des Kopfes bis zur Kiemenspalte ist aber 4 1 / 2 bis Kmal in der Kör
perlänge enthalten. — Mit Ausnahme des rauhen Deckels sind übri
gens die Seiten des Kopfes, so wie Keble und Brust nackt, doch ent
hält auch hier die Haut mehr weniger zahlreiche Knochenkerne von
länglicher Form eingesenkt, die oberflächlich als rauhe Längslinien
vortreten. Kiemenstrahlen zähle ich jederseits 7, von denen der
innerste sehr kurz ist. Der kurze und schmale Humerusfortsatz
reicht nur bis zur halben Länge des Pectoralstachels, ist rauh, aber
weder gefurcht, noch gekielt und endet in eine rundliche Spitze.
Längs des Seitencanals zählt man nur eine Reihe von 16—17 Schil
dern, die erst am Schwänze deutliche Schmetterlingsform annehmen;
das zweite derselben ist das höchste und schliesst sich oben unmit
telbar an ein grosses Schild an, welches beiderseits längs der Dorsal
basis liegt. Die 3—4 ersten Schilder sind nur gekielt, erst vom
vierten oder fünften angefangen erheben sich die Kiele zu Dornen, die
gegen das Schwanzende am grössten werden und sich durch Dicke
und eigenthümlich faserige Structur vor allen Dornen und Haken
anderer Dorasarten auszeichnen, indem sie dadurch wie gefranst
oder gefiedert erscheinen. Den Rücken hält eine mediane Reihe
starker, erhabener und stumpf gekielter Schilder vom Ende der
Dorsale bis zur Caudale besetzt, deren Zahl jedoch zwischen 8 und
11 schwankt. Eines derselben, das gegenüber der Anale liegt,
erhebt sich über die anderen und lässt in der Furche seines nach
hinten steil abfallenden Kieles die Fettflosse erkennen, deren Haut
sich (bei einem Exemplare) auch noch in einer tiefen Furche des
folgenden Schildes fortsetzt. Hinter der Fettflosse liegen noch drei
mediane Schilder, die sich unmittelbar an die Stützen der Caudale
anreihen. Den Raum zwischen den unpaaren Rücken- und Seiten
schildern nehmen kleinere, irreguläre, schuppenförmige Knochen-
platten ein, ähnliche schieben sich zwischen die unteren Flügeln
der Seitenschilder und bis an den Fortsatz des Humerus ein,
134
K n e r.
lind ebenso halten deren die ganze Unterseite von der Gegend
zwischen der Brustflossenbasis angefangen bedeckt. Sie sind meist
länglich, aber irregulär und ungleich gross, gegen die Mitte des
Bauches oft verdickt erhoben und der Länge nach fast gekielt. Die
Mitte des Bauches nehmen grössere, zum Theile unpaare Schilder
ein, und namentlich liegt ein solches, nach hinten spitz endendes vor
der Analgrube, deren nächste Umgebung allein nackt ist und die sehr
nahe vor der Anale sich befindet. Zwischen letzterer und der
Schwanzflosse liegt wieder eine mittlere Reihe von drei grossen
stumpf gekielten Schildern. Endlich sind in der nackten Bucht
zwischen Helm und Humerus mehrere kleine Schildchen inselförmig
zerstreut. — Ein Poms lateralis fehlt; kleinere Knochenscliilder
reichen unmittelbar und ganz in den Winkel zwischen Humerus und
Pectoralbasis derart hinein, dass keine nackte Stelle frei bleibt.
D, 1/6, A. 13, P. 1/8, V. 1/6, C. 17.
Der Knochenstrahl der Pectorale und Dorsale ist vor- und rück
wärts grob und stumpf gezähnt, ersterer, der längste aller Flossen
strahlen, aber mit dem ersten getheilten gleichlang. Die Dorsale
beginnt über dem Ende des Humerusfortsatzes; die Anale enthält
neun getheilte weiche Strahlen und vierungetheilte, von denen der letzte
der längste und stärkste ist; die Ventralen sind die kürzesten von
allen Flossen, reichen lange nicht bis zur Analgruhe zurück und
stehen der Mitte des Raumes zwischen Dorsale und Fettflosse gegen
über; die Caudale ist kurzstrahlig, kaum eingeschnitten und gleich
lappig. Die Verknöcherung der getheilten Strahlen der Caudale und
Anale ist beinahe so stark wie bei der vorigen Art.
Uber die Färbung lässt sich nach unseren trockenen Exemplaren
nur angehen, dass an der dunkleren Rückenseite hie und da mehr
minder grosse schwärzliche Flecken bemerkbar sind, die Bauchseite
aber weisslich und wie auch alle Flossen ungefleckt erscheint.
Natt er er gibt als Provinzialnamen Vacu an und bezeichnet
beide Exemplare als W eibch en. — Fundort: Forte do Rio branco.
Totallänge 34 und 33 % Zoll.
10. Art: D. fimbriatus, m. — Taf. HI, Fig. 3.
Corydoras loricatus, Heck im Mscrpt.
Diese Art vermittelt die echten Doras-Arten mit den nachfol
genden; sie hat mit jenen den Totalhabitus, die Zahnhinden in
Ichthyologische Beitrüge.
135
Zwischen- und Unterkiefer und die kreisrunden Augen, mit letzteren
die in ein kurzes Segel verwachsenen Kinnbarteln, welche so wie
die freien Eckhartein gefiedert sind, und die halb unterständige
kleine Mundspalte gemein. Da aber die Verwandtschaft mit den vor
hergehenden Doraden noch stärker vortritt als mit den folgenden, so
dürfte sie ihnen anzureihen sein.
Die Schnauze ist stumpfspilzig, der Umkreis fast parabolisch
und bis zu den Deckelstücken nackt, die längliche Stirnfontanelle geht
in die nackte Schnauze über, die Suborbitalknochen sind völlig ver
kümmert und auch ein aufstehendes, gezähneltes Subnasalschild
fehlt. Die Augen sind gross, ihr Durchmesser ist A^mal in der
Kopflänge enthalten, ihr gegenseitiger Abstand beträgt iy 4 , jener
vom Schnauzenrande 1% Diameter. Der obere Augenrand steht nicht
auf. Bei der Enge der Mundspalte bleibt im Zwischen- und Unter
kiefer nur wenig Raum für die überdies nicht gedrängt stehenden
äusserst feinen Zähnchen. Das Hinterhaupt erhebt sich gegen den
Helm zu bedeutend, letzterer erscheint beiderseits stark abgedacht
und dadurch in der Mitte fast gekielt. Die gefransten oder vielmehr
halb gefiederten Eckbarteln reichen bis hinter die Pectoralbasis
zurück, die vier des Unterkiefers sind kurz, aber fast gleichlang und
an ihrer Basis in ein kurzes Lippensegel verwachsen. Der Fortsatz
des Humerus läuft nicht in eine Spitze aus, sondern wird nach hinten
fast noch breiter (höher), endet abgerundet, und zwar wegen der
grossen Ausdehnung des ersten Lateralschildes vor diesem. Die
Zahl der Seitenschilder beträgt 29—30, sie sind sämmtlich hohe,
am Rande dünn gezähnelte Kammschilder mit einfacher Hauptreihe
von Dornen längs des Seitencanals, der sich hier vom Schulter
gürtel bis zur Schwanzflosse deutlich verfolgen lässt. Das erste
Seitenschild ist das grösste von allen, sowohl was Höhe als Breite
betrifft, namentlich verbreitert sich seine unterhalb der Seitenlinie
liegende Hälfte derart, dass es bis an das Ende des Humerus und an
die Brustplatten angrenzt, die hier von der Brust unter einem Winkel
(eine scharfe Kante bildend) sich nach aufwärts an die Seiten fort
setzen; nach oben stösst das erste Seitenschild ebenfalls bis an den
Helm. Nächst dem ersten ist die untere Hälfte des zweiten Lateral
schildes am längsten und breitesten, vom dritten angefangen nimmt
die Breite und Höhe der Seitenschilder gleichmässig bis zur Schwanz
flosse ab; bei keiner anderenArtreichenaberdiebeiden
136
K n e r.
ersten Seitenschilder so weit an die Bauch fläche
hinab und sind so breit wie hier. Der abgerundete Rücken
zwischen der Dorsale und Fettflosse ist nackt; vor den Stützstrahlen
der Caudale liegt oben und unten nur ein grosses, breites Schild
chen; die ganze Bauchseite ist mit Ausnahme der breiten, halbmond
förmig nach rückwärts gebogenen Brustplatten nackt; ein Paar Exem
plare zeigen einen wirklichen Porus lateralis, die anderen nur eine
tiefe Grube daselbst; die Analgrube liegt nahe den Bauchflossen.
D. .1/6, P. 1/8, V. 1, A. 11.
Der Knochenstrahl der Dorsale und Pectorale ist beiderseits
gezähnt, ersterer wird noch von einem spitzen Hautlappen überragt
und reicht zurückgelegt nicht bis zur Fettflosse; der bei allen
Exemplaren gleichlange und starke Brustflossenstachel reicht bis über
die Basis der Ventrale hinaus, letztere reichen nicht bis zur Anale
zurück, diese aber bis an die Basis der Caudale, welche tief gablig
eingeschnitten und gleichlappig ist.
Färbung, Rücken, Seiten, Hinterhauch und Unterseite des
Schwanzes nebst allen Flossen braun mit schwärzlichen Flecken und
Punkten, dessgleichen die Eckbarteln schwärzlich, die Lippenbarteln
heller, Kehle, Brust und Vorderbauch weisslich.
Zwei auf ihr Geschlecht untersuchte Individuen erwiesen sich
als Weibchen mit unreifen Eiersäcken, die Schwimmblase ist einfach,
kurz und breit, rings mit zahlreichen seitlichen Appendices behängt,
die von fettähnlicher Masse umhüllt sind; siehe 1. c. Fig. 2.
Das kaiserliche Museum bewahrt vier Exemplare in Spiritus von
4V a bis gegen 5 Zoll Totallänge, sie stammen aus dem Rio Guapore.
11. Art: D. punctatus, m. — Taf. VI, Fig. 10.
Corydoras brevis Heek. Msept.
Gleichfalls ein Übergangsglied mit halb unterständigem Mund,
Zähnen in beiden Kiefern, halb gefiederten Eck- und in ein kurzes
Segel verwachsenen Lippenbarteln.
Die grösste Höhe vor der Dorsale übertrilft kaum die grösste
Breite zwischen der Pectoral-Basis, und letztere kommt der Länge
des Kopfes (bis zur Kiemenspalte) fast gleich; der Umkreis der
Schnauze ist stumpf parabolisch, das Auge gross, fast kreisrund,
jedoch nur in seiner oberen Hälfte halbkreisförmig von rauhen Kopf
schildern begrenzt, indem die verkümmerten Suborbitalschilder über-
Ichthyologisehe Beitrüge.
137
häutet und wie die ganze Schnauze bis zu den hinteren Narinen und
seitlich bis zu den Deckelstücken nackt erscheinen. Der Diameter
der Augen ist kaum über vier Mal in der Kopflänge enthalten, ihr Ab
stand vom Sclinauzenrande beträgt nicht ganze 2, von der vorderen
Marine 1 , von der Kiemenspalte \ i / i , ihr gegenseitiger 1% Dia
meter. Die Stirne zwischen den Augen ist daher breit und zugleich
flach , erst vom Hinterhaupt erhebt sich der Helm bis zur Dorsale
ansteigend und einen sehr stumpfen Kiel bildend. Die lange Fonta
nelle geht nach vorne in die nackte Schnauzenhaut über, welche auch
das Subnasalschild überkleidet. — Die Mundspalte nimmt fast die
ganze Breite der allerdings schmalen Schnauze ein und wird rings
von fleischigen Lippen umgeben , der Unterkiefer wird von dem
oberen ziemlich weit überragt und daher der Mund halb unterständig;
die Eckbarteln reichen niemals bis zur Kiemenspalte, sind meist viel
kürzer und seitwärts mit 3—4 Nebenästen behängt (halb gefranst);
die Unterlippe bildet ein kurzes papillöses Segel, von welchem die
kurzen aber fast gleich langen Lippenbarteln sieb loslösen, deren
Länge und Zahl übrigens variabel ist (allermeist zwar 4, öfters
jedoch 5—6). Der fast rudimentäre Zwischenkiefer trägt wenige,
äusserst kleine kaum spür- und sichtbare Zähnchen, die leicht völlig
übersehen werden könen, die des Unterkiefers bilden jedoch stäts
eine deutliche schmale Binde.
Der Humerusfortsatz endet vor dem ersten Seitenschilde unter
dem Beginn der Dorsale breit und schief abgestutzt, und bildet an
seinem unteren Bande eine nicht gezähnelte Längsleiste. — Die Zahl
der Seitenschilder beträgt 28—29, sie sind schwach, niedrig und
mit Ausnahme der beiden ersten fast alle gleich hoch und breit,
jedoch nehmen die sehr compressen Hauptdornen gegen den Schwanz
an Grösse zu , die Ränder aller sind mit geraden Zähnchen dünn
besetzt. Das erste Seitenschild ist zwar das höchste, aber so schmal
und zufolge des unter ihm breit endenden Humerusfortsatzes über
der folgenden Reihe gestellt, so dass auch sein kleiner Hauptdorn
bedeutend höher liegt. Wegen der Kleinheit der Seitenschilder bleibt
übrigens der grösste Theil der Seiten über und unter ihnen nackt. —
Die Brustplatten sind an ihrer Nathverbindung überhäutet, ihre
breiten, nach hinten gerichteten Hörner liegen aber frei und reichen
mit stumpfer Spitze genau bis unter das Ende des Humerusfortsatzes.
D. 1/6, P. 1/7, V. 1/6, A. 13.
138
K n e r.
Die Dorsale entspringt vor halber Körperlänge, ihr Stachel
strahl ist stets kürzer als jener der Pectorale, der etwas über die
Basis der Ventrale zurückreicht; beide Stacheln sind übrigens vor
und rückwärts gesägt. Die Ventrale entspringen unter dem Ende der
Dorsale, die Analgrube liegt unmittelbar zwischen und hinter ihrer
Basis, somit weit von der Anale entfernt, jedoch bereits hinter halber
Totallänge; die Anale reicht bis an die ersten Stützstrahlen der Cau-
dale zurück, ihren ersten Strahlen gegenüber steht die kleine Fett
flosse ; die Caudale ist kurzstrahlig , schwach eingebuchtet , die
beiden gleichlangen Lappen abgerundet; der ziemlich breite Rücken
zwischen Dorsale und Fettflosse nackt, unpaare Schildchen an der
Basis der Caudale fehlen, oder vielmehr sie nehmen sogleich die
Form von Stützstrahlen an. — Ein Porus lateralis fehlt.
Färbung. Rückenseite bräunlich, die ganze Unterseite weiss-
lich und ungefleckt, jene aber und namentlich die Seiten bis unter
die Lateralschilder mit schwärzlichen Flecken oder Punkten geziert,
dessgleichen alle Flossen mit Ausnahme der Ventrale und Anale.
Das kaiserliche Museum besitzt 17 Exemplare, darunter die
meisten in Spiritus aufbewahrt, von 3—-5 Zoll Totallänge, aus Mato-
grosso und Rio Guapore. Alle, die ich noch auf ihr Geschlecht unter
suchen konnte, erwiesen sich als Weibchen. — Die Schwimm
blase lauft rückwärts in zwei nach vorne umgebogene Hörnchen aus
und ist ohne Appendiees; siehe 1. c. Fig. 5.
12. Art: D. brevis, m. — Taf. VI, Fig. 11.
Corydoras brevis, Heck im Msrcpt.
Diese auffallend kurze und hohe Art schliesst sich der folgenden
Gruppe durch völligen Mangel an Zähnen im Zwischenkiefer noch
näher an und wäre unbedenklich ihr beizuzählen, wenn sie nicht die
kurze und stumpfe Schnauze noch den vorhergehenden Arten nahe
brächte.
Die Totalgestalt ist sehr gedrungen, indem das Ende des Helmes
fast bis zur halben Körperlänge zurückreicht, die grösste Höhe
daselbst übertrifft auch etwas eine Kopflänge, bis zur Kiemenspalte
gerechnet, die Breite an dieser ist hingegen fast um ein Drittel
geringer. Das sehr grosse Auge ist fast kreisrund, der Höhendurch
messer, kaum kürzer als der quere, und beträgt nahezu ein Drittel
der Kopflänge; das Auge steht vom Schnauzenrande weniger als
Ichthyologische Beitrüge.
139
anderthalb, vom hinteren Seapularrande einen Diameter und eben so
weit vom anderen Auge entfernt, die Suhorhitalknochen sind ver
kümmert und überhäutet, dessgleichen die schmale, rundliche Schnauze
bis hinter die Narinen und die Wangen bis zum Deckel nackt, das
kleine Subnasalschild ist nicht aufstehend, die Stirne zwischen den
Augen flach, die lange und schmale Fontanelle nach vorne geschlossen,
hinter ihr erhebt sich der Helm in einen ziemlich scharfen Kiel. Der
vom hinteren Ende des Helmes abwärts steigende Ast reicht mit
seiner Spitze an die Seiten herab und legt sich an das hinter ihm
hinaufreichende erste Lateralschild an. Die ziemlich kleine Mund
spalte ist halb unterständig, im rudimentären Zwischenkiefer fehlt
jede Spur von Zähnen und seihst im Unterkiefer bilden sie nur eine
schmale Linie und sind öfters kaum sichtbar. Die Unterlippe verlän
gert sich in ein ziemlich grosses Segel, das mit vier kurzen durch
Papillen zottigen Barteln besetzt ist, auch die Eckbarteln sind relativ
kurz und halbgefiedert oder gefranst.
Der Humerusfortsatz ist ziemlich breit, nach unten gekielt und
schief von vorne nach rückwärts abgestutzt, so dass er unter dem
ersten Lateralschilde mit schwach gezähnter Spitze endet. Die Zahl
der Seitenschilder beträgt 29 — 30, ihre Höhe nimmt gleichmässig
gegen die Schwanzflosse ab, ist jedoch auch vorne nicht bedeutend,
mit Ausnahme des ersten, dessen oberer Flügel bis an den Helmfort
satz stösst und zugleich der breiteste von allen ist; ausser der Haupt
reihe von Dornen, die alle fast gleich gross, stark, compress und
nach rückwärts gekrümmt sind , zeigt noch jedes Seitenschild am
Rande vorragende Nebenreihen kurzer Dornen und zwar je nach der
abnehmenden Höhe der Schilder beiderseits des Haupthakens vier,
drei, zuletzt zwei und am Ende des Schwanzes fehlen die Neben
reihen gänzlich. In der grossen nackten Bucht zwischen Helm und
Schultergürtel liegen inselförmig zwei rudimentäre Schildchen, jedoch
bedeutend höher als die Reihe der Seitenschilder. Bei der unbedeu
tenden Höhe der letzteren bleibt der grösste Theil der Seiten des
Rumpfes und Schwanzes nackt und ebenso fehlen auch unpaare
Schildchen am Rücken und zwischen After- und Schwanzflosse, dess
gleichen erscheint die Mitte der Brust (wie der ganze Bauch) nackt,
da die schmalen Brustplatten blos an ihrem hinteren, kaum über die
Basis derPectorale zurückreichenden Ende nicht von Haut überdeckt
sind; ein Poms lateralis ist nicht wahrzunehmen.
D. 1/6, P. 1/7, V. 7, A. 13—14.
140
K ii e r.
Die Dorsale entspringt fast in halber Körperlänge, ihr Stachel
strahl ist wie jener der Pectorale vor- und rückwärts gesägt und von
auffallender Länge, indem er bis über den Beginn der Fettflosse
zurückreicht und mit dem Pectoralstachel gleiche Länge besitzt,
letzterer reicht zurückgelegt überdieBasis der Ventrale hinaus bis zur
Analgrube, die am Ende des zweiten Drittels der Körperlänge und
weit vor der Anale liegt. Die Fettflosse ist hier bedeutend
gross, indem sie der Anale gegenüber entspringt, mit dieser eine
fast gleich lange Basis hat und auch nur wenig niederer ist; auch
die Caudale scheint stäts stark entwickelt, tief gablig eingeschnitten
und gleichlappig zu sein, doch sind die Spitzen der Strahlen bei
allen Exemplaren abgebrochen.
Färbung. Bückenseite gleichmässig röthlichbraun ungefleckt,
Bauchseite hell weisslich, alle Flossen ungefleckt, nur die weichen
Strahlen der Pectorale, Ventrale und Anale dunkler gefärbt, Dorsale,
Caudale und Fettflosse meist ganz hell.
Das kaiserliche Museum besitzt 8 Exemplare in Spiritus, zwi
schen 4—5 Zoll Totallänge, von Natterer in Barra do Rio negro
gesammelt; alle, bei denen sich noch das Geschlecht ermitteln lässt,
erweisen sich als Weibchen. — Die Schwimmblase läuft wie bei
der vorigen Art in zwei Hörnchen aus, ist aber mit Appendices
behängt, welche von fettähnlicher Masse umhüllt sind; siehe 1. c.
Fig. 8 (im Texte fälschlich Fig. 6).
13. Art: D. kumernlis, m. — Taf. IV, Fig. 6.
Corydoras humeralis Heck. Msci'pt.
Diese Art zeichnet sich schon durch ihr eigenthümliches Profil
aus, der Umriss des Kopfes bildet nämlich sowohl in horizontaler,
wie verticaler Ansicht einen fast gleichen, ziemlich schmalen Spitz
bogen, indem die grösste Höhe vor der Dorsale der grössten Breite
gleich kömmt und das Profil der stumpfspitzigen Schnauze nur bis
hinter die Augen bogenförmig ansteigt, dann aber bis zur Dorsale fast
geradlinig verläuft. Die Seiten der Schnauze gehen mit abgerundeter
Kante in die Kehlfläche über. — Die grösste Höhe (und Breite)
beträgt ’/ 5 der Totallänge, die Entfernung des Dorsalstachels von der
Schnauzenspitze nahezu % derselben. Das Auge ist gross, fast
kreisrund, sein Durchmesser beträgt ‘/ 4 der Kopflänge (bis zur Kie
menspalte gerechnet), der gegenseitige Abstand kaum 1, jener
Ichthyologische Beiträge.
141
vom Schnauzenrande 2Diameter. Die überhäuteten Suborbitalknochen
bilden nur eine sehr schmale Leiste; Wangen und Schnauze bis hin
ter die Narinen sind nackt, ein freies Subnasalschild fehlt, die vor
dere Narine ist eben so weit von der hinteren, wie diese vom Auge
entfernt, jene liegt aber dem Schnauzenrande ziemlich nahe, die oberen
Augenschilder stehen nicht auf, die Stirnfontanelle verlängert sich nach
hinten in eine bis ans Ende des Hinterhauptes reichende Furche;
von ihrem Ende setzt sich der Helm mit stumpfem Kiele fort. Bei
derseits dieses Kieles bemerkt man liier noch eine kleinere ovale
Fontanelle, die bei keiner früheren Art vorkömmt. —Die halb unter
ständige Mundspalte ist enge, der Zwischenkiefer zahnlos, der schmale
Unterkiefer trägt feine, aber sehr wenige Zähnchen. Die halbgefie-
derten oder gefransten Eckbarteln reichen bis unter das Auge, die
vier gleichlangen und durch Wärzchen zottig aussehenden Barteln der
Unterlippe sind an ihrer Basis in ein kurzes Segel verwachsen. Der
Humerusfortsatz verbreitert sich derart, dass seine grösste Höhe der
halben Länge desselben gleichkommt; fast ptlugscharförmig endet er
mit stumpfer Spitze unter dem ersten Seitenschilde, die Körperhaut unter
ihm und hinter der Basis der Pectorale zeigt zwar keinen einfachen
Porus lateralis, ist aber siebartig von zahlreichen, nur äusserst dünn
überhäuteten Löchern durchbohrt (cribrum pectorale). — Die Zahl
der Seitenschilder beträgt 32;das erste, obenan den absteigenden Ast
des Helmes, unten an den Humerusfortsatz anstossende ist das höchste,
aber in seinem Mittelstücke zugleich das schmälste und ohne Haken,
alle folgenden sind schief gestellte mässig hohe und schmale Kamm
schilder mit schwachem Hauptdorne und mehreren Nebenreihen am
Rande vorstehender Spitzen; ihreHöhe (die kaum */ 3 der Körperhöhe
hinter der Dorsale beträgt) bleibt sich bis unter die Fettflosse ziem
lich gleich, nimmt aber dann bis zum letzten am Schwanzende rasch
ab, dagegen werden daselbt die Hauptdornen absolut länger und
stärker. — Die nackte Bucht zwischen Humerus und Helm ist schief
herzförmig, in ihr liegen 2 — 3 rudimentäre Schildchen oder viel
mehr blosse Knochenkerne. Der ziemlich schmale Rücken und die
ganze Untenseite sind nackt, da die Bruslplatten ganz von Haut über
deckt sind.
D. 1/6, P. 1/8, V. 7, A. 12, C. 17.
Der Knochenstrahl der Dorsale und Pectorale ist vor- und rückwärts
gezähnelt, beide fast gerade und gleichlang, erstere reicht lange nicht
142
K n e r.
bis zur Fettflosse zurück, lezterer aber bis an die Basis der Ventrale und
ist beinahe nochmals so lang als der Humerusfortsatz, die Fettflosse
steht der massig entwickelten Anale gegenüber und ist gleich hoch
als lang; am wenigsten ausgebildet sind dieVentr., die kaum über die
nahe hinter ihnen (im Beginne des letzten Drittels der Körperlange)
liegende Analgrube zurückreichen; die Caudale ist gleichlappig, tief
eingeschnitten.
Färbung: Rücken und Seiten röthlich braun, einfarbig, Bauch
seite weisslich, der ganze Fisch summt Flossen ohne Flecken und
Punkte.
Die beiden Spiritus-Exemplare des kaiserlichen Museums von
5" Totallänge stammen ausBarra do Rio negro und sind Weibchen;
bei einem derselben füllen die grossen Eisäcke den grössten Theil
der Bauchhöhle aus. — Die Schwimmblase ähnelt jener von D. (lori-
catus) fimbriatus, ist nicht ahgetheilt, aber länglicher und rings mit
zahlreicheren und längeren Appendices behängt, als bei irgend einer
Art; sie münden tlieils einzeln in die Blase, theils mittelst dickerer
Stämme, die sich dann dendritisch verzweigen.
14. Art: 1). (Oxydoras) stcnopcltis, m. — Taf. IV, Fig. 7.
Corydoras stenopeltis, IIeck. Mserpt.
Mit dieser Art beginnt eigentlich die Reihe jener Doraden, die
auch Valenciennes als eigene Gruppe hervorhebt, welche sich
durch konisch verlängerte und nicht niedergedrückte Schnauze
(nebstbei durch Mangel von Zähnen im Zwischenkiefer) auszeichnet,
aber bei ihm nur die beiden Arten D. carinatus und niger umfasst.
Die Totalgestalt erscheint gestreckt, da die grösste Höhe am
Hinterhaupt nur der Breite vor den Brustflossen gleichkommt und die
konisch zugespitzte Schnauze nur bis zwischen die Äugen rasch auf
steigt, von da an aber der Helm bis zur Dorsale nur wenig mehr sich
erhebt. Die Kopflänge (bis zur Kiemenspalte) beträgt etwas über '/ 4
der Körperlänge, der Abstand der Schnauzenspitze von der Dorsale
aber y 3 der Totallänge; der Durchmesser der grossen fast kreis
runden Augen ist = l / t der Kopflänge (bis zur Kiemenspalte), ihr
Abstand von einander etwas mehr als ‘/ a , von der Schnauzenspitze
1 V'a Diameter. Die Seiten des Kopfes sind bis zum Deckel und die
Schnauze bis zwischen den Augen nackt, die Suborbitalkuochen bil
den nur eine sehr schmale rauhe Leiste, ein aufstehendes Subnasal-
Ichthyologische Beiträge.
143
schild fehlt; die hintere grössere Narine liegt nahe dem Auge, die
vordere gleich weit von diesem wie von der Schnauzenspitze ent
fernt. Die längliche Stirnfontanelle wird seitlich von parallelen Lei
sten begrenzt, die gegen das Hinterhaupt convergiren und zwischen
sich eine bis zur Dorsale sich hinziehende schmale Furche lassen.
Jederseits des durch diese Furche getheilten stumpfen Kieles ist an
der ahgedachten Seitenfläche des Helmes noch wie bei der vorigen
Art eine längliche Seitenfontanelle sichtbar. Der halb unterständige
Mund ist klein: bei zwei Exemplaren sind Zwischen- und Unter
kiefer völlig zahnlos, bei einem dritten aber wenige spitzige Zähnchen
nur in ersterem sichtbar.
Die an der Aussenseite gefiederten Eckbarteln reichen bis
hinter die Brustflossenbasis, die vier gleichlangen Unterlippenbarteln
sind kurz, durch Papillen zottig und an der Basis verwachsen. Der
absteigende Ast des Helmes ist kurz, da das erste Seitenschild weit
hinaufreicht, der ebenfalls nicht bedeutend entwickelte Humerus
fortsatz endet unter dem 1. Seitenschild mit stumpfer Spitze und ist
ungekielt; in der nackten Bucht über ihm liegen flache, rauhe, ziemlich
grosse Schildchen. — Die Zahl der Seitenschilder beträgt 33— 3G,
alle stehen mit Ausnahme des ersten schief nach vorn geneigt, sind
schmale Kammschilder, mit kleinen aber an Grösse sich gleich blei
benden Haupthaken und mehreren Nebenreihen kleiner Dornspitzen
über und unter jenen, durch die der Rand gezähnelt erscheint und
durchwegs so hoch, dass sie den grössten Theil der' Seiten, des
Rumpfes und Schwanzes bedecken. Ausgezeichnet ist dieseArt durch
3 — 6 breite und flache unpaare Schilder, welche die Mitte des
Rückens zwischen der Dorsale und Fettflosse besetzt halten und denen
gegenüber ähnliche (aber schmälere und winkelig gebrochene)
zwischen der Analgrube und Afterflosse liegen; dagegen fehlen solche
Schildchen vor den Stützstrahlen der Caudale. Übrigens ist die ganze
Unterseite nackt, und auch an den Brustplatten überhäutet. — Ein
einfacher Por. lateralis ist hier sehr deutlich sichtbar.
D. 1/6, A. 13 — 14 u. s. w.
Der Stachelstrahl der Dorsale und Pectorale sind fast gerade
und gleichlang und zwar = 1 Kopflänge bis zu Ende der Kiemen
spalte; beide vor- und rückwärts gesägt, die weichen Strahlen der
Dorsale nehmen an Länge derart rasch ab , dass während der erste
noch fast mit dem Stachelstrahl gleichlang ist, die Höhe des letzten
144
K ii e r.
nur % hiervon beträgt. Der Pectoralstaehel reicht nur bis zur Basis
der Ventrale zurück, letzterer bis zum drittletzten Analschilde, da auch
hier die Analgrube zwischen den Bauchflossen (zu Anfang des letzten
Drittels der Körperlänge) liegt. Die Strahlen der Anale reichen bis
zu den Stützen der Caudale, die ihr gegenüber stehende Fettflosse
ist länger als hoch; die im Ganzen kleine Caudale ist tief gahelig
eingeschnitten, der untere etwas längere Lappen endet spitz, der
obere abgerundet.
Färbung: Bückenseite hellbraun, Seiten- und Bauchfläche
weisslich ohne Flecken und Punkte, auch alle Flossen einfarbig mit
Ausnahme eines schwarzen Saumes an der Dorsale, der vom Ende
des ersten Strahles bis zur Spitze des dritten sichtbar ist. — Die beiden
Exemplare von 4" Totallänge, erhielt das kais. Museum durch
Natterer aus dem Rio negro. Die Form der Schwimmblase ähnelt
jener von D. liumeralis, nur endet sie zugespitzter und trägt
weniger zahlreiche Appendices.
15. D. (Oxydorns) carinatus C. V.
Syn. Süurus carinatus Lin. — Doras oxyrrhynhus, Hamb.
Als diese Art glaube ich ein 8” langes Weingeist-Exemplar des
kais. Museums anerkennen zu dürfen, es bietet so viele Überein
stimmungen, dass an der Gleichartigkeit beider wohl nicht zu zweifeln
ist, obwohl es in einigen anderen Punkten wesentlich verschieden
scheint. Zu diesen gehört vor Allen das Vorhandensein von Zähnen
im Zwischen- und Unterkiefer, von denen dieser kleine
Packete, jener allerdings nur wenige und sehr kleine, aber durch ihre
bräunlichen oder weingelben Spitzen schon mit freiem Auge sicht
bare Zähnchen trägt. Valenciennes gibt dagegen von seinemS. ca
rinatus an, er besitze im Zwischenkiefer gar keine Zähne. Ich glaube
jedoch trotz dieser Angabe au der Gleichartigkeit mit unserem Exem
plare nicht zweifeln zu dürfen, da die Zähnchen des Zwischenkiefers
bei ihrer Kleinheit entweder übersehen werden oder vielleicht seinem
trockenen Exemplare wirklich fehlen konnten und alle übrigen Ver
hältnisse, die Valenciennes angibt, völlig übereinstimmen. Ich
beschränke mich daher hier theils darauf, diese hervorzuheben, theils
die Beschreibung durch Angabe solcher Eigentlnimlichkeiten zu
ergänzen, die von jenem Forscher unbeachtet blieben.
Die Dimensionsverhältnisse der Kopflänge und Breite zur Länge
und Höhe des Körpers sind fast genau dieselben wie sie Valen-
Ichthyolog-ische Beitrüge.
145
ciennes angibt. Die stark zugespitzte Schnauze malmt ganz an
mancheMormyrus-Arten, der unterständige Mund und die zottigen in
ein Segel verwachsenen Barteln des Unterkiefers, so wie die queren
Gaumensegel in der Mundhöhle erinnern dagegen an Loricarinen. Die
Eckhartein reichen his zu den Kiemenspalten und tragen nach aussen
und oben 10 —12 Seitenäste, von denen die näher der Spitze ge
legenen einfache Fäden darstellen, jene der Basis des Bartels nahe
entspringenden aber selbst wieder durch längliche Papillen wie halb
gefiedert erscheinen. Das Auge ist auffallend gross und sein oberer
Rand von einem dicken, fetthautähnlichen Augenlide bedeckt; sein
Durchmesser ist 3 y 2 mal in der Kopflänge enthalten, der Abstand
von der Schnauze beträgt 2 1 / i , vom andern Auge aber nicht einen
ganzen Diameter; die Stirn ist daher schmal, die dazwischen liegende
Fontanelle reicht bis hinter die Augen. Der Kopf ist grössten-
theils nackt, der Helm klein, sein Kiel längs der Mittellinie durch
eine Furche getheilt, sein gegen die Seiten absteigender Ast und die
Scapula sind schmal, der Humerusfortsatz aber breit und lang (er
reicht bis unter den 3. — 4. Strahl der Dorsale), nach hinten convex
abgestutzt und längs gefurcht.— Die Zahl der Seitenschilder beträgt
35, sie sind zwar durchgängig schmal und niedrig, aber fast von
Schmetterlingsform, indem ihr ausgeschnittener und gezähnelfer
freier Rand über- und unterhalb des Haupthakens noch einen grossem
Nebendorn trägt; die Grösse der Schilder und Haken nimmt gegen
den Schwanz allmählich ab.
D. 1/6, A. 11, P. 10.
Der Knochenstrahl, sowohl der Dorsale als Peetorale, ist vor und
rückwärts gesägt, erstem* an sich länger als letzterer, trägt über
dies an der Spitze noch einen Hautlappen; der Pectoral-Stachel
reicht kaum his zu den Ventr. zurück, die Fettflosse ist länger als
hoch, die Caudale ziemlich kurz (y, der Totallänge), tief gablig
eingeschnitten und gleichlappig. Die schiefen Linien über und un
ter der Reihe der Haupthaken, welche Valenciennes angibt,
sind an der nackten weichen Haut daselbst sehr deutlich; der
Rücken zwischen Dorsale und Fettflosse ist in der Mittellinie
gefurcht und wie die ganze Unterseite völlig nackt. Die Analgrube
liegt weit vor der Anale zwischen den Ventr. und zeigt eine durch
bohrte Genitalpapilie. Die Bucht zwischen Helm und Humerus ist
gleichfalls völlig nackt; die Haut unterhalb des letzteren zeigt nicht
Sitzb. (1. matliern.-naliirw. CI. XVII. Bd. I. Hfl. tO
146
K n e r.
nur einen grossen Ponis pectoralis, sondern überdies ein langes drei
eckiges Sieb (cribrum) mit zahlreichen grossen Löchern.
Die Färbung ist, wie Valenciennes angibt, an der Rückenseite
gleichmässig braungelb, am Bauche silberig, ohne alle Flecken und
Punkte.
Unser Exemplar stammt aus Surinam und ist ein Weibchen mit
unreifen Eiern, die Schwimmblase gross, einfach, ohne Appendices.
16. Art: D. (Oxydoras) niger C. V.
Ein getrocknetes Exemplar von 15" Totallänge repräsentirt
ohne Zweifel den Gorydoras edentulus Spix, Tab. V, oder B. Hum-
boldtii Ag., somit den echten I). niger Val. Abbildung und Beschrei
bung stimmen derart mit unserm Exemplare überein, dass eine aber
malige vollständige Beschreibung hier unnöthig wäre. Er ähnelt dem
D. carinatus sehr, der Helm ist aber grösser, stumpf gekielt und so
wie die Deckelstücke rauhkörnig; dieFontanelle sehr lang und schmal,
die rauhen Stirnschilder reichen bis weit vor die Augen; vor den
hinteren Narinen steht ein rauhes am Rande gekerbtes Subnasalschild
auf, wovon bei carinatus keine Andeutung sich findet; das Auge ist
viel kleiner, die Mundbarteln, obwohl stark eingetrocknet, konnten
jedoch nie so zottig wie bei der vorigen Art gewesen sein; beide
Kiefern erscheinen in diesem Zustande zahnlos. Die Zahl der Seiten
schilder beträgt 34, und nur hierin findet sich eine bedeutende Ab
weichung von D. niger, für welchen Valenciennes ,die Zahl von 20
angibt; übrigens sind sie von Schmetterlingsform, werden am
Schwänze höher, und die Haken daselbst stärker; in der nackten
Bucht zwischen Helm und Humerus liegen drei rudimentäre rauhe
Schildchen; der Humerusfortsatz ist an seiner Basis hoch, dacht sich
allmählich nach hinten spitzendend ab und trägt einen schwachen
Längskiel. Rücken und Unterseite sind völlig nackt; Strahlenzahl
der Flossen, Bau derselben und alle übrigen Verhältnisse stimmen
völlig mit den Angaben über D. niger, namentlich auch die sehr
lange aber niedere Hautfalte, die sich am Rücken statt der Fettflosse
zeigt. Die Gliederstralilen der Caudale sind hier fast so stark ver
knöchert wie bei D. murica und lithogaster.
Das von Natterer gesammelte Exemplar stammt aus Cujaba,
trägt den Provinzialnamen Focinho deporco und ist als Männchen
bezeichnet.
Ichthyologische Beitrüge.
147
17. Art: D. (Oxydoras) lipophthalmus, m. — Taf. V, Fig. 8.
Corydoras ophthalmus Heck. Mscrpt.
Diese Art zeichnet sich eben so sehr durch die sonderbare
Bildung des Auges wie durch die schwache Beschilderung aus,
steht aber übrigens den vorhergehenden Arten nahe.
Die Schnauze ist stark zugespitzt und compress; das Profil
steigt von der Schnauzenspitze bis zur Stirn zwischen den Augen
rasch an, erreicht aber daselbst seine grösste Höhe und läuft dann fast
geradlinig bis zur Dorsale. Die grösste Breite vor der Peetorale kommt
dieser Kopfhöhe fast gleich, die Entfernung von der Schnauzenspitze
bis zur Dorsale beträgt ‘/ s der Totallänge (bis zu Ende der Stirn
fontanelle i /i l ). Hinter der Dorsale fällt der Rücken gleichmässig bis
zur Caudale ab und die Totalgestalt ist daher sehr gestreckt. Die
grösste Höhe vor der Dorsale beträgt kaum ‘/ 5 der Körper- oder i / e
der Totallänge. — Das Auge erscheint durch einen vorderen und
hinteren meniscusförmigen Fetthautpolster derart eigenthümlich und
vergrössert, dass sein verticaler Durchmesser kaum die Hälfte des
horizontalen ausmacht. Letzterer ist 2 1 / a mal in der Kopflänge (bis zur
Kiemenspalte gerechnet) enthalten, ersterer über S'/oinal; das Auge
steht von der Schnauzenspitze etwas mehr als zwei, vom anderen und
vom Scapularrande aber nur einen kleineren Durchmesser ab. Nach
hinten bildet den Fettpolster eine Duplicatur, welche den hinteren Rand
der Augenhöhle überdeckt und gleich diesem halbkreisförmig ist, der
vordere Meniscus verlängert sich aber, endet in einen spitzen Augen
winkel und gellt ohne eine Duplicatur oder Einfalzung zu bilden,
unmittelbar in die nackte Kopfhaut über; die Augenspalte hat daher
eine längliche Birnform , deren Spitze nach vorne gerichtet ist.
Schnauze, Stirn und Wangen sind völlig nackt, auch die verkümmer
ten Suborbital- und Nasalschilder, blos ein Theil des Deckels ragt
frei aus der Haut vor. Die Fontanelle nimmt fast die ganze Stirn-
breite zwischen den Augen ein und wird beiderseits nur von einem
schmalen Saume rauher Kopfschilder begrenzt; sie endet zugespitzt
ziemlich weit hinter den Augen. Die hintere Narine liegt dem Auge
sehr nahe, die vordere zwar einen kleinen Augendiameter davon ent
fernt, aber gleichfalls noch näher jenem als dem Schnauzenrande. Der
ganze Helm ist sehr schwach entwickelt und grossentheils seihst
überhäutet; der Mund halbunterständig, der Zwischenkiefer rudi
mentär, völlig zahnlos, die schmalen rechtwinklig abgestutzten Unter-
10*
148
K n e r.
kieferäste tragen kleine Gruppen fast mikroskopisch feiner Zähnchen
mit braunen Spitzen, clie fleischige Oberlippe geht in die nach aussen
gefiederten Eckbarteln über, die mitunter bis zur Kiemenspalte rei
chen. Die vier Kinnbarteln sind kurz, gleichlang, durch dicht stehende
längliche Papillen zottig und an der Basis in ein Segel verwachsen,
welches seitlich mit einer breiten Falte an die Eckbarteln sich
fortsetzt.
Die Scapula ist blos am Winkel der Kiemenspalte nicht über
häutet, der Humerusfortsatz nur doppelt so lang als hoch, nach hin
ten breit und schief ahgestutzt. Die Zahl der Seitenschilder beträgt
37—38, sie sind durchaus schwach entwickelt, niedrig, namentlich
die vorderen, hei welchen fast nur die Haupthaken und ein Theil der
Ränder mit ihren flachen Nebendornen aus der Haut vorragen, am
Schwänze werden sie deutlicher, höher, die Haken stärker und ihre
Form mehr schmetterlingähnlich.
Eine abgeschlossene Bucht zwischen Helm und Humerus fehlt
hier, indem sowohl der absteigende Ast des Helmes wie das erste
Seitenschild überhäutet ist und auch der Humerus nicht bis an letzteres
reicht. Der grösste Theil der Seiten, so wie der abgerundete Rücken
und die ganze Unterseite sind demnach nackt, auch fehlen unpaarige
Schildchen vor beiden Caudallappen.
D. 1/6, P. 1/9, V. 1/6, A. 12, C. 17.
Der Knochenstrahl der D. und P. ist vor- und rückwärts
gesägt, beide aber nach vorne ungleich schwächer, der Dorsalstachel
ist von allen Flossenstrahlen der längste, seine Länge gleich dem
Abstande des hinteren Augenrandes von der Schnauzenspitze, er ist
völlig gerade und nahe seiner Spitze noch durch einen zugespitzten
Hautlappen verlängert; nach hinten ist die Rückenflosse sehr schief
abgestutzt, so dass die letzten Strahlen drei- bis viermal niederer als
die ersten sind.
Nächst dem Stachelstrahle der D. ist jener der P. der längste
und reicht bis an die Basis der Ventrale zurück. Die Analgrube
liegt letztem sehr nahe und weit vor der Anale, welche der Fettflosse
gegenüber steht und die kürzesten Strahlen unter allen Flossen besitzt.
Die Caudale ist tief, über die Hälfte eingeschnitten, gleichlappig, an
beiden Lappen abgerundet; die nahe vor ihr stehende Fettflosse ist
klein aber höher als lang. — Alle Exemplare zeigen unter dem
Humerusfortsatze eine dreieckig siebartig durchlöcherte Stelle, die nur
Iehthyologisehe Beiträge. 149
mit durchsichtig dünner Haut überdeckt ist und überdies einen
wahren Portes pectoralis.
Färbung. Gleichmässig braunröthlich, nur Kehle, Brust und
Bauch bis zur Analgrube weisslich, der ganze Körper und alleFlossen
ungefleckt und ohne Ränder.
Das kais. Museum besitzt vier in Spiritus aufbewahrte Exemplare
bis zu 7y a Totallänge, alle aus dem Rio negro und sämmtlich als
Männchen durch ihre halb geflederten Testes erkennbar, deren Aus
führungsgang vor der Harnblase verläuft (Fig. 10 a in natürlicher
Grösse). — Die Schwimmblase (1. c. Fig. 3) ist länglich, herzförmig,
einfach, mit zahlreichen Appendices behängt, besonders zu beiden
Seiten des Vorderendes, wo die knorpeligen Knöpfchen der da
selbst knieförmig eingebogenen Arme des Druckfederapparates sich
anlegen.
18. Art: D. (Oxydoras) d’Orbigny Kröyer *) — Taf. V, Fig. 9.
Diese Art steht vor allen anderen dieser Gruppe durch die Klein
heit der Augen ausgezeichnet da, ist aber sehr schwer in eine natür
liche Reihenfolge mit ihnen zu bringen, da sie übrigens Merkmale ver
schiedener Arten in sich vereinigt.—DasProfil steigt bis zurDorsale
gleichmässig an, so dass daselbst die grösste Körperhöhe sich befin
det. Die Kopflänge bis zur Dorsale beträgt nicht ein volles Drittel der
Totallänge. Schnauze, Wangen- und Deekelstücke sind überhäutet,
der Helm erscheint nicht körnig rauh, sondern durch erhabene Linien
uneben. Die grosse und längliche Stirnfontanelle wird bis zu ihrem
vorderen Ende von schmalen Stirnschildern eingesäumt und setzt sich
wie bei D. stenopeltis als sehr schmale Furche bis zur Dorsale fort.
Die sehr kleinen Augen sind glatt überhäutet (ohne Einfalzung), die
Augenspalte länglich, der Abstand der Augen von einander beträgt
fast 3 Diameter, vom Schnauzenrande 4 und eben so viel von der
Kiemenspalte; die Suborbitalknochen sind verkümmert der Ramus
supra- und infraorbitatis des Kopfcanals aber sehr deutlich; die
beiden Narinen weit von einander entfernt, ein vorstehendes Subna
salschild fehlt. Die Mundspalte ist ziemlich breit, halb unterständig,
Lappen- und Kinnbarteln sind durch Papillen zottig, letztere aber bis
D Heckei citirt in seinem Manuseript diesen Autor, glaubt aber selbst, es berube
dieses Citat nur auf einer mündlichen Mittheilung K r o y e r’s, eine Abbildung
oder Beschreibung dieser Art ist mindestens nicht aufzufinden.
150
K ii e r.
zur Basis frei, nicht in ein Segel verwa ch sen, gleichlang, die
äusserst fein gefransten Eckbarteln reichen nicht bis zur Kiemenspalte,
sehr feine Zäbne stellen im Zwischen- und Unterkiefer.—-
Der massig grosse Humerusfortsalz bildet ein ungleichseitiges Dreieck,
dessen längere Kathete sich mit der Basis unter einen spitzigen Win
kel schneidet. Die Zahl der Seitenschilder beträgt 29 ; sie sind von
Schmetterlingsform, mit einfacher Hakenreihe und wenig gezähnelten
Hinterrändern versehen und durchaus ziemlich niedrig aber fast gleich
hoch, erst am Ende des Schwanzes werden sie niederer, während
jedoch die Haken auch hier noch gleich stark bleiben.
D. 1/6, A. 12.
Der Dorsalstachel ist kurz, stark, säbelförmig gekrümmt, vor-
und rückwärts grob gezähnt; jener der P. übertritft den vorigen an
Länge, reicht aber auch nur bis unter das vierte oder fünfte Seitenschild
und folglich bei weitem nicht bis an die V. zurück, er ist schwächer
gebogen, aber gröber gezähnt als der Dorsalstachel. Die Basis der V. ist
fast fettflossenähnlich, ihre ersten Strahlen namentlich sind völlig über-
hüllt. DieCaudale ist gleichlappig, tiefgablig eingeschnitten, ihre End
strahlen mit demPectoral-Stachel fast gleichlang. Der hinter derDor-
Sale rundliche Rücken erhebt sieb vor derFettflosse keilartig und gebt
unmerklich in diese über, deren Basis dadurch sehr lang erscheint;
hinter ihr fällt der Rücken gegen dieCaudale stark ab und ist daselbst
mit einer Reibe flacher, unpaarer Schilder besetzt, die immer
kleiner werdend, in die Stützen des oberenCaudallappens übergehen;
das gleiche findet an der Unterseite zwischen Anale und Caudale
Statt.— Die Aftergrube liegt der Anale etwas näher als den V., die nur
mit ihren längsten Strahlen bis zu ihr reichen. Rücken und Bauch
seite sind übrigens nackt; ein einfacher kleiner Porus lateralis ist
vorhanden.
Färbung. Rücken hellbräunlich, Seiten und Bauch weisslich,
Dorsale und Caudale sind deutlich dunkel gefleckt.
Das einzige Spiritus-Exemplar des kais. Museums stammtaus dem
Rio de laPlata und ist ein Männchen; die Schwimmblase abgetheilt
und ohne Appendices. Merkwürdig ist die enorme Ausdehnung des
Magens und die massenhafte Fettablagerung in der Bauchhöhle, wel
che dieses Exemplar als wahren Dickbauch erscheinen lässt und die,
da mir Ähnliches noch bei keinem Fische vorkam, wohl nur als krank
hafter Zustand sich deuten lässt. Das Erfülltsein des Darmcanals mit
Ichthyologische Beiträge.
151
Schlamm und Sand, das sich hier wie bei anderen Spiritus-Exemplaren
vorfindet, zeigt, dass sich diese Fische ihre Nahrung vorzüglich aus
schlammigem Grunde holen; ihr mehrfach gewundener Darm und die
schwache, zum Theile mangelhafte Bezahnung sprechen in gleicher
Weise dafür, dass sie sich nicht vom Raube grösserer Thiere nähren.
III. Über die Siluroiden-Gattungen Plotosus, Saccobranehus, Trichomy-
cterus C. V. und Pareiodon nov. gen.
Das Interesse, welches das Studium der grossen Siluroiden-
Familie gewährt, wird insbesondere dadurch erhöht, dass vielleicht bei
keiner andern Familie dieser formenspottenden Classe eine grössere
Mannigfaltigkeit überrascht, und gleichwohl jede Gattung durch ganz
besondere Eigenthiimlichkeiten als eine wahrhaft natürliche systema
tische Einheit, von den übrigen streng geschieden und doch wieder
durch vielfache Fäden mit ihnen verbunden erscheint. Nur sind
freilich die Fäden oft schwer herauszufinden, die zum nächsten Ver-
bindungsgliede führen. So ist dies namentlich auch mit den drei oben
zuerst genannten Gattungen der Fall, über deren Familien-Verwandt-
schaft zwar kein Zweifel bestehen kann, deren Anreihung aber an
ihre wahrhaft nächst verwandten Glieder allerdings schwierig ist.
Was zunächst die ostindisclie Gattung Plotosus betrifft, so über
gehe ich die ausführliche Beschreibung derselben, da die in der
Ilistoire des poissons enthaltene ohnehin zu den gelungensten dieses
grossartigen Werkes gehört, und will mich hier nur auf die Bespre
chung solcher Verhältnisse beschränken, welche auf die systematische
Stellung derselben Bezug haben, und nächstdem auf die Erörterung
einiger Eigenthümlichkeiten des Baues, die zwar tlieils schon bekannt,
allein in ihrer Deutung noch räthselhaft sind, theils aber auch solcher,
die ich noch nirgends erwähnt finde.
Die Gattung Plotosus steht scharf abgegrenzt von den übrigen
Siluroidcn da: durch die grosse Ausdehnung ihrer unpaarigen
peripherischen Flossen, die eigenthümliche Bezahnung
des Vom er und das räth seih afte dendritische Organ hinter
der Genitalpapille. Die völlig nackte Haut, der Mangel eines Helmes,
der lange, stark compresse Schwanz, die dem Unterkiefer parallele
tiefe Kehlfalte, die verkümmerten Oberkiefer, die schwachen Stacheln
der Rücken- und Brustflosse bringen sie den echt typischen Welsen
152
K n e r.
nahe; die acht Bartfäden um den Mund, die weite Kiemenspalte u. s. w.
theilt sie mit vielen anderen Siluroiden. Hier sollen zunächst nur die
angeführten charakteristischen Merkmale und einige andere Verhält
nisse näher betrachtet werden, und zwar beziehen sich die folgenden
Angaben insbesondere auf die, wie es scheint, am häufigsten vorkom
mende Art: Plotosus lineatus.
Die bald hinter der ersten wenig strahligen Dorsale im zweiten
Drittel der Totallänge beginnende zweite Rückenflosse bildet mit der
abgerundeten Caudale und der Anale eine continuirliche, den grössten
Theil des Leibes umspannende Flosse, die an der Bauchseite unmit
telbar hinter dem dendritischen Organe endet, ohne aber damit in
Zusammenhang zu stehen. Unter den übrigen Flossen sind die
weichen Strahlen der Dorsale und Pectorale gleichlang, ihre Stacheln
aber um vieles kürzer; jener der Dorsale ist vorne und hinten mit
nach abwärts gerichteten Zähnen besetzt, jener der Pectorale mit
nach vorwärts sehenden, beide Stacheln sind aber überhäutet und an
der Oberfläche durch schiefe Linien gefurcht. Die halb unterständige
Stellung des Mundes wird durch das Überragen der fleischigen Ober
lippe bedingt, welche so wie die untere zahlreiche Radialfalten und
Papillen um den Mund bildet. Die von diesen überdeckten Zähne
des Zwischen- und Unterkiefers sind konisch, stehen in 2—3 nicht
gedrängten Reihen und sind ungleich gross, die der vorderen Reihe
am grössten. Sowohl im Zwischen- als Unterkiefer erhebt sich hinter
der letzten Zahnreihe eine ihr parallele Schleimhautfalte, deren Rand
mit rundlichen Wärzchen besetzt ist und das Ansehen gewährt, als
stände hier noch eine Zahnreihe. Der breite Vomer trägt ebenfalls
eine dreifache Reihe ähnlicher Zähne, die nur stumpfer, zum Theil
selbst abgerundet (Pflasterzähnen ähnlich) erscheinen und unter
denen ein unpaariger, mittlerer in der hintersten Reihe
sich durch Grosse vor den übrigen auszeichnet. Ringsum
die Zahnbinde des Vomer stehen ebenfalls 'Reihen von Schleimhaut
papillen, die hei flüchtiger Betrachtung auch für Zahnreihen ange
sehen werden können und von denen namentlich die hinter dem
Vomer befindlichen die Form länglicher Pflasterzähne annehmen.
Alle diese Wärzchenreihen dürften wohl mit einer Geschmacksfunc
tion betraut sein. Die das Zungenbein überkleidende Haut ist dagegen
völlig glatt und eine frei vorragende Zunge fehlt. Die Narinen sind
äusserst klein, die hintere an der Basis der oberen oder Nasenbarteln,
Ichthyologische Beiträge.
153
die vordere am Rande der Schnauze befindlich. Die acht Bartfäden sind
nahezu gleichlang, ihre Länge übrigens variabel. Die Kiemenspalte
reicht an der Kehlseite bis zum Isthmus, nach oben und hinten weit
über die Brustflossenbasis bis zur Höhe des Auges. Letzteres ist im
Vergleich zu vielen anderen Siluroiden gross; der gegenseitige
Abstand der Augen beträgt 2y a , jener vom Schnauzenrande etwas
über 2, von der Kiemenspalte 3 Diameter.
In Betreff des mehrfach erwähnten dendritischen Organs hinter
der Genitalpapille habe ich der in der Histoire des poissons enthal
tenen Beschreibung desselben nur wenig beizufügen. Es kommt bei
den Geschlechtern zu und tritt mittelst eines sehnigen Stieles aus
einer eigenen, frei in die Bauchhöhle führenden Öffnung hinter der
Urogenitalpapille hervor. Alsbald tbeilt sich der sehnige Stiel in
zwei Hauptstämme, die sich weiter verzweigend zu einer Quaste von
Hautläppchen ausbreiten. Dieses Organ erhält hiedurch eine formelle
Ähnlichkeit mit den äusseren Kiemenbüscheln der perennibranchiaten
Amphibien, mahnt aber in jeder Hinsicht zunächst an ähnliche Quas
ten, die bei Blcnnien Vorkommen, daselbst aber zum Tlieile als
Geschlechtsunterschied auftreten ‘) und dann nur den Männchen
eigen sind, auch nicht auf einem eigenen aus der durchbohrten Bauch
wand vortretenden Stiele aufsitzen, sondern vielmehr mit den ersten
Stacheln der Anale in Verbindung stehen. Innerhalb der Bauch
wandungen verläuft, wie auch Valenciennes beschreibt, der seh
nige Stiel eine kurze Strecke ungetheilt und schief nach vorwärts
und spaltet sich dann in zwei Wurzeln, die sich an die Enden des
letzten, keine Rippen mehr tragenden Bauchwirbels anheften. Dieser
Wirbel ist dadurch ausgezeichnet, dass die Enden seiner nach abwärts
gerichteten Fortsätze durch ein queres Knochenplättchen, wie durch
eine Brücke verbunden sind, so dass zwischen dieser und dem Wirbel
körper ein kurzer Canal gebildet wird, in welchem die grossen
Gefässe verlaufen. An allen vorhergehenden Bauchwirbeln fehlt
diese Querverbindung der unteren Bogensehenkel und somit auch der
hiedurch gebildete Canal zum Durchgänge der Gefässe; die Quer-
*) Prof. Hyrtl gibt in seinen Beitrügen zur Morphologie der Urogenitalorgane der
Fische (Denkschr. d. kais. Akad. d. W. 1850, I. Bd.) an, dass hei Bienmus gattoru-
gine beide Geschlechter dieses Fransenorgan besitzen , dagegen finde ich es hei
der Süsswasser-Species Bl. eagnota nur als Attribut der Männchen.
154
K n e r.
brücke jenes Wirbels scheint demnach einzig den Zweck zu haben,
dem Stiele des dendritischen Organs als Stützpunkt zu dienen. Über
die physiologische Bedeutung dieses Organs enthalte ich mich jeder
Meinungsäusserung und glaube, dass nur Beobachtungen an lebenden
Thieren hierüber Aufschluss geben können.
Zu den bereits von Valenciennes angeführten Daten über
die Splanchnologie dieser Gattung ist ebenfalls nur weniges beizu
fügen. Von besonderem Interesse erscheint namentlich der schon
jenem grossen Forscher bekannte Umstand, dass die zwar geräumige
Bauchhöhle doch nicht allein die Eingeweide aufnimmt, sondern vorne
beiderseits Seitenbuchten bildet, welche von grossen Lappen der
Leber ausgefüllt werden. An das hintere Ende dieser Lappen und
von ihnen durch Peritoneum als Scheidewand getrennt, stossen andere
drüsige Gebilde (Renes succentur), die aber bereits ausserhalb der
Bauchhöhle liegen. Bei der folgenden Gattung Saccobranclius wie
derholt sich diese Eigenthiimlichkeit, wie Prof. Hyrtl zuerst an ihr
beobachtete (s. Sitzungsberichte der kais. Akad. der Wiss. 1853,
XI. Bd., 2. Hft.), in ähnlicherWeise, und dieser Umstand scheint
mir in der Tliat sehr für die nahe Verwandtschaft beider Gattungen
zu sprechen 1 ). Die Hoden der Männchen stellen schmale bandartige
Streifen vor, die am inneren Rande feinlappig eingescbnitten sind und
vor der Genitalpapille sieb in einen gemeinsamen Ductus vereinigen;
sie ähneln jenen der Gattung Boras und liegen zu beiden Seiten der
langen Harnblase, deren Urethra sich auch bis zur Urog'enitalpapiile
verfolgfen lässt. Die Ovarien der Weibchen, deren Valenciennes
keine untersucht zu haben scheint, stellen schmale geschlossene
Säcke vor, die weiter nach vorne als die Harnblase reichen und sich
ebenfalls in einen gemeinsamen Ausführungsgang vereinigen, der in
die Geschlechtspapille eintritt. Die Mündungen an letzterer konnte
ich bei dieser Art ebenso wenig wie Valenciennes mit Sicherheit
erkennen, und namentlich nicht, ob ein einfaches oder doppeltes
l ) Als etwas Auffallendes glaube ich erwähnen zu dürfen, dass unter den Exem
plaren des kais. Museums mehrere und zwar meist Weibchen, von verschiedenen
Fundorten stammend, sich mit einem Prolapsus intestini recti vorfinden, der bei
einem Individuum sogar in eine mehr als zoll-lange Darmumstülpung überging. Mög
lich, dass dieser Zustand erst im Momente des Todes sich einstellt, dass er aber hier
nicht selten und leichter als bei anderen Fischen eintreten mag, scheint in der Weite
de» Arms und der geringen Fixirung des Darms mittelst einer nur sehr zarten
Mesenterialfalte begründet zu sein.
Ichthyologische Beiträge.
155
Ostium (für Harn- und Sexualstoffe) vorhanden sei. Bei einer andern
Art (Pi. canius) sah ich aber ganz deutlich, dass die Spitze durch
bohrt ist, und durch Compression der Bauchwände Hess sich Fluidum
in die Basis der Papille eintreiben, welches sodann unter Erection
der letzteren an der Spitze hervortrat. Männchen und Weibchen
zeigen übrigens keinerlei äussere Geschlechtsunterschiede. Der bei
allen Exemplaren sichtbare Porus lateralis stellt zwar nur ein sehr
kleines rundes Loch über der Peetoralbasis dar, doch gelingt es, Luft
in denselben einzublasen und wieder durch ihn zu entleeren.
Das Skelet, welches ich leider nur von einem kleinen Exemplare
untersuchen konnte, zeigt gleichfalls einige erwähnenswertbe Eigen
heiten. Die Schädelknochen bilden eine zusammenhängende Kapsel,
eine wahre Fontanelle fehlt, indem zwischen den vorderen Stirnbeinen
zwar eine grosse längliche Vertiefung vorhanden ist, die aber einen
dünnen, knöchernen Boden besitzt; Suborbitalknochen fehlen. Die
Oberkiefer sind zu Bartelknochen umgebildet; vor ihrem Gelenkende
erhebt sich ein dreieckiges Nasenbeinchen; die Unterkieferäste hän
gen in der Mitte nur durch Bänder zusammen, Deckelstücke sind blos
zwei entwickelt, Kiemenbögen vier; der erste derselben ist mit längeren
dornförmigen Hechelzähnen besetzt, die folgenden mit kurzen geraden
in einander greifenden Zähnchen. Die unteren Schlundknochen tragen
nebst einer Beihe von längeren spitzen noch eine zweite von fast
mikroskopisch kleinen Zähnen, an den oberen Schlundknochen stehen
etwas stärkere Hechelzähne in l 1 /, Reihen. — Die Zahl der Kiemen
strahlen beträgt jederseits 12, die der Brust- und Bauchwirbel mit
Einschluss des „grossen“ Wirbels ebenfalls 12, doch scheint letzterer,
wie sich aus seinen drei quer abstehenden Fortsätzen (Apopliysen)
schliessen lässt, wohl aus der Verwachsung von drei Wirbeln hervorzu
gehen. Der zweite und dritte auf diesen folgende Wirbel bildet bei
derseits der Dorsalstützen einen aufstehenden Dornfortsatz (Mahnung
an Loricarien), die Dornfortsätze der hierauf folgenden sechs Wirbel
sind bereits einfach; vom siebenten angefangen beginnt die zweite
Dorsale. Rippentragende Wirbel zähle ich sieben, Schwanzwirbel 45,
alle mit langen, dünnen, oberen und unteren Dornfortsätzen versehen,
der letzte nicht fächerförmig verbreitert. Unter der vorderen Apophyse
des grossen Wirbels fand ich linkerseits zwei kleine Knöchelchen
hinter einander gelagert, die an das Hinterhaupt angrenzen und wohl
als Gehörknöchelchen zu deuten sein dürften, rechterseits gingen sie
156
Kn tr.
beim Skeletiren dieses kleinen Exemplars verloren. Der Brustflossen
gürtel ist kräftig, die durch Natli verbundenen breiten Brustplatten
(claviciilae) liegen aber tief von Haut und Muskeln überdeckt. Die
Bauchflossen sind ausser Zusammenhang mit dem übrigen Skelete
und nur an dünne flache Beckenknoclien eingelenkt, deren jeder
vorne in zwei Spitzen ausläuft.
Von einer zweiten Art, von der das kaiserliche Museum zweiMänn-
clien aus Borneo in Spiritus aufbewahrt, und ein trockenes nahe an
2‘ langes Exemplar besitzt und die ich für P.canius Bucha n. halte *)>
will ich hier nur solche Differenzen anführen, die ich in der Hist, des
poisso?is nicht angegeben finde. Kiefern- und Vorderzähne sind
stumpfer, namentlich letztere fast kugelige Pflasterzähne, die eine aus
drei Reihen bestehende halbmondförmige Gruppe bilden, und unter
denen die der letzten Reihe die grössten von allen
Zähnen sind. Die längliche hintere Narine liegt weiter als bei
lineatus vom Nasenbartel entfernt, die vordere steht als kurzes
Röhrchen am Schnauzenrande auf. Das dendritische Organ ist bedeu
tend kleiner, die Genitalpapille dagegen grösser, und ihre Spitze hier
ganz deutlich durchbohrt. Die Hoden sind nicht lappig eingeschnitten,
sondern von schmaler ganzrandiger Bandform. Der Darm macht vier
rechts gelegene Biegungen , bevor er in den weiten geraden After
darm übergeht; die Leberlappen der Bauchhöhle sind kürzer, die
Seitenbuchten der letzteren beginnen weiter nach vorn als bei lineatus.
Der Poms lateralis ist auffallend gross, man sieht durch ihn in
den Hohlraum hinein und gewahrt in dessen Wandung am Grunde ein
drüsiges Gebilde eingesenkt (dasselbe fand ich nachträglich auch bei
Plot, lineatus und Bunoceplialus).
Bemerkenswerth ist endlich noch die starke Entwickelung des
Seitencanals oberhalb der Brustflossen, von welchem dünne gebogene
Seitenröhrchen sich nach abwärts fortsetzen, und die noch stärkere
Ausbildung der Kopfcanäle, welche über die Deckelstücke und bis
über den hinteren Augenrand lange, zum Theile sich verästelnde
Seitenzweige senden; am Oberkopf sind diese Canäle undeutlich und
nur die Porenreihen sichtbar.
Ein drittes ganz gleichmüssig auch an der Bauchseite und den V. schwärzlich
gefärbtes Exemplar in Weingeist lässt unsicher, ob es etwa nur Farbenvarietät
sei, »»der vielleicht Plot, uni colo r K. & v. II. vorstelle.
Ichthyologische Beiträge.
1S7
Was die systematische Stellung der gleichfalls indischen Gattung
Saccobranchm oder Heteropneustes anhelangt, so reiht sie Valen-
ciennes zwischen Heterobranchus und Plotosus ein, und es scheint
dieser in der That ihr geeignetester Platz zu sein, da namentlich,
wie schon erwähnt wurde, die Eigenthümlichkeit der Seitenbuchten
der Bauchhöhle sie der Gattung Plotosus zunächst bringt. Um jedoch
zu zeigen, wie sie sich gleichwohl auch von letzterer wieder wesent
lich unterscheidet, erlaube ich mir statt einer weitläufigen Beschreibung
nur folgende Punkte hervorzuheben. — Der stark depresse kleine Kopf
ist mit flachen, rauhkörnigen Schildern bedeckt, die nur eine grosse
vordere Stirnfontanelle frei lassen und am Hinterhaupte in drei Spitzen
(die interparietale und jederseits eine seitliche) auslaufen. Zwischen
diesen drei Spitzen bildet der Rand des Helmes beiderseits eine halb
mondförmige Einbuchtung, in welche man durch einen Einschnitt in
den darunter liegenden Luftsack gelangt, der bis zur Dorsale zurück
reicht. Die gleichlangen Kiefer sind mit Sammtzähnen besetzt, die
Oberkiefer rudimentär, die Augen ziemlich gross, fast senkrecht
stehend. Die Narinen verhalten sich wie bei Plotosus: Ausser
den Nasenbarteln kommen noch zwei unter einander stehende an
jedem Mundwinkel und eins jederseits am Unterkiefer vor, alle acht
fast von gleicher, übrigens variabler Länge; die Kiemenspalte reicht
bis zum Isthmus. Die Brustflossen besitzen einen mässig starken
Stachel, der wie hei Plotosus gefurcht ist, dessen Zähnchen jedoch
am äusseren Rande kaum sichtbar vorstehen; der nur sechsstrahligen
Dorsale fehlt ein Stachel. Eine mächtige Entwickelung zeigt dagegen
die Afterflosse, bezüglich derer diese Gattung an Aspreclo mahnt,
indem sie unter dem Ende der D. beginnt, fast 2 / 3 der Totallänge
einnimmt und bis zur Caudale reicht, ohne aber in sie unmittelbar
überzugehen. Die von Haut nicht überdeckten Brustplatten sind breit,
in der Mittellinie durch Nath verbunden, der ganze übrige Leih
nackthäutig. Von einem Porus lateralis ist keine Spur; die
Seitenlinie wenig markirt, mit Ausnahme ihrer vordersten Partie,
woselbst der Seitencanal an Weite zunimmt und mit einfachen Poren
oder sehr kurzen nach rückwärts geneigten Nebenröhrchen mündet,
die aber nur gegen die Bauchseite zu ahgehen. Unter den seitlichen
Spitzen des Helmes geht er in den Kopfcanal über und zeigt daselbst
die grösste Weite; am Kopfe lässt sich der Verlauf der Canäle mit
Ausnahme einzelner Poren an den nackten Deckelstücken und Wangen
K n e r.
158
nicht weiter verfolgen. — Die Sexualöffnung bildet bei Weibchen
eine längliche Spalte, bei Männchen liegt sie an der Spitze der
ziemlich langen konischen Papille. Die Seitenbuchten der Bauchhöhle
liegen weiter vorne und sind viel kleiner als bei Plotosus; fernere
Unterschiede von diesem bieten der vielfach gewundene dünne Darm
und die grosse Harnblase. Dagegen besitzt Saccobranchus ebenfalls
am Rande lappig eingeschnittene paarige Hoden, welche fast die
ganze Länge der Bauchhöhle einnehmen und den hinter (über) ihnen
befindlichen gleichfalls langen Nieren anliegen.
Ungleich schwieriger noch als die beiden vorhergehenden ist
die südamerikanische Gattung Tricliomycterus im Systeme einzu
reihen. Diese Schwierigkeit anerkennt auch Valenciennes, indem
er sie gleichsam nur als Anhang zu den Siluroiden stellt und früher
sogar geneigt war, sie mit Cobitis in eine Gruppe zu vereinigen.
Allerdings ist eine oberflächliche Ähnlichkeit zwischen beiden bezüg
lich der Totalform und namentlich der Barteln und Flossenbildung
nicht zu bestreiten; auch wird jeder Ichthyolog fühlen, dass die
Gattung Cobitis und ihre nächsten Verwandten eine exceptionelle
Stellung in der Familie der Cyprinoiden einnehmen; dennoch ist die
Verwandtschaft zwischen Tricliomycterus und Cobitis zu gering, um
sie etwa in eine Gruppe zusammenstellen zu dürfen, daher auch
Valenciennes mit Recht von seiner früheren Ansicht abkam.
Tricliomycterus erweist sich als echter Siluroid: durch depressen
Kopf, indem die grösste Höhe des Fisches über den Bauchflossen
seiner grössten Breite vor den Brustflossen gleichkommt; durch end
ständigen Mund mit nur wenig überragendem Oberkiefer, durch
schmale Binden von Sammtzähnen im Zwischen- und Unterkiefer,
verkümmerte Oberkiefer, die an die Mundwinkel zurückgedrängt jeder-
seits zur Anheftung der Eckbarteln dienen (sie sind somit auch hier
Bartelstützen und nicht blos Fortsätze der Lippen wie bei Cobitis).
Von den Eckbarteln zieht sich gegen den Unterkiefer eine breite
Hautfalte herab, die sich zum Theile (bei unserem Männchen) in ein
kurzes Bartel verlängert. Die Unterkiefer selbst sind bartellos,
dagegen erheben sich am Aussenrande der vorderen Narine jenen
des Mundes ähnliche Barteln von variabler Länge und sogar unsym
metrisch (bei unserem Männchen ist mindestens das rechte viel
Ichthyologische Beiträge.
139
länger und stärker als das linke und gibt hierin den Eckbarteln
nichts nach). Die den meisten Siluroiden zukommende Kehlfalte
ist hier relativ schwach und seicht, die Kiemenspalte weit, nach
vorne bis zum Isthmus geöffnet, nach hinten und oben bis zur Höhe
des oberen Augenrandes. Nicht minder bezeichnen ihn als Siluroiden
die kleinen überhäuteten Augen, die Nacktheit der Haut und der
Mangel eines Suboperculum. Die spitzen Dornen und Zähnchen, mit
denen die Oberfläche der übrigen Deckelstücke besetzt ist, und die
aus der dicken Kopfhaut wie ein wieder nachwachsender Bart vor
ragen, erinnern dagegen insbesondere an viele Loricaten, mit denen
diese Gattung auch den Mangel einer Schwimmblase theilt. Dass ihr
Zähne am Vorner, den Gaumenbeinen und der Zunge fehlen, dess-
gleichen ein Porus lateralis hat sie mit mehreren Siluroiden gemein.
Dagegen unterscheidet sie sich durch den Mangel einer Fettflosse
von sehr vielen, durch den eines Stachelstrahles in der Rücken- und
Brustflosse von den meisten und durch das Fehlen einer Seiten
linie von allen mir bisher genauer bekannten Siluroiden; eben so
sind die zahlreichen obern und untern Stützstrahlen der
Schwanzflosse, die man als mit ihr verschmolzene zweite D. und
A. deuten könnte, und die von sich durchkreuzenden Run
zeln durchzogene Haut dieser Gattung eigenthümlich ‘).
Männchen und Weibchen unterscheiden sich schon äusserlich
leicht von einander, indem erstere eine Penis ähnliche, durchbohrte
Genitalpapille besitzen, letztere eine von wulstigen Rändern umgebene
Grube (vulva), in deren Centro die vertiefte Sexualmündung liegt 2 ).
Eierstöcke und Hoden scheinen unpaarig, bestehen aber
beide aus unsymmetrisch entwickelten und mitsammen
verschmolzenen Hälften. Die Eierstöcke sind geschlossene
Säcke, von denen der linke, viel längere und grössere, die ganze Länge
derBauclihöhle einnimmt, und bis an den Leberlappen anstösst, wäh
rend der rechte ungleich kürzer, und wohl auch desshalb weniger
*) Dass die Runzeln durch ein inaschiges Gewebe bewirkt werden, welches unter dein
Mikroskope aus mit öliger Flüssigkeit gefüllten Zellen besteht, wie Valenciennes
angibt, konnte ich an unseren Exemplaren nicht untersuchen.
2 ) Ob auch noch andere äussere Sexualunterschiede constant sind, wie z. B. die stärkere
Bedornung der Deckelstücke und die längeren Nasenbarteln , durch welche unser
Männchen sich auszeichnet, ist bei dem Umstande, dass von jedem Sexus nur ein
Exemplar vorliegt, wohl nicht mit Sicherheit zu behaupten.
IGO
K n c r.
entwickelt ist, da an dieserSeite derDarmcanal verläuft und zwar zwei
Windungen bildet, bevor er in den geraden Afterdarm übergeht. Beide
Ovarien unseres Weibchens strotzten von Tausenden kleiner Eier, die
aber nach der turgescirenden Vulva und der starken Ausdehnung des
Leibes zu schliessen, zum Absetzen reif waren. — Auch von den beiden
verschmolzenen Hoden nimmt der linke längere Lappen die Länge der
Bauchhöhle bis zur kurzen Leber ein, der rechte kürzere reicht nur
bis zur ersten Curvatur des Darms zurück und überdeckt diese Partie
desselben. Die beigegebene Fig. 1 zeigt die Form der Testes in
Fig. i. natürlicher Grösse und bei Eröffnung der Bauchhöhle
in normaler Lage. Eine ähnliche Asymmetrie der
Sexualorgane findet auch bei der Gattung Mormyrus
Statt; Prof. Hyrtl gibt in seinen Beiträgen zur Mor
phologie der Urogenitalorgane der Fische (1. e.) die
Beschreibung und Abbildung der Ovarien von Morm.
oxyrliynchus, von denen gleichfalls das linke stark
ausgebildet ist, das rechte aber völlig rudimentär bleibt
und nur wie eine Knospe des andern sich ausnimmt.
Völlig verschieden verhält sich dagegen in dieser
Hinsicht die Gattung Cobitis, bei welcher eine der
artige Asymmetrie der Sexualorgane nicht vorkömmt,
und wodurch die trennende Kluft zwischen ihr und
gemeinsamer Aus*' Trichomycterus nur noch grösser erscheint,
führungsgang. Die Arten, welche das kais. Museum von dieser
Gattung besitzt, sind: Tr. punctulatus C. V. Fern, undgracilis;
ein drittes als Pygidium dispar. Ts c hu di oder Trick, areolatus’t
Val. bezeiclmetes Exemplar halte ich nur für das Männchen von
Tr. punctulatus.
Dagegen unterscheiden sieh zwei in Spiritus aufbewahrte Exem
plare, die von J. Natterer schon im Jahrel830 gesammelt und ein
gesendet wurden, trotz ihrer Übereinstimmung mit Trichomycterus
in Totalform, Flossenbildung, Bezahnung des Deckels und Zwischen
deckels u. dgl., so bedeutend im äusseren und inneren Bau, dass
ihre Trennung und Aufstellung als eigene Gattung wohl gerechtfertigt
erscheinen dürfte. Indem ich als Gattungsnamen Pareiodon (Wangen
zahn) und als Artbenennung microps vorschlage, glaube ich dadurch
die verwandtschaftlichen Verhältnisse ziemlich gut zu bezeichnen.
Ersterer soll die nahe Verwandtschaft mit Trichomycterus aus-
Testes Triehomy-
cteri punctulati:
d) linker, 6) rechter
lchthyologische Beiträge.
161
Fig. 2.
drücken, letztere dagegen andeuten, dass diese Gattung ein Über
gangsglied zu Cetopsis darstelle.
Die Totalgestalt (Fig. 2) ist lang gestreckt, und
mahnt allerdings an Cobitis-Arten ; der Rumpf ist
fast walzenförmig, und nur wenig höher als breit.
Die Kopflänge, bis zum Rande des Deckels gerech
net, beträgt. 1 / s der Totallänge, die grösste Körper
höhe % derselben; die Rückenflosse steht 4 i / 2 , die
Analgrube 5 Kopflängen von der Schnauze entfernt.
Den endständigen Mund umgeben je der seits nur
zwei kurze Eckbarteln, die nahezu gleichlang,
nicht bis zum Zwischendeckel zurückreichen; die
dicken, wulstigen Lippen sind dicht mit kurzen
Papillen bedeckt. Die breiten Zwischen- und Unter
kiefer tragen eine einfache Reihe flacher
Schneidezähne mit convexem Rande, die
nur mit letzterem aus den Zahnfleischfalten hervor
ragen; Gaumen und Zunge sind zahnlos. Die kleinen,
von der Kopfhaut überdeckten Augen liegen drei
ihrige Durchmesser von einander, zwei vom Schnau
zenrande und fast sechs vom Opercularrande ent
fernt. Die hinteren Narinen stehen ein Diameter
entfernt genau zwischen ihnen, die vorderen im glei
chen Abstande von diesen und dem Schnauzenrande.
Der Zwischendeckel ist mit 5— 6 geraden anliegen
den relativ starken Dornen besetzt, welche wie
jene des weiter zurück und höher liegenden halb
kreisrunden Operculum allein aus der dicken Kopf
haut vorragen. Die Kiemenspalte ist eng, beginnt
erst unterhalb des Deckels und reicht auch nur wenig
tiefer hinab, als der vor ihr befindliche Zwischen
deckel, sie ist somit an der Kehle selbst völlig
„„II 1 ..I ,■ ... . Pareiotlon microps,
geschlossen und über diese lauft quer nur eine m ., natürlicher
schwache Hautfalte. Grösse.
D. 9, A. 7, P. 6 (1/5), V. 5, C. 17 (ohne Stützstrahlen).
Die Stellung und übrigen relativen Verhältnisse der Flossen sind
aus der heigegebenen Abbildung am besten ersichtlich. — Der Verlauf
Sitzb. d. mathero.-naturw, CI. XVII. Bd. I. Hft. ^ 1
162
IC n e r. Ichthyologische Beiträge.
des Seitencanals ist vom Schwänzende bis zum Vorderrumpfe nur
als Furche bemerkbar und mündet nicht durch Poren, hlos eine kurze
Strecke hinter dem Deckel lässt er sich als ziemlich weiter Canal
erkennen, und die Haut über und unterhalb desselben ist mit Tuberkeln
und Röhrchen irregulär besetzt, die hie und da Spalten und Poren
bilden; gerade über dem Ende der zurückgelegteu Brustflosse steht
ein konisch zugespitzter häutiger Zapfen jederseits wie ein kurzer
Sporn ab. Der Porus lateralis ist zwar etwas kleiner als bei Cetopsis,
aber ganz deutlich, er bildet nach innen einen wulstigen Rand und die
auskleidende Haut der Höhlung, in welche er führt, zeigt in seiner
Umgebung drüsige Structur. In der Analgrube sind drei gesonderte
Mündungen leicht wahrnehmbar, und zwar die vordere als Anus, die
mittlere als Sexual- und die hintere an der Spitze einer kurzen Papille
befindliche als Urethralmündung. — Von inneren Organen sind nur die
Ovarien und Harnblase noch vorhanden ; erstere stellen ziemlich kurze
paarige, aber unsymmetrische Säcke vor, von denen der linke durch
Grosse und Länge sich auszeichnet, zwischen beiden liegt die weite
Harnblase. Darmcanal und Leber fehlen, doch scheint, nach Haut
resten zu sehliessen, eine kurze Schwimmblase vorhanden gewesen
zu sein.
Die Färbung erscheint an der Rückenseite grau, an Seiten und
Bauch heller, weisslieh mit einem Stich ins Röthliche, eben so alle
Flossen; Flecken, Streifen oder Punktzeichnungen u. dgl. fehlen
gänzlich. Die dicke, schuppenlose Haut erinnert übrigens durch
rauhes, körniges Ansehen und Anfühlen an Squaloiden.
Beide aus Borba (?) stammenden Exemplare sind Weibchen von
5” Totallänge. Die beifolgende Abbildung (Fig. 2) gibt somit die
natürliche Grösse.
Klier, .lelithyologisclie Beiträge.
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Sitiimgsb. d. k.Aka d .d AK math. naturw. Cl.XYlLBd.l JfefL1855.
Taf.M.
Kiiit. JcMÄogische Seiträge.
■
Kn er. JcTithYologtsdie Beiträge.
Taf.IV.
Kiier. JeMiyologische Beiträge.
■Sitzun'isli. il.k.Akacl.d.W.mat li.natunv. C'1.XVIIB(I1 HpJL 1Ü55-
Kner. Jchthyologische Beiträge.
Tid'.VI.
Aus LkkKofar.Sfcvatsdruckerei.
Sitaungsb'.d.k.Alca J.(LW.matli.na1unN r .CI XVII.Bil.l. Heft.1855.
Diesing. Über 19 Arten Trematoden.
163
SITZUNG VOM 14. JUNI 1855.
Herr August von Pelz ein, Assistent am k. k. zoologischen
Cabiuete, übergibt im Namen des wirklichen Mitgliedes Dr. Karl
Moritz Diesing die Beschreibungen und Abbildungen von 19 Arten
Trematoden für die Denkschriften der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften. Die dargestellten Arten sind: Diplostomum gründe,
Hemistomum clatliratum, H. cordatum, H. pedatum, Monostomum
liguloideum, M. Cymbium, M. constrictum, M. Hippocrepis, M.
spirale, M. echinöstomum, Distomum Lancea, D. orbiculare, D.
dimorphum. D. Clava, D. rüde, D. obesum, D. serratum, D. annu-
latum, D. incrassatum.
Vorträge.
Über die accessorischen Kiemenorgane und den Darmcanal
der Clupeaceen.
Von dem w. M. Prof. Hyrtl.
(Auszug- aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)
Die vergleichend anatomische Untersuchung der Clupeaceen
lehrte, dass bei einigen Gattungen derselben ein accessorisches
Kiemenorgan vorkommt, welches mit der bei Heterotis von mir neu
lich beschriebenen Kiemenschnecke einige Ähnlichkeit besitzt.
Es findet sich dasselbe in seiner einfachsten Form bei Clupa-
nodon aureus, als eine einfache sackförmige Ausstülpung der oberen
Uachenwand, welche durch ein schmales Knochenplättchen des oberen
Gelenkstückes des vierten Kiemenbogens gestützt wird.
164
Hyrtl. Uber die accessorischen Kiemenorgane
Bei Kowala albella wird diese Ausstülpung länger, und krümmt
sich in horizontaler Ebene etwas nach einwärts.
Bei Chatoessus chacunda und Meletta thryssa ist die Einrol
lung des verlängerten Rachendiverticulum noch bedeutender, macht
aber nicht mehr als anderthalb Windungen. Eine musculöse Kapsel
umgibt das Ganze, und verleiht ihm eine ovale, von oben nach unten
etwas comprimirte Gestalt. Zugleich bekommt das Organ eine breite
Knochenplatte zur Stütze, welche dem vierten Kiemenbogen (oberes
Stück) angehört, und durch einen breiten, muldenförmigen, nach ein
wärts gebogenen Knorpel vergrössert wird.
Bei einem 10 Zoll langen Exemplar von Meletta thryssa betrug
der Querdurchmesser des gestimmten Organs einen halben Zoll, der
Längendurchmesser 9 Linien. Die an der concaven Seite des dritten
und vierten Kiemenbogens aufsitzenden Kämme setzen sich an der
inneren Oberfläche der äusseren Wand des Organs als zwei durch
eine Vertiefung von einander getrennte Reihen paralleler Leistchen
fort. Nerven besitzt das Organ bei weitem nicht in jenem Grade, wie
es bei Heterotis bemerkt wurde; — sie sind im Gegentheil spärlich
zu nennen. Dagegen lässt das Verhältniss der zu- und abführenden
Gefässe auf eine respiratorische Verwendung des Organs, und somit
auf seine Bedeutung als Kiemenlabyrinth schliessen.
Bei Sardinella anchovia ist der Schneckengang 1 Linie weit,
aber mit sehr dicken (rriusculösen) Wänden versehen.
Bei Gonostoma javanicum, von welchem nur ein Skelet vorlag,
ist die knöcherne Platte des vierten Kiemenbogens absolut am grössten,
an ihrer concaven Fläche mit einer Leiste versehen, welche wieder
Querleistchen absendet, so dass der innere Bau des fraglichen Organs
ein zelliger sein wird.
Das accessorische Organ fehlt bei folgenden Geschlechtern
und Arten:
1. Osteoglossum f'ormosum C. V.
2. Albula Bonanus Lac.
3. Notopterus Bontianus C. V.
4. Rogenia alba C. V.
5. Megalops atlanticus C. V.
6. Koilia Dussumieri C. V.
7. Elops saurus L.
8. Clupea harengus und Clupea latulus L.
und den Darmcanal der Clupeaceen.
165
9. Harengula sprattus C. V.
10. Engraulis atherinoides C. V.
Zweifelhaft bleibt es, da nur trockene Skelete zur Untersuchung
Vorlagen, bei Pellona Lechenäultii, Alausa tyrannus und Hyodon
claudalus. Ich sage darum zweifelhaft, weil diese Arten, am oberen
Gelenkstiick des vierten Kiemenbogens eine mehr weniger entwickelte
Knochenplatte besitzen, welche allerdings eine Tragstütze des frag
lichen Organs abgeben könnte, aber auch bei anderen Clupeen,
welche constatirt kein accessorisehes Organ besitzen (wie Alausa
Pilchardus und Engraulis brevifilis), wahrscheinlich hlos als Muskel
fortsatz vorkommt
Ferner enthält die Abhandlung nähere Angaben über die Ver
dauungsorgane, insbesondere die Zahl und Gruppirung der Appen
dices pyloricae, bei den eben genannten Gattungen der Clupeen.
Meletta und ChatoSssus haben einen dicken, fleischigen Muskelmagen,
wie Heterotis.
Clupanodon hat einen mit 12 Längenreihen konischer, harter
Höcker besetzten Schlund. Bei Alausa, Sardinella und Earengula
mündet der spiral gedrehte Ductus pneumaticus wie hei Clupea (nach
Cuvier) in das hinterste zugespitzte Magenende, welches nahe am
After liegt. Unmittelbarer Zusammenhang von Schwimmblase und
Magen, per anastomosim, ohne Ductuspneumaticus, kommt bei Elops
imAKowala vor. ■— Die Zahl der Appendices pyloricae variirt von 0
bis mehrere Hunderte. Sie fehlen gänzlich bei Megalops atlanticus.
Hyodon und Kowala besitzt nur Eine dicke kurze Appendix pylo-
rica, Notopterus (wie Heterotis) zwei ansehnlich lange, Koilia acht.
Merkwürdig ist, dass Alausa vulgaris 77, Alausa Pilchardus nur
7 Appendices hat, wovon vier im Kreise um den Pylorus, drei der
Länge nach am rechten Darmrande stehen.
Clupea harengus besitzt 24 lange, ungetheilte Appendices,
Elops 9 Büschel von 15 —24. Meletta und Chatoesus besitzen sehr
zahlreiche Appendices, welche am Pylorus in einen dichten Haufen
zusammengedrängt stehen, im Verlaufe des Dünndarms aber auf
kleinen, Haustra ähnlichen Buchten des Darmrohrs büschelförmig auf-
sitzen. Einen vollkommen kugelrunden Magen, mit sehr nahe zusam
mengerückten Pylorus und Cardia, hat Koilia.
166
He ekel. Neue Beiträge zur Kenntniss
Neue Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fische Österreichs.
Von dem w.M., Custos-Adjuncten J. Deckel.
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)
Der Inhalt dieser Beiträge betrifft zuerst die Ganoiden-Familie
der Pycnodonten, worüber der Verfasser bereits in dem Märzhefte
der Sitzungsberichte 18S4 Bericht erstattet batte. Darauf folgt
eine, in die grosse Familie der Clupeoiden gehörende Gruppe, die
Cliirocentri Vale ne., wobei nachgewiesen wird, dass die ersten
Fische dieser Gruppe, aus welcher heute nur noch die einzige
Species Chirocentrus Dorab lebend vorkommt, bereits in den oberen
Schichten der Jura aufgetaucht haben und von Agassiz, der sie
für Ganoiden hielt, in seine Gattung Thryssops gestellt wurden.
Diese Cliirocentri erhalten einen Zuwachs von zwei fossilen Arten,
deren eine zugleich die neue Gattung Thryssopterus bildet, während
die andere der schon früher aufgestellten Gattung Chirocentriies
angehört. Die Species Chirocentriies vexillifer, aus den bituminösen
Kreide-Schichten des Karstes, zeichnet sich vorzüglich durch ihre hohe
Rückenflosse und Thryssopterus Cutullii vom Monte Bolca, nebst den
runden Rippen und den einfach schief nicht stufenförmig geschnittenen
Gliederstrahlen, durch nur sieben Kiemenstrahlen und sehr lange nur
fünfstrahlige Brustflossen aus. Die Elopi, welche ebenfalls eine kleine
Gruppe derselben grossen Clupeoiden-Familie bilden, werden ferner mit
einer, drei neue Arten enthaltenden Gattung Elopopsis n o b. vermehrt,
die sämmtlich mit dem Chirocentrites vexillifer, denselben Karst-
Schichten entnommen sind. Elopopsis Fenzlii hat einen 23 Wirbel lan
gen Kopf; grosse spitzkonische an der Basis comprimirte Zähne; Wirbel
mit einer Seitenleiste und langen Neurapophysen; 21 Strahlen in der
Rückenflosse. Elopopsis dentex hat einen 17 Wirbel langen Kopf;
durchaus konisch spitze, grosse Zähne; Wirbel mit einer Seitenleiste
und kurzen Neurapophysen; 13 Strahlen in der Rückenflosse. Elopopsis
microdon hat einen 24 Wirbel langen Kopf mit gebogener Stirne;
viele kleine spitzkonische Zähne; Wirbel mit zwei Seitenleisten;
lange Neurapophysen; IS Strahlen in dem Rückenflosse.
der fossilen Fische Österreichs.
167
In dem Originale des, in derIttiologia veronese Tab. 65, Fig, 3,
unter dem falschen Namen Chaetodon rostratus abgebildeten Fisches
wird ein, unter die Theutyes gehöriger neuer Äcanthurus erkannt,
der den Namen seines Besitzers, Äcanthurus Canossae erhält;
sich von den beiden bereits bekannten fossilen Arten, Äcanthurus
tenuis und ovalis Agas s. durch seine grosse Ähnlichkeit mit dem
jetzt lebenden Äcanthurus scopas Cuv. Val. unterscheidet und
wahrscheinlich wegen des vorgeschobenen Mundes den italienischen
Namen Pappa-Mosche erhalten hatte.
Hierauf folgt eine neue Scomberoiden- Gattung mit einer
Species, Carangodes cephalus genannt, aus den eocenen Schichten
des Monte Bolca. Sie steht der Gattung Carangopsis Agass. am
nächsten, hat wie diese keinen liegenden Dorn vor der Rückenflosse,
noch freie Dornen vor der Afterflosse, unterscheidet sich aber von
derselben ausser einem gestreckteren Körper, mit einer grösseren
Anzahl abdominaler Wirbel (15 anstatt 10) durch eine kurze mitten-
stehende Rückenflosse, deren niederer stachelstrahliger Theil mit
den nachfolgenden hohen Gliederstrahlen an der Basis zusammen
hängt; ferner durch die Stellung derBauchflossen die vor den Brust
flossen unter der Kehle sitzen, was unter Scomberoiden mit getheilter
Rückenflosse ohne Flösschen nur bei den übrigens weit verschie
denen Gattungen Kurtas und Apolectes vorkömmt.
Die untergegangene Percoiden-Gattung Smerdis Agass. hinter-
liess in den eocenen Schichten des Ofner Bloksberges eine noch
unbekannt gebliebene Species Smerdis budensis. Sie sieht dem
Smerdis pygmaeus Agass. am ähnlichsten, unterscheidet sich aber
von allen bisherigen Smerdis-Arten durch eine grössere Anzahl
weicher Strahlen in der zweiten Rückenflosse wie durch weit mehr
Stützenstrahlen in der Schwanzflosse.
Die Percoiden-Gattung Lates Cuv., von welcher zwei noch
lebende und, vier urweltliche Arten gekannt sind, erhält den Zuwachs
einer fünften Art,' die als Zeichen der Hochachtung den Namen
des verehrten Mitgliedes Herrn Custos Parts ch trägt und aus
dem Grobkalke der Wiener Gegend herrührt. Sie ist dem Lates
macrurus Agass., der ebenfalls aus dem Grobkalke, aber aus
der Gegend von Paris herstammt, am meisten ähnlich, hat aber
einen kürzeren Schwanzstiel und eine nur ganz flach gerundete
Schwanzflosse.
| ßJJ Heckei. Neue Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fisplie Österreichs.
Ein von Graf Münster beschriebener und abgebildeter Fisch
Notaeus Agassizii, aus derselben Localität des Wiener Grobkalkes,
machte eine neue Beschreibung und Abbildung nothwendig, wobei
die unrichtige Stellung dieses Fisches unter die Gattung Notaeus
nachgewiesen wird. Notaeus selbst, oder vielmehr dessen einzige
bisher gekannte Species Notaeus laticaudus Agass., gehört nicht
den Teleostiern, sondern den Ganoiden an, unter welchen sie nebst
dem vermeintlichen Cyprinoiden, Cyclurus Agass. mit der jetzt
lebenden Gattung Amia Linn. zusammenfallt. Münster’s Notaeus
Agassizii ist aber ein wahrer Labroide und gehört in die Gattung
Lahr us.
Eine zweite Species dieser Gattung aus denselben Schichten,
Labriis parvulus nob. ist dem Labrus Agassizii ähnlich, hat aber
einen kürzeren Körper als dieser, nur 22, nicht 34 Wirbel und blos 4,
nicht 15 Stachelstrahlen. Die Stellung dieses 5 / 4 Zoll langen Fisches,
die nur in einem ziemlich unvollständigen Exemplare vorliegt, ist
übrigens, da sie mit Sicherheit nicht nacligewiesen werden kann, hier
nur als eine provisorische zu betrachten.
Den Schluss macht eine neue interessante Cataphracten-Gattung,
die sich zwischen den oft so sonderbaren Formen der Scorpaenen
und Cottoiden einreiht. Sie stammt ebenfalls aus dem Grobkalke
des Leitha-Gebirges und erhielt den Namen Ctenopoma. Als Haupt-
Charaktere derselben werden angegeben: Ein spindelförmiger Rumpf
mit einem etwas breiten Kropfe; schmale Leisten oder Dornen auf den
Stirnbeinen; ein kammförmig gezähnter Vordeckel; fünf Kiemen
strahlen ; nur halb so viele abdominale als caudale Wirbel, deren
letzter in zwei Fächerplatten endiget; eine lange Rückenflosse, die
weniger Stachel- als Gliederstrahlen enthält; eine kurze mittenstehende
Afterflosse mit drei Stachelstrahlen und vor den Brustflossen unter der
Kehle ansitzende Bauchflossen. Rumpf, Deckelstücke, Wangen sind
beschuppt und die Schuppen fein gezähnt. Die einzige Species heisst
Ctenopoma Jemelka, nach ihrem gegenwärtigen um die Wissenschaft
verdienten Besitzer, Med. Dr. Jemelka in Ödenburg.
Kochleder. Chemische Notizen.
169
SITZUNG VOM 21. JUNI 1855.
Eingesemlete Abhandlungen.
Chemische Notizen.
Von dem w. M., Med. Dr. Friedrieh Rochleder.
Vor zwölf Jahren habe ich mit Herrn Heidt eine Methode
beschrieben, die Chrysophansäure aus der Parmelia parietina dar
zustellen. Diese Substanz hat dadurch an Interesse gewonnen, dass
Schlossberger und Döpping sie in der Rhabarberwurzel
auffanden. Da ich unlängst vom Herrn Professor Schroff in Wien
25 Pfund Parmelia parietina erhielt, um daraus Chrysophansäure
darstellen zu lassen, glaubte ich keine unnütze Arbeit zu machen,
wenn ich eine bequemere Darstellungsmethode für diesen Körper
ausmitteln würde. Schlossberger und Döpping haben die
Chrysophansäure ebenfalls mit vieler Schwierigkeit aus dem Rheurn
dargestellt, die Ausbeute war keine grosse.
Die in den folgenden Zeilen beschriebene Methode, welche ich
durch Herrn B r e m in meinem Laboratorium ausführen liess, liefert
schneller und bequemer die ganze Menge Chrysophansäure, welche
in Flechten oder den Wurzeln von Rheurn enthalten ist.
Man zieht mit sehr schwachem Weingeist, dem etwas Atzkali-
lösung zugesetzt ist, die Parmelia parietina oder die gepulverte
Rhabarber aus, seiht die Flüssigkeit durch Leinen, presst den Rück
stand aus, filtrirt die Flüssigkeit und leitet einen Strom gewaschener
Kohlensäure hinein. Den entstandenen Niederschlag filtrirt man von
der Flüssigkeit ab, löst ihn in 50 pCt. Weingeist, der mit etwas Kali
hydrat versetzt ist, filtrirt von dem ungelöst gebliebenen Antheile
ab und fällt das Filtrat durch etwas Essigsäure. Der Niederschlag
170
Röchle der. Chemische Notizen.
wird auf einem Filter gesammelt, in siedendem Weingeist gelöst und
die Lösung heiss filtrirt. Das Filtrat mit Wasser gemischt, gibt
Chrysophansäure in Form von rein gelben Flocken, die durch
Umkrystallisiren aus Alkohol vollkommen rein erhalten werden.
Es gelingt auf diese Art, eine grosse Quantität Chrysophansäure
aus Rheum darzustellen, und die übrigen Bestandteile des Rheum
auf diese Weise frei von Chrysophansäure zu erhalten.
Diese Methode wird es möglich machen, sich leicht zu über
zeugen, ob das sogenannte Lapathin, das Rumicin und vielleicht auch
das Plumbagin mit der Chrysophansäure identisch sind oder nicht.
Ich habe ferner unterstützt, von den Herren Dr. Schwarz und
Kawalier, eine Untersuchung der Blätter, Binde und Früchte von
Aesculus Hippocastamnum ausgeführt, deren Resultate ich der k.
Akademie nächstens vorzulegen die Ehre haben werde. Ich war dabei
genötigt, die Caincasäure so wie das Saponin und die Chiriovasäure
mit in die Untersuchung einzubeziehen. Ich habe den von Freiny für
Saponin erklärten Stoff der Rosskastanien als einen eigentümlichen
Stoff erkannt, der aber zum Saponin und zur Caincasäure in einem
bestimmten Verhältnisse steht. Ich habe die Beziehungen zwischen dem
Stoff der Früchte und den Bestandteilen der Rinde und Blätter aus
gemittelt. Ich habe zwei Gerbsäuren, die eine in der Rinde, die
andere in den Blättern, krystallisirt erhalten, ebenso das Äsculin
einer nochmaligen Untersuchung unterworfen, die richtige Formel
desselben fesfgestellt, und die Farbstoffe untersucht, die aus dem
Äsculetin hervorgehen, sowie die Producte, welche durch Einwir
kung von Alkalien aus Äsculin und durch Einwirkung von Säuren
auf die Gerbstoffe entstehen, ausgemittelt und eine Anzahl homologer
Substanzen erhalten, die sich als echte Farbstoffe anwenden lassen.
In einer folgenden Abhandlung werde ich die Resultate mit
theilen, welche eine begonnene Untersuchung derGährung des Ross-
kastanienmehles und der Blätter in verschiedenen Perioden der
Vegetation, so wie der Wurzelrinde der Kastanien geben.
Zantedeschi. Nuovo Elettroscopio per le due elettricitä d’influenza. 171
Nuovo Elettroscopio per le due elettricitä d’ influenza.
Del Prof. Francesco Zantedeschi.
(Con I tavola.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 18. Mai 185ü.)
Macedonio Mellöni tentö di comprovare, che nei fenomeni d’in-
duzione, 1’ elettricitä omologa e la sola libera e dotata di tensione, e
che la elettricitä contraria e sempre dissimulata.
Nella mia Memoria sull’ origine della elettricitä at-
mosferica e su 11 a induzione elettrostatica dei con-
duttori solidi isolati, che fu pubblicata nel fascicolo
11° Anno 1° dell 1 Ateneo Italiano (IS. settembre 18S4),
manifestai la mia contraria dottrina a quella dell’ illustre Fisico Ita
liano, e mi riservava ad altro tempo di pubblicare i miei risultamenti.
Ora ehe veggo discussa tra Fisici la nuova dottrina, credo tornar
utile alla scienza pubblicare il mio elettroscopio, col quäle rendo evi
dente l’esistenza delle tensioni libere delle due opposte elettricitä
indotte od attuate; elaragione, per la quäle negli esperimenti di
Melloni apparve la sola elettricitä omologa.
Sopra labase KK‘ sono colloeate verticalmente e parallele fra di
loro due pile di Zamboni coi poli isolati e disposti inversamente in
modo, che al positivo dell’ una risponde il negativo dell’ altra, e vice-
versa, come e indicato dalle lettere P, N; P', N. Fra i poli di queste
pile insiste verticalmente un’ asta d’ottone terminata da ambe le parti
da una sfera dello stesso metallo DD', che e perfettamente isolata.
In b, />' sono sospese, come si pratica negli elettroscopii, due pagliette,
le quali non toccano 1’ asta metallica, che in c, d. Esse vengono a
rispondere alle due placche polari VT, U'T'. Altre due pagli-
uzze sono sospese in a, a', che non toccano Pasta che in vv‘. Le
due pile, mediante i sostegni LM, EE' possono essere allontanate
o avvicinate all’ asta intermedia , senza che perdano il loro paral-
lelismo.
Ora disposto il tutto convenientemente, se alla sfera D si avvi-
cini un eorpo elettrizzato positivamente la pagliuzza b'c' s’innalza
e si porta al polo positivo P, mentre la pagliuzza bc rimane verticale,
172 Z ante(1 e8chi. Nuovo Elettroscopio per le due elettricita d’influenza.
o in stato naturale apparente o di equilibrio, per ritrovarsi fra due
forze opposte ed uguali. Nel caso che le due forze dello stesso nome
fossero disuguali potrebbe accadere un qualche moto, senza perö por-
tare eonfusione nei risultati sperimentali. II moviinento dell’ una della
due pagliuzze e l’equilibrio dell’ altra dipende dalla distanza, alla
quäle sono collocate le pile e dalla loro energia polare. Nell’ atto
stesso che la pagliuzza b' c si solleva, s’innalza ancora la pagliuzza
a'v' portandosi al polo negativo della pila N, mentre la pagliuzza av,
rimane in stato apparentemente naturale, come la cb superiore. I
movimenti impertanto delle due pagliette b' c ed a'v' dimostrano,
che le due specie di elettricita negativa o resinosa, positiva o vitrea
sono libere e sensibili ai due poli opposti della pila.
Ugualmente sono evidenti i fenomeni delle due elettricita indotte
od attuate, avvicinando alla sfera D un corpo elettrizzato nega-
tivamente.
Ma in questo caso si sollevano le pagliuzze bc, ed av; e rimangono
verticali b'c ed a!v'. E questo movimento dimostra, che e positiva bc,
e negativa av.
In futti e due i casi, le opposte elettricita sono libere, ne vi ha
mai la supposta dissimulazione della elettricita di nome contraria.
Sostituita all’ asta DD', l’asta HGFCD, impiantata sopra l’iso-
lante BA, e portante le due pagliuzze sospese in D, G, i fenomeni,
che si manifestano sotto la forza attuante sono in ambe le pagliuzze
dello stesso nome. Col corpo inducente positivo, tutte e due le pagliette
appariscono positive; e col corpo inducente negativo, tutte e due le
pagliuzze appalesano un’ elettricita negativa.
In questa disposizione dell’ apparato elettroscopico, e impedito lo
spostamento della elettricita, onde apparisca quella di nome con
trario. E il caso analogo a quello di Melloni, che gli fece credere,
che l’elettricitä di nome contrario si dissimuli intieramente. Con questo
mio elettroscopio si rendono evidenti tutte le leggi dell’ elettricita
d’influenza.
Col sistema delle due sole pagliuzze, abbiamo indotta 1’elettri
cita positiva, tutte e due le pagliuzze si portano al polo negativo;
quindi si scaricano, e tolta l’atmosfera attuante, si slanciano al polo
positivo, accusando cosi il loro stato elettrico negativo. Anzi puö, ac
cadere che le pagliuzze perdano parte della loro elettricita attuata,
sotto l’influenza dell’ atmosfera premente, senza, che avvenga fra le
Zanledesclii. Nuovo Elettroscopio per le due elettrieit'a d’influenza.
Aus J.X.k. Hof-u. StaatsdrucXerel
Sitzungsb. d.k.Akad. &.W. matii. naturw. CLXYILBd.l.Heft. 1855.
Weill. Über das Herz von Menopon pallidum.
173
pagliette ed i poli alcun contatto, il che, e dimostrato dalle eletri-
citä opposte, che accusano, al togliersi l’atmosfera del corpo
attuante.
Col sistema delle quattco pagliuzze, messa in comunicazione la
sfera _D'colla terra e sottoposta all’ influeriza dell 1 atmosfera positiva la
sfera D e successivamente interrotta la comunicazione di D' col
suolo, e sottrato D all’ influenza dell' atmosfera elettriea, la paglietta
b'c‘, si porta al polo positivo, e cosi pure la paglietta a'v', rnentre le
altre due bc, av rirnangono immobili o quasi immobili. ü che di
mostra che tutta 1’ asta DD 1 e negativa. II fenomeno si appalesa in-
versamente con un’ atmosfera attuante negativa.
Le dimensioni dell’apparato dipendono della grandezza delle pile
Zamboniane. Quelle usate de me erano della lunghezza di dodici
centimetri e del diametro di due crescenti.
Vortrag.
Über das Herz von Menopon pallidum.
Von dem c. M„ Prof. Dr. C. Wedl.
(Mit I Tafel.)
Seitdem Malpighi das längs dem Rücken der Insecten ziehende
Gefäss entdeckte und als grosse Pulsader beschrieb, haben sowohl
ältere Entomotomen wie S wamm er dam, B o n ne t, Ly o net u. A.
als auch neuere, wie Joh. Müller, Herold, Carus, Straus-
Dur k heim, Burmeister (Allgemeine Entomologie S. 164) die
Ansicht festgehalten, dass der vom Kopf bis zum After den ganzen
Leib durchdringende Canal das einzige Gebilde sei, was von blutfüh
renden Organen bei den Kerfen sich vorfinde und für dessen arterielle
Beschaffenheit seine regelmässigen Contractionen und Expansionen
sprechen. Straus-Durkheim (Considerations generales sur
l anatomie compare'e des animaux articules, p. 345 u. f.) nennt
jenes arterielle Gefäss das Herz der Insecten. Ganz im Einklänge
mit dieser Ansicht steht jene von C. Th. v. Sieb old. Er sagt (Lehr
buch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere, S. 607):
Das sehr wenig entwickelte Blutgefäss-System der Insecten besteht
aus einem gegliederten contractilen Rückengefässe (ras dorsale)
174
Wedl.
und aus einer nach dem Kopfe liingerichteten Aorta. Ersteres voll
zieht die Function des Herzens, während letztere das Blut von dem
Herzen in den Körper hinausleitet. Ebenso sieht er wie Straus-
Durkheim die durch die Klappen des Rückengefässes hervorge
brachten Gliederungen als Herzkammern an, deren Zahl sehr unbe
ständig sei, doch scheinen acht Herzkammern ziemlich verbreitet vor
zukommen. Verschieden von dieser ausgesprochenen Anschauung
und unklar ist jene von Mi Ine-Edwards (Verfahren der Natur
hei Gestaltung des Thierreichs, deutsche Übersetzung seiner im
J. 1851 unter dem Titel: Introduction u la Zoologie generale, pre-
miere partie zu Paris erschienenen Schrift, p. 50). Es heisst daselbst:
Die Luft-Kerbthiere besitzen weder Schlagadern, noch eigentliche
Venencanäle, und das Blut vorantreibende Organ, statt die Form
eines weiten zusammenziehbaren Behälters zu haben, ist nur durch
ein dünnes Gefäss vertreten, dessen Schläge nur schwache Wellen
des in den weiten Räumen der Umgebung befindlichen Nahrungs
stoffes in Bewegung zu setzen vermögen.
C. Bergmann und R. Leuckart (Vergl. Anatomieu. Physio
logie, S. 172) sehen wohl das Rückengefäss der Insecten als Herz
an, vergleichen jedoch die Gliederungen des Gefässes nicht mit den
Herzkammern der Wirbelthiere, da die hineinragenden Klappen
niemals eigentliche Scheidewände bilden, sondern blos zum Ver-
schliessen der Seitenöffnungen dienen. J. van der Hoeven (Hand
buch der Zoologie, nach der zweiten holländischen Ausgabe, S. 248)
meint, das weitere Stück des Rückengefässes erinnere an das Herz
der übrigen Thiere. Wesentlich in demselben Sinne, d. h. das Rücken-
gefäss der Insecten als Centralorgan des Gefäss-Systems ansehend,
fasst sich J. Victor Carus (System der thierischen Morphologie,
p. 138). II. Troschel und Ruthe (Handbuch der Zoologie, vierte
Auflage, v. Wiegmann's Handbuch, S. 271) sagen, dass bei den
Insecten ein Herz, das diesen Namen verdiene, kaum vorhanden sei.
Gegen die Allgemeinheit des Ausspruches, dass nämlich das
Rückengefäss der Insecten als Herz zu betrachten sei, sprechen die
Beobachtungen, welche ich an mehreren Repräsentanten aus der
Familie Mallophagae, der Ordnung der Äptera angehörig zu machen
Gelegenheit hatte. Ich muss gleich eingangs erwähnen, dass ich das
bezügliche Material der Güte des Herrn Heinrich W. Schott,
Director der k. k. Menagerie zu Schönbrunn, verdanke.
Über das Herz von Menopon pallidum.
175
Ich wendete meine Aufmerksamkeit auf den hintersten Abschnitt
des Rückengefasses, und bin zu der Überzeugung gelangt, dass hinter
letzterem ein selbstständiges Herz liege, das sowohl hinsichtlich
seiner Structur als auch seiner energischen Thätigkeitsäusserung
Verschiedenheiten von dem Vas dorsale zeigt. Ich will mich hier
hauptsächlich auf das Herz von Menopon pallidum beschränken,
einem sehr lebhaften Ektoparasiten, der in dem Gefieder des Haus
huhns sehr häufig seinen Wohnsitz aufgeschlagen hat.
Menopon pallidum, dessen mittlere Grösse 2 Millimeter in der
Länge, a / 3 Millim. in der grössten Breite beträgt, eign.et sich, wie
schon sein Name andeutet, wegen seiner Blässe (die Chitinhülle
hat eine blassgelbliche Färbung) zu Untersuchungen für das durch
gehende Licht. Auch kömmt noch der Umstand gut zu Statten, dass
jüngere kaum 1 Millim. im Längendurchmesser haltende Individuen
eine sehr zarte, farblose Chitinhülle haben und die hintersten Glieder
des Bauchtheils von Menopon pallidum sich namentlich durch ihre
geringe Ausdehnung in die Tiefe auszeichnen.
v.
Das Herz liegt in der Mitte des achten oder vorletzten Gliedes
gegen die Rückenfläche hin. Seine Gestalt nähert sich der kugeligen
(s. die beiliegende Abbildung C) und schliesst einen Hohlralim ein,
der nach vorne und rückwärts mit einer Öffnung versehen ist. Es
besitzt einen parenchymatösen Theil, der beiderseits in Form
eines Kugelsegmentes erscheint (e, e) und aus einer feinen Molekül
masse besteht; dieselbe lässt wenigstens keine weitere formelle Ele-
mentar-Analyse zu. Von der inneren Oberfläche des parenchymatösen
Theiles entspringen zackige Verlängerungen (f, f), die an die Papil-
larmuskeln des Wirbelthierherzens erinnern, und in ungemein zarte,
dem Auge entschwindende fadenartige Sehnen auslaufen; dieselben
inseriren sich allem Anscheine nach an dem mittleren membranö-
sen Th eile des Herzens, der zwischen den beiden parenchymatösen
Kugelsegmenten liegt. Höchst wahrscheinlich bestehen einige Reihen
von Papillarmuskeln. Es zeigt sich nämlich ein Gitterwerk von Fäden
bei der Systole des Herzens gegen dessen innere Oberfläche.
An der Aussenseite des parenchymatösen Herztheiles inserirt
sich beiderseits ein auf einer breiteren Basis aufsitzendes Bündel von
straffen Fasern (d, dj, das sich gegen die äussere Haut hin verliert
und als rechts- und linksseitiges Aufhängeband des Herzens bezeichnet
werden kann.
176
W e il I.
Naeli vorne zu stellt das Herz nicht in unmittelbarem Zusam
menhänge mit dem sogenannten Rückengefasse (Ä), das an seiner
Insertionsstelle in das Herz eine ampullenartige Anschwellung zeigt
(B). Diese, offenbar analog dem Bulbus Aortae, hat eine dickere
Wandung (b, b) als das Vas dorsale, das wie gewöhnlich an seiner
inneren Oberfläche mit Klappen (a, aversehen ist; hingegeu ist
die Wandung beträchtlich dünner als jene des eigentlichen Herzens.
An beiden Seiten des Bulbus befindet sich ein schief aufsteigendes,
straffes Faserbündel, das ich als rechts- und linksseitiges Aufhänge
band (c, a) des Bulbus aorticus bezeichnen will.
Ein gleichartiger, flaschenartiger Ansatz, wie nach vorne, befin
det sich an dem Hintertheile des Herzens (D). Auch hier sind die
Wandungen beträchtlich dünner geworden (g, g) als im Herzen. Zu
beiden Seiten dieser hinteren Ampulle bemerkt man Verlängerungen
(h, h), über deren Beschaffenheit ich nicht ganz ins Klare kommen
konnte. Ein klappenartiges Spiel schien mir in einigen Fällen an den
Insertionsstellen dieser Verlängerungen (h, li) vor sich zu gehen,
jedoch war es mir unmöglich, dieselben weiter zu verfolgen, und ich
möchte sie daher einstweilen nur problematisch als die beiden Haupt
venen anführen, wonach consequenter Weise die hintere Ampulle (D')
als Bulbus venosus gelten würde. An dem hintersten Abschnitte des
letzteren erscheint eine Reihe von kurzen, straffen Fasern (i), die
wohl nur als ligamentös angesehen werden können und schon an dem
nach rückwärts abgerundeten Aftergliede befestigt sind (F, F),
während das Herz, wie gesagt, in dem achten Bauchringe (E, E)
liegt.
Der Längendurehmesser von der Einmündungsstelle der Aorta
(wie ich das Vas dorsale jetzt nennen will) in den Bulbus arteriosus
bis zum hinteren Ligament (%) des Bulbus venosus beträgt anThieren
mittlerer Grösse nahezu (M Millim., also ein '/ zo der ganzen Länge
des Thieres, die Dicke des parenchymatösen Theiles des Herzens
jederseits 0-014— 0016 Millim. ohne Einschluss derPapillarmuskeln.
Die Pulsationen des Herzens, die schon mittelst einer starken
Loupe deutlich wahrgenommen werden können, erfolgen mit einer
grossen Energie und Regelmässigkeit. Bei lebhaften Individuen,
welche von dem lebenden Wohnthiere aus dem Gefieder weggenom
men wurden, zählte ich 112—120 Herzschläge in der Minute, wäh
rend dieselben auf 56—52 herabsinken, wenn das Wohnthier einen
Über das Herz von Menopon pallidum.
177
oder einige Tage abgestorben ist, wobei diese Federnfresser auch an
Agilität ihrer Bewegungen in Folge des Verlustes von animalischer
Wärme einbüssen.
Die Contractionen und Expansionen des Herzens geschehen in
transversaler Richtung, so zwar, dass die beiden parenchymatösen
Kugelsegmente einander genähert und von einander entfernt werden.
Beträgt der Querdurchmesser des Herzens bei dessen Systole .00S4
Millim., so steigt er bei der Diastole auf 0-072 Millim. Die zacken
förmigen Papillarmuskeln und deren Sehnen erhalten bei der Systole
eine schräge Richtung nach vorn und rückwärts, während letztere
bei der Diastole eine quere wird; insbesondere wird dies an den
fadenartigen Sehnen ersichtlich. Die seitlichen Aufhängebänder des
Herzens (cl, d) werden bei dessen Systole gespannt. Eine Verän
derung in der Substanz des Herzens konnte ich bei dessen Bewe
gungen nicht ermitteln.
Synchronisch mit der Systole des Herzens erfolgen auch die
Contractionen des Bulbus arteriosus und venosus. Ermattet jedoch
der Herzschlag, so lassen sich kleine Zeitunterschiede zwischen
letzteren und ersterer noch beobachten. Nebenliegende Organe, wie
feine Tracheenzweige oder ein zufällig angelagertes Harngefäss,
erleiden von den Herzstössen eine passive Bewegung.
Die Abschnürungen der Aorta (Vas dorsale) geschehen, wie
dies sattsam bekannt ist, in auf einander folgenden Zeiträumen von
rück- nach vorwärts, so dass die erste Abschnürung zunächst dem
Bidbus arter. in a die nächste in a! erfolgt. Dabei ist hervorzu
heben, dass diese absatzweisen Verengerungen des Gefässes nicht
mit jener Energie und Präcision vor sich gehen, wie die Contrac
tionen des Herzens. Die Lage der Aorta ist nicht so fixirt, dass sie
nicht ebenso wie das eine oder andere Harngefäss dann und wann
einige pendelartige Bewegungen in der Leibeshöhle erfahren würde,
welche wohl durch die Contractionen der Leibesringe hervorgebracht
werden, also passiver Natur sind. Die Lage des Herzens kann wohl
insoferne eine Veränderung erleiden, als die hinteren Leibesringe
gestreckt oder gegen die Bauchfläche angezogen werden können,
wodurch im letzteren Falle die Curve des Rückens eine stärkere
"ird, allein eine seitliche, passive, pendelartige Schwingung ist
nicht zulässig, da das Herz tlieils durch das hintere, am Bulbus
ven. befindliche unpaarige Band (i), tlieils durch die seitlichen
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XVII. Bei. I. Hft. 12
178
W e il 1.
Aufhängebänder am Herzparenchym (d, d) und am Bulbus url. (c, c)
fixirt ist.
Die Blutflüssigkeit ist farblos und enthält keine suspendirten
Elementartheile. In der hinteren Leibeshöhle habe ich wohl spindel
förmige, zeitweilig in pendelartige Schwingungen versetzte Körper
gesehen, deren Bedeutung mir jedoch unklar gebliehen ist; für
etwaige Köpfe von Samenfäden sind sie zu gross.
Bei der zu wählenden Untersuchungs-Methode ist vor
Allem festzuhalten, dass das Thier sehr empfindlich gegen den
Abgang von frischer Luft ist; es stirbt, mit einem Uhrglase selbst nur
wenige Minuten bedeckt, ah. Legt man das Thier auf die Rücken
fläche in irgend eine Flüssigkeit, so hat dies alsogleich den
Erstickungstod zur Folge, da die Stigmata bekanntlich gegen den Rand
des Rückens am Abdomen sich befinden. Ist die Flüssigkeitsschichte
im Verhältnisse zur Dicke des Thieres zu hoch, so bäumt sich letz
teres hei der Bauchlage aus Luftmangel auf und geht gleich zu Grunde,
sobald die Flüssigkeit über den Rücken des Bauchtheiles überschlägt.
Ist das Thier abgestorben, so lassen sich selbst nicht mehr die Um
risse des Herzens und der Aorta erkennen.
Die zur Untersuchung nöthige Fixirung des Thieres bewirkt
man dadurch, dass man blos die hintersten Glieder des Abdomen,
von einer Flüssigkeit umspült, mit einem Deckglase bedeckt, während
die übrigen Bauchringe, der Brusttheil und Kopf über den Rand des
Deckglases frei hervorragen. Freilich muss hiebei die Dicke des
letzteren der Resistenz der Chitinhülle adaptirt werden, denn ein
etwas zu starker Druck bringt alsbald eine Intermission und gänz
lichen Stillstand der Pulsationen des Herzens hervor. Als umspülende
Flüssigkeit wählte ich Glycerin oder Terpentinöl, da hiedurch eine
grössere Transparenz erzweckt und die bei längerer Beobachtung
störende Verdunstung vermieden wird, wie dieselbe z. B. beim
Gebrauche des Wassers erfolgt. Junge, kaum 1 Millimeter lange Indi
viduen von Mcnopon pallidum vertragen den Druck selbst eines sehr
feinen Deckglases auf ihren hinteren Leibesabschnitt nicht mehr,
ohne dass die Herzbewegungen sistirt werden. Es ist daher am räth-
lichsten, solche wegen der Transparenz zur Beobachtung sehr deut
liche Exemplare auf einer sehr dünnen Schichte von Glycerin oderTer-
pentinöl frei herumkriechen zu lassen und die Perioden, wo das Thier
zur Ruhe kömmt, für die Beobachtung abzuwarten. Die vom todten
Über das Herz von Menopon pallidum.
179
Huhne abgenommenen Individuen haben viel von ihrer Agilität ein-
gebüsst und ermatten um so eher. Es lässt sich wohl zur Fixirung
des Thieres Copallack, eine weingeistige Lösung von Schellak,
Gummilösung u. dgl., jedoch, wie mir schien, mit weniger Vortheil
anwenden. Es versteht sich wohl von seihst, dass nicht selten Hin
dernisse der Beobachtung entgegentreten, wohin die nicht seltenen
Fäcalmassen im Mastdarme, zuweilen der Fettkörper oder eine unvor
teilhafte Lage des Thieres, hei den Männchen die rothbräunlich
tingirte hornige Scheide des Penis zu rechnen sind.
Durch die Beobachtungen an Menopon pallidum auf die Exi
stenz eines Herzens aufmerksam gemacht, habe ich mich auch von
dem Vorhandensein des letzteren bei anderen den Philopteriden unge
hörigen Repräsentanten überzeugt, so hei Lipeurus variabilis aus
dem Gefieder des Haushuhns, bei Goniodes Colchici vom Silber
fasan, bei Docophorus atratus vom Steinraben. Die Pulsationen des
Herzens lassen sich aber hier nicht mehr bei durchgehendem, son
dern nur bei auffallendem Lichte wegen der Pigmentirung der Chitin
hülle wahrnehmen. Der präciser ausgesprochene Rhythmus in den
intensiveren Contractionen eines unterhalb des achten Gliedes pulsiren-
den Körpers lassen keinen Zweifel übrig, dass dasselbe das Herz sei,
wenn es auch nicht gestattet ist, dessen Grenzen nach rückwärts
genau zu umgehen.
Die angegebenen Beobachtungen haben es nun festgestellt, dass
bei mehreren dem Genus Philopterus (Nitzsch) ungehörigen Reprä
sentanten hinter dem von den Entomotomen als Rückengefäss bezeich-
neten und von vielen als Herz angesehenen Organe ein rhythmisch
intensiv pulsirender Körper sich befinde, der das eigentliche Herz
vorstellt. Da es überdies mit keiner Wahrscheinlichkeit anzunehmen
ist, dass den benannten Insecten vor den übrigen ein Prärogativ in
dem Besitze eines Centralorgans des Gefäss-Systems zukomme, so
folgert sich die Aufforderung, weitere Forschungen in Bezug auf die
etwaige Existenz eines Herzens bei Repräsentanten aus den verschie
denen Ordnungen der Insecten anzustellen.
12
180
W e <1 i. Über das Herz von Menopon pallidum.
Erklärung der Abbildung.
A. Aorta (vas dorsale autorum), a erstes Klappenpaar, a' zweites Klappen
paar.
B. Bulbus arteriosus: bb Dicke der Wandung desselben, ec seitlich abge
hende Aufhängebänder.
C. Das einkämmerige Herz, dd seitliche Aufhängebänder des Herzens, ee
parenchymatöser Theil des Herzens, ff zackige, mit fadenartigen Sehnen
i in dem mittleren häutigen Theile des Herzens endigende Verlängerungen des
Herzparenchyms.
D. Bulbus venosus (?), gg dessen Wandung, hh die beiden Hauptvenen (?),
i hinteres, unpaariges Band des Bulbus venosus.
E. Achtes Glied des Abdomen.
F. Afterglied.
Wedl. Her/ von Menopon pallidum.
•AualkkJ&f u.SlaatsclrucIcera.
Xt™ngslnl.L.\Lnl.<I.IV malh. nähme CJ.A’Mfld. lllcfi. 1855.
Verzeichniss der eing-egangemm Druckschriften.
181
VERZEICHNIS
DER
EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(JUNI.)
Akademie, k. preussische, der Wissenschaften. Monatsbericht
April, Mai.
Annalen der Chemie und Pharmacie. Herausgegeben von Wohl er,
Liebig und Kopp. Rd. 94, Heft 1.
Annales des mines. IV. Serie, Tahle des matteres.
Annuaire de l'institut des provinces de France. 1855. (3 Exempl.)
9t«Setgen, ©öttingifdje, geteerte. 1834.
Archiv für schweizerische Geschichte. Bd. 10.
Berlin, Universitätsschriften aus dem Jahre 1834.
Bonnewyn, Henri, Notice sur la Spigelie anthelmintique. Liege,
1834; 8«-
— Memoire sur le Tartrate Antimonico-potassique, Tartrate de
Potasse et d’Antimoine ou emetique. Auvers 1831; 8 0-
— Memoire sur l’histoire et les maladies du Solanum tuberosum.
Tirlemont 1831; 8°-
Gotta, ©evnf)., ©eutfdjtanbS ©oben, fetrt geotogifd)er ©au unb beffen
GiniDirfungen auf ba§ geben ber SWenfdjen. Seipjtg 1834; 8°-
Flora. 1855. Nr. 1—12.
ftörfter, Gbrtfb, 9l(tgetnetne ©au&ettung. Jahrgang 20, |»eft 4.
©efdjidjtS blattet aug ber S^weij. §etauägegeben ton Äopp.
©b. II, lieft 1. (2 Gremplare.)
Gesellschaft, k. sächsische, der Wissenschaften. Abhandlungen
der philolog.-hist. Classe. Bd. II, Bogen 27 — 34.
— Berichte über die Verhandlungen der philolog.-hist. Classe.
1854, Nr. 1—6. 1855, Nr. 1, 2.
182 Verzeichniss der
Gesellschaft, physicaliscli - medicinische, in Würzburg. Ver
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Göttingen, Universitätsschriften aus dem Jahre 1854.
Greifswald, Universitätsschriften aus dem Jahre 1854.
Gualandi, Michelangelo, lettera e risposta di Andrea Tessier
intorno agli artisti Giov.Gherardi ni, Ugo da Carpi et Franc.
Marcolini. Venezia 1855; 8 0-
Hauer, Franz Ritter v., und Foetterle, Franz, geologische Über
sicht der Bergbaue der österreichischen Monarchie. Wien
1855; 4°-
Heidelberg, Universitätsschriften aus dem Jahre 1854.
Heusler, A., der Bauernkrieg von 1655 in der Landschaft Basel.
Basel 1854; 8«-
Jahrbuch, neues, für Pharmacie etc. Band III, Heft 1 — 3.
SctfyteSBertdjt beS 9Rarien=9Semneg jur Seförbetung ber fathotifcfjen
Sltffton in ßentrat=3tfrifa. 91t. 4. SÖten 1855; 8°-
Journal, the astronomical. Vol. IV, No. 6 — 9.
Ätet, UniöerjttätGfdjriften auä bem 3af)te 1854.
Jbnabl, Slidjatb, ber angebliche ®ötter=‘DuaIt8mu§ an ben SSotiöfteinen
ju Sßibern unb 5lquitcja gegen ben neueften SBehauptungg=93erfuih
iuieberholt in 5l6rebe geftettt. ®ra§ 1855; 8 0-
Kokscharow, Nicolai von, Materialien zur Mineralogie Russlands.
Mit Atlas. Bd. I, Lief. 1 — 15. St. Petersburg 1853; 8°-
Ärabbe, Otto, bie Uniberfttät Sfloftoif im 15. unb 16. Sf^rhunbert.
SSb. I. Sfloftoif 1854; 8o-
Kupffer, A. T., Compte-rendu annuel etc. de l’observatoire
physicpie central. 1853. St. Petersbourg 1854; 4°-
Lancet, nederlandsch. Serie II, Nr. 5 — 8; Serie III, Nr. 1 — 4.
Lanza, Franc., Dali’antico palazzoDiocleziano inSpalato. Disp. 1,2.
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Lazari, Vinc., Relazione di Andrea Gritti oratore straordinario
per la Rep. di Venezia al Sultano Bajezid II. Firenze, 1854; 8°-
— Promissione di Enrico Dandolo, Doge di Venezia (Giugno 1192).
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Leipzig, Universitätsschriften aus dem Jahre 1854.
Malvezzi, Gius., Intorno l'influenza della malattia delle uve sul
pagamento dei fitti e dei livelli. Venezia 1855; 8°-
— Sülle case d'Industria. Venezia 1855; 4°.
eingegangenen Druckschriften.
183
Malvezzi, Gius.,Rapporto della commissione instituita per istudiare
e riferire sulla possibilitä di fondare io Venezia una societä pel
patronato dei carcerati e liberati dal earcere (s. 1. et d.); 4 0-
Memorial de Ingenieros. Anno IX, No. 12.
Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik. Jahrg. III, Heft S.
Mocenigo, Alvise, Doge, commissione data a Luigi Giorgio ecc.
Venezia 1855; 8°-
Münster, akadem. Schriften aus dem Jahre 1854.
Slcufyrtdften üon ber ©eotg=2luguft»--Umt>erfttät uns ber f. ©efeltfcf)aft
ber aöiffenfdjaften ju ©ottingen. ^af;rg. 1854.
Negri, Girolamo, Discorso sulla coneesione di Maria. Tratto da un
codice Mss. posseduto dalCar.Em.Cicogna. Venezia 1855; S 0-
Owen, Rieb., Principes d'Osteologie comparee ou Recherches sur
P Archetype et les Ilomologies du squelette vertebre. Paris
1855; 8»-
Piria, R., Sulla Populina. s. 1. et d.; 8°.
Programm be3©pmnaftum§ 21. 6. ju £ermcmnftabt, für ba§ ©djutjafyr
1853/54. (2 ©cetnpl.)
Quetelet, sur la relation entre les temperatures et la duree de la
Vegetations des plantes. (Academie de Belgique, ßutletins.
Vol. XXII.)
Reichsanstalt, geolog. Jahrbuch, V. Heft; 4 0,
Repertory of patent inventions and other discoveries and improve-
ments in arts etc. No. 145 — 146.
Robin, Edouard, Precis element. de chimies generale etc. Part I, II.
Paris 1854; 8 0-
— Mode d’ action des Anesthesiques par inspiration. Paris
1852; 8»-
— Loi nouvelle regissant les differentes proprietes chimiques.
Paris 1853; 8°-
Rostock, Universitätsschriften aus dem Jahre 1854.
Schee rer, Th., über die Krystallform und die chemische Zusam
menstellung einiger Eisenhofen-Schlacken (s. 1. et d.); 8 0-
Schur, Ferd., Sertum florae Transilvan. Hermannstadt 1853; 8 0-
Societe Imp. et centr. d'Agriculture. Bulletin, Seriell, T. 10.
Societe geologique de France. Bulletin, T. XII, No. 8—11.
Societe Linneenne de Normandie. Memoires 1824—1828; 8 0-
1829—1853; 4°- Paris 1825/53.
184
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Society, Chemical, quarterly journal. No. 26, 2S, 29.
Sprenger, A., A Catalogue of the Arabic, persian and Hindu'sta’ny
manuscripts of the libraries of the king of Oudh. Calcutta.
Vol.I, 1854; So-
Stu mm er, 3of., SMlblidje Sarftellung ber ©efc^idjte bcr auäfdjl. priti.
Äaifer^etbinanb§=S2orbba^n, öom SBegtnn beS SBetriebeS big jum
abgelaufenen SOBten 1855; got.
Sugentyettn, Sam., ©efd)icpte ber ©ntftetmng unb Sluäbitbuug beg
Ätrdjenflaateg. Setpätg 1854; 8°-
Thierarznei-Institut, k. k„ Vierteljahrsschrift für wissenschaftl.
Veterinärkunde. Bd. VI, Nr. 4.
Trausch, Jos., Chronicon Fuchsio Lupino-Oltardinum, sive Annales
Hungarici et Transsilvan. Vol. 1, 2, Coron. 1847/48; 4°-
Vereeniging, natuurkund. in Nederländsch Indie. Tiidschrift.
Vol. III, Aflev. 7.
Verein für vaterländische Naturkunde in Würtemberg. Jahreshefte.
Bd. XI, Heft 1.
98 er ein für ftebenbürg. Sanbegfunbe. 3lrcf)tö. lieft 3. (2 ©jeempl.)
Sßeretn, piftor. für Steiermarf. SKittpeitungen. |>eft6,;3a§regbertd)t 1854.
Verein, hessischer, fürGeschichts-u.Landeskunde etc. 1854. Nr.4.
Verneuil, de, et Loriere de, Tableau des altitudes, observees
en Espagne pendent l’ete de 1853. Paris 1854; 8°-
Villa, Ant., Notizie intorno al genere Melania. Milano 1855; 8 0-
— Osservazioni entomologiche, durante l’eclisse del 9 Ottohre
1847. Milano; 8»-
— Intorno all’ helix frigida, Pavia 1854; 8°-
— Comparsa periodica della efimere nella Brianza. Milano 1847; 8°-
Visiani, Roberto de, di due piante nuove dell’ordine Bromeliacee.
Venezia 1854; 4°-
— delle benemerenze de Veneti nella Botanica. Venezia 1854; 4°-
SBagner, ©eorg, SteStiftungen tm ©rofperjogtfmntReffen. Sarmftabt
1854; 8°-
Weisse, Max., Sternbedeckungen und Mondsterne, beobachtet auf
der k. k. Sternwarte in Krakau. Krakau 1855; 8°-
Wietersheim, E. v., Gedächtnisrede auf Se. Maj. Friedrich
August, König von Sachsen. Leipzig 1854; 4°-
Zantedeschi, Franc., Telegrafo delle stazioni e delle locomotive
delle Strade ferate. Venezia 1855; 8°-
Gang der Wärme und des Luftdruckes im Mai 1855.
Die punctirten Linien stellen die Wärme, die ausgezogenen den Luftdruck dar
Die beigeschriebenen Zahlen sind Monatmittel, denen die stärkeren Horizontallinicn entsprechen
Ein Netzthed entspricht bei der Wärme einem firad Reaumur, beim Luftdrucke einer Pariser Linie.
ftntw. v A. U Burkhardt.
Sitzunggb. tl. k. AkatLd. W. inalli. nalurw. riXYHiid. l.Hfl't, 1855.
Aut i k. k Hsf-u. Staaüdruektrei
I
Übersicht der Witterung in Österreich im Mai 1855.
Entworfen von A. U. Burkhardt, Assistenten an der k. k. Contral-Anstalt.
Beobnchtungsort.
Valona .
Curzola
Semlin .
Ragusa *)
Szegedin
Triest .
Zara . .
Gran
Parma 2 )
Fünfkirchen
Wallendor
Venedig 4 -)
Czernovvitz
Udine . .
Debreczin
Kronstadt 5 )
Mailand
Meran .
Joisva .
Zavalie.
Cilli . .
Lemberg
Wien 7 )
Tirnau .
Olmütz.
Korneubur
Rzeszow
Jaslo. .
Brünn .
St. Pani
Krakau.
Klagenfurt 8
Prag. . .
Czaslau 9 )
-j- Neusohl 10 )
Laibach
Lienz im Tii
Innsbruck
Agordo.
Adelsberg
Mittlere
Tem
peratur
Reauinur
+ i5 9 63
+ 15-33
+ 14-59
+ 14-47
+ 13-98
+ 13-75
+ 13-61
+ 13-29
+ 13-27
+ 13-01
+ 12-93
+ 12-80
+ 12-78
+ 12-77
+ 12-56
+ 12-38
+ 11 -98
+ 11-92
+ 11-67
+ 11
+ 11
+ 11
+ 11 -28
+ 11-09
+ 10-91
+ 10-70
+ 10-60
+ 10-57
+ 10-44
+ 10-42
+ 10-36
+ 10-32
+ 10-26
+ 10-03
+ 10-00
+ 10-00
+ 9-86
+ 9-83
+ 9-75
+ 9-71
•61
•30
•30
Maximum
Tag Temp.
31-6
31-6
316
316
31 - 6
31-6
31-6
31 -6
26-
31 -6
31-6
27-6
31-6
27-6
31-6
31 • 5
27-
28- 6
31-6
31-6
31-6
31-6
31-
31-6
31 6
31-6
31 - 6
31 -6
31-
31-6
31-
31 •
31-
31-6
31-6
31-6
27-6
31-6
27-6
31-6
+ 24 9 5
+ 22-1
+ 25-4
+ 21-7
+ 26-4
+ 23-5
+ 21-0
+ 22-0
+ 22-0
+ 27-1
+ 25-0
+ 22-4
+ 24-2
+ 21-2
+ 24-0
+ 22-6
+ 21-6
+22-5
+ 26-0
+ 23-0
+ 230
+ 23-4
+ 24-0
+ 20-4
+ 24-2
+ 21-3
+ 23-4
+ 24-0
+ 22-1
+ 22-0
+ 25-7
+ 25-7
+ 23-3
+ 22-4
+ 20-8
+ 20-4
+ 19-6
+ 20-6
+ 20-7
+ 21-2 j
Minimum
Tag Temp.
3-3
10-3
2-3
19 ■ 9
20 ■ 3
10-3
14- 9
1-3
15-
10-3
20-9
10- 3
1-3
16- 3
20- 3
8- 3
12-
15- 3
21- 3
1-3
11- 3
1-3
1- 3
2- 4
3- 3
2- 3
1-3
1-3
6-
10-3
3-
10:
3-
10-3
2 3
10-3
10-3
9 • 3
15*3
16- 3
9- 9
+ i0 9 0
+11-0
+ 6-0
+ 10-0
+ 6-0
+ 8-5
+ 9-2
+ 4-0
+ 6-1
+ 6-0
5- 6
7-3
3-0
6- 3
5-2
+ 5-0
+ 4-3
+ 6-0
+ 3-0
+ 5*2
+ 1
+ 1
+ 2
+ 2
+ 2
+ 2-5
+ 4-0
+ 3-0
- 0-3
+ 1-4
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
+ 1-5
— 0-3
-j- 1-9
+ 1-6
+ 2-9
+ 3-2
+ 3-0
+ 4-1!
+ 1-61
+ 2-2
332’76
334-99
332-48
334- 41
336-22
332-22
330- 06
321•84
335- 89
325-93
331- 27
314-34
330-02
323-83
326- 73
324- 96
328-23
330 13
327- 38
328- 17
327-12
327-49
319-13
327-89
318-59
327-37
325- 54
321-87
324-76
310-46
312-62
312-58
314-95
Maximum
Tag Luftdr.
21- 3
22- 6
22-9
22-3
21- 9
22-
22-3
31-3
21-9
31-3
31-3
23-
24- 6
25-3
25 • 6
25-4
25-4
25-3
24- 9
25- 3
25 3
25-3
25-4
25-3
18-
25-3
25-4
24- 9
25- 3
(7)1-8
22-5
22-9
Minimum
Tag
335-17
337- 83
335-69
339 29
338- 45
334-97
332-64
324-72
338-82
328-78
334-06
317-24
332-50
328-27
329- 47
327- 40
331-13
333-08
330- 57
331- 43
330-17
330- 57
322-23
331- 26
321-46
330-58
328- 53
325-66
327-37
313-54
316- 61
315-38
317- 39
15-9
9-6
9 9
15-9
9-6
15-
16- 3
9-9
15- 9
12-3
16- 3
9-9
15-9
15-9
16-3
19-6
16-3
16-4
10-3
16-6
15- 6
16- 3
16-6
16-3
16-
16-3
16-7
16-3
16-6
16-9
16-3
16-3
Luftdr.
329"53
331-18
330- 70
331- 65
332- 62
328-21
327- 08
319- 01
331-34
323-51
328- 71
311-19
326-32
320- 13
323-24
321-97
323 99
326-65
323- 64
324- 65
324-03
323- 92
315-33
324- 47
314-80
323-01
321-40
318-84
321-06
306-68
308-65
308-67
310-85
Dunst
druck
6 61
5-63
4-98
5 65
76-
4-57
4-44
3-83
3-77
3- 81
4- 58
3-72
3-90
3-50
3-43
3-64
3-41
3-28
3-54
3 47
3 81
2-91
Nieder
schlag
29"'83
46-90
6-20
145-00
28-20
61 -00
36- 82
37- 18
18-66
43-01
9 • 23
43-69
1015
55-94
66-49
35-30
26-89
22-95
42-71
41-72
22-09
33- 33
35-86
24- 97
14-90
25- 07
24-23
30-14
41-95
67-99
87-90
34- 98
17-26
49-22
Herr
schender
Wind
NW.
NW.SO.
NO.
SO.
N. SO.
SO, ONO.
s.
■sw, NW,
o. NO. SO.
NW.
SW.
SSO.
NW.
O.
s.
NO.
S.
w.
w.
NW.
W.
OSO.
NW.
W.
W.
SW.
so.
NW.
SO.
O.
SW
SW.
SW.
NW.
SO.
W.
SW. s.
so.
Aniucrkuugen.
Am 17. Mittags starker SO.-Wind u. | 24°.
Am 17. stürmisch aus SO., am 18. aus NW.
Am 6. u. 27. Gewitter.
Am I. 13.14. Gewitter, am II). Blitze, am 18, Erdstoas.
Am 5. Sturm a. W., am 25. a. NW.
Am 31. stürmisch am Meerei
Am 13. 16. 27. Gewitter. [17.18.19.Hagel
Am 5.12.stürm., am 12.18. auf 19. Blitze 9. 13. 14.1(I.
Am 6.9.19.28.29. Sturm, am 28.29. mit Hagel. | Wetterl
Am 10.19.28.stürme, am 0.14.10.28.29.8O.GOW.. a. 6.12.27.
Am 5.St., am i 2.14.15. Hagol, am 5.u.2l!.Gew.. 18.1 ».Blitze.
Am 2.24.Gew., am 12.14,15, Wetterl., am 10. Sturm a.N.
Am 30. + 21 9 1, am 5. 0. 12. 18, 31. Gewitter.
Am 3. 5. 6. Gewitter. |Stürmc am 17. u. 18. a. S,
Am 14.25.20.Gew., Wetterl. amO, 18.26.29, Hagol am 14,
Am 2.3. 4. 5. Gewitter, am 2. u, 4. mit Hagel.
Am 31. Mitt. Gewitter mit Hagel u. Gussrogen hi» 8' 1 Ab
Am 3. 5 16.27.28.29. Gewitter, am 10. Sturm.
Am 16. Gewittor, vom 28. 31. stürmisch a. SW.
Am 28. 22 3.
Am 3.6.14. 15.I8.30.Gow., am!. Nachts Rogen mit Schnee
Am 5.16.26.28, Gewitter, am 12,12 1 ' Sturm n, NW.
| ii.O. ii. SO., iiiii 31. n. S
Ain 3,29. 30. Wetterl. nach NW., am 16. ». N., am26. u.27
Am 5. starkes Gewitter, am 8. u. 10. Reif.
Am 5. Ah. 8' 1 Wetterl., lo 1, Sturm mit Gewitter a. SW.
Am 3.5.6.29.30, Gewitter, am 12. Blitze, am 6. Hagel.
Am 5. 23. Gewitter il. II). Sturm a. NW.
Am 31. Gewitter mit Hagel.
Am 5.29. 30. Gewitter, am 16. Blitze im SO.
Am 5. Gewitter mit Sturm a.N. [#. SSW.
Am 5.17.22.28. 31. Gew., am 5. mit Hagel, am 22. Sturm
Am 12. (um 0 1 ' Murg.) 14. 27. 31. Gewitter.
Am 5. Gewitter, am 26. ii. 31. Ah. Wetterleuchten.
Am 5. 20. 25. Gewitter.
Am 5, Gewitter, am 31. mit Hagel, am 27. Wettorl., um
118,28. Sturm.
Am 5.9. Ah. u. 31. NachIsGew., am 31. mit Sturm ii. Hagel,
Am 9. stürmisch a. NO. [am 16, Schnee.
19. 26. waren die Alpen wegen grosser Reinheit der Atbmospbäre sichtbar. Die Beobachtung der Mondesfinsterniss am 2. Morgens war durch heiteren Himmel begünstigt,
3) W al 1 e n dor f. Am 31. am 2 h 30' die höchste bis jetzt daselbst beobachtete Temperatur: 25*4°.
4) Venedig. Am 5. war ein sehr stürmischer Tag, um 5 h Morgens schon Gewitter mit starkem SO., später fiel dpreh 20' Hagel, in */i Stunden fielen 9'4V" Wasser, auch im huuffi des Vorm Hing« fiel
noch Regen bei Blitz und Donner und starkem SO.-Winde; das Canalwasser war sehr hoch. — Bei der Mondesfinsterniss am 2. Morgens war heiterer Himmel,
5) Kronstadt. Der Niederschlag vom 10. um 12 1 * bis 11. um 12 1 * betrug 32*06'".
0) Lemberg. Bei dem Gewitter am 14. fand in der Nähe eine verheerende Windhose und ein Wolkenbruch Statt.
7) Wien. Am 21. Morgens ungewöhnlich dichter und tiefziehender Höhennebel. Die ungewöhnlich warmen Tage in den letzten Tagen des Monats erreichten diesseits der Alf»**n fasl durchweg» fim 31- den
höchsten Grad, während die Orte jenseits der Alpen in Italien und Dalmatien das Maximum der Wärme schon früher (am 27.) hatten, wodurch die Verbreitung der Wärme von einem gewissen Huncle (rtti)
nach verschiedenen Richtungen wahrscheinlich wird.
8) Klagenfurt. Am 9. Abends stürmisch a. N. mit etwas Schnee, am 10. und 11. starker Reif; der Schnee liegt bis 2200' herab.
9) Czaslau. Vom 18. bis 20. häufige Regen und Überschwemmungen.
10) N e u s o h 1. Um den 7. d. M. fiel auf dem Liptauer Gebirge neuer Schnee, der erst zn Ende des .Monats ganz aufgelöst wurde.
11) Lienz. Am 9. fiel Schnee bis auf 3700' herab, am 10. nach Aufheiterung starker Reif im Thale. Das Gewitter am 31. kam hier um '> h Abend« zuerst mit Hagel zum Ausbruche, um folgte ein zweites
und um 9 h ein drittes gegen das Möllthal zu. (Vergl. Gastein.)
•[•) In Neusohl beobachtet Herr Professor W. Zeuger. Die Vegetations-Beobachtungen werden von Herrn l)r. V'afecka ausgeführt. N<-u»olil liegt unterm 48"44 17" nurdl. Breite
und 36°48'50'' östl. Länge.
Sitzb. d. mathero.-naturw. CI. XVII. Bd. I. Heft.
M E!* 1 ' r
Beohachtungsort.
Mittlere
Tem
peratur
Reaumur
Maximum
Tag Temp.
Minimum
Tag Temp.
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
Maximum
Tag Luftdr.
Minimum
Tag Luftdr.
Dunst
druck
Nieder
schlag
Herr
schender
Wind
Anmerkungen.
Ki'emsmünster 4 )
Leutschau . .
Oderberg. . .
Pilsen ....
Schemnitz . .
Kesmark . . .
Bregenz . . .
Schössl 3 ) . .
Bodenbach . .
Tröpelaeh . .
Trautenau . .
Althofen . . .
Oberveliach .
Piirglitz s ) . .
Reichenau 4 ) •
Deutschbrod .
St. Magdalena 5 )
Weissbriach. .
Senftenberg “).
Steinbüchel . .
St. Jakob (Gurk]
St. Jakob. . .
Saifnitz . . .
Bad Gastein 7 ) .
Heiligenblut. .
Obir I
Mallnitz . . .
Alkus . . .
Plan 8 ) . . .
Stilfserjoch 9 )
St. Maria 10 )
+ 9-69
+ 9-69
+ 9-64
+ 9-62
+-9-55
+ 9-43
+ 9-22
+ 9-15
+9-13
+ 9-11
+ 9-00
+ 8-99
+ 8-67
+ 863
+ 8-49
+ 8-39
+ 8-21
+ 8-14
+ 8'09
+ 7-98
+ 7-93
+ 7-84
+7-59
+ 7-32
(-6-30
+636
+3-68
+ 3-64
+ 4-63
+ 1 • 63
—1-80
31-6
316
30- 6
31- 6
31-6
31-6
31 -G
31-6
31-6
26-
ar- 5
3l • 5
316
27-6
31-6
31-6
31 - 6
31-6
31-6
3t-6
31-6
31-6
316
27-0
29-6
310
27-6
27-6“
27-6*
35- fi
31*9
27 6
+ 24 9 1
+ 22-0
+ 20-6
+ 21-0
+ 20-3
+ 21-8
+ 19-0
+ 21-4
+ 22S
+ 19-0
+ 16-0
+ 20-4
+ 20-6
4-21-3
4-18'0
4-20-6
+ 19-0
4-18-8
4-21-0
+ 17-4
4-18-0
4-14-7
4-18-6
418-6
413-9
420-0
+ 18-0
416-3
413-4
411-0
4 3-0
14-2
2- 3
20-6
3- 3
21-3
3-3
17-9
10-3
7-3
10-3
9-4
10-3
10-3
3-3
2- 3
9-9“
10-3
3-
9-9
9-9
10-3
10-3
10-4
10-3
10-3
10-3
10-3
10-3
10-3
1-4
0-6
10
+ 2-4
4 1-0
0-2
0-4
4 2-9
00
4 0-2
4 0-1
0-0
4 1-0
+ 0-8
4 0-8
2-0
1-0
2-8
1-6
2-0
0-3
4 3-8
4 2-0
4 6-0
+ 7-0
321 n '0S
323-68
323-33
313-01
312- 06
320-03
323-22
330-31
313- 47
319-42
308-00
311-40
322-37
304-06
31919
300-33
296-33
287-03
276-17
247-26
7-4
23-3
19
23-
25-
7-
19-
23-
23-
23-3
23-3
23-3
19-3°
23-3
22-3
25-3
23-3
18-8
26-3
22 • 9
23-9
323"88
326-38
326-97
313- 67
314- 96
324-71
326-31
332-15
313 84
322-96
310-17
314-16
326-46
314 93
306-30
322-21
302-38
298-89
289-91
279-27
250-33
13-9
16-6
16-3
16-3
13-9
15- 9
16- 3
16-
10-6
16-8
16-3
16-6
16-3
le
ie-
16 3
16-6
16-6
16-6
16-3
16 3
316 ? 40
321-32
319-22
310-39
309-33
313-65
319-33
326-39
309-88
315-26
305■31
307-93
318-28
301 77
300-15
315-24
296-80
292-93
283-55
271-64
243-19
3-28
3-19
2-67
2- 92
3- 73
3-09
3-33
2-86
51-90
39-65
34-05
29-03
77-36
3215
36-77
42-37
36-20
63 10
70-46
18-00
27-70
25-47
16 55
14-86
108-97
25-11
33-49
18-55
60-36
60 99
W.
SW.
NW.
W.
NW.
S.
s.
SW.
NW. NO.
SW.
w.
w.
SW.
w.
w.
so.
SW.
SW.
SW.
SW.
NW.
N.
■>
AmS.12.16.29. ferne Gew., am25.27.Wetterl.,am8.10.14.
AmS.6.16.Gew.,2i.Reif,atn9.Sturma.NNW. [21.Reif.
Am 17. Gewitter a. W.
Am 14.22. 31. Ah. Gewitter, am 22. stürmisch.
Am 5. u. 27. Gewitter, am 27. mit starkem Hagel.
Am 5. um 8 h Ab. heftiges Gewitter.
Am 29. 31. Gewitter. [10. Reif.
Am 5. 12.14. 22. 28. Gew., am 22. mit starkem Hagel, am
»Am 19-6 332"13, am 12.14.17.22.28.29.31.Gewitter.
Am 31. Gewitter mit Hagel.
Am 13. 23. 28. 31. Gewitter, am 15. stark.
[noch Reif, am 22. Wetterl
»Am 25-3 325 ! ’91, am 3. 12. 16. 28. 31. Gewitter, am 21
(Am 5.11.12.22.23. Gew., dann v. 31. auf 1. Nachts, am 10
( Frost und Eis. [SO., am 23. a. SW.
Am 5. 11. 12. 14. 23. 23. 27.28. Gew., am 5. mit Sturm a
»Bei Schneefall am 20. Gewitter, am 12.14.17.18. kleiner
[nagel
Am 18. Sturm a. NO., am22. Ab. Wetterl-, am2.3.10.Reif.
Am 9. u. 13. Regen mit Schnee, am 31. Gew. mit Hagel, am
Am 31. starker Hagel mit Gewitter. [14. Wetterl. im S
(Am H.u.16. noch 0°, am 15—1°, Schnee am9.13.14.15
( 16, am 31. Gew. mit Sturm, am 9.18.19. stürmisch.
»Am 31-6 nur +6 ? 4, am 31. Gew. mit Hagel u. Sturm a
»Am 27. +10, am 1. 4.12. Schneefälle. [NW,
Am 5.11.31. Stürme, am 31. Gewitter mit Hagel.
1) Krerasmünster, Bei dem Gewitter am 12. um 2 h 45' Abends fiel bei Wels und Linz Hagel; in Wels schlug der Blitz ohne zu zünden ein. In den kalten Tagen um den 9. waren die Vorberge frisch
beschneit. *
2) Schössl. In dieser Gegend dauerte die kalte rauhe Witterung bis 21.
3) Piirglitz. Auch hier, besonders am 2. 3. 14. kalte Witterung, an diesen Tagen auch Fröste. Erst nach dem letzten Reife am 21. begann eine höhere Temperatur vorzuherrschen. Alle Gewitter waren
zwischen l h und 8 11 Abends, nur das Gewitter am 27. war um ll h 45' Morgens.
4) Reichenau. Bis 21. stieg die Temperatur nicht über + 12 und fiel noch einige Male auf 0.
