SITZUNGSBERICHTE
DER
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN
CLASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
SECHZEHNTER BAND.
Jahrgang 1855. Heft I und II
(atit 30 «affin.)
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER
K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1855.
SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
SECHZEHNTER BAND.
v DER WISSENSCHAFT^-'
y IN WIEN.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI W. BHADMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER
IC. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
18SS.
300000
A 6. /f-iBS
♦
INHALT.
Seite
Sitzung; vom 12. April 1855.
Y Rochierter, Über das Trocknen der zu analysirenden Substanzen .... 3
r Sandberger, Über Anoplotheca,eine neue Brachiopoden-Gattung.(Mit 1 Tafel.) 5
/Fialkowski, Construction des Kreises und der Ellipse. (Mit 12 Tafeln.) . 9
\ Hairtinger, Die konische Refraction am Diopsid, nebst Bemerkungen über
einige Erscheinungen der konischen Refraction am Aragon . . .113
— Die Lichtabsorption des Cadmacetits , der Krystalle des essigsauren
Cadmiumoxydes 131
Sitzung; vom 19. April 1855.
Zantedeschi, Deila interferenza luminosa, che preseuta il filo metallico
comune a’ due circuiti chiusi, e dello stato d 1 incandescenza delle
parti del circuito, che non sono comuni ad ambedue; con alcune
osservazioni sulla natura dell’ elettrico, calorico e luce e della loro
reciproca dipendenza 140
Sitzung; vom 26. April 1855.
\f Reuss, Paläontologische Miscellen
Hairtinger, Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls ......
Kenngott, Mineralogische Notizen, betreffend die bekannten Species: Kar
stenit, Dolomit, Millerit, Turmalin, Galaktit, Wasser, Plagionit,
Diopsid, Zinkit, Calcit undFelsöbänyt, sowie zwei neue: den Enstatit
im Geschlechte der Augit-Spathe und den Pseudophit im Geschlechte
der Serpentin-Steatite. (Siebzehnte Folge.)
\ Sedlaczek, Der Copir-Zirkel, eine einfache Einrichtung des Pantographen
Hauer, Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen .
Stellwag v. Carion, Die Accommodationsfehler des Auges. (Mit 2 Tafeln.) .
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften
Tabellarische Übersicht der Witterung in Österreich im März 1855.
(Mit 2 Tafeln.)
Sitzung vom 10. Mai 18SS.
' Fitzinger, Bericht über Herrn Vincenz Maria Gredler’s Mollusken-Fauna
von Tirol
. Hlasiwetz, Über die Zusammensetzung des Ursons
\ Fritsch, Resultate der im Jahre 1854 in Wien und an einigen anderen
Orten des österreichischen Kaiserstaates angestellten Vegetations
beobachtungen •
144
145
152
180
183
187
282
287
293
294
VI
Seite
Türck, Beobachtungen über das Leitungsvermögen des menschlichen Rücken
markes. (Mit 1 Tafel.) 329
^Peters, Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. (Mit 4 Tafeln.) . . . 336
■yj Zepharovich, Jaulingit, ein neues fossiles Harz aus derJauling nächst St. Veit
a. d. Triesting in Nieder-Österreich 366
\) Wedl, Helininthologische Notizen. (Mit 3 Tafeln.) 371
^ — Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen. (Mit 2 Tafeln.) . . 395
Sitzung; vom 18. Mai 1855.
\j Hauet', Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlor
metallen 409
Pick, Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. (Mit 1 Tafel.) . 415
Schönbichler, Die Complanation des schiefen Kegels durch Vermittelung
der Integrale fdysiri 1 " <p (1 — k sin 3 p) m und Jd<p cos 2n <p (1 — k.
cos 3 <p) m und Auflösung dieser Integrale in trigonometrische, durch
einen stäten logarithmischen Calcul berechenbare Factoren . . . 447
sj Stur, Über die Ablagerungen des Ne ogen (Miocen und Pliocen), D il u-
vium und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und
ihrer Umgebung 477
: Oeltzeti, Eigene Bewegungen von Fixsternen, abgeleitet aus der Ver
gleichung der Histoire celeste mit den Argelande r’schen nörd
lichen Zonen 340
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 575
Tabellarische Übersicht der Witterung in Österreich im April 1855.
(Mit 2 Tafeln.)
SITZUNGSBERICHTE
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XVI. B AND. I. HEFT.
JAHRGANG 1855. — APRIL.
i
SITZUNG VOM 12. APRIL 1855.
Eingesendcte Abhandlungen.
Über das Trocknen der zu aiiälysirenden Substanzen.
Von dem w. M. Dr. Friedrich Kochleder.
Ich habe vor einiger Zeit der kaiserl. Akademie eine Untersuchung
über Saponin und Äsculin vorgelegt, die ich mit HerrnDr.Schwarz
in Gemeinschaft ausgeführt habe. Beide Substanzen wurden in der
Zwischenzeit von anderen Chemikern untersucht, das Saponin von
Overbeck und von Bo Iley, das Äsculin von Zw enger. Sowohl
Overbeck als Bolley erhielten hei der Analyse des Saponin andere
Zahlen als ich und Dr. Schwarz. Die Analyse des gelatinösen
Körpers, der durch Einwirkung von Säuren in der Wärme aus
Saponin neben Zucker entsteht, gab Bolley ebenfalls andere Resul
tate als wir erhalten hatten, dagegen fand Overbeck für diesen
Körper dieselbe procentische Zusammensetzung wie wir. Ich setze
der Übersicht halber die Zusammenstellung der verschiedenen Ana
lysen neben einander, wie sie Bolley selbst gegeben hat.
Saponin aus Gjpsoplüla Struthium.
Aus Senega.
Overbeck. Bolley. Bussy. F.Hoelil. u. Schwarz. Bolley.
C 46-81 — 48-58 — 51-0 — 52-34 — 52-96
H 7-51 — 6-74 — 7-4 — 7-27 — 6-10
0 45-68 — 44-68 — 41-6 — 40-19 — 40-94
Spaltuiigsprodiict des Saponin.
Aus Rosskastanien.
Freiny.
C 57-26 —
II 8-35 -
0 34-39 —
Senega.
Bolley.
59-20
7-70
33-10
Gypsophila.
Bolley.
— 60-02
- 7-60
— 32-38
Overbeck.
63-30
8-76
27-94
F. Roclil.u. Schwarz,
bei 120°.
— 63-33
— 8-37
— 28-08
1*
4: Rochleder. Über (las Trocknen der zu analysirenden Substanzen.
Bolleymaclit in seiner Abhandlung darauf aufmerksam, dass
die Differenzen nicht auf das Austreten von mehr oder weniger
Wasser zuriickführhar sind. Bei Gelegenheit einer Untersuchung über
die Bosskastanien, die bald vollendet sein wird, hatte ich es abermals
mit einem Stoff zu tliun, der Saponin genannt wird. Ich suchte den
Grund der Differenzen bei dieser Gelegenheit zu ermitteln, und glaube,
dass es nicht überflüssig ist, darüber ein paar Worte zu sprechen.
Die Quelle der Differenzen ist das Trocknen der Substanzen. Nicht
nur das Saponin, sondern viele andere Körper verändern bei dem Trock
nen ihre Zusammensetzung, ohne dabei eine sichtbare Veränderung zu
erleiden. Ich habe mehrere Stoffe, die früher analysirt wurden, in dieser
Beziehung untersucht und bei denselben bei einem geänderten Verfah
ren des Trocknens, eine andere Zusammensetzung als früher gefunden.
Ich beschreibe hier kurz den Apparat, dessen ich mich gegen
wärtig zum Trocknen bediene, weil er leicht zu construiren ist, wenig
kostet und es möglich macht eine Substanz innerhalb einer Stunde
vollkommen zu trocknen.
H'
Der Hahn II wird bei a auf die Luftpumpe geschraubt, bei b ist
der Apparat mit einem Gelasse, das mit Kohlensäure gefüllt ist, durch
ein Bohr von vulcanisirtem Kautschuk verbunden. Als Gefäss dient am
besten ein Sack von Kautschuk. Bei B ist ein Ölbad, dessen Temperatur
durch ein Thermometer ersichtlich ist, in dem Bade befindet sich ein
Gefäss von starkem Glas mit weiter Mündung S welches dazu dient
die zu trocknende Substanz in einem Glasrohr hineinzubringen. Durch
Pumpen, während der Hahn II geöffnet ist, wird in S die Luft verdünnt,
durch Öffnen des Hahnes II' nachdem //geschlossen wurde, füllt sich
der Apparat mit Kohlensäure. Durch wiederholtes Auspumpen in dieser
Weise wird der Apparat gänzlich mit Kohlensäure gefüllt. Manschliesst
darauf den Hahn//' und pumpt aus. Hierauf erhitzt man das Ölbad auf
■
S a n d b e rg e r. Über Anoplotheca, eine neue Brachiopoden-Gattung. 5
den beliebigen Temperatursgrad, während von Zeit zu Zeit durch den
Hahn IV Kohlensäure zugelassen wird, die in dem Chlorcalciumrohr C'
getrocknet wird, worauf der Hahn ZT geschlossen, der Hahn ZT geöffnet
und die Kohlensäure ausgepumpt wird, die ihre aufgenommene Feuch
tigkeit in dem Chlorcalciumrohr C abgibt.
Im luftleerenRaume erhitzt, geben dieSubstanzen schnell Wasser
ab, das durch die trockene Kohlensäure weggeführt wird. Eine Oxyda
tion ist dabei unmöglich, das Trocknen ist in kurzer Zeit vollendet.
Ich führe hier die Analyse des reinen Äsculin an, das auf diese
Weise getrocknet, von Herrn Kawalier in meinem Laboratorium
analysirt wurde.
0-2687 Äsculin geben 0-5135 Kohlensäure und 0T209 Wasser, oder in 100 Theilen:
C 52-11
H 4-99
0 42-90
100-00
Diese Zusammensetzung habe ich und Dr. Schwarz gefunden,
die Analysen von Z w enger sind daher nicht weiter zu berücksich
tigen. Die Formel, welche ich für das Äsculin und Äsculetin aufgestellt
habe, werden durch die Zusammensetzung eines Körpers bestätigt,
welcher entsteht, wenn Äsculin mit Barytwasser gekocht wird, so wie
durch die Zusammensetzung der prachtvollen Farbestolfe, die aus dem
Äsculetin erzeugt werden können und in einer bestimmten Beziehung
zum Orcein stehen. Alle diese Producte lassen sich mit der Formel
des Äsculin von Zw enger nicht in Einklang bringen.
Über Anoplotheca, eine neue Brachiopoden - Gattung.
Von Dr. Fridolin Sandberger,
Professor der Mineralogie und Geologie am grossh. Polytechnicum zu Karlsruhe etc.
(Mit I Tafel.)
Die genauere Untersuchung der paläozoischen Schichten und
Versteinerungen des Herzogthums Nassau, welche von meinem Bru
der, Dr. G. Sandberger in Wiesbaden und mir während einer Reihe
von Jahren durchgeführt wurde, führte zu mancherlei neuen und
unerwarteten Thatsachen, von denen ein Theil dem wissenschaft
lichen Publicum in dem von uns veröffentlichten Werke: „Die Ver
steinerungen des rheinischen Schichtensystems“, 1. — 8. Lieferung
mit XLI Tafeln, Wiesbaden 1850—SS, bereits vorgelegt wurde.
Während die Bearbeitung der Crustaceen, Annulaten, Cephalopoden,
6
Sandberger.
Gasteropoden, Pteropoden und Pelekypoden bereits geschlossen und
meist veröffentlicht ist, konnte die der Brachiopoden, Radiaten,
Polyparien, Bryozoen, Amorphozoen und Pflanzen nicht gleichzeitig
mit dem Erscheinen der sie enthaltenden Tafeln beendigt werden
und wird erst in der Schlusslieferung mitgetheilt werden, die gegen
Sommer erscheinen soll.
Indessen fand sich trotz der im Ganzen nicht sehr bedeutenden
Zahl von Brachiopoden, welche nach den von uns befolgten Princi-
pien als gute Arten veröffentlicht werden konnten, manches Detail,
welches die schönen Arbeiten, die in der neuesten Zeit von King,
Davidson, E. Suess, Deslongchamps u. A. über diese Classe
gemacht wurden, ergänzen konnte, und selbst eine neue Gattung,
welche ich im Folgenden näher zu beschreiben gedenke. Sie gehört
der tiefsten Abtheilung des rheinischen Systems an, dem Spiriferen-
sandstein, und wurde von Schnur in der Eifel, von uns im nörd
lichen Nassau bei Haigerseelbach unweit Dillenburg, dann bei Lahn
stein und an verschiedenen anderen Orten der Gegend von Coblenz
aufgefunden. Ihre äussere Form, welche der Tercbratula lepida
Goldf. ungemein gleicht, liess eine Spiriferiden-Gattungvermuthen,
indessen sind die inneren Charaktere, die allein entscheidenden, gänz
lich von denen der Spiriferiden verschieden. Die wesentlichen Eigen
schaften habe ich in der folgenden Definition zusammengefasst:
Testa ovata, convexo-concava, imperforata, area et deltidio
carens. Margo cardinalis arcuatus, margines interni incrassati. In
valva ventrali majore, convexa, dentibus satis crassis armata, septum
parvulum medianum, inferne ßssum, usque ad mediam partem lineae
dimidiantis non productum, eonspieuum. Impressiones musculorum
cardinalium satis latae ad latera septi, impressio minor ovalis adducto-
ris ad finem inferum ejusdem sitae. Rami duo impressionum vascula-
rium primi ordinis in utroque fine supero musculorum cardinalium
incipientes angulo obliquo ad marginem proficiscuntur, quem bifidi
attingent, ramis trifidis lateralibus centrum versus emissis. Valva
dorsalis paullo concava. Processus cardinalis bipartitus, parvulus
inter laminas, foveis dentes excipientibus excavatas, intermedius. Sub
bis ad utrumque latus septi Iatioris mediani impressio ovalis ampla,
bipartita musculorum adductorum obvia, e qua rami impressionum
vascularium, quorum alter in fine supero, alter in fine infero impressio-
nis utraeque adduetoris oritur, angulo obliquo ad marginem pro-
Über Anoplotheca, eine neue Brachiopoden-Gattung.
7
fieiscuntur. Impressio parvula, rotundata, satis eoncava ignotae originis
praeterea sub processu cardinali ad finero superum septi mediani exstat.
Schale von eiförmigem Umrisse, convex-concav, ohne Stiel-
Öffnung, Sclilossfekl und Deltidium. Der Sclilossrand ist gekrümmt,
die inneren Ränder etwas aufgeworfen, von Eindrücken der Börstchen
des Mantels radial gefurcht. Die Bauchklappe ist die grössere. In
ihr liegen am Schlossrande zwei kräftige Zähne, auf der Mitte zieht
sich vom Buckel his zur Hälfte der Länge der Klappe eine schmale
Wandplatte herab, welche am unteren Ende gespalten ist. Zu beiden
Seiten derselben bemerkt man die Eindrücke der Schlossmuskeln, am
unteren Ende den kleinen eiförmigen des Schliessmuskels. Am oberen
Ende der Schlossmuskeln entspringt jederseits ein Hauptast der
Gefäss-Eindrücke, welcher in schiefer Richtung nach dem Rande
verläuft, ehe er diesen erreicht aber einen dreispaltigen seitlichen
Ast nach der Mitte zu absendet und sich selbst spaltet. Die Rücken
klappe ist nicht bedeutend vertieft. Ihr kleiner Schlossfortsatz ist
gespalten, jederseits begrenzt ihn eine kräftige Lamelle, in welcher
die tief ausgehöhlten Zahngruben liegen. Unter diesen sieht man auf
jeder Seite einer dickeren auf der Mitte herabziehenden Wandplatte
einen breiten ovalen, durch eine schwache, schief stehende Leiste
getheilten Schliessmuskel-Eindruck, an dessen oberem und unterem
Rande je ein in schiefer Richtung gegen den Rand laufender Haupt
ast von Gefäss-Eindrücken entspringt. Ein kleiner, runder, tiefer
Eindruck unter dem Schlossfortsatz am oberen Ende der Wandplatte
ist zur Zeit noch unerklärt.
Durch den Mangel einer Stielöffnung, der Area und des Deltidiums,
ihr articulirtes Schloss und die Verästelung der Gefäss-Eindrücke
erscheint Anoplotheca zunächst der Gattung Koninckina E. Suess
(Davidson, Introduction PI. VIII,Fig. 194—198; Woodward, Manual of
the Mollusca, II, p. 231) aus den oberen Triasschichten von St. Cassian
verwandt, über deren Musculatur zur Zeit nichts Näheres bekannt ist.
Von Productus und den ihm zunächst verwandten Gattungen ist Ano
plotheca schon durch das gänzliche Fehlen der Stacheln verschieden;
auch die Lage und Gestalt der Muskel-Eindrücke, welche bei den
Productiden mit Ausnahme von Chonetes verästelt erscheinen, ist hei
Anoplotheca wesentlich anders. Vor der Hand wird die neue Gattung
am besten mit Koninckina zusammengestellt werden, bis etwa neue
Entdeckungen ihre Stellung definitiv entscheiden.
8
Sandberger. Über Anoplotheca, eine neue Brachiopoden-Gattung.
Die einzige Art ist Anoplotheca lamellosa, deren Beschreibung
ich ebenfalls beifüge.
Anoplotheca lamellosa Sandb.
Terebratula venusta Schnur in Palaeontographica; Bil. III, S. 180, Taf. XXIV,
Fig. 3. — Productus lamellosus Sandb. Atlas zum Rhein. Schichtensystem.
Taf. XXXIV, Fig. 18 bis 18 d.
Schale von eiförmigem oder quereiförmigem Umrisse, mit brei
ten, blätterigen, concentrischen Anwachsrippen geziert. Die ziemlich
convexe Bauchklappe zeigt einen nicht sehr tiefen Sinus, auf dessen
Seiten sechs Längsfalten hervortreten, welche bei ausgewachsenen
Exemplaren über der Mitte verschwinden. Die nicht sehr stark ver
tiefte Rückenklappe ist in derselben Weise längsgefaltet wie die
Bauchklappe.
Anoplotheca lamellosa kommt an den oben angeführten Locali-
täten stets gesellig vor.
Bei der grossen Zahl paläozoischer Brachiopoden, deren innere
Charaktere gegenwärtig noch ganz unbekannt sind, hat auch die
gegenwärtige kleine Mittheilung vielleicht ein gewisses Interesse,
indem sie für eine zur Zeit nur in der Triasgruppe bekannte Familie
einen Repräsentanten in so alten Schichten nachweist.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Bauchklappe eines jüngeren Exemplars. Laubachthal bei Coblenz.
„ 2. Abdruck der Rückenklappe der schmaleren Form. Haigerhütte bei
Dillenburg.
„ 3. Abdruck der Rückenklappe der breiteren Form. Laubachthal.
„ 4. Inneres der Bauchklappe mit den Zähnen d. „
„ S. Kern derselben mit den Eindrücken der Zähne d, der Schlossmuskeln
c und der Schliessmuskeln a. Laubachthal.
„ 6. Kern derselben Klappe mit den Eindrücken der Gefässe v.
„ 1. Inneres der Rückenklappe; j Sehlossfortsatz, /'Zahngruben, s Septum,
a Schliessmuskel-Eindrücke, x Eindruck unbekannten Ursprungs. Hai
gerseelbach bei Dillenburg.
„ 8. Rückenklappe; a Schliessmuskel-Eindrücke, v Gefäss-Eindrücke. Lau
bachthal bei Coblenz.
„ 9. Rückenklappe mit den randliehen Eindrücken horniger in den Mantel
eingesenkter Börstchen.
Fialkowski. Construction des Kreises und der Ellipse.
9
Vorträge.
Construction des Kreises und der Ellipse.
Von Nicolaus Pialkorrski,
Architectcn und Lehrer der Geometrio und Baukunst an der Communal-Unterrealschule in Gumpendorf
zu Wien.
(Mit XII Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 21. Juli 1853.)
Allgemeines Verfahren mittelst zweier Geraden jeden beliebigen Punkt
einer Kreislinie zu bestimmen, welche einem gegebenen Quadrate ein
geschrieben wird.
§• 1.
Construction.
Es sei (Fig. 1) ABCD das gegebene Quadrat, in welchem eine
Kreislinie eingeschrieben werden soll. Man halbire jede der vier
Seiten dieses Quadrates, ziehe in diesem die beiden Halbirungslinien
EF und GH, so ist bekanntlich M als Mittelpunkt der einzuschreiben
den Kreislinie; ferner sind EM — FM = GM = HM als Halbmesser,
und da AG = BG = BF — CF .... gemacht wurde, die Punkte
E, F, G, II als Punkte dieser Kreislinie, und zwar als gegeben zu
betrachten.
Wird nun die Seite BC über ihren Endpunkt B, und der Durch
messer EF über F hinaus verlängert, auf den zwei so erhaltenen
Linien vom Punkte F aus gleich lange Stücke abgeschnitten, also
Fl — FK gemacht, ferner der Punkt I mit II und G mit K durch
Gerade verbunden, so ist der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden,
d. i. der Punkt N ein Punkt derjenigen Kreislinie, welche dem gege
benen Quadrate ABCD eingeschrieben werden soll.
Wie man aus der Construction sieht, wird es sich hier darum
handeln, zu beweisen, oh der Winkel GNII, welchen wir der Kürze
wegen mit x bezeichnen wollen, ein rechter ist; weil die zwei Eck
punkte G und II des Dreieckes GNII ohnehin Punkte des Kreises sind.
10
F i a 1 k o \v s k i.
Beweis.
Betrachtet man zuerst die zwei Dreiecke C1IJ und GKM, so
findet man
CJ — MK \ , „
UH | nach der Construction,
p — q als Rechte;
HCJ ~ MGK,
cc — ß,
7 = o.
GH || CJ ist,
a — a;
cc = ß,
a — <x — ß.
/3 —J- 7 -\-p — und p = R ist,
(3 + 7 = R
a — a. — ß ,
a + 7 = Ä
ir + fl+7 = 2J?, so folgt, wenn man diese
zwei letzten Gleichungen von einander abzieht
x = }{.
und der Winkel
folglich ist das A
daher der <£
und der
Da aber
so ist der
es ist aber
daher
Da nun
so folgt
aber
also auch
und da
Da nun die Punkte G und H Halbirungspunkte der zwei gegen
überliegenden Seiten des Quadrates ABCD, in welchem der Kreis
eingeschrieben werden soll, mithin Punkte dieses Kreises sind, und
der Winkel x = R bewiesen wurde, so muss der Punkt N ein Punkt
des Kreises sein, w. z. h. w.
Diese Construction ist ganz allgemein giltig, weil wir, um den
Punkt N der Kreislinie zu erhalten, den Hilfspunkt J beliebig ange
nommen und so den Beweis geführt haben. Was also von diesem
Punkte gilt, das lässt sich auch von jedem andern Punkte erweisen.
Ganz auf dieselbe Art ist in derselben Figur auch der Punkt N'
construirt worden, wobei aber nur der Durchmesser über dessen
Endpunkt E hinaus verlängert wurde; es ist daher gleichgiltig, ob
man den Hilfspunkt J auf der Seite oder auf deren Verlängerung
annimmt.
§• 2-
Aus der näheren Betrachtung der Fig. 2 folgt sofort, dass man
für jeden einzelnen Quadranten von dem einen oder dem andern End
punkte desselben angefangen, solche Construction der Punkte ins
Unendliche fortsetzen kann, und dass, je weiter man sie fortsetzt,
Construction des Kreises und der Ellipse.
tl
desto näher und näher die so bestimmten Punkte der Kreislinie an
einander fallen, so zwar, dass die BC und EF ins Unendliche ver
längert werden müssten, wenn man nach dieser Construction den
Punkt G, d. i. den Halbirungspunkt der Seite AB erhalten wollte.
§.3.
Bestimmung der correspondirenden Punkte.
Hat man auf die angegebene Weise für den einen oder den andern
Quadranten mehrere Punkte construirt, so wie in Fig. 2 für den
Quadranten FG die Punkte N, N', N", N'",N"".... und wollte man
in dem zweiten Quadranten die diesen Punkten gegenüber liegenden
Punkte auffinden, so werden die in der Halbirungslinie und ihrer Ver
längerung* d. i. in der Axe bereits aufgefundenen Punkte benützt,
wozu man also die Seite BC nach abwärts nicht zu verlängern
braucht.
Ist z. B. der Punkt S (Fig. 2) mittelst der Geraden HP und GL
aufgefunden worden, und will man den diesem Punkte correspon
direnden Punkt bestimmen, so benützt man die zwei in dem Durch
messer und dessen Verlängerung liegenden Punkte L und m, indem
man L mit H verbindet und aus G durch m eine Gerade führt, bis die
HL in T geschnitten wird, wodurch man auch das Stück EQ = EP
erhält.
Dass man die correspondirenden Punkte auch mittelst der parallel
gezogenen Sehnen erhalten kann, ist ohnehin bekannt, allein dies
ist nur bei der Kreislinie immer der Fall; bei der Ellipse aber
als dem Bilde der Kreislinie, und besonders in der Perspective ist
es nicht immer möglich, mittelst der parallelen Sehnen die corre
spondirenden Punkte zu bestimmen, wesshalb jedesmal für die eine
Hälfte der Ellipse die nothwendigsten Punkte construirt werden
müssen, wozu sich das in Fig. 2 bei der Bestimmung der Punkte S
und T angegebene Verfahren besonders eignet.
§• 4-
Eine sehr nützliche Anwendung von der in den zwei vorher
gehenden §§. angegebenen Construction wird man bei der Construc
tion der Ellipse machen können; wir wollen aber zuerst untersuchen,
wie die vorzüglichsten Punkte des Kreises und dann die der Ellipse
gefunden werden.
Betrachten wir zu diesem Behufe Fig. 3, wo in dem gegebenen
Quadrate ABCD der Kreis EGFH eingeschrieben ist. Zieht man in
12
Fialkowski.
diesem Quadrate die beiden Diagonalen, so werden sie den Kreis in
vier Punkten schneiden. Diese vier Punkte des Kreises wollen wir,
beziehungsweise des dem Kreise umschriebenen Quadrates, weil sie
zugleich in den Diagonalen liegen, Diagonalpunkte nennen; jene aber,
welche zugleich in den Seiten des Quadrates sind, wollen wir mit
dem Namen Seitenpunkte bezeichnen, um uns später desto leichter
ausdrücken zu können.
Da nun einem Kreise unzählig viele Quadrate umschrieben
werden können, so folgt daraus, dass es auch unzählig viele solche
Diagonal - und Seitenpunkte geben kann.
Die angeführten acht Punkte sind bei der Construction der
Ellipse die vorzüglichsten; sie können am leichtesten und am
schnellsten aufgefunden werden, und sind in den meisten Fällen zur
Construction dieser Curve für einen geübten Zeichner hinreichend.
§• 5.
Bekanntlich können die Seitenpunkte der Ellipse beim per-
spectivischen Quadrate als gegeben betrachtet werden; es handelt
sich daher in der Perspective hei den gewöhnlichen Zeichnungen
meistens nur darum, wie die Diagonalpunkte auf die einfachste Art
zu bestimmen sind. Hat man nun auch diese aufgefunden, so sind
dann zur Construction dieser Curve im Ganzen acht Punkte, mittelst
welchen sie sich in besagten Fällen sehr leicht ausführen lässt.
Wendet man beim perspectivischen Zeichnen den Grundriss an, so
lassen sich die Diagonalpunkte sehr leicht bestimmen; dies ist aber
nicht so leicht der Fall, ohne Benützung des Grundrisses, wenn in
einem auf eine andere Art bereits gezeichneten perspectivischen
Quadrate eine Ellipse eingezeichnet werden soll.
Solche Punkte aufzufinden, haben sich schon die ersten Per-
spectiv-Zeichner bemüht, und man hat bei gewöhnlichen Zeichnungen
vor allen andern noch bis heut zu Tage diejenige Methode am meisten
in Anwendung gebracht, wo die Seite des dem Kreise umschriebenen
Quadrates in sieben gleiche Theile getheilt wird; allein diese Methode
ist nur für Zeichnungen von kleinem Massstabe anwendbar, indem
sie nur annäherungsweise ist. Man begeht nach diesem Verfahren
bei Ellipsen von kleineren Durchmessern auch geringe Fehler; je
grösser aber die Ellipse gezeichnet werden soll, desto grösser wird
auch der Fehler sein, so zwar, dass bei einer Ellipse, deren grosse
Axe etwa 6 — 10 Zoll beträgt, diese Methode gar nicht ange-
Construction des Kreises und der Ellipse.
13
wendet werden kann, indem der Felder handgreiflich gross wird.
Des Zusammenhanges wegen wollen wir diese Methode näher unter
suchen. Theilen wir die Seite AB (Fig. 3) des gegebenen Quadrates
ABCD in sieben gleiche Theile, so dass BJ = J / 7 AB wird, so hat
inan, da BG — 1 /%AB ist, BJ — 2 /~,BG und GJ = 5 / 7 BG; dasselbe
gilt auch in Bezug auf die Seite BC. Es ist daher GJ = OL und
KL = MO nach der Construction. Sollte nun der Punkt K, welcher
in der Diagonale liegt, zugleich auch in der Peripherie des Kreises
sein, so muss:
OLÄ _|- ~KLA = ÖK"
sein; da nun OL — KL = 5 /, ist, wenn OK= 1 gesetzt wird, so ist,
wenn man diese Werthe in die obige Gleichung substituirt:
23
49
+ “ = 1-
^ 49
also müsste — =1 sein, was absurd ist.
Man sieht also, dass der Punkt Knicht in, sondern ausserhalb
der Peripherie in der Diagonale liegt, weil das Resultat um </ 49
grösser ist, als es sein sollte. Es ist daher der Fehler, den man
nach dieser Construction begeht i /\ 9 Zoll, Schuh u. s. w., je nach
dem man zum Halbmesser des Kreises einen Zoll, Schuh u. s. w.
annimmt.
Wie lang sollte nun das Stück OL=KL sein, um den Durch
schnittspunkt in der Peripherie und zugleich in der Diagonale zu
erhalten? Dies lässt sich trigonometrisch sehr leicht finden; denn
da OK — 1, der Winkel KOL = 45° ist, so hat man:
KL = OK sin 45"
KL — 1 x sin 45° = sin 45°,
daher log KL — log sin 45°
und log sin 4S° = 9-84948S0 -— 10,
daher log KL = 0-8494850 — i = log 0-7071068,
also ist KL = OL = 0-7071068.
Liesse sich nun das Stück KL — OL durch eine bequeme Zahl
ausdrücken, so könnte man daraus auch eine einfache und richtige
Construction ableiten, allein dies ist nicht der Fall; denn wird der so
14
Fialkowski.
gefundene Decimalbruch 0-7071068 in einen gemeinen, dieser in
einen Kettenbruch verwandelt, und werden sodann von diesem die
Näherungsbi’üche gesucht, so hat man:
0-7071068:
7071068
lböoööoo
1767767
2500000
1
+ — 1
2 +7T
2 + .
wovon
2 5 12 29
y ’ y ’ 17 ’ «
die ersten brauchbaren Näherungsbrüche sind. Die Nenner dieser
Brüche zeigen jedesmal an, in wie viel gleiche Theile die halbe
Seite oder der Radius getheilt werden soll, und die Zähler, wie viel
man solche Theile für die Abscisse und Ordinate zu nehmen bat.
Wird nun die halbe Seite oder der Radius in drei gleiche Theile
2
getheilt, und KL = OL — — genommen, so ist der Fehler, da
( 2 -,3 / 2 \3 . ^ 1
=1 sein sollte, zu gross, d. i. —; also erfolgt der
Durchschnittspunkt innerhalb der Peripherie in der Diagonale. Nimmt
5
man KL — OL = — an,
1 7
der Fehler = —; also ebenfalls noch zu gross, und der Durch
schnittspunkt erfolgt in der Diagonale, jedoch ausserhalb der
12
Peripherie. Wird ferner KL — OL — — gesetzt, so hat man
so
ist, da (yj y(y) se i n sollte,
0 + ©■-*•»
144 + 144 288
289 = 289 1St ’
289
und da
ferner
i = 23g gesetzt werden kann, so
folgt, wenn man diese zwei Brüche von einander abzieht
289 — 288
289
1
289’
1
also ist der Fehler —- bedeutend kleiner; noch kleiner wird der
289
Fehler, wenn man KL = OL = — setzt.
41
Man kann also mittelst der so aufgefundenen Werthe durch
Näherungsbrüche dem wahren Werthe so nahe kommen als man
Construction des Kreises und der Ellipse. \
will. Die Construction der Ellipse für die zwei letzten Fälle ist auf
Taf. I in Fig. 3“ und Fig. 3 15 dargestellt.
Wird nur die erste Decimalstelle des gefundenen Decimal-
7
braches 0-7071068 genommen, und KL — OL — j^ gesetzt, so muss
die halbe Seitein 10 gleicheTheile getheilt, und durch den siebenten
Theilungspunkt eine Parallele gezogen werden, um den Diagonal
punkt des Kreises zu erhalten; in welchem Falle man den Fehler
gleich — begeht, also beinahe so gross als in dem Falle, wenn
KL— — gesetzt wird. Die Construction der Ellipse für den Fall,
wenn die Seite in zehn gleiche Theile getheilt wird, ist auf Taf. I,
Fig. 3i.
Man sieht also daraus, dass es nicht möglich ist mittelst
einer ähnlichen Eintheilung die Diagonalpunkte mathematisch richtig
aufzufinden. Gäbe es nun auch eine Eintheilung dieser Art, vermittelst
welcher die Construction der Diagonalpunkte des Kreises und folglich
auch der Ellipse mathematisch richtig ausführbar wäre, so würde es
doch für die Praxis von keinem besonderen Nutzen sein, indem jede
Eintheilung unbequem, den Fehlern unterworfen und zeitraubend
ist, und wie wir in der Folge sehen werden, mehr als jede von uns
angegebene Verfahrungsart Zeit in Anspruch nimmt.
fe
in den neueren Werken über die Perspective, vorzüglich in den
Werken von Thibault, Vergnauld u. m. a. findet man ausser der
bereits angeführten Methode, mehrere andere, nach welchem man
einzelne Punkte der Ellipse finden kann. Obschon einige derselben
mathematisch richtig sind, so kann man sie doch nicht die vorzüg
lichsten nennen, weil man auch bei diesen die Eintheilung machen
muss.
In den neuesten Werken über die Perspective findet man ein
mathematisch richtiges Verfahren mittelst der Abscissen und Ordi-
naten; dieses ist allerdings sehr einfach, wenn mit der ganzen
Distanz gearbeitet wird. Es muss aber jedesmal, um in der Perspec
tive schöne Bilder zu erzielen, die Entfernung des Beobachters von
der Tafel ziemlich gross angenommen werden, so dass der betref
fende Distanzpunkt ausserhalb der Zeichentläche fällt. In diesem
Falle muss mit der halben Distanz oder mit einem kleineren Theile
16
Fialkowski.
derselben, welcher noch auf der Zeiclienfläche aufgetragen werden
kann, gearbeitet werden.