5) St. Magdalena. Am 17. war der Hagel besonders dicht, so dass der Boden davon bedeckt wurde. Am 15). und 27. wurden (im Cirrus) grosse Sonncnhöfe beobachtet.
tf) Senftenberg. In Folge des Schmelzens der bedeutenden Schneemassen im Riesengebirge trat der Adlerfluss oft und anhaltend aus. Die Anwohner der nördlichen Gebirgskoppen haben den Anbau
ihrer Felder des noch (am 20.) liegenden Schnees wegen aufgegeben. Eine Commission hat sich hievon überzeugt und den Schnee noch 4 Ellen tief auf den Feldern und in einer Gebirgsschlucht sogar bis
18 Ellen tief gefunden.
7) Ga st ein. Am 9. und 13. reichte der neu gefallene Schnee ganz an den Bergen herab, am 20. war die 9000 Fuss hohe Wetterwand zum ersten Male ganz rein sichtbar, am 22. häufige Lawinen im Nass
felde, am 24. war der Schnee bis 0000' auf der Westseite, am 29. bis 7800' angegriffen, am 27. sind die Bäche in Folge Schneethauens stark angeschwollen. Am 31.fi 1 * 30' Gewitter mit erhsengrossem Hagel,
bis 2 h Morgens waren 4 Gewitter, das letzte war das stärkste, von ungewöhnlicher Intensität mit haselnussgrossem Hagel und Gussregen, worauf grosses Anschwellen der Ache erfolgte.
8) Plan. Am 31. 12 1 ' Mittags das erste Gewitter, um 1 das zweite, um 3 !l das dritte, beide mit Hagel, um 8 1 ' Ab. heftiger Sturm aus NW.; so ein stürmisches Wetter ist in den letzten sieben Jahren auf
dieser Höhe nicht beobachtet worden.
5)) Stilfserjoch. Am 31., dem Gewittertage, erreichte in dieser Höhe die Temperatur erst Abends das Maximum +11°, Morgens 7 1 * waren +6°, 2 1 ' Abends +7°.
10) St. Maria. Am 31. war auch hier Mittags und Nachmittags Gewitter mit Sturm, Regen, Schnee und Schauer (Hagel?) bis 7i/ 2 >‘ Abends; die Temperatur war während des Tages zwischen -f 1° und 2*0°.
Magnetische Störungen.
15. 28.
Nachträge zu den früheren Monaten.
Admont, März , .
Alt-Ausseo. April .
Markt Aussee . . .
+ I -90
+ 2-79
+ 3-6i
25-6
14-6
20 • 6
+ 9-2
+ 11-8
+ 16+)
12 3
23-8
23-8
10-7
3-8
2-0
308-68
300-84
311-76
31 -3
16 0
16-6
313-93
304-98
315-99
22 • 9
10-6
10-8
302-01
294-10
305-00
2-46
2-10
12-29
83 35
44 59
NW.
W.
W.
Stürme am22. a. NO., später a. SW..nm25.a.\V., am28.a.N.
Am 17. + H ? 2.
SITZUNGSBERICHTE
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XVII. BAND. II. HEFT.
JAHRGANG 1855. — JULI.
13
i
SITZUNG VOM 5. JULI 1855.
Der Secretär theilt die betrübende Nachricht von dem Ableben
des correspondirenden Mitgliedes, Herrn Prof. Dr. Franz Adam
Petr i na mit, welcher am 27. Juni d. J. zu Prag, in Folge eines orga
nischen Herzfehlers im SS. Lebensjahre verschieden ist.
Eiugeseiidete Abhandlungen.
Vereinfachte Methode der graphischen Winkelmessungen
kleiner Krystalle.
Von dem w. M. W. Uaidinger.
Als einen Zusatz zu der Mittheilung vom S. October 18S4 *)
bitte ich um Erlaubniss, der hochverehrten Classe die folgende Ver
einfachung der Methode darzulegen. Sie ist im Grunde nur eine
Modification derselben, aber doch viel einfacher in der Anwendung.
Man klebt den zu messenden Krystall dergestalt auf eine
Spiegelglasplatte, dass die Kante, welche gemessen werden soll,
senkrecht auf der breiten Fläche derselben steht.
Diese Platte legt man nun auf das Blatt Papier, auf welchem der
Winkel aufgetragen werden soll. Man hat es früher mit einer Linie
versehen, mit deren Richtung die Projection einer der Krystallflächen
nach der andern zur vollständigen Übereinstimmung gebracht wird.
Man wählt eine ganz ebene Auflage, sehr glattes Papier und zieht
die Linie mit einer Reissfeder recht schwarz mit Tusch und von der
Breite etwa einer halben Linie oder eines Millimeters, so dass man
*) Sitzungsberichte, Band 14, Seite 3.
13*
188 Haidinger. Vereinfachte Methode d. graph. Winkelmessungen kleiner Krystalle.
nach Umständen den Parallelismus auf weissem oder auf schwarzem
Grunde vergleichen und beurtheilen kann. Man kann auch bereits
früher mit Linien vorbereitetes Papier auf dasjenige Papier aufkleben,
auf welches man die Messung projiciren will. Hat die Glasplatte die
Gestalt eines etwa drei Zoll langen und zwei Zoll breiten Lineals,
so kann man eine der langem Seiten sogleich als Richtschnur nehmen,
und an derselben in den zwei Stellungen Linien auf das Papier ziehen,
welche denselben Winkel mit einander einschliessen müssen, wie die
Projection des Kantenwinkels auf dem Papier. Wie immer aber auch die
Glasplatte gestaltet sei, so wird man doch gewiss an einer Seite dersel
ben wie in Fig. 1 ein Lineal AB fest anlegen können, ohne dass es kippt,
und entlang der Seite AB zieht man nun eine Linie auf das Papier :
Fig. 1. Fig. 2.
In der zweiten Stellung, Fig. 2, ist diese Linie AB noch übrig, aber
die Glasplatte mit dem Krystall und das neuerdings fest an der Platte
anliegende Lineal hat man nun in eine verschiedene Lage gebracht,
in welcher man entlang der Seite CD wieder eine Linie auf das
Papier zieht. Die beiden Linien AB und CD schneiden sich in M
unter demselben Winkel, welchen die Kante?« m! des Krystalls besitzt.
Man kann nun den Winkel BMD mit einem Transporteur
messen, oder man kann durch ein auf BM oder DM gefälltes Loth
ein rechtwinkliges Dreieck verzeichnen, in welchem man die beiden
Katheten als Radius und Tangente von einem Massstab ahnimmt
und dann taug BMD berechnet, oder man sticht aus dem Mittel
punkte M von den Linien gleiche Theile mit dem Cirkel ab, z. R.
BM und DM, verbindet sie durch eine gerade Linie, und halbirt
diese. Dann hat man aber auch durch Vergleichung eines Mass
stabes tnng % BMD. Oder man kann unmittelbar, wie es Herr
Haidinger. Die Formen des Kalichlorcadmiates.
189
Grailich erwähnte, als wir die Methode besprachen, den Winkel für
den Radius MB = MD, durch die Sehne B D ausgedrückt, in einer
Sehnentafel aufsuchen. Man wird in allen diesen Fällen um so
genauere Ergebnisse haben, als man mehr Aufmerksamkeit in jeder
Phase des Vorgangs beobachtet. Namentlich sollte der Tisch ganz
eben, und das Papier glatt sein, man sollte die Linie mit einer Reiss
feder und Tusch ziehen, und die Lineale müssen vollkommen gerad
linig sein. Ob die zwei Seiten des Lineals parallel sind, daran ist
nichts gelegen, man könnte vollkommen gute Projectionen erhalten,
wenn man sich eines Dreiecklineals bediente, nur eines ist unerläss
lich, die Seiten müssen vollkommen geradlinig sein.
Die Methode ist auch sehr gut für Messung der ebenen Winkel
anwendbar, wie sie bei starker Vergrösserung durch Mikroskope
sich darstellen.
Die Formen des Kalichlorcadmiates.
Von dem w. M. W. Hnitlinger.
Zu den schönsten der Krystalle, welche der k. k. Herr Hauptmann
Karl Ritter von Hauer im verflossenen Sommer dargestellt, gehören
ohne Zweifel die nach der Formel 2KaCl -j- CdCl zusammengesetzten,
von wasserlosem Chlorkalium-Chlorcadmium. Es sind dies flache
Rhomboeder von nahe 120°, combinirt mit jenem sechsseitigen Prisma,
welches die Seitenkanten abstumpft, B.°o (), Fig. 1- Diese Abstumpfun
gen sind oft nur ganz schmal, oft
sind auch wohl die Rhomboeder ganz
ohne Veränderung. Sehr häufig sind
auch Zwillingsbildungen mit paral
leler Axe wie Fig. 2. Doch sind sehr
oft die zwei Individuen von unglei
cher Grösse, so dass kleinere Kry
stalle nach diesem Gesetze nur an
die grösseren angewachsen erschei
nen. Die Symmetrie ist so augen
fällig, dass man nicht anstehen sollte,
sogleich das rhomboedrische Kry-
stallsystem zu erkennen. Nichts
Fig. 1.
Fig. 2.
190
Haidinger. Die Formen des Kalichlorcadmiates.
desto weniger fand mein hochverehrter Freund, Herr Professor
Rani meisberg, den Kantenwinkel so nahe = 120°, dass er für
die Grundform das regelmässige Granatoid annehmen zu müssen
glaubte *)• Als ich dies in der Mittheilung sah, erschien es mir zu auf
fallend, als dass ich nicht gewünscht hätte zu untersuchen, ob diese so
ausgesprochene rhomboedrische Symmetrie doch gar keine Bedeutung
haben sollte. In der That polarisirten die Krystalle in der Herapathit-
zange die ich Herrn Professor von Nörrenberg verdanke, schon
wenn man Rhomboeder, ein bis zwei Linien dick, ganz ohne
weitere Vorbereitung dazwischen nahm, das Licht mit den lebhafte
sten Interferenzfarben der Ringe, man konnte leicht grosse Theile der
Ringe unterscheiden, nebst den dunkelrothen Kreuzen, da die Zange
das dunkelste Roth noch hindurchliess. Eine Platte senkrecht auf die
Axe geschliffen, zeigte das vollkommene Ringsystem, von dem Kreuze
durchschnitten. Die doppeltbrechende Kraft ist sehr schwach, so
dass bei schon ansehnlicher Dicke der Platten die Ringe noch sehr
gross sind. Vermittelst der Kreuzung mit der feinen Glimmerplatte,
von einer Viertelwelle Undulation zeigten sich die zwei dunklen Punkte
senkrecht gegen die Richtung der Ebene der Axen der Glimmerplatte
gestellt, gaben also den Charakter der optischen Hauptaxe des Kali
chlorcadmiates positiv, wie Quarz. Die Doppelbrechung ist so
schwach, dass bei einem der Hauptaxe parallel geschliffenen Prisma
von 57° die Bilder nicht getrennt erschienen. Übrigens war dann das
Minimum der Abweichung = 20° 30' daher
sin (V a 57° + 20° 30') sin 49° ,, 0o
11 ~ sin (V 2 57°) _ sin 28° 30' = ’ S82 '
Bei einem Versuch graphischer Messung der Axenkante erhielt ich
für die zwei anliegenden Winkel auf dem Papier 119° 44' und 60° 10'
dessen Supplement = 119» SO'ist, Mittel = 119° 47'; durchSpiege-
lung 60° 14' also Supplement = 119° 46'. Das Grössenverhältniss
der Axe a = V 4-115 gibt angenähert 119° 48'. Es mögen demnach,
bis auf Genaueres, folgende Constanten, krystallographisch und
optisch für die Species vorgeschlagen werden:
Formrhomboedrisch; GrundgestaltÄ= 119° 48'.Axeft = pTTfä
Combination R oo Q. Zwillingskrystalle gruppirt parallel den Flä
chen oo R.
1) Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie u. s. w. Band 15, Seite 35.
Schiefferde*cker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft etc, 191
Strahlenbrechung nach einer Hauptaxe, deren Charakter positiy
ist. Die beiden Exponenten => 1-582, und nicht vor der vierten
Decimalstelle von einander verschieden, jedenfalls der Exponent für
den ordentlichen Strahl kleiner als der Exponent für den ausser
ordentlichen, oder w < e.
Vollkommen farblos.
Bericht über die vom Verein für wissenschaftliche Heilkunde
in Königsberg in Preussen angestellten Beobachtungen über
den Ozongehalt der atmosphärischen Luft und sein Verhalt-
niss zu den herrschenden Krankheiten.
Von Dr. W. Schiefferdecker.
(Mit iS iith. Tafeln.)
(Gelesen in der Vereinssitzung am 30. Mai 1834.)
Im Februar des Jahres 1852 beschloss der Verein für wissen
schaftliche Heilkunde in Königsberg, hauptsächlich angeregt durch
den damals in Henle und Pfeufer's Zeitschrift gedruckten Vor
trag des Prof. Schönbein: „Über einige mittelbare physiologische
Wirkungen der atmosphärischen Elektricität“, umfangreiche Beob
achtungen über diesen Gegenstand zu machen. Zu diesem Zwecke
bildete sich eine eigene Section für Ozonometrie, deren erste Auf
gabe es war, den Plan zu diesen Beobachtungen zu entwerfen. Es
wurde demnach vorgeschlagen und-von dem Vereine angenommen,
dass vorläufig für ein Jahr Beobachtungen über den Ozongehalt der
atmosphärischen Luft in Königsberg und seinen Umgebungen ange
stellt und genaue Tabellen über alle acuten Krankheiten geführt
werden sollten, damit aus der Vergleichung beider sichere Schlüsse
über den positiven und negativen Einfluss des Ozongehalts der Luft
auf die Entstehung und Verbreitung gewisser Krankheitszustände
gemacht werden könnten. Die Ozonbeobachtungen sollten von den
Mitgliedern der Section, die Krankentabellen von allen ärztlichen
Mitgliedern des Vereins gemacht werden.
Der Vorsitzende der Section für Ozonometrie erstattet in
Folgendem Bericht über diese durch 12 Monate, vom 1. Juni 1852
bis ultimo Mai 1853, angestellten Beobachtungen.
192 Schi eff er decker. Uber den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
1. Der Ozongehalt der atmosphärischen Luft.
1. Methode der Beobachtung.
Die einzige und bis jetzt allgemein angewendete Methode zur
Ermittelung und Bestimmung des Ozongehalts der atmosphärischen
Luft bestand darin, dass man mit Jodkalium-Stärkekleister getränkte
Papierstreifen in der Luft aufhing, und aus dem Grade ihrer Färbung
auf die Höhe des Ozongehalts schloss. Schönbein hat zur quan
titativen Bestimmung eine Farbenscala angegeben, in der die ver
schiedenen Nüancen von Weiss bis zum dunkeln Violet in 11 Stufen
getheilt sind, die mit Zahlen von 0 bis 10 bezeichnet werden, und
es möglich machen, durch eine Zahl den jedesmaligen Ozongehalt zu
bestimmen und zu notiren. Allerdings wissen wir nicht, welchen
Gewichtsverhältnissen die einzelnen Farbenstufen entsprechen, aber
wir erlangen auf diese Weise wenigstens bestimmte Verhältniss-
zahlen, die mit einander verglichen werden können.
Um die Königsberger Beobachtungen mit andern und namentlich
mit den von Schönbein angestellten vergleichen zu können, und
jeden Zweifel über die Gleichheit des Apparates zu beseitigen,
wurden für unsere Beobachtungen die Ozonometer aus Basel ver
schrieben, wo der Buchbinder Buergy dieselben nach Schön-
bein’s Angaben verfertigte.
Bei der Ausführung der Beobachtungen richteten wir uns genau
nach der den Ozonometern beiliegenden Gebrauchsanweisung. Es
wurden die mit Jodkalium-Stärkekleister getränkten Papierstreifen
an verschiedenen Orten in der freien Luft ausgehängt, nach 12
Stunden in Wasser getaucht und ihre dadurch entstehende Farbe
mit der Farbenscala verglichen und notirt. So wurden in 24 Stunden
2 Beobachtungen gemacht, eine Tages- und eine Nachtbeobachtung.
Im Sommer wurde der Tag von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr
Abends, die Nacht von G Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens gerechnet.
Im Winter wurde statt der 6. Stunde die 7. gesetzt. Um die Papier
streifen gegen Sonne und Begen zu schützen und zugleich ihre Ent
führung durch den Wind zu verhindern, wurden kleine Behälter von
Zinkblech angefertigt, die aus drei Seitenwänden und einer dach
förmigen Decke bestanden. Die Seitenwände waren möglichst viel
durchbrochen, damit die Luft und der Wind freien Zutritt hätten,
das Dach war dicht, damit Sonne und Kegen abgehalten würden.
und sein Verhältnis zu den herrschenden Krankheiten.
193
In der Mitte des Daches war ein eiserner Haken angebracht,
auf dem der Papierstreifen befestigt wurde. Überdies wurden
Schemate zur Aufzeichnung der Beobachtungen gedruckt, damit nicht
etwa durch unzweckmässiges Durcheinanderschreiben der Zahlen
Irrthümer veranlasst würden. Jede solche Tabelle umfasste einen
Monat. Diese Tabellen mit Tag- und Nachtheobaclitungen wurden
gesammelt und dann die aller Stationen zusammengestellt, daraus die
täglichen und monatlichen Mittel für jede einzelne Station und für
alle zusammengezogen.
Um diese Zahlenreihen mit anderen vergleichen zu können,
welche sich auf meteorologische und Krankheitsbeobachtungen bezo
gen, mussten dieselben einer Reduction unterworfen werden. Die letzt
genannten Beobachtungen beziehen sich nämlich auf den ganzen Tag,
der von Mitternacht bis Mitternacht gerechnet wird, während die Ozon
beobachtungen sich immer nur auf 12 Stunden beziehen, die nicht
mit Anfang und Ende des gewöhnlichen Tages zusammenfallen. Zu
diesemZwecke wurden dieZahlen der Tagbeobachtung mit der Hälfte
der vorhergehenden und der Hälfte der folgenden Nacht zusammen
gezählt. Diese Zahlen bilden die Grundlage für die meisten der
nachfolgenden Betrachtungen. Sie finden sich in Tabelle IV—VII.
Es betheiligten sich an diesen Beobachtungen 8 Mitglieder des
Vereins und ausserdem hatte Herr Gutsbesitzer Busolt auf Louisen
wahl die Güte, 9 Monate hindurch solche Beobachtungen für uns
anzustellen. Von diesen 9 Personen wurden Beobachtungen an 12 ver
schiedenen Orten gemacht, 9 innerhalb der Stadt und 3 ausserhalb.
Die verschiedenen Beobachtungsstationen sind folgende :
A. In der Stadt *)•
1. Station in der Altstadt (im unteren Theile der Stadt am Fusse der Höhe).
Der Ozonometer hing gegen W. in einem geschlossenen und
verbauten Hof IS' hoch über dem Boden. Beobachtet wurde durch
alle 12 Monate.
1 ) Oie Stadt Königsberg- liegt unter dem 54° 42' S0*4" N. ß. und 18° 9' 4'i " 0. L.
von Paris, gegen Westen 6 Meilen, gegen Norden 4 Meilen von der Ostsee und
1 Meile vom frischen Haff entfernt. Sie wird ihrer ganzen Länge nach von einem Flusse
durchströmt, so dass die eine Hälfte der Stadt zu beiden Seiten des Flusses in der
Niederung, die andere auf der nördlichen rasch ansteigenden Höhe liegt; der untere
Theil der Stadt ist so niedrig, dass er mitunter theilweise überschwemmt wird,
194 Se hi effer decker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
II. Station in der hinteren Vorstadt (im niedrigsten Theile der Stadt).
Der Ozonometer hing gegen W. in einem offenen Hof IS' hoch
über dem Boden. Beobachtet wurde durch alle 12 Monate.
III. Station auf dem Münzplatze (im oberen Theile der Stadt).
Der Ozonometer hing gegen 0. in einem Garten am Schloss
teich 20' hoch über dem Boden. Beobachtet wurde in den Monaten
October, November, December 1852; Jänner, Februar, März, April,
Mai 1853.
IV. Station in der Junkerstrasse (im oberen Theile der Stadt).
Der Ozonometer hing gegen W. an einer dem Winde sehr
ausgesetzten Strassenecke 15' über dem Boden. Beobachtet wurde in
den Monaten Juni, Juli, August, September 1852, doch sind nur die
Beobachtungen für die letzten beiden Monate vollständig.
V. Station in der Drummstrasse (im oberen Theile der Stadt).
Der Ozonometer hing gegen W. in einem Hofe 10' über dem
Boden. Beobachtet wurde in den Monaten Juni, Juli, August, Sep
tember, October, November, December 1852; Jänner, Februar
1853. Vollständig sind die Beobachtungen aber nur für Juni, Septem
ber, December, Jänner, Februar.
VI. Station auf dem schiefen Berg (im oberen Theile der Stadt).
Der Ozonometer hing gegen 0. in einer engen Strasse 15' über
dem Boden. Beobachtet wurde in den Monaten Juli, August, Septem
ber 1852.
VII. Station in der Münzstrasse (im oberen Theile der Stadt).
Der Ozonometer hing gegen 0. 12' hoch in einem am Schloss
teich gelegenen Garten. Beobachtet wurde im November, December
1852; Jänner, Februar, März, April, Mai 1853. Davon sind die
Beobachtungen im April unvollständig.
VIII. Station in der Königsstrasse (im oberen Theile der Stadt).
Der Ozonometer hing gegen N. in einem Garten 5' über dem
Boden. Beobachtet wurde in den Monaten Juni, December 1852;
der obere liegt etwa 60 bis 70 Fuss über dem Spiegel des Stromes. In der oberen
Stadt befindet sich der 47 Morgen grosse Schlossteich, ein stagnirendes von
Gärten umgebenes Wasser.
und sein Verhiiltniss zu den herrschenden Krankheiten.
195
Jänner, Februar, März 1853. Davon waren die Beobachtungen im
Juni unvollständig.
IX. Station in der Königsstrasse (der vorigen Station gegenüber).
Der Ozonometer hing gegen S. in einem Hof 5' über dem Boden.
Beobachtet wurde im April und Mai 1853, doch sind nur die Beob
achtungen für den letzten Monat vollständig.
B. Ausser der Stadt.
X. Station in Sprechan (einige 100 Sehritt von der Stadt entfernt und etwa
SO' über dem Spiegel des Flusses).
Der Ozonometer hing nach N. 20' über dem Boden. Beobachtet
wurde im Juli, August, September 1852. Davon sind nur die
Beobachtungen im August vollständig.
XI. Station in Louisenwahl 4 ) (in der Nähe der vorigen Station).
Der Ozonometer hing unter einem grossen Baume im Garten 5'
über dem Boden in 0. Beobachtet wurde in den Monaten October,
November, December 1852; Jänner, Februar, März, April, Mai 1853,
jedoch nur im April ununterbrochen.
XII. Station in Cranz (Seebad an der Nordküste von Samland).
Der Ozonometer hing gegen N. nach der See zu 15' über dem
Boden. Beobachtet wurde vom 15. Juni bis 20. September 1852.
Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, besitzen wir leider nur
für 2 Stationen vollständige Beobachtungen für alle 12 Monate, von
den andern nur für einzelne Monate. Die unvollständigen Beohach-
tungsreihen sind aber, da es sich hier meist um Berechnung von
Mittelwerthen handelt, ganz unbrauchbar.
Ganz abgesehen davon, dass es überhaupt für die Berechnung
der Mittelwerthe wünschenswerth gewesen wäre, sie immer aus
möglichst vielen Beobachtungsreihen zu ziehen, tritt durch jene
Unvollständigkeit der Übelstand ein, dass für jeden Monat eine ver
schiedene Zahl von Beobachtungen vorliegt, und auch jedesmal
Beobachtungen von verschiedenen Orten. Da nun aber, wie sich aus
den oben erwähnten Tabellen ergibt, der Ozongehalt der Luft an
verschiedenen Stellen der Stadt verschieden ist, so sind die Mittel
werthe in den verschiedenen Monaten nicht aus gleichnamigen
1 ) Die Station X und XI liegen in einer Gegend, welche „die Hufen“ genannt wird.
196 sc hiefferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
Elementen berechnet, und daher, strenge genommen, nicht zu einer
Vergleichung geeignet. In dem niedrig gelegenen Theile der Stadt
befinden sich nur 2 Beobachtungsstationen, gerade diejenigen, auf
welchen constant durch alle 12 Monate beobachtet worden ist,
während die in dem höheren Theile alle nur für einzelne Monate
brauchbar sind.
Es konnten benützt werden für den Monat
Juni
3 Beobachtungsreihen v. d. Stationen I. II. V.
Juli 3
August 4
September 5
October 3
November 4
December 6
Jänner 6
Februar 6
März 5
April 3
Mai S
55 ??
55 95
55 95
99 99
99 95
55 99
55 55
55 95
95 55
I. II. VI.
I. II. IV. VI.
I. II. IV. V. VI.
I. II. III.
I. II. III. VII.
I. II. III. V. VII. VIII.
I. II. III. V. VII. VIII.
i. ii. in. v. vn. vm.
I. II. III. VII. VIII.
i. ii. m.
I. II. III. VII. ix.
Demnach sind nur die Mittehverthe für die Monate December,
Jänner und Februar aus denselben Beobachtungen berechnet.
Wie später gezeigt werden wird, sind die in verschiedenen
Stadttheilen gleichzeitig beobachteten Zahlen sehr abweichend von
einander; nur ausnahmsweise stimmen alle oder mehrere überein,
oft sind sie ganz entgegengesetzt. Nun ist es immer misslich, Mittel
aus Zahlenreihen zu ziehen, die sehr von einander abweichen, es
Hess sich aber nicht umgehen, denn zur Vergleichung mit den
sonstigen physicalischen Veränderungen der Atmosphäre und mit
dem Auftreten bestimmter Krankheitsformen musste eine für die
ganze Stadt geltende Zahlenreihe gefunden werden. Übrigens bieten
die Beobachtungen, die unmittelbar vor der Stadt gemacht wurden,
trotz ihrer Unvollständigkeit eine Controle für die städtischen. Die
täglichen Mittelwerthe für Königsberg finden sich in den Tabellen
Nr.IV—VII; sie sind für alle späteren Rechnungen und Zeichnungen
benutzt, und aus ihnen sind für manche Zusammenstellungen wieder
fünftägige und monatliche Mittel berechnet.
und sein Verhältnis zu den herrschenden Krankheiten.
197
Was nun die Methode der Beobachtung betrifft, so ist ausser
Zweifel, dass die von Schönbein angegebenen Ozonometer für
die qualitative Untersuchung als äusserst sicher und empfindlich
anzusehen sind, für die quantitative Bestimmung aber, auf die es hier
gerade ankommt, lassen sich sichere Besultate nicht erwarten. Für's
erste ist die Eintheilung der violeten Schattirung in 10 Tlieile, wie
die Baseler Ozonometer sie enthalten, eine ganz willkürliche und
ungleichmässige. Es sind einzelne Stufen der Farbenscala kaum von
einander zu unterscheiden, während andere sehr weit von einander
stehen; überdies stimmen die Farbenscalen verschiedener Ozono
meter nicht ganz unter einander überein. Wenn dies nun schon bei
den Apparaten aus einer Fabrik der Fall ist, um wie viel leichter
werden solche Verschiedenheiten sich einstellen, wenn Farbenscalen
von verschiedenen Beobachtern an verschiedenen Orten nur nach der
Beschreibung gemacht werden. Auf diese Weise erhalten die Zahlen
bei verschiedenen Beobachtern eine verschiedene Bedeutung. Sodann
ist die Farbe, welche das Jodkalium-Stärkepapier an der Luft und
durch nachheriges Befeuchten bekommt, durchaus nicht immer violet
oder blau, sondern oft röthlich oder bräunlich, so dass es mitunter
sehr schwierig wird, zu entscheiden, welche] 1 Farbenstufe der Tabelle
der gefärbte Papierstreifen entspricht.
Ein anderer Übelstand ist der, dass, wenn ein solches Beagens-
papier 12 Stunden lang in der Luft hängt, das Ozon nicht in der
ganzen Zeit gleichmässig auf dasselbe einwirkt, sondern häufig eine
in den ersten Stunden vorgebrachte Veränderung sich später nicht
steigert, obgleich der Ozongehalt der Luft sich vermehrt, ja, dass
häufig eine schon entstandene Färbung später wieder ausbleicht.
Wir haben zu diesem Zwecke besondere Versuche angestellt. Es
wurden an 10 Tagen des Mai d. J. auf der Station I, 2 Papierstreifen
in einem Behälter aufgehängt, von denen der eine (A) von 8 Uhr
Morgens bis 8 Uhr Abends hängen blieb, der andere (a) dagegen
an 5 Tagen um 4 Uhr, an 3 Tagen um 2 Uhr, an 1 Tage um
12 Uhr und an 1 Tage um 12 und 4 Uhr herausgenommen und durch
einen andern ersetzt wurde. Die Besultate dieser Versuche sind in
der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt:
198 sein efferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
Es ergibt sich daraus, dass derjenige Papierstreifen, welcher den
ganzen Tag gehängt hat, constant eine geringere Reaction zeigt, als
die beiden anderen zusammengenommen, ja gewöhnlich geringer als
einer der andern. Man kann also annehmen, dass ein der Luft aus
gesetzter Papierstreifen nach 6 bis 8 Stunden die Fähigkeit verliert
durch Ozon afficirt zu werden, und dass die in ihm schon entstandene
Färbung wieder zerstört werden kann, und sogar sehr häufig ver
ändert oder ganz zerstört wird.
Dass diese Erscheinung nicht in einer zufälligen Verschieden
heit der präparirten Papierstreifen ihre Ursache hat, wird erstens
schon durch ihre Constanz bewiesen, ausserdem aber auch durch
directe Versuche. Vom 2. bis zum 15. Mai wurden auf der ersten
Station zwei Papierstreifen in einem Behältniss von 8 Uhr Abends bis
8 Uhr Morgens der Luft ausgesetzt, vom 12. — 15. auch bei Tage
und in allen 19 Beobachtungen war die Reaction beider Streifen
gleich, wie ebenfalls aus der obigen Tabelle hervorgeht.
Ferner sind gewisse Zustände der Atmosphäre von grossem
Einfluss, nichtauf die Entstehung von Ozon, sondern auf das Zustande
kommen einer geringeren oder stärkeren Reaction. Ein grösserer
Feuchtigkeitsgrad der Atmosphäre erleichtert — wie später noch
und sein Verhältniss zu den herrschenden Krankheiten.
199
specieller gezeigt werden wird — die Reaction und erzeugt eine
stärkere Bläuung, ohne dass man anzunehmen berechtigt ist, dass der
Ozongehalt ein grösserer sei, als an einem Tage, wo die Luft
trocken ist und eine schwächere Reaction auftrift. Sodann hat der
Wind einen bedeutenden Einfluss auf das Zustandekommen der
Reaction. Je mehr Luft nämlich an dem Papierstreifen vorübergeht,
desto intensiver wird die Färbung werden, weil jedes vorüber
getriebene Volum Luft sein Ozon an denselben abgibt, während
an einem windstillen Tage nur ein sehr kleines Quantum der stagni-
renden Luft mit dem Reagenspapier in Berührung kommt und
darauf einwirken kann.
Es wäre daher sehr wünschenswerth, eine genauere Methode bei
diesen Beobachtungen anzuwenden, die es ermöglichte den Ozon
gehalt eines bestimmten und stäts gleichen Volums Luft quantitativ
zu bestimmen. Am einfachsten scheint uns dieser Zweck erreicht zu
werden, wenn man einen Aspirator anwendet und ausserdem die von
Schönbein angegebene titrirte Indigolösung. Allerdings würden
dadurch die Beobachtungen viel mühsamer und zeitraubender und für
den beschäftigten praktischen Arzt kaum ausführbar werden, man
würde dadurch aber auch zu sicheren Bestimmungen gelangen. Uns
war es bis jetzt nicht möglich Versuche dieser Art anzustellen, wir
müssen uns daher vorläufig darauf beschränken, die weniger
sicheren Resultate der mit dem Sch önbein’sclien Ozonometer
gemachten Beobachtungen zu benutzen.
2. Der Ozongehalt der Atmosphäre an verschiedenen Orten.
Es war von vornherein wahrscheinlich, dass der Ozongehalt
der Luft an verschiedenen Orten verschieden sein werde, ja dass
selbst sehr nahe gelegene Örtlichkeiten in dieser Beziehung Ab
weichungen zeigen würden, nicht nur desshalb, weil die Bedingungen
zur Bildung des Ozon variiren, sondern auch, weil die jenen Stoff
zerstörenden Effluvien nicht an allen Orten in gleicher Menge gebil
det werden. Wenden wir uns zuvörderst zu den Beobachtungen, die
innerhalb der Stadt Königsberg gemacht worden sind, so sehen wir,
dass dieselben grosse Differenzen zeigen. An keinem Tage sind die
Zahlen auf allen Stationen gleich, sehr häufig sehen wir die grösst-
möglichste Verschiedenheit. Und zwar sind die Zahlen bald auf der
200 Schi efferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
einen, bald auf der andern Station grösser, so dass die täglichen
Beobachtungen grössere Differenzen zeigen als die monatlichen
Mittel.
Ziemlich constant sind die Zahlen der Stationen I und II, die im
unteren Theile der Stadt lagen, kleiner, als die der höher gelegenen
Stationen, am kleinsten die der Station I, die im engsten Theile der
Stadt sich befand. Auf dieser finden wir häufig mehrere Tage hinter
einander keine Spur von Ozon, was auf den andern nur ausnahms
weise vorkommt.
Die Tabelle VIII enthält sämmtliche monatliche Mittel der ver
schiedenen Stationen und dient als Beleg für die oben ausgesprochene
Behauptung. Es wäre wünschenswerth gewesen, die Jahresmittel der
einzelnen Stationen zu vergleichen, doch ist dies wegen der Unvoll
ständigkeit der Beobachtungen nicht möglich. Auf den Stationen I
und II, die allein vollständige Beobachtungen aufzuweisen haben, sind
die Jahresmittel 6 - 0 und 8’6.
Um zu sehen, ob die beobachteten Zahlenreihen auf verschiede
nen Stationen in irgend welchem constanten Verhältnis zu einander
stehen, wurden auf der Tafel I graphische Darstellungen der Zahlen
reihen für die Monate Juli, August und December gemacht, aus denen
man erkennt, dass zwar an einzelnen Tagen ein gleielimässiges
Steigen oder Fallen vorkommt, im Allgemeinen aber kein constantes
Verhältnis stattfindet.
Wenden wir uns nun zu den Beobachtungen, die ausserhalb der
Stadt gemacht wurden, so sehen wir zuvörderst, dass sowohl auf
den Stationen X und XI als auch am Seestrande der Ozongehalt der
Luft viel weniger Schwankungen unterworfen und zugleich viel
grösser ist als in der Stadt. Die Tabelle VIII enthält die wenigen
vollständigen Beobachtungen, die ausserhalb der Stadt gemacht sind,
und wir sehen, dass die monatlichen Mittelzahlen fast doppelt so
gross sind als in der Stadt. — Dabei stimmen die Zahlen in Spreehan
und in Cranz vielfach überein, obgleich die Orte 4—3 Meilen von
einander liegen und der letztere unmittelbar am Seestrande. — Um
diese Übereinstimmung darzustellen, wurden auf der Tafel II graphi
sche Darstellungen der Monate Juli, August und September gegeben,
auf denen auch die Königsberger Mittelwerthe gezeichnet sind, und
es lässt sich nicht verkennen, dass auch diese häufig den ausserhalb
der Stadt beobachteten Zahlen entsprechen.
und sein Verhältniss zu den herrschenden Krankheiten.
201
Eben so wenig als die Nähe der See einen besonderen Einfluss
auf den Ozongehalt der Atmosphäre zu haben scheint, sehen wir
einen solchen durch andere Gewässer ausüben. Auf den Stationen III
und \II hingen die Papierstreifen dicht am Ufer eines stagnirenden
und häufig genug stinkenden Teiches und man hätte von vornherein
einen sehr geringen Ozongehalt an jenen Stellen erwarten können;
doch zeigen gerade jene Stationen sehr hohe Zahlen. Überhaupt
dürfte es schwer sein die Einflüsse zu erkennen, welche die verschie
dene Ozonreaction an naheliegenden Orten hervorbringen. So hin
gen auf den beiden letztgenannten Stationen III und VII, welche nahe
an einander liegen, die Ozonometerstreifen unter ganz gleichen äussern
Umgebungen nach derselben Himmelsrichtung, und dennoch war die
Ozonreaction an beiden Orten oft sehr verschieden, 'wie namentlich
aus der Tafel I zu ersehen ist, auf der eine graphische Darstellung
der Ozonreaction beider Stationen im Monat Deeember gegeben ist.
Noch auffallender ist folgende Beobachtung: auf der Station I wurde
einige Tage hindurch, vom 9. bis IS. Mai, auch an der Vorderseite
des Hauses in einer engen Strasse ein Papierstreifen aufgehängt und
es zeigte sich die Reaction hier ganz abweichend von der auf der
hintern Seite des Hauses, wo der Papierstreifen über einem Hofe hing
(siehe die oben im Text gedruckte Tabelle, in der c den an der
vorderen Seite des Hauses ausgehängten Papierstreifen bezeichnet).
Während die mittlere Ozonreaction auf der gewöhnlichen Beobach
tungsstelle in diesen 7 Tagen nur 1-5 war, fand sich auf der andern
Seite 9-0. Und doch waren die beiden Beobachtungsorte nur etwa
30' von einander entfernt, der eine gegen 0., der andere gegen W.,
gleich hoch über dem Boden, der eine über einer engen Strasse, der
andere über einem engen gepflasterten Hof.
Aus dem Obigen geht nun zur Genüge hervor, dass Ozon
beobachtungen namentlich in Städten an verschiedenen Stellen
gemacht werden müssen, um daraus mittlere Werthe berechnen zu
können, während eine einzelne Beobachtung durchaus nicht maass
gebend für die ganze Stadt sein kann. Wollte man, um gl ei cli-
mässigere Resultate zu erlangen, diese Beobachtungen ausserhalb der
Stadt oder auf hohen Punkten in derselben, z.B. auf hohen Thürmen,
machen, so würde man nicht den Ozongehalt der Luft kennen lernen,
welche die Bewohner einathmen und welche möglicherweise die
Quelle ihrer Erkrankungen sein kann.
Sitzb. d. roathem.-naturw. CI. XVII. Bd. II. Hft-
14
202 Se hieffer decker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
3. Der Ozongehalt der Atmosphäre bei Tag und bei Nacht.
Schon frühere Beobachter, namentlich Dr. Grog er in Mühl
hausen, kamen zu dem Resultate, dass der Ozongehalt der atmo
sphärischen Luft Nachts grösser sei als bei Tage.
Wenn wir die in den Tabellen I bis III notirten Zahlen betrach
ten, so fällt es gleich in die Augen, dass durchschnittlich der Ozon
gehalt bei Tage geringer ist als bei Nacht, deutlich und durch Zahlen
ausgedrückt tritt dieses Verhältniss hervor, wenn man die monatlichen
Mittelzahlen von den einzelnen Stationen zusammenstellt, wie dies
in der Tabelle IX geschehen ist. Allerdings finden sich einige
Abweichungen von der allgemeinen Regel. Es sind in der genannten
Tabelle zusammen S3 monatliche Mittehverthe verzeichnet, darunter
ist bei 8 die Tageszahl grösser als die Nachtzahl, in einem Fall sind
beide gleich, in allen übrigen die Nachtzahl mehr oder weniger
grösser als die Tageszahl.
Unter den 8 abweichenden Beobachtungen beträgt viermal die
Ditferenz nur (M, einmal 1-6 und zweimal 19. Dabei treffen die
drei letzten auf eine Station (V.) und zwar auf drei hinter einander
folgende Monate December, Jänner, Februar, so dass man wohl die
Einwirkung localer Einflüsse als Ursache dieser Abweichung anneh
men könnte. Übrigens fallen die 8 abweichenden Zahlen auf (5 ver
schiedene Monate und zwar Sommer- und Wintermonate. Bei der
grossen Mehrzahl der Beobachtungen, nämlich G / 7 derselben, sind die
Nachtzahlen grösser als die Tagzahlen, und zwar schwankt die
Differenz zwischen 01 bis 17, einmal ist sie sogar 2-3.
Was die ausserhalb Königsberg angestellten Beobachtungen
anbetrifft, so finden wir in ihnen dasselbe Verhältniss, leider aber
sind diese Beobachtungen nur für 4 Monate vollständig, einmal
in Sprechari, einmal in Louisenwahl und zweimal in Cranz. Die Diffe
renzen schwanken zwischen 0'8 und D6.
Nehmen wir statt der einzelnen Stationen die monatlichen
Mittelwerthe von allen, so findet sich in diesen keine Ausnahme von
der allgemeinen Regel. Diese Zahlen sind in der Tabelle X zusam
mengestellt. Wir sehen in der ersten Reihe die Königsberger
Mittelwerthe, in der zweiten die Beobachtungen von Sprechan und
Louisenwahl, in der dritten die aus Cranz. Constant ist der Ozon
gehalt bei Nacht grösser als bei Tage; die Differenz variirt von (H
-und sein Verhältnis zu den herrschenden Krankheiten.
203
bis 1'7, ersteres im Februar, letzteres im Mai, im Mittel ist Differenz
0 - 7. Dieses Mittel wird überstiegen in den Monaten August, Septem
ber, Oetober, November, April und Mai, während die andern
6 Monate unter dem Mittel bleiben. Es hängt also die Grösse der
Differenz nicht constant von der Jahreszeit ab, wenngleich sich
ergibt, dass sie am geringsten in den Wintermonaten, grösser im
Sommer, am grössten im Frühjahre und Herbst zu sein scheint. Die
Zeichnung III veranschaulicht das Verhältniss der Königsberger
Mittelwerthe für den ganzen Tag, und für Nacht und Tag besonders.
4. Der Ozongehalt der Atmosphäre in verschiedenen Jahreszeiten.
Schönhein spricht auf Grund seiner Beobachtungen wieder
holt die Behauptung aus, dass der Ozongehalt der Luft im Winter
grösser sei als im Sommer. Er erklärt diese Erscheinung dadurch,
dass erstens überhaupt die durch genuine und voltaische Elektricität
bewerkstelligte Ozonbildung um so reichlicher ausfällt, je niedriger
die Temperatur ist, und dass zweitens im Winter von der Oberfläche
der Erde weniger Ozon verschluckt wird als im Sommer, weil dann
weniger oxydirbare Materie mit der Luft in Berührung kommt.
Betrachten wir nun die Mittelwerthe, die Maxima und Minima
für die 12 Monate, wie sie aus unsern Beobachtungen hervorgehen
und in der Tabelle XI zusammengestellt sind, so finden wir die An
gabe Schönbein’s im Allgemeinen bestätigt. Das Mittel aus den
12 Monaten beträgt 8’1. Diese Mittelzahl finden wir im Mai, sie
wird überschritten in den Monaten Oetober, December, Jänner,
Februar, März, April; die übrigen 5 Monate erreichen sie nicht.
Am höchsten ist der Ozongehalt der Luft in den Monaten Februar,
März, April, am niedrigsten im Juli. Die Maxima und Minima ver
halten sich den Mittelwerthen ziemlich analog, wenn auch einzelne
Abweichungen Vorkommen; so findet sich im März das höchste Maxi
mum und der höchste Mittelwerth, das geringste Maximum dagegen
im Juli, der auch den geringsten Mittelwerth zeigte. Dagegen fällt
das grösste Minimum in den Februar, das kleinste in den November.—
lu Cranz sind abweichend von den Königsberger Zahlen der Mittel
werth und das Minimum im Juli grösser als im August.
Schönbein sah in der Kälte des Winters die Hauptursache
für den grossem Ozongehalt der Luft. Wir haben der Tabelle XI die
Mitteltemperaturen der Monate beigefügt und ersehen daraus, dass der
14“
204 sc hi eff er (lecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
März, der den höchsten Ozongehalt zeigte, auch die niedrigste Tem
peratur gehabt hat, doch fallen die 3 Monate deren Ozongehalt der
höchste war, nicht mit den 3 Monaten zusammen deren mittlere
Temperatur unter 0° gewesen ist. Es hat vielmehr der April, dessen
mittlere Temperatur -f- 2-88° war, einen höheren Ozongehalt als
der Jänner, dessen mittlere Temperatur — 0-49 0 gewesen ist. Da
gegen hat allerdings der Monat Juli bei niedrigstem Ozongehalt auch
die höchste Temperatur. — Die Mitteltemperatur der 12 Monate ist
-(- 5 - 77°, dies Mittel wird überschritten in 5 Monaten, und in den
selben 5 Monaten bleibt auch der Ozongehalt unter dem Mittel oder
erreicht es nur. In den 7 Monaten, deren Temperatur unter dem
Mittel bleibt, übersteigt der Ozongehalt das Mittel mit Ausnahme des
Monats November.
Wir können also für die 12 Monate, die unsere Beobachtungen
umfassen, das Gesetz aussprechen, dass der Ozongehalt der Luft im
umgekehrten Verhältniss zur Temperatur steht. Nehmen wir auf
die Jahreszeiten Rücksicht, so fällt der höchste Ozongehalt in den
Winter und Frühling, der geringste in den Sommer. Die schon
angeführte Zeichnung III gibt eine Darstellung dieses Verhältnisses.
Prof. Wolf in Bern gibt in dem schon angeführten Aufsatzein
Poggeridorffs Annalen eine Übersicht des mittleren Ozongehalts der
12 Monate des Jahres 1853. Auch er kommt zu dem Resultate, dass
der März den höchsten, der Juli den geringsten Ozongehalt zeigt,
und dass überhaupt im Winter und Frühling der Ozongehalt am
grössten ist. Abweichend dagegen von unserer Beobachtung findet
er für die Herbstmonate einen geringeren Ozongehalt als für die
Sommermonate, suchte indess diese von vorneherein auffallende
Erscheinung durch die ungewöhnliche Witterung des Jahres 1853 zu
erklären. Eine Zusammenstellung der W olf'schen Resultate mit den
unsrigen findet sich in der Tabelle XII.
5. Einfluss der meteorologischen Verhältnisse auf den Ozongehnlt
der Luft.
Die meteorologischen Beobachtungen, welche in den Tabellen IV
bis VII enthalten sind und den folgenden Betrachtungen zu Grunde
liegen, sind uns giitigst mitgetheilt von Herrn Prof. Luther, der
in Königsberg seit vielen Jahren diese Beobachtungen für das Ber
liner Bureau macht.
und sein Verhältniss zu den herrschenden Krankheiten.
205
A. Die Temperatur und der Ozongehalt der Luft.
Was die monatlichen Mitteltemperaturen und ihr Verhältniss zu
den mittleren monatlichen Ozonwerthen betrifft, so haben wir das
darauf Bezügliche schon in dem vorigen Abschnitte mitgetheilt.
Wenden wir uns nunzu den täglichen Schwankungen der Temperatur
und des Ozongehalts der Luft, so linden wir hier kein festes Verhält-
niss ausgesprochen. Da es schwer ist sich aus Tabellen eine Vor
stellung von diesem Verhältnisse zu bilden, so haben wir in der
Tafel IV eine graphische Darstellung desselben für die Monate Juli,
August und September gegeben. Allerdings fallen mitunter bedeu
tende Steigerungen des Ozongehalts mit plötzlichem Sinken der
Temperatur zusammen, indess bemerkt man auch oft das Entgegen
gesetzte, so dass es nicht möglich ist, ein Gesetz zu erkennen.
B. Der Barometerstand und der Ozongehalt der Luft.
Was die täglichen Schwankungen anbetrifft, so lässt sich hier
ebensowenig als bei der Temperatur ein Gesetz erkennen. Die schon
angeführte Zeichnung IV enthält auch eine graphische Darstellung
des Barometerstandes für die Monate Juli, August und September,
und ersehen wir daraus, dass zwischen dem Ozongehalt der Luft und
dem Barometerstände kein constantes Verhältniss besteht. Betrachten
wir die monatlichen Mittehverthe, wie sie in der Tabelle XIII zusam
mengestellt sind, so sehen wir, dass die Schwankungen des Ozon
gehalts durchaus nicht mit denen des Barometers übereinstimmen.
Der mittlere Barometerstand für die 12 Monate ist 28" O'IS";
unter diesem Mittel bleiben die Monate Juni, October, November,
Decernber, Februar, April, die andern Monate übersteigen dasselbe
mehr oder weniger. Dieses Resultat widerspricht der Angabe von
Wolf, wonach in Beim hei niedrigem Barometerstände der Ozon
gehalt grösser als bei hohem gewesen ist.
C. Die Feuchtigkeit und der Ozongehalt der Luft.
In der Tabelle XIII finden wir die mittlere Feuchtigkeit für die
12 Monate zusammengestellt, und es fällt in die Augen, dass dieselbe
in den kalten Monaten grösser ist als in den warmen. Das Mittel
ist 80 6; es wird überschritten in den Monaten October, November,
Decernber, Jänner, Februar, März, April, während die übrigen
206 Schi efferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
8 Monate mehr oder weniger darunter bleiben. Es fallen also im
Allgemeinen die 7 Monate mit der grössten Feuchtigkeit zusammen
mit den 7, die den grössten Ozongebalt zeigen. Doch sind die Monate
November, December, Jänner die feuchtesten, während der Ozon
gebalt am grössten ist in den Monaten Februar, März, April, so ist
also das Steigen und Fallen des Ozongehalts nicht völlig proportional
mit dem Steigen und Fallen der Feuchtigkeit.
Was die täglichen Schwankungen anbetrifft, so haben wir, um
eine deutliche Anschauung von dem Verhältniss zu gewinnen, ftir
9 Monate, nämlich für Juli, August, September, October, November,
December, Jänner, Februar und März, graphische Darstellungen
des Ozongehalts der Luft und der Feuchtigkeit gemacht (siehe die
Tafeln V, VI, VII). Aus ihnen kann man ersehen, dass allerdings
eine grosse Übereinstimmung zwischen dem Ozongehalt und der
Feuchtigkeit besteht, die aber doch häufige Ausnahmen erleidet, so
dass es von vornherein wahrscheinlich wird, dass hier noch irgend
ein anderes Moment mitwirke, welches einen störenden Einfluss aus
übt. Wir werden später auf dies Verhältniss noch zurtickkommen
und die Aufklärung desselben versuchen.
D. Regen und Schnee und ihre Wirkung auf den Ozon
gehalt der Luft.
In den Tabellen IV bis VII sind die Regentage mit R, die
Schneetage mit S bezeichnet. Ausserdem ist in der Zeichnung VIII
eine graphische Darstellung des Ozongehalts der Luft für die Monate
Juli, October und December gegeben, und zugleich sind die
Regentage mit Punkten, die Schneetage mit Ringen (°) bezeichnet.
Es scheint daraus hervorzugehen, dass der Ozongehalt der Luft
weder durch Regen noch durch Schnee verändert wird, denn wir
finden in den sehr regnerischen Monaten October und December
die grössten Schwankungen im Ozongehalte, und im Juli den höchsten
Ozongehalt gerade an Tagen, an denen es nicht regnete.
Prof. Schönbein gibt wiederholt an, dass bei Schneefall
die Reaction auf Ozon eine sehr starke wäre und erklärt diese
Erscheinung dadurch, dass Schneefälle stäts mit sehr merklicher
elektrischer Erregung der Luft verbunden sind, die ihren Hauptgrund
in dem Zerbrechen der Schneeflocken haben soll. Nach unsern
Reobachtungen ist ein constantes Steigen des Ozonometer bei und
nach Schneefällen nicht zu bemerken.
und sein Verhiiltniss zu den herrschenden Krankheiten.
207
Auch Prof. Wolf kommt durch seine Beobachtungen zu dem
Resultate, dass der Ozongehalt der Luft durch Regen und noch mehr
durch Schnee gesteigert werde. Er hat, um dies zu zeigen, den
mittleren Ozongehalt an schönen Tagen, an Regentagen und an
Schneetagen berechnet und kommt dadurch zu folgenden Zahlen:
Ozongehalt an schönen Tagen 4-86
„ „ Regentagen 11'40
„ „ Schneetagen 14-lh.
Wir haben dieselbe Methode angewendet, und für. jeden Monat
den mittlern Ozongehalt für schöne Tage, Regentage und Schneetage
berechnet. Es finden sich diese Zahlen in der Tabelle Nr. XIV zu
sammengestellt. — Wir ersehen daraus, dass mit Ausnahme des
Monats November die Ozonreaction an Regentagen immer grösser
ist als an schönen Tagen. Schneetage sind in 7 Monaten vorgekom
men und in 4 derselben ist die mittlere Ozonreaction geringer als
an Regentagen, in 3 grösser, dagegen ist sie mit Ausnahme des
Monats März immer grösser als an schönen Tagen.
Nehmen wir die Mittel für alle 12 Monate, so erhalten wir fol
gende Zahlen:
Ozongehalt an schönen Tagen 6-9
„ „ Regentagen 8'9
„ „ Schneetagen 10-1.
Wir kommen also, wenn wir die jährlichen Mittehverthe ver
gleichen, zu demselben Resultate, wie Prof. Wolf, nur sind die Diffe
renzen in unsern Zahlen nicht so gross.
E. Der Wind und der Ozongehalt der Luft.
In den Tabellen IV—VII ist die Richtung und Stärke des
Windes für jeden Tag angegeben und man ersieht leicht, dass die
Richtung desselben im Allgemeinen ohne allen Einfluss auf die Ozon
bildung ist. A priori könnte man annehmen, dass die Richtung d§s
Windes insofern einen Einfluss ausüben müsste, als die ausgehängten
Papierstreifen besonders von dem Winde getroffen werden, der aus
derjenigen Himmelsrichtung kommt, nach welcher sie hängen, dass
also z. B. ein Reagenspapier, das auf der Ostseite eines Hauses hängt,
besonders durch den Ostwind afficirt wird. Um diesen möglichen
Einfluss zu veranschaulichen, ist auf der Zeichnung XI eine
graphische Darstellung gemacht, in der die tägliche Windesrichtung
208 sehi efferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
für den Monat Februar angegeben ist, und zugleich die mittleren
Ozonwerthe von 2 Stationen die nach 0., und 2 die nach W. gelegen
sind. Man bemerkt aber nicht, dass die Ozonometer auf der Ostseite
besonders bei Ostwind, die auf der Westseite besonders bei West
wind verstärkte Reaction zeigen.
Prof. Wolf in Bern hat durch Berechnung der Mittelwerthe
gefunden, dass durchschnittlich die Ozonreaction bei Westwind am
höchsten ist; seine Zahlen sind folgende:
NO. NO. 0. S. S. SW. W. N. W.
8-4 6-8 9-4 12-2
Bei unseren Beobachtungen lässt sich eine solche Reihe nicht
berechnen, weil bei uns der Wind an einem Tage gewöhnlich so oft
wechselt, dass für viele Tage eine bestimmte Windesrichtung gar
nicht angenommen werden kann.
Was die Stärke des Windes anbetrifft, so hat sich heraus
gestellt, dass durchschnittlich die Ozonreaction mit der Stärke des
Windes steigt. An stürmischen Tagen ist die Reaction fast immer
eine sehr bedeutende gewesen, an windstillen Tagen eine geringe.
Auf der Zeichnung VIII ist für die Monate Juli, October und
December die Stärke des Windes graphisch dargestellt und lässt
sich daraus nicht verkennen, dass durchschnittlich mit der Steigerung
des Windes auch eine Steigerung der Ozonreaction einzutreten
scheint, und umgekehrt.
Da die Windstärke einen Einfluss auf die Ozonreaction ausübt,
und wir dasselbe schon früher bei der Feuchtigkeit gesehen haben,
jedes dieser Momente allein aber inseinen Wirkungen nicht ganz con-
stant ist, so haben wir versucht, eine Zahlenreihe aus Windstärke
und Feuchtigkeit zusammen herzustellen, und auf den Zeichnungen
VIII bis X diese Zahlenreihe gleichzeitig mit der Ozonreaction
graphisch darzustellen. Es ist dies für die Monate Juli, August,
September, October, November, December, Jänner und Februar
geschehen. Aus dieser Darstellung ist unschwer zu ersehen, dass die
beiden genannten Linien auffallend übereinstimmen und nur selten
Abweichungen zeigen, so dass wir das Gesetz aussprechen können, die
Ozonreaction ist im Allgemeinen proportional einer Zahlenreihe, die aus
der Windstärke und aus der Feuchtigkeit der Luft zusammengesetzt ist.
Hiebei müssen wir uns aber die Frage aufwerfen, ob die durch
Windstärke und Feuchtigkeit gesteigerte Ozonreaction wirklich einer
und sein Verhältnis zu den herrschenden Krankheiten.
209
gesteigerten Ozonbildung entspricht, oder ob vielmehr durch jene
Momente nur die Einwirkung des Ozons auf das Reagenspapier
erleichtert wird. Letzteres scheint uns das Wahrscheinlichere, denn
durch den Wind wird mehr Luft mit dem Reagenspapier in Berührung
gebracht und kann sein Ozon an dasselbe abgeben, durch die Feuch
tigkeit aber, die sich dem Papier mittheilt, wird jedenfalls die Ein
wirkung des Ozons auf den Jodkalium-Stärkekleister erleichtert.
F. Die Gewitter und ihr Einfluss auf den Ozongehalt
der Luft.
In den Tabellen IV bis VII sind die Gewitter durch Stern
chen (*) bezeichnet. Es kamen in den 12 Monaten auffallend wenig
Gewitter vor, nämlich im Juni 2, August 2, September 2, in allen
übrigen Monaten keines, also nur 6 im ganzen Jahre.
Sehönbein gibt an, dass Gewitter stäts eine bedeutende
Steigerung des Ozongehalts der Luft hervorrufen. Wir sehen nach
unseren Beobachtungen nur zweimal eine deutliche Steigerung der
Ozonreaction an dem auf das Gewitter folgenden Tage hervortreten.
Das Gewitter am 24. Juni brachte eine bedeutende Steigerung am
25. Juni hervor, das am 11. September eine Steigerung am 12. Sep
tember. Die andern 4 Gewitter übten keinen merklichen Einfluss auf
die Ozonreaction aus.
Es wäre nun noch sehr wünschenswert!), den Ozongehalt der
Luft mit der Luftelektricität zu vergleichen, leider aber werden in
Königsberg keine Beobachtungen über Luftelektricität gemacht, und
wir müssen daher auf diese Vergleichung verzichten.
Überblicken wir nun noch einmal die Resultate, zu denen die
Königsberger Beobachtungen über den Ozongehalt der Luft und ihre
Vergleichung mit anderen meteorologischen Beobachtungen geführt
haben, so lassen sich dieselben in folgender Weise kurz zusammen
fassen :
1. Die von Schönbein angegebene Methode zur quantitati
ven Bestimmung des Ozongehalts der Luft ist schon ihrem
Princip nach nicht zuverlässig und wird ausserdem noch
durch meteorologische Verhältnisse, vorzüglich durch Wind
und Feuchtigkeit, unsicher gemacht.
2. Der Ozongehalt der Luft ist an verschiedenen Stellen einer
Stadt durch locale, nicht näher zu bestimmende Verhältnisse
210 sch; efferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
so verschieden, dass eine einzelne in einer grösseren Stadt
gemachte Beobachtungsreihe durchaus unzuverlässig ist und
dass die aus mehreren gleichzeitig an verschiedenen Stellen
derselben Stadt angestellten Beobachtungen gezogenen Mittel-
werthe auch nur annähernd richtig sein können.
3. Der Ozongehalt der Luft ist an einem ausserhalb der Stadt
gelegenen Punkte constant grösser und weniger wechselnd
als innerhalb derselben.
4. Die Nähe des Wassers, sowohl die der See als die eines
stagnirenden Teiches, übt keinen merklichen Einfluss auf die
Ozonreaction aus.
5. Der Ozongehalt der Luft ist in der Nacht grösser als bei
Tage.
6. Der Ozongehalt der Luft ist in den kalten Monaten grösser
als in den warmen.
7. Die täglichen Temperaturschwankungen üben keinen constan-
ten Einfluss auf die Ozonreaction aus.
8. Dasselbe gilt von den Schwankungen des Barometerstandes.
9. Die Feuchtigkeit der Luft befördert die Ozonreaction.
10. Regen und Schnee üben einen Einfluss auf die Ozonreaction
aus, der zwar nicht ganz constant ist, aber doch in den jähr
lichen Mitteln so hervortritt, dass der Ozongehalt an
Schneetagen grösser als an Regentagen, und an diesen
wieder grösser als an schönen Tagen ist.
11. Der Wind wirkt je nach seiner Stärke befördernd auf die
Ozonreaction, die Richtung des Windes dagegen hat keinen
Einfluss darauf.
12. Die Ozonreaction ist in ihrem Steigen und Fallen proportional
einer Zahlenreihe, die aus der Windstärke und dem Feuch
tigkeitsgrade der Luft zusammengesetzt ist.
13. Gewitter bewirken mitunter eine plötzliche Steigerung des
Ozongehaltes der Luft.
Diese Resultate beruhen auf den Beobachtungen eines Jahres,
und verhehlen wir uns nicht, dass mehrjährige Beobachtungen die
selben wohl in manchen Punkten modificiren könnten.
und sein Verhältuiss zu den herrschenden Krankheiten.
211
II. Der Ozongehalt der Luft und sein Verhältniss zu den
herrschenden Krankheiten.
Wir kommen jetzt zu demjenigen Tlieile des Berichtes, der fin
den Arzt der wichtigste ist und der erst die wahren Resultate der
Gesammtbeobachtungen enthält. Über das Verhältniss des Ozons zu
den Krankheiten besitzen wir, wie schon in der Einleitung angege
ben wurde, bis jetzt keine sichern Beobachtungen. Schönbein
gibt wiederholt an, dass er in Basel bemerkt habe, wie bei hohem
Ozongehalte der Luft viele katarrhalische Krankheiten herrschten,
und dasselbe bestätigt Spengler für Roggendorlf. Ausserdem soll
nach Schönbein ein englischer Arzt, Dr. Hunt, behauptet haben,
dass w-ährend einer Choleraepidemie die Luft kein Ozon enthalten
habe. Aus vielen theoretischen Gründen und einigen von Schön
bein angestellten Experimenten war es überdies wahrscheinlich
geworden, dass der Ozongehalt der Luft auf die Entstehung und Ver
breitung mancher Krankheiten bald einen positiven, bald einen nega
tiven Einfluss ausüben könne.
Um über diese Verhältnisse zu einem wirklich sichern Resultate
zu gelangen, wurden in den genannten 12 Monaten von den meisten
ärztlichen Mitgliedern des Vereins genaue Krankenlisten geführt. Es
waren zu diesem Zwecke gedruckte Schemata vertheilt, in denen alle
acuten Krankheiten der Reihe nach angeführt, und zugleich die
Einrichtung getroffen war, dass an jedem Tage die beobachteten
Fälle notirt werden konnten. Jede Tabelle war für einen Monat
berechnet und sollten nur diejenigen Fälle eingetragen werden, bei
denen sich der erste Erkrankungstag genau ermitteln Hess. Aus
diesen einzelnen Monatslisten wurde dann eine einzige, alle Beobach
tungen umfassende zusammengestellt.
Es wäre fürunsern Zweck sehr wünschenswert!» gewesen, wenn
wir eine Zusammenstellung sämmtlicher in der Sfadt vorgekommenen
Erkrankungsfälle hätten benutzen können, eine solche Hess sich aber
nicht beschaffen, und wir haben nur die Beobachtungen einer ver-
hältnissmässig kleinen Zahl von Ärzten zur Disposition. Da sich
indess unter diesen das städtische Krankenhaus, die Klinik und Poli
klinik und die Hälfte der Armenärzte befinden, so können wir wohl
annehmen, dass wir wenigstens die Hälfte der in Königsberg vorge-
212 Schiefferdecker. Uber den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
kommenen acuten Erkrankungen für unsere Zwecke haben benutzen
können, und dass wir daher nicht anstehen dürfen, unsere Zahlen
als maassgebend für die Bestimmung des herrschenden Krankheits
charakters zu betrachten. Leider sind indess auch diese Beobachtun
gen nicht von allen Mitgliedern für alle 12 Monate gemacht, namentlich
fehlen für die letzten 3 Monate das städtische Krankenhaus, die
Poliklinik und einer der Armenärzte, so dass diese Monate für sichere
Schlüsse nicht zu benutzen sind.
Es sind in den ersten 9 Monaten im Ganzen 5.418 acute Erkran
kungen notirt worden, nämlich:
im Juni
„ Juli
„ August
„ September
„ October
„ November
„ December
„ Jänner
„ Februar
1852
1853
. 408
. 358
. 591
. 993
. 752
. 797
. 603
. 465
. 451.
Dazu kommen noch für
März 1853 310
April
Mai
340
183:
Da diese Monatstabellen wegen der vielen Rubriken keine Über
sicht gewährten, so wurden aus ihnen andere berechnet, in denen
die Krankheiten zu grösseren Gruppen vereinigt und immer 5 Tage
zusammengezogen wurden. In den Monaten mit 31 Tagen enthält die
6. Rubrik immer die Summe für 6 Tage, im Februar die für 3 Tage.
Diese Zahlen finden sich in den Tabellen XV und XVI für alle
12 Monate.
Diesen Tabellen sind zugleich die mittleren Ozonwerthe für die
einzelnen fünftägigen Perioden und die Maxima und Minima des
Ozons beigefügt. In der Tabelle XVII sind die Summen für die
ganzen Monate mit den mittleren monatlichen Ozonwerthen zusam
mengestellt, und ausserdem noch dieselben Krankheitsgruppen in
ihrem procentlichen Verhältniss hinzugefügt.
und sein Verhältnis zu den herrschenden Krankheiten.
213
In allen diesen Tabellen sind besonders angeführt: 1. die
Summe sämmtlicher Erkrankungen, 2. die Summe der Brust- und
Hals-Krankheiten, 3. die Fälle von Pneumonie und Pleuritis, 4. die
Krankheiten der Respirations-Schleimhaut, 5. Morbiden, 6. Scar-
latina, 7. Variolae und Varicellae, 8. die Rheumatismen, 9. Typhus
und gastrische Fieber, 10. Intermittens, 11. Diarrhöe, 12. Cho
lera, 13. die sonstigen Krankheiten.
Um eine noch leichtere Übersicht zu gewähren, sind in der
Tabelle XVIII die Krankheitsgruppen noch mehr zusammengezogen,
und sowohl ihre absoluten Zahlen als auch ihre procentlichen Werthe
nach den Monaten mit den Ozonwerthen zusammengestellt. — Den
angeführten Tabellen entsprechen die graphischen Darstellungen auf
den Tafeln XII — XV.
Wenden wir uns nun zuvörderst zur Retrachtung der beobachteten
Krankheiten, so sehen wir, dass in den 12 Monaten mehrere und
theilweise ihrem Charakter nach entgegengesetzte Krankheiten mehr
oder weniger gleichzeitig geherrscht haben. — Entzündliche Brust
krankheiten und Katarrhe sind durch die ganze Zeit beobachtet
worden, sie waren besonders vorherrschend im November, Decem-
ber, Jänner und Februar. Dessgleichen herrschten Typhus und
gastrische Fieber ununterbrochen, doch fand bei ihnen eine unge
wöhnliche Steigerung im August und September Statt, mit einem
auffallenden Maximum in der Mitte des August. Ziemlich gleichzeitig
damit wurden Wechselfieber beobachtet, die ebenfalls im August und
September am häufigsten vorkamen, und im September ihr Maximum
erreichten.
Ausser diesen bei uns ununterbrochen in wechselnder Ausbrei
tung herrschenden Krankheiten wurden folgende als epidemische
beobachtet. Die grösste Ausdehnung hatten die Masern; sie traten
Ende August auf, verbreiteten sich allmählich bis EndeOctober, dann
herrschten sie bis Ende November in einer ganz ungewöhnlichen
Ausdehnung, nahmen rasch ab, und verschwanden Mitte Jänner.
Nach den Masern war der Ausdehnung nach die bedeutendste
Epidemie die der Cholera. Sie begann mit dem September, erreichte
in der Mitte dieses Monats ihr Maximum und hörte Mitte November
auf. Gleichzeitig mit der Cholera herrschten Diarrhöen in grosser
Ausdehnung. Sie begannen schon im Juli sich ungewöhnlich zu ver
breiten, erreichten mit der Cholera gleichzeitig ihr Maximum und
214 sein efferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft etc.
sanken mit dem Aufhören der Letzteren auf denjenigen Grad von
Häufigkeit, wo man sie nicht mehr als Epidemie betrachten konnte.
Noch zwei exanthematische Krankheiten herrschten in geringe
rem Grade; beide begannen mit dem Nachlass der Maser-Epidemie.
Die Pocken erreichten ihr Maximum im Jänner und nahmen
dann allmählich gegen das Frühjahr hinab, der Scharlach nahm
gegen den Frühling zu, und fällt nur mit seinem Anfang in die
Monate December, Jänner und Februar.
Wäre nun die Behauptung von Schönbein richtig, dass
das Ozon eine positive Wirkung auf die katarrhalischen Krank
heiten und eine negative auf die miasmatischen (Intermittens, Typhus,
Cholera, Diarrhöe) ausübt, so hätte der Ozongehalt sein Maximum
in der von uns beobachteten Zeit im November, sein Minimum
im September haben müssen, diese Monate zeigen aber gerade
einen ziemlich übereinstimmenden mittlern Ozongehalt.
Werfen wir noch einen Blick auf die vorliegenden Zeichnun
gen, so sehen wir, dass durchaus keine Beziehung zwischen
irgend einer Krankheit und dem Ozongehalt der Luft aufzufinden
ist. Auch plötzliche bedeutende Steigerungen des Ozongehaltes
wirken durchaus nicht auf die Entstehung katarrhalischer Krank
heiten der Respirationsorgane befördernd ein, wie dies aus den
Tabellen XV und XVI, welche die Maxima und Minima des Ozons
enthalten, zu ersehen.
Wir gewinnen daher aus unsern Beobachtungen, deren Um
fang hinreichend gross war, um sichere Schlüsse zu gestatten,
das Resultat, dass zwischen dem Ozongehalt der atmosphärischen
Luft und der Entstehung und Verbreitung der Krankheiten keine
Beziehung aufzufinden ist. Dieses rein negative Resultat hat uns
bewogen, nach Ablauf von 12 Monaten die Beobachtungen einzu
stellen.
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216 Schiefferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
Sltzb - d - mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. II. Hft.
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NO
2
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1-33
14*53
79-3
NO
3- 5
2-0
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8-5
4-6
15-5
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28
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12-87
G7-0
NO-N
1—2
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1- 5
6"5
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14-0
28
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37-9
NO-N
2—1
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2-0
7-3
3-2
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12-5
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1
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2-0
2-0
6-0
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11-0
10-5
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R. R.
O-SO
1
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2-5
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1
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12- 27
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R.
0
1
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3-5
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13- 5
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0
1
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30
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28
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74-1
O-NO
1
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1- 63
13-70
8G-4
W-
NW.
1
2- 0
60
30
10-5
5-3
15-5
15-5
224
Schiefferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
TA-
September 1852.
Barometerstand .
Thennometerstand
Feuchtigkeit .
Regen und Schnee
Windesrichtung. .
Stärke des Windes
Ozongehalt d. Luft
auf Station E W.
„ „ VI 0,
„ „ II W.
, „ IV w,
„ V w.
im Mittel
„ „ XI 0.
„ „ XII N.
October 1852.
Barometerstand.
Thermometerstand
Feuchtigkeit .
Regen und Schnee
Windesrichtung.
Stärke des Windes
Ozongehalt d. Luft
auf Station I W.
„ „ III 0.
„ „ II w.
im Mittel
» * XI 0.
28
1-93
14-57
74-2
O-SO
1—2
1- 5
2- 0
1-0
4-5
30
2-4
11-5
11-0
November 1852.
Barometerstand .
Thermometerstand
Feuchtigkeit .
Regen und Schnee
Windesrichtung
Stärke des Windes
Ozongehalt d. Luft
auf Station I W.
„ „ III O.
„ „ VII o.
, „ II w.
„ „ VIII Pi.
im Mittel
„ „ XI 0.
27
10-30
10-13
73-3
SO-S
3—1
1-5
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5-5
14-S
28
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13-60
70-6
NO-
SO
2—1
2- 5
3- 0
1- 5
2- 2
10-5
10-0
28
4-70
13-67
83-3
* II.
0
1
1-0
1- 5
0-5
7-0
2- 5
2-5
13-5
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27 27
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11-73
70-8
R.
W-
sw
2—1
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S.
N
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R.
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R.
SW
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83-6
It.
O-SO
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R.
0
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27
11-08
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83-0
R.
SW
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R.
SW
1
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13-70
69 1
NO
1—2
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3-7
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O-NO
1
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67-
O-NO
1
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R.
SO
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12- 3
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S9-7
R.
SW-
NW
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77-6
R.
SO
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II.
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R.
S
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2-1
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II.
S-
SW
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14- 5
14-1
17-3
28 i 28
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0-13
89-1
S.
0
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13- 5
16-5
14- 3
12-0
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R.
0-
SW
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2-0
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O-NO
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SW
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R.
W-
NW
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14-0
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* R.
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R.
W
2-1
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27
8- 50
0-53
83-9
R. S.
NW
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4-00
86-7
R.
SW-
so
1
o-o
5*3
1- 3
2- 3
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27
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0-30
79-6
S.
O-W
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6-0
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10-5
5-5
8-8
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27
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70-1
R.
SW
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13-0
28
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4- 33
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R.
SO-
NW
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0-87
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S.
5-
NW
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13
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75-5
R.
SW
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10-5
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15- 0
28
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5- 40
87-0
W
1-2
3-0
6- 0
7-0
5-3
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27 2?
11-85 9-27
3-40 -6-07
80-6 84-3
S.
28
2-9!
5*41
86-9
R.
W-
NIV
I— 7
5-0
II- 3
C-0
7-3
17-3
W-S
1
7- 0
13-0
13-3
90
8- 0
101
17-3
und sein Verhiiltniss zu den herrschenden Krankheiten.
225
BELLE V.
226
Schi e ff er (lecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
TA-
Dcccmber 1852.
Barometerstand . .
Thermometerstand
Feuchtigkeit . . .
Regen und Schnee
Windesrichtung. .
Stärke des Windes
Ozongehalt d. Luft
auf Station I W.
» » V W.
„ „ VIII N.
» „ III 0.
„ „ VII 0,
„ II W.
im Mittel
Jänner 1853.
Barometerstand .
Thermometerstand
Feuchtigkeit .
Regen und Schnee
Windesrichtung.
Stärke des Windes
Ozongehalt d. Luft
auf Station I W.
» » v w.
„ „ VIII N.
„ „ III 0.
» » VII 0.
» „ II w.
im Mittel
„ „ XI 0.
Februar 1853.
Barometerstand .
Thermometerstand
Feuchtigkeit . . .
Regen und Schnee
Windesrichtung. .
Stärke des Windes
Ozongehalt d. Luft
auf Station I W.
„ „ V W.
„ * VIII N.
» » HI o.
„ „ VII 0.
» » II W
im Mittel
„ » XI 0.
28
2*52
3-90
93-2
R.
SO-O
1
2'0
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1
2*5
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2*5
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3*3
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91*9
li.
W-
SW
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R.
SW
1—2
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S
1
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9*0
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S.
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SW-
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R.
0-
SW
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R.
W
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S-NO
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SO
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S.
O-SO
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W-
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S.
NO-
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W-
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2*0
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NO
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8-
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SW-
so
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SO-
SW
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SW
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8*5
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S-W
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R.
W
2—3
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27
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SW
1
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10*5
12*0
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27
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R.
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13*5
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18*0
140
140
149:
17*5
und sein Verhältniss zu den herrschenden Krankheiten.
227
BELLE VI.
228
Schiefferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
TA-
März 1853.
Barometerstand. .
Thermometerstand
Feuchtigkeit . . .
Regen und Schnee
Windesrichtung
Stärke des Windes
Ozongehalt d. Luft
auf Station I W.
„ „ VIII N.
» » HI 0.
„ „ VII 0.
» » II w.
im Mittel
„ „ XI 0.
April 1853.
Barometerstand .
Thermometerstand
Feuchtigkeit .
Regen und Schnee
Windesrichtung.
Stärke des Windes
Ozongelinlt d. Luft
auf Station I W.
„ „ III 0.
„ „ II W
im Mittel
» „ XI 0
Mai 1853.
Barometerstand . ,
'Thermometerstand
Feuchtigkeit . .
Regen und Schnee
Windesrichtung.
Stärke des Windes
Ozongehalt d. Luft
auf Station I W.
„ „ IX S.
„ „ III 0.
„ „ VII 0.
» » II W.
im Mittel
» * XI 0,
28
0-46
■1-47
81-2
SW-
NO
1—2
7-5
13'S
ISO
il-ä
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NO-
SO
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R.
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1
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00
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13«
27
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R.
NO-O
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ISO
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2
8-0
14-;>
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O-N
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II.
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SW-
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SO
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S.
S-
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SW-
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W-
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SO-
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NO
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W
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N-
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R.
O-W
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N
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II.
W-N
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R.
SW-
w
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s
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67-2
II.
N
5-0
110
130
9-3
12-0
10-1
und sein Verhältniss zu den herrschenden Krankheiten.
229
BELLE VII.
IG
17
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1«
20
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24
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NO
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R.
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73-1
N
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GO
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17G3
67-4
R.
O-NO
1
0-0
4-0
3-5
30
6-3
3-8
230 sc hiefferd eck er. Über den Ozong-ehalt der atmosphärischen Luft
TABELLE VIII.
Ozongekalt der Luft an verschiedenen Orten
Ort der Beobachtung’
A. In der Stadt.
Station I W.
„ II W.
„ III 0.
„ IV W.
„ V W.
„ VI 0.
„ VII 0
„ VIII N
' IX S
I). Ausserhalb der Stadt.
Station X N.
„ XI 0.
„ XII N.
I 8
Juni
Juli
3-9
4 8
12-8
August
3- 9
4- 8
7-4
5- 1
13-5
12-4
Septem
ber
6-1
6-S
9-3
G-3
6-9
October
Novem
ber
3'7
7-7
9-7
8-0
Decem-
ber
6- 9
11 -3
9-4
10-3
9-5
7- 2
1 8
Jänner
8- 4
9- 6
9-6
8- 3
9- 1
9-4
Februar
9-0
10- 9
14-1
9'8
11- 2
10-9
März
9-0
12-0
14-0
11-1
11 -S
April
Mai
3-3
9-2
9-1
8-6
7-7
10-7
TABELLE IX.
und sein Verhäitniss zu den herrschenden Krankheiten. 231
232 sei.; efferilec k er. Über (len Ozongehalt der atmosphärischen Luft
TABELLE X.
Ozongckalt der Lnft.
Juni 1832
Juli
August „
September „
Octobcr „
November „
December „
Jlinner 1833
Februar „
Mürz „
April „
Mai „
im Mittel
ln Königsberg
Nacht
3-0
2- 7
3- 2
4- 0
4-3
4-4
4-8
4-7
33
3- 9
6-0
4- 6
4-4
Tag
2- 3
21
2-2
3- 2
3- 7
33
4- 3
4- 3
5- 4
S-G
4-9
2-9
3-7
Diffe
renz
0-5
0-6
I -o
0-8
0-8
0-9
0-3
0-4
0-1
0-3
II
1-7
0-7
Aufd. Hufen (St.X u. XI)
Nacht
7-4
8-8
Tag
Diffe
renz
In Cranz (Station XII)
Nacht
Tag
Diffe
renz
TABELLE XI.
Juni 1832
Juli
August
September
.Octobcr
November
December
Jänner
Februar „
Mürz „
April
Mai „
im Mittel
1833
In Königsberg
in 24 Stunden
Mittel
5-5
4- 8
5- 2
7- 1
8- 2
7- S
9-2
8- 8
10- 9
11- 2
10-8
8-1
Maxi
mum
Mini
mum
10-1 1
8-0 2'
10- 5
13- 1
14- 1
14-3
13- 6
12-9
14- 9
18-3
14-3
11- 9
8-1 18-3 0-1
0-1
2-0
31
7-6
Auf den Hufen
(Station X und XI)
in 24 Stunden
Mittel
13
16
Maxi
mum
18
20
Mini
mum
In Cranz (Stat. XII)
in 24 Stunden
Mittel
Maxi
mum
Mini
mum
13-3 10
15*5 9
Mittlere
Tempe
ra tur
+ 14-23
+ 15-33
+ 1477
+ 10-94
+ 3-83
+ 1-93
+ 2-15
— 0-49
— 2-72
— 301
+ 2-88
+ 9-31
+ 5-77
TABELLE XII.
Professor Wolf in Ilern pro 1853.
Juni ... 8-7
Juli. . . .4-7
August . .7-1
September. 6-8
Oetober . . 3-2
November. 5-2
December. 9-3
Jänner . . 9-4
Februar. .13-0
März.
April
Mai .
13.2
12-6
130
Sommer. . 6-83
Herbst . . 5-73
Winter. .10-57
Frühling . 12-93
Juni . .
Juli . .
August.
5 - 5
4- 8
5- 2
In Königsberg pro Juni 1852 bis Mai 1853.
7- 1
8- 2
7-5
September
Octobcr .
November.
December
Jänner .
Februar.
9-2
8-8
10-9
März
April
Mai.
11-2
10-8
8-1
Sommer . .3-1 I Herbst.
7-6| Winter
9-3 Frühling. . 10-0
und sein Verhältniss zu den herrschenden Krankheiten.
233
TABELLE XIII.
Ozongehalt der Luft, Barometer-, Thermometerstand und Feuchtigkeit.
Juni 1852
Juli
August „
September „
Oetober „
November „
December „
Jänner 1853
Februar „
März n
April
Mai
Mittel
Ozongehalt der Luft in
Königsberg in 24 Stunden
Mittel Maximum Minimum
5-5
4- 8
5- 2
7- i
8- 2
7- 5
9-2
8- 8
10- 9
11- 2
10-8
8-1
8-1
10-1
8-0
10- 5
131
14-1
14- 5
15- 6
12-9
14-9
18-3
14-5
11- 9
18-3
1-6
2-0
2-3
Mittlerer
Barometer
stand
27 11-
28 1-
28 0-
28 1-
28 0'
27 11'
27 11
28 0'
27 9
28 1'
27 11
28 1
57"
02
38
10
09
62
50
76
39
64
49
24
Mittlerer
Thermome
terstand
14*23
15-33
14-77
10-94
3-83
1- 93
2- 15
- 0-49
- 2-72
- 3-01
2-88
9-51
Mittlere
Feuchtig
keit
0-1 | 28" 0-15" | 5-77
73-5
70- 2
76- 2
77- 3
83- 1
87- 1
89-2
88- 2
85-9
82-0
84- 1
71- 4
80-6
TABELLE XIV.
Die Veränderungen des Ozongehalts der Luft durch Schnee und Regen.
Juni
Juli ....
August . . .
September. .
Oetober. . .
November . .
December. .
Jänner . . .
Februar. . .
Miirz ....
April....
Mai ....
Mittel
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. II. Hft. 16
Zahl der
Mittlerer Ozongehalt der
schönen
Tage
Regentage
Schnee
tage
schönen
Tage
Regentage
Sehnee
tage
12
22
16
12
2
3
2
14
10
18
6
13
18
9
15
18
26
20
23
11
3
7
18
18
3
7
6
6
15
6
6
4-6
4-5
4- 6
3-4
5- 4
7-8
7-2
7-6
10- 7
11- 1
10-0
7-0
6-2
6-0
6-6
10-0
8-3
7- 1
8- 8
10-0
11-8
12-9
11-2
8-3
9-0
8-8
11-3
9- 7
10- 9
11- 0
10- 6
130
186
49
6-9
8-9
10-1
234
Schiefferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
BEL
Der Ozongehalt der Luft und die herrschenden Krankheiten in i ^ ona
Mittlerer Ozongelialt d. Luft
Maximum
Minimum
Summe der Erkrankungen
Summe der Brust-und Hals
krankheiten .....
Pneumonie und Pleuritis
Krankheit der Respirations
Schleimhaut ....
Morhilleu
Scarlatina
Variolae und Varicellae .
Rheumatismus
Typhus und Febris gastrica
Intermittentes ....
Diarrhöen
Cholera
Sonstige Krankheiten
26
66
69
66
4-1
10-1
1-6
öl
59
12
109
TA
Der Ozongehalt der Luft und die herrschenden Krankheiten in di
3
BEL
Ilona
Mittlerer Ozongehalt d. Luft
Maximum
Minimum
Summe der Erkrankungen .
Summe der Brust- und Hals
krankheiten
Pneumonie und Pleuritis .
Krankheit der Respirations-
Schleimhaut
Morhillon
Scarlatina
Variolae und Varicellae . .
Rheumatismus. .....
Typhus und Febris gastrica
Intermittentes
Diarrhöen
Cholera
Sonstige Krankheiten . . .
7-3
11*4
2-0
113
34
7-5
11*6
2-6
110
10-5
13-0
6-2
96
12-5
15-0
8-2
104
10-2
15-6
6-8
79
6*5
10-0
3*1
92
10-4
131
8-5
9-6
IM
7-9
IM
12-2
9-7
90
78
16 i
und sein Verhältnis zu den herrschenden Krankheiten,
235
TA belle XVI.
16*
i
i
236 Schi efferdecker. Über den Ozongehalt der atmosphärischen Luft
TABELLE XVII.
Der Ozongehalt der Luft und die herrschenden Krankheiten.
Mittlerer Ozon
gehalt der Luft
Maximum . . .
Minimum . . .
Summe der Er
krankungen . .
Summe d.Brust-u.
Halskrankheiten
Pneumonie und
Pleuritis . . .
Krankheiten der
Respirations-
Schleimhaut . .
Morbiden . . .
Scarlatina . . .
Variolae und Va-
ricellae. . . .
Rheumatismus .
Typhus und Febris
gastrica . . .
Intermittentes .
Diarrhöen . . .
Cholera . . . ,
Sonstige Krank
heiten ....
Auf 100 Erkran
kungen kamen:
Brust-und Hals
krankheiten . .
Pneumonie und
Pleuritis . . .
Krankheiten der
Respirations-
Schleimhaut .
Morbiden . . .
Scarlatina . . .
Variolae und Va-
ricellae. . . .
Rheumatismus .
Typhus und Febris
gastrica . . .
Intermittentes .
Diarrhöen . . .
Cholera ....
Sonstige Krank
heiten ....
5-5
10-1
1-6
408
142
52
90
1
2
25
54
108
42
34
34-8
12-7
22-0
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0
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13-2
26-4
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4-8
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2-0
358
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59
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16
75
58
64
39
27-3
10-8
16-4
1-6
0-5
4-4
20-9
16-2
17-8
10-8
5-2
10-5
2-3
591
59
19
40
24
1
6
16
178
151
105
2
49
9-9
3-2
6-7
4-0
0-1
1-0
2-7
8-2
7-1
13-1
2-1
993
103
20
83
70
4
4
18
138
164
221
206
65
10-3
2-0
8-3
7-0
0-4
0-4
1-8
13-9
16-5
22-2
20-7
6'5
8-2
14-1
2-3
752
145
37
108
138
1
8
25
70
75
111
119
60
19-2
4-9
14-3
18-3
0-1
1-0
3-3
9-3
9-9
14- 7
15- 8
7-9
7-5
14-5
0-1
9-2
15-6
2-0
797
223
29
194
270
1
22
22
58
58
72
19
52
27-9
3-6
24-3
33-8
0-1
2-7
2-7
7-2
7-2
9-0
2-3
6-5
603
172
31
141
101
4
34
43
66
44
57
82
28-5
5-1
23-4
16-7
0-6
5-6
7-1
10-9
7-2
9-4
13-6
8-8
12-9
3-1
465
176
41
135
19
15
49
23
46
41
36
60
37-8
8-8
29-0
4-0
3- 4
10-5
4- 9
9-8
8-8
7-7
12-9
10-9
14-9
7-6
451
167
39
128
2
10
34
22
41
70
30
75
37-0
8-6
28-4
0-4
2-2
7-5
4-8
9-0
15-5
6-6
16-0
11-2
18-3
7-2:
310
78
29
49
1
8
17
8
43
95
16
25-1
9-2
15-9
0-3
2-5
5-4
2-5
13-8
30-6
5-1
14-1
a.
10-8
14-5
6'3
340
82
27
55
2
15
11
20
30
124
16
40
24-1
7-9
16-2
0-5
4- 4
3- 2
5- 8
8-8
36-4
4- 7
11-7
8-1
11 -9
3
183
43
20
14
24-5
10-9
13 • 6
1-0
3'2
1
4-3
8-7
t4-2
4-3
7-6
Ozongehalt der Lull an verschiedenen Stellen in Königsberg. Taf. I.
Silzongsb.d. k. Akari. d. W malh. nalnrw: f'l.XHBd ?1M 1855.
Ozongehall der Luft in Königsberg (Mittel) Sprechen und Cranz. Taf.JT.
Augüst 1852.
Cranz
Spreclian
Königsberg
September 1852.
Cranz
Sprechan
Königsberg
Sitiungsb. d. k Akad. d. W. math. natnrw. Cl.ffllBd. J.Meft. 1855.
Silzirao'sb. d. k.Akad. d Winath. natum Cl.XVlffld.üfeÄ.1855.
Ozon in Königsberg und Sprechan im Verhältniss zum Barometer-und. Thermometerstand. Tof’.IV.
Silzui|gsb.d. k. AfauL d.W uiath. natnnr. C13MI 1851
(hiobrr 1852.
Ozon in
Königsberg'.
auf den
Hilfen^
Feuchtigkeit
Xowmber 1852.
Ozon in
Königsberg^
auf den
lfufen.
Feuchtigkeit.
December IS52.
Ozon in
Königsberg^
Feuchtigkeit.
Ozon in Königsberg' und auf den Hufen imYerhältniss zur Feuchtigkeit der Luft
TaOT.
Ass dLir Hef-a. Sustsinichiei
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Sitxungsb. d. k. Akad. d. W math. nähme t'lXYILBd. 2.Hefl. 1855.
Ozon in Königsberg' und auf den Hufen irnVerhältnifs zur Feuchtigkeit derJLuft. Taf VII.
Si tzungsb. d.k. Akad.d .W! niatfuiaturw. CI XV r U Kd. 2 Ifeft 1855.
Ozon in Königsl>erg und in Spreehan imVerhallnifs zii Wind, S'clmeennd Regen. Taf.VM,
Ozon in Königsberg im\erhältmTs zur Feuchtigkeit der Luft unlWaiilstärke. Taf.TX.
Ax* (Llüülof x. Staateäritebrö.
Sitzung*!) 1 kJüc&d. d.!VT matk.naturw. CIJlYü J5d.2.HefY.185£.
Tai'.X.
November
1852,
Ozon in
Königsberg.
Feuditigkeit u.
Windstärke.
De comb er
185*.
Ozon in
Kbnitsbers'.
E S
FgllfliUgkeitn.
Wintlstärta
äLznngsb. d. Ii Akad. d.'V malh.natnnv ('lYYflllrf.2 Heft. 1855.
Ozon in Königsberg im Whältniss zur Feuchtigkeit der Luft, untl Windstärke . TatXL
Sitmrngsb. d.k. AM. d.TC matli. n aturw.ClffiBd. 2. Heft 1855.
Aas d. k. k. Hol'-y, 5 tms dra ckere.
Ozongehalfc
Krankheitmilfr
Kespiralions.
Schleimhaut
Morhillen
Typhus und gas»
Irische Fi eh er
Der Osongehalf der Luft, und dre herrschenden Krankheiten.
Taf. Xn.
Aus 3.1c.Tc.Kof-u.StaÄfedruckerei.
Sitziingsl). d.k. Abul.iL.Wmath.uatiirw: OlXVlLBd.&Keff. 1855.
‘rs
C't
53
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üaonrfehalt
Intmiiiltens
Cholera,
Diarrhöe
Der Osong'ehalt der Luft luul die herrschenden Krankheiten
Sitzimgsb.l.k.Akad.iliW'matli.natunv.Ci.XVU.RiI ZJIcft. IS5J.
Taf.XlU.
13cr Ozongehalt der Luft und die herrschenden Krankheiten. Tnf. Xfl'.
Dasselbe nach Proc.der Summe der Erkrankungen.
Sitzungsb.d. k. Akad. AM math. naturw. O.XIKBd.tHeft.1855.
Taf.XF.
Ozongehalt.
Krankh. der
Respirations,
Schleimhaut.
Rheumalism.
Ozougehall
Kraakh. der
Respiradons,,
Schleimhaut
Rheumatism.
Rer Ozongehalt derluft und die herrschenden Krankheiten.
Dasselbe nach
Ozongehalt
Variolae
Scarlatma
Proc. der Summe der Erkrankungen.
a- -p
a> —
t/1 O
Au* i k.k. Hof n-Staatsdruckerei.
Sitzungsb. d.kAkad. AM math. naturw. CDM.E<L2.Heft,1855.
und sein Verhältnis zu den herrschenden Krankheiten.
237
TABELLE XVIII.
Der Ozongehalt der Luft und die herrschenden Krankheiten.
Mittlerer Ozon
gehalt der Luft
Maximum .
Minimum. .
Summe der Er
krankungen
Brust- und Hals
krankheiten .
Morbiden . .
Typhus u. Febris
gastriea . .
Intermittentes
Diarrhöen . .
Cholera . . .
Sonstige Krank
heiten . . .
Auf 100 Erkran
kungen kamen
Brust- und Hals
krankheiten
Morbillen .
Typhus u. Febris
gastriea . .
Intermittentes
Diarrhöen . .
Cholera . . .
Sonstige Krank'
heiten . . .
5-3
10-1
1-6
408
142
1
54
108
42
61
34-8
0-2
13-2
26-4
10-2
14-8
4-8
8-0
2-0
358
98
6
73
38
64
37
27-3
1-6
3-2
10-3
2-3
391
39
24
178
131
103
2
72
9-9
4-0
20-9 30-1
16-2 23-3
17-8
15-7
17-7
0-3
12-0
7-1
13-1
2-1
993
103
70
138
164
221
206
91
10-3
7-0
13-9
16-3
22-2
20-7
9-1
8-2
14-1
2-3
732
143
138
70
73
111
119
94
19-2
18-3
9-3
9-9
14-7
13-8
12-3
7-3
14-3
0-1
797
223
270
38
38
72
19
97
27-9
33-8
7-2
7-2
9-0
2-3
12-0
9-2
13-6
2-0
603
172
101
66
44
57
163
28-5
16-7
10-9
7-2
9-4
26-8
8-8
12-9
3-1
463
176
19
41
36
147
37-8
4-0
9-8
8-8
7-7
31-7
10-9
14-9
7-6
451
167
2
41
70
30
141
37-0
0-4
9-0
15-5
6-6
30-5
11-2
18-3
7-2
310
78
1
43
93
16
77
25-1
0-3
13-8
30-6
51
24-5
o.
■<
10-8
14-5
6-3
340
82
2
30
124
16
86
24-1
0-5
8-8
36-4
4-7
23-3
8-1
11-9
3-8
183
45
2
16|
81 i
8:
31
24-5
1-0
8-7
44-2
4-3
16-7
238
Waltenhofen.
Entwurf einer Construction der Luftpumpe.
Von Dr. Adalbert Edlem v. Waltenhofen,
k. k. Professor der Physik an der Innsbrucker Universität.
Die Unvollkommenheiten, mit welchen die Kolbenventile der
gewöhnlichen zweistiefligen Ventil-Luftpumpen so häufig behaftet
sind und deren oft missliche Correction in soferne auch umständ
lich ist, als sie die Zerlegung des Apparates erheischt, stören und
beeinträchtigen die Leistungen nicht selten so sehr, dass man dafür
durch die sonstigen Vorzüge und Bequemlichkeiten solcher Luft
pumpen durchaus nicht entschädigt ist. Es ist allerdings nicht zu
verkennen, dass die erwähnten Übelstände nicht immer den Kolben
ventilen allein zur Last fallen, indem sich insbesondere auch die
allmähliche Abnützung der Stopfbüchsen geltend macht, doch kann
diesfalls meistens, wenn auch bisweilen mühsam, mit sicherem
Erfolge für geraume Zeit abgeholfen werden.
Diesen Verhältnissen gegenüber hat die gewöhnliche zweistief-
lige Hahn-Luftpumpe den anerkannten Vorzug einer dauerhaft exacten
Steuerung; bei dem Umstande jedoch, dass die dabei unvermeidlichen
erschütternden und lauten Bewegungen häufig auch unwillkommen
sind, war ich veranlasst, auf dem Wege geeigneter Modificationen der
gewöhnlichen zweistiefligen Ventil-Luftpumpe zu einerConstruction der
Luftpumpe zu gelangen, bei welcher die Kolbenventile beseitigt sind
und der luftdichte Schluss überhaupt mit möglichster Unabhängigkeit
von Klappenventilen hergestellt ist.
Unter den verschiedenen Formen, in welchen ich diesen Gedanken
ausführbar fand, dürfte das im nachstehenden Entwürfe vorgeschlagene
Steuerungssystem den wichtigsten Anforderungen am besten ent
sprechen. Diese Construction der Luftpumpe, welche den luftdichten
Schluss ohne Kolbenventile hauptsächlich durch konische Zapfen und
Stopfbüchsen herstellt, und nur einfache, leicht zugängliche Klappen
ventile in untergeordneter Verwendung mitwirken lässt, ist der zunächst
beabsichtigte Gegenstand der vorliegenden Mittheilung, und besteht
Entwurf einer Construction der Luftpumpe.
239
in den aus der folgenden Darstellung ersichtlichen Abänderungen an
der gewöhnlichen zweistiefligen Ventil-Luftpumpe, welche bei jedem
der beiden Stiefel vorzunehmen sind.
Anstatt der Stöpselstange geht ein in gleicher Weise mit einem
solchen Stöpsel versehenes cylindrisches Rohr mit bedeutender Rei
hung durch die Stopfbüchse eines massiven Kolbens, welcher also ohne
Ventil ist. Dieses Rohr hat an seinem unteren Ende, unmittelbar
über dem daselbst befestigten Stöpsel, eine oder mehrere Seiten-
ölfnungen, durch welche beim Niedergange des Kolbens die durch den
Stöpsel vom Recipienten abgesperrte Luft zunächst in das Rohr und
sofort in die Atmosphäre ausgetrieben wird. Dasselbe Rohr geht ohne
Reihung durch den Deckel des Stiefels und hat an seinem oberen Ende,
also ausserhalb des Stiefels, eine Vorrichtung, durch welche es oben
geschlossen oder geöffnet ist, je nachdem der Kolben aufwärts oder
abwärts geht; der Stiefel saugt daher wenn der Kolben aufwärts geht
aus dem Recipienten.
Die besagte Vorrichtung am oberen Ende des besprochenen
Rohres hat folgende Einrichtung. Am oberen Tlieile der Luftpumpe,
in welchem sich das zur Bewegung der Kolbenstangen dienende
Zahnrad befindet und durch welchen die Kolbenstangen hindurch
gehen, ist ein Ansatz mittelst Schrauben befestiget und in diesen ein
vertical abwärts gerichteter, nach unten convergirender konischer
Zapfen eingeschraubt, welcher genau in die konisch ausgebohrte obere
Mündung jenes Rohres passt und geeignet ist, dieselbe vollständig
luftdicht zu schliessen. Dieser Zapfen ist gerade über jenem Rohre
und in dessen konische Mündung hineinreiehend, so angebracht,
dass seine Axe mit der Axe des Rohres zusammenfällt, und dass er
dasselbe schliesst, wenn es um einige Millimeter aus seiner tiefsten
Stellung gehoben wurde. Auf diese Art wird das Rohr durch die
Kolbenbewegungen, wie die Stöpselstange der gewöhnlichen Ventil-
Luftpumpe, durch einen kleinen Spielraum auf- und abgeschoben, und
es kann dieser Spielraum nach Erforderniss abgeändert werden, indem
der so eben beschriebene Zapfen verschraubbar ist. Um das Ein
dringen der äusseren Luft auch in dem Momente zu verhindern, in
welchem die Öffnung im Stiefelboden und die obere Rohrmündung
gleichzeitig olfen sind, wenn nämlich die Kolhenbewegung umgekehrt
wird, ist das Rohr in hinreichender Höhe über dem Deckel des
Stiefels und unter der Stelle bis zu welcher der Zapfen beim Schiessen
240
Waltenhofen.
in dasselbe reicht mit einem daselbst eingeschalteten Klappenventil
versehen, welches sich nach unten schliesst und nach oben öffnet, und
zunächst nur als Hilfsventil für den eben angegebenen Zweck zu dienen
bat. Dieses Ventil hat eine möglichst einfache Construction und ist
überdies, indem es sich ausserhalb des Stiefels befindet, leicht
zugänglich. Der innere Durchmesser der in das Rohr eingeschalteten
cylindrischen Büchse, welche die Klappe enthält, ist grösser als der
äussere Durchmesser des Rohres. Um zu vermeiden, dass die am
unteren Rohrende angebrachten Seitenöffnungen verstopft, z. B. durch
Schmiermittel verlegt werden, hat die Stopfbüchse an ihrem unteren
Ende eine kleine Erweiterung, welche eben hinreicht, jene Seiten
öffnungen bei der tiefsten Stellung des Kolbens zu schützen. Die
so eben beschriebene Construction der Luftpumpe scheint mir den
Vorzug zu haben, dass die dabei in Anwendung gebrachte Rohr
steuerung in Bezug auf Präcision, Vollständigkeit und Dauerhaftigkeit
des luftdichten Schlusses mehr verspricht, als Kolbenventile gewöhn
lich leisten, zumal vorkommende Unvollkommenheiten des bei der
Rohrsteuerung vorhandenen Hilfsventils wegen dessen untergeord
neter Verwendung weniger in Anschlag kommen, und wegen dessen
Anordnung am Apparate viel leichter beaufsichtigt und beseitigt
werden können, als dies bei einem Kolbenventile der Fall ist. Anderer
seits gestattet die Rohrsteuerung auch die an der Ventil-Luftpumpe
schätzenswerthe ruhige Bewegung und nach Massgabe der Voll
kommenheit der Hilfsventile auch die Anwendung des Babinet’schen
Hahnes. Der durch das Rohr vergrösserte schädliche Raum dürfte
eine den meisten Zwecken genügende Verdünnung nicht unmöglich
machen. Einen Voranschlag aber über den numerischen Betrag der zu
erwartenden Verdünnung könnte ich mir selbst bei genauer Kenntniss
der relativen Grösse des schädlichen Raumes nicht erlauben, weil die
Erfahrungen mit Luftpumpen offenbar nicht verkennen lassen, dass die
relative Grösse des schädlichen Raumes selbst mit Berücksichtigung
der zum Offnen des Ventils erforderlichen Spannungsdifferenz nicht
einmal ein beiläufiges Mass des thatsäclilich erreichbaren Verdün
nungsgrades gewährt, indem dieser als ein von der Vollkommenheit
des Schlusses abhängiger Theilbetrag des nach jenen Grössen berech
neten Verdünnungsmaximums, directe Versuche erheischt.
Das rechtzeitige Schliessen und Öffnen der oberen Rohrmündung
hätte sich mit Verzichtleistung auf die Anwendbarkeit des Babinet’schen
Entwurf einer Construction der Luftpumpe.
241
Halmes auch ohne Hilfsventil durch einen verschiebbaren Zapfen oder
durch einen kleinen Hahn bewerkstelligen lassen, wobei mittelst einer
Hebelvorrichtung' der leere Gang der Kolbenstange zu benützen
gewesen wäre, welcher derselben durch einen entsprechenden Spiel
raum ihres unteren Endes nach Erforderniss gestattet werden kann,
und ich hatte mich auch mit den Einzelheiten eines solchen Mechanis
mus beschäftigt, indem es ursprünglich meine Absicht war, diese
Luftpumpe ohne Anwendung irgend eines Klappenventils zu Stande
zu bringen; ich unterlasse es jedoch in die betreffenden ausführlichen
Beschreibungen einzugehen, weil mich das Streben nach einem ein
fachen und dauerhaft verlässlichen Steuerungssysteme und andere
Rücksichten auf praktische Zweckmässigkeit bestimmt haben, die im
vorliegenden Entwürfe dargestellte Construction beizubehalten.
Die Ausführung habe ich eingeleitet, und weil ich die zweck
dienliche Brauchbarkeit des Apparates nicht bezweifle, trage ich kein
Bedenken, den Entwurf desselben vorläufig mitzutheilen, mit Vorbehalt
nachträglicher Ergänzungen, durch Zeichnungen und Detailangaben,
deren Feststellung erst nach gemachten Erfahrungen an der Zeit ist.
Die Erfahrung wird namentlich die Zweckmässigkeit gewisser
Dimensionsverhältnisse zu prüfen haben, z. B. bezüglich des Rohres,
dessen innerer Raum dem Stiefel gegenüber einerseits hinsichtlich
der erreichbaren Verdünnung als schädlicher Raum und anderseits
hinsichtlich der erforderlichen Ausströmungsgeschwindigkeit der Luft
massgebend in Rechnung kommt. Auch gewisse Einzelheiten der
technischen Ausführung und der Behandlung der Ventile und Kolben
erwarten noch die Versuchsprobe, insbesondere bezüglich der
Materialien und der Schmiermittel.
242
Fitz in ge r. Bericht über die vorn Hrn. Dr. Heuglin für die
Vortrag.
Bericht an die kaiserl. Akademie der Wissenschaften über die
von dem Herrn Consulatsverweser Dr. Theodor v. Heuglin
für die kaiserliche Menagerie zu Schönbrunn mitgebrachten
lebenden Thiere.
Von dem \v. M. Dr. leopold Fitzingcr,
Custos-Adjuncten am k. k. zoologischen Ilof-Cahinete.
Ich glaube dass es für die geehrte Classe von Interesse sein
dürfte, einen kurzen Bericht über die eben so schöne als reichhaltige
Sammlung lebender Thiere entgegen zu nehmen, welche der kaiserliche
Consulatsverweser zu Chartum, Herr Dr. Theodor von Heuglin, dem
die wissenschaftlichen Anstalten unseres Vaterlandes schon so manche
wichtige Bereicherung zu verdanken haben, auf seinen Reisen im Sudan
in Abyssinien, Kordofan, Nubien und Ägypten zu Stande gebracht
und an die kaiserliche Menagerie zu Schönbrunn überbracht hat.
Diese Sammlung, welche jener schönen und so gerne gesehenen
Anstalt zu einer wahren Zierde gereicht, und ihr nicht nur eine nam
hafte Vermehrung zuführt, sondern auch eine nicht unbeträchtliche
Anzahl von Arten, welche sie bisher noch nicht besessen und darunter
selbst mehrere, welche bis jetzt noch niemals lebend nach Europa
gebracht wurden, enthält 34 verschiedene Arten von Säugethieren,
6 Arten Vögel und 10 Arten von Reptilien.
Unter den Säugethieren finden wir aus der Ordnung der Atfen
6 verschiedene Arten in 8 Exemplaren, und zwar:
1) den höchst seltenen Nestor (Semnopitliecus Nestor.
Bennett), einen der schönsten und zierlichsten Schlankaffen, der
bisher nur ein Mal in einer Menagerie Englands lebend gezeigt wurde.
Herr Dr. Heuglin hat diesen Affen, dessen Vaterland bis jetzt
unbekannt war, auf seiner Rückreise aus dem Sudan in Ägypt ßI1
käuflich an sich gebracht, wohin er angeblich aus Hinter-Indien
gebracht worden war;
kaiserliche Menagerie zu Schönbrunn mitgebrachten Thiere.
243
2) zwei junge Exemplare der behenden, durch ihren weissen
Backenbart ausgezeichneten graugrünen Meerkatze (Cercopithecus
griseo-viridis. Desmarest), aus dem Sennaar, welche bei den
o ' o .
Arabern im SudanAbellandj ^ .1 in Kairo aber Nis-näs heisst;
3) zwei Exemplare der schönen rothen Meerkatze oder des
Patas (Cercopithecus ruber. Geoffroy), aus Kordofän, der im Sudan
den Namen Abellandj el-achmar^,^! führt;
4) ein junges 2 l / z Jahr altes Männchen des noch so wenig bekann
ten und selbst in den naturhistorischen Museen des Festlandes für
eine Seltenheit geltenden Erd- oder Löwen-Pavians (Theropithecus
Gelada. Isid. Geoffroy), des Dschellada der Abyssinier, aus den
Gebirgen von Simehn in Abyssinien, in einer Höhe von 8000—
10,000 Fuss über der Meeresfläche. Es ist dies das erste Exemplar
dieses Thieres, das lebend nach Europa kam, und um so interessanter
als man diese Affenart im jugendlichen Zustande, wo sie noch jener
charakteristischen Mähne entbehrt, die beim erwachsenen Thiere so
wie beim Löwen reichlich über Kopf und Schultern fällt, bis jetzt
nicht kannte;
5) ein erwachsenes Weibchen und mitteljunges Männchen des
Anubis (CynocephalusAnubis. Fr. Cuvier et Geoffroy), aus dem
Sennaar, einer Affenart, welche lange mit dem Hundskopf-Pavian
(Cynocephalus Papio. Fr. Cuvier et Geoffroy), verwechselt
wurde und so wie alle Paviane von den Arabern mit dem Namen Girt
i s belegt wird; und
6) ein noch sehr junges Männchen eines Pavians von der Küste
des rothen Meeres in Abyssinien, das ich für das junge Thier des
grauen Pavians (Cynocephalus Hamadryas. Latreille), betrachten
zu dürfen glaube.
Die Ordnung der Halbaffen, welche überhaupt in Menagerien nur
äusserst selten vertreten ist, findet auch hier nur in einer einzigen
Art einen Repräsentanten.
Es ist dies der seltene Mongus (Lemur Mongoz. Linne), von
Madagaskar, eine Maki-Art, die Herr Dr. HeugTin in Kairo käuflich
an sich brachte, und welche sich durch ihr liebliches Wesen und ihre
ausserordentliche Zahmheit auszeichnet.
244 F i t z i n g e r. Bericht über die vom Hm. Dr. H e u gl i n für die
Am zahlreichsten stellt sich in dieser Sammlung die Ordnung
der Raubthiere heraus, von welcher sich 14 verschiedene Arten in
16 Exemplaren vorfinden. Diese sind:
1) der ägyptische Wolf (Cants variegatus. C r e t z s c h m a r), aus
Ägypten oder der Dib <—der Araber, eine höchst merkwürdige,
zwischen unserem Wolfe und dem ägyptischen Schakale stehende Art,
welche die ihr angeborene eigenthümliche Scheu noch nicht abgelegt
hat und zum ersten Male durch Herrn Dr. Heuglin lebend nach
Europa gebracht wurde;
2) zwei noch ziemlich junge Exemplare des Nilfuchses (Vulpes
nilotica. Desmarest), oder des Abu Schom ^j£> y\ der Araber
aus Ägypten, welche sich eben zu verfärben beginnen;
3) Männchen und Weibchen des überaus seltenen und selbst in
seiner Heimath im lebenden Zustande so schwer zu erhaltenden
Ohrenfuchses oder Fennek (Megalotis Zerda. Illiger), ausdenSand-
wüsten von Fajüm in Mittel-Ägypten, der auch bei den Arabern den
Namen Fennek JÄij führt. Auch dieses Thier ist bis jetzt noch
nicht lebend in Europa gesehen worden und gehört selbst in den
europäischen Museen zu den grössten Seltenheiten. Es zeichnet sich
von allen ihm verwandten Thieren durch die eigenthümliche Bildung
seines Kopfes und seiner grossen Ohren aus, und bietet hierin grosse
Ähnlichkeit mit gewissen Fledermäusen dar;
5) ein altes Weibchen der gestreiften Hyäne (Hyaena striata.
Zimmermann), oder der Dabba der Araber, aus Ägypten mit
zwei vor 3 Monaten inKairo geworfenen Jungen, die, obgleich sie nicht
mehr saugen, sich fortwährend fest an die Mutter anschmiegen, und
dieselbe nur wenn sie gefüttert werden und selbst da nurungerne und
auf kurze Zeit verlassen, um sogleich wieder zu ihr zurückzu
kehren. Herr Dr. Heuglin hat dieses Thier, welches in neuerer Zeit
vielfältig nach Europa kam und daher keineswegs zu den Seltenheiten
gehört, vorzüglich der beiden Jungen wegen mitgebracht, da dadurch
nun festgestellt ist, dass die Hyäne nicht, wie man bisher angenommen
hatte, immer nur ein einziges Junges zur Welt bringe;
3) der afrikanische Gepard (Cynailurus guttatus. Wagner),
ö '.'
von den Arabern Fächad genannt, aus dem nördlichen Kordofän,
kaiserliche Menagerie zu Schönbrunn mitgebrachten Thiere. 24S
ein Thier, welches bisher nur selten in Menagerien gesehen
wurde;
6) ein Männchen des noch selteneren afrikanischen Jagd-Gepard
(Cynailurus Soemmeringii. Rüppell?), von den Steppen derKaba-
bisch im Süden der Bajuda-Wiiste, ein Thier, das bis auf die neueste
Zeit mit der vorigen Art verwechselt wurde, obgleich es selbst die
Araber unter der Benennung Fächad gebelli j^s von derselben
zu unterscheiden wissen. Höhere Beine, dunklere Färbung, ein an der
Spitze etwas buschiger Schwanz und dieschwächereRückenmähnesind
die Unterschiede, welche diese Art deutlich von der vorigen abtren
nen. Dieses schöne Thier, welches Herr Dr. Heuglin jung auf
gezogen, ist auch durch den hohen Grad von Zähmung merkwürdig,
welchen es erlangt hat; denn es lässt sich nicht nur allein selbst von
jedem Fremden berühren und mit sich spielen, ohne dabei auch nur
eine Spur von Falschheit oder Unwillen zu beweisen, sondern man
kann es auch frei, so wie den zahmsten Hund umhergehen lassen;
7) ein junges Exemplar des seltenen Karakal (Lynx Caracal.
Desmarest), aus Kordofän, oder des Om-rischäd j.1 der Ara
ber, der bis jetzt nur in sehr wenigen Menagerien auf dem Festlande
von Europa zu sehen war;
8) zwei schöne Exemplare der Civette oder afrikanischen Zibeth-
katze (Vivera Civetta. Schreber), aus Abyssinien, die in der
Amhara-Sprache Äner, bei den Arabern aber Miskieh heisst;
9) zwei Exemplare der zierlichen senegalischenGenette(Gc'Mefta
senegalensis. Fr. Cuvier et Geoffroy), oder der Got’-sobäth
*'• t -
J-jj las der Araber aus Sudan;
10) der ägyptische Ichneumon oder die Pharaonsratte (Ilerpestes
Pharaonis. Desmarest), aus Ägypten, bei den Arabern unter dem
c o _
Namen Nems bekannt;
11) der gestreifte Ichneumon (Ilerpestes taenionotus. Smith),
** O 2
oder der Göttne LLä der Araber, aus Kordofän, welcher bisher
irrigerweise mit dem Zebra-Ichneumon (Herpestes Zebra. Rüppell).
246 F i t z i ng er. Bericht über die vom Hm. Dr. H e u gl i n für die
verwechselt wurde, sich von demselben aber durch den ocherfarbenen
Bauch und den Mangel des weissen Längsstreifens auf demselben
unterscheidet;
12) ein jung aufgezogenes Exemplar von bewundernswerther
Zahmheit des höchst seltenen weisslichen Ichneumons (Ichneumon
albescens. Isid. Geoffroy), aus Berber, von den Arabern Abu
Wudan Obj y\ genannt. Dieses überaus seltene Thier, welches sich
bis jetzt nur in sehr wenigen Museen befindet, ist das erste, welches
lebend nach Europa kam.
An diese dem wilden Zustande angehörigenBaubthiere schliessen
sich noch zwei, heut zu Tage blos noch als Hausthiere bekannte
Arten an, und zwar:
13) ein Weibchen des ägyptischen Windhundes (Canis lepora-
rius aegyptius. Mi hi), oder der Egyptian Greyhound von Hamilton
Smith, aus dem Sennaar, welcher bei den Arabern den Namen
o °
KeIb-el-seid.il>jH t—führt. Diese seltene klimatische Varietät des
grossen, aus der Levante stammenden Windhundes (Canis lepora-
rius. Mihi), welche sich auf geographische Verbreitung der Art
gründet und der einzige Hund ist, dessen sich die Araber zur Jagd
bedienen, zeichnet sich durch ausserordentliche Zartheit des Baues,
hell isabellgelbe Färbung und eine fünfte Afterzehe an den Hinter
füssen aus. Endlich
14) ein Weibchen des afrikanischen Jagdhundes (Canis sagax
africanus. Mihi), vom Bahr el abiad unter dem 7. Grade nördlicher
Breite; höchst merkwürdig als Original-Rage der Neger vom weissen
Flusse, und unverkennbar eine klimatische, gleichfalls auf geogra
phische Verbreitung gegründete Varietät des europäischen Jagd
hundes (Canis sagax. Mihi). Es ist dies das erste Exemplar, wel
ches lebend nach Europa kam.
Beide Hunde befinden sich aber gegenwärtig nicht mehr in der
kaiserl. Menagerie zu Schönhrunn, da der Windhund auf allerhöchsten
Befehl nach Lachsenburg kam, der Jagdhund aber vom Herrn Oberst-
Jägermeister an den Hof-Jäger zu Lainz zur Benützung abgegeben
wurde. Die Abbildungen, welche ich von diesen interessanten Hunden
anfertigen liess, gedenke ich gleichzeitig mit meiner grösseren Arbeit
über die Ragen des zahmen Hundes zu veröffentlichen.
kaiserliche Menagerie zu Schönbrunn mitgebrachten Thiere. 247
Die Ordnung der Nagethiere bietet nur 2 Arten in 7 Exemplaren
dar, nämlich:
1) das gemeine Stachelschwein (Hystrix cristata. Linne),
aus Kordofän, welches hei den Arabern den Namen Abü-Schohkh
_ijy) führt, in einem grossen, wahrhaft prachtvollen Exemplare,
mit vortrefflich erhaltenem Kopf- und Nackenbusclie, wie man es nur
selten sieht; und
2) sechs Exemplare der alexandrinischen oder Dach-Ratte
(Mus tectorum. Savi), von den Arabern Für jb genannt, aus Ale
xandria, welche allenthalben in Ägypten und Nubien, so wie in den
Häfen des rothen Meeres in grosser Anzahl vorkommt, und ohne
regelmässig in Erdgängen zu wohnen, sich zwischen dem Holzwerke
in Häusern und den Rippen der Schilfe verbirgt.
Durch Schiffe ist sie auch nach Europa, und zwar sowohl nach
Griechenland als nach Italien eingeführt worden und hat sich daselbst
weiter durch ganz Dalmatien und sogar bis nach Kroatien verbreitet.
Die vom Herrn Dr. Heuglin mitgebrachten Exemplare sind
durchgehends Albinos, da einige vollkommen weiss, einige dagegen
nur weiss gefleckt sind.
Die Ordnung der Wiederkäuer endlich ist durch 11 verschiedene
Arten in 27 Exemplaren vertreten. Diese sind:
1) ein erwachsenes Weibchen einer neuen, noch unbeschrie
benen und zum ersten Male lebend nach Europa gebrachten gros
sen Antilopen-Art, welche Herr Dr. Heuglin mit dem Namen
grossliörnige Wasser-Antilope (Adenota megaceros. Heuglin),
belegte, vom Bahr el abiad, unter dem 7. Grade nördlicher
Breite.
Diese schöne, mit den drei bis jetzt bekannten Arten jener Gat
tung, nämlich mit Adenota Kob, forfex und Leche nahe verwandte
Art zeichnet sich nicht nur durch die abweichende Färbung, sondern
auch durch das mächtige Gehörn aus, welches dem alten Männchen
eigentümlich ist, dem Weibchen aber, so wie allen Arten dieser
Gattung gänzlich fehlt. Die schönen Bälge alter männlicher Thiere,
welche sich in der vom Herrn Dr. Heuglin mitgebrachten, für das
kaiserl. zoologische Museum bestimmten reichen Sammlung von Säuge-
thieren und Vögeln befinden, beurkunden unwiderlegbar die Neuheit
der Art;
248 F i tzi nger. Bericht über die vorn Hrn. Dr. He ug 1 i n für die
8) ein Weibchen der thebaischen Ziege (Hircus thebaicus. M i hi),
> ^ ° -
aus Ägypten, oder des Ans der Araber, ausgezeichnet durch
den weit vorstehenden Unterkiefer und die langen hängenden Ohren;
9) zwei alte Männchen und vier Weibchen sammt einem männ
lichen Jungen des schönen afrikanischen oder Mähnen-Schafes (Ovis
africana. Linne) vom Bahr el ahiad, das bei den Arabern unter dem
" *.• :
Namen Haruf gebelli bekannt ist; und
10) ein Widder einer neuen, bisher noch nicht in Europa gese
henen Schaf-Art, welche in Ober-Ägvpten und Nubien als Hausthier
gehalten wird, und für welche ich den Namen Assuan-Schaf (Ovis
syenitica. Milii), gewählt habe. Der überaus stark gewölbte Nasen
rücken, der bis zum Boden reichende Schwanz und die reichliche
Wolle des Vliesses, unterscheiden diese Art hinreichend von allen
übrigen bis jetzt bekannten Arten von zahmen Schafen.
Die Krone der ganzen Sammlung ist aber ein nur im wilden
Zustande vorkommendes Thier, nämlich:
11) der höchst seltene Kaffern-Büffel (Bubalus Caffer. Gray),
aus Süd-Kordofän, der Gosch der Abyssinier oder der Djamüs-el-
5 - e ,,
chäla der Araber. Von diesem prachtvollen Büffel, der
noch niemals lebend aus Afrika herüber kam, und bis jetzt auch noch
in keinem europäischen Museum als Balg aufgestellt ist, brachte Herr
Dr. Heuglin ein 2y.jjähriges Weibchen, das er schon als ganz
junges Kalb erhielt, nachdem die Mutter von demselben weggeschos
sen worden war, und liess es bei den Baggära oder den Hirtenvöl
kern in Süd-Kordofän mitten unter zahmen Hornviehheerden aufziehen,
wodurch sich auch die grosse Zahmheit erklärt, die dieses sonst so
wilde Thier erlangte, und die es bis jetzt wenigstens in voller
Ungeschmälertheit erhalten hat.
Die Vögel-Sammlung zählt 6 Arten in 7Exemplaren. Diese sind:
1) der sehr seltene braune Aas-Geyer (Neophron pileatus.
Gray), von Chartum, von den Arabern Rachema genannt;
2) der bisher zum ersten Male lebend nach Europa gebrachte
Raub-Adler (Aquila rapax. Temminck), oder der Saggr el ärnab
5 5=-
^jji\der Araber, aus dem Sudan;
kaiserliche Menagerie zu Schönbrunn mitgebrachten Thiere.
249
3) zwei noch junge, ungefähr zweijährige Exemplare einer
Adler-Art vom Bahr el abiad, welche zur Gattung des Gaukel-Adlers
(Helotarsus. Gray), gehört, die die Abyssinier mit der höchst
bezeichnenden Benennung Hevei Semmei, d. i. „Himmels-Affe“ bele
gen, eine Art, von der sich aber bis jetzt noch nicht mit Bestimmt
heit sagen lässt, ob sie dem Helotarsus ecaudatus, fasciätus oder
leuconotos angehöre, da die Charaktere, welche diese nahe verwand
ten Arten von einander unterscheiden, dermalen noch nicht hinrei
chend ausgesprochen sind;
4) der prachtvolle Kreisch-Adler (Haliaßtus oocifer. Cu vier),
jj 9
oder der Abu Tok yl der Araber, ebenfalls vom Bahr el abiad
und das erste Exemplar, welches lebend nach dem Continente kam;
5) der afrikanische Marabu (Leptoptilos crumenifer. Gray),
5 0,9"
von Chartum, der bei den Arabern den Namen Abu Sen y&J y 1
führt; und
6) das grüne Sultanshuhn (Porphyrio aegyptiä&us. Heu gl in),
£ o o £
von den Arabern Tik jAllll genannt, vom Menzaleh-See im Delta
von Ägypten, eine neue, bisher mit dem blauen Porphyrhuhn (Por
phyrio antiquorum. Bonaparte), verwechselte Art.
Von Beptilien sind 10 verschiedene Arten in 33 Exemplaren in
dieser Sammlung vorhanden gewesen.
Leider sind in der Zwischenzeit einige derselben zu Grunde
gegangen, und wird dieses Loos auch in kurzer Zeit einen grossen
Theil der übrigen treffen, da es für diese überhaupt schwierig zu
erhaltenden und einer besonderen Pflege bedürfenden Thiere bis jetzt
in der kaiserl. Menagerie zu Schönbrunn noch an den hierzu unum
gänglich nöthigen Räumlichkeiten gebricht.
Die mitgebrachten Arten waren folgende:
1) der ägyptische Stachelschwanz (Uromastix spinipes. Mer-
rem), der Dabb der Araber, aus Ägypten, in einem sehr
grossen, prachtvollen Exemplare; eine rücksichtlich ihrer Form höchst
merkwürdige, durch den dornigen Schwanz und die düstere Färbung
leicht kenntliche Art aus der Ordnung der Erdläufer unter den breit-
züngigen Eidechsen;
Sitzh. d. rnathem.-naturw. CI. XVII. Bd. II. Hft.
17
250 Fitzin ge r. Bericht über die vom Hin. Dr. Heu gl in für die
2) zwei prachtvolle Exemplare der grossen, durch die eigen-
tluimliche Form ihrer Hörner ausgezeichneten Algazelle oder Säbel-
Antilope (Oryx leucoryx. Blainville), oder des Wachseh el
Bagger Jjfjj der Araber, aus Kordofän;
3) die herrliche Mendes-Antilope (Addax nasomaculatus,
Wagner), aus der lybischen Wüste, welche die Araber in Nubien
mit dem Namen Akas ^ITI, die arabischen Magrabiner im Westen
o x
hingegen mit dem Namen Bagger el Wadi,j.>yi_yn belegen;
4) ein altes Weibchen des höchst seltenen arabischen Stein
bockes oder Beden (Capra aräbica. Mus. Vindob.), aus den
Bischarin-Gebirgen östlich von Nubien, von den Arabern Beden
. " ."_
OJu», in Ägypten aber Tetal genannt. Dieses schöne Thier,
von welchem die kaiserl. Menagerie kürzlich auch ein ganz junges
Männchen, welches selbst dermalen noch von einer Hausziege
gesäugt wird, durch Herrn Custos-Adjuneten Frauenfeld vom Sinai
erhielt, hatte sich während der Gefangenschaft mit einem pracht
vollen Bocke der Whydali-Ziege (Hircus reversus. Mihi), vom
weissen Flusse bastardirt, und am 8. Juni ein männliches Junges
geworfen, das theilweise der Mutter gleicht.
Hieran schliessen sich als Hausthiere der Afrikaner:
5) ein stattlicher Bock der Whidah-Ziege (Hircus reversus
Mihi), vom Bahr el abiad in Ost-Sudän, sammt einem jungen, mit
der Zwerg-Ziege (Hircus depressus. Mihi) gezeugten Bastarde;
6) ein alter Bock, vier Weibchen und zwei Junge der niedli
chen Zwerg-Ziege (Hircus depressus Mihi), ebenfalls vom Bahr el
abiad;
7) Männchen und Weibchen sammt dem Jungen einer offenbar
neuen, noch unbeschriebenen und zum ersten Male nach Europa
gebrachten Ziegen-Art, für welche ich wegen der grossen Ähnlichkeit,
die sie in der Färbung und zum Theile auch in der Zeichnung mit
der gemeinen Gazelle hat, den Namen Gnzc\\en-Z\ege (Ilircus Gazella.
Mihi), in Vorschlag bringe. Auch diese Art ist vom Bahr el abiad
und wird eben so wie die vorige von den Arabern mit dem Namen
Cj>
Ans gebelli ys- belegt;
kaiserliche Menagerie zu Schönbrunn mitgebrachten Tliiere.
251
2) der ägyptische Mauer-Gekko (Ascalabotes aegyptiacus.
Mihi), aus Ägypten, welcher an feuchten dunklen Orten, zwischen
Felsen, auf Mauern und in Grabesgewölben lebt und so wie alle zur
Ordnung der Wandkletterer gehörigen Reptilien sich mit bewunde
rungswürdiger Schnelligkeit und Sicherheit auf den glattesten
Gegenständen, ja selbst auf Fensterscheiben bewegt, bereits aber
eingegangen ist;
3) zwei Exemplare der überaus schönen, durch ihre zierliche
Zeichnung und den Glanz ihrer Schuppen ausgezeichneten, vollkom
men unschädlichen thebaischen Walzenschlange (Clothonia thebaica.
Mihi), aus Ägypten, die beide gleichfalls schon zu Grunde
gingen;
4) fünfzehn zum Theile sehr grosse und lebensfrische Exem
plare der berüchtigten ägyptischen Brillenschlange (Uraens Haje.
Ägypten, eine der giftigsten Schlagenarten, welche einst hei den
alten Ägyptiern geheiliget war und liäulig auf ihren Denkmälern
erscheint. Es ist dies dieselbe Schlangenart, mit welcher die ägypti
schen Priester schon zur Zeit von Moses dem Pharao ihre Künste
zeigten und das Wunder Aaron’s zu profaniren sich erfrechten,
indem sie ihren Stock in die Schlange und dann wieder die Schlange
in ihren Stock verwandelten; ein einfaches Kunststück, das auch
heut zu Tage noch von den arabischen Gauklern häufig in Anwendung
gebracht wird, und nur auf einem Drucke in den Nacken beruht, in
Folge dessen die Schlange in eine Art von Starrkrampf verfällt;
5) drei Exemplare der überaus giftigen ungehörnten Wüsten-
Viper (Gonyeckis Cerastes Cleopatrae. Mihi), aus Ägypten, welche
man allgemein für diejenige Art betrachtet, mit welcher sich einst
Cleopatra vergiftete;
6) drei Exemplare der durch ihre bunte Zeichnung ausgezeich
neten, aber höchst giftigen Pfauen-Wüsten-Viper (Ecliis Pavo.
Reuss), aus Ägypten, deren Biss unfehlbar tödtlich ist;
7) drei Exemplare der eben so gefährlichen Pyramiden-Wüsten-
Yiper {Ecliis pyramidum. Reuss), weiche sich durch ihre schöne
röthliche Färbung leicht von der vorigen unterscheidet;
8) zwei sehr grosse, wahrhaft prachtvolle Exemplare der selte
nen senegalischen Landschildkröte (Geochelone senegalensis. Mi hi),
17*
252 Fit z i n g er. Bericht über die vom Hm. Dr. Heuglin für die
aus Kordofän, welche so wie alle Landschildkröten bei den Arabern
den so bezeichnenden Namen Abu Gätta ^y\, d. i. „Vater des
Deckels“ führt;
9) zwei Exemplare der zierlichen algierischen Landschildkröte
(Chersus mauritanicus. Mihi), aus Ägypten, welche auch durch
die ganze Berberei verbreitet ist, und sich durch den beweglichen
hinteren Lappen des Brustschildes auszeichnet; und
10) endlich, ein sehr schönes und grosses Exemplar der äusserst
seltenen und bisher nur ein Mal lebend nach Europa gekommenen
ägyptischen Klauenschildkröte (Aspidonectesaegyptiacus. Wag 1er),
oder der Ttrse Aw/Ol der Araber, aus dem Nil, welche leider schon
wenige Stunden nach ihrer Ankunft in Folge des Land-Transportes
zu Grunde ging.
Eine Zusammenstellung der vom Herrn Dr. Heuglin mit
gebrachten lebenden Thiere ergibt im Ganzen 50 Arten in
99 Exemplaren.
Hierunter befinden sich nicht weniger als 12 Arten, nämlich
10 Säugethiere und 2 Vögel, welche bisher zum ersten Male entwe
der nach Europa überhaupt, oder mindestens auf das Festland unseres
Welttheiles gebracht wurden und unter diesen wieder 4 völlig neue,
noch unbeschriebene Arten von Säugethieren.
Viele andere höchst merkwürdige Thiere sind während der
langen Beise und der Überwinterung in Ägypten zu Grunde gegangen;
so das ausser seiner Heimath noch nie lebend gesehene äthiopische
Erdferkel (Orycteropus aethiopicm) und das eben so wenig gekannte
grossschwänzige Schuppenthier (Phatages TemminckiiJ aus Kordofän,
die schöne Arab-Antilope (Gäzella Soemmeringii) und die schlanke
spiesshörnige Gazelle (Leptoceros Cuvieri) aus dem Sennaar, eine
neue, noch unbeschriebene und mit der rothrückigen Meerkatze
(Cercopithecus pyrrhonotus) nahe verwandte grosse Affenart aus
Darfür, das Männchen der grosshörnigen Wasser-Antilope (Adenota
viegaceros) vom Bahr el abiad und des arabischen Steinhockes (Capra
arabica) ausNubien, der äusserst seltene Stelzen-Geyer (Gypogeramis
serpentarius), mehrere noch unbestimmte Antilopen-Arten und
dergleichen mehr.
Wer nur einigermassen mit den Mühen und Beschwerden einer
Beise durch unwirthbare Gegenden und insbesondere durch die
kaiserliche Menagerie zu Schönbrunn mitgebrachten Thiere.
253
Wüsten bekannt ist, wo Entbehrungen aller Art oft selbst dem Ein
zelnen die Erhaltung schwierig machen, der wird Herrn Dr.
H eu gli n gewiss seine Bewunderung nicht versagen, eine so grosse
Anzahl lebender Thiere aus den entferntesten Gegenden von Afrika
und seihst aus dem Innern jenes noch so wenig bekannten Welt-
theiles, nach dem Festlande von Europa gebracht zu haben.
Der rastlose Eifer, womit Herr Dr. Heuglin die Einsammlung
der Thiere betrieb, die Sorgfalt, welche er auf ihre Pflege verwandte,
um sie am Leben zu erhalten, die Schwierigkeit in der Herbeischaf
fung ihrer Nahrungsmittel und vollends die Hindernisse und Gefahren
bei deren Transportirung auf einer langen Stromfahrt, über die weit
ausgedehnten Katarakte des Nils und mitten durch die gefahrdro
henden Klippen von Wady Haifa, dies Alles beweiset, mit welchen
grossen Anstrengungen und namhaften Opfern die Ausführung dieses
Vorhabens verbunden gewesen sein musste, dessen glückliches Gelin
gen nicht nur unsere Bewunderung erregt, sondern uns auch lebhaft
auffordert, Herrn Dr. Heugli n für die vielen Mühen und Beschwerden
seiner zur Ehre der Wissenschaft und unseres Vaterlandes geleisteten
Dienste, unsere Anerkennung im vollsten Masse auszusprechen.
254
Fenzl. Bericht über Dr. Joseph Lorenz’s Abhandlung - :
SITZUNG VOM 12. JULI 1855.
ß e r i c Ii t
über Dr. Joseph Lorenz s Abhandlung, betitelt: Die
Stratonomie von Aegagropila Sauteri.
Von dem w. M., Prof. Dr.Fcuzl.
Den Gegenstand zu dieser Abhandlung ‘) lieferten dem Ver
fasser die seltsamen kugeligen Lagerverfilzungen der als Aegagropila
Sauteri Kiitzing (der sogenannten Seeknödeln) bekannten Süss
wasseralge aus dem Zeller-See im Salzburgischen, welche er an
Ort und Stelle näher zu beobachten Gelegenheit fand. — Nach einer
kurzen, die nähere Bezeichnung des Ausdruckes „Stratonomie“
betreuenden Einleitung und Mittheilung der geschichtlichen Notizen
über die in Rede stehende Alge wendet sich der Verfasser der
Schilderung ihrer Standorts Verhältnisse und Verbreitung in jenem
See zu und bezeichnet hierauf die wichtigsten Formen der Lager
bildung, welche man daselbst zu beobachten Gelegenheit hat. Alle
lassen sich nach seinen Erhebungen auf fünf Hauptformen: die
lose grössere kugelige und kleinere elliptische oder walzliche, auf
verschieden gestaltete oder polymorphe, auf angeheftete und in
Schöpfchenform isolirte zurückführen. Nacli genauer Angabe der
Localverhältnisse, unter welchen die eine oder die andere Form
vorherrschend auftritt, schildert er die Beschaffenheit des Lager
geflechtes jeder einzelnen derselben und verfolgt die verschiedenen
L ) Dieselbe wird im X. Bande der Denkschriften der kaiserl. Akademie der Wissen
schaften erscheinen. Der Secretsir.
Die Stratonomie von Aegagropila Sauteri.
255
Veränderungen und WaehsthurasVerhältnisse der einzelnen Stämm-
clien und Äste dieser verfilzten Lager, welche sie bei fortschreitender
Entwickelung mit der Zeit erleiden. Eine besondere Aufmerksamkeit
widmet er hierbei der Art der Isolirung ganzer zusammenhängender
Zellreihen von dem Mutterstamme, der Art der normalen und abnormen
Bildung ihrer Äste, wie den Wachsthumsgesetzen, welche sie hier
bei einzuhalten pflegen oder einzuhalten genöthigt sind. Alle diese
Verhältnisse werden theils durch schematische, theils nach der Natur
getreu entworfene Abbildungen erläutert.
Von besonderer Wichtigkeit erscheint dem Herrn Verfasser
zunächst die Filzlagerbildung der angehefteten Formen wie die Art
ihrer Befestigung an den verschiedenen Unterlagen, als Steinen,
faulem Holze und Muschelgehäusen. Als eine eigenthiimliche und
für die Fortpflanzung«- wie für die Bildung der verschiedenen Lager
formen charakteristische Weise bebt er das Einbohren der jüngsten
Vegetationsspitzen in weiche Unterlagen hervor und führt durch die
Art ihrer weiteren Entwickelung den Beweis, dass die losen kugeligen
und elliptischen Formen dieser Alge keineswegs einem Losreissen
und Abrollen der angehefteten ihre Entstehung verdanken, wie man
seither sich dieselbe zu erklären pflegte.
Die freien, durch Isolirung ganzer Stamm- und Astpartien aus
sowohl kugeligen als angewachsenen Lagern hervorgehenden Büschel
formen oder Schöpfchen werden nun einer genauen Untersuchung
unterzogen, und durch sie der Nachweis geliefert, wie durch Zusam-
menschlemmung mehrerer isolirter lebenskräftiger Stämmchen die
Verfilzung und Ausbildung der grösseren isoiirten Formen stattfinde.
Die allmähliche Erfüllung des inneren Raumes dieser letzteren mit
Schlamm, ihr verschiedenes Verhalten zum Wasser in verschiedenen
Tiefen und die Art der Lappenbildung an manchen derselben finden
nebenher ihre ungezwungene und natürliche Erklärung. Aus der Art
und Weise der nach bestimmten Normen sich herausbildenden Ver
schlingung der Verästelungen dieser Stämmchen und ihrer Verände
rungen, welchen sie mit der Zeit unterliegen, werden die regelmässi
gen schalen- und zonenartigen Schichtenbildungen im Innern der
grossen Filzkugeln als nothwendige Folgen der Vegetation nach
gewiesen und gezeigt, dass selbe nicht für die vollendetsten Typen
der Gestaltbildung jener Alge, im Gegentheil nur als Durchgangs
formen zu anderen weit einfacheren anzusehen seien und dass ihre
256 Fenz]. Bericht über Dr. Lorenz’s: Die Stratonomie von Aegagropila Sauteri.
Bildung hierbei wesentlich von bestimmten Verhältnissen des See
grundes abhängt.
Nach Entwickelung aller auf die Stratonomie dieser Alge sich
beziehenden Vegetations-Erscheinungen und damit im ursächlichen
Verhältniss stehenden Localverhältnisse geht der Verfasser auf die
Entwickelung der jüngsten Stände aus den Sporen über. Indem er
sein lebhaftes Bedauern darüber ausspricht, dass ihm die gemessene
Dauer seines Aufenthaltes an Ort und Stelle nicht erlaubte, diesem
Theile der Entwicklungsgeschichte dieselbe Aufmerksamkeit zu
schenken, wie den stratonomischen Verhältnissen dieser Alge, gibt
er behufs später anzustellender Untersuchungen doch auch das
hierauf Bezügliche so vollständig an, als seine Beobachtungen reich
ten und das hierzu geeignete Material mit Sicherheit erkennen liess.
Als Resultat seiner diesfallsigen Erhebungen bemerkt derselbe: dass
die Zoosporen nicht blos die Endglieder der Fäden, sondern auch
hinter diesen liegende Zellen füllen und durch Berstung derWandung
austreten; dass trotz ihrer lebhaften Bewegung nach dem Austritte
aus der Zelle sich kein Flimmerapparat an ihnen erkennen lasse und
der rothe sogenannte Augenpunkt fehle, dafür aber durch einen
dunkeln, fast schwarzen Fleck ersetzt sei. Auf faulem Holze auf
liegend treiben die untergesunkenen Zoosporen Schläuche in das
aufgelockerte Gewebe; nicht aufliegende keimende kamen dem Ver
fasser nie zu Gesicht. Ausser den Zoosporen beobachtete derselbe
einigemal noch andere an den schlammigen Wandungen älterer
Individuen aufsitzende kleine Schläuche, welche jenen keimenden
Zoosporen ganz ähnlich sahen, jedoch einen andern Inhalt als diese
zeigten. Letzterer bestand aus 1—-3 honigbraunen, scharf begrenz
ten, wenig punktirten navicularienartigen Körperchen, die 8—lOmal
grösser als die wahren Zoosporen sein mochten. Ihr Austreten konnte
zwar beobachtet werden, nicht so aber ihr weiteres Verhalten. Es
wäre daher möglich, dass auch hier wie hei manchen anderen Siiss-
wasseralgen, z. B. den Spirogyren, zweierlei Sporen Vorkommen.
Zum Schlüsse, die wichtigsten an Aegagropila Sauteri erhobe
nen Thatsachen zusammenfassend, glaubt der Herr Verfasser zu
folgenden Aussprüchen sich berechtigt:
Die Fäden eines entwickelten Lagers dieser Alge entspringen
von keinem gemeinsamen Punkte; die Form rundlicher Ballen ist
keineswegs die allgemeine endliche; dergleichen Ballen waren nie
Zantedeschi. Ricerche sulla eontemporaneita del passaggio delle opposte ecc. 257
als solche angewachsen und konnten daher auch nie losgerissen
worden sein; die Entwickelung der verschiedenen Formen des Filz
lagers hängt endlich wesentlich von äusseren Momenten ab. Die
losen Ballen entwickeln sich aus isolirten zusammengeschlemmten
Lagerstämmchen, deren Äste sich verfilzen und dann radial von
einem nur idealen Mittelpunkte aus sich verzweigen. Die Zoosporen
bilden hei dem Keimen zunächst angeheftete Stämmchen und Lager.
Durch Ausfaulen einer oder mehrerer Zellen aus der Reihe der
übrigen Dauerzellen isoliren sich einzelne oder mehrere zu einem
Büschel (Schöpfchen) verflochtene und werden abgestossen. Solche
Schöpfehen sind die Anfänge der verschiedenen freien Lagerbildungen.
Letztere, mit der Zeit von innen nach aussen durch Ausfaulen hohl
werdend, zerfallen in Lappen, welche, noch lebenskräftige Enden
besitzend, auf dieselbe Art wie die Schöpfchen zu neuen Lagern
auswaelisen.
Eingescndete Abhandlung.
Ricerche sulla eontemporaneita del passaggio delle opposte
correnti elettriche in un filo metallico.
Memoria II" del Profcssore Francesco Zantedeschi.
(Con II tavole.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. April 185o.)
Gli argomenti, che, in mia sentenza, comprovano la contempo-
raneitä o il sincronismo del passaggio delle opposte correnti in un
solo fdo conduttore comune a due circuiti chiusi ed isolati, sono
desunti:
1° dalla trasmissione delle forme telegrafiche o dei dispacci;
II 0 dagli elfetti galvanometriei;
III 0 dagli effetti luminosi e calorifici;
IV 0 dagli effetti chimici;
V° dagli effetti fisiologici.
Le conclusioni di questi argomenti ho creduto necessario, in un
modo compendioso e sommario, o in un modo aforistico, di renderle
258 Zantedeschi. Ricerche sulla contemporaneita del passaggio
di pubblico diritto, perche i Dotti, che si occupatio della presente
ricerca veggano 1" estensione delle mie investigazioni, e le possano
prendere in disamina nei loro studii tanto teorici, ehe sperimentali,
non avendo altro intendimento, che il progresso della scienza e le
utili applicazioni alle quali dobbiamo noi tendere con tutti i nostri
sforzi.
In questa seconda memoria tni ristringo a presentare all’ Im
periale Accademia 1’ analisi delle prove desunte dalle forme telegra-
liclie, e dagli elfetti galvanometrici, luminosi e calorifici.
In parte la presente Memoria racchiude lo sviluppo analitico de'
fatti pubblicati nella precedente (Atti delle adunanze del-
1’I. R. Istituto Veneto; Adunanza de! 22 Gennajo 1855,
Stil simultaneo passaggio delle correnti opposte sui
cir c uit i m e t a11 i ci c hiu si e d is o 1 a ti d a11a terra, e
delle loro differenze coi circuiti misti delle linee
aereo — telluriche in relazione alla telegrafia elet-
trica); e in parte comprende dei nuovi fenomeni, che sono i lumi
nosi ed i calorifici.
10 ho fatto appello, non lo dissimulo, al mondo scientilico, per
che non mancano dotti franchi e leali, che preferiscono tuttavia i fatti
della Natura alle teorie degli uomini; ma amo ancora, che i miei stu
dii rimangano registrati nei volumi degli Atti di cotesta celehre
Imperiale Accademia delle scienze alla sapienza della quäle ho l’onore
di presentarmi.
11 primo argomento, a dimostazione della simultaneitä del passag
gio delle opposte correnti sul filo comune ai due circuiti e tratto dalle
forme telegrafiche.
II 27 ottobre 1854 ho osservato, come esposi nella mia I a Memo
ria, che attraverso il medesimo filo si trasinettono in direzione opposta;
dispacci telegrafici con tutta precisione, ossia la forma telegrafica, o
la durata delle onde elettriche, non viene sensibilmente alterata.
Da questo fatto, che fu riconoseiuto da varii fisici, verissimo
e bello, ne dedussi la conseguenza del simultaneo passaggio delle
opposte correnti in un modo analoge a quello che presentano molte-
plici fenomeni della natura , de' quali ridonda P acustica preci-
puamente.
Questa deduzione non parve rigorosa, necessaria, legittima ad
alcuni tisici, e pensarono, che in un modo diverso potesse rendersi
delle opposte correnti elettriche in un filo metallico.
259
ragione dell’ osservata trasmissiono dei dispacci in direzione opposta.
Io pure non fui sempre della stessa sentenza. Nel 1840 io ammetteva,
che nell’ incontro delle correnti elettriche avvenisse un fenomeno
analogo a quello, che accade nell’ urto meecanico de’ corpi, da cui
ne deduceva o la somma nel caso, che le correnti avessero a cam-
minare nel medesimo senso, o la differenza nel caso, che avessero a
camminare in senso opposto. Io pure nell’ esperimento del 27. otto-
bre 1854 per il contemporaneo passaggio delle opposte correnti pro-
posi tre ipotesi, della sovrapposizione dei piccoli moti, della propa-
gazione di moti per ranghi molecolari longitudinali, o di efflussi late-
rali di materia, qualunque ne fosse la sua natura. Io diedi la prefe-
renza alla prima ipotesi, come di sopra ho gia detto. Que’ fisici, che
non ammisero la contemporaneitä del passaggio delle opposte correnti,
si divisero in varie sentenze.
IlRedattore delCosmos, attenendosi all’ipotesi che due pulsazioni
non possono giammai dirsi contemporanee, ammise, che il passaggio
delle opposte correnti fosse successivo; e credette potersi render
ragione della trasmissione delle forme telegrafiche per opera diqueste
correnti, senza pero farsi carico di quello, che sarebbe accaduto nel
caso della contemporaneitä delle pulsazioni.
L’ ipotesi del Redattore del Cosmos che aimeno in parte sem-
brava prestarsi alla spiegazione dei fenomeni della doppiacorrispodenza
telegralica nel caso delle correnti discontinue, fu trovata intieramente
insufficiente allorche una delle correnti era continua e l’altra diconti-
nua. Conobbe il Redattore del Cosmos 1’ impotenza della sua ipotesi alla
spiegazione degli effetti in questo secondo caso, e perciö si ridusse
da se stesso al silenzio, dichiarando pubblicamente di non volere piii
entrare nella discussione di questo argomento.
Parve ad altri poter imaginäre, che nell’ incontro sul filo comune
delle opposte correnti avvenisse una specie di rimbalzo, come accade
nell’ urto de’ corpi elastici.
Questa ipotesi nell’adunanza del 22. Gennajo del 1855 dell 1 1. R.
Istituto Veneto fu messa innanzi dall’ onorevole Collega Bellavitis,
efu ancora indicatada qualche fisico, come ho dalla mia corrispondenza
epistolare. Ma io soggiunsi essere tale ipotesi piuttosto ingegnosa che
vera, avvegnacche debba essa, per essere ammessa, valere ugualmente
pei fdi corti, che pei tili lunghissimi comuni ai due circuiti chiusi. Il
che non viene dall' esperienza verificato. Pei fili di una maggior
260 Zantedeschi. Ricerche sulla conteinpornneitn del passaggio
resistenza non accade piü il fenonieno della doppia corrispondenza
telegrafica 1 ).
Trovata insuffieiente anche questa terza ipotesi, taluni si limita-
rono a dire come il Soret, ehe le opposte correnti non circolino sul
filo comune, ma che per le vie degli attigui regolatori, vadano a ris-
pondere ai poli negativi delle due pile. Altri in quella vece hanno
dichiarato, come il Serpieri, di non saper dire che cosa avvenga
precisainente sul filo comune ai due circuiti; ma perö hanno affermato
che tutto avvenga come se le correnti passassero insieme.
Nessuna ipotesi impertanto delle adott'e, e sufficiente alla spiega-
zione di tutti i fenomeni da me osservati. E perciö mancano del carat-
tere filosofico essenziale per essere ammesse. E il dire, che le due
opposte correnti non si scaricano attraverso il filo comune, o che in
esso avvenga, come se le opposte correnti passassero insieme, e un
negare ed un asserire gratuito in un modo oscuro e misterioso, ma
non e dare la soluzione della dibattuta questione in un modo positivo
e razionale.
Si puö ripetere, egli e vcro, col Nobili, che ogni filo di cor-
rente e ohbligato a seguire un cammino separato, come dimostra l’os-
servazione delle due apparenze contrarie, la positiva ela nega
tiva, le quali non possono mai coesistere nel medesimo luogo.
Ma la mia dottrina non ammette la coesistenza nel medesimo
luogo di due opposte correnti, come di sopra ho dichiarato, ma la coe
sistenza di due opposte correnti in parti distinte del medesimo filo.
E le esperienze stesse del Nobili fatte in seno dei liquidi non valgono
per veruna guisa ad abbattere i miei esperimenti siccome quelli, che
sono istituiti in condizioni essenzialmente diverse. E il Nobili stesso
non fu pienamente sodisfatto delle fatte ricerche, volendo pure a
tempo migliore ritornare sullo stesso argomento.
Se io dovessi per susseguenti risultamenti abbandonare la dot
trina del simultaneo passaggio delle opposte correnti sul filo comune
ai due circuiti, direi che nel caso di correnti uguali ed opposte, il
*) Il Nu ovo Cimento ammettendo che non possa generarsi corrente senza la
neutralizzazione delle due opposte elettricita , alFermo, essere impossibile che sul
medessimo filo si generino due opposte correnti simultanee. Ammesso il principio
io non trovo 1’ impossibilitä della neutralizzazione delli opposti stati elettrici sul
medesimo conduttore. A due a due li stati opposti possono combinarsi, come
riconobbero ancora De la Provostaye e Desins.
delle opposte correnti elettriche in un filo metallico.
261
filo comune non si ritrova in istato naturale, nia in una condizione
elettro - statica; che verrebbe a stabilire il fondamento del
fatto della doppia corrispondenza, o della corrispondenza multipla
attraverso un filo comune a 1 piu circuiti cbiusi. II filo comune
potrebbe essere ora il conduttore della minore ed ora della mag-
giore resistenza. Concetto che io applicai alla costruzione del mio
Telegrafo a doppia corrispondenza con un solo filo communicante
colla terra.
Ma coli’ uso dei telegrafi alla Morse, io non poteva esplorare
1' esistenza delle correnti derivate, dalle quali avrei potuto trarre
qualcbe nuovo argomento che avesse a spargere della luce sulla
discussa questione intorno alla contemporaneita del passaggio delle
opposte correnti sopra una stesso filo.
A questo scopo ho costrutto il mio Telajo, che ho descritto nella
mia Prima Memoria.
Io non ripeterö qui i miei esperimenti, che feci coli’ uso degli
scandagli magnetici, e le deduzioni che ne trassi. Solo osservero,
che taluno potrebbe oppormi, che i f'atti osservati sono fenomeni di
casi speciali.che potrebbero ricevere una spiegazione diversa da quella
che loro diedi, e che perciü le illazioni, che ne trassi non sono neces-
sarie o rigorosamente legittime.
Sia pure, anche tutto questo dato e non concesso per vero, e
pero un fatto costante, che non ammette eccezione, che i quattro aghi
magnetici sottoposti ai fili dei due circuiti non conservano precisa-
mente la loro deviazione, allorche si toglie o si restituisce la comuni-
cazione dei due circuiti col filo comune.
Allorche 1’ ago sottoposto al filo comune e a zero gradi, all’atto
della interruzione, tutti e quattro gli aghi diminuiscono la loro devia
zione; e all’ atto dello ristabilimento della communicazione tutti e
quattro gli aghi accrescono la loro deviazione. Il tilo comune adun-
que non puö essere in questo caso in stato naturale.
Non accade cosi, allorche 1’ ago sottoposto al filo comune, ha una
declinazione occidentale od orientale. Allo ristabilirsi della comuni-
cazione dei due circuiti col filo comune, aumenta la declinazione
di quei aghi, che appartengono a quel circuito, 1’ elettromotore del
quäle fa prevalerela declinazione dell’ ago sottoposto al filo comune,
e per contrario diminuisee la declinazione di que 1 aghi che sono
sottoposti all’ influenza dell’ elettromotore dell’ altro circuito. I
262 Zantedeschi. Ricerche sulIa contemporaneitä del passag-gio
fenomeni suecedono inversamente all’ atto, che s’ interrompe la
comunicazione del filo comune coi due circuiti.
II filo comune adunque esercita un 1 influenza sulla distribuzione
dell’ elettrico ne due circuiti, come e dimostrato dai cangiamenti delle
declinazioni degli aghi in direzione opposta, i quali di piü possono
conservarsi deviati ne’ due circuiti con gradi diversi, come accade
ancora nel caso, che 1’ uno sia indipendente dall' altro.
Di quest’ ultimo fatto si puö rendere ragione dicendo, che o tutte
e due le opposte correnti passino senza turbamento sensibile, attra-
verso il filo comune, o che ne passi soltanto la differenza loro, in
ragione della differenza delle duepressioni opposte, o delle reciproche
tensioni delle due correnti nel loro punto d’ incontro.
La quäl risposta varrebbe nella supposizione, che 1’ incontro delle
due correnti accadesse nel medesimo luogo, ma nell’ipotesi, che il loro
incontro accadesse in punti distinti o in ranghi molecolari distinti del
medesimo filo comune, come io penso, e come ancora superiormente
ho detto in risposta alla dottrina del Nobili. Ma e egli poi vero, che
attraverso il filo comune passi la sola differenza, come fu da qualche
fisico scritto ? No certamente, come 1’ esperienza mi ha costantemente
dimostrato. — Delle numerose mie investigazioni, io mi limiterö a
riferire i seguenti risultamenti siccome quelli, che furono piü e piü
volte ripetuti con effetti uniformi e costanti.
Disposto il mio tetajo, come e rappresentato nell’ annessa figura,
che e la IV“ della mia tavola unita alla prima Memoria colla disposi-
zione diversa degli apparati elettromotori e coli’ aggiunta degli aghi
in L e T, mi sono assicurato che le deviazioni degli aghi, per una stessa
corrente, fossero precisamente di un ugual numero di gradi. Io chiusi
il circolo in 0, ed in AG, con un elemento alla Bunsen da ciascuna
parte, 1’ uno de’ quali ho potuto mantenere costante per tutto l’inter-
vallo delle mie esperienze, mentre I’ altro successivamente resi piü
attivo coli’ aggiunta di alcune gocciole d’ acqua acidulata con acido
solforico, che mediante un cannellino di vetro poteva versare nel vaso
dello zinco. In ciascun esperimento aspettai sempre, che gli aghi si
fossero ridottiimmobili, econ una leggiera scosserella cercai di vincere
lo stato d’inerzia, onde avessero ad obbedire anche alle piü piccole
variazioni dell’ energia della pila.
Ridotto 1’ apparato in tali condizioni, io diedi incominciamento a’
miei esperimenti: colla pila 0, gli aghi in S ed L deviarono di 12° 30'
delle opposte correnti elettriche in un filo metallico. 263
Colla pila in AG, gli aghi in fi e T deviarono di 18°. La deeli-
nazione in Q fu di 14°, occidentale.
La declinazione adunque dedotta non avrebbe dovuto essere che
di 5°, 30' mentre la declinazione osservata fu di 14° Ridotta l 1 azione
della pila in 0 costante colle declinazioni in S ed L di 12°, portai
quella della pila in AG a 20°; la declinazione occidentale dell 1 ago in
Q si portö a 15°.
La declinazione dedotta avrebbe dovuto essere di 8°, e 1’ osser
vata fu di 15°. Colla pila in 0, conservate costanti le declinazioni
degli aghi in S ed L di 12°, ed accresciuta 1’ energia della pila AG,
da avere dagli aghi fi, T la declinazione di 24° la declinazione occi
dentale dell’ ago in Q si portö a 20° occidentale. La declinazione
dedotta avrebbe dovuto essere di 12°, ed in quella vece la declinazione
osservata fu di 20°, occidentale.
Nel sequenteprospetto io presento la serie di dodici oservazioni.
Colla pila 0, declinazioni di S ed L 12° 30'
Colla pila^lG, declinazione di R e T 18°.
Colla pila in 0, declinazione di S, L 12°.
Colla pila AG, declinazione di R e T 20°.
Colla pila in 0, declinazione difiedZ12 0 .
Colla pila AG, declinazione di R, T 24°.
Colla pila in 0, declinazione di S, L 12°.
Colla pila in AG, declinazione di R, 7 7 28°.
Si noti che i gradi 25 furono prossimamente.
Colla pila in 0, declinazione di S, L 12°. ) de d°t ta . oss |" afa ’
Colla pila AG, declinazione di R. T 32°. ( occidentale.