Wird in einem solchen Falle zur Construction der Ellipse das
Verfahren mittelst Abscissen und Ordinaten angetvendet, so muss
jede der letzteren unvermeidlich in 2, 3 oder n gleiche Tlieile
getheilt, und in die Drehungsaxe umgelegt werden, was allerdings
ebenfalls zu umständlich und zeitraubend ist.
Wir werden nun in folgenden §§. sehen, auf welch einfache
Art, ohne Eintheilung und ohne Hilfskreis die Diagonalpunkte so wie
auch andere beliebige Punkte des Kreises und folglich auch der
Ellipse bestimmt werden.
§• 7.
Bestimmung 3er Diagonalpunkte bei einer Kreislinie.
Soll nach der im §. 1 angegebenen Construction der Diagonal
punkt N (in Fig. 4) bestimmt werden, so entsteht die Frage, wie
lang muss die Seite BC über B hinaus verlängert werden, um den
Punkt N der Kreislinie in der Diagonale zu erhalten?
Es muss die Verlängerung der Seite BC = \2—\ sein; zu
diesem Behufe muss folgender Satz bewiesen werden:
Wenn man die eine Halbirungslinie EF des Quadrates ABCD
über den Endpunkt F hinaus, und die Seite BC über B hinaus ver
längert, diese Verlängerungen von F aus mit dem Radius gleich der
Neunziger-Sehne schneidet, ferner den so erhaltenen Punkt J mit H
und K mit G verbindet, so ist der Durchschnittspunkt dieser zwei
Geraden ein Diagonalpunkt des Kreises, d. h. er liegt in der Diago
nale, zugleich aber auch in der Peripherie desjenigen Kreises,
welcher dem Quadrate ABCD eingeschrieben wird.
Beweis.
Wird iVmit E, H und F, sodann E mit G, und H mit F ver
bunden, so ist:
l nac jj (j er Construction,
EM = HM >
und
folglich ist das A
daher der
ebenso ist
und
folglich ist das A
MN = MN,
EMN KJ AH MN,
& = y>
EG = FH )
GN — FN | nach der Construction,
EN = HN)
EGN SS FHN,
Construction des Kreises und der Ellipse.
17
und daher der
da ferner
und der
so ist
daher auch <^C
somit ist <£
und da
und
ist, so folgt A
daher
es ist aber
folglich ist
da nun
und
ist, so folgt
Wir haben somit
iv = * ;
FN= GN
FG = FK
q — FFG — ~
a R
0£ = ß = 7 = T ,
NFB = ß = |;
HFN = KFN,
HF — KF nach der Construction
FN = FN
HFN ~ KFN,
v = *;
w — z nach dem Bewiesenen,
v = w ;
? = « + 7 = “ + l 3 =y
v = a 4* |3
w — z, v = z, iv — u,
nach der Construc
tion,
und da
und
R
x =y, ec=l3 == 7 =-,
ß 4
® = ? = T5
m» + ^ + 2C+* + ®=
m = ,= y ,
so ist a? -f- y -|- * 2v = 2iJ,
also x -f- y -f- * ~f- R — 2R,
folglich x + y + * — W,
oder der <£ jEWF’ = R.
Da nun E und F Endpunkte des Durchmessers EF also Punkte
des Kreises sind, und der Winkel ENF ein rechter ist, so liegt der
Punkt iVin der Peripherie des Kreises ; er liegt aber zugleich in der
Diagonale, folglich ist er ein Diagonalpunkt des Kreises, w. z. b. w.
Dasselbe gilt auch in Bezug auf das Dreieck GNH; denn:
da x + V + * — R
und iv = z
ist, so hat man x -{- y -f- iv — R,
oder es ist der <£ GNH == R, w. z. b. w.
Was nun von diesem Diagonalpunkte gilt, das lässt sich auch
von jedem der drei übrigen Punkte auf ähnliche Art erweisen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft.
2
18
F i a 1 k o w s k i.
Ist also in dem Quadrate ABCD die Diagonale BD gezogen, so
braucht man nur die Halbirungslinie oder den Durchmesser EF
dieses Quadrates zu verlängern, diese Verlängerung dann aus F
mit dem Radius gleich der diesem Kreise entsprechenden Neunziger-
Sehne FG in K zu schneiden, und den so erhaltenen Durchschnitts
punkt K mit dem Halbirungspunkte G der Seite AB zu verbinden,
wodurch man den Punkt N des Kreises in der Diagonale erhält. Den
selben Punkt findet man aber auch dadurch, wenn man, wie Fig. S,
Taf. II zeigt, die Verlängerung der Seite BC ebenfalls mit dem
selben Radius in J schneidet, und den so erhaltenen Punkt mit dem
Halbirungspunkte der Seite CD verbindet.
Um den correspondirenden Punkt für N" Fig. 4 unterhalb der
EF zu erhalten, muss die zweite Diagonale AC gezogen, und der
Punkt K mit H verbunden werden, wie es durch Pfeile angezeigt ist.
§. 8.
Construetion der Ellipse mittelst der vier Diagonalpunkte.
Der im §. 1 aufgestellte und begründete Satz gibt uns ein
leichtes Mittel an die Hand, auch bei der Ellipse die vier Diagonal
punkte zu finden, ohne dass man irgend eine Seite des Rechteckes
oder Parallelogrammes, worin eine Ellipse eingeschrieben werden
soll, einzutheilen braucht. Auf Grund des erwähnten Satzes kann
dies auf zweifache Weise geschehen, wie wir sogleich sehen wer
den. Vorerst wollen wir aber eine Betrachtung anstellen, und sehen,
welche Punkte ungeändert oder fix bleiben, und welche man zur
Construetion der Ellipse mit Vortheil in dem Falle benützt, wenn
man sich dieselbe durch die Drehung des Kreises um dessen Durch
messer entstanden denkt.
Es sei nun (Fig. 6) ABCD das Quadrat und EGFH der ihm
eingeschriebene Kreis gegeben. Zieht man in diesem Quadrate die
beiden Diagonalen AC und BD, und bestimmt nach dem angeführten
Verfahren die vier Diagonalpunkte N, P, Q, S des eingeschriebenen
Kreises, so werden, wenn man sich den Kreis EGFH um dessen
Durchmesser EF gedreht denkt, und das Auge des Beobachters in
unendlicher Entfernung annimmt, die Punkte und Linien folgender
Maassen ihre Lage verändern:
Kommt bei dieser Drehung der Punkte A nach A', so bleibt der
Punkt B nach der Drehung in derjenigen Horizontalen, welche durch
*
Construction des Kreises und der Ellipse. 19
A' parallel zur Dreliungsaxe EF gezogen wird; mag der Punkt A
nach der Drehung in der durch denselben gezogenen Verticalen oder
seitwärts derselben sieb befinden. Ist also der Punkt A nach der Dre
hung in der Verticalen AD, so muss der Punkt B in der Verticalen
BC sein, und es wird AB nach der Drehung in die Lage A'B' kom
men; in derselben Entfernung aber von der Dreliungsaxe muss ver
möge der Voraussetzung der Distanz des Beobachters auch die Seite
CD bleiben, also in der Lage CD '. Aus diesem Grunde müssen auch
die beiden Halbirungspunkte G und H in der Verticalen GH sich
befinden; denkt man sich nun die Gerade HJ, in welcher sich der
Diagonalpunkt iVbefindet, so fest verbunden, dass, wenn das Quadrat
ABCD gedreht wird, dieselbe gleichzeitig mitgehen muss, so kommt
sie nach der Drehung in die Lage H'N', wobei deren Punkt K in der
Dreliungsaxe ungeändert bleibt.
Da ferner jeder Punkt nach der Drehung in derselben Verticalen
bleibt, in welcher er sich vor der Drehung befand, so muss der
Punkt N in derselben Verticalen auch nach der Drehung bleiben, in
welcher er vor der Drehung war; da nun der Punkt N in der Ver
ticalen NN' zugleich aber auch in der Geraden H'N' ist, so muss
er im Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden also in N' sein.
Dasselbe geschieht mit allen Diagonalpunkten, wenn die Drehung
um die Axe EF gedacht und das Auge des Beobachters in unendlicher
Entfernung angenommen wird.
Um aber die drei übrigen Diagonalpunkte der, in dem durch
die Drehung entstandenen Rechtecke A'B'C'D', einzuschreibenden
Ellipse zu erhalten, ziehe man die beiden Diagonalen A'C' und
B'D', übertrage den fixen Punkt K auf die entgegengesetzte Seite,
verbinde dann G' mit IC, und H' mit K und K' durch gerade Linien,
und verlängere sie bis zu den Diagonalen, welche in den Punkten
P, Q > S' geschnitten werden; diese sind alsdann die verlangten
Diagonalpunkte der zu zeichnenden Ellipse.
§• »■
Abgekürztes Verfahren bei der Construction der Diagonalpunkte einer
Ellipse.
Da es zu umständlich wäre bei der Construction der Ellipse die
zwei Hilfsfiguren, d. i. den Kreis und das ihm umschriebene Quadrat
zu zeichnen, so wird man hierbei viel einfacher auf folgende Art ver
fahren müssen :
2"
20
F i a 1 k o w s k i.
Es seien zur Construction der Ellipse (Fig. 7) die beiden
Axen AB und CD ihrer Grösse und Richtung nach gegeben, wess-
lialb auch das Rechteck EFGH als gegeben betrachtet werden
kann. Wird in diesem Rechtecke die kleine Axe CD nach aufwärts
und die Seite FG nach abwärts verlängert, ferner OJ—OB und BK
gleich der Entfernung BJgemacht, sodann J mit K und C mit L durch
Gerade verbunden, und letztere bis M verlängert, so ist M ein Ellipsen
punkt in der Diagonale des dieser Ellipse umschriebenen Recht
eckes, also ein Diagonalpunkt der zu zeichnenden Ellipse.
Die drei übrigen Diagonalpunkte werden gefunden, indem man
aus 0 mit dem Radius gleich der Entfernung OM die Diagonalen
durchschneidet, wodurch die drei Punkte N, M', N' als die übrigen
verlangten Diagonalpunkte erfolgen.
Man kann sie aber auch dadurch finden, indem man den fixen
Punkt L auf die entgegengesetzte Seite des Mittelpunktes 0 nach L'
überträgt, sodann aus C durch L' und aus D durch L und L' bis zu
den Diagonalen gerade Linien führt.
Auf ähnliche Art wird man auch (Fig. 8) bei der Construction
einer Ellipse verfahren, wenn die zwei conjugirten Axen AB und CD,
folglich auch das ParallelogrammjEFGff gegeben sind. Man ziehe näm
lich durch denHalbirungspunkt 0 die JKA.AB, und in dem Endpunkte
B der Axe AB die BLA.AB, mache dann OJ = OK = OB, und BL
gleich der Entfernung BK, verbinde J mit L, und C mit M durch
Gerade und verlängere die letztere, d. i. die CM bis N, so ist dieser
Punkt ein Diagonalpunkt der Ellipse; die anderen drei Punkte werden
mittelst des übertragenen Punktes M', wie oben erklärt wurde,
gefunden; oder vermittelst der Parallelen, wie es durch die Pfeile
angezeigt ist.
§. 10.
Ein anderes Verfahren bei der Bestimmung der Diagonalpunkte einer
Ellipse.
Wir haben in §. 8, Fig. 6 gezeigt, dass einer der vier Diagonal
punkte eines Kreises dadurch bestimmt wird, indem man die Ver
längerung der Seite BC mit dem Radius gleich der Neunziger-Sehne
FG aus F in Jschneidet u. s. w., wodurch man nach weiterer Operation
den Diagonalpunkt N erhält. Wir haben aber in §. 7, Fig. 4 bewiesen,
dass man denselben Diagonalpunkt auch dadurch erhält, indem man mit
dem Radius gleich der Neunziger-Sehne aus demselben Punkte die
Construction des Kreises und der Ellipse. 21
Verlängerung des Durchmessers EF in K schneidet, und diesen Punkt
mit dem Punkte G verbindet.
Um daraus ein Verfahren für die Construction der Diagonal
punkte einer Ellipse ahzuleiten, müssen wir den gegebenen Kreis
sammt den ihm umschriebenen Quadrate drehen und genau betrachten,
was während der Drehung mit denjenigen Punkten geschieht, welche
zur Construction der Diagonalpunkte im Kreise erforderlich waren.
Bei dieser Drehung wollen wir das Auge des Beobachters in
unendlicher Entfernung, und zwar einmal in der Mitte der zu dre
henden Figur, sodann seitwärts derselben rechts oben annehmen.
Es sei nun (Fig. 9) das Quadrat ABCD und der ihm einge
schriebene Kreis EGFH, in welchem der Diagonalpunkt N auf eine
der zwei letzteren Arten bestimmt wurde, gegeben. Wird bei der
Drehung die erstere Stellung des Beobachters angenommen, so blei
ben die ausserhalb der Axe liegenden Punkte stets in den durch sie
senkrecht auf die Axe gezogenen Geraden ; es können demnach jedes
mal, sobald die Stellung eines Punktes, z. B. des Punktes A bestimmt
ist, auch die übrigen Punkte B, D, G etc. sehr leicht gefunden wer
den, indem das Quadrat ABCD als ein Rechteck erscheint, A B —AB,
A'G' — AG wird, während der Punkt K als ein Punkt der Axe unge-
ändert bleibt.
Somit wird der Diagonalpunkt N nach der Drehung in der
Diagonale B'D', zugleich aber auch in der Geraden G'K sich befinden,
daher im Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden also in N' sein.
Wird die besagte zweite Stellung des Beobachters angenom
men, so können auch in diesem Falle, wenn die Lage eines Punktes
z. B. des Punktes A bestimmt ist, die übrigen drei Punkte B, D, G
sehr leicht ermittelt werden, indem das Quadrat ABCD in ein Paral
lelogramm übergeht, da alle ausserhalb der Axe befindlichen Punkte
in denjenigen Geraden bleiben, welche durch die Fusspunkte der
betreffenden Normalen parallel zur Seite des Parallelogrammes gezo
gen werden, während der Punkt K wie zuvor fix bleibt.
Da nun der Punkt N nach der Drehung in der Diagonale B" D",
zugleich aber auch in der Geraden G'K liegt, so muss er im Dureh-
schnittspunkte dieser zwei Geraden also in N" sein w. z. b. w. Das
selbe gilt auch von jedem der drei übrigen Diagonalpunkte.
Aus dieser Betrachtung ergibt sich die nächstfolgende Con-
struetion der Diagonalpunkte einer Ellipse.
22
F i a I k o w s k i.
§. H.
Construction der Diagonalpunkte einer Ellipse mittelst der Verlängerung der
grossen Axe oder des grösseren conjugirten Durchmessers.
a) Es sei zur Construction der Ellipse (Fig. 10) AB die grosse
und CD die kleine Axe gegeben; man zeichne das entsprechende
Rechteck EFGH, verlängere die grosse Axe, trage auf dieser Ver
längerung vom Punkte B aus die entsprechende Neunziger-Sehne auf,
verbinde den so erhaltenen Punkt K mit C und D, so sind die zwei
Durchschnittspunkte in den Diagonalen, d. i. die Punkte L und M
die verlangten Diagonalpunkte. Die zwei (ihrigen Diagonalpunkte
werden mittelst der durch die ersteren zwei Punkte gezogenen Paral
lelen gefunden, oder indem man aus 0 mit OL = OM die Diagonalen
auf der entgegengesetzten Seite schneidet.
Was die schnelle Auffindung der entsprechenden Neunziger-
Sehne betrifft, so kann dies dadurch geschehen, dass man die kleine
Axe verlängert, seihe aus 0 mit der halben grossen Axe hier in J
schneidet, oder dass man, wenn irgend ein rechter Winkel schon
vorhanden ist, auf dessen Schenkeln vom Scheitelpunkte aus die halbe
grosse Axe aufträgt, und die so erhaltene Hypotenuse auf die Ver
längerung der grossen Axe überträgt.
b) Sind AB und CD (Fig. 11) die beiden conjugirten Axen, so
eonstruire man das entsprechende Parallelogramm EFGH, ziehe in
diesem die beiden Diagonalen, verlängere den grösseren conjugirten
Durchmesser AB bis K, so dass BK gleich der entsprechenden
Neunziger-Sehne wird, und verbinde den hierdurch erhaltenen Punkt
K mit den Endpunkten des kleinen conjugirten Durchmessers durch
gerade Linien, welche die Diagonalen in den Punkten M und N
schneiden, und die verlangten Diagonalpunkte der Ellipse geben.
Die zwei anderen Diagonalpunkte werden auf die eine oder die
andere bekannte Art gefunden.
Um hierbei die entsprechende Neunziger-Sehne zu erhalten,
wird auf AB in 0 eine Normale gezogen, diese dann aus demselben
Punkte mit dem halben grösseren Durchmesser, d. i. mit OB in J
geschnitten; oder wenn ein rechter Winkel schon vorhanden ist, nach
dem bereits Gesagten verfahren.
Ein geübter Zeichner wird aber weder die grosse Axe zu ver
längern, noch irgend eine andere Hilfslinie völlig zu ziehen brauchen,
und auf folgende Art verfahren können :
Construction des Kreises und der Ellipse.
23
Man beschreibe in der Richtung der kleinen Axe mit dem Radius
gleich der halben Grossaxe einen kleinen Bogen, lege die Kante des
Lineals an die kleine Axe an, und ohne deren Verlängerung gänzlich
zu ziehen, durchschneide man diesen Bogen, wodurch die Entfernung
BJ als die Neunziger - Sehne erfolgt. Nun wird mit dieser aus B in
der Richtung der grossen Axe ein kleiner Bogen beschrieben, die
Kante des Lineals an die grosse Axe angelegt, und der Bogen bei Ii
geschnitten; wird endlich an diesen Punkt und an C die Kante des
Lineals angelegt, und die Diagonale bei M eingeschnitten, so ist
dieser der verlangte Diagonalpunkt; ebenso findet man auch den Punkt
N, ohne dass man die Gerade DK zu ziehen braucht.
§• 12.
Nähere Betrachtung der Entstehungsart der Parallelogramme und die daraus
abgeleiteten Constructionsarten der Ellipse.
Es sei A'B'C'D' (Eig. 12, Taf. III) ein Rechteck; dieses kann
man sich auf verschiedene Art entstanden denken, unter andern aber
auch dadurch, indem man das Quadrat Ai?GZ) um die AxeEF dreht und
dabei das Auge des Beobachters in unendlicher Entfernung annimmt.
Man kann sich aber dasselbe Rechteck auch durch die Drehung des
Quadrates abccl um die Axe G H' entstanden denken. Im ersten
Falle erhält man das Rechteck A'B'C'D' als das Bild des Quadrates
ABCD, wenn die Projection von dem Auge des Beobachters in der
Verlängerung der Geraden GH in unendlicher Entfernung ange
nommen wird; im zweiten Falle aber ist dasselbe Rechteck als das
Bild des kleinen Quadrates abccl, wenn man die Projection von dem
Auge des Beobachters in der Verlängerung der Geraden EF an
nimmt. Um dies mehr anschaulich zu machen, wurden hier die beiden
Hauptlinien, d. i. die Horizontal- und Vertical-Linie aus der unend
lichen Entfernung an die Seiten des Rechteckes A'B'C'D' näher
gerückt, wobei uns Aß die umgelegte Entfernung des Beobachters
für den ersten, und Aß' für den zweiten Fall versinnlicht; es bleibt
also der Distanzpunkt immer in der Verlängerung der Diagonale des
Rechteckes A'B'C'D'. Somit erscheint dieses Rechteck in Bezug
auf das Quadrat ABCD so, wie man es sich gewöhnlich vorstellt;
im zweiten Falle aber erscheint dasselbe Rechteck bezüglich des
Quadrates abcd als ein verzehrtes Bild, welches auch ganz richtig
ist. Denn wird das Auge des Beobachters in der Verlängerung der
Diagonale B'D' in unendlicher Entfernung angenommen, so erscheint
24
F i a 1 k o w 8 k i.
die Gerade AB' als das Bild der Geraden A D'; dasselbe gilt auch
in Bezug auf die Seite C'D', indem Aß' = A'ß' obgleich in unend
licher Entfernung als umgelegte Distanzen einander gleich sein müs
sen, wobei jd'iJ'und auch CD' als die Trassen der Tafel angenommen
werden. Wird aber B'C' als die Trasse der Tafel gedacht und das
Auge des Beobachters in A angenommen, so wird B'C als das
Bild der Geraden CD' u. s. w. erscheinen. Dasselbe Gesetz findet
auch in Fig. 13 Statt, und man kann sich eins und dasselbe Paral
lelogramm A'B'C'D' durch die Drehung zweier verschiedenen
Quadrate entstanden denken; jedesmal aber wird die zu je zwei
parallelen Seiten parallel gezogene Halbirungslinie als die Seite des
jenigen Quadrates sein, durch dessen Drehung das Parallelogramm
entstanden gedacht werden kann.
Wird also das Quadrat ABCD um die Axe EF gedreht, so kommt
bei gewisser Stellung des Auges die Seite AB nach A B', BC nach
B'C u. s. w., bei einer andern Stellung des Auges wird die Seite bc
von dem Quadrate abcd nach B'C und ad nach A D' kommen
u. s. w. Es erscheint also von zwei verschieden grossen Quadraten
dasselbe Parallelogramm, wie aus den beiden Figuren ersichtlich ist.
§. 13.
Diese Erscheinung gibt uns ein treffliches Mittel an die Hand,
manche Aufgaben über die Ellipse und insbesondere die Construction
der Diagonalpunkte auf eine noch einfachere Art, als wir es in den
vorhergehenden §§. gezeigt haben, auszuführen.
Es sei AB (Fig. 14) die grosse, CD die kleine Axe und EFGR
das entsprechende Rechteck; verlängert man in diesem die grosse
Axe AB und macht die Verlängerung gleich der Neunziger-Sehne
des über der grossen Axe, als Durchmesser angenommen, beschrie
benen Kreises, verbindet den Punkt Kmit dem Endpunkte C der zwei
ten Axe, so ist der Durchschnittspunkt dieser Geraden mit der Dia
gonale, d. i. der Punkt Wein Punkt der in diesem Rechtecke einzu
schreibenden Ellipse, wie bereits bewiesen wurde. Wir haben aber
in dem vorhergehenden §. gesehen, wie das Rechteck EFGH durch
die Drehung des Quadrates efgli, dessen Seite gleich CD gemacht
wird, entstanden gedacht werden kann. Ist dies nun der Fall, so
muss, die Neunziger-Sehne des diesem Quadrate eingeschriebenen
Kreises auf der Verlängerung der kleinen Axe aufgetragen, und der
so erhaltene Punkt mit dem Ilalbirungspunkte verbunden, ebenfalls
Construction des Kreises und der Ellipse.
25
der Diagonalpunkt der Ellipse erfolgen. Es muss also, wenn OL—OC
gemacht, sodann CL von C aus auf der Verlängerung der CD aufge
tragen und M mit B verbunden wird, die Diagonale von dieser
Geraden in einem Punkte geschnitten werden, welcher ein Diagonal
punkt der Ellipse ist, also derselbe Punkt wie zuvor.
Dasselbe ist auch bei dem Parallelogramme, wie Fig. IS zeigt.
Auch hier wird, wie bereits bewiesen wurde, der Diagonalpunkt mit
telst der Verlängerung des grossen conjugirten Durchmessers erhal
ten u. s. w. Da aber das Parallelogramm EFGH auch durch die Dre
hung des Quadrates efgli entstanden gedacht werden kann, so ist
auch hier die Construction des Diagonalpunktes mittelst der Verlän
gerung der CD mathematisch richtig. Wird also der kleinere conju-
girte Durchmesser verlängert, diese Verlängerung gleich der Neun
ziger-Sehne des mit der halben kleinen conjugirten Axe beschrie
benen Kreises gemacht, und der so erhaltene Punkt mit dem einen
oder dem andern Endpunkte der zweiten Axe verbunden, so ist der
Durchschnittspunkt dieser Geraden mit der entsprechenden Diagonale
ebenfalls ein Diagonalpunkt der Ellipse.
Man kann daher bei der Auffindung eines Diagonalpunktes auf
eine noch einfachere Art verfahren, als es bereits gezeigt wurde,
und dies wollen wir sogleich sehen.
§. 14.
Construction der Diagonalpunkte einer Ellipse, wenn nur die kleine Axe oder
nur der kleinere conjugirte Durchmesser verlängert werden kann.
Es sei Fig. 16 AB die grosse und CD die kleine Axe, ferner
EFGH das diesen Axen entsprechende Rechteck, in welchem die
Ellipse eingezeichnet werden soll. Man verlängere die kleine Axe
CD über den Endpunkt C hinaus, mache OJ—OC, CK=CJ, und ver
binde den zuletzt erhaltenen Punkt K mit A und B durch Gerade,
welche die Diagonalen in Mund P schneiden; diese Punkte sind dann
die verlangten Diagonalpunkte der Ellipse.
Wollte man auf dieselbe Art auch die zwei anderen Diagonal
punkte erhalten, so müsste die Axe CD auch noch unterhalb der Axe
AB verlängert, im Übrigen aber wie bei den ersten zwei Punkten
verfahren werden.
Wie man sieht, ist dieses Verfahren noch viel einfacher und
genauer, als das in §. 9, Fig. 7, und in §. 11, Fig. 10 angegebene,
26
Fialkowski.
weil man darnach viel schneller, schärfer und deutlicher den verlang
ten Durchschnittspunkt in der Diagonale erhält, wie uns dies Fig. 14
zeigt, wo man den Diagonalpunkt Wauf zweifache Weise bestimmt
sehen kann.
Dasselbe findet auch bei einem Parallelogramme Statt.
Sind die beiden conjugirten Durchmesser AB, CD (Fig. 17)
also auch das Parallelogramm EFGII gegeben, und soll in demselben
eine Ellipse eingezeichnet werden, so ziehe man die beiden Diago
nalen, errichte in ihrem Durchschnittspunkte 0 auf dem grösseren
oder kleineren conjugirten Durchmesser eine Verticale, hier JO-LAB,
durchschneide diese Verticale mit dem Radius — OC hei J und die
OB bei I{, verlängere den kleineren conjugirten Durchmesser und trage
auf dieser Verlängerung von C aus die Entfernung JK auf, so dass
CL — JKist. Wird dann der so erhaltene Punkt L mit A und B durch
Gerade verbunden, so sind die Durchschnittspunkte M und N die
verlangten Diagonalpunkte der Ellipse. Um die zwei übrigen Diagonal
punkte P und Q zu erhalten, wird die Axe CD auch nach der ent
gegengesetzten Seite verlängert, im Übrigen aber wie vorhin ver
fahren; oder man mache OP—ON und OQ = OM, was bei den
Parallelogrammen und Rechtecken sehr anwendbar ist.
Es wird wohl jeder Sachkundige zugeben müssen, dass diese Con-
structionsart so einfach ist, als man sich nur wünschen kann; denn
man braucht hierbei keine Eintheilung zu machen, keinen zu grossen
Raum zur Verlängerung der Axen, und erhält die Durchschnittspunkte
in jedem Rechtecke und Parallelogramme für die Diagonalpunkte sehr
scharf und deutlich.
§. 15.
Hat man die Richtigkeit dieser Constructionen eingesehen und
sich den Gang der Sache gemerkt, so kann man bei der Construction
der Diagonalpunkte einer Ellipse die eine oder die andere Verfahrungs-
art anwenden, je nachdem es auf der Zeichenfläche der Raum gestat
tet, die kleine oder die grosse Axe, den kleineren oder den grösseren
conjugirten Durchmesser nach der einen oder der andern Richtung
zu verlängern.
Zur Controle können beide Axen über einen ihrer Endpunkte
hinaus verlängert werden; auch ist es selten der Fall, dass man
mit dem Raume so beschränkt ist, um die beiden Axen nach der einen
oder der andern Richtung nicht verlängern zu können.
'
Construction des Kreises und der Ellipse.
27
Wir werden übrigens später sehen, dass man die Diagonalpunkte
auf eine andere Art auffinden kann, ohne dass man die eine oder die
andere Axe zu verlängern braucht; vorläufig wollen wir unter
suchen, auf welche Art man jeden beliebigen Punkt einer Ellipse mit
telst der im §. 2, Fig. 2 angegebenen Construction bestimmen kann.
§• 16.
Bestimmung eines beliebigen Punktes der Ellipse mittelst der fixen Punkte
und der Verlängerung der grossen Axe oder des grösseren eonjugirten
Durchmessers.
Betrachten wir zu diesem Beliufe die Fig. 18, Taf. IV, wo das
Quadrat ABCD und der ihm eingeschriebene Kreis EFGH gegeben
ist; verlängern wir die beiden verticalen Seiten AD und BC, wie
auch den Durchmesser EF, nehmen auf der Verlängerung der Seite BC
den Punkt J beliebig an, machen FE—JF, und ziehen die zwei Gera
den JH und GK, so ist nach §. 1 der Durchschnittspunkt dieser zwei
Geraden, d. i. der Punkt L in der Peripherie des Kreises, welcher
dem Quadrate ABCD eingeschrieben ist. Wird nun die Drehung die
ses Kreises um den Durchmesser EF als Drehungsaxe vorgenommen,
so wird, der bereits gemachten Erklärung zu Folge, der Punkt L
nach der Drehung in der Geraden G'K, zugleich aber auch in der
durch L gezogenen Verticalen sein; er liegt aber auch in der Geraden
J H', folglich muss er im Durchsclmittspunkte dieser drei Geraden, d. i.
in L' liegen. Da nun der Punkt L ein Punkt der Peripherie des Krei
ses ist, so muss der Punkt L' ein Ellipsenpunkt sein; was also von
diesem Punkte gilt, das lässt sich auch von jedem andern Punkte
erweisen.
Man hat daher zur Construction eines beliebigen Punktes der
Ellipse zwei fixe Punkte, wie hier die Punkte K und n zu bestimmen,
und solche nach der angegebenen Art gehörig in Anwendung zu brin
gen. Diese zwei fixen Punkte werden aber auch zur Bestimmung der
drei übrigen Punkte, welche mit dem schon aufgefundenen Ellipsen
punkte in der horizontalen, verticalen, wie auch in der diagonalen
Dichtung correspondiren, benützt.
Man findet nämlich den mit dem Punkte L' correspondirenden
Punkt M', indem man K mit H' durch eine Gerade verbindet, und
aus G' durch den Punkt n bis zu dieser ebenfalls eine Gerade führt.
Werden ferner die zwei fixen Punkte auf die entgegengesetzte
Seite der kleinen Axe übertragen, so findet man auf eben solche Art
28
Fialkowski.
auch die zwei übrigen correspondirenden Punkte, d. i. die Punkte N'
und P', wie aus der Figur einleuchtend ist.
§. 17.
Aus der im vorhergehenden §. angegebenen Construction lässt
sich mit Hinweglassung der zwei Hilfsiiguren, d. i. des Quadrates und
des ihm eingeschriebenen Kreises, wie auch mehrerer anderer der
Erklärung wegen gezogenen Hilfslinien, eine einfache Methode für
die Construction eines beliebigen Punktes der Ellipse ableiten.
Betrachten wir zu diesem Behufe nochmals die Fig. 18 so fin
den wir, dass die zwei Dreiecke I1CJ und GOK congruent sind, und
da QF || GO, Fn || CH und FO=FC ist, auch FQ = Fn sein muss;
man braucht daher nicht, um den fixen Punkt n zu Gilden, die Seite
des Quadrates zu verlängern, in derselben einen Punkt anzunehmen
und die Hilfslinie HJ zu ziehen, sondern nur irgend ein Stück dieser
Seite, hier z. B. das Stück FQ, in die Axe um den Endpunkt F
umzulegen.
Der Gxe Punkt K in der Verlängerung der grossen Axe wird
gefunden, indem man beide Axen verlängert, die Verlängerung der
kleinen Axe aus dem Mittelpunkte 0 mit dem Radius gleich der gros
sen Halbaxe schneidet, sodann aus diesem Durchschnittspunkte durch
Q bis zu der Verlängerung der grossen Axe eine Gerade führt, welche
übrigens gänzlich weggelassen werden kann, da man nur den Punkt
Q und K zu markiren und zu benützen braucht, wie im nächstfolgen
den §. gezeigt werden soll.
§. 18.
Allgemeines Verfahren, jeden beliebigen Punkt einer Ellipse zu finden.
a) Wenn die grosse und die kleine Axe gegeben sind.
Sind AB und CD (Fig. 19) die beiden Axen, so verlängere man
jede über einen ihrer Endpunkte, hier diejß über B und die CD über
C hinaus, mache dann OJ=OB, und errichte im Endpunkte B eine
Verticale, also Biv J_AB in B. Sollte nun irgend ein Ellipsenpunkt
bestimmt werden, so nehme man in der Verlängerung der grossen
Axe einen beliebigen Punkt K an, lege an diesen Punkt und an J das
Lineal an, und schneide die Verticale Bio in m ein; lege dann das
hierdurch erhaltene Stück Bm um den Punkt B in die Axe AB um
(indem man aus B mit Bm einen Bogen beschreibt). Wird endlich
C mit K durch eine Gerade verbunden, ferner aus D durch m' eine
Construction des Kreises und der Ellipse. 29
zweite Gerade so geführt, dass die erste in L geschnitten wird, so ist
L ein Ellipsenpunkt.
Um die drei übrigen Punkte zu erhalten, wird Om"=Om'
gemacht, ferner aus D durch m" die Gerade Dm"N, aus C durch m'
die Gerade CM und durch m" die UP gezogen, sodann Mm' — Mm'
= Pm" — Lm.' gemacht. Die so erhaltenen Punkte M, N, P sind eben
falls Ellipsenpunkte.
Man erhält also vier Punkte und mit Einschluss der vier End
punkte der beiden Axen im Ganzen acht Punkte der Ellipse.
b) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind.
Es sei (Fig. 20) AB der grössere und CD der kleinere conju-
girte Durchmesser, also beide ihrer Grösse und Richtung nach, gege
ben. Man verlängere den grösseren conjugirten Durchmesser AB
über einen dessen Endpunkte hier über B hinaus, errichte sowohl in
demjenigen Endpunkte, über welchen dieser Durchmesser verlängert
wurde, als auch in dessen Halbirungspunkte 0 Normale, also BuA.AB
in B, und Oii-LAB in 0, und schneide von der letzteren aus 0 das
Stück OJ=OB ab. Sollte nun irgend ein Punkt der Ellipse bestimmt
werden, so nehme man in der Verlängerung der AB irgend einen
Punkt K an, lege an diesen wie auch an den Punkt J die Kante des
Lineals an, und schneide die Normale Bu in m ein. Wird dann das
hierdurch abgeschnittene Stück Bm in die Axe AB umgelegt, also
Bm'—Bm gemacht, der Punkt C mit Kdurch eine Gerade verbunden
und aus D durch m' eine Gerade bis zum Durchschnitte mit der CK
geführt, so ist L ein Ellipsenpunkt.
Die übrigen drei Punkte werden mittelst der parallel gezogenen
Sehnen gefunden, oder auch, wenn man den fixen Punkt m' auf die
entgegengesetzte Seite überträgt, und auf ähnliche Art, wie bei
Fig. 19 verfährt.
e) Wenn nur einer der conjugirten Durchmesser, und eine zum
zweiten derselben parallele Sehne gegeben sind, oder was dasselbe
ist, wenn in einem perspectivischen Quadrate eine Ellipse einge
schrieben werden soll.