Anehe qui il nurnero 30° fu in via prossimativa.
Colla pila in 0, declinazione in S, L 12°.
Colla pila in AG declinazione in R, T 36°.
Colla pila in 0, declinazione in S, L 12°.
Colla pila in AG, declinazione infi, T 40°.
Colla pila in 0, declinazione in S, L 12°.
Colla pila in AG, declinazione inR, T 44°.
Colla pila in 0, declinazione in S, L 12°.
Colla pila in AG, declinazione infi, T 48°.
Colla pila in 0, declinazione in S, L 12°.
Colla pila in AG, declinazione di.fi, T 52°.
) dedotta, osservata,
l 24° 32°
( occidentale.
) dedotta, osservata,
( 28° 35°
\ occidentale.
) dedotta, osservata,
( 32° 38°
( occidentale.
j dedotta, osservata,
' 36° 41°
( occidentale.
! dedotta, osservata.
40° 45°
occidentale.
I Declinazione in Q
dedotta, osservata,
5° 30' 14°
occidentale.
» dedotta, osservata,
( 8« 15°
( occidentale.
J dedotta, osservata,
12° 20°
occidentale.
) dedotta, osservata,
( 16° 250
( occidentale.
264 Zantedeschi. Ricerche sulla contemporaneitä del passag-gio
Colla pila in 0, declinazione in S, L 14°. ) dedotta, osservata,
Colla pila in AG, declinazione in.ß, TIS 0 . ( occidentaie.
Ridotta l’azione in Q pei’fettamente a zero, si trovarono i quattro
aglii S, L, R, Ta 14° precisamente.
La condizione adunque di uguaglianza galvanometrica e indicata
dallo zero dell’ago in Q sottoposto al filo comune, ossia allorquando
si osserva, che l’ago in Q e a zero, si puö dedurfe l’uguaglianza di
declinazione in tutti gli aghi sottoposti ai due sistemi.
Dali’ insieme poi di tutti questi esperimenti e da molti alfri che
io feci nell' intervallo di cinque e piü mesi, ne’ quali ho coltivato
questo argomento, raccolsi ciö , che ehhi a pubblicare sino dal
27. ottobre 1854, e che ebbi a ripetere per vario modo in altri miei
scritti;
1° le azioni galvanometriche di ciascun circuito
prese separatamente, si conservano in alterate
anche nel caso del loro simultaneo concorso. Le
esperienze furono estese da 12° lino a 52°.
2° Sotto il filo comune non si ha deviazione gal
vanometrica, allorche le declinazioni degli aghi
ne’ due circuiti sono uguali.
3° Sotto il filo comune vi ha deviazione galvano
metrica allorche le declinazioni neidue circuiti
sono ineguali.
4° La deviazione galvanometrica sotto il filo co
mune e nella direzione della corrente prevalente.
5° Questa perö non reppres anta tutta intier a l’inten-
sitä dell’azione, che appare nel circuito prima e
dopo del reciproco incontro delle correnti sul
filo comune.
6° La grandezza dell’azione galvanometrica sotto
il filo comune e sempre maggiore della diffe-
renza della intensita elettromagnetica delle due
correnti.
Ma non ho potuto fino ad’ ora intravedere legge alcuna nei
rapporti delle quantita occultate nel filo comune, che in rela-
zione alla telegrafia ho chiamato linee di oecultazione.
7° Le correnti derivate, che si osservano nei suc-
cessiviscandagli, allorche unasola pila eappü-
delle opposte correnti elettriche in un filo metailioo.
265
cata in 0, od in AG, meiitre l'altro circuito e
cliiuso nietall i cam en te, non dimostrano alcnna
influenza sulle deviazioni g a 1 vano m etrich e,
allorche simultaneamente sono applicate le due
pile, che mandano in direzione opposta le loro
correnti sul filo comune. I gradi indicati dagli aglii
S, L, R, T nella precedente tabella rimasero costanti col-
l 1 azione successiva di ciascuna pila e coli' azione simultanea
di tutte due.
Frale leggi superiormente raccolte ve ne sono quattro precipua-
mente, le quali ricevono pronta e perfetta spiegazione nella sentenzä
del simultaneo passaggio delle due correnti elettriche attraverso il filo
comune, senza che patiscano perturbamento sensibile, e nella dottrina
opposta non trovo ragione sufficiente, anzi ritrovo delle contradizioni
negli osservati costanti fenomeni.
Cos'i nel caso, che 1’ ago sottoposto al filo comune e a zero, e
che le declinazioni dei quattro aglii ne’ due circuiti sono uguali, ri-
pugna nella sentenzä opposta alla mia, che le declinazioni dei quattro
aglii diminuiscano, all'atto d interrompere la continuitä del filo
comune, e viceversa che le declinazioni dei quattro aglii aumen-
tino, iiell - atto di ristabilire la confinuita del filo comune; avvegnache
se attraverso il filo comune non passa filo alcuno di corrente, debba
essere assolutamente indifferente il lasciarlo, o il toglierlo.
Nella dottrina opposta alla mia, nel caso d’inegunglianza delle
azioni galvanometriche delle due correnti, non dovrebbe passare che
la dilferenza delle due azioni opposte; ma l'esperienza mi ha costan-
temente dimostrato, che rimane sensibile sul filo comune una quantita
sempre maggiore della dilferenza. L’eccesso da due gradi crebbe
nelle mie esperienze fino a7°, senza dimostrare regolarita alcuna colle
dilferenze galvanometriche successivamente osservate nei due circuiti.
11 quäl fatto dimostra, che le azioni galvanometriche sono effetti di
condizioni speciali della materia comune, prodotte dalle correnti elet
triche; come la dilatazione e una disposizione diversa degli aggre-
gamenti molecolari originata dal calorico; nell’ uno e nelf altro caso
vi sono dei salti e delle irregolaritä.
Ugualmente nella dottrina opposta a quella del sincronismo, non
visarebbe ragione sufficiente per rendere ragione deH’uguaglianza delle
azioni galvanometriche prima e dopo il punto di concorso delle opposte
Sitzli. d. mathem.-naturw. CI. XVII. IJd. II. Hft. 18
266 Zante des chi. Ricerche sulla contemporaneita del passag-gio
correnti, non vi sarebbe ragione sufficientedeiruguaglianzadelleazioni
galvanometricbe in ciascuno dei due circuiti colle correnti successive e
colle correnti simultanee opposte. Questa perfetta uguaglianza dieftetti
non ispiegabile, che nella dottrina che ciascuna corrente percorre
la via del proprio circuito, senza che nell’ incontro sul filo eomune,
soggiaciano a perturbamenti, a distruzione, nelle loro direzioni od
intensitä. La declinazione galvanometrica, che inanifesta l’ago sotto-
posto al filo eomune ai due circuiti, e un effetto del lavoro meccanico,
che le due simultane e correnti producono nella materia eomune. Non
direi impertanto, come scrisse il Pouillet, che sul filo eomune le due
correnti producano deimovimenti proprii a ciascuna di loro, considerate
separatamente. L'esperimento, chefececollapilatermoelettrica e inge-
gnoso; ma non parve a fisici legittima la conseguenza che ne dedusse.
(Elemens du Physique, T. 1", pag a -624, Parisl853.) Tuttavia i
Signori De la Provostaye, e Desains ebbero a scrivere: „Cib che si
sa sulla teoria delle pile, e questa esperienza ingegnosa (di Pouillet),
semhrano provare che in tutti i casi, le correnti coesistono, si sovrap-
pongono senza modificarsi, e che allorquando pajono distruggersi,
si deriva da questo, che i loro effetti identici in natura, sono in dire
zioni differenti, e s’annunziano reciprocamente come due forze, che
si fanno equilihrio. (Comptes Rendus de l’Academie des
Sciences de Paris, T. XXXVII, pag. 749, an. 1853. Note
sur un fait relatif ä Pechau ff ement d’un fil de metal
par 1 es courants electriques, par M. M. P. De la Provos-
t aye et P. Desai ns.)
La teorica impertanto, che io esposi nei miei scritti, in base di
esperimenti che mi appartengono, e ancora la teorica di Pouillet
di Moncel, Masson, di De la Provostaye e di Desains.
Ma i Signori Dela Provostaye e Desains non soddisfatti delle
ipotesi de’ fisici sulla natura delle correnti voltiane, sul loro modo di
azione, credettero opportuno non di accrescere il nuinero delle ipotesi,
ma di aumentare quello dei fatti fondamentali, che una teoria per
essere esatta, dovrä pure sotto di se comprendere e spiegare. E
questa via, che io ho costantemente seguita, e sulla quäle ho sempre
cercato di mettere alla prova le dottrine dominanti delle scuole.
Io amo di riferire a verbo i nuovi esperimenti proprii di De la
Provostaye e di Desains, che aveva pure ricordati in altri miei
scritti, perche da essi io sono partito nelle mie nuove ricerche, e
delle opposte correnti elettriche in un filo metallico. 267
perche chi si sfudia di malignarmi, nelle sue Ordinate inesattezze non
trovi materia ad offendermi nel cospetto del pubblico.
Allorche un filo di platino della lungbezza di 15 a 20 centimetri
e mantenuto all’ incandescenza per la eorrente di una prima pila co-
stante A. se si venga a far passare una seconda eorrente uguale e in
direzione contraria, mettendo due de’ suoi punti ß' in contatto eoi
conduttori, cbe eongiungono i due poli di un altra pila B della niede-
sima forza della prima, Io spazio intermediario a ß del filo di
platino cesserä immediatamente di essere incandescente, e si potra
ancora toccare con un dito senza provare alcuna sensazione di calore
apprezzabile. Al contrario le due estremitä aa! e ßß' si troveranno
portate ad una temperatura di molto piü elevata di prima. Che se si
abbia allora ad invertire la direzione della pila B, sarä al contrario
la porzione aß del filo che acquisterä una temperatura elevatissima
mentre che le porzioni estreme aa , ßß' cadranno ad una tempera
tura piü bassa.“
L’esperienza puo essere ancora istituita in maniera, che la
renda, se e possibile, piü parlante ancora.
Due fili di platino del medesimo diametro e presso a poco della
stessa lungbezza sono portati all’ incandescenza da due pile formate
da un medesimo numero di coppie e sensibilmente uguali. Questi due
fili appariscono identici fra di loro, ed i fenomeni calorifici, che
manifestano non hanno alcuna relazione sensihile colla direzione pro-
pria delle correnti, che li attraversano.“
„Niente v’ha qui, per conseguente, che richiami l’azione di una
eorrente sopra un’ ago calamitato, azione che ha una direzione deter-
minata, e che cangia di senso col senso della eorrente stessa. Un filo
e arroventato, e sempre alla stessa maniera, da due correnti inverse
uguali che lo atraversano successivamente.“
„Frattanto, se nella nostra esperienza si avvicinino i due fili di
platino incandescenti, e che si applichi l’uno contro l’altro, si otten-
gono dei risultamenti completamente differenti secondo la loro orien-
tazione relativa. ln una delle posizioni la parte commune si estingue
prontamente, e le parti esteriori acquistano un piü grande splendore.
Nella posizione relativa inversa, e direttamente il contrario che si
osserva.“
„Egli e benstabilito, che se due correnti uguali, capaci di far
arroventare separatamente un filo di platino. vi comminino simul-
18»
268 Zantedeschi. Ricerche sulla contemporaneitu del passaggio
taneamento in direzioni opposte, l’ineandescenza ed ancora Pinnalza-
mento di temperatura, dispariscono tosto, i loro effetti si sommano
al contrario, se si propagano nella stessa direzione.“
„Dei fenomeni, soggiungono in Nota gli Autori, perfettamente
analoglii si presentano neile azioni chimiche. Si decomponga del-
l'acqua in tre voltametri A, B, C, collocati in uno stesso circuito, le
quantitä di gaz sviluppate sono uguali in ciascuno di loro. Ma se si
toechi con uno dei reofori di un altra pila uguale alla prima un punto
compreso fra A e B, e col secondo reoforo un punto compreso fra
B e C, allora lo syiluppo, o s'arresta in B, e diviene piü rapido in
A e C, o si radoppia in B, e diminuisce in A e C.“
„Per non oltrepassare i limiti delle esperienze, proseguono gli
autori, noi dobbiamo fermarciqui. Tuttavia ne sarä permesso di far
osservare, die questi fatti sembrano inconciliabili colla teoria, che
risguarda lo sviluppo del calorico come doyuto alla riunione dei, fluidi
di nomi eontrarii. Niente infatti impedisce ai quattro fluidi uguali di
combinarsi due a due nella parte comune del circuito, e di produrre
in tutti i casi una elevazione di temperatura sempre la stessa, qual-
unque sia la direzione dell’ una delle correnti.“
Diciamo intine, senza entrare nei piü grandi detagli, che se
questi fatti non possono essere preveduti dalla teoria di Ohm, non ci
sembrano perö ehe sieno opposti, e che le idee che lo hanno guidato
nelle sue ricerche sulle correnti sono ancora quelle che si accordano
insieme ai risultati della esperienza, che noi abbiamo avuto Ponore
di sottoporre.
M'incresce di non trovare nella Nota dei due Fisici Francesi
tutte le condizioni delle loro esperienze, come il diametro e la lun-
ghezza precisa del filo, la temperatura rispetto a quella dell'aria
ambiente, le pile usate ed il loro numero ed il grado areometrico dei
liquidi. Condizioni tutte, che influiscono sui risultamenti sperimentali.
L'incandescenza pero nei loro esperimenti fu limitata al filo inter-
mediario aß, e alle due estremitü aa',[3ß' non osservarono, che delle f
variazioni di temperalura, in piü, quando 1c due correnti cammina-
vano in direzione opposta; e in meno, quando comminavano nella
stessa direzione. E allorquando nei loro esperimenti sostituirono i
due fili di platino, colle correnti dirette nei medesimo senso, nella
parte comune ottennero un' incandescenza maggiore che nelle parti
esteriori, e colle correnti dirette in senso opposto. la parte comune
tlelle opposte correnti elettriche in un filo metallico. 269
si estinse prontamente, e le parti esteriori acquistarono un piü
grande splendore.
Vengo ora ad esporre i risultamenti, che mi appartengono, coi
particolari delle mie esperienze.
Le pile, delle quali feci uso, furono due, l’una alla Grove di
10 elementi, delle dimensioni comuni, quali suol costruire Duboseq-
Soleil, 1’altra allaBunsen di 19 elementi, delle dimensioni medie quali
suole costruire Ruhmkorff; tutte e due furono caricate con acido
nitrico di gradi 47 B, e con acqua acidulata con acido solforico die
grado \2 B. La temperatura dell'aria delle sala era di -f- 7° R. II
filo di platino era nella parte intermediaria aß della lunghezza di
7 centimetri, e ciascuna delle quattro estremita aa', aß', ßß", ßa"
era della lunghezza di 3 centimetri, non comprese le parti che pesca-
vano nel mercurio. Ed il diametro del filo di platino era di mezzo
millimetro circa. I fili polari, o reofori erano di rame del diametro
di un millimetro e mezzo, e della lunghezza di 60 centimetri. II
tutto era disposto, come e reppresentato nella Figura II. della tavola.
Colla sola pila alla Grove ebbi l’incan deseenza al bianco,
di tutto il filo ß'aßß", e colla sola pila alla Bunsen non aveva che
l’incandescenza del filo intermediario aß al rosso incipiente
sub oscuro. E colle due correnti dirette in senso opposto, l'incan-
descenza del filo intermediario aß per gradi successivi si ridusse al
calor oscuro, che portö in alcuni minuti secondi un termometro a
mercurio da 7° a 27°Rcol solo contatto del suo bulbo col filo, e
l’incandescenza al bianco delle due estremita aß', ß"ß rimase
inalterata, per quanto si pote giudicare dalla costanza della sensazione
avuta. Nelle altre due estremita aa' ß a" non si pote ravvisare traccia
di Iuce, ne variazione di temperatura.
Sostituendo al filo quattriforcato, o biforcato ai due suoi estremi
aß, due fili di platino dello stesso diametro, e delle stesse dimen
sioni e mantenuti nelle loro parti intermediarie a contatto per tutta
la lunghezza di 7 centimetri, colle correnti opposte delle due pile,
ebbi nelle parti interne o attigue dei due fili intermediarii una incan-
descenza maggiore, e nelle parti esteriori un’incandescenza minore.
Nelle quattro estremita non ho potuto osservare dilferenza alcuna
dall’essere successive, o simultanee le due correnti opposte. Io non
deciderö, se la maggiore incandescenza osservata nelle parti attigue
dei due fili fosse un effetto dovuto unicamente ä riflessioni lumi-
270
Zantedeschi. Ricerehe sulla contemporaneita del passaggio
nose, a minore dispersione di calorico, a participazione di tempera-
tui'a del filo piii incandescente al filo meno incandescente. E un fatto
perö ad ogni modo ben dimostrato, che nelle parti interne dei tili
intermediarii l’incandescenza luminosa crebbe e non diminui, senza
che si potesse osservare variazione alcuna nelle quattro estremita.
Ancor qui la costanza degli effetti luminosi, o calorifici alle
quattro estremita risponde perfettamente alla costanza degli effetti
galvanometrici ne" due circuiti prima e dopo dell 1 incontro dolle
opposte correnti sul tilo eomune, alla costanza delle declinazioni
galvanometriche ne’ due circuiti tanto colle correnti successive che
colle correnti simultanee opposte. Anclie il taglio del filo intermedia-
rio rispose perfettamente alle variazioni dei fenomeni galvanometrici.
Allorche ne’ due circuiti le declinazioni erano differenti, p. e. 12° e
52°, aH’interrompersi del filo eomune, diminuiva la declinazione di
52, ed aumentava quella di 12. Parimenti vidi accadere nei feno
meni d'incandescenza. Reso tutto il filo ß"ßaß' incandescente al
bianco colla pila alla Grove, e verificato che la sola pila alla ßunsen
non rendeva incandescente al rosso oscuro che la parte intermediaria
del filo, mentre le due estremita ad, ßu" rimanevano perfettamente
oscure, io feci agire simultaneamente in direzione opposta le due
pile, ed osservato, che la parte intermediaria aß si era resa oscura,
che le due estremita ß" ß, aß' si mantenevano incandescenti al bianco,
e le altre due estremita ßu", ad si conservavano perfettamente
oscure, feci tagliare il filo intermediario ßu e tosto l’incandescenza
delle estremita ß’u, ß"ß diminui, e si rese visibile al tnedesimo grado
quella delle altre due estremita ßü", ad. Essa era in tutte e quattro
le estremita al rosso ciliegia sudante 1 ).
In generale si chiami con F, F' i valori delle forze delle due
correnti nei due circuiti; con E, E le due forze elettromotrici, con X
la resistenza del filo intermediario, e con X' la resistenza ridotta che
incontra la corrente F, e con X" la resistenza ridotta che incontra la
corrente F, e secondo le note teorie di Volta e di Ohm si avrä:
X + V
F . w
X +X"
*) Questi fenomeni d’ ineadescenza variano, secondo che varia la differenza d’intensita
della due pile.
delle opposte correnti elettriche in un filo metallico.
271
E fatto F— F' = <j>; e X" = X' si avrä
E-E"
?
X -f-A'
E posto E = E', si riduce
? =
0
= o.
X + V
E posto E > E' e chiamando eon D la diiFerenza.
D
?
x+y
e nell’ ipotesi, che attraverso il filo comune passiao le due opposte
correnti, senza perturbarsi, si avrä per ciascun circuito corrispon-
dente:
E
F =
F' =
\ + y
E '
1 + X'
f — o.
Ma nell’ ipotesi che f sia uguale a zero, perche le due opposte
correnti rimhalzano, e vengano a costituire !e due pile una sola batte-
ria voltaica, si avrä:
E
E 1
F+F '=w + v’
e perciö quando E = E’ anche F— Fsarä quindi
„ „ 2E , „ 2£ E
2F = V “■ F ~W=r-
Si hanno impertanto nell’ ipotesi, che l’ago sottoposto al filo
congiuntivo sia a o°
— 0.
che possono accadere due casi, nell’ uno de’quali le due opposte cor
renti uguali passino attraverso il filo comune, senza perturbarsi ed
allora in ciascun circuito, 1’ intensitä reometrica e rappresentata da
F = —— (1)
X + V v J
Nel secondo caso V intensitä reometrica e indicata da
E
—•
(2)
2>72 Zantedeschi. Ricerche sulla contemporaneitn del passaggio
E nel caso della disuguaglianza delle opposte correnti da
F— F 1
D
X + V
(3)
Sarebbe rappresentata l’intensitä dell’ azione reometrica delfdo
comune;
E ne’ due circuiti si avrebbe;
F =
F' =
E
T+r
E
X + V
(4)
(5)
In queste formole io mi riferisco alle dimensioni del mio telajo.
La prima, quarta e quinta formola rappresentano esattamente i
valori sperimentali. Non cosi perö rappresentano i valori sperimen-
tali la seconda, e la terza. L’ ipotesi impertanto del rimbalzo delle due
uguali opposte correnti, o del passaggio della differenza fra le due
opposte correnti, dal filo comune sono dimostrate insussistenti dall’
esperienza. Io non ho parlato dell’ ipotesi dell' estinguimento delle
due opposte correnti, perche in un modo evidente viene smentita
dalla sussistenza delle deviazioni galvanometriche ne’ due circuiti.
Per vedere la perfetta corrispondenza con quanto ho affermato,
si confrontino i valori di queste formole coi risultamenti sperimentali
di sopra ottenuti. Posto y = o, e che le due uguali opposte correnti
attraversino, senza perturbarsi, il medesimo filo comune la formola al
numero (1) indica, che le declinazioni galvanometriche ne' due cir
cuiti devono essere uguali. Questo risultamento teorico e pienamente
confermato dalla legge sperimentale esposta al numero secondo con
queste precise parole: sotto il filo comune non si ha devi-
azione galvanometrica, allorche le declinazioni degli
aghi ne’ due circuiti sono uguali.
La formola al numero secondo, che esprime 1’ ipotesi del rimbalzo
delle due uguali opposte correnti, annunzia, che le due pile sono
costituite in batteria, e che non v' ha che una sola corrente 1" inten-
sita della quäle ha un valore maggiore di ciaseuna delle duc uguali
opposte correnti prese separatamente
Infatti in questo caso del rimbalzo si ha
Zantedeschi.
Rtcerche sulla contemporaneit'a del passaggio (Teile
opposte correntr elettriidie in un filo metallico.
Ta CI
i
ZantedeSChi. Ricerche sulla contemporaneita del passaggio ([eile opposte corrpnli plellriplip in imfilo metaltico
Taf.lL.
S'itKimg'sL.d.k.Akad (L."Vn math.nalurw. ClJVDJd.Z. Heft. 1855.
Am lliKofjr.Stmsdrudcerei
delle opposte correnti elettriche in un filo metallico.
273
e nel caso del libeco passaggio si ha
F =
F
k+X'
E E
Dove v>rrF
e percio
F > F.
Ma l’esperienza che ho di sopra riferita dimostra che costituendosi
le due pile in hatteria col taglio del filo comune le declinazioni; degli
aghi ne' due circuiti diminuscono, e che percio F di viene minore di F
F < F.
E vero che la diminuzione non giunge ad un grado; ma perö e
costante; e costantemente si ha aumento al ristahilirsi della interrota
comunicazione col filo comune.
La formola al numero terzo,
D
F—F'
' k + k'
stabilisce cbe nel caso d’ineguaglianza delle due opposte cor
renti non si abbia sul filo comune che la differenza. Ma una Serie di
numerosi esperimenti mi ha dimostrato che 1’azione galvanometrica
sul filo comune e sempre maggiore della differenza come e stabilito
nella legge sesta, nella quäle ho scritto: la grandezza dell 1
azione galvanometrica sotto il filo comune e sempre
maggiore della differenza delle intensitä elettro-
magnetiche delle due correnti.
La formola al numero quarto
F =
E!
E
e cosl pure la quinta F—
x+x
k + X' ’
dedotta dalla precedente ricevono
conferma rispetto all’ intensitä delle azioni galvanometriche, ma non
rispetto al modo col quäle si conserva; avvegnache fu dimostrato insus-
sistente il valore teorico della terza formola. La legge I a , che stabilisce
costanti i valori di F ed F', e espressa cos’i; le azioni galvano
metriche di ciascun circuito prese s eparatamente si
conservano in alte rate an che nel caso del loro simul-
taneo concorso.
L’ esperienza impertanto e la teoria si accordano nello stabilire
la contemporaneitä del passaggio delle opposte correnti sopra un filo
274
B o u e.
conduttore comune a due circuiti chiusi ed isolati, senza che
patiscano perturbamento yeruno. Degli altri argomeuti trattero in
una terza Memoria.
Io ho amato in questi esperimenti di avere compagno e di valermi
della cooperazione del Sig. Dottore Ingegnere Luigi Borlinetto assis-
tente alla cattedra di fisica in questa I. R. Universitä al quäle rendo
pubblicamente la mia riconoscenza.
Vorträge.
Über die Quellen- und Brunnenwässer zu Vöslauund Gainfahrn.
Von dem w. M., Dr. A. ßouö.
(Mit I Tafel.)
Im Gebiete der Vöslauer Gemeinde unterscheidet man die Ebene,
den Hügel und den Berg. In ersterer wird der Tegel durch eine ziemlich
mächtige (2 1 /,— 3 Kl.) Ablagerung von Schotter überdeckt, dessen
Mächtigkeit gegen NW. etwas abnimmt. Der Hügel besteht aber
gänzlich aus Leitha - Conglomerat, selten mit grossen Austern-
Fragmenten. Die dicken Schichten neigen sich gegen SO. und ihre
Mächtigkeit mag wohl ungefähr 20 Klafter betragen. Dieses Gestein
umsäumt das Gebirge und erhebt sich bis zu einer Höhe von unge
fähr ISO bis 170 Fuss über die Ebene, indem es zu gleicher Zeit auf
dem Abhange des Gebirges eine mehr oder weniger deutliche Art
von Abhang-Absatz verursacht und im Dorfe Vöslau ein eigenes
kleines Vorgebirge zusarnmensetzt, das ein Plateau von 13000 bis
14000 Quadrat-Klaftern bildet. Die Höhe des letzteren schwankt zwi
schen SO,(50 und 80 Fuss, jenachdem man den südlichen den sogenannten
Hügel, oder den nördlichen oder nordwestlichen Theil ins Auge fasst.
Die Häuser von Ober-Vöslau sind auf dieser Anhöhe vertheilt und
dazwischen läuft in einer Vertiefung die Strasse nach Gainfahrn. Ehe
man die Grenze der Gainfahrner Gemeinde betritt, bemerkt man, dass
das Conglomerat-Plateau sich gegen SW. rasch senkt, was schein
bar meistens daher kömmt, dass der südliche und südwestliche Theil
Über die Quellen- und Brunnenwässer zu Vöslau und Gainfahrn. 275
jener Schichten längs einer Spalte etwas niedergesunken zu sein
scheinen. Die jetzige Schiessstätte liegt in dem oberen Theile dieser
Spalte.
Das mit Fichten und Eichen bewaldete Gebirge besteht aus
mittlerem Flötzkalke mit Petrefacten, sowohl am Sandberg als im
Krautthale. Auch befindet sich darin jene bekannte Dolomitbreccie,
die oberhalb Gainfahrn als Sand stark ausgebeutet wird. Dieses
letztere Gestein bemerkt man nur auf der südlichen Seite des Vös
lauer Berges, sowohl in der jetzt so gross gewordenen Sandgrube als
im Walde zwischen dieser und Ober-Vöslau.
Doch findet man es auch in der Gemeinde Gainfahrn, namentlich
erstlich auf dem, dem Walde südlich vorliegenden kahlen Plateau, im
sogenannten Gemeindeberg, den man jetzt wieder mit Kiefern bewal
det, dann in den Weinbergen nordwestlich der Gainfahrner Kirche;
wahrscheinlich unterteuft das Gestein dieselbe, denn man bemerkt
es wieder in dem geräumigen Keller des Kaufmanns Megger, der aus
den Zeiten der Tempelritter herstammen soll und theilweisse nur
natürliches Gewölbe hat.
Ist das Flötzgebirge ganz wasserlos, so ist sein Fuss, so wie
jener des Vorhügels sehr reich an Quellen. Alle letzteren so wie
die Thermalquelle haben scheinbar ihren Ausfluss an der Grenze der
Flötz- und tertiären Gebilde. Da nun in dem Orte Gainfahrn die
Dolomitbreccie zu Tage stellt oder nur mit einer geringen Mäch
tigkeit von tertiären Kalkbreccien bedeckt ist, so ereignet es sich,
dass die Brunnen nur 2 oder 3 Klafter tief sind, indem die reichsten
Quellen selbst am Tage ausfliessen und die bekannten Kressigteiche
später den kleinen Thal-Bach bilden, der sich im Friesischen Garten
zu Vöslau mit demjenigen der Therme vereinigt; drei Mühlen in
Gainfahrn und Vöslau werden dadurch in Bewegung gesetzt, und
besonders ist dieses der Fall mit der grossen Quelle des vortreff
lichen kühlen Wassers beim Wirthshause, genannt die Steinplatte. Von
der andern Seite, da der schwarze Boden des unteren Theiles des Gain
fahrner Thaies alle Anzeichen eines ehemaligen Sees oder wenigstens
Morastes an sich trägt, so werden die Wässer durch diese thonige
Schicht aufgehalten oder verlieren sich wenigstens nicht so leicht in der
Erde wie auf den Schotter-Haiden von Unter-Vöslau. Dieses so wie
die Kressig-Teiche machen den unteren Tlieil Gainfahrns ungesund
und verursachen im Frühling und Herbst die gewöhnlichen kalten
276
B o u e.
Fieber, von denen Vöslau verschont bleibt. Am Fusse des Vöslauer
Hügels ist namentlich auch Wasser in Überfluss und selbst in östli
cher und nordöstlicher Richtung, zwischen der trockenen Haide und
dem Hügel, findet man einige nasse Wiesen, wo man nicht bauen kann.
Quellen, wie in Gainfahrn, gibt es aber da nicht. Das Wasser ver
liert sich im Schotter und wird scheinbar von dem tieferen Tegel auf
gehalten. Doch selbst da müssen Spalten es noch tiefer führen, denn
sonst würde man sich nicht erklären können, warum man auf dem
Bahnhofe bis 40 Klafter bohren musste, um Wasser, dann aber im
Überflüsse zu finden. Doch da dieses Wasser sehr schwefelig war,
wurde der Brunnen verschüttet.
Diese Vertheilung des Wassers, verbunden mit dem Ablauf des
Thermal-Wassers, macht, dass in Unter-Vöslau die Brunnen alle
sehr wenig Tiefe haben und man daselbst keine tiefen Keller gra
ben kann. Das Wasser der Brunnen ist trinkbar, obgleich fast aus
schliesslich nur Seihwasser des Teiches oder des Baches. Aber im
südöstlichen Theile von Unter-Vöslau, ganz am Ende der nach dieser
Gegend sich senkenden tertiären Conglomeratmasse, fliesst aus den
Felsen unter der Chaussee eine sehr reine Quelle. Dasselbe Wasser
ist auch in den Brunnen im Wirthshause zum Jägerhorn und in eini
gen Häusern daneben.
Da zu einem angenehmen ländlichen Aufenthalte besonders
Wald, frische Luft und schöne Aussicht gehören, so wurde nach und
nach das tertiäre Plateau mit Häusern übersäet und Ober-Vöslau kam
in Flor. Doch da stellte sich gleich die Schwierigkeit des Wasser
zuflusses ein, eine Schwierigkeit, die wahrscheinlich die Grösse
Ober-Vöslaus beschränken und ganz gewiss wenigstens seine Aus
breitung noch höher im Gebirge unmöglich machen wird.
Im südlichen Theile des Plateau, im sogenannten Hügel, sind
Brunnen am leichtesten zu errichten, und ihre Tiefe ist selbst unbe
deutend in den Häusern am südlichen Fusse des Hügels, aber ihr
Wasser ist nur ein Seihwasser des Gainfahrner Baches. Auf jener
Anhöhe wird es schon schwieriger, da man Conglomeratschichten
durchbrechen muss, und das Brunnenwasser ist nicht überall gut. Im
Kettischen Garten gibt es selbst ein mit Hydrothion stark geschwän
gertes Brunnenwasser, indessen haben die Brunnen am westlichen
Ende des sogenannten Hügels bei Herrn Max, Rummel und vorzüglich
bei Herrn Brenner ein sehr gutes frisches Wasser.
Über die Quellen- und Brunnenwässer zu Vöslau und Gainfahrn. 277
Etwas weiter westlich Iiess ich im Jahre 1842 einen 12 Klafter
tiefen Brunnen im Conglomerate aussprengen und fand nebst einigen
Petrefacten, wie Austern, ein gutes, sehr kaltes Wasser, aber wir
hatten in einer Tiefe von ungefähr 4 Klaftern eine Masse von grauer
mergeliger Molasse mit einigen Muscheln, Pinnen u. s. w. und Eisen
kies durchfahren, unter welcher einiges Wasser ausfloss (S. Bull.
Soc. geol. d. Fr. 1842, B. 13, S. 67). Diese letztere Ader ist
wahrscheinlich die Ursache, dass unser gutes Wasser durch einen
gewissen Gehalt an Schwefelwasserstoff, vorzüglich zu gewissen
Zeiten und nach anhaltendem Regen etwas verdorben wird. Einen
Beweis, dass die erwähnte Molasse nur eine grosse von NW.
nach SO. sich erstreckende Niere im Congiomerat ist, gaben uns
die Brunnen unserer nächsten Nachbarn, der Herren Rummel und
Weiss. Sie sind auf derselben Linie, nicht einmal 20 Klafter von
uns entfernt, nicht ganz so tief und beide haben gutes Wasser.
Nach diesen Erfahrungen war es wirklich ein Wagestück von
uns, als wir im Jahre 1843 einen Brunnen in Ober-Vöslau am
Saume des Waldes auf der südlichen Seite der oben angezeigten
Spalte graben Hessen. Er wurde über 18 Klafter tief in dem dichten
tertiären Conglomerate ausgesprengt. Bemerkenswerthes wurde nichts
gefunden, ausser ziemlich tief im porösen Gesteine kleine Ablagerun
gen von unreinem Brauneisenstein und vorzüglich einige ziemlich grosse
Knochen, wie es scheint von Schildkröten, deren Zellen-Gewebe in das
sogenannte Eisenerz übergegangen war. Das Wasser war gut, rein und
ziemlich kühl, doch über die niedrige Temperatur von 7y a bis 8°
unseres andern Brunnens gegen den Fuss des Berges. Es scheint in
sehr geringem Masse eisenhaltig wie viele Wässer in Vöslau.
Das Gelingen unseres Unternehmens schien für die Bewohnbar
keit des Ober-Vöslauer Conglomerat-PIateaus zu entscheiden. Jetzt
wurde rings um uns häufig gebaut, Gainfahrn und Vöslau sollten
bald Eins sein, kein Platz im Gebirge war zu hoch geschätzt,
um ein Haus errichten zu können. Einige Leute dachten selbst an
das hohe Plateau des Gemeinde-Berges, von wo aus man Neu
stadt sieht. Der erste der neben uns baute, Herr Schenk, grub
einen Brunnen, bekam aber nur laues Wasser in einer Tiefe von
ungefähr 20 Klaftern und auf der nördlichen Seite der schon erwähn
ten Spalte. Er fand eine grosse mit Stalactiten bekleidete Aushöh
lung. Dieses verfehlte Ziel hemmte die Baulust jedoch keineswegs
278
ß o u e.
und man errichtete mehrmals Häuser, ehe man den Brunnen grub;
aber keiner dieser neuen Brunnen lieferte gutes Wasser, ausser der
sogenannte Gemeindebrunnen neben dem Schulhause. Dieses letzte
Wasser war selbst lange Zeit mit Hydrotbion geschwängert und ist doch
endlich durch das viele Schöpfen rein geworden, ohne aber beson
ders kalt zu sein. Dieser Theil des Conglomerat-Plateau ist der einzige,
wo sandige Schichten ihn überdecken. Je näher man die Brunnen am
Thermal-Teiche anlegt, je sicherer ist man nur laues Wasser zu bekom
men. Je weiter man auf dem Plateau gegen N. seinen Brunnen gräbt,
je weniger tief wird er sein, weil das Plateau sich hier senkt, und je
mehr Wahrscheinlichkeit ist vorhanden, dass man wenigstens ein trink
bares, wenn auch nicht sehr kaltes Wasser bekommt. Im Gegentheile,
je näher man auf dem Plateau gegen S. oder gegen die Spalte gräbt, je
wahrscheinlicher ist es, dass man schlechtes, ungeniessbares oder im
besten Falle nur laues Wasser erreicht. Doch auf der Gemeinde-
Haide, nördlich von Yöslau, braucht man nur durch den Schotter zu
graben, um Wasser zu finden; es stellt sich da dasselbe Verhältniss wie.
in dem ebenen Theile von IJnter-Vöslau zwischen dem Bahnhofe und
dem Hügel dar. Doch wenn in letzteren Brunnen der Zufluss nur
vom lauen Teich-Bach herstammt, muss in den andern das Wasser
von unterirdischen Quellen herkommen, oder wenigstens, wenn man
es auch vom Teiche ableiten wollte, muss es einen viel längeren unter
irdischen Lauf haben und darum leichter die ursprüngliche Wärme
einbüssen.
Es gibt jetzt in Voslau ungefähr 53 bis 54 Brunnen und Quellen,
namentlich in Ober-Vöslau 2 gute Brunnen und 8 mit schlechtem
oder wenigstens lauem Wasser. Nördlich von diesem Plateau findet
man 5 Brunnen mit ziemlich gutem Wasser, und auf der Haide 4 oder
5 Brunnen mit mittelmässigem Wasser. Östlich unter dem Plateau
sind 6 gute Brunnen und eine Quelle und weiter östlich 8—9 Brunnen
mit Teichwasser. Südlich unter dem sogenannten Hügel werden
6 Brunnen durch Gainfahrner Bachwasser gespeist, und auf dem
Hügel gibt es 7 Brunnen, unter denen der südlichste sehr mit
Schwefelwasserstoff geschwängert ist, indem die andern schlechtes
oder nur sehr mittelmässiges Wasser haben. Endlich bestehen jetzt
südlich vom Plateau fünf Brunnen, unter denen einer schlecht ist,
und zwischen dem Plateau und dem Hügel fünf mehr oder weniger
gute Brunnen.
Über die Quellen- und Brunnenwässer zu Yöslau und Gainfahrn. 279
So weit waren wir in unserer unterirdischen Hydrographie, als
voriges Jahr mein Nachbar, Herr Biber, Dolomitsand-Lieferant,
einen Brunnen an einem Punkte des Berges graben liess, der
35 bis 40 Fuss höher als unser oberer Brunnen und fast in der Mitte
zwischen uns und der Flötzkalkwand liegt. In dieser Arbeit wurde
nur im tertiären Conglomerat gesprengt, nach 22 Klaftern zeigten
sich Porositäten im Gesteine oder der sogenannte Wasserstein der
Brunnenleute und endlich Wasser. Doch da der Zufluss zu gering
schien, wurde noch weiter bis 24 Klafter gegraben. Aber die letzte
Klafter geschah gänzlich in einem ganz andern Gestein, nämlich
in einer Abwechslung von Schichten, eines thonigen schwarzen
Mergels und eines dichten grauen Kalkmergels oder unreinen Kalk
steins. In diesen petrefaetenreichen Gesteinen fand ich unter
einander folgende Muscheln: 1. eine mittelmässige grosse gefal
tete, der Ostrea Marshii nahe stehende Auster; Emmerich nannte
sie 0. Haiding er inna; 2. viele Brachiopoden, vorzüglich Spirifer
Münsteri Da v., dann auch Tereiratula gregaria Suess. und vor
züglich auch T. Grestenensis Suess., doch die T. cornuta S. von
Enzersfeld suchte ich vergebens. Endlich kommen darin noch Pecten
liasinus Ni st. und höchst wahrscheinlich eine Biscina vor. Leider
enthalten die schwarzen Letten so viel fein eingesprengten Schwefel
kies, dass in wenigen Tagen durch die Verwitterung die Massen
tausend Sprünge bekommen, sich mit alaunartigen ElFIorescenzen
bedecken und zerfallen.
Diese Gesteine haben Ähnlichkeit mit den Steinkohlen führenden
Lias-Schichten im St. Helenenthal, doch Pflanzen-Abdrücke sah ich
nicht darin. Nach ihrer Paläontologie gehören sie unzweifelhaft zu
den sogenannten Kössener Schichten des Herrn von Hauer, und
Herr Custos Partsch bewahrt im k. k. Mineralien-Cabinete ganz
ähnliche Gesteine und Petrefacten vom Tunnel im St. Helenenthal.
Diese wahrscheinlich zum Lias gehörenden Schichten des Vöslauer
Untergrundes würden die Verbindung zwischen den ähnlichen Gestei
nen in der Nähe von Gumpoldskirchen, Baden, Enzersfeld, Hornstein
und Piesting vorstellen. Westlich würde auf diesen Gesteinen der schon
erwähnte Flötzkalkstein ruhen, der nach den Petrefacten zu urtheilen,
wohl zum Staremberg- und Dachstein-Lias-Kalke gehören wird, da
die Haupt-Muschel darin eine grosse Bivalve ist, die wohl nichts
anders als Megaloäon triqueter Wulf, sein möchte; das Synonym von
280
B o u e.
Isocardia granclicornis von Schafhäutl ist sehr charakteristisch für
diese sogenannten Kuhtritte der Jäger. Diese gehörnte Muschel hat
meistens ihre Schale verloren, so dass man nur den Kern ihres
Innern vor sich hat. Ein feiner Kalkspath bildet letztem und sticht
durch seine hellere Farbe von dem gräulichen oder bräunlichen
Kalke ab. Viele Encriniten-Stengel so wie Trümmer von Muscheln
und selbst von Korallen gesellen sich dazu, aber alles ist mit den
Felsen sehr verwachsen und wird nur durch die Verwitterung recht
deutlich.
Jetzt zu unsern Brunnen zurück. Nach der gemachten Erfahrung
hat der Eigenthümer die weitere Arbeit eingestellt und hofft, diesen
Gesteinen zum Trotze doch sein Wasser durch Ummauerung und Kalk
schotter rein erhalten zu können. Aus dieser Entdeckung, die der
eigentliche Anlass zu meinem Vortrag ist, lässt sich auf manche
interessante Verhältnisse mit Wahrscheinlichkeit schliessen.
Erstlich überdeckt das Vöslauer tertiäre Conglomerat nur Flötz-
kalk oder jene Lias-Schichten, die in wenig geneigten Schichten
östlich von den steil einschiessenden Kalkschichten auftreten würden.
Die gewöhnlichen Zwischen-Schichten von Tegel bis zum Leitha-
Conglomerate fehlen hier gänzlich, so wie auch von hier längs dem
Gebirge bis über Baden. Es ist ein geognostisches Verhältniss wie bei
Piesting, wo die überstürzten Gosauer Schichten durch fast horizontale
Leitha-Conglomerate bedeckt werden. Doch merkwürdiger Weise
findet man diese fehlenden tertiären Schichten sowohl in der Hügel-
Kette zwischen dem GainfahrnerThale und demjenigen von Hirtenberg,
als auch nördlich von Baden bei Gumpoldskirchen u. s. w. (Siehe Taf. 1.)
Scheinbar müssen da an jenen Ufern des tertiären Meeres Umstände
vorgewaltet haben, die dem Gebilde des tertiären Sandes, Sandsteines
und Kalksteines stellenweise günstig oder nicht günstig waren, indem
im Gegentheil sie sich durch Zuströmung von Landwässer mit
Gerollen oder Conglomeraten bedeckten. Man möchte fast glauben,
dass diese Geschiebe sich aus dem Gebirge hinter Baden bewegten
und auf diese Weise die Anhäufung des Conglomerates imSt. Helenen-
thale längst dem Gebirge und zu Vöslau bedungen. Ein ähnlicher
doch verschiedener Strom mag die Piestinger tertiären Aggregate
erzeugt haben. Auf diese Weise wären alle diese nur sehr localen
Gestein-Anhäufungen auf einem mehr oder weniger ausgedehnten
Ufer, und nie hätten sie sich in der Ebene weit erstreckt.
Booe. Transversaler Durchschnitt des Vöslauer tertiären Plateaus.
Sitzun^sh ti k. Aha AdW. mathnalum (LX\TLBA2Helt I85ü.
Avs tüÜL.Hof-'U. Staatsdrucliflrei.
Über die Quellen- und Brunnenwässer zu Vöslau und Gainfahrn. 281
Auf der andern Seite kann wohl die Abwesenheit des tertiären
Sandes u.s.w. in der Vöslauer Gemeinde zu der Erhaltung der Con-
glomerate daselbst, also auch zu derjenigen des kleinen Vöslauer
Vorgebirges im älteren Alluvial-See beigetragen haben. Wären
sie vorhanden gewesen, so wäre möglichst durch die Wasser
strömungen das Conglomerat unterwaschen und zerstört worden.
Ausserdem, wenn man wirklich unter den Vöslauer tertiären Conglo-
meraten einen Rücken von Lias-Schichten annehmen muss, so könn
ten wohl die Letten und Schwefelkiese dieser Gesteine die schlechte
Gattung mancher Vöslauer Wässer bedingen, weil sie sich auf
dem Wege der vom Gebirge herabfliessenden Wässer befinden
würden.
Was aber die Frage der Lias-Steinkohle betrifft, so scheint sie
nur eine müssige, weil, wäre auch Steinkohle vorhanden, die Ausbeute
unter einer tauben Decke von 23 Klaftern und selbst unter dem Thal-
Niveau eine zu grosse Auslage, vorzüglich für eine so unregelmässig
ausgetheilte Kohle, erfordern würde. Die Erscheinung von schwarzen
Gesteinen westlich von Gainfahrn erhöhet auch scheinbar nicht die
Möglichkeit des Vorhandenseins der Kohle daselbst. Wenn man
namentlich von Gainfahrn weiter westlich gegen den Hauerberg
geht, so wandert man auf dem Fusse der auf dem kahlen südlichen
Abhange des Gemeindeberges sowohl als ober dem Dorfe neu ent
standenen Weinberge. In einem von diesen wurde bei der Anlage ein
sonderbares Gemisch von erdschlackenähnlichenMassen, Mergelbrec-
cien und geschwärzte Kalkmassen in einerTiefe von i % Klafter aufge
deckt, ohne den Grund zu erreichen. Die Überbleibsel dieser Gesteine
liegen noch theilweise am Fusse der Weinberge-Mauer. Sie schei
nen mir nichts mit den Producten eines Kalkofens, einer Kohlen
brennerei, des Brandes eines Hauses oder eines Steinkohlen-
Flötzes gemein zu haben, sondern viel eher von Eisen und vielleicht
manganhaltigen wässerigen Niederschlägen herzurühren. Unfern
dieses Ortes lehnt sich das Conglomerat an den älteren Liaskalk, der
die Hauptmasse des Hauer-Berges bildet, in dessen südwestlichem
Theile das tertiäre Gestein wieder eine bedeutende Mächtigkeit
gewinnt.
Sitz!», d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. II. Hft.
19
282
M a r c u s.
Der Antigraph (Gegen- oder Verkehrtzeichner).
Von Siegfried Marcus,
Mechaniker am k. k. physicalischen Institute.
Das umständliche Verfahren der Lithographen und Kupfer
stecher, eine gegebene Zeichnung auf Stein- oder eine Metallplatte
verkehrt zu copiren, veranlasste mich, ein Instrument zu construiren,
mittelst welchem man auf einfacherem Wege und mit grösserer
Sicherheit denselben Zweck erreicht.
Nach der bisherigen Methode zeichnet man zuerst auf soge
nanntem Pauspapier, welches auf das zu copirende Bild gelegt wird,
dasselbe durch; auf diese Weise erhält man, wenn anders die Arbeit
mit Sorgfalt ausgeführt wird, eine dem Originale congruente Copie;
wendet man nun das Blatt um, so zeigt sich auf der Rückseite der
Pause das Bild verkehrt; denn die Durchsichtigkeit des Papiers lässt
alle Linien und Punkte der auf der andern Seite gezeichneten Figur
hindurchscheinen.
Dieses verkehrte sogenannte negative oder Spiegelbild ist es,
welches auf den Stein oder eine Metallplatte übertragen werden
soll. Hierzu bieten sich zwei Verfahrungsarten dar, entweder man
fährt mit dem Copirstift eines Pantographen wieder alle Linien
des Spiegelbildes nach, während der Zeichenstift des Instrumentes
auf der Platte alle Bewegungen des geführten Stiftes mitmacht; oder
was gewöhnlich geschieht, man legt die Pause auf die zu gravirende
Platte, sticht mit einer Nadel auf den von der Zeichnung vorge
schriebenen Linien eine Menge Punkte in die darunter befindliche
Platte und verbindet endlich durch entsprechende Linien alle Punkte
so wie das Spiegelbild es verlangt.
Es ist wohl begreiflich, wenn durch das öftere Umzeichnen,
wie es nicht selten vorkömmt, in das letzte Bild sieh Fehler
einschleichen.
Schon 1820 hat der k. k. General-Major von Au rach in einem
kleinen Hefte, welches bei Gerold erschien, ein sinnreiches Instru
ment angegeben, welches den Mängeln obiger Methode entgegen
treten sollte; allein die nicht unbedeutenden Vorrichtungen, unter
Anderem ein eigens dazu construirter Tisch, ferner eine Menge
Der Antigraph (Gegen- oder Verkehrtzeichner). 283
Axenbewegungen, Schienen, Schrauben etc. Hessen das Instrument
zu complicirt und kostspielig werden, als dass ein allgemeiner
Gebrauch die Bemühungen des Erfinders hätte lohnen können.
Der von mir erdachte Antigraph bietet die Vortheile, bei
äusserster Einfachheit der Construction und kaum
nennenswerthem Kostenaufw,ande, die grösste Präcision im
Verkehrtzeichnen zu ermöglichen.
Er besteht in seinen Haupttheilen aus zwei Frictionsrollen,
welche an ihrer Peripherie rauh sind und so dicht an einander liegen,
dass hei Drehung einer derselben um ihre Axe auch die zweite diese
Bewegung, nur jener entgegengesetzt, mitmacht; jede dieser Rollen
ist mit einem Arm versehen, von denen der eine einen Führungs-
stift, der andere eine Bleifeder oder sonst ein Schreib-Instrument
trägt; beide Rollen aber sind mit ihren Axenunterlagen dermassen
mit dem einen Schenkel eines Cirkels in Verbindung gebracht, dass
sie ausser ihrer sich entgegengesetzten, auch noch eine gemein
schaftliche geradlinige Bewegung haben.
Diese beiden Bewegungen sind unumgänglich nothwendig und
bilden das Princip des Instrumentes. Figur 1 wäre beispielsweise das
Original; Figur 2 das Spiegelbild des
selben. Vergleicht man beide Figuren
mit einander, so findet man, dass die
entsprechenden horizontalen Linien ein
ander entgegengesetzt, hingegen die
perpendiculären einander identisch sind.
Also: c, d und e liegen entgegengesetzt
den Linien d, d' und d; a und b aber
haben dieselbe Lage wie d und b'.
Beim Gebrauche des Antigraphen fährt man, nachdem unter den
Zeichenstift die Druckplatte gelegt worden, mit dem Führungsstift
des Rollenarmes allen Linien des Originals nach; das Spiegelbild
zeichnet der zweite Stift alsdann zugleich auf die zu gravirende Platte.
Fig. 1. Fig. 2.
i 1
19
284
Wöhler.
SITZUNG VOM 19. JULI 1855.
Der Secretär zeigt an, dass der österreichische Reisende, Herr
Dr. Karl Scherz er, welcher vor Kurzem aus Central - Amerika
zurückgekehrt ist, von dort eine Sammlung von Naturalien mitge
bracht und der Akademie zum Geschenke gemacht hat. Er wünscht,
dass die Mitglieder der Classe sich die in ihre respectiven Facher
einschlagenden Gegenstände zur wissenschaftlichen Untersuchung
auswählen, das Übrige aber an die betreffenden k. k. Sammlungen
abgegeben werde.
Das c. M., Herr Telegraphen-Director Dr. W. Gintl übergibt
der Classe ein versiegeltes Packet zur Wahrung seiner Prioritäts
und Eigenthumsrechte, welches die Beschreibung des von ihm erfun
denen Verfahrens enthält, um von einer Station aus, zwei Depeschen
verschiedenen Inhalts zu gleicher Zeit auf demselben Leitungsdrathe
nach einer oder zwei verschiedenen Stationen zu befördern.
Eingesendete Abhandlungen.
Analyse der Meteorsteine von Mezö-Madaras in Siebenbürgen.
Von dem c. M., Prof. F. Wühler in Göttingen.
Aus den Analysen von Fragmenten der Meteorsteine von Mezö-
Madaras (gefallen den 4. September 18S2), die ich gemeinschaftlich
mit Dr. Atkinson vorgenommen habe, geht hervor, dass diese Steine
wie auch schon die Beschaffenheit ihres Gefüges hinreichend zeigt
und wie es bei den meisten Meteorsteinen der Fall ist, aus einem
Gemenge von mehreren Mineralien bestehen.
Analyse der Meteorsteine von Mezö-Madaras in Siebenbürgen. 28S
EinIlauptgemengtheilist gediegen es Eisen mit einem Gehalte
von 7-4 Procent Nickel und 0-2S Procent Kobalt. Die Menge
dieses Eisens variirt an einzelnen Stellen der Steine; im Mittel beträgt
sie 19'60 Procent vom Gewichte des Steins. Es war nicht möglich
dasselbe vermittelst des Magnetes aus dem gepulverten Stein scharf
auszuziehen, sondern wir berechneten seine Menge aus dem Volumen
von Wasserstoffgas, welches von einer abgewogenen Quantität Stein
mit verdünnter Schwefelsäure entwickelt wurde. Wie alles Meteor
eisen, enthält dieses Eisen auch Phosphor, dessen Menge zu
bestimmen aber, ohne grössere Massen von Stein zu opfern, unmöglich
war. Es ist nicht passiv, sondern schlägt Kupfer auf sich nieder.
Ein zweiter Gemengtheil ist E i n f a c h - S c h w e f e 1 e i s e n, welches
ebenfalls schon mit blossen Augen hie und da erkennbar ist, und wel
ches sich ausserdem durch das Schwefelwasserstoffgas verräth, welches
die Steine bei der Behandlung mit Salzsäure entwickeln. Wir hielten
es nicht für wesentlich, die Menge dieses Schwefeleisens zu bestimmen,
da es sichtlich sehr ungleich beigemengt vorkommt.
Ein dritter Gemengtheil ist Graphit, der schon nach dem Aus-
kochen des Steins mit Salzsäure in glänzenden Blättchen sichtbar
wird. Wir fanden seine Menge zu 025 Procent.
Die Hauptmasse der Steine besteht aus zweierlei Silicat-Arten,
von denen die einen durch Salzsäure zersetzbar sind und damit
gelatiniren, die anderen nicht zersetzt werden.
Wie eine mikroskopische Betrachtung zeigte, scheinen die
meisten Mineralien, welche in rundlichen Partien in der dunkeln
Grundmasse sitzen, aus den durch Säure unzersetzbaren Silicaten
zu bestehen, während die Grundmasse hauptsächlich von den zersetz
baren Gemengtheilen ausgemacht wird.
Abgesehen von der Bestimmung der Wasserstoffgasmenge,
welche von dem nickelhältigen Eisen entwickelt wird, wurden von
dem Stein dreierlei Analysen gemacht: Eine Analyse geschah durch
Aufschlüssen des Steins mit kohlensaurem Natron hei Glühhitze,
wobei die Menge der Kieselsäure direct zu 41-62 Procent gefunden
wurde. Eine zweite geschah durch Flusssäure, wodurch sich die Menge
der Kieselsäure aus der Differenz indirect zu 43-94 Procent ergab.
Das auf diese Weise erhaltene Plus von 2-02 Kieselsäure erklärt sich
theils aus der ungleichen Gemengtheit des Steins, theils aus dem
unvermeidlichen Verluste bei so vielen Bestandtheilen, welcher sich
286
Wöhle r.
der aus dem Verlust bestimmten Kieselsäuremenge hinzufügt, theils
aus dem Schwefel, Phosphor- und Chromoxyd, deren Mengen nicht
bestimmt werden konnten. Auf diese Weise wurden, nach den gewöhn
lichen bekannten Methoden, in 100 Gewichtstheilen Stein folgende
Bestandtheile gefunden:
Gediegen Eisen . . . .18-10
Nickel i-4ä
Kobalt 0-05
Graphit 0 25
Magnesia 23-83
Eisenoxydul 4-61
Manganoxydul . . . . 0-28
Thonerde 3-13
Kalk 1-80
Natron 2-34
Kali 0-30
Schwefel 1
Phosphor >
Chromoxyd j
Kieselsäure 43-64
100-00
Der Versuch, die zweierlei Silicat-Arten von einander getrennt
zu erhalten, wurde auf die übliche Weise gemacht, dass der sein-
fein geriebene Stein längere Zeit mit starker Salzsäure erhitzt, der
Rückstand vollkommen ausgewaschen, und darauf die von den auf
gelösten Silicaten frei gewordene Kieselsäure durch wiederholtes
Auskochen mit einer Lösung von kohlensaurem Natron ausgezogen
wurde.
Der so erhaltene unlösliche Rückstand, also die Menge der durch
Salzsäure unzersetzten Verbindungen, betrug 30-48 Procent. (Bei
einem zweiten Versuch, wobei die Masse nicht so lange mit kohlen
saurem Natron behandelt worden war, wurden 36 Proc. erhalten.)
Diese 30-48 Gewichtstheile unzersetzter Rückstand gaben bei
der Analyse mit Flusssäure:
In 100 Theilen.
Magnesia . . . 4-600 . .13-29
Eisenoxydul . . 4-643 . . 13-25
Kalk 0-929. . 3-05
Thonerde . . . 0-564 . . 1-85
Natron .... 0-383. . i-91
Kali 0-347. . 1-13
Graphit .... 0-250 . . 0-82
Chromoxyd
Kieselsäure . . 18 502 . . 60-70
30-480
Analyse der Meteorsteine von Mezö-Madaras in Siebenbürgen. 287
Nach Abzug des 19-6 Proc. nickelhaltigen Eisens bleiben dem
nach für die durch Salzsäure zersetzbaren Silicate 50-92 Procent vom
Gewicht des Steins, bestehend aus:
In 100 Theilen.
Magnesia
Thonerde
19-170. .37-64
2-386 . . 3-08
0-870 . . 1-70
1-733 . . 3-44
0-133 . . 0-30
26-386. .31-84
30-920
Kalk
Natron .
Kali . .
Kieselsäure
Aus diesen Resultaten einen sicheren Schluss auf die wahre
Zusammensetzung der dieser Meteorsteine constituirenden Silicate
zu ziehen, scheint uns nicht möglich, zumal wenn man bedenkt, dass
der unlösliche Theil Verbindungen enthalten kann, die durch die
lange Einwirkung der Säure oder nachher des Alkalis doch partiell
zersetzt werden. Vergleicht man die Sauerstoffmengen der beiden
vorwaltenden Basen im unlöslichen Theil, nämlich der Magnesia und
des Eisenoxyduls, mit der der Kieselsäure, so findet man, dass sie
sich nahe wie 1: 3 verhalten, so dass man vermuthen könnte, die
Hauptverbindung des unlöslichen Theils sei nach der Formel
zusammengesetzt, während in dem an Magnesia so reichen löslichen
Theil als vorwaltender Bestandtheil ein nach der Formel des Olivins
zusammengesetztes Mineral 3MgO, Si0 3 anzunehmen wäre. Am wahr
scheinlichsten ist es, dass auch in diesen Steinen die Bestandtheile zu
den Verbindungen unter einander vereinigt sind, wie sie nach seinen
scharfsinnigen Berechnungen und Betrachtungen von Rammeis
berg in verschiedenen anderen, ähnlichen Meteoriten angenommen
werden *). Hiernach würde die Hauptmasse der Steine von Mezö-
Madaras als ein Gemenge von Olivin, Augit und Labrador zu betrach
ten sein, enthaltend ausserdem nickelhaltiges gediegen Eisen, Schwe
feleisen, Graphit und eine kleine Menge Chromeisenstein.
*) Dessen Handwörterbuch der Mineral. 2. Supplement, p. 91.
288
Zeus ebner. Über die Verbreitung’ des Löss
Über die Verbreitung des Löss in den Karpathen zwischen
Krakau und Ritna-Szombat.
Von Prof. Louis Zeusehner in Krakau.
Der Löss ist in den Karpathen sehr allgemein verbreitet; er
bedeckt die nördlichen und die südlichen Abhänge, wie auch die
Mitte dieser 28—30 Meilen breiten Kette. Sowohl die plutonischen
als die geschichteten und metamorphischen Gebirge bedeckt dieses
Süsswassersediment. Hie und da trifft man darin Überreste von
grossen Pachydermen, wie Elephas primigenius, Rhinoceros ticho-
rinus, Bos primigenius und priscus und Landschnecken an.
Alle diese vorweltlichen Überreste beweisen, dass der östliche
Lehm ein gleichzeitiges Sediment mit dem rheinischen Löss ist.
Fast alle Hügel, die Krakau umgeben, wie auch die Thalsohlen
der Flüsse mit wenigen Ausnahmen, bedeckt Lehm. Ähnliche allge
meine Verbreitung findet sowohl auf den Höhen wie in den Ebenen
und Thälern am südlichen Abhange bei Bartfeld und Eperies im
Saroscher Comitate, am Sternad-Flusse, wie auch weiter westlich
im Rima-Thale und den Umgebungen Statt.
Es ist bekannt, dass die Karpathen aus verschiedenen Hebungen
zusammengesetzt sind, die verschiedene Richtungen zeigen: in allen
sind die Löss-Ablagerungen in bedeutender Entwickelung nachge
wiesen.
Im vorigen Sommer habe ich eine Reise unternommen, haupt
sächlich um die Verbreitung des Löss zwischen Krakau und Rima-
Szombat und Lossonez am südlichen Fusse dieses Gebirges zu ver
folgen : ich will die Thatsachen anführen und dann einige allgemeine
Schlüsse hervorheben.
Das ganze Weichselthal von Bochnia und Wieliczka gegen
Spytkowice, Oswiecim, Grojec, Biala und Bielsko überziehen dicke
Lehmschichten. Das ganze Hügelland nördlich vom Beskidengebirge
zwischen Spytkowice und Inwald ist sehr stark mit Lehm bedeckt,
so dass die unterliegenden Gesteine selbst durch reissende Bäche
selten aufgedeckt erscheinen; nähert man sich den Bieskiden, so
zeigen sich nur hie und da Bruchstücke von ausgewaschenen
in (len Karpathen zwischen Krakau und Rima-Szombat.
289
Neocomien-Sandsteinen. Nördlich von Krakau kann man an den
Abhängen seine ganze Mächtigkeit klar beobachten, bei Witkowice,
Garlica Murowana erreicht dieses Sediment SO—100 Fass Mächtig
keit und überlagert entweder Coralrag oder Kreidemergel mit hell
grauem Feuerstein.
In den Bieskiden bedeckt ebenfalls Lehm den Neocomien-Sand-
stein bis auf die erste Höhe der vorderen Rücken dieses Gebirges:
unter anderm habe ich mächtige Lehmschichten in folgenden Ge
genden beobachtet, namentlich auf der ersten Erhebung der Bieskiden
bei Libtertöw, Mogilany, wo mächtige Schichten auf dem Neocomien-
Sandstein liegen; auf dem hohen, waldigen Rücken Sahetnik ober
halb Inwald der ebenfalls aus Neoeomien-Sandstein besteht, sowohl
auf der nördlichen wie südlichen Abdachung und weiter südlich in den
tiefen Thälern des Ortes Kaezyna, gegen die hohen Berge Ganczar-
zowa und Grapa Germatka, wo mächtige Schichten des Lehms den
Sandstein bedecken. Entlang des Skawa-Thales, welches das Bies
kiden-Gebirge in die Quere durchschneidet, zwischen Wadowice
und Sucha gibt der Löss der ganzen Oberfläche eine gelbe Farbe.
Andern genanntenSkawaflusse zwischen Porzba und Jaszczurowa
überlagert Lehm die Karpathensandsteine die gegen W. unter 30°
einfallen; östlich von Jaszczurowa herrscht Lehm auf allen Höhen
und Thälern sehr vorwaltend vor; ebenfalls bedeckt das junge Sedi
ment alle Höhen von Stryszöw, wo der unterliegende Karpathensand
stein viele Lager von thonigem Sphärosiderit enthält, die wahr
scheinlich der Neocomien-Formation angehören, da die Eisenflötze
gewöhnlich ältere Formationen charakterisiren und viele Ammoniten
zu enthalten pflegen, wie in der Gegend von Bielsko, Ustron, am Berge
Libotyn bei Stramherg in Mähren.
Der Lehm bildet den Boden des schönen Ortes Sucha und alle
angrenzenden Höhen wie südlich hinter der Kirche, er erstreckt sich
gegen Westen nach Krzeszöw, Kukow, Sleszowice, Tarnawa und
weiter im Thale gegen Slemien. Auf allen Höhen, die diese Ort
schaften umgeben, ist Lehm sichtbar. Ebenfalls fand ich diese Ab
lagerung östlich von Sucha; eine mächtige Lehmschichte ist bei
Maköw und Osieletz auf dem Sandsteine, so wie auf allen Höhen, die
das grosse Dorf Sydzina umgeben, nahe am Fusse des Berges Bahia
Göra. Der Karpathensandstein bei Sydzina ist auf eine eigenthüm-
liche Weise entwickelt; es sind graue, feste Sandsteine, die ganz
290
Zeuschner. Über die Verbreitung des Löss
dicht aussehen wie eine homogene Hornsteinmasse, und mit har
ten, grauen Mergelschiefern wechsellagern; der diesen Ort durch-
fliessende reissende Gebirgsbach hat sehr schön die Wechsel
lagerung dieser beiden Gesteine aufgedeckt. Man beobachtet hier
sechsmal die Aufeinanderfolge des Sandsteins und Mergels, von denen
jedes 40 bis 100 Fass mächtig ist; alle diese Schichten fallen gegen
Südwest 10 h. unter 40°. Ob die Sandsteine und Mergel von Sydzina
rein Neocomien oder eocenen Gebilden angehören, wage ich nicht
zu entscheiden; in der ganzen Umgebung hat sich auch nicht die
mindeste Spur eines organischen Überrestes gefunden.
Von Norden nach Süden habe ich das Arvaer Comitat durch
strichen; die ungemein mächtig entwickelte Lehmformation war hier
mein stäter Begleiter; sie bedeckt sowohl den Karpathensandstein
wie die Ammonitenkalke und die Nummulitengesteine. Von Podwiek,
dem am meisten gegen Norden hingerückten Orte der Arvaer Ge
spannschaft am südlichen Abhänge der Bieskiden zieht sich der Löss
in einer continuirlichen Schicht von bedeutender Mächtigkeit über
Orawka, Jablunka nach Piekelnik, und weiter in Galizien am nörd
lichen Abhänge des Tatra bis in die Gegend von Czorsztyn; hei
Rogoznik haben sich darin Backenzähne von Elephas primigenius
gefunden; sehr mächtig findet er sich in den Bergen Cisowiec bei
Biafa, Obtazowa skata, am reissenden Dunaja bei Krempach. Von
Jablunka erstreckt sich der Lehm im Arvaer Comitate weiter gegen
Süden nach Terstena, wo er die Ammonitenkalke bedeckt und weiter
südlich in denselben Verhältnissen bei Podbiel, Dubowa, Lehota >
Schloss Arva, Kubin erscheint.
In der Liptau ist der Lehm an vielen Punkten zu beobachten,
unter anderm bei dem Bade Luczki, wo er den Karpathensandstein,
der aller Wahrscheinlichkeit nach der Nummulitenformation angehört,
bedeckt. In dem Thale der Rewuca, welches vom Berge Sturetz sich
zieht, ist Löss sehr bedeutend entwickelt und überlagert Kalke und
Dolomite der Liasformation. Vom Orte Osada im genannten Thale,
nimmt er besonders an Mächtigkeit zu, bedeckt die Liasdolomite,
die sich weiter gegen Süden zwischen den Ortschaften Unter- und
Mittel-Rewuca erstrecken. Bei Ober-Rewuca ist die Lehmschichte
sehr dünn, aber auffallenderweise auf dem hoben Rücken des Berges
Sturetz wird dieselbe sehr mächtig, wo sie den Liaskalk überdeckt.
Am südlichen Abhange des Berges Sturetz bis Altgebirge sind
in (len Karpathen zwischen Krakau und Rima-Szombat.
291
mächtige Lehmschichten in dem tief eingeschnittenen Thale von
Herrengrund abgesetzt, vorzüglich aber am Berge Szpanu-Herbec
herrscht er vor, und von da zieht er sich gegen Süden durch Neu
sohl dem Granflusse entlang, erfüllt die ganze Thalsohle und die Ab
hänge der Gebirge zwischen Radwany und Altsold. Die Trachyte
von Sliacz sind ebenfalls mit dicken Lehmschichten bedeckt, wie auch
alle angrenzenden Hügel bis gegen Altsohl. Eine Ausnahme macht
nur die mächtige Kalktutf-Schichte von Sliacz, welche die ausge
zeichnete Therme noch gegenwärtig absetzt. Von Neusohl wendete
ich mich gegen die Quellen der Gran, gegen Pohorella und Telgand
hin; in diesem Thale ist ebenfalls der Lehm an sehr vielen Punkten
in bedeutenden Massen abgesetzt und gehoben worden. Von Neusohl
angefangen gegen Rhonitz bedeckt er den Liaskalk: in der Gegend
des grossen Kesseltbales bei Briesen aber krystallinische Schiefer.
An der Gran von Neusohl angefangen erscheint der Lehm an folgenden
Örtern namentlich zu Mejer, Luczatyn, Mosteniz (sehr entwickelt),
Swaty-Ondrej und Nemecka, Zamoscie, Predajna und Rhonitz. Als
dann verfolgte ich diese Süsswasserablagerung in dem Querthale von
Bystra, welches sich an dem Gebirge Niane-Tatry endigt und hier
den Liaskalk, rothe Sandsteine, wie auch die Melaphyr-Mandelsteine
bedeckt. Ebenfalls findet sich Löss in dem Steinwasser-Thale,
welches sich südlich von Rhonitz mitten zwischen Talkschieferge
birgen bei den Ortschaften Kram, Balog hinschlängelt. In einem
zweiten Nebenthale, welches sich von Rhonitz gegen Dreiwasser oder
Trywody zieht, ist der Lehm bis auf die Höhe des Berges Wepor
gehoben. Das grosse Kesselthal von Briesen, welches aus Talk
schiefern besteht, bedecken mächtige Lehmschichten und das ganze
Erdreich erhält davon eine gelbe Farbe. Verfolgt man von Briesen
den Lauf der Gran, so begleitet uns stäts der Lehm; er findet sich
auf dem Gneiss bei Gasparowce, auf tertiärem Thone mitBraunkolilen-
lagern zwischen Polomka und Zawadka, auf Talkschiefer bei Helpa;
bei Pohorella, Rothenstein, Telgard auf Liaskalk. Südlich von
Zawadka ruht Lehm auf Talkschiefer und Talkgranite (Protogine)
und dasselbe wiederholt sich auf den Talkschiefern der steilen
Abhänge des Berges Brzescianki und im Czerniakower Thale, so wie
auf dem Liaskalk an der Wiese am Berge Klak, am Hause des Wald
hüters und auf Granit; im Thale Hronczok auf den Abhängen Cho-
dakow und Drazno.
292
Zeuschner. Über die Verbreitung- des Löss
Von dem öfters genannten Orte Rothenstein wandte ich mich
gegen Süden; in allen tiefen Spalten-Thälern ist ebenfalls Lehm
entwickelt und bedeckt den Liaskalk, bei den Ortschaften Huia Mu-
ränska und Muran. Hier erhebt sich dieses neue Sediment bis an
die hoch emporsteigenden Kalkwände.
In dem Thale von der Jolcva zwischen Muran und Rotze ist
wieder Löss ungemein mächtig entwickelt; er bedeckt sowohl die
Gneisse wie die Granite und erreicht selbst die ziemlich hohen Ab
hänge, auf denen er zwar nur eine 2—3 Fuss dicke Schichte bildet;
unter anderm findet man ihn auf dem Granitabhange gegenüber Rotze,
an der bekannten Rutilgrube genannt Paulusowa Ranya. Viel mächtiger
zeigt sich der Lehm in dem kleinen Nebenthale genannt RuduaCzesta,
welches gegen das berühmte Eisensteinbergwerk Zeleznik bei Syrk
führt. Hier bedeckt Lehm sowohl die Höhe des genannten Berges Zele
znik, wie auch die angrenzenden Höhen von Syrk und Plosköw, dann
zieht er sich auf das hohe Plateau der Zaychawa und Polom, wo aus
dem Talkschiefergebirge eine mächtige Masse von Trachit hervorragt.
Im ganzen Rimathale zwischen Theissholz und Rima Banya
bedeckt ebenfalls Lehm die Gneisse zwischen Theissholz und Likiez
und die Talkschiefer von da bis Rima Banya.
Auch im Thale der Rimawica einem Querthale des Rimathaies,
liegt eine mächtige Schichte von Lehm über dem Gneisse bei den
Orten Rimawica und Kokowa.
Auf dem Granitgebirge Chorepa zwischen Kokowa und Klenowce
(Klenoc), ruht ebenfalls eine mehr weniger mächtige Lehmschichte.
Je mehr man sich gegen Süden wendet, desto mächtiger wird
der Lehm: im Thale von Zlatno, an den schönen Anlagen der Glas
hütte, bedeckt derselbe die mächtigen Granithöhen, so wie auch das
ganze Thal zwischen Zlatno, Czech-Brezo und Poltar, wo die letzten
Talksehieferhöhen und die daran anstossenden tertiären Sedimente
sind, die durch ihre feuerfesten Thone in der Umgebung allgemein
bekannt sind.
Auch in der ganzen Zips ist der Lehm sehr mächtig entwickelt;
von dem südlichen Fusse der Tatra bis an das krystallinisclie Schiefer
gebirge bedeckt eine sehr dicke und continuirliche’Schichte die
eocenen Karpathen-Sandsteine. Diese Formation nimmt an Mächtig
keit gegen Osten, gegen das Sarosser Comitat bedeutend zu. Selbst
mitten in dem Gebirge der Zipser krystallinisclien Schiefer erscheinen
in den Karpathen zwischen Krakau und Rima-Szombat.
293
ausgedehnte Ablagerungen in der Thalsohle und auf dem Abhange
im Tliale des Hnitetz-Flusses: bei Jaklowee (Jeckelsdorf) bedecken
dieselben die Lias-Kalksteine und Serpentine, bei Gölnitz den Gabbro
und Talkschiefer, bei Mathildenhütte, Prakendorf, Helcmanowce den
Talkschiefer. Am südlichen Abhange des Zipser Comitats, desselben
Gebirges gegen Kaschau, tritt ebenfalls Lehm hervor und zieht sich
ohne Zwischenräume in sehr bedeutender Masse bis an die grosse
ungrische Ebene. Bei Tarczal und Tokay ist diese junge Ablagerung
sehr entwickelt und überzieht den Pechsteinporphyr des Tokayer
Berges fast bis zur höchsten Kuppe. Auf Löss gedeihen hier die
köstlichen Tokayer Reben, und zugleich in diesem weichen Gestein
wird dieser vortreffliche Saft in langen stallenartigen, 200—300Fuss
langen Kellern aufbewahrt. Nur die bewaldete Kuppe des Tokayer
Berges besteht aus plutonischer Felsart, die ebenfalls in der spätesten
Zeit nach der Lehmbildung emporgestiegen ist.
Die Lehmformation befindet sich also im Weichselthale zwischen
Biala, Bielsko, Krakau und Bochnia, wie auch an den südlichen Ab
hängen beißartfeld, Eperies, Kaschau, Tarczal, Tokay, Rima-Szombat
u. s. w., und in den Karpathen auf allen Höhen des bezeichneten
Durchschnittes.
In dem beschriebenen Tlieile der breiten karpathischen Gebirge
unterscheidet man deutlich an mehreren Punkten zwei unter sich
verschiedene Hebungen die mit Löss überdeckt sind; die eine mit
der Richtung von Ost-West, die zweite mit einer verschiedenen Rich
tung, nämlich von NW. 8 oder 9 h. Zu der ersten Hebungsrichtung
gehören die höchsten Ketten, wie das hohe Tatra-Gebirge, das
Gebirge Nizne Tatry zwischen der Liptau und dem Sokler Comitate.
Auch nördlich von der Tatra in den Bieskiden sind einige mehr oder
weniger hohe Rücken mit derselben Richtung; wie der Berg Luboü
zwischen den Orten Rahka am Lubien, der lange, flach eingeschnittene
Kotmi oberhalb Myslenice, und gegenüber von Krakau; der lange
Rücken südlich von Wieliczka, auf dem die Ortschaften Siercza,
Sygneszöw liegen, und weiter nördlich der Rücken von Tynirc und
der Rücken des Bielauer Klosters.
Sehr verschiedene Gebirgsarten setzen die Gebirge zusammen,
welche die Ost-West-Richtung zeigen, es sind Granit, Gneiss,
Glimmer und Talkschiefer, rothe problematische Sandsteine, die die
krystallinischen Felsarten bedecken (vielleicht bunter Sandstein),
294 Zeuschner. Über die Verbreitung- des Löss in den Karpathen etc.
Lias-Kalkstein, Nummuliten-Dolomite, eocene Karpathensandsteine,
Neocomien-Karpathensandsteine, myocene Salz- und Gypsablage-
rungen, Coralrag und Kreidemergel.
Ausser diesen Felsarten unterliegt es keinem Zweifel, dass auch
Melaphyr-Mandelstein nach dem Lehmgehilde gehoben wurden; sehr
deutlich ist dies an dem malerischen Kloster Alwernia bei Poreba
im Krakauischen zu beobachten. Die ganze Kuppe, auf dem das
Städtchen Alwernia liegt und der nördliche Abhang des Berges wo
die Fahrstrasse gegen Regulice fuhrt, wird von einer mächtigen
Lehmschichte bedeckt; nur am westlichen Abhange dieses kuppen
förmigen Berges unterhalb des Klosters, ragen Melaphyr-Mandel-
steinfelsen heraus.
Ebenfalls bedeckt gehobener Lehm Melaphyr-Mandelstein des
nahen durch ein tiefes Thal getrennten Berges Regulicka skata,
oberhalb dem Orte Brzezinki. Über dem steilen Melaphyrfelsen sieht
man deutlich eine sich immer mehr verdünnende Masse von Lehm.
Zwischen Krakau und Biala, Bielsko (Bielitz) erheben sich
plötzlich aus dem hügeligen Lande sehr mächtige hohe Rücken der
Bieskiden, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus Neocomien-Sand-
stein zusammengesetzt sind, meistens bestehen sie aus einem kies-
ligen Sandsteine oder Conglomerate, und an einigen Punkten wie bei
Libiertöw, Mogilany, Kossice enthalten dieselben charakteristische
Überreste dieser Schicht, wie Ammonites recticostatus d’ Orb., Sub-
fimbriatus d’Orb., Belemnites bipartitus, dilatatus u. s. w.
Viele Ammoniten linden sich in den Sphärosiderit-Lagern hinter
Bielitz.— Dieses Vorgebirge besteht nicht aus einem einzigen, son
dern aus mehreren getrennten Rücken, zwischen welchen Querthäler
liegen und mehr oder weniger mächtige Flüsse hervorbrechen. Diese
Rücken haben nicht eine gleiche Richtung; näher bei Krakau weichen
diese wenig von der Ostwest-Richtung ab und zeigen die Richtung
NW. 7 h., zwischen Wadowice und Inwald NW. 8 h.; weiter west
lich aber gegen Biala Bielsko NW. 9 h.
Alle diese langgestreckten Berge sowohl auf den südlichen und
nördlichen Abhängen, so wie auch auf den Rücken sind mit Lehm
überdeckt. Nach der Ablagerung des Lehms sind also zwei Gebirge
mit verschiedenen Richtungen gehoben worden; darf man annehmen
oder nicht, dass dieses in verschiedenen Zeiten geschah? Welche
von den Richtungen die frühere oder spätere war, lässt sich nicht
Fitzi nger. Vortrag über eine neue Katzen-Art (Felis Poliopardus). 295
ausmitteln. So viel aber ist bestimmt, dass der westliche Theil
der karpathischen Kette, südlich von Krakau, in der spätesten Zeit
nach dem letzten Niederschlag vor der Erschaffung des Menschen
geschlechtes gehoben wurde.
Vorträge.
Vortrag über eine neue Katzen-Art (Felis Poliopardus).
Von dem w. M., Dr. L. J. Fitzinger.
(Mit 1 chromolithographirteii Abbildung.)
Die Mittheilung, welche ich der geehrten Classe zu machen
habe, betrifft eine neue, noch unbeschriebene grosse Katzen-Art, die
sich in der an schönen und seltenen Thieren so reichen Menagerie
des Herrn Kreutzbergin zwei prachtvollen Exemplaren von beiden
Geschlechtern befindet und durch längere Zeit zu Wien unter dem
Namen „grauer Jaguar“ öffentlich zur Schau gestellt war.
Dieses überaus ausgezeichnete, von allen bisher bekannten
grossen gefleckten Katzen-Arten höchst bedeutend abweichende Thier
bietet sowohl in seiner Form, wie auch in Farbe und Zeichnung so
auffallende Unterschiede dar, dass eine Verwechslung desselben
mit irgend einer andern Art wohl kaum möglich ist.
Seine Gestalt hat im Allgemeinen allerdings einige Ähnlichkeit
mit der des Jaguars (Felis Onga, Lin ne) und insbesondere sind es
der dicke Kopf und kräftige Bau, welche es demselben nähern.
Dagegen ähnelt es in Bezug auf Form und Vertheilung der Flecken
wieder mehr dem Panther (Felis Parcltis, Linne), unterscheidet
sich von beiden aber, welche die einzigen Arten sind, mit denen es
verglichen werden kann, durch die kurzen Beine und die niedere
Stellung, so wie vollends durch die Färbung, welche von jener aller
seither bekannt gewordenen grossen gefleckten Katzen-Arten voll
kommen abweicht.
Der rundliche, verhältnissmässig grosse, dicke Kopf, dessen
Scheitel schmäler als beim Panther ist, hat eine breite Stirne,
welche allmählich in den schwach gewölbten Nasenrücken übergeht,
weit vorstehende, gleichsam angesclnvollene Backen und eine ziem
lich kurze, stumpfe, stark aufgetriebene Schnauze, w'elche dem
296
F i t z i n g- e r.
Thiere einen eigenthümlichen Ausdruck gibt und einigermassen an
die Schnauze des Bullenbeissers erinnert. Die nicht besonders
starken Schnurren stehen in vier Querreihen. Die kurzen, breiten,
beinahe dreieckigen Ohren sind an der Spitze abgerundet und etwas
breiter und länger als beim Panther. Die Augen sind von mittlerer
Grösse, ziemlich lebhaft und mit einer runden Pupille versehen. Der
Hals ist ziemlich kurz und dick, der Leib gestreckt und sehr stark
untersetzt. Die Beine sind verhältnissmässig kurz, sehr dick und
kräftig, die stark zurückziehbaren Krallen wie bei den verwandten
Arten gross, spitz und scharf. Der nieht sehr dicke Schwanz,
welcher viel schwächer als beim Jaguar und kaum stärker als beim
Panther ist, reicht zurüekgeschlagen nicht ganz bis zur Schulter
und wird vom Thiere entweder in gerader Richtung nach abwärts
hängend getragen, wo dessen stumpfe Spitze nur wenig auf dem
Boden aufliegt, oder auch etwas nach aufwärts gekehrt und in seinem
letzten Drittel schwach nach einwärts gerollt. Die Behaarung ist
dicht, straff anliegend und ziemlich kurz. Nur längs der Mitte des
Bauches ist das Haar etwas länger und lockerer. Der Schwanz ist
stärker behaart und erscheint dadurch ziemlich dick. Am Innenrande
der Ohren befindet sich ein Büschel längerer Haare.
Die Grundfarbe ist dunkel fahlgrau, beinahe eisengrau, wird
gegen den Rücken zu immer dunkler, gegen den Bauch hingegen
heller, so dass die ganze Oberseite des Kopfes und des Rückens
beinahe schwarz, der Bauch aber fast schmutzig weiss erscheint.
Die Innenseite der Beine, die untere Hälfte der Unterarme und des
Mittelfusses, sowie die Pfoten sind schwärzlich, die Krallen weisslieh
liornfarben. Der Schwanz ist in der ersten Hälfte auf der Oberseite
schwarz, an den Seiten fahlgrau und auf der Unterseite weisslich,
wird aber in der zweiten Hälfte immer dunkler und gegen das Ende
vollkommen schwarz. Alle Theile des Körpers sind mit ziemlich
dicht stehenden schwarzen Flecken von verschiedener Gestalt und
Grösse überdeckt, welche selbst an den dunkelsten, beinahe völlig
schwarzen Stellen noch deutlich zu erkennen und mit Ausnahme
jener an den Seiten durchgehends volle Flecken sind. So ist der
ganze Kopf ziemlich dicht mit kleinen, rundlichen, vollen schwarzen
Flecken besetzt, die nur gegen die Backen zu grösser werden. Ähn
liche, doch etwas grössere und minder dicht gestellte, rundliche,
volle schwarze Flecken befinden sich auf den Schultern und den
Fitainger Eine neue Kateen-Art. (Felis r<iliojmnlus.
Sit7.ungsV d.lf.Aliad.dWmalK.natitrw.O.XYILBl'lHeft.1855.
Attsäü.Hofv.Sta.a,tsdru(;kerai.
Vortrag über eine neue Katzen-Art (Felis Poliopardus).
297
Beinen. Am grössten und weitesten von einander entfernt, sind die
vollen schwarzen, mehr oder weniger gerundeten Flecken am Halse,
auf demRücken, dem Bauche und dem Schwänze, und fehlen nur gegen
das Ende desselben. Ringartige oder Rosetten-Flecken befinden sich
nur an den Seiten des Leibes, wo sie jederseits in vier Längsreihen
vertheilt sind. Diese Rosetten bestehen grösstentheils aus vier, einige
aber auch aus fünf vollen schwarzen Flecken, die bisweilen vollkom
men von einander getrennt, häufig aber auch mit einander verschmol
zen sind, während einige wieder so gestellt sind, dass sie nur unvoll
ständige Ringe bilden. Das ziemlich grosse Mittelfeld oder der Hof
dieser Rosetten, welches kleiner als beim Jaguar und grösser als
beim Panther ist, ist von der Grundfarbe des Leibes und zeigt eben
• so wie heim Panther, dem Nimr, dem Leopard und dem Sunda-Pan-
ther, keine Spur eines Punktfleckens in der Mitte. Die Schnauze ist
schwärzlich, die nackte Nasenkuppe schwarz; nur unterhalb der
selben befindet sich zu beiden Seiten an der Oberlippe ein ziemlich
kleiner weisser Flecken.
Die Schnurren sind schwarz, die Iris ist licht grünlichbraun. Die
Aussenseite der Ohren ist schwarz, die Innenseite hell fahlgrau, und
der Haarbüschel, welcher sich im Innenrande derselben befindet,
weisslich. An der Kehle steht ein fast dreieckiger, mit derSpitze nach
vorne gegen das Kinn zu gekehrter, breiter schwarzer Flecken, und
tiefer am Unterhalse befindet sich eine schmale schwarze Querbinde.
Nach oberflächlicher Schätzung — denn eine Messung an leben
den Raubthieren ist wohl nicht möglich — beträgt die Länge des
Körpers heim Männchen von der Schnauzenspitze bis zur Schwanz
wurzel ungefähr S Fuss, die Länge des Schwanzes 2 i / a Fuss, die
Höhe am Widerrist 2 Fuss. Das Weibchen ist etwas kleiner, indem
der Körper beiläufig 4‘/ 3 , der Schwanz 2 1 / 4 Fuss misst, während
die Höhe am Widerrist nicht ganz 2 Fuss beträgt.
Über das Vaterland dieser so höchst merkwürdigen n^uen
Katzen-Art vermag ich leider mit Bestimmtheit durchaus keine Aus
kunft zu geben. Herr Kreutzberg, welcher die beiden Exemplare
durch seinen Commissionär in London am Bord eines Schiffes kaufte,
das angeblich eben aus Süd-Afrika angekommen war, hält daher auch
Süd-Afrika für die Heimath dieses Thieres. Jedenfalls scheint es
afrikanischen Ursprungs zu sein, doch halte ich es für wahrschein
licher, dass es aus dem Westen des tropischen Afrika stamme.
20
Sitzb. (1, inathem.-naturw. CI. XVII. Bd. 11. Hft.
298
W eil.
Sowohl aus der gegebenen Beschreibung als der beigefügten
Abbildung geht klar und deutlich hervor, dass diese neue Katzen-Art
weder mit dem Jaguar, noch mit dem Panther, dem Nimr, dem Leo
pard, oder wohl gar mit dem Sunda-Panther verwechselt werden
könne und sich als eine eigenthümliche, selbstständige Art heraus
stelle. An Melanismus ist hierbei wohl nicht zu denken, da sowohl
die Gesammtform als die Zeichnung eine Vereinigung mit keiner der
bekannten grossen gefleckten Katzen-Arten zulässt.
Der Name, welchen ich für dieselbe in Vorschlag bringe, ist Felis
Poliopardus oder Grau-Panther, da das auffallendste Merkmal dieser
Art in der eigentümlichen eisengrauen Grundfarbe liegt.
Über das Nervensystem der Nematoden.
Von dem c. M., Prof. Dr. C. Wedl.
(Mit 1 Tafel.)
Rudolphi leugnete den Eingeweidewürmern ein Nervensystem
ab mit den Worten: Cerebro et nervis entozois ergo non concessis
principium nervevm reliquae materiae nuptumetimmixtumsensorü
qualiscumque nervorumque functioni prcecsse supponamus. A. 011 o
trat in seinem Aufsatze: Über das Nervensystem der Eingeweide
würmer (Magazin der Gesellschaft naturforsch. Freunde zu Berlin
7. Jahrg. p. 223) diesem allgemeinen Ausspruche entgegen. Er fand
in der mittleren Furche auf der Bauchseite des Strongylus gigas
(Eustrongylus gigas D i es.J einen mit blossen Augen sehr sichtbaren
knotigen Nervenstrang, der in derselben Furche vom Kopf bis zum
Schwanzende herabläuft, etwa die Dicke eines Haares hat und iin
frischen Zustande durch seine blendende Weisse gleich in die Augen
fällt. Er beginnt, wie er sich wörtlich ausdrückt, dicht an der Mund-
Öffnung nicht über, sondern unter dem Anfänge des Ösophagus mit
einem beträchtlich grossen, länglichen Nervenknoten, der etwa eine
Linie lang ist, allmählich in die viel feineren Nerven übergeht, im
Allgemeinen gleichmässig dick, aber in unzählige kleine Knoten
anschwellend bis zum Schwanzende herabläuft, wo er, wie am Kopf,
mit einem unter dem Ende des Darmcanals gelegenen, länglichen
eben so dicken Ganglion aufhört. Die kleinen Anschwellungen in
diesem Nervenstränge sind so häufig, dass in dem Raume einer
Über das Nervensystem der Nematoden.
299
Linie 4—S zu liegen pflegen. Zwischen ihnen ist der Nerv zuweilen
sehr dünn, doch konnte er ihn immer mit unbewafFnetem Auge ver
folgen. Aus jedem dieser Ganglien entspringen sehr feine, jedoch
deutlich wahrnehmbare Fädchen, die sich zur Seite in die Haut bege
ben. Das Nervensystem vom Spulwurm ist nach A. Otto durch einen
weissen Strang repräsentirt, der an der Dorsal- und Abdominallinie
entlang verläuft und feine knotige Anschwellungen zeigt.
Cloquet (Anatomie des vers intestinaux, 1824,p.24) beschreibt
gleichfalls Stränge, welche an der Innenseite der Längsmuskel
schichte liegen als Nerven, und bildet dieselben vom Spulwurm ab.
La disposition, sagt er, de ces cordons longitudinaux, les renfle-
ments successifs, quils eprouvent, les filaments delies, quils
donnent de part et cl'autre, leur reunion autour de la bouche, leur
couleur comtamment blanche et leur texture intime peuvent les
faire considerer comme des nerfs munis de reflements ou de
ganglions. Auch citirt Cloquet eine Stelle aus Cuvier’s Regne
animal, woraus sich ergibt, dass dieser berühmte Anatom seiner
Ansicht in Bezug des Nervensystems der Nematoden beistimmt.
C. Th. v. Siebold (Vergl. Anatomie der wirbellosen Thiere
pag. 126) verficht die Ansicht A. Otto’s in Hinsicht des Nerven
systems von Strongylus gigas gegen Nitz sch und andere Hel-
minthologen. Er sah einen einfachen Längsstrang innerhalb des
Muskelschlauches auf der Bauchseite des Wurmes herablaufen und
unterwegs eine zahllose Menge von Seitenästen abgehen, deren
feinere Structur wesentlich von der der Quermuskelbündel verschieden
sei. Ganglienanschwellungen, welche, wie oben angegeben wurde,
Otto beschrieben hat, konnte v. Siebold eben so wenig hier als
an den Nervenstämmen der anderen Helminthen unterscheiden.
E. Blanchard (Annales des Sciences natur. 3. Serie, tome
XI, pag. 188) spricht von 2 Längssträngen an der Bauch- und
Rückcnlinie von Strongylus gigas, welche Stränge stellenweise sehr
merkliche Anschwellungen, die man nur als Ganglienansehwellungen
betrachten kann, zeigen. Von letzteren entspringen sehr zarte Fäden,
die sich in den Muskeln, insbesondere den Quermuskelbündeln verthei
len. Überdies konnte er, wie er hei den Askariden es gethan, kleine
medulläre Centralorgane um den Ösophagus gruppirt nachweisen.
C. M. D i e s i n g (Syst, helminthum Bd. II, p. 328) hält gleichfalls
das Gangliensystem bei Strongylus gigas für sehr ausgeprägt.
20*
300
W e (1 I.
So schätzenswerth die vorliegenden Materialien sind, so erman
gelt doch noch stäts der histologische Beweis, dass die zarten
Knötchen und Fäden, welche bei den Nematoden dem Nervensystem
angehörig angesehen wurden, wirklich die Structur desselben haben
oder mit anderen Worten die Existenz der Ganglienzellen und ihre
Ausstrahlungen liegen noch nicht als erwiesen vor. Auch G. Meissner
(Beiträge zur Anatomie und Physiologie von Mermis albicans in
der Zeitschr. für wissensch. Zoologie von Sieb old und K öl liker,
Bd. V, pag. 236) spricht sich in einer ähnlichen Weise aus,
namentlich über die Arbeiten von E. Blanchard: Da indessen jede
genauere Untersuchung vermisst werde, so fehle damit auch der
unumgängliche Nachweis, dass das nur als zarte Linien Abgebildete
wirklich ein Nervensystem ist.
Ich habe es daher unternommen, so weit mir bezügliches
Material, das ich grösstentheils der Güte der Herren Directoren
V. Kollar und H. Schott und dem Herrn Professor Bruckmüller
verdanke, zugänglich war, den histologischen Nachweis für die
Existenz des Nervensystems bei den Nematoden zu führen.
In einer der hochverehrten math.-naturw. Classe der kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften am 15. Febr. d. J. überreichten Arbeit,
betitelt: „Helminthologische Notizen“ habe ich mich schon bestimmt
ausgesprochen, dass bei einer Ascaris, welche ich in dem Magen
von Scyllium latulus gefunden und wegen dem an jeder der 3 Lippen
vortindlichen Paare von 2 zackigen Zähnen A. biscupis nannte, die
gleich beim ersten Blicke ohne anderweitige Präparation auffälligen
quer gelagerten, in bestimmten Abständen von einander entfernten
Bündel von Fäden dem Nervensysteme angehören, da es mir nämlich
gelang, die Ganglienzellen mit ihren ausstrahlenden Fortsätzen zur
Anschauung zu bringen. Ich will hier eine nähere Beschreibung mit
den dazu gehörigen Abbildungen folgen lassen.
Es finden sieb bei Ascaris bicuspis, wie gewöhnlich, vier
Längsfurchen an der äusseren Hautoberfläche vor; eine schwächere
Bücken- und Bauchfurche (Medianfurchen) und zwei seitliche
stärkere. An der inneren Oberfläche der beiden letzteren ist eine
Doppelreihe von organischen Gebilden gelagert (Fig. 1 a, a), welche
in einer moleculären Grundlage ovale, mit mehreren Körnern in
ihrem Innern versehene Körper (Kerne?) eingebettet zeigen (Fig. 1
b, 6). Ich konnte nie eine Verbindung derselben mit den Nerven
Über das Nervensystem der Nematoden.
301
gewahr werden und halte es daher nicht für wahrscheinlich, dass
sie dem Nervensysteme angehören. Zu beiden Seiten der seitlichen
Furchen stösst man schon auf Längsreihen von exquisiten Ganglien
zellen (Fig. 1 cl), welche sich durch folgende Merkmale charakte-
risiren. Sie besitzen eine oblonge Gestalt und sind mit ihrem längeren
Durchmesser stäts parallel der Längenaxe des Thierkörpers gelagert.
Von den beiden gegenständigen Enden des Längendurchmessers
der Ganglienzelle entspringen stäts kurze, einfache, sich nie bifur-
cirende Verbindungsäste zu der vor- und rückwärts gelegenen
Ganglienzelle. Diejenigen Zellen (Fig. 1 d), welche zunächst der
breiten Seitenfurche gelagert sind, scheinen mir über letztere keine
querlaufenden Äste zu schicken; ich konnte wenigstens nie etwas
Derartiges hier beobachten, während auf der entgegengesetzten
Seite des Querdurchmessers der Ganglienzellen zunächst der Seiten
furchen stäts die von den Zellen ihren Ursprung nehmenden, in
querer Richtung zur Längenaxe des Thierkörpers ziehenden Nerven
wahrgenommen werden können.
Die stäts an der Innenseite der Längsmuskelfaserschichte gele
genen Ganglienzellen haben in ihrer mittleren Grösse einen Längen
durchmesser von 0-072 Millim.; der einer derartigen Zelle angehörige,
ovale Kern misst 0-024 Millim., beträgt somit ein Drittel des Durch
messers der Zelle. Die Kerne enthalten ein, zwei oder mehrere
Kernkörperchen von 0 0024—0-0036 Millim. Die kolossalen ovalen
Kerne können selbst einen Durchmesser von 0-048 Millim. erlangen,
wobei auch die Kernkörperchen an Zahl (zu 10 —12) zunehmen;
die Zellen nehmen sodann ein entsprechend ansehnliches Volumen
ein, wie in Fig. 2, wo a, a, a die Verbindungsäste der Ganglien
zellenkette, b, b kürzere, kleinere Ausstrahlungspunkte, c, c dickere
abgehende Nerven vorstellen.
Die Nerven haben nahe ihrer Ursprungsstelle eine ungefähre
Dicke von 0-012 Millim., verschmälern sich jedoch bald, so dass sie
nur mehr i / 3 und selbst weniger von ihrer ursprünglichen Dicke
besitzen. Sie zeigen sehr häufig spindelartige Anschwellungen in
ihrem Verlaufe (s. Fig. 3 a, c) und bifurciren sich, wobei der eine
oder andere Zweig eine schief auf- oder absteigende Richtung nimmt
(s. Fig. 1 f ). Man unterscheidet anastomosirende Nerven, welche
wie g in Fig. 1 eine quere Verbindungsbrücke zwischen zwei nach
barlichen Ganglienzellenketten hersteilen und in ihrem Verlaufe
302
Wedl.
höchstens ganz kurze Nervenzweigchen abgeben, und solche Nerven,
welche nach Art eines Trichters (s. Fig. 1 c, c, c) sich an die Mus-
culatur anheften und zu einem Continuum mit derselben verschmelzen.
G. Meissner nennt diese peripherische Endigungsweise das termi
nale Dreieck, und fand selbes nicht nur bei Mermis albicans, M.
nigrescens, bei Gordius etc., sondern auch bei einigen Askariden
A. mystax, triquetra und commutata (Zeitschr. für wiss. Zoologie
VII, S.27). Ungefähr in dem vorderen Viertheile des Schlundkopfes
befindet sich das Schlundkopfganglion, aus dem ein Büschel von
Nervenfäden, entsprechend der grösseren Anhäufung von Ganglien
zellen nach beiden Seiten von der Rücken- und Bauchseite ausstrahlt
und auf diese Weise den Schlundkopf ringartig umgibt. Die Gang
lienzellen sind hier etwas kleiner, eben so wie sie an der Rücken- und
Bauchfurche von geringerem Volumen sind, als gegen die Seitentheile
des Thieres bin.
In jüngeren Exemplaren von Ascaris bicuspis, welche kaum V*
der Dicke von erwachsenen Individuen messen und an denen die
Zähne der Mundlippen noch nicht entwickelt sind, haben auch die
Ganglienzellen mit ihren Kernen und die Nervenfäden ein geringeres
Volumen. An jüngeren, transparenteren Individuen lässt es sich um so
leichter nachweisen, dass die quergelagerten Nervenbündel, welche
aus zwei bis vier sich an einander lagernden und ihren Ursprung von
den Ganglienzellen nehmenden Fäden bestehen, der ganzen Länge
des Thieres nach, mit Ausnahme des Kopfes, des vordersten Theiles
der Schlundröhre und der Schwanzspitze, sich vorfinden. Um nur
einen annähernden Begriff von dem Nervenreichthum von A. bicuspis
zu geben, will ich im Allgemeinen bei einem 16 Millim. langen, jungen
Exemplare annehmen, dass der Abstand zwischen 2 Nervenbündeln
0-1 Millim. betrage, ein Abstand, welcher selbst im Durchschnitte
eher zu gross ist, um so mehr, da gegen den Schlundkopf und am
Schwanztheile die Nervenbündel näher an einander gerückt sind;
sodann haben wir schon bei der obbenannten Länge des Thieres
160 Nervenbündel, entsprechend dem einen Viertheile des Muskel-
cylinders, also 640 Bündel, welche an der inneren Oberfläche des
letzteren die Organe umgreifen.
Auch bei Ascaris dispar (Schrank) aus den Blinddärmen
von Anser cinerens lassen sich die quergelagerten Nerven ohne Ver
letzung des Thieres als in bestimmten Interstitien liegende Bündel
Uber das Nervensystem der Nematoden.
303
leicht unterscheiden, obwohl dieser Nematode zu den kleineren zu
zählen ist, indem seine Länge nur auf 20 und einige Millim. sich
erstreckt.
Die Ganglienzellen des in dem vorderen Abschnitte des Schlund
kopfes gelegenen Ganglions sind wohl kleiner als bei Ascaris bicus-
pis, immerhin jedoch noch verhältnissmässig gross, indem sie einen
Längendurchmesser von 0-062 Millim. erreichen. Sie besitzen eine
oblonge Gestalt (s. Fig. 4 a, a), einen feinmoleculären Inhalt, einen
oder zwei excentrisch gelagerte Kerne (b) von einem Durchmesser
von 0-009 Millim. mit einem vortretenden Kernkörperchen; diese
Zellen zeigen überdies Längs- und Querfortsätze und sind nach innen
von der Längsmuskelschichte (Fig. 4 c) gelegen.
Die Ganglienzellenketten, welche der ganzen Länge des Thieres
entlang von der Gruppe der Ganglienzellen am Schlundkopfe bis zum
After hin verlaufen, bestehen aus quadripolaren Zellen, deren Längs
fortsätze die Verbindung mit der vor- und rückwärts gelagerten Zelle
hersteilen (s. Fig. 5 a, a und «'), während die Querfortsätze (b, b,
b, b) theils zur Änastomose mit parallel gelegenen Ganglienzellen
(s. Fig. 3 di) dienen, theils in ihrem Verlaufe ganz kurze, spitz
zulaufende Aste (c, c, c) abgeben oder sich bifurcirend als sehr zarte
dreieckige Endtheile (e, e, e, e) dem Auge entschwinden und mit der
Musculatur verschmolzen sind.
Den breiteren, seitlichen Furchen des Wurmes entsprechend
kommen an der Innenseite Reihen von kleinen, runden, meist
0 0072 Millim. im Durchmesser haltenden Kernen mit distinguirten
Kernkörperchen in einer feinmoleculären Masse eingebettet vor,
welche organische Elementargebilde, jenen von Ascaris bicuspis
(Fig. t a, a, b, b) analog sind, und gleichfalls mit den Nerven in
keine Verbindung treten.
Ascaris vesicularis (Frölich) aus den Blinddärmen von
Phasianus Gallus und Pli. nycthemerus bat bekanntlich nur eine
Länge von 8—11 Millim. bei einer Breite von kaum l / 2 Millim., und
dennoch gelingt es nicht schwer, das Nervensystem daselbst nachzu
weisen, nur bedarf es hiezu einer geeigneten Präparation. Ich pflege
den Wurm in sehr verdünnte Chromsäure (mit einer weingelben
Färbung) zu legen und sodann eine mehrfache, möglichst feine Spal
tung nach der Längenaxe des Thieres vorzunehmen. Diese Säure
gewährt eines Theils den Vortheil einer leichteren Trennung der
304
\V eil.
Längsmuskelfasern, da sie eine leichte Corrugirung derselben her
vorruft und bewirkt andern Theils ein deutlicheres Hervortreten der
Nervenfasern durch die gelbliche Färbung. Es versteht sich hierbei
von selbst, dass die Eingeweide, wie Darm, männliche oder weibliche
Geschlechtstheile, sorgfältig wegpräparirt werden müssen, wozu man
eine starke Loupenvergrösserung nöthig hat. Sind die Ganglienzellen
nicht ganz oder theilweise isolirt, so erscheinen dieselben mit ihrem
fein granulären Inhalt etwas deutlicher nach Behandlung mit verdünn
tem kohlensaurem Natron, indem das untergelagerte Muskelgewebe
verhältnissmässig stärker erblasst. Man findet das Nervensystem
nicht blos in dem vorderen Abschnitte des Wurmes, entsprechend
der Partie ringsum die Schlundröhre, sondern auch in dem hinteren
vertreten. Die Ganglienzellen sind in Bezug zur Grösse des Thieres
gross, reihen sich kettenförmig an einander (s. Fig. 6) und zeigen
einen blasigen Kern. Zu den an der einen Seite ausstrahlenden Ner
ven gesellen sich andere von anderen Zellen ihren Ursprung nehmende
(Fig. 6 a, a) und bilden auf diese Weise kleine Nervenbündel. Es
bleiben überdies am Schlundkopf bei dessen Trennung runde Kerne
liegen, die ohne Zweifel den Ganglienzellen angehören.
Bei Ascaris leptoptera (Rud.) = mystax (Zeder),
welche in zahlreicher Menge mit den Fäcalmassen eines Löwen
abgingen, wird sehr leicht an der Innenseite des Muskelcylinders
ein System von Fasern dargestellt, welche eine quere Richtung neh
men , von an manchen Stellen ganz deutlichen Längszellenreihen
(Ganglienzellen mit einem ovalen, scharf contourirten Kerne und
prägnanten Kernkörperchen) ihren Ursprung nehmen, zu zw eien oder
dreien sich bündelartig anreihen und häufig spindelartige Anschwel
lungen zeigen. Diese Nervenfasern dehnen sich nicht selten so
bedeutend aus, dass, wenn es möglich wäre, Kerne in den vielge
staltigen, geschwellten Partien zu finden, man dieselben ihrer äusseren
Form nach als multipolare Ganglienzellen erklären müsste. Dass die
benannten Faserbündel, von denen zuweilen eine anastomosirende
Faser zu dem nachbarlichen Bündel tritt, nicht etwa Muskelfasern
seien, geht auch aus der Reaction mit kohlensaurem Natron hervor.
Rehandelt man nämlich die sorgfältig von der äusseren Bedeckung
abgelösten und von der Schlundröhre getrennten Muskelpartien mit
sehr verdünnter Chromsäure und lässt sodann kohlensaures Natron
einwirken, so erblassen die Muskeln zu transparenten bandartigen
Über das Nervensystem der Nematoden.
305
Längsstreifen, während die Nervenfasern ein zartes, wie fettkörniges
Ansehen hehalten und leichter in ihrem Verlaufe verfolgt werden
können. Die terminalen Dreiecke der Nerven an der Musculatur sind
verhältnissmässig breit, da auch, wie erwähnt, die Nerven dick sind.
Letztere trifft man nach der ganzen Länge des Thieres, ebenso wie
die Ganglienzellen, welche man jedoch nicht mit den kolbenförmigen
gegen die Centralaxe des Wurmes gerichteten Gebilden verwechseln
darf; dieselben sollen später beiAscaris lumbricoides näher beschrie
ben werden. Auch die zerstreuten Kalkkörperchen könnten etwa zu
einer Verwechselung und zwar mit Ganglienzellenkernen bei einer
oberflächlichen Betrachtung führen.
Ascaris compar (Schrank) aus dem Darme von Tetrao
Urogallus besitzt ein sehr deutlich ausgeprägtes Nervensystem; es
schienen mir vier Hauptreihen von G anglienzellen in einer Kette entlang
des Wurmes vorhanden zu sein. Die Endigungen der quer ausstrah
lenden Nerven sind wie gewöhnlich von dreieckiger Form und sehr
voluminös.
Bei Ascaris lumbricoides (Linne) aus dem Dünndarm
vom Hausschwein beobachtet man um den vordersten Abschnitt der
Schlundröhre unter der Musculatur der Haut nur wenige ovale Zellen
kerne mit einem vorspringenden Kernkörperchen. Die diesen Kernen
angehörigen mit quer laufenden Fortsätzen versehenen grossen Gang
lienzellen sind, wie es scheint, in geringerer Anzahl vorhanden, man
hat nämlich mehr Schwierigkeiten, welche zu finden; ebenso sind
sich bifurcirende Nervenfäden schwerer heraus zu präpariren. Einen
grossen Theil der Schwierigkeit bereiten der ganzen Länge des
Thieres nach gelegene, beutclformige (kugelige, kolbige, cylindri-
sche), verschieden grosse, mit einem dünnen Stiele aufsitzende, schon
mittelst des unbewaffneten Auges wahrnehmbare Körper, welche mit
ihrem freien breiten Ende gegen die Centralaxe des Wurmes gerichtet
sind, eine scharfe Begrenzung, gegen ihre äussere Oberfläche hin ein
aus zarten Fäden gesponnenes, grossmaschiges Netzwerk zeigen und
eine theils hyaline, theils feinmoleculäre oder feinkörnige Masse
einschliessen. Ich konnte keine Verbindung mit einem anderen
Organe, als mit den Muskelfasern nachweisen, zwischen welche sie
sieb mit ihren Stielen gleichsam einschieben, so zwar, dass es mir am
wahrscheinlichsten ist, dass die benannten Körper Zellgewebstaschen
vorstellen , die einen grossen Theil der limpiden, eigentümlich
306
W e (I 1.
riechenden, den Leib mancher Askariden so auffällig durchtränken
den Flüssigkeit einscldiessen. E. Blanchard (1. c. p. 143) bezeich
net diese Körper als weisse Bläschen, und meint, dass sie muthmass-
lich einer Secretion vorstehen. An feinen Querschnitten wird es klar,
dass diese von mir als wahrscheinliche Zellgewebstaschen bezeichne-
ten Körper (da die Textur mehr jener des Zellgewebes nahe kömmt)
nach innen von dem Muskelschlauch strahlenförmig angeordnet sind,
und dass netzförmige Fasern (oh Nerven?) zwischen den Taschen
gegen die äussere Oberfläche des Darmcanals hinziehen.
Diese organischen Gebilde sind nicht in allen Askariden anzu
treffen , ich habe sie am deutlichsten bei Ascaris lumbric. aus dem
Dünndarme des Schweines, weniger ausgeprägt bei der gleichnamigen
Ascaris des Menschen gefunden. Bei Ascaris megalocepliala des
Pferdes, A. leptoptera (Rud.) des Löwen, A. depressa von Falco
ater sind sie gleichfalls stark entwickelt.
E. Blanchard (1. c. p. 144) hat das Nervensystem von Asca
ris megalocepliala (Cloquet) des Pferdes, so weit jenes mit
unbewaffnetem Auge zu verfolgen ist, sehr genau beobachtet und
etwas hinter den 3 Wülsten des Kopfes an jeder Seite des Ösophagus
zwei sehr kleine Ganglien nahe an einander gerückt, beschrieben,
welche durch Commissuren mit jenen der entgegengesetzten Seite in
Verbindung treten. In diesen Centralorganen des Nervensystems
(Gehirn) fand ich kolossale Ganglienzellen, jenen von Ascaris bicus-
pis an Grösse ähnlich, ihre ovalen Kerne sind jedoch verhältnjss-
mässig kleiner. Man trifft auch kleinere Ganglienzellen mit einem
oder mehreren Fortsätzen. Gruppen von Ganglienzellen lassen sich
auch an der Rückenseite des Hinterendes in dem sogenannten Schwanz
ganglion sehr leicht nachweisen.
Die von den entlang dem Körper des Thieres an der inneren
Oberfläche des musculösen Cylinders gelegenen Ganglienzellenketten
entspringenden Nervenbündel ziehen, wie gewöhnlich, querüber und
wurden von den Autoren gewöhnlich als Quermuskel beschrieben.
Sie werden durch Einwirkung von verdünnter Chromsäure deutlicher.
E. Blanchard räth zum Studium des Nervensystems, den Wurm
eröffnet einige Zeit hindurch in Terpentinöl liegen zu lassen; die
Nerven nehmen seiner Angabe zufolge mehr Consistenz und eine
weissere undurchsichtigere Farbe an, wodurch man sie mitten in
dem umgebenden Gewebe unterscheidet. Ich hatte bei meinen jetzigen
Über das Nervensystem der Nematoden.
307
Untersuchungen keine Gelegenheit, frische Exemplare von Ascaris
megaloc. zu erhalten, um das von E. Blanchard angegebene Hilfs
mittel zu prüfen.
Filaria papillos a (Rud.) aus der Bauchhöhle des Pferdes
zeigt an der inneren Oberfläche der Längsmuskeln ein leicht sicht
bares System von Faserzügen, welche in einem rechten Winkel zu
dem Zuge der Muskelfasern gerichtet sind und von diesen sich durch
ihre Conformation unterscheiden. Diese Querfasern entspringen von
mit der Längenaxe des Thieres parallel verlaufenden Strängen (s.
Fig. 7 a, a), welche wegen ihrer Zartheit mittelst des blossen Auges
nicht mehr wahrgenommen werden können; in denselben liegen in
ziemlich regelmässigen Distanzen ovale Kerne mit vorspringenden
Kernkörperchen, umgeben von einer Gruppe von Molekülen. Die
Nerven sind an ihrer Ursprungsstelle meist am breitesten, bilden
nicht selten Anschwellungen (Fig. 7 b, ö), theilen sich in zwei und
drei Äste, wobei sie beträchtlich an Volumen abnehmen. In ihrem
Verlaufe beobachtet man oft kurze Seitenzweige. Präparirt man die
Nerven derartig heraus, dass sie frei heraushängen, so erscheinen
nach einigen Bifurcationen die gabeligen Endtheile, welche den
terminalen Dreiecken entsprechen (s. Fig. 8 b, c). Die Nerven
haben häufig einen sehr kurzen Verlauf und nicht immer entspre
chend ihrer Ursprungsstelle einen ovalen in dem Längsstrang
gelegenen ovalen Kern ; es kommt oft auf 2—3 neben einander
entspringende Nerven nur ein Kern (s. Fig. 8 a). Die Nerven
sind um den Ösophagus dichter an einander gelagert und bilden ein
engeres Netz, als dies an den übrigen Körperabschnitten der
Fall ist.
Als eine vortheilhafte Methode fand ich jene, die blossgelegte
Muskelschichte mit den noch daran haftenden Nerven und Ganglien
zellen mit verdünnter Essigsäure an frischen Exemplaren von Fil.pap.
zu behandeln. Um die Endigungen der Nerven herausziehen zu können,
ist es sehr zweckmässig, in sehr verdünnter Chromsäure etwas
erhärtete Längsmuskel nach der Länge sorgfältig zu spalten, wobei
die Nerven mit ihren Verzweigungen leicht frei heraushängend
gemacht werden können.
E. Blanchard (1. c. p. 154) hat hei Fil. pap. einen nervösen
Schlundring mit zwei seitlichen Ganglien und daraus entspringenden
Nerven beschrieben und abgehildet (P. 6, Fig. 3 a, 3 6). Die in dem
308
W e d I.
Centralorgane des Nervensystems befindlichen Ganglienzellen sind
mittlerer Grösse.
Ganz auf eine analoge Weise wie bei der vorhergehendenjFYforiö
verhält sich das Nervensystem bei Filaria attenuata (Rud.) aus
den Lungen und Muskeln von Falco lanarius, nur sind die Nerven
dünner, dafür jedoch zahlreicher. Fig. 9 stellt einen Abschnitt eines
solchen Wurmes einige Millim. vor dem Schwanzende eines Männchens
dar, nachdem der Darm und der Hode herausgezogen waren. Es
entsprechen hierbei a, a der äusseren Hülle, b, b und d der Längs
muskelfaserschichte, c, c den durch letztere scheinenden Nerven
bündeln. Wie gewöhnlich erscheinen an der Ursprungsstelle der
letzteren kleine ovale Ganglienzellenkerne. Die Textur der Nerven
erscheint streifig, ihre Verästelung tritt sehr auffällig hervor. Es
sind die Querfaserzüge bei dieser Filaria, eben so wie bei mehreren
anderen Nematoden v. Sieb old (1. c. p. 118) nicht entgangen, nur
hielt er sie zum Theil im Einklänge mit anderen Helminthotomen für
Quermuskelbündel. (Vergl. auch hierüber G. Meissner, Z. f. Zool.
v. Siebold u. Köll. Bd. V, p. 235.)
Bei Physaloptera clausa (Rud.) aus dem Magen von
Erinaceus europaeus sind die mehrreihigen Ketten von Ganglien
zellen sehr auffällig. Sehr nahe dem Kopfe befindet sich sowohl an
der Rücken- als Bauchlinie eine kleine Gruppe von Ganglienzellen
(Gehirn), welche sich mehr der ovalen Form nähern, während die
im weiteren Verlaufe der Kette liegenden Zellen gestreckter sind.
Vor der Schwanzspitze eines Weibchens liegt eine Gruppe von
Ganglienzellen (Afterganglion) und die daselbst entspringenden Ner
venbündel sind dichter an einander gereiht. Die Kerne der Ganglien
zellen haben meist einen Durchmesser von 0'009 Millim., ein stark
ausgeprägtes Kernkörperchen, sind rund und dürfen nicht mit den
in dei\recht- und linksseitigen Längenfurche eingelagerten, etwas
gestreckteren Kernen verwechselt werden.
Die von den Ganglienzellen entspringenden Nerven sind band
artig, nahe an ihrer Ursprungsstelle 0-012—O'014 Millim. breit, ziehen
querüber und associiren sich mit nebenliegenden Nerven zu dreien
bis vieren zu einem Bündel vereinigt; zuweilen nimmt der eine oder
andere Nerv einen schief auf- oder absteigenden Verlauf und ver
bindet sieh mit dem zunächst vor- oder rückwärts gelegenen Bündel.
Man stösst auch auf quer über die Innenseite der beiden seit-
Über das Nervensystem der Nematoden.
309
liehen Längsfurchen ziehende Nerven. In ihrem weiteren Verlaufe
schmälern sie sich nicht selten zu, schwellen an und verlieren
sich in der Muskelsubstanz mit dem schon öfters besprochenen,
ziemlich grossen terminalen Dreieck. Bifurcationen eines Nerven
sind bei weitem nicht so prägnant, wie z. B. bei den vorher ange
führten Filarien.
Bei Spiroptera sanguinolenta (Bud.) aus dem Magen
des Hundes gibt E. Blanc har d (1. c. 160) blos an, dass er das
Nervensystem ganz ähnlich jenem der Filarien gefunden habe.
Zieht man die ziemlich dicke äussere Bedeckung von dem
Vordertheile des Thieres ab, so kommt an der äusseren Seite des
Ösophagus, höchst wahrscheinlich der Rücken- oder Bauchseite
entsprechend, eine bräunlichgelbe Molecularmasse zum Vorschein,
welche blasige Kerne mit einem vorspringenden Kernkörperchen
eingelagert enthält. Es lassen sich nach gehöriger Zerlegung ovale
und längliche Zellen mit den entsprechenden zuweilen doppelten
Kernen und granulärem Zelleninhalt naehweisen. Die Ganglien-
raasse trifft man auch an dem Schwanzende des Weibchens. Die
Nerven verlaufen wie gewöhnlich quer über die Muskeln an deren
Innenseite.
An Spiroptera megastoma (Rud.) aus dem Magen des
Pferdes lässt sich das Nervensystem an transparenteren Stellen von
geeigneten Exemplaren ohne Verletzung des Thieres sehr schön
wahrnehmen.
In Hedruris andropliora (Nitzsch) aus dem Magen von
Triton cristatus ist das Nervensystem durch einen Schlundring ver
treten, der an der Rückenseite des Thieres in Form eines quer
gelagerten Bandes zum Vorschein kömmt und beiderseits in je 3—4
sich spaltende Äste zerfällt (s. Fig. 10 a und b, b). In der Seiten
lage des Wurmes kann man auch von der Bauchseite gegen die
Rückenseite hinziehende zarte Fäden wahrnehmen. Dieser Nerven-
schlundring befindet sich an dem vorderen Viertheile des musculösen
Ösophagus. Beim Männchen, das beträchtlich zarter gebaut ist als
das Weibchen, sieht man den Nervenring gleichfalls.
Weitere Beobachtungen erscheinen bei diesem Tliiere nicht
blos wegen seiner Kleinheit, sondern auch darum sehr schwierig,
weil Reihen von glänzenden, zuweilen pigmentirten Molekülen an der
Rücken- und Bauchseite etwaige Nervenfaserzüge undeutlich machen.
310
\V e (1 1.
Es lassen sich jedoch in gleichmässigen Distanzen gelagerte, ein
zeln stehende, ans einer Reihe von Molekülen zusammengesetzte,
0'0024 Millim. dicke Streifen noch unterscheiden, welche quer
über den Darmcanal laufen und muthmasslich dem Nervensysteme
angehören.
Bei Strongylus nodularis (Rud.) aus dem Duodenum
von Anser cinereus sind in frischen und noch besser in mit ver
dünnter Chromsäure behandelten Exemplaren an transparenteren
Partien sowohl gegen die Rücken- als Rauchseite Molecularmassen
mit eingelagerten runden Kernen zu erkennen, welche Massen wahr
scheinlich den Ganglienzellenketten entsprechen. An der Rückenseite
des Schwanztheiles vom Weibchen, wo ersteres anfängt in einen
Fortsatz auszulaufen, bemerkt man auch eine feingranuläre Masse
mit einigen Kernen (Schwanzganglion). Obwohl es sehr leicht
angeht, von Körperabschnitten des Wurmes die Eingeweide aus
zudrücken, so dass nur mehr Haut und Muskelschichte übrig bleiben,
ist es mir dennoch nicht gelungen, ausstrahlende Nerven beobachten
zu können.
Sucht man dasjenige, was hier speciell über das Nervensystem
der Nematoden angegeben wurde, in allgemeine Formeln zu
bringen, so ergibt sich Folgendes: Das Nervensystem ist bei den
Nematoden nicht selten in einem hohen Masse entwickelt. Das
Centralorgan des Nervensystems (Gehirn) liegt ausserhalb des vor
dersten Abschnittes des Ösophagus, tritt jedoch nie, so weit die
jetzigen Untersuchungen reichen, mit einer so deutlichen Abgrenzung
zu Tage, wie dies z. B. bei Mermis nigresccns (Duj.) aus der
Ordnung der Gordiaceen der Fall ist. Es besteht jenes aus einem
Agglomerate von uni-, bi- und multipolaren Ganglienzellen, von denen
die Nerven nach einer oder verschiedenen Seiten ausstrahlen. In den
meisten Fällen scheint das Gehirn nur durch ein um den vordersten
Theil des Ösophagus gelagertes System von Ganglienzellen mit den
seitlich ausstrahlenden Nerven repräsentirt zu sein. Das Schwanz
oder Afterganglion oberhalb des Afters gegen die Rückenseite hin
ist bei den Weibchen nachzusuchen, konnte jedoch nicht stäts nach
gewiesen werden; es besteht aus einer Gruppe von Ganglienzellen,
mit seitlich ausstrahlenden Bündeln von Nerven.
Diese beiden Centralorgane des Nervensystems sind durch
Ganglienzellenketten, welche der Längenaxe des Wurmes entlang
Über das Nervensystem der Nematoden.
311
gelagert sind, mit einander verbunden. Sowohl das System von
Ganglienzellen, welches an der Rückenseite des Thieres (Rücken
markstrang), als jenes, das an der Bauchseite (Bauchmarkstrang)
sieh befindet, liegt an der Innenseite des Längsmuskels (Muskel-
cylinders) und besteht jedes aus mehrfachen Längsreihen von
Ganglienzellen, die sogar bis an die seitlichen Furchen reichen
können. Jede oblonge Ganglienzelle der beiden, strenge genommen
nicht den Namen von Strängen verdienenden Centralorgane besitzt
einen vorderen und hinteren Längsfortsatz, der sich durch seine
Kürze auszeichnet und stäts nur dazu dient, die vorderen mit den
hinteren Zellen und umgekehrt zu verbinden.
Die sich peripherisch verzweigenden Nerven der beiden Stränge
entspringen immer von der einen oder anderen (rechten oder linken)
Seite der Ganglienzellen oder von beiden Seiten und nehmen einen
zur Körperaxe queren Verlauf; zuweilen beobachtet man einen queren
oder schief auf- oder absteigenden Verbindungsast zu einer nachbar
lichen, höher oder tiefer gelegenen Ganglienzelle. Die Nerven, welche
von Ganglienzellen von ungefähr derselben Horizontalebene ent
springen, associiren sich (2—4 zu einem Bündel).
Die Nerven sind bei verschiedenen Gattungen und Arten von
verschiedener Dicke, und es steht letztere mit der Ausdehnung des
Querschnittes der Nematoden in keinem directen Verhältnisse. Es
zeigen die Nerven häufig in ihrem Verlaufe spindelartige Schwellun
gen, zerfallen bald sich hifurcirend in Äste und Zweige oder geben
eine längere Strecke weit keine oder nur ganz kurze Seitenzweige
ab. Die Nerven enden peripherisch in Form eines Dreiecks und
verschmelzen mit der Muskelsubstanz.
In manchen kleinen Nematoden ist das Nervensystem nur mehr
andeutungsweise zu ermitteln.
Erklärung der Tafel.
Fig. 1. Ganglienzellenketten von Ascaris bicuspis (Mihi) aus dem Magen
von Lophius piscatorius; a, a der seitlichen, pigmentirten Liingenfurche ent
sprechend; b, b ovale, eingelagerte Kerne; c, e, c terminale Dreiecke der
Nerven; d, d, e Ganglienzellenketten; f schief verlaufender, g quer ver
laufender verbindender Nervenzweig; li Längsmuskelschichte.
Fig. 2. Grosse Ganglienzellen von Ascaris bicuspis (Mihi) mit grossen
ovalen Kernen und mehreren Kernkörperchen; a, a, a parallel mit der Längen-
312
Wedl. Über das Nervensystem der Nematoden.
axe des Wurmes verlaufende Verbindungsfortsätze; 6, 6 kurze Querfortsätze;
c, c, c, c Ursprünge der quer verlaufenden Nerven.
Fi g. 3. Nerven von Ascaris bicuspis (Mihi); a spindelförmig geschwellte
Nervenfaser; 6 eine Stelle, wo sich zwei Nervenfasern an einander lagern;
e sich zuschmälernde und wieder dicker werdende Nervenfaser.
Fig. 4. Ganglienzellen aus dem Schlundkopfganglion von Ascaris dispar
(Schrank) aus den Blinddärmen von Anser cinereus; a, a Ganglienzellen
mit 3 Fortsätzen; b doppelter Kern in einer Ganglienzelle; c Längsmuskel
faserschichte, auf welcher die Ganglienzellen nach Wegnahme des Schlundkopfes
hängen geblieben sind.
Fig. S. Ganglienzellen von Ascaris dispar; a, a, a' Längsfortsätze der
Ganglienzellen zu ihrer kettenartigen Verbindung; 6, 6, b, b Querfortsatze als
Ursprünge der Nerven; c, e, c kurze Seitenäste der Nerven; d oblonge
Ganglienzelle, welche mit dem querlaufenden Nerven in Verbindung steht;
e, e, e, e peripherisches Ende der Nerven.
Fig. 6. Drei Ganglienzellen von Ascaris vesicidaris (Frölich) aus den
Blinddärmen von Phasianus nycthemerus; a, a Nerven, welche von nachbar
lichen Ganglienzellen ihren Ursprung nehmend, sich an die gezeichneten lagern.
Fig. 7. Nerven mit ihren Ursprüngen von Filaria papillosa (Bud.) aus
der Bauchhöhle des Pferdes; a, a verschmolzene Ganglienzellenkette mit
eingelagerten Kernen; 6,6 querlaufende dicke Nerven; e, c Längsmuskel
faserschichte.
Fig. 8. Peripherisch verlaufende Nerven von Filaria papillosa (Rud.);
a Ganglienzellenkern; 6 dünnere; c dickere Nerven mit sehr kurzem Verlaufe,
sich mehrfach spaltend mit gabeligen Endtheilen, welche aus ihrer Verbindung
mit den Muskeln gerissen sind.
Fig. 9. Körperabschnitt von Filaria attenuata (Rud.) aus den Lungen
und Muskeln von Falco lanarius, nachdem die Geschlechtswerkzeuge und der
Darm herausgezogen waren ; a, a der Dicke der quer geringelten äusseren Haut
entsprechend; 6, 6 Längsmuskelfaserschichte in ihrer Dicke; e, c Ursprungs
stellen der quer verlaufenden Bündel von Nerven, die sich oftmals bifurcirend
und ein Geflecht bildend unter der Längsmuskelfaserschichte (d) ausbreiten.
Fig. 10. Kopfende von lledruris androphora (Nitzsch) aus dem Magen
von Triton cristatus; a, a bandartiger Streifen am Rücken; 6, 6 sich
theilendc Nerven.
Anmerkung. Sämmtliche Figuren mit Ausnahme von Fig. 1 und Fig. 9,
welche bei mittelstarker Vergrösserung gezeichnet sind, sind hei starker
Vergrösserung abgebildet.
SitLimgsb. d. Ic.Akai d.W. math.Jiaturvr. CIJC\ T U3d.‘l.}feft. 1855.
Kn er.' Über ein neues Genus aus der Familie der Welse, Siluroidei. 313
Über ein neues Genus aus der Familie der Welse, Siluroidei.
Von dem c. M., Prof. Dr. R. Rner.
(Mit II Tafeln.)
Unter den vom kais. Consul, Herrn Dr. Heuglin aus Chartum
mitgebrachten, naturhistorischen Schätzen ist die Classe der Fische
zwar nicht zahlreich, aber in äusserst interessanter Weise vertreten.
Die gütige Mittheilung derselben durch meinen hochgeehrten Freund,
des wirld. Mitgliedes Prof. Dr. Hyrtl setzt mich in den Stand, der
kais. Akademie heute vorerst die Beschreibung und Abbildung einer
besonders ausgezeichneten Art vorzulegen. Sie gehört der grossen
Familie der Welse Siluroidei an, ist aber ohne Zweifel als Reprä
sentant einer neuen Gattung anzusehen, die sich namentlich durch
folgende zwei Merkmale charakterisirt: der behelmte Kopf von
der Stirn gegen den endständigenMund steil abfallend,
die zweite Rückenflosse mit einem Stachel- und zahl
reichen Gliederstrahlen versehen (caput cataphractum a
fronte ad os terminale valde declivum; pinna dorsalis 2 d " radio
osseo et numerosis articulatis su/fulta; cirrhis 8, corpus nudum).
Ich schlage für selbe als Gattungsname Clarotes oder Gonocephalus
und zur Artbezeichnung den Namen des verdienstvollen Entdeckers
CI. Heuglini vor. Beide Namen erschienen insoferne passend, als sie
die eigenthümliche Kopfbildung andeuten 1 ). Ersterer weist zugleich
auf die Familienverwandtschaft mit der ebenfalls dem Nilgebiete an-
gehörigen Gattung Clarias hin, letzterer dagegen auf jene mit der
südamerikanischen Gattung Phractocephalus, die gleichfalls Andeu
tungen von Strahlen am oberen Rande der Fettflosse besitzt 2 ) und
als deren Stellvertreter in Afrika unser Fisch erscheint.
Die Totallänge beträgt 22 1 / a Wiener Zoll, die grösste Höhe am
Kopfbuge nahezu 7", die grösste Breite vor den Brustflossen fast 6",
die Breite der Mundspalte 4 it i " ) die kleinste Höhe am Schwänze hinter
der zweiten Dorsale 2''. Der Abstand des Schnauzenrandes vom Stütz-
4 ) Klaroten Messen altgriecMsche Sclaven, d. h. Leute mit gebeugtem Nacken.
2 ) „Filets osseux, qui semblent des vesliges de rayons w , siehe Ilist. nat. des poiss.
XV. p. 15 et seq.
Sitzb. d. mathem.-naturvv. CI. XVII. Bd. II. Hft.
21
314
K n e r.
t
gelenke der ersten Dorsale kommt in gerader Linie gerechnet, jenem
vom Beginne der ersten bis zum Ende der zweiten Dorsale gleich, misst
man aber über dieCurvedesKopfbuges weg, so beträgt der Abstand des
Schnauzenrandes von der ersten Dorsale genau die halbe Körperlänge.
Denkt man sich die Mundwinkel durch eine gerade Querlinie verbunden,
so verläuft diese dann gerade vor den Barteln der hinteren Narinen.
Der Unterkiefer ist etwas länger als der obere, beide sind mit breiten
Binden spitzer, schwach gekrümmter Bürstenzähne besetzt. Die Eck
barteln, die sich von den in einen dicken Bartelknochen umgewandelten
Oberkiefern festsetzen, reichen zurückgelegt bis über die Basis der
Brustflossen, fast bis zur halben Länge derselben. Von den vier Unter
kieferbarteln reicht das äussere, längere und dickere Paar bis unter das
Auge, das innere und vordere bis über die halbe Länge des äusseren
zurück. Die in einer Querlinie mit den Eckbarteln liegenden vorderen
Narinen bilden ein kurzes Röhrchen, vor den hinteren und einander
näher stehenden erhebt sich ein dünnes Bartel, welches mit dem
inneren Paare des Unterkiefers nahezu gleichlang ist.— Die seitlich
und nur wenig schief gestellten Augen sind gross, ihr Durchmesser
fast i/ 8 der Kopflänge (diese bis zum oberen Winkel der Kiemen
spalte gerechnet); sie stehen 3 Diameter vom Mundrande, 2 von der
hinteren Narine und 4‘/a von einander ab. Genau über dem hinteren
Augenrande macht der Kopf die merkwürdige Beuge, durch welche
das Profil Ähnlichkeit mit jenem von Trygloiden erhält, indem das
von der ersten Rückenflosse anfangende geradlinige Profil des Vorder
rückens und Hinterhauptes nunmehr unter einem stumpfen Winkel
rasch gegen den Schnauzenrand abfällt. — Hinterhaupt und Stirn
gegend bis vor die Augen sind mit einem Helme rauhkörniger Knochen
schilder besetzt, zwischen denen eine lange Stirnfontanelle frei bleibt;
Schnauze, Wangen und Seiten des Kopfes sind nackt und auch die
Deckelstücke überhäutet, blos am Operculum treten rauhe, ausstrah
lende Leisten vor. Der mediane Occipilalfortsatz des Helmes ist
durch eine dünne Hautbriicke von dem ebenfalls rauhkörnigen Schilde
getrennt, das als zungen- oder spiessförmiges, schmales, dreieckiges
Stück beiderseits bis unter den Beginn der Dorsale reicht. Das seit
liche hintere Ende des Helmes bildet ein ebenso rauhkörniges, einem
Suprascapular-Schilde entsprechendes Knochenstück über der Kiemen
spalte. Ausserdem bildet die raubkörnige Scapula nach auf- und
rückwärts ein gegen das Suprascapulare sich erhebendes knöchernes
r
Über ein neues Genus aus der Familie der Welse, Siluroidei.
315
Schild. Im Übrigen ist die Haut völlig nackt; der Seitencanal läuft
namentlich am Schwänze in kurze, jedoch nur nach abwärts gerichtete
Seitenröhrchen aus, dagegen zeigt die Haut hinter dem Helme und an
den nackten Stellen des Kopfes zahlreiche Canalverzweigungen, die
sogenannten Venen Valenciennes.
1. D. Ve, P. %, A. 12, V. Vs. C. 21
(nebst mehreren Pseudostrahlen beiderseits).
Die zweite Dors. enthält einen fast geraden Stachel und einige
zwanzig (24—25) gegliederte Strahlen, die jedoch auf einer fett
flossenähnlichen Basis aufsitzen, ähnlich wie bei Phractocephalus,
aber ungleich stärker entwickelt sind. Der starke, abgeplattete
Stachelstrahl der P. ist am inneren Rande grob gesägt, am äusseren
hlos rauh, jener der ersten Dorsale sitzt auf einem langen, dicken
Basaltstück auf, mit dem er durch ein Gelenk verbunden ist.
Erwähnung verdienen noch die den meisten Siluroiden eigene
tiefe Kehlfalte und die Weite der Kiemenspalte, die bis zum Isthmus
olfen ist und um so auffallender erscheint, als dieser Fisch, wie so
gleich erwähnt werden wird, bestimmt und befähigt ist, lange Zeit
ausser Wasser sein Leben zu fristen. Als Zahl der Kiemenstrahlen,
so weit ich sie ohne Verletzung des Exemplares ermitteln konnte,
kann ich 9 angeben. Einen Porus lateralis vermochte ich nicht auf
zufinden und ich erwähne dies namentlich aus dem Grunde, da
Phractocephalus einen solchen besitzt, wie schon Bloch und
Agassiz bemerkten und welchen Valenciennes (1. c. XV, p. 5)
„un petit orifice muqueux au-dessus de la base pect orale“ nennt.
Die Untersuchung des inneren Baues hat sich Prof. Hyrtl, der sich
im Besitze dieses Unicum befindet, seihst Vorbehalten, daher ich mich
jeder vorläufigen Angabe hierüber enthalte.
Die Färbung erscheint in der Rückenseite dunkelbraun, von den
Seiten gegen den Bauch in helles Bleigrau übergehend, jede Spur
einer Zeichnung durch Flecken, Punkte oder Streifen fehlt gänzlich.
Die Art der Auffindung dieses Fisches ist nach Herrn Consuls
Heuglin mündlicher Mittheilung nicht weniger interessant als er
selbst. Er wurde nämlich im Februar 1854 hei Girf in der Nähe von
Chartum, einige 1000 Schritte vom Flusse entfernt, hei Gelegenheit
des Grabens eines Brunnens im Sande eingewühlt gefunden und dem
Herrn Consul lebend überbracht, bei welchem er erst nach 3 Tagen
die er noch im Trockenen liegend und zum Theile der Sonne ausge-
21»
316 Kn er. Über ein neues Genus aus der Familie der Welse, Sihtroidei.
setzt, zugebracht hatte, verendete. Die Vermuthung, dass diese Fische
nach Überschwemmungen zurückbleibend, sich allmählich tiefer in
Sand eingraben und während der trockenen Jahreszeit eine Art
Sommerschlaf halten, wird durch die angeführte Thatsache beinahe
zur Gewissheit erhoben. Schliesslich glaube ich in dieser Beziehung
noch folgende Angaben des Herrn Consuls wörtlich mittheilen zu
dürfen. „Ähnliche Fische sollen häufig um Chartum bei Nachgra
bungen Vorkommen. Ob aber dieser Clarotes identisch sei mit den
Fischen, die auf der Halbinsel Sennaär längs des Sobat-Flusses im
Sande der Steppe leben, dort weit vom Wasser entfernt, in der
trockenen Jahreszeit nicht tief unter der Erde schlangenartig zu
sammengerollt und in einer Grube liegend gefunden wurden, über der
sich der Fisch eine maulwurfshügelähnliche Anhäufung bildet, kann
ich dermalen noch nicht angehen. Die umwohnenden Dinka - Neger
sammeln dort die Thiere zur Nahrung. — In den sogenannten Fulen-
Teichen (aIJs), die nicht mit dem Nil cummuniciren und blos während
der Regenzeit Nahrung erhalten, von Februar bis Juni aber gänz
lich trockene Oberfläche haben,— in Kordofän ebenfalls finden sich
sehr häufig grosseFische, unter denenHeterobranchus- und Bagrus-
Arten, die ich aber bis jetzt noch nicht acquiriren konnte.“
K
Kner. Ein neues (remis aus ä.Fam.d.Welse, Siluroidei.
Taf.I.
Sitrmngsli d. k.Aka il (1 .WjTLatli.n rdunv. CI .XVII II li.i Heft 18 55
-Aus 1. k felfof.tr. St&ots clrucker ei
Sx’tZiURgsl). d.k.A¥ad.d!Wjitatli.natunv\ CI. Heft1855.
r
Tiirck. Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz etc.
317
Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz bei neu
ralgischen Anfällen und über den Rhythmus solcher Anfälle.
Von Med. Dr. Ludwig Tiirck.
Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Neuralgie und Pulsfre
quenz findet sich in der medicinischen Literatur nur ganz im Allge
meinen die auf Gesichtsneuralgie bezügliche Angabe vor, dass bei
derselben der Puls nicht beschleunigt, ja dass er manchmal selbst
langsamer wird. Valleix, welcher bei Gesichts- und anderen Neu
ralgien hierüber Untersuchungen anstellte, konnte durchaus keine
Beziehung zwischen Neuralgie und Puls insbesondere nie eine Ver
langsamung des letztem auffinden, und er schliesst mit dem Aus
spruch, dass die Pulsfrequenz von der Neuralgie ganz unabhängig sei.
(Siehe dessen Traite des neuralgies. Paris 1841, pag. 112, 383,
542, 677.)
Zwei auf meiner Abtheilung des k. k. allgemeinen Krankenhau
ses vorgekommene Fälle von Gesichtsschmerz gaben mir Gelegen
heit zu genauem, zahlreichen Untersuchungen, in welchen sich eine
Verlangsamung des Pulses im Gefolge der Schmerzanfälle auf das
Evidenteste zu erkennen gab.
Der erste Fall, den ich in der Sitzung der k. k. Gesellschaft der
Arzte vom 25. November 1853 vorführte, betraf eine 28jährige bei
ihrer Aufnahme am 27. October 1853 im7. Monate schwangereMagd
Anna S.
Seit der vor drei Jahren vorgenommenen Entfernung des cariösen
vorletzten rechten Backenzahnes am Unterkiefer hatte sie öfter Schmer
zen sowohl in der Gegend des entfernten Zahnes als auch in der
rechten Hälfte der unteren Zahnreihe. Erst seit einem Jahre traten
sie im rechten Oberkiefer und in der rechten Stirngegend auf. Der
Schmerzanfall begann stäts mit einem Stich im Zahnfleisch oder Zahn
fächerfortsatz des Augenzahnes oder zwischen ihm und dem ersten
Backenzahn und verbreitete sich von hier über die ganze rechte
Hälfte des Gesichts, in die rechte Hälfte beider Zabnreihen, mitunter
in die rechte Zungenhälfte und die Wandungen der rechten Nasenhöhle.
Erst seit Frühling oder Sommer 1853 trat mit dem Schmerz
immer auch eine Empfindung von Schwere auf der Brust und von
318 Tiirck. Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz
mangelndem Athem ein. Sie suchte sich die Schmerzen durch An
stemmen der Zunge an die beiden Zahnreihen zu erleichtern, wodurch
bereits die noch übrigen Schneide-, Eck- und Backenzähne bedeutend
gelockert worden waren, dabei drückte sie fest auf die schmerzhafte
Gesichtshälfte, schloss den Muud, comprimirte meistens das rechte
Nasenloch und stöhnte.
In den Anfällen, welche meist von grosser Heftigkeit und von nur
kurzer Dauer waren, dabei jedoch sich in kurzen Zwischenräumen
wiederholten, beobachtete ich eine constant verminderte Pulsfrequenz,
und ein schwächer Werden des Puls- und Herzschlages.
Am Placentargeräusch war die gleiche Verlangsamung,, am
Foetalpuls keine Veränderung bemerkbar.
Am 10. December wurde sie von einem reifen Kinde entbunden,
Seitdem verschwand die früher bei den Schmerzanfällen eingetretene
Empfindung von Druck auf der Brust und von Athemnoth, während die
Verlangsamung des Pulses in gleicher Weise fortbestand.
Am 14. December wurden zum ersten Mal Schmerzanfälle ohne
Verlangsamung neben solchen mit Verlangsamung des Pulses beob
achtet. Der hauptsächlichste Sitz des Schmerzes war seit einigen
Tagen die rechte Supraorbitalgegend geworden. Am 16. December
wurde noch Verlangsamung, am 21. December zum ersten Mal eine
Steigerung der Pulsfrequenz während der Schmerz
anfälle beobachtet. In den darauffolgenden Tagen bis zu dem am
3. Jänner erfolgten Austritt aus dem Krankenhause wurde hei öfter
wiederholter Untersuchung stäts nur eine Steigerung, und nie mehr
eine Abnahme der Pulsfrequenz in den Anfällen wahrgenommen, ob
gleich letztere mitunter so heftig als je waren; nur die unangenehme
Empfindung auf der Brust und die Dyspnoe sind nicht wieder
erschienen.
Aus den beiliegenden zwei ersten Tabellen ist die Verminderung
der Pulsfrequenz in den frühem und aus der dritten die Steigerung
in den späteren Anfällen ersichtlich.
Aus den zwei ersten Tabellen ergibt sich, dass bei einer unge
fähren mittleren Frequenz von 12-—13 und 16—17 Schlägen in zehn
Secunden der schmerzfreien Zeit eine durchschnittliche Verlang
samung um 2—3 Schläge in 10 Secunden stattfand.
Sie erfolgte, mit seltenen Ausnahmen, nicht gleichzeitig mit
Eintritt des Schmerzes, sondern erst später und erreichte ihr Maximum
bei neuralgischen Anfällen und über den Rhythmus solcher Anfälle. 819
erst im ferneren Verlauf des Schmerzes; ja mitunter war die unmit
telbare Wirkung dieses letzteren eine vorübergehende Steigerung
der Pulsfrequenz.
Die Verlangsamung des Pulses verschwand nicht sogleich mit
dem Aufhören des Schmerzes, sondern überdauerte dasselbe, jedoch
war diese Nachwirkung des Schmerzanfalles auf die Pulsfrequenz
minder constant als die verspätete Einwirkung desselben.
Über diese beiden Punkte können die vorliegenden Tabellen
wegen der Methode, nach welcher sie entworfen wurden, keinen ganz
genauen Aufschluss geben.
Es wurde nämlich mit Beginn der Schmerzen ein Querstrich
unter die letzte die Anzahl der Pulsschläge inlOSecunden angebende
Zahl gesetzt, welcher die obere Seite der den Paroxysmus bezeich
nenden Klammer zu bilden hatte. Die erste unter jenem Querstrich
befindliche Zahl sollte aber fast nie ganz, sondern nur ein Theil von ihr
innerhalb der Klammer stehen, weil der Paroxysmus unter 10 Fällen
ueunmal nicht mit dem ersten der durch die Zahl angegebenen Puls
schläge, sondern mit einem späteren eintrat. Geschah dieser Eintritt
erst recht spät, z. B. beim vorletzten Pulsschlag, so konnte, wenn er
auch eine alsogleiche Verlangsamung bewirkt hätte, diese letztere den
noch an der ersten innerhalb der Klammer befindlichen Zahl nicht
ersichtlich werden, sondern erst an der zweiten, und es musste somit
scheinen, als wäre die Verlangsamung erst 10 Secunden nach dem
Schmerzeintritt erfolgt, während sie in der That zugleich mit dem
Schmerz erfolgt wäre. Dieser Beobachtungsfehler ist jedoch nicht von
grossem Belang, denn auf den Tabellen zeigt sich häufig auch die zweite
der in der Klammer befindlichen Zahlen noch von gleichem Werth
mit jenen des Intervalles und das Sinken tritt erst mit der dritten ein,
zum Beweis, dass der Schmerz nicht alsogleich, sondern erst nach
mehreren Secunden die Pulsfrequenz verminderte. Sicher wird
jedoch wegen des angegebenen Beobachtungsfehlers die grösste
Verlangsamung auf den vorliegenden Tabellen später erscheinen
als sie wirklich stattfand. Ganz das Gleiche gilt hinsichtlich der
Nachwirkung des Schmerzes.
Wegen der Ungenauigkeit der entworfenen Tabellen hinsichtlich
dieser beiden Punkte wurde einmal weiter nichts gezählt, als wie
viele Secunden vom Beginne des Schmerzes bis zu der durch den
zufühlenden Finger leicht erkennbaren Verlangsamung, und wie viele
320
Tür ck. Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz
von dem Aufhören des Schmerzes his zur wieder eintretenden
grösseren Pulsfrequenz vergingen.
Als Zeitmass für den verspäteten Eintritt der Verlangsamung
des Pulses ergaben sich 7, 5, 6, 3 — 4, 7—8, 10 Secunden.
Nur dreimal wurde, jedoch, bei denselben Schmerzanfällen die
Dauer der Nach Wirkung bestimmt. Es ergaben sieb dafür 5—6, 3—4
und 3 Secunden.
Eine eben so verspätete Einwirkung und überdauernde Nach
wirkungzeigten die Schmerzanfälle in der späteren Periode der Krank
heit der Anna S. auf Steigerung der Pulsfrequenz, wie dies aus der
3. Tabelle ersichtlich ist.
Im April 1854 hatte ich Gelegenheit bei einem zweiten Falle von
Gesichtsschmerz eine gleiche Verlangsamung des Pulses während
der Paroxysmen zu beobachten. Er betraf einen 49jährigen Maurer
meister Leopold H. Der Schmerz sass im Gebiete des ersten und
zweiten Astes vom rechten n. trigeminus und bestand seit ungefähr
zwei Jahren nach länger vorausgegangener Verletzung des rechten
Oberkiefers durch die Extraction einer alten Zahnwurzel, und einen
Fall auf die Gegend des rechten Seitenwandheines. Auch dieser
Kranke bekam bei heftigen Anfällen Athembeschwerden, welche nicht
etwa Folge von willkürlichem Anhalten des Atliems waren.
Die 4.—6. Tabelle zeigt die Verminderung der Pulsfrequenz
während der Anfälle.
Im Ganzen habe ich hei der Anna S. in der ersten Periode ihrer
Krankheit 18 und bei Leopold H. 6 Untersuchungen vorgenommen,
und dabei stäts die oben bemerkte Verlangsamung des Pulses beob
achtet. Über die spätere Steigerung der Pulsfrequenz bei Anna S.
habe ich 7 übereinstimmende Beobachtungen gesammelt. Alle Zeit
bestimmungen wurden mittelst einer Uhr mit stehenden Secunden
vorgenommen.
Ganz eigenthümlich verhielt sich der Puls bei einem sehr
erregbaren, 21jährigen Mann, welcher bereits öfter und neuerdings
seit4 Tagen an einemsehr bald wieder geheilten, wahrscheinlich rheu
matischen Schmerz der Stirne und des Capillitiums litt. Während
der heftigen Schmerzanfälle stieg der Puls, der in der Besserung 72
und nach der Heilung 56mal in der Minute schlug auf 92—-96 Schläge,
und wurde in der Weise ungleich, dass in 2—3 Secunden 2—3 Schläge,
in den nächstfolgenden 2—3 Secunden beinahe doppelt so viel Schläge
hei neuralgischen Anfällen und über den Rhythmus solcher Anfälle. 321
erfolgten, hierauf kamen in den nächsten 2 — 3 Secunden wieder
2—3 Schläge, in den nächstfolgenden ungefähr doppelt so viele
u. s. w.
Hinsichtlich des Zustandekommens der geschilderten Verlang
samung und Schwächung des Herzschlages warf ich mir vor Allem
die Frage auf, ob hier nicht derselbe Vorgang stattgefunden habe,
wie iri dem Weber’schen Experiment. Eduard Friedrich Weber hat
bekanntlich ein Verfahren angegeben“, den Kreislauf des Blutes und
die Function des Herzens willkürlich zu unterbrechen,“ welches darin
besteht, dass man denAthem anhält und zugleich einen Druck auf die
Brust ausübt. (S. Müllers Archiv, Jahrgang 1851.) Nach Weber
reicht, „wenn die Luftwege verschlossen sind, schon das geringste
Zusammendrücken der Brusthöhle aus, auf den Puls und die Herzbe
wegungen einen sehr beträchtlichen Einfluss auszuüben, so dass schon
ein mässiges Bestreben zum Ausathmen hei verschlossener Stimmritze
sogleich Herzschlag und Herztöne verschwinden, den Puls aber wenig
stens klein und seltener macht“. (1. c. pag. 106.)
Für ein Zustandekommen der Verlangsamung des Pulses wäh
rend der Schmerzanfälle auf dieselbe Weise wie in dem angege
benen Weber’schen Versuch schien Folgendes zu sprechen: Die erste
Kranke, Anna S., verhielt in den Sehmerzanfallen bei geschlossenem
Munde das rechte Nasenloch mit der angepressten Hand oder mittelst
eines Tuches während stöhnender forcirter Exspirationen. Da nun
nach Weber das geringe Zusammendrücken der Brust, welches
durch ein mässiges Bestreben zum Ausathmen bei verschlossener
Stimmritze bewirkt wird, schon hinreicht den Puls kleiner und
seltener zu machen, so hätte durch die Art der Exspiration der
Anna S. wohl auch der Puls verlangsamt werden können. Wirk
lich sank auch der Puls als ich diese Kranke in einem schmerz
freien Intervall hlos durch das linke Nasenloch respiriren liess
von 12—13 Schlägen, auf 11 Schläge in 10 Secunden, und ein
Sinken um zwei Schläge hatte die Ausübung eines starken Nixus
bei ihr schon nach 10 Secunden zur Folge. (Reihen von sehr forcir-
ten stöhnenden Exspirationen, wobei jedoch Mund und Nase geöffnet
blieben, hatten in den schmerzfreien Intervallen bei öfter wieder
holten Versuchen stäts eine Steigerung der Pulsfrequenz zur Folge.)
Auch konnte es scheinen, dass die vorgerückte Schwangerschaft der
Anna S. zur Behinderung der Respiration wesentlich beitrug,
322
Türck. Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz
indem bald nach der Entbindung die Verlangsamung des Pulses in
den Schmerzanfällen aufhörte.
Diese Gründe werden jedoch durch die folgenden an beiden
Kranken angestellten Beobachtungen und Versuche wiederlegt, aus
denen sich ergibt, dass a) auch bei hinreichend erschwerten Exspi
rationen kein entsprechendes Sinken der Pulsfrequenz eintrat, und
dass b) während der Schmerzparoxysmen die Respiration völlig frei
von Statten gehen konnte und sich demungeachtet die gewöhnliche
Verlangsamung des Pulses einstellte.
Ad a) ist anzuführen, dass einige Zeit nach der Entbindung, d.i.
am 21. und 30. Decemher, die Kranke während der heftigen Anfälle ganz
in derselben Weise den Mund und das rechte Nasenloch verschloss
und stöhnend exspirirte wie vor der Entbindung, und dass demunge-
achtet keine Verlangsamung, sondern im Gegentheil eine Beschleuni
gung des Pulses eintrat. Eine dabei vorgenommene starke, anhaltende
Compression des Bauches um gewissermassen ein Äquivalent für
den schwangeren Uterus zu setzen, änderte nichts an diesem Sach
verhalt; dagegen machte ein kräftiger Nixus den Puls von 12 auf
10—11 sinken. Es war also die Möglichkeit der Verlangsamung des
Pulses durch Behinderung der Exspiration nach der Entbindung auch
noch zugegen, und dennoch erfolgte statt der Verlangsamung
Beschleunigung des Pulses in den Schmerzanfällen.
Ad b) ist zu bemerken, dass es öfter gelang die Anna S. dahin
zu bringen, dass sie während der Schmerzparoxysmen ganz gewöhn
lich ohne Stöhnen bei geöffneten Nasenlöchern und Mund respi-
rirte, und dennoch die Verlangsamung des Pulses dieselbe blieb;
dasselbe gilt auch von Leopold H., welcher nie stöhnte, und dessen
Respiration während der Paroxysmen nie behindert, oft auch ganz
frei von der Empfindung einer Beklemmung von Statten ging.
Es war somit in den vorliegenden Fällen die Verlangsamung des
Pulses nicht durch Compression des Brustkorbes bei erschwerter
Exspiration bewirkt worden.
Zur theihveisen Erklärung der Art und Weise des Zustande
kommens jener Verlangsamung dürfte eine Reibe von Versuchen dienen,
welche ich vor einigen Jahren an Thieren vorgenommen habe.
(S. Beobachtungen über den Einfluss des centralen Nervensystems
und des Nervus vagus auf die Herzbewegung in der Zeitschrift der
k. k. Gesellschaft der Ärzte, Jahrgang 1851, Juniheft.) Ich habe
bei neuralgischen Anfällen und über den Rhythmus solcher Anfälle. 323
nämlich beobachtet, dass an Kaninchen durch verschiedene schmerz
hafte Eingriffe, so wie auch durch Verschluss der Luftwege der
Herzschlag sehr auffallend verlangsamt wird, und habe nachge
wiesen, dass diese Verlangsamung auch hier eben so wie der Still
stand des Herzens in dem bekannten Experimente der Gebrüder
Weber und Budge's durch die im Vagusstamm verlaufenden
Fasern vermittelt wird, denn sobald ich den Halstheil beider
N. vagi getrennt hatte, trat keine Verlangsamung mehr ein, und wenn
sich bei ungetrennten Nerv, vagis in Folge der genannten Einwir
kungen eine Verlangsamung des Herzschlages eingestellt hatte, ver
schwand diese, ungeachtet jene Einwirkungen fortgesetzt wurden,
alsogleich, so wie die vorläufig mit Fäden umschlungenen Halstheile
der N. vagi abgerissen wurden. Ich habe ferner gezeigt, dass die
im Halstheile des N. vagus verlaufenden Accessorius-Fasern an der
Verlangsamung des Herzschlages keinen Antheil haben, indem die
Resultate der angegebenen Versuche ganz dieselben blieben, wenn
auch vorläufig die Anfangsstücke beider N. accessori mit ihren
sämmtlichen Wurzeln ausgerissen worden waren (1. c. und Protokoll
der Sectionssitzung für Physiologie und Pathologie vom 30. MaiI8Sl
im October- und Novemberheft desselben Jahrganges).
Ein Umstand scheint noch Beachtung zu verdienen. Beide Kranke
wurden während der Schmerzparoxysmen nicht stäts, aber öfter von
einer unangenehmen Empfindung auf der Brust, von Beklemmung
oder der Empfindung des Luftmangels befallen. Obgleich nun, wenn
auch diese Empfindungen gar nicht eintraten oder durch häufiges
tiefes Athmen wieder vertrieben wurden, die gewohnte Verlang
samung des Pulses sich dennoch einstellte, so dürften diese Empfin
dungen vielleicht aus einer gewissen Mitleidenschaft der Centra der
Respirationsthätigkeit zu erklären und dadurch die ßetheiligung des
Nervus vagus näher gelegt sein.
Die Beobachtung dieser beiden Kranken führte noch zu einem
weiteren auffallenden Ergebniss. Es zeigte sich nämlich innerhalb
eines geringen Spielraumes und mit seltenen grösseren Abweichungen
die Dauer der Schmerzanfälle sowohl als jene der Intervalle als
eine so constante, dass man sagen kann, die Paroxysmen ver
liefen mit einem gewissen Rhythmus, und dies galt von
ganzen Reihen von Anfällen, welche zwischen grösseren Pausen
lagen. Die Dauer der Schmerzen und der Intervalle wurde den
324 Tiirck. Beobachtungen über Verminderung: der Pulsfrequenz
behufs der Bestimmung der Verlangsamung des Pulses entworfenen
Tabellen entnommen. Da diese Tabellen, wie oben bemerkt, Anfang
und Ende der Paroxysmen nicht genau angeben, so musste dieselbe
Ungenauigkeit auf die von ihnen abgeleiteten Zeitbestimmungen über
tragen werden, jedoch musste die Fehlergrösse stäts nur eine so
geringe sein, dass sie nicht wesentlich stören konnte.
Da auf den zu dem ersten Falle der Anna S. gehörigen Tabellen
jede Zahl anzeigt, wie viel Pulsschläge innerhalb 10 Secunden und
auf den zu dem zweiten Falle des Leopold H. gehörigen, wie viel
Pulsschläge innerhalb 5 Secunden erfolgten, so brauchte man nur die
Anzahl der innerhalb oder ausserhalb der Klammern befindlichen Zah
len mit 10 oder 3 zu multipliciren um die Zeitdauer der Paroxysmen
und ihrer Intervalle in Secunden ausgedrückt zu erhalten. Auf diese
Weise wurden nicht nur aus den hier abgedruckten, sondern aus
sämmtlichen vorhandenen Tabellen neue entworfen, welche hier fol
gen (VII.—XVII. Tabelle).
Die VII.—X. Tabelle sind Beobachtungen bei der Anna S.,
während der früheren Periode, wo die Paroxysmen mit Verlangsamung
des Pulses verbunden waren, entnommen; und zwar ist die VIII. Tabelle
aus der 1., die X. Tabelle aus der II. abgeleitet. Die XI. Tabelle ist
einer Beobachtung aus der letzteren Periode desselben Falles ent
nommen, wo die Schmerzanfälle eine Steigerung der Pulsfrequenz
bewirkten. Sie ist von der III. Tabelle abgeleitet. Hier zeigen sich
unter allen Beobachtungen die grössten und ungleichsten schmerz
freien Intervalle. Wenn sieh nun aus den vorliegenden zu verschie
denen Tageszeiten und hei verschiedener mittlerer Pulsfrequenz
angestellten Beobachtungen bei Anna S. eine auffallende Regelmässig
keit in dem Zeitmasse der Schmerzparoxysmen und ihrer Intervalle
ergibt, so findet sich diese nicht minder im zweiten Falle des Leo
pold H. vor. (S. XII.—XVII. Tabelle, wovon die XII. aus der IV., die
XIII. aus der V., die XVI. aus der VI. abgeleitet sind.) Bei ihm war
die Dauer der Schmerzanfälle sowohl als der Intervalle eine viel
geringere als in dem ersten Falle. Jedes der beiden kranken
Individuen hatte sein bestimmtes constant bleiben
des Zeitmass.
Iiei neuralgischen Anfällen und über den Rhythmus solcher Anfälle.
I. Tabelle.
(Die Zahlen
12 13
13 13
12 13
Anna S., 2S -/io. 1833, um 8 3 / 4 Uhr Morgens.
geben die Anzahl der in je 10 Secunden erfolgten Pulsschläge. Die Klammern
auf allen Tabellen die Schmerzanfälle an.)
11
12
13
12
13
13
13
12
13
13
13
12
12
12
13
11
13
12 12
11
11
12
12
13
12
12
12
12
12
12
13
12
12
13
13
13
12
13
13
13
13
13
12
13
10
14
13
13
13
12
12
13
11
14
12
14 12
13 13
12 13
12
12
12
13
13
12
12
12
12 13
13 11
12
12
12
12
12
12
12 12
13 12
12
12
12
12
13
12
12
13
13
14
13
13
12
12
13
12 13
13 12
12 13
14 12
13
12
13
12
12 12
13
13
12 12
12 13
12
13 12
12
13
12 15
13
16
16
14
13
13
11
12
12
14
9
14
12
12
12 12
12 12
12
12
12
12
12 12
12
12 12
12 12
11
11
12
12 12
13 12
13 12
12 13
12 12
13
13
13
12
12
13
12
12 12 12 12
12 13 13 13
12
12
12
11
12
14
1121 15
12 13
12
14
15
13
12
11
11
12
13
13
13
11
12
13
12
12
12
12
12 12
13 12
12 12
13
15
13
13
12
12
13
12
13
12
12
12
15
15
12
11
12
13
12
12
13
12
12
13
13
11
12
11
12
12
12
12 12
12 12
12
12
12
12 13
13 12
12 12
12 12
12 12
12 11
12
12
12
12
12
12
12
12
12
11
11
11
13
13
12
12
12
12
12
12 12
13 12
deuten
12
11
12
12
11
13
12
12
13
11
12
12
13
12
12
12
12
13
13
14
10
9
11
9
10
10
11
10
11
13
14
13
13
14
12
13
15
15
12
12
13
13
13
326 Turck. Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz
II. Tabelle.
Anna S., 30 -/io. 1853, um 4V 2 Uhr Abends.
17 17 [14j 16
16 17 13 16
16
16
16
17
16
13
13
16
17 13
13
16
17 16
17 17
13 17
16 17
16 17
17 17
16 |_13_| 16
17 13 17
17
16 16
16 15
14
14
16
16 [17] 17
17 14
17 16
17
15 18
17 17
16 18
17 17
16 17
17 17
16
16
18 17
16 16
17 17
17 16
17
16
16
16
16
13
17
17
18
19
17
16
16
16
17
17
16
18
18 18
17 17
17 18
18 18
18 18
111. Tabelle.
Anna S., 3l./ 12 . 1853.
11
11
11
12
11
12
11
12
11
11
12
12
11
11
11
12
12
lüJ 11
14 12
14 13
12
12
13
12
12
12
12
12
11
11
11
11
12
11
12
11
12
11
12
12
11
11
11
12
11
12
11
12
11
12
12
12
11
10
12
11
12
11
11
12
11
12
12
12
11
12
11
11
12
12
11
13
12
12
11
12
13
11
14
13
13
12 12
10 12
11 11
.12 11
10 12
11 11
12
11
11
11
11
12
11
11
41
11
11
12
14
15
11
12
11
11
10
11
11
11
12
13
12
13
13
13
12
11
12
12
11
12
12
11
11
11
11
12
10
12
11
11
13 11
13 11
14
13
12
10
11
10
11
11
12
11
11
11
11
12
11
11
12
11
12
11
11
bei neuralgischen Anfällen und über den Rhythmus solcher Anfälle. 327
IV. Tabelle.
Leopold H., 1834.
6
5
6
6
6
6
6
7
6
6
6
6
6
6
7 6
6 6
6 1 3 | 6
6 3 7
6
7
6
6
4 6
6
6
7
7
7
6
6
Wahrend der Schmerzanfälle waren keine Brust- oder Athmungs-
beschwerden zugegen. Diese Beobachtung wurde bei sitzender Stellung des
Kranken gemacht.
Auf dieser und der nächstfolgenden Tabelle geben die Ziffern die Anzahl
der in je 3 Secunden erfolgten Pulsschläge an.
V. Tabelle.
Leopold H. 10/4. 1854.
Während der Schmerzen war keine Brust- oder Athembeschwerde zu
gegen. Beobachtung in liegender Stellung.
328
Türck. Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz
VI. Tabelle.
Leopold H. 13 /4. 1834.
P. R. p. R. p. R. p. R. p. R. p. R.
Die Ziffern der ersten Colonne bezeichnen die Anzahl der Pulsschläge in
je 3 Secunden, die der zweiten die Anzahl der Secunden, die zwischen dem Beginn
zweier auf einander folgender Inspirationen verflossen.
Das Zeichen -f- zeigt hier und auf späteren Tabellen ganz kurze Störungen
der Beobachtung an.
bei neuralgischen Anfällen und über den Rhythmus solcher Anfälle. 329
VII. Tabelle.
Anna S., 2 7/io. 1853, 8 Uhr Abends,
mittlere Pulsfrequenz von 13 — 14
Schlügen in 10 Secunden.
Schmerzanf.
Minut. Secund.
1' 30" .
1' 10" .
1' 10" .
V 20" .
1' 20" .
1' 30" .
1' 30" .
1' 30" .
V 30" .
1' 20" .
1' 20" .
1' 30" .
1' 30" .
1' 30" .
1' 40" .
1' 40" .
1' 40" .
1' 30" .
Intervalle.
Minut. Secund.
. 3' 10"
. . 3' 10"
. 3' 30"
. 3' 40"
. 4' 10"
. 3' 50"
. 4' 50"
. 3' 50"
. . 3' 50"
. 3' 50"
. 4' 30"
. 2' 10"
. 4' 10"
. 4' 40"
. 3' 40"
. 3' 10"
. 4' 30"
VIII. Tabelle.
Anna S., 28 -/io. 1853, 8 3 / 4 Morgens,
mittlere Pulsfrequenz 12—13.
Schm.
V 30"
1' 50"
1' 50"
1' 40"
1' 40"
i' 40"
2' —
1' 50"
1' 50"
1' 40"
1' 30"
1' 50"
1' 40"
2' —
1' 40"
1' 40"
Interv.
4' 10"
4'
4' 10"
4' 20"
4' 20"
2’ 10"
4' 40"
4' 30"
4' 30"
4' 30"
4' —
4' 50"
4' 30"
4' 40"
4'
IX. Tabelle.
Anna S., 29 -/io. 1853, 8 3 / 4 Morgens,
mittlere Pulsfrequenz über 14.
Schm.
1' 10"
1' 20"
1' 20"
1' 10"
1' 10"
1' 10"
1' 20"
1' 10"
1' 10"
V 20"
1' 20"
Interv.
2' 40"
2' 50"
2' 40"
3' -
2' 50"
3' 20"
3' 20"
3' 10"
2' 40"
3' 10"
3' 10"
1' 10"
1' 10"
1' 20"
1' —
1' 10"
r 20"
3' 20"
3' 40"
3' 30"
3' 30"
3' 30"
X. Tabelle.
Anna S., 30 -/io. 1853, 4*4 Abends,
mittlere Pulsfrequenz 16 —17.
Schm. Interv.
V 10" 3' —
1' 10" 1' 30"
1' — 3' 30"
1' 10" 3' 10"
1' 30" 3' —
1' —
XI. Tabelle.
Anna S., Sl./ig. 1853, mit Steigerung
der Pulsfreq. während der Schmerzen.
Schm.
i' . .
1' 10"
50" .
1' . .
1' . .
1' . .
1' . .
50" .
50"
Interv.
3' 30"
4' 10"
3' 50"
5' —
5' 20"
r 20"
5' 50"
4' 50"
22
Sitzb. d. mathem.-naturw. Ci. XVII. Ild. II. Hft.
330
Türck. Beobachtungen über Verminderung der Pulsfrequenz etc.
XII. Tabelle.
Leopold H., 10/4.1854,
mittlere Frequenz über
6 Schläge in ö Secunden.
Schm. Interv.
1' SO"
35" 1' 20"
30" V 45"
30"
XIII. Tabelle.
Leopold H., 10-/4.1854.
In liegender Stellung.
Mittlere Pulsfrequenz
5—6 in 5 Secunden.
Schm. Interv.
20"
35"
35"
35"
30"
35"
35"
40"
1'
1'
1'
1'
1'
2'
i' 40"
20"
40"
25"
40"
35"
XIV. Tabelle.
Leopold H., H-/4.1854,
ohne Brustbeschwerden
in horizontalerLage. Mitt
lere Pulsfreq. von weniger
als 5 Schlag, in 5 Secund.
Schm. Interv.
35" i' 25"
30" 1' 20"
35" ...... 1' 30"
50" 45"
+ +
35" V 50"
35" 1' 40"
40" 1' 40"
35" 1' 40"
30" V 30"
40" 1' 50"
35" i' 55"
XV. Tabelle.
LeopoldH., 12 -/4.1854,
mittlere Pulsfrequenz
beinahe 5 Schläge in
5 Secunden.
Schm. Interv.
25" 1' 25"
25" V 30"
30" V 25"
20" i' 35"
25" 1' 35"
20" 1' 40"
15" 1' 40"
25" 1' 5"
10" 25"
25" 1' 35"
25" 1' 35"
30" 1' 25"
30" 1' 30"
25" 1' 35"
25" 1' 20"
25" 1' 5"
25" 1' 30"
+ +
25" 1' 30”
20" 1' 35"
25" 1' 20"
25" 1' 40"
20" 1' 35"
25" 1' 30"
25" 1' 30"
20" 1' 15"
25" 1' 10"
25" 1' 30"
25"
XVI. Tabelle.
LeopoldH., 13/*.1854,
ohne Athmungsbe-
schwerden. Mittlere
Pulsrequenz von weni
ger als 5 Schlägen in
5 Secunden.
Schm. Interv.
40" 1' 25"
30" 1' 5"
35" +
35" 1' 5"
35" 1' 10"
30" 1' 10"
25" 1' 20"
30" 1' 5"
30" 1' 15"
XVII. Tabelle.
LeopoldH., 15/4.1854,
mittlerePulsfrequenz von
weniger als 5 Schlägen
in 5 Secunden.
Schm. Interv.
25" 1' 30”
30" 1' 30"
25" 1' 20"
25" 1' 20"
25" 1' 15"
45" 1' 5"
25"
Hauer. Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 331
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen
Chlor me tollen.
Von Karl Ritter y. Hauer.
(Vorgelegt in der Sitzung vom o. Juli 18oo.)
II.
Ich habe in einer der letzten Sitzungen der hochverehrten
Classe eine Abhandlung über eine neue Reihe von Doppelverbindun
gen des Chlorcadmiums mit anderen Chlormetallen vorgelegt. Es
wurden in derselben nur die allgemeinen Eigenschaften dieser krystal-
lisirten Verbindungen angedeutet, so wie eine eigene Nomenclatur
vorgeschlagen, ähnlich jener, welche Bonsdorff für die Doppel
salze des Quecksilber- und Goldchlorides eingeführt hat, mit welchen
sie, so wie mit den Chlorverbindungen des Antimons, Zinns etc. eine
entschiedene Analogie erweisen. Ich wählte demnach für diese Ver
bindungen im Allgemeinen den Namen Chlorcadmiate, von der
Ansicht ausgehend, dass dieselben Doppelsalze seien, in welchen
Chlorcadmium die Stelle des elektro-negativen Bestandtheiles
einnimmt.
Die Benennung der drei Gruppen, in welche die Salze vermöge
ihrer chemischen Zusammensetzung zerfallen, welche in meinem
früheren Aufsatze angeführt w urde, so w r ie jene der einzelnen Salze
selbst, welche im Folgenden adoptirt erscheint, ergibt sich als eine
nothwendige Consequenz der obigen Betrachtungsweise und bedarf
somit keiner weiteren Motivirung. Im Sinne dieser Voraussetzun
gen werden auch die chemischen Formeln der einzelnen Salze
construirt.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Constitution der nun
im Folgenden näher zu beschreibenden Doppelverbindungen des
Chlorcadmiums, der Salztheorie gemäss aufgefasst werde.
Allein es Hessen sich wohl auch noch andere Ansichten über
die Constitution dieser Verbindungen und der mit ihnen analogen
anderen Metalle aufstellen. Insbesondere fand ich Veranlassung, auf
eine Betrachtungsweise zu reflectiren, welche A. Schrott er für
die theoretische Zusammensetzung der Doppelcyanüre einzuführen
22°
332
K. v. II a u e r.
bemüht war *), welche mit gleicher Berechtigung auf sämmtliclie
Doppelchloride ausgedehnt werden könnte, und welche in der That
eine leichtfassliehe Übersicht der grossen Reihe der Doppelcyanüre
gestattet.
Es sollen am Schlüsse dieses Aufsatzes die Formeln der Chlor-
cadmium-Verbindungen, wie sie aus der eben angeführten Betrach
tungsweise, so wie aus der Eingangs erwähnten Ansicht hervorgehen,
zusammengestellt werden.
Darstellung der Salze.
In einem früheren Aufsatze über einige Cadmium-Verbindungen 2 )
wurde als Ausgangspunkt für ihre Darstellung kohlensaures Cadmium
oxyd angegeben. Im Verlaufe der vorliegenden Arbeit ergab sich jedoch
als noch zweckmässiger das durch Glühen des kohlensauren Oxydes
erhaltene reine Cadmiumoxyd, welches, besonders wenn es in fein
gepulvertem Zustande ist, von Säuren leicht aufgenommen wird. Das
zweite Metall, mit welchem die Doppelverbindung darzustellen war,
wurde als kohlensaures Oxyd angewendet. War es ein Metall, wel
ches als kohlensaures Oxyd keine constante Zusammensetzung hat,
so wurde durch Analyse der Gehalt an Oxyd bestimmt und sonach
die abzuwägende Menge berechnet.
Die Einwirkung der concentrirten Chlorwasserstoffsäure auf
Cadmiumoxyd ist eine sehr heftige; es findet starke Erhitzung und
ein lebhaftes Aufwallen Statt. Das braune Oxyd wird binnen wenigen
Augenblicken in einen weissen Brei verwandelt, der von Wasser
alsbald aufgelöst wird.
Dieser Lösung einer abgewogenen Menge von Cadmiumoxyd
wurde nur die entsprechende Menge des zweiten kohlensauren
Oxydes hinzugefügt, zum Sieden erhitzt und so lange Chlorwasser-
stofisäure in kleinen Antheilen zugesetzt, bis alles gelöst war. Auf
diese Art hat man es sehr in der Hand, jeden unnöthigen Überschuss
von Säure, der bei einigen dieser Salze die Krystallisation erschwert,
zu vermeiden. Die Lösung der beiden Chloride wurde, wenn nöthig,
*) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. Jahrgang 1849. Mailieft.
2 ) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. Bd. XV, S. 23.
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 333
abfiltrirt, eingedampft und dann der weiteren freiwilligen Verdunstung
überlassen.
Das bei sehr hoher Temperatur erzeugte Cadmiumoxyd ist von
dunkler Farbe und viel compacter. Namentlich ist dies der Fall,
wenn bei der ursprünglichen Darstellung des kohlensauren Oxydes,
durch Auflösen des Metalles in Salpetersäure und Fällen mit kohlen
saurem Ammoniak, durch Auswaschen nicht die ganze Menge des
gebildeten salpetersauren Ammoniaks entfernt worden war. Es bildet
in diesem Falle sehr harte Stücke von fast schwarzer Farbe, welche
etwas schwerer in Säuren löslich sind. Werden diese aber fein
gepulvert, so lösen sie sich eben so leicht als das mehr lockere licht
braune Oxyd. Die bis nun näher untersuchten Salze sind folgende:
I. Chlorbaryumbicadmiat.
Vermengt man die Lösungen von zwei Äquivalenten Chlorbaryum
und einem Äquivalente Chlorcadmium und dampft zur Krystallisation
ein, so schiesst zuerst Chlorbaryum an; beim weiteren Verdunsten
gibt die Lösung das schon früher beschriebene Monocadmiat:
Ba CI + Cd CI + 4HO.
Es scheint demnach keine basische Verbindung mit Chlorbaryum
zu existiren. Dasselbe Salz wird erhalten, wie bereits angegeben
wurde, bei Vermengung der beiden Lösungen in gleichem Äquivalent
verhältnisse der Clormetalle. Bei der Mischung endlich von einem
Äquivalente Chlorbaryum mit zwei Äquivalenten Chlorcadmium schiesst
ebenfalls zuerst eine Quantität des Monocadmiates an, die Mutter
lauge gibt aber nach Entfernung dieser beim weiteren Verdunsten
ein Salz, dessen Zusammensetzung der Formel:
Ba CI + 2Cd CI + 5HO,
mithin der eines Bicadmiates entspricht.
Dasselbe erfordert also zu seiner Bildung einen Überschuss von
Chlorcadmium. Es wird in der That nur unmittelbar rein erhalten,
wenn man eine Lösung der Krystallisation überlässt, welche wenig
stens drei Äquivalente von diesem auf ein Äquivalent Chlorbaryum
enthält. Das Salz bildet theils trübe, theils wasserhelle Oktaeder und
Tetraeder. Die Krystalle sind hart und luftbeständig und lassen sich,
wiewohl nur sehr langsam, zu beträchtlicher Grösse aufziehen. Manch
mal zeigen dieselben eine geringe Consistenz und zerbröckeln leicht
334
K. v. Haue r.
in kleine harte Fragmente. Obwohl das Salz sich aus zwei sehr
leicht löslichen Verbindungen bildet, ist es selbst ziemlich schwer
löslich.
Die Analyse desselben im lufttrockenen Zustande gab folgende
Resultate.
Um Wiederholungen zu vermeiden gilt die hier angegebene
Methode der einzelnen Bestimmungen auch für die folgenden Salze.
Chlor wurde durch salpetersaures Silberoxyd gefällt. Cadmium wurde
durch Schwefelwasserstoff aus der angesäuerten Lösung von dem
zweiten Metalle geschieden, nach der Filtration aber in Chlorwasser
stoffsäure gelöst und mit Kalihydrat präcipitirt. Da Schwefelcadmium
in verdünnter Chlorwasserstoffsäure nicht löslich ist, so muss dieselbe
in concentrirtem Zustande angewendet werden. Zu diesem Behufe kann
das gefällte Schwefelcadmium zugleich mit dem Filter in noch feuchtem
Zustande der Einwirkung der Säure ausgesetzt werden; hiebei ist
es aber nöthig, hinlänglich lange bei geringer Wärme digeriren zu
lassen, bis jede Spur des sich bildenden Schwefelwasserstoffes ver
jagt ist, widrigenfalls bei früherem Verdünnen mit Wasser wieder
ein Theil des Cadmiums als Schwefelmetall gefällt wird, was ein Ab
dampfen der Lösung bis fast zur Trockne und eine neuerliche Behand
lung mit concentrirter Säure erfordern würde. Zur Trennung von
dem macerirten Filter wird nunmehr filtrirt und das Filtrat mit Kali
hydrat versetzt. Die Bestimmung des Baryums geschah als schwefel
saurer Baryt.
1) 1715 Gramm gaben 2-217 Gramm Chlorsilber = 31-88 Pro
cent Chlor.
1-475 Gramm gaben 0-524 Gramm schwefelsauren Baryt =
20-88 Procent Baryum.
1-983 Gramm verloren beim Erhitzen 0-266 Gramm an
Gewicht = 13-41 Proeent Wasser.
2) 1-709 Gramm gaben 0-604 Gramm schwefelsauren Baryt =
20-78 Procent Baryum und 0-666 Gramm Cadraium-
osyd = 34 09 Procent Cadmium.
3) Die tetraederförmigen Krystalle haben dieselbe Zusammen
setzung, denn 0-663 Gramm gaben 0"233 Gramm schwefel
sauren Baryt = 20-66 Procent Baryum und 0 260 Gramm
Cadmiumoxyd = 34-31 Procent Cadmium.
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 335
Theorie:
Versuch:
1. 2. 3.
1 Atom Ba 68'5 20-65
2 „ Cd 112 33-76
3 „ CI 106-2 32-01
20-88 20-78 20-66
33-83 34-09 34-31
31-88 32-27 32-36
13-41 12-86 12-67
HO 43 13-36
Ba CI+2 Cd CI+ 5 HO 331-7 99-98 100-00 100-00 100-00
Dampft man die Lösung nach dem oben angegebenen Äquiva-
lenten-Verhältnisse bis zur beginnenden Krystallbildung rasch ein und
lässt sie erkalten, so bilden sich zumeist sternförmige, glänzende
Krystall-Aggregate. Es lässt sich das Salz nicht vollständig umkry-
stallisiren. Dampft man nämlich die Lösung desselben bis zur begin
nenden Krystallbildung ein, so schiesst nur ein Theil unzersetzt an,
während gleichzeitig auch Krystalle des Salzes Ba CI -j- Cd CI -)- 4HO
entstehen. Will man daher das Salz umkrystallisiren, so muss man
der Lösung desselben noch etwas Chlorcadmium hinzufügen, weil,
wie schon früher angegeben wurde, es sich nur bei einem Über
schüsse von letzterem bildet. Wirft man die Krystalle in heisses
Wasser, so werden sie undurchsichtig und sehen wie verwittert
aus, eine Eigenschaft, welche alle folgende Salze unter gleichen
Umständen zeigen. Die Lösung derselben erfolgt langsam.
Beim Trocknen, bei 100° C. verlieren die Krystalle 6-59 Proc.
Wasser oder nahe 2 Atome. Es erfordert viele Stunden, bis der
Gewichtsverlust bei dieser Trocknung constant bleibt. Zwischen
145— 130° C. entweichen weitere 5-54 Proc. Wasser, also auch
beinahe zwei Atome. Das letzte Atom Wasser wird erst nahe bei
160° C. ausgetrieben.
Bei noch stärkerem Erhitzen schmilzt das Salz gleich dem
Monocadmiate zu einer klaren farblosen Flüssigkeit, die beim Erkalten
nicht krystallinisch erstarrt.
Wird das noch nicht entwässerte Salz unmittelbar einer höheren
Temperatur ausgesetzt, so geschieht das Entweichen des Wassers
unter starkem Decrepitiren der Krystalle, welche nicht in ihrem
Krystallwasser schmelzen. Die bis zum Schmelzen erhitzten Kry
stalle entwickeln Dämpfe von Chlorcadmium. Die geschmolzene
Masse ist in Wasser nicht mehr vollständig löslich, sondern hinter
lässt einen kleinen Bückstand, der aber nach Zusatz einiger Tropfen
einer Säure wieder verschwindet. Das Salz verliert davon bei einer
Temperatur, bei welcher es ins Schmelzen geräth, auch einen Theil
336
K. v. Hauer.
seines Chlorgehaltes. Der Gewichtsverlust des so erhitzten Salzes
betrug 13 70 Proc., daher um ein Geringes mehr als die darin ent
haltene Wassermenge. Wird das Salz langsam bis zum Verluste
seines Wassers erhitzt, so entweicht dieses, ohne die Gestalt der
Krystalle zu zerstören.
II. Chlorstrontiumbicadmiat.
Überlässt man ein Gemenge der Lösungen dieser beiden Chlor-
Verbindungen in gleichem Äquivalenten-Verhältnisse der Krystallisa-
tion, so schiesst ein Salz an, welches wasserhelle, mitunter gestreifte,
lebhaft glänzende, sehr lange Säulen bildet, die an ihren Enden zuge
spitzt sind. Bei einem hinreichenden Volum der Flüssigkeit erreichen
die Krystalle eine ansehnliche Grösse binnen kurzer Zeit. Die Zusam
mensetzung des Salzes entspricht jedoch nicht dem angegebenen
Mischungsverhältnisse, sondern der eines Bicadmiates mit 7 Atomen
Wasser nach der Formel:
Sr Cl + 2Cd C1+7HO.
In gleicher Weise wird das Salz auch erhalten, wenn man ein
dieser Formel entsprechendes Mischungsverhältnis zur Darstellung
anwendet. Das Salz ist in trockener Luft vollkommen beständig, in
feuchter aber etwas zerfliesslich.
Die nachstehenden analytischen Resultate, erhalten mit aus
diesen verschiedenen Darstellungsweisen hervorgegangenen Kry-
stallen, beziehen sich auf den lufttrockenen Zustand derselben.
1) 2-069 Gramm gaben 2-681 Gramm Chlorsilber = 32-03
Proc. Chlor.
2-117 Gramm gaben 0-603 Gramm schwefelsauren Strontian
= 13-59 Proc. Strontium.
0-734 Gramm verloren beim Erhitzen 0-145 Gramm an
Gewicht = 19-75 Proc. Wasser.
2) 1-428 Gramm gaben 1-872 Gramm Chlorsilber = 32-34
Proc. Chlor.
1- 716 Gramm gaben 0-494 Gramm schwefelsauren Stron
tian = 13-74 Proc. Strontium.
2- 117 Gramm gaben 0-823 Gramm Cadmiumoxyd = 34-01
Proc. Cadmium.
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 337
3) 1-103 Gramm gaben 1-436 Gramm Chlorsilber = 32-12
Proc. Chlor.
0-911 Gramm verloren durch Erhitzen 0-178 Gramm=19 • 53
Proc. Wasser.
Theorie: Versuch:
1 Atom Sr 43-8 13-47
2 „ Cd 112 34-46
3 „ CI 106-2 32-67
7 „ HO 63 19-38
48-35
13-59 13-74)
34-63 34 01)
32-03 32-34 32-12
19 75 19-91 19-53
Sr Cl + 2 Cd Cl + 7 HO 325-0 99-98 100-00 100-00 100-00
Über Schwefelsäure, wie über Chlorcalcium lässt sich das Salz
nicht trocknen, da es hierbei verwittert. Aus seiner wässerigen Lösung
krystallisirt es wieder unverändert. Beim Trocknen bei 100° C.
verliert es 5-05 Procent Wasser oder zwei Äquivalente, zwischen
125—130° C. 2-68 Procent, also ein drittes Atom, bei fortgesetz
tem Erhitzen bis 170° C. weitere 6-43 Procent Wasser oder etwas
mehr als zwei Atome; die letzten beiden Atome Wasser werden aber
erst bei einer Temperatur von mehr als 180° C. ausgetrieben. Bei noch
stärkerem Erhitzen schmilzt es, wie das vorhergehende Salz, zu einer
klaren farblosen Flüssigkeit, die nach dem Erkalten eine perlmutter
glänzende Masse bildet. Es verliert hierbei ebenfalls einen Theil
seines Chlors, da die geschmolzene Masse heim Auflösen in Wasser
einen Rückstand hinterlässt, der auf einen Zusatz von Säure wieder
verschwindet. Das bis zum Schmelzen erhitzte Salz gab im Mittel
zweier Versuche einen Gewichtsverlust von 30 ■ 20 Procent, also um
einige Zehntel-Procent mehr als sein Gehalt an Wasser beträgt.
Während dem Schmelzen entwickelt es Dämpfe von Chlorcadmium,
wird dieses daher länger fortgesetzt, so ist der Gewichtsverlust ent
sprechend höher. Erhitzt man das Salz nur bis zum Verluste seines
Wassers, so behält es seine Krystallgestalt bei und zeigt starken
Glanz auf seinen Flächen. Die so getrockneten Krystalle sind ohne
Rückstand in Wasser löslich.
III. Chlorcalciumbicadmiat.
Dieses Salz scheint zu seiner Bildung einen Überschuss von
Chlorcalcium zu erfordern. Es wird daher am besten erhalten, wenn
man ungefähr die Lösung von l ’/ s Äquivalenten mit der Lösung von
2 Äquivalenten Chlorcadmium vermengt und zur Krystallisation ein-
338
K. v. Haue r.
dampft. Es bildet sternförmig gruppirte, glanzende, an den Enden
zugeschärfte Säulen, welche mit dem früher angeführten Strontium
salze isomorph sein dürften. Das Salz ist ziemlich zerfliesslich und
sehr leicht löslich. Aus diesen beiden Gründen gelingt es nur selten,
durch freiwilliges Verdunsten der Lösung dasselbe zu erhalten. Con-
centrirt man hingegen die Lösung in der Wärme und lässt sie dann
erkalten, so gesteht die ganze Masse zumeist zu einem Krystallbrei,
der aus lauter feinen Nadeln besteht, die nur schwierig von der
anhaftenden Mutterlauge zu befreien sind. Es muss dann wiederholt
zwischen Fliesspapier gepresst und dann über Chlorcalcium vollends
getrocknet werden. Überlässt man aber eine ziemlich eingeengte
Lösung der freiwilligen Verdunstung unter einer Glasglocke über
Chlorcalcium oder unter der Luftpumpe, so erhält man dasselbe in
schönen, wohlausgebildeten Krystallen. Wegen der Verschiedenheit
des Aussehens schien es, als ob die nach diesen beiden Arten erhal
tenen Krystalle eine andere Zusammensetzung haben müssten, allein
die Analyse ergab dieselben Resultate. Es zeigte sich nämlich für
beide die Zusammensetzung analog der des Strontiumsalzes nach der
F ormel:
Ca C1 + 2Cd CI+ 7 HO.
Bei zu langem Verweilen über Chlorcalcium scheinen die Kry
stalle etwas chemisch gebundenes Wasser zu verlieren, da sie an
ihren Flächen matt werden. Zum Behufe der Analyse wurden daher
die feinen Krystallnadeln zwischen Fliesspapier gepresst und dann
über Ätzkalk getrocknet, die grösseren säulenförmigen Krystalle
aber unmittelbar nach letzterer Art getrocknet. Sie behalten hierbei
ihren Flächenglanz vollkommen.
Die Trennung von Kalk und Cadmium geschah hier durch
Schwefelammonium, die Bestimmung der Kalkerde durch oxalsaures
Ammoniak.
Analyse der säulenförmigen Krystalle:
1) 0-876 Gramm gaben 1-271 Gramm Chlorsilber = 35-79
Proc. Chlor.
0-902 Gramm gaben 0-377 Gramm Cadmiumoxyd = 36-58
Proc. Cadmium und 0-154 Gramm kohlensauren Kalk
= 6-83 Proc. Calcium.
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 339
Analyse der nadelförmigen Krystalle:
2) 0-895 Gramm gaben 1-278 Gramm Chlorsilber = 35-22
Proc. Chlor.
1-066 Gramm gaben 0-186 Gramm kohlensauren Kalk ==
6-97 Proc. Calcium.
0-908 Gramm verloren beim Erhitzen 0-194 Gramm an
Gewicht = 21-36 Proc. Wasser.
Theorie:
1 Atom
2 n
3 *
7 *
Ca
Cd
CI
HO
20
112
106-
63
6-64
37-18
35-26
20-91
l.
6-83
36-58
35-79
20-80
2.
6-97
36-45
35-22
21-36
Ca C1 +2 Cd C1 +7 HO 301-2 99 99 100 00 100-00
Bei 100° C. erhitzt, verliert das Salz nur eine unbedeutende
Menge Wasser; um es vollends zu entwässern, bedarf es einer Tem
peratur, welche nahe der Glühhitze ist. Das entwässerte Salz löst
sich gleich dem Chlorcalcium unter Wärmeentwickelung in Wasser,
das Wasserhaltende hingegen unter Abkühlung. Während in dieser
Beziehung sonach die charakteristischen Eigenschaften des Chlor
calciums gewissermassen die dominirenden sind, ist das Salz be
züglich seines Verhaltens in der Wärme von diesem wesentlich
differirend. Der krystallisirte salzsaure Kalk schmilzt nämlich noch
unter 100° C. und verliert bei stärkerem Erhitzen sein Wasser
unter starkem Aufschäumen. Beides findet bei dem Doppelsalze mit
Chlorcadmium nicht Statt, dasselbe schmilzt nicht in seinem Kry-
stallwasser und verliert sein Wasser vollends unter vollkommener
Beibehaltung seiner Krystallgestalt. Die nach Entwässerung bis zum
Glühen erhitzten Krystalle schmelzen unter Ausstossung von Chlor
cadmiumdämpfen. Die geschmolzenen Krystalle erstarren zu einer
grauen amorphen Masse, die wegen stattgehabter Zersetzung in
Wasser nur wenig löslich ist. Das Salz lässt sich nicht gut umkry-
stallisiren, sondern bleibt meistens als eine amorphe weisse Masse
zurück.
IV. Chlorcalciumhemicadmiat.
Eine in der Hitze concentrirte Lösung, welche 2 Äquivalente
Chlorcadmium auf 1 Äquivalent Chlorcalcium enthält, setzt beim
1
340
K. v. Haue r.
Erkalten eine Quantität des so eben beschriebenen Bicadmiates in
Form feiner Nadeln ab. Entfernt man diese aus der Mutterlauge und
erhitzt neuerdings, so schiessen grosse vielflächige Krystalle an,
deren Zusammensetzung der Formel:
2 Ca CI + Cd C1 + 12HO
entspricht. Das Salz scheint zu seiner Bildung einen bedeutenden
Überschuss von Chlorcalcium zu erfordern, da selbst bei einem
Mischungsverhältnisse von 3 Äquivalenten desselben auf 1 Äquivalent
Chlorcadmium sich noch immer eine kleine Menge des Bicadmiates
zuerst ausscheidet.
Die Krystalle sind wegen ihres hohen Gehaltes an Chlorcalcium
sehr zerfliesslich. Unter der Luftpumpe über Schwefelsäure ver
wittert es, doch erst nach längerer Zeit. Behufs der Analyse wurde
dasselbe über Chlorcalcium unter einer Glasglocke getrocknet.
1) 0-953 Gramm gaben 1-309 Gramm Chlorsilber = 33-89
Proc. Chlor.
1-573 Gramm gaben 0-526 Gramm kohlensauren Kalk =
13-37 Proc. Calcium.
0-903 Gramm verloren heim Erhitzen 0-315 Gramm an
Gewicht = 34-88 Proc. Wasser.
2) 1-406 Gramm gaben 1-920 Gramm Chlorsilber — 33-68
Proc. Chlor.
1-652 Gramm gaben 0-569 Gramm kohlensauren Kalk =
13-29 Proc. Calcium.
1-587 Gramm verloren beim Erhitzen 0-560 Gramm an
Gewicht = 35-28 Proc. Wasser.
Theorie:
Versuch:
1. 2.
2 Atome Ca 40 12-89 13-37 13-29
1 „ Cd 56 18-05 17-86 17-75
3 „ CI 106-2 34-23 33-89 3368
12 „ HO 108 34-81 34-88 35-28
2 Ca CI + Cd CI+ 12 HO 310-2 99-98 100-00 100-00
Beim Trocknen bei 100° C., wobei es in seinem Krystallwasser
schmilzt, welches übrigens auch hei einer noch niedrigeren Tempe
ratur schon stattfindet, verliert es 17-95 Proc. Wasser = 6 Atome,
zwischen 125 —130° weitere 12-31 Procente .oder 4 Atome,
die letzten beiden aber zwischen 150 —155°. Das Salz zeigt im
■
Über neue Verbindungen des Chlorcndmiums mit basiseben Chlormetallen. 341
Wesentlichen die Eigenschaften des Chlorcalciums, so das Bestreben,
Wasser anzuziehen und damit zu zerfliessen, zu schmelzen im Krystall-
wasser bei niedriger Temperatur, das Entweichen des Wassers unter
starkem Aufschäumen, Erzeugung von Kälte beim Auflösen der
gewässerten Krystalle, Entwickelung von Wärme aber beim Auf
lösen der entwässerten Masse. Bei stärkerem Erhitzen schmilzt es
zum zweitenmale unter theilweiser Zersetzung, so wie die sämmt-
lichen bisher angeführten Verbindungen.
Y. Chlormagniumbicadniiat.
Diese Verbindung wird in gleicher Weise erhalten, sowohl
wenn man die beiden Chlormetalle in gleichem Verhältnisse der
Äquivalente vermengt, als wenn man zwei Äquivalente Chlorcadmium
mit einem Äquivalente Chlormagnium zusammenbringt. Es bildet
grosse wasserhelle Säulen, die mit Leichtigkeit zu einer Länge
von mehr als 1 Zoll aufgezogen werden können. In trockener Luft
sind die Krystalle beständig, in feuchter zerfliesslich. Beim Trock
nen über Schwefelsäure oder Chlorcalcium verlieren sie einen
grossen Tlieil ihres Wassers und werden daher ganz undurchsichtig.
Behufs der Analyse wurde das Salz auf Fliesspapier unter der Luft
pumpe getrocknet, wobei es keine Veränderung zeigt. Grössere
Krystalle enthalten meistens mechanisch Wasser eingeschlossen, da
das Anwachsen derselben sehr rasch erfolgt, und sind daher zur
Analyse nicht geeignet.
Die Trennung von Cadmium und Magnium geschah durch
Schwefelwasserstoff. Magnium wurde als pyrophosphorsaure Mag
nesia gewogen.
1) l - 386 Gramm gaben 1-754 Gramm Chlorsilber = 31-22
Proc. Chlor.
2-156 Gramm gaben 0-825 Gramm Cadmiumoxyd = 33-48
Proc. Cadmium.
1-656 Gramm gaben 0-286 Gramm pyrophosphorsaure Mag
nesia = 3-73 Proc. Magnium.
2) 1-258 Gramm gaben 1-591 Gramm Chlorsilber = 30-64
Proc. Chlor.
1-897 Gramm gaben 0-714 Gramm Cadmiumoxyd = 32-93
Proc. Cadmium und 0 • 307 Gramm pyrophosphorsaure
Magnesia = 3-50 Proc. Magnium.
342
K. v. Hauer.
Die Zusammensetzung entspricht demnach der Formel:
Mg Cl + 2Cd CI+ 12 HO.
Theorie: Versuch:
1 Atom
2 *
3 „
12 „
Mg
Cd
CI
HO
12
112
106-2
108
3-34
33-11
31-40
31-93
3-73 3-50
33-48 32-93
31-22 30-64
31-37 32-93
Mg CI + 2 Cd + 12 HO 338-2 99-98 100-00 100-00
Das Salz lässt sich unzersetzt umkrystallisiren. Es lösen sich
die Krystalle gleich jenen von salzsaurer Magnesia unter Hervor
bringung von bedeutender Kälte. Die Krystallisation erfolgt erst bei
starker Concentration der Flüssigkeit, da das Salz sehr leicht löslich
ist. Namentlich ist seine Löslichkeit in der Wärme um ein Bedeu
tendes höher, so dass häufig eine in der Wärme concentrirte Auf
lösung, welche noch keine Spur einer Krystallbildung zeigt, beim
Erkalten gänzlich zu einer festen Masse gesteht, welche aus lauter
feinen Krystallnadeln besteht.
Beim Trocknen bei 100° C. verliert es 16-01 Procent Wasser
oder 6 Atome. Schon bei etwas stärkerem Erhitzen schmilzt es in
seinem Krystallwasser, verliert dann dieses, verhält sich aber hiebei
wie gewöhnliche salzsaure Bittererde, indem nebst Wasser gleich
zeitig ein Theil der Salzsäure entweicht, so dass die Menge des
Wassers als Gewichtsverlust durch Erhitzen nicht bestimmt werden
kann. Die rückständige Masse ist daher auch wenig in Wasser löslich.
VI. Chlormagniamhemicadmiat.
Ein Gemenge von zwei Äquivalenten Chlormagnium und einem
Äquivalente Chlorcadmium in der wässerigen Lösung stark eingedampft
setzt beim Erkalten grosse tafelförmige Krystalle ab. Während im
Allgemeinen die in diese Gruppe gehörigen Salze zu ihrer Bildung
stäts einen Überschuss der basischen Chlormetalle erfordern, ist dies
hier nicht der Fall. Das Salz ist sehr leicht löslich und in trockener
wie feuchter Luft stark zerfliesslich. In noch höherem Grade aber
das entsprechende Calciumsalz. Die Zusammensetzung desselben ergab
sich nach der Formel:
2Mg CI + Cd CI + 12 HO.
Für die Analyse wurde es über Chlorcalcium unter der Luft
pumpe getrocknet, da alle übrigen Trocknungsweisen nicht genügend
erschienen.
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 343
1-674 Gramm gaben 2-404 Gramm Chlorsilber =35-42 Procent
Chlor, ferner 0-370 Gramm Cadmiumoxyd = 19-34 Procent
Cadmium und 0-640 Gramm pyrophosphorsaure Magnesi
= 8-26 Procent Magnium.
Theorie:
2 Atome
1 „
3 „
12 „
Mg
Cd
CI
HO
24
S6
106-
108
8.IS
19 03
36-09
36-71
Versuch:
8-26
19-34
35- 42
36- 98
2 Mg CI + Cd CI + 12 HO 294-2 99-98 100-00
Die nach der oben angegebenen Art getrockneten Krystalle, einer
Temperatur von 100°C. ausgesetzt, verlieren hierbei nur eine geringe
Menge Wasser, circa ein Procent. Bei stärkerem Erhitzen verhalten
sie sich wie salzsaure Bittererde. Überhaupt geben sich die charak
teristischen Eigenschaften von dieser noch vorwiegender zu erkennen
als in dem Chlormagniumbieadmiate. Für die Krystallisation dieses,
wie des vorhergehenden Salzes, scheint die Gegenwart freier Chlor
wasserstoffsäure etwas hinderlich zu sein.
T1I. Chlormanganbicadmiat.
Dieses Salz wird gleich dem entsprechenden Magniumsalze
erhalten durch Vermengen von einem Äquivalente Chlormangan mit
zwei Äquivalenten Chlorcadmium. Da es sehr leicht löslich ist, so kry-
stallisirt es etwas schwierig, fast erst bei Syrupdicke der Lösung.
Am besten erfolgt die Krystallisation, wenn man die stark einge
dampfte Lösung vollkommener Ruhe und der weiteren freiwilligen
Verdunstung überlässt. Es bildet blass rosenrothe, nach mehrmaligem
Umkrystallisiren fast weisse Säulen, ähnlich jenen des auf gleiche
Art entstandenen Magniumsalzes. Die Krystalle lassen sich zu bedeu
tender Grösse aufziehen. Sie verwittern oberflächlich an sehr trocke
ner Luft, daher auch beim Trocknen über Schwefelsäure und Chlor
calcium, an feuchter Luft sind sie zerfliesslich. In wohl verschlossenen
Gefässen lassen sie sich übrigens ohne eine Veränderung zu zeigen
aufbewahren.
Die Zusammensetzung ergab sich analog dem Magniumsalze
nach der Formel:
MnCl + 2CdCl + 12HO.
344
K. v. Haue r.
Behufs der Analyse wurde es über Ätzkalk getrocknet, wobei es
keine Veränderung zeigt.
Die Trennung von Mangan und Cadmium geschah in der früher
angesäuerten Lösung durch Schwefelwasserstoff. Die Fällung des
Mangans wurde nach Verjagung des Schwefelwasserstoffes durch
Erhitzen mittelst kohlensaurem Natron bewerkstelliget.
1) 2-212 Gramm gaben 2-669 Gramm Chlorsilber = 29‘76Pro
cent Chlor, ferner 0-808 Gramm Cadmiumoxyd =
31-96 Procent Cadmium und 0-234 Gramm Mangan-
oxydoxydul = 7-62 Procent Mangan.
2) 1 • 443 Gramm gaben 1 • 754 Gramm Chlorsilber = 30-00 Pro
cent Chlor.
1-755 Gramm gaben 0- 651 Gramm Cadmiumoxyd=32 -45Pro
cent Cadmium und 0-182 Gramm Manganoxydoxydul =
7-47 Procent Mangan.
Versuch:
1 Atom
2 *
3 *
12 „
Mn
Cd
CI
HO
27-6
112
106-2
108
7-80
21-63
30-01
30-53
l.
7-62
2.
7-47
31-96 32-45
29- 76 30-00
30- 66 30-08
Mn C1 +2 Cd CI + 12 HO 353 8 99-99 100-00 100-00
In heisses Wasser geworfen, zeigen die Krystalle dieselbe Eigen
schaft wie die meisten dieser Salze, undurchsichtig zu werden und wie
verwittert auszusehen.
Dampft man die Lösung zu erneuerter Krystallisation ah, so
erfolgt diese nach dem Erkalten nicht, sondern es setzt sich eine
gallertartige Masse ab; fügt man jedoch der Lösung einige Tropfen
Chlorwasserstoffsäure hinzu, so schiesst das Salz wieder unverändert
an. Indess scheint dies auf die Krystallisation weniger zu influen-
ciren als vielmehr der Umstand, dass das Salz leichter krystallisirt,
wenn die Lösung der freiwilligen langsamen Verdunstung überlassen
wird, als wenn man es durch Erkalten einer in der Wärme concen-
trirten Lösung zu erhalten sucht.
Beim Trocknen bei 100° C. verlieren die Krystalle 24-79 Pro
cent Wasser oder nahe an 10 Atome, sie verhalten sieh also auch
hierbei genau wie das entsprechende Magniumsalz. Die letzten bei
den Atome verliert es bei etwas über 160° C. Bei unmittelbarem
stärkeren Erhitzen verknistert es schwach, ohne in seinem Krystall-
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 345
wasser zu schmelzen, schmilzt dann nach Verlust seines Wassers bei
beginnender Glühhitze, und wird hierbei unter Luftzutritt braun, von
sich bildendem Oxydoxydul, während theilweise Chlormangan und
Cadmium sich verflüchtigen. Nach dem Erkalten bildet es eine kry-
stallinische glänzende Masse.
Vermengt man die Lösungen von zwei Äquivalenten Chlormangan
und einem Äquivalente Chlorcadmium, so krystallisirt nach dem Con-
centriren der Flüssigkeit erstlich salzsaures Manganoxydul, dann heim
weiteren Verdunsten das eben beschriebene Bicadmiat. Es scheint
somit kein dem Magniumsalze analoges Hemicadmiat des Mangans zu
existiren.
VIII. Chloreisenbicadniiat.
Die Lösung der beiden Chlorverbindungen zu gleichen Äqui
valenten setzt säulenförmige grosse Krystalle ah, die höchstwahr
scheinlich mit den beiden Bicadmiaten von Magnium und Mangan
isomorph sind, so wie ihre Zusammensetzung nach der Formel:
FeCl-f2CdCl-(-12HO
sich als die gleiche ergab.
Zur Darstellung des Salzes wurde krystallisirtes salzsaures Eisen
oxydul angewendet. Dieses wurde erhalten nach dem gewöhnlichen
Verfahren durch Kochen von überschüssigem metallischem Eisen mit
Salzsäure bei möglichster Abhaltung der atmosphärischen Luft und
Erkaltenlassen der hinlänglich gesättigten Lösung. Von den rasch
getrockneten Krystallen wurde die entsprechende Menge in einer
schon früher eingeengten heissen Lösung von Chlorcadmium aufge
löst und dann über Chlorcalcium unter eine Glasglocke gestellt und
so der weiteren Verdunstung überlassen.
Die grüne Flüssigkeit setzt Krystalle ab, welche heim Heraus
nehmen aus derselben fast farblos sind, dann aber bald grünlich und
endlich gelb werden. Über Chlorcalcium und Schwefelsäure ver
wittern sie rasch. Bei gewöhnlicher Temperatur sind sie weder
zerfliesslich noch verwitterbar, werden aber nach und nach inten
siv gelb.
Zur Analyse wurde das Salz durch wiederholtes Pressen zwischen
Fliesspapier möglichst rasch von der anhängenden Mutterlauge befreit
und dann vollends über Ätzkalk getrocknet.
23
Sitxb. (1. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. II. Ilft.
346
K. v. Haue r.
Die Trennung von Eisen und Cadmium geschah durch Schwefel
wasserstoff, die Fällung des Eisens aus der mit Salpetersäure erhitzten
Lösung mit Ammoniak.
1) 1 • S62 Gramm gaben 1 ■ 899 Gramm Chlorsilber = 30 • 00 Pro
cent Chlor.
1-724 Gramm gaben 0-603 Gramm Cadmiumoxyd = 30-60
Procent Cadmium und 0-210 Gramm Eisenoxyd =
8-52 Procent Eisen.
2) 1-734 Gramm gaben 0-630 Gramm Cadmiumoxyd = 31-79
Procent Cadmium und 0-202 Gramm Eisenoxyd =
8-15 Procent Eisen.
Versuch:
1
2
3
12
Atom
Fe
Cd
CI
HO
28
112
106-
108
7-90
31-62
29- 98
30- 49
l.
8-S2
30-60
30-00
30-88
2.
8-15
31-79
30-39
30-47
Fe CI+ 2 Cd CI+ 12 HO 3Ö4-2 99-99 100-00 100-00
Schon bei mässigem Erhitzen schmilzt das Salz in seinem Krystall-
wasser, wird dann trocken und zeigt eine gelbe Farbe, bei wei
terem Erhitzen unter Zutritt der atmosphärischen Luft wird es roth
von sich bildendem Eisenoxyd. Mit Ausnahme seiner geringeren
Zerfliesslichkeit verhält es sich daher im Wesentlichen wie krystalli-
sirtes salzsaures Eisenoxydul.
IX. Chlorkobaltbicadmiat.
Dieses Salz scheint zu seiner Bildung die Gegenwart von über
schüssigem Kobaltchlorür zu erfordern. Es bildet sieh am leich
testen, wenn man ungefähr l 1 / a Äquivalente davon mit 2 Äquiva
lenten Chlorcadmium vermengt und die concentrirte Lösung des
Gemisches an einem nicht zu warmen Orte der freiwilligen Ver
dunstung überlässt. Beim Erkalten einer in der Hitze concentrirten
Lösung erfolgt selten eine Krystallisation. Das Salz krystallisirt in
grossen schönen Säulen von der Farbe des Kobaltchlorürs und der
Form der Magnium-, Mangan- und Eisenverbindungen mit 12 Atomen
Wasser. Seine Zusammensetzung nach der Formel:
CoCl-f 2CdCl +12HO
ist ebenfalls gleich mit der jener Salze.
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetailen. 347
In feuchter Luft ist es etwas zerfliesslich, in trockener beständig.
Beim Trocknen über Schwefelsäure und Chlorcalcium verwittert
es, auch über Ätzkalk, wiewohl erst nach geraumer Zeit und nur
oberflächlich.
Für die Analyse geschah daher die Trocknung auf Fliesspapier
unter der Luftpumpe, da es hierbei vollkommen trocken wird, ohne
chemisch gebundenes Wasser zu verlieren. Die Trennung von Kobalt
und Cadmium geschah in der stark angesäuerten Lösung durch
Schwefelwasserstoff. Kobalt wurde nach Verjagung des letzteren
mit Kalihydrat gefällt.
1) 1 -429 Gramm gaben 1-716 Gramm Chlorsilber = 29-61 Pro
cent Chlor.
1-415 Gramm gaben 0-510 Gramm Cadmiumoxyd = 31-54
Procent Cadmium.
2) 1-145 Gramm gaben 1 • 376 Gramm Chlorsilber = 29-64 Pro
cent Chlor.
1-415 Gramm gaben 0-136 Gramm Kobaltoxydul= 7-56 Pro
cent Kobalt.
1 • 023 Gramm verloren durch Erhitzen 0-310 Gramm = 30-30
Procent Wasser.
Versuch:
1 Atom
2 „
3 „
12 „
Co
Cd
CI
HO
29-S
112
106-2
108
8-30
31-48
29 -88
30-36
l.
8-22
31 -54
29- 61
30- 63
2.
7-S6
32-SO
29- 64
30- 30
Co CI+ 2 Cd CI+ 12 HO 3S3-7 99-99 100-00 100-00
Beim Trocknen bei 100° C. verliert es 25-46 Procent Wasser
oder 10 Atome, die letzten zwei Atome aber zwischen 150 — 155°
und ist dann von blauer Farbe.
Werden die Krystalle directe einer etwas höheren Temperatur
ausgesetzt, so schmelzen sie theilweise in ihrem Krystallwasser unter
dunkelvioleter Färbung, nach Verlust des Wassers wird die Masse
dann fest und bildet eine lockere bläuliche Substanz, ähnlich dem zur
Trockne ahgedampften salzsauren Kobaltoxydul. Bei einer der Glüh
hitze nahen Temperatur schmilzt es dann noch einmal und sublimirt
unter theilweiser Zersetzung, so dass die rückständige Masse wenig
in Wasser löslich ist.
23
348
K. v. Haue r.
X. Chlornickelbicadmiat.
Auch diese Verbindung erfordert gleich der vorigen einen Über
schuss von Chlornickel und wird am besten nach dem heim Kobaltsalze
angegebenen Äquivalenten-Verhältnisse erhalten. Es bildet grosse
dunkelgrüne Säulen von gleicher Form mit dem Kobaltsalze. Die
Zusammensetzung ergab sich nach der Formel:
NiCl-f 2CdCl + 12HO.
Es ist gleich dem Kobaltsalze leicht löslich, und wird wie dieses
am besten erhalten, wenn man die Lösung hei gewöhnlicher Tempe
ratur freiwillig verdunsten lässt. Über Chlorcalcium verwittert es
vollends und wird hierbei weiss.
Für die Analyse wurden die Krystalle über Ätzkalk getrocknet.
Das durch Schwefelwasserstoff vom Cadmium getrennte Nickel
wurde mit Kalihydrat gefällt.
1) 1-207 Gramm gaben 1-452 Gramm Chlorsilber = 29-6G
Procent Chlor.
1-779 Gramm gaben 0-637 Gramm Cadmiumoxyd = 31 • 33
Procent Cadmium und 0-193 Gramm Nickeloxydul =
8-54 Procent Nickel.
2) 1 • 400 Gramm gaben 0-500 Gramm Cadmiumoxyd = 31-25
Procent Cadmium und 0-155 Gramm Nickeloxydul =
8-71 Procent Nickel.
1 • 052 Gramm verloren beim Erhitzen 0 • 312 Gramm = 29-65
Procent Wasser.
Theorie:
1 Atom
2 „
3 „
12 „
Ni
Cd
CI
HO
29-6
112
106-2
108
8-32
31-47
29- 84
30- 38
2.
8-71
31-28
30-16
29-88
Ni CI + 2 Cd CI +12 HO 388-8 99-98 100-00 100-00
Bei 100° C. verliert es 26-63 Procent, also circa 10 Atome
Wasser, die letzten beiden Atome aber zwischen 160 — 165° C.,
somit erst bei einer höheren Temperatur, als das analoge Kobaltsalz.
Werden die Krystalle unmittelbar vor ihrer Entwässerung einer
etwas höheren Temperatur ausgesetzt, so schmelzen sie theihveise
in ihrem Krystallwasser und bilden dann getrocknet eine schmutzig
gelbe, erdige Masse, so wie das durch Abdampfen erhaltene Chlor-
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 349
nickel, die sich nach und nach in Wasser wieder mit grüner Farbe
lost. Wird die Erhitzung noch weiter getrieben, so findet, indem
Chlor entweicht, eine theilweise Zersetzung Statt.
Die erhaltenen Krystalle lassen sich nicht leicht umkrystallisiren,
da sie zu ihrer Bildung, so wie das Kobaltsalz, die Gegenwart von
überschüssigen Nickelchlorür erfordern, eben so ist es gleich diesem
nicht gut durch Erkalten einer heiss gesättigten Lösung zu erhalten.
Werden aber Krystalle in die gesättigte Lösung, welche kein über
schüssiges Nickelchlorür enthaltet, gegeben, so währen sie fort.
XI. Chlorkupfcrmonocadmint.
Aus einer Lösung, welche die beiden Chlorverbindungen in
gleichem Äquivalentenverhältnisse enthält, setzt sich ein Salz ab,
welches feine, glänzende, büschelförmig vereinigte Säulen bildet,
deren Zusammensetzung der Formel:
CuCI + CdCl+4HO
entspricht.
Die Krystallisation erfolgt etwas schwierig, beim Abdampfen
in der Wärme nicht, da es hierbei stark efflorescirt. Es wird am
besten erhalten aus einer Lösung, welche keine überschüssige Säure
enthält durch freiwilliges Verdunsten bei gewöhnlicher Zimmer-Tem
peratur. Beim Herausnehmen der Krystalle aus der Mutterlauge und
so lange sie in noch feuchtem Zustande sind, erscheinen sie von
grüner, nach dem Trocknen aber von blauer Farbe. Über Chlorcalcium
lassen sie sich nicht trocknen, da sie hierbei verwittern, sonst erscheint
das Salz luftbeständig.
Für die Analyse wurde es über Ätzkalk getrocknet.
Cadmium und Kupfer wurden durch kohlensaures Ammoniak
getrennt. Aus der ammoniakalischen Lösung wurde Kupfer mittelst
Schwefelammonium gefällt, in Königswasser gelöst und dann mit
Kalihydrat präcipitirt.
1) 1-841 Gramm gaben 1-219 Gramm Chlorsilber = 35-75
Procent Chlor.
1-456 Gramm gaben 0 474 Gramm Cadmiumoxyd = 28-49
Procent Cadmium.
0-691 Gramm verloren durch Erhitzen 0-132 Gramm =
19-10 Procent Wasser.
350
K. v. Haue r.
2) 1-153 Gramm gaben 0-386 Gramm Cadmiumoxyd = 29-29
Procent Cadmium!
1-053 Gramm verloren durch Erhitzen 0-198 Gramm =
18-80 Procent Wasser und gaben 0-210 Gramm
Kupferoxyd = 15-67 Procent Kupfer.
Theorie:
Versuch:
1 Atom
1 *
2 „
4 „
Cu
Cd
CI
HO
31-7
56
70-8
36
16-29
28-79
36-40
18-51
i.
16-66
28-49
35-75
19-10
15-67
29-29
36-24
18-80
Cu C1 +Cd CI + 4H0 194-5 99-99 100-00 100 00
Beim Erhitzen schmilzt das Salz nicht im Krystallwasser, das
Wasser entweicht, ohne dass die Krystalle ihre Gestalt verlieren. Sie
erscheinen nach Verlust des Wassers von brauner Farbe und sehen
wie entwässertes Chlorkupfer aus. Erst hei starkem Erhitzen schmilzt
es, nachdem das Wasser ausgetrieben, zu einer dunkelbraunen
Flüssigkeit, welche theihveise verdampft. Die geschmolzene Masse
erstarrt krystallinisch und hat eine graubraune Farbe.
Schlüsslich sollen nunmehr sowohl die hier angeführten Verbin
dungen, als auch jene schon früher von mir beschriebenen Salze 1 ),
welche in die Reihe der Chlorcadmiate gehören, mit den chemischen
Formeln und ihrer procentischen Zusammensetzung zur Übersicht
zusammengestellt werden.
Erste Gruppe.
Chlor-Qemicadmiatc.
Chlorammonium-Hemicadmiat
2 H t N CI + Cd CI
Chlorkalium-Hemicadmiat
2 K CI + Cd CI
Chlorcalcium-Hemicadmiat
2 Ca CI + Cd CI+12 HO
Chlormagnium-Hemicadmiat
2 Mg CI + Cd CI + 12 HO
Procentisclie Zusammensetzung.
h 4 n
18-16
K
32-58
Ca
12-89
Mg
8-15
Cd
28-25
Cd
23-28
Cd
18-05
Cd
19-03
CI
53-58
CI
44-14
CI
34-23
CI
36-09
HO
HO
HO
34-81
HO
36-71
A ) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. Bd. XIII, S. 450 und
ßd. XV, S 32.
k
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 351
Zweite Gruppe.
ChlorOIonocadmiatc.
Procentische Zusammensetzung-,
Chlornatrium-Monocadmiat
Na CI + Cd CI + 3 HO
Na
43-11
Cd
31-63
CI
40-00
HO
13-25
Chlorbaryum-Monocadmiat
Ba CI + Cd CI + 4 HO
Ba
29-64
Cd
24-20
CI
30-39
HO
13-36
Chlorkupfer-Monocadmiat
Cu CI + Cd CI + 4 HO
Cu
16-29
Cd
28-79
CI
36-40
HO
18-31
Dritte Gruppe.
Clilor-Bicadmiatc.
Procentische Zusammensetzung-
Chlorammonium-Bieadmiat
H 4 N CI+ 2 Cd CI + HO
H 4 N
7-34
Cd
43-68
CI
43-31
HO
3-67
Chlorkalium-Bicadmiat
Ka CI+ 2 Cd CI + HO
K
14-71
Cd
42-04
CI
39-86
HO
3-37
Chlorbaryum-Bicadmiat
Ba CI + 2 Cd CI + 3 HO
Ba
20-63
Cd
33-76
CI
32-01
HO
13-36
Chlorstrontiuni-Bicadmiat
Sr CI + 2 Cd CI + 7 HO
Sr
13-47
Cd
34-46
CI
32-67
HO
19-38
Chlorcalciura-Bicadmiat
Ca CI + 2 Cd CI + 7 HO
Chlormagnium-Bicadmiat
Mg C1 + 2 Cd CI +12 HO
Ca
6-64
Cd
37-18
CI
33-26
HO
20-91
Mg
3-34
Cd
33-11
CI
31-40
HO
31-93
Chlormangan-Bicadmiat
Mn CI + 2 Cd CI -f 12 HO
Mn
7-80
Cd
31-63
CI
30-01
HO
30-53
Chloreisen-Bicadmiat
Fe CI + 2 Cd CI + 12 HO
Fe
7-90
Cd
31-62
CI
29-98
HO
30-49
Cblorkobalt-Bieadmiat
Co CI + 2 Cd CI + 12 HO
Co
8-30
Cd
31-48
CI
29-85
HO
30-36
Chlornick el-Bicadmiat
Ni CI+ 2 Cd C1 + 12 HO
Ni
8-32
Cd
31-47
CI
29-84
HO
30-35
352
Iv. v. Haue r.
Betrachtet man diese Anzahl von Verbindungen, so deuten
dieselben wohl hinlänglich darauf hin, dass dem Metalle Cadmium
oder respective seiner Chlorverbindung, ein eigenthümlicherCharakter
inne wohne, welcher dasselbe in die Reihe der Chloride von Antimon,
Zinn, Quecksilber, Gold, Platin, Palladium stellt, welche ganz analoge
Doppelverbindungen bilden, während die Chlorverbindungen von
Kupfer, Mangan, Eisen etc. dieselben nicht eingehen. Auch Zink,
ein Metall, welches gewöhnlich dem Cadmium als sehr nahe stehend
bezeichnet wird, besitzt diese Eigenschaft nicht.
Betrachtet man ferner die Art der Entstehung dieser Doppel
verbindungen, so zeigt sich, dass sie durch einfaches Vermengen jener
Körper darstellbar sind, welche sich in den einzelnen Gliedern der
obigen Formeln ausgedriickt linden. In den Doppelverbindungen
selbst sind stäts alle wesentlichen Eigenschaften, dieser sie zusam
mensetzenden Körper zu erkennen, ja die neuen Doppelchloride
zerfallen häutig wieder in dieselben beim Umkrystallisiren.
Die einzelnen Glieder der Doppelchloride treten endlich in
immer ganz bestimmten einfachen Äquivalentenverhältnissen auf.
Di es schliesst aber den Begriff einer blossen Substitution des
Cadmiums durch die, als basisch im obigen betrachteten Metalle,
in der weiteren Bedeutung aus; und es macht jene nähere Gruppirung,
welche in den angeführten Formeln erscheint, um so mehr wahr
scheinlich, als die Construction dieser Formeln zu keiner einzigen
Verbindung führt, welche nicht für sich isolirt bekannt wäre.
Es ercheint somit die Betrachtungsweise, welche für diese
Doppelverbindungen angeführt wurde, wonach dieselben als Doppel
salze anzusehen sind, in welchen Chloreadmium die Rolle des
elektronegativen Gliedes vertritt, eben so wie Zinn, Antimon, Queck
silberchlorid etc. in ihren Doppelverbindungen, eine sehr nahe
liegende, und eine diese eigenthümlichen Verbindungen schärfer
charakterisirende.
Im Sinne der von A.Schrötter *) für die Doppelverbindungen
des Cyans aufgestellten Betrachtungsweise, nach welcher dieselben
in nachbestimmten Typen gebildeten Gruppen vereinigt erscheinen,
wären hingegen die angeführten Doppelverbindungen des Chlor-
*) In der oben citirten Abhandlung-
Über neue Verbindungen des Chloreadmiums mit basischen Chlormetallen. 353
cadmiums in zwei solcher Gruppen zu unterscheiden, die beide nach
dem allgemeinen Typus
n M CI x HO
gebildet sind, in welchem Ausdruck «= den Zahlen 2 und 3 ent
spricht und wenigstens ein M = Cd ist.
Die Glieder der ersten Gruppe, deren allgemeiner Ausdruck
2 M CI x HO
ist, entstehen daher, wenn die Hälfte von M durch die äquivalente
Menge eines andern Metalles ersetzt ist, daher sie nach der Formel:
M Cd CI 3 x HO
zusammengesetzt sind.
Die hierher gehörigen Glieder von den obigen Salzen sind
Na Cd Cl 3 3 HO
Ba Cd C] a 4 HO
Cu Cd Cljj 4 HO
Die Glieder der zweiten Gruppe, deren allgemeiner Ausdruck
3M CI x HO
ist, entstehen, wenn ein oder zwei M durch ein anderes Metall in
äquivalenter Menge ersetzt sind, und die Glieder derselben können
daher die Formen
M Cd 3 Cl 3 x HO
oder Cd” Cl 3 x HO
annehmen.
Es gehören von den obigen Verbindungen folgende hierher:
Erste Form: (H 4 N) Cd 3 Cl 3 HO
K Cd” Cl s HO
Ba Cd” Cl 3 S HO
Sr Cd 3 CL 7 HO
Ca Cdö Cl 3 7 HO
Mg Cd” Cl 3 12 HO
Mn Cd 3 Cl 3 12 HO
Fe Cd 3 Cl 3 12 HO
Co Cd 3 Cl 3 12 HO
Ni Cd 3 Cl 3 12 HO
Zweite Form: (H 4 N) 3 Cd Cl 3
K 3 ” Cd Cl 3
Ca 3 Cd Cl 3 12 HO
Mg a Cd CI 3 12 HO.
s
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
355
VERZEICHNIS
DER
EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(JULI.)
Academie des Sciences etc. de Dijon. Memoires 1854.
Akademie, k., v. Wetenschappen, Yerhandelingen. Deel II, Amster
dam 1855; 4°-
„ „ Yerslagen en Mededeelingen. Deel III, Nr. 1—3.
„ „ Catalogus der Roekerij. Aflev. 1
Akademie, k., Vetenskaps, Handlingar. 1852, 1853. Stockholm
1854; 8«.
„ „ Öfversigt 1853.
Anderson, N., Ars-Berättelser i Botanik. 1820—1838. Stockholm
1852; S°-
Annales des universites de Belgique. 1851, 1852. Bruxelles
1854; 8°-
Annali dell’ instituto di corrispondenza archeologica. Vol. 5, 6.
Annee academique de l’Universite de Liege. 1854.
Archiv der Mathematik und Physik von Grunert. Th. XXIV, H. 3.
Bern, Universitätsschriften aus dem Jahre 1854.
Bland, Miles, Algehraical problems, producing simple and quadratie
equations with their Solutions. 9. ed. London 1849; 8 0-
— Mechanical problems etc. London 1828; 8 0-
— Geornetrical problems etc. 4. ed. London 1842; 8 0-
— The elements of Hydrostatics etc. 2. ed. Cambridge 1827; 8°.
Boheman, C. H., Arsberättelse om framstegen i insekternas, Myria-
podernas etc. Naturalhistoria. 1851—-1852. Stockholm 1854;8 0 '
Bullettino dell' Instituto di corespond. archeolog. 1848, 1849-
356 Verzeichniss der
Catalogo delle opere d'arte contenute nella sala delle sedute dell’
I. R. Accademia di Venezia. Venezia 1854; 8°.
Cimento, ii nuovo. Giornale di fisica, etc. Nr. 6, 7.
Cos mos, Vol. 7, Nr. 1—4.
E dl und, C., Berättelse om framstegen i Fysik 1851. Stockholm
1854; S°-
Flora, 1855. Nr. 13—26.
Gesellschaft, antiquarische, in Zürich. Mittheilungen, ßd. Vif.
Heft 6—8. IX. Abtheil. I. Heft 2, 3. II. 1—4 X.
Gesellschaft, k. k. mähr.-schles., des Ackerbaues etc. Mitthei
lungen. 1855. Nr. 1—26.
Gesellschaft, naturforschende, in Danzig. Neueste Schriften,
Bd. V, Heft 2.
Gesellschaft, k. sächsische, d. Wissenschaften. Berichte über die
Verhandlungen der math.-phys. Classe. 1854. Heft 1, 2.
Gesellschaft, k. sächsische, der Wissenschaften. Abhandlungen
der math.-phys. Classe. Bd. IV, Bogen 31 — Ende.
©otbentfyal, 3af. SOtorgentanb. Safytg. I. £Utart. 1. SBieit
1855; 4o-
Jahrbuch, neues, für Pharmacie etc. Bd. III, Heft 4.
Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie, von Liebig
und Ko pp. 1854. Abth. 1 und 2.
Johnson, Manuel. Astronomical and meteor. Observations made
at the Radclife Observatory. Vol. 14. Oxford 1855; 8°‘
Karsten. Die Fortschritte der Physik etc. Jahrg. 8.
©lagastn, neues läufig tfdjel. -Sb. 31. Stef. 3 — 5.
Malacame, Giamb., I rapporti che i poligoni regolari uno di un
lato piü dell’ altro inscritti e circoscritti hanno fra essi ed il cer-
chio col mezzo dei quali si ottengono proporzioni che danno Ia
soluzione geometrica di problemi tenuti per insolubili. Vicenza
1855; 8»-
Memorie dell’ Accademia di Bologna. Tom. 5.
Monumenti inediti pubblicati dall' instituto di corrispondenza
archeolog. 1848, 1849.
SWufeum grand3co=(£aroIinum. 15. ^afyrdSBericijt.
Nachrichten, astronomische. 958— 966.
Notizia breve intorno alla origine della confraternitä di S. Giovanni
Evang. in Venezia. Venezia 1855; 8°-
eingegangenen Druckschriften. 357
Perrey, Alexis. Note sur les tremblements de terre, ressentis en
1853. (Bulletin de l'Academie de Belgique. T. 21.)
Petri na, Franz, Mittlieilungen aus dem Gebiete der Physik. Mit
3 Tafeln. Prag. 1855; 4°-
tßfyttüpS, ©eorg, Äirdjenrecfyt. 58b. I, 3. 5luft. 91egen§&urg 1855; 8°-
Piereot, Etat de l’instruction superieure. Bruxelles 1853; 8°-
Rendiconto delle sessioni dell’ Accademia di Bologna. 1853/54.
Sc he er er, Th., Beiträge zur näheren Kenntniss des polymeren
Isgomorphismus s. 1. et d.
So eiet e franjaise pour la Conservation des monuments historiques.
Seances en 1854.
Societe R. des Sciences de Liege, Memoires. Vol. 9.
Society, Asiatic of Bengal, Journal. 1854, Nr. 7, 1855, Nr. 1.
Society astronomical, of London, Memoirs. Vol. 23.
„ „ Monthly notices. Vol. 14.
Sunderval, C., Berättelse om framstegen i Vertebrerade djurens
naturalhistoria ect. 1845—50. Stockholm 1853; 8 0-
$ er ein, giftet., bet Orte Sucetn rc. 5Der ©efd>id>tSfreunb. Sief. 11.
58 e r e t tt für fmmöurgtfdje ©efdjicfyte, ßeitfdljrift. Sßeue gotge. 58b. I,
Sief. 1.
9S er ein, tyiflor., für SfiteberfacE>fen, Strdfiö. Saljrg. 1852, lieft 1.
— Urfunbenbudj. Stbtb. 2, |eft. 1.
— 3afyre8&erid)t 15.
9S ere in, Ijtftor., öon unb für £>6etbai)etn, Strdjiö. 58b. XV, Sief. 1.
Wei te n web er, Willi., Über des Marsilius Ficinus Werk: De vita
studiosorum etc. Prag 1855; 4 0-
Wikström, Job., Ars-Berättelser om Botaniska Arbeten ect. 1850.
Stockholm 1854; 8°-
SS
Im XVII. Bande, I. Heft soll es heissen:
Seite i70 , Zeile 13 von oben: Hippocastanum.
Übersicht der Witternng in Österreich im Juni 1855.
Entworfen von A. U. Burkhardt, Assistenten an der k. k. Central-Aostalt.
Beobachtungsort.
Curzola *) ,
Ragusa .
Szegedin
Valona in Alb
Debreckin
Semlin .
Udine . .
Fünfkirchen a )
Gran . .
Venedig .
Parma ?)
Pressburg
Lemberg
Czernowitz ^
Tirnau 5 )
Olmiitz .
Triest
Mailand .
Brünn
Hermannstadl
Meran ö )
Jaslo . .
Rzeszotv.
Wien 7 ) .
Kronstadt
-j-Jolsva .
Cilli 8 ) .
Krakau .
Laibach .
Zavalje .
Korneuburg
Prag . .
Oderberg
Leutschau °)
Czaslau .
Klagenfurt
Adelsberg
Kesmark
Mittlere
Tem
peratur
Reauhiür
+ 18 9 S9
+ 18-33
+ 18-31
+ 18-11
+ 18-10
+ 18-06
+ 17-77
+ 17-74
+ 17-21
+ 17-10
+ 17-07
+ 16-63
+ 16-32
+ 16-50
+ 16-32
+ 16-29
+ 16-26
+ 16-15
+ 13-93
+ 15-85
+ 15-83
+ 15-69
+ 15-66
+ 15-26
+ 15-24
+ 15-23
+ 15-20
+ 13-15
+ 15-13
+ 14-94
+ 14-67
+ 14-62
+ 14-54
+ 14-40
+ 14-26
+ 14-24
+ 14-14
+ 14-09
Maximum
Taff Teinp.
3-6
18-6
16-6
18-6
16-6
16-6
8-6
13 *6
i-B
16-G
8- 5
8-
14-6
16-6
18-6
14-6
9- 6
9-6
8-
9-
16-6
13- 6*
3-6
16-6
14-
17 ■ 3
3-G
1G-6
16-6*
3-
12-6
16-6
16-6
3-
1-6
3-6
9-6
1-
12-6
3-6
+ 24"3
+22-0
+ 27-0
+ 26-4
+ 26-6
+ 30-0 ?
+ 230
+ 26-1
+ 27-0
+ 23-8
+ 25 ■ 3
+ 24-3
+ 26-6
+ 25-8
+ 24-8
+ 25-6
+ 24-6
+ 25-1
+ 24-0
+ 27-3
+ 24-0
+ 26-2
+ 24-9
+ 26-9
+ 25-1
+ 28-0 ?
+ 23-3
+26-4
+ 22-1
+ 24-6
+ 23-1
+ 24-3
+ 26-4
+ 23-8
+ 25-6
+ 26-9
+ 24-4
+ 24-6
Minimum
Tag Temp.
24- 3
26-3
26-3
26-9
26-9
26-3
18- 9
25- 9
25-3
19- 9
20-
25- 9
26- 3
26-9
25- 4
18-3
24-3
23-3
19-
26-
128-3
211-3
18- 3
26- 3
28-9
25-
2ß-
27-30 '
27- 3
26- 3
28-
20-
26-3
20-3
23-3
25-
28-3
25-9
25- 3
26-
19- 9
25-9
+14 ? 5
+ 13-6
+ 7-6
+ 13-5
+ 9-6
+ 7-0
+ 12-6
+ 10-3
+ 9-5
+ 10-6
9 0
9-0
7- 2
8- 8
9-4
8* 4
+ 12-3
+ 8-0
+ 6-0
+ 7-2
+ 10-4
+ 8-0
+ 6-2
+ 7-5
+ 8-8
+ 6*0
+ 8-0
+ 7-1
+ 8-3
+ 8-8
+ 8-5
+ 7-0
+ 6-3
+ 6-8-
7-0
3-8
7-0
+ 6-6
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Liu.
334'50
334-11
332-62
331-44
337-17
333-77
331-75
326- 69
327- 42
331-78
329-18
336-82
331-54
329-47
321-34
325- 52
328- 72
329- 65
330- 01
315- 57
328- 35
329- 63
326- 25
321-82
329-40
325-56
327- 54
320-40
316- 66
314-85
Maximum
Minimum
Duii6tb
druck
Tag Luftdr. Tag Luftdr. Par. Lin. Par. Lin.
Nieder
schlag
.sehender
Wind
Anmerkungen.
22-6
28-9
10-3
10-3
29-3
27-
10-3
10-3
10-3
10-4
28- 3
28-3
28-0
28-3
10- 3
27- 3
28- 6
11- 6
28-4
10-
28-3
28- 5
29- 3
27- 3
28-
119
28-3
28-
28-3
11-3
337 83
336-54
335-05
333- 79
339-64
336-47
335-24
328- 76
329- 69
334- 18
332-24
339-56
334-76
332- 46
323-81
328-26
331-01
333- 80
333-43
317- 94
331- 51
332- 51
328-73
323-75
332-98
327-76
330- 90
323-04
318- 99
316-06
6" 19
24-3 332-Q8 4-96
33+89
— — 6-01
329-80 —
24-6 328-71 —
20-3
20-
19- 3
24-6
24-6
24-6
16-6
20- 3
16-6
16-6
24-9
25)3
16-6
24-6
17-6
16 2
24-23
20-3
10-7
20-3
20-
24-6
16-6
16-
20-3
24-6
334-02
330-69
328- 20
323-09
323- 59
329- 40
325-10
334-09
327-79
324- 72
317- 16
321- 64
325- 50
323-82
325-31
311-17
325-68
325-62
322- 57
318- 12
16- 324-86 4-87
322-47
322-93
317-13
313-29
310-50
•66
•16
5-9
*
5- 24
6- 40
5- 03
4-97
4- 57
6- 09
5- 42
4-82
5-49
5-31
5-06
9-66
29- 00
50-10
16-39
30- 34
7-00
22-54
32- 50
38- 04
35-38
2-82?
37-14
62-55
16-58
64-50
56-73
20-30
47- 25
48- 92
29- 80
20-60
45-59
75-43
52-59
72-19
132-72
41-48
33- 29
30- 79
47-09
29-47
39- ST 1
NW.
NW.
w.
NW.
WSW.
SW.
SW.
Am 20. starker Hagel. [8. Donner allein.
Am 4. 5. 7. 18. 20. 21. Blitze, am 4. u. 5. mit Donner, am
Am 17. Naelits Sturm aus N. Am 19. heftiger Sturm.
Am 13.19. Gewitter.
Am 8.19. 20. 30. Gewitter.
Am 8. u. 13. Gewitter.
Am 11.18. Gewitter, 6. Blitze, 18. 24. 26. Stürme.
Am 4.19. 21. Gewitter. [Donner.
Am I. 8. 10. 12. 20. 22. 23. 25. Blitze, am 3. 8. 12. mit
Am 2. 8. 9. 11.—12. 13. 22. 23. 24. 25. 30. Blitze. -»Die
Am 4. 21. Gewitter. [m. Feuchtigkeit ist 76 Proc.
Am L 2. 11.14. 20.22. Gewitter.
Am 1.12. 17. 18. Gewitter, am 12. Hagel, am 20. Blitze.
Am 20. 21. 25. Gewitter. Am 25. Sturm.
Am 4.14.19. Gewitter.
Am 8. u. 24. Gewitter.
Am 2. Ab. Gewitter. [25. u. 26. sturm a. NAV.
Am 1. 4. 10. 11.14. Gewitter, am 5. 9. 14. Ab. Blitze, am
Am 12.18.20. Gewitter, a. 12. mit Hagel, a.19. Sturm a. S
•Am 30. +23 9 8. Am 8. Gewitter mit Hagel.
Am 4.10. 12.14.19. 24. Gewitter, am 20. Ab. Wetterl.
Am 4. 14. 19. Gewitter, am 4. mit Sturm a. NAV.
Am 1. 4. 21. 22. 29. Gewitter, 9.10. 13. Wetterleuchten
Am 11.18. 20. 25. Gewitter, 6. 11. 20. Wetterl. am 18
Am 19. starkes Gewitter. [30. Hagel
Auch am 9. 12.13. über +• 22 ? 6. Am 3. u. 6. Gewitter.
Ami.4.10.12.13.14.19.21. Gewitt., am 16.heis. Wind a! S
Am 2. Ab. starkes Gew. mit Hagel. [16. Stürme a. S 4V.
Am 4. 5. 6. 18. 21. Gewitter, am 8. 11. 9. Blitze am 15.
Am 1. 4. 9. 10. 14. 19. 21. Gew., 20. Sturm a. AV.’
Am 9.13. 14. 15. Gewitter, am 13. 15. mit Hagel am II.
Am 4.10. 14. 22. Gewitter. [Wetterl-
Am 10.11. 12. 13. 18. 19. 20. 22. Gewitter, am 10. u. 19.
Am 1.2. 13. 16. Gewitter. [Hagel, a. 25. Sturm a. N
Am7. Wetterleuchten iin S., am 15. Ab. Sturm a. SAV.
29-94 N. Am 16. lieft. Sturm, am 19. Ab. starkes Gewitter.
1) Curzola. Am 19. erfolgte hier erst eine bedeutende VViinneabnahme (Wettersturz) bei VVNAV. AVind, welche aber nicht so anhaltend sich gestaltete wie in höheren Breiten, gleiches gilt
von Ragusa, Szegedin, Valona.
2) Fünfkirchen. Bei dem Gewittersturm a. SO. am 18. Ab. fiel in der Nähe starker Hagel.
3) Parma. Am 12. Morg. Erdbeben, vom 1. — 2. find 3., dann am 8. stürmisch, am 19. und 20. Hagel. Starke Warmeabnalune (Wettersturz) vom 1. 2., dann vom 15. bis 22.; am
11. Magnetische Störung. Grosse Reinheit der Luft (Sichtbarkeit der Alpen) am 5. 20. 26., auch am 4. waren die Planeten Blercur und Venus, letztere hei Tage mit unbewaffnetem
Auge sichtbar.
4) Czern owitz. In dem nahen Dorfe Horecza wurden ant 6. die Wanderheuschrecken bemerkt.
5) Tirnau. Wetterleuchten (Blitze) wurde beobachtet am 3. 4.* 5.; 6. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.20. o0.
6) Meran. Vom 2. auf deh 3. regnete es 27’"26, die ausgetretenen Wildbäche-richteten grossen Schaden an, am Ah. heftiges Gewitter.
7) Wien. Am 10. von 3 h S' — 8 h 0' 20-V> Niederschlag während eines Gewitters und wolkenbruchartigen Gussregens, im Bereiche des Observatoriums (Vorstadt Wieden) wurden mehrero
Erdgeschosse der Häuser unter Wasser gesetzt. , ... , _ , , ,
8) Cilli. Hier wie an den meisten Stationen waren die Tcmperatur-Maxima in der ersten Hälfte des Monats auf mehrere Tage vertheilt und olt nur um Zebnthe.le eines Grades
verschieden
9) Leutschau.’ Das Gewitter am 19. um 3 1 ' 15'Alu war das heftigste; in der Nähe der Wohnung des Herrn Beobachters, Dr. Hlayacsck, schlug der Blitz 3mal, jedoch ohne zu zünden, ein.
Der Sturm am 25. Morgens aus Nord war sehr stark.
*J* Die Beobachtungen in Jolsva hören wegen Ableben des Herrn Beobachters, Predigers Dr. F.eriflntsik, auf.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XV1L. Bd. 11. Hft.
Beobachtungsort.
Mittlere
Tem
peratur
Reaumur
Maximum
Tag Temp.
Miriimum
Tag Temp.
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
Maximum
Tag Luftdr.
Minimum
Tag Luftdr.
Dunst
druck
Par. Lin.
Nieder
schlag
Par. Lin.
Herr
schender
Wind
Anmerkungen.
Scliemnitz
St. Paul
Trautenau
Kremsmünster *) . .
Pilsen
Bodenbach
Schössl 3 )
Pürglitz
Bregenz
Lienz
Wüten 3 )
Deutschbrod ....
Althofen
Innsbruck
St. Magdalena . . .
Saifnitz
Tröpelach
Senftenberg 4 ) . . .
Reichenau
St. Jakob (bei Gurk).
Obervellach ....
Steinbüchel ....
St. Jakoh
Weissbriach ....
Gastein 5 )
St. Peter
Malnitz
Obir 1
Heiligenblut ....
Alkus 6 )
Plan 7 )
Luschariberg . . .
Stilfserjoch ....
Obir 111
S. Maria 8 )
Senftenberg, Januar.
Februar
Triest, April . . .
+ 14 9 04
+ 13-99
+ 13-89
+ 13-39
+ 13-39
+ 13-37
+ 13-37
+ 13-33
+ 13-30
+ 13-19
+ 13-04
+ 12-92
+ 12-91
+ 12-80
+ 1209
+ 12-39
+ 12-39
+ 12-44
+ 12-20
+ 1201
+ 11-93
+ 11-89
+ 11-84
+ 10-74
+ 10-44
+ 10-29
+ 10-03
9-86
9-73
9-64
8-00
7-73
3-72
3-34
3-37
— 4-14
— 3-76
+ 10-00
3-6
8-6
3-5
14-6
12-6
13-6
13-0
3-6
13-6
8-0
7- 6
13- 6
8- 0
8-6
2-6
8-
7- 6
3-
14- 6
8-
9-6
9-8
8- 9
8-
9- 13
7- 9
9-
11-
8-
8-6
8-
8-
28-6
29-6
12-
8-6
+ 21
+ 22
+ 23
+ 23
+ 22
+ 23
+ 22
+ 22
+ 23
+ 21
+ 23
+ 21
+ 21
+ 24
+ 19
+ 20
+ 21
+ 21
+ 20
+ 19
+ 20
+ 19
+ 17
+ 21
+ 21
+ 17
4-18
+ 23
+ 18
+ 19
+ 18
+ 13
+ 13
+ 16
+ 9
8-0 + 2-7
14.
18-6
+ 3-4
+ 17-8
23-8
26-3
23-4
18-2
28-3
25- 3
23-3
23-3
16- 9
23- 3
20-3
23-3
26-
17*3
18-9
19-3
25-
26-
18-
23- 3
19-
26-
20-
24-
20-
19- 6
22-
20-
20-
23-
30-3
25-3
19-3
19-
18-3
26-
17- 9*
16- *
3-3*
11-3*
6 9 4
6-1
7
6
6
7
2
3
3
1
3-0
6-0
+ .6-0
5- 6
6- 8
3- 4
7-2
7-8
7-2
4- 0
6-0
6-1
7-3
6-0
7-7
7-0
2- 7
4-0
3- 0
3-0
+ 4-1
3- 0
4- 1
1-6
0-0
1- 3
2- 9
314”83
321- 14
323 07
323-32
332-32
323-37
323 -13
322- 94
312- 32
314-30
310-33
313- 37
303-92
314- 94
321-22
314-76
312-63
302-33
298-46
292-00
290-61
278-00
249-98
10-3
28-
29-3
28-3
28-3
27- 9
28- 3
27- 6
28- 3
28-3
28-
26- 9
28-3
28-
28-3
28-3
28-
28-
27- 3
28-
28-
28-9
9-3
317-22
323.91
326-37
329-90
333-83
328- 99
329- 00
323- 97
313-01
31813
312-81
319-33
308.16
317- 34
324- 33
318- 17
315-29
304-68
301-36
294-18
291-85
280-46
252-12
24-6
16-
16-5
16-3
16-6
16-
16-5
16-4
i6-e
70 -G
16-3
16-
16-3
20-3
16-
16-7
16-6
16-
16-
16-
20-
20-
16- 9
17- 3
312' r 04
318-01
318-87
321-30
327-79
321-10
320-03
318-66
309- 20
310- 63
307-31
312-43
302.67
311- 25
316-35
309-76
309-64
299-41
294-86
289-29
288-10
275-80
246-11
4'-84
4- 40
5- 26
4-44
4-06
4-27
4-56
4-72
4-14
4-20
3-44
37+41
56-18
39-72
52-25
51-60
26-03
23-13
29-68
107-44
56-14
34-65
39-60
30 04
58-36
72-04
97-70
31-04
21-87
67-56
75-50
55-60
78-81
139-93
72-30
202-61
NW.
SW.
NW.
W.
w.
NO.
NW.
NW.
W.
S.
NW.
WSW.
NW.
NW.
w.
NO.
0.
NO.
0.
SO.
S.
NO.
N.
Magnetische Störungen.
Am 6., 30.
Nachträge und Verbesserungen zu den früheren Monaten.
-17-2
-20.3
+ 3-6
321-16
318-08
335-09
7-5
2-9
17-3
327-29
323-48
339-40
2-3
14-7
Ti-3
312-06
309-19
328-58
1-44
1-14
42-84
28-37
16-00
NW.
O.
ONO.
Am 4.10.12.13.19. Gewitter, am 19. mit Hagel.
Am 2. Gewitter mit Hagel.
Am 1.10.16. Gewitter, v. 19.—20. grosser Sturm a. NNO.
Am l.Morg., 9.10.12.13.14. Gew., a. 7.9.11.15. Ab. Wetterl.
Am 12.13.15. Gewitter, am 8- Blitze, am 3. stürmisch.
Am 9.12.14. Gewitter.
Am 1. 3. 9.12.14. Gew., 13. Ab. Blitze, 20. 24. stürm.
Am 1.9.14.15. Gewitter, am 1. mit Hagel, am 13. Blitze,
Am 3. u. 11. Gewitter. [am 3. Sturm a. SW.
Am 8. 9.13. Gew., 1.24. Wetterl., 18.19. 20. 25. Sturm
Am 1. 8. 9. Gew., am 15. stürm, aus S [im Hochgebirge.
Am 1. 9.10. 14. 16. Gewitter.
Am 13.15. Stürme.
Am 12. Ab. Wetterleuchten, am 13. u. 17. Morg. Gewitter.
Am 16. starkes Gewitter mit Hagel u. Sturm a. SW.
Am 1.2.10.1213.14. Gew.,a.9. Wetterl., a. 19. Sturm a.NO
Am 4. 9. 10.11.12. Gew., 14. Wetterleuchten.
Am 8. 9. 12.13. 25. Gewitter, am 8. mit Hagel.
Ami.u.8. Gew-, am25. Schneegestöb., am26. Sturm a. N
Am 3. Morg. Gewitter.
Am 8. Gewitter m. Sturm a. NW., am 16. Sturm a. NO
Am 17. Ab. Gewitter mit Hagel, am 23. Schnee.
[am 9. 15. Gew., am 3. Hagel
»Am 25. Morg. — 2 ? 5, am 3. 13. 14. 15. 16. Stürme,
»Am 31.—17 9 1, am 1. Orkan, am 25. stürmisch a. NW.
“Am 17.—20 9 1, am 15. Stürm, a. NW.
•Am 23. + 3 9 7, a. 11. v. 5' 1 —7 h M. Gew. m. Regen u. Schnee
bei Sturm a. NO., am 23. Ab. w. Schnee.
1) Krems raüas t er. Bei dein Gewitter am 1. Morg. wurde ein schöner Mondregenbogen beobachtet. Vom 15. — 27. bedeutende Wiirmeabnahme mit Schneefall in den Hoch- und Vorbergen
vom 19.—20., und Graupenhagel am 25.
2) Schössl. Bei dem Gewitter am 1. Ab. zwischen 2 h — 3 h fiel in der Nähe verderblicher Hagel.
3) Wilten. Häufige Regengüsse, besonders am 16. u. 17., daher Ueberschwemmungen.
4.) Senftenberg. Bei dem Gewitter am 14. wurden in der Nähe Bäume und Menschen vom Blitze getrofFen.
5) Gaste in. Durch die vielen Regengüsse Ende Mai häufige Ueberschwemmungen der Wildbäche (siehe Mai). Am 8. und 10. geschah dies wiederholt im grösseren Masstabe, so dass (am 10.)
Brücken und Häuser zerstört wurden.
6) Alkus. Auch hier häufige Regengüsse, besonders am 2. 3. 10. 12. 15. 16. 19. 20. 21. 23.
7) Plan. Vom 15. Ab. bis 16. Ab. regnete es 42 ’ 62. Vom 2.— 18. 7- früh betrug der Niederschlag 13o'"82, nahezu die Gesammtmenge (139 ! 93) des ganzen Monats. Zu Ende dieses
Monats (Juni) konnten die höheren Alpen noch nicht bezogen werden, welches in andern Jahren schon in der ersten Hälfte des Juni zu geschehen pflegt. Der Gletscher (Oetschthaler
Ferner) hatte über Winter an Umfang und Höhe bedeutend zugenommen.
8) S. Maria. Oft Schnee, besonders vom 17. — 20.
Anmerkung: Die hohen Extreme der Temperatur scheinen bei manchen Stationen unter dem Einflüsse der Sonne, welche auf die Beschirmung der Thermometer zur Zeit der Beobachtung
schien, entstanden zu sein.
(rang der Wärme und des Luftdruckes im Juni 1855.
Die punctirten Linien stellen die Wärme, die ausgezogenen den Luftdruck dar.
Die beigeschriebenen Zahlen sind Monatmittel, denen die stärkeren Horizontallinien entsprechen.
Ein Netzthei! entspricht bei der Wärme einem Grad Reaumur, beim Luftdrucke'einer Pariser Linie.
Gang clcr Feuchtigkeit und des Ozongehaltes der Luft im Juni 1855.
Die punktirtenLinien sielten die Feuchtigkeit, die ausgezogenen den Ozongehall dar.
Die am llande befindlichen Zahlen sind die Monatmittel der Feuchtigkeit, jene zwischen
denCurven die Monatmittel des Ozongehaltes.
Den Monatmiltein entsprechen die stärkeren Horizontallinien.
EinNetztheil beträgt für die Feuchtigkeit 5 Procente, für den Ozongehalt einen Theil der Far„
benscala,welche vom völligen Weis bis zum tiefsten Blau zehn Abtheilungen enthält.
Entw: v A. TT. Burkkardb.
Aus d
Die ain Rande rechts stehenden Zahlen bezeichnen die grösste Menge des Niederschlages an einem läge.
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XVII. BAND. III. HEFT.
JAHRGANG 1855. — OCTOBER.
i
SITZUNG VOM 4. OCTOBER 1855.
Eingescudete Abhandlungen.
Über die Messung der Strom-Intensität mit der Tangenten-
Boussole.
Von W. Zenger,
Lehrer der Physik zu Neusohl.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 19. April 1855.)
l.
Als Messinstrument für die Intensität galvanischer Ströme hat
die Tangenten-Boussole den unbestreitbaren Vorzug der Bequem
lichkeit der Beobachtung, und demselben verdankt sie auch ihre so
allgemein verbreitete Verwendung, wiewohl sie der Sinus-Boussole
in theoretischer Beziehung an Genauigkeit nachsteht.
Der grösste Fehler dieses Messinstrumentes liegt bekanntlich
darin, dass die Theorie desselben eine Voraussetzung macht, deren
Erfüllung auch nicht angenähert genug in der Ausführung möglich
ist, indem eine zu starke Verkürzung der Nadellänge, ebenso wie
eine zu starke Vergrösserung des Kreisdurchmessers des Schliessungs
leiters die Empfindlichkeit beeinträchtigen, ohne bei bedeutenderem
Ablenkungswinkel die Ungenauigkeiten der Beobachtungsresultate
in hinreichender Weise zu beseitigen.
Da die Construction des Apparates somit keine Mittel zur aus
reichenden Beseitigung des Fehlers des Messinstrumentes darbietet,
so steht nur noch der Weg offen denselben bei Benützung der
Tangenten-Boussole zu genauen Messungen in Rechnung zu ziehen.
24 4
362
Zeuge r.
Um dahin za gelangen ist vorerst die Wirkung des durch den Strom
hervorgerufenen Magnetismus des Schliessungsleiters auf den inner
halb der Ebene desselben sich befindenden magnetischen Punkt
zu betrachten.
Es sei (Fig. 1) AB ein Stück eines nach einer symmetrischen in
sich zurückkehrenden Curve gekrümmten Schliessungsleiters, M sei
eine Axe desselben und in N befinde sich ein magnetischer Punkt,
der, mit 0 fix verbunden, sich um diesen Punkt frei bewegen kann.
Ist M ein elementares Stückchen des Leiters, das in der Verlängerung
der Geraden MO liegt, so
wird dasselbe einehestimmte,
der Strom-Intensität und dem
Magnetismus des Punktes N
proportionale Wirkung her
vorbringen. Ist diese Wir
kung für die Einheit der Ent
fernung p, so wird für die
Entfernung a die Wirkung
p' = pf(d) sein. Für ein
anderes Tkeilchen M' des
Schliessungsleiters ändert
sich hlos der Abstand, nicht aber die Grösse p, so dass p" =pf{a!)
wird, folglich ist
P ■ P" ==/■(«) = /’(«') «der p" = p .
f(ä)
Man kann sich daher auch die Sache so vorstellen, als ob das
Theilchen M' von M aus jedoch mit der Intensität pwirkte,
/■(“)
d. i. man kann die Wirkung jedes Stromtheilchens auf die Axe
reducirt denken.
Die Summe der Einzelwirkungen der magnetischen Strom-
theilchen wird offenbar die Totalwirkung des Magnetismus des
Schliessungsleiters auf den magnetischen Punkt darstellen; nennt
man diese S, so ist dann :
S — Pf( a ) + Pf(") + Pf(ß') + • • ■ + pf(a„) =
= P1/00 + A«') + /•(«") + ■ • .+/“(«„)];
Über die Messung- der Strom-Intensität mit der Tangenten-ßoussole. 363
hebt man f(a) heraus, so erhält man die auf die Axe reducirte Total
wirkung :
S = p/*a[l +
f («')
/(«)
Setzen wir den von den Grössen in der Klammer gebildeten Ausdruck
der Kürze wegen 2 f (a), so ist
S = p f (ä)2 <p («) oder S = p 2 cp («),
wo p die Wirkung des Elementar-Theilchens M in der Axe auf den
magnetischen Punkt N aus der Entfernung a bedeutet.
Die Wirkung des Stromleiters ist also dieselbe, wie die eines
magnetischen Punktes M in der Axe, der mit dem reducirten Gesammt-
magnetismus der einzelnen Stromelemente versehen ist. Hieraus
folgt, dass sich die Totalwirkungen eines Stromes auf einen magne
tischen Punkt
S: S' = p' 2 f («): p" 2 y («)
verhalten, d. h. S:S' — p'-p'■ Diese Proportionalität zwischen der
Totalwirkung des Stromes und der Stromelemente findet aber nur
so lange Statt, als der Punkt Wnicht aus der Ebene des Schliessungs
leiters heraustritt, daher die Tagenten-Boussole nie genaue Resultate
gehen kann, indem sich der Abstand des magnetischen Punktes vom
Schliessungsleiter und mit ihm 2 o («) fortwährend ändert.
2.
Da die Stromwirkung eine Ablenkung des magnetischen Punktes
aus der Ebene des Schliessungsleiters hervorbringt, so wird sich die
Entfernung des magnetischen Punktes von den einzelnen Stromtheil-
chen mit dieser Ablenkung ändern und daher eine Function des Win
kels sein, den eine durcli die Punkte 0 und N' gelegte Ebene mit
der Ebene des Schliessungsleiters bildet, welcher zugleich der Ab
lenkungswinkel der Geraden NO aus ihrer Lage NO ist.
Um nun diese Function des Ablenkungswinkels a zu finden, dient
die Betrachtung der beiden Dreiecke MNN' und NN'O in Fig. 2.
364
Zeuger
Wir haben im Vorstehenden
Fig. 2.
gesehen, dass jedes Strom-
theilchen so wirkend gedacht
werden kann, als ob es aus
dem Punkte M mit seinem
reducirten Magnetismus aus
der Entfernung a wirken
würde, und daher die Total- M
Wirkung des Stromes gleich
komme der Summe der redu- 'b /y
cirten Einzel Wirkungen der Stromtheilehen aus der Entfernung
a—MN. Diese Entfernung ändert sich aber mit dem Heraustreten
des Punktes N aus der Ebene des Schliessungsleiters. Die Erfah
rung hat gelehrt, dass die f(a) = d.h. die Wirkung des Magne
tismus mit dem Quadrate der Entfernungen abnimmt. Es wird somit
die Wirkung aus der Entfernung a, welche der unabgelenkten Lage
des Punktes N entspricht, gegen die aus der Entfernung a' hei der
LageiV' im umgekehrten Verhältnisse der Quadrate der Entfernungen
sich ändern. Ist p die Wirkung des Theilehens M aus der Entfer
nung MN=a und p die Wirkung aus der Entfernung MN'—n', so
folgt:
sich ergibt. Es kömmt nur darauf an, das Verhältniss — als Func-
a
tion des Ablenkungswinkels a darzustellen. Dazu dienen die erwähn
ten zwei Dreiecke. Setzt man
MN = «, MN'= a', NO = l, MO = r und NN' == b,
so gibt das Dreieck MNN die Relation
MN'- = MN* + NN* + 2MN. NN' cos ß,
das Dreieck NN'O:
NN' 2 — 2 NO 2 — 2 NO 2 coscc — 4 NO 2 sin 2
Substituirt man obige Buchstaben, so ist:
«' 3 = a 2 -(- b 2 -j- 2ab cos ß und b 2 = AI 2 sin 2 |a
b — 21 sin g «;
oder
Über die Messung der Strom-Intensität mit der Tangenten-Boussole.
365
nun ist aber
also
ß = 90- Y ;
ct! 3 = « 3 -f- 6 3 + 2 a b sin | a,
substituirt man noch für b den Werth, so ist:
ci'z = ft 3 -)- 41 3 st'« 3 ia -j- icil sin z Ja = « 3 -j- 41 sin 3 1a (« -j- J);
daher
da
ist, so ist
daher
“ 2 J I / “ + * 7 • ■> 1
==1-1-4 —— i sm-1 a,
a 3 a 3
a-f ? = NO = r
a +1 r
- = 1
>-0*’
brl
(r-iy
sin 3 Ja;
dieser Ausdruck enthält ausser a nur noch die Constanten r und l und
somit ist
— = /■(«)
a 3 ' K J
dargestellt. Aus
P=P'^=F'( 1 + ( ^^ 3 ^)
ergibt sich somit der wahre Werth der Stromwirkungaus der Ent
fernung MN=a, wenn die Wirkung p' aus der EntfernungM N'—a
bekannt ist. Da die Wirkung jedes Theilchens des Sehliessungs-
leiters in diesem Verhältnisse vermindert wird, also auch ihre Summe,
so muss sich da S: S' = p : p' = a' z : a z verhalten, somit ist
+{=51 **••»*)*''
setzt man die Constante
4 r l
<>:Zrp
S = (1 -\- C sin 3 \a) 5".
so ist
366
Z e n g e r.
(3)
Fig. 3.
3.
Bisher wurde nur die Wirkung des Strommagnetismus auf den
magnetischen Punkt in Betracht gezogen, aber wird nun die Ebene des
Schliessungsleiters in die Meridianebene
gebracht, fällt daher M mit der Richtung
des magnetischen Meridians zusammen, und
denkt man sich nun, es wirke auch die hori
zontale Componente des Erdmagnetismus
auf den magnetischen Punkt, so ist, wenn
man die Stromwirkung und die horizontale
Componente in rechtwinkelige Compo-
nenten zerlegt (Fig. 3) Nx, Ny, d. h.
JV? cos x—No sin x, woraus N£.=No tg x
folgt. Die Stromwirkung ist aber nicht die*
ungeschwächte, sondern die aus der Ent
fernung a! wirkende verminderte Strom
kraft S', daher iV? cos x — S cos x mit der
Componente No sin x der horizontalen
Intensität des Erdmagnetismus das Gleich
gewicht hält, also
S'= H tq x = —....
l-)-c sin“ -l-v.
ist; wo Nr) = II der Intensität der horizontalen Componente des
Erdmagnetismus gesetzt worden.
Dieser Ausdruck gibt sonach die wahre Stromstärke als Func
tion des Ablenkungswinkels und einer vom Abstande des magnetischen
Punktes vom Schliessungsleiter undUmdrchungspunkte 0 abhängigen
Constanten. Die Stromschwächung nimmt somit mit dem Quadrate
des Sinus des halben Ablenkungswinkels zu, und ist um so grösser,
je grösser die Constante c ausfällt. Da
4f
4 rl r
. , l
ist, so wird c um so grösser, je näher —=1 wird, d. h. je grösser
der Abstand des magnetischen Punktes N vom Umdrehungspunkte
wird. Setzt man
r
~r = n 3
Über die Messung der Strom-Intensität mit der Tangenten-Boussole. 367
so ist _
° ~ [n — \y'
Ist l verschwindend klein gegen r, d. h. fällt iV in den Punkt 0, so ist
— =0, dann wird auch c = 0, und die Stromstärke bleibt für jede
r
Ablenkung der Nadel dieselbe, dann ist also S — Hig a, also genau
der Tangente des Ablenkungswinkels proportional. Hat jedoch l eine
angebbare Grösse, so erhält man die Proportion
S: S' — (1 -j- c sin 2 | cc) tg a : (1 -j- c sin 2 |«') tg a!
zur Vergleichung zweier Strom-Intensitäten bei derselben Anordnung
des Schliessungsleiters und magnetischen Punktes. Da die Quadrate
der Sinuse der halben Ablenkungswinkel immer nur kleine Grössen
sind, wenn die Ablenkungswinkel nicht zu gross sind, so wird in
dem Ausdrucke
~s ,:
i +- c sin 2 io. tg a
1 + csin 2 \a' tga'
1 + csin 2 %a
1 + csin 2 \a.'
1 + 0
sein, wo 9 eine sehr kleine Grösse sein wird, wenn c oder— nicht zu
gross genommen wird; und daher findet näherungsweise das Gesetz
der Tangenten für jede Tangenten-Boussole Statt, in der die Nadel
länge nicht zu gross und die Ablenkungswinkel gewisse Grenzen nicht
übersteigen. Soll c den unvermeidlichen Fehler nicht vergrössern, so
4 n
muss es wenigstens nicht grösser als 1 sein; dieses in c —
li o—i)-
gesetzt gibt ?i = S-82842G oder — = ; wählt man sonach
v 5*828426
die Länge der Magnetnadel, so dass der Abstand des Poles vom
Punkte y 5 bis >/ 6 des Abstandes des Punktes M von 0 beträgt, so
wird nahe genug
S 1 + sin 2 J-a tga
S' 1 + sin 2 \'j! tga’’
sind die Winkel nicht zu gross, so kann man
'S ( I + sin 2 ' a) (I — sin 2 J- a') tg a 1 + sin 2 4-a — sin 2 \ «'
S' 1 — sin‘ t 4 >i! tga' tga'
setzen, woraus
tgy.
S
S'
(^1 -j- sin | (a + «') sin\(cc —
tga
tga'
368
folgt, daher
Zen
e r.
(S)
0 = sin\(x ■—a') sin~\ (x -f- cc').
Ist c nicht der Einheit gleich, oder sind die Winkel zu gross, so dass
die Näherungsformel nicht genau genug ist, so kann man sie auf
logarithmische Form bringen, indem man
setzt, woraus
1 -f- c sin 3 ix — c u cos 3 ix
c 0 — 1 = (1 + c) tg" ±x
folgt; man berechnet hiermit die Hilfsgrösse c 0 und hat dann
S c 0 cos 2 \ a tg a
S' c 0 ' cos 2 4- a' tg a' ’
Die Gleichung c-
4 n
, „ zeigt, dass der Werth der Constante
(n—1)'
yiel rascher mit n wächst, als es mit demselben abnimmt, so dass man
durch Verringerung der Grösse l keinesweges viel gewinnt; will man
l i
z. B. c = 0'l haben, so muss — =■ also nahezu schon i /- 2l
sein, während c = 10 wird für — = also nahezu y 2 . Um
)’ 1 *ÖO«Jü4rö
also c zu y i0 herabzubringen, muss man l viermal nahezu kleiner
machen, um es aber zehnmal grösser werden zu lassen, genügt
schon eine zwei- bis dreimalige Vergrösserung der Länge l.
Der Quotient \ \ e - s *- 2 -,— = 1+0 weicht um so mehr von
der Einheit ab, d. i. 6 wird um so grösser, je mehr die Winkel x
und a! von einander verschieden sind, es ist daher vortheilhaft, bei
den Tangenten-Boussolen nicht zu ungleiche Strom-Intensitäten zu
vergleichen, sondern entweder durch Einschaltung von zwischen
liegenden Strom-Intensitäten und gegenseitige Vergleichung weit
abstehende Intensitäten genauer zu bestimmen oder aber die Empfind
lichkeit derselben nicht zu weit zu treiben, daher Multiplicatoren
nur schwierig zu Messungen verwendbar sind. Zugleich ist ersicht
lich, dass die Fehler in der Vergleichung der Stromstärke nicht
von dem absoluten Werthe der Ablenkungswinkel sondern vielmehr
von ihrem Unterschiede abhängig ist, wie die Näherungsformel
1 c sin i (a—«) sin i («+«')= 1 + 0
zeigt, welche Q seihst für x = 90° Null macht, wenn x und «' nicht
weit abstehen und c nicht zu gross ist.
Über die Messung 1 der Strom-Intensität mit der Tangenten-noussole. 369
4.
o X
Alles bisher Gesagte bezieht sich auf einen elementaren Ring ;
da jedoch jeder Schliessungsleiter als ein System solcher elementaren
Ringe zu betrachten ist, so muss
die Gesammtwirkung des Schlies
sungsleiters als die Summe der
Wirkungen der einzelnen Ele
mentarringe betrachtet werden.
Die Wirkung jedes Elementarringes lässt sieb auf die eines Punktes M,
der mit iVund 0 in derselben Ebene liegt, reduciren, in welchem man
den reducirten Gesammtmagnetismus der Stromelemente vereinigt
denkt. Man wird somit ein System solcher mit N und 0 in einer
Ebene liegenden Kraftpunkte erhalten, die zwar dieselbe Intensität
besitzen, allein aus verschiedenen Entfernungen gegen den Punkt iV
wirken. Es lässt sieb aber die Wirkung jedes solchen Kraftpunktes
in zwei senkrechte Componenten zerlegen, wovon die eine parallel
zur Richtung NO wirkend aufgehoben und nur die andere auf NO
senkrecht wirkende thätig ist. Diese Componente aber nimmt offen
bar um so mehr ab, je grösser der Winkel ist, den eine durch NO
gelegte Verticalebene mit der durch 0 und einen dieser Punkte
gelegten ebenfalls verticalen Ebene bildet, es muss diese Wirkung
sonach irgend eine Function dieses Neigungswinkels sein. Nennt
man die Intensität des in der durch NO gelegten Ebene liegenden
Kraftpunktes M z. R. P, so wird die irgend eines andern Punktes
M' = Pf(l) sein, wenn -y der Neigungswinkel beider Ebenen ist.
Die Summe aller Wirkungen der elementaren Ringe wird sonach
s = p [f(y)+f(y')+f(f)+ ■ ■ • +/“(7n)] =
Da nach Früherem P = p'Zf (a), so ist
S=p Xfta) S/-( 7 ),
welcher Ausdruck die reducirte Wirkung des magnetischen
Schliessungsleiters für den in der Ebene MNO liegenden magne
tischen Punkt darstellt. Tritt er jedoch aus dieser Ebene heraus, so
ändert sich die Entfernung des Punktes N von jedem der Kraftpunkte
und ihre Wirkung, daher auch die Summe derselben und wird im oben
370
Zeuger.
gefundenen Verhältnisse der Quadrate der Entfernungen geschwächt.
Es findet sich daher die wahre Intensität
S = /*2 («)S /* (7) = S 0 (1 + c sin 2 \ a),
wo S 0 die Wirkung in der nun den Winkel a aus der Ebene MNO
abgelenkten Lage des Punktes N bedeutet. Für dieselbe Anordnung
des Schliessungsleiters und Punktes N bleibt aber sowohl 2/’(ee) als
/‘(■y) ungeändert, daher
iS : iS" = .So (1 +c sin 2 J cc) : iS 0 '(l -f- c sin 2 Ja') =
= P^f( a ) (7) : V' 2 /* («5 2 /* (7) = V : P">
es verhalten sich die Totalwirkungen wie die Wirkungen der Strom
elemente. Da
■So = II tg cc, so ist S = II (1 c sin 2 | a) lg a.
auch für einen nicht elementaren Schliessungsleiter giltig.
5.
Die Form des Schliessungsleiters ist in der Regel die kreis
förmige, doch lässt sich zeigen, dass die elliptische Form vorzu
ziehen ist, indem sie bei gleicher Weite, d. h. bei einer dem
Durchmesser des Kreisleiters gleich grossen Axe, empfindlicher
und dennoch compendiöser wird.
Bezieht man beide Curven auf ihre Polarcoordinaten, so ist die
Entfernung eines Stromelementes des Kreises a und einer Ellipse a'
wenn man den Ursprung in den magnetischen Punkt legt, für zwei
correspondirende Punkte
. ,
a — lcosp + Vr 3 — l 2 sin 2 p; a! — ,
r + l cos p'
wo r den Halbmesser oder die halbe grosse Axe und l die Länge NO
vorstellt, die der Einfachheit wegen so angenommen wurde, dass N
in den Brennpunkt fällt, also l — e wird. Nennt man die Wirkung
des elliptischen Stromtheilchens E und des Kreistheilchens K, so ist
p 1 iE er (icosp + Yr 2 —l 2 sin 2 p~) (r + l cosp) 2
~ lü 2 '~ÖF ~ UN (V 2 —i 2 ) 2
Setzt man p = 0 und p = 90, so ist
E o (l-r)»(r + 0* ■
K 0 - (r 2 — l 2 ) 2 - ’
Über die Messung der Strom-Intensität mit der Tangenten-Boussole. 371
weil hier die Abstände a = a' sind, und
E m r 2 (r 2 — Z 2 ) r 2 1 l
K m ~ (V 2 — t 2 ) 2 ~ r*-V ~ 1 — s 2 ’ "° ~r
die Excentricität ausdrückt, s also stäts < als die Einheit ist. Somit
ist für jedes Theilchen des elliptischen Leiters die Wirkung grösser
als für das correspondirende des Kreises; indem sie zwischen den
Grenzen 1 und wächst, somit wird auch ihre Summe grösser
sein. Allein da die Länge des elliptischen Leiters kleiner ist als die
des Kreises bei derselben Axenlänge, so wird dieses Verhältniss
dadurch verringert und zwar im Verhältniss des elliptischen Umfan
ges zum kreisförmigen, es verhalten sich aber diese Längen wie
2kv :%nr(l —f (e)), wo
/•M-(W + kH+T(
1.3.5
2.4.6
Es wird sonach
E 1 — f(e) 1—|e 2
K = 1 — £ 2 = 1 — £ 2 ’
wo demnach 1 —4-s 3 > 1—s 2 ist, also dennoch ein Wachstlium für
die elliptische Form des Leiters stattfindet und zwar um so grösseres,
je kleiner e wird.
Die Kreisform ist sonach nicht die vortheilhafteste für Schlies
sungsleiter an Tangenten-Boussolen, sondern die elliptische. Dies
scheint auch der Grund zu sein, warum inP al mieri’s Versuchen über
erdmagnetische Induction, also im umgekehrten Falle, die elliptische
Form der Drathspulen einen grösseren Effect gab als die kreis
förmige.
6.
Es erübrigt noch an einigen Versuchen die oben entwickelten
Correctionsformeln zu bestätigen. Der verwendete Apparat war eine
aus einem kreisförmig gebogenen Kupferdrathe von 1 Millim. Dicke
gebildete Tangenten-Boussole, die Nadellänge betrug 78-5 Millim.,
der Kreisdurchmesser war 202 - 5 Millim., daher — = 0'38766
r
c = 4-13S; es war sonach die Nadellänge ungewöhnlich gross, und
daher die Proportionalität der Intensitäten mit den Tangenten der
Ablenkungswinkel so gut wie aufgehoben.
372
Zeuge r.
Nach den genauesten Versuchen ist das Verhältniss der elektro
motorischen Kräfte einer Grove’schen und Daniell’schen Kette
470 : 829. Es wurden nun auf das Sorgfältigste zwei ganz gleiche
Elemente vorgerichtet und ihre Stromkräfte gemessen. Die Ablenkung
betrug für das D a niell'sche Element 31° 29', für das G ro ve'sche
42°41', als Beispiel der Berechnung mögen nun diese zwei Beobach
tungen hier stehen.
Es ist
<S 1 + c sin 2 jatg a
S 7 ~~ 1 + csin 2 ja' tga'
und
daher
Co — 1 =(!“+ c)tg 2 l
log c = 0-61653 ;
log (1+A) = 0-71041
2 logtgja = 8-89963
S c 0 cos 2 1 a lg a
S' c 0 ' cos 2 4 o! tg o! ’
log (1 + c) = 0-71041
0-71041
9-18372
log (c 0 —1) = 9-61003
c 0 —1 = 0-40741
c 0 = 1-40741
log c 0 = 0-14841
2log cos la = 9-96680
9-89413
0-78367
1-78367
0-25132
9-93840
log c 0 cos 2 ja = 0-11521
log c 0 cos 2 ja — 0-11521
log Cq cos 2 ja — 0-18972
log^r
c 0 cos 2 4- a
lo(j
S 0 ‘
«o
= 9-92549
; 9-82220
log tg a ;
log tg«'-
, 1(1 a
tg«' ~
0-18972
: 9-78704
: 9-96484
9-82220
9-92549
log 470 = 2-67210
log 829 = 2-91855
7 S
lva S'
S
S
470
829
9-74769
0-66405 ~ = 0-55936
= 0-56695
w Sh = 9-7S3SS
Fehler =— 0-00759
während der Fehler hei der Annahme, dass die Intensitäten den
Tangenten proportional sind +0-09710 nahezu 14mal grösser ist. Der
Widerstand im Leitungsbogen wurde so genommen, dass der wesent
liche Widerstand sehr klein wurde, und dieser blieb daher unberück
sichtigt, der kleine Fehler kann daher auch von diesem nicht berück
sichtigten Widerstande wenigstens theilweise herrühren.
Über die Messung- dei* Strom-Intensität mit der Tnngenten-Boussole. 3T3
Um jedoch eine noch schärfere Probe vorzunehmen, wurden
Strom-Intensitäten von bereits bekannter Intensität mit einander an
derselben Boussole, jedoch bei einer Nadellänge die ganz nahe dem
Kreisringdurchmesser gleichkam, also hei vollkommen aufgehobener
Proportionalität der Tangenten verglichen.
Zweite "Versuchsreihe.
Nadellänge 190 Millim.; Kreisdurchmesser 202-S Millim.;
Strom.
1
2
3
4
ä
Nord.
1S 9 0
17-2
20-0
22-S
24-0
Ablenkung.
Süd.
195 ? 5
197-3
200-4
202-3
204-3
Mittel.
13«
17
20
22
24
13'
21
12
39
13
Ablenkung
Strom.
6
7
8
9
Nord.
25 9 2
20-2
27- 3
28- 3
10 29-8
Süd.
205 ? 4
206-7
208-0
209- 0
210- 2
Mittel.
23® 18'
26 41
27 43
28 43
29 34
c — 98S-53 — = 0-93829; c -j- 1 = 986-33. Die berechneten
corrigirten und uncorrigirten, so wie das wahre Intensitätsverhältniss
der verglichenen Ströme gibt die nachstehende Tabelle:
Verglichene
Ströme
S 0
tg ct ~S 0 ‘
Wahre
Intensität
Corrigirte
Werthe
Verglich.
Ströme
tg a
tg Gt'
So
~s 0 ‘
Wahre
Intensität
Corrigirte
Werthe
1 u. 2
3
4
3
6
7
8
9
10
2 u. 3
4
5
6
7
8
9
10
3 u. 4
3
6
7
8
9
86029
72730
63333
60323
37677
34208
31819
49693
47412
86131
73941
70350
67041
63009
60233
37763
55110
88170
81678
77836
73153
69931
67065
50000
33333
25000
20000
16666
14286
12300
11111
10000
66666
50000
40000
33333
28572
23000
22222
20000
75000
60000
50000
42857
37500
33333
0-58730
0-38273
0-27075
0-21994
019319
0-16365
0-14522
0-13010
0-11482
0-66098
0-46781
0-38004
0-33381
0-28276
0-25093
0-22480
0-19840
0-70775
0-57495
0-50468
0-42779
0-37962
0-34009
10
4 u. 5
6
7
8
9
10
5 u. 6
7
8
9
10
6 u. 7
8
9
10
7 u. 8
9
10
8 u. 9
10
9 u. 10
0-63985
0-92636
0-88891
0-82970
0-79314
0-76061
0-72369
0-92171
0-85619
0-80240
0-78339
0-66640
5-90129
0-83666
0-78160
0-72300
0-92830
0-80720
0-80220
0-93419
0-86416
0-92503
0-30000
0-80000
0-66066
0-57146
0-50000
0-44444
0-40000
0-83333
0-71429
0-62500
0■55555
0-50000
0-85715
0-73000
0-66666
0-60000
0-87500
0-77777
0-70000
0-88888
0-80000
0-90000
30015
81233
71356
60444
53638
48053
42409
87839
74405
•66026
•39152
■52205
• 84689
•75170
•67332
•59443
•88740
■79500
•70163
•89589
•79066
•88256
374 Zenker. Über die Messung der Strom-Intensität mit der Tangenten-Boussole.
Die vorstehende Übersicht zeigt, dass die Übereinstimmung der
corrigirten Werthe bis auf die zweite und dritte Decimale durchweg
statt findet, dass die Fehler am grössten sind, wo die Winkelablenkun
gen am verschiedensten waren; die nach dem Gesetze der Tangenten
berechneten Werthe sind aber völlig unbrauchbar. Da die Mittel
womit diese Versuche ausgeführt wurden, nur höchst unvollkommen
waren, so konnte eine weitergehende Übereinstimmung nicht erzielt
werden; doch ist nicht zu bezweifeln, dass eine genauer gearbeitete
Boussole und weitergehende Kreisablesung eine viel vollkommenere
Übereinstimmung mit der Theorie hervorbringen müsste. Durch
diese Formel wird es möglich sein, selbst an Multiplicatoren genaue
Messungen solcher Ströme noch vorzunehmen, hei denen man sich
bisher begnügen musste ihr Vorhandensein constatirt zu haben. Ist
bei einem Multiplicator oder einer Boussole n und daher auch c sehr
gross, wie im vorliegenden Falle, so ist
1 c sin“ ia = c sin a I«
und dann wird
1-j-c sin 2 -la sin 2 J a
I | c sin? J a' sin 2 i a
Man braucht dann also weder die Constante c durch Versuche oder
durch Messung auszumitteln, indem nahe genug
g sin 3 tg a
iS' sin 3 | a' tg o!
sein wird.
Hlasiwetz. Über Rutinsäure und Quercitrin.
375
Über Rutinsäure und Quercitrin.
Von Dr. H. Hlasiwetz.
(Vorgelegt in der Sitzung vom S. Juli 18d5.)
Vor einiger Zeit haben Rochleder und ich eine Notiz über
das Vorkommen der Rutinsäure in den Blüthenknospen von Capparis
spinosa veröffentlicht J ). Seitdem hat Stein denselben Körper auch
in einem Farbmateriale aus China aufgefunden 2 ), welches man unter
dem Namen „chinesische Gelbheeren“ in den Handel bringt, und
welches derselbe als von einer strauchartigen Papilionacee abstam
mend, erklärt.
Wenn man die Eigenschaften dieser Säure mit denen vergleicht,
die in einer sehr sorgfältigen Untersuchung Rigaud von dem Quer
citrin ®) oder der Quercitronsäure angegeben hat, so ist man über
rascht, zu finden, dass sie vollständig dieselben sind, und was die analy
tischen Resultate angeht, so zeigt ein einfacher Vergleich, dass es sich,
sofern sie differiren, nur uin eine Differenz im Wassergehalte handelt.
Aus diesem Vergleiche drängt sich mir die Überzeugung auf,
dass diese Körper geradezu identisch sind, und ich erlaube mir daher
die Mittheilungen der verschiedenen Beobachter neben einander zu
setzen, um diese Beurtheilung zu erleichtern.
ftucrcitrin
nach Chevreu 1, BoIIey 4 ) und
Rigaud.
Schwefel- bis chromgelber
Körper, mikroskopische Krystalle
Rutins äure
nach Weiss 5 ), Bornträger®),
R. und HI. und Stein.
Verfilzte kleine Nadeln mit
einem Stich ins Schwefelgelbe,
U Sitzungsberichte der k. Akademie der Wissensch. zu Wien, Jännerheft 1852.
2 ) Programm der polytechnischen Schule zu Dresden, Mürz 1853, und pharm. Central
blatt 1853, S. 193.
3 ) Annal. d. Ch. Bd. 90, S. 283.
4 ) Annal. d. Ch. Bd. 37, S. 101.
5 ) Pharm. Centralblatt 1842, S. 903.
6 ) Ann. d. Ch. Bd. 53, S. 385.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft.
23
376
H 1 a s i w e t z.
des gradrhombischen Systems.
(R.)
In 400 Theilen siedendem
Wasser löslich. (Bolley.)
In 425 Theilen siedendem
Wasser löslich. (Rigaud.)
Fast unlöslich in kaltem
Wasser.
Löslich in 4 — 5 Theilen
Alkohol. (Bolley.)
wenn sie aus Wasser krystalli-
sirt erhalten wurden; aus Alkohol
etwas grössere Krystalle von
blassschwefelgelber Farbe. Diese
Farbe ist der Substanz eigen-
thümlicli. (R. u. Hl.)
Die Farbe ist im getrockneten
Zustande blassgelb mit einer ge
ringen Beimischung von Grün;
unter dem Mikroskop bestehen
die, aus kochend gesättigterwäss-
riger Lösung sich abscheidenden
Theilchen aus sehr feinen viersei
tigen Prismen, deren Endflächen
man nicht zu erkennen im Stande
war. (Stein.)
Krystallinisclies blassgrünli
ches Pulver; es besteht auscon-
centrischen vereinigten Prismen,
die verfilzt zu sein scheinen, und
mit sehr spitz aufgesetzten End
flächen versehen sind. Diese Farbe
ist ihm offenbar eigenthümlich.(B.)
In kaltem Wasser sehr wenig
löslich; selbst siedendes löst nur
sehr wenig davon auf; beim Ab
kühlen fällt das Gelöste beinahe
gänzlich nieder. (R. u. Hl.)
In allen gewöhnlichen Lö
sungsmitteln, Wasser .... ete.
wenig oder kaum löslich. (Stein.)
In kaltem Wasser sehr wenig
löslich, löslicher in heissem. (ß.)
Am löslichsten in kochendem
Alkohol von S0°/ o . (St.)
Alkohol löst mehr davon als
Wasser; die heiss gesättigte Lö
sung bleibt nach dem Erkalten
Uber Rutinsäure und Quercitrin.
377
Wenig löslich in Äther. (R.)
Bei erhöhter Temperatur lös
lich in Essigsäure. (R.)
Sehr leicht löslich in ver
dünntem Ammoniak und Natron
lauge; die Lösung in Ammoniak
färbt sich an der Luft dunkler
und nimmt zuletzt eine dunkel
braune Farbe an. (R.)
Die wässrige und alkoholische
Lösung gibt mit Eisenchlorid eine
dunkelgrüne Färbung ohne Nie
derschlag, welche bis zur 4—
SOOOfaehen Verdünnung noch be
merkbar ist. (R.)
Coneentrirte Salpetersäure zer
setzt das Quercitrin unter heftiger
Gasentwicklung von Stickoxyd und
Kohlensäure und Bildung von Oxal-
ldar, die Substanz krystallisirt
erst nach dem Verdunsten des
Alkohols heraus.
In Äther, selbst in siedendem
unlöslich. (B.)
Äther löst geringe Mengen
dieses Körpers. (R. u. Hl.)
In Äther wenig oder kaum
löslich. (St.)
In heisser Essigsäure in gros
ser Menge löslich; beim Erkalten
fällt nur ein Theil des Gelösten
nieder, der übrige Theil scheidet
sich aus, wenn die Essigsäure
verdunstet. (R. u. Hl.)
Die Löslichkeit wird auffal
lend vergrössert durch Essig
säure. (Stein.)
In alkalischen Flüssigkeiten,
Kali, Natron, Ammoniak, Kalk
oder Barytwasser mit Leichtigkeit
löslich. An der Luft stehen ge
lassen absorbiren diese Lösungen
Sauerstoff, und nehmen eine dun
kelbraune Farbe an. (R. u. Hl.,
B. u. St.)
Eisenchlorid bringtin geringen
Mengen nur gelblicbgrüne Fär
bung ohne Niederschlag hervor;
ähnlich wirkt schwefelsaures
Eisenoxydul. (Stein.)
Eine Lösung der Substanz in
Wasser wird von Eisenchlorid
intensiv grün gefärbt. (R. u.Hl.)
Salpetersäure färbt den Kör
per in der Kälte gelb, beim Er
hitzen löst er sich mit rother
Farbe unter Gasentwickelung auf.
23 *
378
Hlasiwetz.
säure. Nach stattgefundener Ein
wirkungist die Flüssigkeit klar und
hat eine rothbraune Farbe. (R.)
Wird Quercitrin mit einer, zur
Auflösung hinlänglichen Quantität
Wasser versetzt und zum Sieden
erhitzt, so scheidet sich auf Zu
satz von verdünnter Schwefel
säure nach kurzer Zeit ein Körper
von viel lebhafter gelberFarbe in
Flockenab, die bei näherer Beob
achtung aus feinen, kleinen ver
filzten Nadeln bestehen. (Quer
citrin Rigaud’s.)
Wasser, dem etwas Kali oder
Natron zugesetzt wurde, löst das
Quercitrin mit Leichtigkeit auf,
und zwar mit goldgelber Farbe.
Auf Zusatz von Säure scheidet
es sich in Flocken wieder ab, in
dem die Farbe hierbei ver
schwindet. (R.)
Die von dem Quercitrin ab-
filtrirte Flüssigkeit gibt nach dem
Neutralismen mit kohlensaurem
Baryt .... eingedampft, einen
süssen Syrup, der die Eigen
schaften eines Zuckers hat. (R.) j
Er kann aus dieser Lösung nicht
mehr unverändert erhalten wer
den. (R. u. Hl.)
Salpetersäure färbt ihn gold
gelb , dann dunkeloliven, endlich
röthliclibraun.
Die abgedampfte Flüssigkeit
lieferte Krystalle von Pikrinsäure
und Oxalsäure. (Stein.)
Mit mässig concentrirter Mi
neralsäure übergossen, färbt sich
der Körper augenblicklich citron-
gelb und löst sich beim Erhitzen
mit derselben Farbe. Es scheiden
sich dann citrongelbe Flocken
aus, die unter dem Mikroskop als
sternförmig gruppirte Prismen
erscheinen.
Löst man die durch Säure
erhaltenen dunkelgelben Krystalle
in Ammoniakflüssigkeit und schei
det durch eine verdünnte Säure die
Substanz wieder ab, so erscheint
sie wieder mit ihren ursprüng
lichen Eigenschaften, die sie vor
der Behandlung mit Säuren be
sessen hatte.
Dieses Gelbwerden scheint
auf einer Wasserentziehung zu
beruhen. (R. u. Hl.)
Der Caramelgeruch, welchen
der Stoff beim Erhitzen verbreitet,
deutet an, dass dieser Körper eine
Zuckerverbindung sei. (Stein.)
Nach dem Kochen mit ver
dünnter Schwefelsäure erfolgtauf
Über Rutinsäure und Quercitrin.
379
Das Quercitrin schmilzt bei
der trockenen Destillation, wird
dunkel gefärbt undgrösstentheils
zerstört. Im Rückstände bleibt eine
lockere Kohle, während man in
der Vorlage eine geringe Menge
eines, von den gewöhnlichen Pro-
ducten der trockenen Destillation,
wie brenzliche Öle, begleitetes
Sublimat erhält. (R.) (Chevreul.)
Zusatz von Ätznatron und Kupfer
oxydlösung eine Zuckerreaction.
(Stein.)
Trocken erhitzt, erhöht sich
die gelbeFarbe, indem sie zuerst
eine Beimischung von Braun er
hält.- Findet das Erhitzen
in einer Proberöhre Statt, so
entwickeln sich gelbe Dämpfe
und es bildet sich ein Sublimat,
bestehend aus einer dicklichen
Flüssigkeit, untermischt mit gelb
lichen Körnchen. (Stein.)
Wird die Temperatur über
den Schmelzpunkt erhöht, so tritt
Zersetzung ein, die geschmolzene
Masse wird braun, bläht sich auf,
und es bleibt eine voluminöse
Koble, während eine geringe
Menge flüchtiger Produete über-
destillirt.
Wie man sieht, sind diese Angaben so übereinstimmend, dass es
nur noch des Beweises der Gleichheit der Zusammensetzung bedarf,
um die Identität festzustellen.
Rigaud’s Formel C 36 H 19 0 31 ist durch die quantitative Bestim
mung des Zuckers so festgestellt, dass sie unumstösslich erscheint.
Theorie und Versuch verhalten sich wie folgt:
berechnet gefunden im Mittel
C 36 _ 53-59 — 53-39
H 19 — 4-71 — 5-03
0 21 — 41-70 — 41-56
Dagegen Hessen sich B olley’s Analysen desselben Körpers mit
dieser Formel nicht vereinen. Die Rutinsäure hatte den Analytikern
ergeben :
380
Hlasiwetz.
Borntrager R. u. Hl. Stein
C 50 34 — 50-27 — 50-13 — 50-94 — 50-92”^1j(H56
H 5-53 — 5-34 — 5-70 — 5-59 — 5-52 — 5-51
0 44-11 — 44-19 — 44-15 — 43-46 — 43-54 — 43 81
und darauf hat zuerst Bornträger C 1: ,H s O s berechnet.
(Bolley nahm für Quercitrin C i6 H 0 O I0 an, wofür sich fast
eben so gut C lc H 10 O 10 setzen lässt. Es verhält sich aber 12:8
wie 16 : 10-06.)
Mehrere Angaben weisen darauf hin, dass dieser Körper mit
ungleichen Mengen Wassers erhalten werden kann, worüber schon
Bornträger bemerkt:
„Die Langsamkeit, womit sich die Rutinsäure aus ihren Lösungen
„wieder absetzt, beruht vielleicht darauf, d ass die Substanz in
„ihren Auflösungen eine andere Zusammensetzung hat, als in
„ihrem krystallisirten Zustande. Vielleicht enthält sie im letzteren
„1 Atom Wasser mehr, welches sich bei der Einwirkung- des
„heissen Lösungsmittels von ihr trennt, aber nachher bei der
„Krystallisation ganz allmählich wieder von ihr aufgenommen
„wird.“
Dazu fand Stein für die aus Essigsäure krystallisirte Substanz:
C 53-69
H 4-90
0 41-41,
was mit Rigaud's Zahlen vollständig übereinstimmt.
Die wasserhaltige Substanz ist dann: = C 30 [i 13 O 31 + 3HO
gefunden iin Mittel
aller Analysen
C 36 — 216 — 50-23 — 50-54
H 22 — 22 — 5-34 — 5-57
0 34 — 192 — 44-43 — 43-89
430 — 100-00 — 100 00
Röchle der und ich haben ferner eine Bleiverbindung
untersucht, deren empyrischen Ausdruck wir damals nach der
Über Rutinsiiure und Quercitrin.
381
angenommenen Formel für die Rutinsäure deuteten. Auf die Formel
des Quercitrins bezogen, stimmen die gefundenen Procente beinahe
noch besser:
C 36 — 216
H 20 — 20
0 23 — 176
Pb0 3 — 334-5
746-5
gefunden
28-93 — 28-75
2-67 — 3-09
23-60 — 23 54
44-80 — 44-62
100 00 — 100-00
= C 36 H 19 0 21 + 3PbO + HO
Schliesslich sei noch auf die Ähnlichkeit einiger Reactionen des
Quercit'rins, von Rigaud und des Rliamno xanthins, das kürzlich
Prof. Büchner beschrieb !)» aufmerksam gemacht. Die beiden
Körper haben ihre äusseren Eigenschaften, ihre Unlöslichkeit in
Wasser, Leichtlöslichkeit in Äther, die Löslichkeit und Färbung
mit Ammoniak, die Geschmacklosigkeit und vielleicht auch das Ver
halten beim Erhitzen gemein. Die Angaben über die Färbung mit
Schwefelsäure, mit Eisenchlorid, und die Löslichkeit in Äther und
Essigsäure sind nicht von beiden der genannten Stoffe bekannt, auch
fehlte es Büchner an Material um sein Rhamno xanthin analysiren
zu können. Auf Rhamno xanthin passt ferner grösstentheils die
Beschreibung der Euxanthinsäure oder Purreesäure nach Erdmann
und Stenhouse, und das Sublimat, dessen Büchner gedenkt,
könnte vielleicht Purrenon sein. Es wäre gewiss von sehr grossem
Interesse, diese Daten vervollständigt zu sehen.
!) Anna!. <1. Ch. u. Pli. Bd. 87, S. 218.
382
Hlasiwetz.
Über das Phloretin.
Von Prof. Dr. II. Hlasiwetz in Innsbruck.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 5. Juli 18öö.)
Dieser interessante Körper hat sowohl für sich als auch in der
Form seiner Zuckerverbindung als Phloridzin schon mehrfach die
Aufmerksamkeit der Chemiker auf sich gezogen.
Die letzten Mittheilungen hierüber verdanken wir Roser und
Strecker *)> davon der letztere aus mehreren dafür vorgeschlagenen
Formeln C 30 H lt O 10 als die richtige bezeichnete.
Eine nähere Deutung dieser Formel ist noch nicht versucht
worden. Vermuthet wurde jedoch mehrfach, es möchte das Phloretin
eine chemische Ähnlichkeit mit dem Saligenin besitzen, das Phloridzin
mit dem Salicin verwandt sein.
Dieser Ansicht widersprach schon in der citirten Abhandlung
Strecker; meine in der Absicht angestellten Versuche, durch das
Studium der Zersetzungsproducte dieses Körpers seine eigentliche
Natur kennen zu lernen, können, wie ich glaube, es vollkommen
beweisen, dass wir es hier mit einem, in eine ganz andere Classe von
Verbindungen gehörigen Körper zu thun haben, als der, die auch das
Saligenin umschliesst.
Die Zersetzung, die das Phloretin durch kaustische Alkalien
erleidet, ist sehr geeignet hierüber aufzuklären. Ich habe durch
Behandlung mit Kalilauge zwei neue Substanzen erhalten, eine Säure
und einen indifferenten Körper, beide krystallisirt und sonst chemisch
wohl charakterisirt, von denen ich in dem Folgenden Gewinnung und
Eigenschaften mitzutheilen mir erlaube, die einen Schluss gestatten
auf die wahre Formel des Phloretins sowohl, als auch über den Platz
den man diesem Körper wird anweisen müssen.
Phloretin wurde in Kalilauge (1-2S spec. Gew.) gelöst (2 Lotli
in etwa 400 CC.) und die gelbe Flüssigkeit in einer Silberschale
kochend eingedampft, bis sie dick und breiig wurde und ein anfan-
*) Anna!, d, Ch. u. Pharm. Bd. 74, S. 178 und 184.
Über das Phloretin.
383
gendes Schmelzen statthatte. Erhitzt man weiter, so wird die braune
Masse lichter und es hat eine tiefer eingreifende Zersetzung Statt,
die man vermeiden muss, will man an den neuen Producten nicht
Verluste erleiden.
Bis dahin bemerkt man keine Gasentwickelung, und ich habe es
zweckmässig befunden, die Einwirkung der Wärme zu unterbrechen,
wenn die Masse die erwähnte breiige Consistenz erreicht hatte, zumal
mich andere Versuche gelehrt hatten, dass die Zersetzung schon
durch blosses anhaltendes Kochen mit der Lauge zu Ende geführt
werden kann.
Bei meinen ersten Versuchen zersetzte ich nun die wiederauf
gelöste Kalimasse, die eine braune Farbe besitzt, mit verdünnter
Schwefelsäure, brachte das Ganze auf dem Wasserbade zur Trockne
und zog die rückständige Salzmasse mit Alkohol aus; den Alkohol
destillirte ich ab, und behandelte den Rest wieder mit Wasser. Aus
dieser Flüssigkeit erhielt ich bei passender Concentration zweierlei
Krystalle, davon die einen zuerst anschossen und gelb oder bräunlich
gefärbt waren, die letzteren in den Mutterlaugen sich befanden und
aus diesen ziemlich farblos krystallisirten. Zuletzt war es aber sehr
mühsam durch Krystallisation die beiden Körper zu trennen, Verluste
durch das wiederholte Auflösen etc. waren unvermeidlich, die
Krystalle mussten mechanisch gesondert werden, und das Missliche
aller dieser Umstände veranlasste mich, nachdem ich mir über das
Verhalten der neuen Substanzen mehrere Erfahrungen gesammelt
hatte, einen andern Weg einzuschlagen, bei dem ich stehen blieb
und den ich nunmehr als vollkommen befriedigend empfehlen kann.
Es ist leicht, sich nach derfolgendenMethode in kurzer Zeit eine
ansehnliche Menge der beiden merkwürdigen Körper zu verschaffen.
Die breiige, nicht geschmolzene Kalimasse wird in Wasser
gelöst und sofort ein Strom Kohlensäure hindurch geleitet, bis das
überschüssige Ätzkali in kohlensaures verwandelt ist. Hierauf wird
das Ganze im Wasserbade abgedampft, bis es zu erstarren anfängt.
Diese noch sehr braune Masse wird nun mit starkem Alkohol 5 bis
6 Mal gut ausgekocht. Der Rückstand (a) wird aufbewahrt.
Die rothbraunen filtrirten Tincturen bringt man in ein ver-
schliessbares Gefäss, und setzt so lange Äther hinzu als man noch
eine Ausscheidung bemerkt, wozu meistens etwa das doppelte Volumen
des angewandten Weingeistes erforderlich ist.
384
H 1 a s i w e t z.
Auf den Ätherzusatz trübt sich sogleich das Ganze und es
sondert sich in zwei Schichten, eine dicke ölige, schwere, die am
Boden des Gefässes sich ansammelt, und darüber stehend das anfangs
milchige Ätherweingeist-Gemisch.
Uber Nacht hat es sich ganz geklärt, es wird abgegossen und
durch Destillation der Äther wiedergewonnen; hierbei gewinnt man
meistens noch eine ganz kleine Menge desselben Körpers, der sich
ausgeschieden hatte. Diese gefällte zweite Flüssigkeitsschichte ist
nichts anderes als eine sehr concentrirte Lösung des Kalisalzes einer
neuen Säure, das sich in Weingeist zwar leicht löst, in Äther aber
ganz unlöslich ist und also gefällt wird. (Dass ich es überhaupt auf
diese Weise und nicht durch blosses Abdestilliren des Alkohols
darstelle, geschieht darum, weil beim langen Sieden sich die
Flüssigkeit etwas zersetzt, was man schon an dem Tiefbraunwerden
derselben erkennt, und dann ein sehr gefärbtes unreines Product gibt.)
Man verdünnt diese Lösung mit etwas Wasser, verjagt durch
Kochen die letzten Antheile von Äther und Alkohol, und nachdem sie
wieder syrupsdick geworden und erkaltet ist, zersetzt man sie sofort
mit Salzsäure bis zur entschieden sauren Reaction.
Alsbald erfüllt sich die Flüssigkeit mit Krystallen und nach
kurzer Zeit ist sie zu einem Krystallbrei erstarrt, der die Säure mit
etwas Chlorkalium gemischt enthält.
Das Ganze lässt man auf einem Filter abtropfen, presst es
zwischen Papier und trennt nun die Säure von dem Chlorkalium
durch Ausziehen mit starkem Alkohol.
Beim freiwilligen Verdunsten des Alkohols schiessen starke
prismatische Krystalle an, die wiederholt umkrystallisirt werden.
Am besten ist es, das Umkrystallisiren aus Wasser vorzunehmen,
worin sie etwas weniger löslich sind als in Alkohol.
Es war oft gar nicht nothwendig Entfärbungsmittel anzuwenden,
denn nach drei- bis viermaligem Umkrystallisiren waren sie meist
vollkommen farblos.
Aber es kann sein, dass man beim langsamen Krystallisiren
einige Krystalle anderer Art bemerkt, die sich in der Regel durch
ihre dunkle Färbung verrathen, die einer zweiten Substanz ange
hören, deren Gewinnung ich sogleich beschreiben werde.
In diesem Falle bringt man die Lösung durch Verdampfen zu
stärkerer Concentration und stört die Krystallisation durch Umrühren
Über das Phloretin.
38S
bis zum Erkalten der Masse. Der andere Körper bleibt in der Mutter
lauge. Den Krystallbrei presst man schnell zwischen Papier ah und
krystallisirt dann um. Die so gereinigte Substanz ist, wie bemerkt,
eine Säure, die ich als Phloretin-Säure weiter abhandeln werde.
Der Kalirückstand (a) von den Auskochungen mit Alkohol
enthält nun noch die grösste Menge eines anderen Körpers, der
gleichzeitig gebildet wurde, der keine sauren Eigenschaften hat.
Obwohl er im reinen Zustande in Alkohol leicht löslich ist, so
geht er doch mit kohlensauren Alkalien eine Verbindung ein, die
diesem Lösungsmittel widersteht, denn nur ganz kleine Mengen des
selben finden sich bei dem phloretinsauren Kali.
Die Hauptmenge desselben erhält man erst, wenn man die mit
Weingeist erschöpfte Kalimasse mit einer stärkeren Säure zersetzt.
Zu dem Ende wird sie in Wasser gelöst und bis zur entschie
den sauren Reaction verdünnte Schwefelsäure hinzugetropft.
Man kann sofort, ohne von dem herausfallenden schwefelsauren
Kali abzuöltriren, alles auf dem Wasserbade zur Trockne bringen
und die Salzmasse mit starkem Alkohol oder besser mit Ätheralkohol
auskochen, bis sie vollständig weiss erscheint.
Die alkoholischen Flüssigkeiten destillirt man wieder ab, verjagt
aus dem mit Wasser verdünnten Rückstand den Rest des Weingeistes
durch Kochen und lässt nun krystallisiren. Sehr bald nach dem Erkal
ten wird man eine reichliche Krystallisation eines noch stark gefärbten
Körpers finden, dessen hervorstechendste Eigenschaft ist, dass er
sehr süss schmeckt, wesshalb er bis auf Weiteres Phloroglucin
genannt sein mag.
Die Mutterlaugen geben bei neuem Verdampfen noch ansehnliche
Mengen desselben.
Ausser diesen beiden Körpern bildet sich bei der angeführten
Zersetzung des Phloretins kein weiteres Product. Ich habe mich
davon mit grosser Sorgfalt zu überzeugen gesucht, und die Versuche
vielfach und in verschiedenerWeise wiederholt. Das Detail derselben
übergehe ich jedoch, denn sie laufen schliesslich in das vorstehende
Verfahren zusammen.
Pkloretinsiiure.
Ich glaube dem ersten der beiden gefundenen Körper keinen
passenderen Namen geben zu können, wenn gleich unter diesem
386
II l a s i w e t z.
bis jetzt meistens ein stickstoffhaltiger amorpher brauner Körper
verstanden wird, den Stass durch Einwirkung von Salpetersäure auf
Phloridzin dargestellt hat, und für den doch im Grunde dieser Name
nicht ganz bezeichnend ist. Dass er aber ein Nitrosubstitut der neuen
Säure ist, die ich beschreiben will, bezweifle ich mit Grund; seine
Zusammensetzung gestattet wenigstens keine solche Beziehung zu
derselben.
Die reine Phloretinsäure krystallisirt aus Wasser in schönen,
oft zolllangen glänzenden gebrechlichen Prismen, die meistens stern
förmig gruppirt sind. Aus Alkohol werden dieselben stärker erhalten,
am schönsten aber aus Äther, worin die Säure am löslichsten ist.
Wenn die ätherische Lösung durch freiwilliges Verdunsten syrupdick
geworden ist, so erhält man bei grösseren Mengen Substanz,
Krystalle von mehr als Zolllänge und bis nahezu l /% Zoll Dicke. Sie
halten sich an der Luft unverändert und reagiren stark sauer. Ihr
Geschmack ist etwas herb, säuerlich adstringirend.
Ihre wässerige Lösung zersetzt kohlensaure Salze leicht und
gibt nur mit Bleiessig, salpetersaurem Quecksilberoxyd und Queck
silberoxydul Niederschläge. Die beiden letzteren sind krystallinisch.
Eisenchlorid färbt dieselbe grün.
Mit Ammoniak versetzt und mit Luft geschüttelt, färbt sie sich
roth. Silbersalpeter wird auf Zusatz- von etwas Ammoniak beim
Erwärmen reducirt. Bleichkalklösung färbt sie vorübergehend roth-
braun.
In kalter Salzsäure ist sie unlöslich, die erhitzte Lösung bräunt
sich. Concentrirte Schwefelsäure löst sie, schwach erwärmt, farblos,
heim weiteren Erhitzen wird die Flüssigkeit grünbraun. Braunstein
bewirkt keine Farbenveränderung.
In Salpetersäure ist sie sogleich mit rothbrauner Farbe löslich.
Die wässerige Lösung kann ohne bemerkbare Zersetzung anhaltend
gekocht werden. Zerrieben, mit Wasser befeuchtet und in einer
Ammoniak-Atmosphäre stehen gelassen, zerfliesst sie und wird gelb-
roth. Die Phloretinsäure erleidet weder beim Trocknen bei 100°,
noch heim Schmelzen einen Gewichtsverlust. Sie schmilzt bei 128
bis 130° C. und erstarrt krystallinisch.
Sie gibt beim weiteren Erhitzen einen stechenden Dampf, brennt,
gibt sehr wenig Kohle und verschwindet ohne Biickstand.
Über das Phloretin.
387
Die Analysen derselben haben ergeben l ):
I. 0'3i4 Gr. Substanz gaben 0-742 Gr. Kohlensäure und 0-183 Gr. Wasser
*11. 0-2912 „ „ „ 0-6888 „ „ „ 0-1062 „
«III. 0-3048 „ „ „ 0-7198 „ „ „ 0-1783 „
IV. 0-286 „ „ „ 0-677 „ „ „ 0172 „ „
In 100 Theilen:
berechnet gefunden
""l Tg TnT”
C 18 — 108 - 64-66 — 64-44 — 64-31 — 64-40
H n — 11 — 6-38 — 6-34 - 6-34— 6-30
O c — 48 - 28-76 — 29-02 — 29-13 — 29-10
162 - 100-00 — 100-00 - 100-00 — 100-00 — 100 00.
(Zu jeder Analyse diente Substanz von neuer Bereitung.)
Die Formel CjsHhOo, die ich berechnet habe, ist aus den
übereinstimmenden Analysen der Salze abgeleitet, die den besten
Anhaltspunkt für ihre Feststellung abgeben, denn sie sind sämmtlich
wohl krystallisirt und leicht rein zu erhalten. Der einfachste Weg
sie zu gewinnen ist, dass man die kohlensauren Salze der betreffen
den Basen durch eine Lösung der Phloretinsäure zersetzt.
Kalisalz.
Aus kohlensaurem Kali und wässeriger Lösung der Phloretin
säure oder durch Mischen einer Lösung von Phloretinsäure mit Kali
lauge, Sättigen mit Kohlensäure, Abdampfen, Ausziehen der trockenen
Masse mit starkem Alkohol. Ein Überschuss von Alkali verursacht
dass sich die Lösung an der Luft braun färbt.
Das Salz krystallisirt aus der freiwillig verdunsteten alkoholischen
Lösung strahlig oder hei grösseren Mengen in prismatischen Blättern,
die oft eine ansehnliche Grösse erreichen. Von den dicken Mutter
laugen wird es zwischen Papier abgepresst und wiederholt umkry-
stallisirt. Es ist farblos, schmeckt erwärmend salzig, verwittert an
der Luft und verliert heim Trocknen bei 100° C. sein Krystallwasser
vollkommen.
IV.
— 64-32
— 6-68
— 28-80
4 ) Alle in dieser Untersuchung; angeführten Analysen sind mit chromsaurem Bleioxyd
und einer vorgelegten Schichte Kupferoxyd gemacht worden. Die mit * bezeich
nten hat mein Assistent, Herr Fr. Buk eisen, ausgeführt.
388
Hlasiwetz.
Zur Analyse wurde das Salz im Wasserbade getrocknet.
I. 0-287 Gr. Substanz gaben 0-551 Gr. Kohlensäure und 0-127 Gr. Wasser
It. 0-323 „ „ „ 0-136 schwefelsaures Kali.
In 100 Theilen:
berechnet gefunden
108 — 52-68 — 52-36
10 — 4-87 — 4-91
KO
47 ■
22-92 — 22-74
205 — 100-00 — 100-00.
Die Formel des Salzes ist daher: CisHioOs^m
Natronsalz.
Wie das Vorige dargestellt. Aus der sehr concentrirten Lösung,
die sich leicht an der Luft röthlich färbt, krystallisirt es in strahligen
Prismen, die beim Liegen an der Luft verwittern.
Nach dem Trocknen bei 100° gaben:
0-516 Gr. Substanz, 0-191 Gr. Schwefels. Natron.
Berechnet Gefunden
H 10 - 10- „
0 5 — 40 - „
NaO — 31 — 16-40
16-15
189
Formel: C 18 H 10 O 5 . NaO.
Magnesiasalz.
Aus kohlensaurer Bittererde und Phloretinsäurelösung. Farblose,
wavellitartige Krystallanhäufungen.
ltarytsalz.
Durch Einträgen von kohlensaurem Baryt in eine erwärmte
Lösung der Säure bis zum Aufhören des Aufbrausens erhalten. Kry
stallisirt in sehr schönen langen, durchsichtigen, flachen Prismen.