Es sei (Fig. 21) EFGII das perspectivische Quadrat, in welchem
die Gerade CD als der eine von den zwei conjugirten Durchmessern,
und die Gerade AB als die zum zweiten Durchmesser parallele Sehne
gegeben ist. Man verlängere die Gerade AB über A hinaus, errichte
im Endpunkte A und im Halbirungspunkte 0 eine Senkrechte, und
30
F i a I k o w s k i.
mache von der letzteren das Stück OJ—ÄO. Soll nun irgend ein
Ellipsenpunkt gefunden werden, so nehme man in der Verlängerung
der AB einen Punkt K an, lege an diesen und an den Punkt J die
Kante des Lineals an und schneide die in A errichtete Senkrechte
in m ein. Wird ferner Am' — Am. gemacht, der Punkt E mit C
durch eine Gerade verbunden und aus D durch m ebenfalls eine
Gerade so geführt, dass die CK geschnitten wird, so ist der Durch
schnittspunkt dieser zwei Geraden, d. i. der Punkt L, ein Ellipsen
punkt.
Wird ferner der Punkt D mit /fdurch eine Gerade verbunden, und
aus C durch m' eine zweite Gerade geführt, so ist der Durchschnittspunkt
dieser zwei Geraden, d. i. der Punkt M, ebenfalls ein Ellipsenpunkt.
Die zwei correspondirenden Punkte N und P werden mittelst
der zu AB parallel gezogenen Sehnen gefunden, indem man Np—Lp
und Pq=Mq macht.
Da nun der Punkt ifin der Verlängerung der Axe beliebig ange
nommen wurde, so gilt diese Construction auch von jedem andern
beliebigen Punkte.
§. 19.
Um die Richtigkeit dieser Construction im dritten Falle noch
besser einzusehen, müssen wir die Fig. 22 näher ins Auge fassen.
Es sei ABCD das Quadrat und in diesem der Kreis EGFH in der
verticalen Ebene gegeben. Wird in ß der Augepunkt und in A der
Distanzpunkt angenommen, so ist nach der Construction das per-
spectivische Quadrat A B'CD 1 = dem Quadrate ABCD; oder es
ist das perspectivische Quadrat A B C D 1 diejenige Figur, welche
durch die Drehung des geometrischen Quadrates ABCD um die als
Drehungsaxe angenommene Sehne EF in der perspectivisch horizon
talen Ebene entstanden ist. Ist also in dem Quadrate ABCD ein Kreis
eingezeichnet, so geht er bei der Drehung des Quadrates mit, und
alle Punkte mit Ausnahme der in der Axe liegenden verändern gesetz-
mässig ihre ursprüngliche Lage. Man kann daher auch in diesem Falle
die Bestimmung der Punkte in der Peripherie des Kreises nach der
Drehung so vornehmen, wie wir es in Fig. 21 angeführt haben; auf
ähnliche Art wird auch in diesem Falle der Beweis geführt, wie wir
es bei der Fig. 18 gethari haben, mit dem Unterschiede, dass hier
die Punkte G und H' mittelst des Distanzpunktes bestimmt werden,
wesshalb sie von der Drehungsaxe verschiedene Entfernungen haben.
Construction des.Kreises und der Ellipse.
31
Mail nimmt also auch hier in der Seite BC irgend einen Punkt J
an, beschreibt aus F mit JF einen Bogen bis K, verbindet G mit K
und H mit J durch eine Gerade, so ist der Durchschnittspunkt N
dieser zwei Geraden, nach dem bereits Erwiesenen, ein Punkt des
Kreises. Da nun das Quadrat A'B'C'D' perspeetivisch gleich ist dem
Quadrate ABCD, mithin A'B'^AB, C'D'^CD, also auch A'G'
= B'G' — AG, und CH' = H'D' = HD u. s. w., so kommt G nach
G' und Hnach H', während K in der Drehungsaxe ungeändert bleibt;
es wird daher der Punkt IV nach der Drehung in der Geraden G'K,
zugleich aber auch in der Geraden H'J', folglich im Durchschnitts
punkte dieser zwei Geraden, d. i. in N' sein. Da also der Punkt
Nein Punkt der Peripherie des Kreises EGFH ist, und N' dem Punkte
N entspricht, so muss N' nach der besagten Drehung nothwendiger
Weise ein Punkt der Ellipse sein, indem jede Stellung des Kreises
nach der Drehung eine Ellipse ist, welche durch die Stellung des
Beobachters bestimmt wird.
Was nun von diesen Punkten gilt, das lässt sich auch von jedem
andern Punkte erweisen, welcher auf ähnliche Art construirt wird.
Die mit den aufgefundenen Punkten correspondirenden Punkte
werden auf die bereits angeführte Art erhalten.
Bei diesem Verfahren ist im Allgemeinen noch das zu bemerken,
dass, im Falle mehr als acht Punkte zur Construction der Ellipse erfor
dert werden, die Drehungsaxe beiderseits verlängert werden muss,
weil sich sonst auf der einen Seite zu viele Linien anhäufen, und
dadurch die Construction verwirren. In Fig. 22 sind die zwei fixen
Punkte Zf und L in ungleichen Entfernungen von dem Mittelpunkte 0
angenommen worden. Mittelst eines jeden solchen Punktes sind vier
Punkte sehr leicht gefunden, und man hat somit im Ganzen, wenn die
vier Punkte E, G', F, H' mit eingerechnet werden, zwölf Punkte der
Ellipse.
§. 20.
Aus der näheren Betrachtung der Figuren 19, 20 und 21 sieht
man sogleich ein, dass das der in Fig. 19 gezeichneten Ellipse um
schriebene Rechteck EFGH, ferner das in Fig. 20 umschriebene
Parallelogramm EFGH, und das in Fig. 21 umschriebene perspecti-
vische Quadrat EFGH für einen geübten Zeichner ganz entbehrlich
sind. Man wird daher nach der in dem vorhergehenden §. angege
benen Art in jedem der drei Fälle beliebig viele Punkte der Ellipse
32
Fialkowski.
bestimmen können, ohne dass man, wie es bei der Construction der
Diagonalpunkte sein muss, das Rechteck, Parallelogramm oder das
umschriebene perspectivische Quadrat zuerst zu zeichnen braucht,
wie dies aus Fig. 23—25 erhellet.
Die drei letzten Figuren wurden absichtlich so klein gewählt,
um zugleich zu zeigen, wie scharf und deutlich auch in dem kleinen
Massstabe die Punkte der Ellipse bestimmt werden können.
In solchen Fällen werden wohl ausser den vier gegebenen
Punkten nur noch vier andere Punkte erforderlich sein, um ein genaues
Bild dieser Curve zu erhalten; sollten aber, was insbesondere bei Krei
sen von grösserem Durchmesser geschehen muss, mehrere Punkte
bestimmt werden, um ein noch genaueres Bild des Kreises zu erhal
ten, so werden ebenso für jeden in der Verlängerung des alsDrehungs-
axe angenommenen Durchmessers beliebigen fixen Punkt, ähnlicher
Weise vier Ellipsenpunkte erfolgen. Immer aber muss man gegen
die Endpunkte der grossen Axe oder des grösseren conjugirten
Durchmessers die Punkte gedrängter annehmen, weil die Krümmung
der besagten Curve umf, so wie um £ Fig. 22, am stärksten ist, daher
auch die Wendung derselben an diesen zwei Stellen am sorgfältig
sten bestimmt werden muss. Dies unterliegt nach unserer Art und
Weise gar keiner Schwierigkeit, wie aus dem bereits Gesagten folgt,
und was in allen drei Fällen auch graphisch durchgeführt wurde.
§. 21.
Es ist bereits erklärt worden, §. 12, Fig. 12 und 13, dass eine
und dieselbe Ellipse durch die Drehung verschieden grosser Kreise
entstanden gedacht werden kann, nämlich durch die Drehung des,
über der grossen oder kleinen Axe, über dem grösseren oder
kleineren conjugirten Durchmesser, beschriebenen Kreises. Sie
kann aber auch durch die Drehung eines Kreises, welcher über was
immer für einer Sehne beschrieben wird, entstanden gedacht werden;
welches dann erfolgt, wenn man verschiedene Kreise von zwei ver
schiedenen Standpunkten betrachtet, in welchem Falle jedesmal die
jenige Gerade als Drehungsaxe anzunehmen ist, über welcher ein
Kreis beschrieben, und durch dessen Drehung die Ellipse entstanden
gedacht wird.
Diese Erscheinungen geben uns Mittel an die Hand, in den drei
nachfolgenden Fällen eine Ellipse zu construiren.
Construction des Kreises und der Ellipse.
33
§. 22.
Construction der Ellipse, a) wenn nur die kleine Axe, i) der kleinere eonjugirte
Durchmesser, oder c) wenn nur die Sehne verlängert werden kann.
a) Wenn die beiden Axen gegeben sind, und wenn nur die
kleine Axe verlängert werden soll.
Es sei (Taf. V, Fig. 26) AB die grosse und CD die kleine Axe
gegeben; man verlängere die kleine Axe CD über deren beide Endpunkte
hinaus, errichte in diesen zwei Punkten Verticale, also Cu _L CD in C,
und Dw J_ CD in D, und mache OC' — OC = OD = der halben klei
nen Axe. Sollte nun nach dieser Vorbereitung irgend ein Punkt der
Ellipse bestimmt werden, so lege man die Kante des Lineals an den
Punkt C' und an irgend einen Punkt in der Verlängerung der CD an,
und schneide die in C oder D errichtete Senkrechte ein. Wird z. B.
der Punkt E angenommen, an diesen so wie an C' die Kante des
Lineals angelegt, die Verticale Div in m eingeschnitten, ferner Dm!
— Dm gemacht, sodann A mit E durch eine Gerade verbunden, und aus
B durch m' eine zweite Gerade, bis AE geschnitten ist, geführt, so
ist der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden, d. i. der Punkt M, ein
Ellipsenpunkt.
Ebenso wird auch der Punkt N gefunden, indem man den Punkt
Fin der Verlängerung der CD annimmt, an diesen Punkt so wie an
C' die Kante des Lineals anlegt, die Verticale Cu in n einschneidet,
Cn!=Cn macht, sodann A mit F durch eine Gerade verbindet, und
aus B durch n! eine zweite Gerade bis AF führt, wodurch der Durch
schnittspunkt JY als EUipsenpunkt erfolgt.
Für jeden dieser zwei Punkte werden mittelst der zu CD gezo
genen Parallelen auch die drei übrigen correspondirenden Punkte
sehr leicht gefunden, somit hat man zur Construction der verlangten
Ellipse im Ganzen zwölf Punkte.
bj Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind,
und wenn nur der kleinere verlängert werden darf.
Es sei (Fig. 27) zur Construction der Ellipse AB als der grös
sere und CD als der kleinere eonjugirte Durchmesser, und zwar beide
ihrer Grösse und Richtung nach gegeben. Man verlängere die Axe
CD beiderseits, halbire sie in 0, errichte in diesem Halbirungspunkte
oberhalb und unterhalb der Axe CD Senkrechte, und mache dann
C'O = D'O — CO — DO gleich der halben kleinen Axe. Ebenso wer
den in den beiden Endpunkten der kleineren Axe CD Normale, jedoch
Sitzb. (I. inathem.-naturw. CI. XVI. Bei. I. Hfl, 3
34
Fialkowski.
unbestimmt lang und so errichtet, dass sie in die Fläche des von den
beiden Axen gebildeten stumpfen Winkels fallen. Es wird also
Cu _L CD in C, und Dw _L CD in D gezogen.
Sollte nun irgend ein Ellipsenpunkt bestimmt werden, so nehme
man in der Verlängerung der CD z. B. den Punkt E an, verbinde die
sen mit C' (wobei nur der Einschnitt bei m gemacht zu werden
braucht) und mache dann Dm' — Dm.
Wird endlich A mit E verbunden, und aus B durch m' eine
Gerade bis AE geführt, so ist der Durchschnittspunkt dieser zwei
Geraden, d. i. der Punkt M, ein Punkt der Ellipse.
Die drei mit diesem Punkte correspondirenden Punkte M', M",
M'" werden mittelst der Parallelen auf bekannte Art gefunden.
Sollten nun noch vier Punkte der Ellipse erforderlich sein, so
nehme man auf der entgegengesetzten Seite den Punkt F an, verbinde
ihn mit D', mache Cn'—Cn, verbinde F mit B durch eine Gerade und
ziehe aus A durch n' ebenfalls eine Gerade, so dass die erste dadurch
in N geschnitten wird. Die drei correspondirenden Punkte werden
ebenfalls mittelst der Parallelen gefunden, wie oben. Man erhält somit,
mit Einschluss der vier Endpunkte der Axen, zwölf Punkte der Ellipse.
c) Wenn ein conjugirter Durchmesser und eine zum zweiten
conjugirten Durchmesser parallele Sehne gegeben ist, und wenn nur
die letztere verlängert werden kann.
Ist (Fig. 28) AB der grössere conjugirte Durchmesser und CD
die zum zweiten Durchmesser parallele Sehne gegeben, so verlängere
man die Sehne CD beiderseits, lege durch den Halbirungspunkt dieser
Axe eine Normale, mache dann C'0—D'0=C0 — D0, errichte
in C und D Senkrechte, und verfahre im Übrigen wie in den zwei
vorhergehenden Fällen.
Die in den Endpunkten der Axe CD gezogenen Senkrechten müs
sen jedesmal auch hier so gezogen werden, dass sie stets in die Fläche
des von den Axen gebildeten stumpfen Winkels fallen, weil sonst bei
der Bestimmung mehrerer Punkte in der Zeichenfläche sehr leicht eine
Verwirrung entsteht.
§. 23.
Es ist wohl leicht begreiflich, dass bei jeder Construction der
Ellipse, also auch bei dieser trotz ihrer Einfachheit sich desto mehr
Linien anhäufen, je mehr Punkte man für die Ellipse bestimmen will;
hat man aber die Richtigkeit dieser Construction eingesehen, und sich
Construction des Kreises und der Ellipse.
35
den Gang der Sache gemerkt, so kann man bei dieser Methode manche
Hilfslinien eher weglassen, als bei einer andern Verfahrungsart, so
dass man für je vier Punkte stets nur eine einzige Gerade zu ziehen
braucht, wie aus den bereits angeführten Beispielen (Fig. 23—28)
ersichtlich ist. Was die fixen Punkte betrifft, so braucht für diese
nur die Axe verlängert zu werden, und es werden für je vier Punkte
der Ellipse nur zwei fixe Punkte in der Drehungsaxe erforderlich
sein.
Es verdient daher diese Methode wegen ihrer Einfachheit und
Deutlichkeit vor allen andern bisher bekannten Methoden den Vorzug,
zumal da man hierbei sowohl den Hilfskreis als auch viele andere
Hilfslinien, wohl auch jede Eintheilung gänzlich entbehren kann.
Wir haben somit die Construction der Ellipse in ihrer ganzen
Allgemeinheit durchgeführt, bewiesen und erläutert; werden aber in
folgenden •§§. auch noch andere daraus abgeleitete Methoden und
vor Allem ein äusserst interessantes Gesetz über die Construction des
Kreises kennen lernen.
§. 24.
Construction der Ellipse, wenn nur die kleine Axe verlängert und gleich der
grossen gemacht werden kann.
Wenn wir die in vorhergehenden §§. gegebenen Erklärungen
sammt den hierzu gehörigen Figuren näher untersuchen, und die
gesetzmässigen Veränderungen der ausserhalb der Drehungsaxe lie
genden Punkte und Linien gehörig ins Auge fassen, so ergibt sich für
den Fall, wenn man nur die kleine Axe verlängern kann, eine interes
sante Construction, welche besonders dann mit grossem Vortheile
angewendet wird, falls die Differenz der beiden Axen bedeutend grös
ser, also auch zwei, drei oder mehrmal grösser als die kleine Axe ist.
Dieser Vortheil besteht darin, dass man nach dieser Methode die
Punkte der Ellipse bedeutend schärfer und deutlicher erhalten kann,
als nach der bekannten Methode mittelst der beiden Brennpunkte;
ausserdem hat sie den Vortheil, dass sie mit gleichem Erfolge in allen
am häufigsten vorkommenden Fällen angewendet werden kann, was
bei jener nicht der Fall ist, indem wegen der Brennpunkte immer die
beiden Axen gegeben oder gesucht werden müssen. Sie ist folgende:
Es seien (Fig. 29) zur Construction der Ellipse die beiden Axen
AB und CD gegeben; man verlängere die kleine Axe beiderseits,
3"
36
Fialkowski.
beschreibe aus dem Mittelpunkte 0 mit dem Radius gleich der halben
grossen Axe OB einen Viertelkreis, schneide zugleich auch unter
halb der Axe AB das Stück OF = AO = OE ab, trage dann eine
beliebige Einheit, z. B. Oa auf der grossen Axe von 0 aus nach den
beiden Richtungen mehrmals auf (hier beiderseits dreimal), wodurch
man die Punkte a, ß, 7 und a', ß', 7' erhält. Nun wird jeder von
den drei Punkten a, ß, 7 mit dem Punkte F durch Gerade verbun
den, diese dann so weit verlängert, bis der Bogen AE in den Punkten
m, n und p geschnitten ist, und durch jeden der so auf dem Bogen
AE erhaltenen Punkte eine Normale auf die Axe AB geführt; diese
sind mm', nn! und pp'. Werden endlich aus D durch die Durch
schnittspunkte a, ß, 7 Linien bis zu den gezogenen Normalen geführt,
so erfolgen die Durchschnittspunkte I, II, III als die drei verlangten
Ellipsenpunkte.
Um die diesen drei Punkten unterhalb der grossen Axe ent
sprechenden Ellipsenpunkte zu erhalten, werden aus C durch die
Punkte a, ß, 7 abermals Linien bis zu den entsprechenden Verlän
gerungen der Normalen gezogen, wodurch man die Punkte 7', 77', 777'
als die verlangten correspondirenden Ellipsenpunkte findet.
Wegen dieser Punkte müssen die zur Bestimmmung der drei
ersten Ellipsenpunkte erforderlichen Normalen über die Axe nach
abwärts gleichzeitig gezogen werden, so dass man auf diesen Ver
längerungen noch die Durchschnittspunkte unterhalb der Axe finden
kann, ohne sie erst verlängern zu müssen.
Die diesen sechs Punkten rechts der kleinen Axe correspondi
renden Punkte werden gefunden, wenn man aus C wie aus D durch
a', ß>,7' Gerade zieht, sodann cc'I" — al, ß'IF' —ßll, y'lll" = 7777,
und ebenso a'7" = «'7", ß'H"' = ß'H" u. s. w. macht.
Sind nun die Stücke Oa. — aß = ßy — Oa.' = Oß' = O7' ange
nommen, so wird auch CI 1 || 7)7", CIF || 7)77", CIII’ || Dill" u. s. w.
sein, und man braucht nur, wenn aus GundT) durch «', ß', 7' Linien
bereits gezogen sind, aus den schon bestimmten Punkten 7, 77, 777
und aus 7', 77', 777' durch den Mittelpunkt 0 bis zu den entsprechen
den durch a', ß', 7' gezogenen Geraden ebenfalls gerade Linien zu
führen, wodurch man die verlangten Punkte erhält.
Beweis.
Bevor wir diese Construction auch in anderen Fällen graphisch
darstellen, wollen wir zuerst untersuchen, ob die nach diesem
Construction des Kreises und der Ellipse.
37
Verfahren gefundenen Punkte auch wirklich Ellipsenpunkte sind.
Es lässt sich hierbei der Beweis theils anschaulich, theils rein
mathematisch führen.
1.
Da FO=EO=BO gemacht wurde, so ist Fein Punkt des mit
dem Halbmesser OB beschriebenen, also desjenigen Kreises,, aus
welchem die Ellipse ABCD durch die Drehung um AB entstanden
gedacht wird. Ist nun irgend ein Punkt, z. B. m mit F durch eine
Gerade verbunden, so hat diese Linie, wenn AB als Drehungsaxe an
genommen wird, den fixen Punkt«; es wird daher durch diesen
Punkt die Lage der Linie Fm nach der Drehung bestimmt. Kommt
z. B. der Punkt F nach D, so wird die Gerade Fm in die Lage DJ
gelangen; es ist also der Punkt m in der Geraden DJ, er liegt
aber auch in der Verticalen mm', also im Durchschnittspunkte dieser
zwei Geraden, d. i. in I, folglich ist der Punkt I ein Punkt der Ellipse,
w. z. b. w.
Was nun von diesem Punkte gilt, das gilt auch von jedem andern,
da m willkürlich angenommen wurde; oder:
II.
Da mm' || FF ist, so findet man dass das Am! IaooDOa, und
das A vim! ar^>FO a-, es gelten daher folgende zwei Proportionen:
1) DO :0a. = I m! : vn!«
und 2) FO : Oa = mm!: mla,
oder wenn der Kürze wegen Oa. — ß, m 1 a — v, ferner bekannter
Weise
AO — a, DO = b
und
Om' = x, Im! — y
gesetzt, sodann diese Werthe in die zwei obigen Proportionen sub-
stituirt werden.
1) b :/i = y :v
2) a : [i = mm! : v,
oder bruchweise geschrieben:
b
v
a mm'
V-
v
(I)
(ii);
38
F i a 1 k o w s k i.
dividiren wir diese zwei Gleichungen Glied für Glied mit einander,
so erhalten wir
6 • ^ _ y_ _ v
. a v mm'
A (in);
a mm'
es handelt sich nun in dieser Gleichung um die Grösse m?n'; denken
wir uns zu diesem Behufe die Om gezogen, so finden wir, da das
Dreieck Om'm rechtwinkelig ist: (Om) 2 = (mm 1 ) 3 + (Om') 3 , also
mm = F(Om) 2 -—- (Om!) 2 .
Da aber Om = AO = a und Om' —x gesetzt wurde, so ist:
mm' = V a~ — x 2 ; man erhält daher durch Substitution in der
Gleichung (III)
A _ y .
a Y <t 3 —.x* 2
quadrirt man diese Gleichung, so folgt
oder
hieraus
und
folglich
woraus
b 2
a 2
a 2
n 2 y 3
« 3 y 3
6 3 a? 3 -j- « 3 2/ 3
•X 3 . ?/ 3
+ p"
«
y
b 3 (« 2 — a? 3 )
« 3 6 2 — ß 3 a? 3 ,
« 3 6 3 ,
1,
also eine bekannte Gleichung der Ellipse folgt.
Dieselbe Relation muss aber auch hei jedem andern Punkte
erfolgen, also ist der Punkt I ein Punkt der Ellipse, w. z. b. w.
§• 25-
Dass diese Construction in allen Fällen ausführbar ist, wird wohl
leicht einzusehen sein; allein sie gewährt nur dann einen grossen Vor
theil, wenn die Differenz der Axen bedeutend gross ist, wie die graphi
sche Darstellung Fig. 30 zeigt. Denn bestimmt man nach der bekannten
Methode mittelst der zwei Brennpunkte z. B. die vier Punkte x,y, w,z,
so sieht man, dass sich die Bögen sowohl bei x, y wie auch bei
w und * schief schneiden, daher auch die Durchschnittspunkte dieser
Bögen, welche Ellipsenpunkte sein sollen, sehr undeutlich werden.
Da nun hier sowohl der wahre als auch der wahrscheinliche Punkt in
Construction des Kreises und der Ellipse.
39
der Richtung der Gedachten xy liegen, so ist dabei der geringste
Fehler sehr empfindlich, was nach der von uns angeführten Methode,
wie Fig. 30 zeigt, nicht der Fall ist. Im Gegentheile man bekommt die
als Ellipsenpunkte erhaltenen Durchschnittspunkte sehr scharf und
deutlich, und je näher man mit der Bestimmung derselben gegen die
Endpunkte der grossen Axe geht, je deutlicher und schärfer erhält
man sie auch.
In dieser Figur wird auch gezeigt, auf welche Art die in §. 2S
angegebene Construction vereinfacht werden kann. Es werden näm
lich die zu EF gezogenen Parallelen, d. i. die.Verticalen mm!,nn!, pp'
nach abwärts verlängert, ferner m'I = ml,n'IT — n!lI,p'III = p'III
und q'IV = q'IVgemacht, sodann die Entfernung der Normalen II,
IIU, 111III u. s. w. auf die entgegengesetzte Seite der kleinen
Axe übertragen, im Übrigen aber wie bei der Bestimmung der
Punkte 1,1, II, Ili 111,111 u. s. w. verfahren.
§. 26.
Construction der Ellipse, wenn die beiden eonjugirten Durchmesser gegeben
sind, und wenn keiner derselben verlängert wird.
Die in den zwei vorhergehenden §§. angegebene Methode
gewährt auch in dem Falle einen grossen Vortheil, wenn nur die
beiden eonjugirten Durchmesser gegeben sind. Es seien (Fig. 31)
AB und CD solche Durchmesser, welche ihrer Grösse und Richtung
nach gegeben sind; man nehme den grösseren derselben als den
Durchmesser desjenigen Kreises an, durch dessen Umdrehung die
zu zeichnende Ellipse entstanden gedacht wird; beschreibe mit dessen
Hälfte aus 0 einen Viertelkreis, suche auf die bei Fig. 30 angegebene
Weise die fixen Punkte a, b, c und m', rt, p', ziehe dann durch
letztere zum kleinen eonjugirten Durchmesser Parallele, und durch
schneide sie aus den Endpunkten eben dieses Durchmessers durch
Gerade. Hier sind sie aus D geschnitten und m!I, — m'I, rill = rill,
p'III— p'III gemacht.
Auf ähnliche Art werden auch die Punkte I'II'III', ferner
I" II" III" gefunden, indem man m" O—m'O, n'O = ri'O.... macht,
und im Übrigen wie vorhin verfährt.
Beweis.
Was den Beweis betrifft, so kann dieser wie im §. 24, Fig. 29
auf zweierlei Art geführt werden, denn es stehen auch hier entweder
40
Fialkowski.
die fixen Punkte der Drehungsaxe und die hierdurch bestimmten
Lagen der Geraden, in welchen sich die Punkte des Kreises nach der
Drehung befinden, zu Gebote, oder es werden z. B. für den Punkt I,
oder I' die vier Dreiecke Da.0, Iam', D'a.0 und mami, von denen je
zwei und zwei mit einander ähnlich sind, benützt, indem man daraus
die zwei brauchbaren Proportionen aufstellt.
Es ist nämlich:
1) Oa : OD = am' : Im!
2) Oa : OD' = am' : min'.
Setzt man hier der Kürze wegen
OD' = OB = a
OD = OC — b',
ferner Om! = x', Im' — y'
Oa = p, am! — v
und denkt sich die Gerade Om gezogen, so ist auch mm! bestimmt,
indem mm! — VOm — Om! 2 = V «' 2 — x'~; welche Werthe in die
zwei obigen Proportionen substituirt, gibt sofort:
p : // = v : ?/
P : a' — v : 1V 3 —a/ 3
oder bruchweise geschrieben
_P v_
V i/'
[1. V
“ Ya'Z—x'Z •
Dividirt man diese zwei Gleichungen Glied für Glied durch
einander, so folgt
p . a' v Yu! 2 — x' z
woraus man
b ' ■ p y‘ • v
«' K«' 2 —a:' 3
6' y'
erhält. Diese Gleichung beiderseits quadrirt, gibt
a! 2 a' 2 —a/ 2
b 1 ^ y /a ’
woraus
und
daher
und daraus
«'2 y'i = 6' 2 («' 2 —a?' 2 )
a' z y'z = a'a b'*—b' z x'\
ö' 2 a;' 3 -f- a' 2 y 2 = «' 2 6' 3 ,
TI 2
— 4- — = 1
a' 2 ' 6' 3
Construction des Kreises und der Ellipse.
41
also eine Gleichung der Ellipse für das schiefwinkelige Coordinaten-
System folgt, welches mit unserer Construction nach der gegebenen
Bedingung vollkommen übereinstimmt; folglich ist der Punkt I ein
Ellipsenpunkt.
Auf ähnliche Art lässt sich der Beweis auch für jeden andern
Punkt führen; es ist daher die angegebene Construction auch in dem
Falle mathematisch richtig, wenn die beiden conjugirten Axen
gegeben sind.
Bei dieser Construction ist nur noch das zu bemerken, dass man
in zwei Ellipsenquadranten die Durchschnittspunkte, welche Ellipsen
punkte sind, sehr scharf und deutlich erhält, hingegen in anderen zwei
Quadranten fallen dieselben etwas undeutlich aus, wie aus Fig. 31
ersichtlich ist. Es müssen demnach im ähnlichen Falle diejenigen
Punkte der Ellipse bestimmt werden, welche in der Fläche des von
den beiden Axen gebildeten stumpfen Winkels liegen.
§. 27.
Construction der Ellipse nach dieser Art in der Perspective.
Es ist wohl leicht begreiflich, dass sich die Ellipse auf so eben
angegebene Art auch in einer jeden perspectivischen Ebene con-
struiren lässt, indem, wie Fig. 31 zeigt, die zu dem kleineren conju
girten Durchmesser durch die Fusspunkte der Normalen gezogenen
parallelen Sehnen, wenn sie gehörig verlängert werden, durch den
Augepunkt gehen müssen.
Allein wir finden für überflüssig die graphische Durchführung
dieses Falles, weil wir dafür eine viel einfachere Construction bereits
angegeben haben, und in den folgenden §§. noch andere einfache
Constructionen angeben wollen.
Des Zusammenhanges wegen werden wir hier nur noch das
Interessante dieser Construction für den Fall hervorheben, wenn der
Hilfskreis über der kleinen Axe beschrieben wird, wobei gar keine
Axe verlängert zu werden braucht.
§. 28.
Construction der Ellipse, wenn der Hilfskreis über der kleinen Axe beschrieben
wird, und keine von den beiden Axen verlängert werden darf.
Es sei (Fig. 32) AB die grosse und CD die kleine Axe gegeben;
man beschreibe über der kleinen Axe CD einen Kreis, nehme in
42
F i a 1 k o w s k i.
der Peripherie desselben den Punkt E beliebig an, fälle aus diesem
Punkte eine Normale auf diese Axe, also EF _L CD, verbinde den
Punkt E mit Ä durch eine Gerade, welche die CD in G schneidet,
verlängere die Normale EF nach aufwärts und führe aus dem End
punkte A der grossen Axe durch den Punkt G eine Gerade, bis die
Verlängerung der Normalen hier in H geschnitten wird, so ist dieser
Durchschnittspunkt ein Punkt der Ellipse, deren grosse Axe AB
und die kleine CD ist.
Um die mit diesem Punkte correspondirenden Punkte der Ellipse
zu erhalten, wird durch den gefundenen Punkt H die HFC || AB
gezogen, sodann FH' == FH gemacht, ferner durch H die HH'' und
durch 11' die HH'" || CD geführt u. s. w., wodurch man also vier
Punkte der Ellipse erhält.
Allerdings wäre diese Construction sehr vortheilhaft, wenn der
Durchschnittspunkt H etwas schärfer zu bestimmen wäre, welcher
desto undeutlicher wird, je grösser die Differenz der beiden Axen ist.
Sie kann also nur in dem Falle angewendet werden, wenn die
Differenz der beiden Axen klein ist.
Beweis.
Der Beweis für die Dichtigkeit dieser Construction wird auf
ähnliche Art wie hei der Fig. 29—31 geführt.
Nehmen wir zu diesem Behufe den Anfangspunkt der Coordi-
naten in 0 an, setzen der Kürze wegen:
AO = ISO = a
CO = DO = b
FO = x,HF = y,
bezeichnen ferner GO mit m und FG mit n, so haben wir da das
AFGEooAA' GO und das A FGHo^AGO, folgende zwei brauchbare
Proportionen:
1) FG : FE = GO : ÄO
2) FG : FH = GO : AO
und daher wenn man die obigen Werthe substituirt.
n : FE = in : b
n : y = m : a
oder bruchweise geschrieben
n m
FE = ~~b~
n m
y ~ a >
Construction des Kreises und der Ellipse.
43
(«)•
dividirt man diese zwei Gleichungen durch einander, so folgt:
n y m a
FE n 6 ' m
_y a
FE ~~ b
Nun handelt es sich um den Werth von FE; diesen finden wir,
wenn wir uns die Hilfslinie EO gezogen denken, weil dann:
EF = VeO'~—F(J~;
da aber EO — CO = b, und FO — x ist, so hat man sofort
EF = V b*—x»\
substituiren wir in die Gleichung (a) den Werth für EF, so haben wir:
^ (0).
Vb*—x 2 6 ' ’
quadriren wir diese Gleichung beiderseits, so folgt:
er
1Ä
und
folglich
b 2 —x 2
b~y 2 — a~b 2 -
+ ^ =
u _a
x‘
-a\v~,
1 . .
(7)-
Da wir nun CO mit b und BO mit a bezeichnen, so müssen wir
auch das Stück FO statt x mit y, und FH statt y mit x bezeichnen,
indem hier die grosse Axe AB nur die scheinbare kleine Axe ist,
daher, wenn wir in der Gleichung (y) statt u 2 , b 3 und statt b 3 , a 3
setzen, folgt sofort
— 4-
„2
y
b 3
1.
also eine bekannte Gleichung der Ellipse, somit ist der Punkt H ein
Ellipsenpunkt; es ist daher auch jeder Punkt, welcher nach diesen
Daten auf ähnliche Art gefunden wird, ein Ellipsenpunkt, w. z. b. w.
§.29.
Construction der Ellipse nach dieser Art, wenn die zwei conjugirten
Axen gegeben sind.
Es seien AB und CD (Fig. 33) die zwei ihrer Grösse und Rich
tung nach gegebenen conjugirten Axen; man beschreibe über der
kleinen Axe CD einen Kreis, ziehe in diesem die C'D' _L CD in 0,
nehme den Punkt E beliebig an, verbinde ihn mit D' durch eine
Gerade, welche die CD in G schneidet; wird nun aus E die EFA.CD
44
F i a 1 k o w 8 k i.
gezogen, durch den Fusspunkt F dieser Normalen die ////' || AB
gelegt, und aus A durch den Punkt G eine Gerade so geführt, dass
die IUI' in II geschnitten wird, so ist der Durchschnittspunkt II ein
Ellipsenpunkt. Da auch hier zwei Paar ähnliche Dreiecke gefunden
werden, so lässt sich hierbei der Beweis so wie in den früheren
Fällen führen.
Ist die Differenz der beiden conjugirten Durchmesser nicht gar
gross, so kann man ohne weiters auch diese Methode mit Vortheil
an wenden, wobei nur noch das zu bemerken ist, dass bei der Con-
struction der Ellipsenpunkte nur die durch den Fusspunkt der Nor
malen zur grossen Axe geführten Parallelen völlig gezogen zu
werden brauchen, alle anderen können weggelassen werden, wenn
die Hilfspunkte markirt sind.
§. 30.