Bei 100° werden sie opak.
I. 0-3786 Gr. Substanz gaben (bei 100° getrocknet) 0 6358 Gr. C0 2 u. 0-141 Gr. HO.
II. 0-416 „ „ „ „ 0-305 „ BaO. S0 3
♦III. 0-3961 „ „ 0-1454 „ „
■
Über das Phloretin.
389
Berechnet
°18
»io -
0 5 -
BaO —
108 -
10 —
40 —
I.
46-03 — 46-08 -
Gefunden
III.
4-26 —
17-06 —
4-14- „ - „
76-6— 32-65— „ —32-37 — 32-26
234-6-
Formel: C ls H 10 O 5 .BaO.
10000
Zinksnlz.
Dai-gestellt wie das Barytsalz. Man muss jedoch die Lösung
siedend filtriren, denn das Salz ist sehr schwer löslich und fällt
sogleich aus der heissen Flüssigkeit in prächtigen glänzenden, flachen
Prismen und Blättern heraus, die sich beim Abdampfen vermehren.
Es ist nächst dem Barytsalze das schönste der untersuchten Salze;
die atlasglänzenden Blätter haben ohngefähr das Aussehen des Chol
sterins. Es ist luftbeständig.
"0-2973 Gr. Subst. gaben (bei 100° getrocknet) 0-S93S Gr.CO a u.O-1358Gr.HO.
Berechnet Gefunden
C~i O8^!i4'-40 — äl«
H 10 — 10 — 5-03 — 5-04
0 5 — 40 - „ — „
ZcO — 40-ä— „ — „
198-5
Formel: C 18 H io 0 5 . ZcO.
Silbersalz.
Man erhält dasselbe leicht durch Fällen einer reinen Lösung des
Natronsalzes mit salpetersaurem Silberoxyd. Die Flüssigkeit erstarrt
zu einem Krystallbrei blendendweisser Nadeln, der sogleich bei
Lichtabschluss filtrirt und mit kaltem Wasser ausgewaschen werden
muss. Zwischen Papier abgepresst lässt man ihn im Dunkeln luft
trocken werden, und hierauf kann er bei 100° weiter entwässert
werden. Das Salz ist sehr empfindlich für den Lichteinfluss und
daher trotz aller Vorsicht meistens etwas gefärbt. Ebenso färbt es
sich, wenn das noch feuchte Salz ins Wasserbad gebracht wird. Es
ist leicht löslich in Essigsäure und Ammoniak.
“I. 0-3976 Gr. Substanz gaben 0-5638 Gr. Kohlensäure u. 0-1368 Gr. Wasser
II. 0-312 „ „ „ 0-124 „ Silber
III. 0-400 „ „ von anderer Bereitung gaben 0-156 Gr. Silber.
390
II 1 a s i w e t z.
In 100 Theilen:
berechnet
gefunden
I. II. III.
C 18 — 108 — 39-41 — 38-67 — „ — „
H 10 — 10 — 3-65 - 3-82 — „ - „
0 5 - 40 - 14-61 - „ - „ - „
AgO— 116 — 42-33 — „ — 42-68 — 41-88
274 — 100-00.
Formel: C, s II io 0 5 . AgO.
Quecksilbersalbe.
Sie entstehen schon beim Vermischen der Säurelösung mit sal
petersaurem Quecksilberoxydul und neutraler Oxydlösung. Es sind
krystalliniscbe Niederschläge.
Der mit dem Oxydulsalz erzeugte bildet prismatische Nadeln,
der mit dem Oxydsalz durchsichtige tafelförmige Krystalle.
Die Äther-Verbindung der Phloretinsäure suchte ich durch
Behandeln einer Lösung der Säure in absolutem Alkohol mit Salz
säuregas zu erhalten.
Dabei wurde die Flüssigkeit bräunroth, und als ich sie später
im Wasserbade verdampfte, hinterblieb ein schön dunkelpurpurroth
gefärbter Syrup, der spärlich kleine Krystalle ansetzte, die im reinen
Zustande farblos sein mögen, deren Menge aber nicht hinreichte,
weitere Versuche damit anzustellen.
Die Salze der Phloretinsäure entwickeln beim Erhitzen einen
reizenden Dampf, dessen Geruch an Phenylalkohol erinnert. Die
Phloretinsäure ist dem Vorstehenden zufolge einbasisch, ihr entspricht
die Formel
W^-HO
die ihrer Salze ist dann allgemein : C 18 H,„ 0 5 . MO.
Ich wende mich nun zur Beschreibung des zweiten Zersetzungs-
productes des Pldoretins, welches weder saure noch basische Eigen
schaften zeigt, dessen ich anfangs unter dem Namen
Phloroglucin
gedacht habe. Ich will von vornherein bemerken, dass dieser Körper
die grösste Ähnlichkeit mit dem Orcin hat. So lange ich keine
Über das Phloretin.
391
Elementaranalyse desselben gemacht hatte, war ich in der That
in Versuchung, ihn geradezu für dasselbe zu nehmen, so vieles hat
er mit diesem FlechtenstofT gemein.
Allein es gibt doch ausser dem Unterschied in der Zusammen
setzung einige besondere Kennzeichen für ihn, wie sich aus dem
Folgenden ergehen wird.
Vor Allem lässt er sich so wie das Orcin nur schwierig farblos
erhalten. Die, nach dem eingangs angegebenen Verfahren zunächst
erhaltenen Krystalle sind immer stark gefärbt. Nach vielen Versuchen
fand ich für das beste sie so zu reinigen, dass ich die wässerige Lösung
derselben mit etwas Bleizuckerlösung versetzte (die keine Fällung
hervorbringt) und sofort Schwefelwasserstoff durch die Flüssigkeit
leitete.
Das herausfallende Schwefelblei entfärbt bis zu einem gewissen
Grade sehr schnell, die Flüssigkeit wird licht weingelb und gibt,
nachdem sie wieder etwas eingedampft ist, den Körper in Krystallen,
die, besonders wenn man die Operation einige Male wiederholt hatte,
nur noch einen gelblichen Stich haben. Sie haben das Eigenthümliche,
dass sie das Färbende einer wässerigen Lösung vollständig an sich
ziehen, so dass diese, in dem Maasse als mehr herauskrystallisirt,
immer farbloser wird.
Das ist aber weniger der Fall bei einer Ätherlösung. Lässt man
die schon möglichst entfärbte Substanz aus Äther, worin sie sich
schon in der Kälte leicht löst, krystallisiren und giesst bei Zeiten die
Mutterlauge ab, so sind die Krystalle fast farblos, die Lauge bleibt
gefärbt und nunmehr können sie wie angegeben noch einmal aus
Wasser umkrystallisirt werden und erscheinen dann ungefärbt.
Es sind Krystalle des rhombischen Systems, die hei langsamem
Verdunsten leicht die Grösse einer Linse erreichen, meistens unregel
mässig entwickelte Prismenflächen zeigen, hart sind, zwischen den
Zähnen knirschen und viel süsser schmecken als Zucker.
Ihre Lösungen verändern Pflanzenpigmente nicht. Aus concen-
trirten wässrigen Lösungen krystallisirt der Körper sehr schnell,
langsamer aus Weingeist und Äther. In letzterem ist er am löslich
sten. Aus absolutem Äther werden die Krystalle wasserfrei erhalten,
die aus wässeriger Lösung enthalten Krystallwasser.
Die wässerige Lösung verhält sich gegen Reagentien in folgen
der Weise:
Sitzb. d. mathem.-natunv. CI. XVII. Bd. III. Hft.
26
392
H 1 a s i w e t z.
Von Metallsalzen wird sie, mit Ausnahme von Bleiessig, nicht
gefällt. Salpetersaures Quecksilberoxydul wird reducirt, ebenso
Silberlösung beim Erhitzen und besonders schnell auf Zusatz von
etwas Ammoniak. Eisenchlorid bewirkt eine intensiv violetrothe
Färbung; sie ist der des Phloridzins fast gleich. Bleichkalklösung
gibt eine rothgelbe Färbung. Sie verblasst aber sogleich, wenn
etwas mehr davon zugesetzt wird. Die Trommer'sche Zuckerprobe
wird mit einer Phloroglucinlösung leicht erhalten. Bringt man eine
Lösung des Körpers in kohlensaurem Kali bis fast zur Trockne, so
wird durch Alkohol oder Äther nur eine Spur desselben wieder
ausgezogen; um so weniger, je wasserfreier diese Lösungsmittel
sind. Dieses Verhalten gab mir die im Eingänge beschriebene
Methode der Trennung der Phloretinsäure von Phloroglucin durch
Behandlung der kohlensauren Kalimasse mit Alkohol und Äther an
die Hand.
Die ammoniakalische Lösung des Phloroglucins wird mit Luft
geschüttelt rothbraun, später ganz undurchsichtig.
Die mit Wasser befeuchteten Krystalle zerfliessen in einer
Ammoniak-Atmosphäre zu einer rothbraunen Flüssigkeit. Salpeter
säure löst die Krystalle mit brauner Farbe. Erhitzte Salzsäure färbt
sich rothgelb, kalte zeigt keine Einwirkung.
Wie man sieht, sind die meisten Reactionen des Phloroglucins
denen des Orcins völlig gleich. Es unterscheidet sich jedoch von
demselben dadurch, dass es nicht, wie vom Orcin bekannt ist, schon
unter 100° schmilzt und dass es luftbeständig ist, d. h. seine Farbe
beim Liegen nicht verändert, wie Orcin. Die Krystalle des wasser
haltigen Phloroglucins verwittern in der Wärme, behalten aber ihre
Gestalt und können bei 100° ohne Veränderung getrocknet werden.
Nur wenige Grade weiter erhitzt, werden sie etwas missfarbig,
schmelzen aber erst bei circa 220°. Über diese Temperatur erhitzt
sublimirt ein Tlieil. Die geschmolzene Masse erstarrt krystallinisch.
Der Geruch überhitzten Phloroglucins hat nichts besonders Auffal
lendes. Die Kohle verbrennt ohne Rückstand.
(Beiläufig bemerkt, gibt die Hälfte der Summe der Schmelzpunkte
des Phloroglucins und der Phloretinsäure ohngefahr den Schmelz
punkt des Phloretins, .das bei ISO 0 schmilzt. *°° 2 "‘° = 17S.)
Die nun folgenden Analysen sind immer mit Proben von ver
schiedener Bereitung ausgeführt.
Über das Phloretin.
393
a) Wasserhaltige Substanz; lufttrocken.
I. 0-350 Gr. Substanz gaben 0-370 Gr. C0 3 und 0-1926 Gr. HO.
II. 0-3078 „ „ „ 0 500 „ „ ' „ 0-186 „ „
*III. 0-3434 „ „ „ 0-5615 „ „ „ 0-2033 „ „
IV. 0-3266 „ „ „ 0-531 „ „ „ 0-190 „ „
In 100 Theilen:
I. II. III. IV.
C — 44-44 — 44 30 — 44-59 — 44-34
H— 6 11 — 6-04 — 6 57 — 6-46
0 — 49-45 — 49-66 — 48-84 — 49-20
100-00 - 100-00 — 100-00 — 100-00.
(I reinste Substanz, II fast farblos, IV etwas gefärbt. Der Wasser
stoff in III ist in Folge eines kleinen Versehens etwas zu hoch.)
b) Wasserfreie Substanz
*1. 0-366 Gr. Substanz gaben 0-7565 Gr. C0 3 und 0-1674 Gr. HO.
II. 0*333 ,, „ „ 0-699 „ „ „ 0-1 o5 „ ,,
III. 0-330 „ „ ' „ 0-694 „ „ „ 0-130 „ „
IV. 0-336 „ „ „ 0-705 „ „ „ 0-157 „ „
V. 0-401 „ „ „ 0-837 „ „ „ 0-180 „ „
In 100 Theilen:
I. II. III. IV. V.
C — 56-37 — 57-24 — 57-32 — 57-19 — 36-92
H — 5-08 - 5-17 — 5-05 — 5-19 — 4-98
0 - 38-55 — 37-59 — 37-63 — 37-62 — 38-10
100-00 — 100-00 — 100-00 - 100-00 — 100-00.
(I 24 Stunden bei 100 —108° getrocknet; dabei batte sich
das Pulver schwach gefärbt. II nach zwölfstündigem Trocknen im
Wasserbade. III ebenso. IV war gelblich. V 2 Tage unter der
Luftpumpe und 12 Stunden bei 80° getrocknet.)
Diese Procentgehalte lassen als einfachsten Formelausdruck
c 6 H 5 0 5 für die wasserhaltige, C 6 H s 0 3 für die getrocknete Substanz
zu, dann aber natürlich alle Zahlen, welche im Verhältnis von 6: o
oder 6 : 3 stehen.
Ich glaubte mich für die Formeln C la H 10 O 10 und C 13 H 6 O ß
entscheiden zu müssen, nachdem ich gefunden hatte, dass das Phloro-
gluein mit derselben Leichtigkeit wie das Oröin ein Bromsubstitutions-
product gibt, dessen analytische Resultate nur mit diesen beiden in
Einklang zu bringen sind.
26
394
H 1 a s i w e t z.
Die Übereinstimmung der berechneten und der gefundenen
Werthe für das Phloroglucin ergibt sich dann aus Folgendem:
berechnet gef. im Mittel berechnet gef. im Mittel
12 — 44-44 — 44-43 C 12 — 72 — 37-13 — 37-00
H 10 — 10 — 6-17 — 6-29 H„ — 6 — 4-76 — 5-08
O 10 — 80 — 49-38 — 49-26 O fi - 48 - 38-11 — 37-92
126 — 100-00 — 100-00.
162 — 100-00 — 100-00
Es hinterliess ferner:
I. 0-460 Gr. lufttrockene Subst. beim Trocknen 0-338 Gr. Subst.; Wasserverlust = 0-102
— 0-122.
0-4303
II. 0-3582 „
n
Berechnet
Gefunden
C 12 H 6 0 6 - 126- 77-78 - „ - „
4110 — 36 - 22-22 — 22-18 — 22-32
12 n 6 u 6
162 — 100-00.
(Unter der Luftpumpe war nach sechstägigem Stehen der
Wasserverlust blos his auf 21'7— 21-9 pCt. erhalten worden. Es
wurde daher hierauf bei circa 90° das Trocknen durch 12 Stunden
beendigt.)
Broinvcrbindung,
Wenn man in eine ziemlich concentrirte Lösung des Phloroglu-
cins Brom tröpfelt, so verschwindet dieses schnell heim Umschütteln
und macht einer reichlichen Ausscheidung von kleinen prismatischen
Krystallen Platz, während sich die Flüssigkeit ein wenig erwärmt.
Fährt man mit dem Zusetzen von Brom so lange fort, bis die letzten
Antheile desselben nicht mehr verschwinden, so ist schliesslich die
Flüssigkeit in einen Krystallbrei dieses neuen Körpers verwandelt,
von dem man auf einem Filter die rothgelbe bromwasserstoffhaltige
Mutterlauge abtropfen lässt und mit kaltem Wasser etwas nach
wäscht. Bei der ganzen Operation bemerkt man den heftigen zu
Thränen reizenden Geruch, dessen auch Stenhouse 1 ) bei der Dar
stellung des Bromorce'ids gedenkt. Überhaupt passt Stenhouse s
Beschreibung der Bereitung dieses Körpers auch fast vollständig auf
den in Rede stehenden aus dem Phloroglucin. Gegen Wasser ver
hält sich jedoch der letztere vom Bromorceid verschieden. Denn
*) Ann. d. Ch. u. Ph. Dd. 68, S. 06.
Über das Phloretin.
395
während von diesem angegeben ist, dass es in kaltem und heissem
Wasser fast gleich unlöslich ist, in heissem jedoch schmilzt und beim
Erkalten krystallisirt, ist das Bromphloroglucin in kaltem Wasser nur
sehr schwer löslich, löst sich aber in einer grösseren Menge kochen
den Wassers vollkommen auf, und die Flüssigkeit lässt es nach dem
Erkalten in den schönsten, oft sehr langen Krvstallnadeln wieder
anschiessen, die jedoch meistens noch einen bräunlichen Stich haben.
Durch Behandeln der heissen Flüssigkeit mit Thierkohle können sie,
wenn auch mit Verlust, entfärbt werden, denn es scheint, als zersetze
sich der Körper etwas beim Kochen mit Wasser.
Sehr leicht löst sich derselbe auch in Alkohol und krystallisirt
daraus in eoncentrisch gruppirten Prismen. Kohlensäure und ätzende
Alkalien lösen ihn leicht mit brauner Farbe. Beim Liegen an warmer
Luft werden die Krystalle matt und verlieren Wasser. Bei 100°
können sie vollständig entwässert werden und zerfallen dann leicht
zu Pulver.
I. 0-5203 Gr. lufttrockene Subst. gaben 0'333 Gr. C0 3 und 0 - 108 Gr. HO.
II. 0-3034 „ „ „ „ 0-322 ,, „ „ 01018,, „
III. 0-500 „ „ „ „ 0-674 „ Bromsilb.(mit Kalk geglüht).
IV. 0-342 „ „ „ „ 0-7276 „ „ „ „
In 100 Theilen:
berechnet
gefunden
2-15 — 2-30 — 2-24 — „ — „
57-31 - „ — „ - 57-36 - 57-13
417 — 100 00.
Die Analysen der getrockneten Substanz haben ferner ergeben:
I. 0-3478 Gr. Subst. gaben 0-267 Gr. C0 3 und 0-040 Gr. HO.
*11. 0-4327 „ „ „ 0-315 „ „ „ 0-057 „ „
III. 0-540 „ „ „ 0-8286 „ Bromsilber.
IV. 0-2436 „ „ „ 0-3804 „
In 100 Theilen :
berechnet gefunden
" ^ " IT fiT"" "hk iv:
C 13 — 72 - 19-83 — 20-22 — 19-85 — „ — „
H 3 ~ — 3 — 0-82 — 1-27 — 1-46 — „ — „
Br 3 — 240 — 66-11 — „ — „ — 66-07 — 66-08
Og -— 48 — 13*24 — „ — „ n »
363 — 100*00.
396
H 1 a s i \v e t z.
Bei den Versuchen, den Wasserverlust des krystallisirten Kör
pers direct zu bestimmen, wurde gefunden:
I. 0-4028 Gr. Substanz verloren bei 100° 0-082 Gr. HO.
II. 0-3028 „ „ „ „ 0-068 „ „
Berechnet Gefunden
C.,>H,Br,0 6 — 363 — 87-06 — „ — „
6HO — 34 — 12-94 — 12-90 — 12-93
417 — loo-oa
Wenn auch, wie ich oben bemerkte, die Zusammensetzung des
Phloroglucins eine Anzahl Formeln mit 6, 12, 16, 18, 28 Kohlen
stoff etc. zulässt, so ist doch auf die Bromverhindung keine auszu
rechnen, die so wie die mit C 13 den gefundenen Mengen entspräche,
und es scheint geboten, die empyrische Zusammensetzung dieser
Körper demgemäss auszudrücken:
C 12 H 6 O ß = wasserfreies Phlorogluein,
Bia 0 6 -f 4HO = wasserhaltiges „
C is | g“ | O c = wasserfreie Bromverbindung,
C 12 | | O 0 + 6HO= wasserhaltige „
Die letztere Verbindung enthält demnach 2Äq. HO mehr als die
ursprüngliche Substanz.
BleiverMndung des Phloroglucins.
Wie das Orcin wird das Phlorogluein auch durch Bleiessig
gefällt. Der Vollständigkeit wegen habe ich diesen Niederschlag
unter denselben Vorsichtsmassregeln wie Dumas das Salz aus dem
Orcin darstellte, erzeugt und untersucht.
Die Lösung des süssen Körpers wurde mit der Vorsicht mit
Bleiessig versetzt, keinen Überschuss desselben hinein zu bringen,
dann der weisse Niederschlag schnell mit destillirtem Wasser einige
Male ausgewaschen, zwischen Papier abgepresst und unter die Luft
pumpe gebracht. Erst nachdem er dort ausgetrocknet war wurde er
zerrieben und bei 100° weiter getrocknet.
*) Ann. li. Ph. bei. 27, S. 140.
Über das Phloretin.
397
Das Salz ist nicht so unbeständig wie das aus Orcin gewonnene
und färbt sieb nicht wie dieses beim Auswaschen und Trocknen roth.
0-6756 Gr. Substanz gaben 0-317 Gr. C0 3 und 0-069 Gr. HO.
0-592 „ „ „ 0-4603 „ Bleioxyd.
Berechnet Gefunden
72 — 12-41 — 7?79'
6— 1-04— 1-13
48 — 8-58 — 8-48
446 — 77-97 — 77-60
572 — 100-00 — 100-00f
Die Zusammensetzung C 13 H 0 O 6 -j-4PbO kommt also auch mit
jener des Oreinbleioxyds überein, welche Laurent und Gerhard
zu C 14 H 8 0 4 -j- 4PbO umgerechnet haben.
Es sei mir nun erlaubt, die Beschreibung dieser Zersetzungs-
producte des Phloretins mit einigen Bemerkungen zu beschliessen.
Was zunächst ihre Entstehung aus dem Phloretin angeht, so
ergibt sich dieselbe sehr einfach aus folgender Gleichung:
f-so^isOio T HOHO = C ls H 10 O 5 . KO -j- Cj 3 H 6 0|j
Phloretin Phloretinsüure Phloroglucin.
Die Spaltung hat dann grosse Ähnlichkeit mit dem Zerfallen
einer gepaarten Ätherverbindung durch Alkalien. Dieses Schema
schliesst die Voraussetzung ein, dass die Formel des Phloretins
= C 30 H 15 O 10 sei, eine Formel, welche aus den directen Ergeb
nissen der verschiedenen Analytiker und zuletzt aus Boser's ent
scheidenden Versuchen gewonnen wurde. Sie wurde zuerst von
Liebig 2 ) aufgestellt, und würde ohne Zweifel allgemeine Geltung
behalten haben, wenn nicht Strecker in einer die erste Abhandlung
begleitenden Notiz statt derselben C 30 H 14 O lo in Vorschlag gebracht
hätte, um die Bildung des Phloridzeins besser erklärbar zu machen.
Wenn ich mich demohngeachtet für die ältere Formel entscheide, so
geschieht es nur, weil mir die angeführten Thatsachen mehr als alles
Andere für dieselbe zu sprechen scheinen, denn abgesehen davon,
dass auch der früheren Erklärung der Bildung des Phloridzeins aus
*) Annal. d. Ph. ßd. 74, S. 183.
2 ) Annal. d. Ph. ßd. 30, S. 217.
398
H 1 a s i w e t z.
C3o9jf,0 10 ~f Cj3H 10 0,o • 4H0 nichts widerspricht, müsste man für die
Deutung der mitgetheilten Zersetzung doch zu sehr gezwungenen
Voraussetzungen seine Zuflucht nehmen, da es nicht angeht, ein
Äquivalent Wasserstoff aus den neuen Verbindungen herauszurechnen.
Welchen Classen von Verbindungen die beiden Substanzen
angehören, kann man im Allgemeinen wohl bestimmen. Ich glaube,
dass diese Körper zu keinen anderen näher stehen, als zu den
eigentümlichen Bestandteilen der Flechten.
Die Ähnlichkeit des Phloroglucins mit dem Orcin ist in die
Augen springend; es ahmt dasselbe in seinen hauptsächlichsten Ver
hältnissen so nach, dass man bei oberflächlicher Betrachtung es damit
verwechseln könnte. Die Formeln geben bis jetzt wenig Aufschluss
über diese Ähnlichkeit, da auch die des Orcins noch ganz empyrisch
ist. C, 3 H fi Q 6 -f C 2 H 2 — 0 3 = C^HsO^
Phloroglucin Orcin.
Aber es lassen auch alle die übrigen indifferenten Flechten
körper, die ja höchst wahrscheinlich sehr nahe mit einander verwandt
sind, aus ihren Formeln diese Beziehungen bis jetzt noch nicht
erkennen.
C 34 H 18 0 6 = Betaorcin,
C 24 H l6 0 14 = Picroerythrin,
C 18 H 8 0 7 = Roccellinin,
C 14 H s 0 4 = Orcin,
C 12 H 6 0 6 = Phloroglucin,
H 10 O g = Erythroglucin, und vielleicht
C 6 H 7 0 6 = iUannit.
Nicht ganz ahzuweisen ist vielleicht der Gedanke, dass sie eine
Art Alkohole sind, und es wäre zu versuchen, ob sich das nicht durch
Darstellung der abgeleiteten Verbindungen beweisen Hesse.
Das Phloroglucin scheint dazu, da das Phloridzin nunmehr in
beliebiger Menge im Handel zu haben ist, am leichtesten verwendbar.
Die Phloretinsäure ihrerseits wüsste ich auch vorläufig nicht
besser zu vergleichen als mit den Flechtensäuren. Sie ähnelt der
Everninsäure, und unterscheidet sich empyrisch genommen von die
ser nur im Sauerstoffgehalt.
GisHioOg = Everninsäure, C, 8 H 10 O 5 = Phloretinsäure.
Anderntheils habe ich die Veimuthung, die es mir vielleicht
glückt in der Folge zu bestätigen, dass diese Säure vermöge gewisser
Zersetzungsproducte in einer Beziehung zur Phenylreihe steht.
Über das Phloretin.
399
Ob die Phloretinsäure C 18 Hu0 6 und das Tyrosin C^HjjNOj
mit einander etwas gemein haben, muss directen Versuchen aufzu
klären überlassen bleiben. Die Vermuthung liegt übrigens nahe.
Bekanntlich bat schon Städeler geäussert, es könnte das
Tyrosin in die Spiroylreihe gehören, und weist zur Stütze dieser
Meinung auf die Reaction mit Eisensalzen, das Verhalten gegen
chlorsaures Kali und Salzsäure und den an Anilin erinnernden Geruch
hin, den man beim Schmelzen von Tyrosin mit Kali und Braunstein
erhält.
Diese Verdachtsgründe lassen sich auch für die Phloretinsäure
geltend machen, und ich kann hinzufügen, dass auch diese, wenn
man sie mit Salzsäure und chlorsaurem Kali behandelt, anfangs sich
rothhraun färbt, dann beim Erwärmen reichlich Gas entwickelt, end
lich wieder gelb wird und getrübt ist von amorphen gelben Flocken.
Den Geruch nach Phenylsäure beim Erhitzen der phloretinsauren
Salze habe ich schon erwähnt.
Um nun auf das Phloretin zurückzukommen, so scheint es mir
am passendsten, es unter dieselben Gesichtspunkte zu bringen, wie
die gepaarten Flechtensäuren, die auch mehr oder minder leicht in
ähnliche Körper zerfallen. Wir hätten dann:
C 34 H„ Oj5 = Cj 6 H g ty + C )8 H 8 0 7
Betaorsellsiiure Orsellinsäure Roccellinin
C34 ^iii + 2H0 = Cj, H s 0 8 + C <8 H 10 0 8
Evernsäure Orsellinsäure Everninsäure
CmHjjOj, + 2H0 = C i yMU + CjjHyOj*
Erythrinsäure Orsellinsäure Pieroerythrin
+ 2H0 =£^1^0, +
Phloretin Phloretinsäure Phloroglucin.
Für physiologisch interessant halte ich schliesslich den Zusam
menhang der hier erzeugten, den Flechtensubstanzen so verwandten
Körper mit einem so verbreiteten Stoff phanerogamer Pflanzen wie
das Phloridzin der Obstbäume. Das Allgemeine der Thatsache ist für
sich klar. Es lässt uns ahnen, wie verhältnissmässig einfach die
Bildung gewisser eigenthümlicher Substanzen in den parasitischen
Pflanzen sein mag, und man darf wohl die Hoffnung hegen, dass man
*) Göttinger Nachrichten 1853, S. 122.
400
HI a s i w e t z. Über das Phioretin.
auch vielleicht noch die Paarlinge des Phloretins fertig gebildet in
solchen Pflanzen antreffen wird. Fragen solcher Art aber auf ihre
letzten Gründe zurückzuführen, wird wohl erst einer ferneren Zukunft
Vorbehalten sein.
Der letzten Mittheilung über die Identität des Quercitrins und
der Rutinsäure, die ich einer k. Akademie zu machen die Ehre hatte,
erlaube ich mir durch die folgenden Zahlen noch eine Stütze mehr
zu geben.
Professor Röchle der hatte die Güte, mir zu einem Versuch
eine kleine Menge Rutinsäure zu überlassen, die seiner Zeit aus
Capparis sp. gewonnen worden war.
0’255 Grm. dieser Substanz wurden in einem Kölbchen in etwa
50 CC. Wasser siedend gelöst und nach Zusatz von etwa 60 Tropfen
verdünnter Schwefelsäure 4 Stunden lang im Kochen erhalten.
Die Zersetzung war dann beendigt; die Flüssigkeit hatte sich
mit kleinen citrongelben zarten Krystallen erfüllt, und als diese
ahfiltrirt wurden, erschien die anfangs gelbe Lösung vollkommen
farblos. Dieses saure Filtrat wurde mit Natronlauge alkalisch gemacht
und auf 250 CC. verdünnt.
10 CC. Fehling’scher Kupferoxydlösung, welche 0-05 Zucker
entsprechen, brauchten von dieser verdünnten Flüssigkeit 110 CC.,
um kochend vollständig reducirt zu werden. Hieraus berechnen sich
44-5 pCt. Zucker. Der rückständige gelbe Körper wurde bei 100°
getrocknet und gewogen. Er betrug 0148 Grm. = 58'03 pCt., und
hatte alle Eigenschaften, die Rigaud vom Quercetin angegeben hat.
Die Formel C sg H lg 0 2 i für das Quercitrin verlangt: 44'6 pCt.
Zucker und 59-8 pCt. Quercetin.
(Die Restiinmung des Quercetins fällt immer nur annähernd aus;
in Rigaud's Versuchen schwanken die gefundenen Mengen bis zu
62-4 pCt.)
Somit erscheint es bewiesen, dass „Quercitrin“ und „Rutin
säure“ wirklich eins und dasselbe sind.
G locker. Neue Beobachtungen über das Vorkommen des Stilpnomelans. 401
Neue Beobachtungen über das Vorkommen des Stilpnomelans.
Von E. P. Glockcr.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 12. Juli 18öö.)
Zuerst ist der Stilpnomelan bekanntlich bei Obergrund
unweit Zuckmantel und später bei Spachendorf unweit Benneseh im
österreichischen Schlesien entdeckt worden. Diese Vorkommnisse
habe ich in meinen Beiträgen zur mineralogischen Kenntniss der
Sudetenländer (H. I, S. 68 ff.) beschrieben, und von dem Stilpnomelan
von Zuckmantel hat Herr Prof. Dr. Rammeisberg (Poggend. Arm.
Bd. XLIII, S. 129 f.) einige Analysen mitgetheilt. Seit dieser Zeit
habe ich den Stilpnomelan noch an mehreren anderen Orten und in
derselben Gebirgsformation wie an den erstgenannten gefunden, zum
Theil unter Erscheinungen, welche diese neuen Vorkommnisse aus
zeichnen und ihnen ein besonderes Interesse verleihen, daher ich
hier einige Nachricht davon geben will.
1. Stilpnomelan von Seitendorf bei Troppan.
Dieses Vorkommen ist wegen einiger eigenthümlichen Verhält
nisse so wie durch die dasselbe begleitenden Mineralien bemerkens-
werth.
Es war im Sommer 18S2, als an einem kleinen Hügel dicht hinter
einigen Häusern von Seitendorf zwischen Klein-Herrlitz und
Bennesch, 2y 3 Meilen von Troppau, aus einer dort angelegten
Magneteisenerzgrube (derWilhelminegrube) ein sehr schöner gross-
und kleinblättriger, so wie auch kurzstrahliger Stilp
nomelan gefördert wurde. Der grossblättrige ist zuweilen
krummblättrig und zugleich dünnschalig abgesondert, stark glän
zend und zeigt sehr glatte (aber nicht fettig anzufühlende) Flächen.
Der kleinblättrige geht ins Feinschuppige und zugleich
Feinkörnige, und dieser, wenn die Absonderung mikroskopisch
klein wird, allmählich ins Dichte über. Der dichte Stilpnomelan
hat einen unebenen Bruch vom feinsten Korn, ist meistens zugleich
dickschiefrig, lässt sich zuweilen aber auch in dünnschiefrige
402 Glocker.
Scheiben spalten und zeigt auf den schiefrigen Ablösungen oft glatte,
stark glanzende Spiegelflächen, während er im Querbruche matt ist.
Er hat, wie der blättrige, eine rabenschwarze Farbe und einen
hellberggrünen Strich und enthält sehr häufig fein eingesprengtes
Magneteisenerz. Beim ersten Anblicke könnte man diesen dichten
schiefrigen Stilpnomelan oder Stilpnomelanschiefer fiir schwarzen
Thonschiefer halten, er ist aber sogleich durch sein höheres Gewicht
und seinen berggrünen Strich erkennbar, übrigens zeigt mancher
anscheinend dichte schiefrige Stilpnomelan unter einer starken Doppel-
loupe noch deutlich eine sehr feinkrystallinisch-körnige Beschaffen
heit oder besteht aus den zartesten Stilpnomelanblättchen, ebenso
wie mancher Thonschiefer aus Glimmerblättchen.
Der Seitendorfer Stilpnomelan ist theils in unregelmässigen
derben Partien mit weissem, grossblättrigem gemeinen Kalkspath
verwachsen, welcher in grosse, höchst vollkommen rhomboedrische
Stücke springt, oder auch mit weissem gemeinen Quarz, oft mit beiden
zugleich, oder er ist auch in Kalkspath und Quarz eingesprengt; theils
erscheint er in meistens schmalen Trümmern, besonders der strahlige,
welcher den klein- und feinschuppig-blättrigen oft auf diese Weise
durchzieht. Ferner kommt der blättrige und strahlige Stilpnomelan
auch mit derbem, feinkörnigem Magneteisenerz, welches in der oben
genannten Grube gewonnen wird, verwachsen yor und durchsetzt es
auch in 2 — 5 Par. Lin. breiten Trümmern. In diesem derben, fein
körnigen Magneteisenerz, welches entweder rein oder mit fein
schuppigem oder feinerdigem Chlorit durchdrungen ist, fand ich einen
3 — 6 Lin. starken Gang von ziemlich grossblättrigem Kalkspath,
welcher mit sehr schmalen Sahibändern von feinblättrigem Stilpno
melan eingefasst ist, der sich auch an einzelnen Stellen in das Innere
des Ganges hineinzieht, — ein sehr niedliches Vorkommen. Nicht
selten zeigt sich in diesem Stilpnomelan, ebenso wie auch in dem
begleitenden Magneteisenerz, Schwefelkies eingesprengt, in kleinen
derben Partien und in 4 — 5 Zoll mächtigen Gängen und schmalen
Trümmern. Viel seltener erscheint in Begleitung des Stilpnomelans
gelblielibrauner und haarbrauner kleinblättriger Eisenspath, welcher
ihn gangartig durchsetzt oder in unregelmässigen derben Partien mit
ihm ebenso wie mit weissem blättrigen Kalkspath verwachsen ist, und
auch selbst wieder eingemengten Stilpnomelan ebenso wie auch
Schwefelkies theils eingesprengt, theils in kleinen Würfeln und
k
a
Neue Beobachtungen über das Vorkommen des Stilpnomelans. 403
Kubo-Oktaedern enthält. Dieses ist ein ganz neues Vorkommen der
Eisenspaths, und Seitendorf bis jetzt der einzige Fundort, wo der
selbe mit Stilpnomelan verwachsen vorkommt. Mitten in dem derben
kleinblättrigen Eisenspath bemerkt man zuweilen auch sehr kleine
Krystalle desselben in der Form des primitiven Rhomboeders und eben
solche auch als grosse Seltenheit in dem blättrigen Kalkspath. Der
kleinblättrige Eisenspath geht auch durch einen sehr feinblättrigen
Zustand ins Dichte über.
Endlich trifft man auf der Lagerstätte des Stilpnomelans bei
Seitendorf auch sehr feinschuppigen dunkel-berggrünen Chlorit in
kleinen Partien an, wie eben dieses auch beim Stilpnomelan von
Obergrund der Fall ist, und Rammeisberg's Vermuthung (Hand-
wörterb. d. ch. Tlieils der Min. II. Abth., S. 186), dass die von ihm
in vier Analysen gefundenen Differenzen der chemischen Bestandteile
dieses Stilpnomelans von einer Einmengung von Chlorit herrühren
mögen, ist wohl als ganz gegründet anzunehmen. Der feinschuppige
Stilpnomelan ist auch anfangs seihst für Chlorit gehalten worden.
Wenn beide mit einander verwachsen Vorkommen, lässt sich jedoch
der Chlorit, auch wenn seine grüne Farbe sich noch so sehr der
schwarzen des Stilpnomelans nähern sollte, durch seine viel grössere
Weichheit, seine Müdigkeit und sein fettiges Anfüblen leicht vom
Stilpnomelan unterscheiden.
2. Stilpnomelan von Biirn.
1. In der Annagrube dicht bei Bärn, 2 Meilen von Sternberg
in Mähren, fand ich Stilpnomelan von gleichem Vorkommen wie bei
Seitendorf unweit Bennescb, nur nicht so grossblättrig, nicht so häufig
und nicht in so grossen Partien. Er ist dort gewöhnlich kleinblättrig,
zuweilen auch kurzstrahlig und sowohl mit Kalkspath als mit fein
körnigem Magneteisenerz verwachsen. In Verbindung mit demersteren
zeigt er oft ganz unregelmässige Formen, auch durchsetzt er ihn in
schmalen gangartigen Partien, oder er stellt die Sahibänder von Kalk-
spathgängen dar, oder er ist auch blos in Kalkspath eingesprengt.
In dem feinkörnigen Magneteisenerz bildet er schmale (1 Linie bis
fast 1 Zoll starke) Gänge und diese enthalten oft kleine und sehr
kleine Kalkspatheinmengungen, ebenso wie das Magneteisenerz selbst;
an den Rändern solcher Gänge bildet oft kurzstrahliger Stilpnomelan
eine Einfassung des blättrigen.
404
G 1 o c k e r.
Das Gestein der Annagrube, worin der Stilpnomelan mit dem
Kalkspatli und Magneteisenerz vorkommt, ist ein dunkelberggrüner
oder graulichgrüner, matter oder schimmernder dickschiefriger dichter,
im Bruche feinsplittriger Chloritschiefer, worin jedoch unter der
Loupe höchst feinschuppige Theilchen erkennbar sind. Dieser Chlorit
schiefer ist oft mandelsteinartig durch eingemengte kugelige oder
ellipsoidische Körner von weissem oder blassrothem blättrigen Kalk-
spatli, oder auch porphyrartig durch eingemengte bald regel
mässig- , bald unregelmässigeckige Krystalle oder krystallinische
Körner von eben solchem Kalkspatli. Bemerkenswerth ist, dass sich
unter beiderlei Kalkspath-Einmengungen nicht selten solche linden,
welche in ihrem Centrum einen sehr kleinen gleichgeformten Kern
von demselben dichten oder mikroskopisch-feinschuppigen Chlorit
einschliessen, wie derjenige der Grundmasse ist. (Fig. 1.)
Fig. i. (T) (3^) fV, (*)<*)& CT)
Die Kalkspath-Einmengungen von kreisrundem oder ovalem Um
risse haben im Bruche ein ganz ähnliches Ansehen wie manche aus
blättrigem Kalkspatli bestehende Enkrinitenstielglieder, welche be
kanntlich im Querbruche eine vollkommen blättrige Structurfläche des
Kalkspaths darbieten, und man könnte beim ersten Anblicke wirklich
verleitet sein, sie für solche zu halten, wenn nicht unter jenen Ein
mengungen auch Formen von vier-, fünf- und sechsseitigem und auch
von ganz unregelmässigem Umrisse vorkämen, welche Durchschnitte
von regelmässigen oder verschobenen Kalkspathkrystallen darstellen.
Diese eckigen Kalkspathformen, welche mit denkreisrunden und ovalen
abwechseln, dienen zugleich zum Beweise, dass man bei der Erklärung
der Bildung des mandelsteinartigen Chloritschiefers nicht an eine
sogenannte platonische Entstehung und an eine Durchdringung des
Gesteins mit Dampfblasen denken darf, eine Bildungsweise, welcher
ausserdem auch noch die vollkommene Schichtung dieses Chlorit
schiefers und seine parallele Lagerung mit dem ausgezeichneten
hlassgrauen Übergangsthonschiefer widerspricht, welcher das Lie
gende der Magneteisenerzlager beiBärn bildet, während der Chlorit
schiefer im Hangenden vorkommt. Die kugeligen und ellipsoidischen
Kalkspathkörner sind vielmehr nichts anderes als eben solche Aus
scheidungen wie der denselben Schiefer unter den verschiedensten
Formen in grösseren und kleineren Partien durchziehende und häufig
Neue Beobachtungen über das Vorkommen des Stilpnomelans. 405
auch ganz unregelmässig darin eingesprengte Kalkspath, welcher auf
diese Art so allgemein in entschiedenen Wasserbildungen verbreitet
ist. Überdies ist auch die mandelsteinartige so wie die porphyrartige
Structur des Bärner Chloritschiefers durchaus nichts Constantes,
sondern findet nur stellenweise Statt, während dagegen auf grösseren
Strecken hin der Chloritschiefer ohne alle Kalkspath-Einmengung ist,
was gleichfalls gegen eine plutonische Bildung spricht. Gerade an den
Chloritschiefermassen der Annagrube kann man sich vollkommen
überzeugen, dass die Kalkspath-Einmengung oft nur auf ganz kleine
Räume sich beschränkt, während die viel grössere Ausdehnung dieses
Schiefers ohne alle solche Einmengung ist 1 ).
2. Ausser der Annagrube gibt es noch einen anderen Fundort
von Stilpnomelan in der Nähe von Bärn, nämlich am Kieselberge bei
Pro ckersdorf, */ 4 Stunde von dem ersteren Orte entfernt. Ich
fand denselben dort ebenfalls in einer Eisenerzgrube, aber nur in
kleinen und kleinblättrigen Partien, mit derbem gemeinen Quarz
verwachsen, so wie auch als kurzstrahlige Einfassung von */ 2 bis
1 Zoll mächigen Kalkspathgängen.
3. Stilpnomelan von Sternberg in Mähren.
Das merkwürdigste Vorkommen des Stilpnomelans ist dasjenige
in der Pauligrube auf dem Babitzberge 2 ) dicht bei Sternberg
im nördlichen Mähren, weil er hier bis jetzt allein krystallisirt
gefunden worden ist. Die Krystalle sind sehr dünne, 1 — 2 Par. Lin.
breite sechsseitige Tafeln, anscheinend dem rhomboedrisehen
oder hexagonalen Krystallsysteme angehörig, aber stets so undeutlich,
dass sich ihre Form nicht genau bestimmen lässt, indem ihre Ränder
1 ) Der mandelsteinartige Chloritschiefer von Bärn, welcher in noch grösserer Aus
dehnung und zugleich mit mandelsteinartigem Thonschiefer und in diesen voll
kommen übergehend bei Sternberg (wo die Einmengungen statt aus Kalkspath
häufig auch aus gelbem und braunem Eisenocher bestehen), in einem kleineren
Dislricte auch bei Seitendorf unweit Troppau vorkommt, ist identisch mit dem
unter dem unpassenden Namen Schalstein bekannten Gestein aus dem Nassaui-
schen und vom Harze , über dessen Natur und angebliche Entstehung durch
plutonische Kräfte so verwirrende Ansichten verbreitet worden sind.
2 ) Die vordere, dicht hinter den Häusern der Sternberger Vorstadt sich erhebende
Kuppe des Babitzberges, auf welcher die Pauligrube liegt, wird auch der Wein
berg genannt.
406
G1 o c k e r.
nicht vollkommen ausgebildet, sondern wie zernagt oder rauh, und
noch überdies gewöhnlich mit gelblichbraunem Eisenocher überzogen
sind. Diese Tafelkrystalle finden sich in Gangtrümmern von ziemlich
grossblättrigem Stilpnomelan, dessen blättrige Partien senkrecht oder
beinahe senkrecht gegen die Gangränder stehen; eben diese Stellung
hat auch ein grosser Theil der Tafelkrystalle, in welche die blättrigen
Partien am freien Ende auslaufen, daher die Krystalle mit ihren
scharfen Rändern emporstehen, auf ähnliche Weise wie die tafelartigen
Labradorkrystalle in den Klüften des Dolerits von Liebenau bei
Wahlstadt in Schlesien. Die Tafeln stehen aber in verschiedenen
Richtungen und durchkreuzen einander mehrfach, so dass sie kleine
drei-, vier- bis fünfseitige geradzellige Vertiefungen bilden, deren
Wände gewöhnlich mit gelbem Eisenocher bedeckt sind. Die aller
meisten Krystalle sind auf diese W r eise zellig gruppirt.
Der krystallisirte Stilpnomelan ist jedoch nur in wenigen Gang
trümmern vorgekommen; die meisten sind ganz mit derbem, blättrigem
oder strahligem Stilpnomelan und oft zugleich mit Chlorit ausgefüllt.
Der blättrige Stilpnomelan geht aus dem Grossblättrigen ins Klein-
und Feinblättrige bis ins Mikroskopisch-Feinschuppige über; der
strahlige ist meistens parallelstrahlig, seltener sternförmig-strahlig.
Alle diese Varietäten erscheinen oft in gangartigen Lagen von i/ 4 Lin.
bis 5 Linien Dicke neben einander und zugleich oft neben oder
zwischen sehr feinschuppigem, feinkörnigem oder dichtem Chlorit,
welcher fein eingesprengtes Magneteisenerz enthält, ja zuweilen ganz
damit durchdrungen ist. Der grossblättrige starkglänzende Stilpno
melan erscheint gewöhnlich in 1—2 Linien starken Trümmern im
feinschuppig-blättrigen, welcher die Hauptmasse darstellt. Der derbe
blättrige Stilpnomelan hat oft schmale Klüfte zwischen sich, deren
Wände einen Anflug von gelbem Eisenoxydhydrat haben. Manche
Stilpnomelantrümmer sind gebogen und keilen sich mitten im Chlorit
aus. Zuweilen sind in dem letzteren auclreinzelne stark glänzende
Blättchen von Stilpnomelan eingemengt. Beim strahligen Stilpnomelan,
welcher häufig in parallelen Gangtrümmern neben dem blättrigen
liegt, sind die strahligen Partien senkrecht gegen die Gangtrümmer
gerichtet.
In manchen Gängen zeigen sich zwischen dem Stilpnomelan und
Chlorit dünne Lagen von Schwefelkies und dichtem Brauneisenstein,
welcher letztere höchst wahrscheinlich durch Umwandlung des
Neue Beobachtungen über das Vorkommen des Stilpnomelans. 407
Schwefelkieses entstanden ist; denn dieser zieht sich auch mitten in
den Brauneisenstein hinein, keilt sich darin aus und setzt sich nach
solcher Unterbrechung wieder fort, so dass er die Form im Kleinen
darstellt, welche die liegenden Stöcke im Grossen haben. Schreitet
der Umwandlungsprocess weiter fort, so werden die unterbrochenen
Schwefelkieslagen immer kleiner und zuletzt ganz durch den Braun
eisenstein verdrängt. Nicht selten sitzt der Stilpnomelan auch unmit
telbar auf dem dichten Brauneisenstein auf, welcher in derben Massen
in der Pauligrube gebrochen wird.
Schwefelkies findet man ausserdem auch eingesprengt und in
scharf ausgebildeten kleinen Würfeln, die jedoch manchmal auch
einen Durchmesser von 1-—-3 Linien erreichen, sowohl im Stilpno
melan als im Chlorit, in dem ersteren auch kleine Kalkspathpartien,
sehr selten aber hellgrünen Pistazit als feinkörnig-krystallinischen
Überzug. Der sehr feinschuppige Stilpnomelan ist stellenweise reich
lich mit Schwefelkies imprägnirt, welcher sich in der sehr feuchten
Grube leicht zersetzt und in Brauneisenstein umwandelt, daher solcher
Stilpnomelan an den der Luft ausgesetzten Stellen braun erscheint
und für Brauneisenstein gehalten und als solcher verschmolzen
worden ist. Vielleicht ist der grösste Theil des Brauneisensteins in
der Pauligrube als umgewandelter Schwefelkies zu betrachten. Auf
der Lagerstätte des Brauneisensteins seihst kommen derbe Schwefel
kiespartien vor, welche ganz von dichtem Brauneisenstein umgeben
sind, was die angegebene Entstehungsweise des letzteren zu bestäti
gen scheint. Indessen können manche Partien des Brauneisensteins
auch aus dem Magneteisenerz entstanden sein, welches mit dem
Brauneisenstein vorkommt. Das Gestein, welches den Stilpnomelan
in der Grube umgibt, befindet sich zuweilen in einem so aufgelösten
Zustande, dass es ganz unkenntlich wird; am häufigsten ist es sehr
feinschuppiger , innig mit Magneteisenerz durchmengter Chlorit,
welcher durch Eisenoxydhydrat oft ganz entstellt ist. Die Masse
dieses Chlorits liegt in der Grube neben einer Wand von mandel
steinartigem Chloritschiefer.
4. Stilpnomelan vom Idskowitz und von Wiichtcrsdorf.
1. In dem mandelsteinartigen Thonschiefer im Walde Lisko-
witz, eine Stunde nördlich von Sternberg, kommt auf einem Braun
eisensteinlager feinschuppig-blättriger Stilpnomelan, jedoch nur in
Sitzb. d. mathem.-natimv. CI. XVII. Bd. III. Hft. 27
408
G lock e r.
sparsamen Partien Tor. Das Brauneisensteinlager wird in zwei nahe
beisammen liegenden Gruben bebaut, in der Hugogrube und Robert
grube. In beiden Gruben erscheint dieser Stilpnomelan meistens mit
fein schuppigem Chlorit gemengt und enthält zum Theil auch mikro
skopischfein eingemengtes Magneteisenerz. Sein starker Glanz und
seine schwarze Farbe unterscheiden ihn in diesem Gemenge deutlich
vom Chlorit. Er kommt ebensowohl in sehr schmalen Klüften von
weissem grossblättrigem Kalkspathe als in kleinen derben Partien vor.
Der derbe enthält gewöhnlich fein eingesprengten weissen klein
blättrigen Kalkspath, welcher durch die ganze Masse verbreitet ist, oft
in so feinen Theil eben, dass sie für das blosse Auge kaum oder nicht
sichtbar sind, sondern sich nur durch Brausen mit Säuren zu erkennen
geben. Grössere Kalkspatheinmengungen sind darin viel seltener.
2. In einiger Entfernung von dem zuvor erwähnten Fundorte,
nämlich bei W ä c h t e r s d o r f, ebenfalls eine Stunde nördlich von
Sternberg, ist in den Jahren 1849 und 18S0 in einem Stollen der
Mathildegrube Stilpnomelan in allen seinen Zuständen in reichlicher
Menge auf Gängen vorgekommen, der klein- und feinblättrige aber,
wie gewöhnlich, häutiger als der grossblättrige. Der letztere ist
oft krummblättrig und erscheint nur in 2 bis 6 Linien mächtigen
Gängen, bald in weissem blättrigem Kalkspath, bald in feinschuppi
gem Stilpnomelan, bald in feinschuppigem und dichtem Chlorit,
welcher stäts eingesprengtes Magneteisenerz enthält, bald selbst in
sehr feinkörnigem Magneteisenerz; oder diese Gänge sind auch an
der einen Seite von Kalkspath, an der andern von Magneteisenerz
oder von feinschuppigem Stilpnomelan begrenzt. Andererseits schliesst
aber der Stilpnomelan auch selbst wieder Kalkspath in kleinen Par
tien oder in schmalen Trümmern ein, eben so wie auch das Magnet
eisenerz, und solche Trümmer ziehen sich zuweilen aus einer dieser
Massen ununterbrochen in die andere hinein. Nur selten findet sich
der Wäcbtersdorfer Stilpnomelan strahlig und zwar gerad- und
parallelstrahlig, in Trümmern von nur 1 bis 2 Linien Breite, neben
welchen gewöhnlich eine ebenfalls schmale Lage von schuppigem
Stilpnomelan liegt.
Ich fand den Stilpnomelan in der Wäehtersdorfer Grube durch
aus mehr oder weniger eisenschüssig, zum Theil so stark, dass er
ganz braun gefärbt erscheint und das Eisenoxydhydrat sich zwischen
die Ablösungen der blättrigen Partien tief hineinzieht. Auch das
Neue Beobachtungen über das Vorkommen des Stilpnomelans. 409
ganze Gestein, in und mit welchem er vorkommt, nimmt an dieser
Färbung Tlieil. Es hat sich auch viel Eisenocher abgesetzt, welcher
den Stilpnomelan und den Chlorit überzieht. Wahrscheinlich ist
jedoch diese starke Eisenfärbung nicht ursprünglich, sondern erst
nach und nach durch eindringendes Wasser in der an Magneteisenerz
reichen Grube entstanden.
5. Stilpnomelan von Jcssenetz.
Ein nur eingeschränktes Vorkommen des Stilpnomelans ist das
jenige bei Jessenetz, seitwärts von der Strasse nach Kladeck,
2 Stunden von Gewitsch. Ich fand ihn dort an einem Hiigel in einem
Schachte im Thonschiefer und Chloritschiefer, welche beide mit
Magneteisenerz durchmengt sind, zu dessen Gewinnung der Schacht
angelegt worden ist. Er erscheint nur in kleinen und klein- und fein
blättrigen derben Partien, welche, wie an den anderen Localitäten,
mit weissem blättrigem Kalkspath verwachsen sind.
4»
Allgemeine Bemerkungen über das Vorkommen des Stilpnomelans.
Sämmtliche hier erwähnte, so wie die früher bekannten Stilpno-
melane sind von Fundörtern in Mähren und im österreichischen
Schlesien und aus einer und derselben Gebirgsformation, aus dem
Thonschiefer des Grauwackengebirges und zwar der sogenannten
devonischen Formation. Es war aulfallend, dass dieses Mineral so
lange nur im Bereiche der genannten Länder gefunden worden war,
aber mit Grund war zu vermuthen, dass das Vorkommen desselben
nicht auf diese Länder beschränkt sein, sondern dass es unter
gleichen geognostischen Verhältnissen auch anderwärts werde auf
gefunden werden, was sich auch bestätigt hat. Ein klein- und fein
blättriger Stilpnomelan ist nämlich, ebenfalls mit weissem blättrigem
Kalkspath verwachsen, wie der mährische und schlesische, bei Runkel
an der Lahn vorgekommen; ein Exemplar desselben verdanke ich dem
Herrn Dr. Krantz in Bonn. Bei genauerer Untersuchung der Eisen
erzlagerstätten im devonischen Thonschiefer wird man den Stilpno
melan wohl noch an manchen anderen Orten entdecken.
Alle bis jetzt bekannten Vorkommnisse des Stilpnomelans haben
das mit einander gemein, dass sie in Begleitung von Chlorit, Kalk
spath und Magneteisenerz erscheinen. Quarz zeigt sich an einigen
Orten (besonders bei Seitendorf) ebenfalls als Begleiter desselben,
27*
410 G1 o c k e r. Neue Beobachtungen über das Vorkommen des Stilpnomelans.
aber nicht so constant. Eben dieses gilt vom Schwefelkies und Braun
eisenstein. In der genauesten Beziehung zu einander stehen Chlorit
und Stilpnomelan; es gibt keinen Stilpnomelan, mit welchem nicht
Chlorit vorkäme. Die chemische Mischung beider Mineralien macht
es auch ganz begreiflich, dass sie gleichzeitig mit einander und unter
denselben Verhältnissen haben entstehen können. Ihre verschiedene
physische Beschaffenheit hält sie aber von einander gesondert. In
deutlichen blättrigen Partien ausgebildet können sie nicht mit ein
ander verwechselt werden, nur im sehr feinschuppigen Zustande
kommen sie einander sehr nahe. Es ist aber schon darauf aufmerksam
gemacht worden, dass sie auch in diesem Zustande wohl von einander
unterschieden werden können, was nur dann schwierig ist, wenn sie
innig mit einander gemengt Vorkommen. Dass der Chlorit so reichlich
Magneteisenerz einschliesst, scheint nicht zufällig zu sein; der Stilpno
melan enthält dergleichen zwar auch, aber nicht so häufig, lange
nicht in solcher Menge und nur sehr fein eingesprengt. Bei der Bildung
des Chlorits muss sich aus dem eisenreichen Medium viel mehr Eisen
oxydoxydul abgeschieden und als besonderes Mineral ausgebildet
haben, als dieses bei der Bildung des Stilpnomelans der Fall war,
daher jener viel weniger Eisen in seiner Mischung enthält als dieser.
Alles, was über die Art des Zusammenvorkommens des Stilpno
melans mit dem Chlorit, Kalkspath, Magneteisenerz, Schwefelkies und
Brauneisenstein tliatsächlich bekannt ist, namentlich das wechsel
seitige Vorkommen je eines dieser Mineralien in einem der anderen,
beweist ihre gleichzeitige Entstehung. Der auf Gängen vor
kommende Stilpnomelan kann nicht jünger sein als die ihn begleiten
den Mineralien, weil auch umgekehrt diese im Stilpnomelan selbst als
Gänge erscheinen, überhaupt aber alle auf die mannigfaltigste Weise
mit einander in Verbindung stehen.
Dass auf den Lagerstätten des Stilpnomelans Umwandlungen
der Gesteine sich ereignet haben, ist augenscheinlich. Es beweist
dieses der sehr aufgelöste, oft total veränderte Zustand dieser
Gesteine, wie des Chlorits, des Stilpnomelans selbst, des Magnet
eisenerzes und besonders des Schwefelkieses, welcher, wie gezeigt
wurde, oft ganz und, wie es scheint, selbst in grosser Ausdehnung in
Brauneisenstein verwandelt ersheint.
Li ttr o w. Über den Zusammenhang 1 von Flecken und Protuberanzen der Sonne. 411
Vorträge.
Über den Zusammenhang von Flecken und Protuberanzen
der Sonne.
Von dem w. M. Earl von Littrow.
Bei meiner Beobachtung der totalen Sonnenfinsterniss vom
28. Juli 1851 zu Rixthöft an der Ostsee hatte ich meine Aufmerk
samkeit besonders dem Gegenstände der Überschrift zugewandt. In
dieser Absicht war nicht nur mein Fernrohr mit einem, Bessel’s
Positionsmikrometern für Sternbedeckungen (Astr. Nachr. XVI. S. 161)
nachgebildetenApparate als derjenigen Vorrichtung versehen, welche
für Messungen von Position und Grösse der Protuberanzen mir bei
weitem die passendste schien, sondern suchte ich überdies durch
Beobachtungen am Ringmikrometer die Lage der vor der Finsterniss
sichtbaren Flecken, sobald es die Witterung zuliess, zu bestimmen,
um so die Grundlagen zur Entscheidung der Frage zu erhalten, ob
die Protuberanzen sich wirklich an den Orten der zur Zeit der Tota
lität dem Sonnenrande sehr nahen, also in der Regel an sich unsicht
baren Flecken befinden. Obgleich die Daten, welche ich so gesam
melt, zum Theile durch zufällige Umstände, zum Tlieile durch Un
kenntnis der Sache, über die es bisher nahezu an allen Erfahrungen
fehlt, keineswegs den wünschenswerthen Grad von Sicherheit und
Vollständigkeit erreichten, so glaube ich doch die Art, wie ich die
selben von vornherein zu benützen mir vorgenommen hatte, um so
mehr an diesem Beispiele erläutern zu dürfen, als, so viel mir bekannt,
es nirgend sonst auch nur solche Elemente der Rechnung zu liefern
gelang und bei keiner seitdem eingetretenen ähnlichen Gelegenheit
dieser meiner Ansicht nach einzig richtige Weg heschritten wurde.
Um den Gang der Untersuchung völlig anschaulich zu machen und
manche am Ende zu gebende Bemerkungen zu begründen, werde ich
meine Arbeit umständlich mittheilen.
Am 25. Juli hatte ich nachstehende Beobachtungen der drei
gegen den westlichen Sonnenrand hin damals sichtbaren Flecken
mit dem Ringmikrometer angestellt:
412
L i 11 r o w.
Mom. und Gestirn
Äusserer
Kreis
Innerer
Kreis
Anmerkungen
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck I . .
Austr. „ . .
„ Sonne R. II.
2 1 " 33”
33
36
38
2f0
17-3
13-0
36-7
33'" 6.'7
33 28-5
36 3-0
38 31-7
Uhr: Garde-Observ.
Krille.
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck I. . .
Austr. „ . .
,, Sonne R. II
37 19-0
37 36-7
38 29-0
0 34 6
37 23-0
37 46-0
38 19-2
0 49-2
Uhr: Chron. Kessels
Nr. 1267.
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck I. . .
Austr. „ . . .
,, Sonne R. II.
4 0-3
4 17-2
3 10-0
7 34-0
4 3-0
4 26-4
4 38-4
7 29-0
Uhr: Chron. Kessels
Nr. 1267.
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck I . . .
Austr. „ . . .
„ Sonne R. II.
16 19-3
16 38-3
17 28-0
19 33-8
16 26-0
16 48-0
17 17-1
19 48-3
Uhr: Chron. Kessels
Nr. 1267.
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck II . .
Austr. „ . .
„ Sonne R. II.
31
32
33
33
34-0
16- 3
8-3
17- 6
32 0-0
32 27-0
32 38-9
33 11-6
Uhr: Garde-Obs.Krille.
Die Zahlen 3a 11*6 aus den
drei anderen Momenten
der Sonne interpolirt.
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck II . .
Austr. „ . .
„ Sonne R. II.
36 30-8
36 34-0
39 54-4
41 10-4
36
37
39
41
37-0
5-2
48-8
3-4
Uhr: Garde -Observ.
Krille.
Einlr. Sonne R. I. .
„ Fleck II . .
Austr. „ . .
„ Sonne R. II.
46
46
47
49
0-8
24-0
13-6
23-2
46 6-8
46 36-0
47 2-4
49 17-6
Uhr: Garde - Observ.
Krille.
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck II . .
Austr. „ . .
„ Sonne R. II.
31 34-4
31 38-8
32 46-2
34 36-4
31 40-4
32 11-2
32 33'2
34 30-8
Uhr: Garde - Observ.
Krille.
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck III . .
Austr. „ . .
„ Sonne R. II.
6 18-8
6 49-6
7 42-4
9 43-2
6 24-4
7 2-0
7 29-6
9 37-6
Uhr: Garde-Observ.
Krille.
Über den Zusammenhang- von Flecken und Protuberanzen der Sonne. 413
Mom. und Gestirn
Äusserer
Kreis
Innerer
Kreis
Anmerkungen
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck III .
Austr. „ . .
„ Sonne R. II.
3"
12” 8!0
12 39-2
13 30-0
IS 31-6
12”
12
13
IS
12 f G
51-2
18-0
26-8
Uhr: Garde - Obserr.
Krille.
Eintr. Sonne R. I. .
„ Fleck III . .
Austr. „ . .
„ Sonne R. II.
16 2-4
16 34-2
17 24-4
19 26-4
16 8-4
16 46-8
17 12-0
19 21-4
Uhr: Garde - Observ.
Krille.
Die Flecken standen bei sämmtlichen Beobachtungen im umkeh
renden Fernrohre oben.
Die Correctionen und Gänge der Uhren gegen mittlere Zeit
Rixthöft waren:
Gardc-Observ. Krille. Juli 2S. 6 k 43 m 7:2 Uhrzeit.
Corr. +13“ 48:2
Stündl. Gang —3:47.
Chron. Kessels Nr. 1267. Juli 2S. 6 1 ' S6” 0.0 Uhrzeit.
Corr +3314
Stündl. Gang+ 0:01.
Die Halbmesser des gebrauchten Ringmikrometers betrugen:
Äusserer Kreis 11' 39 J 65
Innerer „ 10 33 - 03.
Für die geographische Lage von Rixthöft hat man aus der
preussischen Triangulirung:
Breite = 34° 49' 33"
Länge — 0 k 19“ 46‘:7 östlich von Berlin.
Mit Declination und scheinbarem Halbmesser der Sonne nach
dem Berliner Jahrbuche findet man aus obigen Daten die Differenzen
Sa und 8</der Flecken und des Sonnencentrums in AR und Declination :
Mittl. Zeit Rixthöft. Fleck. 8a 8d
Juli 23. 3 h 4“ 37:7 I. — 1“ 3:9 westlich + 0' 38" nördlich j vom Son -
„ 4 38 19-8 II. — 0 32-9 „ + 3 36 „ > nenmittel-
„ 3 26 42-6 III. — 0 43-1 „ + 3 14 „ ) punkte.
Nennt man L die Länge der Erde, e die Schiefe der Ekliptik.
u den Winkel zwischen Breiten- und Declinationskreis, d die Decli-
414
L i 11 r o \v.
nation der Sonne, so findet man die Unterschiede BX und 8?r von
Fleck und Sonnenmittelpunkt in geocentrischer Länge und Ekliptik-
Poldistanz aus
tg u = — cos L tg e
8X = 8a cosu cos d — td.sin u
Src = 8a sin u cos d—8d.cos u,
wenn man es nicht vorzieht, diese Grössen unmittelbar aus den von
Airy (Append. Greenw. Obss. 1836) dafür gegebenen Tafeln zu
nehmen.
In unserem Falle erhält man so für obige Beobachtungszeiten
mit den Daten des Berliner Jahrbuches
Fleck.
I.
II.
III.
8X
892'3
776-4
664-1
8it
+ I43 ! S
— 42-9
— 46-2.
Es ist aber
geoc. Länge des Fleckes X = 180° + L + 8X
„ Ekl. Pold. „ „ ir = 90° +
somit hier
Fleck.
I.
II.
III.
121° 43' 1"
121 i9 29
121 32 29
90» 2' 26"
89 39 17
89 39 14.
Für den nun folgenden Theil der Arbeit, die Verwandlung der
geocentrischen in heliocentrische Coordinaten hat Peter sen (Astr.
Nadir. Bd. XVIII, p. 164) sehr bequeme Ausdrücke gegeben, deren
wir uns bedienen wollen. Nennt man h den scheinbaren Halbmesser
der Sonne in Secunden, 0 die Länge der Sonne, so findet man die
heliocentrische Länge l und Ekliptik-Poldistanz p des Fleckes durch
die Gleichungen
H cos z — 1 — ©
II sin z — 90° — ?r
h sin (y + H) = II
tg u — tg y cos z
l = ©— (u-f 180»)
cotg p = sin u tg z,
wobei v und 90°—p gleiche Zeichen haben mit X—© und 90°—^.
Über den Zusammenhang 1 von Flecken und Protuberanzen der Sonne. 415
In unserem Beispiele hat man so
Fleck. I p
I. 14° 20' 21" 98° SO' 1"
II. 357 0 23 87 24 8
III. 346 30 32 87 13 21.
Bezeichnet man weiter mit A und D die Rectascension und
Declination des Fleckes in Bezug auf den Äquator der Sonne und
dessen Durchschnitt mit der Ekliptik, mit 7c die Länge des aufstei
genden Knotens des Sonnenäquators, endlich mit i die Neigung des
Sonnenäquators gegen die Ekliptik, so linden folgende Relationen
Statt:
cos A cos D — cos (l—7c) sin p
sin A cos J) = sin (l — h) sin p cos i-f- cos p sin i
sin D — — sin (7—7c) sin p sin i -)- cos p cos i
oder für die Rechnung bequemer, nachstehende Formeln:
tg m — tg p sin (7—7c)
tg A = — sin (m -f- i)
• t, C0S V
sm D = cos (m 4- *).
cos m
Im vorliegenden Falle erhält man, wenn nach Petersen (1. c.
p. 158)
7c = 73» 29' 0"
7= 6 50 50
gesetzt wird,
Flock. A D
I. 300° 29' 43" — 2° 86' 42"
II. 283 41 25 + 9 13 0
III. 273 3 54 + 9 36 44.
Heisst nun w der Winkel im Äquator der Sonne, um welchen
sich der Fleck in .S- Tagen bewegt, und T die Rotationsdauer der
Sonne, so ist
360°3
Reducirt man Kürze halber die obigen Grössen A und D alle
auf die Zeit der Mitte der Finsterniss oder nach Fearnley (Astr.
Nachr. Bd. XXXIII, pag. 236) auf
4 b 30" 52‘ mittlere Zeit Rixthöft,
416
L i 11 r o vv.
statt, wie eigentlich geschehen sollte, auf die hier ohnehin nicht genau
bekannten Zeiten der Messung von Positionswinkeln der Protube
ranzen, so wird speciell in unserem Falle damit kein irgend merk
licher Fehler erzeugt, da der Positionswinkel derjenigen Protuberanz,
um die es sich hier vorzugsweise handelt, nahe an 270° liegt.
So findet man durch Vergleichung der eben angeführten Zeit
der Mitte der Finsterniss mit obigen Beobachtungszeiten die jener
Zeit der Mitte entsprechenden Grössen Ä mit den früheren!), welche
unverändert bleiben,
Fleck.
i.
ii.
in.
A‘
344° 13' 47"
326 17 46
313 23 20
D
— 2° 36' 42"
-f 9 13 0
+ 9 36 44
wenn man wieder mit Petersen (Astr. Nachr., 1. c. p. 158) die
Rotationsdauer der Sonne T , = 25 a 4 h 30 m nimmt.
Es ergeben sich nun ferner aus den Gleichungen
tg n — coig D sin Ä
tgQ'-k) =
tgA'
sin n
sin D
cos p —
cos n
sin (n — i)
cos (n — i)
die jener Mitte der Finsterniss zugehörigen heliocentrischen Längen
und Ekliptik-Poldistanzen l' und p' der Flecken
Fleck. /' p'
I. 38° 9' 32" 94° 46' 34"
II. 39 2 37 84 33 15
III. 28 13 35 83 13 24.
Stellt man diese Zahlen mit den heliocentrischen Längen der
Erde für dieselbe Zeit zusammen, so zeigt sich, dass wirklich, wie
ich bereits zu Rixthöft vermuthete (Astr. Nachr. Bd. XXXIII, p. 137),
Fleck I und II sich zur Zeit der Finsterniss auf der von uns abge
kehrten Seite der Sonne befanden, Fleck I so weit (24°) über den
Rand hinaus, dass von ihm hier weiter nicht die Rede sein kann.
Fleck II hatte den Rand um 7° überschritten, Fleck III stand noch
auf der uns zugekehrten Seite der Sonne, beiläufig 4° innerhalb des
Randes. Im Folgenden werden also nur noch die Flecken II und III
berücksichtigt.
r
Über den Zusammenhang- von Flecken und Protuberanzen der Sonne.
417
Bedeutet r den wirklichen Halbmesser des Sonnenkörpers,
K den Radius Vector, I] die Länge der Erde, so erhielte man nun
die geocentrische Länge und Ekliptik-Poldistanz X' und n' der
Flecken für die Zeit der Mitte der Finsterniss aus
tg(X-L')
COt(J Ti'
oder kürzer aus
— r sin p’ sin (l 1 —IV)
R' — r sin p' cos (!'—IV)
r cos p'
Y R' z — 2R'r sin p’ cos (l 1 —IV) -f- r“ sin 3 p'
X'—L' =180°— ——^—— sin p sin (V—L')
R' sm 1 1 y J
7t' = 90° —
R' sin 1’
cos p.
Setzen wir nach Hansen den mittleren Winkelhalbmesser der
Sonne zu 16' 0 7 9, so ist
r = 0-0046586
in Theilen der halben Grossen Erdbahnaxe, und wir haben wieder
mit den Daten des Berliner Jahrbuches
Fleck. V 7t'
II. 124° 37' 47" 89° S8' 31"
III. 124 37 30 89 S8 41
oder vermöge
SX' = X—L'—180°
0re' = n'— 90°
die der Zeit der Mitte der Finsterniss entsprechenden Unterschiede
von Flecken und Sonnenmittelpunkt in geocentrischer Länge und
Ekliptik-Poldistanz
Fleck. aX' 8-'
II. — 940" — 89"
III. — 937 — 79.
Ist nun wieder u' der Winkel zwischen Declinations- und Brei
tenkreis, so findet man die zu 3X' und Btt' gehörenden Differenzen
Sa', 3d! in Rectascension und Declination aus
tg u' = — cos L' tg e
3a! cos d' — 3X' cos u sin n 1 -f- 3rr' sin u!
3cl' = 3X' sin u' sin rj — 3?r' cos w
418
oder in unserem Falle
L i 11 r o w.
Fleck. 8a' cos d' 8d'
II. — 891" + 313"
III. - 890 + 303
woraus sich nebenbei ergibt, dass Fleck III wirklich der am 28. Juli
von mir als achttheilig bezeichnete, kurz vor der Finsterniss noch
gesehene Fleck war (Astr. Nacbr. XXXIII, p. 137).
Nennt man weiter a, o, 21, ©, die von den Tafelfehlern freie
Rectascension und Declination des Mondes und der Sonne, so sind
dieselben Grössen mit Rücksicht auf Parallaxe:
Sjj, = ^ , a cos ? sin (%—'0
cos $
©'
cotg (t—«')
tgf
©—£3 (cos © sin <p —sin © cos <p cos (t — 21))
cos 8 cos (7 — o) —■ sin ‘Cf cos y
cos 8 sin (t — a)
(sin 8— sin ‘Cf sin y) sin (7—a')
cos 3 sin (t — a)
wo £2, t t3’ die Horizontal-Aquatorial-Parallaxen von Sonne und Mond,
f die geographische Breite des Beobachtungsortes, t die Sternzeit
bedeutet.
Im vorliegenden Beispiele betragen die an die Sonnenephemeride
des Berliner Jahrbuches anzubringenden Tafelfehler nach Wich-
mann (Astr. Nacbr. Bd. XXXIII, p. 321)
32t =+0!l6
3© = — 0"S.
Daraus folgen die Fehler der Mondephemeride des Nautical
Almanac nach Agardh (Obss. Eclips. Solis XXVIII. Julii 18S1 cal-
culatae. p. 26)
3 cc = — 1 f 64
3 5 == +3"9
und man hat demnach hier nach dem Berliner Jahrbuche für die Sonne
und nach Nautical Almanac für den Mond
a' = 137° 14' 33"
3’ = + 19 3 31
2t' = 137° 14' 8'
3V = + 19 3 33
Über den Zusammenhang" von Flecken und Protuberanzen der Sonne. 419
Mit diesen Grössen findet man endlich aus
2«' cos d' — («'—5t') cos o' = A sin II
8<f—(d'—£>') = A cos II
den Positionswinkel II der Flecken an der Mondscheibe, gezählt
von Nord über Ost, und den Winkelabstand A vom Mondmittel
punkte für die Zeit der Mitte der Finsterniss:
Fleck. II A
II. 289° 20' IS' S8"
III. 288 43 IS S3.
Diesen Positionen zunächst lag unter den von mir zu Rixthöft
gesehenen Protuberanzen der viel besprochene Haken, den ich in
meinem ersten Berichte (Astr. Nachr. XXXIV, p. 30) mit 3„ bezeich-
nete, allein die Beobachtung (282°) weicht von obigen Zahlen viel
zu weit ab, als dass man hierauf ein Argument für die Identität von
Flecken und Protuberanzen gründen könnte.
Weit entfernt, diesem Resultate irgend welche Concludenz
zuzuschreiben, wollte ich vielmehr wie gesagt mit Obigem nur ein
Beispiel gegeben haben, wie meiner Ansicht nach die hier gestellte
Aufgabe zu behandeln sei, statt der bisher üblichen ganz vagen
Angaben der Lage von Flecken und Protuberanzen, wo man schon
an sich die Positionswinkel durch sehr unverlässige Vorrichtungen
zu bestimmen suchte, die Stellung der Flecken mehrere Tage vor
der Finsterniss, also für eine von der Wahrnehmung der Protube
ranzen sehr abgelegene Epoche, oder auch nur am Tage der Finster
niss, also wieder für eine Zeit, zu der eben die hier wichtigsten,
nämlich dem Rande nahen Flecken vielleicht gar nicht sichtbar sind,
anzugeben sich begnügte, und wo man endlich kurzweg die auf den
Sonnen umfang bezogenen Positionen der Flecken mit den noth-
gedrungen auf die Peripherie des Mondes sich beziehenden
ursprünglichen Angaben der Lage der Protuberanzen verglich. Der
Wunsch, meine Wahrnehmungen durch Beobachtungen Anderer zu
ergänzen und wo möglich eine Übersicht der Modalitäten jener
Erscheinungen in grösseren Länderstrecken zu gewinnen, lag nahe;
aber einerseits waren die nach der Finsterniss sichtbar gewordenen
Flecken nur von Herrn Norman Pogson (Mem. Roy. Astr. Soe.
XXI, p. 117) und zwar in einer Weise beobachtet, die aus unten
420
L i 11 r o w.
von selbst erhellenden Gründen kein sichereres Ergebniss als das
hier gewonnene versprach, andererseits waren hauptsächlich alle
Angaben über die Position der Protuberanzen so schwankend, dass es
zwecklos gewesen wäre, ziemlich weitläufige Rechnungen daran zu
knüpfen; sonst hätte z. B. die parallactische Verschiebung der Pro
tuberanzen am Mondrand uns einen neuen Beweis dafür geliefert,
dass diese Phänomene, wie man allerdings auch aus anderen Gründen
nun nicht weiter zweifeln kann, der Sonne angehören.
Die Unsicherheit der oben erhaltenen Resultate aber hat, wie
man bei genauer Durchsicht der Rechnung bemerkt, vornehmlich
drei Quellen:
1. Die Anwendung des Ringmikrometers zur Bestimmung der
Stellung der Flecken, eines Instrumentes, das sich desshalb zu sol
chen Beobachtungen sehr wenig eignet, weil für die Decliuations-
bestimmungen zu grosse Sehnen der Flecken oft unvermeidlich sind.
Vor Allem also wird man künftig diese Messungen möglichst genau
durch angemessen eingerichtete und an zweckmässigen Instrumenten
befindliche Filarmikrometer vorzunehmen haben, was um so leichter
geschehen kann, als diese Beobachtungen eigentlich ohnehin stän
digen Sternwarten und nicht den für die Finsterniss gewählten
Stationen zukommen.
2. Der geringe Abstand vom Sonnenrande, in welchem sich die
Flecken während dieser Beobachtungen befanden. In Zukunft wären
also ähnliche Bestimmungen etwa eine Woche vor und nach der
Finsterniss mehrere Tage hindurch anzustellen und dann hauptsäch
lich jene Flecken zu beobachten, welche sich zu dieser Zeit nahe in
der Mitte der Sonnenscheibe befinden, und nur eben die weitere
Entwickelung der Flecken bis zu ihrem Austritte möglichst zu über
wachen.
3. Die Unverlässigkeit der Rotations-Elemente des Sonnen
körpers. Da aus bekannten Ursachen ein bedeutender Fortschritt in
diesem Tlieile unserer astronomischen Kenntnisse nicht zu hoffen
steht, so schiene mir hier das richtige, freilich etwas umständliche
Verfahren zu sein, dass man den Ort jedes Fleckes immer nur mit
Elementen berechnete, die eigens zu diesem Zwecke eben aus Beob
achtungen dieses Fleckes selbst abgeleitet wären; denn so werden
alle besonderen Einflüsse etwaiger Eigenbewegung des Fleckes mit
berücksichtigt.
Über den Zusammenhang 1 von Flecken und Protuberanzen der Sonne. 421
Ich benutze diese Gelegenheit, um für künftige Beobachtungen
von totalen Sonnenfinsternissen einige Andeutungen zu gehen, zu
welchen mich der Zufall, welcher mich das seltene Phänomen nun
schon zweimal in tadelloser Reinheit sehen liess, vielleicht berechtigt.
Da zwischen Protuberanzen und Fackeln wahrscheinlich ein
näherer Zusammenhang stattfindet als zwischen jenen Erscheinungen
und den Flecken , so wäre den Sonnenfackeln besondere Beachtung
zu schenken. Weil es schwierig sein dürfte, dieselben unmittelbar zu
beobachten, so wäre wenigstens für Bestimmung ihrer Lage in Bezug
auf beobachtete Sonnenflecken möglichst Sorge zu tragen.
Was die Erscheinungen während der Totalität betrifft, so kann
gewiss Jeder, der erfahren hat, wie viel hier in der kürzesten Zeit
gethan werden soll, Ausserachtlassung von Dingen, die eben so gut
bei anderer Gelegenheit ausgeführt werden oder doch ganz unwichtig
sind, und vor Allem Theilung der Arbeit nicht genug empfehlen. In
ersterer Beziehung scheinen mir die Zeiten des Anfanges und Endes
der totalen Verfinsterung, Ansicht der Gegend, Sichtbarkeit von Ster
nen etc. bisher viel zu viele Aufmerksamkeit in Anspruch genommen
zu haben. In letzterer Hinsicht wäre überall dort, wo mehrere Beob
achter sich an einem Orte befinden, eine Zuweisung bestimmter
Quadranten des Sonnenrandes an jeden einzelnen Beobachter sehr
räthlich; nur so wird man entscheidende Wahrnehmungen zu sammeln
im Stande sein. Rücksichtlich der Protuberanzen wären Position
und Dimension jeder einzelnen mehrmals und immer mit Angabe der
Zeit zu jeder Messung zu bestimmen. Sehr schwierig ist die richtige
Wahl der Vergrösserung des Fernrohres; denn einerseits ist ein Über
sehen der ganzenSonnenscheibe nöthig und sind gewisse Phänomene
wie die Corona nur mit schwachen Vergrösserungen genau zu sehen,
andererseits soll manches Detail der Erscheinung möglichst erforscht
werden, das wie bei den Protuberanzen sich nur in starken In
strumenten zeigt. Wer diesem Bedürfnisse etwa mit zwei Fernrohren
zu begegnen glaubt, wird sich getäuscht finden und entweder seine
Zeit mit dem Wechseln der Instrumente verlieren oder im entschei
denden Augenblicke richtiger fühlen, dass er darauf verzichten muss.
Desshalb erlaube ich mir ein Doppel-Ocular vorzuschlagen, von
welchem ein Einsatz sehr wenig, der andere bedeutend vergrösserfe,
und das in Schuberform oder nach Art der Feldstecher eine schnelle
Verwechslung zuliesse. Natürlich müsste die Einrichtung so getroffen
422
L i 11 r o \v.
sein, dass jedes der beiden Oculare auf das Auge bereits eingestellt
ist, und wenn man es in Thätigkeit setzt, auch so bleibt.
Für die Messung der Lage und Grösse aller Erscheinungen am
Rande yon Sonne und Mond gebe ich wie gesagt dem Bessel’schen
peripherischen Positionsmikrometer in der (Astron. Nachr. XXXIII,
S. 129) erörterten Modification also mit einer netzförmig in Quadrate
getheilten planen Glasplatte statt des Fadens entschieden den Vorzug
vor allen anderen zu solchem Zwecke mir bekannt gewordenen Ein
richtungen, weil hier das lästige, die Messung gefährdende Centriren
ganz wegfällt, und die nöthigen Daten unmittelbar sich ergeben, wo
auch immer im Fernrohre sich ein zu messendes Phänomen zeigen
mag. Sehr angemessen wäre es die Theilung des Positionskreises im
Innerendes Fernrohres am Rande des Gesichtsfeldes und den Index
auf die Glasplatte anzubringen, denn bei aussen liegendem Kreise
kostet das Ablesen der Winkel, welches unter diesen Verhältnissen
nur mittelst einer Lampe zu bewerkstelligen ist, zu viele Zeit. Mit
dieser Einrichtung würde sich auch das oben vorgeschlageneDoppel-
Ocular am besten vereinigen. Die Lamelle am Rande des Gesichts
feldes, durch welche jene Reihe von Linien der Glasscheibe, welche
dem Äquator parallel gestellt wurden, bezeichnet ist, sollte wenigstens
in dem schwachen, für die Beobachtung der Corona bestimmten
Oculare etwa von fünf zu fünf Intervallen der auf dem Äquator senk
rechten Striche Zähne als Zähler haben. Für dasselbe schwache
Oeular wäre es angemessen, auch diese zweite Folge von Linien
durch eine ähnliche ebenfalls mit Zähnen besetzte Lamelle am Rande
des Feldes abzublenden, da die hier zu messenden Grössen oft viele
Theile des Mikrometers in dem einen wie im andern Sinne umfassen
werden. Immer wird man dafür Sorge zu tragen haben, dass keine
Verwechslung der Quadranten stattfindet, die leicht möglich ist, da
bei gleicher Stellung der dem Äquator parallelen Linien zwei um
180° verschiedene Positionen genommen werden können, je nachdem
die zur Messung bestimmte Linie der Glasplatte auf einer oder auf
der anderen Seite des Sonneneentrums liegt. Das Sonnenglas
übrigens ist schon geraume Zeit vor der Totalität abzuschrauben und
nur los an das Oeular zu halten, etwa 2t) Secunden vor der ersten
inneren Berührung aber völlig zu entfernen, und nur wieder vorzu
nehmen, wenn die Phase der wieder erschienenen Sonne dem Auge
anfängt unerträglich zu werden, was erst lang nach dem Ende der
Über den Zusammenhang von Flecken und Protuberanzen der Sonne. 423
totalen Verfinsterung der Fall ist. Sehr zweckmässig ist es, von dem
Schreiber, den man wo möglich vor der Uhr haben soll, alle 10
Secunden die Zeit notiren zu lassen, damit jede ihm dictirte Bemer
kung von selbst ihre chronologische Stelle findet. Ein von diesem
Schreiber etwa 30 5 vor Wiederscheinen der Sonne gegebenes Signal
wird die Nachtheile der sonst unvermeidlichen Überraschung bedeu
tend verringern.
Ich kann diese meine letzte Beschäftigung mit der Finsterniss
vom Jahre 1851 nicht schliessen ohne die merkwürdigen Verschie
denheiten des Eindruckes hervorzuheben, welche die Protuberanzen
nach ihrer Farbe, Gestalt u. s. w. auf die verschiedenen Beobachter
machten. In dieser Beziehung mag hier angeführt werden, dass die
am Orte meiner Beobachtung gefertigte Zeichnung des Herrn
Dr. Fearnley, so getreu sie auch das von ihm Gesehene wieder
geben mag, meiner Erinnerung so gut wie gar nicht entspricht, was
man schon aus der, wenn gleich rohen so doch meinem Eindrücke nach
ziemlich vollständigen Zeichnung in der IV. Auflage der „Wunder
des Himmels“ Taf. VII, Fig. 46, ersehen kann. Dass dies aber nicht
etwa besondere individuelle Abweichungen sind , wird hinlänglich
durch die Anzahl von Gewährsmännern für beide Anschauungen
bewiesen: nahezu wie Dr. Fearnley zeichnen die Protuberanzen
Carrington, Schmidt u. A.; mit mir stimmen in dieser Beziehung
fast völlig überein Da wes, Good etc.
Unter dem vielen Bäthselhaften, was sich in solchen Gelegen
heiten bietet, gehören diese grellen Unterschiede der Auffassung
eines und desselben Phänomeries an einem und demselben Orte durch
nahe gleich gute und gleich starke Fernröhre wohl zu den unerklär
lichsten Dingen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft.
28
424
Diesing. Zwanzig Arten von Cephalocotyleen.
Zwanzig Arten von Cephalocotyleen.
Von dem w. M. Karl II. Die sing.
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)
Ich überreiche hiermit für die Denkschriften der kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften die auf sechs Tafeln vertheilten
Abbildungen von zwanzig Arten Helminthen aus der Ordnung der
Cephalocotyleen sammt dem entsprechenden Texte. Die dargestell
ten Arten sind: Dibothrium decipiens Felis Oncae — D. hians
Phocae Monachi — D. Folium Herpestis leucuri — Tetrahothrium
heteroclitum Procellariae capensis —• T. emarginatum Phracto-
cephali hcmiliopteri — Solenophorus ovatns Pythonis hiero-
glyphici —- Anthocephalus giganteus Chorinemi salientis — Pte-
robothrium crassicolle Pimelodi Gorijuba — P. interruptum Tri-
chiuri lepturi — Rhyncliobothrium Caryophyllum Scoliodontis
Lalandii — Pentastomum recurvatum Felis Oncae — P. pusillum
Acarae Coscudo — Taenia fimbriata Cervi simplicicornis — T.
megastoma Cebi Belzebul — T. tetragonocephala Myrmecophagae
jubatae — T. decrescens Dicotyles torquati — T. globiceps Tapiri
americani — T. macrophalla Cichlae Monoculi — T. Scolopendra
Podicipedis dominicensis.
In der Einleitung hebe ich noch besonders hervor eine Beob
achtung von Brülle über eine Vermehrung der geschlechtslosen
Ligulen in ihrem ursprünglichen Aufenthalte, nämlich der Bauch
höhle des Alben. Auch die Arbeit von Oskar Schmidt über den
Bandwurm der Frösche Taenia dispar und die geschlechtslose
Fortpflanzung seiner Proglottiden wurde berührt und auf die
Wichtigkeit beider Beobachtungen hingewiesen.
Filipuzzi. Deila Paraffina.
425
Deila Paraffina
di
Francesco Filipuzzi.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 12. Juli 1855.)
Fu nel 1830 che Reichenbach i) presentava per la prima volta
ai naturalisti alemanni radunati in Amhurgo la paraffina da lui sco-
perta fra i prodotti della distillazione del legno.
Vennero piü tardi le analisi di Ettling, di Lewy ed alcuni altri.
Preziose qualita distinguevano tale sostanza che si presentava
alFocchio hianca etrasparente; che, benche untuosa al tatto, pure non
imbrattava di grassume; che era capace di resistere all'azione degli
acidi concentrati, del potassio, degli alcali, coi quali la si poteva far
bollire senza che perciö ne venisse decomposta e per cui fu deno-
minata paraffina (parum affinis); che distillava inalterata e cheardeva
confiamma bianca senza fumo. Ad onta di tali preziose qualita la paraffina
non trovö in sul principio alcuna applicazione pratica e fu condannata
per lungo tempo a giacersene infruttuosa nelle collezioni scientifiehe.
Principale ostacolo era la piccola quantita che se ne poteva ottenere
dalla distillazione del legno e, sehbene il Reichenbach fin d'allora
accennasse come la si potesse produrre ancbe dagli olii delle piante,
dalle sostanze animali e per ultimo dalla carbonizzazione del carbon
fossile, pure la produzione resto assai limitata, nullo il compenso.
Di quando in quando furono quä e lä scoperte nel terreno, p. e.
in Moldavia, in Galizia, in Germania, in Francia, in Ingliilterra, nel
Caucaso, etc., varie sostanze paraffinose dette comunemente seglii
di montagna e che i mineralogi ed i chimici distinsero coi nomi
*) Reichenbach , Journal für Chemie und Physik von Sclnveigger, LIX, 436; LXI,
273; LXII, 129; Dingler's polytechnisches Journal, CXIV, 57; CXXX1V, 239;
Ann. de Chim. et de Phys., L, 69; Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt,
III, Nr. 2. — Jules Gay-Lussac, Ann. de Chim. et de Phys., L, 78.
28*
426
F i 1 i p u z z i.
particolari di ozockerite 1 ), di seheer erite 2 ), di fichte-
lite 8 ), di hatchetina 4 ), di hartite 6 ) , di koenlite °),
d’ ixo 1 yte 7 ).
II Dr. Meyer di Bucarest richiamava per il primo nel 1833
l’attenzione di quegli stessi naturalisti riuniti in Breslavia sopra una
sostanza trovata a Slanik distretto di Packauer nella Moldavia e che
Glocker chiamava ozockerite ossia cera di terra 8 ).
Magnus che si fece ad indagare piü davvicino tale ozockerite 9 ),
trovb che essa non era una massa omogenea ma bensi un miscuglio
di differenti materie. Non gli fu facile a primo aspetto l’aceorgersene,
perche, sebbene I’ozockerite offrisse nella sua massa ora la struttura
iibrosa dell' amianto, ora la frattura concoide, cib non pertanto ella
sembrava omogenea. Ma esaminando isolatamente una delle piccole
foglie che la componevano pote destinguervi dei piccoli punti piü
oseuri. Fatta bollire una tale ozockerite coll’etere o coli' alcool anche
assoluto non se ne scioglieva che una piccolissima pai'te, rnentre
la porzione principale rimasta inattaccata sembrava come rosicchiata.
Da cib egli conchiuse che tal massa si componeva di due sostanze, di
cui l’una era solubile, l’altra insolubile nell’ alcool. Esse pero erano
cosi intimamente mescolate che sarebbe stato impossibile il separarle
mediante processi meccanici.
Tale cera di terra si fondeva senza alterarsi a 82° C. quando la
cera d'api si fonde a 62° C. La fusione non modificava il suo colore
bruno-verdastro ne faceva svanire il suo particolare odore empireu-
matico. Affine di spiegarne laformazioneedaccertarsi se conteneva o
no del nitrogeno, la brucio coll’ossido di rame e pote convincersi che
1 ) Malaguti. Ann. de Chim. et de Phys., LXIII, 390. — Schrötter, Baumgartner’s
Zeitschrift, IV, Nr. 2.— Walter, Ann.de Chim. et de Phys., LXXV, 214.—
Johnston, Lond. and Edinb. Philos. Magaz., 1838 , [3] XII. 389 , et Journ. f.
prakt. Chem., XIV, 226.
2 ) M a c a i r e Pr incep, Annalen der Physik und Chemie von PoggendorfF, XV, 296.
3 ) Bromeis, Ann. von Poggend., XLIII, 141. — Trommsdorff, Ann. der
Chem. und Pharm., XXXVII, 304.
4 ) Johnston, Journal für prakt. Chemie, XIII, 438.
5 ) Hai dinge r, Ann. von Poggend., LIV, 261.— Schrötter, ibid., LIX, 37.
6 ) Kraus, Ann. von Poggend., XLIII, 141.
7 ) Haidinger, Ann. von. Poggend., LXI, 346.
8 ) Annales de Chimie et Physique par M. Gay Lussac et Arago, LV, 217.
9 ) Magnus, Extrait d’une lettre a M. Humboldt. Berlin. Decembre 1833.
Deü:i Pnraffina. 4-2T
non conteneva ne ossigeno, ne nitrogeno e che la sua composizione
si avvicinava di molto a quella del gas oliofacente.
II professore Schrötter avendo del pari analizzata l’ozocke-
rite di Slanik *) vi riconobbe la composizione iudicata da Magnus.
La sostanza di Schrötter perö si fondeva alla temperatura medesima
dalla cera (62°—63° C.), aveva un peso specifico = 0953 a -j- IS»
e bolliva a 210° C. in vase chiuso. Avendo egli sottoposta tal cera
fossile alla distillazione, ne ottenne un' olio che dapprincipio era di
color giallo-chiaro e che quindi si faceva piii cariro. Tale olio si
solidificava in una massa dicolorbruno sporco alquanto grassa e d’un
odore disaggradevole che si avvicinava a quello del catrame di legno.
Schrötter rilevava altresi il fenomeno di dicroismo che si presenta sl
nella massa della cera come nelle sue dissoluzioni. Egli analizzava
anche la paraffina di Reichenbach a ).
Malaguti che si fece a studiare la cera fossile delle montagne di
Zietrisika in Moldavia 3 ) trovö che sottoposta ad una corrente di cloro
secco perdeva la sua durezza, diveniva sensibilmente molle e com-
pletamente solubile nell’ etere freddo. Osservö che 1’ acido nitrico
l’attaccava alquanto, giacche nel corso dell’ ebollizione vi aveva svi-
luppo di vapori rossi rutilanti; ma gli sembrö che, finita l’ebollizione.
la cera fossile non avesse perduto alcuno de’ suoi caratteri fisici.
L’ ozockerite di Zietrisika si fondeva a 84° C., bolliva a 300°
ela sua densita era = 0‘946 a -j- 205.
Mediante il trattamento alcoolico Malaguti pote rendere evidente
nell’ ozockerite l'esistenza di due o piü materie di densita e fusibi-
litä ineguali, le quali analizzate offerivano perö la medesima com
posizione.
Laurent 4 ) analizzava una sostanza consimile proveniente dagli
schisti bituminosi di Autun.
Walter 5 ) esaminö una cera fossile scoperta a Trouschkawietz
nella Galizia, che si fondeva a-(-S9 0 C. e bolliva sopra i 300°.
*) Schrötter, Baumgartner’s Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften,
IV, 173 ; Bibliotheque Universelle de Geneve. Mai, 1836.
2 ) Schrötter, Annalen der Physik und Chemie, J. C. Poggend. Leipzig, 1843.
S. 37.
3 ) Malaguti, Annales de Chimie et Physique, LXIII, 390.
4 ) Laurent, Ann. de Chim. et de Phys., LIV, 392.
5 ) Walter, Ann. de Chim. et de Phys., LXXV, 214.
428
F i 1 i p u z z i.
II prof. Redtenbacher ricevette nel 1852 dal Sig. Seybel
una sostanza cristallina supposta paraffina che nelle vicinanze di Bona
era stata ottenuta insieme agli olii liquidi provenienti dalla distillazione
di uno schisto bituininoso. Tale sostanza era stata depurata mediante
la compressione, 1' acido solforico e l’aqua. II suo punto di fusione
era a 55° C.
Nel gennajo 1854 il Sign. Roberto Doms di Lemberg inviava
al prof. Redtenbacher circa due chilogrammi di una sostanza
bruna analoga alla eera di terra od ozoekerite aceompagnondola col
seguente scritto:„Ben soyente nelle vicinanze della nostra formazione
salina al piede dei Carpazii si presentano potenti masse d' argilla
impregnate di pece minerale, la quäle si compone di una soluzione
di ozoekerite, paraffina, resina ed asfalto nel petroleo. La raccolta di
tal pece minerale per quindi produrne del petroleo, che si potesse
ardere nelle lampade invece del caniino, mi determinö a scavare
un pozzo in Borystow presso Drohobietz sperando d’incontrare
le stesse relazioni che a Baeku presso al mar Caspio, dove sem-
plici cisterne somministrano considerevoli quantitä di nafta. A pochi
colpi di vanga al disotto della superficie cominciava 1’argilla bitumi-
nosa, la quäle in un pozzo che io scavai, era per 7—8 Klafter per lo
piü impregnata di pece minerale, alla quäle profondita si presentö
1’ozoekerite anche sola in pallottole imprigionate nell’ argilla e con
uno seavo di terra eguale a 3 / 4 cubici di Klafter ottenni 220 funti
di ozoekerite bruta fusa, mentre quella che le arriverä e nel perfetto
suo stato naturale. Nei sottoposti Klafter 1’ argilla e meno ricca in
bitume e con le perforazioni da me eseguite fino alla profondita di
16 Klafter non giunsi peranco'a raggiungere il suo letto“.
Tale cera di terra era piü molle della cera comune; del resto
di consistenza analoga alla cera e si lasciava modellare a piacere fra
le dita. Era di colore nero bruno carico, di lucentezza grassa, insipida
ed aveva un’ odore evidente di nafta. Il suo peso specifico a 25° C.
era = 0-944, il suo punto di fusione era a 60° C.
Intravvedendo l’importanza che tali sostanze stavano per assumere
dall 1 applicazione che ne verrebbe fatta nell' industria e nelle arti, il
prof. Redtenbacher ne fece intraprendere l’analisi da Ho f s t ä d t e r.
Tali sostanze vennero confrontate colla paraffina che Reichen
bach aveva ottenuta dal Iegno di faggio, il cui punto di fusione era
a 47 ? 5 C. ed il peso specifico — 0-862.
Deila Paraffina.
429
E prima di tutto disciolse 1’Hofstett er *) la paraffina di
Reichenbach in una sufficiente qnantitä d’alcool bollente, che
raffreddandosi ne depose la maggior parte in cristalli, come il Rei
chen bacli aveva giä accennato. Riconohhe in essa tre sorta di
cristalli, cioe gli uni somiglianti ad aghi incrocicchiati, gli altri a noc-
cioli angolosi, i ter'zi erano fogliette madraperlacee.
L’Hofstetter suddivise la paraffina che andava deponendosi
durante il lento raffreddamento della soluzione alcoolica in piü por-
zioni di diverso punto di fusione, La parte piü solubile nell’ alcool,
aveva il suo punto di fusione a 43° C., le porzioni che vennero in
seguito da 46-5 C. a 48° C.
Nelle medesina guisa vennero da lui indagate le söstanze di
Bona e di Galizia, ambedue si sciolsero completemente nell’ alcool
adoperato in sufficiente quantitä, solo quella di Galizia lascio indietro
un piccolo residuo di sahhia. Ambedue raffreddandosi diedero le
medesime tre sorta di cristalli. Da ambedue pote, frazionando le
cristallizzazioni, ottenere corpi di differente punto di fusione,
quella di Bona cioe si suddivise in 5 porzioni con puuti di fusione da
57°C. a 61°C. e quella di Galizia in 11 conpunti di fusione da 60°C.
fino a 65 ? 5 C.
In sul finire dell’ anno decorso ricevette il professore Redten-
bacher dai signori White, Young e Compagnia di Glascovia una
paraffina proveniente dalla distillazione di un’ eleantrace scbistoide
e che egli si compiaceva di affidare alle mie investigazioni, le quali
vennero eseguite nel suo laboratorio. Tale paraffina era bianca, cri-
stallina, di lucentezza grassa, senza odore e sapore. Il suo peso
specifico a +15° C. era = 0-861. Si fondeva a 55° C. inunliquido
limpido ed ineoloro come 1’ aqua.
Questa paraffina venne dapprincipio da me trattata con una suffi
ciente quantitä d’alcool bollente fino a che si fosse completamente
disciolta. La soluzione, sebbene limpida e scolorata, pure venne 111-
trata onde allontanare qualunque traccia d’impuritä, che la potesse
imbrattare.
Abbandonato il liquore alcoolico al raffreddamento ed al riposo
di piü giorni esso depose la maggior parte della paraffina in cristalli,
*) Hofstetter, aus dem Julihefte des Jahrganges 1854 der Sitzungsberichte der
mathem.-naturw. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften. Wien 1854, Bd. XIII,
S. 436.
430
F i 1 i p u z z i.
che, esaminati sotto al microscopio, erano tii tre sorta, eioe simili
gli uni ad aghi infilzati, gli altri a noccioli angolosi, gli ultimi a
fogliette madraperlacee.
II liquore alcoolico madre separato dalla porzione di paratfina,
che si era cosi cristallizzata, venne concentrato mediante la distilla-
zione fino a piccolo residuo. Tale liquore depose raffreddandosi
una sostanza cristallizzata in fogliette madraperlacee, il cui punto di
fusione era a 45° C.
Nella supposizione, che una tale sostanza potesse venire ancor
suddivisa, la ridiscioglieva nell' alcool e la Iasciava di nuovo cristal-
lizzare. Rieomparvero i medesimi cristalli, il punto di fusione non
si era mutato. Da ciö conchiusi doversi riguardare una tale sostanza,
quäle un carburo d’idrogeno particolare e sottoporre all’analisi ele
mentare.
La paraftina, che si era deposta in cristalli per il semplice raf-
freddamento della prima soluzione, venne di nuovo trattata coli’alcool
e di nuovo abbandonata alla cristallizzazione. Dal liquore madre di
questo secondo trattamento alcoolico concentrato e raffreddato si
separö anche questa volta una paraftina conformata in fogliette madra
perlacee, il cui punto di fusione era a 48° C.
Tali trattamenti alcoolici vennero da me nella medesima guisa
ripetuti fino a che giunsi ad ottenere per ultimo una paraftina, il
cui punto di fusione era a 58° C. e che rimase invariabile sebbene
ancor una volta la trattassi coli’ alcool.
Debbo far osservare che col secondo trattamento alcoolico i
cristalli conformati in fogliette madraperlacee vennero completamente
allontanati e che tutte le diverse porzioni nelle quali potei ancora
suddividere la paraftina non offrirono che due sorta di cristalli cioe
somiglianti gl i uni ad aghi infilzati, gli altri a noccioli angolosi e
che per quanto facessi non riuscii ad isolare gli uni dagli altri.
Avverto ancora che 1’ ultima porzione di paraftina ottenuta dal liquor
madre dell’ultimo trattamento alcoolico presentava delle traccie di
petroleo.
Dalle diverse porzioni, nelle quali riuscii a suddividere la paraf-
fina ottenni 9 diversi punti di fusione, che dai 45° C. ascendono
gradatamente fino ai 58° C.
F 11° 111° 1V° V° VI° VIF VIIF IX°
45° 48° 49° 49 ? 5 51° 56 9 5 57° 57 ? 5 58° C.
Deila Paraffina.
431
L'analisi elementare di alcune di tali porzioni indico la compo-
sizione medesima del gas oliofacente e dimoströ cosi, non essere la
paraffina un’ individuo organico unico, raa eomporsi di varii carburi
d’idrogeno isomeri e probabilmente di alto ma diverso equivalente.
Le eombustioni vennero eseguite coli’ ossido di rame ed una
corrente d’ ossigeno.
I. Porzione ehe si fondeva a 45° C.
0-223 grm. di sostanza diedero,
0-699 grm. acido carbonico,
0-287 grm. aqua.
II. Porzione che si fondeva a 49 ? 5 C.
0-233 grm. di sostanza diedero,
0-731 grm. acido carbonico,
0-2985 grm. aqua.
III. Porzione che si fondeva a 56 9 5 C.
0-222 grm. di sostanza diedero,
0-698 grm. acido carbonico,
0-286 grm. aqua.
IV. Porzione che si fondeva a 57'5 C.
0-201 grm. di sostanza diedero,
0-6322 grm. acido carbonico,
0-2570 grm. aqua.
V. Porzione che si fondeva a 58° C.
0-254 grm. di sostanza diedero,
0-798 grm. acido earbonico,
0-3267 grm. aqua.
Calcolato. I. II. III. IV. V.
C == 6 — 83-71 - 83-47 — 85-33 — 85-72 — 85-77 — 85-69
H = 1 — 14-29 — 14-30 — 14-23 — 14-31 — 14-21 — 14-29
7 —100-00
Magnus Schlotter Malaguti Walter Hofstetter
C — 85-75 — 86-20 — 85-22 — 85-21 — 86-20 — 33-80 — 85-S5 — 86-16 — 84-94 — 85.78
H — 15-15 — 13-79— 14-86 — 13-71 — 14-16 — 13-98 — 14-28 — 14-36 — 14-87 — 14-29
II punto d’ebollizione delle suddette sostanze non venne inda-
gato, essendo conosciuto che i carburi d’idrogeno che possedono la
medesima composizione del gas oliofacente, cambiano il ioro punto
d’ ebollizione mediante la distillazione.
Era noto come i carburi d’idrogeno volatili provenienti dalla
distillazione del grasso, se trattati coli’ acido nitrico concentrato, si
432
Fiiipuzzi.
ossidassero e dessero origine ad acidi grassi volatili. Era noto del
pari eome gli acidi grassi d’alto equivalente, se trattati pure con
l’acido nitrico, producessero acido succinico. Una tale esperienza
determinavami a sottoporre la paraffina all' azione ossidante dell’acido
nitrico.
Circa dieci grammi di paraffina vennero a tale scopo digeriti
con un’ eecesso d’ acido nitrico concentrato ad una temperatura
superiore di alcuni gradi a quella del punto di fusione della paraffina
medesima. La reazione che dapprincipio si manifestö viva e con
copioso sviluppo di vapori rutilanti andö grado grado scemando e per
modo che dopo una digestione non interotta di quasi dieci giorni vi
aveva uno sviluppo appena sensihile di vapori nitrosi, e la paraffina
che prima si era veduta nuotare a guisa d’uno strato oleoso al disopra
dell’acido, era giä del tutto scomparsa. La digestione venne ancor
proseguita per alcun tempo fino a che una piccola porzione della
soluzione acida diluita con un eccesso d’aqua non desse che un
intorbidamento appena visibile. La soluzione oltre all’odore dell’acido
nitrico in eccesso adoperato, diflfondeva anche un altro odore che
ricordava quello dell' acido butirico.
Distillai allora tale liquore acido fino a che nella storta si ridu-
cesse ad un quarto del suo volume per separarne cosi l’acido volatile.
I! liquor distillato venne saturato con la potassa per cui l'odore
dell' acido butirico del tutto scomparve. 11 nitrato di potassa venne
allontanato mediante la cristallizzazione e quindi il butirato della
stessa base decomposto mediante l'acido solforico; per cui l’odore
dell’ acido butirico si fece di nuovo manifestö. Allontanato anche il
solfato di potassa non saturai allora ehe una meta del liquore conte-
nente l’acido butirico di nuovo con la potassa, l’aggiunsi all’ altra e
distillai.
Ripetei alcune volte di seguito un tale processo, detto anche di
frazionamento, nell' intenzione di concentrare l'acido butirico in una
piccola parte del liquido; ma ad onta di tutte le preeauzioni possibili
la quantitä, che per tal modo ne ottenni, fu si piccola da non bastare
ad un’ analisi.
Neutralizzata allora nuovamente tale piccola quantitä d’acido
con la potassa evaporai a secchezza, versai sul residuo secco alquanto
d’alcool poi dell’ acido solforico ed immantinente il gradito e carat-
teristico odore dell’ ananas si diffuse. Avendo quindi distillato un tale
Deila Paraffina. 433
miscuglio in una piccola storta ne ottenni del butirato d’ ossido d’etilo
con le caratteristiche sue proprietä. ►
La porzione del liquore acido rimasta indietro della prima distil-
lazione venne eraporata onde liberarla dall’ acido nitrico che ancor
vi restava, ed il residuo solido disciolto in poca aqua bollente, depose
raffreddandosi dei cristalli bianchi granulari, i quali depurati mediante
ripetute soluzioni e cristallizzazioni presentarono tutti i caratteri
dell' acido succinico.
L’analisi del sale d’argento offri i seguenti risultati:
0*4890 grm. di succinato d’ossido d’argento diedero
0-3183 grm. d’argento.
Calcolato: trovato:
C s — 48 — 14-13 —
H t — 4 — 1-20 — —
O s — 64 — 16-29 — -
Ag a — 216 — 65-06 — 65-13
1 Eq. - 332 — 100-00
•
Dal sopradetto si puo dedurre, che in origine la paraffina
derivi dai corpi grassi mediante un processo di riduzione. II pro-
cesso della distillazione, eome quello della formazione dei carboni
fossili e dei corpi analogbi non sono a vero dire che processi di
riduzione.
Presentemente che la produzione della paraffina e particolar-
mente quella dell’ olio di paraffina (lubricating-oil) sono salite ad
un punto importante nelle arti e nell’ industria, credo opportuno di
aggiungere alcun che sopra il modo della loro fabbricazione.
La qualitä dei prodotti della decomposizione del carbone fossile
dipende dal grado di temperatura alla quäle essa riene etfettuata,
come pure dalla qualitä del carbon fossile adoperato. Si possono
principalmente distinguere tre specie di prodotti cioe: gas e vapori
che vanno confusi sotto il nome comune digasdelcarbonfossile:
un liquido carico d’ammoniaca, detto aqua di gas, e finalmente
un liquido nero oleoso, detto catrame del carbon fossile. Il
residuo della distillazione del carbon fossile costituisce un carbone
nero e compatto, conosciuto sotto il nome di coak.
Quando la decomposizione viene effettuata al color rosso-cirie-
gia, come nella fabbricazione del gas illuminante, si ottengono i
seguenti prodotti cioe:
434
F i 1 i p u z z i.
II gas del carbon fossile si compone principalmente di
Gas oliofacente (idrogeno bicarbonato),
„ delle paludi (idrogeno protocarbonato o idruro di
metilo),
„ ossido di carbonio,
„ acido carbonico,
„ idrogeno,
„ idrogeno solforato,
Vapori d’idroearburi oleosi volatilissimi aventi per formola
generale Cn Hn (tritileno, tetrileno) o Cn Hn — 6
(benzina, tolueno),
„ di solfuro di carbonio, quando il carbon fossile contiene
della pirite,
Acido cianidrico o cianidrato d’ammoniaca dovuti alla reazione
dell' ammoniaca sopra il carbone.
La cosidetta aqua di gas e importante per 1’ammoniaca in
essa contenuta.
Nel catrame del carbon fossile e contenuto :
Idrogeno solforato,
Ammoniaca,
Acido cianidrico,
„ acetico,
„ fenico
Alcali oleosi (anilina, picolina, chinoleina),
Benzina,
Idrocarburi oleosi (tolueno, C 14 H 8 ; cumeno, C 18 H 13 ; cimeno,
C 20 H 14 , omologhi della benzina),
„ solidi (naftalina, criseno, antraceno),
Olio empireumatico bollente a 70° e che si resinifica a contatto
dall’ aria.
Quando invece la decomposizione viene effettuata ad unatempe-
ratura piü bassa, i prodotti sono alquanto diversi e principalmente in
luogo della naftalina, si ottiene un’ olio contenente paraffina (lubrica-
ting-oil) e paraffina solida.
Fu Yourig di Glascovia quegli ehe scoperse, che, distillando i
carboni a bassa temperatura, si ottenevano prodotti diversi da quelli
che si ottenevano allorche essi venivano distillati ad un' alta tempe
ratura, come nella fabbricazione del gas illuminante.
Deila Paraffina.
435
Rees Reece chimico di Londra ottenne fino dal 1849 una pa
tente *) pel trattamento della torba onde estrarne della paraffina.
Gli studj di Young intorno ai carboni bituminosi 3 ) ebbero
per iscopo principale la produzione dell’ olio di paraffina che yiene
adoperato solo o mescolato con altri grassi per ungere le raacchine,
come pure per ardere nelle Iampade d’Argand.
Fu Seligue quegli ehe introdusse nell’ industria francese s )
la distillazione dei carboni schistosi. I carboni dei contorni di Autun
gli somministrarono: 1) olii volatili od eterei; 2) olii fissi; 3) olii
contenenti paraffina, ch' egli adoperaya nella composizione di grassi
per carrozze e per macchine; 4) paraffina per fabbricare candele;
5) una materia colorante ed ammoniaca; 6) catrame; 7) un residuo
secco.il quäle poteva venire adoperato per scolorare i siroppi oppure
per la disinfettazione.
Mediante il vapor d’ aqua fortemente riscaldato Brown riusci ad
effettuare la distillazione dei carbon fossile 4 ) ad una temperatura
assai bassa. Egli raccoglie a parte i prodotti piü yolatili e quindi sotto-
pone il carbone ad una seconda distillazione.
A Beuel nei dintorni di Bona in Germania havvi presentemente
un grande slabilimento di tal genere, diretto dall’ingegnere Wage
mann 5 ) nel quäle vengono giornalmente sottoposti alla distillazione
circa 19,000 chilogrammi di carbone shistoso. I carboni vengono
colä primieramente ridotti in pezzi della grossezza di una noce e nel
caso che contengano dello zolfo, spruzzati con aqua di calce, e
quindi trasportati in una stufa a disseccare. Tale stufa, della lun-
ghezza di 200 piedi e della Iarghezza di 20 e interseeata da muri
alti 2 piedi e distanti l'uno dall’ altro 4 piedi. Tali muri sono con-
giunti fra di loro col mezzo di volte. Sopra queste volte si collocano
*) Rees Reece, The London Journal of Arts, Sciences and Manufactures, and Reper-
tory of Patent-Inventions. 1849, 96; The Mechanic’s Magazine by R. A. Brooman,
London 28. July 1849; Dingler's polytechn. Journal, CX1II, 317.
2 ) Young, Technologiste ou Archives des Progres de P Industrie Francaise et Etran-
gere de Mal epeyre, Paris 1852, Aoüt; D i n gl ers polytechn. Journal. CXXV, 453.
3 ) Polytechnisches Journal von Ding ler, Stuttgart und Augsburg, CXX1X, 157.
4 ) Brown, Moniteur Industrielle. Paris 1854, Nr. 1860; Din gl ers polytechn. Journal,
CXXXII, 431.
5 ) Wagemann, The Mechanic’s Magazine edited by R. A. Brooman, vol. LXI,
London 1854, Saturday, December, Nr. 1634—35; D i n gl e rs polytechn. Journal,
CXXXV, 138 und 384.
436
F i 1 i p u z z i.
gli schisti a seccare mentre sotto di esse vengono distese le ceneri
degli schisti che gia soggiacquero alla distillazione nelle störte. Le
ceneri ancor calde trasmettono cosi il loro calorico alle volte e queste
agli schisti sopra giacenti che per tal modo ne restano disseccati.
Gli schisti cosi disseccati yengono sottoposti alla distillazione
entro a störte, le quali differiscono da quelle del gas, in quanto che i
prodotti della distillazione escono dalla parte opposta a quella in cui
si trova la gratieola. Sopra ciascun fuoco stanno adagiate due störte
della lunghezza di 8 piedi, della larghezza di 2 e eon un tubo adduttore
di 8 pollici. 11 fuoco vi passa al disotto e di la si rende nel cainmino.
Lo scopritore preferisee di collocare 8 fornelli con 16 störte
aH'intorno di uno stesso cammino, per cui la fiamrna puö passare
dall' un fuoco all’ altro e le störte venir cosi sottoposte ad una tem-
peratura gradatamente crescente. I prodotti della distillazione delle
16 störte entrano in un tubo di ferro della lunghezza di 80 piedi
e del diametro di 2 circondato esternamente d’ aqua fredda. I gas,
dopo avere oltrepassato un tale tubo, entrano in un grande ciliridro
di ferro, il quäle e riempiuto di coak; questo coak spoglia il gas
delle ultime porzioni di catrame. Di la i gas arrivano in un cammino
alto 40 piedi, la cui corrente viene moderata mediante un regolatore.
I prodotti liquidi della distillazione vanno a raccogliersi in un
grande serbatojo, che viene costantemente mantenuto ad una tempe-
ratura di 30° C., il che favorisce la separazione dell’ aqua ammonia-
cale. I/aqua ammoniacale viene mescolata con la cenere distillata ed
offre cosi un buon concime.
II catrame viene fatto passare col mezzo di poinpe nelle maechine
di depurazione, ove 200 galloni del medesimo vengono mescolati con
10 galloni di soluzione di ferro ad una temperatura di 30° C. per lo
spazio di % d’ora. Le maechine di depurazione sono grandi cilindri di
ferro della capacita di 800 galloni, nei quali dei tubi di ferro vengono
messi in movimento mediante la forza di maechine.
Il catrame cosi depurato dalF idrosolfato d’ammoniaca viene tras-
portato in apparecchj distillatorii della capacita di circa 300 galloni
e distillato col vapore d'aqua fortemente riscaldato. I prodotti della
distillazione si condensano in unserpentino di piombo lungo 100 piedi
e di 3 pollici di diametro.
I prodotti della distillazione vengono quindi ripartiti nei tre
seguenti: 1) essenza del peso specifico da 0-700 fino a 0-868;
Deila Paraffina.
437
2) lubricating-oi) da 0-86S a 0-900 3) paraffina da 0-900 fino 0-930
peso specifico. Questi tre diversi prodotti vengono ciascuno di per
se per il corso di raezz’ ora mescolati colle relative quantitä 4, 6,
8 per % d’acido solforico concentrato; 1, l‘/ 8 , 2 per % d’acido
eloridrico e %, 3 / 4 , 1 per % di bicromato di potassa, nelle mac-
cliine giacenti da mescolare. Dopo tre ore vengono i detti prodotti
separati dal residuo e mescolati in macchine di ferro con 2,3,4
per % di soluzione di potassa caustica a S0° Baume. In seguito
ciascun prodotto cosi depurato viene distillato col vapore d’aqua
fortemente riscaldato.
Dal n°- 1 mescolato jjcon una parte del n°- 2 si ottiene un olio
del peso specifico = 0-820, il quäle corre in commercio sotto il
nome di fotogene od olio minerale che si arde in lampade apposi-
tamente costruite.
Una parte dei prodotti del n°- 2 del peso specifico = 0-860 — 0-870
da il solar - oil, che si arde nelle lampade d’Argand e diCarcel.
Il resto del n°- 2 misto con una parte del n°- 3 da da alcuni anni
f usitatissimo lubrica ting-oil per ingrassare le macchine.
II residuo del n°- 3 viene trasportato in una grau cantina ove la
temperatura e mantenuta piii bassa che sia possibile per favorire la
cristallizzazione. In quattro o cinque settimane la paraffina si trova
cristallizzata in grandi tavole e viene col mezzo di macchine centri-
fughe, le quali fanno circa 2000 giri per minuto, separata dall’olio.
Tale paraffina viene fusa, gettata in tavole e sottopposta ad una pres-
sione di 168,000 chilogrammi in un torchio idraulico a freddo. Viene
quindi nuovamente fusa e, quando la temperatura ha raggiunto i
180° C., mescolata con un SO per % d’acido solforico concentrato.
Trascorse due ore si separa la paraffina dall’ acido e la si mescola
coli’ aqua. Viene quindi gettata in foccaccie ed entro a stacci di
crine compressa in un torchio idraulico a caldo; poi fusa nuovamente,
mista con un ’/ 2 per % di stearina e mescolata a 150° C. con un
70 per % d’acido solforico nelle macchine da mescolare di piombo.
Dopo un riposo di due ore viene separata dall’ acido e lavata
coli’ aqua, poi un’ altra volta fusa con un y 8 per % di stearina ed in
seguito mescolata con 1 per % di soluzione di potassa caustica a 40°
di Baume. Passate due ore tutte le impuritä si trovano gia deposte sul
fondo e la paraffina limpida come l’aqua si getta in stampi rettango-
lari o viene conformata in candele.
i
438
Filipuzzi.
Gli sperimenti eseguiti dal prof. Karsten di Kiel *) sopra la
forza di luce delle candele di paraffina in paragone colle candele di
altri materiali diedero i seguenti risultati:
Candele di paraffina (4perfunto)
„ di spermaceti (6 „ „ )
„ di cera (4 „ „ )
„ di cera art. (5 „ „ )
„ di stearina (4 „ „ )
» di sego (6 „ „ )
d
24
22‘/8
16*4
23%
22*4
22%
d,
1-000
0-922
0-6S7S
0-964
0-922
0-932
4V 2 ore
id.
id.
id.
id.
id.
gr
625
540
552
642
822
1020
1-00
0-8264
0-45
0-76
0-543
0-45
pr
(30)
40
26
.21
16
10
1-00
0-62
0-519
1-086
1-018
1-35
d Distanza nella quäle le fonti di luce hanno un’eguale chiarore illuminante ;
d l valore relativo di d;
i conseguente intensitä della fiamma;
t tempo in eui ardono in ore;
gr peso del combustibile consumato in grani medicinali;
v chiarore per eguali quantitä di combustibile consumato, senza riguardo
ir t • •
alla spesa —(v esprimerä anche il prezzo relativo, che i materiali
combustibili aver potessero, onde ottenere eguali valori combustibili u);
pr prezzo di un funto in scellini diAmburgo correnti (1 sccllino=H cenf.)
v t e il valore combustibile, in relazione col prezzo, ossia il chiarore a
i. t v
prezzi eguali = — — .
gr. pr pr
Da eiö segue:
1) Fra le candele di lusso hanno quelle di paraffina il prirao
grado; esse yincono quelle di spermaceti e quelle di cera, come in
v ed ancor piü in iq e dimostrato. I prezzi della paraffina, dello
spermaceti e della cera dovrebbero presso a poco stare fra di loro
nella relazione di 10 : 8 : S se chiarore eguale egual prezzo avesse.
2) Le candele di paraffina hanno un valore eombustile maggiore
v delle migliori candele comuni, ma a motivo del basso prezzo delle
ultime, arriva al prezzo relativo; per poter servirsi senza discapito
delle candele di paraffina in confronto di quelle di stearina possono
4 ) Karsten, MittheiJungen des Gewerbe-Vereins für das Königreich Hannover, 18o4;
Dingler’s polytechnisches Journal, CXXX1Y, 366.
Deila Paraffina.
439
stabilirsi i prezzi = 100 : 76 : 54. La paraffina: candela di cera
art.: stearina ord. — 100 : 76 : 54. II prezzo di 30 seellini per
funto (20 seellini al funto alla fabbrica, 4 seellini di dazio; restano
6 seellini per imballatura, trasporto e profitto di vendita) esprimerä
sufficientemente quel rapporto, mentre i valori eombustibili iq ai prezzi
di 30 seellini: 21 scell. : 16 seell. sono quasi eguali (1 : 1-09 : 1'02),
a vantaggio perö delle candele di paraffina si presenta la circostanza,
che le medesime (somministrate da Wiesmann e Comp, in Bona)
sono quasi di giusto peso, per il che l’apparente differenza del 9 o
risp. 2 per °/o a favore delle candele di stearina verrebbe ad essere
tolta. In conseguenza le candele di paraffina coi prezzi suindicati
potrebbero sostenere la concorrenza colle comuni candele.
3) Fra tutte le candele e veramente quella di sego la piü a
buon prezzo, non perö nella misura che il piü comunemente si crede
in paragone di quelle di paralfina e delle buone di stearina. Se si
considera che specialmente le vecchie candele scarseggiavano di
molto nel peso e molto scolavano, cosi potrebbero i rel. 35 per °/o
ed i 24 per %. ehe il sego comparisce piü a buon prezzo in iq a
confronto della paraffina o della cera artificiale riuscire illusorii.
Il bruciare candele, anche delle piü preferibili, riesce sempre
piü costoso dell’arder olio in una lampada ben costruita. Ma perche
in alcuni casi alle candele non si possono sostituire le lampade, per-
ciö le considerazioni sopra i valori relativi delle diverse sorta di can
dele riusciranno sempre interessanti.
Le nuove candele di paraffina si distinguono per la loro bella
apparenza ne reggono al confronto con esse quelle di spermaceti
piü bianche ma non cosi trasparenti come quelle di paraffina. Si
deve solo in alcune di quest’ ultime meglio provvedere alla unifor-
mitä della massa (punti opachi nella massa trasparente). Le candele
di paraffina si distinguono fmalmente per una particolare uniformitä
nell’ ardere, mentre sono meglio stabilite le proporzioni fra la potenza
del lucignolo e la consumazione della paraffina, in modo che il luci-
gnolo bruciando forma sempre una regolare scodella, si carbonizza
regolarmente nella parte superiore e la candela non scola per
nulla.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. ßd. Iil. Hft.
29
Analisi del carbone fossile di Cludinico in Carnia
Ai
Francesco Filipuzzi.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 12. Juli 1855.)
II carbon fossile di Cludinico vierie scavato all’ imboccatura del
R. Furioso fra Ovaro e Cludinico, non lungi dalla strada. La strato
carbonifero ha uno spessore di metri 093 e giace in seno all’
arenarie grigie, le quali dal canto loro costituiscono un deposito
subordinato nell’ arenaria variegata inferiore (Werfener Schiefer).
Questo carbone adunque appartiene alla formazione del trias. Sopra
alle arenarie grigie che rinchiudono questo combustibile giacciono
ancora potenti strati di arenaria variegata inferiore, i quali presso
Amboluzza, Cludinico ed Entromarsa sono ricoperti dal calcare nero
inferiore (Guttensteiner Kalk). II deposito carbonifero e circoscritto
alla parte piü bassa del R. Furioso. Sotto i medesimi rapporti rinven-
gonsi delle arenarie grigie con traccie di carbon fossile anclie nel R.
Maggiore fra Lauco ed Avaglio al nord di Villa. Non si dovrebbe
trascurare di far quivi delle ricerche piü dettagliate, giacehe questo
e l’unico luogo dove si potrebbe incontrare di nuovo il deposito car
bonifero di Cludinico. Una provenienza consimile olfre anche il
carbone di Raveo che si trova depositato nel calcare nero; per cui
sebbene appartenente alla formazione del trias inferiore, pure esso
non e identico a quello di Cludinico.
Il carbone di Cludinico e molto compatto e duro, da un segno
nero-bruno, ha una frattura piano-concoidea in cui strati sottili di
carbone opaco si alternano con interotte sottili striscie di carbone
compatto lueente.
Questo carbon fossile si avvicina molto al carbon fossile vero
della formazione carbonifera si per le sue proprieta fisiche come per
sua chimica composizione.
La sua gravita specifica e = l'S8 a -(- 15° C.
La quantita d’acqua igroscopica in esso contenuta e = 033
per %.
Analisi del carbone fossile di Cludinico in Carnia.
441
Sottoposto il carbone alla calcinazione in vase chiuso sviluppa
abbondante quantitä di prodotti gasosi, che accesi ardono eon fiamma
biancalucente, la quäle e accompagnata dauna leggera colorazione in
giallo. II coak che rimane dopo terminata la calcinazione e ben agglu-
tinato e poroso. Tale coak e d’aspetto metallico lucente, di eolor nero-
plumbeo. La quantitä che per tal modo ne ottenni risultö = 79'52
per «/„.
II potere calorifico assoluto di un tale carbone, determinato
secondo il metodo di Bertbier, corrisponde a 6276-47 unitä calori-
fiche, cioe a dire 1 cbilogrammo di questo combustibile somministra
una quantitä di calorico tale da innalzare di 1° C. la temperatura di
6276-47 chilogrammi d’acqua.
La proporzione della cenere somministrata dell' esperienza e
= 14-210 per % e contiene:
Acido silicico . . .
Perossido di ferro
Allumina
Solfato di calce . .
Carbonato di magnesia
Alcali
4- 522
5- 541
0-987
2-148
0-691
0-321
14-210.
La quantitä totale dello zolfo che si trova presente nel carbone
e = 5-687 per %.
La porzione di zolfo combinato al ferro allo stato di bisolfuro
di ferro e = 4-432; quella dello zolfo combinata alla calce allo
stato d’acido solforico e = 1-255 per %•
Le zolfo contenuto allo stato d’acido solforico e giä presente
nella cenere = 14-210 per %, ma non giä lo zolfo combinato al ferro.
Onde avere i dati della cenere congiunta allo zolfo si deve
sottrarre dal perossido di ferro tutto l’ossigeno ed al ferro cosi ridotto
aggiungere lo zolfo necessario a convertirlo in bisolfuro il che riesce
= 16-979.
Cenere somministrata dall’ analisi 14-210
Ossigeno contenuto nel perossido di ferro .... 1-663
Cenere meno l’ossigeno del perossido di ferro . . 12-547
Zolfo combinato al ferro allo stato di bisolfuro di ferro 4-432
Totale della cenere collo zolfo 16-9 79
29“
442 Filipuzzi. Analisi del carbone fossile di Cludinico in Carnia.
Composizione elementare:
Carbonio 76-110
Idrogeno 3-904
Nitrogeno 0-028
Ossigeno 2-979
Acido silicico 4-522
Bisolfuro di ferro 8-310
Allumina 0-987
Solfato di calce 2-148
Carbonato di Magnesia .... 0-691
Alcali 0-321
100-000
83 021
16-979
100-000.
Composizione elementare deduzione fatta delle ceneri e dello
zolfo:
Carbonio 91-680
Idrogeno 4-703
Nitrogeno 0-034
Ossigeno 3-583
100-000.
Dai dati somministrati dall’ analisi risulta che il carbone fossile
di Cludinico offre un prezioso combustibile, il quäle puö sostituire
nella maggior parte dei casi il carbon fossile vero alla cui composi
zione, egli molto si avvicina. Solo, attesa la proporzione piuttosto
significante di zolfo che contiene, non potra sostituire quest’ ultimo
nell' industria del ferro.
Osnnghi. Analyse des Mineralwassers zu Galdhof bei Seelowitz in Mähren. 443
SITZUNG VOM 11. OCTOBER 185S.
Vorträge.
Analyse des Mineralwassers zu Galdhof bei Seelowitz in
Mähren.
Von Ferdinand Osnaglii.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 12. Juli 1855.)
Das Wasser des Brunnens bei Galdhof gehört zu den Bitter
wässern, ist vollkommen klar und geruchlos, und hat einen salzig
bitteren Geschmack. Die Temperatur des Wassers im Brunnen ist
13» Cels.
An der Luft zeigt sich auch nach sehr langem Stehen eine kaum
merkliche Veränderung.
Ein mit Salpetersäure angesäuerter Theil des Wassers gab
mit salpetersaurem Silberoxyd einen merklichen Niederschlag von
Chlorsilber.
Eine andere Probe des Wassers gab mit Chlorbariumlösung
einen Niederschlag, welcher aus scliwefelsaurem und kohlensaurem
Baryt bestand.
Ebenso gelang es, in dem Wasser noch Kalk- und Bittererde
nachzuweisen; erstere erkannte man durch Zusatz von oxalsaurem
Ammoniak als einen Niederschlag von oxalsaurer Kalkerde, und letz
tere indem man zu dem Filtrat noch phospliorsaures Natron setzte
und die Bittererde als phosphorsaures Bittererde-Ammoniak herausfiel.
Um Kieselsäure, Thonerde, Kali, Natron und Ammoniak nach
zuweisen, mussten grössere Quantitäten Wassers eingedampft, und
der Rückstand der Prüfung auf diese Substanzen unterzogen werden.
444
0 s n a g h i.
Ammoniak wurde durch Glühen eines Theiles des fixen Rückstan
des, vermischt mit Kalkerdehydrat in einer Glasröhre, auf die Weise
bestimmt, dass man das entwickelte Gas durch eine Vorlage mit
Chlorwasserstoffsäure streichen liess, wobei das Ammoniak absorbirt
und Salmiak sich in Lösung befand. Auf Zusatz von Platinchlorid
zur alkoholischen Lösung fiel das Doppelsalz von Platinchlorid-Chlor
ammonium als unlöslich nieder, und gab so das Vorhandensein von
Ammoniak zu erkennen.
Die Kohlensäure wurde auf folgende Weise bestimmt. Ein
Heber, dessen Rauminhalt vorher genau ermittelt wurde, war mit
dem Mineralwasser angefüllt und die Flüssigkeit in eine mit Ammoniak
versetzte Chlorbariumlösung ausgegossen worden, wobei ein bedeu
tender Niederschlag von schwefelsaurem und kohlensaurem Baryt
entstand; der gemengte Niederschlag wurde durch Chlorwasserstoff
säure getrennt, wobei sich der kohlensaure Baryt in Chlorbarium
verwandelte und im Filtrate wieder als schwefelsaurer Baryt nach
gewiesen werden konnte.
Die directen Ergebnisse der quantitativen Analyse, die ganz
nach der gewöhnlichen Methode ausgeführt wurde, sind folgende:
Specifiscbcs Gewicht.
Ein Fläschchen mit Mineralwasser wog hei 19° Cels. . . 326-753
Dasselbe Fläschchen mit destillirtem Wasser wog bei
19° Cels 322-330
mithin ist das specifische Gewicht 1-014
ln 1000 Gew.-
Theilen Wasser
326-753 Grm. Wasser gaben als fixen Rückstand 4-550 Grm. 13-925
326-753 „ Wasser gaben 7-586 Grm. schwefelsauren
Baryt; diesem entsprechen 2-699 Grm.
Schwefelsäure 8"259
326-753 „ Wasser gaben 0-246 Grm. Chlorsilber; dem
entsprechen 0 060 Grm. Chlor 0-183
326-753 „ Wassergaben 0-287 Grm. kohlensauren Kalk;
diesem entsprechen 0-1148 Grm. Kalkerde 0-351
326-753 „ Wasser gaben 2-263 Grm. phosphorsaure
Bittererde; dieser entsprechen 0 8082 Grm.
Bittererde 2-483
Analyse des Mineralwassers zu Galdhof bei Seelowitz in Mähren. 445
In 1000 Gew.-
Theilen Wasser
1307-014 Grm.Wasser gaben 0-059 Grm. Kieselsäure . . 0-050
1307-014 „ Wasser gaben 0-014 Grm. Thonerde mit
Spuren von Eisenoxyd 0-010
284-699 „ Wasser gaben ein Gemenge von Chlorkalium
und Chlornatrium = 1-2996 Grm.
284-699 „ Wasser gaben 0-193 Grm. Kaliumplatin-
chlorid; dem entsprechen 0-0S9 Cblorkalium,
und diesem 0-0373 Kali 0-131
Von den Chlormetallen =1-2996 Grm.
abgezogen Chlorkalium 0'0590 „
bleiben als Chlornatrium 1-2406 Grm.
diesem entsprechen 0-6574 Grm. Natron 2-310
431-720 Grm. Wasser gaben 0-046 Grm. Ammoniumplatin
chlorid; dementsprechenO-OllOGrm. Chlor
ammonium, woraus 0-0035 Ammoniak folgt 0-005
204-928 „ Wasser gaben 0-292 Grm. Schwefelsäuren
Baryt; diesem entsprechen 0-1917 Grm.
Baryt; dem 0-1917 Grm. Baryt entsprechen
aber 0 05511 Grm. Kohlensäure .... =0-269
Aus diesen Ergebnissen berechnen sieh die Verbindungen der
einzelnen Bestandtheile unter einander, folgendermassen:
In 1000 Gew.-
Theilen
1. Schwefelsaures Kali.
0-131 Gew.-Thl. Kali brauchen 0-110 Gew.-Thl. Schwe
felsäure und bilden schwefelsaures Kali 0-241
2. Chlornatrium.
0-184 Gew.-Thl. Chlor brauchen 0-119 Gew.-Thl. Na
trium um Chlornatrium zu bilden 0-303
3. Schwefelsaures Natron.
Totalmenge des vorhandenen Natrons 2-310 Gew.-Thl.,
davon als Natrium an Chlor gebunden 0-119 Gew.-Thl.,
welchem 0-160 Gew.-Thl. Natron entsprechen; der
Rest 2-148 Gew.-Thl. Natron verbindet sich mit
2-773 Gew.-Thl. Schwefelsäure und bildet schwefel
saures Natron 4-921
446
0 s n a g h i.
In 1000 Gew.-
Theilen
4. Schwefelsaurer Kalk.
0'336 Gew.-Thl. Kalkerde sättigen 0-480 Gevv.-Thl.
Schwefelsäure, und bilden Schwefelsäuren Kalk . . 0816
5. Schwefelsäure Bittererde.
2-442 Gew.-Thl. Bittererde brauchen 4-884 Gew.-Thl.
Schwefelsäure, und verbinden sich zu schwefelsaurer
Bittererde 7-326
6. Schwefelsaures Ammoniak.
0 005 Gew.-Thl. Ammoniak sättigen 0-012 Gew.-Thl.
Schwefelsäure und bilden schwefelsaures Ammoniak 0-017
7. Doppelt-kohlensaurer Kalk.
0-110 Kalkerde brauchen 0-086 Gew.-Thl. Kohlensäure
und bilden einfach kohlensauren Kalk . . . 0-196
Dazu das 2. Äquivalent Kohlensäure .... 0-086
8. Doppelt-kohlensaure Bittererde. 0-282.
0-041 Bittererde brauchen 0'045 Gew.-Thl. Kohlen
säure, und bilden kohlensaure Bittererde . . 0 086
Dazu noch 1 Äquivalent Kohlensäure .... 0-045
(M3l7
Controlen der Analyse.
Der gesammte fixe Rückstand betrug 13-925
Die Analyse gab:
1. Schwefelsäure Bittererde 7-326
2. Schwefelsaures Natron 4-921
3. Schwefelsäuren Kalk 0-816
4. Schwefelsaures Kali 0-241
5. Schwefelsaures Ammoniak 0-017
6. Chlornatrium 0-303
7. Kohlensäuren Kalk 0-196
8. Kohlensäure Bittererde 0-086
9. Kieselsäure 0-050
10. Thonerde mit Spuren von Eisenoxyd und
Phosphorsäure 0-010
Zusammen . . 13-956
Analyse des Mineralwassers zu Galdhof bei Seelowitz in Mähren. 447
Zusammenstellung mehrerer neben einander ausgeführter Control-
rersuche.
Specifisches Gewicht .
Fixe Bestandteile . .
In Wasser löslich . .
In Chlorwasserstoffsäure
löslich
Schwefelsäure ....
Chlor
Kalkerde
Bittererde
Kohlensäure ....
1- 014
13-870
13-626
0-329
8-239
0-184
0-331
2- 483
0-269
1- 013
13-923
13-616
0-336
8-234
0-182
0-327
2- 302
0-266
Mittelwerth
1- 0143
13-897
13-621
0-332
8-236
0-183
0-334
2- 493
0-267
Totalmenge der Schwefelsäure
davon gebunden an
Bittererde
8-259
4-884
Natron .
Kali . .
Kalk . .
Ammoniak
2-773
0-110
0-480
0012
8-259
Totalmenge der Kohlensäure 0-269
dayon gebunden an
Kalkerde 0-172
Bittererde 0-090
0-262
Die in destillirtem Wasser löslichen Bestandtheile = 13-626
dayon
schwefelsaure Bittererde =7'326
schwefelsaures Natron =4-921
„ Kali =0-241
schwefelsaurer Kalk =0-816
schwefelsaures Ammoniak =0-017
Chlornatrium =0-303
13-624
448 Os nag 1 hi. Analyse des Mineralwassers zu Galdhof bei Seelowitz in Mähren.
In Chlorwasserstoffsäure Lösliches
0-329
davon
kohlensaurer Kalk 0-196
kohlensaure Bittererde 0-086
Kieselsäure 0-050
Thonerde mit Spuren von Eisenoxyd und
Phosphorsäure . . 0-010
0-332
Recapitulation der Analyse.
Fixe Bcslandthcile.
Schwefelsaures Kali . . .
„ Natron . .
Schwefelsäure Magnesia
Schwefelsaurer Kalk . . .
Schwefelsaures Ammoniak
Chlornatrium ......
Doppelt-kohlens. Kalk . .
„ „ Bittererde
Kieselsäure
Thonerde mit Spuren von
Eisenoxyd u. Phosphorsäure
In 1000 Gew.-
Theilen
In 7860 Gran
1 Wien. Pfd.
In 1 Wiener
Mass
In 1 Wiener
Seitei
0-241
4-921
7-326
0-816
0-017
0-303
0-282
0-131
o-öso
0-010
1- 894
38-678
57-583
6-414
0-133
2- 382
2-216
1-029
0-393
0-078
4- 787
97-750
145-526
16-211
0-338
6019
5- 602
2-602
0-993
0-198
1-196
24-437
36-381
4-052
0-084
1-504
1-400
0-650
0-248
0-069
14-097
110-800
280-026
70-021
Das untersuchte Wasser gehört also zu den Bitterwässern. Es
enthält in Einem Handelspfunde oder 16 Unzen 110 Grane fixe
Bestandteile, darunter 57 Gran Bittersalz und 3"8 Gran Glaubersalz;
es gehört also zu den ziemlich starken Bitterwässern. Geringer ist
der Gehalt an freier Kohlensäure; zwei übereinstimmende Versuche
gaben nur soviel Kohlensäure, um den Kalk und die Bittererde in
Bicarbonate zu verwandeln.
Es ist wahrscheinlich, dass, wenn die Quelle neu und etwas
tiefer gefasst wird, der Gehalt an freier Kohlensäure gesteigert wer
den würde.
Diese Quelle gehört also zu einer sehr werthvollen Heilquelle,
welcher ein ausgebreiteter Verbrauch zum Heile der leidenden Men
schen vorausgesagt werden kann.
Sc her fei. Analyse des Schmekser Mineralwassers.
449
Analyse des Schmekser Mineralwassers.
Von Aurel W. Sch er fei.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 19. Juli 1855.)
Die Mineralwasserquellen des Schmekser Bades liegen in einer
Meereshöhe von 3000 Fuss desjenigen Gebirgsstockes der Zipser
Centralkarpathen, dessen höchste Spitze unter dem Namen der
„Schlagendorfer“ bekannt ist.
Die Centralkarpathen bilden, von Westen nach Nord-Osten
ziehend, eine halbmondförmige Kette, deren niederste Spitzen nicht
unter 6000 Fuss hoch sind, die höchsten aber eine Seehöhe von
8000 Fuss erreichen. Sie begrenzen die ungefähr 5 Meilen im
Umfange habende Zipser Ebene im Nord westen und verflachen sich
plötzlich in dieselbe ohne vorher Vorgebirge zu bilden. Der Haupt
stock der Centralkarpathen besteht aus Granit und Gneis und nur die
letzten, sowohl westlichen als auch nord-östlichen Hauptäste derselben
gehören der Übergangsformation an und sind aus Grauwacken oder
Übergangskalke gebildet, der hie und da durch wenig mächtige
Lager von Thonschiefer unterbrochen wird. Von dem westlichen
Hauptaste trennt sich im Liptauer Comitate ein zwar langer Zweig,
aber von unbedeutender Höhe, der sich über Hradek, Ilibbe und
Csorba in Liptau zieht, bei Luesivna in die Zipser Ebene eintritt,
und die südliche Grenze derselben bildet. Bei Ganocz verflacht sich
derselbe, und wird daselbst von Sandstein überlagert. Die niederen
Berge, welche die Zipser Ebene im Osten einschliessen, sind eben
falls aus Sandstein gebildet.
Die nordöstlichen Gebirgsäste der Centralkarpathen fallen in
Hügelland, welches die Zipser Maggura bildet, ab, das sich dann
weiter allmählich in die Neumarker Ebene verflacht.
Das Schmekser Bad hat 4 Mineralwasserquellen, die in ihren
wesentlichen Eigenschaften mit einander übereinzustimmen scheinen.
Zwei davon liegen um etwa 40 Fuss höher, die dritte vor dem Cur-
saale gelegene und am meisten gebrauchte lieferte das Wasser zur
Analyse, die vierte ist einige Fuss von der dritten entfernt und
450
S c h e r f e 1.
liegt mit ihr in einer Ebene. Das Wasser derselben wird beinahe
gar nicht gebraucht und die Quelle ist jetzt ihrem Verfalle nahe.
Die Quelle, deren Wasser analysirt wurde, wird durch die
Terrasse des Cursaales bedeckt und ist daher vor dem Einflüsse des
atmosphärischen Wassers gänzlich geschützt. Sie ist in Holz gefasst,
hat eine Tiefe von zwei ein halb Fuss; das Wasser ist vollkommen
färb- und geruchlos, hat einen angenehmen, säuerlich erfrischenden
Geschmack, Lakmuspapier wird von demselben nur vorübergehend
geröthet. Die Temperatur der Quelle ist 6° Celsius. Ein Aufsteigen
von Gasblasen in derselben wird nicht beobachtet. *
Qualitative Analyse des Schinekser Mineralwassers.
Reaetion auf Chlor.
Eine Portion gut ausgekochten Wassers wurde genommen, mit
reiner Salpetersäure angesäuert, und mit einer Lösung von salpeter
saurem Silberoxyd versetzt; selbst nach längerem Stehen zeigte sich
kaum ein schwaches Opalisiren der Flüssigkeit.
Reaetion auf Schwefelsäure.
Eine zweite Portion desselben Wassers wurde mit reiner Chlor-
wasserstoffsäure angesäuert und mit Chlorbaryumlösung versetzt,
auch hier zeigte sich selbst nach langem Stehenlassen der Flüssig
keit kaum eine schwache Trübung. Ebenso verhielt es sich mit den
Reactionen auf Kalk, Bittererde, Eisenoxyd, Kali und Natron, alle
diese Körper konnten erst in sehr concentrirten Lösungen nach
gewiesen werden. Das Entweichen reichlicher Mengen eines geruch
losen Gases beim Kochen des Wassers zeigte schon die Kohlensäure
an; die Trübung, welche Kalkwasser in dem Mineralwasser her-
vorbraelite und die nach Zusatz eines Überschusses desselben ver
schwand, gab positive Gewissheit über ihre Gegenwart.
Quantitative Analyse des Mineralwassers.
Die quantitative Analyse des Wassers wurde nach der gewöhn
lich gebräuchlichen und bekannten Methode ausgeführt.
Bestimmung des specifischen Gewichtes:
Ein Fläschchen fasste an Mineralwasser bei 10° C. . 360 992.
Dasselbe fasste an destillirtem Wasser bei 10° C. . 360-862.
Mithin ist das speeilische Gewicht des Mineralwassers = 1-00036.
Analyse des Schmekser Mineralwassers.
45 t
Directe Ergebnisse der quantitativen Analyse.
In 100.000 Gewichtstheilen Wasser
10829-760 Grm. Wasser gaben:
Fixe Bestandtheile 0-730 Grm
Sämmlliclie fixe Bestandtheile analysirt
gaben:
1. Kieselsäure 0-380 Grm.
2. Eisenoxyd mit Spuren von
Thonerde 0-009 „
3. Kohlensäuren Kalk ... 0-127 „
1-1727 Gewichtstheile kohlensauren
Kalks enthalten: Ätzkalk
und Kohlensäure
4. Pyrophosphors. Talkerde 0-017 Grm.
darin Talkerde .... 0-0072 „
5. Kalium-Platinchlorid . . 0-070 „
dem entsprechen 0-0135 Grm. Kali .
6. Chlornatrium 0-178 Grm., diesem ent
sprechen 0-0945 Grm. Natron . . .
Ferner gaben 14439-OSOGrm.Wasser:
7. Schwefelsäuren Baryt . 0-133 Grm.,
darin Schwefelsäure . 0-0457 „
8. Chlorsilber 0-043 „
darin Chlor 0-0107 „
Die Kohlensäure des Wassers wurde
dadurch bestimmt, dass sie an Baryt gebun
den und der erhaltene kohlensaure Baryt als
schwefelsaurer Baryt gewogen wurde:
215-806 Grm. Wasser gaben beim
ersten Versuch
an schwefelsaurem Baryt . . 2-051 Grm.,
beim zweiten Versuch . . . 2-059 „
zusammen 4-110 Grm.
im Mittel 2-055 „
2-055 Grm. schwefelsauren Baryts ent
sprechen 1-7378 Grm. kohlensauren Baryts,
welcher enthält 0-3878 Grm. Kohlensäure .
6-7407
3-5089
0-0831
1-1727
0-6566
0-5161
0-0665
0-1246
0-8733
0-3165
0 0741
— 179-6983
452
Scherfel.
Aus diesen Ergebnissen berechnen sich diein 100.000 Gewichts-
theilen des Schmekser Wassers enthaltenen Verbindungen der fixen
und flüchtigen Bestandteile wie folgt:
In 100.000 Gewichtstheilen Wasser
1. Schwefelsaures Kali.
0-1246 Gewichtslheile Kaliumoxydes
sättigen:
0'1052 Gewichtstheile Schwefelsäure
und geben zusammen schwefelsaures
0-2298
Kali
2. Schwefelsaures Natron.
Von der Schwefelsäure im Ganzen
0-3165 Gewichtstheile, die an Kali
gebundenen 0-1052 Gewichtstheile ab
gezogen, bleiben noch 0-2113Gewichts-
theile freier Schwefelsäure. Diese sät
tigen 0-1648 Gewichtstheile Natrons,
und geben zusammen schwefelsaures
0-3761
Natron
3. Chlornatrium.
0-0741 Gewichtstheile Chlor sättigen
0-0483 „ Natriums und
gehen Chlornatrium
0-1224
4. Zweifach-kohlensaures Natron.
0-1648 Gewichtstheile Natron wurden
gebunden von Schwefelsäure, 0-0483
Gewichtstheile Natrium, welche sich
verbunden mit Chlor, entsprechen
0-0650 Gewichtstheile Natrons, es
bleiben daher noch unverbunden 0-6435
Gewichtstheile Natron, welche mit
0-4540 Gewichtstheilen Kohlensäure
bilden: kohlensaures Natron .... 1-0975
hiezu das entsprechende zweite Atom
0-4540
Kohlensäure
so ergeben sich doppelt-kohlensaures
Natron
1-5515
Analyse des Schmekser Mineralwassers.
453
In 100.000 Gewichtstheilen Wasser
5. Zweifach-kohlensaure Talkerde.
0 0665 Gewichtstheile reiner Talkerde
geben mit 0-0718 Gewichtstheilen
Kohlensäure einfach-kohlensaure Talk
erde . . . '
01383
hiezu das entsprechende zweite Atom
Kohlensäure
0 0718
somit doppelt-kohlensaure Talkerde . .
6. Doppelt-kohlensaurer Kalk.
0-2101
Das Ergehniss der Analyse an einfach
kohlensaurem Kalk war
1-1727
0-3161
hiezu das zweite Äquivalent Kohlensäure
gibt doppelt-kohlensauren Kalk . . .
1-6888
7. Zweifach-kohlensaures Eisenoxydul.
0-0831 Gewichtstheile Eisenoxydes
entsprechen 0-0748 Gewichtstheilen
Eisenoxyduls, welche sich mit 0-0437
Gewichtstheilen Kohlensäure verbinden
zu einfach-kohlensaurem Eisenoxydul . 0-1205 —
hiezu noch das zweite Atom Kohlensäure 0-0457 —
gibt zweifach-kohlensaures Eisenoxydul — 0-1662
8. Freie Kohlensäure.
Die Gesammtmenge der Kohlensäure
179-6983
beträgt
Nach Abzug der an die zweifach-kohlen-
sauren Salze gebundenen Kohlensäure
und zwar:
0-6435 Gewichtstheile Natron, ent
sprechend 0 4540 x 2 = 0-9080.
0-0665 Gewichtstheile Bittererde, ent
sprechend 0-0718 X 2 = 0-1436.
0-6566 Gewichtstheile Kalkerde ent
sprechend 0-5161 x2 = 1-0322.
0"0748 Gewichtstheile Eisenoxydul, ent
sprechend 0-0457 x 2 = 0-0914.
Zusammen 2-1752 -—-
Bleiben freie Kohlensäure — 177-5231
454
Scherfel.
In 100.000 Gewiehtstheilen Wasser
Die Kieselerde muss als solche in dem
Mineralwasser gelöst angenommen werden.
Controle:
Die Summe aller fixen Bestandtheile war — 6-7407
Die Analyse gab:
Schwefelsaures Kali 0-2298 —
„ Natron 0-3761 —
Chlornatrium 0-1224 —
Kohiensaures Natron 1-0975 •—-
Kohlensäure Bittererde 0-1383 —
* Talkerde 1-1727
Eisenoxyd 0-0831 —
Kieselerde 3-5089 —
Zusammen — 6-7288
Recapitulation der Analyse des Schmekser Mineralwassers.
Fixe Bestandtheile:
Schwefelsaures Kali ....
„ Natron . . .
Chlornatrium
Doppelt-kohlensaures Natron .
„ kohlensaure Bittererde
„ kohlensaurer Kalk . .
„ kohlensaures Eisenoxydu
mit Thonerde . . .
Kieselsäure
Flüchtige Bestandtheile:
Freie Kohlensäure ....
Zusammen
In 100.000 Gc-
vichtstheilen
0-2298
0-3761
0-1224
1-5515
0-2101
1-6888
0-1662
3-5089
177-5231
185-3769
In 7680 Gran
= 1 Wiener
Pfund
0-01764
002891
0-00940
0-11915
0-01613
0-12970
001276
0-26949
13-63380
14-23692
In einer Maass
die Gewichts-
theile in Granen
ausgedrückt
0-04413
0-07224
0-02350
0-29799
0-04035
0-32437
0-03191
0-67395
34-19670
35-70514
Analyse des Sciimekser Mineralwassers.
455
13-63380 Gewichtstheile Kohlensäure entsprechen bei der
Temperatur der Quelle 6° Celsius und dem Normalbarometerstande
7086-2062 Raumtheilen.
7680 Gewichtstheile vom Schmekser Wasser füllen entsprechend
seiner Temperatur von 6° Celsius und dem specifischen Gewichte
T00036 nur 7677-4734 Volumtheile aus, somit kömmt auf ein Volu
men Wasser 0-9231 Volumen Kohlensäure.
Die Analyse des Mineralwassers wurde in dem Laboratorium des
Herrn Professors Redtenbacher ausgeführt.
Vermöge seiner Eigenschaften gehört das Wasser zu den reinen
Kohlensäuerlingen.
Obwohl das Wasser einen auffallend geringen Gehalt an fixen
Bestandtheilen hat, so muss es doch wegen der reichlichen Menge
Kohlensäure, die es enthält, als eine sehr schätzcnswerthe Mineral
quelle betrachtet werden. Als Luxusgetränk ist es eben wegen des
sehr geringen Gehaltes an fixen Bestandtheilen besonders verwend
bar, und an der Quelle getrunken, dürfte es im Vereine mit der
erfrischenden und kräftigenden Alpenluft auch in vielen Krankheiten
von zu beachtendem Nutzen sein.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft.
30
456 Haidinger. Vergleichung von Augit und Amphibol nach den
Vergleichung von Augit und Amphibol nach den Hauptzügen
ihrer krgstallographischen und optischen Eigenschaften.
Von dem w. M. W. Haidinger.
I. Vorwort.
Jeder Schritt bereitet einen zweiten vor, das sieht man so oft
in wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt. Eine Frage wurde
an die Natur gestellt, die Natur beantwortet dieselbe, oft nicht direct,
aber man erhält Auskünfte aus derselben Veranlassung über Punkte,
die gar nicht im Kreise der zuerst geführten Forschungen lagen.
Wenn ich die heutige Mittheilung mit dieser allgemeinen Be
trachtung beginne, so möge mir dies der Überraschung wegen zu
Gute gehalten werden, die sich mir darbot, als ich unerwartet
eine so grosse Verschiedenheit in einer der optischen Eigenschaften
zwischen zwei Gruppen von Krystallen bemerkte, deren regelmäs
sige Formen so sehr einander genähert sind, dass einer der aus
gezeichnetsten Mineralogen und Krystallographen in der Tliat seiner
Zeit den Versuch durchgeführt hat, sie hinlänglich in vollständige
Übereinstimmung zu bringen, um sie innerhalb einer einzigen Species
zu begreifen.
Ich hatte mir zur Aufgabe gestellt, eine Anzahl von Beobach
tungen pleochromatischer Erscheinungen, die ich im Laufe mehrerer
Jahre gesammelt, einmal als Abschluss zu ferneren Forschungen
zusammenzustellen. Unter diesen waren beide Species von Krystallen,
Amphibol und Augit. Aber anstatt sie nur als besondere Artikel in
dem Verzeichnisse aufzuführen, erforderten sie selbst eine etwas mehr
in das Einzelne gehende Bearbeitung. Beides wurde im verflossenen
Jahre in den Sitzungen der kaiserlichen Akademie der Wissenschaf
ten am 23. Mai und am 30. Juni 1854 vorgetragen 1 ). Eigentlich
*) Pleochroismus einiger Augite und Amphibole. Sitzungsberichte der kais. Akademie
der Wissenschaften 1854, Bd. 12, S. 1074. — Pleochroismus an einigen zweiaxigen
Krystallen in neuerer Zeit beobachtet. Sitzungsberichte 1854, ßd. 13, S. 306.
Hauptzügen ihrer krystelegraphischen und optischen Eigenschafterf. 457
bezogen sich die etwas ausführlicheren Untersuchungen zuerst vor
züglich auf den Diopsid. Ganz am Ende, als ich schon sämmtliche
Figuren für die Holzschnitte gezeichnet hatte und nur noch die letzte
Redaction durch eine Vergleichung der möglichst dunkelfarbigen
Varietäten von Amphibol vervollständigen wollte, erhielt ich jene
Platte von der bekannten basaltischen Hornblende, die ich aus einem
Zwillingskrystall ganz dünn, etwa y s Linie dick, senkrecht auf die
Zwillingsfläche, parallel der Ebene der Axen hatte schleifen lassen,
welche unzweifelhaft eine von der Orientirung am Diopsid so ver
schiedene optische Structur zeigte, dass ich damals noch auf die
höchst merkwürdige Thatsache aufmerksam machen konnte, dass
„bei möglichst paralleler Stellung der Individuen von
Diopsid und von Amphibol die Elasticitätsaxen der
einen ungefähr die Winkel halbiren, welche die Ela
sticitätsaxen der anderen einschHessen. Die gleiche
Orientirung zeigte auch der Strahlstein vom Greiner. Nach der
Axe und den Normalen gestellt hatten frühere Beobachtungen an
anderen Augiten, Anthophylliten und am Hypersthen die Elasticitäts
axen gegeben, bevor ich die Lage im Diopsid verglich. Eine Revi
sion aller hierher gehörigen Thatsaclien bezeichnete ich daher auch
als sehr wünschenswerth.
Einiges Nähere theilte ich kurze Zeit darauf Herrn Abbe M oigno
mit, über das er in seinem Cos mos 4 ) Bericht erstattete. Nun
bereitete ich einige weitere Untersuchungen vor, und hatte im
November den Genuss, manche nicht unwichtige Thatsaclien meinem
hochverehrten Freunde GustavRose, als er einige mir unvergess
liche Tage bei mir in Wien verweilte, zu zeigen, diesem gründlichen
Forscher, dem wir so viele Kenntniss in Bezug auf die eine und die
andere der beiden Mineralspecies verdanken. Er sandte mir freund-
lichst, bald nach seiner Rückkehr nach Berlin, einige Varietäten die
ich noch zu untersuchen wünschte, darunter Stücke, die ihm selbst
bei seinen früheren Arbeiten gedient. Längere Zeit ist seitdem ver
flossen. Hätte meine Kraft dem Wunsche entsprochen, so läge jetzt
etwas Vollständiges vor. Aber der Tag gebietet, und die glänzende
Veranlassung bei der bevorstehenden Versammlung im September so
viele ausgezeichnete Forscher für den Gegenstand speciell zu interes-
A ) Bd. V, S. 691. 3. Jahrg. 24. Ilft. vom 22. December 1854.
30*
45 S Hai ding er. Vergleichung' von Augit und Amphibol nach den
siren, erweckte in mir den Wunsch, selbst die wenigen Fragmente
darzubieten, unvollkommen wie sie sind, die dennoch als eine Grund
lage für fernere Untersuchungen angesehen werden mögen, als Weg
weiser in Richtungen, die manches wissenswerthe Ergebniss ver
sprechen.
Aber die Versammlung musste verschoben werden, und ich
benütze also heute den ersten Tag der diesjährigen Sitzungen der
hochverehrten Classe, um das, was bis jetzt vorliegt, der Veröffent
lichung entgegen zu führen.
II. Analogie der Formen.
Mein hochverehrter Freund Gustav Rose war es, der die so
auffallenden Analogien der Formen bis in ihre letzten Rezielningen
verfolgte, die sich insbesondere darin so deutlich aussprechen, dass
obgleich die wirkliche Theilbarkeit in solcher Lage stattfindet, dass
die zwei Flächen des Amphibols Winkel von 124° 30' mit einander
einschliessen, während die Spaltung der Krystalle am Augit unter
einem Winkel von 87° 5' erfolgt, doch die rhombischen Querschnitte
dieser beiden Prismen in einer höchst einfachen Reziehung zu
einander stehen. Setzt man nämlich die Brachydiagonale des Am
phibols gleich der Makrodiagonale des Augits, so verhält sich die
Makrodiagonale des Amphibols zur Brachydiagonale des Augits
= 2:1, oder sie ist gerade noch einmal so gross als die letztere.
Jedenfalls sind die Unterschiede von dem einen zu dem anderen
lange nicht so gross als die Unterschiede, welche die Herren B rooke,
v. Nordenskjöld, Breithaupt und andere an den Winkeln der
Varietäten, jede der beiden Species einzeln genommen, gefunden
haben. Die Ebene der Abweichung der Axen halbirt bekanntlich
beim Amphibol den stumpferen, beim Augit den schärferen Winkel
des oben erwähnten Prismas, die
Abweichung der Axe beträgt beim
Amphibol 14°S8'; beim Augit 16°1',
also die Neigung der Basis gegen
die Querfläche bei dem ersteren
104° 58, bei dem zweiten 106° 1'.
Die beiden Projectionen auf der
Längsfläche Fig. 1 und 2 stellen
ganz einfache Krystalle vor. Das
Hauptzügen ihrer krystallographischen und optischen Eigenschaften. 459
Prisma ooA des Amphibols Pig. 2 wäre —ooA2 des Augits Fig. 1
und umgekehrt wäre coJ. des Augits = oo A2 des Amphibols.
Aber die wahre Symmetrie streitet schon gegen diese Annahme;
sie ist es, die sich vorzüglich in den Projectionen auf einer Ebene
zeigt, die senkrecht auf die Kanten des Hauptprismas ooA gelegt
Fig. 3. Fig. 4.
wird. Hier mögen zwei Entwürfe dieser Art, mit den wichtigsten
bisher beobachteten Krystallflächen, das Bild derselben mit grösserer
Übersichtlichkeit darstellen als viele Worte vermöchten. Es scheint
mir, dass eine schematische Darstellung dieser Art seihst, manche
Vortheile darbietet, wenn man sie mit anderen Methoden vergleicht,
welche seit langer Zeit in der Entwickelung mineralogischer und
krystallographischer Studien für den gleichen Zweck erdacht wor
den sind, von den idealen Darstellungen Phil Iips" beginnend, die
Methoden der Herren Weiss, Neu mann, Miller und Quen-
stedt, bis zu den so einfach zum Auge sprechenden Scliematen
des Herrn Dana. Die letzteren waren es, welche mich anregten,
doch noch einen Schritt von der Methode weiter zu der wirklichen
Form zurück zu gehen lind Skizzen wie die oben stehenden zu ent
werfen, welche schon auf den ersten Anblick hindeuten, dass sie
nicht Projectionen wirklich bestehender Krystalle, sondern dass sie
nur Bilder der Verhältnisse darstellen sollen. Bekanntlich sind Pro
jectionen auf der Horizontalebene vielfach von den Krystallographen
zur Erläuterung einiger Krystallvarietäten angewendet worden, gewiss
würde eine Durchführung von Skizzen, wie die hier gegebenen, durch
das ganze Beich der Krystalle höchst vortheilhaft für die Orientirung
sein und manche anziehende Übersicht gewähren. Bei den Augit-
krystallen würde sie speciell manche Verwechselung am obei'en End-
■
460 Haidinger. Vergleichung von Augit und Amphibol nach den
punkte der Axe diesseits und jenseits derselben gelegener Flächen
verhindert haben, die man in mineralogischen Werken antrilft.
In den Fig. 3 und Fig. 4 gegebenen Projectionen ist das 0 der
Basis mit dem Zeichen der. Schärfe u und der Breite — umgeben:
— O— und uÖu, um die Lage der scharfen und stumpfen Kanten
des Querschnittes anzudeuten, ferner zeigt Plus und Minus, ~j- und
—, für diesseits und jenseits, die Lage des stumpfen und des spitzen
Winkels mit der der Axe parallelen Querfläche an.
Niemand wird in den zwei Bildern die ungemeine Analogie ver
kennen, aber sie beruht einzig darauf, dass das Prisma von 124°30'
des Amphibols als gleichwerthig dem von 87° 5' des Augites betrach
tet wird. Fast jedes einzelne Zeichen oder Symbol, nach was immer
für einer Methode findet für die wichtigsten Flächen sein gleiches in
beiden Speeies. Die grosse Übereinstimmung verschwindet, sobald
man die Ableitung eintreten lässt. Herr Dana hat die Abweichung
durch eine eigens berechnete Verhältnisstafel dargestellt. Auch
G. Rose hatte schon den immer noch vorhandenen Unterschied in
in den beiderseitigen Krystallreihen hervorgehoben.
III. Optische Eigenschaften.
Bekanntlich zeigen Augit und Amphibol sehr nahe gleiche
Reihen von Varietäten in Hinsicht der Farben, von weiss, durch
mancherlei grüne Töne, bis zum Schwarzen, von vollkommener Klar
heit bis zum gänzlichen Mangel derselben. Für den ersteren dürften
der Diopsid aus dem Pfitschthale und die bekannten schwarzen ein
gewachsenen Krystalle von Borislau bei Teplitz als genügend betrach
tet werden, um die ganze Reihe zu repräsentiren. Von dem zweiten
gelten als feste Hauptpunkte der Tremolith von Gulsjö, der Strahl-
stein vom Greiner, der Pargasit und der schwarze Amphibol von
Pargas in Finnland, endlich die basaltische Hornblende von Sulletitz
bei Leitmeritz und vom Wolfsberg bei Czernussin. In der Farbe der
letzteren ist keine Spur mehr von Grün.
IV. Augit.
Die Fig. S ist in der Stellung übereinstimmend mit Fig. 1 mit
solchen Grössenverhältnissen der Flächen gezeichnet, dass eine der
optischen Elasticitätsaxen gerade durch die beiden Combinations-
ecken B und Bi geht, wo sich die Flächen der Augitoidhälfte —A
■
Hauptzügen ihrer krystallographisehen und optischen Eigenschaften. 461
und des Prismas oo^l Fig. 5.
treffen, 0 deutet die Lage
der eigentlichen Basis an.
Es ist dies die optische
Haupt-Axe oder Mittel
linie , die resultirenden
oder eigentlichen opti- m
sehen Axen mn und op
machen mit einanderWin-
kel von 58° S6', gleich
geneigt unter 29°28' ge
gen diese Axe EE'. Der
Winkel EMB= 38« 54'
und der Winkel EMN—
Sl°6', oMD ist =9°26',
7n3IN =21° 38', alles
nach den von Herrn Pro
fessor Miller, und nach der von Herrn Dr. Ewald und von dem
selben nachgewiesenen Orientirung der Axen am Diopsid, wie ich
dies in mehreren Mittheilungen, nämlich in den oben angeführten,
und in einer später über die konische Refraction am Diopsid J ) aus
führlicher besprach.
In den bekannten schwarzen in den Basalten eingewachsenen
Krystallen (Fig. 6) findet man die Lagen der Axen genau der vorigen
entsprechend, wenn man ganz dünne Platten, etwa p- lg g
J / 8 Linie dick, aus denselben darstellt. Wie beim b
Turmalin muss man übrigens erst eine Fläche
anschleifen, darauf eine Glasplatte aufkleben und
sodann erst die Platte vom Krystall trennen,
welche endlich dünn geschliffen und polirt wird.
So erhielt Herr Steinschneider Kiemen t gute G '
Platten parallel der Querfläche und parallel der a
Längsfläche, also parallel und auch senkrecht auf
die Zwillingsfläche. Senkrecht gegen die beiden vorhergehenden
gelang es nicht, der grossen Zerbrechlichkeit der Krystalle wegen,
hinlänglich dünne Platten zu gewinnen. Diese dünnen Platten zeigen
‘) Sitzb. u. s. w. 1855. Bd. XVI, S. 113.
462 Haidinger. Vergleichung von Augit und Amphibol nach den
dann einen grünlichgrauen Ton. Wenn auch stark zerklüftet und
im Ganzen wenig Licht hindurchlassend, sind sie doch in den ein
zelnen Partien ganz klar, und man sieht in einer Herapathitzange
sehr schon denjenigen der Ringe, welchen man auch so leicht beim
Diopsid durch zwei Querflächen erkennt. Die Farbe der Krystalle
selbst ist zwischen ölgrün und olivengrün, der in der Richtung der
Hauptaxe polarisirte Ton b, Fig. 6, ist etwas mehr in das letztere,
der senkrecht auf die Hauptaxe polarisirte Ton a mehr in das erstere
geneigt, oder a gelblicher als b, auch etwas mehr absorbirt, beim
Diopsid ist a gleichfalls etwas dunkler als b, doch stimmen sie
mit dem Babinet’schen Gesetz, dass bei positiven Krystallen der
extraordinäre Strahl stärker absorbirt ist als der ordinäre, oder
hier an einem zweiaxigen Krystall stärker als der dem ordinären
analoge.
Y. Amphibol.
Zur leichteren Orientirung der Formen beginne ich mit der
dunkelsten Varietät, der basalti
schen Hornblende, die so oft die
schönstenKrystallformen zeigt. Die
Lage der Krystalle, Fig. 7, ist kry-
stallographisch genommen wie beim
Augit, Fig. 5, genau dieselbe, CD
oder 0 die Projection der Basis,
BA die Projection der Axenkante,
des Augitoides —A. Die Neigungen
der geneigten Linien gegen die
Querfläche, deren Projection CA t
sind nach Mi 11 er:
DCAi DABi
für Augit. . = 106° 1', 104° 36',
„ Amphibol = 104° 88', 106° 2'.
Aber die Lage der Elasticitätsaxen zeigte sich bei der ersten
Platte, die ich aus einem Zwillingskrystalle schneiden liess, ganz
verschieden von der Lage am Augit. Anstatt dass sie die Richtung
von dem Mittelpunkte M aus gegen B genommen hätten, lagen diese
Axen vielmehr in der Richtung nach E, oder, um sie in der Projection
Fig. 7.
*
Hauptzügen ihrer krystallographischen und optischen Eigenschaften. 463
des Zwillingskrystalles Fig. 8 mit dem
Zwillinge Fig. 6 zu vergleichen, es
hatten die zwei Elasticitätsaxen eine
solche Lage, dass sie so weit als möglich
von der Lage jener ahweichen.
Dahei zeigten sich in den der Axe
parallel geschliffenen Platten folgende Far
bentöne :
Es gelang freilich überhaupt nicht, eine der Querfläche parallele
Platte zu erhalten, aber doch Hessen sich die Töne gut als die oben
verzeichneten ableiten, wenn man die Krystalle in sehr schiefen Rich
tungen mit der dichroskopischen Loupe untersuchte.
Aber diese Krystalle von Sulletitz bei Leitmeritz waren sehr
zerklüftet, so dass es schwer hielt, Platten zu gewinnen. Herr Dr.
Hochstetter war eben für die k. k. geologische Reichsanstalt in
der Nähe des Wolfsberges bei Czernussin in Böhmen beschäftigt,
der so bekannt ist als Fundort zahlreicher und schöner schwarzer
Amphibolkrystalle. Dieser Umstand wurde zu Aufsammlungen der
selben' benützt. In der That fanden sich nun auch unter denselben
ziemlich homogene Individuen und Zwillinge vor, aus welchen ich
Platten schneiden Hess, welche genau die jenseits verzeichneten
Farbentöne wahrnehmen Hessen und zwar sowohl parallel der Längs
fläche, als auch parallel der Querfläche, doch nicht senkrecht auf die
Axe des Prismas. Doch welche neue Verwicklung! Die Lage der
Elasticitätsaxen war nicht dieselbe wie bei den Krystallen aus der
Gegend von Leitmeritz, sondern sie war dergestalt orientirt, dass eine
derselben parallel der Hauptaxe war, die beiden andern senkrecht
auf dieselbe lagen, die letzteren zugleich senkrecht auf die Längs-
Fig. 8.
t
464 H a i d i n g- e r. Vergleichung von Augit und Amphibol nach den
fläche und senkrecht auf die Querfläche. Wenn man nämlich durch
die dichroskopische Loupe eine aus einem Zwilling parallel der
Längsfläche geschnittene Platte untersucht, so zeigen sich bei den
Sulletitzer Krystallen die grössten Contraste von hell und dunkel,
gelb und schwarz in den beiden Individuen in um etwa 12° — E'ME
gegen einander geneigten Lagen a, b und al, V, Fig. 8. Bei den
Krystallen vom Wolfsberg ist keine solche geneigte Lage zu finden,
die Linien der grössten Gegensätze sind in beiden aneinander gewach
senen Individuen einander vollkommen parallel, eben so wie sie in
den einfachen Krystallen . der Axe, oder den Durchschnitten der
Längsflächen mit den Theilungsfläehen parallel sind. Es ist wahr,
die wirkliche Lage lässt sich nicht allzugenau durch die Beob
achtung des Minimums der Lichtintensität dem Winkel nach bestim
men, aber doch ist es unmöglich, die grosse Verschiedenheit zu
verkennen, welche zwischen absolut erscheinender Übereinstimmung
und dem sehr deutlich hervortretenden Unterschiede in der Lage
stattfinden. Diese Thatsache ist wohl der grössten Aufmerksam
keit wertli. Man hat bisher zwar in den Winkeln der Axen von
einer Varietät zur anderen Unterschiede gekannt, wie dies bereits
Brewster am Topas fand, oder bei den verschiedenen Glimmern,
wo man die einzelnen Ausgangspunkte noch nicht festgestellt hat,
oder bei den durch Zusammenkrystallisiren von Kalinatrontartarat mit
Ammoniaknatrontartarat gewonnenen Krystallen, wie es de Senar-
mont so schön nachgewiesen hat, ja selbst nach Mitscherlich
bei einem und dem nämlichen Krystall durch Erwärmung wie beim
Gyps, aber die Elasticitätsaxen blieben doch immer die nämlichen.
Hier bleiben aber auch diese nicht in allen Varietäten dieselben. Es
ist dies wohl ein Gegenstand, der weiter verfolgt zu werden verdient,
als es mir bis jetzt möglich war, wo sieh so viele neue Beziehungen
darboten.
Um die optischen Axen aufzusuchen, schienen aber namentlich
die Platten parallel der Querfläche geschnitten, sehr günstig. Einmal
nach der Analogie mit Augit, bei dem die optischen Axen in der
Längsfläche liegen, also in Platten parallel der Querfläche und in
Platten parallel der Basis sichtbar sind, daun aber auch nach der
Anleitung der Farbentöne selbst, wo der mittlere, das dunkle Roth
der Axe der mittleren Absorption, also aller Wahrscheinlichkeit nach
dem Babinet’schen Gesetze entsprechend der Axe der mittleren
Hauptzügen ihrer krystallographischen und optischen Eigenschaften. 465
Elasticität oder Breclibarkeit überhaupt angehört. In einem gewöhn
lichen Polarisationsapparate, in einer Turmalinzange sieht man frei
lich nichts, wohl aber wenn man die Platte in Öl untersucht. Ent
sprechend der yom Herrn Professor Miller *) gegebenen Anwei
sung wurde die Platte an dem unteren Ende der Axe eines Horizon-
tal-Goniometers befestigt und in einem unter dasselbe gestellten mit
Turmalinplatten beklebten Kästchen mit parallelen Glasseiten unter
sucht. Es kamen in der erwarteten Richtung in der That mit Schwarz
in Roth gezeichnet die beiden Ringsysteme zum Vorscheine. Sie
waren dem Anscheine nach gleich geneigt gegen die Ebene der
Platte und machten mit einander einen Winkel von 93° 30'. Dies ist
der Winkel der Axen in Oliven-Öl, dessen Brechkraft durch den
Exponenten 1-500 ausgedrückt ist. Um den wahren Winkel der Axen
im Krystall zu finden, muss man den Sinus des Einfallswinkels
46°45' mit mu ^'P^ c ' ren un£ ^ erkält dann den Sinus von 39°42'
und den Winkel der Axen 79° 24'. Die senkrecht auf der Querfläche
stehende Linie, welche diesen Winkel halbirt, ist dann die erste
Mittellinie oder optische Hauptaxe. Den Exponenten 1-710 fand ich
als annähernden Werth für den in der Richtung der Axe polarisirten
Strahl durch die directe Messung der Abweichung bei einem feinen
Splitter derselben Varietät vom Wolfsberg. Der brechende Winkel
war also 55° 30', die Abweichung rp durch Spiegelung gemessen
betrug 25°. Man hat also n=-- 1 *~ 2 ? + v \
sin x 9
Eine vergleichende Messung eines durch zwei Theilungsflächen
gebildeten Prismas von weissem Tremolith vonGulsjö, den ich Herrn
Professor Gustav Rose verdanke, ebenfalls durch Spiegelung
gemessen, gab die Abweichung der zwei Rüder 20° Sl' und 21° 14',
und zwar ersteres in der Richtung der Axe, letzteres senkrecht auf
dieselbe polarisirt. Die entsprechenden Brechungs-Exponenten folgen
daraus = 1611 und 1-620. Da aber auch beim Tremolith die opti
schen Axen in der Ebene der Abweichung oder in der Längsfläche
liegen, so ist ersterer der mittlere, letzterer der grösste der drei
dem Tremolith angehörigen Exponenten, und letzterer stimmt, wenn
auch nicht in der Intensität, doch in der Lage mit dem in den
schwarzen Amphibolen nahezu oder vollständig absorbirten Strahle
*) Elementary Introduction to Mineralogy, pag. 63.
466 Haidinger. Vergleichung von Augit und Amphibol nach den
überein, was immerhin als gleichartige Erscheinung wichtig ist. Auch
ist am Tremolith schon der weissen Farbe ungeachtet, das stärker
gebrochene senkrecht auf die Axe polarisirte Bild bereits etwas mehr
absorbirt, als das schwächer gebrochene in der Richtung der Axe
polarisirte; das schwächer gebrochene Bild der Kerzenflamme ist
nämlich heller als das stärker gebrochene.
Die beifolgende Fig. 9 gibt ein Bild der Lage der Elasticitäts-
axen und der optischen Axen gegen die Krystall-Individuen und gegen
einander im Tremolith und Fig. 9.
im Strahlstein orientirt, we
nigstens nach den Hauptmo
menten, wenn ich auch für
genauere numerische Daten
gerne bessere Krystalle und
Apparate anzuwenden ge
wünscht hätte. Ich fand in
Öl den Winkel tty Bi =22°,
den Winkel q q t A — 63°.
Daraus folgt der Einfalls
winkel Tt x t = 68°, der Ein
fallswinkel Qqi q — 27°. Mit
dem mittleren Brechungs-
Exponenten 1-611, wenn der
von Öl =1300 ist, reducirt
ist der Brechungswinkel
Mt T t = 59° 41', der Brechungswinkel Mq x Q t = 25° 0'. Der Winkel
der Axen q'Mt' ist aber —Ni Mq t -f- N M= Mq t Qi + Mt t T u
also = 25° + 59° 41' = 84" 41'.
Wenn man die Winkel der optischen Axen
Im Öl Im Krystall
für Tremolith und Strahlstein 93° 84° 41'
„ basaltischen Amphibol... 93° 30' 79° 24'
vergleicht, so ist der Unterschied nicht grösser als man ihn wohl
bei den übrigens bestehenden Abweichungen der Formen erwarten
konnte, ja man wird fast überrascht durch die ungeachtet der letz
teren gefundenen Übereinstimmung. Denn auch die Lage der Elasti-
citätsaxen stimmt in den beiden nicht überein. Wenn man den Winkel
Hauptzügen ihrer krystallographischen und optischen Eigenschaften. 467
der Axen 84° 41' halbirt, so ist 42° 20 1 /,' die Neigung jeder der
selben gegen die Mittellinie, oder optische Hauptaxe = q,3IF 1 und
NJlFi = EMÜ= ( b 31 F t —qiMNi = 42» 20'/,'— 2ä»= 17» 20'/,'.
Dieser Winkel stimmt sehr gut mit Herrn von Kobell’s
Angabe „für den Strablstein 17°—18°“. Für den Tremolitli
fand er IS" 1 ). Er setzt hinzu: „Die Winkel waren zwar nur
annähernd zu bestimmen, ich führe sie aber an, weil man bis
jetzt von dem optischen Verhalten des Amphibols fast nichts kennt.“
Die allerersten Angaben, welche mir überhaupt in Bezug auf diese
Eigenschaften ausser den Farben selbst, bekannt sind, beschränken
sich nämlich auf jene meine eigene Mittheilung im 12. Bande unserer
Sitzungsberichte.
Der Pargasit stimmt im Ganzen gut mit Tremolith und Strahl
stein. Wie der letztere besitzt er drei wenig verschiedene Farbentöne.
Auf die obige Fig. 8 bezogen gilt folgendes Schema:
Etwas grösseren Gegensatz bilden die grünen Farbentöne
einiger Strahlsteine vom Greiner im Zillerthal in Tirol. Einer der
Varietäten entnahm ich folgendes Schema :
Axcnfarbcn
aj Axe
bj Laogsaxe
c) Queraxe
Zwischen Smaragd- und
lauchgrün
Blass olivengrün
Zwischen olivengrün und
ölgrün
Dunkelster
Hellster
Ton.
Mittlerer
') Stauroskopisclie Beobachtungen. Gelehrte Anzeigen (1er k. baierischen Akademie
der Wissenschaften, Nr. 9, 20. Juli 1835, S. 76.
468 Haid« ng-er. Vergleichung 1 von Augit und Amphibol nach den
Die schwarze Hornblende von Pargas ist in dünnen Platten
ebenfalls ganz durchsichtig, nur sind die einzelnen Töne dunkler als
bei dem eigentlichen Pargasit, und eigentlich mehr Grau zu nennen.
Ein schwarzer Amphibol, gemeine Hornblende von Arendal,
parallel der Längsfläche geschliffen, scheint in der That tief schwarz;
die dünnsten Stellen gegen das directe Sonnenlicht gehalten, Hessen
dennoch die helle Scheibe der Sonne dunkel spangrün durchblicken.
Das feinste Pulver der Krystalle, mit einem Achatpistill auf einer
matt geschliffenen Bergkrystallplatte zerdrückt, ist grünlichgrau
ziemlich gesättigt, während das Pulver der basaltischen Hornblende
vom Wolfsberge eine blass isabellgelbe Farbe besitzt.
VI. Augit verglichen mit Amphibol.
Stellt man die zwei Figuren S und 7 neben einander, so erhält
man die Vergleichung der Lage der Elasticitäts-Axen und der eigen
tlichen optischen Axen in parallel gestellten Individuen, je von Augit
und Amphibol. Die beiden Figuren 6 und 8 beziehen sich in ähnlicher
Weise auf Zwillinge von Augit und von Amphibol, ebenfalls in paral
leler Stellung der Krystalle.
In einer weiteren Skizze Fig. 10 vereinigte ich die Angabe der
nach den Krystall-
flächen orientirten
optischen Linien der
beiden Krystallspe-
cies, und unterschied
sie durch die Ausfüh
rung der Linien, die
gestrichelten gehö
ren dem Augit, die
punktirten dem Am
phibol an, und zwar
der schwarzen basal
tischen Hornblende
vom Wolfsberg, die
gestrichelt - punktir
ten den heller farbi
gen Strahlstein- und
Tremolithvarietälen.
Fig. 10.
Hauptziigen ihrer krystallographischeu uiul optischen Eigenschaften. 469
Zwischen beiden liegen die entsprechenden Linien der basaltischen
Hornblende von Sulletitz.
Der Winkel m MN beträgt nach Herrn Prof. Miller 21° 38'
am Diopsid nach der oben erwähnten Neigung der optischen Axen,
an dem schwarzen Amphibol von Wolfsberg beträgt der Winkel
m! MN — 39° 42', der Winkel der beiden Axen m n und m,
daher 18° 4'. Für die Neigung der beiden andern optischen Axen von
Augit und Amphibol gegen einander ist der Winkel o M D nach
Miller — 9° 26', der Winkel DMp, nach meiner obigen Schätzung
= SO 0 18' daher o Mp = 59» 44'. Für die um 17° 20' verschie
dene Lage der Elasticifätsaxen hei den durchsichtigen Varietäten wie
D 2 D s und N a N s würden entsprechende Winkelunterschiede in
den optischen Axen, wobei der Winkel derselben = 84°40'genommen
wird, von 38°2' und 74°26' hervortreten.
Zu anderen Betrachtungen gibt die Lage der Elasticitätsaxen
Anlass. Nach den vorläufigen Untersuchungen scheint diese inner
halb der Augite nicht zu variiren, während dies bei den Amphibolen
allerdings der Fall ist. Aber das ist bemerkenswerth, dass bei den
ersten von der Axe derKrystallsymmetrie ausgehend, die Abweichung
der den kleinsten Winkel mit derselben einschliessenden Elasticitäts-
axe gerade in entgegengesetzter Richtung stattfindet von derjenigen,
welche man an den Amphibolvarietäten antrifft, wo überhaupt eine
solche Abweichung vorkommt.
Man nehme die Lage der Elasticitätsaxen am Augit als gegeben,
EJ/F’also = 90°, und untersuche welchen Winkel die dazwischen
liegende Elasticitätsaxe des Amphibols einnimmt. Für die basaltische
Hornblende vom Wolfsberg ist diese D D t , E MD also = 38° 54'
und folglich D M F = 50° 6', welches übrigens begreiflich auch
gleich ist dem Winkel E MN, welchen die erste Elasticitätsaxe des
Augits E Ei mit der andern Elasticitätsaxe des Amphibols N N t ein-
schliesst. Für die durchsichtigen hellfarbigen Amphibole ist E M D 2
= 56° 14' und D 2 M F als Complement = 33° 46', also in einer
entgegengesetzten Richtung der Winkelunterschiede zwischen den
beiden. Die Lage einerzwischen D und D 2 durch M hindurchgehenden
Axe wäre beiderseits gleich geneigt, brächte Winkel von 45° hervor,
wenn der Winkel der Abweichung für den Amphibol 5° 36' betrüge,
denn es ist D MF — D ME = 50» 6' — 38» 54' =11»12'. Der
bei den Zwillingen von Sulletitz annähernd gefundene W'irikel von 12°
stimmt mit diesem Mittel fast vollständig überein.
470 Haidinge r. Vergleichung von Augit und Amphibol nach den
TII. Gruppirungen von Augit und Amphibol.
Bekanntlich finden solche in sehr ausgedehntem Maasse Statt.
Die Gruppirungen mit parallelen Krystallaxen hat namentlich Gustav
Rose entdeckt, und gründlich erforscht 1 ) und sie gaben zuerst Ver
anlassung zu den genaueren Untersuchungen, ob man nicht Augit und
Amphibol in eine Speeies vereinigen sollte, endeten aber in der viel
fruchtbareren und seitdem so erfolgreich angenommenen Ansicht, dass
die Amphibolbildung ein pseudomorpher Fortschritt in dem Bestehen
den der zuerst als Augit krystallisirten Massen ist. Meine eigenen
ersten Versuche von Studien über den Smaragdit 3 ) hatten sich zwar
auf Gruppirungen von Amphibol und Augit bezogen, aber die Sache
lange nicht in so helles Licht gestellt, namentlich wurde der eigent
liche Smaragdit als wirklicher Amphibol nachgewiesen, während doch
auch ganz grüner Augit sich unter den Varietäten findet. Später, in
meinem Handbuche der bestimmenden Mineralogie s ), erwähnte ich
einer andern Gruppirung an dem grasgrünen
Smaragdit von Bacher, aber nur summarisch,
wie es der Kürze wegen nothwendig erschien.
Es ist dort in der That mit einer Skizze
Fig. 11 die Erklärung gegeben. Ich benütze
nun die Veranlassung, um das eigentliche höchst
merkwürdige Stück in der Sammlung der k. k.
geologischen Reichsanstalt ebenfalls durch eine
Skizze Fig. 12 zu versinnlichen.
Im Ganzen besteht dasselbe aus parallelen
ungleichdicken Blättchen, welche durch die so
auffallende glänzendste Folge paralleler Flä
chen von einander getrennt sind. Diese Blätt
chen bestehen abwechselnd aus Augit und
Amphibol. Die Augitblättchen ihrerseits
befinden sich von einem Blatt zum andern in
vollkommen paralleler Stellung, die Theilungs-
richtungen derselben spiegeln gleichzeitig.
Fig. 11.
r
\M
MX m /II
X M X „
D PoggendoriFs Annalen. Bd. 22, S. 321; Bd. 27, S. 97: Bd. 31, S. 619. Reise nach
dem Ural 2, 347.
2 ) On Diallage. Transactions of the Royal Society of Edinburgh, for the year 1824.
Gilbert’s Annalen, Bd. 73, S. 367.
3 ) Seite 280.
Hauptziigen ihrer krystallographischen und optischen Erscheinungen. 47 1
doch sind sie überhaupt nicht sehr vollkommen. Die glänzendste
Zusammensetzungsfläche ist ihre Querfläche oo H oder r (Haüy). Die
weit dünneren Amphibolblättchen sind nicht in einer solchen Stellung,
dass ihre Krystallisationsaxe der Krystallisationsaxe des Augits ent
spräche. Selbst die Lage der Querfläche stimmt nicht einmal überein,
sondern die Amphibolblättchen sind mit einer ihrer vollkommenen
Theilungsflächen, einer Fläche des Prismas oo A — 124° 31' oder M
(Haüy) zwischen den Augitblättchen eingeschlossen; an den Rändern
der Blättchen glänzen gleichzeitig, dem Bruche entlang, die kleinen
Abschnitte der zweiten vollkommenen Theilungsfläche, und bringen
dadurch den Eindruck fadenförmig, durch die Masse sich ziehender
glänzender Linien hervor. Die Amphibolblätter sind aber auch nicht
unter sich parallel, und diese fadenförmigen glänzenden Linien
wechseln daher auch in ihrer Erscheinung, je nachdem man das Stück
im Ganzen gegen eine helle Lichtquelle hält.
Wenn die hier beschriebene Gruppirung auch eigentlich sich auf
ganz verschiedene Varietäten von denen bezieht, die im Vorhergehenden
vorzugsweise betrachtet wurden , so erweitert sie doch überhaupt
durch ein höchst merkwürdiges Beispiel das Bild desZusammenvorkom-
mens der beiden Speeies, welches immer mannigfaltiger sich darstellt.
Dünne Platten des schwarzen basaltischen Augits von Borislau
bei Teplitz in Böhmen, parallel der Längsfläche geschnitten, zeigen
ein anderes, ebenfalls sehr auffallendes Beispiel eines Zusammenvor
kommens dieser Art. Die Farbe der Platte ist ein Mittel zwischen
ölgriin und olivengrün, und wie es oben bei Fig. G erwähnt wurde,
ist der senkrecht auf die Hauptaxe polarisirte Ton a etwas mehr gelb
lich als b, auch um ein ganz Weniges stärker absorbirt. Die Platten
sind wohl an sich schon sehr zerklüftet, aber sie enthalten auch zahl
reiche eingewachsene gelbe Krystalltheilchen, die sich sogleich durch
ihre Farbe und Begrenzung von dem gleichförmigen Grunde abheben.
Sie erscheinen deutlich parallel der Krystallaxe des Augits gestreift.
Durch die dichroskopische Loupe zeigt sich alles Gelb in der Richtung
dieser Axe polarisirt, senkrecht auf dieselbe ist der erste Eindruck
schwarz, es ist nämlich das fast gänzlich absorbirte Roth der basal
tischen Hornblende. Basaltische Hornblende ist also in zahlreichen
kleinen Theilchen in dem schwarzen basaltischen Augit eingewaehsen,
und zwar mit parallelen Krystallaxen. Es war mir nicht möglich zu
unterscheiden, ob die optische Elasticitätsaxe des Amphibols, die
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft. 31
472 Haidinger. Vergleichung- von Augit und Amphibol nach den
Linie des grössten Contrastes genau der Krystallaxe entspricht, wie
bei den Krystallen vom Wolfsberge, oder ob sie mit derselben einen
Winkel einschliesst, aber das Hess sieb sehr gut ausnehmen, dass sie
alle vollkommen unter einander und mit dem einschliessenden Augit-
krystalle eine parallele Stellung einnahmen, indem man ebenfalls
senkrecht gegen die Längsfläche sah.
Ganz ähnliche gelbe Krystallpartien findet man zuweilen auch
in dünnen Platten des Hypersthens von Labrador, wenn diese senk
recht auf die Fläche des kupferrothen Schillers parallel der Axe
geschnitten sind. Auch sie sind der Krystallaxe des Augitprismas
parallel, welches die Theilbarkeit des Hypersthens ist.
Meinem hochverehrten Freunde Gustav Rose
verdanke ich ein treffliches Stück dieses Hyper
sthens, aus dem ich nun bessere Platten schleifen
lassen konnte, als die kleinen Rudimente auf welche
sich meine früheren Reobachtungen und Angaben
bezögen 1 )- Wenn nämlich in Fig. 13 M die
Fläche des kupferrothen Schillers die Querfläche
ist, so zeigten sich die drei Töne folgender-
massen:
Fig. 13.
Axeufärben
a) Axe
bj Längs-Diagonale
cj Quer-Diagonale
Grau, etwas grünlich
Gelblichgrau bis oliven
grün
Hyazinthroth
Dunkelster
Hellster
Ton.
Mittlerer
Die Orientirung stellte sich in der That nach den drei krystallo-
graphischen Axen des Prismas der Theilbarkeit, so wie es früher
angegeben worden ist. Dennoch bleibt ein Weg übrig, um diese
Verhältnisse mit der Axenlage in den Diopsiden in Zusammenhang
zu bringen. Denn es besteht offenbar im Hypersthen eine mecha
nische Zusammensetzung von zahlreichen ungemein dünnen Blättchen,
welche sich parallel der kupferrothen Fläche Mberühren, so wie dies
A ) Sitzungsberichte u. s. w. 1848, Bd. I, S. 311 und 1834, Bd. 12, S. 1074.
Hauptzügen ihrer krystallographischen und optischen Erscheinungen. 473
in Fig. 13 angedeutet ist. Diese ist gewiss keine Theilungsfläche,
sondern blos Zusammensetzungsfläche, in welcher sich die Theilchen
leicht trennen lassen. Wenn man eine dünne parallel der Längs
fläche T geschliffene Platte unmittelbar vor das Auge hält, und einen
hellen Lichtpunkt betrachtet, so ist dieser oder sein Bild auf den
zahlreichen Zusammensetzungsflächen im Innern von einem langen
Lichtstreifen begleitet, der senkrecht auf der Axe des Prismas steht.
Betrachtet man die Platte in der deutlichsten Seheweite durch die
Loupe, so ist nur eine Lage, in der sie am hellsten ist. Wendet
man sie rechts oder links, so nimmt die Helligkeit sehr schnell ab,
gerade so, wie wenn man durch die Zähne eines Kammes hindurch
sieht, und auch aus einer analogen Ursache, weil nämlich hier die
Zusammensetzungsfläche den freien Lichtdurchgang beeinträchtigen.
Die gleiche Erscheinung zeigt sich an Platten, die parallel der
Fläche P Fig. 12 senkrecht auf die Axe des Prismas geschnitten sind.
Wenn nun aber die ganze Krystallmasse aus Platten zusammen
gesetzt ist, die feiner sind als dass jede für sich ihre individuelle
optische Wirkung zeigt, so geben sie doch gemeinschaftlich eine
Gesammtwirkung, und diese ist es, welche man wahrnimmt.
Herrn Prof. Gustav Rose verdanke ich auch die schönen
Hypersthene von Buchau bei Neurode in Schlesien, so wie Herrn
Dr. Hochstetter die denselben ungemein ähnlichen Varietäten von
Wonischen bei Honsberg in Böhmen. Sie sind etwas heller an Farbe
und mebr durchscheinend als die von Labrador, dabei ist die Farbe
der der Längsfläche parallel geschnittenen Platten bei den letzteren
beinahe ein blasses Nelkenbraun zu nennen, während die von Neu
rode sich wieder mehr grau au die von Labrador anschliessen. Aber
in beiden ist die mechanische Zusammensetzung von feinen Lagen
parallel der Querfläche eben durch den beim Durchsehen erschei
nenden Lichtstreifen ganz unzweifelhaft.
Es ist übrigens schwierig, von allen diesen Körpern Platten
geschliffen zu erhalten, an welchen man entscheidende Wahrneh
mungen machen kann. Viele davon sind nahe undurchsichtig, es ist
eine wahre Eroberung, die optischen Forschungen auch nur auf sie
ausdehnen zu können, wie bei der basaltischen Hornblende, aber eben
darum schien es mir, dass ich nicht abwarten sollte, bis ich selbst
die Untersuchungen nach allen Richtungen noch mehr ausgeführt
hätte, um noch genauere Ergebnisse zu erhalten.
31
474
Haidinger. Vergleichung von Augit und Amphibol etc.
So wie ich vorläufig mit Gegenständen und Apparaten versehen
hin, aber auch über Kraft und Zeit disponiren kann, muss ich sehen,
dass es mir in längerer Zeit nicht gelingen würde, einen festeren
Grund zu legen, daher will ich lieber jetzt Alles hingeben, um viel
leicht besser vorbereitete oder unterstützte Forscher anzuregen,
den Gegenstand aufzunehmen und weiter zu entwickeln. Herr Dr.
Osch atz in Berlin erzielte durch sorgsame Arbeit sehr dünne Platten
von Mineralkörpern zur mikroskopischen Untersuchung *). Die von
einer Gebirgsart von Neurode, die bisher Melaphyr genannt wurde,
haben kürzlich Herrn Dr. Gustav Jenzsch in den Stand gesetzt,
als Grundlage bei der Berechnung seiner Analyse eine klare Über
sicht der mineralogischen Zusammensetzung dieses fast homogen
erscheinenden Gesteines zu geben 2 ). Der Hypersthen verdiente
wohl mit dem an denselben so innig anschliessenden Anhänge, der
Anthophyllite, Bronzite, Uralite bis zu den einfachen Krystallen der
beiden Species Augit und Amphibol die grösste Aufmerksamkeit und
würde einen würdigen Gegenstand von Bemühungen für die Darsteller
jener dünnen Platten ausmachen.
Eine der wichtigeren theoretischen Betrachtungen, welche mit
dem merkwürdigen Unterschiede in der Lage der Elasticitätsaxen am
Augit und Amphibol Zusammenhängen, sollte, glaube ich, dahin zielen,
zu untersuchen, wie eine ganz geringe Änderung in der Lage der
letzten Theilchen — Stoff-Atome wenn man will — ein anderes
körpeidiches Netz hervorbringt. Ist die Stellung der Theilchen
gedrängt an einander, so entsteht Augit, der bei gleichem Flächen
inhalt des Querschnittes weniger Umfang hat, zugleich ein höheres
specifisches Gewicht, grössere Dichte; ist die Stellung entfernter,
so entsteht der weniger dichte Amphibol. Die Richtung der grösseren
Entfernung wird man am ersten in der so sehr verlängerten Makro
diagonale des Amphibols zu suchen haben, aber während in dieser
die neue Anordnung geschieht, schlagen, um mich so auszudrücken,
auch die früher nach anderen Richtungen gespannten Theilchen in
ihrer Lage um, neue Spannungsknoten entstehen und neue Elastici
tätsaxen treten in den grössten Ditferenzrichtungen zwischen den
Richtungen der früheren hervor. Wird es je gelingen, bei so compli-
*) Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, 1854, Seite 261.
2 ) Hogge n do r f f’s Annalen 1855. Band 95, Seite 418.
Zwei Schreiben des Herrn Prof. Zejsz n e r in Krakau an Herrn Dr. Bou^.
cirten Verhältnissen der Formen einerseits und der chemischen
Bestandteile andererseits die geometrische Architektonik solcher
Körpernetze nachzuweisen, wie man es wohl bei einfachen chemischen
Stoffen und bei regelmässigeren Formen versucht hat ? Der höchste
Reiz liegt immer in den schwierigsten Aufgaben.
SITZUNG VOM 18. OCTOBER 1855.
Zwei Schreiben des Herrn ProfZ ej szner in Krakau an das
w. 31., Herrn Dr. Boue in Wien.
Herrengrund, 11. September 1855.
. . . . Den Lehm des Löss habe ich am ganzen nördlichen Abhange
der Tatra beobachtet; angefangen vom Dorfe Zar (östlich) bis nach
Zuberec (Arva), und weiter bis zum Chacz. Alle älteren Gebirgs-
arten sind damit bedeckt. Dasselbe wiederholt sich am südlichen
Abhänge der Tatra zwischen Pribilina und dem Fusse des Kriwan.
Mitten in der Tatra findet sich Löss nur an wenigen Punkten, aber
sehr deutlich ist dieses Sediment nachzuweisen. Gegenüber des
Bergwerkes Magora von Zakopane am Abhange Dziuramego genannt,
erhebt er sich bis über die Baumgrenze, und bedeckt den Liaskalk;
höher verschwindet er, und die schwarze Erde vertritt denselben.
Noch höher zeigt er sich am Berge Jaworawa im Thale Wiercicha
(Tycha-Thal), wo auf Kalkstein der Gneissgranit ruht; im Thale
von Koscielisko am Fusse des Berges Saturnus ist Löss am östlichen
und westlichen Abhange des Berges Suwa, oberhalb Zuberec, der
aus Liaskalk besteht. Von hier an wendet sich das Gebirge gegen
Südwest, immer aber ruhen Nummuliten-Schichten auf Lias, und
diese werden bis zu einer gewissen Höhe von mehr oder weniger
mächtigen Löss-Schichten bedeckt. Durch diese Thatsachen ist ein
neuer Beweis gefunden, dass die Tatra in neuester Zeit gehoben
wurde.— Einen sehr interessanten Durchschnitt fand ich in Zuberec,
Nummuliten-Dolomit ist da wie ein Keil im Granit eingeschlossen. In
dem Berge, genannt Zuberec, bei dem Orte Zuberec, erbebt sich
Liaskalk, der auf Granit ruht; fast an der Baumgrenze findet sich
476
Zwei Schreiben des Herrn Prof. Z ej s z n e r in Krakau
eine mächtige Kuppe beiläufig 500' breit, ganz mit Nummuliten
überfüllt, und dann wieder weiter zieht sich bis zum Kamm des
Bobrowietzer Thaies der Granit. Der Durchschnitt ist
Obgleich ich mich sehr viel im Liaskalke bewegte, fanden sich
dennoch wenige neue Fundorte von Petrefacten und diese sind unbe
stimmbar: unter andern Belemniten am Berge Jaworawa, im Thale
Wiercicha, ebenfalls Belemniten bei Czeremoczna, unfern Stubnya;
undeutliche Korallen im Szutawer Thale bei Kralowany.
Ein sehr schöner Durchschnitt findet sich an der gewaltigen
Therme von Stubnya. Etwa bis Mosacz erstreckt sich das Trachyt-
Conglomerat und füllt ein 1—iy 3 Meile breites Thal aus; am östli
chen Abhange finden sich Dolomit-Mergel, die immer steiler erhoben
sind. Am Fusse des Gebirges ist Dolomit in ein Gerolle zerfallen,
weiter besteht er aus einer harten krystallinisch-körnigen Varietät, in
welcher pulverförmigerDolomit eingeschlossen ist; die harten Theile
bilden krumme Formen und ragen in einzelnen Felsen aus den Hügeln
hervor. Höher wird der Dolomit ganz körnig, von graulich-weisser
Farbe, und wird durch unendlich viele Klüfte gespalten; theilweise
zerfällt er in einen weissen Sand, der besonders in dem tief einge
schnittenen Wege hervorleuchtet. Diese Dolomite erinnern lebhaft
an Val di Fassa; ich kenne in den Karpathen kein so ausgezeichnetes
Dolomit-Vorkommen wie in Haj. Das Trachyt-Conglomerat und
der Dolomit sind ebenfalls mit Lehm bedeckt.
an das w. M., Herrn Dr. Boue in Wien.
477
Der Contaet des Dolomits und Trachyt ist nicht wahrnehmbar;
aber so viel ist bestimmt, dass zwischen beiden Gebirgsarten keine
fremde sich befindet.
Kesmark, 12. October 18SS.
.... Die Gegend zwischen Neusohl und Theissholz (Tisowice) ist
ausgezeichnet durch mehrere Durchbrüche von Trachyt durch die
krystallinischen Schiefer. Es ist bekannt, dass der Wepor (eigentlich
darf er geschrieben werden Wieper) von Libethen ein Durchbruch
des Trachyts durch Talkschiefer ist. Ähnliche Durchbrüche finden
sich östlich, und zwar östlich von Balogh, ausgezeichnet durch
Aukeritgänge und Talkschiefer. Es sind da drei mächtige Rücken, die
sich gegen Bries fortziehen und durch zwei sehr tiefe Thäler geson
dert werden. Diesen Trachyt hat Herr Bergmeister Jurenak aus
Rhonitz entdeckt. Als wir dieses Trachytgebirge zusammen besuchten,
haben wir im Süden einen Berg erblickt, der ganz die Contouren des
Wieper von Libethen hatte; es war der Wieper vonKlenowec, auf dem
kein Geolog vor uns war. Den andern Tag sind wir dahin gegangen.
Er befindet sich am Ende des Thaies, an dessen anderm Ende Rhonitz
liegt. Nur Talkschiefer befindet sich entlang dieses langen Thaies;
hinter dem Orte Dobrocz aber bricht mit einem Male Gneiss hervor,
und dieses Gestein war uns er Begleiter bis zu einer bedeutenden Höhe
auf den Wieper, und es schien, dass er nur aus Gneiss besteht; aber
indem wir auf die Höhen stiegen, zeigte sich Trachyt in vereinzelten
Blöcken, die sich um so mehr häuften, je höher wir stiegen. Auf der
Spitze des Klenowski-Wieper ragen mächtige Felsen auf eine Strecke,
hervor, die beiläufig eine Viertelmeile beträgt. Auf den beiden Wiepern
ist eine ausgezeichnete Vegetation, welche man an wenigen Orten
findet; Bäume von fünf bis sechs Fuss im Durchmesser sind ganz
gewöhnlich, öfters noch dicker, meistens sind es Tannen und Buchen,
seltener Acer-Arten, die aber niemals die Schlankheit der ersteren
erlangen. Auf der ausgezeichneten schwarzen Erde wuchern die
prächtigsten Sträucher und Kräuter. Ich habe in den vorzüglichsten
Gärten keine grösseren und wohlschmeckenderen Johannisbeeren
gegessen als auf den beiden Wiepern.
Noch ein dritter Trachytdurchbruch findet sich westlich vom
Rimathal bei Potom, unfern von Syrk, wo die berühmten Eisenstein
gänge Vorkommen; ebenfalls hat Trachyt den Talkschiefer durch-
478 Zwei Schreiben des Herrn Prof. Zejszner in Krakau an HerrnDr. Boue.
brochen und bildet ein hohes Plateau. Unfern von diesem Orte
bei Krokawa durchbricht ein serpentinartiges Gestein den Granit.
Einige Zeit habe ich mich in der Gegend zwischen Gölnitz,
Krompach und Kaschau aufgehalten, um die geognostischen Verhält
nisse des Gabro mit dem Talk- und Glimmerschiefer zu studiren und
die Grenzen dieser höchst wandelbaren Gesteine kennen zu lernen.
VonDobschau bis Marguan erstreckt sich der Gabro mit seinen Um
wandlungen in Talkschiefer und der Schiefer ist nur eine plutonische
Gebirgsart. Die Beweise dafür wären die Folgenden: Mitten in dem
Flusse Hnilec bei Marguan befindet sich ein Felsen, der aus krystalli-
nisch-körnigem Gabro zusammengesetzt ist und in diesem findet sich
eine Schiebt von talkigem Glimmerschiefer, die kaum mehr als 3' mäch
tig ist. An der Stadtmühle von Gölnitz, dicht am Hnilec, übergeht der
dichte Gabro in eine Art von feinschuppigem Thonschiefer, der sich ein
paar Schritte weiter in deutlichen Talkschiefer umwandelt. AmStork-
schen Hammer zwischen Jaklowce und Gölnitz finden sich im Gabro
zwei Talkschiefer imLager, die 10—20'mächtig sind, und eine folgt
nach der andern; im BergeKliperg, oberhalb Gölnitz, wandeltsich der
dichte Gabro in einen schieferigen um; dasselbe findet Statt an der
Hernad, bei dem Zuflusse des Czerto wik; der ganze südliche Abhang vom
hohen Berge zwischen Folkmar und demKaschauer Hamor ist aus Talk
schiefer zusammengesetzt, der einenÜbergang in dichten Gabro bildet.
Aber die deutlichste Verbindung des Gabro mit Talkschiefer
findet sich am rechten Abhange des Grellenseiffner Thaies an seiner
Mündung gegen Zakarowce; hier wechsellagert dreimal dichter
Gabro mit Talkschiefer, der am Ende Oberhand nimmt. Aus diesen
Thatsachen ist es klar, dass diese beiden Gebilde einen gleichen
Ursprung haben; dass Talkschiefer nur eine Modifieation des Gabro
ist. Die mächtig entwickelten Talkschiefer zwischen Marguan und
Krompach, beinahe 2 Meilen lang, sind nichts anderes als eine plu
tonische Gebirgsart; es sind nur Glieder des Gabro. Weiter gegen
Westen von Gölnitz, und besonders vom Thale Zenderling, ist unge
mein mächtig grauer und dann grüner Talkschiefer (Talk mit Quarz)
entwickelt; dieses ganze Gebilde muss consequenter Weise als Gabro
betrachtet werden. An vielen Orten in dieser Gegend erscheinen atlas
glänzende schwarze und rothe Schiefer, die ein talkiges Ansehen
haben, und diese müssen auch als Glieder des Gabro betrachtet werden.
Ilusscgger. Bericht über das am 30. Sept. stattgefundene Erdbeben. 479
Bericht über das am 30. September 1833 Abends gegen 9 Uhr
stattgefundene Erdbeben.
Von dem e. M., Herrn Ministerialrath y. Rnssegger.
Ungefähr um die neunte Abendstunde hörte Gefertigter und
seine Familie, im ersten Stocke des Pacherstollner Handlungshauses
wohnend, in der zu ebener Erde liegenden , nun leer stehenden
Wohnung des Kratzenfüllers einen Knall, als wenn die Zimmer-
thüre etwas stärker, wie gewöhnlich zugeschlagen worden wäre, mit
kaum wahrnehmbarer Erschütterung.
Um dieselbe Zeit hörte der Seilaufschneider Andreas Jentner
im Glanzenberger Erbstollen, als er ungefähr 30 Klafter hinter der
zweiten Wetterthüre war, denselben Knall, als wenn die Thüre sehr
stark zugeschlagen worden wäre; daher blieb er stehen und wartete,
ob Jemand nach ihm gehe; aber es kam Niemand. — Beim Aus
fahren um *44 Uhr früh fand er in zwei Punkten dieses Erbstollens
am Gestäng frisch herabgefallene Berge.
Als Gefertigter am 1. October aus der Grube nach Hause kam,
fand er einen Zettel vom Herrn Bergrathe Land er er: „dass in ver
gangener Nacht unter dem Fritz’sehen und Scharf’sehen Hause
eine leere Zeche eingegangen sein müsse; es hätten sich mit Getöse,
Risse in die Erde gemacht: ob man in der Grube nichts gemerkt
hätte? —■ und dass in jener Gegend nachgeforscht, das Resultat aber
demselben berichtet werden soll. — “
Sogleich verfügte sich Unterzeichneter mit dem eben auch aus
gefahrenen k. k. Bergpraktikanten Porubszky und dem Hutmanne
Harzer in die Grube. Das durch Jentner gezeigte Gestein auf
der Sohle wurde wahr gefunden und die Strecke vom Kaufhaus-
schächtchen bis zur nördlichen Michaelistollner Markstätte mit der
grössten Aufmerksamkeit befahren, die durch den Stoss am 31. Jänner
dieses Jahres verursachten Risse genau besichtigt, aber nicht erwei
tert gefunden, blos in der 27. Klafter vom Kreutzgestänge (beim
Kaufhausscbächtchen) unbedeutende neue Risse in der Mauer ent
deckt und etwas von dem Gewölbe herabgefallener Mörtel gefunden.
480 Russ egger. Bericht über das am 30. Sept. stattgefundene Erdbeben.
Am Dreifaltigkeits - Erbstollen wurde in dieser Gegend auch
nichts Neues bemerkt und ebenso im Umbrüche des neuen Laufes.
Obiges bat Gefertigter obbenanntem Herrn Bergrathe und sodann
auch Sr. Hochwohlgeboren dem Herrn k. k. Ministerialrathe mündlich
berichtet, und sich hierauf im Fritz’schen Hause beim Buchbinder
T o m ala — vor dessen Wohnung zwei parallele, 1—3 Linien breite
Risse im Boden und ein dritter in schiefer Richtung sich befinden —
dann in dem nordwestlichen Zimmer im Scharf'sehen nun Lukäts’-
schen Hause um die Stunde der Erschütterung erkundigt, die aber
um neun Uhr Abends bereits schliefen und nichts hörten; die Be
wohnerin des letzteren Zimmers aber soll um 11 Uhr ein Getöse
unter ihrem Zimmer, gleich als wenn Erde herabrolle 1 ), wahrge
nommen haben und deutete auch auf einen Sprung in der Wand, der
in der Nacht erfolgt sein soll.
Indem der gehorsamste Berichtleger diese Anzeige an die löb
liche k. k. Bergverwaltung pflichtschuldigst erstattet, bittet derselbe
diesen Bericht, über ausdrücklichen Auftrag, dem Herrn k. k. Ministe-
rialrathe zu unterbreiten, um die lcais. Akademie der Wissenschaften
von diesem sich wiederholenden Natur-Phänomen in Kenntniss zu
setzen.
Schemnitz, den 2. October 185o.
Peter Knopp rn. p., k. k. Schichtenmeister.
*) Wahrscheinlich setzten sich in Folge des Erdstosses die Zechenberge eines uralten
Verhaues, der sich gerade unter diesem Hause befindet, welches man höchst
leichtsinnig einst an dieser Stelle gebaut hatte. In weiterer Folge der Bewegung
der Zechenberge, setzte sich auch das brüchige Hangende des Spitaler Ganges
und endlich stürzte dadurch bedingt ein Theil der Grundmauer des Hauses und damit
auch ein darüber hinführender Canal ein, und es bildete sich eine Binge von ungefähr
3° Länge, 2° Breite und 10' Tiefe. Letzterer Vorgang scheint endlich die Bewohner
aus ihrem Schlafe aufgerüttelt zu haben.
Russegger.
SchaurotK. Übersicht der geogn. Verhältnisse der Gegend von Recoaro. 481
Eingesendete Abhandlungen.
Übersicht der geögnostischen Verhältnisse der Gegend von
Recoaro im Vicentinischen.
Von Dr. Sari Ercihcrrn v. Schnuroth zu Koburg.
(Mit I Karte und III Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 19. April 1855.)
EINLEITUNG.
Recoaro, ein im Vicentinischen am linken Ufer des Agno-
baclies gelegenes, gegen 500 Einwohner zählendes Dorf, hat durch
seine Heilquellen und die lehrreiche Entwickelung der in den Alpen
unter einer etwas abweichenden Facies sich darstellenden triassi-
schen Gebilde in neuerer Zeit einen weit verbreiteten Ruf erlangt.
Während eines mehrwöchentlichen Aufenthaltes an den dortigen
Quellen benützte ich die Gelegenheit, den schon längst gehegten
Wunsch der Erlangung eines Überblickes der dortigen geognosti-
schen Verhältnisse zu befriedigen, und unternahm zu diesem Ende
mehrere Excursionen. Grosse Hilfe gewährten mir hierbei die
Erfahrungen des dortigen hochgeschätzten Rrunnenarztes, Herrn
Dr. Bologna, dessen freundschaftliche Aufopferung mir es möglich
gemacht hat, in so kurzer Zeit einen Überblick über ein verhältniss-
mässig so ausgebreitetes Gebiet zu gewinnen.
So viel mir bekannt ist, besitzen wir noch keine Karte, welche
mit nur einiger Genauigkeit in grösserem Massstabe die geognostische
Constitution der hier zu behandelnden Gegend veranschaulichte;
mein Freund Bologna forderte mich daher auf, nicht nur im Inter
esse der geologischen Wissenschaft im Allgemeinen, sondern beson
ders im Interesse der Besucher der Heilquellen von Recoaro, die auf
unseren meist gemeinschaftlich ausgeführten Excursionen gemachten
Beobachtungen durch Schrift und Bild zu weiterer Kenntniss zu
bringen. Obgleich mir diese Beobachtungen noch nicht genügen
und selbst lückenhaft erscheinen, so will ich doch versuchen, für
482 Schauroth. Übersicht der geognostisclien Verhältnisse
beide Theile ein Bild der geologischen Constitution dieses interes
santen Terrains zu entwerfen. Zu diesem Zwecke habe ich vorge
zogen, den Beobachtungen eine möglichst detaillirte Karte, die des
k. k. Generalstabes, zu Grunde zu legen, und mich lieber dem Vor
wurfe einer gelegentlichen Ungenauigkeit in der Einzeichnung der
geognostischen Grenzen auszusetzen, als durch Mangelhaftigkeit
der Situation etwaige Ungenauigkeiten zu verbergen.
Die detaillirtesten, mit Gewissenhaftigkeit und Sachkenntnis
gesammelten Nachrichten über unser Terrain verdanken wir dem hei
Recoaro gelebt habenden Geistlichen, Herrn Maraschini, dessen
1824 in Padua erschienene Schrift: „Sülle formazioni delle rocce
del Vicentino“ von allen späteren Schriftstellern, welche sieh über
die Geognosie dieser Gegend ausgesprochen haben, immer benützt
worden ist. Dass neuere Forschungen in unserem Districte zur
Öffentlichkeit gekommen sind, ist mir nicht bekannt, und ich nehme
daher keinen Anstand, die eigenen Beobachtungen, so weit sie die
älteren ergänzen oder berichtigen, mitzutheilen.
I. Umfang des Terrains und dessen allgemeine Physiognomie.
Das hier in Betracht zu ziehende Gebiet umfasst die oberen
Theile der Thäler des Chiampo, Agno, der Leogra und des Timon-
chio. Im Norden wird es von den hohen Alpen, vom Monte Pasubio
an bis zum Asticothale bei Caltrano, begrenzt und erstreckt sich bis
Nogarole, so dass demselben Recoaro, Sehio, Bolca, Monte Postale,
Castelgomberto und andere dem Geognosten wohlbekannte Orte
zufallen.
Die Alpen bilden durch Verkettung einzelner Berggruppen ein
Zackengebirge, dessen Streichlinie wir uns von Nizza ausgehend
über den Mont-Blanc, wo das Gebirge seine Gipfelhöhe von 14.800
Pariser Fuss erreicht und eine östliche Richtung annimmt, bis nach
Ungern fortsetzen denken können. Der Kern dieses Gebirges besteht
aus Gesteinen der primitiven Formationen, des Gneisses, der primi
tiven Schiefer und der eruptiven granitischen Bildungen, welche eine
mächtige, hoch emporragende, bis in die Längenlage von Wien
reichende mittlere Zone bilden. An diese mittlere Zone schliesst sich
eine zweite Zone an, welche gleichsam einen Vorwall jener ersten
bildet. Dieser Vorwall wird im Allgemeinen von den Ebenen begrenzt
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen. 483
und fast durchaus von Gesteinen jüngerer, secundärer und tertiärer
Formationen constituirt.
In den bezeichneten Vorwall, in die südlichsten Ausläufer der
gegen Verona und Vicenza gerichteten Tiroler Bergketten, fällt unser
Terrain, und zwar nicht weit von der Grenze, an welcher die von
Osten herkommenden jüngeren Formationen am Lago maggiore ihr
Ende erreichen und den primitiven Gesteinen die alleinige Herrschaft
überlassen, so dass wir schon in unserem Terrain in den tiefen Thei-
len oft die Grundlage der Nebenzone enthlösst und von dort an west
lich die Diluvial-Gebilde unmittelbar die geognostische Mittelzone
begrenzen sehen. Diese Verhältnisse beruhen auf der ungleichen
Erhebung der vom Gebirgsbildungs - Processe ergriffen gewesenen
Theile der Erdkruste, indem ein Theil unseres Terrains im Osten
bei weitem mehr seiner ursprünglichen Lage entrückt erscheint, als
gegen Westen hin, wo die neueren Formationen bald einerseits vom
Diluvium der Ebene bedeckt und anderseits von der primitiven
Formation begrenzt werden. Dieser Umstand bedingt auch das im
Allgemeinen südwestliche Einfallen der Schichten oder Formations
glieder, welches im Detail der ausserordentlichen Zertrümmerung
des Gebirges wegen nur selten beobachtet werden kann, und dess-
halb auch hier keiner weiteren Berücksichtigung würdig erachtet
worden ist.
Aus dem Complexe der zahlreichen Längen- und Querthäler
der Alpen kommen unserem Terrain nur einige Querthäler zu,
welche von den beiden hohen, vom Monte Pasubio als Knotenpunkt
östlich und südlich ausstrahlenden Gebirgskämmen in südöstlicher
Richtung sich in die lombardische Ebene verlieren.
Hierdurch wird zugleich die Reliefform unseres Terrains
charakterisirt. Wir sehen imNorden einen hohen, den Charakter der
Alpen tragenden, zackig ausgeschnittenen und die Wasserscheide
gegen das Thal der Posina und des Astico bildenden Gebirgsrücken
mit den bedeutenden Höhen des Pasubio, Zollota, Volpiana und
Sumano; ein gleich charakterisirter Rücken mit dem Cengio alto,
Campo grosso und Cima tre croci erstreckt sich in südlicher Rich
tung, bedingt die Wasserscheide gegen das Etschthal und bildet die
westliche Grenze unseres Terrains. Dieser zweite Gebirgskamm
entsendet, ziemlich parallel dem ersten, zwei Zweige von geringerer
Höhe, von welchen der eine vom Campo grosso, der andere von Cima
484
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
tre croci ausgeht, und welche beide für unser Gebiet die Haupt-
thäler der Leogra, des Agno und des Chiampo hervorrufen. In
den oberen Tbeilen werden diese in üppiger Vegetation prangenden
Thäler durch schmale Sohle mit anstossenden, durch Schluchten
und Schrunden gefurchten steilen Gehängen charakterisirt, in ihren
unteren Theilen erweitern sie sich jedoch bald, wie die Berge an
Höhe abnehmen.
II. Geognostische Constitution des Terrains im Allgemeinen.
Zufolge der gewaltsamen, besonders am Anfänge der vulcani-
schen Periode stattgehabten Zertrümmerung des Gebirges vermissen
wir im Detail einen stätigen Verlauf der Formationsgrenzen, können
denselben aber, wie es auf der Karte geschehen ist, im Allgemeinen
leicht nachweisen.
Wie bereits angeführt worden ist, bildet hier die primitive
Schieferformation, und zwar die des Glimmerschiefers, welche, wie
überhaupt in den südöstlichen Alpen, als Talkschiefer modificirt
erscheint, das Grundgebirge, die Basis der folgenden Formationen.
Da unsere Hauptthäler aus der Gehirgsmasse zum grössten
Theile ausgeschnitten sind, so finden wir es bei dem südlichen Fallen
der Schichten natürlich, dass im nördlichen, erhabeneren Theile die
Basis zu Tage gelegt worden ist. Von der Pilastroschlucbt beiFachini
im Agnothale und von Torre Belvicino im Leograthaie an bis fast an
die Quellen dieser Bäche, sehen wir daher das Schiefergebirge in
den Thalsohlen und mehr oder minder hoch an den unteren Gehängen
Platz nehmen.
Unmittelbar dem primitiven Gebirge aufgelagert folgen triassi-
sche Gebilde. Maraschini und andere Geologen berichten zwar
von paläozoischen Schichten, von Steinkohle führenden Sandsteinen;
die hier auftretenden, mit Kohle, bisweilen mit deutlichen Pflanzen
resten erfüllten Sandsteine müssen aber als dein bunten Sandsteine äqui
valent und die Pflanzentheile selbst als triassische bezeichnet werden.
Die Trias schliesst sich an den mittleren Gehängen des Agno-
und Leograthaies dem Schiefergebirge so an, dass zu unterst der
bunte Sandstein Platz nimmt, während der Muschelkalk, je nach dem
Relief des Terrains, schon die oberen Theile der Gehänge und selbst
die Kammhöhen erreicht. So sehen wir den Muschelkalk von dem
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
485
Auftauchen der Schiefer im Agnothale an, längs der Grenze der
ihm aufgelagerten hoch emporgethürmten Juraformation unter dem
Monte Spizze hinweg, an den Gehängen hinziehen, die Schluchten
von Val di Creme, di Lora, di Rotolone, di Serraggere, das Leograthai
überschreiten und über den Monte Alba, an dem Monte Enna vorbei,
bis in den Tretto nach Quartiere und S. Rocco mit wenigen Unter
brechungen sich verbreiten; der Bergrücken, welcher das Leogra-
tlial vom Agnothale trennt und nur in seinem östlichen Theile das
Niveau des Muschelkalkes erreicht, besteht daher in diesem östlichen,
dem Jura zunächst liegenden Theile auf den Höhen bei Rovegliana
aus Muschelkalk, während der übrige Rücken und die oberen Ge
hänge dem bunten Sandsteine und Schiefer anheimfallen, so dass
man von Recoaro durch den gewöhnlich auf dem Wege nach Valle
dei Signori (Valli) benützt werdenden Pass, Xon genannt, bis Valli
gehen kann, ohne den Schiefer zu verlassen.
Die nächst folgende Formation, die des Jura, behauptet alle
jene zackig geformten, die höchsten Berge bildenden Felsmassen,
welche unserer Gegend den alpinischen Charakter verleihen. Ohne
Unterbrechung zieht sich ein schmaler Streifen dieser Formation vom
südlichen Gehänge des Leograthaies, dem Städtchen Torre gegen
über, über den Monte Ennaro, setzt über das Agnothal, bildet die
Berge M. Torrigi, C. dellaFratta, M. Laste, M. Spizze und setzt nun,
nachdem sich die Grenzen der Formation bedeutend erweitert haben,
nördlich über Cima tre croci, Campo grosso weit über den M.
Pasubio fort, wendet sich hier östlich bis zum M. Sumano, sendet
im M. Enna eine Zunge wie ein Vorgebirge fast bis an den Ausgangs
punkt bei Torre ab, und bildet so fast einen geschlossenen Kessel,
welcher die triassischen und Schiefergebilde in sich scldiesst.
So einfach und normal der Verlauf der Formationsgrenzen in
dem nordwestlichen Theile unseres Terrains, welches durch eine
vom M. Sumano bis zum M. Spitz gezogene Diagonale abgeschnitten
wird, sich darstellt, eben so wenig stossen wir in dem anderen, süd
östlichen Theile auf Anomalien. Diese Diagonallinie beschreibt genau
die Grenze zwischen den eben besprochenen Formationen (vom
Schiefer bis zum Jura) und den südlich gelegenen, nun in Betracht
zu ziehenden Formationen.
Da wir im nördlichen Theile an phantastisch ausgeschnittene
Bergformen gewöhnt worden sind, so fällt uns im südlichen Theile,
486 Schauroth. Übersicht (1er geognostischen Verhältnisse
diesseits der gegebenen Diagonale, ein viel sanfterer Charakter des
Reliefs auf: die Berge erreichen nie wieder die frühere Höhe, wir
haben die Alpen verlassen und treten zum Theil schon in die
lombardische Ebene. Bei dieser absolut tieferen Lage sollten wir hier
die Fortsetzung des Jura oder gar älterer Schichten erwarten, aber
sonderbarer Weise stehen wir auf viel jüngerem Boden: Kreide
gesteine, Tertiärgebilde und Diluvium in normaler Folge bilden die
Ausgehenden der Bergreihen und die Ebene. Diese Anomalie erklärt
sich einfach aus der Anwesenheit einer weit fortsetzenden Disloca
tionsspalte, welche durch die erwähnte Diagonale repräsentirt wird
und durch welche allein die jüngeren Formationen in das Niveau der
schon erwähnten älteren gebracht werden konnten.
Interessant ist es, zu beobachten, wie in diesem südlichen
Theile eine ähnliche Wiederholung im Auftauchen der Formationen
stattfindet. Wie dort der Schiefer zum Grundgebirge diente, so ist
hier die Kreideformation als Basis zu betrachten. Die Kreideformation
zeigt sich daher hier, der Verwerfungslinie entlang, vom M. Sumano
bis ins Chiampotlial mehrfach in bedeutenden Bergen und tritt, im
Chiampothale bis Chiampo die Sohle und unteren Gehänge des
Thaies bildend, unter dem tertiären Gebirge hervor; ebenso, nur
durch die bedeutendere Weite des Thaies einen grösseren Flächen
raum in Anspruch nehmend, ist sie im Agnothale bis fast nach Cornedo
blossgelegt; im Tretto jedoch, jenseits der Leogra, von S. Rocco
zum M. Sumano, haben vulcanische Eruptionen diese Regelmässig
keit gestört. Im südwestlichen Theile, gegen Verona hin fortsetzend,
taucht das Kreidegebirge wieder auf.
Auf die Kreide folgen Tertiärgebilde, die Nummulitenformation
oder das Eocängebirge, welches sich bis in die Ebene verbreitet. Die
ganze lombardische Ebene besteht aus Diluvium, und nur wenige
Berge älterer Gebilde erheben sich aus derselben. Die Grenze
zwischen Diluvium und Eocän ist daher leicht zu erkennen: sie läuft
von Carre über Sant Orso, Schio, Isola di Malo und Costabissara
dem Fusse des Gebirges entlang.
Ausserordentliche Wichtigkeit erlangen in unserem Terrain die
eruptiven Gebilde. So zahlreich auch bisher Arten von eruptiven
Gesteinen angeführt worden sind, so glaube ich doch, dieselben auf zwei
Formationen beschränken zu müssen. Alle diese verschieden benannten
Gesteine stammen entweder aus der Familie des Trachyts, oder der
der Gegend von Reeoaro im Vicentinischen. 487
Familie des Basalts; es bleibt daher noch die Verbreitung dieser bei
den Formationen zu bezeichnen.
Obgleich die Gesteine der einen Formation die der andern nicht
ausschliessen, im Gegentheile in ihrem äusseren Habitus oft einander
ähnlich werden, so können wir doch zwei Regionen unterscheiden, in
welchen die basaltischen Gesteine einerseits und die trachytischen
anderseits die Oberherrschaft behaupten. Als sichere Demarcationslinie
zwischen diesen beiden Regionen dient uns die oben erwähnte Dis
locationsspalte. Nördlich von dieser Linie begegnen wir den vielen
Varietäten trachytischer Massen, welche vielfach die Erscheinungen
der verschiedenen Lagerungsformen und Structurverhältnisse, sowie
der chemischen und gewaltsamen mechanischen Einwirkungen auf das
Nebengestein, wie sie bei eruptiven Gesteinen vorzukommen pflegen,
an lehrreichen Beispielen wiederholen. Südlich von der Verwerfungs
spalte spielen die Basalte die Rolle der Trachyte; während aber dort
die Eruptionsepoche nach Vollendung der anwesenden Formations
glieder erfolgte und auf diese nur zerstörend einwirkte, so sehen wir
hier den Basalt periodisch an der Bildung der Tertiärformation den
thätigsten Antheil nehmen und oft zerstörend auf seine eigenen
Schöpfungen eingreifen.
Wenn es schon unmöglich erscheinen dürfte, die in Unzahl in
unserem Terrain verstreuten trachytischen Massen und die vielen
Basaltergüsse, mit welchen das Tertiärgebirge übersäet ist, auf eine
Karte genau aufzutragen, so kann um so weniger erwartet werden,
dass bei der für eine so umfassende Untersuchung so spärlich zuge
messenen Zeit alle Vorkommnisse mit Sicherheit verzeichnet zu finden
seien. Ich beschränke mich daher auf Angabe der Vertheilung der
Massen im Allgemeinen.
Die Trachytformation ist am mächtigsten entwickelt in den
triassischen Gebilden des sogenannten Tretto, nördlich von Schio, wo
sie einen mächtigen Berg zwischen Righellini und Paludini zusammen
setzt, und weiter nördlich, imSüden von Sant’ Ulderico; ein zweites,
riesenhaftes Depot liegt südlich von M. Spizze bei Reeoaro, wo der
Tracbyt in bedeutender Mächtigkeit vom Chempele über Fongara
fortsetzend den Alpenkalk durchbrochen hat. Erwähnenswerth sind
auch die beiden im Schiefergebirge gelegenen Trachytberge vonStaro
und Cucco. Alle übrigen Vorkommnisse sind als mehr oder minder
mächtige Gangmassen zu betrachten.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft.
32
488
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
Basalteruptionen, gewöhnlich mehr den Charakter reihenförmig
gestellter Kegelberge tragend, bemerkt man bei Schio; zahlreicher
werden sie weiter südlich, wo man, vom sogenannten Muchione an,
eine Reihe von Basaltbergen im Osten des Agno, demselben folgend,
auf dem Bergrücken entwickelt sieht. Eine zweite, noch regelmässi
ger gegliederte Reihe von Basaltbergen erscheint, von Tomba bis
Nogarole hinab, auf dem Bergrücken, welcher das Agnothal vom
Chiampothale trennt. Eine dritte solche Hügelkette, parallel den vorigen,
lässt sich endlich von Durlo aus über Bolca weit gegen Süden ver
folgen. Wenn diese Reihen auch keine grosse Regelmässigkeit zu
erkennen geben, so lässt ihre Stellung doch auf Eruptionen schlies-
sen , welche mit Spaltenbildung in Verbindung gestanden haben.
Leider kann ich diese Basaltvorkommnisse aus Mangel an hinreichender
Beobachtung nicht mit der gewünschten Genauigkeit verzeichnen.
Die Mineralquellen, mit welchen unser Terrain gesegnet ist,
scheinen sich alle um Recoaro concentrirt zu haben, und sollen in
einem besonderen Abschnitte vom geologischen Standpunkte aus
betrachtet werden.
III. Specielle Verhältnisse der Formationen.
A. Primitive Formation.
Von den Gesteinen der primitiven Formation, welche den Kern
oder die mittlere Zone der Alpen bildet, geht der Glimmerschiefer an
mehren schon bezeichneten Orten zu Tage.
Der Glimmerschiefer erscheint hier, wie in den südlichen Alpen
überhaupt, meistens als Talkschiefer ausgebildet, an einigen Locali-
täten aber auch Übergänge zu Chloritschiefer und selbst zu Thon
schiefer bildend. Seine Farbe ist weisslichgrau mit einer Neigung
ins Grüne. Im Allgemeinen ist er fettig anzufühlen, schimmernd und
durch die beigemengten Quarztheilchen ziemlich fest.
Von accessorisehenBestandtheilen erscheinen nicht selten Eisen
kies, Kupferkies, Magneteisenerz, Kalkspath und Anthracit. Ausser
dem Quarz, welcher als wesentlicher Bestandtheil zu betrachten ist,
kommen auch Eisenkies und Anthracit in grösseren Massen vor; erste-
rer z. B. bei Torre Belvicino, letzterer bei Recoaro gleich hinter der
Königsquelle gegen le Vallette zu, an der Strasse nach Fonte Franca
und bei Peserico. Das octaedrische Magneteisenerz scheint vorzüg
lich an die grünen, chloritschieferähnlichen Varietäten des Schiefers
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
489
gebunden zu sein, und findet sich häufig bei Fachini und an der neuen
Strasse von Recoaro nach Rovegliana, welche kürzlich in Angriff ge
nommen worden ist. Als eine dem Talkschiefer angehörige, aus der
Verwitterung seiner Restandtheile hervorgegangene Mineralspecies
muss auch das Rittersalz angeführt werden, welches an mehren Orten,
z. R. bei Georgetti und an der Strasse nach Valli die Felsen bedeckt.
B. Sedimentforiiiationeu.
Trias.
Es mag auffallend erscheinen, dass hier sofort nach demprimitiven
Schiefergebirge die Trias zur Sprache kommt, während bis auf den
heutigen Tag aus jenen Gegenden noch ältere Formationen citirt wer
den und italienische Geologen von arenaria antica (Rothliegendem),
calcare alpino (Zechstein) und anderen geschichteten Gesteinen
sprechen, welche älter sind als der bunte Sandstein.
Da Recoaro den Ausgangspunkt sämmtlicherExcursionen'bildete
und die triassischen Schichten, wie ein Blick auf die Karte lehrt,
zum grössten Theile im Agnothale blossgelegt erscheinen, so musste
diesen Gebilden die meiste Aufmerksamkeit zu Theil werden.
Wenn ich hier von Trias spreche, so geschieht es nur des Her
kommens wegen; denn hätte man diese Formation zuerst hier in den
Alpen studirt, so würde man sie sofort als ein petrographisch und
paläontologisch cliarakterisirtes Ganze erkannt und als eine Monas
behandelt haben.
Am zweckmässigsten dürfte es sein, zuerst, unabhängig von den
Abtheilungen, in welche man die Trias anderer Länder zerfällt hat,
die einzelnen Gebirgsglieder rücksichtlich ihrer petrographischen und
paläontologischen Merkmale, sowie ihrer Lagerungsfolge in Betracht
zu ziehen, und dann das so erhaltene Resultat den ausseralpinischen
Bildungen gleicher Periode gegenüber zu stellen und zu versuchen,
in wie weit ein Synchronismus der einzelnen Gebirgsglieder vermuthet,
welches Niveau in den Alpen den allgemein angenommenen Abtheilun
gen der gleichzeitigen Bildungen in Deutschland entsprechend gedacht
werden kann.
An Profilen, welche wandernden Geognösten allein über den
innern Bau der Erdkruste Aufschluss zu geben vermögen, fehlt es im
Agnothale und im Tretto nicht; aber leider lassen sie sich gewöhn
lich nicht weit verfolgen, und dann ist es, wenn man das Gesetz der
Aufeinanderfolge der Schichten erst suchen muss, schwer, bei der
32 9
490
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
grossen petrographischen Verwandtschaft, welche vielen der dortigen
Schichten eigen ist, sich ein Normalprofil zu construiren, und ohne
ein solches die bathrologische Stellung an den verschiedenen Beob
achtungspunkten zu erkennen.
Die sedimentären oder die triassischen Schichten werden hier,
wie es beim Eingänge einer neuen Periode öfters der Fall ist, mit einer
Conglomeratbildung eröffnet. Dieses Conglomerat bildet kein vor
herrschendes Gebirgsglied, sondern nur eine gegen 1 Meter mächtige
Lage, dessen unmittelbare Auflagerung auf dem Glimmerschiefer nur
an wenigen Orten beobachtet werden kann. Am lehrreichsten
ergibt sich in dieser Hinsicht und für die unteren Schichten über
haupt die Schlucht, welche vom Val dell’ Orco, wo neuerlich die
Quelle Giuliana für das Militär-Etablissement gefasst worden ist,
hinaufluhrt.
Dieses psephitische Gestein ist bis jetzt nicht erwähnt worden,
und dürfte die Ansicht, welche noch theilweise von italienischen
Geologen vertreten wird, dass nämlich auch in unserem Terrain
Repräsentanten paläozoischer Schichten vorhanden seien, noch unter
stützen, und für ein Glied des Rothliegenden gehalten werden
können; allein während die klastischen Gesteine des Rothliegenden
in der Regel ihr Material zum grösseren Theil von den Porphyren
oder Melaphyren bezogen haben, und überall, wo die Formation des
Rothliegenden entwickelt ist, die Betheiligung gleichzeitig erfolgter
Porphyr-Eruptionen an den Bildungen der Schichten des Rothliegenden
unverkennbar ausgeprägt ist, so vermissen wir hier durchaus diesen,
die Formationsglieder des Rothliegenden charakterisirenden Causal-
zusammenhang und begegnen in unserem Conglomerate nur Frag
menten, welche dem unterliegenden Schiefergebirge entnommen
sind. Solche Fragmente von Glimmerschiefer und Quarz, verbunden
durch das zur Bildung der untersten triassischen Schichten bestimmte
Material, constituiren das nur wenig feste und dunkelgefärbte Con
glomerat.
Dieser psephitische Charakter macht sich jedoch nur auf eine
Mächtigkeit von höchstens y a Meter geltend, und dieses vielleicht
nur in ursprünglichen Vertiefungen abgelagerte gröbere Material wird
von einem gegen 9 Meter mächtigen Gebilde dünnschichtigen Sand
steins bedeckt, welches in seiner unteren Hälfte grobkörnig ist und
die dunkle, rothe Färbung beibehalten hat, während in der oberen
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
491
Hälfte feines Korn und gelblichgraue Färbung vorherrscht. Das
obere Niveau erlangt durch das Vorkommen von Kohlenhrocken und
meist nicht mehr bestimmbaren Pflanzenresten einiges Interesse, und
ist dadurch überall leicht zu erkennen. Über diesem Sandsteine
wird der Thon überwiegend; auf 2 Meter Mächtigkeit folgen rothe,
sandige, glimmerreiche Thone, wahrer Röth , mit einer eingeschal
teten , wenig glimmerreichen Thonschicht. Von nun an stellt sich
die kohlensaure Kalkerde und kohlensaure Bittererde ein; man sieht
zuerst die Thone von einem schiefrigen Sandstein überlagert, in
welchem die erste, tiefste, fast 1 Meter starke, noch das Ansehen
eines Sandsteins bewahrende dolomitische Schicht eingebettet ist.
Schwache Lagen von mehr oder weniger roth gefärbtem Sandsteine
im Wechsel mit blaulichgrauen mageren Thonen, in welche nur
selten solche von rother Farbe eingeschaltet sind, folgen in buntem
Wechsel, ganz wie sie im mittleren und oberen Keuper aufzutreten
pflegen. Nach oben werden die Schichten des gelben Mergels oder
Kalkes immer häufiger, behalten aber immer ihren dünnschichtigen
Charakter bei.
Den Schluss dieses Profils macht ein grobkörniger, heller, gelb
licher Sandstein, welcher von gelben, dichten, meist dünnschich
tigen dolomitischen Kalksteinen überlagert wird.
Die Gesammtmächtigkeit dieser, über dem vorhin erwähn
ten rothen Thone lagernden Schichten dürfte wohl 50 Meter
betragen.
Gleicher Charakter kommt den Schichten zu, welche am
rechten Agnoufer in der an der Leliaquelle vorbei zum Monte Spizze
hinaufsteigenden Prechele-Schlucht und besonders an der rechten,
westlichen, Le Vallette genannten Seite derselben frei gelegt sind.
Hier zeigt sich zuerst auf dem Schiefer ein Gang grünlichen Dolerits,
darauf ein fester Sandstein mit verkohlten Pflanzenresten, erst hell
gelblich, dann roth und in rothe Thonmergel übergehend, welche
selbst bald — im Wechsel mit grauem, gelblich verwitternden
Schieferthone, den grünen Keupermergeln ähnlichen Schichten und
sandigen Schiefern — feste, gelbe, wenig mächtige dolomitische
Kalklagen aufnehmen, und von einer 2 Meter mächtigen grobkörnigen
weissen Sandsteinbank überlagert werden. Diese letztere wird nach
oben schiefrig und steht im Niveau , wo wir das Profil bei Sta. Giu-
liana geschlossen haben.
492
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
Von nun an tritt kein echter Sandstein mehr auf, und die festen
gelben Mergel, ähnlich den festen Dolomiten der Lettenkohle,
nehmen überhand.
Diese Mergel oder dolomitischen Kalksteine, welche auch zur
Cementbereitung tauglich sind, erscheinen an der Oberfläche durch
die Verwitterung immer gelblich oder gelblichgrau, im Innern oft
blaulichgrau; sie sind schwer zersprengbar und erhalten auf ihrem
splittrigen Bruch durch beigemengte Glimmertheilchen bisweilen ein
schimmerndes Ansehen; nur selten bilden sie mächtige Bänke.
In Le Vallette tritt dieses Gestein, zuerst über dem Sandsteine in
dicken und dünnen Lagen wechselnd, gegen 15 Meter hoch auf, wo
es dann schiefrig wird und in rothe schiefrige, glimmerreiche Thone,
welche über 1 Meter mächtig abgelagert sind, übergeht. In diesem
Niveau über dem Sandsteine, wo die dolomitischen Kalke die Ober
hand gewinnen, erscheint fast überall eine bisweilen selbst einige
Meter Mächtigkeit erreichende Schicht, welche sich durch bedeu
tende Festigkeit, graulichweisse oder gelblichgraue Farbe und häufig,
wie z. B. im Val dell’ Erbe, durch oolithische Structur auszeichnet,
und in welcher ich die ersten Versteinerungen, Turbonilla gra-
cilior, Tapes subundata und unkenntliche, wahrscheinlich zu Natica
turbilina gehörende Steinkerne gefunden habe.
Auf dem glimmerreichen Thon liegt eine Mergel- oder Kalk
steinschicht, welche durch das erste und häufige Erscheinen der
Posidonomya Clarae und Turbonilla dubia besondere Wichtigkeit
erlangt und mit den aufliegenden harten, dünnsehichtigen Mergeln
eine Höhe von wenigstens 15 Meter in Anspruch nimmt. Hierauf tritt
eine Wiederholung des rothen, schiefrigen, sandigen Mergels von
2 1 / 3 Meter Mächtigkeit ein, der nun als Basis für die in ihren petro-
graphischen Merkmalen sich ähnlich bleibenden und dem ganzen
Schichtenbaue ein so einförmiges Ansehen verleihenden, bald dick-,
bald dünnschichtigen mergeligen Kalken dient, und deren Gesammt-
mächtigkeit von hier an wieder auf 30—40 Meter geschätzt werden
kann. Hier im Prechele findet man fast gar keine Versteinerungen;
mehr schiefrig und reicher an Versteinerungen ergibt sieh dieses
Niveau im Val Serraggere, bei Pozzer, Lovati und Rovegliana.
Myacites Fassaensis, Pleurophorus Goldfussi, Myophoria ovata,
Natica turbilina und mehre andere Arten sind häufig, aber selten
gut erhalten; auch in Kalkstein umgewandeltes Coniferenholz habe
der Gegend von Recoaro in» Viceutinisehen.
493
ich hier gefunden. In diesem Niveau stehen, wenn ich auch das
Gestein nicht anstehend gesehen habe, die Schichten bei Rovegliana,
welche durch das häufige Vorkommen von Dadocrinus gracilis,
Gervittia Albertii, Natica gregaria, Schlangenwülste u. s.w. ausge
zeichnet sind. So weit kann das Profil in Le Vallette verfolgt werden;
die Fortsetzung müssen wir im Prechelegraben selbst suchen. Hier
sehen Avir eine oder einige gegen 1 Meter mächtige Bänke eines
höchst festen hellgrauen oder gelblichgrauen, auf frischem Bruche
blaulichgrauen Kalksteins ruhen, der durch eingesprengte Kohlen-
theile und durch seinenReichthum anFossilien so bezeichnet ist, dass
er mit keinem andern verwechselt werden kann. Im Prechele ist dieses
Gestein nicht gut zugänglich; bessere Gelegenheit zumSammeln der hier
in grosser Menge niedergelegten Versteinerungen Avird bei Rovegliana
im Val Serraggere und in der Schlucht von Rotolone geboten.
Zwischen dem letzten Sandsteine und diesem Muschelkalk
treten an mehren Orten, z. B. im Val del Rotolone bei Rovegliana,
Valli und im Tretto mächtige Lager und Stöcke von Gyps auf.
Im Val del Rotolone, zAvischen Val Lora und Val del Campo grosso,
folgt auf die mächtig entAvickelten Lagen des bunten Sandsteins ein
fester, dichter Kalkstein mit dünnen Lagen eines dunkelgrauen Thons,
in Avelchen sich dünneLagen dichten Gypses einschieben, die Avohl auf
15 Meter Mächtigkeit mit dünnen Lagen eines dichten, festen, hellen
Kalksteins wechseln, und dann Avohl auf eine Höhe von 30 Meter von
einem SchichtenAvechsel von schiefrigem Gyps, grauem Thon und
Kalkstein bedeckt und von Muschelkalküberlagert Averden, in welchem
Spirigera trigonella, Spirifer fragilis, Chaetetes Recubariensis,
Lima striata, Terebratula vulgaris und andere, später ausführlicher
zu erAvähnende Arten recht häufig Vorkommen.
Im Prechele erscheint ferner ein gleich mächtiger, fester dolo
mitischer Kalkstein mit Barytspath, durch knotige oder knollige
Structur dem thyringischen Wellenkalke ähnlich und mit dunkler
Farbe verwitternd.
BemerkensAverth in diesem Niveau sind auch Ausscheidungen
von Hornstein, welche von feinen Eisenkiestrümchen durchzogen
sind, und sogleich an die ähnlichen Erscheinungen in den mittleren
Schichten des deutschen Muschelkalkes erinnern.
In den nun folgenden Kalkschichten, Avelche auf Avohl 30 Meter
Höhe sich zuerst als ein ausserordentlich festes, dichtes, gelblich-
494
Sehauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
weisses Gestein mit undeutlichen Schichtungsfugen, aber verticaler
und transversaler Zerklüftung zu erkennen geben, konnte ich keine
Versteinerungen weiter entdecken. Als die am weitesten reichenden
Arten habe ich Nation turbilina und Terebratula vulgaris erkannt.
Nach oben wird der genannte Felsen schiefrig, gewinnt mehr ein
bläuliches Ansehen und wird von einer fast 3 Meter mächtigen Bank
eines massigen, blaulichgrauen, knotigen Kalksteins bedeckt, auf
welchen sich wieder kalkige Gesteine schiefriger Natur einstellen.
Die meisten der eben erwähnten Gesteine über dem eigentlichen
fossilienreichen Muschelkalk sind in ihrem Äussern den versteine
rungsarmen, meist auch versteinerungsleeren Schichten des oberen
Muschelkalks in Deutschland so ähnlich, dass sie in Handstücken
nicht leicht von ihm unterschieden werden können. Hier im Prechele
habe ich die kalkigen Gesteine viel festeralsan andern Orten getroffen,
und ich glaube, dass diese Eigenschaft der Einwirkung der mäch
tigen, am Chempele und hei Fongara eingekeilten Tracliytmassen
zugeschrieben werden muss, welche durch ihre Hitze eine Calcination
der mergeligen Kalke eingeleitet und einen der Erhärtung des
Cements analogen Process bewirkt haben dürften.
Mit dem oben erwähnten neuesten Auftreten schiefriger oder
dünnschichtiger Gesteine macht sich auch ein Wechsel der Farbe
und petrographischen Constitution geltend. Es erscheint die rothe
Farbe und mit ihr ein Übergang, oder wenigstens eine Neigung zur
Sandsteinbildung oder zu rothen Mergeln, gerade so wie sie im tieferen
Niveau heim bunten Sandstein schon da gewesen ist. Diese schief
rigen, rothen, sandsteinähnlichen Gebilde nehmen überall an den
Gehängen, auf eine Mächtigkeit von etwa 20 Meter, ihre Stelle
über den gelb gefärbten Schichten des Muschelkalkes ein.
Den Schluss dieses so vielfach über einander geschichteten, im
Allgemeinen aber aus so wenig verschiedenartigem Material aufge
bauten Schiclitensystems macht noch ein heller, gelblicher oder
blaulichgrauer, bisweilen glimmerreicher, fester mergeliger, dünn
schichtiger Kalk von etwa 7 Meter Mächtigkeit.
Hiermit schliessen die triassischen Gebilde, und überall, wo
diese zuletzt genannten Schichten vorhanden sind, werden sie von
gelblichen Dolomiten, weissen oder röthlichweissen Kalken bedeckt,
deren Reinheit und Durchscheinenheit sie sofort als alpinisch-jurassisch
bezeichnen.
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
495
Da eine detaillirte Aufzählung der Schichten eines Profils keinen
bequemen Überblick gewährt, und ein solcher nur durch Autopsie
richtig erfasst werden kann, so will ich in gedrängter Form den Bau
dieser Schichtenreihe wiederholen, und dabei auf die Ansichten ein-
gehen, welche von italienischen Geologen aufgestellt worden sind.
Wirft man von einem erhabenen Puncte aus — als welcher der
das Leogra- und Agnothal trennende Bergrücken, als einen voll
ständigen Überblick über das ganze triassische Territorium gewäh
rend, am geeignetsten erscheint — einen Blick auf die hohen, den
Horizont begrenzenden Bergketten, so wird man von einer auffallen
den regelmässigen Vertheilung der Farben an den Gehängen über
rascht. Die Gipfel der Berge erscheinen hellgrau und zackig, dar
unter zieht sich horizontal an den Gehängen hin ein rothes Band,
tiefer ein graues, welches wieder durch einen rotlien Streifen von
dem cultivirten Fusse der Gebirge und der Thalsohle gesondert ist.
Die oberste Farbe gehört dem Jura-, die unterste dem Schiefer
gebirge , und die drei dazwischen liegenden repräsentiren die Trias.
Durch diese Farbenzeichnung wird der Name Trias auch hier einiger-
massen gerechtfertigt und eine Analogie mit der ausseralpinischen
Trias vermittelt. Es zeigt sich nun, dass die mittlere, den Muschel
kalk repräsentirende Abtheilung an Breite und Mächtigkeit, durch
die ausserordentliche Entwickelung der gelben Mergel, die beiden
rothen Streifen oder die den bunten Sandstein und Keuper repräsen-
tirenden Farben um etwas übertrifft.
Behalten wir diesen Totaleindruck bei einer Betrachtung des
Profils bei, so werden wir auch hier den Hauptcharakter leichter
excerpiren können.
Bei Ausschliessung des Gypses, als eines Gebirgsgliedes von
untergeordnetem Range, reduciren sich sämmtliche vorkommende
Gesteinsvarietäten auf Sandstein, keuperähnliche Mergel oder Röth
und dolomitische Kalke oder feste Mergel von gelber Färbung. Auch
in Deutschland charakterisirt sich die Trias im Allgemeinen als ein
solcher Wechsel, und die Keuperformation kann füglich als eine
Wiederholung des bunten Sandsteins betrachtet werden.
Im Vicentinischen sehen wir nun die Trias mit echtem bunten
Sandstein erscheinen; derselbe beginnt mit einer schwachen Con-
glomeratsehicht, auf welche Sandsteine mit triassischen Pflanzen
resten folgen, und welche nach Farbe und Korn einem ähnlichen
496
S c li a u r o t h. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
Wechsel wie in Deutschland unterworfen sind; auch die rotlien
Thone, der thyring'sche Röth, fehlt nicht. Diese untersten Schichten
hat man für Steinkohlengebirge, auch für Rothliegendes angesprochen,
und Gres del carbon fossile, metassite, arenaria antica, arenaria
rossa antica und primo gres rosso (Maraschini) genannt.
Über diesen Sandsteinen beginnen die festen Mergel oder
dolomitischen Kalksteine, oft noch stark mit Sandsteinmasse oder
glimmerreichem Röth vermengt. Durch diese Gesteine wird der
Übergang zu dem folgenden Muschelkalk vermittelt. Die zuerst
auftretenden mächtigen, festen, mergeligen, bisweilen oolithischen
Kalkschichten hat man dem Zechsteine äquivalent erachtet und Calca
rea alpina, calcare alpino, prima calcarea grigia (Maraschini)
bezeichnet. Unter dem letzteren Ausdrucke verstand Maraschini
das untere Niveau dieser Schichten; das obere, in welchem rothe
sandige Schiefer mit festen mergeligen Kalken wechseln, und der
Gyps auftritt, nannte er secondo gres rosso, von Andern wird es
auch als gres screziato und arenaria variegata bezeichnet.
Wollen wir die drei Hauptabtheilungen der Trias auch für die
hiesigen Verhältnisse beibehalten, so wären wir jetzt an der oberen
Grenze des bunten Sandsteins angekommen.
Mit dem Erscheinen reinerer, versteinerungsreicher Kalksteine
mit spärlichen mergeligen Thonschichten beginnt nun der Muschel
kalk. Diese versteinerungsreichen Kalke mit einigen mächtigen,
knotigen und dem deutschen Wellenkalke ähnlichen, auch mit
Schlangenwülsten und Hornsteinausscheidungen versehenen Ränke
bedeckt noch ein mächtiges System von dünnschichtigen Kalken,
welche oft in Handstücken von dem oberen Muschelkalke Deutschlands
nicht zu unterscheiden sind. Bis hieher rechnet Maraschini seine
seconda calcarea grigia, welche die Italiener auch als calcare
conchigliare oder als Muschelkalk anführen.
Wollen wir noch Etwas für den Keuper übrig behalten, so
müssen wir hier unsern Muschelkalk aufhören lassen.
Die obersten der genannten Kalkplatten nehmen Sand und rothe
Mergelmasse auf, werden glimmerreich und schiefrig und wieder
holen bald die rotlien Gesteine der unteren Abtheilung, ohne jedoch
reine Sandsteine zu bilden. Maraschini beschreibt diese Schichten
als terzo gres rosso, und hielt sie für ein Äquivalent des Quadersand
steins; allein die ganze oberste Abtheilung, an deren Schluss noch
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
4$ 7
einmal gelbe oder graue feste Kalkplatten erscheinen, bildet den
Tlieil eines abgeschlossenen Ganzen und steht gewissen Schichten
der unteren Abtheilung so nahe, dass sie zum Tlieil ihre Stelle
gegenseitig vertauschen könnten, ohne dass wir dadurch eine wesent
liche Änderung im Profile bemerken würden.
Die Frage, ob wir es hier überhaupt mit Keuper zu thun haben,
lässt sich leicht beantworten, wenn wir in den rothen, sandigen,
versteinerungsleeren Mergeln ein Äquivalent der Keuperformation
finden wollen; allein auf diese Weise haben wir nur vom petrogra-
phischen Standpunkte aus einen kleinen Theil des Materials der
Keuperformation nachgewiesen; und berücksichtigen wir, dass von
Sandsteinen, wie sie über dem Muschelkalke in Deutschland Vor
kommen, von den so leicht zu erkennenden Sandsteinen der Letten
kohle, dem ihnen ähnlichen unteren Keupersandsteine, von dem durch
seine Neigung zur Thonquarzbildung charakterisirten mittleren
Keupersandsteine, von dem grobkörnigen oberen Keupersandsteine,
von Gypsablagerungen und grauen thonigen Mergelschichten, sowie
endlich von organischen Überresten keine Spur vorhanden ist, und
die vorhandenen oberen rothen Mergelschichten in ihrem petrogra-
phischen Habitus den unteren zum Verwechseln ähnlich sind: so
müssen wir zu dem Schlüsse gelangen, dass eben die Trias in den
Alpen mit einer eigenthümlichen, jedoch keineswegs befremdenden
Facies ausgebildet ist, an welcher die einzelnen in Deutschland und
Frankreich hervortretenden Züge um so weniger ausgeprägt sind,
je weiter wir uns von jenen Gegenden, in welchen die Gebilde
als normale bezeichnet worden sind, in südlicher Richtung ent
fernen.
Über die bei Recoaro vorkommenden Trias-Versteinerungen
haben Catullo, v. Buch und Girard einige Nachrichten gegeben;
allein dieselben beschränken sich theilweise auf die wenigen, an
einigen bekannten Fundorten gesammelten, kaum ein Dutzend betra
genden häufigsten Arten, theils sind sie mit Unsicherheit oder
falschen Namen aufgeführt, so dass ein Überblick über den wahren
paläontologischen Charakter jener Schichten aus ihnen nicht entnom
men werden kann. Ich will daher jetzt alle im Gebiete unserer
Karte von mir gesammelten und sorgfältig untersuchten triassischen
Versteinerungen mit Berücksichtigung ihres Vorkommens und ihrer
nothwendigsten Synonymen aufzählen.
1
j
ii
J
I
4 ■
498 Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
A. Pflanzen.
Es ist bereits erwähnt worden, dass sich im bunten Sandsteine
kohlige Schichten zeigen; allein ich habe diese Pflanzenreste fast
durchgängig zu undeutlich gefunden, um sie benennen zu können.
Nur im Val Prak bei Recoaro in einem Sandsteine, welchen die
Italiener arenarea antica bezeichnen, kommen deutliche Coniferen-
reste vor, welche ich zu den Abietineen rechne. Dieselben sind,
so viel ich Aveiss, noch nicht bekannt, und ich will sie daher hier, zu
Ehren des Professors Massalongo zu Verona, welcher sich um die
fossile und lebende Pflanzenwelt des Vicentinischen grosses Verdienst
erworben hat, als Palissya, Massalongi beschreiben.
1. Palissya Massalongi m., n. sp.
Taf. I, Fig. i.
Die Blätter dieser Art stehen nach zwei Seiten gewendet; sie
sind schmal linealisch, etwas sichelförmig abwärts gebogen, einnervig,
am Ende zugerundet, unten mit einer Kante, oben mit einer Furche
versehen, und sitzen, wie an einigen Exemplaren zu erkennen ist, mit
ihrer ganzen dreieckigen Basis auf einem etwas erhöhten, den Stängel
zur Hälfte umfassenden, am Rande etwas erhabenen Polster.
Diese Form erinnert zuvörderst an die endständigen Blätter der
Voltzia heterophylla', allein die zweizeilige Anordnung, die meist
sichelförmige Biegung und die zugerundete Form der Enden der
schlanken Blätter, sowie die Abwesenheit kürzerer, anders gestalteter,
die Voltzia heterophylla bezeichnender Blätter an Exemplaren dieser
Art unterscheidet sie hinreichend von jener. Von der im Lias der
Theta bei Baireuth vorkommenden Palissya Braunii Endl., der
einzigen bis jetzt bekannten Art, weicht sie hauptsächlich durch die
Zurundung der Blattspitzen ah. Noch mehr Ähnlichkeit zeigt diese
Pflanze mit Chondrites Targionii und Ch. aequalis; allein das Alter
des Sandsteins und die Dicke, Zeichnung und Form der schmalen
Blätter, sowie der holzige Stamm sprechen gegen die Vereinigung
mit den Algen und für die Verwandtschaft mit den Nadelhölzern.
2. Voltzia heterophylla Brong., var. brevifolia.
Diese Pflanze habe ich bisweilen in dem knotigen Muschelkalke
am rechten Gehänge des Agno und im Val del Rotolone angetroffen;
auch bei Rovegliana kommt sie vor, von welcher Localität sie Catullo
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
499
als Cistoseiritis nutans (?) Sternb. in den Nuovi annali d. sc.
nat. di Bologna, 1846, Tab. IV, Fig. 6 beschrieb und abbildete.
Die Exemplare, welche ich gefunden habe, gleichen jenen yon
S cliimp e r u.Mo uge ot in ihrer Monographie d. plant, fossil, etc.
auf den Taf. VI bis IX gegebenen Abbildungen, oder den Varietäten
mit kürzeren, eiförmigen, lanzetfdrmigen, meist aber konischen, an
der Spitze eingekrümmten Blättern; die langblättrige Varietät habe
ich nicht bemerkt. Diagnose und Abbildungen stecken dieser Art
weite Grenzen, so dass ich mich gezwungen sehe, unsere Pflanzen
reste der Trias hier einzureihen; allein ich kann nicht verhehlen,
dass ich sie ohne Kenntniss der V. heterophylla wohl zu Ullmannia
gestellt haben würde, da die dicht beisammen stehenden, dicken, wenig
spitzen, der Länge nach feingestreiften Blätter jenen von Ullmannia
Bronni sehr nahe stehen. Nur deutliche Exemplare können weite
ren Aufschluss über diese muthmassliche Verwandtschaft mit Ull
mannia geben.
B. T h i e r e.
I. POLYPEN.
3. Chaetetes Itecubaricnsis m., n. sp.
Taf. I, Fig. 2.
Der Stock dieser kleinen Koralle ist unregelmässig knollig, frei
oder incrustirend. Die Zellen sind polygonal, der Höhe nach durch
horizontale Scheidewände getheilt und eng beisammenstehend. Die
Zellenmündungen sind polygonal oder rund, stehen regellos nebenein
ander, haben glatte Ränder und zeigen nur gelegentlich kleine Knöt
chen in den Winkeln, wo mehre Zellen Zusammentreffen; bisweilen
lassen sie auch kleine dreieckige freie Räume zwischen sich.
Diese Koralle steht der Calamopora Cnemidium Klipsteins aus
den St. Cassianschiehten sehr nahe, unterscheidet sich von ihr aber
dadurch, dass sie nie die jener eigene Form von Cnemidium annimmt.
Im äusseren Habitus gleicht sie auch Geinitzens Alveolites
Producti aus dem Zechsteine. An der Koralle des Muschelkalkes lässt
sieh wegen der festen Beschaffenheit der Gesteinsmasse zwar nicht
viel von der innern Structur sehen, doch habe ich an einem auf
Spirifer fragilis sitzenden Exemplare Scheidewände, nie aber
Sternlamellen oder Durchbohrungen beobachtet.
500 S c h a u r o th. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
Diese Koralle kommt ziemlich häufig bei Reeoaro, besonders im
Val del Rotolone, in der Trigonellenschicht vor. Dieses Vorkom
mens wegen habe ich sie als Cliaetetes llecubariensis angeführt.
4. Montlivaltia triasina D u n k e r.
Taf. I, Fig. 3.
Das Vorkommen einer triassischen Sternkoralle erwähnt zuerst
Dunker aus dem Muschelkalke von Mikulschütz und Gleiwitz in
Schlesien; später hat auch Emmerich, wie mir derselbe mittheilte,
in der unteren Terebratelbank des Muschelkalks von Meiningen eine
echte Sternkoralle gefunden. Von Montlivatiä triasina habe ich ein
einziges Exemplar in der Trigonellenschicht von Rotolone gefunden;
obgleich dasselbe nur zur Hälfte blossgelegt ist und keinen weiteren
Aufschluss als die schlesischen, gleichfalls nicht vollständig erhal
tenen Exemplare gibt, habe ich doch für gut gehalten, dasselbe
abzubilden.
II. STACHELHÄUTER.
5. Mclocrinus triasinus m., n. sp.
Taf. I, Fig. 4.
In den Schichten mit Dadocrinus gracilis und Gervilleia
Albertii findet man bisweilen kleine cylindrische Formen von etwa
1 Millimeter Durchmesser, welche an ihrer Peripherie durch hoch
wellenförmig gebogene Linien der Länge nach in einzelne, an Höhe
ihren Durchmesser nicht erreichende Glieder getheilt erscheinen.
Ich war so glücklich, zwei solcher Ärmchen an einem Bruchstücke
eines aus Täfelchen zusammengesetzt gewesenen sphäroidischen
Körpers angewachsen zu finden, und dadurch wenigstens so viel Auf
schluss zu erhalten, dass diese gegliederten Formen Arme eines
Krinoidenkörpers sind, welcher seiner Form nach dem Goldfuss’-
schen Geschlechte Melocrinus beizuzählen sein dürfte. Es bedarf
übrigens noch vollständigerer Exemplare, um mit Gewissheit behaup
ten zu können, dass dieses bisher nur bis in das Kohlengebirge
reichende Geschlecht auch in der Trias vertreten sei.
6. Encriuus liliiformis Lam.
Goldf. Petref. I, pag. 177, Taf. o4.
Stielglieder dieser weit verbreiteten Art sind liier im Muschel
kalke in verschiedenen Höhen nicht selten, aber nicht so häufig wie
ausser den Alpen.
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
SOI
7. Fentacrinus (?) dubins Goldf.
Goldf. Petref. I, pag. 176, Taf. 53, Fig. 6; bei Catullo, 1. c. Pentacrinites
scalaris, Taf. 3, Fig. 1.
Einzelne Stielglieder dieser zweifelhaften Art habe ich auch bei
Recoaro, z. B. im Muschelkalke von Rovegliana, gefunden.
8. Encrinus pcntactinns Bronn.
Taf. I, Fig. 5.
Jahrbuch für Mineralogie, 1837, pag. 30, Taf. 2.
In der Trigonellenschichte im Val del Rotolone bei Recoaro
habe ich einzelne Stielglieder und Säulenstückchen von etwas über
ein Millimeter Durchmesser gefunden. Diese Säulchen zeigen aussen
fünf gerundete, durch die Gliederung etwas knotig erscheinende
Stäbe mit etwas flacheren dazwischen liegenden Furchen oder Hohl
kehlen. Die einzelnen Glieder sind weniger hoch als breit. Die
Gelenkfläehen sind so geformt, dass in den fünf die äusseren Stäbe
bildenden Winkeln etwas erhöhte runde Knöpfe stehen, welche sich
der gleichfalls etwas hervorstehe den Mitte anschliessen; jedes
Blatt oder jeder Strahl des so ensttehenden Sternes ist auf jeder
Seite mit etwa fünf Kerben versehen; die Flächen des Raumes
zwischen den Strahlen liegen ein wenig tiefer.
Einige mehr fünfseitige Exem lare haben die Erhabenheiten
auf den Gelenkflächen weniger deutlich und erscheinen selbst oben
mit undeutlicher Zeichnung der Blätter, so dass Übergänge zur
vorigen Art oder Form entstehen.
Obgleich die vorliegenden Exemplare von der Bronn’schen
Abbildung darin abweichen, dass die Sculptur der Gelenkflächen
< kräftiger hervortritt und ein regelrechter Grössenunterschied unter
den einzelnen beisammenstehenden Säulengliedern nicht zu bemerken
ist, so glaube ich doch, dass sie hierher gerechnet werden müssen.
Die Abbildung gibt das von der Bronn’schen Zeichnung am
meisten abweichende Exemplar; andere stehen ihr viel näher; alle
sind übrigens mit einem engen, runden, centralen Canal versehen.
Im Muschelkalke des Tretto fand ich auch ein vierseitiges
Säulenstückchen. Solche vierkantige Crinitensäulen bildete Catullo
in den „Nuovi annali di Bologna, 1846,“ Taf. 3, Fig. 5 ab, und
machte daraus schon im Jahre 1827 in seiner Zoologia fossile ein
502
Schaur oth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
neues Geschlecht, welches er Tetracrinites nannte. Schon früher
sprach sich Bronn dahin aus, dass diese vierkantigen Säulen nur
als Monstrositäten zu betrachten seien, was Catullo widersprach,
in der neuesten Auflage der Lethäa aber wiederholt wird. Das vor
liegende Exemplar zeigt keine Gelenkflächen, sondern den Bruch des
Kalkspaths mit einem kleinen, runden, dunkelgefärbten Punkte in der
Mitte (Canal), ganz wie bei Stielgliedern von Encrinus liliiformis;
der Querschnitt dieses Säulenstückchens ist nicht rein quadratisch
und die 5 — 6 Millim. messenden Seiten sind nach aussen etwas
convex. Ich schliesse mich hier der Bronn'schen Ansicht an, halte
diese Tetracriniten für Monstrositäten und rechne das vorliegende
Exemplar seines grossen Durchmessers wegen zu E. liliiformis.
9. Dadocriuus gracilis Buch, sp.
Palaeontogr. Bd. I, pag. 267, Taf. 31, Fig. 2; bei Catullo Pentacrinites subteres
in den Nuovi annali di Bologna 1846, Taf. 3, Fig. 3.
Solche Stielglieder und schlanke Säulenstücke finden sich in
grosser Anzahl im Niveau der Gervilleia Albertii. Diese Beste
liegen hier meistens dicht in einer Lage angehäuft, so dass man an
Handstücken gewöhnlich die eine Seite mit Bruchstücken dieser Art,
die andere Seite mit Gervilleia Albertii, Pecten discites, Euspira
gregaria und anderen dieses Niveau bezeichnenden Conchylien, über
welche sich gelegentlich die bekannten Schlangenwülste hinziehen,
bedeckt sieht.
Als die reichste Fundstätte dieser Art habe ich den Muschel
kalk bei Bovegliana kennen gelernt.
10. Cidaris sp.?
Dass im alpinischen Muschelkalke auch Cidariten Vorkommen,
beweist eine kleine Warze, welche ich in der Trigonellenschichte
von Botolone gefunden habe. Diese Warze zeigt in der Mitte ein
kleines kugelförmiges Gelenkknöpfchen, welches mit einem Kreise
von Körnchen umgeben ist. Hiermit wird wohl die Anwesenheit
dieses Geschlechtes dargethan; über die Art, welcher dieser Schalen
rest angehöre, bleiben wir aber in Ungewissheit; doch vermuthe
ich, dass sie eher der Cidaris transversa als Cidaris grandaevus
angehören möge.
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
503
III. ANNELIDEN.
11. Spirorbis Yalvata Goldf., sp.
Goldf. Petref. I, pag. 223, Taf. 67, Fig. 4.
Individuen dieser Art sitzen häufig auf anderen Conchylien,
besonders auf Terebratula vulgaris und Spirigera trigonella, in
den verschiedenen Versteinerungen führenden Schichten des Muschel
kalkes, z. B. bei Rovegliana. Von den Thyring'schen Exemplaren
unterscheiden sich diese durch etwas geringere Grösse.
IV. MUSCHELTHIERE.
a. Braehiopoden.
12. Terebratula vulgaris Sehlotli.
Schlotheim’s Petrefactenkunde, pag. 27ä, Taf. 37, Fig. 3—9.
Diese Terebratel geniesst überall in verticaler und horizontaler
Richtung die weiteste Verbreitung. Sehr häufig und in allen von
v. Schlotheim gegebenen Formen begegnen wir ihr zuerst in den
tieferen Muschelkalklagen bis in die höchsten Schichten, welche
noch Versteinerungen führen.
Wie so viele in grosser Menge vorkommende Conchylien zeigt
diese Art eine grosse Veränderlichkeit ihrer Form. Viele dieser
Varietäten hat Schlotheim in seinen Beiträgen zur Petrefacten
kunde gut abgebildet. Auch die beiden folgenden Arten schliessen
sich durch Übergangsformen der T. vulgaris so eng an, dass man,
besonders wenn Exemplare von verschiedenen Fundorten zum Ver
gleichen zu Gebote stehen, sich leicht davon überzeugen dürfte, dass
auch diese Formen füglich als Varietäten der T. vulgaris betrachtet
werden können. Rücksichtlich der Grösse sind dieser Art ebenfalls
weite Grenzen gesteckt; im Coburg’schen Muschelkalke kommen
sehr grosse Individuen vor (Dr. Berger daselbst besitzt ein Exem
plar von 45 Millim. Breite) und Terebratula macrocephala Catullo’s
aus dem Muschelkalke im Cadorino (nuovi annali di Bologna, 1846,
Taf. 1, Fig. 5) dürfte nur ein grosses, so wiedessen T. amygdala
(1. c. Taf. 4, Fig. 2) ein verlängertes Individuum von T. vulgaris sein.
Manche Exemplare sind durch radiale farbige Linien oder flacheKanten
ausgezeichnet, welche v. Buch als Schlotheim’s Terebratulites
radiatus erwähnt, aber von Schlotheim in seiner Petrefacten
kunde p. 285 aus dem Jurakalke citirt werden.
Sitzb. d. matliem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft.
33
504
S c h a u r o t. h. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
13. Terebratula angusta Schloth.
v. Schlotheim’s Pelrefactenkunde, pag. 285; Dunk er in Palaeontograph.
Vol. I, pag. 28b, Taf. 34, Fig. 1.
Hierher gehörige Formen findet man nicht selten in der Tri
gonellenschicht von Recoaro und Rotolone. Auch im Muschelkalke
• in Coburg finden sich, besonders in der oberen Terebratelschieht,
Individuen mit schärferem Rücken, mit einer vom Wirbel, der kleine
ren Schale ausgehenden Furche und einer Bucht in der Linie des
vorderen Schalenrandes, welche Übergänge zur ausgesprochenen
Form der T. angusta bilden.
Wenn Terebratula vulgaris die mehr flachen und furchen
losen Individuen mit ziemlich rundem Umrisse der Schalen ver
einigt, so bildet die folgende Form durch ihre Aufgetriebenheit und
durch die wohlausgeprägten Furchen den Gegensatz zu dieser, und
T. angusta steht in Bezug auf diese Eigenschaften in der Mitte.
14. Terebratula sulcifera m., n. sp.
Taf. I, Fig. 6.
Diese Terebratel hat eine aufgeblasene, der Terebratula
sufflata des Zechsteines ähnliche, etwas kugelige Gestalt, aus
welcher der schön gewölbte, mit dem runden Loche versehene
Schnabel der grossen Schale über die kleine Schale hinabreicht,
so dass nur ein geringer Zwischenraum zwischen dem Schnabel
der ersteren und dem Wirbel der letzteren bleibt. Beide Schalen
sind, ausser gelegentlichen feinen Zuwachsstreifen, glatt und durch
eine wohlausgeprägte schmale Rinne ausgezeichnet, welche vom
Wirbel und vom Schnabelloche an in gleicher Breite über die Mitte
der Schalen bis an den gegenüberliegenden Rand sich erstrecken.
Während T. angusta eine weniger gewölbte kleine Schale mit
einer vom Wirbel ausgehenden Furche und eine hohe, fast gekielte
grosse Schale mit eingekrümmtem Schnabel hat, zeichnet sich diese
Form durch mehr Aufgetriebenheit und die Rinne auf beiden Scha
len aus.
Das hier abgebildete Exemplar misst 6 Millim. Übrigens gibt
es auch grössere Individuen, an welchen die Rinne sich verflacht,
und ein Übergang zu T. vulgaris vermittelt wird. Auch lässt sich
an manchen scharfrückigen Exemplaren der T. angusta eine feine
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
SOS
Rinne auf der Firste wahrnehmen, so dass man alle drei Arten in
Verwandtschaft treten sieht, und zwar so, dass die letztere der
T. angusta näher zu stehen kommt, als diese der T. vulgaris. Da diese
beiden Extreme und T. angusta als Übergangsform nicht vereinzelt
stehende, sondern constante Formen bilden, habe ich vorgezogen, sie
als Arten aufzuführen, und es einem Jeden zu überlassen, die beiden
letzten Arten als solche oder als Varietäten zu betrachten.
Über Catullo's Spirifer integrus, den Girard im Neuen
Jahrbuche für Mineralogie etc. 1843, p. 474 als Terebratula Integra
anführt, kann ich aus Autopsie kein Urtheil fällen, kann aber nicht
unterlassen, die Vermuthung auszusprechen, dass sie eine Varietät
der Terebratula vulgaris sei.
15. Terebratula decurtata Girard.
Girard im Jahrb. für Min. 1843, pag. 474, Taf. 2, Fig. 4.
Diese Terebratel beschreibt Girard am bezeichneten Orte
und erwähnt ihr Vorkommen von Tarnowitz in Schlesien und von
Rovegliana; allein ich habe sie in unserem Terrain nicht finden können.
16. Spirigera trigonella Schloth., sp.
Taf. I, Fig. 7.
Terebratulites trigonellus aus der Friedrichsgrube von Tarnowitz in Schlot-
heim’s Petrefactenkunde pag. 271.
Terebratula aculeata, Catullo, Saggio di Zoologia fossile, pag. 129, Taf. 1,
Fig. B und b; dessgl. in Nuovi annali delle seienze natur. di Bologna. Fase,
di Febraio 1846, Taf. 1, Fig. 6 a, b, c.
Terebratula trigonella, Catullo am citirten Orte, Taf. 1, Fig. 7 a, b, c.
,, bicostata, Catullo 1. c. Taf. 1, Fig. A, 1; und Catal. d. sp. org.
foss. d. alpi venete, 1842.
„ trigonelloides Strombeck; v. Strombeck in der Zeitschrift
der deutschen geologischen Gesellschaft, Band 2, pag. 186.
Diese Form und eine sehr ähnliche aus dem Jura hat von
Schlotheim als Terebratulites trigonellus zusammengeworfen.
Auf diese Weise sind sie als eine Art betrachtet worden, bis von
Strombeck an dem bereits angeführten Orte nachgewiesen hat,
dass sich die Form des Muschelkalks durch verhältnissmässige grös
sere Breite und stumpferen Winkel am Schnabel von jener der Jura
formation unterscheidet. Wenn schon die äussere Gestalt die Richtig
keit der von Stromb eck’schen Ansicht verbürgt, so wird dieselbe
durch die Verschiedenheit der inneren Einrichtung der Schalen noch
33*
»
I
I 506 Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
bestätigt. Schon von Strombeck führt an, dass an jeder Seite der
grossen Schale sich ein in die kleine Schale eingreifender Zahn be
finde; ausserdem stehen aber auch in der grossen Schale zwei Dental
platten, welche, vom Loche anfangend, eine in jede der mittleren
Furchen, die den äusseren Rippen entsprechen, auf kurze Entfernung
sich gegen den andern Rand hin erstrecken. Wenn nun von Strom
beck nichts von einem Gerüste entdecken konnte, so war .ich so
glücklich, bei Recoaro zwei Exemplare zu finden, an welchen zwei
von der Mitte nach rechts und links konisch sich verjüngernde, aus
8 Windungen bestehende Spiralen deutlich zu unterscheiden sind.
Hierdurch erfahren wir, dass unsere Muschel zu den Spiriferiden und
zwar zu dem von d’Orbigny aufgestellten Geschlechte Spirigera
gehört.
Der von v. Strom beck gegebenen ausführlichen Beschreibung
dieser Art habe ich nur noch hinzuzufügen, dass das Loch in der
Ventralschale durch ein Deltidium von der kleineren oder Dorsal
schale getrennt ist, wie es der unter a gegebenen Abbildung ent
nommen werden kann.
Nach v. Strombeck gehört diese Art im nordwestlichen
Deutschland den mittleren Lagen der mittleren Abtheilung an. Bei
Tarnowitz liegt sie in den untersten Schichten des Muschelkalkes,
dem über dem bunten Sandsteine liegenden Sohlensteine, und bei
Recoaro eharakterisirt sie ebenfalls die unteren Muschelkalklagen;
wesshalb ihr also eine nicht unbedeutende verticale Verbreitung
zukommt.
17. Spirifer fragilis Schloth., sp.
Delthyris fragilis, Zenker im Jahrbuche für Mineral. 1834, Taf. ä, Fig. 1—4,
p. 391.
Diese Art erscheint fast überall als Begleiter der Spirigera
trigonella, aber nicht gleich häufig; am häufigsten im Val delRotolone
in den schon mehrfach erwähnten Schichten, wo sie gewöhnlich
auf ünebeneu Platten zur Hälfte durch die Atmosphärilien frei gelegt,
in allen Alterstufen von 2—20 Millim. Breite zu beobachten ist.
Erwachsene Individuen lassen an der Bauchschale oder grösseren
Klappe 14 Rippen zählen, während jüngere nicht so reich an Rippen
sind und ihre Zahl sich nur auf 6, 8 oder 10 beläuft. Solche kleinere
Individuen können, wenn die flachen Flügel noch im Gestein verborgen
k
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
507
sind, wo dann auch der gerade Schlossrand der Muschel verschwindet,
leicht mit Terebratula decurtata Gir. verwechselt werden; diese
letztere Art habe ich jedoch hier nicht finden können.
18. Spirifer llcntzeli Dkr.
Taf. r, Fig. 8.
Dunkcr in Palaeontographica, Bd. 1, pag. 287, Taf. 34, Fig. 17, 18, 19.
Von dieser Muschel erhielt Dunk er fünf nicht wohl erhaltene,
zum Theil in verkieseltem Zustande befindliche Exemplare aus dem
Muschelkalke von Tarnowitz. Auch beiRecoaro habe ich in der Trigo
nellenbank drei Exemplare dieser Art gefunden, welche zum Theil
die Dunker’sche Beschreibung vervollständigen können. Das eine
dieser Exemplare misst ßMillim., die beiden andern messen 17 Millim.
in der Breite; die Länge der letzteren beträgt 10 Millim. Am besten
wird die Form der Muschel durch Fig. 17 der Dunker'schen Abbil
dungen veranschaulicht. In Rücksicht auf den inneren Bau der Schale
lässt sich aus den vorliegenden Exemplaren entnehmen, dass von der
dreiseitigen Öffnung der grossen Schale aus zu jeder Seite eine Platte
gegen den Rücken der Schale sich erstreckt, und diese dort mit einer
von der Spitze des Schnabels anfangenden und bis zur Mitte des
Rückens fortsetzenden Medianplatte Zusammentreffen; eine ähnliche
aber minder erhabene Verstärkung kommt der kleinen Schale zu, so
dass, wenn man das Geschlecht dieser Muschel genau bestimmen
wollte, sie zu Martinia M' Coy's gerechnet werden müsste. Dieses
jedoch noch nicht hinreichend präcisirte Geschlecht bildet gleichsam
einen Ühergangvon Spirifer zu Atrypa oder Atliyris, indem es mit dem
ersteren Form der Area und Spaltöffnung, mit dem letzteren allgemeine
Form des Umrisses gemein hat, aber sich von ihm durch den nicht
durchbohrten Schnabel unterscheidet.
Ein anderes, noch nicht beachtetes Merkmal, welches diese Art
vorzugsweise charakterisirt, sehen wir in der äusseren Bekleidung
der Klappen, welche nämlich mit dicht stehenden, haarfeinen, an den
grösseren Exemplaren eine Länge von 4 Millimeter erreichenden
Stacheln, ähnlich dem Productus punctatus des Bergkalks oder der
Martinia Wincliiana des Zechsteins besetzt sind; die Stächelchen
sind jedoch nur an der Grenze zwischen Schale und Nebengestein,
hier aber deutlich zu bemerken.
508
S c h a u r o th. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
So lange das Geschlecht, welchem diese Art zugehört, noch
nicht mit Sicherheit angegeben werden kann, dürfte es am besten
sein, sie bei Spirifer stehen zu lassen.
Hierher gehört auch Catullo’s Terebratula cassideuD a 1 m. in den
Nuovi annali di Bologna, 1846, Taf. IV, Fig. 4 a—f, zum wenig
sten die Figuren a, b und c. Über T. cassidea Dalmann’s konnte
ich nichts Näheres erfahren; die Catullo’schen, 2 Arten umfassen
den Abbildungen sind zu undeutlich, auch ist der Dunker’scheName
schon allgemein so bekannt, dass dem Catullo’schen Namen nicht
wohl die Priorität zukommen kann.
b. Lam eilibrauebi er.
19. Pecten discites Schloth., sp.
Pleuronectites discites, v. Sehloth. Petref. p, 218, Taf. 3b, Fig. 3.
Diese an anderen Orten im unteren Muschelkalke häufig erschei
nende Art zeigt sich auch im Vicentinischen nicht selten im Niveau
des Dadocrinus gracilis mit Gervilleia Albcrtii, Dentalium laeve,
Terebrateln und andern schon mehrfach angeführten Versteinerungen
besonders bei Ilovegliana. Sie erreicht nie eine bedeutende Grösse.
20. Lima striata Schloth., sp.
Chamites striatus, Schloth. Petref. p. 210, Taf. 34, Fig. 1.
Diese Art habe ich bei Rotolone in Begleitung von Spirifer
fragilis, Chaetetes Recubariensis, Terebratula vulgaris etc., also,
in den unteren Lagen gefunden; auch aus dem Tretto habe ich sie
erhalten.
21. Spondylus comtns Goldf.
Ostracites spondyluides, S chl oth. Petref. p. 239, Taf. 36, Fig. 1.
Ostrea comta, Goldf. Petref. II, pag. 4, Taf. 72, Fig. 6.
Spondylus comtus, Goldf. Petref. II, pag. 93, Taf. 103, Fig. 1.
Mit voriger Art, aber seltener, findet sie sich hei Rotolone und
im Tretto.
22. Ostrea sp. ?
Eine im Tretto gefundene, auf Spondylus comtus aufgewachsene
kleineAusterschale mit undulirtem, aufrechtstehendem, scharfem Rande,
das einzige mir vorgekommene Exemplar, beweiset, dass hier auch die
Austern nicht fehlen. Die Art, welcher diese Schale angehört, lässt
sich nicht mit Sicherheit angeben.
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
509
23. Gervilleia costata Schloth., sp.
Mytulites cuslalits, Schlot h. Petref. pag. 29S, Taf. 37, Fig. 2.
Diese Art erscheint bisweilen in den unteren Muschelkalklagen
mit Schlangenwülsten, Gervilleia Albertii etc. im Tretto und bei
Rovegliana. Die hier vorkommenden Exemplare habe ich aber nie
von der Grösse gesehen, welche sie in Thüringen erreichen; während
dort die enggerippten Varietäten mit 40 und mehr Lamellen vorherr
schen, gehören diese hier zu den Seltenheiten, indem hier gewöhn
lich 10—12 eoncentrische Lamellen zu zählen sind. Alle Individuen
haben auch eine mehr in die Länge gezogene Form-.
24. Gervilleia socialis Schloth., sp.
Mytulites socialis, Schl o th. Petref. pag. 294. Taf. 32, Fig. 1.
Cfr. Avicula bipartita Mer. in Es eher v. d. Linth’s geol. Bemerkungen
über das nördl. Vorarlberg, Taf. 4, Fig. IS—28.
Diese Art, welche mehr den höheren Lagen des Muschelkalks
angehört, habe ich im Vicentinischen nur in wenigen deutlichen Exem
plaren gefunden; doch erwähnen sie v. Buch, Cat ul lo und Girard,
so dass an deren Anwesenheit nicht zu zweifeln sein dürfte.
25. Gervilleia Albertii Münst., sp.
Taf. II, Fig. i.
Avicula Alb erti, Münst. in G o 1 d f. Petref. II, pag. 127, Taf. 116, Fig. 9, und
Gervillia Albertii, C r e d n er im Jahrbuch fürMineralogiel8Sl, pag. 6S4,
Taf. 6, Fig. 7.
Diese Art kommt häufig in den unteren Lagen des Muschel
kalks mit Dadocrinns gracilis vor und erreicht hier eine Länge
von höchstens 30 Millimeter. In den grössten Exemplaren erscheint
sie bisweilen etwas gewunden und wird dadurch der Gervilleia
socialis ähnlich, so dass ich vermuthe, sie möchte für diese ange
sehen worden sein; auch mit Dunker’s, bis jetzt nur dem Namen
nach bekannter Moiliola Credneri entwickelt sie, besonders gegen
das hintere Ende hin, nicht unbedeutende Ähnlichkeit, und eine
rechte, die innere Seite zeigende Schale von Rovegliana lässt weder
Schlosszähne noch Ligamentgruben, sondern nur eine dem geraden
Schlossrande entlang laufende Rinne erkennen, so dass ich desshalb
über das Geschlecht dieser Art zweifeln möchte, und auch schon
glaubte, sie sei mit Modiola Credneri zu verbinden; allein an meh
reren mir von Herrn Dr. Berger gefälligst zur Ansicht mitgetheilten
510
Schauroth. Übersicht der geognostischeii Verhältnisse
Exemplaren dieser Art konnte ieli entnehmen, dass sich Gervilleia
Älbertii äusserlich von ihr besonders am vorderen Flügel, welcher
hier immer spitzer, flacher und grösser.ist, so wie durch die mehr
ausgebuchte Hinterseite unterscheidet.
26. Posidonomya Clarae Emm rieh.
Em mrich im Jahrbuche für Mineral., 1844 , pag. 797 und 1849, pag. 441 :
abgebildet in B r o n n’s Lethaea, Taf. XII 1 , Fig. 9.
Bei Catullo: Posidonomya Becheri Bronn, in Nuovi annali d. sc. n. di
Bologna, tav. 2, fig. 4; und Posidonomya radiata G o 1 d f., 1. c. Taf. 2,
Fig. S.
Diese bald über dem Sandsteine oder dem eigentlichen bunten
Sandsteine auftretende Muschel, welche als wahre Leitmuschel von
der grössten Wichtigkeit ist, behauptet auch im Vicentinischen überall
ihr festes, die ganzen Alpen durchgreifendes Niveau. Hier habe ich
sie nicht wohlerhalten gefunden; in Form und Grösse weicht sie von
den Exemplaren anderer Localitäten nicht ab.
27. Avicula Älbertii Münst., sp.
Pecten inaequistriatus Münst. in G o 1 d f. Petrcf. II, pag. 42, Taf. 89, Fig. 9.
Diese Muschel in Begleitung von Terebratula vulgaris, Lima
striata, Pecten cliscites u. s. w. habe ich aus dem Val Serraggere,
von Rovegliana und dem Tretto. Sie erreicht hier eine bedeutendere
Grösse, als wie ich sie aus Thüringen, Braunschweig und Baden
kennen gelernt habe; auch lassen diese Exemplare in der Zeichnung
der Schalen einige Abweichungen von den Beschreibungen erkennen,
welche jedoch lediglich aus dem besseren Erhaltungszustände zu
erklären sind. Während nämlich die deutschen Exemplare als mit
dichtstehenden, abwechselnd stärkeren Rippen und mit eoncentrischen
Anwaehsstreifen am Rande versehen beschrieben worden sind, tritt
hier der regelmässige Wechsel von stärkeren und schwächeren Rippen
ganz zurück uiid machen sich die concentrischen Zuwachsstreifen
als zierliche, eng gestellte scharfe Leistchen geltend, welche ohne
Unterbrechung Uber die radialen Rippen fortsetzen. Dass die in Rede
stehende Form mit der deutschen zu identifieiren sei, unterliegt
keinem Zweifel, da die deutschen Exemplare, wenn sie gut erhalten
sind, dieselbe Zeichnung erkennen lassen.
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
511
28. Modiola hirndiniformis m., n. sp.
Taf. II, Fig. 2.
In Begleitung von Gervillein Albertii und der folgenden Art
findet sich häufig eine ähnliche, aber kleinere und weniger constante
Form. In Rücksicht ihres gemeinschaftlichen Vorkommens glaubte ich
erst, sie für junge Individuen der G. Albertii halten zu müssen; allein,
obgleich ich kleine Individuen dieser Art nicht erkannt habe, so
fehlen die Grössenübergänge von G. Albertii zu unserer Art, indem
die grössten Individuen dieser kleinen Art immer den Charakter der
kleinsten Individuen bewahrt haben.
Die Horizontalprojection dieser Muschel bildet ein Dreieck,
dessen kleinster Winkel 20—30° misst. Dieses Dreieck ist in der
Weise modificirt, dass der am vorderen Ende der geraden Schloss
linie liegende Winkel oder die vordere Spitze zugerundet, hei einiger
Verdeckung der Basis selbst abgestutzt ist und der Winkel, welchen
der Bauchrand und der hintere Rand machen, in schönem hohen
Bogen zugerundet erscheint. Es erheben sich daher die Klappen von
der Spitze an sehr schnell in einem dem Bauchrande parallelen, hohen
und schmalen Rücken, welcher durch einen tiefliegenden, flachen,
breiten Flügel mit dem Schlossrande in Verbindung tritt und etwa am
Ende des ersten Drittels, vom Wirbel an, seine grösste Höhe
erreicht. Die Schale ist aussen glatt, indem feine concentrische
Linien oder Anwachsstreifen, wie an einigen Stellen der besseren
Exemplare zu sehen ist, durch die Atmosphärilien verwischt sind;
stärkere Wachsthumsstufen sind selten. Bei der Verwitterung macht
sich bisweilen eine radialfaserige Structur der Schale bemerkbar,
aber nie so charakteristisch, wie bei der folgenden Art.
Da der flache Flügel meist durch die Gesteinsmasse verdeckt
ist, so bleibt gewöhnlich nur der gerundete, lange, schmale Rücken
sichtbar, so dass diese Form wie ein kleiner egelähnlicher, auf dem
Gesteine liegender Wulst erscheint, und daher nicht unpassend als
hirndiniformis bezeichnet werden dürfte. Manche Individuen sind aber
wirklich sehr schmal und dann der Modiola Credneri ähnlich, von
welcher sie sich aber durch gewundeneren und höheren Rücken unter
scheiden; die folgende Art hingegen ist immer aufgetriebener und
breiter.
Da sich an keinem dieser Exemplare der Schlossbau beobachten
Hess, so konnte ich natürlich nur nach der äusseren Form auf das
512
Seliaurotii. Übersicht der geognostischeu Verhältnisse
Geschlecht dieser Muschel schliessen. Dass ich sie nicht zu den
ähnlichen Formen von Gervilleia gestellt habe, dazu veranlasste
mich die am vorderen Rande sich schnell erhebende Schale, die nicht
ausgebuchtete hintere Seite, welcher zufolge die Zuwachsstreifen
sich am Schlossrande nicht nach hinten wenden, und die gleiche
oder doch fast gleiche Form der beiden Klappen.
29. Modiola substriata m., n. sp.
Taf. II, Fig. 3.
Im Trigonellenkalke bei Recoaro habe ich auch noch zwei nicht
ganz frei liegende Exemplare einer Modiola gefunden.
Der Umriss dieser Muscheln ist überall zugerundet, in die
Länge gezogen eiförmig, der Bauchrand ist concav-geschwungen,
der hintere Rand zugerundet, der Schlossrand wenig gerade und der
vordere Rand oder die Wirbelgegend ebenso zugerundet wie der
hintere, aber schmäler. Die Wirbel liegen fast ganz in der Spitze
und sind wenig bemerkbar. Die ganze Muschel ist etwas gewölbt
und aufgetrieben. Die Oberfläche ist etwas rauh (vielleicht nur durch
die Verwitterung), mit wenigen Zuwachsstufen versehen, unter der
Loupe aber erscheint sie mit feinen concentrischen und feinen radialen
Linien geziert, welche letztere mit der Structur der Schale im
Zusammenhänge stehen, hei der Verwitterung, besonders auf dem
Rücken, deutlich hervortreten und sehr bezeichnend sind.
Dr. Berger, welcher meine von Recoaro mitgebrachten
Gegenstände öfters zu sejien Gelegenheit hatte, zeigte mir auch
einige Exemplare aus dem Muschelkälke von Coburg, welche jeden
falls hierher zu rechnen sind.
30. Fleuropborus Goldfussi Dkr., sp.
Taf. II, Fig. 4.
Modiola Goldfussi, Dunker’s Schulprogramm, Cassel 1849, pag. 11, und
Palaeontographica, Bd. I, pag. 297.
Modiola Gastro chaena, Dunk er in: Arbeiten der schlesischen Gesellseh.
für vaterl. Cultur, 1849, pag. 72, und Palaeontographica, Vol. I, pag. 296,
Taf. 3Ö, Fig. 13.
Myophoria modiolina, Duiker’s Schulprogramm, 1849, pag. 13.
Modiola Thilaui, v. Strombeck in der Zeitschrift der deutsch, geol.
Gesellsch. Vol. II, pag. 90, Taf. 5, Fig. 1 und 2 (z. Th.?).
Cfr. Cardinia sp.? in Esch er v. d. Linth’s geolog. Bemerk, über das nördl.
Vorarlberg, Taf. 4, Fig. 34—37.
der Gegend von Reeoaro im Vicentinischen.
513
Durch die Güte Herrn v. Strombeck’s war es mir vergönnt,
die Originale, nach welchen derselbe diese Muschel beschrieben hat,
zu sehen, v. Strombeck führt schon an, dass der starke vordere
Muskeleindruck und die dicke Schale der Muschel nicht recht in
die Geschlechts-Diagnose von Modiola passen wollen. Die Dünne
der Schale und der äusserliche Sitz des Sehlossbandes der so nahe
stehenden Cardiomorpha schliesst auch dieses Geschlecht aus; bringen
wir aber die hinter dem Muskeleindrucke vom Wirbel rechtwinkelig
ausgehende — doch einigen Abweichungen unterworfene — Leiste
im Innern der Schale in Anschlag, und deuten wir die an Hohl
drücken sichtbaren kleinen Vertiefungen unter dem Wirbel als
Schlosszähnchen — von welchen bei Pleurophorus zwei in jeder
Schale sich befinden, die in einander eingreifen — und betrachten
wir die längliche Furche am Ende des Schlossrandes als hinteren
Zähn, so müssen wir diese Art dem King’schen Geschlechte
Pleurophorus zurechnen. Ja, in der Tliat stimmen diese Hohldrücke,
wie auch die aus dem Muschelkalke des Cob urg’schen, mit jenen
des Pleurophorus costatus aus dem Zeehsteine von Gera, welche
ich Gelegenheit hatte zu vergleichen, vollkommen überein. Diese
Zechstein - Form gleicht aber auch im ganzen äusseren Habitus
und selbst in den Varietäten so sehr der Form des Muschel
kalks, dass man versucht sein möchte, beide für eine und dieselbe
Art zu halten, wenn nicht Pleurophorus des Zechsteins in der
Regel durch einige vom Wirbel dem hinteren Rande zulaufende
Rippen, welcher Charakter bei der Form des Muschelkalks bis jetzt
noch nicht beobachtet worden ist, und Pleurophorus des Muschelkalks
durch die meistens kräftig entwickelte vom Wirbel dem unteren
Theile des hinteren Randes zulaufende Kante hinreichend ausge
zeichnet wäre. Desshalb habe ich diese Art zu Pleurophorus ver
setzt, und da Dunker angibt, dass seine Modiola Gastrochaena
nur junge Individuen von seiner Modiola Goldfussi und diese letzteren
mit v. Strombeek’s Modiola Thilaui identisch seien, so habe ich
sie nach dem Rechte der Priorität als Pleurophorus Goldfussi Dkr.
sp. angeführt.
Pleurophorus Goldfussi erscheint im Vicentinischen zuerst im
Niveau der Posidonomya Clarae, z. B. im Val dell’Erbe und Val
Serraggere, und geht bis in den eigentlichen Muschelkalk, z. B. bei
Rovegliana, hinauf.
S14
i
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
Die grosse Formenversehiedenheit der Individuen dieser Art,
mit welcher die verschiedenen Benennungen der Muschel im Zusam
menhänge steht, ist auch im Vicentinischen bemerkbar: es gibt kleinere
Exemplare von der Form der M. Gastrochaena, grössere, ähnlich der
Modiola Thilaui, und andere mit mehr parallelen längeren Rändern,
welche hauptsächlich als Steinkerne im eigentlichen Muschelkalke
Vorkommen und bis 30 Millim. Länge erreichen.
31. Mytilus cduliformis Schloth., sp.
Taf. II, Fig. ä.
Mytilus eduliformis, Schloth. Petref. pag. 299, Taf. 32, Fig. 4.
„ vetustus, Goldf. Petref. II, pag. 169, Taf. 128, Fig. 7.
Bei Catullo: Gervillia augusta Münst., in den Nuovi annali d. sc. n. d.
Bologna, 1846, Taf. 4, Fig. 1.
Hierher gehörige Formen finden sich in den unteren, durch
Posidonomya Clar.ae ausgezeichneten, und auch noch höheren Lagen
häufig im Val Serraggere, im Tretto und an anderen Orten.
32. Myophoria vulgaris Schloth., sp.
Trigonellites vulgaris, Schloth. Petref. pag. 192, Taf. 36, Fig. S.
Diese Art habe ich selten im eigentlichen Muschelkalke bei
Rovegliana gefunden.
33. lyoplioria Simplex Schloth., sp.
Trigonellites simplex, Schloth. Petref. pag. 192.
Lyrodon simplex, Goldf. Petref. II, pag. 197, Tah. 135, Fig. 14.
Ich bleibe hier bei den v. Schlotheim’schen Bestimmungen,
nach welchen die Individuen mit zwei Rippen zu M. vulgaris und die
mit einer Rippe zu M. simplex zu rechnen sind. Diese Myophoria
simplex kommt auch im Coburg'schen im oberen Muschelkalk, wie
imBraunschweig'schen mit Ceratites nodosus und im unteren Muschel
kalke in der Trigonienbank mit Modiola Credneri vor. Übrigens gehen
beide Arten in einander über. Bei Bovegliana erscheint sie in
Begleitung der Gervilleia Albertii u. s. w.
34. Myophoria cardissoides Bronn.
Lethäa pag. 71, Taf. 13, Fig. 9.
Diese Art unterscheidet sich von den übrigen Myophorien durch
grössere Breite oder Verlängerung nach hinten , so dass der Winkel
am Wirbel gegen 90° beträgt. Die Bronn’sche Abbildung stimmt
mit den bei Rovegliana selten vorkommenden Exemplaren überein,
i
I
der Gegend von Reeoaro im Vicentinischen.
515
nicht aber mit Lyroadon deltoideum (Goldf. Taf. 135,Fig. 13) und
Myophoria curdissoides (Alberti, Monogr. p. 55), welche mit
Myophoria (nach Giebel Neoschizodus) laevigata vereinigt werden
müssen; diese letztere darf aber nicht mit Nucula gregaria Münst.
zusammengeworfen werden.
33. Myophoria (Neoschizodus ftiebel’s) ovata Goldf., sp.
Lyrodon ovatum, Goldf. Petr. Germ. II, pag. 197, Taf. 133, Fig. 11.
Findet sich meist in kleinen und undeutlichen Exemplaren, nicht
selten in und über den Posidonomyen-Schichten.
36. Nucula (?) gregaria Münst.
Goldfuss bildet in seinen Petref. Germ. Taf. 124, Fig. 12
unter diesem Namen eine Muschel ab, welche auch bei Coburg sehr
häufig im oberen Muschelkalke zu finden, aber keinesfalls zu Nucula,
sondern wahrscheinlich zu Isocardia gehört. Zu dieser Art rechne
ich gleichgeformte 2—3 Millim. grosse Muscheln mit concentrischen
Zuwachsstreifen, welche ich über dem Niveau der Posidonomya
Clarae im Val Serraggere beobachtet habe.
37. Nucula speciosa Münst.
Abgebildet in Goldf. Petref. Germ. Taf. 124, Fig. 10.
Leider begegnen wir im Muschelkalke vielen zwar charakte
ristischen, aber doch sehr undeutlichen Formen; hierzu gehört auch
ein Steinkern, den ich bei Rovegliana im Niveau des Dadocrinus
gracilis gefunden habe, und der seiner allgemeinen Form und seines
in der Mitte liegenden Wirbels wegen nur hierher gerechnet werden
kann.
38. lyacites Fassaensis Wissm.
Abgebildet in Miinster’s Beiträgen, Heft IV, Taf. 16, Fig. 2.
Die vielen Myacitenarten, die man unterschieden hat, stehen sich
alle durch Übergangsformen sehr nahe, so dass von Stromheck
alle triassischen in eine Art, M. musculoides, vereinigt hat.
Auch im Vicentinischen kommen, von den Posidonomyen an auf
wärts, solche Formen vor, und da man diesen Formen den Artnamen
Fassaensis gegeben hat, so mögen auch die Vicentinischen als solche
gelten.
516 Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
39. Myacites inaequivalvis Zieten, sp.
Taf. II, Fig. 6.
Area inaequivalvis, Zieten in den Verstcin. Würtemb. Taf. 70, Fig. 3.
Aus dem Musclielkalke der Monti del Tretto habe ich zwei
18 Millim. grosse Myaciten mit Schale erhalten. Der Umriss dieser
Muscheln bildet ein stumpfwinkeliges Dreieck, in dessen etwa 120°
messenden stumpfen Winkel der kleine, eingebogene Wirbel nahe
an der Mitte liegt und dessen beide spitzen Winkel zugerundet sind.
Die vordere Seite — aber nicht der Rand — ist etwas ausgebuchtet,
der hintere Rand ziemlich gerade und der Bauchrand in der Mitte
ausgebuchtet, welche Bucht sich im Relief bis fast an den Wirbel hin
bemerkbar macht. Die Schale ist mit concentrischen Wachsthums
wellen und nur wenig sichtbaren radialen Linien bedeckt.
Am nächsten steht diese der Area inaequivalvis Zieten's aus
den Wellendolomiten des Schwarzwaldes, indem sie sich von dieser
nur durch mehr ausgebuchteten Bauchrand und weniger deutliche
Runzeln vor dem Wirbel unterscheidet. Da auch unsere Exemplare,
wie die des Wellendolomits, verschoben sind, und es daher sehr
wahrscheinlich ist, dass sie einer und derselben Art angehören, so
habe ich, um die Namen für diese problematischen Formen nicht
noch zu vermehren, dieselben als Myacites inaequivalvis, wohin
jene Schwarzwälder Form gewiss zu rechnen ist, aufgeführt.
Ob Tellina Canalensis, welche Catullo in den „Nuovi annali
d. sc. n. di Bologna“, Taf. 4, Fig. 4 abgebildet hat, hierher gehört,
lässt sich nach den ungenügenden Abbildungen nicht entscheiden.
40. Tapes subundata m., s. sp.
Taf. II, Fig. 7.
Eine kleine, 5 Millim. breite Muschel habe ich im oolithischen
Kalksteine, welcher zwischen dem bunten Sandsteine und den Posi-
donomyen lagert, im Val deH'Erbe gefunden. Wie bei den meisten
Versteinerungen der Trias ist der charakteristischste Theil nicht
zugänglich, so dass ich in Ermangelung der Kenntniss der Schloss
bildung, diese Muschel nur zufolge des äusseren Habitus zu Tapes
oder Pullastra, mit welchem Geschlechte sie äusserlich viele Ähn
lichkeit zeigt, stellen kann.
Der allgemeine Umriss dieser Muschel ist elliptisch. Der kleine
Wirbel steht nahe vor der Mitte, und die hintere Seite ist, in einem
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
517
Winkel von etwa 120° mit dem Schlossrande, abgestutzt, so dass
nur einem Theile des Hinterrandes, dem Bauchrande und Vorderrande
die unveränderte elliptische Form bleibt. Vom Wirbel an bis an die
Extremitäten des Bauchrandes treten zwei stumpfe Kanten etwas
hervor, von welchen jedoch nur die hintere deutlich ist. Die rauh
erscheinende Oberfläche ist mit einigen dem Bauchrande parallelen
Wellen, welche auf der hinteren Abdachung in Zuwachsstufen über
gehen, bedeckt.
V. SCHNECKEN.
41. Dentalium laeve Schloth.
Dentalites laevis Schloth., Petref. pag. 93, Taf. 32, Fig. 2.
Von der Grösse der in Thüringen vorkommenden Individuen
iindet man diese Art nicht selten im Muschelkalke hei Rovegliana in
Begleitung von Pecten discites, Spirifer fragilis, Terebratula
vulgaris und anderen Arten.
42. Trochns Älbertianus G o 1 d f.
Trochus Albertinus Goldf., Zieten, Verst. Würtemb., Taf. 68, Fig. S.
„ Hausmanni Goldf., Petref. III. pag. 52, Taf. 178, Fig. 12.
Zwei Schneckchen, ganz von der Form des Trochus Hausmanni
mit nur weuig veränderter Zeichnung auf der Schale, von welchen
das eine die gewöhnliche Grösse des Tr. Älbertianus erreicht, habe
ich im Trigonellenkalke bei Recoaro gefunden und rechne sie zu
dieser Art. An dem grösseren Exemplare befinden sich über dem
Bande auf der Wölbung des letzten Umganges noch vier verchieden
kräftige, aus einzelnen Knötchen bestehende Streifen, welche von
feinen Zuwachslinien durchkreuzt werden, während bei der gewöhn
lichen Zeichnung von Tr. Älbertianus (Hausmanni) nur zu oberst
an der Nath eine Reihe von kräftigen, fast kurzen Dornen gleichenden
Höckern zu sehen ist, und die spiralen Linien oder Längslinien mehr
zurücktreten. Das kleinere Exemplar ist verhältnissmässig etwas
niedriger, gleicht aber in der Zeichnung den deutschen Exemplaren.
Berücksichtigt man, dass diese Art als in ihrer Form manchen
Abweichungen unterworfen erkannt worden ist, so dürfte auch die
erwähnte Abweichung an den italienischen Exemplaren nicht auflallen
und an der Identität beider Formen nicht zu zweifeln sein.
518
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
43. Natica tnrbilina Schloth., sp.
Taf. II, Fig. 8.
Helicites turbilinus Sehl oth., Petref. pag. 107, Taf. 32, Fig. S.
Turbo helicites Münst. in Goldf. Petref. Germ. III, pag. 93, Taf. 193, Fig. 2.
Die kleinen natica- und turboähnlichen Schnecken des Muschel
kalks sind unter sich schwer zu unterscheiden und bilden auch Über
gänge in grössere kugelige oder gestreckte Formen, wie zu Natica
Gaillardoti und Turbonilla dubia, so dass v. Strombeck unter
Natica Gaillar doti alle kurzen, mehr kugeligen Formen (Natica
oolithica Zenk., N. pulla Z iet.J und unter Turbo helicites die
Formen mit 3—-4 Umgängen (Helicites turbilinus Schloth., Buc-
cinum turbilinum Geinitz, Turbo socialis MünstJ vereinigt hat.
In den oberen Lagen des Muschelkalks bei Recoaro und in den
unteren im Val Serraggere trifft man nicht selten kleine kugelige
Schnecken von etwa 2 Millim. Durchmesser, welche dem Turbo
helicites Münst., wie ihn Goldfuss Taf. 193, Fig. 2 abgehildet
hat, gleichen und an welchen meistens die Zuwaclislinien, die an der
Nath immer am deutlichsten sind, so kräftig hervortreten, dass sie
bisweilen wahre Leisten oder Rippen bilden und dann zu Naticella
costata, die von St. Cassian (ob mit Recht?) und aus dem eigent
lichen Muschelkalke der Alpen mehrfach erwähnt wird, führen.
Solche Formen hat auch der Muschelkalk im Coburg’schen aufzu
weisen, und ich habe mehrere Exemplare gefunden, wejclie nach
Abwitterung der Schale kräftige, winkelige, von der Nath aus über
die Wölbung der Umgänge hinweggehende Rinnen zuin Vorschein kom
men lassen. Bezeichnend für diese Formen mag noch erscheinen, dass
die ersten Windungen nie eine hohe Spira bilden, oft auch wie ver
schmolzen aussehen, die letzte sich aber schnell erweitert, wie es in
der Goldfuss’schen Zeichnung gut dargestellt ist. Dieselben
Formen finden sich auch im bunten Sandsteine von Sulzbad und zwar
in Begleitung derselben Versteinerungen wie im Vicentinischen, wie
Gervilleia Albertii, Pleurophorus Goldfussi, so dass man hier mit
Recht auf einen Synchronismus dieser Ablagerungen schliessen darf.
Schon v. Schlotheim führt bei seinem Helicites turbilinus an,
dass er gut erhalten und dass die ziemlich grosse Mundöffnung mit
einem saumartigen zurückgebogenen Rande versehen ist. Diese Kenn
zeichen charakterisiren aber auch die von verschiedenen Localitäten
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
519
angeführten Schneckchen, so dass ich nicht zweifle, dass dieselben
zu dem v. Schlotheim’schen Helicites turbilinus gehören. Ob
Naticella cosiata Münst. und Natica Gaillardoti Lefr. hierher
zu rechnen sind, kann ich in Ermangelung hinreichenden Materials
nicht mit Gewissheit aussprechen, doch glaube ich, dass sämmtliche
hier erwähnte Formen sich in der Weise ordnen, dass die kugeligen
als Natica turbilina, die gestreckten, an wohl erhaltenen Exemplaren
gegen die Spitze hin mit Rippen versehenen Formen dagegen als
Turbonilla dubia am zweckmässigsten unterschieden werden. Fiir
diese Ansicht sprechen mehrere Exemplare von Turbonilla dubia,
die ich im Muschelkalke von Cohurg gesammelt habe, welche in
Individuen von 3-—4 Windungen an (von der Form des Turbo
gregarius Münst., beiGoldfuss III, pag. 93,Taf. 193, Fig. 3, den
ich von Buccinites gregarius Schloth. getrennt halte), Übergänge
bis zur vollständigen mit 8 Windungen versehenen Form der Turbo
nilla dubia bilden.