Des Zusammenhanges wegen wollen wir hier eine Aufgabe
anreihen, welche in manchen Fällen auf die gewöhnliche Art nicht so
leicht ausführbar ist, nämlich: Es soll von einem ausserhalb der
Ellipse gegebenen Punkte an diese eine Tangente geführt werden,
wobei weder die Axen noch die Brennpunkte gegeben sind. Ist also
ABCD (Fig. 34“) die gegebene Ellipse, so ziehe man zwei zu einan
der parallele Sehnen AB || CD, halbire jede derselben, ziehe durch
die Halbirungspunkte h und h' eine dritte Sehne und halbire auch
diese in 0, welcher Punkt bekannter Weise der Mittelpunkt der
gegebenen Ellipse, somit EF die eine und die durch 0 parallel zu AB
geführte Gerade GH die zweite conjugirte Axe sein muss; es wird
daher der über EF oder GH beschriebene Kreis derjenige sein, durch
dessen Drehung die gegebene Ellipse entstanden gedacht werden muss.
Wird alsdann durch den gegebenen Punkt a die am || GII, durch
m die ma' || G 11', ferner a mit II verbunden, und aus II' durch den
zuletzt erhaltenen fixen Punkt n eine Gerade bis ma' gezogen, so ist
a! derjenige Punkt, von welchem aus an den aus 0 mit dem Badius OE
beschriebenen Kreis eine Tangente vor der Drehung gezogen wurde.
Wird dann aus diesem Punkte a! an den Kreis eine Tangente geführt,
ferner durch den so erhaltenen Berührungspunkt J' die J'II\\ G'O
und die JR || OG gezogen, so ist J der Berührungspunkt für die aus
a an die Ellipse zu ziehende Tangente.
Um die Richtigkeit dieser Construction desto leichter einzusehen,
wird die gegebene Ellipse durch die Drehung des aus O mit dem
Construction des Kreises und der Ellipse.
4S
Radius OE beschriebenen Kreises EG'FR' entstanden gedacht, wobei
alle auf die Drehungsaxe gezogenen Normalen aus bekannten Grün
den parallel zu GH bleiben, wesshalb auch die mal und J'K parallel
zu GHgezogen^verden müssen; somit ist der Punkt J der zu suchende
Berührungspunkt, und aJg die verlangte Tangente.
Schon aus der Construction sieht man ein, dass diese Auflösung
allgemein ist, und es wird daher auch gleichgiltig sein, ob die an den
Kreis gezogene Tangente die Drehungsaxe schneidet oder nicht. Man
kann aber die Axe jedesmal so erhalten, dass der Durchschnittspunkt
derselben mit der Tangente noch auf die Zeichenfläche fällt, was
lediglich von der Wahl der Richtung der zwei zuerst zu ziehenden
parallelen Sehnen abhängt. Sind die beiden Axen gegeben, so ist die
Auflösung dieser Aufgabe viel einfacher, indem man dann viele Linien
entbehren kann. In diesem Falle wird aber jedesmal eine von den
zwei möglichen Tangenten die Verlängerung der Axe schneiden,
wodurch man einen fixen Punkt als Hilfspunkt erhält, wie dies
Fig. 34 13 ersichtlich macht.
§. 31.
Construction der Ellipse mittelst der Umlegung der Ordinaten in die
Drehungsaxe.
Wenn man Fig. 12 und 13 näher in Betrachtung zieht und
bedenkt, wie das Bild irgend eines Punktes auf der Tafel bestimmt
wird, so ergibt sich hieraus ein interessantes Verfahren, in einem
beliebigen Rechtecke oder Parallelogramme eine Ellipse mittelst
beliebig vieler Punkte zu construiren.
Soll nämlich (Taf. VI, Fig. 35) in dem Rechtecke EFGH eine
Ellipse eingeschrieben werden, so beschreibe man über AB als Durch
messer einen Kreis, ziehe in diesem die Ordinaten JJ',KK',LL',MM',
NN', PP', beschreibe mit den Radien gleich diesen Ordinaten aus
deren Fusspunkten die Halbkreise so, dass der Durchmesser und dessen
Verlängerung geschnitten wird, oder was dasselbe ist, man lege jede
Ordinate um deren Fusspunkt beiderseits desselben in die Axe um, und
ziehe dann durch die so in der Axe erhaltenen Punkte zu der einen
oder der andern Diagonale des Rechteckes EFGH Parallele, bis die
entsprechenden Ordinaten geschnitten werden. Wird z. B. die Ordi
nate MM' in die Axe umgelegt, so erhält man rechts derselben in der
Axe den Punkt m, und links den Punkt m'; ebenso erhält man, wenn
die Ordinate NN' in die Axe umgelegt wird, einerseits den Punkt n
46
Fialkowski.
und anderseits den Punkt n' in derselben u. s. w. Werden alsdann
aus m nach links oben, und aus m’ nach rechts unten zu der Diagonale
EG Parallele gezogen, so wird durch die erste die Ordinate MM'
in m" und durch die zweite Parallele dieVerlängerung dieser Ordinate
unterhalb der Axe in m'" geschnitten; und jeder dieser zwei Punkte
ist ein Punkt der in das Rechteck EFGH einzuschreibenden Ellipse.
Beweis.
Vergleicht man die durch diese Construction entstandenen Drei
ecke M'mm", N'nn" u. s. w. mit dem Dreiecke EEG, so findet man,
dass sie mit einander ähnlich sind, indem die homologen Seiten zu ein
ander parallel sind; es ist nämlich EF |] M'm, M'm" || FG,mm!' || EG
u. s. w. Man kann daher folgende Proportion aufstellen:
M'm" : M’m = N’n" : N'n=P'p" :Pp = FG: EF,
und da CD—FG and EF = AB ist, so hat man durch Substitution
Mm" : M'm = N'n" : N'n = P'p" : P'p = CD : AB, also wenn
man nur die zwei Dreiecke M'mm" und EFG mit einander vergleicht:
M'm' 1 : M’m = FG : EF oder
M'm" : M'm = CD : AB (I).
Setzen wir nun der Kürze wegen
M O - x und M'm" = y,
ferner AB = 2a und CD = 2b,
so brauchen wir nur noch die M'm, welche nach der Construction
gleich M'M ist, durch Rechnung zu finden; denken wir uns also zu
diesem Beliufe die MO gezogen, so haben wir:
MO' = MM' + WTf;
und da MO =BO, und MM — M'm
ist, ferner BO =a\m&M'0 — x
gesetzt wurde, so folgt:
MM — V a 2 -—x" — M'm.
Substituirt man diese Werthe in die obige Gleichung (I), so
erhält man:
y : Va a — x*=--2b : 2a — b:a
und hieraus ay = bVa a — x 9 -,
welche Gleichung beiderseits quadrirt sofort gibt:
a 2 y 2 —b z (« 2 —x 2 ) b 3 —b 3 x*,
b 2 x z -f- « 3 y 2 = a z b 3
daher
Construction des Kreises und der Ellipse.
47
und hieraus durch Division mit a 3
folgt
eine bekannte Gleichung der Ellipse; folglich ist der durch diese
Construction gefundene Punkt m" ein Ellipsenpunkt.
Was nun von diesem Punkte gilt, das lässt sich auf ähnliche
Art auch von jedem andern Punkte erweisen, welcher auf ähnliche
Art gefunden wird.
§. 32.
Construction der Ellipse in einem Parallelogramme nach der in §. 31 ange
gebenen Art.
Sind zur Construction einer Ellipse die beiden conjugirten Axen
sowohl ihrer Grösse als auch ihrer Richtung nach gegeben, so wird
hierbei auf ähnliche Art wie bei dem Rechtecke verfahren, mit dem
Unterschiede, dass die Ellipsenpunkte nicht in den Ordinaten, son
dern in den durch die Fusspunkte derselben zu der kleinen Axe ge
zogenen Parallelen liegen; wesshalb in diesem Falle durch die Fuss
punkte der Ordinaten zu der kleinen Axe parallele Gerade gezogen,
und mittelst der durch die umgelegten Endpunkte der Ordinaten zu
der Diagonale gezogenen Parallelen geschnitten werden müssen.
Sollte also für diesen Fall irgend ein Punkt der Ellipse bestimmt
werden, so beschreibe man Fig. 36 mit dem halben conjugirten
Durchmesser, also mit BO aus 0 einen Rogen Bu; nehme auf diesem
irgend einen Punkt J an, ziehe dann die Ordinate JK, lege sie um den
Fusspunkt/f in die Axe um, ziehe durch diesen Fusspunkt die NP || CD,
endlich aus M die MN || EG, und aus L die LP ebenfalls parallel
zu EG, wodurch man die zwei Ellipsenpunkte N und P erhält.
Wird ferner LO=KO gemacht, durch den Punkt L eine Paral
lele zu CD gezogen, und LQ — LR = KN abgeschnitten, so erfolgen
die Punkte Q und R als die zwei correspondirenden Punkte für N
und P, wodurch man also vier Punkte der Ellipse gefunden hat.
Beweis.
Der Beweis für die Richtigkeit dieser Construction wird auf
ähnliche Art wie beim Rechtecke geführt; denn man braucht nur die
zwei Dreiecke EEG und MNK mit einander zu vergleichen, so findet
man dass sie einander ähnlich sind, indem je zwei und zwei Seiten
48
Fialkowski.
nach der Construction zu einander parallel, daher die gleichliegenden
Seiten gerade proportionirt sind, nämlich:
KN: KM = FG : EF= CD : AB.
Setzt man der Kürze wegen
KO — x', KN — y',
ferner EG — CD — 2 b >
und EF — AB = 2 w,
zieht die Hilfslinie OJ, und sucht die JK, welche gleich KM ist,
(indem KM gleich JK gemacht wurde), so findet man auch hier,
wenn die entsprechenden Werthe substituirt werden :
y' : V a'2 — x' z = b' : a',
woraus + pr = i ’
also ebenfalls eine bekannte Gleichung der Ellipse erfolgt; es ist
daher auch für diesen Fall die Richtigkeit der angegebenen Construc
tion nachgewiesen.
§• 33.
Der dritte Fall dieser Construction tritt dann ein, wenn in einem
perspectivischen Quadrate eine Ellipse eingeschrieben werden soll.
Wir unterlassen indessen die graphische Durchführung dieses Falles,
weil man, wie in §. 6 bereits erwähnt wurde, diese Construction
nicht jedesmal mit Vortheil benützen kann. Auch ist diese Construc
tion in der Perspective nicht mehr neu, indem man sie in einigen
neuen Werken über die Perspective findet.
Der Beweis kann auch in diesem Falle auf ähnliche Art, wie
beim Parallelogramme geführt werden, indem die durch den Fuss-
punkt der Ordinaten gezogenen Parallelen nach dem Hauptpunkte,
jene aber, welche zur Diagonale parallel geführt werden, nach dem
Distanzpunkte convergiren.
Wird nun, was in der Perspective meistens geschehen muss, um
ein schönes Bild des Gegenstandes zu erzielen, mit irgend einem
Theile der Distanz gearbeitet, so muss auch von jeder Ordinate der
ebenso vielte Theil jedesmal abgeschnitten werden, was allerdings
unbequem und zeitraubend ist.
§. 34.
Bei der in §. 31 gezeigten Construction ergibt sich noch Fol
gendes: Werden, wie Fig. 37 zeigt, die Ordinaten in gleicher Entfer
nung von einander und ziemlich gedrängt angenommen, sodann aus den
Construction des Kreises und der Ellipse.
49
Fasspunkten dieser Ordinaten mit den Radien gleich diesen Ordinaten
Kreise beschrieben, so entsteht dadurch eine Figur, deren Umfang sich
desto mehr einer Ellipse nähert, je mehr Ordinaten man annimmt, und
wenn eine von ihnen so gezogen wird, dass sie den Quadranten halbirt.
Die grösste Entfernung eines Punktes auf der Verlängerung der
grossen Axe von dem Mittelpunkte derselben, erhält man dann, wenn
man mit der Ordinate gleich dem Sinus von 43° einen Kreis auf die
besagte Art beschreibt. In Fig. 38 schneidet ein solcher Kreis die
Axe XX' in A', alle anderen Punkte, welche mittelst der nächst
folgenden Ordinaten erhalten werden, rücken wieder zurück, so dass
der letzte Punkt links in A sein wird.
Alsdann wird das Verhältnis der beiden Axen dieser Ellipse
wie V2: 1 sein, denn es ist, wenn Äm und Om gezogen werden:
A'm — mO
AO = CO
und da der <£
so ist das A
daher
es ist aber, wenn
A'mO — AOC ist,
A'mO AOC,
A'O - AC;
AO = CO = 1 gesetzt wird,
AC = A O = V~2 und CD = 2;
folglich ist A B’ : CD = 2 V 2 : 2
oder a : b = V 2 : 1.
Bei dieser Construction kommen noch zwei besondere Eigen
schaften zum Vorschein : aj Wird durch die Ordinaten, wie in Fig. 37,
der Durchmesser A B in eine gewisse Anzahl gleicher Theile getheilt,
so fallen die Durchschnittspunkte der auf besagte Art beschriebenen
Kreise in die Ordinaten; b) wird aber durch die Ordinaten wie
in Fig. 38 die Peripherie in eine gewisse Anzahl gleicher Theile
getheilt, so berühren sich die Kreise in der Abscissenaxe.
Letzteres folgt desshalb, indem wie Fig. 38“ zeigt, wenn der
Punkt E in der Peripherie des Kreises beliebig angenommen, ferner
EF A.AO, CO .LAB und EGXCO gezogen, sodann BH=CE
gemacht, und HJA.JO geführt wird u. s. w.
FO = cos a — sin ß = JK
und JO — cos ß — sin a = FK
daher FO -\-JO = FK + JK;
es ist aber FO -f JO — FJ,
also auch FK+ pT= FJ:
Sitzb. d. inathem.-natuiKv. CI. XVI. ßd. I. Hft.
4
50
Fialkowski.
folglich berühren sich die aus F und J mit ihren Ordinaten beschrie
benen Kreise in K. Dasselbe gilt auch von jedem andern Punkte.
Man kann für eine solche Ellipse nur mittelst zwei Ordinaten
mehrere Punkte, so wie auch die zweite Axe bestimmen, und diese
Curve mit Vortheil aus Kreisbögen zusammensetzen, wie dies Fig. 39
zeigt.
§. 35.
Construction der Ellipse in einem Rechtecke, wenn der Hilfskreis über der
kleinen Axe beschrieben wird.
Viel interessanter wird die im §. 31 angegebene Construction,
wie auch der Beweis, wenn man sich die Ellipse durch die Drehung
des Kreises, welcher mit der halben kleinen Axe oder mit dem
halben kleinen conjugirten Durchmesser über demselben aus dessen
Halbirungspunkte beschrieben wird, entstanden denkt.
Wir haben im §.12 hei der Erklärung der Fig. 12 und 13
bereits nachgewiesen, dass man sich jedes Rechteck oder Parallelo
gramm durch die Drehung zweier verschiedener Quadrate, folglich
auch die einzuschreibenden Ellipsen durch die Drehung zweier ver
schiedener Kreise entstanden denken kann. Für den Fall, wenn die
Ellipse durch die Drehung eines mit der grossen Halbaxe oder
mit dem halben grösseren conjugirten Durchmesser beschriebenen
Kreises entstanden gedacht wird, ist die Construction im §. 31 und
32 bereits nachgewiesen; wir werden nun auch für den so eben
erwähnten Fall zuerst die Construction zeigen, sodann dieselbe
nachweisen.
Man beschreibe aus 0 (Fig. 40) mit dem Radius OB = OA
einen Kreis, ziehe in diesem die Ordinate JK, verlängere sie nach
ab- und aufwärts, und durchschneide aus Kmit JK die AB in L, deren
Verlängerung aber in M; wird alsdann durch.L zu der Diagonale
EG eine Parallele gezogen, welche die Verlängerung der Ordinate,
d. i. die mn in N schneidet, so ist dieser Punkt ein Ellipsenpunkt.
Wird ferner aus demselben Punkte zu der zweiten Diaganale eben
falls eine Parallele, also LN || FH gezogen bis mn geschnitten wird,
so ist auch dieser Punkt, d. i. N', ein Ellipsenpunkt, und zwar der
jenige , welcher mit dem ersten correspondirt.
Diese zwei Punkte kann man aber auch dadurch erhalten, indem
man aus M die MN || EG und MN || FH zieht.
Construction des Kreises und der Ellipse.
51
Beweis.
Zum Behufe des Beweises muss man entweder die Axen mit
einander oder die Abscisse mit der Ordinate verwechseln, was auch
ganz richtig ist; denn wenn man sich die in das Parallelogramm
einzuzeiclmende Ellipse (Fig. 40) als das Bild des aus 0 mit OB
beschriebenen Kreises vorstellt, so ist es nichts anderes, als ein
verzerrtes Bild, beziehungsweise der kleinen Axe, in welchem Bilde
die kleine Axe nicht kleiner, sondern grösser erscheint.
Man muss also dann JK = KN' setzen, welches perspectivisch
richtig ist, wenn das Auge des Beobachters in unendlicher Entfer
nung angenommen wird.
Man kann aber den Beweis für die Richtigkeit dieser Con
struction auch auf folgende Art führen:
Da das Dreieck KLN' oa HGF ist, so findet folgende Propor
tion Statt:
LI(: N'K = HG : FG,
es ist aber HG — AB
und FG = CD,
also LK : N'K = AB : CD («).
Setzen wir der Kürze wegen:
HG = AB = 2b
FG = CD = 2a
und nehmen den Anfangspunkt derCoordinaten im Mittelpunkte 0 an,
so wird, wenn man sich durch iV'eine Parallele zu AB gezogen denkt,
das Stück Op — N'K = x abgeschnitten, wo dann N'p = OK—y ist.
Man hat daher durch Substitution dieser Werthe in die Glei
chung (a)
LK: x —2b: 2 a = b : a .... (ß),
in welcher Proportion nur noch das erste Glied unbekannt ist.
Denkt man sieb nun OJ gezogen, so folgt aus dem recht
winkeligen Dreiecke OJK:
da aber
und
ist, so folgt
es ist aber
JK = VJO*—ÖK 2
OJ= OB = b
OK — y
JK = y b- — y~;
JK = LK
4
£) 2 F i a 1 k o \v s k i
nach der Construction,
also JK = y b~ — y 3 ,
welcher Werth für LK in die Gleichung (ß) substituirt, gibt
V b 3 — x 3 : x = b: a,
woraus, a j/ b 3 — y 3 = bx.
Diese Gleichung beiderseits quadrirt gibt sofort
a 3 (a a — y 3 ) = b 3 x 3
a 3 b 3 — a 3 y 3 — b 3 x 3
b 3 x 2 -)- a 3 y 3 — a 2 b 3
x 2 y 2
und hieraus — 4- — = 1,
a 2 ~ b 2
also eine bekannte Gleichung der Ellipse folgt. Es muss daher jeder
auf ähnliche Art bestimmte Punkt ein Ellipsenpunkt sein, w. z. b. w.
Zu derselben Relation gelangt man auch, wenn man aus dem
angegebenen Grunde AB — 2a und CD — 2b setzt und darnach
auch die Abscissen und Ordinaten bezeichnet.
§. 36.
Construction der Ellipse in einem Parallelogramme, wenn der Hilfskreis über
dem kleinen conjugirten Durchmesser beschrieben wird.
Auch in diesem Falle ist die Construction der Ellipse ähnlich
mit der im §. 35 angegebenen.
Ist (Fig. 41) AB der kleinere und CD der grössere eonjugirte
Durchmesser der Grösse und Richtung nach gegeben, so kann auch
das der zu zeichenden Ellipse umschriebene Parallelogramm EFGH
als gegeben betrachtet werden.
Ist dieses Parallelogramm gezeichnet, und in demselben die
beiden Diagonalen gezogen, so beschreibe man über dem kleinen con
jugirten Durchmesser AB einen Hilfskreis, nehme in der Peripherie
desselben den Punkt J an, ziehe die diesem Punkte entsprechende
Ordinate JK, und lege sie beiderseits in die Axe AB um, wodurch
man den Punkt L und M erhält.
Wird endlich durch den Fusspunkt dieser Ordinate die Gerade
mn || CD gezogen, und aus dem Punkte L die LN || FH geführt, so
ist der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden, d. i. N ein Punkt
der zu zeichnenden Ellipse.
Construction des Kreises und der Ellipse.
53
Wird ferner aus dem Punkte L die LN || EG gezogen, so er
folgt der Punkt N' als ein zweiter und zwar als correspondirender
Punkt des Punktes JV derselben Ellipse.
Man kann aber dieselben Punkte erhalten, wenn man aus dem
Punkte M zu den entsprechenden Diagonalen Parallelen zieht, wie aus
der Figur ersichtlich ist.
Beweis.
Vergleicht man die in dieser Figur entstandenen Dreiecke mit
einander, so findet man bezüglich des Punktes N das A LNK csj
FGII, daher:
LK: NK = GH : FG;
es ist aber GH — AB = 2b',
und FG — CD — 2 a;
also LK: NK = AB: CD = 2b‘: 2a'= b': a'... («).
Nimmt man nun die conjugirten Axen als die Coordinaten-
Axen an, so hat man, wenn die Abscissenaxe mit der Ordinatenaxe
verwechselt wird, OK = y’ und NK — x'.
Denkt man sich ferner auch die Hilfslinie JO gezogen, so folgt
aus dem rechtwinkeligen Dreiecke JKO:
JK = VW — OfC.
Da nun die Gedachte OJ — OB — b'
und OK — y ist,
so hat man JK = V b' 3 ^—y z \
es ist aber IK = LK nach der Construction,
daher LK = V b' 2 — y' 2 ■
Werden nun diese Werthe in die Gleichung (a) substituirt,
so folgt:
V b' 2 — y 3 '• x = b': a,
woraus man a 1 i' ! — y 3 = b'x erhält;
welche Gleichung beiderseits quadrirt sofort gibt:
a' 2 (b' 2 —y'~) = b' 2 x' 2
a' 3 b' 2 — a' z y' 2 = b' 2 x' 2
und hieraus - :(i - + == 1;
also ebenfalls eine Gleichung der Ellipse, daher ist jeder auf diese
Art gefundene Punkt ein Ellipsenpunkt.
54
Fialkowski.
§• 37.
Fassen wir die vier Figuren 35, 36, 40, 41 näher ins Auge,
so folgt daraus, dass im ersten Falle Fig. 35 und 40 die Ordinaten
nicht verlängert zu werden brauchen, im zweiten Falle aber, sind
die durch den Fusspunkt der Ordinaten zu der nicht verlängerten Axe
gezogenen Parallelen ganz entbehrlich, sobald man die beiden mittelst
des Umlegens der Ordinate in der Axe erhaltenen Punkte benützt.
So gut man also im ersten Falle die Ordinate nicht zu ver
längern und im zweiten Falle durch den Fusspunkt derselben eine
Hilfslinie nicht zu ziehen braucht, eben so gut braucht man nicht
alle vier Linien, welche für je zwei Punkte ein Parallelogramm bilden,
zu ziehen.
Man wird daher aus jedem der zwei umgelegten Punkte L und M
(Fig. 42 und 43) zu der einen der zwei Diagonalen eine entspre
chende Parallele ziehen, und diese dann aus denselben Punkten parallel
zu der zweiten Diagonale einschneiden. Werden überdies die Punkte
L und M entgegengesetzt übertragen, so können mit einem Schlage
mittelst der zu den Diagonalen gezogenen Parallelen alle vier Punkte
bestimmt werden, wobei die meisten Linien, welche hier der Erklä
rung wegen gezogen werden mussten, also auch die Hilfskreise weg
gelassen werden können, wie dies aus Figur 42 und 43 leicht einzu
sehen ist.
§. 38.
Construction des Kreises mittelst zweier um zwei fixe Punkte drehbaren
Geraden.
Wir kommen nun zu einem äusserst interessanten Gesetze über
die Construction des Kreises, welches sich bei der genaueren Unter
suchung des in -§. 1 und 2 aufgestellten Satzes näher ergehen hat.
Es sei (Taf. VII, Fig. 44) ABCD ein Quadrat, in welchem jede
der vier Seiten halbirt, sodann je zwei gegenüberliegende Halbi-
rungspunkte mit einander durch Gerade verbunden, und überdies auch
die Gerade FG gezogen; es ist also MF der Halbmesser desjenigen
Kreises, welcher dem Quadrate ABCD eingeschrieben wird, FG die
Diagonale des Viertelquadrates, daher ist sie auch die Sehne des
Viertelbogens, oder kurzweg Neunziger-Sehne.
Wird nun die Neunziger-Sehne FG, z. B. in 4, die MF aber
in 4mal so viele gleiche Theile, als in wie viel die FG getheilt
wurde, also in 4 2 gleiche Theile getheilt; wird ferner die durch
Construction des Kreises und der Ellipse.
55
die Eintheilung der Neunziger-Sehne erhaltene Einheit FI, auf der
Verlängerung des Halbmessers EF 4mal aufgetragen, so ist, wenn
der Halbirungspunkt G mit dem Punkte T auf FU, und der Eckpunkt
B mit 1 auf MF durch Gerade verbunden werden, der Durchschnitts
punkt 1" dieser zwei Geraden ein Punkt der Peripherie desjenigen
Ki •eises, welcher dem Quadrate ABCD eingeschrieben werden soll.
Eben so gibt, G mit 11 auf FU, und B mit 4 oder 2 3 auf MF ver
bunden, den Punkt II", ferner G mit III' auf FU und B mit 9 oder 3 2
auf MF den Punkt///", und endlich gibt, G mit IV' auf FU und B mit 16
oder 4 3 auf MF durch Gerade verbunden, den Punkt IV"; so also, dass
alle vier Punkte I", II", III", IV" in der Peripherie des dem gege
benen Quadrate ABCD eingeschriebenen Kreises liegen.
Fassen wir diese Construction näher ins Auge, so sehen wir,
dass der Construction eines jeden Kreises durch die Eintheilung des
Halbmessers und der Neunziger - Sehne zwei verschiedene Einheiten,
welche von einem und demselben Punkte nach entgegengesetzten
Richtungen auf einer Geraden aufgetragen werden, zu Grunde liegen.
1 i
Wird demnach die Einheit F 1 = — <= —„ des Halbmessers
IC 4 -
MF von F angefangen auf EF und dann auf deren Verlängerung noch
weiter, so oft als es auf der Zeichenfläche geht, aufgetragen, die so
erhaltenen Theilungspunkte von F angefangen mit natürlichen Zahlen
bezeichnet, und diejenigen Punkte, auf welche bei der Bezeichnung
die Quadrate der natürlichen Zahlen fallen, deutlicher markirt 1 ),
sodann die Einheit der Neunziger - Sehne auf der Verlängerung der
EF so oft von F aus aufgetragen, als es auf der entgegengesetzten
Seite Quadratzahlen gibt, so gilt das aufgestellte Gesetz auch dann,
und es gibt somit, wie Fig. 44 zeigt:
Die Gerade Gl' mit der Geraden B 1 oder i/1 3 den Punkt 1"
B 4 „ B2 3 „ „ 11"
B 9 „ t53 3 „ „ III"
Bld „ Z/4 3 „ „ IV"
B2o „ i/5 3 „ „ V"
N
Bnxn „ Bn" „
Gii „ „
Wir wollen diejenigen Punkte, auf welche bei der Bezeichnung der Theilungs
punkte die Quadrate der natürlichen Zahlen fallen, Quadratpunkte nennen, um
uns bei der Erklärung desto kürzer und leichter ausdrücken zu können.
56
F i a 1 k o w s k i.
und endlich der in unendlicher Entfernung liegende Punkt einer
seits mit G,und der diesem Punkte entsprechende Quadratpunkt andern-
seits mit B verbunden, gibt den Halbirungspunkt der Seite AB, so
also, dass die Gerade Goo mit der Geraden B co x oo, oder mit
Boo 2 auf die obige Art in Verbindung gebracht, den Punkt G gibt.
Auf diese Art kann man also für einen jeden Quadranten belie
big viele Punkte bestimmen, und solche Construction der Punkte für
jeden einzelnen Viertelkreis ins Unendliche fortsetzen, indem man
die zwei senkrecht aufeinander stellenden Durchmesser nach den vier
Richtungen verlängert, und bei der Bestimmung der Punkte auf eben
die Weise vorgebt, wie bei dem ersten gezeigt wurde.
§• 39.
Bevor wir nun die Richtigkeit dieser Construction nachweisen,
wollen wir zuerst ebenfalls einen neuen, hierzu erforderlichen Lehr
satz für Quadratzahlen aufstellen und begründen, d. h. wir wollen
zuerst zeigen, auf welche Art man durch geometrische Construction
die Quadrate der natürlichen Zahlen auf dem Durchmesser für den
Fall erhält, wenn die Sehne von 90° oder Neunziger-Sehne in eine
beliebige Anzahl gleicher Theile getheilt wird.
Es sei nun ACBK (Fig. 45) ein mit einem beliebigen Halb
messer beschriebener Kreis; man ziehe in diesem die Neunziger-
Sehne BC, theile sie in eine beliebige Anzahl gleicher Theile, be
schreibe mit dem Radius gleich einem solchen Theile aus dem einen
Punkte dieser Sehne hier aus B einen Kreis, welcher den ersten in E,
den Radius BO in G und dessen Verlängerung in F schneidet; so
entstehen, wenn die Geraden AE, EF, EG und BE gezogen werden,
zwei rechtwinkelige Dreiecke, d. i. das Dreieck AEB und EFG, in
welchem Falle, wenn von ihrem gemeinschaftlichen Scheitelpunkte E
die Normale EH gezogen wird, das Stück BHgefunden werden kann.
Bekanntlich ist die Neunziger-Sehne hier BC = V'% wenn der
Halbmesser BO = r — 1 gesetzt wird. Denkt man sich nun BC etwa in
vier gleiche Theile getheilt, und einem solchen Theil zum Halbmesser
für den zweiten Kreis GEFK' genomnien, so ist BG — BI) = BE —
BF = ~ V 2; es sei ferner der Kürze wegen EH = h, BII = x,
GH = y und BG — BH + GII — x -\- y, und da BO = r = 1
ist, so folgt AH — 2 — x und FR — x ^ V 2.
Construction des Kreises lind der Ellipse. 57
Nach diesen Voraussetzungen finden folgende zwei Proportionen
statt:
Es ist
und da
ist, so hat man
eben so ist
und da
ist, so folgt
BH : EH = EH : AH
AH = Alt — BH
BII: EH = EH: AB — BH («);
GH : EH = EH : FH
FH = BH -f BF
GII: EH — EH : BH + BF (ß).
Substituirt man in diesen zwei Proportionen die obangeführten
Werthe, so bat man:
x : h — h: (2—x) («')
y : h = h : {x + j YZ^j ■ ■ ■ ■ (ß')t
A 2 == x (2—x)
und
somit aus («')
und aus (ß')
daher
es ist aber
somit
JF = y j ’
x (2—x) = y (x + j Yz ) •
x + V = rfä = /jV7,
(7):
P2—3?,
» “ 4
folglich durch Substitution in (7)
3? (2—3?) = (j Yz — x} p2 + 3?),
2x—x"~ — Q- YzY—x 2
woraus
also
und hieraus
2 -= il ■ 2
x = 16 = ¥ foIgt-
Es ist somit das Segment BH — x = —, wenn der Halbmesser
des Grundkreises, d. i. B 0 = r — 1 gesetzt, die Neunziger-Sehne
BC in vier gleiche Theile getheilt, und aus B mit dem Halbmesser
gleich einem solchen Theile der Punkt E auf der Peripherie des
Grundkreises bestimmt wird. Eben so findet man
Z 1 /Tr 2 3 4
für x -y
T V2, x — 43 — i6
3 3
6 i/„ a- a
„ x -\- y — Y 2, x
4 \ /— 4 3
» X + y = -J V 2, 3? = =
16
16
16
58
Fialkowski.
Um diesen Satz ganz allgemein nachzuweisen, bezeichnen wir
die Anzahl Theile, in welche die Neunziger-Sehne BC getheilt wird
mit n und die Anzahl derjenigen Theile, welche man zum Radius des
Hilfskreises nimmt mit p, so ist der Radius für den Hilfskreis (auf
den Radius r — 1 bezogen) — x p = — V2, daher nach der
n n
angeführten Proportion:
x : h — h : (2—x), (a)
y:h = h: [x + J VY) ■ ■ ■ ■ (ß)
somit aus (a) A 2 = x (2—x),
und aus (ß) A 2 = y [x -f ^ yTj,
daher x (2—a?) — y ^a? -f- ^ U'lj . . . . (7);
da nun auch hier
BII -j- GH — x -4- y — - U2
' a n
ist, so folgt y = U2 — x ,
* 7 n
und daher, wenn dieser Werth in die Gleichung (7) substituirt wird
woraus
somit
also
* ( 2 —*) = £ U2 — *) £ U2 + a?),
* ( 2 —- r ) = 6^) — **,
io?—07
*=.£•2-
-a?~
2a? =
2p 2
folglich x = —
ji-
folgt, w. z. h. w.
Da nun eine jede Gerade in eine beliebige Anzahl gleicher
Theile geometrisch theilbar ist, so gilt dies von jedem beliebigen
Punkte des Quadranten und dessen entsprechender Sehne.
Löst man die Gleichung x — — in eine Proportion auf, so
n 2
erhält man:
x : p = p : n 2 ,
d. h. in Worten ausgedrückt: Jedes Stück der Neunziger-Sehne ist
die mittlere geometrische Proportionale zwischen dem Quadrate
Construction des Kreises und der Ellipse.
59
dieser Seline und demjenigen Segmente des Durchmessers, welches
zwischen dem einen Endpunkte der Sehne und dem Fusspunkte der
jenigen Ordinate liegt, deren Peripheriepunkt mit diesem Sehnen
stücke aus demjenigen Endpunkte, dem das Segment anliegt,
bestimmt wird.
Man kann daher mittelst der aus diesem Satze abgeleiteten Con
struction für jede beliebige Eintheilung der Neunziger-Sehne auf
dem Durchmesser die Eintheilungslinien für die Quadrate der natür
lichen Zahlen erhalten, ohne den Durchmesser eintheilen zu müssen.
Wird nun in der Gleichung x = ^ ,
n — 4 und p = 1,
= 2,
= 3,
= A.
gesetzt, so erhält man:
für p — 1,
(wo 1 eine durch die Ein
theilung der Neunzi
ger-Sehne erhaltene
Einheit bezeichnet)
x
» p
= 2.
I 2
4Ä
2 S
X 4 3
3 2
1
16 '
4
16 ’
9
„ ^ = 3, - = iß
, 4 3 16
» P f = 16 =
(vom Halbmesser
des Grundkrei
ses).
16
Es sind daher die Zähler der so erhaltenen Brüche die Quadrate
der natürlichen Zahlen, welche nach der angeführten Construction
dadurch gefunden werden können, wenn man nach und nach mit den
Radien gleich den Zählern der Brüche: y 4 , a / 4 , 3 / 4 und 4 / 4 oder
im Allgemeinen mit — von der Neunziger-Sehne aus F die Peri-
n
pherie des Grundkreises durchschneidet, und Yon diesen Durch
schnittspunkten die Ordinaten zieht.