44. Natica (Enspira) grcgaria Schloth., sp.
Taf. II, Fig. 9.
Buccinites gregarius S chl oth. Petref. pag. 127, Taf. 32, Fig. 6.
Buccinum gregarium Gein. im Jahrb. für Mineral. 1842, Taf. 10, Fig. 8.
Turbo incertus Catullo, Catal. d. sp. org. foss. d. alpi venete, 1842 und Zoolog
foss. Taf. 1, Fig. A, 4.
Unter obigen Namen habe ich die am Harze und in Thüringen
für die untere Abtheilung des Muschelkalks charakteristische Form
gestellt, welche v. Schlotheim am genannten Orte kenntlich abgebildet
hat und zu welchem die von Goldfuss als Turbo gregarius Münst.
Tab. 193, Fig. 3 gegebene Abbildung nicht gezogen werden dürfte.
Diese Art ist aussen glatt und von den andern ähnlichen durch
ihre eiförmige Gestalt, sowie dadurch hinreichend unterschieden,
dass die Umgänge an der Nath eine Kante bilden, welche bis an die
ovale Mündung fortsetzt und der Spira ein treppenförmiges Ansehen
verleiht. Schon die hei der vorigen Art angeführten Formen haben
mehr den Charakter der Natica, und auch diese als Turbo und
Buccinum aufgeführte Art halte ich für eine Natica, und zwar für
eine dem Subgenus Euspira angehörige Form. Von den höheren,
als Turbo helicites bei v. S t r o m b e c k vereinigten Individuen habe ich
welche aus dem Muschelkalke von Coburg, welche Übergänge zu
Turbonilla dubia bilden und von mir zu dieser gerechnet werden.
34
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft.
520
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
45. Turbonilla dubia Münst., sp.
Taf. II, Fig. 10.
Turbinites dubius Münst. in litt.
Turbonilla dubia Bronn in der Lethäa, Taf. XII, Fig. 10.
Von Turbonilla hat Dunker in den Palaeontograph. Vol. I,
mehre neue Formen beschrieben; fast alle dieselben finden sich auch
Im Coburg’schen; allein wenn man viele Exemplare vor sich hat, ist
es oft schwer, eine Grenze zwischen den einzelnen Arten zu ziehen.
Ich erwähne hier nur, was sich auf unsere alpinischen Formen bezieht.
Turbonilla clubia hat durch die Darstellung Bronn’s in
der Lethäa p. 76, Taf. XII 1 , Fig. 10 einige Sicherheit erhalten;
sie umfasst nur die kleinen, aus 7 — 8 runden, glatten, gegen
die Spitze hin meistens mit quergerippten Umgängen versehenen
Individuen.
Melania Schlotheimi (Q'uenstedt im Flötzgeb. Würtemb.
pag. 31), wie sie v. Schlotheim in seinen Beiträgen zur Petre-
factenkunde, 2, Taf. 32, Fig. 7 abbildet, gehört nicht hierher; sie ist
immer grösser, hat weniger aufgetriebene, mehr ansteigende und
glatte Windungen mit scharfer, aber weniger tiefer Nath.
Turbonilla dubia in der angegebenen Grenze geht einerseits in
eine kürzere Form mit weniger, aber schneller anDicke zunehmenden
Windungen über, anderseits wird die Form schlanker mil 4—9 Win
dungen. Im ersten Falle gleicht sie Dunker’s, in den Palaeont. Vol. I,
Tab. 35, Fig. 16 —18 als Turbonilla gregaria abgebildeten Art
(Turbo gregarius M ii ri s t.J, im zweiten Falle der eben dort Fig. 23
und 24 abgebildeten Turbonilla parvula, oder sie zeigt 8 — 9 an
Stärke kaum verschiedene Windungen und kommt in dieser Hinsicht
(um eine ähnliche Form anzuführen), der Turritella Tlieodorii (welche
Berger im Leonhar d'sehen Jahrhuche 1854, S. 413, Tab. VI,
Fig. 6—8 beschrieben und abgebildet hat), am nächsten, unter
scheidet sich von derselben aber hauptsächlich durch vollkommene,
nicht abgeschnittene Scheitel der Wölbung der Umgänge.
Turbonilla dubia kommt bei Reeoaro ziemlich häufig in dem
Niveau der Posidonomya Clarac vor.
46. Turbonilla gracilior m., n. sp.
Taf. II, Fig-. II.
In den untersten kalkigen, den Sandstein überlagernden, oft
oolithischen Schichten habe ich hei Pozzer im Val dell’ Erbe eine
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
S21
Schnecke gefunden, die ganz glatt und so schlank ist, dass sie die
Grenzen der Turbonilla dubia überschreiten dürfte. Ich will sie
desshalb Turbonilla gracilior nennen.
Das Gehäuse dieser Schnecke ist spitz-thurmförmig, 7—8 Millim.
hoch, mit 8 gerundeten, glatten, durch eine ziemlich tiefe Nath von
einander getrennten Umgängen, dessen letzterer etwa 1 % Millim.
misst. Uber die Mündung geben die vorliegenden Exemplare keinen
Aufschluss. Von der ihr ähnlichen Turritella Theodorii aus dem
Keuper von Coburg unterscheidet sie sich nur durch den Mangel des
den Scheitel der Windungen abschärfenden Bandes und durch etwas
weniger tiefe Nath.
Sollten sich Exemplare finden, an welchen Rippchen an den
ersten Umgängen zu erkennen sind, so würde sie nur als Varietät
der Turbonilla dubia betrachtet werden müssen.
Kleine Schneckchen von der Form der Turbonilla parvula
Dunk, zeigen solche Rippchen, wesshalb ich sie zur T. dubia rechne.
47. Turritella Bolognac m., n. sp.
Taf. II, Fig. 12.
Im Trigonellenkalke von Recoaro habe ich Bruchstücke einer
kleinen Schnecke gefunden, von welchen jedoch keines die Mündung
zeigt, so dass das Geschlecht nicht mit Sicherheit angegeben werden
kann.
Die Form dieser Art ist sehr schlank; sie hat muthmasslich acht
Windungen, welche der Länge nach mit drei Reihen von Knötchen,
von denen die mittelste die am stärksten entwickelte ist, so geziert
sind, dass die drei über einander liegenden Knoten zwischen je zwei
Näthen auf der Windung eine Art Rippe bilden.
Obgleich die Exemplare etwas verwittert sind, so kann man trotz
ihrer Kleinheit diese Anordnung deutlich unterscheiden. Sie ist jeden
falls als eine neue Art zu betrachten, wesshalb ich sie zu Ehren
Dr. Bologna’s als Turritella Bolognae auszeichnen will.
VI. CEPHALOPODEN.
48. Ceratites nodosus Brug. sp.
Ammonites nodosa B r ii g. Encykl. I, 43.
Ceratites nodosus de H.; in der Letiuia, Taf. ii, Fig. 20.
34*
522
Sc haurot h. Übersicht der geognostiscken Verhältnisse
Das Vorkommen dieser Art in der alpiniscken Trias wird von
Catullo, v. Buch, Girard und Bologna erwähnt; ich selbst
habe sie nicht gefunden.
Tellina Recoarensis Cat. und Solenites mytiloides Sekloth.
(Catullo), welche Girard anfuhrt, sind nach dessen Aussage
so undeutliche Formen, dass sie hier keiner weiteren Erörterung
würdig sind.
Rücksichtlich eines Vergleiches des paläontologiseken Charak
ters der Trias in den Alpen mit jenem anderer Gegenden haben wir
in dem eben gegebenen Verzeichnisse manche neue Anhaltspunkte
erlangt.
Der bunte Sandstein kann sich durch seine petrographischen
Merkmale und das Vorkommen einiger, wenn auch undeutlicher
Pflanzenreste hinreichend legitimiren; dasselbe gilt im Allgemeinen
vom Muschelkalke, welcher überdies den grössten Theil der Fauna
des deutschen Muschelkalks aufzuweisen hat.
Mit dem Erscheinen des Muschelkalks werden wir durch eine
zahlreiche Fauna überrascht; die Arten, welche hier und in Deutsch
land am häufigsten Vorkommen und daher massgebend erscheinen,
sind: Spirigera trigonella, Terebratvla vulgaris, Gervilleia Albertii
Pleurophorus Goldfussi, Encrinus liliiformis. Diese Arten sind
aber diejenigen, welche für den unteren Muschelkalk in Deutschland
bezeichnend sind, während Nucula Goldfussi, Nucula Münsteri, Nau
tilus bidorsatus und andere dem oberen Muschelkalk eigentkümlicke
oder doch denselben vorzugsweise bewohnende Arten bis jetzt ganz
vermisst werden. Abgesehen von den wenigen neuen Formen finden
wir die Arten von Recoaro sowohl in den oberen Lagen des bunten
Sandsteins von Sulzbad und Zweibrücken, als auch vorzugsweise oder
ausschliesslich in der unteren Hälfte des deutschen Muschelkalks, im
nordwestlichen Deutschland und bei Tarnowitz in Ober-Schlesien, so
dass wir schliessen müssen, dass die untersten versteinerungsfuhren-
den Schichten des Muschelkalks von Recoaro mit den Schichten von
Sulzbad und Zweibrücken, die höheren (mit Gervilleia Albertii und
Spirigera trigonella) mit dem Wellenkalke und Mehl- oder Schaum
kalke und also auch mit den Schichten von Tarnowitz auf ein Niveau
zu stellen sind. Die folgenden Schichten in welchen ich nur noch
Encrinus liliiformis, Natica turbilina und Terebratula vulgaris
gefunden habe, fallen dann der mittleren Abtheilung, und die verstei-
der Gegend von Recoaro im Yicentinischen.
523
nerungsleeren oberen, plattenförmigen Kalke der oberen Abtheilung
des Muschelkalks in Deutschland zu, so dass endlich die versteinerungs
leeren sandigen Mergel als Äquivalent des Keupers übrig bleiben.
Sonach haben wir (wie aus dem Folgenden noch mehr erhellen
dürfte) durchaus keine Veranlassung mehr, den Muschelkalk Ober-
Schlesiens mit den Schichten von St. Cassian (besonders wenn man
vorurtheilsfrei an die Bestimmung der Versteinerungen von St. Cassian
gebt) zu vergleichen.
Der Lias und Jura im Vicentinischen mit besonderer
Berücksichtigung' der geognostisehen Verhältnisse
von St. Cassian.
In dem vorhin gegebenen Profile habe ich zuletzt von einer festen
gelben, dünnschichtigeri Mergelablagerung gesprochen, welche die
obersten rothen, sandigen, dem Keuper äquivalenten Gesteine
bedeckt. Von den unteren ähnlichen Mergeln unterscheidet sie sich
durch eine Neigung zur Schieferung und durch aufgenommene
Glimmerschüppchen und kohlige Theilchen. Obgleich ich in diesen
Schichten hier keine Versteinerungen gefunden habe, so glaube ich
doch, dass diese obersten Lagen schon dem Lias angehören, und
da sie in ihren petrographischen Merkmalen mit manchen heller
gefärbten Varietäten der Wengen-Schichten oder Halobienschiefer
übereinstimmen, mit diesen in einem Niveau stehen.
Zur Beobachtung der Grenzgebilde zwischen Trias und Jura
ist der Monte Spizze überhaupt nicht zu empfehlen, und leider hat es
meine Zeit nicht erlaubt, dieselben entfernter in den venetianer Alpen
aufzusuchen.
Professor Catullo in Padua erwähnt diese oberen Schichten
aus den venetianer Alpen als Keuper und führt an, dass sie häufig
nicht leicht als Keuper erkannt werden könnten, wenn sie nicht durch
die fast überall statthabende Überlagerung von liassischen Gebilden
und durch die Anwesenheit gewisser Petrefacten bezeichnet wären.
Diese petrefactenfiihrenden Schichten sollen nach ihm einen sehr
veränderlichen Charakter haben; bei Malgonerra im Agordino, eben
so bei Pieve di Zoldo sollen sie schieferig und röthlichbraun sein, bei
Duram hingegen einen sandigen, grünen Kalkstein bilden, welcher
allmählich in einen harten, schwarzen, mit Säuren aufbrausenden
Schiefer übergeht, vom Keuper unterteuft wird und vielleicht zum
524
Schaur oth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
Lias gerechnet werden könnte; allein trotz allen petrographischen
Verschiedenheiten sollen überall dieselben bezeichnenden Petrefacten,
nämlich Avicula pectiniformis und Posidonomya minuta Vorkommen.
Ich habe leider diese Gegenden nicht besuchen können; dagegen
habe ich auf meiner Rückreise Wengen und St. Cassian berührt und
glaube dadurh in den Stand gesetzt zu sein, den von Catullo citirten
Keuper des Agordinischenfür Wengenschiehten oder Halobienschiefer,
und die Abbildungen, welche Catullo von diesen beiden obgenann
ten Arten gegeben hat, für Halobia Lommeli und Posidonomya Wen-
qcnsis mit Sicherheit ansprechen zu dürfen. Das Vorkommen dieser
beiden Arten und also der Wengen-Schichten an den genannten Orten
ist von grossem Interesse; desshalb erscheinen jene Gegenden beson
ders zu Untersuchungen geeignet, welche über die Grenzgebilde
zwischen Trias und Jura Aufschluss geben können.
Aus diesen Beobachtungen geht bereits hervor, dass an mehreren
Orten der venetianer Alpen die Halobienschiefer über den rothen,
sandigen Gebilden (unserem Keuper-Äquivalente) liegen. Dieselben
Verhältnisse habe ich bei Wengen beobachtet.
Geht man von Brunnecken nach St. Cassian, so wandelt man
bis St. Martin auf Glimmerschiefer und stösst hier auf ein Profil,
welches sich längs dem Bache auf eine weite Strecke verfolgen lässt
und alle die Verhältnisse wiederholt, wie ich sie von Recoaro vom
primitiven Schiefer bis zum Muschelkalke beschrieben habe. In der
Schlucht nach Wengen hinauf stehen im Grunde die untersten Lagen
des Muschelkalkes an, bei Wengen selbst liegen die Halobienschiefer;
von St. Leonhard bis St. Cassian findet man den oberen Muschelkalk,
oberhalb St. Cassian erscheinen die Wengen-Schiefer wieder, darüber
graue Thone, pelitische Gesteine von vulcano-neptunisehem Ansehen
mit eingeschalteten oolithischen dunklen Kalken, auf welche ähnliche
Thone mit zwischengelagerten, wenig mächtigen, schwarzen Kalk
schichten und dünnen Lagen von faserigem Kalke, die eigentlichen
Schichten von St. Cassian, folgen.
Die Profile der Seisser-Alp und des Gaderthals, welcheEmmrieh
im Jahrbuche für Mineralogie 1844, p. 791 gegeben hat, stimmen,
so weit die Schichten von Recoaro repräsentirt sind, vollkommen mit
diesen überein. Der unter 1. beschriebene bunte Sandstein, die mit
2. bezeichneten Posidonomyensc.hiefer, die unter 3. über diesen
folgenden Mergel mit Kalkschiefer entsprechen bei Recoaro den
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
525
Schichten vom Schiefer bis zum Muschelkalk von Recoaro, und dieser
seihst findet seinen Repräsentanten in dem unter 4. aufgeführten
wellenkalk-ähnlichen Gestein, in welchem bereits die an Feuerstein
reichen Kalke wiedererkannt und gewiss noch Spirigera trigonella,
Terebratula vulgaris und andere dieses Niveau charakterisirende
Versteinerungen entdeckt werden können. Auf diesen Muschelkalk
sollten nun die rothen, sandigen Gesteine (Keuper) folgen, während
Emm rieh sofort die Halobienschiefer anführt.
Aus den angeführten Schichtenfolgen geht hervor, dass die
Wengenschiefer oder Halobienschiefer über den versteinerungsleeren
rothen, sandigen Schiefern oder dem Äquivalente des Keupers liegen,
und aus der Vergleichung der Trias im Vicentinischen mit der in
Tirol geht also auch hervor, dass die St. Cassian-Schichten durchaus
nicht zum Muschelkalk oder zur Trias überhaupt gehören können,
sondern sich dem jurassischen Systeme anschliessen müssen.
Dass die St. Cassian-Schichten unter dem Jura und über den
Halobienschiefern liegen, ist jetzt klar; es handelt sich nur noch
darum, anzugehen, welcher Formation dieselben zugetheilt werden
müssen. Zuerst muss erwähnt werden, dass Halobienschichten und St.
Cassian-Schichten bathrologisch, petrographisch und paläontologisch
sich so nahe stehen, dass sie als ein Schichtencomplex betrachtet
werden und auch systematisch vereinigt bleiben müssen. Wenn nun
schon die petrographischen Charaktere und die Lagerungsverhält
nisse uns auf den der Trias folgenden Lias hinweisen, so werden wir
durch die völlig neue und nur einen jurassischen Charakter zeigende
Fauna zu dem Schlüsse genötliigt, dass mit dieser Veränderung der
petrographischen und paläontologischen Verhältnisse überhaupt eine
neue geologische Periode, und zwar die zunächst folgende Periode
des Lias beginnen müsse.
Nur eine solche Einreihung dieser alpinischen Gebilde halte ich
für eine natürliche. Wenn in den Alpen überhaupt die triassischen
Gebilde richtig gedeutet werden, wobei die Posidonomyen-Schichten
und die eigentlichen Muschelkalklagen — welche auch hei Abwesen
heit von Versteinerungen sich meistens durch grössere Schichten-
mächtigkeit und wellig-knotige Structur oder Hornsteinausscheidun
gen auszeichnen — wohl immer als zur Orientirung passende Horizonte
dienen können, dann wird man auch leicht in den Halobienschiefern
einen sicheren Horizont für den Lias finden, und manche Schichten,
526
Sc ha u r o th. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
deren bathrologische Stellung noch unsicher ist und die meistens der
Trias zugerechnet worden sind, werden wir hier sich seihst einreihen
sehen. Nur wenn wir auf die einfachste Weise die allerdings in mancher
Hinsicht abweichenden Verhältnisse in den Alpen uns zu erklären
suchen und uns nicht von den Lehren des Metamorphismus und dem
Vorurtheile, dass den Alpen eine ausschliessliche, ihnen eigenthümliche
Constitution zukomme, beirren lassen, werden wir es für möglich halten,
einzusehen, dass die alpiuischen Gebirgsschichten den ausseralpinischen
parallelisirt werden können, und werden uns überzeugen, dass wir
nicht nöthig haben, für die Syntax der Alpen neue Regeln zu entwerfen.
Dass hiernach der Lias in den Alpen selbst sich unter verschie
dener Facies darstellt, darf uns nicht wundern, da ja auch in anderen
Ländern, wie in Deutschland, Frankreich und England, die Überein
stimmung, vorzüglich in der Vertheilung der Petrefacten nicht so
hervortritt, wie bei anderen Formationen und fast jede Gegend ihr
eigenthümliches Gepräge hat. Dass bei St. Cassian auch mehrere andere
und besonders die Muschelkalkformation bezeichnende Arten, wie:
Eticrinus liliiformis, Ceratites nodosus, Terebraiula vulgaris, Tere-
bratula suffiata und Naticella costata Vorkommen, ist noch gar nicht
festgestellt. Unter vielen von St. Cassian mitgebrachten Versteinerungen
habe ich zwar ähnliche, aber durchaus nicht mit jenen identische Arten
gefunden, so dass ich das Vorkommen von echten Muschelkalk-Petre-
facten in den St. Cassian-Schichten geradezu in Abrede stellen zu
müssen glaube.
Auf eine detaillirte Besprechung der St. Cassian-Schichten kann
ich jetzt nicht eirigehen; einen interessanten Körper, der bis jetzt
noch gar nicht beobachtet worden ist, darf ich jedoch nicht uner
wähnt lassen. In den Thonen der oberen St. Cassian-Schichten finden
sich nämlich kleine, flache, sehr dünne, rundliche Scheibchen, welche
ganz das Ansehen der Orbituliten haben und gleich diesen in
grösserer Menge eng beisammenliegend Vorkommen, so dass ich sie
trotz ihres befremdenden Vorkommens für Orbituliten halte. Es bleibt
in der That ein denkwürdiger Umstand, dass wir in den St. Cassian-
Schichten, wie in einer Modellkammer fast aus allen Perioden der
Entwickelungsgeschichte des Thierreiches irgend einen charakteristi
schen Typus vertreten sehen, ein Umstand, der wohl nur mit der
Erweiterung der Kenntniss der Verbreitung der untergegangenen
und lebenden Thierformen überhaupt seine Aufklärung Gnden dürfte.
der Gegend von Recoaro im Vicentinisclien.
527
Orbitnlites Cassianicus m., n. sp.
Taf. II, Fig. 13.
Diese Form misst iy a Millim. im Durchmesser, ist dünn wie
gewöhnliches Schreibpapier, selten regelmässig rund, sondern meist
etwas eckig, länglich und am Rande selbst stellenweise ausgezackt,
aber nicht sattelförmig verbogen; in der Mitte sind sie etwas stärker,
am Rande an Stärke abnehmend, wie es hei den bekannten Orbituliten
der Fall ist. Die Oberfläche ist rauh, unter dem Mikroskope mit
kleinen, dicht beisammenstehenden, blasigen Erhabenheiten besetzt,
von welchen die meisten geschlossen und gewöhnlich nur die nach
dem Rande hin gelegenen, wie auch die abgeriebenen mit einem
kleinen Loche versehen sind. Der Querbruch zeigt faserige Structur
und ist wie die Orbituliten scheinbar aus zwei Scheiben zusammen
gesetzt.
Da ich bei einem Vergleiche dieser Körper mit den Orbituliten
des Vicentinisclien in der Structur und Form keine wesentlichen Ver
schiedenheiten entdecken konnte, so kann ich —- obgleich Orbituliten
unter der Kreide noch nicht vorgekommen sind — unsere Form nur
zu den Orbituliten stellen, und da die von Orbitnlites getrennten
Geschlechter noch nicht hinreichend präeisirt sind und i.cli nicht
augeben kann, ob unsere Form zu Hymenocyclus gerechnet werden
muss, so begnüge ich mich, sie unter dem allgemeinen Namen Orbi-
tulites aufzuführen.
Hier dürfte auch die passendste Stelle sein, noch einige Ver
steinerungen anzuführen, welche im Val del Orco im Tretto in einem
dunkelrauchgrauen, als Findlinge erscheinenden Gesteine Vorkommen
und von welchen ich sowohl in Recoaro als auch von Hrn. Pasini
in Scliio einige Exemplare erhalten habe. Diese Gesteinsbrocken
sind durch eine grosse Menge cylindrischer Bildungen, welche wie
ein Relief auf denselben durch die Verwitterung heraustreten, aus
gezeichnet. Dieselben sind hier unter dem Namen „Encriniten des
Tretto“ bekannt und gleichen in der That den Encrinitensäulen
ausserordentlich; noch näher stehen sie aber in ihrer Structur
den von Schafhäutl in Leonhard’s Jahrbuch 1853, p. 302,
Taf. VI, Fig. 1 beschriebenen Formen, welche in einem weissen
Kalksteine der Zugspitze, dessen bathrologische Stellung er jedoch
nicht mit Gewissheit anzugeben vermag, eine gewöhnliche Erschei
nung sind. Ich bin eben so wenig im Stande mit Sicherheit die
528
Schauroth. Übersicht der g-eognostischen Verhältnisse
Formation anzugeben, aus welcher das Gestein aus dem Tretto her
rührt, und kann nur die ¥ermuthung aussprechen, dass es dem Niveau
von St. Cassian angehöre.
Scliafhäutl nennt die Versteinerung von der Zugspitze Nulli-
pora annulata. Es scheint mir, dass beide Arten nicht zu Nullipora,
sondern vielleicht zu Chaetetes gehören, und da auch das Yerkältniss
derselben zu Ceriopora radiciformis noch nicht festgestellt ist, so
will ich sie hier zwar ausführlich beschreiben, aber nicht speciell
benennen.
Unsere Art bildet einen cylindrischen, innen hohlen, oben
kuppelartig zugewölbten Zellenstock von 2—4 Millim. Durchmesser.
Die aus Zellen bestehende Wand des Rohres ist 1 bis höchstens
2 Millimeter stark,- während seine Länge 70 und mehr Millimeter
erreicht; der innere Raum ist mit der Masse des Muttergesteines
erfüllt. Die Zellen stehen nicht rechtwinkelig auf der Axe, sondern
streben aufwärts; ihre Kleinheit und die Festigkeit des Kalksteins
gestatten keine deutliche Einsicht in das Innere derselben, doch
lässt sich an abgewitterten Stellen erkennen, dass die röhrenförmige
Colonie aus einzelnen Zellen gebaut ist, welche im Kreise neben
einander und über einander stehen, so dass die Wand der Röhre
aus strahlenförmig gestellten Zellen zusammengesetzt ist und jeder
solche Strahl aus mehreren, durch Querböden getrennten Einzel
zellen zu bestehen scheint, wie es hei Chaetetes der Fall ist und
unsere Abbildungen Taf. III, Fig. 4 d, e, i es veranschaulichen. An
der inneren Seite erscheinen die Zellenanfange als viereckige feine
Löcher; an der Aussenseite bilden die Zellenmündungen entweder
rundliche Löcher oder halbkugelige Erhöhungen. Diese letztere
Verschiedenheit ist als ein verschiedenes Entwickelungsstadium zu
betrachten, indem die Zellenwände der rundlichen Mündung bei
fortschreitendem Wachsthum sich zuwölben und so den Boden der
nächsten Zelle bilden.
In demselben Gesteine habe ich noch ein interessantes Bruch
stück einer Versteinerung, welches nur einem Cyrtoceras angehören
kann, und Cidaritenstacheln gefunden.
Das Bruchstück von Cyrtoceras (Taf. III, Fig. 5) ist das letzte
Stück der Schale, welches daher auch keinen Sipho und keine
Scheidewände zeigt. Die Schale ist wohlerhalten, dünn und mit
feinen eoncentrischen Linien geziert.
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
529
Die Stacheln von Cidaris (Taf. III, Fig. 6) sind sehr klein, der
Länge nach fein gestreift und mit einem verhältnissmässig grossen
Gelenkkopf versehen.
Ziehen wir (nach dieser Einschaltung auf die bathrologische
Stellung der St. Cassian-Schiehten zuriickkommend) auch noch die
Structurverhältnisse, die manche Schichten bisweilen trefflich cha-
rakterisiren — in unserem Falle die oolithische Struetur — als einen
Beweis für die jurassische Natur der St. Cassian-Schiehten in Betracht,
so finden wir, dass dieses Merkmal gerade in denselben Formatio
nen, in denen es ausser den Alpen bezeichnend erscheint, auch hier
ausgebildet ist. Schon in der Trias des Vicentinischen sehen wir die
oolithische Struetur entwickelt, wenn auch in etwas höherem Niveau
als dem Rogensteine im bunten Sandsteine des Harzes zusteht. Dann
erscheint dieselbe wieder ausgezeichnet im mittleren oder braunen
Jura, vorzugsweise in Franken und Schwaben in dem mehrfach mit
einander wechselnden Eisensandsteine, Mergelschiefer und Eisen-
oolith; ebenso ausgezeichnet finden wir sie bei St. Cassian über den
Halobien- und Posidonomyenschiefern — in welchen auch der den
Lias so bezeichnende Ammonites costatus gefunden worden ist. Die
Halobienschiefer würden dann dem schwarzen Jura (den Monotis-
kalken Frankens und Schwabens im Besonderen) entsprechen, wäh
rend die höheren, oolithischen und Thon-Lagen mit den St. Cassian-
Versteinerungen in das Niveau des Marlysandsteins und Eisenooliths
gestellt werden müssten. Endlich zeigt sich die oolithische Struetur
in Deutschland mit dem weissen Jura wieder, in den Alpen in dem
die krystallinischen Kalke bedeckenden Kalke, welcher bald von
dem Ammonitico rosso oder dem Äquivalent des Oxfordgebildes
bedeckt wird.
Durch die Güte meines Freundes Emmrich erhielt ich mit
anderen Sachen Escher v. d. Linth's geologische Bemerkungen
über das nördliche Vorarlberg mitgetheilt, nach deren Durchsicht ich
nachträglich darauf aufmerksam mache, dass nach der entwickelten
Ansicht über die Stellung der Trias zum St. Cassian-Gebilde von den
von Escher v. d. Linth angeführten Schichten der Trias der
Lombardei derselben nur folgende zuzurechnen sein dürften:
Das Kalkgebirge des Mezzoldothales, der Kalk nordwestlich von
Esino, die Schichten am Wege aus Val Sesina nach Regoledo, der
Muschelkalk vonDossena und Oneta, der Muschelkalk im Val Brembana
530
Sckauroth. Übersicht der g-eognostischen Verhältnisse
und der Muschelkalk (nördlich von Marcheno) des Val Trompia.
Die anderen dort angeführten Localitäten und die höheren Schichten
mancher hier gegebenen Localitaten gehören dann schon dem Lias an.
Bei Recoaro werden die in unserem Profile zuletzt erwähnten
schieferigen Kalke, die ich in das Niveau des Lias gestellt habe, von
einem mächtigen Kalkgebirge überlagert, welches schon längst allge
mein dem Jura zugesprochen worden ist. Dieser Kalk dürfte in seinen
unteren Theilen dem Lias angehören. Seine Beschaffenheit ist nach
den Localitäten sehr veränderlich; bisweilen, und so am Monte Spizze,
erscheint er erst als ein gelblichweisser oder röthlichweisser, auch
gefleckter, feinkörniger, reiner Kalkstein; an anderen Orten bildet er
einen grobkörnigen oder krystallinischen weissen Kalkstein oder
eben solchen gelblichen Dolomit, wie z.B. ausgezeichnet bei Laghetto
im Norden des M. Enna und am Wege von Becoaro nach Valdagno,
wo erst im Val del Pilastro die Trias und etwas weiter vor S. Quirieo
der Jura die Thalsohle erreicht und bis Marchesini fortsetzt.
Es war mir unmöglich, das bisher aufgezeichnete Profil im
Detail weiter zu verfolgen; ich kann es daher nur mit Benützung
der Angaben italienischer Geologen fortsetzen. Die gründlichsten
und gediegensten Arbeiten über den Schichtenbau der venefianer
Alpen verdanken wir Herrn de Zigno, nach dessen Forschungen
auf den krystallinischen Kalkbänken in den südöstlichen Alpen überall
ein Oolith lagert, der oft mit einem dichten grauen Kalk und mit
Kalkbreccien abwechselt. Diese Kalke führen mehrere Versteine
rungen, während die unteren Kalke fast versteinerungsleer zu nennen
sind. Hierauf folgen nach de Zigno muschelfübrende Schichten von
grauer Farbe, welche er als dem unteren Oolith angehörig und als
die Lagerstätte der Phytolithen von Botzo betrachtet. Über dem
Muschelmarmor erscheint endlich der rothe Ammonitenkalk, die viel
besprochene Calcarea ammonitica, ein rotlier, weisser oder grauer
Kalkstein, der seinem Reichthum an Ammoniten seinen Namen ver
dankt, ein Äquivalent der Oxfordschichten ist und überall der Kreide
zur Basis dient. Dieser Ammonitenmarmor bildet in den südlichen
Alpen einen festen Horizont; in unserem Terrain habe ich ihn der
oben erwähnten Verwerfungsspalte entlang, auf der Grenze zwischen
Jura und Kreide oder jenem und Tertiärgebirge, kennen gelernt, wo
er (bei Magre und bei Tomba) in einzelnen kleinen Felsen erscheint,
welche selbst vielleicht nur als Findlinge und aus der Tiefe mit
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
531
heraufgeförderten Fragmenten zu betrachten sind. Mehrfache Gelegen
heit zur Beobachtung dieses Gesteins bietet dem aus Deutschland
kommenden Beisenden sich dar, wenn er von Roveredo direct über
die Berge nach Recoaro geht.
Kreideformation.
Die Grenze zwischen Jura und Kreide ist in unserem Terrain
weniger gut blossgelegt, als in den entfernten Thälern der Piave und
Brenta. Im Süden der Juraberge stösst meistens sofort der Bianeone
oder das Tertiärgebirge an den Jurakalk.
Über dem rothen Ammonitenkalke erscheint der Bianeone der
Italiener, ein meist fester, dichter, graulicher, gelblicher oder weisser
dünnschichtiger Kalkstein, der besonders wegen seiner Cephalopoden-
reste als ein Repräsentant der Neocomformation erkannt worden ist.
Da ich aus dem Bianeone nur wenige Petrefacten und darunter
nichts'Neues erhalten habe, so ist es zwecklos, ein Verzeichniss der
selben zu wiederholen; nur eine sonderbare Bildung muss ich erwäh
nen, nämlich ganz regelmässige, wie mit einem Zirkel eingeschnittene
Kreise auf den Schichtungsfugen, von welchen bisweilen einige eon
centrisch in einander liegen. Diese Kreislinien sind nur auf der
Oberfläche sichtbar und haben bisweilen ein kleines Stückchen
Brauneisenstein oder zu solchem umgewandelten Eisenkies zum
Mittelpunkte, mit welchem die Erscheinung im Zusammenhänge zu
stehen scheint..
Der Bianeone ist mächtig entwickelt bei Magre, zunächst
Recoaro, südlich im Agnothale bei Marehesini in dem hohen Berge,
welcher, wenn man von Recoaro im Agnothale abwärts geht, das
Thal zu schliessen scheint und auf dessen Gipfel die Kirche Sta. Maria
liegt, dann in dem westlich von Maglio gelegenen spitzen Cucherla.
Am linken Ufer des Agno sieht man hingegen den Jura in den
Bergen Scandolara und Castrazzano, und den Basalt im Muehione
aus dem Tertiärgebirge hervorragen. Thalabwärts - erscheint dann
die Scaglia bei Ponte di Nori.
Den Forschungen de Zigno's ist es gelungen, in den südöst
lichen Alpen auch das Terrain albien oder den Gault und das
Ter rain turonien d ’ 0 r b i g n y's nachzuweisen; es war mir aber
nicht vergönnt, diese Schichten kennen zu lernen oder über ihre
Anwesenheit in unserem Terrain Untersuchungen anzustellen: eine
532
Schauroth. Übersicht der geog-nostischen Verhältnisse
Aufgabe, die nur durch die gründlichsten Untersuchungen gelöst
werden kann, da es überhaupt schwer und meist unmöglich ist, die
für eine Gegend gemachten Unterabtheilungen einem gleichalterigen
Systeme in grosser Entfernung anzupassen.
Grössere Verbreitung steht den oberen Kreideschichten zu.
Rothe und weisse Scaglia, mit welchen Namen die Italiener die mehr
thonigen und weniger plattenförmig erscheinenden Kreidekalksteine
bezeichnen, erscheinen an vielen Orten über dem Biancone von
St. Orso, der Grenze des Jurakalkes entlang, und steigen in den
Thälern des Agno und Chiampo weit an die Gehänge hinauf. Diese
Schichten sind dem Terrain senonien oder den oberen Quader
mergeln zu parallelisiren.
Tertiäre Bildungen.
Am Ende der Kreideperiode stellten sich die Basalt-Eruptionen
ein und erschienen die die folgenden Schichten charakterisirenden
Nummuliten. Da die Natur die Abtbeilungen, wie sie die Wissen
schaft macht, überhaupt nicht scharf bezeichnet, so stossen wir auch
hier auf Gebilde, welche, mit dem Habitus der oberen Kreide, theils
durch Aufnahme von Nummuliten in den unteren Nummulitenkalk,
theils durch Aufnahme basaltischen Materials in die Basalttuffe oder
Brecciole übergehen. Bis jetzt fehlt es uns noch an einer auf sorg
fältige Untersuchungen gegründete Schilderung dieser Gebilde, und
leider sind auch meine eigenen Beobachtungen in diesem Terrain so
lückenhaft, dass ich sie weder hier noch auf der Karte berücksichtigt
haben würde, wenn ich nicht den Zweck im Auge gehabt hätte, den
Besuchern von Reeoaro eine möglichst vollständige Übersicht der
dortigen geologischen Verhältnisse und zugleich in der Karte ein
Hilfsmittel zur Orientirung bei den gewöhnlich bis Bolca sich
erstreckenden Excursionen zu geben. Es war mir daher nicht
möglich, die obere Grenze der Kreide sicher zu bestimmen; ich
konnte die Grenze zwischen Kreide und Tertiärgebilden nur auf das
Erscheinen der Nummulitenkalke beziehen und dieselbe nur zum
geringeren Theile nach Beobachtungen an Ort und Stelle in die
Karte einzeichnen; eben so wenig konnte ich mich mit der Frage
über die Verbreitung miocäner Schichten beschäftigen.
Die in unserem Districte verbreiteten tertiären Gebilde sind
überhaupt als ein Tlieil der mächtigen Schichtenzone tertiärer
der Gegend von Recoaro im Yicentinischen.
533
Gesteine zu betrachten, welche von Spanien und Marocco an bis nach
China in nicht unbeträchtlicher Breitenerstreckung zu Tag liegt. Die
Hauptmasse dieser Gebilde gehört zu den älteren, als eocän bezeich-
neten Schichten oder zur unteren Abtheilung des Molassengebirges
und entspricht d’Orbigny’s terrain suessonien; diese Gebilde
scldiessen sieh der Kreide eng an und sind paläontologisch dadurch
charakterisirt, dass sie noch eine namhafte Anzahl von Kreide
versteinerungen in Gemeinschaft von solchen der folgenden Perioden
aufzuweisen haben. Die durch ihr beschränktes Vorkommen und
durch ihre weite Verbreitung wichtigsten Versteinerungen sind die
Nummuliten, welche der ganzen Formation auch den Namen Nummu-
litenformation gegeben haben.
Diese grosse Schichtenzone, als das Resultat einer Bildungs
periode, muss natürlich, wenn auch nicht petrographisch, doch
paläontologisch im Allgemeinen, selbst in den entlegensten Theilen,
eine Übereinstimmung zu erkennen geben, welche um so mehr in
die Augen fallen wird, je mehr die vielen organischen Überreste
gesichtet und identificirt werden. Die verhältnissmässig wenigen
Versteinerungen, welche ich erlangen, aber aus Mangel an litera
rischen Hilfsmitteln nur zum Theil bestimmen konnte, lassen schon
den Charakter der Systeme der Pyrenäen von Biaritz, der Ostalpen
von Kressenberg und der Karpathen in den Vordergrund treten.
Unsere Tertiärgebilde zeigen sich als ein Complex von Schichten
von Kalkstein, Thon und Tuffen oder Breccien mit Lagern von Braun
kohle und lassen sich kaum in einem detailirten Normalprofile auf
führen, da petrographisch bezeiclmete Schichten kein sicheres Niveau
beibehalten, und die Basalte, welche so vielfach in die Bildungsräume
dieser Periode eingegriffen, die Schichten selbst vielfach modificirt
haben. Die Basalteruptionen haben besonders in unserem Terrain den
grössten Einfluss auf den Habitus der Gesteine geäussert; fast in
allen Gesteinen erscheinen basaltische Theile, und wir könnten eine
Reihe von Stufen herstellen, in welchen die unmerklichsten Über
gänge von einem Kalksteine und Tlione zum festen Basalte vertreten
wären.
Die Basalttuffe oder Breccien bilden einen mehr oder
minder groben Basaltgrus, welcher mit feinem Basaltschlamm und
Kalkschlamm ein bisweilen festes, meist aber ziemlich lockeres Gestein
bildet. Natürlich trägt dieses Gestein in der Nähe grösserer Basalt-
534
Schau ro th. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
massen auch stets mehr den basaltischen oder breccienartigen
Charakter, während es in grösseren Entfernungen mehr den Charakter
kalkiger, thoniger oder tuffartiger Gesteine zeigt.
Diese neptuno-plutonischen Schichten, welche auch Bruchstücke
von Gesteinen älterer Formationen enthalten, nennt man hier Tufa,
Peperite und Brecciola. Bei ihrer gleichzeitigen Entstehung findet
man in ihnen dieselben Versteinerungen, wie in den anstossenden
Kalkschichten.
Gleich dem Basalte sind die Tuffe und Breccien in unserem
Terrain ausserordentlich verbreitet und bilden einen ansehnlichen
Theil des Tertiärgebirges. Von den vielen Orten ihres Vorkommens
sind als die bekanntesten anzuführen die Schichten am Muchione, bei
Tomba, bei Bolca, am Monte Grumi und Monte Castello bei Castel-
gomberto, Montechio maggiore, la Trinitä und St. Pietro bei Monteviale.
Die Thone und Nummulitenkalke erscheinen schon über
der Kreide mit Basalttuffen. Auf den Höhen zwischen Schio und
Valdagno bei Magre, über Castelgomberto und Priabona, zwischen
dem Agno und Chiampo bei Altissimo, jenseits des Chiampo bis Verona,
überall sind diese Nummulitenkalke weit verbreitet. Dieselben sind
meist fest, gelblichweiss, und bestehen oft fast zur Hälfte aus sphä-
roidischen Nummuliten; sie wechseln in mehreren Lagen oft mit
Basalttuffen an den eben erwähnten Orten. Nach oben werden sie
ärmer an Nummuliten und treten auch mit korallenreichen Schichten,
an anderen Orten mit den fischreichen Schiefern in Verbindung
und werden von Braunkohlengehilden überlagert.
Die Fischs chiefer bilden keine besondere Formation, sondern
sind nur als eigens modificirte, dem oberen Niveau des Nummuliten-
kalkes angehörige Kalke zu betrachten; mit ihnen treten schon mehr
thonige, mergelige, schieferige Gebilde auf. Man kennt solche fisch
reiche Schiefer von Bolca, Novale und Salcedo; auch nördlich von
Breganze sind neuerlich am Chiavon solche Schichten durch das
Wasser blossgelegt und vom Grafen Piovene mit günstigem Erfolge
Nachgrabungen unternommen worden. Die Fundstätte der Fische von
Salcedo und Chiavon, welche de Zigno für miocän hält, habe ich
nicht besucht.
Am bekanntesten sind die Fische von Bolea Purga. Wenn schon
die liäring- und aalartigen Fische, welche hier Vorkommen, als solche
für tertiär erkannt werden müssen, so spricht noch mehr die Lagerung
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
535
des Gesteins selbst für ihr tertiäres, eocänes Alter. Man sieht hier
die Fischschiefer in der Nähe grösserer Basaltmassen förmlich im
Peperite eingelagert. Die Schiefer selbst haben eine geneigte Lage,
während die Peperite zum Theil horizontal gelagert erscheinen und
selbst von Basaltgängen durchsetzt werden. Über dem Peperite und
den nummulitenfiihrenden Schichten werden bei Bolca noch Braun
kohlen gefunden. Die Brüche in diesen Fischschiefern werden von
wenigen Privaten betrieben und zwar nur in der Absicht, diese Fische
zu erhalten. Desshalb und weil oft lang gearbeitet werden muss, bis
schöne Exemplare gefunden werden, stehen diese Fische immer noch
in hohem Preise. Die Steinbriiche liegen theils an dem südlichen
Gehänge des gegen Osten ins Chiampothal mündenden Val Kerha am
Monte Bolca, welcher veronesisch ist, theils am nördlichen Gehänge
desselben, am Monte Postale, welcher ins Vicentinische gehört. Dass
die Anhäufung dieser Fische mit den Basalt-Eruptionen in Verbindung
steht, ist klar; der Wechsel von Kalkschichten und Peperit lässt auf
zeitweise Unterbrechungen der vulcanischen Thätigkeit schliessen,
wodurch sich auch erklärt, dass geneigte Kalkschichten von horizon
talen Peperitschichten überlagert werden können. Der Tod der Fische
dürfte jedoch weniger der Hitze, welche die Eruption begleitete, als
den Gasen, vorzüglich dem Schwefelwasserstoffgas, zuzuschreiben
sein. Diese Gase konnten sowohl dem vulcanischen Herde entströmen,
als auch sich aus den unten liegenden Peperitmassen entwickeln, denn
wenn die Eruption selbst den Tod der Fische herbeigeführt hätte,
könnten diese nicht nur in den feinen, durch vulcanisches Material
wenig oder gar nicht verunreinigten Kalkschichten Vorkommen,
sondern müssten vielmehr in den Tuffschichten selbst erwartet werden;
auch würden wir in ihrer Begleitung mehr andere thierisehe Über
reste finden, wie es in den Tuff- oder Peperitschichten der Fall zu
sein pflegt, wo vulcanische Asche und Lapilli alle lebende Wesen
begrub. Die Hitze des sich ergiessenden Basalts kann jedoch die
schnelle Erhärtung, die Bildung der schieferigen Struetur und die
gute Erhaltung der organischen Überreste befördert haben.
Aus dem Gesagten dürfte zu schliessen sein, dass solche Fisch-
schiefer auch an anderen Orten im Vicentinischen, wo wir gleichen
stratographischen Verhältnissen begegnen, entdeckt werden.
Die Braunkohle ist an mehreren Orten aufgeschlossen und
erscheint da in mehr oder minder bauwürdigen Flötzen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft. 3S
536
Schauroth. Übersicht der g-eognostischen Verhältnisse
Ein Beweis, dass die tertiäre Formation der südöstlichen Alpen
noch wenig durchforscht ist, liegt schon darin, dass die bathro-
logische Stellung der in nationalökonomischer Hinsicht besonders
für die Lombardei so wichtigen Braunkohle noch nicht festgestellt
ist. Nur mit Hilfe der Kenntniss der geologischen Verhältnisse in
den südlichen Ausgängen der Alpen lässt sich die wichtige Frage
über die Verbreitung der Braunkohle beantworten. Wie ich schon
bemerkt habe, erlaubte es meine Zeit nicht, die Lagerungsverhältnisse
der Tertiärbildungen bis ins Detail zu verfolgen; ich konnte daher
nur die Braunkohlenformation von Bulli bei Valdagno sehen, welche
Localität aber am wenigsten zur Beurtheilung der Lagerungsverhält
nisse der Kohle sich eignet, da sie durch plutonische Kräfte aus
ihrer natürlichen Lage geworfen worden ist, und gerade dadurch zu
Fehlschlüssen Veranlassung geben kann.
Das Vorkommen derBraunkohle istim Vicentinischen an mehreren
weit von einander entfernten Punkten bekannt; ihr Niveau ist nämlich
aufgeschlossen bei Monteviale, Bolca, Monte del Pugnello zwischen
Arzignano und Chiampo, auf der Calvarina, am Monte di Magre, bei
Salcedo, Novale, Cornedo und Bulli. Hieraus können wir. schliessen,
dass auch das Tertiärgebirge ursprünglich mit einer stätig ausgebrei
teten, wenn auch nicht überall bauwürdigen Kohlenablagerung gesegnet
gewesen sei, welche selbst aber durch die gewaltigen Kräfte,
denen später die dortigen Schichten preisgegeben waren, aus ihrem
Zusammenhang und zum Tlieil aus ihrem ursprünglichen Niveau
gerissen oder durch Wasserkräfte entführt worden sind.
Ich zweifle nicht, dass in den südlichen Alpen nur ein e Kohlen
formation bestehe, wenn deren auch von verschiedenem Alter erwähnt
worden sind.
Diese Formation nimmt ihre Stelle über den Nummulitenkalken
und Fischschiefern ein. Die letzteren sowohl als auch die Peperite
führen schon vegetabilische Überreste und kündigen die Nähe der
Kohlenlager an. Es erscheinen nun zuerst bituminöse Schiefer mit
Fischresten, dann thonige und mergelige Gesteine mit Blätterabdrücken
sowohl im Liegenden als Hangenden der Braunkohle oder zwischen
derselben, wenn mehrere Flötze vorhanden sind. Überlagert wird
die Kohle von Basalttuffschichten, von muschelreichen, grobkalkähn
lichen Schichten, welchen, wie ich vermuthe, die jüngeren Schichten
von Schio folgen.
der Gegend von Recoaro im Vieentinischen.
537
Diese Lagerungsverhältnisse bleiben sich bei allen oben genann
ten Orten des Vorkommens gleich. Auch in Bezug auf ihre relative
Lage stimmen, mit Ausnahme des Kohlenterrains von Bulli, alle
Localitäten überein. Das Terrain von Bulli bei Valdagno liegt tiefer
als die anstossenden Tertiärhügel und könnte daher älter als diese
erscheinen; allein die ganze Tertiärlandschaft von Schio westwärts
der Grenze des Jura entlang, liegt tiefer als der Jura und hat von
dem Gebirgsbildungsprocesse der nahen Alpen zu leiden gehabt;
das Terrain von Bulli ist sonach als eine grosse Scholle zu betrach
ten, welche bei der Hebung dieses Tertiärgebietes in einem tieferen
Niveau geblieben ist.
Um nun zu entscheiden, ob der Braunkohle in diesem Tertiär
gebiete eine weitere Verbreitung als an den oben genannten Orten
zukomme und dieselbe zu Tage gefördert werden könne, ist es noth-
wendig, die Dislocationen, welche das Terrain getroffen haben, ins
Auge zu fassen. Diese Verhältnisse gründlich zu erörtern, würde
mehr Zeit in Anspruch nehmen, als mir zu Gebote stand; die Sache
ist aber zu wichtig, als dass ich nicht meine, wenngleich nur durch
oberflächliche Beobachtung gewonnene Ansicht als einen Wink für
weitere Untersuchungen mittheilen sollte.
Überblicken wir die Reliefform des Landstriches vom Etscli-
thale bis zum Golf von Venedig, so können wir in der Architektur
des Gebirges drei Etagen unterscheiden, welche durch die Ebene,
die meist tertiären Vorberge und die hohen, meist aus älteren
Gebirgsformationen bestehenden Alpen repräsentirt werden. Wäre
die Erhebung eine gleichförmige in parallelen Linien gewesen, so
müsste die erste, zunächst der oberen gelegene Stufe oder mittlere
Etage regelmässig dem Streichen der Erhebungslinie folgen; dies
ist aber nicht der Fall. Wir sehen vom Monte Pasubio, etwa in der
Richtung des Etschthaies, einen hohen Kamm herablaufen, welcher
einer besonderen Erhebungslinie entspricht und südlich bis nach
Verona fortsetzt; gegen Osten erstreckt sich aber die gebirgige
Physiognomie bis nach Schio und Vicenza, während vom Norden her
die Berge bis an eine Linie reichen, welche von Schio aus durch
die Orte Piovene, Caltrano, Breganze, Marostica in nordöstlicher
Richtung hinzieht. Auffallend wird dadurch die Bucht, in welche
die lombardische Ebene bis Vicenza, Schio, Piovene und Breganze
hereintritt. Nördlich von Carre bis Breganze erscheinen dieselben
35 *
538
Schau rot h. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
geognostischen Verhältnisse wieder, wie in dem Terrain westlich
von der in der Natur scharf begrenzten Linie von Schio über Malö
in der Richtung nach Vicenza. Wir können nicht annehmen, dass
diese beiden Territorien einst in ununterbrochenem Zusammen
hänge gestanden haben und später die dazwischen gelegenen Berg
massen durch Erosion weggeführt worden seien: wir dürfen viel
mehr folgern, dass das ganze dazwischen liegende Terrain, welches
ich eben als eine Bucht der Ebene bezeichnet habe, in einem tieferen
Niveau liege und die Linie von Schio über Malö eine Verwerfungs
linie repräsentire. Diese Annahme findet namhafte Unterstützung in
dem Umstande, dass bei Schio sich jüngere tertiäre Schichten
befinden, welche unter die Ebene fortzusetzen scheinen. Auf diese
Weise würden wir bei Schio zwei grosse Verwerfungsklüfte sich
schneiden sehen, was auch dadurch sehr wahrscheinlich gemacht
wird, dass gerade die Gegend von Schio bis Sant’ Orso vorzugs
weise die Spuren gewaltsamer Zertrümmerung aufzuweisen hat.
Unter dieser Voraussetzung (nach welcher die Schichten der Gegend
südlich von Schio in einem tieferen Niveau liegen) ist es aber auch
höchst wahrscheinlich, dass hier die im Hügellande nördlich von
Vicenza an hoch gelegenen Orten zu Tage gehende Braunkohlen
formation in bauwürdiger Tiefe verborgen liege. Gründlichere geolo
gische Untersuchungen und bergmännische Versuchsarbeiten mit dem
Erdbohrer würden diese wichtige Frage bald entscheiden können.
Obgleich meine literarischen Hilfsmittel mich nicht in den
Stand setzen, einen vollständigen Bericht über die von mir gesam
melten Tertiärversteinerungen zu erstatten, so glaube ich doch, sie
nicht unerwähnt lassen zu dürfen, und halte es für zweckmässig,
einige bezeichnende oder von hier noch nicht erwähnte Arten zu
beschreiben und so weit durch Abbildungen zu veranschaulichen,
dass sie hiernach leicht erkannt werden können.
Aus den eocänen Kalken von Torricelle (Torreselle) habe ich
mehrere Korallen erhalten, die ihres häufigen Vorkommens und guten
Erhaltungszustandes wegen vorzugsweise erwähnt zu werden verdienen.
Porites leiophylla Reuss.
Haidinger’s naturw. Abhandl. Vol. II, Taf. V, Fig. 4.
Diese Art führt Reuss als nur seltenes Vorkommen im Wasch
berge bei Stockerau an. Die Struetur der Zellen einiger hierher
der Gegend von Recoaro im Vicentinisciien.
539
gehörigen Formen stimmt mit der Reuss’sclien Abbildung und
Beschreibung überein. Reuss hebt die Ungleichheit und Unregel
mässigkeit, welche in der Bildung der Sterne waltet, hervor; ich
rechne daher zu dieser Art einige mehr Stamm- und Astform nach
ahmende Exemplare, welche hei sonst gleich grossem Gewebe in
der Bildung der Sterne dadurch von der erwähnten Art abweichen,
dass die Lamellen entweder mehr zackig oder auch mehr körnig
erscheinen, und nehme an, dass die Struetur des Gewebes liier ein
entscheidenderes Merkmal abgebe, als die Ausbildung der ohnedies
undeutlichen und bei der geringsten Abnützung eine ganz andere
Zeichnung annehmenden Zellen oder der Oberfläche überhaupt.
Pliyllocoenia sp.?
Taf. n, Fig. 14.
Diese Art steht der tertiären Cladocora conferta und der Pliyl-
locoenia compressa der Kreide sehr nahe. Dieselben unterscheiden
sich aber besonders durch die Form des Polypenstockes, welcher
hier dick, kurz, knollig oder halbkugelig ist, während unsere Art
nur unregelmässig gestaltete Platten bildet, welche bis zu 150 Millim.
Durchmesser und 15 Millim. Dicke erreichen und dabei oft auf beiden
Seiten mit Zellen besetzt sind; auch sind hier keine Pfählehen vor
handen , und die an der Aussenseite der etwas hervorstehenden
Zellen herablaufenden Rippen zeigen in der Regel nur eine Reihe
von Körnern oder Zäckchen oder sind ausnahmsweise über die ganze
Rippe mit unregelmässiger Körnung besetzt, wie es hei Cladocora
conferta angegeben wird. Diese Art wäre also folgendermassen zu
diagnosiren:
Stock unregelmässig plattenförmig; die Kelche stehen sehr
eng, unregelmässig und fast immer in geneigter Stellung beisammen;
ihre Form ist cylindrisch oder etwas konisch, meist mit scharfem,
rundem oder ovalem, auch dreieckig zusammengedrücktem Rande
mit mehr oder minder tiefer Kammer. Die Sternleisten sind dünn,
auf den Seiten und an den etwas bogenförmig erhabenen Kanten
gekörnt; sie bilden sechs Systeme, erscheinen aber selten vollständig
entwickelt; die ersten zwölf Lamellen treffen sich in der Mitte, ohne
eine Säule zu bilden, ausserdem erscheinen noch zwei Kreise von
Lamellen, welche beide die Axe nicht erreichen. So vollständig sind
die Zellen selten ausgebildet, indem gegen den Rand hin meistens
S40
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
einzelne oder mehrere Lamellen fehlen, was an den feinen, meist
einreihig gekörnten Rippen der Aussenseite, welche genau den Sep-
ten entsprechen, zu erkennen ist. Die Rippen vereinigen sich im
Grunde der zwischen den 2—-3 Millim. hohen und durchschnittlich
3-—4 Millim. breiten Zellen liegenden Thälern.
Fhyllococnia irradians E. et H.
Naumann’s Atlas zum Handb. d. Geogn. Tat. 6t, Fig. i
unterscheidet sich von voriger Art sofort durch kräftigeren Bau,
mehr knollige Gestalt und entfernter stehende Zellen.
Stylocoenia Taurinensis Michn., sp.
Astraea Taurinensis 3Iich. Icon. p. 62, Taf. 13, Fig. 3 und Reuss in Haid,
nat. Abh. Vol. II, pag. 27, Taf. 3, Fig. 2
bildet häufig Krusten auf anderen, grösseren, hier angeführten
Polypenstöcken.
Stylina sp.?
Taf. n, Fig. 15.
Lange, cylindrische, erst kriechende, dann aufgerichtete Zellen
stehen ziemlich nahe büschelförmig beisammen und sind durch
lappige Ausbreitungen der Dissepimente und Rippen mehrfach seitlich
verbunden; aussen sind sie mit scharfen Rippen versehen, deren
Zwischenräume durch die Dissepimente in kleine Zellen getheilt
erscheinen. Auf der ziemlich ebenen oberen Seite der Colonie ragen
die runden, konischen, dickwandigen, aussen gerippten, 3—4 Millim.
breiten und unregelmässig gestellten Kelche 2—3 Millim. hoch
empor. Die Rippen dieser Zellenenden sind scharfkantig und gekörnt.
Die Zellen stehen isolirt, durch ein gekörntes, ebenes Cönenchym
von einander getrennt. Die Sternlamellen zählen sechs grössere oder
ersteren Ranges und eine verhältnissmässige Anzahl zweiten, dritten
und vierten Ranges. Die Septen selbst sind an der Kante und an den
Seiten gekörnt. Im Mittelpunkte steht eine einfache oder getheilte
griffelförmige Columella.
Trochoseris distorta Michn., sp.
a. Bronn’s Lethaea Tab. 33, Fig. 8.
b. auf unserer Tab. III., Fig. i.
Aus den korallenreichen Kalken von Torricelle und Marostica
besitze ich mäandrinaähnliche Korallen, die, wie ich vermuthe,
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
541
Catullo in seinem Verzeichnisse der Versteinerungen des Vicen-
tinischen als Astraeu confluens Goldf. aufgeführt hat. Die hier zur
Sprache kommenden Korallen stehen sich alle durch gewisse Charak
tere sehr nahe und bilden vielleicht nur eine Art, lassen sieh aber
doch auf zwei Formen zurückführen.
a) Die erste Form erscheint in einfachen oder zusammen
gesetzten Stöcken, welche etwas kreiselförmig, pilz- oder büschel-
ähnlich, selbst walzig und unten mit einem Fusse oder Stiele ange
wachsen sind. Die untere Seite ist von der Anheftungsstelle an mit
einer glatten Epithek überkleidet und mit engstehenden, den Septen
entsprechenden, kantigen, auf der Kante mit einer Reihe scharfer
Körner gezierten, abwechselnd stärkeren und schwächeren Rippen
versehen, die gegen den Fuss hin unter der Epithek verschwinden.
Einfache Stöcke zeigen walzige bis cnemidiumähnliche Form, zusam
mengesetzte hingegen lassen theils noch isolirte Kelche unterscheiden,
theils sind sie auf der Oberfläche durch Aneinanderreihung mehrerer
Individuen mit Kämmen und labyrinthischen Furchen bedeckt und
gehen auf diese Weise in die folgende Form über. Die Septa sind
zahlreich und stimmen in ihrer Ausbildung mit jenen der folgenden
Form überein. An den tieferen Theilen verwitterter Exemplare habe
ich Dissepimente oder schiefe Böden zwischen den Lamellen beob
achtet. Die Columella ist rudimentär oder nicht vorhanden.
b) Die zweite Form kommt nur selten in einfachen Stöcken
vor und bildet in der Regel plattenförmige Colonien bis zu 40 Millim.
Höhe und 173 Millim. Durchmesser. Diese Platten tragen oben
mäandrisch gewundene Furchen, ähnlich der lebenden Ctenophyllia
maeandrites; unten, meistens ziemlich in der Mitte der Scheibe,
erkennt man die Bruchfläche der kleinen Basis, mit welcher sie
angewachsen war. Die ganze untere Seite, welche gleichsam den
Boden der Colonie bildet, ist uneben, mit unregelmässigen Wachs
thumsstufen und radialen, abwechselnd stärkeren und schwächeren,
kantigen, auf der Kante mit einer Reihe scharfer Körner gezierten,
durch Interpolation sich mehrenden Rippen versehen. Eine Epithek,
wie bei voriger Form, ist nicht vorhanden. Die obere Seite ist mit
tiefen, mäandrisch gewundenen Gängen bedeckt,, in welchen eine
Tendenz zur Individualisation nicht hervortritt. Die Septa sind zahl
reich, entsprechen den äusseren Rippen und sind auf der Seite so
wie auf der Kante gekörnt. Zw r ei in der Mitte der scharfen Kämme
542
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
sich treffende Reihen sind nur durch die gemeinschaftliche Wand
getrennt; in diesen Kämmen wechseln dann immer eine grössere,
unten sich etwas erhebende, und eine kleinere, weniger hervor
ragende Lamelle mit einander ab und stehen in der Regel so gegen
einander, dass die grössere und kleinere Lamelle der einen Reihe
der grösseren und kleineren Lamelle der anstossenden Reihe ent
spricht, und die Lamellen der einen Reihe die Fortsetzungen der
gleichgestalteten der anderen Reihe zu sein scheinen.
Diese zweite Form unterscheidet sich demnach von der ersten
nur durch die Plattenform des Polypenstockes, durch den Mangel
der Tendenz zur Individualisation und der Epithek am untersten
Theile, so wie durch etwas zartere Ausbildung der Lamellen und
Rippen. Beide Formen gehen in einander über und gehören vielleicht
zu Ctenophyllia.
Dendracis Gcrvillei E. et H.
abgebildet in Bronn’s Lethäa, Taf. 3a, Fig. 4, pag. 28S.
Diese im oberen Parisien von Hauteville häufige Art habe ich
auch als häufiges Vorkommen bei Torricelle erhalten.
Einige andere Korallen muss ich unberücksichtigt lassen.
Nummulina lenticularis F. M., sp.
Taf. III, Fig. 3.
Trotz dem ausserordentlichen ReichthumeanNummulinen dürften
wir es hier nur mit wenigen Arten zu thun haben. Bei der trostlosen
Verwirrung, welche über die Namen dieser Körper noch herrscht, ist
es nöthig, dass ich die hier vorkommenden Formen näher bezeichne.
An gewissen Localitäten, z. B. in den Kalken, welche zwischen
Malö und Valdagno und südlich von Tomba zwischen dem Chiampo
und Agno über der Scaglia lagern, sind die aufgetriebenen, mehr
kugeligen Nummulinen die vorherrschenden. Obgleich sie, von 1 bis
15 Millim. Durchmesser, nach Form und Zeichnung manche Abwei
chungen unter sich zu erkennen geben, so dürften sie doch, da allen
ein gewisser specieller Charakter zukommt, als Individuen einer Art
zu betrachten sein.
Die kleinsten Individuen dieser Art zeigen schmale, von der
Seite gesehen nautilusartige S-förmige Mundseite, ziemlich scharfen
Rücken, auf der Aussenseite etwas gebogen-radiale, den Kammern
entsprechende, von einem Knötchen als Mittelpunkt ausgehende Falten
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
'6 43
oder Rippen und im Durchschnitte 3—4 rhombische, in einander
geschachtelte reitende Umgänge, also die Charaktere von Nummulina
globulus Leym; MitZunahme an Grösse undUmgängen verschwinden
diese Falten, es zeigen sich sichelförmige Linien, welche endlich
bei weiterem Wachsthume in eine Körnung übergehen, die jedoch an
losen, ahgescheuerten Exemplaren nicht mehr zu bemerken ist. Die
Durchschnitte, rechtwinkelig auf die Scheibenfläche, lassen oft eine
Ahrundung des Rückens mit zunehmender Grösse bemerken; auch
erscheinen auf den Durchschnittsflächen bisweilen mehre die Kammer
räume durchsetzende Kalkröhrchen der Scheidewände, oder vielmehr
die Durchschnitte der Scheidewände selbst, so dass sie theils zu
N. spissa De fr., theils zu JV. scabra Lam. gerechnet werden
müssen. N. perforata von Klagenfurt und N. Biaritzana d’Arch.
gehören auch hierher. Die Kammern selbst sind sehr kurz, schmal
und niedrig. Merkwürdig ist der Umstand, dass die inneren Umgänge
grosser Exemplare, wenn sie durch die Atmosphärilien blossgelegt
sind, noch vollkommen den kleinen, als N. globulus beschriebenen
Individuen gleichen. Dieser Typus allein mag Veranlassung zu
einer grossen Anzahl von Arten gegeben haben. So dürften Lenticu-
lites rotulata Lam., Rot. radiatus M. F. und Lent. nautiloides
Schloth. ebenfalls hierher gehören.
In Begleitung dieser Art finden sich noch häufig Nummulina
assilinoides Rüt. oder Assulina dcpressa d'Orb., auch manche als
N. laevigata angeführte Formen.
Assulina depressa bildet flache, ziemlich stumpfkantige Scheiben
bis zu 25 Millim. Durchmesser und fast 3 Millim. Dicke. Ihre Aussenseite
erscheint gekörnt, und da die kleinen Erhöhungen in ihrer Lage den
Durchschnitten der Scheidewände mit derScheibenSäche entsprechen,
so lässt sich in ihrer Lage leicht eine spirale Anordnung erkennen.
Die Kammern sind in ihrem Horizontaldurchschnitte etwas höher als
breit, im Yerticaldurchschnitte oben convex, unten concav und so
spiral an einander gereiht, wie es die Abbildungen von Assulina
depressa und Numm. laevigata hinreichend veranschaulichen.
Über den Bau dieser Art gehen die Steinkerne eines porösen,
durch die Eruption von Basalt wahrscheinlich in diesen Zustand
versetzten Nummulinengesteins von Novale erwünschten Aufschluss.
In diesem Gesteine bildet dieselbe die vorherrschende Art, und
wir sehen hier vortreffliche Hohldrücke erhalten, welche die sonst
344
Schaur o t h. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
nirgends unversehrt erhaltene Oberflächenzeichnung treu aufbe
wahrt haben und die in den Ausgüssen der Kammern eine deutliche
Ansicht des Innern derselben gestatten.
Eine dritte, ebenfalls nicht seltene Art steht dem Nummulites
assilinoides Riit. nahe, wird aber noch grösser, bis SO Millim. im
Durchmesser. Sie unterscheidet sich von jener durch verbogene
Form, durch schärferen stets verbogenen Rand und ihre, wenn auch
nicht glatte, doch ungekörnte Oberfläche. Die Kammern sind sitzend,
nichtsdestoweniger aber überziehen die Umgänge den ganzen Körper,
jedoch in so dünnen Lagen, dass die Form dünn-scheibenförmig bleibt
und die Schale bei der Verwitterung sich in dünnen Lamellen
abblättert. Diese Art dürfte zu N. complanata L a m. oder N. maxima
Cat. gerechnet werden.
Eine andere, aber ihrer Structur wegen nicht zu Nummulina
gehörige Art bildet die hier auch vorkommende N. polygyrata Riit.
An anderen Orten, z.B. im ValSangonini und hei S. Orso zeigen
sich die sogenannten Orbituliten und ersetzen gleichsam die Nummu-
linen, welche hier nur in geringer Anzahl vorhanden sind.
Die Orbituliten bilden dünne, gerade, oder sattelförmig gebogene
Scheiben mit scharfem Rande und rauher Oberfläche von höchstens
1 Millim. Dicke und 3—20 Millim. Durchmesser. Die ebenen, oder in
der Mitte nur wenig verdickten Individuen gehören zu S ch 1 o th ei m’s
Lenticulites ephippium, zußronn’s Hymenocycluspapyraceus, und
sind von Catullo Discolites onychomorpha genannt worden; jene
mit einem Knoten in der Mitte gehören zu Orbitulites submedia
d’Arch., und eine Art mit einem Knopf in der Mitte und gegen 30
von demselben ausstrahlenden Rippen dürfte zu Orb. radiansd’Arch.
zu stellen sein.
Der Erhaltungszustand dieser Körper gibt wenig Aufschluss
über ihre räthselhafte Natur. Geräumige Kammern, wie bei Nummu-
linen, sind bei ihnen nicht zu erkennen, und auf dem Querbruche
haben sie das Ansehen, als wenn zwei gleich dicke Scheiben an einan
der gefügt wären, welche selbst aus senkrecht auf die Berührungs
fläche stehenden Säulchen zusammengesetzt erscheinen.
Hierher gehört wohl auch die als Num. polygyrata (Taf. III,
Fig. 3) angeführte Form. Wenn die Atmosphärilien zerstörend auf
diese Körper eingewirkt haben, tritt die Structur deutlich hervor.
Man unterscheidet dann deutlich zwei durch eine Fuge getrennte,
der Gegend von Recoaro im Vicentinisclien.
545
gleich dicke Scheiben, welche auscylindrischen, sieh nicht berühren
den, senkrecht neben einander stehenden, sich zuspitzenden Säulchen
bestehen, deren Zwischenräume mit thierisch-kalkiger Masse erfüllt
sind, so dass die Spitzen der Säulchen die Oberfläche der Scheibe
überragen und im unverletzten Zustand die äusserliche Körnung
hervorrufen, während die unteren Enden in eine Basalplatte eingefügt
zu sein scheinen, hei weiter vorgeschrittener Verwitterung aber
auch nach unten oder innen frei stehen und sich auch hier zugespitzt
zeigen; die Oberfläche dieser Säulchen ist fein quergerunzelt, und
sie seihst scheinen in der Richtung der Axe durchbohrt zu sein.
In dem Nummulitenkalke von Sant’ Orso und Valle Sangonini
habe ich auch 3 Arten von Operculina bemerkt.
Operculina Boissyi d’Arch.
Tab. III, Fig. 7.
Der einzigen mir zugänglichen Abbildung in Naumann’s Atlas
Taf. 61, Fig. 18 nach zu urtheilen, muss eine Form hieher gerechnet
werden. Sie hat 5 Millim. Durchmesser, hervorstehenden glatten Kiel
und gleiche, zuletzt etwas rückwärtsgebogen dem Kiele sich an
schliessende Rippen, welche beide ebene , tiefer liegende Felder
zwischen sich fassen.
Operculina crcnato-costata m., n. sp.
Taf. ID, Fig. 8.
So will ich eine der Heterostegina costata d’Orb. im Äusseren
ähnliche, aber keine Fächer in den Kämmen zeigende Art nennen
welche der vorigen ähnlich, bei etwa S Millim. Durchmesser und
gleicher Lage der Rippen und des Kieles auf den Rippen mit einer
Reihe zierlicher Kerben oder Perlen versehen ist, und welche letztere
auch amKiele, aber weniger deutlich, zu bemerken sind.
Opcrculiua scniicostata m., n. sp.
Taf. III, Fig. 9.
bildet, wie ich vermuthe, auch eine neue Art. Die ersten 3 Um
gänge sind mit dicht aneinander stehenden, einer Schnur ähnlich
gewundenen Wülsten versehen, welche wie grobe Rippen auf dem
letzten Umgänge nur die untere Hälfte des Umganges bedecken,
546
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
während die obere, dem Rücken zu gelegene, etwas rinnenartig
vertieft und körnig-rauh erscheint.
Von eocänen Stachelhäutern finden sich nicht selten
Conoclypus conoideus Ag., Conocl. Bouei Münst., Clypeaster
grandiflorus Bronn, Eupatagus ornatus Ag., Scutella Faujasi
De fr. und Spatangus Desmaresti Münst.
Interessant ist das Vorkommen von Krtnoidenstielgliedern hei
Priabona. Sie gehören zu Bourguetocrinus, und ich will sie als
? Bourguetocrinus ellipticus Schloth., sp.
Taf. in, Fig. 10
anführen. Von diesem artenarmen Geschlechte kennt man nur eine
lebende von den Antillenals eocän werden 3 Arten erwähnt, nämlich,
eine von Biaritz (B. oder Conocrinus Thorenti) eine (B. Lon-
dinensis) aus dem Londonclay von Copenhagen-House und eine
(Apiocrinus ellipticus cornutus Schafh.^ vom Kressenberge.
Ausserdem hat die Kreide noch 3 und der untere Jura 4 Arten
aufzuweisen.
Unsere Exemplare stimmen — so viel ich den Beschreibungen
entnehmen kann — am meisten mit dem Bourguetocrinus ellipticus
der oberen Kreide überein. Schafhäutl hat eine Art vom Kressen
berge in v. Leonhard’s Jahrbuch 1846, p. 6S8, 1851, p. 420,
Taf. VII, Fig. 13, und 1852, p. 151 beschrieben; da man sich aber
weder aus den Beschreibungen dieser noch der anderen Arten eine
hinreichend deutliche Vorstellung von der Zeichnung der Gelenk
flächen machen kann und ich vermuthe, dass die Art vom Kressenberge
— wenn auch mehr gehörnt erscheinend — mit unserer identisch
und mit dem B. ellipticus der oberen Kreide zu vereinigen sei, so
will ich diese Form nicht unter neuem Namen aufführen, sondern
lieber zu dem gegebenen Namen ein Fragezeichen stellen.
Diese Stielglieder erreichen eine Höhe von 4—6 Millim. und eine
grösste Breite von 7—11 Millim. Die elliptischen Gelenkflächen sind
nur wenig concav, so dass die ziemlich spitzen Enden der grossen
Axe nur wenig in die Höhe streben und sich dadurch von der Form
des Kressenberges etwas unterscheiden. In der Richtung der grossen
Axe läuft eine erhöhte Leiste, welche eine feine Längsfurche hat und
an welche sich an beiden Enden, erst in der Richtung des Umfangs,
die Anfänge einer vertieften Linie, dann, mehr der Mitte zu, eine
der Gegend von Recoaro im Vicentinisehen.
547
zweite, ununterbrochene, elliptische Furche anscliliesst. Die Mitte
ist fein durchbohrt und so vertieft, dass die Grube durch den beider
seitigen Eintritt der in der Richtung der grossen Axe laufenden und in
der Mitte unterbrochenen Leiste ein didyinisches oder gedoppeltes
Ansehen erhält. Die beiden Gelenkflächen stehen nicht rechtwinkelig auf
einander, sondern gewöhnlich in einem Winkel von 120°gegen einander.
Diese Verschiebung der beiden Gelenkflächen ist theils nach rechts,
theils nach links, so dass an den Säulen die Kanten, welche durch
diese Verwendung an den Seiten entstanden, im Zickzack laufen
mussten. Die beigefügten Abbildungen werden hinreichen, um Ver
gleiche mit den anderen Arten anstellen zu können, und sollte sich
diese Form als eine selbstständige erweisen, so könnte sie ihrer
gedoppelten Vertiefung der Gelenkflächen w'egen als didymus unter
schieden werden.
VII. BRYOZOEN
finden sich auch nicht selten in den eocänen Gesteinen des Vicen-
tinisclien.
Cellepora pustulosa Münst. (Goldf. Petref. I, p. 102,
Taf. 36, Fig. 15, aus dem Sandmergel von Astrupp, welche mit
C. tristoma, ib. Fig. 12und C. oder Escharoides pusilla Hag., Leth.
p. 106, Taf. 29 3 , Fig. 16 grosse Verwandtschaft zu erkennen gibt)
überzieht zuweilen Orbituliten im Kalke von Sant’ Orso.
Cellepora hexagonalis Münst. (Goldf. Petref. I, p. 102,
Taf. 36, Fig. 15, aus dem chloritischen und eisenschüssigen Sand
steine der Glauconie des Grobkalkes von Traunstein, wo sie Über
züge auf Austern und Nummuliten bildet) erscheint auch hier auf
Nummuliten, Orbituliten und in lappenförmigen Colonien, welche letz
teren nur aus zwei durch eine Basaltplatte getrennten Zellenschichten
bestehen.
lunulites Mmarginatus m., n. sp.
Taf. III, Fig. 11
will ich eine Art nennen, welche dem Lunulites radiatus wohl am
nächsten steht, sich von diesem aber hauptsächlich durch den doppel
ten Mundrand unterscheidet. Sie bildet einen sehr flach-trichter
förmigen, 1 Millim. dicken Stock, welcher, nach dem 30 Millim.
grossen Bruchstücke zu urtheilen, einen Durchmesser von 40 Millim.
548
Sc haurot h. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
gehabt haben kann. Die Zellen sind etwas gebogen und münden auf
der unteren, gewölbten Seite, liegen dachziegelförmig in radialen,
durch Einschaltung vermehrten Reihen über einander und in concen-
trischen Reihen neben einander. Die Anordnung der letzteren
Reihen tritt besonders dadurch deutlich hervor, dass der obere
Theil der einzelnen Zellen etwas überhängt und ringförmige Stufen
bildet. Die Mündungen der Zellen sind etwas viereckig-elliptisch,
glatt und mit einem doppelten Rande versehen, so dass es scheint,
als ob zwei Zellen in einander gesteckt wären, deren entsprechende
concave und convexe Rückenseiten sich berühren. Der innere Ring
der Mundansicht bildet die ausgehende Zellenwand, der äussere,
jenen nur am Scheitel berührende und von ihm unten durch eine
vertiefte halbmondförmige Fläche getrennte Ring ist nur als eine
von der Zellenwand ausgehende, bis ins Niveau des Mundrandes
reichende leistenartige Verdickung zu betrachten. Durch die vom
Rücken der Zellen in radialen Reihen erfolgende Sprossung kommen
nun vier Zellen so neben einander zu stehen, dass die die Zellen-
mündungen umfassenden Ringe ein rhombisches vertieftes Feld
zwischen sich lassen und der ganzen Oberfläche ein sehr regel
mässiges und zierliches Ansehen verleihen. Die innere Seite erscheint,
den Zellenreihen entsprechend, radial gefurcht, so dass man zwischen
zwei Furchen die etwas vorstehenden Böden der Zellen bemerken
kann.
Stomatopora pachystoma m., n. sp.
Taf. III, Fig. 12.
Auf Orbitulites ephippium habe ich eine kleine Stomatopora
gefunden, welche der Stomatopora divaricata Reuss sp. aus dem
Leithakalke von Eisenstadt in Ungarn am nächsten steht, sich von
ihr aber durch eine wulstigere Mündung und durch kürzere, aufgetrie
benere Form der Zellen hinreichend unterscheiden dürfte.
Diese Art bildet aufgewachserie, dichotom-ästige Stämmehen.
Die Zellen erscheinen bei bedeutender Vergrösserung fein gerunzelt
mit gelegentlichen schwachen Einschnürungen und Verengung
gegen den wulstigen, schief aufgerichteten Mund hin; ihre Länge
erreicht höchstens ihre dreifache Breite. Die neuen Zellen knospen
unter der Mündung der Mutterzelle hervor; die seitlich abgehenden,
dicliotomirenden Zellen entspringen auch an der Seite der Zellen,
von der Mündung entfernt.
der Gegend von Recoaro im Vieentinischen.
549
Cricopora tubiformis m., n. sp.
Taf. III, Fig. 13. ,
Bei einer Tubuliporiden-Art aus der Breeeiola vom Valle San-
gonini wiederholt sieh der bei den Eschariden schon ausgesprochene
Charakter der Aneinanderreihung der Zellen mit hohlen Achsen in
dem Grade, dass wir hier die einzelnen Zellen zu einem förmlichen
Rohr oder Schlauch zusammentreten sehen.
Die Form und die Pullulation dieser Zellen gleicht ganz jenen
der Stomatopora, und im Systeme kann ich diesen schlauchförmig
aus einer einzigen Schichte gebauten Bryozoenstock nicht besser als
bei Cricopora unterbringen.
Die Zellen sind röhrenförmig, wohl fünfmal so lang als breit,
ursprünglich rund, gegen die Mündung bin sehr wenig verjüngt;
ihre Mündung ist rund oder auch etwas quer-eiförmig, mit etwas
wulstigem Rande versehen. Solcher Zellen stehen 20—30 im Kreise
in aufrechter Stellung dicht neben einander; im Nacken einer jeden
Zelle entspringt eine neue, so dass ein neuer Cyldus von Zellen
entsteht, dessen mehrmalige Wiederholung endlich ein cylindrisches
Rohr bildet. In der so entstandenen Colonie erscheint die äussere
Seite in der Weise, dass die Zellen in regelmässigen verticalen
Reihen und die Zellenmündungen in Quincunx beisammen stehen.
Die Zellenreihen selbst sind aber durch scharfe feine Leisten von
einander getrennt, so dass jede Zelle genau umschrieben ist. Die
Innenseite sieht aus, als ob feine Rundstäbe neben einander lägen,
an welchen jede neue Zelle durch eine schwache Einschnürung
angedeutet ist.
Nun könnte ich noch viele Versteinerungen aus anderen Thier-
classen anführen; allein da deren Vorkommen im Vieentinischen
meistens schon bekannt ist und ich manche aus Mangel an literari
schen Hülfsmitteln nicht speciell bezeichnen kann und eine blosse
Anführung von Genus-Namen für zwecklos halte, so will ich mich
auf das oben Mitgetheilte beschränken.
Die Diluvialgebilde
sind durch Schichten von Mergel und Thon ausgezeichnet; ich
konnte ihnen keine Aufmerksamkeit widmen.
SSO
S cli a u r o t li. Übersieht der geognostischen Verhältnisse
Die Alluvialgebilde
erscheinen in den Thälern durch die verschiedenen primitiven,
neptunischen und vulcanisehen Gebirgsarten vielfach modificirt, und
halte ich es für überflüssig, hier auf eine Beschreibung dieser minder
wichtigen Gebilde einzugehen.
C. Eruptive Formationen.
In vielfacher Hinsicht muss unsere Aufmerksamkeit durch die
eruptiven Gebilde in Anspruch genommen werden. Ihre grosse Ver
breitung, ihre Mannigfaltigkeit, der Einfluss, welchen sie auf die
geschichteten Gebirgsglieder ausübten, der Antheil, welchen sie an
der Physiognomie unseres Terrains geltend machen, und die Bezie
hungen, welche sie zu den Mineralquellen zu erkennen gehen,
fordern zu mehrfachen Erörterungen auf.
Die Alpen, zum wenigsten in ihrer gegenwärtigen vollendeten
Form, gehören zu den jüngsten Gebirgen. Auf die frühesten Wirkungen
granitischer Massen und auf die durch spätere Eruptionen von Por
phyren und Melaphyren vermehrte Erhebung der Alpenkette kann
und will ich hier nicht eingehen; diese Katastrophen haben unser
Terrain weniger berührt, indem wohl alle Spuren plutonischerThätig-
keit auf eine spätere Periode hindeuten. Wir sehen nicht nur die
älteren secundären Bildungen aus ihrer ursprünglichen Lage gewor
fen, sondern auch die jüngeren, tertiären Gebilde einer gleichen
gewaltsamen Einwirkung erlegen. Schon aus dem Mitgetheilten
geht hervor, dass die jüngeren tertiären Schichten von Schio in
ihrem gegenwärtigen Niveau von jenem der primitiven Schiefer
und anderen ihr Alter übersteigenden Formationen wenig differiren;
bringen wir nun noch die Beobachtung de Zigno’s in Anschlag,
nach welcher beim Dorfe Galio in den Sette Comuni in 3000 Fuss
Höhe Nummulitengesteine sich zeigen, so müssen wir daraus schlies-
sen, dass diese Verwerfungen alle erst nach dem Absätze dieser
tertiären Gebilde erfolgt sein musste.
In vielleicht nur seltenen Fällen sehen wir die jüngeren Eruptiv
formationen in das Bereich der älteren, welche dem Gebirge einen
Kern gegeben und die frühere Wunde der Erdrinde gleichsam fest
vernarbt haben, eingreifen. Es erscheint daher schon unwahr-
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
S51
scheinlich, wenn wir in unserem Terrain eine Menge von eruptiven
Gesteinen aus verschiedenen, weit von einander entfernten Perioden,
wie Porphyre, Melaphyre, Metassite, Pechstein, Trapp und andere
Gesteinsarten, citirt finden, während Trachyt und Basalt am wenig
sten genannt werden, und ich gerade glaube, dass wir es hier nur
mit Gliedern aus den Familien des Trachyts und -Basalts zu thun
haben. Welchen anderen Formationen sollten wir auch diese in die
Tertiärperiode fallenden grossartigen Wirkungen zuschreiben? Es
kann nicht auffallend erscheinen, eine solche Mannigfaltigkeit erup
tiver Gesteine, wie sie hei Recoaro die Gebirgsglieder durchsetzen,
als das Resultat einer einzigen Periode zu bezeichnen, wenn wir
bedenken, dass es gerade die Trachyte und Basalte sind, bei welchen
man die meisten Varietäten — die oft anderen, älteren Gesteinen
ähnlich sind — unterschieden hat.
Trachyt, Basalt und Phonolith stehen sich in vieler Hinsicht
sehr nahe, und noch sehen wir in unseren Vulcanen trachytische
und basaltische Laven sich bilden. Es dürfte daher auch in unserem
Gebiete oft schwer zu entscheiden sein, welche von beiden Forma
tionen die andere an Alter überbiete. Die Basalte haben schon an
der Bildung der älteren tertiären Schichten Theil genommen, so dass
ich glaube, dass die basaltische Eruption der trachytischen voraus
gegangen sei oder diese eingeleitet habe.
Basaltformation.
Basaltische Gesteine treffen wir ohne Rücksicht auf das Alter
der geschichteten Gebirgsglieder. Da diese Gesteine, wesentlich aus
Labrador, Augit und titanhaltigem Magneteisen bestehend, in ihrem
ursprünglichen Zustande als identische oder homogene Massen zu
betrachten und erst heim Übergange in ihren gegenwärtigen Aggre
gatzustand je nach den Verhältnissen verschieden modificirt worden
sind, so können wir erwarten, dass sie auch in unserem Terrain an
verschiedenen Localitäten mit gleichem Habitus und an einer und
derselben • Loealität mit verschiedenem Habitus auftreten. Unsere
Gesteine sind nun Dolerit, Anamesit, eigentlicher Basalt und Wacke,
und so vertheilt, dass der eigentliche Basalt vorzugsweise dem Ter
tiärgebirge zukommt, während anamesitisehe und doleritisehe Varie
täten mehr den älteren Formationen eigen sind.
Sitzb. d. raathem.-nnturw. CI. XVII. Bd. III. Hfl.
36
552 Schauroth. Übersicht der geoguostischen Verhältnisse
Ich habe nicht nöthig, die verschiedenen Varietäten des Basalts,
welche hier Vorkommen, anzuführen oder auf deren Mitwirkung am
Bau des Tertiärgebirges zurückzukommen, und erwähne nur, dass
unsere Basalte überhaupt meistens eigentlicher Basalt sind und sel
tener anamesitisch oder doleritisch sich zeigen.
Die Dolerite bilden meistens kleinkörnige Aggregate der Ele-
inentarbestandtheile. Erhalten sie durch viele eingesprengte Augit-
krystalle ein porphyrartiges Ansehen, so erscheinen sie zugleich
durch die Atmosphärilien mehr oder minder in ihren physicalischen
und chemischen Eigenschaften verändert oder zersetzt. Solche Ge
steine hat man auch mit dem Namen Wacke (vachia) —ein Ausdruck
der wegen der Inconsequenz in seinem Gebrauche mit Recht immer
weniger in Anwendung gebracht wird — bezeichnet; man findet sie
in Form von Gängen, z. B. zwischen der Brücke am Agno bei Recoaro
und Rovegliana, so wie jenseits Rovegliana. Grössere Verbreitung
kömmt schon dem körnigen Dolerit zu. Dieser zeigt mehr dunkle,
schwarzgrüne, selten helle, schmutziggrüne oder graugrüne Färbung
und findet sich in der Nähe von Recoaro, im Prechele, im Agnobette,
am Wege nach der Quelle Franco, im Val Zueeante, Val Calda, Val
delP Erbe und an vielen anderen Orten. Gleiche Verbreitung haben
jene Gesteinsvarietäten, in welchen die Dimensionsverhältnisse der
mineralischen Bestandtheile des Dolerits so herabgesunken sind, dass
sie durch das blosse Auge nicht mehr unterschieden werden können
und dann als Anamesite bezeichnet werden müssen. Verliert sich
endlich der krystalliniscli-körnige Habitus, so werden wir in die
eigentlichen Basalte übergeführt und begegnen selbst Varietäten,
welchen eine Ähnlichkeit oder Verwandtschaft mit Phonolith nicht
abgesprochen werden kann, wie ich es z. B. bei Yalle dei Signori
am Wege nach Recoaro beobachtet habe.
Selbstverständlich dürfte wohl sein, dass alle diese basaltischen
Gesteine häufig auch die bei ihnen gewöhnliche amygdaloidische
Structur und die gleichen Arten der die ursprünglichen Cavitäten
erfüllt habenden Mineralspecies aufzuweisen haben.
Bemerkenswerth ist endlich noch das Vorkommen, kugeliger
oder .sphäroidischer Concretionsformen hinter der östlich von Sant’
Orso gelegenen Kirche (S. Yito), und ein ausgezeichnetes Beispiel
der säulenförmigen Absonderung bei Stanghellini. Am ersteren Orte
liegen in einem dem Trachyte sich anschliessenden, schon ziemlich
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
353
aufgelösten Basalt, der den Grobkalk gangförmig durchbrochen und
in seiner Masse viele, meist durch die Hitze des Basalts geröthete
Fragmente aufgenommen hat, faust- bis kopfgrosse Kugeln und
Sphäroide von Basalt, welche heim Zerschlagen in mehrere con-
centrische Schalen zerfallen. Die Basaltsäulen von Stanghellini habe
ich nicht selbst gesehen.
Trachytformation.
Die traehytischen Gebilde zeigen viel Analogie mit den Basalten.
Noch in bei Weitem höheren Grade tritt hier die Mannigfaltigkeit
in Bezug auf Structur und Färbung hervor. Die meisten Varietäten
machen auf den ersten Anblick den Eindruck von Melaphyr und
Porphyr, für welche sie auch häufig gehalten worden sind.
Während die basaltischen Gesteine im Tertiärgebirge die
Oberhand behaupten, haben in den secundären und primitiven
Gebilden die traehytischen Gesteine ihren eigentlichen Sitz.
Die alle Widerstände überwältigenden abyssodynamischen
Kräfte haben besonders beim Erscheinen der Trachyte die Erd
kruste nach allen Richtungen aufgeschlitzt und zertrümmert, und
die aufquellenden Massen haben diese Trümmer verkittet, so dass
wir jetzt vorzugsweise den Trachyt in verschieden geformten
Gebirgsgliedern den nördlichen Theil unseres Terrains durch
setzen sehen. Obgleich nun allen Vorkommnissen unseres Trachyts
die Natur gangförmiger Gebirgsglieder zusteht, so können wir doch
einige für unsere Verhältnisse grössere Massen als sphenoidische
oder tryphonische Stöcke und Kuppen bezeichnen. Zu diesen gehören
dann die Trachytmassen von Chempele bis Fongara, jene von Roccolo
(Vogelherd) di Trettenero, am Stocheehe bei Cucco, bei Staro, im
Tretto bei Righellini und S. Ulderico. Es würde zu w r eit führen,
noch viele kleinere Massen und Gänge zu bezeichnen; im Agnothale,
im Val Calda, im Val di Creme, kurz überall bietet sich Gelegenheit,
die Natur der Trachyte und massigen Gebirgsglieder überhaupt zu
studiren. Nach diesen Vorkommnissen dürfte aber auch anzunehmen
sein, dass die Trachyte und die vulcanisclien Formationen überhaupt
noch w r eit in den Alpen verbreitet und vielleicht nicht als solche
erkannt worden seien.
36*
554
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
Für Besucher von Recoaro ist es höchst belohnend, einen Aus
flug über die Rasta, den Chempele und Fongara zur Spaecata und
S. Quirieo zu machen, von wo man dann auf der Hauptstrasse leicht
wieder nach Recoaro gelangt. Auf diesem Wege kann man sich eine
Einsicht in die geschichteten Formationen verschaffen, in dem mäch
tigen Trachytstocke, welcher, mit südwestlichem Streichen, im Süd
osten vom M. Spizze keilförmig eingeschoben ist, die verschiedenen
Varietäten des Trachyts kennen lernen und dabei auch die merk
würdige Spaecata besuchen, welche als ein Trachytgang betrachtet
werden darf, aus welchem durch spätere Ereignisse das Trachyt-
gestein entfernt worden ist. Diese mächtige Bergspalte vergegen
wärtigt uns einen Theil des Bildes, welches die Erdkruste erhielt,
als die Trachyte sich ihren Weg zum Tageslichte bahnten.
Unser Trachyt gehört meistens zum quarzfreien Trachytporphyr.
Vom Chempele bis Fongara begegnen wir fast allen Varietäten, wie
sie sich an verschiedenen anderen Localitäten finden. Die verbrei
tetste Varietät charakterisirt sich als ein rauhes, seihst poröses Ge
stein, mit feldspathiger röthlicher, graulicher oder bläulicher Grund
masse, welche meist mit vielen schwarzen Glimmertafeln und Sanidin
körnern übermengt ist und nur selten titanhaltiges Magneteisen,
Hornblende und grössere Sanidinkrystalle erkennen lässt. Ist unser
Trachyt auch arm an accessorischen Bestandtheilen, so bietet er um
so mehr Interesse durch seinen Wechsel in Farbe und Structur.
Wir finden hier auch schwarze email- oder obsidianähnliche Partien,
die man Pechstein genannt hat, Übergänge bis zum erdigen, thon
steinähnlichen Habitus und ganz aufgelöste, in Thon umgewandelte
und zu technischen Zwecken verwendbare Massen. Plattenförmig
abgesondert erscheint ein ziemlich aufgelöster, fast geschichtet
erscheinender Trachyt am Monte Spizze in der Nähe der Rasta.
Zwischen Fantoni und Fongara, auf der Grenze zwischen Trachyt
und Jurakalk, trifft man auch schöne Reibungsbreccien, aus Trümmern
von Jurakalk bestehend, welche durch trachytisches Material zu
einem festen Gesteine verbunden sind. Bei Nogare im Tretto habe
ich den Glimmer ganz zurücktreten sehen, wo dann der Trachyt ein
gelblichweisses krystallinisches Gemenge eines verwitterten Feld-
spathes mit viel Sanidin darstellt.
Ich halte es für überflüssig, noch mehr Varietäten zu charakte-
risiren und gehe nun über zu Recoaro's
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
sss
Mineralquellen.
Ich habe bereits anfangs erwähnt, dass der Distriet von Recoaro
reichlich mit Mineralquellen gesegnet sei. Mein Freund Dr. Bologna,
der gründlichste Kenner derselben, hat mich mit allen bekannt
gemacht. Es sind folgende :
1. Die am längsten bekannte, gehaltreichste und ergiebigste
ist die Königsquelle oder Fönte Lelia im Prechele-Thale. Sie liefert
in der Stunde 960 Medicinalpfund Wasser, ist mit einem Brunnen
hause überbaut und wird vorzugsweise zum Trinken an Ort und
Stelle und zum Versenden benützt.
Gleich unter dieser laufen 2. die Fonte Lorgna und 3. Fante
amara. Neben diesen unter der Brücke, welche neben dem Brunnen
hause über den Prechele-Bach führt, wo dieser mit dem Valette-
Bach zusammentrifft, sprudelt eine 4., und wenige Schritte davon im
Valette-Bach selbst eine 5. und 6. Quelle.
An demselben Gehänge, am rechten Agno-Ufer, befindet sich
thalabwärts, nicht weit von der Fonte Lelia entfernt, die 7., Giausse-
Quelle genannt, und eine 8. soll oben im Valle del Pilastro zwischen
Trachyt und Schiefer in der Nähe der Juragrenze entspringen. Die
9. Quelle liegt thalaufwärts, oberhalb Asnicher, und ist unter dem
Namen Asnicher-Quelle bekannt. Im Agno selbst sprudeln aber 10.
mehrere Quellen an einer Stelle unterhalb der Brücke, über welche
die Chaussee nach Valdagno führt.
Am linken Gehänge liegen noch 11. die neue, von Dr. Bologna
entdeckte und für das Militär-Etablissement benützte Orco-Quelle oder
Fonte Giuliana im Val del’ Orco; 12. die Fonte Mariana oder del
Capitello, und in geringer Entfernung davon gegen Osten 13. eine
gleich kräftige Quelle; 14. die Quelle Prato di Crovole (die ich
jedoch nicht gesehen habe); IS. die Fonte Franca; 16. die Quellen
bei Clocliera und Spanevello; 17. die Quelle hei Staro; 18. die
Catullo-Quelle und 19. die Fonte Felsinea bei Vegri, westlich von
Valdagno. Die beiden letzteren Quellen sind anderer Natur als die
übrigen, wesshalb die folgenden Betrachtungen auf sie keine Anwen
dung finden.
Aus den mit vielen dieser Quellen schon angestellten chemischen
Analysen geht hervor, dass sie sämmtlieh durch ihren Gehalt an
Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
556
Kohlensäure und Eisen zu den Eisensäuerlingen oder kohlensauren
Eisenwässern gerechnet werden müssen. Wie es aber die Entstehungs
weise der Mineralwässer bedingt, so finden wir auch in den dasigen
Wässern den Hauptbestandtheilen in höherem oder geringerem Grade
noch andere Substanzen beigemischt, welche in medicinischer und
geologischer Hinsicht, gleich den wesentlichen Bestandtheilen, nicht
unberücksichtigt bleiben dürfen. Dieselben sind ausser den kohlen
sauren Verbindungen schwefelsaure Verbindungen der Kalkerde,
des Natrons und der Talkerde, so wie freie oder an Eisen gebundene
Kieselsäure.
Über die Heilwirkungen und den Gebrauch der Quellen haben
Dr. Bologna und neuerlich Dr. Hofmann vortreffliche Arbeiten
geliefert; weniger gründlich und umfassend sind die chemischen
und geologischen Untersuchungen.
Wenn schon die Beschreibung der geologischen Verhältnisse
eines an Mineralquellen reichen Districts auch diese nicht unberück
sichtigt lassen darf, so sehe ich mich um so mehr aufgefordert, hier
einige Bemerkungen über die Natur unserer Mineralquellen beizufügen,
als man Grund hat, sich über die Unzulänglichkeit der Königsquelle
zu beklagen, welche nicht so viel Wasser liefert, um bei starkem
Besuch des Brunnens das Bedürfniss der anwesenden Curgäste
während der Morgenstunden zu befriedigen. Man wagt nun nicht, an
der Quelle selbst eine Veränderung vorzunehmen, in der Furcht, es
möchte hierdurch das Wasser in seinen Bestandtheilen oder Wirkun
gen eine Veränderung erleiden, oder die Quelle vielleicht gar ver
loren gehen und Becoaro dadurch aller Nahrung verlustig werden.
Schon die grosse Anzahl der angeführten Quellen beweiset, wie
ungegründet solche Befürchtungen sind, und noch weniger zulässig
erscheinen sie , wenn wir uns die Entstehung der dortigen und der
Mineralquellen überhaupt vergegenwärtigen.
Unsere Eisensäuerlinge haben mit den gewöhnlichen Quellen
gemein, dass sie ihr Wasser gleich jenen fördern und auf gleiche
Weise wieder zugeführt erhalten. Das Wasser der Mineralquellen
ist als ursprünglich reines, sogenanntes süsses Wasser zu betrachten,
welches auf seinem in der Erdrinde zurückgelegten Wege mit den
Stoffen geschwängert worden ist, welche die chemische Analyse in
ihnen nachweist. Je nach den Stoffen, mit welchen das Wasser nun
in Berührung gekommen ist, werden die dem Wasser beigemischten
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
557
Bestandteile auch verschieden sein. Ein Hauptagens bei der Berei
tung natürlicher Mineralwässer bildet die Kohlensäure. Die Exhala-
tionen von Kohlensäure, welche an so vielen Punkten der Erde und
als stete Begleiter vulcanischer Eruptionen bekannt sind, machen sich
auch in unserem Terrain als Gasquellen geltend; sie entströmen dem
Innern der Erde und sind also auch für unseren District als der letzte
Nachhall vulcanischer Thätigkeit zu betrachten. Schon in beträcht
lichen Tiefen, allseitlich einem bedeutenden Drucke ausgesetzt, stossen
die Gas- und Wasserquellen zusammen und bilden, indem das Wasser
mit Kohlensäure überschwängert wird, reine Sauerquellen, welche als
solche viel geeigneter sind, die Mineralien der Gesteine, mit welchen
sie in Berührung kommen, anzugreifen, mit ihren Kräften zu ver
arbeiten und die aufgenommenen Stoffe als weitere eigentümliche
Bestandteile zu Tage fördern. Wie aber die atmosphärischen Nie
derschläge von Wasser die Erdkruste von oben weit hinab durch
nässen, ebenso imprägnirt auch das mit grossem Drucke aus dem
Innern der Erde aufsteigende Gas die Gebirgsmasse gerade an den
Theilen, welche dem entgegenkommenden Wasser am zugänglichsten
sind und befördert die Aufnahme fremder Substanzen.
Bei Recoaro kommen wohl alle Mineralquellen aus Spalten,
welche als Sahibänder der vulcanischen Gesteine mit primitivem
Schiefer oder triassischen Schichten zu betrachten sind. Diese
Association der Mineralquellen mit den vulcanischen Gebilden hat
sich bereits an allen Quellen, an welchen geschürft worden ist,
ergeben.
Diese Ansicht dürfte auch in einem Vergleiche der mineralischen
Bestandteile der Wässer mit jenen der von den Wässern durchwan
derten Gesteine oder Mineral-Aggregate ihre Aufklärung und Bestä
tigung finden.
Im Wasser haben wir die Kohlensäure, das kohlensaure Eisen
oxydul, die Carbonate der Kalkerde und Talkerde, die schwefelsauren
Salze von Kalkerde, Thonerde und Natron, sowie endlich Kieselsäure
und Extractivstoff. Die Kohlensäure ist uns in den Gasquellen, wie
sie um Recoaro schon mehrfach, z. B. bei der Orco-Quelle und im
Agno unterhalb der Brücke beobachtet worden sind, gegeben; in den
basaltischen und trachytischen Gesteinen werden wir also die primitive
Lagerstätte der übrigen im Mineralwasser befindlichen Substanzen
suchen und finden müssen. Ich habe schon oben als bekannt ange-
1)58 Schauroth. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
führt, dass Labrador, Augit und Magneteisenerz die wesentlichen
Bestandteile der basaltischen, glasiger Feldspath, Augit undMagnet-
eisenerz jene der trachytischen Gesteine seien. In diesen Mineral-
species, so wie auch in den der Grundmasse ja erst entnommenen
accessorischen meist zeolitischen Bestandteilen finden wir nicht nur
alle bis jetzt in den Wässern von Recoaro ausgeschiedenen Substanzen
wieder, sondern sie geben auch der Vermutung Raum, dass
durch scharfe chemische Analysen in denselben noch die Anwesenheit
mancher in anderen ähnlichen Wässern vorkommenden Elemente,
besonders Kali, Mangan, Fluor (des Glimmers und der Hornblende),
Phosphors (welcher in der Asnicher-Quelle, sowie Jod in der Orco-
Quelle bereits von Dr. Bologna erkannt worden ist), nachgewiesen
werden können.
Nach obigen Voraussetzungen und zufolge der Temperatur,
welche bei diesen Mineralquellen sich nicht weit von 9° R. entfernt,
können wir zwar nicht annehmen, dass wir es mit Wasser zu tliun
haben, welches aus einer aussergewöhnlichen Tiefe heraufkomme,
können jedoch versichert sein, dass die Mineralisation in einer Tiefe
stattgefunden habe, die hinreichende Sicherheit bietet, dass Beun
ruhigungen der Quellen an ihren Ausflusspunkten durchaus keinen
nachtheiligen Einfluss auf die Constitution und Ergiebigkeit der
selben zur Folge haben. Will man auch die Königsquelle unange
tastet lassen, und fürchtet man, durch Nachgraben und Fassen der
zunächst liegenden Quellen jener einen Abbruch zu tliun (oder
eigentlich nur einen andern Ausweg zu verschaffen), so dürfte die
Quelle zunächst dem Capitello im Val d'Orco und die Asnicher-Quelle
zu weiteren Nachforschungen als die geeignetsten erscheinen;
Säuerlinge (wie die Orco-Quelle) aber in Röhren zu leiten, ist
durchaus unzulässig.
Was endlich die Catullo-Quelle und die Fante Felsinea bei
Vegri betrifft, so verdanken diese ihre Mineralisation der Zersetzung
von Eisenkiesen und sind als Sinterquellen zu betrachten.
der Gegend von Recoaro im Vicentinischen.
559
Erklärung der Abbildungen.
TAFEL I.
Fig. 1. PalissyaMassalongi m., n.sp., aus dem bunten Sandsteine vomValPfak.
a ein Zweig in doppelter natürlicher Grösse;
b ein anderer Zweig in natürlicher Grösse;
c ein stärkeres Aststüekchen in natürlicher Grösse;
d ein Zweigstückchen, bei a die Gliederung der Blätter mit dem
Stämmehen und bei ß den Durchschnitt der Blätter zeigend
vergrössert.
„ 2. Chaetetcs Recubariensis m., n. sp., aus dem Trigonellenkalke (Musehel
kalke) von Val del Rotolone bei Recoaro.
a in natürlicher Grösse;
b Zellenmündungen, stark vergrössert;
c Längsdurchschnitt der stark vergrösserten Zellen.
„ 3. Monüivaltia triasina Dkr., aus dem Trigonellenkalke (Muschelkalke)
von Val del Rotolone.
a von oben, in natürlicher Grösse ;
6 von der Seite, vergrössert.
„ 4. Melocrinus triasinus m., n. sp., aus dem unteren Muschelkalkc von
Rovegliana bei Recoaro.
a in natürlicher Grösse ;
b Theil eines Annes vergrössert.
„ 3. Emcrinus pentactinus Bronn, aus dem Trigonellenkalke und unteren
Musehelkalke im Val del Rotolone.
a vergrössertes Säulenstück;
b vergrösserte Gelenkfläche.
„ 6. Terebrutulu stdcifera m., n. sp., aus dem Trigonellenkalke im Val
del Rotolone.
a von der Seite, etwas vergrössert;
b von oben, etwas vergrössert;
c von der Rückseite in fast natürlicher Grösse.
„ 7. Spirigera trigonella Sehloth. sp., aus dem Trigonellenkalke von
Recoaro, in natürlicher Grösse.
a von der Sehnabelseite ;
b Ansicht der grossen Schale von oben, an der ausgebrochenen Stelle
die Spiralen zeigend;
c Ansicht der inneren Seite der grossen Schale.
„ 8. Spirifer (Martinia) Mentzeli D k r., aus dem Trigonellenkalke von
Recoaro, in natürlicher Grösse.
a Ansicht der zum grösstenTheilc weggebrochenen grossen Schale
von oben, die Medianleiste und die äussere stachelige Bekleidung
zeigend;
Schaurotli. Übersicht der geognostischen Verhältnisse
b Ansieht von der Rückseite ;
c Ansicht der kleinen Schale von unten;
d verkieselte Oberfläche der Schale.
TAFEL II.
. I. Gervilleia Älbertii Miinst. sp., aus dem unteren Musehelkalke von
Rovegliana, in natürlicher Grösse.
a linke Klappe von oben ;
b rechte Klappe von der Innenseite.
2. ? Modiola hirudiniformis in., n. sp., aus dem unteren Muschelkalke
von Rovegliana, in natürlicher Grösse.
a rechte Klappe, gewöhnliche Form ;
b linke Klappe, „ „
e linke Klappe mit etwas mehr gewundenem und vom Rande
entfernter liegendem Rücken;
d schmälere Formen, auf dem Gesteine aufsitzend.
3. Modiola substriata m., n. sp., aus demTrigonellenkalke von Reeoaro.
a in natürlicher Grösse;
b ein vergrösserter Theil, die Zeichnung der Schale zeigend.
4. Pleurophorus Goldfussi Dkr., in natürlicher Grösse.
a Steinkerne aus dem Muschelkalke von Rovegliana;
h ein jüngeres Exemplar aus den untersten Muschelkalkschichten
im Val deH’Erbe.
ä. Mytilus eduliformis Sehlotli., aus den untersten Kalkschichten
im Val Serraggere, in natürlicher Grösse.
6. Myacites inaequivalvis Zieten sp., aus dem Muschelkalke im
Tretto, in natürlicher Grösse.
7. Tapes subundata in., n. sp., aus den untersten oolithischeu Kalk
schichten im Val dell’ Erbe, vergrössert.
8. Nafica iurbilina Schloth. sp., aus dem unteren Muschelkalke von
Rovegliana.
9. Natica (Euspira) gregaria Schloth. sp., Normalform vom Harze.
10. Turbonilla dubia Bronn, doppelt vergrössert.
a Normalform aus dem Muschelkalke von Coburg;
b eine kurze Form, ebendaher.
11. Turbonilla gracilior m., n. sp., aus dem untersten Blusehelkalke im
Val dell’Erbe, in natürlicher Grösse.
12. Turritella Bolognae m.,n. sp., aus demTrigonellenkalke vonRecoaro.
a in natürlicher Grösse;
b stark vergrössert.
13. Orbituliles Cassianicus in., n. sp., aus den Tlionen des oberen
St. Cassiangebildes.
a in natürlicher Grösse, auf dem Gestein liegend;
b vergrössert, von beiden Seiten;
c die stark vergrösserte Oberfläche.
der Gegend von Recoaro im Vicentinisehen.
561
Fig. 14. Phyllocoenia sp. ? aus dem Nummulitengebirge von Torricelle, in
natürlicher Grösse.
„ IS. Stylina sp.? ebendaher und in natürlicher Grösse.
a von oben;
b von der Seite.
TAFEL III.
Fig. I. Trochoseris distorta Michn. sp. ? (Ctenophyllia sp. ?) aus dem
Nummulitengebirge von Torricelle.
a in natürlicher Grösse ;
b und c etwas vergrösserter Theil, den Wechsel der grösseren und
kleineren gekörnten Lamellen zeigend.
„ 2. Nummulina lenticularis F. II. sp., aus dem Nummulitenkalke des
Vicentinisehen.
a, b Ansicht junger Individuen, vergrössert;
c älteres Individuum, in natürlicher Grösse ;
d dessgleichen mit körniger Oberfläche, an der aufgebrochenen
Stelle die früheren Umgänge zeigend.
„ 3. Orbitulites?(Nummulina polygyrata Rüt. ?), aus dem Nummuliten
kalke des Vicentinisehen.
a Querschnitt, in natürlicher Grösse, verwittert;
b Theil desselben, stark vergrössert;
c Ansicht der unversehrten Oberfläche ;
d Durchschnitt eines verwitterten jüngeren Individuums.
„ 4. Chaetetes? in Findlingen, welche wahrscheinlich einem Kalksteine des
Niveau von St. Cassian angehören.
a ein Theil aus der Mitte, in natürlicher Grösse;
b ein geschlossenes Ende, in natürlicher Grösse;
e Theile der Aussenseite, vergrössert;
d, e, f Horizontaldurchsehnitte, vergrössert;
g Ansicht der inneren Seite, vergrössert;
h ein Horizontaldurchschnitt ( s / 2 );
i Durchschnitt eines vergrösserten Zellenstrahls;
k Verticaldurehschnitt,.in natürlicher Grösse;
l vergrösserte Zellenstrahlen.
„ S. Cyrtoceras sp.? ebendaher.
a in natürlicher Grösse;
b ein Stüekehen Schale, vergrössert.
„ 6. Cidaris sp.? ebendaher.
a in natürlicher Grösse;
b stark vergrössert.
„ 7. Operculina Boissyi d’Arch., von Sant’ Orso.
a in natürlicher Grösse, von der Seite;
b ein stark vergrösserter Theil des letzten Umganges.
562 Scha uroth. Übersicht der geogn. Verhältnisse der Gegend von Recoaro.
Fig. 8. Operctdina crenato-costata m., n. sp., von Sant’ Orso.
a Ansicht in natürlicher Grösse;
6 ein stark vergrösserterTheil des letzten Umganges.
„ 9. Opercidina semicostcita m., n. sp., von Sant’ Orso.
a in natürlicher Grösse, von der Seite;
b ein Theil des letzten Umganges, stark vergrössert.
„ 10. Bourguetocrinus ellipticus Schloth. sp.? aus dem Eociin von
Priabona, in natürlicher Grösse.
a Stielglied, die Gelenkflache zeigend;
b dasselbe von der Seite;
c dasselbe von einer andern Seite;
d ein anderes Glied mit entgegengesetzter Verschiebung der
Gelenkflächen.
„ 11. Lumdites bimarginatus m., n. sp., von Sant’ Orso.
a ein Bruchstück, in natürlicher Grösse von aussen;
b die Zellenmündungen, stark vergrössert;
c perspectivische Ansicht der Zellen;
d Durchschnitt vertical durch die Zellen.
„ 12. Stomatopora pacliysioma m„ n. sp., von Sant’ Orso.
a auf Orbitulites ephippium, in natürlicher Grösse;
b stark vergrösserte Zellen.
„ 13. ? Cricopura tubiformis m., n. sp., aus der ßreceiola von Sangonini.
a in natürlicher Grösse;
b ein Theil der äusseren Seite mit den Zellenmündungen, stark
vergrössert;
c ein Theil der inneren Seite, die Rücken der Zellen zeigend.
v. Schaurirth. Becoaro.
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. 3 OrZitjlläcs? . lOparulinnSojfyCd'Arrh. . H. lumiKtcciinwrginatus m.
- /. ChaeUtcs ? ■■ £ Opcraiijmrrcnnto.cmlntiim.. n.üomat/tpom pnciyrtoma,m.
JP/f/. Z3. Cricopora tuöiforniirn/.
Silziiii^.sb. (1. Je. A ka d.d.AVanatli JiatiLne. (I.XYJl.TM.A He fr. ld.)5.
v. Schaurotli. Recoaro.
Czermak. Physiologische Studien.
563
Physiologische Studien.
Von Prof. Joli. Czermak in Gratz.
(Mit I Tafel.)
III. ABTHEILUNG ')•
1. Weitere Beiträge zur Physiologie des Gesichtssinnes.
§. 15. Zur Chromasie des Auges.
Es ist bekannt, dass, wenn man einen leuchtenden Punkt, von
dem weisses Licht ausstrahlt, nicht genau auf die Retina einstellt,
sondern im Zerstreuungskreise ansieht, sein Bild farbig gesäumt
erscheint, und zwar erscheint ein gelbrother Saum, wenn der
Leuchtpunkt diesseits, ein bläulicher, wenn er jenseits des Accom-
modationspunktes sich befindet.
Diese Farbensäume sind jedoch für normale Augen so zart,
dass sie der Aufmerksamkeit meist ganz entgehen und es dürfte
daher nicht überflüssig erscheinen, dass ich hier einen Versuch
angebe, welcher das fragliche Phänomen Jedermann leicht zugäng
lich macht, indem sich unter den durch ihn gesetzten Bedingungen
die chromatische Abweichung mehrerer Leuchtpunkte summirt und
eine in die Augen springende Wirkung hervorbringt.
Mein Versuch empfiehlt sich namentlich den Lehrern der
Physiologie und besteht in Folgendem :
Ich steche einen 1"' bis 2"' im Durchmesser haltenden Kreis
von etwa 20 Löchelchen mit einer feinen Nadel in ein Kartenblatt
und halte dasselbe gegen einen weiss erleuchteten Hintergrund, in
einer solchen Entfernung vom Auge, dass sich die gelben oder
blauen Säume der Zerstreuungskreise, welche die im Kreise stehen
den Löchelchen auf die Netzhaut werfen, im Mittelpunkte jenes
Kreises decken und somit in ihrer Färbung verstärken.
Es erscheint unter diesen Umständen an der angegebenen
Stelle — je nachdem das Kartenhlatt diesseits oder jenseits des
*) Vergl. diese Sitzungsberichte Bd. XII, 1854, pag. 322 und Bd. XV, 1855, pag. 425.
564
Czerma k.
Accommodationspunktes stellt, —• ein Fleck von intensiver gelber
bis orangerother oder blauer Färbung 1 ). Fig. 1 erläutert den ganzen
Vorgang.
Dass Fernsichtige schwerer die blaue Färbung, welche
überhaupt weniger leicht zu beobachten ist, weil der Löchelchen
kreis jenseits des Accommodationspunktes für die meisten Augen in
mehrfache störende Nebenbilder auseinandertritt, als die gelbe
Färbung des Mittelpunktes des Löchelchenkreises sehen werden, im.
schlimmsten Falle sich aber durch eine Sammellinse zur Wahr
nehmung der blauen Färbung doch verhelfen können, versteht sich
von selbst; so wie dass der Durchmesser des Löchelchenkreises
und der Löchelchen selbst in einem bestimmten, tentando leicht zu
ermittelnden Yerhältniss zum Accommodationsvermögen des Beob
achters stehen muss.
Noch will ich darauf aufmerksam machen, dass die farbigen
Säume, welche bei falscher Accommodation entstehen, sowohl hin
sichtlich ihrer Breite und Intensität, als hinsichtlich ihrer Farben
nuancen (namentlich der rothen) nicht unbedeutend von jenen sich
unterscheiden, welche bei Verdeckung der einen Pupillenhälfte auf-
treten. Diese letzteren sind im Allgemeinen breiter, intensiver und
lassen die rothen Töne deutlicher erkennen , als die ersteren. —
Diese Differenzen dürften wohl in einer Complication der chromati
schen Abweichung mit Beugungserscheinungen ihren Grund haben.
Dass aber in beidgn Fällen die rein rothen und namentlich die
rein violetten Grenzen der Farbensäume gar keinen oder nur einen
kaum wahrnehmbaren Eindruck machen, kann nicht befremden, wenn
man erwägt, von welch' geringer Breite und Intensität die einzelnen
Spectren sind, in welche die weissen Lichtstrahlen zerlegt werden.
Was übrigens die Färbung der Säume im Allgemeinen betrifft,
so ist klar, dass, da die Spectren nach allen Bichtungen stetig
über einander hinausgreifen, gegen den freien Rand des Netzhaut
bildchens hin, aus der Mischung sämmtlieher Farbenstrahlen, welche
Weiss oder neutrales Grau gibt, ent weder zuerst die violetten,
dann die blauen, die grünen, die gelben, die orangen Strahlen
1 ) Manchmal wollte es mir scheinen, dass die gelbe Färbung einen Stich ins Bräunliche,
die blaue hingegen einen Stich ins Graue hatte. Vgl. Bruecke: Über das Wesen der
braunen Farbe. Pogg. Ann. 1848, p. 461.
Physiologische Studien.
565
allmählich herausfallen und die rothen den Rand begrenzen,— oder
aber in entgegengesetzter Ordnung, zuerst die rothen, dann die
orangen, die gelben etc. Strahlen ausgeschieden werden und die
violetten die Grenze bilden müssen, — wie es die beiden folgen
den Schemen (A und B) deutlich erkennen lassen, in welchen die
Farben der Kürze wegen nur mit Anfangsbuchstaben bezeichnet sind
und die senkrechten Striche die Netzhaut im Durchschnitt bedeuten.
A.
roth
orange
gelb
mattgelb
weiss
r
o r
gor
gr gor
b gr g o r
ibgrgor
v i b gr g o r
B.
violett
indig
blau
blassblau
iveiss
v
i v
b i v
gr b i v
g gr b i v
o g gr b i v
r o g gr b i v
Diese Schemen veranschaulichen die Ordnung, in welcher
die Farben in den Säumen auftreten, um sich zu mischen, ohne dass
dabei auf die verschiedene Breite der Farbenstreifen des Spectrums
Rücksicht genommen wäre; und man kann mit Hilfe der bekannten
Helm holt z’schen Tabelle, nach welcher Gelb und Blau Weiss,
Grün und Roth Mattgelb, Grün und Violett Blassblau, Violett und
Blau Indigo etc. geben, nun leicht einsehen, dass sich dieselben
in der That zu der durch die Erfahrung gegebenen Tinten mischen
müssen.
§. 16. Zur Theorie der zusammengesetzten Farben.
Ich erlaube mir hier eine Reihe von Versuchen über zusammen
gesetzte Farben, zu deren Realisirung mir bisher Zeit und Gele
genheit mangelten, in Vorschlag zu bringen, « eiche meines Wissens
nur in sehr unvollkommener Weise (von Volk mann) und zu einer
Zeit ausgeführt wurden, wo durch die wichtigen Untersuchungen von
Helmholtz ‘) über die „Theorie der zusammengesetzten Farben“
der Unterschied zwischen dem Vorgänge bei der Mischung von
Farbstoffen und dem bei der Zusammensetzung der reinen
Farben noch nicht festgestellt war.
Diese Versuche würden die Mischfarben zu vergleichen haben,
welche durch unmittelbare Vermengung von Farbstoffen und durch
4 ) Müll. Ai-ch. 1852, pag. 461.
566
C z e r m a k.
Mischung des von denselben ungemengten Farbstoffen kommen
den Lichtes entstehen.
Zu diesem Zwecke wäre z. B. zuerst ein kleines Rähmchen mit
verschiedenfarbigen feinen Fäden dicht, aber in einfacher Lage zu
bespannen und ein Gemenge aus denselben nun fein zerschnittenen
Fäden zu bereiten, und aus einer passenden grösseren Entfernung
zu betrachten; oder man könnte vermittelst Farbendruck eine Unzahl
feiner dichtstehender Farbenpunkte auf weisses, farbiges oder matt
schwarzes Papier auftragen lassen und dann wieder die angewen
deten Farbstoffe direct mengen u. dgl.
§. 17. Über das sogenannte Problem des „Aufrechtsehens“.
Zur Zusammenstellung der folgenden Bemerkungen, welche ich
im Wesentlichen bereits im Jahre 1850 in der Würzburger Aula als
quaestio promovendi öffentlich vorgetragen habe, bin ich durch eine
kurze Notiz von Ludwig Fick (Müll. Arch. 1854, pag. 220) veran
lasst worden; indem dieselbe den vorliegenden Gegenstand, anstatt
ihn seiner endlichen Erledigung näher zu bringen, wieder in jene
heillose Verwirrung zurückzuwerfen droht, welche die Bemühungen
Vo 1 k m a n n’s und L o t z e’s für alle Zukunft beseitigt zu haben scheinen.
Fick begnügt sich nämlich nicht nur die alte Ansicht von
der umgekehrten Einpflanzung der Retinalelemente in jenen Leibes
theil, in welchem die Seele Wohnt, — allerdings mit anerkennens-
werther Entschiedenheit und Schärfe ■— einfach aufzuwärmen; —
und das ist doch kein Fortschritt! sondern er meint damit (wofern
ich ihn richtig verstanden habe), sogar auch den thatsächlichen
Parallelismus des Gesichtssinnes und des Tastsinnes im Urtheil über
die Lage der Objecte erschöpfend erklärt zu haben, was eben
als ein gefährlicher Rückschritt bezeichnet werden muss und um so
überraschender ist, als eine Erneuerung dieses Irrthums nach dem,
was Volk mann ') von der „Richtung der Gesichtsobjecte“ gelehrt
hat, in der That unbegreiflich erscheint.
Fick ignorirt ganz und gar, dass die Vorstellung von der
Richtung der Gesichtsobjecte erwiesenermassen wesentlich aus
dem Bewusstsein der Muskelbewegung resultirt, welche die Augen
*) Handwörterbuch d. Phys. Art. „Sehen“ pag. 340—346.
Physiologische Studien.
567
auf das fixirte Object einstellt, und, dass wir dem Oben und Unten
erst, nachdem wir die veränderlichen Lagen unseres eigenen Körpers
beurtheilen gelernt haben, eine von unserer momentanen wirklichen
Stellung unabhängige Bedeutung geben können, indem wir es auf
die vorgestellte aufrechte Körperstellung reduciren! — Übrigens ist
es durchaus nicht meine Absicht im Folgenden die ganze Angelegen
heit von A bis Q noch einmal zu erörtern und das, was bereits an
andern Orten und viel besser, als ich es vermöchte, gesagt ist, zu
reproduciren. Es genüge in diesem Bezug die Hinweisung auf
Volkmann und Lotze 1 )- Ich will hier nur einen dunklen Punkt,
den Einzigen, der, wie ich glaube, noch immer nicht als erledigt
betrachtet werden kann, aufzubellen versuchen.
Dieser Punkt bezieht sich auf den „Grund aller Irrthümer,“
als welchen Lotze das bekannte Vorurtheil bezeichnet „als läge
in der wirklichen Stellung des Netzhautbildes für sich allein schon
ein Motiv für die Seele, es in gleicher Richtung wahrzunehmen,“ —
in Folge dessen man sich einbildet „weil auf der Retina das Bild des
Fusspunktes der Objecte der Stirn näher liege, müsse es auch im
empfundenen Sehfeld ihr näher also oben erscheinen“ — und
davon spricht, „dass das Netzhautbild umgekehrt -) werden müsse,
gleich als wäre seine wirkliche Lage durch ihr blosses Dasein
schon für die Seele nicht nur von Bedeutung überhaupt, sondern
als bildete sie sogar eine Art von Hinderniss für das Aufrechtsehen,
das durch eine besondere Anstrengung der Seele- hinweggeräumt
werden müsse.“
Lotze fertigt dieses Vorurtheil durch einige Bemerkungen,
die sich aus seinen Grundprincipien ergeben, sehr kurz ab, während
es Volkmann ganz umgeht; allein diese Behandlung eines Punktes,
») Med. Psychologie 1832, pag. 362—369.
2 ) Bei dieser Gelegenheit kann ich es nicht unterlassen, wie schon früher einmal, an
die Bedeutung der „Vorstudien zur Topologie von J. B. Listing (abgedruckt aus
den Göttinger Studien , 1847; Göttingen bei Vandenhoeck und Ruprecht 1848) für
die naturwissenschaftliche Terminologie aufmerksam zu machen , indem sie wahrhaft
unentbehrlich sind , uin den Sinn gewisser topologischer Ausdrücke, wie „umge
kehrt,“ „verkehrt,“ „verkehrt und umgekehrt zugleich“ . . . etc., die in der Sprache
des gemeinen Lebens der Präcision entbehren, und manchmal selbst von den Männern
der Wissenschaft, wie z. B. von Fick a. a. 0., und selbst von Lotze a. a. 0.,
pag. 369, unrichtig angewendet werden, für den wissenschaftlichen Gebrauch fest
zustellen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hit.
37
568
C z e r m a k.
welcher als „Grund aller Irrthümer“ bezeichnet worden ist, rächt
sich an den Erklärungsversuchen der beiden berühmten Forscher.
Ich bin wenigstens überzeugt, dass es der oberflächlichen
Behandlung dieses Punktes allein zuzuschreiben ist, dass die übrigens
eben so klaren und scharfsinnigen, als erschöpfenden und gründlichen
Auseinandersetzungen Volkmann’s und Lotze's die Leser doch
nicht ganz befriedigt haben und nicht befriedigen konnten, da
es sich hier um ein allerdings nur halb verstandenes und unexact
ausgedrücktes, aber vollkommen berechtigtes Moment handelt, das
sich nicht bei Seite schieben, sondern nur durch ausdrückliche
Anerkennung erledigen lässt.
Diese dunkle Lücke in den von Volk mann und Lotze
versuchten Lösungen des Problems will ich nun in den folgenden
Zeilen ausfüllen, indem ich mich bemühen werde jenes Vorurtheil
sammt seinen (Konsequenzen zu erklären und zu erledigen,
d. h. aufzudecken, welches berechtigte Moment ihm
versteckt zu Grunde liegt, zu zeigen wie es entsteht
und endlich den Theil Wahrheit, den es enthält, in
den Erklärungsversuchen für immer zur Geltung zu
bringen. —
Nach einem hinreichend allgemeinen von allen Physiologen
„aller Farben“ zugegebenen Ausgangspunkt mich umsehend, fällt
mir die folgende Stelle der vortrefflichen Med. Psychologie von
Lotze (pag. 362) in die Augen: „Man könnte behaupten, jede
Netzhautfaser übe vermöge der Lage *) ihrer centralen Endigungs
stelle im Gehirn einen ihr ganz allein eigenthümlichen Einfluss auf
die Seele aus, und erzwinge demgemäss auch die bestimmte Locali-
sirung ihrer Empfindung“.
An diesen Satz, gegen den hoffentlich Niemand etwas einzu
wenden haben wird, will ich meine weiteren Bemerkungen anknüpfen
und sogleich hervorheben, dass er mit gleicher Berechtigung und
Sicherheit hinsichtlich der Nerven des Tastorgans und der durch
diese vermittelten Empfindungen gilt.
A ) Es ist kaum nöthig, um Missverständnisse zu verhüten, daran zu erinnern, dass hier
unter „Lage“ ganz allgemein irgendwelche bestimmte organisch begründete
Beziehungen und nicht etwa ausschliesslich nur einfach topologische (posi-
torische) Beziehungen zu verstehen seien!
Physiologische Studien.
569
Auch die centralen Endigungsstellen der Ta st nerven müssen
im Gehirn solche Lagen haben, dass sie vermöge derselben einen
jeder von ihnen eigenthümlichen Einfluss auf die Seele ausüben und
demgemäss auch die bestimmte Localisirung ihrer Empfindung
erzwingen können.
Da nun aber durch einen bekannten sehr einfachen Versuch ‘)
erwiesen werden kann, dass ein diametraler Gegensatz zwischen
der Localisirung der durch die Retina und der durch das Tastorgan
vermittelten Empfindungen existirt; so ergibt sich mit Nothwendig-
keit die allgemeine Forderung, dass auch die „Lage“
der centralen Endigungsstellen der Seil- und der
Tastnervenfasern eine in dieser Beziehung entgegen
gesetzte sein müsse.
Diese allgemeine und unbestreitbare Forderung ist es, welche
nach meiner Meinung jenes vollkommen berechtigte, von Lotze und
V o 1 k m a n n nicht hinreichend gewürdigte Moment darstellt, welches
in dem oben gerügten Vorurtbeil enthalten ist.
Wie nun diese Forderung in dem immer wiederkehrenden
Gedanken an dieNothwendigkeit einer Umkehrung des Netzhautbildes
ihren unexacten Ausdruck finden konnte, leuchtet sofort ein, wenn man
bedenkt, dass wir gewohnt sind von den Wahrnehmungen des Tast-
und Muskelgefühls anzunehmen, dass sie uns bei natürlicher
Stellung der peripherischen Eindrücke, auch eine vollkommen rich
tige und entsprechende Auskunft über die wirklichen Lagenverhält
nisse der Dinge geben. Denn es muss uns, da wir das Gleichevon
den Wahr n e hm u n gen d es Gesicht ssinn es stillschwei-
*) Der Versuch, auf welchen ich mich hier beziehe, ist neuerlich in einem dickleibigen
Werke von Serres d’Uzes (Sur les phosphenes, Paris, 1853) mit grosser Weitschwei
figkeit behandelt worden und besteht wesentlich darin, dass man mit einem festen
Körper, einer stumpfen Bleistiftspitze z. 13. durch die geschlossenen Lider hindurch
einen massigen und umschriebenen Druck auf das Auge ausiibt, welcher sowohl die
Lider als die Retina an gleicher Stelle trifft und demgemäss auch gleichzeitig
zwei Empfindungen, eine Tastempfindung (Druckbild) und eine Lichtempfindung
(Phosphen) erregt, welche eine Vergleichung ihrer gegenseitigen Position gestatten.
Vergleicht man nun wirklich die Localisirung dieser Empfindungen, so überzeugt
man sich leicht, dass beiderlei Bilder auf entgegengesetzten Seiten der Sehaxe liegen.
Drückt man nämlich mit dem Bleistift im Dunkeln, das geschlossene Auge von oben,
so fühlt man den Druck oben, während das Lichtbild unten erscheint, drückt man
hingegen den un t e r e n Theil der Lider und der Netzhaut, so fühlt man den Druck
u n t e n, das Lichtbild erscheint oben u. s. w.
37
570
C z e r m a k.
gend voraussetzen, zugleich aber mit Sicherheit wissen, dass
die Netzhautbilder eine umgekehrte Lage haben, natürlicher Weise
die umgekehrte Lage der Netzhautbilder in dieser Beziehung, als ein
Hinderniss für das Aufrechtsehen erscheinen und zu dem Gedan
ken verleiten, dass in dem Bewusstsein eine „unmittelbare Nöthigung“
liege, welche die Umkehrung der umgekehrten Netzhautbilder voll
bringt.
Hiermit dürfte die Entstehung des gerügten Vorurtheiles hinrei
chend erklärt sein und — um die Aufgabe, welche ich mir gestellt
habe, vollständig zu lösen — bleibt nur noch übrig der von mir for-
mulirten und oben ausgesprochenen allgemeinen und berechtigten
Forderung, welche jenem Vorurtheil versteckt zu Grunde liegt, in den
Erklärungsversuchen des Problems Genüge zu leisten.
Um diese Angelegenheit zu erledigen, bin ich gezwungen auf
die beiden, schroff sich gegenüber stehenden Grundanschauungen
über das Wesen der Seele einzugehen, da es mir nicht einfallen
kann, die grosse Streitfrage der Zeit, welche von beiden Anschauun
gen die alleinseligmachende, einzig richtige sei? hier entscheiden
zu wollen.
1. Ist man, wie Fick, überzeugt, dass die Seele, wenigstens in
Beziehung auf ihre Empfindungsfähigkeit ein Raum sei, in welchen
hinein sich die räumlichen Bilder begeben, um da Platz zu nehmen,
und setzt man — (nicht stillschweigend wie bisher, sondern aus
drücklich) — voraus, dass die Bilder des Tastorgans in derselben
Lage von der tastenden Fläche bis zur Seele fortrücken; so wird man
auch, in Folge unserer allgemeinen Forderung, anzunehmen sich
gezwungen sehen, dass das Netzhautbild im Verlauf des Sehnerven
um 180° um seine Axe gedreht werden müsse, d. b. dass die
Einpflanzung der Retinalelemente in den Leibestheil,
in welchem die Seele wohnt, die umgekehrte als in
der Retina sein müsse.
Denn es ist nichts als wohlfeiler Spott, es plausibler oder „geist
reicher“ und durch seine „Ungewöhnlichkeit“ anziehender finden zu
wollen, wenn man das Netzhautbild parallel mit sich zum Gehirn fort
schreiten Hesse, dafür aber der Seele eine umgekehrte Stellung im
Sehhirn gäbe oder wenn man das Tastbild statt des Retinabildes auf
dem Wege von der Peripherie zum Centrum eine Umkehrung erleiden
Hesse 1
Physiologische Studien.
571
Unter den gemachten Voraussetzungen ist also Das, was oben
(nachLotze) als ein Vorurtheil bezeichnet wurde, gar kein Vor-
urtheil, sondern eine nothwendige Consequenz, und ist man
offenbar gezwungen die alte vonFick neuerdings vertretene Erklä
rung des „Aufrechtsehens“ der umgekehrten Netzhautbilder anzu
nehmen— ohne noch d e sshalb, wieFick (vgl. den Eingang des §.),
in jenen, ebenfalls alten Irrthum verfallen zu müssen, dass damit
zugleich auch schon Das erklärt sei, was Einige „die Richtung des
Sehens“ nennen.
2. Wenn man aber glaubt, dass es hinreicht „an die bodenlose
Ungereimtheit erinnert zu haben, die noch immer ohne die mindeste
Vorstellung von dem, was Empfinden oder Wahrnehmen heisst, sich
in der Erklärung der psychischen Erscheinungen ergeht“, um die
eben erörterten Vorstellungen über das Wesen der Seele zu besei
tigen; wenn man annimmt, dass, um überhaupt wahrgenommen
werden zu können, jedes räumliche Bild, welches in den äusseren
Sinnen ist, in eine Summe „intensiver Erregungszustände der Seele“
übergehen muss, „die weder relative Lagenverhältnisse unter einander
mehr haben, noch zusammengenommen eine Lage gegen aussen;“
dann kann man freilich auch von einer Umkehrung des Netzhauthildes,
buchstäblich genommen, wie vorhin sub 1, nicht mehr sprechen,
obschon diesen Worten nichts destoweniger ein gewisser Sinn
bleibt, denn es gilt auch hier die Frage: Welche Beziehung existirt
zwischen der objectiven Räumlichkeit der Retinafläche und der wahr
genommenen Räumlichkeit des Sehfeldes, oder anders ausgedrückt,
welche Position nimmt das gesehene Bild zu dem objectiven Bild
oder Reiz auf der Netzhaut ein?
Diese Frage darf gestellt werden, weil wir unsere Vorstel
lung von der wirklichen Lage der gereizten Netzhautpunkte, über
welche uns sowohl das Tast- und Muskelgefühl, als gewisse physica-
lische Betrachtungen sicheren Aufschluss geben, mit der Localisirung
der durch dieselben vermittelten Lichtempfindungen vergleichen
können; und sie muss gestellt werden, weil wir zwischen zwei an
sich möglichen Beantwortungen zu entscheiden haben.
Es kann nämlich jede Erregung eines diesseits der Sehaxe gele
genen Netzhautpunktes einen Einfluss auf die Seele ausüben, ver
möge dessen das durch sie erlangte Bild sich mit einem Raumpunkte
associirt, der im Raumbilde entweder jenseits oder ebenfalls
572
C z e r m a k.
diesseits der Sehaxe, deren Richtung uns immer genau bekannt
ist, liegt.
Die Gelegenheit zur exacten Ermittelung dieser so zu sagen
topologischen Beziehungen findet sich in jenem, oben citirten bekann
ten Versuche, wo die unmittelbare Vergleichung der Localisation eines
Druck- und eines Lichtbildes, welche durch einen und denselben Ein
druck an Orten des Tastorgans und der Retina, die, gegenseitig sich
deckend, beide auf derselben Seite der Sehaxe liegen, erregt werden,
und ferner in dem folgenden ebenfalls bekannten Versuche.
Man steche mit einer Nadel ein feines Löchelchen in ein Karten
blatt und halte dasselbe gegen einen hellen Hintergrund in solcher
Entfernung vom Auge, dass es diesseits des Accommodationspunktes
zu stehen kommt, so fällt die Vereinigungsweite der durch das Lö
chelchen hindurehtretenden Strahlen hinter die Netzhaut, auf die
Netzhaut aber ein Zerstreuungskreis. (Vgl. Fig. 2.) Schiebt man nun
ein zweites Kartenblatt ganz nahe am Auge von einer beliebigen Seite
gegen die Mitte der Pupille vor, so wird der Zerstreuungskreis auf
der Retina von derselben Seite her verdunkelt (vgl. Fig. 2),
während der gesehene Zerstreuungskreis von der diametral
entgegengesetzten Seite her sich verdunkelt.
Befindet sich das Löchelchen jenseits des Accommodationspunk
tes, so fällt abermals ein Zerstreuungskreis auf die Netzhaut, in diesem
Falle jedoch nicht weil die Lichtstrahlen hinter, sondern vor der
Retina imPunkte 0 (Fig. 3) ihre Vereinigung finden. Schiebt man jetzt
das zweite Kartenblatt wieder gegen die Pupille vor, so wird der
Zerstreuungskreis auf der Retina, wie Fig. 3 lehrt, von der entge
gengesetzten Seite verdunkelt werden, während man nichts destowe-
niger den Zerstreuungskreis im Sehfelde sich von derselben
Seite her verdunkeln sieht, von welcher das zweite Kartenblatt gegen
die Mitte der Pupille, vorgeschoben wird.
Es unterliegt somit nicht dem leisesten Zweifel, dass von den
beiden oben aufgestellten Möglichkeiten die erste.wirklich rea-
lisirt ist. Abgesehen von dieser experimentellen Beantwortung der
Frage, kann man auch durch eine sehr einfache Überlegung, a priori
zu der festen Überzeugung gelangen, dass bei der bestehenden
Organisation unseres Auges und bei der beabsichtigten
Harmonie der Localisation durch das Sehen mit der
durch Muskel- undT astsinn die Herstellung der eben erörterten
Physiologische Studien. 573
Beziehungen eben so notlnvendig gewesen sei, als die umge
kehrte Lage des Netzhautbildes.
Was den letzten Punkt betrifft, so hat bereits Lotze (a. a. 0.
pag. 368) schlagend nachgewiesen, dass gewisse sinnlose Wider
sprüche und optische Zweckwidrigkeiten für unser Auge, in welchem
sich die Bilder auf dem concaven Hintergründe projiciren und dessen
Drehpunkt vor dem Bilde, zwischen ihm und dem Objecte liegt,
nur durch ein umgekehrtes Netzhautbild zu vermeiden waren.
Was nun aber den ersten Punkt angeht, so hat Lotze's Dar
stellung eine Lücke, welche ich eben auszufüllen suche.
Setzen wir den Fall, dass die umgekehrten Bilder in dersel
ben Lage, welche sie auf der Netzhaut einnehmen, auch im Raume
wahrgenommen oder localisirt würden; so ergäben sich trotz des um
gekehrten Netzhautbildes, sogleich wieder „sinnlose Widersprüche“.
Denn dann würde nicht nur die Augenaxe sich heben müssen, um
das Bild eines von uns unten gesehenen Objectpunktes auf die Stelle
des deutlichsten Sehens zu rücken, sondern auch die tastende Hand
müsste eine Bewegung ausführen, die nach oben gerichtet wäre, um
von dem Orte des Auges ausgehend denselben unten gesehenen
Punkt zu erreichen. Ähnliche Disharmonien würden dann auch hin
sichtlich des Rechts und des Links unvermeidlich sein.
Kurz also: die umgekehrte Lage des Netzhautbildes würde unter
diesen Umständen, trotz ihrer sonstigen Nothwendigkeit, in der
That ein Hinderniss sein, für das Aufrechtsehen, d. h. für die Har
monie unserer räumlichen Weltauffassung, — wenn die erregten
Netzhautpunkte nicht zugleich die Fähigkeit besässen,
die umgekehrteLocalisation der durch sie vermittel
ten Bilder zu erzwingen.
Dass und in welchem Sinne wir daher auch bei den hier
gemachten Voraussetzungen über das Wesen der Seele, von der
Nothwendigkeit einer abermaligen Umkehrung des Netzhautbildes
sprechen können, leuchtet wohl von selbst ein !
Was endlich das „Mechanische“ behufs der Herstellung und
Erklärung der factischen und als nothwendig erkannten Bezie
hungen zwischen Gesichtssinn, Tust-und Muskelgefühl betrifft, so
werden wir, wenn wir mit Lotze festhalten, dass „jede dieser Bezie
hungen nur durch eine bestimmt geordnete Verflechtung und Wechsel
wirkung einer sensiblen Netzhautfaser mit motorischen Nervenfäden
574
C z e r m a k.
heryorgebraeht werden kann“, auch annehmen müssen, dass die
unteren Punkte der Retina durch ihre Nervenfasern so mit jenen
motorischen Elementen verbunden sind, dass sie im Raumbilde des
Muskelgefühls oben, die oberen so, dass sie unten etc....
erscheinen, während bezüglich der Nervenfasern des Tastorgans,
entsprechend unserer oben ausgesprochenen allgemeinen Forderung,
nothwendig das Entgegengesetzte gelten wird. — Hiermit ist
unsere Aufgabe gelöst. -—
Beiläufig will ich zuletzt noch an meine Versuche über das
„Verkehrtfühlen“ (vgl. dieser Studien II. Abth. a. a. 0. pag. 513)
erinnern, und kann dabei die Bemerkung nicht unterdrücken, dass
sich auf Grund dieser Versuche für den von Lotze verketzerten
Gedanken an eine Drehung der Fasern um 180° im Verlaufe des
Opticus auch hier ein Ausdruck finden lässt, der ihn über das
Niveau einer „bodenlosen Ungereimtheit“ erhebt. Denn, da die ange
zogenen Versuche, welche freilich immer nur an einem schon
geübten Tastorgan anzustellen sind, lehren, dass durch Verschie
bung oder eigentlich Verkehrung (Perversion) der Lage der sensiblen
Hautpunkte auch die Objecte verkehrt wahrgenommen werden,
so würden die durch die Erregung der sensiblen Hautpunkte wahr
genommenen Tastbilder umgekehrt erscheinen müssen, wie die
Bilder auf der Retina, wenn, caeteris paribus, das Hautstück um.
180° um seinen Mittelpunkt gedreht werden könnte oder wenn die
betreffenden Nerven eine totale Kreuzung erfahren könnten, so dass
die unteren sensiblen Punkte die oberen, die oberen die unteren
.... etc. würden.
Warum sollte es nun, selbst unter den Lotze’schen Voraus
setzungen, gar so ungereimt sein, einen dem Verlaufe dieser Tast
nerven ähnlichen Verlauf der Netzhautfasern anzunehmen ? — wir
brauchen ja mit dieser Hypothese keine einzige der wesentlichen
Forderungen, die sich aus L otze’s Principien ergeben , über Bord
zu werfen !
Man könnte höchstens einwenden , dass diese Annahme über
flüssig sei, obschon man, wenn man einmal darauf ausgeht die
psychischen Erscheinungen physiologisch zu erklären und sich über die
im Seelenorgan getroffenen Einrichtungen bestimmtere Vorstellungen
zu bilden, keinen Gedanken, falls er nur an sich brauchbar ist, von der
Hand weisen sollte, den spätere Erfahrungen leicht bestätigen könnten.
Physiologische Studien.
S7S
§•18. Zu Volkmann’s Lehre von der „Richtung der Gesichtsobjecte“.
1. Volkmann nennt (a. a. 0. pag. 342) die an dem von Franz
operirten Blinden gewonnene Erfahrung, dass der Blinde, der mit
schielendem linken Auge sehen gelernt hatte , nachdem er durch
eine zweite glückliche Operation vom Strabismus befreit worden war,
Alles zu weit nach rechts sah 1 ), eine kostbare. Die aus
drückliche Anerkennung des Werthes dieser Erfahrung hat mich
endlich bestimmt einen langst (1848) von mir ersonnenen Versuch zu
veröffentlichen, der Jeden in den Stand setzt, jene „kost
bare“ Erfahrung an sich selbst zu machen.
Der Versuch ist so überaus einfach, dass ich nur desshalb und
weil man in der Ophthalmiatrik seit Jahren prismatische Brillen ver
wendet und das Folgende ohne Zweifel schon bemerkt, wenn auch
vielleicht nicht physiologisch gewürdiget hat, mit der Publication
gezögert habe ; und bestellt darin, dass man ein Prisma, am besten
ein achromatisches , vor das eine geöffnete Auge nimmt und durch
dieses hindurch die Objecte betrachtet, während man mit der Hand
nach ihnen langt.
Die Wirkung des Prisma ist nun genau dieselbe, welche bei
dem Blinden die glücklich ausgeführte Schieioperation hervorbrachte,
indem die Gesichtsobjecte, je nach der Lage des berechnenden
Winkels des Prisma, weiter nach rechts, links, oben oder unten
gesehen werden, als ohne Prisma und vor der Schiei
operation.
Der hierbei eintretende Widerspruch zwischen der Locali-
sation durch den Gesichtssinn und der durch Tast- und Muskelgefühl
versetzt den Beobachter in eine eigenthümliche Verwirrung, welche
sich nicht beschreiben, sondern nur erfahren lässt, und welche nament
lich dem Anfänger gewissermassen als ein argumentum ad homi-
nem, besser zum Verständnis dessen verhilft, um was es sich hier
handelt, als die klarsten theoretischen Auseinandersetzungen; wess-
halb ich denn auch den simplen Versuch mit dem Prisma den Lehrern
der Physiologie nicht dringend genug empfehlen kann.
„Vielleicht könnte man fragen, was das heissen solle? Offenbar dies: Der Operirte
suchte die Gegenstände, welche er bei ruhendem Auge am deutlichsten sah, statt
gerade vor sich, rechts neben sich. Natürlich fand er sie nun nicht, und es bestand also
eine zeitlang ein Widerspruch zwischen den Raumvorstellungen (nicht Anschauungen !)
des Auges und des Getastes“.
576
C z e r m a k.
Die Erklärungen der beiden Erfahrungen, der mit dem
Prisma und der an dem operirten Blinden, stimmen mutatis mutandis
vollkommen überein. Eine Disharmonie der Raumvorstellungen muss
nämlich eintreten, sobald aus irgend einem Grunde die Lage
der Bilder auf der Netzhaut eine andere ist, als sie sein würde,
wenn unser Auge wirklich auf jenen Raumpunkt gerichtet wäre , auf
welchen wir es erfahrungsgemäss gerichtet meinen, da das Mus
kelgefühl , welches die Vorstellung von der Richtung der Gesichts-
objecte bedingt, nach wie vor dasselbe bleibt. Die Wirkung ist
daher auch ganz gleich, mag man nun durch das Prisma oder, wie
bei der Schieioperation, durch eine unbewusste Veränderung der
Stellung des Auges bewerkstelligen, dass das Bild eines Objectes auf
die Netzhautstelle fällt, auf welche bei der zum Bewusstsein kom
menden Stellung des Auges erfahrungsgemäss das Bild eines in
bestimmter Entfernung neben, unter oder über jenem liegendes Object
fallen müsste; denn in beiden Fällen werden die durch die Erregung
derselben Netzhautpunkte vermittelten Bilder, mögen sie auch ganz
verschieden gelegenen Objecten entsprechen, an demselben Punkte
im Raume gesehen, weil eben das Muskelgefühl wesentlich die Vor
stellung der Richtung bedingt und nach wie vor dasselbe bleibt.
2. Die Harmonie unseres Urtheils über die Richtung der Gesichts
und der Tastobjecte kann nicht wohl eine absolute, unbegrenzte, ich
möchte sagen atomistische sein. Und in der That wird diese Ver-
muthung unter anderm auch durch die folgende Erfahrung beim
Sticken (Tapisseriearbeit) bestätigt. Es ist leicht, an sich und an
anderen die Beobachtung zu machen , dass die Nadel beim Zurück
stechen des Fadens unter 100 Fällen 99 Mal den gewünschten, vom
Auge fixirten Punkt verfehlt; doch irrt die unter dem Canefass
befindliche Hand, welche die Nadel führt, nie um mehr als ein
bestimmtes Maximum und trifft auch sicher den einmal getroffenen
Punkt mehrmal hinter einander, wenn sie dazwischen nicht etwa
durch andere Bewegungen wieder desorientirt wurde. Ebenso ver
hält es sich natürlich auch, wenn wir versuchen die Augenaxen auf
einen ungesehenen, nur durch die stickende Hand von unten fixirten
Punkt einzustellen.
Auf diese Erfahrungen liesse sich ein Verfahren gründen , die
Breite der möglichen Schwankungen der Localisation durch das
Muskelgefühl zu messen.
Physiologische Studien.
577
2. Weitere Beiträge zur Physiologie des Tastsinnes.
Das Folgende enthält die arigezeigte *) Fortsetzung jener Unter
suchungen, welche im 3. Abschnitt der II. Abtheilung der vorliegenden
„Studien“ niedergelegt sind.
Diese Fortsetzung ist das Resultat des Bestrebens das Gebäude
meiner, die Ansichten Web er’s undLotze’s vermittelnden Lehre
zu befestigen und weiter auszubauen.
Um das Folgende leichter anknüpfen zu können, sei mir hier eine
kurze Revision jener Sätze gestattet, auf welche ich meine Hypothese
gegründet habe.
1. Jede einzelne Nervenfaser hat ein gewisses Ver
ästelungsgebiet in der Haut, d. h. geht in eine bestimmte
Zahl (1, 2, 3 .... a?) sensiblerPunkte aus.
Dies können wir mit Sicherheit annehmen, müssen uns dagegen
vorläufig jedes Ausspruchs über die Beschaffenheit und Anord
nung dieser sensiblen Punkte, so wie über das gegenseitige Verhält-
niss der Verästelungsbezirke benachbarter Nervenfasern enthalten,
da wir trotz aller Bemühungen der Mikroskopiker die eigentliche
Endigungsweise der Nervenfasern in der Haut noch immer nicht genau
genug kennen. E. H. Web er’s Annahme, nach welcher die Ver
breitungsbezirke der einzelnen Fibrillen scharf begrenzt neben
einander liegen sollen, ist nicht hinreichend begründet.
Eben so unbegründet und vielleicht noch unwahrscheinlicher
war meine 1849 ausgesprochene Idee einer totalen Interferenz dieser
Verbreitungsbezirke, zu welcher ich durch theoretische Gründe und
durch die Existenz der Nervenplexus in der Froschhaut verleitet
wurde. Ja selbstdieNegationder berührten Weber’schen Annahme,
welche ich noch in meinen letzten Mittheilungen festhalten zu müssen
glaubte, lasse ich hiermit als nicht hinreichend begründet und als
unwesentlich für meine Theorie fallen 2 ).
4 ) Wiener med. Wochenschrift, 1855, pag. 471.
2 ) Durch das Gesagte und indem ich noch hinzufüge, dass ich den gereizten Ton, zu dem
ich mich hinreissen liess, lebhaft hedaure, glaube ich ein in der II. Abtheilung dieser
„Studien“ (pag. 509, Anmerkung) , an dem grossen Physiologen begangenes Unrecht
wieder gut gemacht zu haben.
578
C z e r m a k.
2. Jeder sensible Punkt, welch er in Erregung ver
setzt wird, tlieilt derselben eine eigenthümliche Fär
bung— ein „Localzeichen“ mit, welches ein bestimmtes
Glied eines stätig abgestuften Systems von Local
zeichen ist.
Hierbei müssen wir es nun wieder völlig unentschieden lassen,
worin diese Loealzeichen eigentlich bestehen (vgl. L o t z e, Med. Psy
chologie, Cap. 4, pag. 325) und halten nur fest, dass jeder sensible
Punkt mit seinem Localzeichen ein einfaches Element unseres
inneren Raumbildes repräsentirt.
Es wäre freilich auch noch denkbar, dass selbst ein einzelner
sensibler Punkt — als oh er gleichsam aus mehreren zusammen
geschmolzen wäre — je nach der Richtung etwa, in welcher der
Tastreiz auf ihn einwirkt, verschiedene Localzeichen vermitteln
und demgemäss auch mehrere einfache Raumelemente repräsentiren
könnte, oder dass im Gegentheile zur Herstellung eines Localzeichens
die Erregung mehrerer Punkte nothwendig sei. Dies bleibe jedoch
hei unserer gegenwärtigen Unkenntniss der Nervenprocesse völlig
dahingestellt — so wie auch die Frage, ob die zu einer Stamm
faser gehörigen sensiblen Punkte ihrer Erregung nur absolut gleiche
oder verschiedene Localzeichen mitzutheilen im Stande sind?
3. Die Feinheit der Abstufung des Systems der
Localzeichen scheint mit der relativen Anzahl der sen
siblen Punkte und Nervenfibrillen in den verschiedenen
Regionen der Haut correspondirend zu fallen und zu
steigen; doch können wir jene mit dieser vorläufig in keine
andere Beziehung bringen, als dass eben Beide (die Feinheit der
Abstufung der Loealzeichen, wie die relative Anzahl der sensiblen
Punkte) wesentlich durch die nun einmal bestehenden, aber noch
nicht näher erkennbaren und zu bezeichnenden, correspondirenden
Verhältnisse des centralen und des peripherischen Nervensystems
begründet sind.
Denn die grössere Zahl der sensiblen Punkte an sich bedingt
offenbar nicht nothwendig auch einen grösseren Unterschied zwi
schen den Loealzeichen der einzelnen sensiblen Punkte et vice versa.
Ja nicht einmal die Annahme erscheint hinreichend gerecht
fertigt , dass der Unterschied der Loealzeichen unmittelbar benach
barter Punkte überall derselbe sei, obschon dann allerdings die
Physiologische Studien.
Feinheit der Abstufung der Localzeiehen mit ferelMwaatiJnraiM «Bar
sensiblen Punkte in di recte Beziehung gebracht wätas.
Damit soll jedoch die fragliche Beziehung; zw «fana» gmauanau
Constatirung zunächst noch directe Zählungen der ««raMen Ulamfirtte
in den verschiedenen Hautregionen erforderlich wäia», dkan a®
wenig geleugnet, als angenommen werden — wernum sä® atudii ihn
Allgemeinen schon nach den bereits vorliegemÄHia IMälbmningiaii
in gewissen Regionen zu existiren scheint.
4. Je weiter zwei s ens ible P unkte einer Msmiltirffiig'ikuii
aus einander liegen, desto differenter tunffissein sunielh
die ihnen eigenthiimliclien Localzeiehen sein, — vralhai
wir, wie gesagt, die Frage offen lassen, ob dies nur dämm gilt, wrann
die sensiblen Punkte mit verschiedenen Stammfasem znsauiiiiÄieiiahiiüngm
oder auch dann, wenn sie derselben Stammfaser amgehäreUL
5. Bei der Einwirkung jedes Druckes, jedes Taistt-
reizes wird gewöhnlich ein Compiex von semsiMem
Punkten erregt (Meissner).
Allein trotz der Erregung mehrerer sensibler Pnnk&e (s® m
sagen eines Zerstreuungskreises) durch ein einfaches mmi
punktförmig beschränktes Tastobject entsteht doch erfahrangsge-
mäss auf keiner Hautstelle eine vielfache Empfindung,—ja seihst
mehrere zeitlich und räumlich getrennte Tastreize fliessen immrar-
halb bestimmter und für die verschiedenen Hautregionen verschie
dener Grenzen zu einer räumlich einheitlichen,räumlich umtremm-
baren Wahrnehmung zusammen.
6. Es existiren daher in der Haut Bezirke v«na lue
stim mter Grösse und Gestalt, welche eineAmaahll
(1, 2, 3, 4, . . . . x) von sensiblen, mehr oder
gedrängt stehenden Punkten umfassen, deren L®@aB-
zeichen sich nur unmerklich von einander wmfteir-
scheiden, und innerhalb welcher somit .eine W&lhfl—
nehmung jedweder räumlichen Beziehumge« der Uiinr-
drücke nicht mehr möglich ist.