Dieser Satz gilt aber auch dann, wenn auf der Verlängerung
1
der Neunziger-Sehne — derselben aufgetragen wird, denn es ist
n
(Fig. 46), wenn man die Sehne BC = Vi und ihre Verlängerung
JC — — Yi setzt, d. h. wenn man n -1 solcher Theile zum
n n
Radius des Hilfskreises nimmt:
60
Fialkowski.
x : h = h : (2—x) (a),
y : h = h : (x + Y2" + ^ Y%) (ß),
daher aus («) h z = x (2—x) ,
und aus (ß) li~ = y (a? -f- Y% + Tü) ,
folglich x (2—x) = y {x + Yz + ^ V2) (7);
es ist aber
* + y = VT+ - BI = 57' = RF',
n
daher
y = T2 -j ^2—a?,
n
folglich den Werth für y in (7) substituirt, gibt ferner:
a? (2—a?) = (vT + Y%—x ) (Y~z + ~ Y2 + # ) »
x (2—a?) = j(v2 + ~ 1/2) — a?| j(V2 + ~ Yt} + a?j ,
2 a? — a? ä = (/2 4- ^ V2)"—x 3 ,
2a? = 2 + -- 2 + i- 2,
n n l
2a? — 2 -) 1 ,
a? = 1 +
woraus endlich
n~
2 i « 2 + 2>i
n 1t a
(w + l) 2
x = erhalten wird.
u~
Da nun die Neunziger-Sehne in n gleiche Theile getheilt und
n -1- 1 solche Theile zum Radius des Hilfskreises genommen wurde,
so ist auch hier x — dem Quadrate der genommenen Theile divi-
dirt durch das Quadrat derjenigen Anzahl Theile, in welche die Sehne
getheilt wurde.
Dieser Satz gilt auch dann, wenn auf der Verlängerung der
1
Neunziger-Sehne der —te Theil derselben 1,2,3... oder m mal
n
aufgetragen wird, denn es ist:
a? : h = h : (2—a?) (a)
y : h = h : (a? + Yz + ^ T2) (ß)
Construction des Kreises und der Ellipse.
61
folglich aus (a) h~ — x (2—x) ,
und aus (ß) h 3 = y (x + Vz~ + — Yz) ,
daher
x (2
da nun
x) = y [x + Yz + ~ 1/2)
(7);
ist, also
_ m _
x y — Y% -\ Yz
n
m _
y — Yz H V 2 — x,
so erhält man durch Substitution in die Gleichung (y):
x (2—x) = [Yz + ™ C2 — J?] {v2 + “ V2 + a’) ,
m \
2a?
—.r 2 = (1/2 + ~ l/2 ) - ~ a?2 •
Ix = (V2 + ™ Yz) = 2 + 2
m
2 + — .2,
n z
woraus
folglich
2m
® “ 1 + — +
M 3 -f 2»IH + 'Hl 2
X =
(n + m)'~
also ganz allgemeiner Ausdruck erhalten wird, w. z. b. w.
Je grösser also die Anzahl Theile, in welche die Neunziger-
Sehne getheilt werden soll, angenommen wird, desto öfter lässt sich
ein solcher Theil auf einer geringen Verlängerung dieser Sehne, und
ebenso auch der erste Werth für x = -- auf dem Durchmesser und
n~
dessen Verlängerung auftragen, wodurch man also auch desto mehr
Punkte nach der besagten Construction erhält.
§. 40.
Aus der näheren Betrachtung der Fig. 46 sieht man leicht ein,
dass die Verlängerung der Sehne BC beliebig lang gemacht werden,
hingegen der Radius für den Hilfskreis bei der jedesmaligen Ein-
theilung der Sehne das Maximum — 2r des Grundkreises erhalten
kann; was auch ganz natürlich ist, indem der Grundkreis mit einem
grösseren Radius als 2r aus dessen einem Peripheriepunkte gar
62
Fialkowski.
nicht geschnitten werden kann, und der Punkt A, d. i. der Endpunkt
des Durchmessers AB, wird der letzte Durchschnittspunkt sein,
dessen Ordinate gleich Null ist.
bekannt sind, und die Neigung der Neunziger-Sehne, wie auch deren
Verlängerung dieselbe bleibt, aber auch n constant ist, so folgt
daraus, dass man für jeden Werth von^j = n-f- m, auch den ent
sprechenden Werth für x berechnen kann, wenngleich der Grund
kreis mit dem Radius p = n -)- m nicht geschnitten wird.
Wird demnach die Neunziger-Sehne in zwei gleiche Theile
getheilt, so hat man vermöge der Gleichung x — —
n
i
Wird die Sehne in drei gleiche Theile getheilt, so ist:
Wird die Sehne in vier gleiche Theile getheilt, so folgt:
Construction des Kreises und der Ellipse.
63
und allgemein, wenn die Neunziger-Sehne in n gleiche Theile
getheilt wird, erhält man im Allgemeinen:
also ganz allgemein
Aus dieser schematischen Darstellung sieht man, dass, wenn
m — n ist, x — \ erfolgt, für welchen Fall also x gleich dem
Radius des Grundkreises ist. Daraus folgt ferner, dass man auf dem
Radius des Grundkreises so viele x erhalten kann, als in wie viele
Theile die Neunziger-Sehne getheilt werden soll, und dass man
desto mehr x und folglich auch desto mehr Punkte des Kreises
erhält, je grösser die Anzahl ist, in welche die Neunziger-Sehne
getheilt wird.
Wird aber nur irgend ein Theil der Neunziger-Sehne genom
men, so dass man nicht bestimmt weiss, der wie vielte Theil von
dieser er ist, so kann auch dann, jedoch nur allein durch Construction,
das entsprechende x gefunden werden.
64
F i a I k o w s k i.
§. 41.
Da nun die Neunziger-Sehne BC in eine beliebige Anzahl glei
cher Theile getheilt werden kann, so folgt daraus, dass^j unzählig
viele Werthe annehmen kann, es kann daher unter andern
V = r
= 2 r
= VT
u. s. w. gleich den bekannten Linien gesetzt werden; es wird also
dem halben Radius,
für p =2 r — 2, x —
dem doppelten Radius,
für p = VT,
2
"2
dem Radius,
1 (V* ^2 ) 2
furp = — 1/2 , x = ■ - -
2 (|/ 2 )ü
dem vierten Theil des Radius,
für p — 2 v^2 , a? =
2 f 2
7*-2
2
dem doppelten Durchmesser.
Bei den zuletzt angeführten Werthen für a? muss der Ausdruck
V 2 beibehalten werden, weil hier den im Zähler substituirten Zahlen
die Einheit des Grundkreises zu Grunde liegt.
Anmerkung. Von diesen so eben angeführten und berechneten Werthen
für x werden wir einige zur Construction der Ellipse benützen.
§. 42.
Wir werden nun hier das in §. 38 angegebene Gesetz mittelst
des im §. 39 und 40 entwickelten Satzes zu beweisen suchen.
Es sei also (Fig. 47) ABCD das gegebene Quadrat, in welchem
jede der vier Seiten halbirt, und je zwei gegenüber liegende Hal-
birungspunkte durch Gerade mit einander verbunden werden, deren
Durchschnittspunkt bekanntlich der Mittelpunkt des diesem Quadrate
einzuschreibenden Kreises ist, die Linien selbst aber Durchmesser
dieses Kreises sind.
Man verlängere nun die Halbirungslinie EF über F hinaus,
beschreibe mit einem beliebigen Theile der Neunziger-SehneFG aus
Construction des Kreises und der Ellipse.
65
deren Endpunkte F einen Kreis, welcher den Grundkreis in N, dessen
Durchmesser in J und die Verlängerung desselben in I{ schneidet.
Wird nun aus dem Durchschnittspunkte N auf EF die Normale
NP gezogen, der Fusspunkt derselben mit B, der Punkt G aber mit
K durch Gerade verbunden, so ist der Durchschnittspunkt dieser
zwei Geraden, d. i. der Punkt Q, ein Punkt in der Peripherie des
dem Quadrate ABCD eingeschriebenen Kreises.
Beweis.
Um die Richtigkeit dieser Behauptung ganz allgemein durch
zuführen, wollen wir die höhere Analysis zu Hilfe nehmen, welche
uns auf jede gegebene Frage eine auf diese passende Antwort gibt.
Nimmt man nun (Fig. 47) den Anfangspunkt der Coordinatcn
im Mittelpunkte des dem Quadrate ABCD eingeschriebenen Kreises,
also in 0 an, so hat man hier die Gleichungen für die zwei Geraden GK
und BP aufzustellen und ihren gemeinschaftlichen Durchschnittspunkt
zu bestimmen, welches sich sehr leicht bewerkstelligen lässt, indem
die zwei Punkte B und G nach der in §.38, Fig. 44 gegebenen Con
struction fixe Punkte sind.
Nach dem früher Bewiesenen ist das Segment der Neunziger-
Sehne, d. i. FP — — wo n die Anzahl Theile anzeigt, in welche
W. 3 .
die Neunziger-Sehne FG getheilt wird, und p, wie viel man solche
Theile zum Radius des Hilfskreises genommmen hat.
Bekanntlich ist die allgemeine Gleichung irgend einer Geraden
y = ax-\-b
Da nun der Punkt G fix ist, so hat man
(«)■
OG = r = b =1,
daher
y = ax -f- b = ax -j- r — ax + 1 . . . • (ß).
Nun ist aber für die Gerade GK die Abscisse
x — — Yn + r — — V2 + 1
n ' n
nach der Construction; daher durch Substitution in (ß)
setzt man nun y — 0, so ist
0 =«(£ V'2+i) + 1,
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft.
ä
66
Fialkowski.
woraus
a
also
(iKä+i) = -i,
a =
—1 _
^Yz +i
-i
pY2 + n
n
n + p V'i
substituirt man diesen Werth in die Gleichung (ß), so hat man sofort
y = a ( +
J V« + pY2 j
daher
n + p Y 2
= +l.
y' = +1 (I).
n + p Y2
Dies ist also die Gleichung der Geraden GK, deren Punkt
G fix ist.
Um die Gleichung für die zweite Gerade, d. i. für BP zu finden,
hat man abermals die allgemeine Gleichung irgend einer Geraden
y — ax -}- b (a').
Nun ergibt sich aus der näheren Betrachtung der Construction,
dass imAllgemeinen für y—r, auch x=r erfolgt; man hat daher durch
Substitution in a!
r = ar -|- b =ar + 1 • • • (ß');
es ist aber für den Punkt P der Geraden BP nach der Construction
die entsprechende Abscisse
X = r-K = 1—4,
71- 71-
welcher Werth für x in a! substituirt, gibt.
»_»(’-S) + i - «( 1 -S)+ 1 ■ •
Setzt man nun y = o, so folgt
o =«(i—y + i.
Wird ferner von dieser Gleichung die Gleichung (ß') abgezogen,
so erhält man 0 — r = a ^1—-|- i — (ar -f- 1)
— r = a (l— + 1 — ar — 1
und wenn r
r ~ a ( 1 -S)~ ar ’
1 gesetzt wird,
folgt sofort
und
also
woraus man
Construction des Kreises und der Ellipse.
67
- 1 = «o-y-«
J a ap 2 a
ap
1 =
ap 2
ap 2
folglich a— ^erhält;
welcher Werth für a in die Gleichung (ß') substituirt, gibt ferner
n 2
r = -j r + b,
pi
hieraus
h n 3 n 2
p 2 p2
und durch Substitution dieses Werthes in ( r /) folgt
m 2 , , n 2
y^jr^ + i-pi
folglich ist
V
T+ 1
(IO
als die Gleichung der zweiten Geraden, d. i. der BP, deren fixer
Punkt B ist.
Um nun den Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden zu be
stimmen, muss man aus diesen zwei gefundenen Gleichungen für
diese Geraden das x’ und y' suchen. Zu diesem Behufe zieht man die
eine Gleichung von der andern ab, hier II von I, und hat somit:
y
also
daher
hieraus
somit
folglich
r —nx \ rn- x n" \
0 =
0 =
— na/
n + pY% '
nx'
1 —
n * x
a z
n*
r .z
= X
p*
x —
X —
n -h p Y%
(- "
vjj
M4 + p Y%
np-
rr (u + p Y 2)
2 V n 2
p 2 ' p 2 ’
n 2 x' n 2
+ p.’
,rnp 2 — n 2 {n+pY2)\
p 2 (n + p U2) )’
p 2 (n + p Y‘i)
p 2 (n + p Y%)
np 2 — n 2 (n + j> Y2) ’
welcher Bruch gehörig abgekürzt
x =
gibt.
(n + p Y2)
. (n + p Y2) p 2
5
68
Fi a 1 k o w s k i.
Folglich ist, gehörig bezeichnet, die gesuchte Abscisse
n n (n + p Y 2)
(HI),
n (n + p YZ)-r p 2
welcher Ausdruck allgemein, also für jeden beliebigen Punkt gilt.
Um den Werth der entsprechenden Ordinate zu finden, hat man
den zuletzt gefundenen Werth für x' in die Gleichung (II) zusubsti-
tuiren, und erhält somit:
n*
y" — —
J p 2
V
n (w + p Y2)
n (n + p YZ) + p 3
n s (n p YZ)
— + 1
y s
- 2 + 1,
v-
p 3 \n (n + p YZ) + p 2 }
welcher Ausdruck auf gleiche Benennung gebracht, gibt sofort:
n 3 (ii+p Y2) — « 3 1« (»i+p YZ)+p~\ + p 2 jm (n.-j-p U2)-f-p 2 j
p~ \n (n-f-p YZ) + p~\
y
y =
■ n 3 p Y2 — n 4
i U2 — w 3 p 3 -f- w 3 p 3 -)- »p 3 U2 -f- p 4
p-
2/ =
w p 3 V2 4- p 4
p 3 (ri~ -f n p Y2 -f p 3 )
ji p U2 + p 3
pi (>i+p Y2) + p 2 f
p 3 (np Yi +- p 2 )
p 3 (n 2 + np Y2 +p 2 )
p (n U2 + p)
(IV).
n 2 + np U2+p 3 ii (n+p Y2) + p 2
Somit ist dies der Werth der entsprechenden Ordinate, welcher
allgemein also für jeden beliebigen Punkt gilt, und zwar aus dem
Grunde, weil auch auf der Neunziger-Sehne ein beliebiger Punkt
angenommen wurde.
Es sind daher:
n (n + p Y 2) m 3 + n p Y 2
X —
y =
11 (ii p YZ) + p 3
p (p + nYZ)
n~ + p 2 -\- n p Y2
p 2 + np Y2
(HI)
(IV)
« (» + P U2) + p 3 M 3 + p 3 + «p U2
die zwei Gleichungen, welche zur Bestimmung des Durchschnitts
punktes der zwei fraglichen Geraden erforderlich sind.
Lassen wir also diese zwei Gleichungen coexistiren, so muss,
wenn der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden j?Pund GK in der
Peripherie des aus 0 mit OF beschriebenen Kreises erfolgen soll,
(O* + (y") 2 = r 2 — 1 sein.
Construction des Kreises und der Ellipse. 69
Substituirt man hier für x" und y" die in III und IV gefundenen
Werthe, so muss auch dann
n (w + p Y%) i* ip (p + n V2)
n (n -f p V2) + p 2 ) \n (n p V2) -[- p 2
erfolgen.
Werden die zwei vor dem Gleichheitszeichen stehenden Aus
drücke quadrirt, wie dies angezeigt ist, so erhält man, indem beide
Ausdrücke gleiche Nenner haben:
n (n+pYZ) Y (jp (p + nVi) ) 2 [n(n + pYZY\ 2 + [p(p-YnY‘l')Y'
n (n+pYZ) + p 2 ) \n (n + pY2) + p 2 j [» (n + pY2)+p 2 ] 3
n 2 (n 2 + 2np Y2 + 2p 2 ) -f- p s (p 3 + 2npt / 2 + 2n z )
[n (n + p Y% )+p 3 ] 3
oder wenn im letzten Theile des Zählers mit p 2 hinein multiplicirt
wird
n~ (n 2 + 2np Y‘i + 2p 2 ) + p 4 + 2np s V2 +2n 2 p 2
[n (n + p Y% )+p 3 ] 3
Hebt man bei den letzten zwei Ausdrücken im Zähler 2np 2 als
Factor heraus, so hat man sofort
n 2 (n 2 + 2np Y% +2p) 2 + 2np 2 (n + p Yt) + p 4 _
— - ■ ; s
[n (n+p Y% )+p 2 ] 2
und da n 2 -f 2u p Y r i + 2 p 2 = (u + p Yt) 2 ist, so übergeht der
obige Ausdruck in
n 3 (n + pY2 ) 2 + 2np 2 (n+p Y2 ) + p 4
[n (n + p Y‘i ) + p 2 ] 2
vergleicht man in diesem Bruche den Zähler mit dem Nenner, so sieht
man sogleich, dass sie einander gleich sind, denn n (n -f- p \ 2 )
+ p 2 aufs Quadrat erhoben, gibt den Zähler. Da also
[n (n + p Y2) +p 3 ] 2 = n 2 (n+pY“l ) 2 + 2»p 3 (n + pY% ) + p 4
gesetzt werden kann, so ist auch
[n (n 4- pY2 ) + p 3 ] 2 ^
[n (n + p V2 ) + p 3 ] 3
Es ist daher der Durchschnittspunkt Q, dessen Abseisse
« O + pF2)
— ■
'« (« + p F2 ) + p 3
70
und dessen Ordinate
Fialkowski.
„ p(p + nY2) , , ,
y = -—— = gefunden wurde,
n (11 + p Y2 ) + p 2
ein Punkt des Kreises w. z. b. w.
Was nun von diesem Punkte gilt, das lässt sieb auch von jedem
andern, welcher auf ähnliche Weise construirt wird, auf dieselbe Art
erweisen.
§. 43.
Da man den — ten Tlieil der Neunziger-Sehne auf der Ver-
n
längerung des Durchmessers EF über F hinaus, ins Unendliche auf
tragen kann; da ferner auch auf der entgegengesetzten Seite des
Punktes F auf dem Durchmesser, wie auch auf dessen Verlängerung
ebenfalls so viele Punkte vermittelst des Auftragens des diesem Theile
1
entsprechenden Segmentes = -- bestimmt werden können, so folgt
daraus, dass die angegebene Construction der Punkte der Kreislinie
ebenfalls ins Unendliche fortgesetzt werden kann, und zwar müssen
für jeden correspondirenden Quadranten die Hilfslinien insbesondere
gezogen werden, während die auf dem Durchmesser EF und auf
dessen beiderseitigen Verlängerungen bereits bestimmten Punkte auch
für die correspondirenden Quadranten ungeändert bleiben.
Denkt man sich nun unzählig viele Paare von solchen Linien
nach dem aufgestellten Gesetze gezogen, deren jedes ihren gemein
schaftlichen Durchschnittspunkt in der Peripherie des Grundkreises
hat, so wird das letzte Paar offenbar in eine Linie zusammenfallen,
und zwar werden beide Linien auf die Seite AB zu liegen kommen,
mithin den Punkt G gemeinschaftlich haben.
Ob dabei die Linie GKoo in die Lage BG käme, wäre wohl
gleichgiltig, weil in derselben der fragliche Punkt G ohnehin liegt,
indem GKoo eine Stellung der Linie GF oder GK nach der Drehung
um den Punkt G ist; und da dieser Punkt mit einem in unendlicher
Entfernung in der Richtung der Verlängerung des Durchmessers EG
gedachten Punkte durch eine Gerade verbunden werden soll, so muss
das Stück BG als ein Theil solcher Linie, also auch als ein Theil der
aus dem Punkte G zu EF gezogenen Parallelen, mithin GK oo als die
Verlängerung der GB angesehen werden. Nun wird aber B mit
einem Punkte verbunden, welcher in einer viel weiteren Entfernung
Construction des Kreises und der Ellipse.
71
gedacht wird, nämlich in der Entfernung 00X00 = oo 2 , also muss
BFoo a um so mehr mit EF parallel sein, daher mit AB zusammen
fallen, und folglich den Punkt G in sich enthalten.
Es muss also die Gerade GKoo 2 mit BF00 den Halbirungspunkt
G der Seite AB geben.
§• 44.
Werden die Linien Bi, Z?4, £9, Z?1 G, B25 u. s.w. (Fig.44) so
weit verlängert, bis die dem Punkte G gegenüberliegende Seite CD
wie auch deren Verlängerung geschnitten ist, so wird auch diese, da
MF || CD ist, so eingetheilt, dass ihre Theile der Ordnung nach sich
wie die ungeraden Zahlen, und die hierdurch erhaltenen Abscissen,
vom Punkte C aus gerechnet, wie die Quadrate der natürlichen Zah
len verhalten, deren Linear-Einheit das erste Segment der Seite
CD, d. i. CI, ist.
Wir erhalten somit folgende Verhältnisse:
I. ) CI: 1.4:4. 9:9. 16 = 1:3: 5:7
II. ) CI : C4 :C9 : C 10 =1 2 : 2 2 :3 2 : 4 2 ,
oder wenn wir der Kürze wegen den ersten Theil Cl=o, den zwei
ten 1-4 = b, den dritten 4'9 = c u. s. w. setzen, und die letzte
entsprechende Zahl mit 2n -J- 1 bezeichnen, so erhalten wir für (I)
folgenden allgemeinen Ausdruck:
a: b : c : (l:. . . x : y : * = 1 : 3 : 5 : 7 : 9 : .. . : {2 (11 — 2) -j- 1}
; {2 0-1) + 1} :(2»+ 1)
oder
a : b : c : d : ... x : y : z = 1 : 3 : S : 7: 9 : (2n — S) :
(2,i — 3) : (211 — 1) : (2n + 1).
Werden ferner auch die Abscissen der Kürze wegen mit x', 'x">
x 1 " und die letzte Zahl mit n bezeichnet, so erhält man für (II) im
Allgemeinen:
x‘: x“ : x"‘ : x““ ...... x*~ 2 : —1 x 1, — 1 3 : 2 3 : 3 3 : 4 3 : . . .
O— 2) 2 : 0* — l) a: m3 -
Es ist also gleichgiltig, ob man den Radius oder die zu dem
selben parallele Seite des Quadrates eintheilt, um die diesen Reihen
entsprechenden Linien für Segmente und Abscissen, und hierdurch
auch die Punkte /", IT, IIT u. s. w. des Kreises zu erhalten, was
aus der Ähnlichkeit der Dreiecke BDC und BMF u. s. w. folgt.
72
Fialkowsk i.
Wird übrigens die Seite CD benützt, so wird das Stück CA
doppelt so gross sein, als das Segment Fi auf dem Radius MF, weil
MF = 1/2 CD oder 2MF = CD ist.
Dasselbe gilt auch in Bezug auf die Verlängerung des Durch
messers und der besagten Seite.
Auf ähnliche Art könnte man die Punkte 1", II", III" u. s. w.
erhalten, wenn man nur die Seite CD, jedoch beiderseits verlängert,
wobei, wie aus der Construction ersichtlich ist, mn = np = pq
und doppelt so gross als .Fl =1.2 = 2. 3 u. s. w. sein müssen.
Wird also die Sehne in 4 gleiche Theile getheilt, so müssen
auf Cq zwei solche Theile als Einheit von m aus aufgetragen werden;
wird sie in 5 gleiche Theile getheilt, so müssen ebenfalls 2 solche
Theile auf mq aufgetragen werden, und allgemein; wird die Sehne
2
FG in n gleiche Theile getheilt, so müssen — von solchen Theilen
n
auf mq aufgetragen werden, während man den Halbmesser MF oder
die Seite CD in n 3 gleiche Theile theilt.
§. 45.
Ehe wir die Anwendung dieser Construction auf die Construc
tion der Ellipse zeigen, wollen wir zuerst einige daraus abgeleitete
Sätze angeben.
I. Wird in einem Quadrate, aus dessen einer Ecke mit dem
Radius gleich dessen Seite ein Viertelkreis beschrieben, über die
zweite nächstanliegende Ecke die eine Seite hinaus verlängert; diese
Verlängerung mittelst einer aus der dritten Ecke durch den
Diagonalpunkt gezogenen Geraden abgeschnitten, in eine beliebige
Anzahl gleicher Theile getheilt, die Theilungspunkte mit der dritten
Ecke so verbunden, dass der aus der ersten Ecke beschriebene
Viertelkreis geschnitten wird, und aus der vierten Ecke durch die
Durchschnittspunkte dieses Bogens bis zu der verlängerten Seite
Gerade geführt, so verhalten sich die so erhaltenen Stücke der ver
längerten Seite wie die ungeraden Zahlen, und die hierdurch be
stimmten Abscissen wie die Quadrate der natürlichen Zahlen, deren
erste Zahl 1 die letzte aber die zweite Potenz derjenigen Zahl ist,
welche die Anzahl Theile der abgeschnittenen und eingetheilten Ver
längerungen anzeigt.
Ist also (Fig. 48) AD der aus C mit CD beschriebene Viertel
bogen, Dp die Verlängerung, Dm — mn = np, und m, n, p mit
Construction des Kreises und der Ellipse.
73
A verbunden, die Ba, Bb, Bc als die aus B durch die Durchschnitts-
punkte ml, n, p' gezogenen Geraden, so verhalten sich die hierdurch
auf der Seite CD abgeschnittenen Tlieile gerade so, wie die auf ein
ander folgenden ungeraden Zahlen, daher:
a : b : c = 1 : 3 : S
und die Abscissen, wie die Quadrate der natürlichen Zahlen, also:
x:x':x" = 1~:2 2 :3~ = 1:4:9.
Dasselbe findet ebenfalls Statt, wenn die abgeschnittene Ver
längerung in eine beliebige Anzahl gleicher Theile getheilt wird.
Man kann daher nach diesem Verfahren jede beliebige Gerade
in eine beliebige Anzahl Theile theilen, die sich so zu einander ver
halten, wie die ungeraden Zahlen, und die Abscissen dieser Geraden,
wie die Quadrate der natürlichen Zahlen.
Der Beweis wird hierbei so geführt, wie für die Fig. 44, wess-
lialb noch die Neunziger-Sehne und die Ordinaten für die Punkte
m', vl, p' gezogen werden müssen.
§. 46.
Wird über der Hypotenuse AC (Fig. 49) eines rechtwinkeligen
Dreieckes ABC ein Kreis beschrieben, in diesem der Durchmesser
EF _L auf die Hypotenuse AC gezogen, die Tangente GC gleich
der halben Hypotenuse, und die Verlängerung derselben gleich
der dieser Verlängerung anliegenden Kathete gemacht, sodann aus B
eine Ordinate gezogen, so schneiden sich die 3 gezogenen Linien
EJ, IIG, FK wie auch die Kreislinie in einem einzigen Punkte.
Dieser Satz ist, wie in §. 28 nachgewiesen wurde, allgemein
giltig, nur mit dem Unterschiede, dass dort die Linie FK nicht
in Betracht gezogen wurde; da aber im §. 1 und 2 bewiesen wurde,
dass, wenn mit einem beliebigen Badius aus C ein Bogen so beschrie
ben wird, dass die in C errichtete Senkrechte und die Verlänge
rung des Durchmessers AC geschnitten wird, die zwei Geraden EJ
und FK sich in einem Punkte der Peripherie schneiden, und in dem
allgemeinen Beweise •§•. 28 nachgewiesen wurde, dass JIK und EJ
sich ebenfalls in einem Punkte der Peripherie des Kreises schneiden,
so müssen sich alle 3 Geraden, EJ, FK, IIG und auch die Kreislinie
in einem einzigen Punkte schneiden.
*.«•
Dies Verfahren, wie wir es bei der Construction der Fig. 44
gesehen haben, mittelst der Eintheilung einer Seite die Punkte des
74
Fialkowski.
Kreises zu finden, dient ebenfalls zur Construction der Ellipse, in
dem die Punkte, mittelst welchen die Hilfslinien gezogen, und wodurch
die Punkte der Ellipse aufgefunden werden, immer in der Drehungs-
axe, somit fix bleiben, wenn man sich die Ellipse durch die
Drehung eines Kreises um dessen Durchmesser entstanden denkt,
wie bereits bei der ersten Construction der Ellipse erklärt wurde.
Soll nun irgend eine Ellipse construirt werden, so muss man
zuerst die Neunziger-Sehne in eine gewisse Anzahl gleicher Theile
theilen; am bequemsten und leichtesten ist es dieselbe in 2, 4, 8,
16, 32 .... gleiche Theile zu theilen, weil diese Eintheilung, wie
Fig. SO (a) zeigt, ohne Hilfe eines Zirkels- also blos mittelst der
Reissschiene und des 4S° Dreieckes sehr schnell ausgeführt werden
kann, und zwar auf folgende Art:
Ist AC — BC, und <£ ACB — B, also AB die Neunziger-Sehne,
so führe man
C m _L AB und m I _L AC
121 AB „ 2 II _L AC
II 3 J. AB „ 3 III JL AC
141 AB „ 4 IV J_ AC,
wodurch 14 = ^ AB = 4» AB
10 4 a
und A IV = ^ AC = Ti AC erhalten wird.
10 4:
Auf diese Art kann man sowohl die Sehne als auch den Halb
messer nicht nur in 4, sondern auch in 8, 16, 32, 64 d. i.
in jede beliebige Potenz von 2 ohne Zirkel eintheilen; allein die
Eintheilung der Neunziger-Sehne so wie des Halbmessers in 4 oder
16 gleiche Theile ist für den besagten Zweck hinreichend.
Des Zusammenhanges wegen wird die Construction der Ellipse
auch nach dieser Art in den nächstfolgenden §§. angereiht.
§■ 48.
Construction der Ellipse mittelst der Eintheilung; der Neunziger - Sehne und
der einen Seite des den Axen entsprechend umschriebenen Rechteckes oder
Parallelogrammes.
a) Wenn die beiden Axen gegeben sind und die Ellipse durch die
Drehung des über der grossen Axe beschriebenen Kreises entstan
den gedacht wird.
Es sei (Fig. 50) AB die grosse und CD die kleine Axe und
EFGH das diesen Axen entsprechend umschriebene Rechteck der
zu zeichnenden Ellipse. Man verlängere die grosse und auch die
Construction des Kreises und der Ellipse.
75
kleine Axe so, dass man auf der kleinen von 0 aus das Stück OJ
= OB abschneiden kann, und verbinde den Punkt J mit B, so ist
die Gerade JB die Neunziger-Sehne desjenigen Kreises, durch dessen
Drehung die in das gegebene Rechteck einzuzeichnende Ellipse ent
standen gedacht wird.
Man theile also die Gerade JB in eine heliehige Anzahl gleicher
Theile (hier des kleinen Mafsstabes wegen in 2), trage dann einen
solchen Tlieil von B aus auf der Verlängerung der grossen Axe so
oftmal auf, als in wie viele Theile die JB getheilt wurde, und ver
binde die so erhaltenen Punkte mit dem Endpunkte Cder kleinen Axe.
Nun theile man die grosse Halbaxe BO oder die Seite GH in
n 3 mal so viele gleiche Theile, als in wie viele die Neunziger-Sehne
JB getheilt wurde, also in 2" — 4 gleiche Theile, und verbinde die
zwei Quadratpunkte 1 und 4 der Seite GH mit dem Endpunkte F
durch Gerade, so gibt der Durchschnittspunkt der Geraden-F4 mit
CII' den Ellipsenpunkt N. Ebenso ist der Durchschnittspunkt P der
Geraden F1 mit CT ein Ellipsenpunkt.
Dieselben Punkte der Ellipse wird man erhalten, wenn man,
wie bereits nachgewiesen wurde, statt GI1 die halbe Grossaxe OB
in die entsprechend gleiche Anzahl Theile theilt.
b) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser ihrer Grösse und
Richtung nach gegeben sind, und wenn die zu zeichnende Ellipse
durch die Drehung des über dem grösseren conjugirten Durchmesser
beschriebenen Kreises entstanden gedacht wird.
Es sei nun (Fig. 51) AB der grössere und CD der kleinere
conjugirte Durchmesser, und EFGIT das diesen Durchmessern ent
sprechend umschriebene Parallelogramm der zu zeichenden Ellipse.
Man verlängere den grösseren conjugirten Durchmesser AB
über B hinaus, errichte in dem Halbirungspunkte 0 der AB eine
Senkrechte, schneide auf dieser von 0 aus das Stück OJ = OB und
ziehe JB, welche, wie bereits gesagt, die entsprechende Neunziger-
Sehne des betreffenden Kreises ist. Man theile alsdann die JB in eine
beliebige Anzahl gleicher Theile (hierin 3), trage dann einen solchen
Theil auf der Verlängerung der AB von B aus so oftmal auf, als in
wie viele gleiche Theile die JB getheilt wurde, und verbinde jeden
so auf der Verlängerung von AB erhaltenen Punkt mit dem Endpunkte
C des kleinen conjugirten Durchmessers. Wird endlich die Seite HG
in n z mal so viele gleiche Theile getheilt, als in wie viele die JB
76
F i n 1 k o w s k i.
getheilt wurde (hier in 3 3 = 9 gleiche Theile), und jeder Quadrat
punkt der Seite GH mit dem Eckpunkte F durch Gerade verbunden,
so sind die Durchschnittspunkte dieser Geraden mit den früher gezo
genen, die Punkte der zu zeichnenden Ellipse; hier sind M, N, P die
verlangten drei Punkte der Ellipse. Die diesen drei Punkten corre-
spondirenden Punkte werden auf bereits besagte Art gefunden.
c) Wenn die beiden Axen gegeben sind und die Ellipse durch
die Drehung des über der kleinen Axe beschriebenen Kreises ent
standen gedacht wird.
Es sei (Fig. 52) AB die kleine und CD die grosse Axe, und
EFGH das diesen Axen entsprechend umschriebene Rechteck der
zu zeichnenden Ellipse.
Man verlängere die kleine Axe AB über B hinaus, mache
OC — OB, so ist, wenn B mit C‘ verbunden wird, die Gerade BC'
die entsprechende Neunziger-Sehne. Man theile also die BC‘ in eine
beliebige Anzahl gleicher Theile, trage einen solchen Tlieil auf der
Verlängerung der AB so oft auf, als in wie viele die BC‘ getheilt
wurde; nun theile man die kleinere Seite GH in die entsprechende
Potenz gleicher Theile, und verfahre im Übrigen, wie vorhin bei
Fig. 50 und 51 gezeigt wurde.
d) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind,
und die Ellipse durch die Drehung des über dem kleinen conjugirten
Durchmesser beschriebenen Kreises entstanden gedacht wird.
Es sei (Fig. 53) AB der kleinere, CD der grössere con-
jugirte Durchmesser, und EFGH das diesen beiden Durchmessern
entsprechend umschriebene Parallelogramm.
Man verlängere den kleineren conjugirten Durchmesser, errichte
in dessen Halbirungspunkte 0 eine Senkrechte und mache sie gleich
OB, verbinde C' mit B, so ist BC' die entsprechende Neunziger-
Sehne; nun wird die BC' in eine beliebige Anzahl gleicher Theile
getheilt, ein solcher Theil auf der Verlängerung der AB aufgetragen,
ferner auch die GII in die entsprechende Potenz getheilt und im
Übrigen wie bereits gemeldet wurde verfahren.
§. 49.
Wie man aus dem Beweise für die Richtigkeit der Construction
des Kreises in Fig. 44 und aus diesen vier Constructionen der
Ellipsen sieht, ist der letzte Punkt der Ellipse bei jeder beliebigen
Eintheilung der Neunziger-Sehne in der Diagonale desjenigen Reclit-
Construction des Kreises und der Ellipse.
eckes oder Parallelogrammes, in welchem die Ellipse eingeschrieben
werden soll.
So ist in allen vier letzten Figuren der letzte Punkt für den
Ellipsenquadranten BC in der Diagonale FH, welches schon in den
ersten dieser Abhandlung bewiesen wurde.
Wollte man aber für denselben Ellipsenquadranten noch mehrere
Punkte, welche über dem Diagonalpunkte hinaus liegen, auffinden, so
müsste man auf der Verlängerung der Drehungsaxe die betreffende
Einheit der entsprechenden Neunziger-Sehne so oftmal auftragen, als
wie viele weitere Punkte der Ellipse gesucht werden sollen; es müssten
aber auch ebenso viele Quadratpunkte auf der Verlängerung der Axe
gesucht, und die entsprechenden Punkte mit Cund/^verbunden werden.
Hierbei ist nur noch das zu bemerken, dass man einige weitere
Quadratpunkte mittelst der schon aufgefundenen erhalten kann. So
findet man z. B. den Quadratpunkt 81 (Fig. 52), indem man BO von
B aus auf B oo neunmal aufträgt, wesshalb auch J?3 auf Bu dreimal
aufgetragen werden muss, um den zweiten Hilfspunkt zu erhalten.
Was nun den Beweis für die Richtigkeit der Construction dieser
Punkte betrifft, so ist er sehr leicht in jedem der vier angeführten
Fälle durch die Drehung des betreffenden Grundkreises abzuleiten,
was übrigens aus den früheren Beweisen ohnehin klar ist.
Was aber die Anwendung und Brauchbarkeit dieser Construction
betrifft, so haben die ersten zwei, welche in Fig. 50 und 51 angeführt
wurden, immer den Vorzug, weil man hierdurch diejenigen Punkte der
Ellipse, von denen die Wendung dieser Curve am meisten abhängt,
sehr leicht und zwar deutlich bestimmt, und keine grosse Verlängerung
der Axe braucht. In den letzten zwei Fällen hingegen werden nur die
mittleren Punkte deutlich, die erstereji und letzteren aber werden je
undeutlicher, je weiter man sich dem Punkte B oder C nähert.
Wir haben also des Zusammenhanges wegen diese Methode
angeführt, und gehen sogleich zu einer andern über, bei welcher
man gar keine Eintheilung zu machen braucht.
§. 50.
Construction der Ellipse mittelst der Fusspunkte der Ordinaten und der diesen
Ordiriaten entsprechenden und in die Verlängerung der Drehungsaxe umgelegten
Sehnen.
a) Wenn die beiden Axen gegeben sind, und wenn die grosse
Axe verlängert werden soll.
78
Fialkowski.
Es sei (Taf. VIII, Fig. 54) AB die grosse und CD die kleine
Axe, ferner EFGH das den zwei gegebenen Axen entsprechend
umschriebene Rechteck der zu zeichnenden Ellipse.
Man beschreibe aus dem Mittelpunkte 0 mit BO einen Hilfs
bogen Bu, nehme auf demselben einen beliebigen Punkt an (hier den
Punkt J), beschreibe dann aus B mit BJ einen Bogen, bis die Ver
längerung der grossen Axe AB in K geschnitten wird; fälle von dem
auf dem Hilfsbogen Bu angenommenen Punkte J eine Normale auf
AB, und verbinde den Fusspunkt L dieser Normalen mit Fund G
durch Gerade; wird endlich der Punkt K mit C und D verbunden, so
erhält man die zwei Durchschnittspunkte M und N, welche die ver
langten Ellipsenpunkte sind.
Die zwei correspondirenden Punkte werden auf bekannte Art
gefunden.
b) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind, und
der grössere verlängert werden soll.
Es sei (Fig. 55) AB der grössere und CD der kleinere conju-
girte Durchmesser, ferner EFGH das diesen Axen entsprechend um
schriebene Parallelogramm. Soll nun nach dieser Bedingung eine
Ellipse construirt werden, so beschreibe man über dem grösseren
conjugirten Durchmesser mit dem Radius gleich dem halben diesem
Durchmesser einen Bogen Bu, nehme in demselben einen beliebigen
Punkt an, fälle auf AB eine Ordinate JL, mache BK—BJ und ver
fahre im Übrigen wie im vorhergehenden Falle.
c) Wenn die beiden Axen gegeben sind, und wenn die kleine
verlängert werden soll.
Sind AB und CD (Fig. 56) die beiden Axen, und soll nur die
kleine Axe verlängert werden, wenn die Ellipse construirt wird, so
nehme man die kleine Axe als den Durchmesser, zugleich aber
auch als Drehungsaxe desjenigen Kreises an, durch dessen Umdre
hung die zu zeichnende Ellipse entstanden gedacht wird; beschreibe
über der kleinen Axe einen Halbkreis oder nur einen Bogen, nehme auf
demselben einen beliebigen Punkt an, ziehe die Ordinate, z. B. JL und
verfahre im Übrigen wie in einem der zwei vorhergehenden Fälle.
d) Wenn die beiden conjugirten Durchmesser gegeben sind,
und wenn nur der kleinere verlängert werden soll.
Auch in diesem Falle wird man den kleinen Durchmesser als
den Durchmesser desjenigen Kreises annehmen, durch dessen
Construction des Kreises und der Ellipse.
79
Drehung die zu zeichnende Ellipse entstanden gedacht wird. Im Übrigen
wird das Verfahren ganz ähnlich mit den vorhergehenden Fällen,
welches aus der Fig. 57 deutlich zu ersehen ist.
e) Construction der Ellipse nach dieser Art in der Perspective.
Wenn wir alle diese vier Fälle näher ins Auge fassen und
bedenken, dass die gezogenen Ordinaten in jedem Halbkreise bis zum
Mittelpunkte zunehmen, und dann wieder abnehmen, so dass z. B. in
Fig. 56 die Ordinate im Endpunkte A gleich 0 wird, so ergibt sich
daraus Folgendes: Da im Punkte A die Ordinate 0 ist, so wird die
diesem Punkte entsprechende Sehne gleich dem Durchmesser AB
sein; der entfernteste Punkt von B auf der Verlängerung der Axe
AB wird der Punkt P sein; und wenn P mit C, und A mit F durch
Gerade verbunden wird, so ist Q derjenige Punkt, welcher auf die be
sagte Art als der letzte für den Ellipsenquadranten BC gefunden wird.
Wie man einen Diagonalpunkt bestimmt, ist ohnehin bekannt,
und man hätte dann im Ganzen zwölf Punkte für die zu zeichnende
Ellipse, welche in manchen Fällen hinreichend wären. Allein in den
Fällen, wenn die Zeichnung in grosserem Mafsstahe ausgeführt wird,
handelt es sich noch insbesondere um die nahe an den Endpunkten
der Drehungsaxe EF (Fig. 54) herumliegenden Punkte dieser Curve,
in welchem Falle zwischen dem Diagonalpunkte und dem Berührungs
punkte dieser Linie, wenigstens noch ein Punkt gesucht werden muss;
wesshalb auch eine Ordinate gezogen, oder wenigstens deren Peri
pheriepunkt so wie der Fusspunkt bestimmt werden muss.
Sollte also (Fig. 58) in dem perspeetivischen Quadrate ABCD
eine Ellipse eingeschrieben werden, so zeichne man aus dem Mittel
punkte M mit dem Radius MF einen Bogen Fu, nehme auf demselben
irgend einen Punkt J an, falle die Ordinate JK, mache FL=FJ, ver
binde den so erhaltenen Punkt L mit den Punkten G und F, und den
Punkt K mit B und C, so sind die hierdurch entstandenen Durch
schnittspunkte I und I' Ellipsenpunkte.
Die Diagonalpunkte II und II' werden auf die bekannte Art erhal
ten, nämlich indem man aus .Finit der entsprechenden Neunziger-Sehne
die Verlängerung der EF einschneidet; die Punkte III und III' werden
mittelst des Punktes E 1 erhalten, indem man die Verlängerung der EF
mit EF aus F in E' schneidet und im Übrigen wie bekannt verfährt.
Auf diese Art erhält man für die zu zeichnende Ellipse im
Ganzen 16 Punkte.
80
F i a 1 k o w s k i.
§. si.
Construction der Ellipse ohne Hilfskreis und ohne Ordinaten.
Es soll (Fig. 59) .in dem perspectivisehen Quadrate ABCD eine
Ellipse eingeschrieben werden.
Man ziehe in diesem die beiden Diagonalen AC und BD, (welche
■wir hier die Hauptdiagonalen nennen wollen), ferner die EB und HB
(welche zum Unterschiede Nebendiagonalen heissen sollen), und führe
durch J zu EF eine Parallele bis EA in L geschnitten ist,-wodurch
EA in L perspectivisch halbirt wird; ebenso halbirt man die HC in
N, indem man aus ß durch den Halhirungspunkt Keine Gerade führt;
auch dieser Punkt wird mit B verbunden.
Nach dieser kleinen Vorarbeit wird aus F die Fm unter einem
Winkel von 45° gegen EF gezogen, in E eine Senkrechte errichtet
bis die Fm in m geschnitten wird, ferner aus E und M die Ep und
Ms normal auf Fm geführt. Wird nun aus F mit dem Radius — Fm
die Verlängerung der Axe EF in m' geschnitten, so ist, wenn man
m' mit G verbindet, der Punkt I in LB ein Ellipsenpunkt. Was die
übrigen Punkte betrifft, so ist der Punkt II im Durchschnitte der
Geraden n'G mit der Nebendiagonale EB; der Punkt III liegt in der
Hauptdiagonale; der Punkt IVliegt in der Nebendiagonale BII und
in der Geraden Gqder Punkt Fliegt in der Geraden BNund in
der Gs'; somit sind ohne Hilfskreis und ohne Ordinaten für den
Ellipsenquadranten FG fünf Punkte gefunden worden. Da also wie
bekannt, die unterhalb der Axe mit diesen Punkten correspondirenden
Punkte mittelst der Punkte m', n', p', q', s 1 und der entsprechenden
Diagonalen sehr leicht gefunden werden, so haben wir für die halbe
Ellipse 10, somit für die Ganze 20, und mit Einschluss der vier
gegebenen Punkte im Ganzen 24 Punkte der Ellipse, welches wohl für
die meisten Fälle hinreichend ist.
Diese Construction ist nicht nur wegen ihrer Einfachheit, son
dern auch desshalb empfehlbar, weil man sie sehr leicht merken
kann, sobald man weiss, wie die fünf fixen Punkte in der Verlängerung
des als Drehungsaxe angenommenen Durchmessers, d. i. die Punkte
m', n',p', q', s' auf Ey bestimmt werden.
Es wird nämlich der erste Punkt s' aus F mit der halben Neun
ziger Sehne bestimmt; der zweite, d. i. q' mit dem Radius gleich der
grossen Halbaxe oder gleich dem grösseren halben conjugirten Durch-
Construction des Kreises und der Ellipse.
81
messer; der dritte, d. i. p' mit der ganzen Sehne; der vierte, d. i.
n' mit dem doppelten Radius, und der fünfte, d. i. m' mit der dop
pelten Sehne bestimmt. Der erste dieser Punkte entspricht der Gera
den LB, der zweite der EB, der dritte der BD, der vierte der BH,
und der fünfte der Ceraden BN aus den bereits angeführten Gründen.
Werden zur Construction der Ellipse nur 12 Punkte erfordert,
so kann man entweder so verfahren, dass man zwei fixe Punkte auf
der Axe mit der ganzen und halben Neunziger-Sehne, wie Fig. 58
(a), oder mit der ganzen und halben Axe, wie Fig. 58 (b) zeigt,
bestimmt. Letzteres Verfahren ist höchst einfach. Hierbei braucht
man nur noch das zu merken, dass im ersten Falle die Diagonale des
ganzen und Viertel-Rechteckes, im zweiten Falle aber die Diagonalen
der halben Rechtecke von dem der Ellipse umschriebenen Rechtecke
als Hilfslinien gezogen werden.
§• S2.
Nähere Untersuchung der in §. 42 Fig. 47, angegebenen Construction der
Punkte einer Kreislinie.
Obgleich nach der in den vorhergehenden §§. angegebenen
Construction der Ellipse der Übelstand vermieden wird, dass man
keine Eintheilung zu machen braucht, so könnte uns doch mancher
praktische Zeichner hinsichtlich des Raumes, den man zur Verlän
gerung der Axe benöthiget, einen Vorwurf machen. Um nun auch die
sen Übelstand zu heben, wollen wir nochmals die im §. 42, Fig. 47
angegebene Construction in Betracht ziehen, und hierbei die analy
tische Geometrie nochmals zu Hilfe nehmen. Wir werden also unter
suchen, ob es nicht möglich wäre mit Benützung eines kleineren
Raumes ohne die Axe zu verlängern nach dieser Art beliebig viele
Punkte der Kreislinie zu finden. Betrachten wir nochmals die Fig. 47,
Taf. VII, so finden wir, dass aus dem Punkte F mit dem Radius gleich
FN der Durchmesser EF in J, und dessen Verlängerung in K
geschnitten wird.
Y)
Da also nach der früheren Erklärung FN = —V%, aber FK
n
— .JE = FN ist, so kann man für jede dieser drei Linien den Werth
— V~2 setzen; es wird daher auf der Verlängerung der Geraden BP
n
auch ein zweiter Punkt des Kreises möglich sein. Um daher auch
einen zweiten Punkt zu finden, verfahre man folgendermassen:
6
Sitzb. d. mathein.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft.
82
Fialkowski.
Es sei (Taf. IX, Fig. 60) AB = CD und senkrecht auf einander
in ihrem Halbirungspunkte, aus welchem Punkte auch der Viertelkreis
BC beschrieben ist; man errichte im Endpunkte B eine Senkrechte,
mache deren Stück BE=OC = OB, nehme auf dem Bogen BC irgend
einen Punkt an, hier N, fälle von diesem eine Ordinate NP und be
schreibe aus B mit BN einen Kreis, so ist hierdurch der Durchmesser
AB in G und dessen Verlängerung in F geschnitten. Wird nun aus E
durch den Fusspunkt der Ordinate eine Gerade geführt, sodann C mit
F und G verbunden, und die CG so weit verlängert, dass die aus E
durch den Punkt P gezogene Gerade bei S geschnitten wird, so ist
sowohl der Durchschnittspunkt Q als auch S Punkte in der Peripherie
des aus 0 mit OB — OC beschriebenen Kreises, wovon wir uns so
gleich überzeugen werden. Die Richtigkeit des Punktes Q ist bereits
nachgewiesen worden; wir wollen nun hier auch die des zweiten, d. i.
des Punktes S durch die analytische Geometrie nachweisen.
Zum Behufe dessen wollen wir diejenige Gleichung, welche für
die aus dem Eckpunkte durch den Fusspunkt der Nomalen geführte
Gerade aufgestellt wurde, benützen, indem der fragliche Punkt in der
Verlängerung dieser Geraden liegen soll.
Die in §.42 gefundene Gleichung der Geraden BP, hier der JEN ist:
(II).
Um nun die Gleichung für die Gerade CGS aufzufinden, hat
man OB — BG = x; und da OB — r, und BG = BN = — V 2,
p n
alsoa?=r —\ 2 ist, so folgt durch Substitution in die allgemeine
Gleichung einer Geraden
y = a (r — -f b,
und da r= b = i ist nach der Construction, so hat man sofort:
y = a{ 1 —-JV2) + 1 ;
setzt man nun y — o, so ist
o=a (1 — p2)+l
-l=a(l-£K2),
—1
— 1
n — pY-i =
—n
n p Y 2
n
und
daher
n
Construction des Kreises und der Ellipse.
83
folglich
a —
n — pVZ
Diesen Werth für a in die allgemeine Gleichung einer Geraden
substituirt, gibt:
—n.v
y
+ i.
n — p Yh
Da nun nach der Construction das Stück BE = b für jeden belie
bigen Punkt constant bleibt und = r = 1 ist, so folgt allgemein
y =
+ i
(ii').
n — pY%
Vergleicht man diese Gleichung mit der früher gefundenen
Gleichung (I) so sieht man, dass sie mit jener, das Zeichen im
Nenner ausgenommen, vollkommen übereinstimmt.
Um nun das betreffende x und y zu finden, werden wir diese
zwei Gleichungen, d. i. die früher gefundene Gleichung (II) und die
hier aufgestellte (II') von einander abziehen.
Man erhält also:
V
folglich
und
somit
“» = t 5 *'-
~L—p Yi' + 4 ) ’
o —
o —
x'
r
P*
+ i +
-p Y 2
nx'
n—p Y 2
-1 .
h
P 2
r, = * +
ii-
nx'
-p Y 2
n—p Y 2 ’
hebt man in diesem Ausdrucke x' als Factor heraus, so folgt:
n 2 sii 2 n ^ (
p 2 vp 2 n—pYl J
woraus
also
und
t n'~ /u 2 n \
x p- ’ tp 2 n—pYl ) ’
~‘ 2 n 2 (n—p Y2)4- np~
x = —
X'
V a (»—P Y 2 )
n 3 p 2 («—p Y2 )
P~ ' iY (n—p Y2~) + np 2
6
84
Fialkowski.
Zähler und Nenner mit np 3 dividirt, gibt sofort:
n ( n—p Y'l )
x =
n (n + p Y 2 ) + p 3
also gehörig bezeichnet, ist
n(n—p Y%)
x'
-np Y2
n(n + pY%) + p 3 m 3 —np Y 2 + p 3
Substituirt man diesen Werth für x in die Gleichung (II'), so hat
man:
somit
und
V =
—n n (m—p V 2)
m—p VT ' n “ + p 2 n P Y%
+ 1.
y -----
— + l,
m 3 + p 3 — wp K 2
— m 3 + m 3 + p 3 - np Y'l
m 3 + p 3 -
also ist, gehörig abgekürzt
-np Y2
2/" =
p 3 —»?.p
^2
M* + p 3 Mp Y2
Es ist also für den Punkt N die Abscisse
m 3 —np t 2 2
x" —
und die Ordinate
y
3 + p 3 — Mp Y 2
P 3 —Mp 1/2
w 3 + p 3 —np Y2
Lassen wir nun diese zwei Gleichungen coexistiren, so muss,
wenn der Punkt S in der Peripherie des Kreises liegen soll
(V') 3 + (y") 3 = »’ 3 = 1
sein, und daher auch, wenn für x" und y" die gefundenen Werthe
substituirt werden
(
-Mp Yi
m 3 -f p 3 —np Y2
:)’+(;
p 3 — np Y2
m 3 + p z —np Y2
) 3 = r 3 = 1
erfolgen; da nun in den beiden Ausdrücken die Nenner einander gleich
sind, so ühergeht der obige Ausdruck in
(m 3 —np Y2) s (p 3 —npY'l'Y
(w 2 + p 2 -Mp K2 ) 3
= 1.
Construction des Kreises und der Ellipse.
85
Quadrirt man also diese Ausdrücke wirklich, so erhält man:
tC—2m 3 p Y% + 4jiZp* _
)i 4 —2n 8 p V2 —2np 3 Y'i + 4n 2 p 2
und da Zähler und Nenner einander gleich sind, so folgt
1 = 1;
es liegt daher der Punkt S in der Peripherie des aus 0 mit OB
beschriebenen, folglich desjenigen Kreises, in dessen Peripherie auch
der Punkt Q liegt; w. z. b. w.
Man erhält also stets zwei Punkte in der Peripherie, wenn
man aus dem Punkte B (Fig. 61) mit dem Radius = V% einen
Halbkreis so beschreibt, dass sowohl der Grundkreis, als auch dessen
Durchmesser und die Verlängerung desselben geschnitten wird u. s. w.
§. 53.
Es kann wohl sehr leicht die Frage entstehen, warum wir
gerade die Neunziger-Sehne eingetheilt, und sowohl die Construction
als auch die Rechnung darauf basirt haben; welche Frage so zu
sagen gewisser Massen sich von selbst aufdringt. Denn, kann man
die Neunziger-Sehne eintheilen, warum denn nicht auch eine andere
Sehne, warum nicht den Halbmesser?
Die Antwort darauf wird die sein, dass man dieselbe Operation
mit jeder andern Sehne, wie auch mit dem Halbmesser vornehmen
kann; und es wird jedesmal die Construction des Kreises auf die
angegebene Art möglich sein, obgleich die auf dem als Abscissenaxe
angenommenen Durchmesser erhaltenen Segmente für jede andere
Linie ein anderes Gesetz befolgen. Da aber vermittelst der Einthei-
lung der Neunziger-Sehne das interessanteste Gesetz für die Seg
mente des Durchmessers erfolgt, ferner die Eintheilung dieser Sehne
in der Praxis einen gewissen Vortheil gewährt, so haben wir diese
Linie allen andern vorgezogen.
Um also auch der obigen Frage zu genügen, wollen wir auch
den Halbmesser theilen, und mittelst dieser Theile die Construction
nach der angegebenen Art vornehmen. Es sei zu diesem Rehufe
Fig. 62 a der Halbmesser BC des gegebenen Kreises in eine belie
bige Anzahl gleicher Theile getheilt, sodann aus B mit dem Halb
messer gleich einem solchen Theile der Hilfskreis FGJL beschrie
ben, welcher den gegebenen Kreis in G, den Halbmesser BC in F
86
Fialkowski.
und dessen Verlängerung in / scheidet; wird nun aus dem Punkte G
auf AB eine Normale gezogen, sodann aus E durch den Fusspunkt
dieser Normalen eine Gerade geführt, ferner der Punkt Jmit D durch
eine Gerade verbunden, und aus D durch F ebenfalls eine Gerade
geführt, bis die aus E durch den Fusspunkt der Normalen geführte
Gerade geschnitten wird, so sind K und L Punkte des gegebenen
Kreises.
Verbinden wir den Durchschnittspunkt G mit den Punkten A, F,
B, J, so entstehen, wie zuvor, zwei rechtwinkelige Dreiecke AGB
und FGJ, aus welchen folgende zwei Proportionen sich ergeben:
BH : GH = GH: AII (I)
FH : GH = GH : HJ (II),
da nun AH = AB—BH
und HI = BH+BJ
ist, so hat man durch Substitution dieser Werthe
BH : GH — GH : AB — BH . . . . (!')
und FH : GH = GH : BH + BJ . . . . (II ).
Setzen wir nun der Kürze wegen:
GH = h, BH — x, FH = y,
ferner BF = BJ = x -f y = ~ BC = — r, so ist,
4 n
wenn r — 1 gesetzt wird,
x -(- y = — und AH — 2—x;
u n
daher durch Substitution in die obigen Proportionen
x : h — li : (2—x) (a)
y : h = h : (x + -i) (ß),
somit hat man aus (a) h a = x (2—x)
und aus (ß) A a = y ( x -f ~);
daher * ( 2 —®) = V (® + ~) (r)-
Da nun x -}- y = ~ gesetzt wird,
so ist V — x,
° n
also *(2-*) = (1-^(1. + *) . . .(/),
\
‘Ix X* = -ä — x %
rr
somit
Construction des Kreises und der Ellipse.
87
und 2 x = -4 ,
n
1
folglich x = ^ .
2 3 4
Wird ferner für x 4- y nach und nach —substi-
1 a n n n
tuirt, so erhält man jedesmal aus den zwei aufgestellten Proportionen
oder unmittelbar aus der Gleichung (/) die entsprechenden Werthe
fiir x.
Wird also im Allgemeinen der Halbmesser des Grundkreises
in n gleiche Theile getheilt, und p solche Theile für den Halbmesser
des Hilfskreises genommen, so ist dann
i V
x + y = -■,
daher
also nach (?-)
somit
und
folglich ist
V
y = — x,
J n
x(2—x) = (£. - x) ({- +*).
2 x — x 2 = -ö — x 2 ,
n*
2 x = ^;
‘i
x — ”7 als eine allgemeine Gleichung für
die Segmente.
Lösen wir diese Gleichung in eine Proportion auf, so haben wir:
2 x : p — p : n 2 ,
d. h. in Worten ausgedrückt: Der Halbmesser des Hilfskreises ist die
mittlere geometrische Proportionale zwischen dem doppelten Seg
mente und dem Quadrate der Anzahl Theile, in welche der Halb
messer des Grundkreises getheilt wird.
Werden mittelst dieser Gleichung die Segmente für die Einthei-
lung des Halbmessers in 2, 3,4... (n—1), n gleiche Theile
berechnet, so erhält man Brüche, deren Zähler die Quadrate der
natürlichen Zahlen sind, deren Nenner aber eine Reihe der
zweiten Ordnung bilden, nämlich:
2-2 3 , 2-3 3 , 2-4 ä , 2-3 2 , 2 6 3 , 2-7 3 , 2 8 3 , . . .
oder
8, 18, 32, 50, 72, 98, 128 .. •
deren constante Differenz die Zahl 4 ist.
88
Fialkowski.
Für die Eintheilung der Sehne von 120° — y 3, wird# = ,
und die mittelst dieser Gleichung berechneten Segmente geben
Brüche, deren Zähler eine Reihe der zweiten Ordnung ist, nämlich:
3, 12, 27, 48, 55, 88 ... .
mit der constanten Differenz 6. Für die Eintheilung der Sehne von
45» = Y 2 — ^ ist x =5 — £ V*-
Das interessanteste Gesetz ist also nur jenes mittelst der Ein
theilung der Neunziger-Sehne, welches wir bereits angegeben haben.
Wird daher was immer für eine Linie, in wie viel immer gleiche
Theile getheilt und eine beliebige Anzahl gleicher Theile zum Halb
messer des Hilfskreises genommen, so hat man, wenn dieser mit p
bezeichnet wird, aus den zwei rechtwinkeligen Dreiecken AGB
und FGJ
x (2 — #) — (p — #) (p + x),
woraus x — ~
die allgemeinste Gleichung für die Segmente folgt.
§• 54.
Es frägt sich nun jetzt, ob man mittelst dieser allgemeinen
Gleichungen für die Segmente nach dem früheren Verfahren die
Punkte des Kreises bestimmen kann. Wir wollen dies untersuchen,
und zwar der ganzen Allgemeinheit wegen durch die höhere Analysis.
Beweis.
Da hier die Voraussetzung in Betreff der fixen Punkte dieselbe
ist, und daher die zwei Punkte D und E für jedes Paar von Linien,
mittelst deren die Kreispunkte bestimmt werden, ungeändert bleiben,
so haben Avir auch hier für jede der zwei Geraden eine Gleichung
aufzustellen und sodann den Durchschnittspunkt dieser Geraden zu
bestimmen.
Ist also der Ursprung der Coordinaten im Mittelpunkte des
Grundkreises, und die allgemeine Gleichung irgend einer Geraden
y = a x + b, so haben wir nach unserer Construction für die
Gerade DJ
b — r — 1
daher y = a x 1 ........ ( a \
Construction des Kreises und der Ellipse.
89
da ferner nach der Construction für dieselbe Gerade das Stück
CJ die Abscisse und
CJ = BC + BJ= 1 + p,
also x — \ ~\- p ist,
so hat man sofort y — n (1 p) + 1 ;
setzt man nun y = o,
so hat man o = a (1 -f- p) + 1
— 1 = a (1 -f p),
also
a = —- und daher durch Substitution in . («)
l+P
I+P
(I)
+ 1
als die Gleichung der Geraden DJ, deren fixer Punkt D ist.
Um die Gleichung für die zweite Gerade aufzufinden, hat man
abermals
y — a x -\- b,
und da nach der Construction y — r ist, so hat man
r — a r + b (« )•
Da ferner für die Gerade EH das Stück CH die Abscisse, und
CH = BC — BH = 1
p‘
' 2 ’
also x — 2 „ p ist,
so folgt durch Substitution in die allgemeine Gleichung einer Geraden
v = « i^r) + b ’
setzt man nun auch hier y = o, so hat man ferner
— m+*
zieht man von dieser Gleichung die früher gefundene Gleichung (a)
ab, so erhält man
r*-P 2 -
ra+*-
ar
b,
also
und
ist ferner
somit
(*—P'\
~ r - a (—)
r = \ gesetzt,
“ 1 = “ (—)
- 1= “ll l 2 J - ~
ar,
a,
a p 2
90
folglich
Fialkowski.
a =
substituirt man diesen Werth für a in die mit («') bezeichnete Glei
chung, so erhält man
und für
folgt
woraus
r = -j r + b,
P
r = 1
1 = ^ + t
b = 1 — 4 fo, & t;
werden endlich die für a und b gefundenen Werthe in die allgemeine
Gleichung einer Geraden substituirt, so erhält man
= (II)
als die Gleichung der Geraden EH, deren fixer Punkt E ist.
Um nun den Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden zu be
stimmen, muss man aus den für sie gefundenen Gleichungen das x"
und y" suchen. Ziehen wir zu diesem Behufe diese zwei Gleichungen
von einander ab, so erhalten wir
daher
somit
folglich
woraus
daher
y' — y' = -i x ' + 1 —
p
2 x' x'
0 =
p 2 p + 1
+
2
!
X r
1Tn
-1 = (II — I),
O = X’ (4 + —) —
V ^ p + i)
= X
V = -j
p
X =
V p
_,2<> + i) + /> a
p’O + O
2Q° + t) + p 2
P 2 (ß +1) ’
p 2 Cp + t)
2 0> + i)
2{p+l)+/- a 2(/> + i) + ^
als der allgemeine Ausdruck
es ist also x" = ^ )
p 2 rh 2 p -)-!
für die Abscisse.
Substituiren wir diesen Werth für x' in die Gleichung (II),
so folgt
y" =1
* P 2
2 G° + l)
P 2 + % p +2
-ü + i
y =
4 o» +1)
/° 3 Cp 3 + 2/> + 2)
-3+1
Construction des Kreises und der Ellipse.
91
„ = ip 2 (/> + !)- 2p 2 Q> 2 + 2p + 2) + p*Q» a + ip + 8)
y P'(P* + 2/°+2)
4/j* + 4/> 3 — 2/)* — 4/> 3 — 4/> 2 -j-,o 8 + 2/> 5 + 2/> 4
V = “ />* 0»* + 2/0 + 2) ’
welcher Ausdruck im Zähler gehörig reducirt, gibt ferner
„ = P e + 2/> 5 = /»*(/»* + V) = /> 2 + *P .
y ,, 4 0> 2 + 2 /> + 2) p* <j> 2 + 2 p + 2) p 2 + 2 p + 2 ’
folglich ist
V =
/° C° + 2)
als der allgemeine Ausdruck für die Ordinate.
p z + 2 p -j- 2
Lassen wir die zwei Gleichungen
2 0 + 1)
x
und
y -
P z + Zp + 2
i° (i° + 2)
(HI)
(IV)
coexistiren, so muss, wenn der Durchschnittspunkt der zwei Geraden
DJ und EH in der Peripherie des Grundkreises erfolgen soll,
O*") 2 + (y") 2 = r» = 1
sein, somit auch die dafür substituirten Werthe
[ 2 ^ + !) 1 2 - \j^k±3\ 2 = r , = t
l° 3 + 2 P + 2) ^ (/>• + 2/> + 2)
erfolgen.
Quadrirt man diesen Ausdruck auch wirklich, so folgt sofort
( 2 0> + t) 1. ( /> 2 0 + 2) |*_ H(p 2 + ‘l P + \)+ P ‘ i (p*+bp + i-)
\p 2 + 2 P + 2j + {p* + 2p + 2) (^+2^ + 2) 2
4,o s + 8/> + 4 + i o 4 + 4/) 3 + 4 ; o 2
= O 2 + 1p + 2) 3
/ß 4 + 4 /> 3 + 8 / o a + 8 l o+4
/> 4 + 4/> 3 + 8y0 2 + 8/)+4
also ist wirklich der Durchschnittspunkt K in der Peripherie des
mit BC beschriebenen Kreises.
Es bleibt uns noch zu untersuchen übrig, ob der Punkt L eben
falls in der Peripherie desselben Kreises liegt.
Um dies zu erweisen, brauchen wir nur noch eine Gleichung für
die durch den Punkt F geführte Gerade DL aufzustellen, indem die
Gleichung für die Gerade EL ungeändert bleibt.
Ist also y — a x + b die Gleichung einer Geraden, und die
Abscisse für die Gerade DL, das Stück
CF = BC — BF = r — p = 1 — p,
x = i — p,
also
92
F i a 1 k o av s k i.
ferner
so hat man
setzt man
so folgt
also
folglich
b = r = 1,
V =f « 0 — P) + b = « (1 — />) + i;
y = o,
o = a (1 — /?) + 1,
— 1 = « (1 — i°)>
—1 1
substituirt man diesen Werth für a in die allgemeine Gleichung einer
Geraden, so erhält man
2'' = ^n + 6 = ^-r+ 1 oo
als die Gleichung der Geraden DL, deren fixer Punkt D ist.
Um nun den Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden zu
bestimmen, müssen wir aus der Gleichung (!') und der früher gefun
denen Gleichung (II) das x" und y" suchen.
Ziehen wir zu diesem Behufe diese zwei Gleichungen von ein
ander ab, so folgt
p
ix'
p s
2 x'
p:
x'
^1
+ i -
2
P 2
2
I° 3
woraus x' —
-'(■
P
, 2
x = —
P s
p° p—
2 O - 1) - P*
P 3 (P — 1)
p 3 O — i)
(2 P - 1)
a? =
2 C° — i) — p 2 2 (/» - i)
(»/>-!) — 2 {/> — i)
— p* + if> — 1 jO 3 — 2 jO + 1
folgt; also gehörig bezeichnet, ist die gesuchte Abscisse
- 2 o - l)
a; = rill).
p i ~ 2 /> -f 1
Substituirt man diesen Werth für x' in die Gleichung (II), so hat man
y" = 1 . — 2 ~ 1} _ 1 + i
y" = —T 4 ^ ~ _ 1 . i
/° 3 (i°® — 2 /> + 1) ^ 3 ^
y =
y" =
y" =
Construction des Kreises und der Ellipse. 93
(4p - 1) 2(p 2 -2 /) + 2) + /) ,! ( / ) a -2p + 2)
P 2 (P 2 -*P + 2)
— 4p + 4 — 2 /> 2 + 4,0 — 4 + p 4 — 2 ,o 3 + 2 p 2
P 4 -2 p 3
P 2 (P 2
P 2 (p 2 — 2 p + 2)
also ist die gesuchte Ordinate y" —
- 2 p + 2)
P 2 - 2 P .
p 2 - 2 p + 2 ’
1° 0 — 2)
(IV').
p* - 2 p + 2
Soll nun der Punkt L in der Peripherie des Kreises liegen, so
muss (#") 2 + (y ) 2 = j -2 = 1 sein, somit auch die dafür substi-
tuirten Werthe
2 (/>-!)) 2
p~- 2 p + 1)
+
P (P — 2) 1 2
= )’ 3 = 1
(p 2 — 2 p + 2)
erfolgen.