Diese Bezirke nannte ich „Empfindungskreise 1 *.. Sfes
müssen als Baumeinheiten oder Raumelentente heb er er ilslw&Wfettg
bezeichnet werden, wenn man jeden sensible» PwÄ Witt
Localzeichen als ein e i n fa c h e s Raumelement itofiMsetlr-
380
C z e r m a k.
messer bedingt wesentlich die Schärfe des räumlichen Wahrneh
mungsvermögens.
In gewisser Beziehung hängt jedoch die Feinheit desselben
auch von den so zu sagen mechanischen Verhältnissen der
sensiblen Punkte an der Peripherie ab (s. unten über die „Irradia
tionskreise“ §. 19, ad 2).
7. Die Anordnung der Empfindungskreise, welche, wie gesagt,
je nach der Hautregion eine bestimmte Anzahl von mehr oder weniger
gedrängt stehenden sensiblen Punkten umfassen, muss man sich
erfahrungsgemäss unter dem Bilde von unendlich vielen Kreisen
oder Ellipsen 1 ) denken, welche sich so interferiren, dass ihre
Mittelpunkte die ganze Hautoberfläche stätig erfüllen 3 ). Ich übersehe
hierbei nicht, dass die sensiblen Punkte — soweit unsere histologi
schen Daten reichen — durch unempfindliches Gewebe getrennt sind.
8. Die durch die Empfindungskreise repräsentir-
ten Raumeinheiten höherer 0 rdnung fallen insoweit
zusammen, als sich die Empfindungskreise inter-
fe riren.
Die Elemente unseres subjectiven Raumbildes correspondiren
eben genau-—auf eine vorläufig unerklärbare Weise — mit den
fixen , geometrischen Verhältnissen der sensiblen Punkte an der
Peripherie.
9. Auf der Mosaik der sensiblen Hautpunkte und
der Empfindungskreise können sich die Gestalten,
Entfernungen und Bewegungen der vahrzunehmen
den Tastobjecte gleichsam abbilden; und die Seele wird
vermöge dieser bestehenden Einrichtung in den Stand gesetzt,
die räumlichen Beziehungen der die Haut treffenden Reize
aus einander zu halten und anzuschauen.
10. Concentration der Aufmerksamkeit und Übung
des Tastorgans endlich können das Wahrnehmungs
vermögen für die Unterschiede der den sensiblen
Punkten eigenthümlichen Localzeichen ansehnlich
schärfen. Auch von der (durch Narcotica u. s. w.) variablen
Disposition der Centralorgane ist die Feinheit der Abstufung des
*) Vielleicht auch unregelmässig- begrenzten Flächen?
2 ) Jeder sensible Punkt gehört daher vielen Empfindungskreisen an, nimmt aber in jedem
derselben eine andere relative Lage zum Mittelpunkte ein.
Physiologische Studien. 581
Systems der Localzeichen und somit die Grösse der Durchmesser der
Empfindungsk'reise abhängig.
Zum Beleg dafür lassen sich mancherlei Erfahrungen anführen.
Bei vorurteilsfreier Erwägung der mitgetheilten zehn Thesen
wird man, wie ich glaube, bald zu der festen Überzeugung gelan
gen , dass meine Theorie des Baumsinnes der Haut auf einer siche
ren, unserem gegenwärtigen geringen Wissen allein vollkom
men entsprechenden und jede voreilige oder nicht hinreichend
begründete Annahme streng ausschliessenden Basis ruhe, und sowohl
Jenen, welche die Wahrnehmung der räumlichen Beziehungen der
äusseren Objecte auf dem Wege der „Auffassung,“ als Jenen,
welche dieselbe nur auf dem Wege der „Wiedererzeugung
der Räumlichkeit“ erklären zu können meinen, wesentlich
genügen dürfte. Auch kenne ich keineThatsache, welche sich nicht
auf die ungezwungenste Weise mit meiner Theorie in Zusammen
hang bringen und deuten liesse.
Wollte man aber einwerfen, dass meine Theorie Nichts
eigentlich’erkläre, indem sie gewissermassen nur eine Um
schreibung der Thatsachen sei, so könnte ich darauf hinweisen,
dass Weber’s, Lotze’s und Meissner’s Hypothesen durchaus
Nichts besser erklären, dagegen aber zum Theil unbegründete
Annahmen herbeiziehen, zum Theil mit gewissen Thatsachen nicht
in Einklang zu bringen sind.
Der von mir eingeschlagene Weg erscheint mir als der vor
läufig einzig mögliche und der besonnenen empirischen For
schung allein entsprechende.
Übrigens halte ich meine Darstellung durchaus nicht für abge
schlossen, und es ist mir überhaupt nur um die Sache, nicht um
das Bechthaben zu thun, wesshalb mir jeder fördernde Wider
spruch, jede freundliche Zurechtweisung willkommen sein wird.
Die Fortbildung der Theorie und die Erforschung der That
sachen in anderen Richtungen auf eine spätere Zeit verschiebend,
beschränke ich mich hier nur darauf, Einiges auszuführen und
mitzutheilen, was sieh hauptsächlich auf die Messung der Empfin
dungskreise, auf die Würdigung der von Lotze zusammengestellten
Einwürfe gegen die Existenz der festen Empfindungskreise über
haupt, und auf die experimentelle Begründung dieser Annahme gegen
über der Lotze-Meissner'schen Hypothese bezieht.
582
G z e r in a k.
§. 19. Über Messung der Empfindungskreise'.
Es ist Lotze, welcher zuerst darauf aufmerksam gemacht hat,
dass der nach Weber’s alter Methode als Einheit empfundene
Raum, für ungleichzeitige Erregungen die Möglichkeit differen
ter Ra um empfind ung birgt.
Aus dieser Thatsache ergibt sich, nach den voransgeschickten
Begriffsbestimmungen, zunächst der Schluss, dass die wahren Em
pfindungskreise einen kleineren Durchmesser haben müssen, als j en e
Bezirke, innerhalb welcher zwei gleichzeitige Eindrücke nicht
mehr räumlich unterschieden werden, und dann die doppelte
Aufgabe: 1. den Grund der verschiedenen Feinheit des Wahrneh
mungsvermögens für Raumbeziehungen gleichzeitiger und ungleich
zeitiger Erregungen zu ermitteln, und 2. eine Methode aufzufinden,
welche die Durchmesser der Empfindungskreise, wo möglich,
direct und genau misst.
Ad 1. Vor Allem haben wir uns zu erinnern, dass die Erre
gung der zu einem Empfindungskreise gehörigen sensiblen Punkte
die Möglichkeit aller und jeder differenten Raum empfindung aus-
schliesst, dass somit Empfindungen nicht eher irgend welche räum
liche Beziehungen zu einander erhalten können, als bis nicht der
Abstand der erregten Punkte wenigstens etwas grösser ist, als
der Durchmesser eines Empfindungskreises.
Um einfach die Lage zweier auf einander folgender, zeitlich
aus einander gehaltener Eindrücke zu beurtheilen, wird es daher —
für den ersten Moment der späteren Berührung — im Allgemeinen
genügen, dass der Abstand der erregten sensiblen Punkte den Durch
messer eines Empfindungskreises übersteigt (Fig. 4 a, 6), während
zwei gleichzeitige Erregungen hei demselben Abstande
in eine (vielleicht etwas längliche, aber jedenfalls) räumlich untrenn
bare Empfindung unaufhaltsam Zusammenflüssen müssen; da eine
deutliche, totale, räumliche Unterscheidung und Tren
nung des gleichen oder verschiedenen qualitativen Inhalts gleich
zeitig erregter Empfindungen offenbar nur möglich ist, wenn wir
eine Vorstellung von dem dieselben trennenden Zwischenraum
bekommen.
Diese Vorstellung beginnt, nach meiner Lehre von der Inter
ferenz der Empfindungskreise, zu entstehen, nachdem einmal der
Physiologische Studien.
583
Abstand der gleichzeitig erregten sensiblen Punkte so gross gewor
den ist, dass sich keine der betreffenden Empfindungskreise mehr
interferiren 1 ) (Fig.4a, c), kann aber erst dann vollkommen deut
lich werden, wenn der fragliche Zwischenraum durch ein ganzes
Raumelement höherer Ordnung, repräsentirt wird, d. h. wenn zwischen
die einander zugekehrten Grenzen der betreffenden Empfindungs
kreise ein ganzer Empfindungskreis zu liegen kommt (Fig. 4 a, d).
Mit diesen Consequenzen, welche sich aus keiner der anderen
Theorien so klar ahleiten lassen , stimmt es nun auf eine erfreuliche
und überraschende Weise zusammen, dass (wie mein der Wissen
schaft zu früh entrissener, ehemaliger Mitschüler R. Lichtenfei s
mit feiner Reobachtungsgahe hervorgehoben hat?), „die Überschrei
tung jener Distanz, für welche zwei (gleichzeitige) Eindrücke als
unzweifelhafte Einheit erscheinen, nicht sogleich mit dem vollen
Bewusstsein einer Doppelempfindung sich verknüpft und ebenso
umgekehrt.“
Ausser jenem Raume, in welchem ein Verschmelzen gleichzei
tiger Eindrücke stattfindet, und jenem an dessen Grenzen die bei
den Eindrücke völlig getrennt bleiben, existirt also wirklich
noch ein mittlerer Raum, in dem die erzielten Empfindungen noch
nicht entschieden getrennt, aber auch nicht mehr verschmolzen
erscheinen.
Die Breite dieses mittleren Raumes entspricht, beiläufig bemerkt,
dem Durchmesser eines Empfindungskreises (Fig. 4 c, d) und
beträgt immer weniger als den dritten Tlieil der Distanz
zwischen a und d.
Hiermit scheint nun der bisher kaum geahnte Grund des Wider
spruches der Beobachtungen über die Feinheit des Wahrnehmungs
vermögens für die räumlichen Beziehungen gleichzeitiger und
ungleichzeitiger Eindrücke auf eine sehr einfache, naturgemässe,
aus meiner Theorie von selbst sich ergebende Weise genügend
erklärt zu sein.
Schliesslich muss ich noch eines interessanten Umstandes
gedenken, welcher uns auf ein bisher unberührtes, hier in Betracht
*) Vgl. oben pag. 580 Anmerkung und Thesis Nr. 8.
2 ) Vgl. diese Sitzungsber. 1851, Bd. VI, pag. 341.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft.
38
584
C z e r m a k.
kommendes Moment hin weist. Ich meine die Bemerkung Lotze’s 1 ):
„dass man oft, auch wenn die Zirkelspitzen gleichzeitig aufgesetzt
werden, deutlich zwei Empfindungen erhält, die erst später zu einer
einzigen verschmelzen“. Es dürfte nämlich, falls die Lotze’sche
Beobachtung nicht etwa doch auf einer Täuschung in Folge ungleich
zeitigen Aufsetzens der Zirkelspitzen beruht, hieraus mit Nothwendig-
keit auf eine analoge Erlahmung 3 ) der sensiblen Elemente der Haut
und auf eine Abstumpfung des Unterscheidungsvermögens des Raum
sinnes, wie eine solche im Gebiete anderer Sinne in Folge andauern
der Erregung der Nervensubstanz längst constatirt ist, zu schliessen
sein.
Ad 2. Die alte Web er’sche Messungsmethode wird, nach den
vorausgeschickten Auseinandersetzungen, zwar neben ihrem histori
schen, immer noch auch einen praktischen Werth zur Bestimmung
der Feinheitsverhältnisse des Raumsinnes der Haut und zur etwaigen
Berechnung des Durchmessers der Empfindungskreise, welcher,
wie oben beiläufig bemerkt wurde, stets weniger als den dritten
Theil der nach Weber gemessenen Abstände betragen muss, behal
ten; allein sie taugt nur in jener sinnreichen Form, in welcher sie
von R. Liehtenfels angewendet wurde, zu einer genaueren
indirecten Messung dieser Diameter, und macht die neue Methode,
welche ich auf die Reobachtung der, zur Unterscheidung räumlicher
Beziehungen ungleichzeitiger Eindrücke, erforderlichen Distan
zen zu gründen gedenke, durchaus nicht überflüssig.
R. Liehtenfels hat nämlich in Folge der oben citirten Beob
achtung für nöthig erachtet, nicht nur den Abstand zu messen, bei
welchem zwei gleichzeitige Eindrücke eine deutliche Doppel
empfindung zu veranlassen beginnen, sondern auch jenen, bei
welchem die Verschmelzung der Eindrücke zu einer einfachen,
räumlich untrennbaren Wahrnehmung ihre Grenze hat.
Leider hat Liehtenfels seine Messungen nur an einer einzigen
Stelle (an der Dorsalfläche des rechten Unterarmes), bei longitu
dinalem Ansetzen der Zirkelspitzen in der Mittellinie, ausgeführt
und sechs derartige Versuchsreihen in der folgenden Tabelle
zusammengestellt:
A ) A. a. 0. pag. 403.
2 ) Vgl. H o ppe'sMed. Briefe XII. Heft, 1854. 47. Brief. Hoppe gellt jedoch entschieden
zu weit!
Physiologische Studien.
S85
Ergebniss der
Grenze der einfachen
Empfindung
Beginn der deutlichen
Doppelempfindung
1. Versuchsreihe
2.
3.
4.
5-
6.
23
28
26-3
27
26
26
Millira.
29
34
32-:
33
28
33
Millim.
Mittel
Grösse d. Schwankung
26-4 Millim.
3 Millim.
32 Millim.
6 Millira.
Aus dieser Tabelle ergibt sich, dass, während die Grenze der
einfachen Empfindung kaum variabel ist, indem die Schwankung von
3 Millim. auf Rechnung der Beobachtungsfehler kommt, das Urtheil
über den Beginn der vollen Doppelempfindung um die kleine Grösse
von 6 Millim. schwankt, und — was schon Lichtenfels nicht für
zufällig ansieht — der Raum, in welchem das Urtheil sich zweifelhaft
verhält: 32—26, dieselbe Grösse, nämlich 6 Millim. hat.
Erscheint es schon an und für sich wiinschenswerth, alle
Regionen des Tastorgans nachdem Lichtenfels’schen Verfahren,
soweit dasselbe anwendbar ist, zu prüfen, so dürfte doch die
Wichtigkeit dieser Aufgabe erst in Erwägung der Deutung und
Bedeutung, welche die, durch die angezogenen Messungen, ermittel
ten Thatsachen nach meiner Lehre von den Empfindungskreisen
erhalten, recht deutlich in die Augen springen.
Im Sinne dieser Lehre stellt es sich nämlich heraus, dass die
von Lichtenfels gemessenen Abstände den Punkten a, c und d
meiner Schemen Fig. 5, 6, 7 — und somit auch die Differenz 32—26
= 6 Millim. der Differenz ad—ac—cd entsprechen.
Nun ist aber cd (= 6 Millim.) nahezu = dem Durchmesser eines
Empfindungskreises; es diente also das Lichtenfels’sche
Verfahren zur indirecten Messung der Empfindungs
kreise. In Übereinstimmung damit wäre es denn auch, dass der
gefundene Durchmesser des Empfindungskreises, nämlich 6 Millim.,
in der That auch weniger als den dritten Th eil von 32 Millim.,
d. i. vom Abstand ad, und weniger als die Hälfte von 26 Millim.,
d. i. vom Abstand ac beträgt.
38 4
586
C z e r m a k.
Ich darf es hier beiläufig wohl als eine sprechende Bestätigung
meiner Deutung anführen, dass unter den 32 von Liehtenfels
a. a. 0. mitgetheilten Messungen, welche zum Theil unter normalen
Verhältnissen, zum Theil nach der Einnahme von Atropin, Daturin,
Morphin, Strychnin, Alkohol u. s. w. angestellt wurden, nur zwei
(überdies verdächtige) Fälle Vorkommen, in welchen die Grösse cd
mehr als den dritten Theil von ad und mehr als die Hälfte von ac
beträgt.
Aus meiner Deutung der Thatsachen ergibt sich ferner, dass:
2c^ -f- x — ac, (12 Millim. -f- a? = 26 Millim.)
und 3 cd + x = ad, (18 Millim. -j- #=32 Millim.).
Dieses x wäre aber der doppelte Halbmesser jenes Zerstreuungs
kreises, welcher jeden auch noch so beschränkten Tastreiz umgibt;
es diente also das Liehtenfels'sche Verfahren auch
zur Bestimmung der Zerstreuungskreise.
Ich habe schon oben in der 5. These darauf hingewiesen, „dass
„bei der Einwirkung jedes Druckes, jedes Tastreizes ein Complex
„von sensiblen Punkten erregt wird“. Hier ist es endlich am Orte,
auf dieses Mächtige Verhältniss näher ■— wenn auch nur andeutungs-
weise — einzugehen.
Schon Meissner sagt in seinen vortrefflichen Beiträgen zur
Anatomie und Physiologie der Haut, Leipzig, 1833, pag. 44: „Ein
„jeder Reiz, welcher die Haut an irgend einer Stelle trifft, wird
„nothwendig, mag er noch so beschränkt und fein sein, mehr als
„einen sensiblen Punkt treffen, da einerseits an vielen Hautstellen
„die sensiblen Punkte so nahe an einander gerückt sind, dass schon
„die Wirkung des Reizes in gerader, senkrechter Richtung ihrer
„mehrere treffen muss, und da andererseits neben dieser Wirkung
„auch eine in seitlicher Richtung, im Umkreise jener, stattfinden
„muss, gewissermassen ein Zerstreuungskreis des Reizes gebildet
„wird;“ „und so ist es denkbar, dass vielleicht die
„Erregung der Punkte, welche dem Zerstreuungs- oder Irradiations-
„kreise eines Reizes angehören, in irgend welcher Weise für die
„Seele das Localzeichen des Reizes ausmacht, dessen eigener
„qualitativer Inhalt dann durch die Wirkung in gerader Richtung,
„durch die Erregung der Punkte, welche das Centrum des Irra-
„diationskreises bilden, M r ahrgenommen würde“.
Physiologische Studien.
587
Man kann in der That annehmen, dass die einzelnen Local
zeichen der säm mtlichen, durch die volle Wirkung des Tast
reizes erregten sensiblen Punkte für die erzielte Empfindung ein
Local Zeichen höherer Ordnung zusammensetzen würden,
welches, gegenüber dem rein physicalischen, als der physiolo
gische Irradiationskreis zu betrachten wäre, während der eigene
qualitative Inhalt des Reizes durch die Erregung der Punkte im
Centrum des Irradiationskreises zur Wahrnehmung käme.
Von der Grösse des rein physicalischen Irradiationskreises,
welche vom Druck, von der Elasticität der Haut, von der Beschaffen
heit der Umgebung u. dgl. abhängt, bekommt man näherungsweise
eine Vorstellung, wenn man darauf achtet, in welchem Umkreise um
den Berührungspunkt herum die Haut, durch eine senkrecht auf
gesetzte stumpfe Bleistiftspitze z. B., in Bewegung geräth.
Schon bei massigem Drucke entsteht eine trichterförmige Vertiefung,
nach deren Mittelpunkt hin die Haut gezerrt und angespannt wird.
Eine momentane Berührung mag eine ähnliche kreisförmige Erregungs
welle zur Folge haben, wie etwa ein ins Wasser geworfener Stein.
Man überzeugt sich so, durch Beobachtung der Haut, leicht, dass der
physicalische Irradiationskreis einen Durchmesser von einigen Linien
bis zu mehreren Zollen haben kann!
Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass der rein physicalische
Zerstreuungskreis, dessen Wirkung gegen die Peripherie hin all
mählich erstirbt, in seiner ganzen Ausdehnung für den physiolo
gischen, d. h. für das Localzeichen höherer Ordnung, in der Art
verwerthet werde, dass er gewissermassen ein Hinderniss für die
räumliche Unterscheidung mehrerer Tastreize abgeben könnte. In
welcher (möglicherweise sehr variablen) Ausdehnung er aber
wirklich in dieser Beziehung als Hinderniss in Betracht kommt,
ergibt sich eben durch das Lichtenfels'sche Verfahren.
So findet man aus den obigen Gleichungen x = 14 Millim.,
während der rein physicalische Zerstreuungskreis gewöhnlich
einen weit grösseren Durchmesser besitzt.
Dies Alles sind Andeutungen, welche in der Zukunft genau
verfolgt und bestimmt formulirt werden müssen, und welche ich
überhaupt nur vorbringe, um merken zu lassen, dass ich gewisse
Consequenzen und Bedenken nicht übersehen habe, die man viel
leicht aus der Existenz der Irradiationskreise gegen meine Deutung
588
C z e r m a k.
der Thatsachen wird ziehen und dagegen wird erheben wollen, dass
ich das, was oben ad 1 über die nothwendigen Abstände der erregten
Punkte a, b, c und d, sofern die durch dieselben vermittelten
Empfindungen räumliche Beziehungen erhalten sollten, sich ergab,
hier auch von den Abständen der (schattirten) Irradiationskreise
aacc, ßbß, 7ey und odS (vergl. die Schemen Fig. 5, 6 und 7,
welche die drei möglichen Fälle erläutern, wo der Durchmesser der
Irradiationskreise kleiner, gleich und grösser ist als der Durchmesser
der Empfindungskreise) behaupten möchte.
In den Schemen Fig. 5, 6 und 7 ist ao. = bß = cy = d^ — ~,
aa — ßß — 77 = oft = x, und daher auch aa. -(- cy = a.a -f- do — x,
ac — 2ab-\- x, ad = 3ab + x, ab — cd u. s. w. —
Was nun die neue Messungsmethode betrifft, welche ich, wie
gesagt, auf die Beobachtung u ngleichz ei tiger Eindrücke zu
gründen gedenke, so besteht sie einfach darin, dass man die Spitzen
eines Zirkels nach einander und in bestimmter Distanz von einan
der, mit der Haut in Berührung bringt und darauf achtet, bei welcher
Distanz der Beobachter mit Sicherheit angeben kann, wo sich der
spätere Eindruck, ob oben oder unten, rechts oder links von dem
früheren, befindet.
So lange der Beobachter über die Lage des späteren Eindruckes
sich irren kann, so lange sind wir berechtigt anzunehmen, dass der
gemessene Abstand nicht grösser ist, als der Durchmesser eines
Empfindungskreises. Erst wenn der Beobachter die Lage des zweiten
Eindruckes mit voller Sicherheit zu bestimmen beginnt, beträgt der
gemessene Abstand wenigstens den Durchmesser eines Empfin
dungskreises, welcher somit den unteren Grenzwerth oder vielmehr
den Nullpunkt der Scale darstellt.
Dies gilt wahrscheinlich selbst dann, wenn die Irradiationskreise
bedeutend grösser sind als die Empfindungskreise, weil sich die
Localzeichen höherer Ordnung auch unter diesen Umständen nicht
früher, als es dem Zweck der Messung entspricht, aus hinreichend
differenten Raumelementen zusammensetzen können; obschon hier
die Möglichkeit einer beiläufigen Bestimmung der Richtung,
in welcher der zweite Eindruck stattfindet, vielleicht auch schon
dann gegeben sein könnte, wenn ab noch kleiner als der Durch
messer eines Empfindungskreises ist, da die äussersten der, durch
Physiologische Studien.
589
beide Irradiationskreise erregten Punkte (a und ß, Fig. 8) jeden
falls bereits verschiedenen weit aus einander liegenden Empfindungs
kreisen angehören.
Nach dieser Methode würde also näherungsweise der Abstand
ab gemessen, welcher =cd ist und somit ebenfalls stets weniger als
den dritten Theil von ad und weniger als die Hälfte von ac betragen
muss. (Fig. 5, 6, 7.)
Man sieht leicht ein, wie die neue Methode und das Liehten-
f els’sche Verfahren gegenseitig sich ergänzen und controliren können
und müssen ').
Einige vorläufige Versuche, meine Methode praktisch in Anwen
dung zu bringen, haben mich gelehrt, dass ein gewöhnlicher Zirkel
kein passendes Instrument dazu ist, indem die zu messenden Abstände
meist so klein sind, dass man das Nacheinander der Berührungen
durch Neigen des Zirkels nur sehr unbequem und unvollkommen
bewerkstelligen kann.
Ich habe mir daher zu meinen Messungen einen eigenen Stan
genzirkel machen lassen, dessen ein Schenkel kürzer und in verti-
caler Richtung beweglich ist, so dass er bei noch so geringem Ab
stande von dem andern horizontal verschiebbaren Schenkel beliebig
wann mit dem Finger bis auf die Haut herabgedrückt werden kann.
(Vergl. Fig. 9 und die Erklärung der Abbildungen.)
Die folgenden Tabellen enthalten eine Anzahl von Bestimmungen
der Grössen ab, ac und ad, aus welchen sich x, d.h. der in Betracht
kommende Durchmesser deslrradiationskreises, leicht berechnen lässt.
Die Spitzen des zu diesen Messungen gebrauchten Stangenzir
kels (Fig. 9) hatten einen Durchmesser von je 0‘4'". Zur Unter
suchung sehr feinfühlender Hautstellen dürften feinere Spitzen nöthig
sein.
*) Dem wahren Durchmesser der Empfindungskreise kann man sich offenbar oft noch
mehr nähern, wenn man nicht nur die Differenz ad—ac , und die Distanz berück
sichtigt, welche nöthig ist, um ungleichzeitige Eindrücke hinsichtlich ihrer Lage
zu beurtheilen, sondern auch noch die Grenzen jener Bezirke, innerhalb welcher
die Lage ungleichzeitiger Eindrücke nicht mehr wahrgenommen werden kann.
390
C z e r m a k.
A. Versuche an einem weiblichen Individuum von 20 Jahren.
Theil der Haut
Abstand der
ungleichzei
tigen Ein
drücke = ßö
Abstand der gleichzeiti
gen Eindrücke
Grenze der
einfachen
Empfindung
Beginn der
deutlichen
Doppel-
Empfindung
— ad
ad — ac = cd
Handrücken
2-3 W.L.
1 -5'"
i • 5"'
6'0ff.L.
3- 0"'
4- 3'"
9-0 W.L.
6-7"'
S • 1"'
Mittel
1-7'"
S-l''
6-9"
1-8"
Vorderarm, Mitted. Riicken-
fliiehe
Mittel ,
1-7'"
7-0"
12-0"
5-2"
10-0"
10-0'"
13-6'"
9' T"
2-0'"
111'
2-6''
B. Versuche an einem männlichen Individuum von 30 Jahren.
Theil der Haut
ad — ac = cd
Handrücken
1- 9'"
1-8"'
2- 2"'
7- 2'"
6-0'"
8- 0'"
9-4'"
8-0"'
10-3"'
Mittel ,
1-9"
7-0'"
9-2'"
2-2'"
Vorderarm, Mitted.Rücken
fläche
Mittel .
3-5'"
5-0"'
3-7'"
11-0"
6-7"
9-3"
14-3'"
11- 3'"
12- 4'"
4-0'"
9-0'"
12-7"'
3-7"
Oberarm, Mitte der Rücken
fläche
4- 7"'
5- l'"
4 •3'"
5 0"
13-8'"
12-8'"
11- 4'"
12- 0'"
13-3"
16-2"
21-3''
Mittel .
4-8'" 12-3"'
17-6''
S-l'"
Die Resultate dieser Messungen, welche auf alle Hautregionen
ausgedehnt und mit grösster Sorgfalt geprüft werden sollten, stimmen
zwar mit den Forderungen meiner Lehre überraschend genau zusam
men, allein schliesslich muss ich doch hervorheben, dass es in der
Natur derSache, d.h. unserer Empfindungen liegt, dass alle, durch
derartige verhältnissmässig grobe Messungen gewonnenen Za hl en,
nur mit der grössten Vorsicht und Zurückhaltung für oder gegen
Physiologische Studien.
591
theoretische Forderungen und Hypothesen zu benutzen sind; indem
mancherlei Beobachlungsfehler mit unterlaufen können, die sich zum
Theil vielleicht nicht einmal durch Berechnung von Mittehverthen, aus
sehr zahlreichen Beobachtungen, ganz eliminiren lassen; wodurch in
diesem Bezug die Möglichkeit, d. h. der wissenschaftliche Werth
der Messungen freilich ganz in Frage gestellt würde.
Dieses Bedenken erhebe ich nun natürlich auch gegen meine
eigenen, in der zweiten Abtheilung dieser „Studien“ (§. 8, 9 und 10)
mitgetheilten Messungen, welche ich überdies noch insofern als un
vollkommen bezeichnen muss, als sie nur nach einer (der alten
Web ersehen) Methode ausgeführt, wurden.
§. 20. Beleuchtung der von Lotze 1 ) zusammengestellten Einwürfe
gegen die Existenz „fester“ Empfindungskreise.
Obschon Lotze’s Einwürfe nur gegen die ältere, in der That
„ingeniös gedachte Deutung der Thatsachen“ von Weber gerichtet
sindund weder Weber’s neuere Fassung, welche gewisse allgemein
getheilte Missverständnisse berichtigt hat, noch auch meine eigene
Lehre von den Empfindungskreisen wesentlich berühren; so bringe ich
dieselben doch noch einmal hier zur Sprache, erstens um zu zeigen,
wie wenig Lotze berechtigt war am Schlüsse seiner Auseinander
setzung den Satz: „die festen Empfindungskreise existiren
daher nicht,“ ganz allgemein hinzustellen; und zweitens um
eine passende Gelegenheit zu haben, einige auf diesen Gegenstand
bezügliche Bemerkungen von allgemeiner Wichtigkeit anbringen zu
können.
Was zunächst den ersten Punkt betrifft, so konnte Lotze, nach
meinem Dafürhalten, in Erwägung der von ihm zusammengestellten
Bedenken, nur die Existenz solcher festen Empfindungskreise
leugnen, wie sie im Sinne der älteren Weber’schen Lehre gewöhn
lich (aber irrthiimlich) aufgefasst wurden, denn die Annahme gewis
ser Bezirke von bestimmter Gestalt und Grösse, welche in der Haut
die nächsten Elemente unseres Raumbildes repräsentirten und als
„feste Empfindungskreise“ zu bezeichnen wären, ist im Allgemeinen
durch jene Bedenken durchaus nicht widerlegt.
*) A. a. 0. pag. 204.
592
C z e r m a k.
Wenn wir auf die einzelnen Einwürfe Lotze’s näher eingehen,
so erkennen wir nämlich bald, dass sie dem Wesen der festen Empfin
dungskreise gar nicht widersprechen.
So sagt Lotze a. a. 0. pag. 402: „Denken wir uns einen dieser
Empfindungskreise, z. B. am Oberarm, wo er ja eine Ausdehnung von
mehr als einem Zolle haben kann, aus den Raumpunkten a, b, c, d
u. s. w. zusammengesetzt, so würde es eine Consequenz der Ansicht
von Weber sein, dass nicht nur die gleichzeitige Berührung der
Punkte a und d als ein e Empfindung wahrgenommeu würde, sondern
die Empfindung würde auch dieselbe bleiben müssen, ob wir nun mit
einer einzigen Zirkelspitze d oder a berühren. Wenn wir daher die
Zirkelspitze nach mannigfachen Richtungen auf der Haut herumfüh
ren, ohne doch die Grenzen dieses Empfindungskreises zu verlassen,
so könnten wir dadurch keine Wahrnehmung einer Bewegung erhal
ten, sondern Alles würde sich verhalten als würde beständig
derselbe Punkt erregt“.
Hieraus ist aber im besten Falle offenbar nichts weiter zu
schliessen, als dass die festen und wahren Empfindungskreise eben
einen kleineren Durchmesser haben müssen, als jene Bezirke, inner
halb welcher gleichzeitige Eindrücke zu einer räumlich untrenn
baren Wahrnehmung verschmelzen, nicht aber etwa, dass über
haupt keine festen Empfindungskreise existiren.
Denn mit dem wahren Begriff eines festen Empfindungskreises
ist es gar nicht unvereinbar, dass Empfindungen, die durch Erregung
der zu einem Empfindungskreise gehörigen sensiblen Punkte ent
stehen, qualitativ verschieden seien und von der Seele in inten
siver Weise aus einander gehalten und unterschieden werden könnten.
Die Ununterscheidbarkeit der innerhalb eines Empfindungs
kreises erzielbaren Empfindungen bezieht sich nämlich lediglich
auf ihre räumlichen Beziehungen, und so ist es denn so lange kein
Widerspruch, dass wir es erlernen, eine ruhende Berührung von
einer bewegten Berührung selbst innerhalb eines wahren Empfin-
dungskreises wohl zu unterscheiden, so lange, sage ich, als dies
nicht durch Wahrnehmung der Verschiedenheit irgend welcher
räumlichen Beziehungen geschieht und wir nicht zugleich etwa
eine Vorstellung von der Richtung dieser Bewegung bekommen.
Dass es aber wirklich Bezirke in der Haut gibt, innerhalb
welcher durch eine leise Berührung mit einem in bestimmter Rieh-
Physiologische Studien.
593
tung bewegten Körper — wenn sie ohne alle Hautverschie
bung erfolgt — die Vorstellung einer Bewegung ohne angeh
bare Richtung erweckt werden kann, ist eine Thatsache 1 ).
Man muss sich wohl hüten, die Vorstellungen, welche wir dem
Raumsinn des Tastorgans verdanken, mit jenen Wahrnehmungen
zu confundiren, welche der Tastsinn der Haut vermittelt.
Ähnlich verhält es sich mit einem andern Bedenken, das Lotz e
pag. 404 vorbringt. Lotze findet es unvereinbar mit der Existenz
fester Empfindungskreise, wenn man im Stande sein sollte, innerhalb
eines solchen einen Kreis von einer Kreisfläche, einen Ring von
einem gleichgrossen Petschaft zu unterscheiden; allein er hätte nur
dann Recht, wenn er beweisen könnte, dass die Unterscheidung der
beiden Eindrücke durch den Raumsinn in Folge der wirklich
wahrgenommenen, verschiedenen Gestalt und räum
lichen Ausdehnung der gereizten Hautstelle geschieht, und
wenn nicht überdies factisch Bezirke in der Haut existirten, innerhalb
welcher eine solche Unterscheidung ganz unmöglich ist.
Hinsichtlich der durch die alte Web er’sche Methode direct
gemessenen Bezirke, die aber freilich nicht für die wahren Empfin
dungskreise gelten können, mag Lotze in gewisser Beziehung nicht
Unrecht haben, ohschon selbst innerhalb dieser Bezirke die Wahr
nehmung der räumlichen Beziehungen der durch den Querschnitt
eines soliden Stabes und einer gleichgestalteten Röhre erregten Em
pfindungen eine so vage ist, dass wir den Umriss und die verschie
dene Gestalt jener beiden Tastobjecte nicht zu erkennen im Stande
sind, ihre etwaige Unterscheidbarkeit daher wesentlich nur auf
unräumlichen Kennzeichen beruhen muss.
*) So fühlt man z. B. auch sehr deutlich, dass ein Haar irgend eines unterstützten Kör
perteiles leise bewegt und hin und her gebogen wird, ohne eine Ahnung davon zu
haben, in welcher Richtung dies geschieht. Beiläufig mache ich darauf noch auf
merksam, dass unser Wahrnehmungsvermögen, unter allen räumlichen Bezie
hungen, für die Richtung bewegter Eindrücke am schärfsten (an manchen Orten
sogar fast unbegrenzt) zu sein scheint, indem wir dieselbe meist schon vor Über
schreitung eines jener Bezirke angeben können, innerhalb welcher uns noch nicht
einmal die gegenseitige Lage ungleichzeitiger Eindrücke deutlich ist. Dies findet aber
seine genügende Erklärung wesentlich darin , dass der rein physiealische Zerstreu
ungskreis eines bewegten Eindruckes keiner Kreiswelle vergleichbar ist, sondern etwa
jener Welle, welche ein bewegter Kahn auf dem Wasserspiegel zieht, und überdies
caeteris paribus (in Folge der Hautverschiebung) stets grösser ausfallen mag, als der
eines unbewegten Eindruckes.
594
C z e r m a k.
Ein drittes Bedenken Lotz e’s bezieht sich lediglich auf die, aus
der alten, missverstandenen Web ersehen Ansicht fliessende Con-
sequenz, dass die Empfindungskreise „von einer ganz schmalen Linie
schärfster Unterscheidungsfähigkeit“ umzogen sein müssten. Damit
hat es nun freilich seine volle Richtigkeit, allein dieser Einwurf ist
nur gegen die alten Weber’schen, nicht gegen die Empfindungs
kreise ü b er h au p t gerichtet.
Viertens endlich weiss Lotze „der sonderbaren Folgerung
nicht zu begegnen, welcheK ö 11 ik er aus Web er’s Annahmen zieht. Es
seien a, b, c, cl, e auf einander folgende Punkte des Oberarms. Zwei
Spitzen in a und b werden als eine empfunden, a und b mithin von
derselben Primitivfaser versorgt; aber b und c gleichzeitig erregt,
geben auch nur eine Empfindung; die Nervenfaser für c ist also die
selbe wie für b, folglich auch wie für er, zwei Spitzen in c und el, in
el und e geben wieder nur eine Empfindung, also reichte dieselbe
Faser auch bis e, und sofort über die ganze Körperoberfläche. Gleich
wohl ist es nach Web er’s vollkommen bestätigten Versuchen That-
sache, dass wenn a und b, und dann b und c zusammengereizt nur
eine Empfindung geben, doch die gleichzeitige Berührung von a und c
deren zwei geben kann“.
Auch dieser letzte Einwurf beweist nichts gegen die Existenz
der „festen“ Empfindungskreise überhaupt, an welcher wir daher
unbeirrt festhalten können; ob auch müssen, wird der folgende
Paragraph beleuchten.
Hier will ich nur noch einen scheinbar gewichtigen, speciell
gegen meine Lehre von den Empfindungskreisen gerichteten Einwurf,
welcher einige Ähnlichkeit mit der zuletzt erwähnten „sonderbaren
Folgerung“ Kö II iker’s hat, im Voraus begegnen und damit vielleicht
wesentlich zum richtigen Verständnisse meiner Auffassung der Empfin
dungskreise beitragen.
Es seien a, b, c, d, e, f... auf einander folgende sensible Haut
punkte. Je drei derselben mögen zu einem Empfmdungskreise
gehören; a, b, c fallen mithin in eine Raumeinheit höherer Ordnung
zusammen; aberb, cundff gehören ebenfalls zu einem Empfindungs
kreise; d fällt also mit b und c, folglich auch mit a zusammen u. s. f.
Auf diesem Wege würde man dazu kommen, dass sämmtliche
sensiblen Punkte der Haut nur eine einzige, ungegliederte Raumein
heit repräsentirten, dass somit meine Annahme einer Interferenz der
Physiologische Studien. 595
Empfindungskreise ad absurdum führe, und aus diesem Grunde
unstatthaft sei.
Zu demselben Endresultate würde man gelangen, wenn man jene
Argumentation gewissermassen umkehrte; weil d einem andern
Empfindungskreise angehört als a, so kann es nicht mit a zusammen
fallen, c gehört aber zu e inem Empfindungskreise mit d, also kann c
(wie d) wiederum nicht mit a zusammenfallen, obschon es mit a
ebenfalls zu einem Empfindungskreise gehört... quod est absurdum.
Allein diese widerspruchsvollen Folgerungen, welche übrigens
nicht exacter gedacht sind, als wenn man etwa beweisen wollte, dass
1000 Waizenkörner keinen Haufen bilden können, weil ein Korn
und noch eines keinen bilden, oder aber, dass schon ein Korn
einen Haufen repräsentiren muss, weil 999 (d. h. 1000—1) Körner
auch noch einen Haufen ausmachen, beruhen nur auf einem Missver-
ständniss meiner Auffassung der Empfindungskreise und ihrer Inter
ferenz, und sind nicht zulässig. Denn die Localzeichen «, ß, y . . .
der sensiblen Punkte a, b, c . . ., welche einem Empfindungskreise
angehören, sind durchaus nicht identisch an sich, sondern nur in
so fern nahezu identisch für uns, als sie eben ein Raumelement
höherer Ordnung repräsentiren.
Wir haben es hier mit verschwindend kl ein en Differenzen
zu tliun, die aber darum noch nicht Null sind.
Die Empfindungskreise sind nach meiner Auffassung eben nur
ein, ich möchte sagen, graphischer Aus druck der Feinheit
der „fixen“ Gliederung des, an die sensiblen Punkte
der Haut geknüpften Systems der Localzeichen.
§. 21. Experimentum crucis.
L o t ze und Meissner leugnen zwar auf der einen Seite die Exi
stenz der „festen“ Empfindungskreise ganz und gar, und glauben alle
Thatsachen, welche die Physiologie des Tastorgans festgestellt hat,
befriedigend nach dem Satze deuten zu können, „dass zwei Empfin
dungen um so deutlicher geschieden werden je differenter, um so
undeutlicher, je identischer ihr qualitativer Inhalt sammt den Local-
gefülilen ist, die sich an ihn knüpfen“; allein auf der andern Seite
sagen sie selbst: „es genügt nicht, dass jede Stelle der Haut dem
sie treffenden Reiz ein besonderes ihr eigentümliches Localzeichen
verleiht, sondern alle dieseLocalzeichen müssen Glieder
596
C z e r m a lc.
einer geordneten Reihe, eines abgestuften Systems
vergleichbarer Elemente sein“, und geben also eigentlich
denn doch zu, dass die Seele gewissermassen ein Bild von den geome
trischen Verhältnissen in der Anordnung der sensiblen Hautpunkte
— eben durch jenes abgestufte System von Localzeichen — erhalte
und im Stande sei, vermöge dieser bestehenden Einrichtung die
die Haut treffenden Reize, hinsichtlich ihres Ortes, zu bestimmen.
Damit ist aber zugleich auch wieder die Existenz der „festen“
Empfindungskreise wenigstens nach meiner Auffassung, nach welcher
sie, so zu sagen, nichts anderes sind, als der graphisch e Ausdruck
der Feinheit der fixen Gliederung jenes Systems der Localzeichen,
zugestanden!
In der That, behufs einer allseitig befriedigenden Deutung der
Thatsachen ist es nicht nur (vergl. 20) erlaubt, sondern, so
weit ich sehe, unumgänglich nothwendig, an diesen „festen“
Empfindungskreisen festzuhalten.
Denn wie wollte man sonst die folgenden Erfahrungen erklären?
1. Vergrössert man stetig den Abstand zweier gleichzeitiger
Eindrücke, die bereits so weit von einander entfernt sind, dass sie
eine deutliche Doppelempfindung geben, so wächst auch stetig der
zwischen den beiden erzielten Empfindungen wahr genommene
Zwischenraum. Meissner sagt: „Ist die Erregung von a sensiblen
Punkten erforderlich, um einen in obigem (Meissner’s) Sinne als
physiologische Einheit functionirenden Irradiationskreis zu bilden, so
werden die Irradiationskreise zweier Reize, welche innerhalb einer
Hautstrecke erfolgen, wo nur a sensible Punkte sind, aus denselben
sensiblen Punkten sich zusammensetzen, und somit ein und dasselbe
Localzeichen für beide Reize vermitteln, welche also nicht gesondert
empfunden werden; sie werden erst gesondert wahrgenommen wer
den, wenn sie so weit von einander gerückt sind, dass ihre Irradia
tionskreise sich jeder aus a verschiedenen Punkten zusammensetzt,
oder vielleicht einen Theil der sie bildenden sensiblen Punkte ver
schieden haben“.
Allein es ist nicht einzusehen, wie damit die, mit der wach
senden Entfernung der Tastreize correspondirende Vergrösserung
des wahrgenommenen Zwischenraumes, welcher die beiden Empfin
dungen trennt, erklärt werden soll, da ja schon vom Beginn der
deutlichen Doppelempfindung an, die „Irradiationskreise sich jeder
Physiologische Studien.
597
aus a verschiedenen Punkten zusammensetzt“, ausser man nimmt an,
dass eben die Localzeichen der sensiblen Punkte, in Folge der beste
henden Einrichtung des Tastorgans, einem stetig ahgestuften, mit
den geometrischen Verhältnissen correspondirenden Systeme von
fixer Gliederung angehören.
2. Nehmen wir an, es seien zwei Zirkelspitzen in solcher Ent
fernung von einander und gleichzeitig auf eine beliebige dehnbare
Hautstelle (z. B. die Lippe) aufgesetzt worden, dass sie als zwei
räumlich gesonderte Eindrücke wahrgenommen werden, so erklärt
sich dies nach Meissner, dass bei diesem Abstande jede der beiden
Zirkelspitzen „a“ verschiedene sensible Punkte, deren Erregung eben
erforderlich ist, um „einen als physiologische Einheit functionirenden
Irradiationskreis zu bilden“, erregen kann und wirklich erregt, wäh
rend wir nach unserem Principe der festen Empfindungskreise den
Grund der Erscheinung darin finden werden, dass die Zirkelspitzen
sensible Punkte treffen, welche wahrscheinlich um mehr als das
Dreifache des Durchmessers eines Empfindungskreises von einander
abstehen.
Dehnen wir nun das betreffende Hautstück aus (wodurch die
sensiblen Punkte desselben auf eine grössere Fläche zerstreut wer
den), und setzen die Zirkelspitzen in derselben Entfernung,
wie vor der Dehnung wieder auf, so werden dieselben, wie der
Versuch lehrt, entweder gar nicht mehr oder doch, durch einen
geringeren Zwischenraum getrennt, wahrgenommen.
Auch diese Erfahrung erklärt sich noch fast gleich gut nach
beiden Hypothesen; nach Meissner, indem sich die relative Zahl der
sensiblen Punkte, in Folge der Dehnung, dermassen verringert hat,
dass die Zirkelspitzen nun nicht mehr die erforderliche Anzahl von
je „a“ sensiblen Punkten erregen können; nach meiner Auffassung,
indem die Zirkelspitzen, in Folge der ein- oder allseitigen Vergrös-
serung des Durchmessers der festen Empfindungskreise , sensible
Punkte treffen, welche Empfindungskreisen angehören, die um
weniger Durchmesserweiten von einander entfernt liegen als jene
Empfindungskreise, welchen die vor der Dehnung erregten Punkte
angehörten.
Der Versuch lehrt aber weiter, dass, wenn man unter den
angeführten Umständen den Abstand der beiden Zirkelspitzen um
ein Bestimmtes, das ein gewisses Minimum überschreiten muss,
598
Czernnk.
vergrössert, dieselbe räumliche Unterscheidung der Eindrücke,
wie vor der Dehnung der Haut, auch wieder eintritt, trotz der Zer
streuung der sensiblen Punkte und trotz der durch die Spannung
etwas veränderten Färbung der Tastempfindung.
Dieses leicht zu constatirende Factum lässt sich, wie mir
scheint, nur durch die Annahme „fester“ Empfindungskreise in der
Haut auf ungezwungene Weise erklären, indem es dann von selbst
einleuchtet, wie durch die Vergrösserung des Abstandes der Zirkel
spitzen von einander wieder die Berührung jener Empfindungskreise,
zwischen denen die erforderliche Anzahl unberührter Raumelemente
liegt und mithin die frühere räumliche Trennung der Eindrücke ermög
licht wird; während man nach M ei ssner’s Hypothese durchaus nicht
begreift, was das Auseinanderrücken der Zirkelspitzen nützen soll
und kann, da ja die Zirkelspitzen bei der durch die Hautausdehnung
gesetzten Zerstreuung der sensiblen Punkte, trotz der Vergrösserung
ihres gegenseitigen Abstandes, doch niemals wieder, wie vor der
Dehnung, die erforderlichen „a“ sensiblen Punkte zu erregen im
Stande sein werden, man möchte denn der Annahme der festen
Empfindungskreise, nach welcher Alles so einfach sich deuten lässt,
die Ausflucht vorzuziehen geneigt sein, dass unter den durch die
Dehnung eintretenden Verhältnissen entweder eine geringere Anzahl
von sensiblen Punkten als „a“ schon hinreichend sei, „um einen als
physiologische Einheit functionirenden Irradiationskreis zu bilden“,
oder die Zirkelspitzen sich mit grösseren Irradiationskreisen umgeben
würden, durch welche abermals jene früher „erforderlichen“ „a“
sensiblen Punkte erregt werden könnten.
Meines Erachtens jedoch scheitert an der Erklärung dieser ein
fachen Versuche und der suh 1 angeführten Erfahrungen, welche uns
zur Annahme „fester“ Empfindungskreise in der Haut zu zwingen
scheinen, die von Meissner gegebene, sonst eben so sinnreiche, als
elegante Ausführung der Lotze’schen Principien.
Ich schliesse mit dem Satze: die festen Empfindungs
kreise existiren daher gewiss, und mit der kurzen Erklä
rung: Die s ensiblen Punkte bilden in der Haut eine Art
von Mosaik, von der die Seele durch das, mit der
Erregung der sensiblen Punkte verknüpfte, stetig,
aber mit verschiedener Feinheit abgestufte System
von Localzeichen, gewissermassen ein Bild erhält,
Physiologische Studien.
599
zusammengesetzt aus einer Vielheit von einfachen
Raumelementen, welche in verschiedener, aber be
stimmter Anzahl zu Raumeinheiten höherer Ordnung,
den sogenannten festen E m pf i ud ungsk r e is en, zusam
men fl iessen, so dass die Seele im Stande ist, vermöge
dieser bestehenden Einrichtung -die die Haut tref
fenden Reize hinsichtlich ihres Ortes zu bestimmen.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1 erläutert den in §. IS angegebenen neuen Versuch zur Demonstration
der Chromasie des Auges, welche sich bei falscher Accommodation geltend
macht. Afist der Durchschnitt des Kartenblattes, in das derLöeherchenkreis
gestochen ist; a und b sind zwei vom Schnitte getroffene Löchelchen,
ade und bed die durch dieselben ins Auge fallenden Lichtkegel; cv, dv
die violette er, dr die rothe Grenze der chromatischen Abweichung.
Die erstere bildet nach, die letztere vor der Durchkreuzung der
Strahlen im zusammengebrochenen Lichtkegel den äusseren Mantel des
Kegels und ist, so weit dies der Fall, durch volle Linien angedeutet,
übrigens nur punktirt. Die sechs Ovale repräsentiren die, je nach dem
Stande des Accommodationspunktcs auf die Netzhaut fit, R', R") fallenden
Zerstreuungskreise derLeuchtpunkteu und b. Steht der Accommodations-
punkt jenseits des Kartenblattes (Ä'), so bilden die rothen Strahlen die
äusserste Grenze der Zerstreuungskreise, steht er diesseits desselben
(R")— die blauen. Ist das Auge für die Entfernung von a und b accom-
modirt (Ä), so ist auch die chromatische Abweichung fast Null. Es
versteht sich von selbst dass sich dort, wo sich die Zerstreuungskreise
(auf der Linie AAl) berühren, die Intensität der Farbensäume erheblich
verstärken muss.
Fig. 2 und 3 zeigen, dass und warum der Zerstreuungskreis eines Leuchtpunktes,
a, durch ein von beliebiger Seite her gegen die Mitte der Pupille vor
geschobenes Kartenblatt (fff) von derselben oder von der ent-
g e ge nge setzt e n Seite herauf der Netzhaut verdunkelt werde , je
nachdem in Folge des Accommodationszustandes der Vereinigungspunkt
der Strahlen o, hinter (Fig. 2) oder vor (Fig. 3) die Netzhaut fällt.
Fig. 4, ä, 6, 7 und 8. Schematische Darstellungen der Empfindungskreise in
der Haut, welche die Erörterungen des §. 19 erläutern. Fig. 4 ist ein
idealer Grenzfall.
Fig. 9. Neuer Stangenzirkel zu Tastversuchen in natürlicher Grösse. Der kürzere
Schenkel (A) kann, durch Druck des Fingers auf die Platte d, nach
unten verschoben werden und kehrt durch die Wirkung der Feder e, von
39
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVII. Bd. III. Hft.
600
Czermak. Physiologische Studien.
selbst in seine frühere Lage zurück. Der längere Schenkel (B) ist an der
Hülse (H) befestigt, welche an der Stange (S) läuft und ein viereckiges
Fenster hat, dessen zugeschärfter unterer Rand mit einem Nonius ver
sehen ist, so dass man an der Stangentheilung den Abstand der Zirkel
spitzen bis auf Zehntel einer Wiener Linie genau ablesen kann. Da der
senkrecht bewegliche kürzere Schenkel (A) durch die Schraube c in
beliebiger Höhe festgestellt werden kann, so dient der Stangenzirkel
eben so gut zur Erzielung gleichzeitiger als ungleichzeitiger Eindrücke.
Vgl. §. i9, ad 2.
Czermak. Physiologische Studien.
d
71"
Aus (Lfck"Ho£u. Staats ärttckerei.
y ,r ^ s.
FW*-
Hornstein. Opposition der Calliope vom Jahre 1856.
601
Vorträge.
Opposition der Calliope im Jahre 18S6.
Von Dr. Karl Hornstein,
Adjunct der k. k. Sternwarte in Wien.
Ich habe schon bei einer früheren Gelegenheit (siehe Sitzungs
berichte der math. - naturw. Classe, Jännerheft und Märzheft 18S5)
die Bahnbestimmung des Planeten Calliope aus den sämmtlichen
Beobachtungen der zwei ersten Erscheinungen (18S2 bis 1854)
mitgetheilt, und zugleich die Mittel beigefügt, die gefundene Bahn
mit Hilfe der Beobachtungen während der dritten Erscheinung ohne
bedeutende Mühe und ohne erheblichen Zeitaufwand verbessern zu
können. Diese Verbesserung durchzuführen und die Ephemeride für
die nächste Opposition im August 1856 zu liefern, ist der Zweck der
folgenden Blätter. Die Vergleichung der während der dritten Er
scheinung im Mai und Juni dieses Jahres angestellten Beobachtungen
mit der im Jännerhefte mitgetheilten Ephemeride hat folgende Ab
weichungen der Ephemeride von den Beobachtungen gegeben:
1853
Beobachtungsort
Beob. — Rechnung’
da
dd
Anmerkungen
Mai 21
. 22
„ 24
„ 24
• 26
» 27
„ 29
Juhi 5
* ä
„ 6
• 7
„ 13
» 13
„ 14
„ 17
Wien
»
Berlin
Wien
Berlin •
Göttingen
Wien . .
Göttingen
Berlin
Göttingen
Berlin . .
+5.'35
4- 87
5- 17
5-33
5-00
4-76
34
93
01
02
26
10
4- 78
5- 75
4-59
-2ä ! 0
25- 1
31-4
26- 8
30-7
30- 3
27-2
16-9
29-4
33-5
23- 0
33-5
36'8
24- 2
31- 1
Ist im Mittel ausge-
sehlossen.
Der Fehler der Ephemeride ist sonach im Mittel:
1855. Juni 3-0 rfa= + 5?095, dS = — 29 ! 14.
602
Hornstein.
Man hat also nach Sitzungsberichte Jännerheft, wenn man den
Grössen x und y die dort gegebene Bedeutung lässt, folgende zwei
Gleichungen:
— 0-75a: — 11-29 2/= + 5-095
+ 4-3 x — 66 - 5 !/ = —29-14, (*)
aus denen x und y zu bestimmen wären. Man überzeugt sich aber
sehr leicht, dass die zweite Gleichung mit der ersten nahezu identisch
ist, sonach beide zusammen nicht genügen, um x und y mit Sicherheit
zu finden, sondern nur eine Unbekannte bestimmen. Ich habe daher
die eine Unbekannte gleich Null gesetzt, und da y nicht Null sein
kann, weil sonst aus den vorhergehenden Gleichungen ein zu grosser
Werth von x folgen würde, durch den die XII Normalorte der eben
erwähnten Abhandlung nicht mehr gut darstellbar wären, so habe
ich x — 0 gesetzt. Es folgt dann aus den beiden Gleichungen (*)
2/ = — 0-4513
und y = — 0-4382.
Berücksichtigt man aber den Umstand, dass der Fehler der
Ephemeride in Bectascension nahe 5 / 2 des Fehlers in Declination
beträgt, und nimmt aus den beiden Wertlien von y das Mittel, indem
man ihnen respective die Gewichte 5 und 2 gibt, so findet man endlich
y — — 0-4476 ,
und damit die Verbesserungen der Elemente:
m=— 16644 2/=+ 74 ! 4
cW= + 178-09 2/ = — 79-7
d$l = + 0 * 24 y = — 0'1
öi= + 0-662/ = — 0-2
8 (loa «) = + 828 y = - 370 ) . . , „ .
L = + 1664 y = - 7001 Emhelten d ‘ Decim ’
Diese Verbesserungen, an die wahrscheinlichsten Elemente der
erwähnten Abhandlung angebracht, geben dann folgendes neue Ele-
mentensystem:
Wahrscheinlichste Elemente aus den Beobachtungen von 1852 bis 1855.
1853 Jänner 0, 0 h mittlere Berliner Zeit.
1»Z= 18 0 48' 23 ! 6
Ttf = 58 11 19-1 )
& = 66 36 55-5 |
i = 13 4451-8
mittl. Äquin. 1853-0
Opposition der Calliope im Jahre 18S6.
603
log a — 0‘4638004
e = 0-1033893
logg.= 2-8343060 (> = 715 ! 0000)
f = 5° 56' 4S ! 27.
Die Normalorte, den 3. Juni 1855 mit eingeschlossen, zeigen
nach diesen folgende Unterschiede zwischen Beobachtung und
Rechnung:
Beob.—Rechnung-.
Datum.
1852. Nov. 25
Dec. 10
„ 18
1863. Jänner 0
. 11
Febr. 14
März 26
1864. Febr. 5
März S
„ 21
April 18
Mai 20
1855. Juni 3
Normalort.
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
XI.
XII.
XIII.
+
+
+
d\
0 ! 0
0-3
1-3
11
1-2
3-7
3'
— 0-
— 2'
— 1-
- 68
0-0
+ 0-7
dß
o-o
+ 1-9
— OS
+ 1-2
— 1-0
+ 0-3
+ 1-6
— 2-4
— 2-3
— 2-3
— 5-9
0-0
+ 0-6.
Mit diesen Elementen wurden die Störungen durch Jupiter und
Saturn bis zur Erscheinung 1856 fortgeführt, und dafür folgende
Werthe gefunden, welche die Variationen der rechtwinkeligen Coor-
dinaten der Calliope vom 0. Jänner 1853 bis zum beigesetzten Datum,
in Einheiten der siebenten Decimale, vorstellen.
1855.
1856.
Nov. 1
Dcc. 1
Jänner 0
„ 30
Febr. 29
März 30
April 29
Mai 29
Juni 28
Juli 28
Aug. 27
Sept. 26
Oct. 26
Nov. 25
6x
+ 23420
+ 24987
+ 26232
+ 27032
+ 27262
+ 26789
+ 25476
+ 23183
+ 19779
+ 15148
-|- 9198
+ 1875
— 6823
— 16833
ö-/
+ 34124
+ 38898
+ 44193
+ 49999
+ 56290
+ 63020
+ 70116
+ 77479
+ 84979
+ 92453
+ 99704
+ 106508
+ 112612
+ 117748
6*
+ 11667
+ 13984
+ 16701
+ 19846
+ 23440
+ 27497
+ 32014
+ 36978
+ 42355
+ 48089
+ 54102
+ 60286
+ 66510
+ 72612
604
Hornstei n.
Unter Berücksichtigung dieser Störungen entstand nach obigen
Elementen die folgende genäherte Jahres- und die genaue Oppo-
sitions - Ephemeride.
Jahres - Ephcmcride der Calliope für 1850.
o>*
mittl. Berl.
Zeit
Scheinbare
AR.
Scheinbare
Declination
Logar. d. Entfernung
von der
Erde
von der
Sonne
Calliope
im
Meridian
Jänner 1
. ii
„ 21
„ 31
Febr. 10
„ 20
März 1
. 11
» 21
„ 31
April 10
n 20
„ 30
Mai 10
» 20
„ 30
9
19
29
9
Juni
Juli
. 19
. 29
Aug. 8
„ 18
» 28
Sept. 7
„ 17
„ 27
7
17
27
6
16
26
6
16
26
36
Oct.
Nov.
Dec.
22 7
22 11
19 k 2 31 s
19 19 49
19 37 6
19 54 15
20 11 12
20 27 52
20 44 9
21 0 0
21 15 20
21 30 5
21 44 10
21 57 30
22 9 58
22 21 27
22 31 48
22 40 52
22 48 26
22 54 16
22 58 7
22 59 43
22 58 56
22 55 38
22 50 0
22 42 28
22 33 48
22 24 59
22 17 4
22 10 56
22 7
22 6
-29° 14'6
12
1
20
6
22 17 3
22 24 49
22 34 8
22 44 42
22 56 19
23 8 48
29
28
28
27
27
26
26
25
25
24
24
23
23
23
23
23
24
24
25
27
28
29
30
31
32
32
31
31
30
29
27
26
24
23
21 16-6
19 24-8
-17 29-3
1- 3
42-6
19- 0
51-3
20- 2
46- 6
11- 7
36-5
2- 4
30-8
3- 2
41- 1
26-3
20-5
25-3
42- 3
12- 6
56-8
54'4
3- 0
18-3
33-8
42-1
35-2
7-0.
14- 5
58-3
20-8
25-2
15- 0
54-0
24-2
47- 2
4- 4
0-6090
0-6082
0-6056
0-6014
0-5956
0-5880
0-5789
0-5680
0-5355
0-5415
0-5258
0-5086
0-4900
0-4699
0-4486
0-4263
0-4033
0-3800
0-3571
0-3353
0-3136
0-2991
0-2869
0-2799
0-2788
0-2835
0-2935
0-3078
0-3254
0-3452
0-3662
0-3875
0-4085
0-4287
0-4479
0-4657
0-4822
0-4971
0-4907
0-4896
0-4885
0-4874
0-4862
0-4849
0-4837
0-4824
0-4811
0-4797
0-4784
0-4770
0-4756
0-4741
0-4727
0-4712
0-4697
0-4682
0-4667
0-4651
0-4636
0-4620
0-4604
0-4589
0-4573
0-4557
0-4541
0-4525
0-4509
0-4493
0-4477
0-4462
0-4446
0-4431
0:4416
0-4400
0-4386
0-4371
0 h
23
23
23
21 “4
57-0
34-9
12-6
22 50-2
22
22
21
21
20
20
20
19
19
18
18
17
17
16
15
13
14
13
12
12
11
10
9
9
8
7
7
6
6
5
27- 4
4- 3
40-8
16-7
52-0
26-6
0-4
33- 5
5- 6
36-4
6- 0
34- 1
0-4
24-6
46-9
6-5
23-8
38-8
51-9
3-9
15-9
28- 8
43-5
0-6
20-1
42-2
6-7
33-4
t -8
31-8
5 3-0
4 35-2
4 8-4
Opposition der Calliope im Jahre 1856.
605
Ojijiositions-Epheineride der Calliope für 1856.
0 h
mittl. Berl.
Zeit
Scheinbare
AR.
Scheinbare
Declination
Logar. d. Entfernung 1
von der
Erde
von der
Sonne
Aug. 10
„ n
» 12
. 13
„ 14
. is
. 16
» 17
» 18
. 19
. 20
„ 21
> 22
„ 23
» 24
» 25
„ 26
„ 27
„ 28
* 29
„ 30
31
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
Sepi
22 1 '
48”
47
47
46
45
44
44
43
42
41
40
39
39
38
37
36
35
34
33
32
32
31
30
29
28
27
26
25
24
24
23
22
21
20
20
19
18
17
17
16
15
14
14
13
22 13
37! 72
54-89
11-02
26- 17
40-38
53- 70
6- 17
17-82
28-73
38- 95
48-50
57-46
5- 89
13- 85
21-38
28-56
35-44
42-11
48-60
54- 99
1-34
7- 73
14- 22
20- 89
27- 79
35-00
42- 58
50- 59
59-10
8- 16
17-83
28- 17
39- 24
51- 08
3-75
17-31
31-80
47-26
3-75
21- 31
39-98
59-81
20-82
43- 08
6- 60
-29o 48'
-29 55
-30
2
9
16
22
29
35
42
54
—30 59
—31 5
10
16
21
26
30
35
39
43
47
50
53
57
-31 59
-32 2
4
6
8
10
11
12
13
14
14
14
14
14
13
13
12
10
9
7
—32
19 : 1
26-0
26- 9
21-3
8-9'
49- 1
21-5
45- 6
1-1
7-3
4- 1
50- 8
27- 2
52-8
7-2
10-0
0-9
39-5
5- 5
18-6
18-5
5-0
37-7
56-5
1-1
51- 5
27-3
48-6
55- 2
47-1
24-2
46- 5
54-0
46- 7
24-7
47- 9
56- 5
50-5
29-9
54-9
5-7
2-3
44-6
13-2
27-8
0-2850377
0-2842026
0-2834245
0-2827009
0-2820334
0-2814224
0-2808684
0-2803719
0-2799332
0-2795528
0-2792308
0-2789676
0-2787633
0-2786183
0-2785325
0-2785061
0-2785389
0-2786311
0-2787826
0-2789933
0-2792629
0-2795910
0-2799770
0-2804204
0-2809204
0-2814768
0-2820889
0-2827560
0-2834772
0-2842516
0-2850785
0-2859571
0-2868865
0-2878655
0-2888935
0-2899693
0-2910919
0-2922603
0-2934737
0-2947310
0-2960312
0-2973732
0-2987560
0-3001788
0-3016405
0-4601298
0-4599716
0-4598133
0-4596551
0-4594968
0-4593384
0-4591799
0-4590215
0-4588630
0-4587044
0-4585457
0-4583871
0-4582284
0-4580695
0-4579106
0-4577517
0-4575928
0-4574338
0-4572747
0-4571157
0-4569566
0-4567975
0-4566384
0-4564793
0-4563202
0-4561609
0-4560016
0-4558423
0-4556830
0-4555237
0-4553644
0-4552051
0-4550458
0-4548865
0-4557272
0-4555679
0-4544086
0-4542493
0-4540900
0-4539306
0-4537712
0-4536119
0-4534526
0-4532933
0-4531340
606
Hornstein.
Opposition am 21. August um 20 h lö"^.
Ich werde nun noch das Notlüge vorbereiten, um aus der Oppo
sition 1S56 die Unbekannte x finden zu können. Multiplicirt man
von den zwei Gleichungen für x und y. so wie sie oben angeführt sind,
die erste mit 15, um alles in Bogen umzusetzen, so hat man dann:
— ll ! 2S.v —169 ! 3St/= + 76 r 42
+ 4'S x + 66-8 2/= — 29'14.
Sucht man aus diesen den wahrscheinlichsten Werth für y,
indem man x als unbestimmt betrachtet, so findet man
y = — 0-4495 — 0-0666 a:.
Mit diesem Werthe von y wären die übrigbleibenden Fehler am
3. Juni 1855:
da = + 0 ! 3 — 0 ! 01 x
dö = + 0-7 + 0-08 x,
woraus man sehr deutlich sieht, welch geringen Einfluss das x auf
die Beobachtungen in der letzten Opposition hat, und wie wenig
Sicherheit es bieten würde, den Werth dieser Unbekannten aus
obigen Gleichungen zu suchen. Man kann daher einstweilen x = o
annehmen, woraus y — —0 4495 folgt. Substituirt man diese Werthe
in den Schlussformeln meiner ersten Arbeit über Calliope (Sitzungs
berichte 1855, Jännerheft), so erhält man dadurch die Correctionen
der dort gegebenen wahrscheinlichsten Elemente. Die so erhaltenen
Elemente, so wie das eben gefundene y stimmen aber fast vollkommen
mit den oben gefundenen Werthen derselben Grössen überein, und
dasselbe müsste auch mit den Ephemeriden der Fall sein, die nach
beiden Systemen von Elementen gerechnet würden. In der That
könnte das Argument der Breite für die Opposition 1856 nur etwa
i / 2 Secunde verschieden sein, und da auch die Länge des auf
steigenden Knotens und die Neigung der Bahn in beiden Fällen
nahe gleichen Werth haben, so könnten auch die heliocentrischen,
rechtwinkeligen Coordinaten, so wie der geocentrische Ort des Pla
neten kaum beträchtlich grössere Abweichungen zeigen. Da nun die
oben gegebene Ephemeride bereits gerechnet war, ehe ich die Ablei
tung des y bei unbestimmt gelassenem x vorgenommen, so habe ich
es dem eben Gesagten zufolge, für überflüssig erachtet, eine zweite
Ephemeride zu rechnen, und ich lasse die erste ohne weiters für
y = — 0'4495 gelten.
Opposition der Calliope im Jahre 1856.
607
Sollte nun diese Ephemeride (18S6) noch eine Abweichung von
einigen Bogenseeunden zeigen (eine grössere Abweichung möchte
ich kaum für möglich halten), so wird dieser Fehler geeignet sein,
die Grösse x zu bestimmen. Um dies zu leisten, und so die Elemente
im Jännerhefte 18S5 noch an die vierte Opposition anzuschliessen,
folgen hier die Correctionen der Ephemeride, wenn x von Null ver
schieden wäre.
Tafel zur Corredion der Ephemeride.
1836
August 8
18
28
Sept. 7
17
27
in AR.
— 11'47 X
— 11-91 X
— 12-01 x
— 11-83 x
— 11-47 x
— 10-92 x
in Deel.
— 51 ! 5 X
— 48-9 x
— 44-2 x
— 39-2 a:
— 33-2 x
— 32-1 .r.
Hat man durch Vergleichung mit den Beobachtungen die Fehler
der Ephemeride gefunden, die in dem Sinne „Beobachtung weniger
Rechnung“ genommen da und do heissen sollen, und nennt man die
Coefficienten von x aus dieser Tafel für das entsprechende Datum
\ und vj, so hat man zur Auffindung von x die beiden Gleichungen
\x = da., vjx = dd.
Mit dem hieraus resultirenden x erhält man dann y aus
y — — 0-4493 — 0-0666 x
und mit beiden dann die Verbesserungen der Elemente aus:
m = — 220 ! 63 .r — 166 : 14 y
ö<Cf = + 272-27 * + 178-09 y
= + 0-96 x + O-Uy
di — — 0-11 x + 0-36 y
5 (log d) = -f- 374 x + 828 y ) Einheiten der
de = — 398 x + 1364 y 1 7. Decimale
welche Correctionen an die folgenden Elemente anzubringen sind:
1833 Jiinner 0, 0 h mittlere Berl. Zeit.
M = 18° 47' 9 ; 2
‘Cf = 38 12 38-8 ) niitti. Aqüin.
Jl = 66 36 33-6 ) 1833-0
i == 13 44 32-0
log a = 0-4638374
e — 0-1036393
? == 3° 36' 39 J 75
ii == 7l4 r 9083. (S. Sitzungsb. 1833, Jännerh.)
608
Hornstein.
Mail sieht aus dem Vorhergehenden, dass ich es versuchte, die
bisher bei Calliope in Anwendung gebrachte Methode, die Verbesse
rung nur zweier Unbekannten, nämlich zweier schicklich gewählter
Distanzen von der Erde, zur Correction der Elemente zu benützen,
noch auf die vierte Opposition auszudehnen. Sollte sich dieses Ver
fahren durch die gute Übereinstimmung der Ephemeride und durch
eine entsprechende Sicherheit, mit der die Unbekannte x aus
dieser vierten Opposition resultiren wird, als zweckmässig her-
ausstellen, so werde ich es noch weiter gebrauchen, indem
dadurch die für diesen Planeten nöthige Mühe auf ein Kleinstes
gebracht ist.
Dieselbe Methode könnte nach meiner Meinung auch in anderen
Fällen grossen Nutzen stiften und insbesondere sehr häufig zur Be
quemlichkeit der Beobachter beitragen, was bei einem Andrange von
neuentdeckten Himmelskörpern ein sehr schätzenswerther Vortheil
ist. Zugleich würde sich dadurch nicht selten die lästige Wieder
holung erster genäherter Bahnbestimmungen vermeiden lassen, die
doch meistens nothwendig ist, indem die erste Ephemeride, sowohl
bei Planeten als bei Cometen, in der Regel in kürzester Zeit schon
beträchtliche Abweichungen zu erkennen gibt. Wäre nun dieser
ersten Ephemeride sogleich ein Täfelchen beigegeben,
wodurch eine Verb esserung derselben ermöglicht wird,
wie die oben gegebene Tafel für Calliope, so könnte jeder Beobachter
mit einem Zeitaufwande von nur wenigen Minuten sich die Ephemeride
auf längere Zeit im Vorhinein selbst corrigiren, sobald er nur Eine
Beobachtung zu Gebote stehen hat, die ihm die Abweichung der
Ephemeride für irgend einen Beobachtungstag liefert. Vielleicht
könnte in vielen Fällen das erste Elementensystem, bei welchem die
zu Grunde liegenden Beobachtungen kaum ein Zeitintervall von einigen
Wochen umfassen, genügen, um einen Planeten, während seiner
ganzen ersten Erscheinung zu verfolgen, indem für den Beobachter
ein mässiger Grad von Genauigkeit hinreicht den Planeten zu finden.
Und gerade dieser letzte Umstand wird die Anwendung der Methode
selbst dann erlauben, wenn der von dem Himmelskörper zurück
gelegte Bogen noch klein ist, was nicht mehr gut anginge, wenn die
grösste Schärfe verlangt würde. Ich werde dies an dem zweiten
Cometen von 1834 (dem grossen Cometen vom April) zeigen. Aus
den vier Wiener Beobachtungen vom 1., 2., 4. und 3. April, die also
Opposition der Caliiope im Jahre 1856.
609
ein Intervall von nur vier Tagen umschliessen, fand ich die
folgenden parabolischen Elemente (Astron. Nachr., 38. Band):
T — 1854 März 24■ 06022 mittlere Berliner Zeit.
‘Cf = 213° 47' 53 ; 4 ) scheinb. Äquin.
ü = 31S 26 49-8) 18S4, 3. April
i = 82 22 40-9 (I)
log r/ = 9-4423344
Helioe. Bew. retrograd.
Zugleich fand sich während der Rechnung, dass eine gewisse
Änderung des Verhältnisses der Distanzen des Cometen von der Erde
am 1. und 5. April folgende Änderungen in den Elementen hervorbringt:
8T == — 0/02331
= + 1» 7' 27 7 27
6a>— + 0 29 48-61
di = + 3 13 3-91
8 (log cf) = — 37340. (Einheiten der 7. Decim.)
Ändert man also dieses Verhältniss um das xfache, so hat man
folgende gleichzeitige Variationen der Elemente:
8T = — 0102331 x
8vi = + 4047 7 27 x
8ü = + 1788-61 x (II)
8i = + 11383-91 x
8 (log cf) — — 37340 x. (Einheiten der 7. Decim.)
Berechnet man nun mit den Elementen (I) die Ephemeride und
sucht zugleich die Änderungen, welche die geocentrisehe Rect-
ascension und Declination durch die unter (II) angeführten Variationen
der Elemente erfährt, so erhält die Ephemeride die folgende Form:
1834
Scheinbare
AR.
Correction
der AR.
Scheinbare
Declination
Correction
der
Declination
Logar. d.
Entf.
v. d. Erde
April 8
. 9
» io
» H
* 12
„ 13
„ 14
„ 15
„ 16
» 17
„ 18
„ 19
. 20
14”
24
33
41
49
57
4
10
16
22
28
33
38
30 fO
12- 7
17- 1
43-9
42-0
8-0
6-3
39-0
48-7
36-9
6-3
18- 4
13- 3
+
+
+
23f2.v
34-8 x
46 ■ 9 x
39-6 x
+ 72-7.t
-f- 86 • 4 .r
+ 100-0 x
4-113-4#
+ 126-3 x
+ 139-3 x
+ 131•7x
+ 163-5 x
-j- 174-3 x
+ 12°38' 10'
+ 11 37 14
+ 10 37 32
+ 9 39 14
8 42 40
7 47 52
6 55 13
6 4 45
5 16 20
4 29 57
3 45 36
3 3 11
2 22. 40
+
- 114"#
- 185 x
- 264 x
- 351 x
- 442 x
■ 542 x
■ 639 x
- 739 x
838 x
- 937 x
1032 x
■1123 x
•1208 x
9-95848
9-97343
9-99381
0-01297
0-03237
0-05165
0-07038
610
Hornstein.
Alles ist nur mit fünfstelligen Tafeln gerechnet, unddieEpheme-
ride Messe sich in dieser Weise noch weiter fortsetzen. Vergleicht man
diese Ephemeride mit den auf der Wiener Sternwarte gemachten
Beobachtungen (Astr. Nachr., 38. Band), so erhält man (ohne
Berücksichtigung der Aberration und Parallaxe, da d& Elemente auch
in derselben Weise abgeleitet sind) :
Beob.—Rechnung.
1834
da
+ 1 ?2
+ 1-5
+ 1-7
+ 2-0
+ 2-8
+ 3-5
April 8-324
+ 1
9-326
10- 325
11- 332
13- 342
14- 333
15- 340
18- 344
19- 338
— 8
- 16
— 16
— 26
— 38
— 42
— 52
+ 4-2
+ 5-0
+ 6-3
Aus jeder dieser Beobachtungen, besonders dort wo die Abwei
chungen schon grösser werden, geht hervor, dass x nahe = -f-
gesetzt, die Fehler sowohl in Rectascension als in Declination
ziemlich entfernt t). Aus allen Beobachtungen findet sich der
wahrscheinlichste Werth von x
x= + 0-0373.
Mit diesem werden die verbesserten Elemente:
' T = 1854 März 24-05926 mittlere Berl. Zeit
scheinbares Äquin. 1854, 3. April
i= 82 29 53-0
log r/ = 9-4423952
Helioc. Bew. retrograd,
wobei noch folgende Abweichungen von den Beobachtungen bleiben:
da
+ 012
d3
+ 6
— 1
1854
April 8
+ 0-1
9
10
11
6
— 0-1
— 0-3
3
*) Vielleicht ist es etwas zu weit gegangen, immerhin aber möglich, in dem Umstande
dass die Rectascensionsfehler das x nahezu = V30, die Declinationsfeliler aber nahe
— V20 v erlangen, eine schwache Andeutung einer Abweichung von der Parabel
zu erkennen.
Opposition der Cailiope im Jahre 1836.
611
13
14
15
18
19
— o;s
— 0-3
— 0-2
— 0-8
+ 0-1
— s
— 14
— 14
— 13
Nimmt man anf den Umstand Rücksicht, dass die Elemente (I)
nur aus einem Intervalle von 4 Tagen abgeleitet sind, so kann man
mit diesen Abweichungen wohl zufrieden sein. Vergleicht man die
letzten Elemente mit denen von Ch. Mathieu (Astr. Nachr., 38. Bd.,
S. 347), die aus 42 Beobachtungen (6 Normalorten) abgeleitet sind,
so findet man folgende höchst geringe Unterschiede:
8T — + Of 00768
d<of = + 1' 11"
oft = 0 30
di = — 2 SO
8 (log «/) = — 0-0001S99,
welche anMathi eu’sElemente angebracht, diemeinigen geben. Mehr
dürfte man von einer ersten Bahnbestimmung kaum verlangen können.
Bedenkt man, wie wenig Zeit es kostet, bei Planetenbahnen mit einer
Hypothese über zwei Distanzen von der Erde, Elemente zu erhalten,
— eine Rechnung die nicht viel mehr als eine Octavseite in Anspruch
nimmt — so wird man kein Bedenken tragen, auch bei den Asteroiden
den ersten genäherten Ephemeriden die betreffenden Mittel zur
Verbesserung derselben und der Elemente beizufügen, und so häufig
einer wiederholten Rechnung der Elemente auszuweichen.
612 Hörn es. Über einige neue Gastropoden aus den östlichen Alpen.
Über einige neue Gastropoden aus den östlichen Alpen.
Von Dr. M. Hörne s.
(Eine für. die Denkschriften bestimmte Abhandlung.)
Diese Abhandlung schliesst sich an die im IX. Bande der
Denkschriften enthaltene Mittheilung von Dr. Hörnes „Über die
Molluskenfauna der Hallstätter Schichten“ an, und
enthält die Beschreibung und Abbildung mehrerer neuer sehr
charakteristischer Formen, nämlich erstens aus dem dolomitischen
Kalkstein vom Wildanger im Issthal bei Hall in Tirol, ferner aus
dem erzführenden Kalke des Bergbaues bei Unterpetzen nächst
Schwarzenbach in Kärnten, endlich anhangsweise zweier neuer
bemerkenswerther Gastropoden aus der Gosauformation.
Über Auftreibung und Bersten der Haare, eine eigenthümliche
Erkrankung des Haarschaftes.
Von Hermann Beigel,
Mitglied der kais. kön. Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher.
(Mit I Tafel.)
(Vorgetragen in der Sitzung vom 4. October 18S5.)
Es gibt gewiss eine grosse Anzahl von Erkrankungen, besonders
der Haut, Nägel und Haare des menschlichen Körpers, welche gar
nicht zur Beobachtung kommen, weil sie entweder keine, oder nur
äusserst geringe Unbequemlichkeiten oder Schmerzen mit sich führen,
so dass es sich in der That kaum lohnt, dieserhalb ärztliche Hilfe in
Anspruch zu nehmen. Daher kann nur der Zufall derlei Erkrankungen
der wissenschaftlichen Beobachtung und Untersuchung überliefern,
und dieser muss dann um so freudiger begrüsst werden. Es sei mir
darum gestattet, einige Notizen über eine ganz eigenthümliche,
meines Wissens noeh nicht beobachtete, wenigstens noch nicht
beschriebene, Erkrankung des Haarschaftes mitzutheilen, die mir der
Zufall zunächst dadurch in die Hände spielte, dass er sie an meinem
eigenen Barte hat vor sich gehen lassen.
Über Auftreibung; und Bersten der Haare.
613
Es handelt sich um eine selbstständige Erkrankung des Haar
schaftes, während die Haarzwiebel sowohl als die Umgebung derselben
vollkommen intact geblieben sind. — Selbstständige Erkrankungen
des Haarschaftes sind bisher noch nicht constatirt. Die von Willan
als Porrigo decalvans, von Gruby als Phyto-Alopecia, von anderen
Autoren als Alopecia circumscripta beschriebene Krankheit kann
hier nicht mitzählen , weil dabei das Ausfallen und Abbrechen der
Haare, nach Gruby, auf eine Entwickelung von kryptogamischen
Gewächsen, welche sich scheidenartig um das Haar über der Haut
oberfläche bilden, beruht.
Auch der Weichselzopf kann nicht in Betracht kommen, denn
dieser ist eine durchaus constitutionelle Krankheit; alle anderen
Erkrankungen der Haare aber haben entweder in der Erkrankung der
Haarzwiebel oder ihrer Umgegend ihren Grund.
Was nun das Object meiner vorliegenden Untersuchung betrifft,
so stellt sich dasselbe in folgender Weise dar. Ich habe die Erkran
kung zweimal, einmal, wie bereits bemerkt, bei mir selbst und dann
bei einem jungen Italiener beobachtet, beide Male beschränkte sie
sich auf die Haare des Bartes, und hier war wieder vorzugsweise der
Schnurr- und Kinnbart am stärksten ergriffen. Die Haare des Kopfes,
des Regio pubis und der anderen Körperstellen sind durchaus ver
schont geblieben. Der Bart sieht an den befallenen Stellen glanzlos,
matt, struppig aus; ist trocken auzufühlen, erscheint wiegerupft,
oder so wie Hebra das Aussehen der Haare heim Herpes tonsurans
beschreibt, als wenn sie ein des Haarschneidens unkundiges Individuum
geschnitten und sogenannte Stufen gemacht hätte. Betrachtet man
eines dieser Haare mit blossem Auge, dann bemerkt man an ihm Nichts
weiter, als dass sich der Haarschaft durch einige weisse Punkte, die
perlschnurartig an einander gereiht sind, auszeichnet. Das Ausreissen
der Haare mittelst einer Pinzette geht nicht leichter als bei gesunden.
Bringt man ein so punktirtes Haar unter das Mikroskop, dann präsen-
tirt sich das durch Fig. 1 dargestellte Bild. Hat man nämlich ein
günstiges Object gefasst, was bei dem reichen Materiale nicht schwer
hält, so kann man die verschiedenen Entwickelungsstufen der Erkran
kung genau sehen. Sie beginnt damit, dass das Pigment der Mark
zellen an vielen Stellen des Haares schwindet und die Marksubstanz
selber nur durch schwache, blasse Contouren erkenntlich ist, welche
auf Einwirkung von Kalilösung ganz schwinden. Wo ein solcher, mit
614
Beitel.
blossem Auge sichtbarer Punkt vorhanden ist, erscheint das Haar unter
dem Mikroskope bald mehr, bald minder stark aufgetrieben, so dass
die Stelle das Ansehen einer Zwiebel gewinnt, die nach beiden Rich
tungen hin Fortsätze hat. Die aufgetriebene Stelle erscheint dunkel,
undurchsichtig, wird aber auf Einwirkung von Kalilösung durch
sichtiger. Im Verfolge drängt sich die Ansicht auf, dass innerhalb des
Haares Etwas vorhanden sein müsse, welches einen allseitigen Druck
nach aussen hin ausübt und die Corticalsubstanz der Haare allseitig
auseinandertreibt. In geringem Grade, so dass sie kaum bemerkbar,
ist die Auftreibung nur selten anzutreffen.
Meist ist dieselbe sehr beträchtlich und erreicht die Spannung
einen sehr hohen Grad, dann beginnen sich einzelne Fasern an der
Peripherie des Haares, welche die Spannung nicht aushalten können,
abzulösen (Fig. 1 c), bis endlich der Druck von innen so stark
wird, dass das Haar an der aufgetriebenen Stelle in seinem ganzen
Umfange berstet (Fig. 1 d), dann steckten die einzelnen Haar-
elemente borstenartig nach allen Seiten heraus; ihre Contouren sind
rauh, uneben und in ihrem Innern sieht man kleine, dunkle Körnchen,
die meist aus Fett bestehen und durch Alkalien oder Äther verschwin
den. Eine solche geberstete Stelle hat das charakteristische Ansehen
von zwei Besen, die mit ihren dicken Enden in einander gestellt sind.
Manche dieser Stellen sind ganz zerrissen, an den Rändern defect
und lassen auf eine relativ bedeutende Gewalt schliessen, welche das
Bersten zu Stande gebracht bat. An vielen Haaren habe ich bis zehn
solcher Punkte von der verschiedensten Entwickelung gezählt. Dieselben
befinden sich aber niemals am unteren Theile des Haares, in der Nähe
der Haarzwiebel, sondern meist, und wenn nur wenige vorhanden
sind immer, am oberen Drittel, höchstens an der oberen Hälfte des
Haares. Erwähnenswertli ist, dass sich nur äusserst selten eine auf
getriebene Stelle unter einer ganz gebersteten findet, meist umge
kehrt. Jedes affieirte Haar ist an einem solchen Punkte abgebrochen,
so dass das Ende besenartig erscheint (Fig. 1 «).
Übt man an einem erkrankten Haare einen gelinden Zug aus,
dann reisst es leicht und immer an einem afficirten Punkte ab. Wie
bereits bemerkt, ist der untere Theil des Haares stets intact, auch am
Bulbus habe ich niemals etwas Krankhaftes entdecken können.
Die Entwickelung des Processes beginnt unbedingt im Innern
des Haares und zwar in der Marksubstanz, die zuerst aufgetrieben
Uber Auftreibung und Bersten der Haare.
615
wird, berstet und zu zerfallen scheint. Manchmal findet man, dass
nur die, Marksubstanz an verschiedenen Stellen und in verschiedenen
Graden spindelförmig aufgetrieben ist, ohne dass hierzu eine entspre
chende Auftreibung auch der umgebenden Corticalsubstanz vorhanden
wäre, in vielen Fällen hingegen correspondirt die Auftreibung des
Markes mit der der Rindensubstanz des Haares (Fig. 2). Das ist aber
der seltenere Fall, denn in der überwiegenden Mehrzahl ist, wo
bereits eine Auftreibung des Haares vorhanden, die Marksubstanz schon
verloren gegangen, und nur hin und wieder sind noch einzelne Über
reste derselben anzutreffen.
Was nun die Ursache dieser Erkrankung sein mag, hat
bisher nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden können. Mari könnte
leicht geneigt sein zu glauben, dass man es auch hier mit einer
Pilzbildung zu thun habe, allein selbst mit den stärksten Vergrösse-
rungen habe ich nichts Pilzartiges, weder innerhalb noch in der
Umgebung der Haare, oder im Haarbalge entdecken können. Wenn
Hypothesen überhaupt bei derartigen Untersuchungen zulässig
sind, dann dürfte vielleicht die Annahme einer im Innern, in Folge
Zersetzung der Marksubstanz , stattfindenden Gasentwickelung die
meiste Wahrscheinlichkeit für sich haben. Wenigstens machen die
angeführten Erscheinungen die Ansicht nicht geradezu verwerflich.
Aber noch ein anderes Moment tritt dieser Hypothese zur Seite.
Behandelt man nämlich gesunde Haare und solche, die von der
Erkrankung ergriffen sind, unter dem Mikroskope mit concentrirter
Säure, namentlich mit Salzsäure oder mit Salpetersäure, dann
erscheinen unter dem Deckgläschen beim gesunden Haare eine
Menge kleiner Luftbläschen, während aus dem kranken eine weit
grössere Zahl sehr grosser Blasen aufsteigen. Dies scheint nicht
allein davon herzukommen, dass beim erkrankten Haare aus den
gebersteten Haarelemeuten durch die Säure mehr Luft ausgetrieben
wird als beim gesunden, denn die Erscheinung tritt auch dann noch
in einer auffallenden Weise ein, wenn man das erkrankte Haar,
vor der Behandlung mit Säure, unter die Luftpumpe gebracht hat.
Da wir indessen keine Mittel besitzen, um Gasarten unter dem
Mikroskope zu erkennen, so lege ich auf diese Erscheinung, die
ich anführen zu müssen glaubte, auch keinen besonderen Werth.
Wenngleich die Erkrankung in dem an mir selbst beobachteten
Falle so unbedeutend war, dass sie weder irgend eine Unannehm-
40
Sitzb. d. mathem.-natnrw. €1. XVII. Bd. III. Hfl.
616
Beitel.
lichkeit, noch Unbequemlichkeit mit sicli führte, so scheint es mir
doch als könnte sie durch ihre Ausbreitung' einen Grad erreichen,
der allerdings unangenehm und dann Gegenstand der Praxis werden
kann. So hatte z. ß. schon in dem zweiten von mir beobachteten
Falle der Bart ein so unangenehmes Aussehen, dass Mancher die
vielen weissen Punkte für sogenannte Nisse hielt, was dem jungen
Manne in der That nicht gerade angenehm sein konnte.
Mit diesen Nissen könnte, bei der Erkennung der Krankheit
noch der Herpes tonsurans concurriren, der mit derselben aller
dings in der äusseren Erscheinung eine grosse Ähnlichkeit dar
bietet. — An behaarten Hautstellen, sagt Hebra, äussert sich
der Herpes tonsurans hauptsächlich dadurch, dass einzelne um
schriebene Stellen mit glanzlosen, trocken anzufühlenden, strup
pigen Haaren von ungleicher Länge — als ob sie ein des Haar
schneidens unkundiges Individuum geschnitten und sogenannte
Treppen gemacht hätte — bedeckt erscheinen, welche öfters auch
theilweise schon ausgefallen sind und dann die die Epidermis
bedeckende, weissgelb bis braungelben, papierdünnen, trockenen,
kleienfürmigen Schüppchen zeigen, die oft an derlei Stellen ein
bis mehrere Linien hoch angehäuft, fest auf einander sitzend Vor
kommen und dann, wenn man will, eine Ähnlichkeit mit einem
Schildchen (scutulum) haben , woher der Name Porrigo scutellata
Willani seine Erklärung findet. Beim Vorkommen des Herpes
tonsurans am behaarten Kopfe oder an anderen behaarten Theilen
des Körpers geben also diese Erscheinungen, die Beschaffenheit der
Haare, die an umschriebenen Stellen von verschiedener Länge,
glanzlos, weniger pigmentreich erscheinen, so wie die angesammel
ten Schuppen, Schuppengrinde und Schörfchen den gewünschten
Aufschluss, Innerhalb der Haare und zwischen den Epidermis-
Schuppen findet constant eine Entwickelung von Pilzen Statt.
Dieses constante Vorkommen von Pilzen beim Herpes tonsurans
einerseits, die Auftreibungen, die gebersteten Stellen und die gänz
liche Abwesenheit von Pilzen bei der von mir beobachteten Krankheit
andererseits würde die Diagnose sichern. Alle anderen Symptome
können auf beide Zustände passen. Denn auch die kleienförmigen
Schüppchen waren, bei mir wenigstens, vorhanden, aber schon seit
Jahren, während die Erkrankung der Haare seit etwa vier Monaten
datirt, und kleine Schörfchen könnten ja auch leicht aus andern
Beigel. Über Auftreibung und Bersten der Haare.
H.Beigelfec.
Sitzungsb. d.k.Akad.dlümaHuiaturw'. CLXVH.BdB.Keft. 1865.
Ac litHof.it Staatsärtitfeiei
Über Auftreibung 1 und Bersten der Haare. 617
Gründen vorhanden sein. Unbedingte Gewissheit gibt also in beiden
Fällen nur das Mikroskop.
Auch über die Therapie kann ich schon einige Worte anfüh
ren. In dem zweiten von mir beobachteten Falle sind nämlich, bevor
er zu meiner Beobachtung kam, kaustische Waschungen und andere
Mittel, natürlich ohne Erfolg, angewendet worden, und da dem jungen
Mann später das Aussehen seines Bartes wirklich genirte, so musste
er sich dazu entschliessen, ihn zu rasiren und vertrauensvoll dem
Wachsthume eines neuen Bartes entgegenzusehen. Der Erfolg war
ein günstiger, denn an dem neuen Barte, dessen Wuchs stark und
voll ist, hat sich bisher keine krankhafte Erscheinung weiter einge
stellt und die Haare sind wieder geschmeidig und glanzvoll wie sie
im weiland Barte vor der Erkrankung gewesen sind.
40 4
618
Gesammmt-Sitzung'.
AUS DER GESAMMT-SITZUNG VOM 26. MAI 18156.
In der Gesammt-Sitzung der kaiserl. Akademie am 26. Mai d. J.
zu welcher auch die auswärtigen wirklichen Mitglieder einherufen
worden waren, hat dieselbe die zur Wiederbesetzung der erledigten
Stellen nöthigen Wahlen vorgenommen, und durch ihren hohen
Curator Sr. k. k. Apost. Majestät zur Genehmigung allerunterthänigst
unterbreitet.
Mit allerhöchster Entschliessung vom 18. October d. J. erfolgten
sonach die Ernennungen:
I. in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe
des correspondirenden Mitgliedes, Herrn Professors Franz Leydolt,
zum wirklichen;
des Directors der kaiserl. russischen Haupt-Sternwarte zu Pulkawa,
Herrn F. G. W. v. Struve, zum ausländischen Ehrenmit-
gliede;
des Herrn Professors J. Gottlieb in Gratz, zum inländischen und
des Herrn Professors Joh. Hausmann in Göttingen, zum ausländi
schen correspondirenden Mitgliede.
II. In der philosophisch-historischen Classe
des correspondirenden Mitgliedes, Herrn Gottlieh Freiherrn von
Ankershofen zu Klagenfurt, zum wirklichen Mitgliede;
des Herrn Professors August Boeckh in Berlin, zum ausländischen
Ehrenmitgliede;
des Herrn Professors Joseph Asch hach in Wien, zum inländischen
correspondirenden Mitgliede; dann
der Herren Wilhelm Wattenbach in Berlin und Edelestand du
Meril in Paris, zu ausländischen correspondirenden Mit
gliedern.
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
619
VERZEICHNIS
DER
EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(AUGUST, SEPTEMBER, OCTOBER.)
Academie d’Archeologie de Belgique. Annales, Vol. XII, livr. 1, 2.
Academie nationale de Medecine. Memoires, T. 18, 19. Bulletin,
Vol. 1—4, 6—9, 14—16.
Academie des Sciences etc. de Lyon. Memoires. Classe des Scien
ces, Vol. III; classe des lettres, Vol. III.
Aichho rn, Sigmund, das Mineralien - Cabinet am steiermärkisch-
ständischen Joanneum zu Gratz. Gratz 1855; 8 0-
— Einleitung in das Studium der Naturgeschichte. Gratz 1855; 8°-
— Anleitung zur Flächenzeichnung einfacher Krystallgestalten.
Wien 1855; 8°-
Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Abhandlungen. 1854.
Monatsberichte, Juli, August.
Akademie, kön. bayerische. Almanach 1855. Gelehrte Anzeigen.
Vol. 39.
Almanacco Reale del regno delle due Sicilie per 1’anno 1854.
Napoli; 8 0-
3ntert§um8*9Serein in Sünebutg, ®ie Stltertfmmer bet* @tabt Süne*
bürg unb beä Ätofierä Süne. Sief. 1, 2. Süneburg 1852—54. gtol.
Annalen der Chemie und Pharmacie. Bd. 95, Hft. 1—3.
Annales des mines. 1854. livr. 6.
Annales de V Observatoire physique centrale de Russie 1852.
St. Petersbourg 1854; 4 0,
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1855. Nr. 7, 8, 9.
Archiv der Mathematik und Physik von Grunert. Bd.XXIV, Hft. 4.
620
Y r erzeichniss
Archives des missions scientifiques et litteraires etc.Vol.IV, cab. 3.
Ateneo veneto, Vol. I—V, VI, fase. 2; VII, fase. 1.
©atling, tot 3. ©te ®äfjrung§djemie, ttnffenfdjafttidj begrunbet
unb in i^rerSlntoenbnng auf bie Bierbrauerei. 2 Sbe. *Pragl8o4; 8 0-
Secferä, Hubert, ©enfrebe auf fyriebr. Sßittj. 3iof. b. ©djeütng.
ÜRündjen 1855; 4»-
Beigel, Hermann, Untersuchungen über Harn- und Harnstoff
mengen, welche von Gesunden ausgeschieden werden etc.
Gekrönte Preisschrift. Breslau 1834; 4°-
Beobachtungen, magnetifdje unb meteorologifdje, ju $rag. §erau§=
gegeben »ott Böf>m unb Äuneö. 13. Saljrgang.
SB e r i d) t ber ©irection bet SentraU ©efettfdjaft für Stad)»* unb £anf=
Guftur. 1833; 8»-
Bizio, B., Circa il modo onde sono da vedersi i fenomeni capillari
in rispetto alla eostituzione dinamica de' liquidi. Venezia
1832; 8»-
Brunius, C. G., Nordens äldsta Metropolitankyrka eller historik
och arkitektonisk Beskrifning om Lunds Domkyrka. Lund
1834; 8°-
Brünn ow, S., Tafeln der Flora, mit Berücksichtigung der Störungen
durch Jupiter und Saturn. Berlin 1833; 4°-
Bulletin du eomite de la langue de 1'histoire et des arts de la
France. T. II, No. 4, 5.
Bulletin des societes savants, missions, scientifiques et litteraires.
T. II. Nr. 4, 5.
Buys-Ballot, C. H. D., Meteorologische Waarnemingen in Neder-
land etc. Jahrg. 1833 und 34. Utrecht; 4°-
Cimento, il nuovo, Juni — August.
Cittadella-Vigodarzere (Grafv.), Rapporto sulle memorie pre-
sentate al concorso per la soluzione di un quesito di letteratura
proposto dalP I. R. Istituto Veneto. Venezia 1835; 8°-
Cooke, Josiah, On new crystalline compounds of Zinc and Anti-
mony. Cambridge 1835; 4°.
Cosmos, Vol. VII, No. 7—18.
©rojjbadj, 9)1., ©a§ SBefen ber Slaturbinge unb bie 9taturgefe§e ber
inbicibueften Unfterbridjfeit. ©tmü| 1855; 8°-
Stbert, Sbriftian b’, ©efcfjtd)te ber 93erfefir»=2tn)ia(ten in SUäftren unb
©flerreidjifdj=3d)[efien. Brünn 1855; 8°-
der eingegangenen Druckschriften. 621
D'Escayrac de Lauture, Memoire sur le Ragle. Paris 1853; 8°-
— Memoire sur le Soudan. Cali. I. Paris 1855; 8°-
— De 1 influenee que le canal des 2 mers exercera sur le com
merce en generale et sur celui de Ia mer rouge en particulier.
Paris 1855; 8°-
Far aday, One some points of magnetic philosopliy. London 1852; 8°-
görftemann, (£., 2lttbeutfdjeo namenbud). Sb. I, Sief. 6, 7.
Frapporti, Giuseppi, Sugli intendimenti di Nicolö Macchiayelli
nello scrivere il Principe. Vicenza 1855 ; 8°- (4 Exemplare.)
Geinitz, H. B., Darstellung der Flora des Hämischen, Ebersdorfer
u. Floehaer Kohlenbassins. Gekrönte Preisschrift. Leipz. 1854; 8°-
Gesellschaft, k. k., der Ärzte. Zeitschrift, Jahrg. XI, Hft. 7 — 10.
Gesellschaft, deutsche morgenländische, Zeitschrift der. Bd. IX,
Hft. 3, 4.
Gesellschaft für Beförderung der Naturwissenschaften zu Freiburg
i. B„ Berichte über die Verhandlungen derselben, Nr. 1-—11.
©efellfcfyaft, gefdjtdjt»* unb attertfjumäforfdjenbe, beS £)|tertjnbe» ju
Sittenburg. 5Kittf)eitungen, Sb. I, II.
Gesellschaft, k. k. mähr.-schles., des Ackerbaues, der Natur-
und Landeskunde. Schriften der historisch-statist. Se'ction, Hft. 8.
Gesellschaft, k. böhmische, der Wissenschaften. Abhandlungen,
V. Folge. Bd. 8.
Gesellschaft, physicalisch-medicinische, in Würzburg. Ver
handlungen. Bd. VH.
Gesellschaft, naturforschende, in Zürich. Mittheilungen. Hft. 8, 9.
Giesen, Universitätsschriften aus dem Jahre 1854.
Gruber, Wenzel, Anatomie der Eingeweide des Leoparden,
mit vergleichenden Bemerkungen über andere Felis-Arten.
St. Petersburg 1853; 4°-
Hanus, Ignaz Jan, Zivot a pusobenf Frantiska L. Celakowskeho.
Prag 1855; 4°-
— Über die alterthümliche Sitte der Angebinde bei den Deutschen,
Slaven und Litauern. Prag 1855; 8 0-
— Bibliotheka slovanskeho ph'slovnictvf. Svaz. 1. Prag 1853; 8°-
Rummel, Äart, i)3§9jtf^e ©eograpfitc. @ta§ 1855; 8°-
Istituto di correspondenza archeologica. Bullettino 1848, 1849.
— Annali. Vol. 5, 6.
— Monumenti inediti. 1834.
622
Verzeiclmiss
Istituto I. R. Lombardo di scienze. Giornale. Fase. 39, 40, 41.
Istituto Veneto I. R. di scienze, atti delle Adunanze. T. III, punt. 5,
IV, 1—4; V. 1. 2; VI, 1—7.
Jahresbericht über die wissenschaftlichen Leistungen des Doc-
toren-Collegiums der medicinischen Facultät in Wien. Jahrg.
V. (5 Exemplare.)
Sena, Uuiöerfttätgfdjrtften aug bem Sabre 1854.
Jirecek, Hermenegild, Über Eigenthumsverletzungen und deren
Rechtfolge nach dem altböhmischen Rechte. Wien 1855; 8 0-
Journal, The astronomieal. Vol. IV, No. 12, 13.
Ätel, Uniöevfttätgfdjrtften aug bem Sa^re 1855.
Äope|fp, Senebtft, Ü6erftcl)t ber ©lineratroaffer unb einfachen ©litte*
rattert ©teiermarfg. ©rag 1855; 4°-
Äopp, ®efd)td)t§btätter aug ber ©cbmet). Sb. II, §ft. 6. (2 ©remptare.)
Äraug, 3»b-, Sabrbmb für ben Serg= unb |mttenmamt be§ öfter*
reidjifdjen Äatferftaateg. 3ab l '8 aIt 9 1855.
Sarnont, ©enfrebe auf bie Slfabeutifer ©tber unb lObnt. Siüudjen
1855; 4°-
Leonhardi, Freih. H. v., Einige Nachrichten über Dr. Karl Fried
rich Schim per. (Lotos 1855, Juli.) 3 Exemplare.
Sou »atu, Untoerfttät»fd)rtftett aug bem Sabre 1855.
Sunb, Untrerfltät£>fd)riften aug bem S«b re 1854.
Maury, M. F., Letter concerning lanes for the steamers Crossing
the atlantic. New-York 1855; 4°-
Melloni, Macedonio, Elettroscopio di. (3. Expl.) Napoli 1854; 4°-
Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik. Jahrg. IV, Hft. 2.
Mone, Fridegarius, C. Plinii Secundi, naturae histor.Lib. 1, 11—15;
fragmenta e codice rescripto hihlioth. monasterii ad S. Paulum
in Carinthia. Gothae 1855; 8 0-
SMnfter, 3Kabemtfd)e ©driften aug bett Sabtett 1854 unb 1855.
Nachrichten, astronomische, 973—984, 986, 988—992.
National-Museum, germanisches. Jahresbericht II. Nürnberg
1855; 4«-
Nobile, Ant., Elogio storico di Melloni Maced. Napoli 1855; 4 0,
Patellani, Luigi, sullo stato attuale dello studio ed istruzione
veterinaria in Italia. Milano 1855; 8 0-
Paucker, M. G., Die Gestalt der Erde. s. I. et d.; 8 0-
Programm beg f. f. ©pmnafhung ju Srünn für bag 3«b 1 ' 1855.
der eingegangenen Druckschriften. 623
Pu Hielt, Giorg., Propedeutica ftlosofica ad uso dei Ginnasi. Trieste
1855; 8«-
Rafn, Charles Christ., Antiquites americaines d’apres des monu-
ments hist, des Islandais et des aneiens Scandinaves. Copenhague
1845; 4°-
— Bematrkninger om en Steenöxe med Runeindskrift, tilhörende
Hs. Majestset Köngen. Kjöbenhavn 1854; 8 0-
— Remarks on a Danish Runic stone from the eleventh Century
found in the central Part of London. Copenh.1855; 8°-
Stau, Äart geinr., ©runbfd|e ber SßotfSttnrtfjfdjaftMe^re. 6. Stuft.,
Seipjig 1855; 8°-
Regesta, sive rerunt Boicarum autographä e Regni scriniis fideliter
in summas contracta. Vol. XIII. Monac. 1854; 4°-
Reichardt, E., Über die chemischen Bestandtheile der Chinarinden.
Gekrönte Preisschrift. Braunschweig 1855; 8°’
Sfteidfenbadj, tot gtei^err, Äß^tergtauBe unb Stftertoei^ett. ©ent
■g). (5- 93 o g t tu ©enf &ut Slntfoort. SSien 1855; 8°-
— Öbifd) * magnetifdje ^Briefe. Stuttgart 1852; 8 0,
— *P^ftfat.5p^9ftotog. Unterfudjungen über bie ©pnamtbe be§ SKagne*
tiSrnuS, ber ©teftricitat, ber SÖärme, beä Sidjteg, ber Ärpftattifation,
be§ ©tjemiSmug in ttyren Sejietyungen jur MenSfraft. 2. Stuft.,
2. ©tjeit. S3raunfd)Wetg 1849; 8»-
— ©er fenfttiöe SKenfd) unb fein SSerpatten jum Obe. 2 SBbe. Stutt
gart 1854; 8°-
— Physico-physiolog. researches on the dynamies of Magnetism,
Electricity Heat etc. in their relations to vital force. Witli a
preface and crit. notes by John Ashburner. London 1851; 8 0-
— Researches on Magnetism, Electricity etc. in their relations to the
vital force. Translatedby Greg ory Will. 2 Vol. London 1850; 8 0,
Reichsanstalt, k. k. geologische. Jahrbuch, Jahrgang VI, V. 1.
— Abhandlungen. Bd. II.
Resume des observations recueillees en 1852 et 1853 dans le
bassin de la Saune par les soins de la Commission hydrometrique
de Lyon.
Sftitter, Äart, ©te ©rbfunbe im 9Serl;dttntf $ur SSatur unb jur ®efd)fd)te
be« «Kennen. £$t. 17, St btt). 1, 2. «Berlin 1854; 8®-
— Über bie tüiffenfdjafttidje Sdeife ber brei ©ebrüber Sdj tag int weit
in Snbien. (3eitfd)rift für ©rbfunbe, 33b. V, S. 2.) (3 ©remptare.)
40**
624 Verzeichniss
Ritter, Karl, Abhandlung über einige verschiedenartige charakteri
stische Denkmale des nördlichen Syriens. Berlin 1855; 4°-
Romanin, S., Storia documentata di Venezia. T. III, p. 3.
Ronconi, G. B., Osservazioni sopra la conclusione della relazione
16 febbrajo 1855 intorno alla malattia dell’uva nell’ anno 1854.
Milano 1855; 8»'
Sachse, Karl, Zur Pflanzengeographie des Erzgebirges. Dresden
1855; 8°-
Sacken, Ed. Freih. v., Die k. k. Ambraser Sammlung. Th. II.
Wien 1855; 8«-
Saga JätvardarKonüngshins Helga, udgiven efter islandske Oldböger.
Kjöbenhavn 1852; 8°'
Sdfeerer, £1)., Über eine auf metatturgifd)em SBege gebtlbete, eigen»
tt)ümli$e 3lrt ron Stagneteifen^rpftallen ttnb über baiS SSorfommen
ä^rtlidjer Är^ftaltgebilbe in ber Statur. (Stad)rtdjteu r. b. Unirerf.
©öttingen 1855. Str. 4.)
— Nachtrag über polymeren Isomorphismus, s. 1. etd.;8°‘
Schwellengrebel, J. G. H., Analytisch-geometrische Untersu
chungen über allgemeine Verwandtschafts - Verhältnisse von
Coordinaten-Systemen. Bonn 1855; 4 0-
Selskabs k. danske Videnskabernes, Oversigt over det Forhand-
linger. 1854.
Smith, Archib, Supplement to the practical rules for ascertaining
the deviations of the compass which are caused by the ships
iron etc. London 1855; 8°-
Societä R. Borbonica. Rendiconto delle adunanze, 1854. Fogl.
11—26; Anno III, Fogl. 1—10.
Societe des Antiquaires du Nord. Memoires, 1848/49.
— Antiquarisk Tidskrift. 1849—51.
— Annaler for Nordisk Oldkyndighed etc. 1851-—53.
Societe R. d’Agriculture de Lyon. Annales, Serie II, T. 1,2, 4, 5.
Societe geologique de France. Bulletin, 1854, Nr. 19—50.
Societe Imp. des Naturalistes de Moscou. Bulletins, 1855, Nr. 2.
Society Chemical. Quarterly journal, Nr. 30.
Society Royal of London. Transaction, Vol. 145, part. 1. Procee-
dings, Vol. VII, No. 8, 9, 10, 14.
Society of Antiquaries of London. Miscellaneous Tracts. Vol. 36.
Proceedings Vol. 41, 43.
& 3
der eingegangenen Druckschriften.
625
Society Asiatic of Bengal. Journal, 1855, No. 2.
Society R. of Edinburgh. Proceedings Vol. 44,45. Transactions
Vol. XXI, p. 2.
Society Royal geograpliical. Journal. Vol. 24.
Society, R., Geographical, Adress, by the Earl of El 1 esmere.
London 1855; 8 0-
Steiner, Codex inscriptionum romanorum Danubii et Rheni. Theil
III. Seligenstadt 1854; 8°-
Thierarznei-Institut, k. k. Vierteljahrsschrift, Bd. VI, 2.
©eretn, allgemeiner beutfcfjer 9Ipot|efer=. Sapr&udj für ißfmrmacte.
®b. III, &ft. 6; IV, 1, 2.
©erein für Ännft unb 9lltert|um in Ittm. 9., 10. ©eroffentltdjung.
Verein für nassauische Alterthumskunde etc. Annalen, Hft. 3.
Verein für vaterländische Naturkunde in Würteraberg. Jahreshefte.
Bd. VII, Hft. 2, 3.
©erein, fjtftortfdjer, für Ärain. iKttffietlungen, Sa^rgang 9.
Vereeniging natuurkund. in Nederlandsch Indie. Tijdschrift.
Deel VI, Aller. 1,2; VII. 1, 2.
Vestige s d'Assembo et de Soborg decouverts par S. M. FredericVII.
Copenhague 1855; 8 0-
eber, Albr., Indische Studien. Bd. III, Hft. 2, 3.
oIn9, ©regor, Ätrdjttdje Topographie Don SKäfyren. ©b. I. ©rümt
1855; 8°- (2 ©remptare.)
ßürtdj, UniberfitätSf^riften an8 bent Safjre 1854.
Übersicht der Witterung in Österreich im Jnli 1855.
Entworfen von A. U. Burkhardt, Assistenten an der k. k. Central-Anstalt.
ßcobaclitungsort.
Curzola .
Ragusa .
Valona .
Triest
Parma ')
Venedig a ]
Udine . .
Semlin .
Mailand 3 )
Gran . .
Fünfkirchen 4
Debreczin
Seegedin
Tirnau 5 )
Olmütz .
Czernowitz
Zavalje .
Cilli . .
Lemberg
Wien . .
Hermannstadt
Laibach .
ICIagenfurt
Brünn. .
Adelsberg
Korneuburg
■f- KaltenleutL
bei Wien
Rzeszow 7 )
Lienz .
Krakau
Linz .
Kronstadt
Prag .
Jaslo .
Neusohl
Pilsen.
Czaslau
Kremsmünster 8 )
eb
Mittlere
Tem
peratur
Reaumur
+ 21M9
+ 20-92
+ 20’S6
+ 20-41
+ 19-82
+ 19-37
+ 19-20
+ 18-82
+ 18-40
+ 18-39
+ 18-33
+ 18-23
+ 18-14
+ 16-84
+ 16-38
+ 16-26
+ 16-02
+ 18-83
+ 18-80
+ 1
+ 1
+ 18-63
+ 18-82
+ 18-80
+ 18-28
+ 18 *28
+ 18-24
+ 13-21
+ 13-16
+ 13-10
+ 18-10
+ 13-09
+ 13-08
+ 18-01
+ 14-79
+ 14-74
+ 14-63
+ 14-61
Maximum
Tag Teinp.
Minimum
Tag Temp.
•76
•64
24-6
11*6
37-0
116
17- 6
13-
11-6
20-6
11-6
13-
16-6
11-6
11-6
11-6
10 6
14- 6
24-6
16-6
10-6
10-6
23- 6
10*15
11 -6
16-6
18-
10-
25*
13 6
10-6
18-6
24- 6
18-6
15-
10-6
24-8
13-
26-6
28-6
13-6
23-6
10-6
+ 2S ? 0
+ 23-7
+ 300
+ 24-6
+ 26-8
+ 24-1
+ 24-8
+ 30 ■ 8
+ 28-3
+ 28-0
+ 27-2
+ 28-0
+ 27-0
+ 28-0
+ 23-0
+ 28-0
+ 24-4
+ 23-8
+ 26-7
+ 28-1
+ 26-0
+ 24-0
+ 28-0
+ 26-0
+ 23-8
+22-8
-r2S-0
+ 28-1
+ 22-8
+ 24-4
+ 23-7
+ 23-3
+ 23-2
+ 24-8
+ 21-7
+ 23-1
+ 22-7
+ 22-8
1-9
1-3
1-9
20-9
3—4*
30-
27-3
lö
1
17
1
18
1
18
18- 4*
22- 3
1- 3
21-3
23*3
31*3
34*3
2- 3
1-
1-3
19- 3
23-
21-
1-3
17*9
18*9
1- 4
2- 3
18*3
27*3
22-
27-9
1-3
iS-
1*9
13*3
23-3
9-3
18-3
27-2
+ 18 ? 0
+ 16-8
+ 18-9
+ 16-4
+ 16-0
+ 13-2
+ 18-0
+ 11-9
+ 11-3
+ 10-8
+12-1
+ 12-4
+ 12-0
+ 11-6
+ 9-6
+ 9-0
+ 10-2
+ 10-0
+ 11-0
+ 9-3
+ 9-0
+ 10-2
+ 8-3
+ 6-3
+ 9-9
+10-0
+10-0
H-10-0
+ 9-0*
+ 8-7
+ 9-8
+ 9-8
-+10-0
+ 9-8
+ 10-4
+ 9-1
+ 9-8
+ 8*2
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
Maximum
Tag Luftdr.
Minimum
338-78
336-32
333-33
336-73
336-43
331-18
331- 06
332- 04
333- 77
331-33
328- 41
326- 87
321-46
327- 36
323*72
329- 63
321-08
326-36
320-07
328- 76
316-39
328-68
311-99
328-81
313-16
328-60
328-01
323-48
323*69
326-83
322-69
2-3
2-6
2-
2-3
2-3
2-4
2-6
18-3
14 9
2-4
2-3
14-9
2-3
1- 3
14-9
2- 4
15 3
2-3
2-3
1- 9
2- 3
2-3
14-8
14-9
2-
14-9
14-8
2-3
2-3
2-9
338”79
339-43
336-33
339-78
338-13
334-42
333- 73
334- 98
336-93
334-32
331-69
329-00
324-29
331- 24
328- 32
332- 64
323-30
329- 16
323-16
331-61
319-32
331-88
318-08
331-99
317-13
331-97
330-88
328-90
328-07
330-80
323-97
17-9
17-9
17-
11-3
11-3
17-6
11-6
11-6
11-3
11-4
11-3
11-9
11-3
11 6
11-3
11-3
119
11-3
17-6
113
17-9
11-6
11-3
11-7
31-3
11-
11-6
11-3
10-9
11 -3
10-9
Tag Luftdr.
Dunst
druck
Par. Lin.
333-70
333 17
329-84
333-98
332-28
327-99
32S-13
329-12
331-22
327- 41
323-39
323-32
319-00
328- 12
322- 18
328-11
318-89
323- 81
316-74
324- 66
313-48
328-32
308-64
324-82
313-06
324-39
324-33
320- 77
321- 80
322- 44
318-84
7"26
6-82
7-69
6-38
8-89
8-60
8-49
4-73
8-00
5 -19
8-36
4-90
8-71
4-90
8-38
813
8-78
4-91
4-62
Nieder
schlag
Par. Lin.
36-70
0-96
13-37
8-20
12-80
18-23
19*73
34-62
32-88
6 - 39
73-77
3811
44-72
38-86
66-94
89 81
20-43
20-66
46-31
41-30
27- 39
28- 21
34-87
18-40
68 • 38
82-84
34-60
38-38
97-43
Herr
schender
Wind
NW.
SO.
w.
NW.
ONO.
WSW.
SW. n. O.
SSO.
w.
N.
NO.
NW.
SW.
N.
N.
SW.
w.
N.
SO.
NW.
NO.
SW.
NW.
w.
w.
sw.
w.
NW.
w.
w.
SW.
SW.
NW.
w.
NW.
W.
Anmerkungen.
Am 6. Blitze aus ONO., am 31. Erdstösse.
”20 Tage waren wolkenlos.
Nur am 23. u. 23. bewölkt.
Am 7. 9. Gewitter, am 15.16.17. u. 27. Gewitter. [Proc
Am 3. 8. 19. 26. 29. stürmisch. "Die m. Feuchtigkeit ist 71
Am 3. 4. 6. 8.9. Gewitter, am 3.15.16.17. 21.29. Blitze,
Am 1. 6. 20. Gewitter. [Sturm a. N
Am 7 22. 28. Gewitter, am 17. 21. sehr stark, am 18. Morg
Am 3. 6. 12. 17. 26. Gew., am 17. Sturm, später Hagel.
Am 20. +24 ? 8. Am 10. 17. 20. 24. Gewitter.
Am 4. 6.18. 20. 26. Gew., 6.11.18. 20. Stürme, 9. u. 17
Am 7.12. 20., am 10. früh Gewitter. [Blitze
Am 5. Mittags Sturm a. NO., am 12. Ab. a. N.
“Um 6" früh +8 9 0. Am 17. Morg. v. 2 h —3 h 30 starkes
Gewitter sind angemerkt: am 7. 17. 20. [Gewitter
Am 13.22. 24. Gew., am 9. u. 25. Hagel, am 8. Mittags Sturm
Am 4.6. u. 20. (Morg. u.Ab.) GeW.,am 12. stürm, a. S., am 26
Am 5.9.30. Gew. [Blitze, am 11.9"30'AI).Lichtm.i.SSO
Am8. ii. 17.25. 26.Gew. Am il. 12*Blitze,am2G.Höhenr
[17. 24. 26. Blitze.
Am 9.17. 22. 26. 27.28. Gewitter, am 20. mit Hagel, am 7
A. 11.9 h A.Lm.(vgl.Zavalje), a.2.3.4.7.17.18.20.26.G., a.4.17
Am4.5.7-9.12.17.18. G.,a.4.i7.m.Hgl., a.l7.St.a.NW. [in.St
Am 11. stürmisch, am 6. 7.17. Gewitter, am 16. Blitze.
Am 0. 7. 8.12.17.21. Gewitter, am 4. mit Hagel.
Gewitter sind bemerkt am 12. u. 31.
(Am 7. Morg. Hagel, am li. Mittags Sturm, am 16. Nachts
[ Gewitter, am 26. stürmisch.
Am 7. 8.11. 24. (Morg.) Gewitter, am 8. mit Sturm.
«Am 27. 4 h Morg. +-7 ? 0. Am 6.10.11.12. J 8-16.17.20.28. G
A.4.5.6.7.17.23. Gw.,a.ll.20.26.rn.St*, a.12. St, a. 17.23.27. B
Am 6.10.21. Gew., am 15.17.25. stürm., am 25.30. Blitze
Am 5.6. 9.12.17.18.22.24.26.27.28. Gew., am 7.9.22. 25
Am 11. 15. Gewitter a. W. [26.27. Wetterl
Am 8. 8.11.10. 24. 26. Gewitter.
Am 6.7.9.11.12.17.20.26.27. Gew., am 12. m. St., am20.m.
Am 3.15.16.17. Gewitter, am 4.18. stürmisch. [Hagel
Am 11. 20. Gewitter. [Blitze
Am 3.6.7.10.12.18.16.17.21.23.28. Gew., am 4.8.6.7.Ab,
1) Parma. Am 11. Lichtmeteor so hell wie Venus. Am 28. Nebenmond. Blitze am 3. 4., 5. auf 6., 0 auf 7., 8. 9. 10. 11., vom 15. bis 22. jede Nacht. Am 25. schwache Erdstösse von
N. — S., am 28. ein sehr schwacher.
von O.—W., der letztere von N.—O.
4) Fünfkirchen. Bei dem Gewitter am 26. Ab. fiel in der Nähe Hagel, gegen 1 l h Ab. Sturm.
5) Tirnau. Am 3. 8. 9. 12. 24. 25. Wetterleuchten. Vom 17. auf 18. heftiger Sturm a. SW. mit Regen und häufigem Blitzen.
6) Klagenfurt. Der hei dem Gewitter am 17. Morg. 3 h gefallene Hagel lag noch um 8 h .
7) Rzeszow. Am 12. und 22. Nachm. 3 h wurden hier an den Telegrafen-Apparaten heftige elektrische Entladungen bemerkt.
8) Kremsmünster. Am 12. Juli waren die Hochgebirge bis auf die Schluchten schneefrei. Bei dem Gewitter am 10. um 5 h 30', welches im SW. u. S. vorüberzog, wurden in einer Länge
von 4 Stunden viermal Gebäude vom Blitz getroffen und eingeäschert. Am 16. um 7 h 15' Ab. brach aus SW. und W. eines der heftigsten Gewitter los, mit wolkenbruchartigom Regen und
starkem Hagel, welcher sich 3 Meilen in die Länge und i / 2 Meile in die Breite erstreckte, die Dunkelheit während dem Gewitter hinderte das Lesen, die Wolken berührten fast den Boden,
zweimal entlud sich der Blitz in der Nähe des Observatoriums, es fielen 48 , 00 ,// (P. M.); der nahe Bach stieg in einer halben Stunde um 6 Fuss; der Hagel war am zweiten Tage nach
dem Gewitter noch nicht vollends geschmolzen.
f In Kaltenleutgeben beobachtet Herr Michael Götz. Dasselbe liegt 2*4 Meilen südwestlich von Wien in einem von W. nach 0. ausmündendem Thale am dürren Liesingbache, von starkbewaldeten
bis 2000' hohen Kalk-Bergen gegen S. umgeben. Wein wird hier nicht mehr gebaut.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVlI. Bd. III. Ilft.
Beobachtungsort.
Mittlere
Tem
peratur
Reauinur
Maximum
Tag Temp.
Minimum
Tag Temp.
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
Maximum
Tag Luftdr.
Minimum
Tag Luftdr.
Dunst
druck
Nieder
schlag
Par. Lin.
Herr
schender
Wind
Anmerkungen.
Bregenz *)
Innsbruck
Leutschau
St. Paul .
Bodenbach
Schössl .
Tröpelach
Saifnitz .
Oderberg
Kesmark
Witte n .
Piirglitz .
St. Magdalena
Schemnitz
Trautenau
Obervellaeh
Weissbriach
Steinbüchel
St. Jakob .
Althofen
Deutselibrod
b. Reichenau
St. Jakob (beiG
Bad Gastein
Obir I. . .
St. Peter .
Malnitz . .
Alkus . . .
Stilfscrjocb
Heiligenblut
Plan . . .
Luschariberg
Obir III. .
S. Maria 2 ) .
•k)
+14"43
+ 14 17
+ 1413
+ 14 13
+ 14-09
+ 14-03
+ 13-87
+ 13-83
+ 13-82*
+ 13-81
+ 13-81
+ 13-80
+ 13-78
+ 13-71
+ 13-70
+ 13-03
+ 13-39
+ 13-34
+ 13-48
+ 13-40
+ 13-13
+ 1206
+ 12-30
+ 11-69
+ 11-69
+ 11-36
+ 11-33
+ 11 12
+ 10-70
+ 10-63
+ 10-04
+ 9-82
+ 8-19
+ 4-93
10-5
10-6
25-6
10-fi
13-6
15-6
10- G
1G-6
23-6
11- 0
10-fl
15-0
13- 6
10-6
11-6
14- 3
14-6
2-6
13- 6
10-6
10-6
10-6
10-0
10-0
10-0
19-6
10-6
14- 6
2-6
8-6
13- 6
1-6
14- G
10-G
29-G
-j-24"7
+ 23-4
+ 21-8
+ 22-9
122-4
+22-0
+ 21-3
+20-8
+ 24-9
+21-9
+ 23-0
+ 22-6
+ 20-8
+20-0
+ 23-8
+ 21-8
+ 20-8
+ 19-8
+ 19-8
+ 22-0
+ 21-0
+ 22-0
+ 18-8
-122-7
+ 22-3
+ 18-6
+ 19-0
+ 19-0
+17-0
+ 18-7
+ 13-2
+ 1G-0
+ 19-0
1-10-2
26-4
31-3
18-3
28- 3
I -3
18-3
26-
31-3
21- 3
22- 3
18-3
24-3
21-0
18-3
22-4*
21- 3
22- 3
7-9
26-3
31-3
1 3
24-3
12-3
18-3
18-3
21-3
24-3
18-3
37-3
23-3
26-3
30-3
26-9
29- 0
18-3
26-3
9 ? 2
8- 3
9- 3
9-3
8-7
+ 9-2
+ 3-4
+ 10-4
9-3
8- 4
8-0
9- 6
8-6
8-2
9-8
6-0
7-7
8:6
+ 7-6
8-2
7-7
7- 0
8- 0
6-2
4-3
6- 4
63
4-0
50
4-8
3-6
7- 0
0-0
0-2
32i"’90
313- 23
324-63
320-73
330-73
324-49
314- 24
313- 34
314- 29
324-23
303-70
314-47
311-32
302-27
310-14
314-77
300-10
291-93
288-97
278-09
230-00
2-3
2-3
13-3
2-3
2-3
2-3
1-3
14-9
2-3
2-3
2-3
14-6
2-3
1- 3
2- 3
2-3
2-3
1-3
2-3
2-3
14-9
324-72
318-97
327-70
324-01
334-86
327-82
317-10
316- 27
317- 42
328-50
308-34
317-13
315-52
304-92
31312
316-89
301•38
294-52
291-10
280-83
252-72
11-6
10- 9
10-8
17-9
11- 6
11-3
11-3
17-0
113
11-3
11-3
11-3
11-0
11-3
317 T 20
311-23
321-90
317-41
327 16
320-74
311-62
309- 97
310- 57
320-60
302-85
311- 08
308-63
299-29
307 15
310-12
296-63
289-11
286-14
275-15
247-47
4' : '85
4-69
4-94
5-34
4-74
4-62
4-70
4-38
3-91
115'-97
23-79
55-02
43- 43
48-59
57-57
69-40
68-90
21-90
35- 91
44- 96
48-83
67-68
36- 00
104-94
61-64
38-95
53-70
40-87
17-86
81-84
41-97
235-01
S.
NW.
NW.
SO.
NW.
SW.
so.
SW.
w.
N.
SW.
w.
NO.
w.
w.
O.
SW.
NW.
WNW.
W.
s.
so.
N.
SW.
w.
Am 2. 6.16.17. Gewitter, am 11.17. Stürme.
Am 9. 15. 17. Gewitter, am 17. heftiger Sturm.
Am 3.4.6- 8.12.20.25.26.. Gewitt. am 8. heftig m. Hagel.
Am 18. mehrere Gewitter mit Sturm, am 12.26. mit Hagel.
Am 3.15. 27. 28. Gewitter. [am 17. stürmisch.
Am 2.3.10.11.15.16.17.23.27.28.29. 30. Gew., a. 25. Blitze,
Viele Gewitter, am 7. waren 5, am 11.7.
s Vom 4.—11. mangeln die Beobachtungen.
Am 11. Morg. Gewitter.
Am 9. 12. 15. 17. (Nachts) Gewitter.
Am 15.16. 20. Gewitter, am 18. stürmisch.
Am 2.3.6.7.9.11.12,18.20.26. Gew., am 5. u. 17. m. Hagel
A.8.9.17.20.25.26. G.,am9.Bl.,a. 17. fr.sehr lieft., a.15.16.17.
*Am 9.6"Fr. +5 ? 4. Am4.20.26. Gew., am4.17. St. [st.Wtl.
Viele Gewitter, am 11. u. 16. mit Sturm.
Viele Gewitter, am 7. mit Hagel.
Am 6. u. 30. Gewitter mit Hagel, am 17. Sturm.
Am 3. 4.16. 20. 27. Gewitter, am 17. Ab. Sturm a. W.
Am 7. 16. 25. 27. 30. 31. Gewitter, am 3. Wetterl.
Am 9. 11. 15. 20. 26. 28. Gewitter, am 15. mit Hagel, am
[9. Alpenglühen.
Viele Gewitter mit heftigem Platzregen.
[am 18. Alpenglühen.
Am 10.11. 15. stürm., am 2. 6-15.16.17. 20. 26. 28. Gew.j
Viele Gewitter, am 17. früh mit Hagel.
Am 15. heftiges Gewitter.
Am 15. +9 ? 8, am 23. +10 9 1.
Hermannstad t, März
April
Mai .
Neusohl, Juni . .
Linz, Mai ....
Juni ....
+ 419
4- 6-39
+ 12-36
+ 14-83
+ 10-69
+ 15-80
26-5
6-6
5-G
3-6
31-3
9 6*
+ 16-2
+ 15-6
+ 22-6
+ 23*6
+ 23-6
+ 23-6
13-3
1- 3
2- 3
29-3
10-3
19-9
Magnetische Störungen.
Am 19., 20.
Nachträge und Verbesserungen zu den früheren Monaten.
- 6-7
— 0-4
+ 3-6
+ 6-4
+ 2-6
+ 9-0
318- 60
319- 72
320- 15
323-74
325-46
31-9
1-6
22-3
10-4
25-3
325- 25
326- 33
322-93
326-23
328-05
12-6
11-9
9-9
24-7
15-9
312-40
312-49
317-23
320-19
320-43
1- 98
2- 23
3- 81
17- 49
45-83
29-37
26-74
31-47
18- 27
NW.
NW.
Am 4. sturm a. SO., am 23. a. SW., am 25. 26. a. S.
Am 8. u. 18. Gw., a.l.u.2. St. a. S., a.10. a. NW., a. 24.Schnee.
Am 18.28.29.31. Gew., am 29. 31. m. Hagel, am 5. Wetterl.
Am 4. 5.10.11. 21. Gewitter, am 25. Sturm.
Am 5.11.12.16.22. Gew., am 12. m.Hagel, am 29. kurzer St.
'Am 2. 6.+ 23 9 2. Am 1. 9. 10. Gew., am 1. starker Sturm.
1) Bregenz. Am 2,,. uni 1 Ab. wurde auch hier ein Krdstoss und am 26. um ll h 15' M. von S.—N. (s. Mailand) wahrgehommen.
2) S. Maria. Am 8. I 1. 15. Gewitter. Am 9. 10. 11. Stürme. Am 9. und tl. mit Hagel. Am 13. Nachts Schnee, vom 25. auf 26. ebenfalls, welcher bis 26. Mittags liegen blieb.
Verbesserung: In der Übersieht 1 Or Mai 1855 sind bei den Stationen Obervellaeh, Senftenbcrg, Obir I, Alkus, Plan, Stilfscrjocb und S. Maria bei den Temperatur-Minimis die Zeichen —
statt + zu selzen.
Bei Gelegenheit der Beieisung einiger meteorologischen Stationen zeigte es sich, dass in Plan seit Juli 1854 und in S. Maria seit August 1854 die Temperatur an einem hundert-
theiligen Thermometer beobachtet wird. — Vom Juli 1855 an werden in den Übersichten die auf Reaumur-Grade reducirten Stände angegeben. — In Stilfserjoeh ist die Temperatur
um 1 9 zu vermehren, ebenso der Luftdruck in Gastein um +2". — In der Übersicht für Juli ist dies bereits geschehen.
Gang der Wärme nnd des Luftdruckes im Juli 1855.
Die punctirten Linien stellen die Wärme, die ausgezogenen den Luftdruck dar
Die beigeschriebenen Zahlen sind Monatmittel, denen die stärkeren Horizontallinien entsprechen
Ein Netztheil entspricht bei der Wärme einem Grad Reaumur, beim Luftdrucke einer Pariser Linie
tiang der Feuchtigkeit und des Ozongehaltes der Luft im Juli 1855.
.Die punktirten Linien stellen die Feuchtigkeit, die ausgezogenen den Ozongehalt dar.
Die am Rande befindlichen Zahlen sind die Monatmitiel der Feuchtigkeit, jene zwischen
denCurven die Monatmittel des Ozongehaltes.
Den Monatmitteln entsprechen die stärkeren Horizontallinien.
Ein Netztheil beträgt für die Feuchtigkeit oFrocente, für den Ozongehalt einen Tlieil der Far„
benscala,welche vom-völligen Weis bis zum tiefsten Blau zehn Abtlieilungen enthält.
I
r-
I
-I
I
1
i
I
l
s
Übersicht der Witterung in Österreich im Angnst 1855,
Entworfen von A. U. Burkhardt, Assistenten an der k. k. Central-Anstalt.
Bcobaclitungsort.
Ragusa*)
Curzola .
Valona (inAlbanien)
Triest. . .
Parma 2 ) .
Meran. . .
Zara . . .
Venedig s ).
Mailand . .
Semlin • .
Udine. . .
Fünfkirchen
Debreczin .
Szegedin .
Pressburg .
Gran . . .
Olmütz.. .
Tirnau . .
Laibach 4 ) .
Wien . . .
Lemberg 5 )
Adelsberg .
Cilli . . .
Brünn. . .
Zavalje . .
Lienz 6 ) . .
Neusobl. .
Hermannstadt
Prag . . .
Czernowitz
Korneuburg 7 )
■{•Mauer bei Wien
Rzeszow .
Klagenfurt s )
Czaslau .
Bregenz.
Kronstadt
St. Paul .
Oderberg
Trautenau
Kaltenleutgeben
Krakau 9 ) . . .
Mittlere
Tem
peratur
Reaumur
+ 2I ? 05
+ 20-(IG
+ 20-11
+ 20-07
+ 19-90
+ 19-80
+ 18-97
+ 18-80
+ 18-73
+ 18-31
+ 18-24
+ 17-63
+ 17-31
+ 17-06
+ 16-67
+ 16-61
+ 16-43
+ 16-28
+ 16-10
+ 13-.81
+ 13-73
+ 13-70
+ 13-38
+ 13-33
+ 15-44
+ 15-40
+ 15-33
+ 15-30
+ 15-29
+ 15-10
+ 15-07
+ 13-03
+ 13-02
+ 14-96
+ 14-94
+ 14-93
+ 14-83
+ 14-81
+ 14-75
+ 14-72
+ 14-68
+ 14-67
Maximum
Tag Temp
28-6
28-6
5-6
27-6
3-
3 6“
3-6
3-
4- 6
3- 6
*6-6
5- 6
4- 6
5- 6
4- 6
35-8
4-0
23- 6
3- 6
4- 6
3-
11-6“
3-6
3-5
25-5
3-
4- 6
24- 6
4- 6
27-6
3-
24-6
3-6
3- 6
5- 6
4-
3- 6
24- 5
13-5
4- 6
3-6
25- 5
2-6
+ 25"0
+ 25-6
+ 26-5
+ 25-0
+ 27-5
+ 24-0
+ 24-4
+ 27-4
+ 28-9
+ 26-0
+ 28-0
+ 24-6
+ 27-S
+ 25-4
+ 27-3
+ 29-4?
+ 26-2
+ 24-8
+ 27-8
+ 27-2
+ 29-4?
+ 24-1
+ 27-0
+ 26-0
+ 23-2
+ 23-8
+ 24-9
+ 27-3
+ 24-5
+ 25-3
+ 26-5
+ 25-7
+ 29-1
+ 26-2
+ 23-0
+ 22-2
+ 24-0
+ 26-2
+ 24-6
+ 26-5
+ 26-8
Minimum
Tag Temp.
12- 3
13- 3
17-9
12- 9
11-
9-9
17- 3
10-
19- 3
10-3
18- 9
17- 3
16-6
8-3
20-3
19- 3
20- 3
20- 3
16 9
8-3
19-3
19- 3
18- 3
9-9
16-3
18-
16-3
13- 3
19- 3
203
19-
19-3
19-3
18- 9
19- 9
15-
19
9
20
13
8
16- 4
7-3
31-
+16
+15
+ 16
+ 15
+ 13
+ 14
+ 14
+ 11
+ 10
+ 12
+ 11
+ 8
+ 10
+ 11
+ 9
+ 8
+ 10
+ 9
+ 7
+ 7
+ 11
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
336 41
336-92
336- 90
337- 05
334- 18
337-80
337-51
331-94
335- 18
331- 93
333- 03
334- 57
332- 30
328-62
332-34
326-90
330•55
326- 74
317-13
328- 60
329- 50
322-09
312-88
324-51
321-94
329-73
327- 88
329-70
320- 86
327-87
315-99
321- 90
330-04
Maximum
Tag Luftdr,
20-6
19- 9
20- 3
19-3
19-
18- 9
19- 3
19-5
19 6
19-6
19-6
19-3
19-3
19-3
18- 9
19- 3
18- 9
30- 6
19- 3
19-3
19-3
19- 3
21- 3
20- 3
20-3
18-
31- 3
19-5
18-9
18-9
30-9
18-9
19 5
338”'09
339-15
338-72
338- 90
336- 21
339 93
339- 70
334-24
338-69
334- 67
335- 73
337- 48
334-90
332-07
334-32
329-33
332-98
329-51
319-31
331-37
331-53
324-69
314-82
327-02
324-41
331-98
329-44
332-90
323-02
330-12
318-34
323-23
332-70
Minimum
Tag Luftdr.
5-9
5-9
5-9
5-6
5-
5-9
5-3
4- 3
5'G
5- 6
5-9
5-9
4-9
4- 6
5- 6
5-6
5-5
14-6
5-6
5
5
5-8
5-3
5-3
G'ä
5-3
5-7
333"63
334- 09
335- 43
333- 79
331-19
335-28
334- 36
328-85
331-56
328-04
328-49
331-59
328- 40
326- 15
329- 19
323-59
327- 70
323- 45
314-31
325-10
325-80
318- 58
310-24
320-60
319- 07
327-03
324- 59
325-81
317- 82
325 17
313-02
318- 13
326-01
Dunst
druck
Par. Lin.
G'-IS
6- 71
7- 47
8-34
6-93
5-88
5-62
5-35
5-74
5-80
5-84
4-62
4- 83
5- 38
5-41
5-14
5-39
5-36
Nieder
schlag
Par. Lin.
Herr
schender
Wind
46 '50
34- 34
38-00
13-43
29- 74
31- 65
6-51
9-40
32- 44
33- 70
74-56
13-83?
26-60
32-56
65-37
31 • 57
11-75
92-29
36-16
16-37
24-63
27-67
30- 94
8-03
46- 11
47- 88
52-99
32-50
58-32
16-34
42-95
35- 55
77-26
38-69
NO.
NW.
W.
ONO.
SW.
NW.
SSO.
NO.
NW.
W.
SW.
N.
N. .
NW.
S. NW.
NW.
NW.
NO.
NW. O.
W.
NO.
N.
NW.
NW.
NW.
NW.
W.
NW.
NW.
W.
SO.
NW. SO.
S.
so.
so.
w.
w.
Anmerkungen.
Am 11.12.13. 14. 28. 29. Gewitter, am 6. u. 9. Wetterl.
Am 9. und 12. Gewitter, am 5. Blitze.
Am 7. u. 8. stürmisch.
Am 5. 9. Gewitter, am 27°. Blitze.
“Mittlere Feuchtigkeit 70° (Saüssüre).
[am 24. dichter Nebel.
“Am 28. +23°8. Am 5. 9. lieft. Gew., am 6. Sturm a. NNO.,
Am 9.16. 27. 31. Blitze, am 5. Gewittersturm.
Am 8. Ab. Gewitter.
Am 5. 9.10.12. Gewitter.
Am 5. Ab. Gewitter.
Am 5. 9. 12. 26. Gewitter.
Am 5. Ab. stürmisch a. S.
Am 12. Morg. und Mitt. Gewitter, am 13. Ab. sehr stark.
Am 5. Sturm a. NW., am 31. Gewitter.
Am 9. u. 10. Gewitter, am 6. Morg. stürmisch a. NW.
Am 5. (Mrg.) u. 31. Gew., am4.2G.Wetterl.,am 4.5. Sturm.
Am 4. 9.10.13. 20. 21. Wetterl., vom 26—27. Gewitter.
Am 5. 9.17. 20. 27. 31. Gewitter, am 5. mit Sturm.
Vom 4.-5. Gew., am 8. 26. 27.Wettrl., am31.Gewst. a. N.
«Am 5. +26 ? 9, am 26. +2G,voin 10.-14. täglich +26°.
Am 9. Gewitter, am 26. und 27. stürmisch.
Am 5. 30. 31. Gewitter, am 3. mit zündendem Blitze.
Am 5. 9. 29. Gewitter, am 9. mit Hagel.
Am 5. (Morg.) 27. Gew. mit St., am 14. St., am 26. Wetl.
Am 5.10.12.27. (lieft.) Gew, am 5.27. St., am 9.11. Blitz.
Am 6. 13. Gew., am 10. 12. 13. 28. Wetterl.
Am 4. (Morg.) 25. 26- Gew., am 26. mit Sturm u. Hagel.
Am 16. Gewsturm, arn6.um3 l '30'Sturm.amlO. 11.Blitze.
Am 5. 20. 26. Gewitter.
Gewitter wie in Wien.
Am 14. 26. Gewitter.
Am 5. 27. Gewitter.
Am 4. 8. 9. 27. Gewitter, am 24. Blitze.
Am 4. 5. Sturm, am 4. 26. 30. Gewitter.
Am 6.10.13.25. 28. Gewitter, am 9.12.13. 25. Wetter!
Am 27. Gewitter mit Hagel.
Am 5. Gewitter.
Am 3. 26. Gewitter, 3. 26. Sturm, 25. Blitze.
Am 26. Mittags Gewitter mit Hagel (sonst wie in Wien)
Am 5.10.11. 26. 27. (Morg.) Gew., am 3. 12.13. Wetterl,
1) Ragusa. Am 6. Ab. häufige Blitze, Sturm in Spalato.
2) Parma. Am 8. Ab. und in der Nacht vom 0. auf den 10. viele Sternschnuppen, am 3. 4. 7. 8. 10. 16. 30. 31. Blitz; die Alpen^waren sichtbar am 6. 7. 13. 14.
3) Venedig. Bei dem Gewittersturme a. NNW. am 5. fiel die Temperatur von ll h 30' Morgens bis l 1 Ab. von +25 9 0 auf + 14 9 4, die Feuchtigkeit der Luft stieg von 27-3 auf 89-9 Proc.,
der Sättigung, der Dunstdruck von 5 "59 auf 6 *10, die Schwankung des Luftdruckes betrug
4) Laibach. Bei dem Gewitter am 5. Ab. war ein Wolkenbrucli in der Nähe.
5) Lemb erg. Gewitter am 14. Ab. Wetterleuchten am 4. 5. 10. 14. 24. 26. Den Temperatur-Extremen entsprechend, welche hier von allen übrigen Stationen in der Zeit abweichen, sind
auch die Extreme des Luftdruckes. Die Tage vom 8.—14. zeichnen sich durch grosse Hitze aus, während in allen westlichen Orten (Linz, Kremsmünster) ungewöhnliche Kuhle herrschte.
6) Lienz. In Folge des heissen August sind Firn und Gletscher sehr angegriffen word-en, wie der hohe Wasserstand der Isel zeigt. Die Berge von 8000—9000', die in anderen Jahren mein
oder weniger Lagerschnee in ihren Schluchten zeigten, sind fast ganz schneefrei, so z. B. die Schleinitz bei Lienz mit 9176' Höhe.
7) Korneuburg. Das Gewitter am 26. Ah. war von einem Wolkenbruche mit Hagel begleitet.
8) Klagenfurt. Das Gewitter am 5. Mittags war von einem Sturme aus NW. begleitet, und wurde an allen Stationen in Kärnten beobachtet.
9) Krakau. In der Nacht vom 26. — 27. Sturm aus NW. Am 5. grosse Hagelkörner, Sternschnuppen. Am 2. 3. grosser Mondhof.
*[-) In Mauer bei Wien beobachteten in den Sommermonaten die Herren Carl und Emil Haecker; seit October d. J. aber Herr Jakob Fischer. Mauer liegt IV4 Meile Südwestlich von
Wien, auf den östlichen Ausläufern des Wienerwaldes in einer vegetationsrcichen Gegend (Weinbau).
Beobachtangsort.
Pilsen. .
Innsbruck
Kremsmünster
-[Wüten. .
Obervellach
Jaslo . • .
Schössl . .
Weissbriach
St.Magdalena
Bodenbach.
Althofen. .
Steinbüchel
Leutschau .
Tröpelach .
St. Jakob .
Saifnitz . .
Deutschbrod
Schemnitz .
Kesmark. .
Pürglitz . .
St. Jakob (b.
b. Reichenau
Obir I. . .
Alkus. . .
Bad Gastein 3
Markt Ausee
Heiligenblut
St. Peter .
Mallnitz . .
Alt Aussee.
Stilfserjoch
Plan . . ■
Luschariberg
Obir III. . .
St. Maria .
Markt Aussee
Alt-Aussee
Zara
Neusohl
Mauer
Meran
. Idria
lurk)
Ma
Jun
Jul
Ma
Jur
Jul
Jun
Ju
Jui
Ju
Ju
Ju
Mittlere
Tem
peratur
Reaumur
Maximum
Tag Temp.
Minimum
Tag Temp.
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
+ 14 9 57
+ 14-53
+ 14-51
+ 14-51
+ 14-46
+ 14-41
+ 14-29
+ 14-25
+ 14-17
+14-15
+ 14-10
14-04
13-99
+ 13-91
+ 13-87
+ 13-78
+ 13-58
+ 13-57
+ 13
+ 13-42
+ 13-38
+ 12-98
+ 12-91
+ 12-32
+ 12-18
+ 12-10
+11-83
+ 11-79
+ 11-73
+ 11
+ 11-33
+ 10-57
+ 1001
+ 9-67
+ 5-44
15-6
3-6
3-7
3-6
40
5-6
3- 6
4- 6
3-6
3-6
40
24- G
3- 6
4- 6
4-6
4-G
3-6
25- 6
26- 6
3-6
24- G
3- 6
4- 6
25- G
23- 6
25 G
4-G
24- G
24- 6
3- 6
19-6
25- 6
4- G
4-6
3-G
+ 24 9 6
+ 24-2
+ 24-5
+ 25-0
+ 23-2
+ 24-9
+ 2S-0
+ 23-0
+ 22-2
+ 25-8
+ 23-4
+ 21-2
+ 23-2
+ 23-2
+ 22-6
+ 23-8
+ 24-4
+ 22-5
+ 24-S
+ 24-2
+ 21-S
+ 24-0
+ 21-3
+ 21 -0*
+ 24-0
+ 22-6
+ 19-5
+ 20-4
+23-1
+ 23-6
+ 19-0
+ 17-8
+ 26-3
+ 24-0
+ 11-8
19-3
9- 3
19-2
7
30
31
7
6
16
19
13
10- 3
18-3
13-3
18
IG
19
18
19
19
10
19
13
3-
5-
21-
21-
10-
3-
11
9-
10
13
9
+ 7-67
+ 11-81
+ 12-21
+ 3-99
+ 10-20
+ 11-02
+ 17-63
+ 20-17
+ 13-26
+ 14-96
+ 15-28
+ 18-80
31-6
14-0
10-6
31-0
14- 6
10-6
8-6
20-6
3-G
25*6
15- 6
+ 21-4
+22-6
+ 22-4
+ 20-6
+ 21-1
+ 21-6
+ 22-1
+ 23-8
+23-6
+ 21-7
+25-2
+ 6 9 1
+ 8-0
+ 7-1
+ 8-1
+ 8-3
+ 4-6
+ 9-2
+ 8-8
+ 9-4
+ 7-4
+ 8-1
+9-4
+ 7-4
+ 7-7
+ 9-2
+ 9-8
+ 4-9
+ 6-3
+ 6-0
+ 7-2
+8-0
+ 3-0
+ 3-0
+ 6-0
-1 6-7
+ 8-0
+ 7-2
+ 8-2
+ 9-4
+7-2
+6-0
+4-0
+ 4-0
+ 2-0
-0-3
Maximum
Tag Luftdr,
323 n '26
315-93
323-60
315 - 23
312-39
329-20
325-80
306-57
332-70
310-12
325-99
315-39
303-09
315-33
314-36
325-66
314-77
303-05
312-89
289-85
292-77
303-01
279-07
251-03
18-9
17- 3
18- 4
17-3
19- 3
30-9
IS-9
19-3
19-3
3-3
19-6
19-3
21-3
19-3
19-3
18-8
18-9
18-6
18-6
21-9
21-3
18- 4
3-3
19- 3
Minimum
Tag Luftdr.
327"'74
317-92
325-61
317-03
315-46
331 - 55
328-74
308-24
334-17
314-13
328-15
317-30
304-74
317-18
316-76
328-00
316-62
305-35
314-76
291-75
293-74
304-50
280-72
252-88
9-3
4-6
4-9
4- 6
9-3
5- 6
5 3
5-6
4- 3
5- 3
5-6
9-6
9-6
5-8
5-6
4- 8
5- 3
8-6
4- 8
5- 3
5-6
5-4
9-3
9-6
323"'97
314-02
320-94
312- 71
310-31
323-74
323-53
303-62
330-93
307-81
323-21
313- 11
299-92
312- 35
313- 85
323-37
312-38
301-62
311-GO
286-61
290-05
300-44
277-50
248-46
Dunst
druck
Par. Lin.
5-00
4- 56
5- 36
5-00
5-04
4-42
5-02
4-79
531
3-74
Nieder
schlag
Par. Lin.
94"10
12-84?
65-15
62-68
41- 08
22-86
42- 53
33-51
20-49
31-50
43- 85
39- 40
17-70
61-10
40- 07
36-98
51-66
45-15
27-28
56-27
36-82
90-70
47-00
27-32
146-24
Herr
schender
Wind
Magnetische Störungen.
Am 3. 10.
Nachträge
10-4
21-8
26-8
9-4
24-8
22- 4
20-3
1-3
29-3
23- 3
18-3
+ 2-4
+ 5-8
+ 7-4
+ 0-1
+ 2-8.
+ 7-2
+ 12-6
+ 17-0
+ 6-4
+ 10-4
+ 10-0
310-70
312-68
312-63
300-15
302-20
302-06
337-59
337-19
323-74
323-48
25-4
27- 8
1-8
25-4
28- 4
1-8
28-6
1-9
10-4
14-5
314
315
315
302
305
304
340
339
326
325
zu den
15-
früheren Monaten.
74
65
60
09
52
- 55
84
23
90
306-98
308- 68
309- 27
297- 99
298- 51
299- 29
335-15
334-46
320-19
320-77
2- 58
3- 79
4- 11
7- 20
8- 26
59-45
53-72
18-71
90-66
72-26
83-76
26-47
6-15
26-74
52-84
W.
w.
w.
WSW.
NO.
w.
NO.
NW.
NO.
NW.
SO.
so.
w.
w.
N.
w.
w.
s.
SW.
NO.
0.
W.
0.
w.
w.
SW.
w.
SW.
0. w.
N.
NW.
NW.
NW.
Anmerkungen.
Am 3. 21. 25. 26. Gewitter, am 26. mit Uagel.
Gewitter sind angemerkt am 4. 7. 26.
Am 4. 5. 20. 26. 31. Gewitter, 3. 8. 28. 30. Blitze.
Am 4. 7. 20. 26. heftiges Gewitter, am 28. 30. Wetterl-
Am 5. um 7 1 * Ab. Gewitter mit Sturm.
Am 2. 3. 4. 10. 25. 29. Gew., am 2. 7. 20. Blitze, am 15.
Am 5. Gewitter. [16. 17. 21. stürmisch.
Am 26. 6 + 22 9 1. Am 5. 27.31. Gew., am 9.16.26. Wetterl.
Am 3. 4. (Morg.) 20. 24. 25. Gewitter.
Am 27. Gewitter mit Hagel.
Am 5. Gewitter.
Am 5.11.12. 13. 27. Gewitter, am 11. u. 31. Wetterl.
Am 5. Gewitter, am 27. mit Sturm aus NW. und Hagel.
Am 5. Gewitter, am 27. Gewitter mit Hagel.
Am 5. Gewitter.
Am 3.4. 8. 20. 26. Gewitter.
Am 10.11.12. 27. (Morg.) Gewitter, am 9. 26. Wetterl.
Am 27. Gewitter.
Am 4. (Morg.) 25. 26. Gewitter, am 15. 21. Sturm.
Am 5. Orkan, am 27. Hagel.
Am 25. +22°. Am 4. (Morg.) 8.26. Gew., am 26.m. Sturm
Am 5. Gewitter-
Am 5. 27. Gew., am 5. 9.15. Sturm, am 6.10. Schnee.
Am 4. 5. 9. Gewitter, am 5. mit Hagel, am 3. u. 25 +24°,
Am 4. 5. 26. Gewitter. [am 20. 26. 28. Blitze.
Am 5. Gewitter.
Am 5. Gewitter.
Am K ßpwittPl*
Am 26. (heftig)’28. 29. Wetterleuchten.
Am 2. 6. +17 9 6.
Am 8. Gewitter, am 5. Sturm, am 9. Regen und Schnee.
Am 5.11. 28. 29. 31. Gewitter.
Am 8. Gewitter.
Am 3. 6. 7. 9.10. 15.16. 28. Gewitter.
Am 9.13.18.19. Regen mit Schnee, am 28. Nachts Gew.
Vom 17.—27. täglich Regen.
Am 3. um 5 h Ab. aus SO. starkes Gew., im Sarstein-Gcbirge
Am 20. Gewitter. [Wolkenbruch.
Am 6. Wetterl.
Am 4.10.11. 21. Gewitter, am 25. Sturm.
Am 6.7. 9.11.12.17. 20. 26. 27. Gew., am 12. mit Sturm,
Gewitter wie in Wien. [am 20. mit Hagel.
1) Krein sm ü n s t e r. Anfajigs August waren die nahen Hochgebirge bis in die Schluchten mit ewigem Schnee, schneefrei, auch hier waren die Tage vom 22—26. sehr heiss, am 23. noch
+ 23 9 1 , am 26. +22-5, An diesem Tage Abends 7 h 30' begann es rings im Horizonte ununterbrochen zu blitzen, die Intervalle zwischen je zwei Blitzen betrugen kaum 1 Sec., die
elektrischen Entladungen waren jedoch nicht heftig, ein zweites Gewitter um ll h Abends in SW. berührte Kremsmünster nicht. Dieses Gewitter xvar das blitzreichste im Jahre.
2) Gastein. Das Gewitter am 5. xvar sehr heftig (von Morgens bis 5 h Abends).
•[) In Wilten beobachtet Herr Stephanus Prantner, Subprior im Prämonstratenser Stifte. Wilten liegt 1890 P. F. über dem Meere, % Meile südlich von Innsbruck.
Anmerkung. Ein vollständiges Verzeichniss der Herren Beobachter, sowie eine Darstellung der geographischen Lage der Stationen wird der Jahresübersicht der Witterung beigegeben werden.
Gang der Wärme und des Luftdruckes iin August 1855.
Die punctirten Linien stellen die Wärme, die ausgezogenen den Luftdruck dar.
Die beigeschriebenen Zahlen sind Monatmittel, denen die stärkeren Horizontallinien entsprechen.
Ein Netztheil entspricht bei der Wärme einem Grad Reaumur, beim Luftdrucke einer Pariser Linie.
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Gang «ler Feuchtigkeit und des Ozongehaltes der Lu fl im August 1855.
Die punktirten Linien stellen die Feuchtigkeit, die ausgezo{fenen den Ozong'elialt dar.
Die am Rande befindlichen Zahlen sind die Monatmittel der Feuchtigkeit, jene zwischen
denCurven die Monatmittel des Ozongehaltes.
Den Monatmitteln entsprechen die stärkeren Horizontallinien.
Ein Netzthcil beträgt für die Feuchtigkeit öProcente, für den Ozongehalt einen Theil der Far„
henscala, welche vom völligen Weis bis zum tiefsten Blau zehn Abtheilungen enthält.
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