Werden diese Ausdrücke auch wirklich quadrirt, so folgt sofort
— 2 (p I) j 2
P 2 - 2 p + 2
+ y
p (p — 2) ja 4 (p — l) 2 + p 2 (p — 2) 3
2p +2
(P 2 - 2 P + 2) 2
4(p 2 —2p + 1) + p 3 (p 2 —4p + 4)
4 p 2
(p 2 - 2 p + 2) 2
-8p + 4+ p 4 — 4 p 3 -f 4 p 3
(p 2 - 2 p + 2) 2
p 4 — 4p 3 + 8p 3 — 8p + 4
- 4 p 3 + 8 p 2 — 8 p + 4
=1;
es ist daher auch der zweite Durchschnittspunkt, d. i. der Punkt L
in der Peripherie des Kreises.
Wird p = — r = — gesetzt, also das betreffende Segment
x — so erhält man folgende Gleichungen:
2 « 3
— n x
für die Gerade DJ ij — + 1
n f p
2 « 2 a/ 2n 3
EL y + 1
DL y' =
+ 1.
(I).
(IO,
(I).
und als Bedingungsgleiehungen für die Durchschnittspunkte dieser
Geraden
2 n (n + p)
X —
2 n (n 4- p) + p 2
2 u p + p 3
A-
und
n (u + p) + p 2
. . .(Ul),
. . .(IV),
94
oder
P i a 1 k o w 8 k i.
00, =
y, =
daher im Allgemeinen
=
y„
2 n(n — p)
2 n (jj — p) + p a
— 2np + p a
2 n (n — p) + p a
2 n (n + p)
2 n (w + p) + p a
+ 2 « p + p a
(III)
(IV'),
(III")
(VI").
2«(» + p) + p a
Daraus ergibt sich also, dass es gleichgiltig ist, mit welchem
Radius man den Hilfskreis beschreibt, um die Hilfspunkte in der Axe
zu erhalten. Der Unterschied besteht nur darin, dass die mittelst der
gezogenen Normalen erhaltenen Segmente ein verschiedenes Gesetz
befolgen, je nachdem man diese oder jene Linie eintheilt.
§. SS.
Aus dem Vorhergehenden lässt sich folgender Lehrsatz ableiten:
Wird in einem Kreise durch den Fusspunkt einer Ordinate aus
der einen Ecke des diesem Kreise umschriebenen Quadrates eine
Gerade gezogen, und aus dem dieser Ecke zunächst anliegenden
Halbirungspunkte der Seite dieses Quadrates zwei Gerade so geführt,
dass die auf dem Durchmesser und dessen Verlängerung erhaltenen
Durchschnittspunkte von dem zweiten derselben Ecke zunächst anlie
genden Halbirungspunkte so weit abstehen, als der Peripheriepunkt
der Ordinate von dem letzteren Halbirungspunkte, so liegen die zwei
Durchschnittspunkte der drei Geraden in der Peripherie des Kreises,
oder wenn wir nur den Durchschnittspunkt des Durchmessers
berücksichtigen, so hat man folgenden Satz:
Wird in einem Kreise durch den Fusspunkt der Ordinate aus
der einen Ecke des diesem Kreise umschriebenen Quadrates eine
Gerade geführt, und aus dem dieser Ecke zunächst anliegenden
Berührungspunkte der mit der Ordinate nicht parallelen Seite eine
zweite Gerade so geführt, dass sie sich in der Peripherie des
Kreises schneiden, so ist das auf der Abscissen-Axe abgeschnittene
Stück gleich der dieser Ordinate entsprechenden Sehne, welche der
benützten Ecke am nächsten anliegt u. s. w.
Da jeder Ordinate im Halbkreise zwei Sehnen entsprechen, so
kann man bei der Bestimmung der Kreispunkte jede derselben
Construction des Kreises und der Ellipse.
95
benützen, wie dies Fig. 61 zeigt, in welchem Falle man doppelt so
viele Punkte erhält, als es mit Benützung nur der einen Sehne mög
lich ist. Denn wird die Ordinate JP gezogen und aus B mit der
Sehne BJ der Durchmesser AB in K und dessen Verlängerung in L
geschnitten und auf die besagte Art verfahren, so erhält man den
Punkt / und //; wird nun auch aus dem zweiten Endpunkte des Durch
messers AB mit der zweiten Sehne, d. i. mit AJ dieser Durchmesser
in M und dessen Verlängerung in N geschnitten, ferner aus E durch
den Fusspunkt P eine Gerade geführt, C mit N und M verbunden und
die CM verlängert, so erhält man die Punkte III und IV', und wenn
die so aufgefundenen fixen Punkte in der Axe, wie auch der untere
Halbirungspunkt D und die zwei Eckpunkte G und Hbenützt werden,
so erhält man acht Punkte, somit im Ganzen, wenn auch die paralle
len Sehnen gezogen werden, 16 Punkte in der Peripherie des Kreises.
Dieser merkwürdige Satz gibt uns ein Mittel an die Hand die
Ellipse in allen Fällen mit grossem Vortheile zu construiren, indem
man zur Bestimmung von 8 Punkten nur einen einzigen Punkt auf dem
Durchmesser oder dessen Verlängerung zu bestimmen braucht, wie
wir aus den nächstfolgenden Beispielen sehen werden.
§. 56.
Bevor wir dies durch einige Beispiele erläutern, wollen wir
zuerst über die Construction der Fig. 61 eine genaue Betrachtung
anstellen, und sehen welche Punkte man in der Peripherie des Grund
kreises erhalten kann, wenn wir uns die BF um den Punkt F gedreht
denken, und B als den Anfangspunkt betrachten.
Offenbar wird nach dieser Construction, wie man aus Fig. 62
sieht, der eine letzte Punkt in der Peripherie der Punkt A sein, weil
nach dem früher erklärten die Normale für A gleich o wird, und daher
der oberhalb des Durchmessers AB in der Geraden AF liegende
Punkt V der letzte in dem Quadranten BC sein. Wir können daher
nach dieser Construction allein keine weiteren Punkte bestimmen.
Wird aber diese Construction mit der in Fig. 44 angegebenen in
Verbindung gebracht, so erhält man, wie Fig. 63 zeigt, nach den bei
den Richtungen auch noch weitere Punkte auf den beiderseitigen
Verlängerungen des Durchmessers AB, mithin auch noch weitere
Punkte in der Peripherie des Kreises, so dass wenn die Gerade EB
immer weiter und weiter gegen C gerückt wird, auch die hierdurch
96
Fialkowski.
bestimmten Punkte der Peripherie näher und näher an den Punkt C
kommen; wird endlich die aus E gezogene Linie parallel zu AB, so
fallen beide Punkte zusammen, und zwar im Berührungspunkte C der
Seite des diesem Kreise umschriebenen Quadrates, oder in dem
Berührungspunkte der zu AB parallel geführten Tangente.
Es wird also die letzte Stellung der um den Punkt E gedrehten
Geraden eine Tangente sein.
Man kann daher mittelst der Ordinaten die Punkte in der Peri
pherie des Kreises nach den beiden Richtungen nur bis zu der Linie
AE erhalten; wollte man aber über diese hinaus auch noch weitere
Punkte in der Peripherie erhalten, so muss man nach der in §. 38
(Fig. 44) angegebenen Construction verfahren, indem man von B aus
nach den beiden Richtungen die entsprechenden Einheiten gesetz-
mässig aufträgt, wie dies aus Fig. 63 ersichtlich ist.
Hier wurde die Neunziger-Sehne BC in drei gleiche Theile
getheilt, und ein solcher Tlieil auf der Axe XY von B aus beiderseits
aufgetragen, sodann die diesem Theile entsprechenden Quadrat
punkte vermittelst der Quadrat-Einheit B 1 des Halbmessers BO von
B aus in der Richtung nach links bestimmt.
§• 87.
Wir werden mit Hilfe des im §. 5b angegebenen Satzes Con
struction der Ellipse vornehmen, wobei wir zwei Fälle unterscheiden
wollen : A. wenn eine der zwei gegebenen Axen verlängert wird, und
B. wenn gar keine verlängert werden darf.
A. Construction der Ellipse, wenn eine von den zwei Axen verlängert werden
darf.
a) Construction der Ellipse, wenn die grosse Axe verlängert
werden kann.
Es sei (Fig. 64) AB die grosse, CD die kleine Axe, unAEFGH
das diesen Axen entsprechend umschriebene Rechteck. Man verlän
gere die grosse Axe AB über B hinaus, beschreibe über AB aus 0
mit dem Radius gleich OB einen Bogen Bu, nehme auf demselben
einen beliebigen Punkt K an, fälle aus diesem eine Lothrechte auf
die grosse Axe, welche in L geschnitten wird. Nun beschreibe man
aus B mit dem Radius gleich der Entfernung BJ{ einen Halbkreis,
der die grosse Axe in M und deren Verlängerung in N schneidet.
Wird endlich aus E durch den Punkt Leine Gerade geführt, sodann
Construction des Kreises und der Ellipse.
97
C mit M und N verbunden und die CM so verlängert, dass die aus E
geführte Gerade geschnitten wird, so erhält man P und Q als Ellip
senpunkte.
Führt man aus F ebenfalls durch L eine Gerade und aus D
durch M und N zwei Geraden, so schneiden sie sich ebenfalls in zwei
Punkten, d. i. in P' und Q\ welche zu den früheren zwei Punkten
correspondirende Punkte sind.
Zu diesen vier so gefundenen Punkten werden in der unteren
Hälfte der Ellipse auch die vier correspondirenden Punkte, wie dies
durch Pfeile angezeigt ist, gefunden.
b) Construction der Ellipse, wenn der grössere conjugirte Durch
messer verlängert werden kann.
Sind AB und CD (Fig. 65) die beiden conjugirten Durchmesser,
und EFGI1 das diesen Axen entsprechende Parallelogramm, so ver
längere man die AB über B hinaus, beschreibe aus 0 mit OB einen
Bogen Bu, nehme auf demselben einen beliebigen Punkt J an, fälle
von demselben eine Ordinate JK, lege die gedachte Sehne BJ um den
Punkt B einmal in die Axe und dann in deren Verlängerung um, wie
dies mittelst des gezogenen Halbkreises angedeutet ist, und verfahre
im Übrigen wie im vorhergehenden Falle.
c9 Construction der Ellipse, wenn nur die kleine Axe verlängert
werden darf.
Es sei (Fig. 66) AB die kleine und CD die grosse Axe; man
verlängere die kleine Axe AB über B hinaus, beschreibe über dieser
Axe einen Halbkreis oder nur einen Bogen (hier den Halbkreis AC'B),
nehme auf demselben einen beliebigen Punkt J an, fälle von demselben
eine Normale auf AB und mache LB=BM= der Entfernung BJ; wird
endlich aus F durch den Fusspunkt K der Ordinate JK eine Gerade
geführt, sodann C mit M und L verbunden und die CL bis P verlän
gert, so ist N der eine und P der zweite Punkt der Ellipse. Werden
ferner die Linien GQ, DQ und DM gezogen, so erfolgen abermals
zwei Punkte der Ellipse.
Die correspondirenden Punkte werden auf bekannte Art gesucht,
wie dies aus der Figur ersichtlich ist.
cl) Construction der Ellipse, wenn nur der kleinere conjugirte
Durchmesser verlängert werden darf.
Es sei (Fig. 67) AB der kleinere, CD der grössere conjugirte
Durchmesser, und EFGH das diesen Durchmessern entsprechend
7
Sifczb. d. mnthem.-naturw. Ol. XVI. Bd. I. Hft.
98
Fialkowski.
umschriebene Parallelogramm. Soll in diesem nur die AB verlängert
werden, so wird auch hier so verfahren wie im vorhergehenden
Falle, wie sich dies aus der Figur ersehen lässt.
Wie man aus allen diesen Fällen sieht, muss man jedesmal das
den gegebenen Axen entsprechend umschriebene Rechteck oder
Parallelogramm oder wenigstens dessen zwei Eckpunkte bestimmen;
allein da es jedesmal besser ist in jedem der vier Endpunkte der
gegebenen Axen Tangenten zu ziehen, weil dadurch sehr leicht ver
hütet wird, dass die Ellipse über dieselben nicht hinaustritt, so ist
auch das jedesmal umschriebene Rechteck oder Parallelogramm gar
nicht überflüssig; von den anderen Linien aber werden diejenigen
weggelassen werden können, welche zuletzt gezogen werden sollen,
weil man an den betreffenden Stellen nur einen Einschnitt zu machen
braucht. Wenn man also dies streng nimmt, so brauchte man hier in
jedem der vier Fälle nur zwei Hilfslinien zu ziehen, d. i. diejenigen
nur, welche aus den zwei Eckpunkten durch den Fusspunkt der Ordi-
naten geführt werden. In der Fig. 64 sind diese EQ und FQ'; in
Fig. 65 sind FR und GQ; in Fig. 66 sind FT* und GQ, und in Fig. 67
sind FR und GP solche Linien, in deren jeder zwei Punkte der Ellipse
liegen.
§• 88.
B. Construction der Ellipse mit Hilfe des im §. 53 angegebenen Satzes, wenn gar
keine Axe verlängert werden darf.
Es soll in dem Trapeze EFGll (Fig. 68) als dem perspectivi-
schen Quadrate, in welchem AB und CD als gegeben betrachtet
werden können, eine Ellipse construirt werden.
Betrachtet man die früheren vier Fälle genau, so ergibt sich
sogleich, dass auch hier die Construction nicht schwer ist; wird also
AB als der Durchmesser desjenigen Kreises angenommen, durch des
sen Umdrehung die einzuschreibende Ellipse entstanden gedacht
wird, so ist CD als ein zweiter perspectivischer Durchmesser. Wird
nun aus 0 mit OB ein Bogen beschrieben, in demselben irgend ein
Punkt angenommen, von demselben eine Ordinate gefällt, die Ent
fernung BJ in die AB um den Punkt B umgelegt, sodann aus C und
D durch den Punkt L, und aus F und G durch den Punkt K Gerade
geführt, so sind die zwei Durchschnittspunkte dieser vier Geraden,
Construction des Kreises und der Ellipse. 99
d. i. M und N Punkte der in das perspectivische Quadrat EFGH ein
zuzeichnenden Ellipse.
Auf ähnliche Art wird man daher in jedem Rechtecke oder Paral
lelogramme, ohne dass man die Axen verlängert, Ellipsenpunkte
bestimmen können, wobei jedesmal nur zwei Punkte erfolgen, wenn
vier Linien gezogen werden; allein auch hier können zwei wegge
lassen werden, indem man in den zwei aus den Eckpunkten geführten
Geraden Einschnitte macht.
§• S9.
Construction der Diagonalpunkte, ohne dass irgend eine der zwei Axen verlängert
werden darf.
Es sei zur Construction der Ellipse das perspectivische Quadrat
EFGH (Fig. 69), folglich auch die AB und CD gegeben; man ziehe
die beiden Diagonalen EG, FH, errichte im Mittelpunkte 0 die
JO A.AB, mache JO = BO = AO, und beschreibe mit dem Radius
gleich der Entfernung AJ aus A den Rogen JE, und aus B den
Bogen JL. Werden endlich aus C und D durch K und L vier Gerade
so geführt, dass die Diagonalen geschnitten werden, so sind die da
durch erhaltenen vier Durchschnittspunkte, d. i. M, N, P, Q die ver
langten Diagonalpunkte der in das perspectivische Quadrat EFGH
einzuschreibenden Ellipse.
Wie man aus der Figur sieht, werden in jedem perspectivisehen
Quadrate zwei der vier Punkte viel schärfer und deutlicher erhalten als
die anderen zwei; man wird sich daher an jene mehr als an diese halten
müssen. Rei einem Parallelogramme werden je zwei und zwei in der
selben Diagonale liegenden Punkte gleich scharf geschnitten, bei
einem Rechtecke werden alle vier unter einem gleichen, mehr oder
weniger deutlichen Schnitt erhalten, je nachdem die Differenz der
beiden Axen mehr oder weniger gering ist. Es ist jedoch diese
Methode viel einfacher als die in den ersten §§. dieser Abhandlung
angegebenen, weil man hier weder den Durchmesser zu verlängern
noch keine Eintheilung zu machen braucht; ja man kann sogar die
drei Bögen, welche hier zur Bestimmung der zwei fixen Punkte K
und L beschrieben worden sind, wie auch die vier Geraden, welche
durch diese zwei Punkte aus C und D gezogen wurden, weglassen,
indem man in den Diagonalen nur die Einschnitte macht.
100
Fialkowski.
§• 60.
Allgemeines Verfahren, beliebig viele Punkte einer Ellipse zu finden, ohne dass
eine von den zwei Axen oder einer von den zwei conjugirten Durchmessern ver
längert zu werden braucht.
Es sei (Taf. X, Fig. 70) AB der grössere, CD der kleinere con-
jugirte Durchmesser, und EFGH das diesen Durchmessern entspre
chend umschriebene Parallelogramm. Man beschreibe aus 0 mit OB
den Bogen Bu, nehme auf demselben beliebig viele Punkte an, hier drei,
d. i. a, b, c, fälle von jedem derselben eine Ordinate auf AB, und ziehe
aus jedem der zwei Ecken .Fund G durch dieFusspunkte dieser Ordina-
ten gerade Linien. Werden nun die diesen Ordinaten entsprechenden
Sehnen Bu,Bb, Bc in dieAB um den Punkt B umgelegt, und aus C und
D durch die auf diese Art erhaltenen Punkte in, n, p Gerade geführt,
bis die ihnen entsprechenden aus den Eckpunkten gezogenen Geraden
geschnitten sind, so erhält man hier die Punkte I, II, III und I', II', 111'.
Die Richtung der letzteren sechs Linien wurde nur mittelst
Pfeile bezeichnet.
Werden zu den so gefundenen sechs Punkten auch die corre-
spondirenden Punkte gesucht, so erhält man hei Annahme von drei
Punkten auf dem Hilfsbogen im Ganzen 16 Punkte für die zu zeich
nende Ellipse.
Auf diese Weise kann man für jeden gegebenen Fall beliebig
viele Punkte finden.
§. 61.
Construction der Polygone in den perspectivischen Ebenen.
Mit Hilfe der aufgestellten Sätze von der Construction des Krei
ses, kann man jedes Polygon, welches in einer verticalen, horizontalen
oder in irgend einer gegen die Bildfläche schiefen Ebene, in die per-
spectivisch horizontale, verticale, oder in irgend eine schiefe Ebene
bringen, ohne dass man sich des Distanzpunktes bedient, wie dies
sogleich gezeigt werden soll,
Es sei (Fig. 71) das sternförmige Polygon acegil in der ver
ticalen Ebene gegeben; man soll dies in die perspectivisch-horizon-
tale Ebene drehen, wenn das Auge in unendlicher Entfernung ange
nommen wird. Natürlicher Weise muss hier die verkürzte Linie c‘i‘
gegeben sein. Es wird also das dieser Sternfigur umschriebene Qua
drat CDEF nach der Drehung in ein Parallelogramm übergehen,
Construclion des Kreises und der Ellipse.
101
welches alsdann C‘D‘E‘F‘ sein wird. Es handelt sich daher hier nur
um die vier Punkte a, e, g, l, welche vermöge §. 31 (Fig. 33 u. 34)
auf eine höchst einfache Art gefunden werden. Ist nämlich das Paral
lelogramm C‘D ‘E‘F‘ gezeichnet, so ziehe man in diesem eine von den
zwei möglichen Diagonalen (in deren Verlängerung in unendlicher
Entfernung der Distanzpunkt sich befinden muss); fälle von den
Punkten a und e die al und eg Iothrecht auf AB, und führe durch die
Punkte n undp die a‘l‘ wie auch e‘g‘ parallel zu CF'. Werden end
lich die ap so wie en um ihreFusspunkte beiderseits in die A\ej)‘n‘
umgelegt und durch die so erhaltenen Punkte p‘ und p“ zu der
gezogenen Diagonale C‘E‘ Parallele geführt, bis die durch p und n
parallel zu C’F' gezogenen Geraden geschnitten werden, so erhält
man die vier verlangten Punkte, welche hier a‘, e‘, g, V, sind. Diese
mit einander, wie auch andere schon bestimmten Punkte durch
Gerade verbunden, geben die verlangte Sternfigur in der Ebene
C'D'E'F', wie aus der Figur ersichtlich ist.
Wären nun die Wege für die drei Punkte a, c, e, d. i. die entspre
chenden Ellipsen, welche während der Drehung beschrieben werden,
gezeichnet, so könnte man mit Leichtigkeit jede beliebige Stellung
dieses Polygons angeben.
Auf diese Art kann man jedes beliebige regelmässige wie
unregelmässige Polygon in einer beliebigen Ebene darstellen.
§. 62.
Ist die Entfernung des Beobachters von der Tafel bestimmt, so
müssen für einen jeden gegebenen Punkt zwei fixe Punkte in der
Drehungsaxe gesucht werden, mittelst welchen man dann den gege
benen Punkt in die perspectivische Ebene bringt.
Es sei (Fig. 72) der Punkt a in der verticalen Ebene gegeben,
man soll ihn in die perspectivisch-horizontale Ebene bringen.
Bekanntlich wird jeder Punkt aus der verticalen Ebene in die
perspectivisch-horizontale gebracht, wenn man eine diesem Punkte
entsprechende Ordinate zieht, durch deren Fusspunkt eine Linie nach
dem Hauptpunkte führt u. s. w.
Allein wir wollen in dieser Aufgabe die Bedingung einführen,
dass durch diesen Punkt die ihm entsprechende Ordinate nicht gezo
gen werden darf. Man wird daher in diesem Falle folgendermassen
verfahren können: Es sei ZZ die Horizontal-Linie, vv' die Vertical-
102
Fialkowski.
Linie, deren Durchschnittspunkt ß der Augepunkt, und A der
Distanzpunkt. Man ziehe also eine beliebige Gerade mn, führe durch
deren Fusspunktp eine Linie nach dem Hauptpunkte, mache mp=np,
und m'p perspectivisch gleich n'p = mp = np. Wird nun m mit a ver
bunden und die ma bis zu der Axe xy verlängert, so ist b der eine fixe
Punkt; wird ferner n mit a verbunden, so ist c der zweite fixe Punkt; da
also der Punkt m‘ in der perspeetivisch-horizontalen Ebene ist, so
liegt der Punkt a in der Geraden m ‘b; aber eben aus dem Grunde
liegt derselbe Punkt auch in der Verlängerung der Geraden n'c,
folglich muss er im Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden und
daher in a' sein.
Sind mehrere Punkte gegeben, so können alle solche mittelst
der zwei Punkte m 1 und n' in der verlangten Ebene entsprechend
gefunden werden, ohne dass man sich weiters des Distanzpunktes
bedient.
§. 63.
Construction eines regelmässigen Fünfeckes in der perspeetivisch-horizontalen
Ebene.
Es sei (Fig. 73) das regelmässige Fünfeck abcile in der verti-
calen Ebene, welche zugleich parallel zur Bildfläche ist, gegeben. Die
ses Fünfeck soll in derjenigen perspeetivisch-horizontalen Ebene ge
zeichnet werden, welche durch den horizontalen Durchmesser des die
sem Polygone umschriebenen Kreises normal auf die Tafel gelegt wird.
Man ziehe zu diesem Behufe CO und BD JlAB, verbinde die Fuss-
punkte dieser Senkrechten mit dem Augepunkte durch Gerade, und
suche auf diesen mittelst des Distanzpunktes die dem Punkte c, C und
D entsprechenden Punkte c'C' und D'. Ist dies geschehen, so ver
binde man den Punkt c mit a durch eine Gerade, welche die ^42? in a
schneidet, führe dann aus D durch den Eckpunkt a dieses Fünfeckes
eine Gerade bis die Axe xy in a" geschnitten wird, und man erhält
zwei fixe Punkte a' und a"; wird alsdann D' mit a" verbunden, und
aus c' durch a' eine Gerade geführt bis die D'a" geschnitten wird,
so ist der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden, d. i. adas Bild
des Punktes a in der perspeetivisch-horizontalen Ebene.
Wird ferner C mit b verbunden, so ist b' der eine fixe Punkt,
und cb bis zu der Axe verlängert gibt den zweiten fixen Punkt b"; daher
c' mit b" verbunden, und aus C' durch b' eine Gerade geführt, gibt
Construction des Kreises und der Ellipse.
103
den gesuchten Punkt b’" ebenfalls in derselben Ebene. Die anderen
zwei Punkte d' und e' werden mittelst der durch die gefundenen
Punkte gezogenen Parallelen bestimmt.
Streng genommen braucht man für jeden Punkt nur eine Gerade
zu ziehen, weil die zwei fixen Punkte nur mittelst des Einschneidens
gefunden werden, wie bereits erklärt wurde.
§. 64.
Construction eines unregelmässigen Polygons in der pcrspectivisch-horizontalen
Ebene.
Die Construction unregelmässiger Polygone geschieht auf eben
diese Art, wie die der regelmässigen; mit dem Unterschiede, dass
dabei mehr fixe Punkte bestimmt werden müssen, weil keine corre-
spondirenden Punkte vorhanden sind, oder wenigstens ist es selten der
Fall, dass es solche gibt.
Im Allgemeinen muss hierbei über der Axe ein Quadrat verzeich
net werden, wie hier (Fig. 74) das Quadrat MNPQ, dessen zwei
Eckpunkte M und N so beschaffen sein müssen, dass man von diesen
aus, durch die Polygonpunkte Gerade geführt, die Schnittpunkte in
der Axe erhalten kann, d. h. es müssen die Punkte M und N bedeutend
höher oder niederer als alle Polygonpunkte liegen; wo im letzteren
Falle die in der Axe liegenden Punkte ausgenommen sind.
Man verbinde also die Fusspunkte P und Q der Verticalen MP
und NQ mit dem Augepunkte ß, und mache M'P perspectivisch gleich
MP und ebenso N'Q perspectivisch gleich NQ; mittelst dieser zwei
Punkte werden die gegebenen Polygonpunkte auf folgende Art
bestimmt: Der Punkt a bat in Bezug auf den Punkt M den fixen
Punkt in a' und in Bezug auf den Punkt N, den fixen Punkt a"; es
liegt somit der fragliche Punkt in der Geraden M'a' und in der Gera
den N'a", folglich im Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden,
d. i. in a'".
Auf dieselbe Weise werden auch alle übrigen Punkte gefunden,
wie die Figur zeigt.
Am Schlüsse dieser Construction erhält man zuweilen die letzten
Punkte nur durch die Verlängerung der Seiten. So findet man den
Punkt f" indem man nur in Bezug auf den Punkt M den einen fixen
Punkt f sucht, fg bis zu der Axe verlängert, M' mit f' verbindet und
aus f" durch g'" eine Gerade führt.
104
Fiolkowski.
§• 68.
Construction der Ellipse von der Ellipse in den perspectivischen Ebenen.
Einen viel grösseren Vortheil gewährt die im vorhergehenden§.
angegebene Verfahrungsart bei der Construction einer Ellipse von
der gegebenen Ellipse. Dieser Fall tritt dann ein, wenn das Bild
eines Kreises gezeichnet werden soll, dessen Ebene einfach oder
doppelt schief gegen die Tafel ist, denn wenn man in jedem dieser
Fälle dem gegebenen Kreise ein Quadrat umschreibt, so ist dessen
Bild nach der orthogonalen Projeetion in der horizontalen Ebene fin
den ersten Fall ein Rechteck und für den zweiten Fall ein Parallelo
gramm, und daher wird jedesmal das Bild des gegebenen Kreises
eine Ellipse sein.
Ist also die horizontale Projeetion eines Kreises gegeben, so
kann man in dieser Projectionsebene nach der angegebenen Art die
Hilfspunkte der Drehungsaxe suchen, und solche auch in der per-
spectivisch-horizontalen Ebene bestimmen.
Da aber jedesmal dasperspectivische Parallelogramm gezeichnet
werden muss, und da bekanntlich der Ellipse unzählig viele
Parallelogramme umschrieben werden können, so folgt daraus,
dass man auch ein Parallelogramm verzeichnen kann, dessen zwei
Seiten parallel zur Basis der Tafel sind.
Ist dies geschehen, so findet man auch sehr leicht den zur
Basis in der perspectivisch-horizontalen Ebene parallelen Durch
messer, mittelst dessen man auch beliebig viele Punkte der Ellipse
finden kann, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen.
Wir wollen uns aber hierbei, um die Sache desto deutlicher zu
geben, des geometrischen Grundrisses bedienen. Nehmen wir also
zuerst den Fall an, wenn die Ebene des Kreises schief gegen die
horizontale Projectionsebene ist, und normal auf der Tafel, ohne
dabei horizontal oder vertical zu sein.
Es sei also in diesem Falle (Taf. XI, Fig. 7ä) Ä B' die grosse
und C D' die kleine Axe der Ellipse A'C'B D', welche dem Recht
ecke E' F' G' H' eingeschrieben ist.
Es sei ferner E'F' die horizontale und E" G" die verticale
Trasse derjenigen Ebene, in welcher der Kreis sich befindet, dessen
Bild die Ellipse Ä C'B D' in der horizontalen Ebene ist.
Man zeichne also das Rechteck EFGH perspectivisch gleich
dem Rechtecke E'FG'H', ziehe in diesem die beiden Diagonalen,
Construction des Kreises und der Ellipse.
105
und durch deren Durchschnittspunkt Odie CD || zur Basis der Tafel,
so ist CD als der Durchmesser desjenigen Kreises anzusehen, durch
dessen Drehung aus der verticalen Ebene in die perspectivisch-
horizontale diejenige Ellipse entstanden gedacht wird, welche in
das Rechteck EFGH eingeschrieben werden soll.
Es ist somit dieser Fall auf den im §. 22, Fig. 28 zurückgeführt,
und hinsichtlich der weiteren Construction als ein solcher behandelt.
Es wird nämlich, wie in Fig. 28 die CD verlängert, durch 0 eine
CD
Senkrechte geführt, OC" — OD" = — gemacht, sodann in C nach
aufwärts und in D nach abwärts Lothrechte gezogen, und mittelst
dieser wie auch mittelst der zwei Punkte C" und D " auf der Axe
XX' die fixen Punkte als Hilfspunkte und dann auch die der Ellipse,
wie in §. 22, Fig. 28, gesucht.
§. 66.
Construction der Ellipse von der Ellipse, wenn in der Projec-
tionsebene keine von den zwei Axen gegeben ist.
Ist bei der Projection eines Kreises, dessen Ebene doppelt
schief gegen die Bildfläche also weder die grosse noch die kleine
Axe der so erhaltenen Ellipse gegeben, oder wenn solche auch
gegeben wären, keine von denselben parallel zur Basis der Tafel,
so lässt sich auch dieser Fall auf einen einfachen reduciren. Es
braucht hierbei nur die Projection des Mittelpunktes gegeben zu
sein, wo dann durch diesen Punkt ein zur Basis paralleler Durch
messer gezogen, und mittelst der Tangenten auch ein zweiter als con-
jugirter Durchmesser aufgefunden werden kann.
Es sei nun (Fig. 76) die Ellipse A C'B'D' als die horizontale
Projection eines Kreises, dessen Ebene doppelt schief gegen die beiden
Projectionsebenen ist; es sei ferner 0' der Mittelpunkt dieser Ellipse.
Man ziehe AB' parallel zur Basis der Bildfläche, ferner EF' || G'II'
|| AB', suche die Berührungspunkte C und D’, verbinde sie mit ein
ander durch eine Gerade und ziehe EH’ || F’ G' || CD'. Man bringe
ferner AB' und C' D' in die perspectivisch-horizontale Ebene,
wodurch man in derselben die zwei Geraden AB und CD erhält. Es
ist also AB als der Durchmesser desjenigen Kreises anzusehen,
durch dessen Drehung aus der verticalen Ebene um diesen horizon
talen Durchmesser in die perspectivisch-horizontale Ebene die zu
zeichnende Ellipse entstanden gedacht wird.
106
F i a 1 k o w s k i.
Wird also AB beiderseits verlängert, ferner Au, pq und Biu
normal auf AB gezogen, sodann Op = Oq gemacht, so kann man im
Übrigen ganz nach der im §. 22, Fig. 28 angegebenen Weise ver
fahren, wie dies aus der Figur zu ersehen ist, wo hier mittelst der
vier fixen Punkte mnr's' acht Punkte für die zu zeichnende Ellipse
gefunden wurden.
§■ 67.
Construction der Ellipse von der gegebenen Ellipse, wenn jene
durch die Drehung um die grosse Axe aus der verticalen Ebene in
die perspectivisch-horizontale entstanden gedacht wird. Es sei
(Fig. 77) die Ellipse ACBB in der verticalen Ebene so gegeben,
dass die grosse Axe AB parallel zur Basis der Tafel ist; es sei
ferner ZZ die Horizontal-Linie, vv 1 die Vertical-Linie, A der
Distanzpunkt und Q der Augepunkt. Man verlängere die grosse
Axe AB beiderseits, ziehe zwei Lothrechte in beliebiger Entfer
nung von einander, also .MP und NBA-AB, mache MP — NB — BP,
führe dann durch die Fusspunkte dieser zwei Senkrechten, also durch
P und B gerade Linien nach dem Augepunkte, mache MP = MP
= D'P — N B in der durch AB gelegt gedachten perspectivisch-
horizontalen Ebene. Es entspricht also der PunktM' dem Punkte M, der
Punkt N' dem Punkte N u. s. w. Nun führe man aus dem Punkte M
eine Gerade Mm so, dass die gegebene Ellipse in zwei Punkten a und
b geschnitten wird; da nun die Punkte M' und m in der perspecti-
visch-horizontalen Ebene liegen, und die Gerade M'm der Mm ent
spricht, so müssen in derselben Ebene auch die zwei Punkte a und
b liegen; wird ferner aus N durch a die Gerade Na, und aus dem
selben Punkte durch b die Gerade Nß gezogen, so liegen die zwei
Punkte a und b auch in diesen Geraden, welche die zwei fixen Punkte
n und p haben. Werden endlich aus N' durch die zwei fixen
Punkte n undp Gerade geführt, d. i. N’na! und N'p ß', so sind die
zwei Durchschnittspunkte dieser zwei Geraden, mit der Geraden
M'm, d. i. a! und b‘ Punkte der verlangten Ellipse.
Da ferner die zwei aus N gezogenen Geraden die gegebene
Ellipse in a und ß schneiden, so benützt man dies, verbindet a und
ß mit M, bestimmt dadurch die zwei fixen Punkte r und q, führt
dann durch diese aus M' Gerade, wodurch sich «' und ß' als die
zwei anderen Punkte der verlangten Ellipse ergeben.
Construction des Kreises und der Ellipse.
107
Werden zu diesen Punkten auch die correspondirenden Punkte
gesucht, so hat man im Ganzen zwölf Punkte der zu zeichnenden
Ellipse.
Um auch hier das Anhäufen von Linien zu vermeiden, verfahre
man auf die bereits angegebene Weise, und lasse hei der Bestim
mung der fixen Punkte die unnöthigen Hilfslinien weg, indem man
nur die Einschnitte in der Axe macht.
Wird z. B. der fixe Punkt m bestimmt, a und b markirt, so
braucht man die Gerade Mm nicht zu ziehen, sondern die Kante des
Lineals um den fixen Punkt m bis auf M zu drehen und nur die M'm
zu ziehen u. s. w., was der praktische Zeichner ohnehin leicht ein-
sehen wird.
Man braucht also auch hier, um zwei Punkte der Ellipse zu
bestimmen, nur eine einzige Linie zu ziehen, wenn sonst die Hilfs
punkte so wie die fixen Punkte gehörig aufgefunden und kennbar
bezeichnet werden.
Wie man aus diesem Beispiele sieht, ist die Construction der
Ellipse von der Ellipse höchst einfach; und zwar aus dem Grunde,
weil jede aus dem einen oder dem andern Hilfspunkte M oder N
gezogene Gerade die gegebene Ellipse in zwei Punkten schneidet,
aber nur Einen fixen Punkt hat.
Auch ist die angeführte Construction allgemein giltig und in den
meisten Fällen anwendbar, mag die Drehungsaxe durch den Mittel
punkt der Ellipse gehen, dieselbe schneiden, berühren, oder ausserhalb
derselben gegeben sein.
$. 68.
Zum Schlüsse dieser Abhandlung wollen wir nur noch eine
Aufgabe anführen, deren einfache aber auch allgemeine Lösung bisher
nicht bekannt ist, nämlich: Es soll eine Ellipse construirt werden,
wenn nur eine Axe und eine Tangente gegeben ist.
Die Anwendung dieser Aufgabe kommt, wie Taf. XII, Fig. 78
und 79 zeigt, in der Baukunst bei der Construction der Bohlendächer
vor, wo nämlich die Kanten der Sparen ED und DH Fig. 78 als die
Tangenten, und die Spannweite AB als die grosse Axe gegeben ist,
OC aber nicht bekannt ist.
Hier handelt es sich vorerst um die geometrische Construction
der Berührungspunkte der gegebenen Tangenten, alsdann aber über-
108
Fialkowski.
haupt um die Constructipn beliebig vieler Punkte für die zu zeich
nende Ellipse.
Bekanntlich sind hierbei zwei Fälle zu unterscheiden, denn ent
weder werden sich die zwei gegebenen Geraden, gehörig verlängert,
noch auf der Zeichenfläche schneiden, oder es ist dies nicht der Fall.
Die Lösung des ersten Falles lindet man wohl in den Lehr
büchern der analytischen Geometrie, allein die des zweiten nicht,
und es dürfte daher die Lösung des zweiten Falles durch die Con
struction nicht überflüssig sein; sie ist folgende :
Es sei (Fig. 80) AB die grosse Axe und tg die Richtung der
Tangente, welche durch die Ordinaten Am und Bn gegeben ist. Der
Berührungspunkt dieser Tangente wird gefunden, wenn man Am
über A nach abwärts verlängert, Aq = Am macht, q mit n durch
eine Gerade verbindet, welche die gegebene Axe in 0‘ schneidet,
und in diesem Durchschnittspunkte eine Senkrechte errichtet, his die
gegebene Tangente in E geschnitten wird; so ist E der gesuchte
Berührungspunkt.
Wird ferner Bp — Bn gemacht, und durch p und q eine Gerade
geführt, so ist diese, d. i. t‘ g‘, eine zweite Tangente der zu zeich
nenden Ellipse.
Man kann daher, wenn eine Tangente gegeben ist., auch eine
zweite auf diese Art sehr leicht auffinden, und daher ein Trapez
hier mnpq construiren, in welchem sich nach bekannten perspectivi-
schen Grundsätzen eine Ellipse einschreiben lässt, welche dann die
verlangte Ellipse sein wird.
Um für diese Ellipse beliebig viele Punkte zu bestimmen, wird
ferner Fig. 80“ aus 0' mit dem Radius O'E = 0‘F der Hilfskreis
A'EB'F beschrieben, und nach einer oder der andern von uns an
gegebenen Methode vorgegangen , indem man EF als Drehungsaxe
annimmt und in derselben die erforderlichen fixen Punkte aufsucht.
Man wird also auch hier am bequemsten zuerst die Diagonal
punkte suchen, indem man aus E mit dem Radius gleich A'E die
Verlängerung der Axe FE in G schneidet, sodann G mit A und
B verbindet, wodurch die Diagonalen in .ffund K geschnitten werden;
die mit diesen zwei Punkten correspondirenden Punkte werden auf
bekannte Art gefunden.
Da hier die Punkte oberhalb der Axe AB verschieden hoch
liegen, so werden mittelst der zur grossen Axe AB gezogenen
Construction des Kreises und der Ellipse. 109
Parallelen noch vier Punkte, somit im Ganzen zwölf Punkte für die
zu zeichnende Ellipse gefunden.
Man kann aber mittelst der Ordinaten oder nach §. 22, Fig. 28
auch noch mehr Punkte sehr leicht finden.
Es erübrigt uns noch bei dieser Aufgabe, die Auffindung der
kleinen Axe zu bestimmen, deren Richtung ohnehin bekannt ist; denn
legt man durch den Halbirungspunkt 0 der grossen Axe die CD loth-
recht auf AB, so liegt in dieser die kleine Axe. Hat man nun zuerst
mehrere Punkte der Ellipse aufgefunden und diese gezeichnet, so wird
dadurch gewissermassen auch die kleine Axe begrenzt.
Man untersucht also die Richtigkeit der Endpunkte der so er
haltenen Axe, z. B. des Punktes C‘, auf folgende Art: Es wird näm
lich der zu untersuchende Punkt C‘ mit A durch eine Gerade ver
bunden, aus E mit EL ein Halbkreis beschrieben, welcher den aus
0‘ beschriebenen Kreis in J schneidet; ferner aus J die JJ‘ normal
auf EF gezogen, und aus m durch J‘ eine Gerade geführt, bis sie die
AC‘ schneidet; erfolgt nun der Durchschnittspunkt dieser zwei Geraden
in der Geraden CD, so ist dieser ein Endpunkt der kleinen Axe ■)•
§• 69.
Um das im letzten Paragraphe angegebene Verfahren gehörig
zu begründen, wollen wir annehmen, dass sich die zwei gegebenen
Geraden, d. i. die grosse Axe und die Tangente, wenn sie gehörig
verlängert werden, noch auf der Zeichenfläclie schneiden, wie
Fig. 81 zeigt.
Es sei also AB die grosse Axe und m‘n‘ die Tangente, welche
sich in ß schneiden, durch welchen Durchschnittspunkt aber auch
die correspondirende Tangente p‘q‘ gehen muss.
Legt man nun durch A und B die Verticalen m'q' und n'p', so
entsteht dadurch das Trapez m! n!p' q‘, in welchem die Diagonalen
gezogen und bis zu der durch den Punkt ß gezogenen Geraden
ZZ‘ verlängert, dieselbe in A und A' schneiden. Es ist daher ß
der Augepunkt, A> A' die Distanzpunkte, und ßA = ßA' die Ent
fernung des Beobachters von der Tafel. Somit ist hier m'n'p'q' das
perspectivische Quadrat, welches bei dieser Distanz aus dem
geometrischen Quadrate mnpq entstanden ist, und weil die Distanz
*) Wir behalten uns vor über die Bestimmung 1 der Axen als ein Anhang 1 zu dieser
Abhandlung 1 vorzulegen.
110
Fialkowski.
zu gering ist, als ein verzehrtes Bild dieses Quadrates erscheint.
Denn wie bekannt, erscheint ein und derselbe Kreis bei verschie
denen Distanzen des Beobachters auch verhältnissmässig mehr oder
weniger gestreckt und gedrückt, jedoch behält er immer die Form
einer Ellipse.
Wird die Distanz gleich o, so ist dann dje grosse Axe oo
lang, ist hingegen die Distanz oo gross, so wird die grosse Axe = o
u. s. w., was allerdings auch von anderen Punkten abhängt.
Ebenso kann man sich diese Ellipse durch die Drehung des aus
0' mit 0‘F über EF in der verticalen und zur Tafel parallelen Ebene
beschriebenen Kreises entstanden denken, wobei nach den Grund
sätzen der Perspective mq || np als Parallele zur Tafel auch nach
der Drehung stets parallel bleiben müssen, während mn und pq,
gehörig verlängert durch den Augepunkt Q gehen müssen, wenn der
Kreis aus der verticalen und zur Tafel parallelen Ebene in die per-
spectiviscli horizontale und normale auf die Tafel gedreht wird.
Kommt dann bei der Drehung dieses Kreises der Punkt A nach A‘,
so muss gleichzeitig B nach B‘ kommen, indem die aus A und
durch 0' gezogenen Geraden, die in B errichtete Senkrechte
in vl und p' schneiden u. s. w. Es kommt m nach ml, n nach
nl, p nach p' und q nach q 1 , und somit ist m'n'qi'q' das Bild des
Quadrates mnpq.
Was also von diesem Quadrate gilt, das gilt auch von jedem
Punkte der Ellipse, indem ein jeder solcher bei der bestimmten
Distanz verhältnissmässig seine Lage verändern musste.
Die Richtigkeit der Construction bei der Bestimmung beliebiger
Anzahl von Punkten für die Ellipse erfolgt aus der früher erklärten
Verfahrungsart (Fig. 21 — 24).
Aus der näheren Betrachtung der Fig. 81 folgt ferner, dass man
auch in dem 1. Falle, wenn die zwei gegebenen Linien sich noch auf
der Zeichenfläche schneiden, sowohl den Berührungspunkt als auch
beliebig viele Punkte der Ellipse auf eine höchst einfache Art auf
finden kann. Denn man braucht nicht einmal die beiden gegebenen
Linien bis zu ihrem gemeinschaftlichen Durchschnittspunkte zu ver
längern und ebenso auch nicht über der grossen Axe einen Kreis zu
beschreiben, sobald man die von uns angegebene Verfahrungsart
kennt, wie in einem geometrischen Trapeze oder perspectivischen
Quadrate die Ellipsenpunkte gefunden werden.
Construction des Kreises und der Ellipse.
lll
§. 70.
Wir haben in Fig. 12 und 13 bereits erklärt, dass man sich
eine und dieselbe Ellipse auf verschiedene Art entstanden denken
kann. In Fig. 12 und 13 entstehen die Ellipsen durch die Drehung
zweier verschiedener Kreise, wovon der eine über der grossen und
der andere über der kleinen Axe beschrieben wird.
Wird also über der grossen Axe (Fig. 81) ein Quadrat MNPQ
verzeichnet, so dass die grosse Axe eine zu den zwei gegenüber
liegenden Seiten dieses Quadrates parallele Halbirungslinie bleibt,
und in diesem Quadrate ein Kreis eingeschrieben, so kann man sich
die Ellipse AC'BD' auch durch die Drehung dieses Kreises entstanden
denken. Diese Entstehungsart kann man aber nur dann benützen,
wenn die Lage des Punktes C nach der Drehung bestimmt ist, was
bei der vorgelegten Aufgabe in der Baukunst nie der Fall ist.
Eine nähere Betrachtung der vorgelegten Aufgabe (Fig. 80)
zeigt uns, dass jedesmal, wenn eine Tangente gegeben ist, stets
sechs Tangenten als gegeben betrachtet werden können, wovon je
zwei und zwei correspondirende Tangenten sind.
In dem angeführten Falle werden zur Construction der Ellipse vier
Tangenten benützt, d. i. diejenigen zwei, welche die Verlängerung der
grossen Axe schneiden oder schneiden sollen, und die zwei, welche
in den Endpunkten der grossen Axe normal auf diese gezogen werden.
Es entsteht hierdurch das geometrische Trapez, welches in Bezug auf
den Augepunkt so vrie auf den Distanzpunkt nichts anderes als ein
perspectivisches Quadrat ist, ohne welches man die Lösung der vor
gelegten Aufgabe im zweiten Falle nicht im Stande ist auszuführen.
Sind aber zwei verschiedene Tangenten gegeben, so können
auch zwei verschiedene Trapeze, deren jedes die Höhe gleich der
grossen Axe hat, gezeichnet werden, und bei der Bestimmung der
Ellipsenpunkte ist es hinreichend die vier Diagonalpunkte zu bestim
men, indem man mittelst der parallelen Sehnen auch die correspon-
direnden Punkte sehr leicht auflinden kann, in welchem Falle also
im Ganzen 24 — 26 Punkte der Ellipse, also mehr als ein geübter
Zeichner braucht, gefunden werden.
§. 71.
Ganz allgemein wird diese Aufgabe gestellt, wenn man die
Ordinaten, mittelst deren die Tangente bestimmt wird, unter einem
beliebigen Winkel annimmt, wie Fig. 82 zeigt, wo dann die Axe
112
F i a 1 k o w s k i.
AB nur einer von den zwei conjugirten Durchmessern ist, von dem
zweiten aber nur die Richtung gegeben ist.
Es ist daher in diesem Falle zur Construction der Ellipse eine
Tangente tH und ein eonjugirter Durchmesser AB gegeben.
Die Auflösung dieser Aufgabe ist folgende:
Da die Richtung des zweiten conjugirten Durchmessers gegeben
ist, so ziehe man durch A und B die EF und HG || CD, mache
AF — AE undjßf? = Bll, und verbinde G mit F durch eine Gerade,
wodurch das geometrische Trapez oder das perspectivische Quadrat
EFGII entsteht. Werden in diesem die beiden Diagonalen EG und
FH gezogen, und durch den Durchschnittspunkt, welcher in der AB
erfolgen muss, eine Parallele zu CD geführt, so sind J und K Be
rührungspunkte dieser Tangenten an die zu zeichnende Ellipse. Wird
ferner aus 0' mit O'J — O K über JK ein Kreis beschrieben, so ist
er derjenige, durch dessen Drehung aus der verticalen Ebene in die
perspectivisch-horizontale um die Axe JK die zu zeichnende Ellipse
entstanden gedacht wird.
Vergleicht man Fig. 81 mit 82, so sieht man, dass die Con
struction der letzteren ganz allgemein ist, denn es gibt in der per-
spectivisch-horizontalen oder verticalen Ebene, welche normal auf
der Bildfläche ist, jedesmal nur eine einzige Linie, welche geome
trisch entweder horizontal oder vertical ist; alle anderen Linien sind
schief, indem sie nach dem Hauptpunkte oder nach irgend einem
andern Verschwindungspunkte convergiren.
Es sind also Fig. 82 EF und GH, ferner JK und CD, welche zu
einander parallel gezogen wurden, nichts anderes als die zur Basis der
Tafel gezogenen Parallelen, wenn man sich die Glastafel oder die
Bildfläche in EF und in deren Verlängerung aufgestellt denkt. Daher
ist auch dieser Fall auf den im §. 22, Fig 28 reducirt, wo dann die
Construction der Ellipsenpunkte nach dieser oder jener Weise vorge-
nommen werden kann. Wie man aus Fig. 82 sieht, braucht man
hierbei nur die vier Diagonalpunkte zu bestimmen , weil man schon
dadurch, indem sie in verschiedener Höhe sind, im Ganzen 14 Punkte
für die zu zeichnende Ellipse erhält.
Es ist daher die Lösung der zuletzt vorgelegten Aufgabe, wie
wir gesehen haben, selbst dann höchst einfach, wenn man den Durch
schnittspunkt der beiden gegebenen Geraden auf der Zeichenfläche
nicht erhalten kann, und die Richtung der beiden Axen beliebig ist.
Taf. I
Eialjtowxki. Construction des Kreises und der Ellipse.
Aus d, klc. Hof-u. Staatsdruckerei.
Cl.m Bd. 1 Heft. 1855.
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Fialkowski. Construclion des Kreises undderEllijJse.
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Taf. W.
Aus d. k.lc. Hof-u. Staatsdruckcrei. y,
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Balkowski. Construcäon des Kreises und der Ellipse.
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Sitzungsb. d. 1c.
Aus d. i.t Hof- ir. Staatsdruckerei.
Akad. d.W. math. naturw. CI. XVI Bd. 1 Heft. 1855.
TiaDtowski. Construction des Preises und der Ellipse.
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Sitzuntfsb. d.k.Akad.il.W' mntli. natura'. Q. XVI. M. lHeft. 1855.
Fig.58(b)
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Fig. 54.
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Taf. K
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Aus ä.k.k.Hof-u.StaAtsärucierei-
Sitzungsb. d.lc.Alcad. d.W^matJunaturw. CI. IVI Bd. lHeft. 1855.
fialkowski. Conrtructioii deä "Kreises und der Ellipse.
Aus d. lc.lt. Hof- u. Staatsdruckerei.
SitzungsT). d.Tc.Äkad. d.WmatJi.naturw; CI. Xd Bd. lHeft. 1855
Taf. HT.
Fialkowski. Construtliuii das Xreises und der Ellipse.
iua d. k.l. Hof--u. Staatsdruckerei.
Sitzun^sb. E.k. Akad. d.WTmath.iiaürrw. CI. XVI Bä. lHeff. 1855.
Haidinger. Die konische Refraction am Diopsid.
113
Auf ähnliche Art würde man verfahren, wenn die kleine Axe
und verschiedene Tangenten gegeben sind, wie dies Fig. 79 zeigt,
wo zugleich die Anwendung dieser Aufgabe versinnlicht wird.
Da nun auch in diesem Falle die Construction der Ellipse ganz
analog mit der im letzteren Falle angegeben ist, so finden wir es
für überflüssig, selbe hier durchzuführen.
Dass sich aus den hier aufgestellten und bewiesenen Construc-
tionen auch noch andere ableiten lassen, ist wobl nicht zu zweifeln,
welches der Untersuchung der Wissenschaft anheimgestelll bleibt.
Die konische Refraction am Diopsid, nebst Bemerkungen über
einige Erscheinungen der konischen Refraction am Aragon.
Von dem w. M. W. II a i d i n g c r.
1. Als Vorwort zu einer Mittheilung, die sich auf den Diopsid
bezieht, bitte ich um Erlaubniss, wenn auch nicht für mich selbst,
eine Reclamation zu erheben, veranlasst durch meine frühere
Darstellung der Geschichte der Studien in Bezug auf die Lage der
optischen Axen desselben *). Meinem hochverehrten Freunde Gustav
Rose verdanke ich nämlich die Kenntniss der Thatsache, dass Herr
Dr. Julius Wilhelm Ewald in Berlin bereits im Jahre 1837, also
mehrere Jahre vor Herrn Professor Miller's Mittheilung in den
Cambridge Transactions die Verhältnisse der optischen Axen des
Diopsids mit vollständiger Genauigkeit dargestellt hat. Es geschah
dies in seiner schönen Inaugural-Dissertation De Crystallis duorum
axium opticorum dissertatio optica, die nur in lateinischer Sprache
für sich veröffentlicht wurde, wovon aber leider keine Auszüge in die
periodische wissenschaftliche Literatur übergingen.
Aber Herrn Dr. Ewald’s Abhandlung enthält noch eine Angabe
die als Berichtigung oder vielmehr als eine Ergänzung zu meiner
früheren Angabe dienen kann, indem sie eine directe Beobachtung
an die Stelle einer Schlussfolgerung stellt. Aus den Beobachtungen
in Fig. 3 und Fig. 4 hatte ich nämlich für die Fig. 2 den Charakter
Pleochroismus einiger Augite und Amphibole. Sitzungsberichte d. kais. Akademie
d. Wissensch. 1854. Bd. VI, S. 1074.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft.
8
114
Haidinger.
der optischen rothen und blauen Axenkeile combinirt und geschlossen,
dass für beide Axen die rothen Keile innen, zunächst der Ersten
Mittellinie oder optischen Elasticitäts-Hauptaxe liegen. Herr Dr.
Ewald dagegen untersuchte unmittelbar eine senkrecht auf die
Hauptaxe geschnittene Platte, in welcher sich beide Ringsysteme gut
vergleichen Hessen. Sie waren von gleicher elliptischer Gestalt, aber
unterschieden sich doch dadurch von einander, dass hei dem einen
der blaue, bei dem andern der rothe Keil zu innerst lag — in altero
systemate ruber, in altero caeruleus color ad inferiorem partem
versus est. Pag. 2S. Welche Lage übrigens diese beiden verschie
denen Farbenkeile in Bezug auf die Krystallaxe des Diopsids haben,
ist hier nicht gesagt, und daher eine wünschenswerthe Aufgabe für
spätere Untersuchung. Jedenfalls gebührt Herrn Dr. Ewald die
Anerkennung , dass er es war, der zuerst den optischen Charakter
der Diopsidkrystalle festgestellt hat.
2. Auch einer früheren Beobachtung der I di o s t a u r o p h a ni e des
Diopsids muss ich hier gedenken, nämlich durch Herrn Biot, der
vor langen Jahren die grünen Axenbüscliel auf gelblichem Grunde
wahrnahm, wie dies Herr v. Senarmont in seiner schönen Arbeit
über die künstlich gefärbten pleochromatischen Krystalle mittheilt 1 ).
3. Noch ist die konische Refraction an wenigen Krystallen beob
achtet worden. Man kennt sie vorzüglich am Aragon. Die Verhält
nisse unter welchen sie erscheinen musste, waren zuerst theoretisch
entwickelt, und sodann durch Versuche bestätiget worden, beides
meisterhaft, das erste bekanntlich blos von der Fresnel’schen
Voraussetzung der dreifachen Elasticität des Lichtäthers in drei
senkrecht auf einander stehenden Richtungen ausgehend durch Sir
William R. Hamilton 2 ), den Entdecker der wahren Gestalt der
Wellenfläche für die Fortpflanzung des Lichtes in zweiaxigen Kry
stallen, und namentlich der Tangentialkreise, welche die Axenpunkte
umgeben, aus deren Dasein unmittelbar die Nothwendigkeit der
konischen Refraction floss, das zweite durch Herrn Professor
*) II. Biot a bien voula mettre a ma disposition un echantillon de diopside vcrt
oü il les avait reconnues (ces phenomenesJ depuis longues annees. Experi-
ences sur In production artificielle du polychroisme dans les substances cristalli-
sees ; pur M. II. de Senarmont. Annales de Chimie et dePhysique, 3. Serie, t. XLI.
2 ) Third Supplement to an Essay on the Theory of Systems of Rays. Transactions
ofthe Royal Irish Academy 1830—1835. Vol. 17, pag. 1.
Die konische Refraction am Diopsid.
115
Humphrey Llo yd 1 ), der durch die feinsten physicalischen Messungen
die Wahrheit des mathematischen Ausspruches bestätigte. Gegen
wärtig erscheint es uns allerdings als nicht möglich, dass die Be
stätigung hätte fehlen können, dennoch war man seiner Zeit sehr
darauf gespannt, und sie hat daher auch vieles Aufsehen erregt,
billig durch die von allen Seiten entfaltete wissenschaftliche Tiefe
und Hingebung dem so höchst anregenden Gegenstände, der so
mächtig unter andern auch den Geist des grossen Physikers
Plücke r erfasste.
„Kein physicalischer Versuch hat einen solchen Eindruck auf
„meinen Geist gemacht, wie der der konischen Refraction. Ein
„einziger Lichtstrahl, der in einen Krystall eindringt und als Licht-
„kegel wieder heraustritt, das war eine unerhörte Sache, und ohne
„alle Analogie. Herr Hamilton verkündete sie, von der Gestalt der
„Welle ausgehend, die durch lange Rechnungen einer abstracten
„Theorie abgeleitet war. Ich gestehe, ich hätte verzweifelt, ein so
„ausserordentliches Ergebniss durch die Erfahrung bestätigt zu
„sehen, welches einzig durch die Theorie vorausgesagt war, die
„Fresnel’s Genius neuerlich geschaffen hatte. Als aber Herr Lloyd
„bewiesen hatte, dass die Versuche gänzlich mitHerrn Hamilton's
„Vorhersagung übereinstimmten, musste jedes Vorurtheil gegen eine
„so wunderbar gestützte Theorie verschwinden“ 3 ).
Die Beobachtungen wurden von Lloyd am Aragon durchge
führt. Sie sind leicht bis zu einer gewissen Ausdehnung anzustellen,
wenn man sich einmal in der Krystallform orientirt hat. Herr Dr.
Beer gibt ferner noch an: „Ich glaube behaupten zu können, die
A ) On the Phenomena presented by Light in its passage along the Axes of Biaxal
crystals. Ibidem Vol. 17. I. 45. — Poggend. Annalen 1833. Bd. 37, S. 91 ü. 104.
2 ) Aucune experience physique n’a fait autant d’impression sur mon esprit que
la refraction conique. Un rayon de lumiere unique entrant dans un crystal et
sortant sous Vaspect d’un cöne lumineux: c'etait une chose inouie et sans ana-
logie. M. Hamilton V annonqait en partant de la forme de Vonde, qui avait ete
deduite par de longs calculs d’une theorie abstraite. J’avoue que faurais des-
espere de voir con/irmer par l ’ experience un resultat si extraordinaire, predit
par la seide theorie que le genie de Fresnel avait nouvellement creee. Mais M.
Lloyd ayant demontre que les experiences etaient en parfaitc concordance avec
les predictions de M. Hamilton, tout prejuge contre une theorie, si mervcilleuse-
ment soutenue a du disparaitre. — Grelle, Journal für reine und angewandte
Mathematik 19, S. 44. — Moigno, Repertoire d’ optique moderne. T. I, pag. 97.
8*
116
H a i d i n g e r.
„konische Refraction am Salpeter beobachtet zu haben“ J ). Ferner:
„Eben so leicht wie beim Aragonit lässt sich die innere konische
Refraction in einer Platte von doppeltchromsaurem Kali beobachten, die
derjenigen Spaltungsfläche parallel ist, welche auf der einen optischen
Axe ungefähr senkrecht steht“ 2 ). Das hohe Interesse, welches die
erste Bestätigung erregte, ist nun freilich auf dieselbe beschränkt, und
da sie nun von Herrn Dr. Beer bis zu den anorthischen Krystallen
ausgedehnt ist, so würde auch der augitische Diopsid, dessen Sym
metrie zwischen der des Aragons und des Chromsalzes liegt, kaum
zu einer eigenen Mittheilung geeignet gehalten worden sein , wenn
die Erscheinungen der konischen Refraction nicht gleichzeitig mit
denen des Pleochroismus aufgetreten wären, durch welchen einige
der Erscheinungen sehr an Deutlichkeit gewinnen, um derentwillen
man sie vielleicht anziehend finden wird.
4. Während ich mit der Untersuchung der pleochromatischen
Verhältnisse des Diopsids beschäftiget war, fiel mir der grosse
Unterschied in den Angaben der Werthe für zwei Brechungsexpo
nenten in Herrn Dr. Beer’s Zusammenstellung den optischen Con-
stanten zweiaxiger Krystalle 3 ) auf, nämlich für die mittlere Brechung
ß = 1'680 nach Miller, dagegen p = 1-378 für ein unbestimm
tes Brechungsverhältniss nach Jam in aus der Beobachtung des
Haupteinfallswinkels. Je grösser der Winkel des bei der konischen
Refraction gebildeten Kegels ist, um desto leichter musste die Beob
achtung sein. Beim Aragon beträgt für die innere konische Refraction
dieser Winkel 1° 55' und doch stehen die Exponenten der stärksten
und schwächsten Brechung nach Rudberg nur in dem Verhältnisse
von a — U69084 : 7 = 1-53264, oder — = 1-103. Beim Diopsid
musste dieser Winkel viel grösser sein, da schon das Verhältniss des
angegebenen ß : p = 1 :1-2122 ist. An das idiostaurophane Zwil-
lingskrystall-Stiick ^42?, Fig. 1, von 8 s / 4 Linien Länge zwischen zwei
parallelen, senkrecht auf die Axe der gewöhnlichen Zwillinge
geschliffenen Flächen KA und BD, wie es in meiner frühem Mit-
A ) Einleitung- in die höhere Optik, S. 369.
2 ) Ableitung- der Intensitäts- und Polarisations-Verhältnisse des Lichtring-es bei der
inneren konischen Refraction. — Pog;gendorlTs Annalen 1852. Bd. 85, S. 79.
3 ) Einleitung- in die höhere Optik, S. 392.
Die konische Refraction am Diopsid.
117
Fig. 1.
theilung ‘) beschrieben ist, wurde einfach ein Stück schwarzes
Papier CD mit einem feinen Nadelstiche bei E
aufgeklebt, so dass der durch die kleine Öff
nung E in der Richtung der optischen Axe EG
hindurchdringende Strahl noch die Fläche AII
traf. Eine Loupe auf dem Wege GH gehalten
zeigte deutlich zwei Bilder von E, die mit
grosser Leichtigkeit zum Zusammenfallen ge
bracht werden konnten, wobei sich alsogleich
der Lichtring mit dem schwarzen Mittelpunkte
ausbildete. Nach dieser leichten, schon von
Lloyd angegebenen Methode hatte mir vor
längerer Zeit Herr Regierungsrath v. Ettings
hausen die innere konische Refraction an Aragonkrystallplatten
gezeigt, namentlich an einer trefflichen zehn Linien dicken, von dem
Mechaniker Hirschmann in Berlin gelieferten, zu dem Zwecke
der Beobachtung in Messing gefassten Platte, die er mir nun zur
Vergleichung mit den Ergebnissen des Diopsids freundlichst mit
theilte. Eine nur wenig dünnere Platte von Aragon hatte Herr Pro
fessor v. Nörrenberg während einer Anwesenheit in Wien für
Herrn v. Ettingshausen eigenhändig geschliffen.
Auch in der Richtung FE entlang der optischen Axe des durch
die Zwillingsflächen ZW von dem AD getrennten andern Individuums
KB des Zwillingskrystalles sah man deutlich den Lichtring, wenn
gleich nur der Theil FI der Axe ihn in dieser Richtung besitzt, und
zwischen I und E nur ein Compensationsprisma aus dem andern
Individuum AE bestehend liegt.
Schon in der schönen Lloyd’schen Abhandlung sind die Er
scheinungen der verschiedensten Art beschrieben , namentlich auch
solche Untersuchungsmethoden gewählt, um die Erscheinungen der
innern konischen Refraction und die der äussern von einander
getrennt übersehen zu können, den aus dem Krystall heraustretenden
cylindrischen Lichtstrom der ersten und den konischen Lichtstrom
der zweiten.
*) Pleochroismus einiger Augite und Amphibole. Sitzungsberichte d. kais. Akademie
d. Wissensch. 1854. Bd. 12, S. 1074.
118
H a i d i n g e r.
Auf einem Schirme aufgefangen, oder auf die Netzhaut projicirt
ist im vollkommensten Zustande das eine wie das andere ein heller
Ring oder Kreis. Dem „einfachsten und interessantesten Falle, wo
eine kreisförmige ebene Welle von geringem Durchmesser auf eine
dicke Krystallplatte senkrecht, und in der Richtung der optischen
Axe auffallt“ !)> ist auch für die innere konische Refraction die oben
angeführte Abhandlung des Herrn Dr. Beer gewidmet.
Bei dem Diopsid erscheinen die zwei Bilder der Loupe ver
schiedenfarbig, das eine gelb das andere grün, in dem Lichtringe
war der Unterschied der einen Seite von der andern zu sehr ver
waschen, um noch deutlich gesehen zu werden, es schien mir
wünschenswerth zuerst ihre gegenseitige Lage genauer festzuhalten,
da jede der Farben mit einem bestimmten Polarisationszustande ver
bunden ist, und die Kenntniss der Lage der Farben auch einige
Einsicht in die Kentniss der Lage der Polarisationsrichtungen geben
Man sehe immer wie in Fig. 1
mit der Loupe in H, nach dem Punkte
in E hin, und wähle zum Anfänge der
Untersuchung die Lagen in der Ebene
der Axen, also Fig. 2 von G gegen
die Zwillingsfläche Z, und sodann von
G von der Zwillingsfläche weg gegen
A fortschreitend. Dort wie hier erhält
man zwei Bilder der Lichtöffnung
bei E, aber gegen die Zwillings
fläche Z zu ist das von der Axe GE
entferntere Bild a grün, das nähere i gelb, gegen die Seite A zu ist
das nähere Bild n grün, das entferntere e ist gelb. Die optische Axe
zeigt also in Beziehung auf den Endpunkt G gerade den entgegen
gesetzten Charakter nach beiden Seiten zu in der Ebene der beiden
optischen Axen, je nachdem an diesen Seiten die rechtwinkeligen
Axen der kleinsten und grössten Elasticität BE und CE liegen, wo
BE die Hauptaxe oder erste Mittellinie ist, und CE die zweite Mittel
linie. Übrigens ist jedes der gelben Bilder senkrecht auf die Ebene
Fig. 2.
*) Beer, PoggendorfT’s Annalen 1852. Bd. 85, S. 67.
Die konische Refraction am Diopsid.
119
C
u
o
o
d
a-O-
4
,o
oft ,P
M n-O-
o^-o
H
Fig. 3. der Äxen polarisirt, jedes der grünen in
der Ebene der Axen. Das Grün der letz
tem ist also senkrecht auf die Axe der
mittlern Geschwindigkeit polarisirt, und
gehört also auch alsFarbe zu dieser Axe,
<^ e und zu dem von Miller angegebenen
Brechungs-Exponenten 1-680.
Qj Die Lage und Polarisation von a, i,
n und e, ist auch in Fig. 3 als Grund
ansicht gegeben. Von der Axe aus
gehend und senkrecht auf die Ebene der Axen untersucht, also in
den sogenannten Kreisschnitten des Wellen-Ellipsoides sind die
Bilder c und l ebensowohl wie die g und p vollkommen gleichfarbig,
gelblichgrün, sie sind auch wie jede der beiden verschiedenfarbigen
Bilderpaare senkrecht auf einander polarisirt, aber die Polarisations
richtungen stehen nicht senkrecht oder parallel den Kreisschnitten,
sondern sie machen mit denselben Winkel von 45°. Dies folgt
augenscheinlich schon aus dem Umstande, dass die Polarisations
richtung von a beginnend, wo sie in der Ebene der Axen liegt, für
das äussere Bild, durch b, c, d herumgeführt in dem Bilde e wieder
senkrecht auf der Ebene der Axen stellt. Das Bild hat in Bezug auf
den Mittelpunkt M einen Winkel von 180° beschrieben, die Polarisa
tion nur einen Winkel von 90°. Bei 90° Drehung des Bildes ist also
die Polarisationsrichtung nur um 45° gedreht.
Für diese und die dazwischen \ie-) ist die Drehung
genden Bilder )
a 0°
b 45»
c 90°
d 135»
e 180°
und die Polarisationsrichtung
0"
22» 30'
45»
67» 30'
90»
Ganz das Gleiche gilt für den andern äussern Halbkreis, durch
a, h, g, f nach e; und ebenso für die beiden innern Halbkreise n, o,
p, q, i und n, m, l, k, i. Den Polarisationsrichtungen entsprechend,
gehen die Farben allmählich den erwähnten Halbkreisen folgend von a
bis e aus Grün in Gelb, von i bis n von Gelb in Grün über. Man sieht
leicht, dass die Polarisation dieser nur wenig ausserhalb des Berüli-
120 Haidinger.
rungskreises welcher die Axe GE umschliesst, untersuchten Bilder
vollkommen mit der schönen Darstellung der Polarisation auf der
Peripherie des Berührungskreises der Wellenfläche, so wie mit der
Figur iihereinstimmt, welche von Beer in Fig. 176, 2 gegeben ist.
Es ist dies das Gesetz der konischen Polarisation wie
es Hamilton 1 ) für innere und äussere konische Refraction ent
wickelt, und auch Lloyd seinerseits wieder durch Versuch gefun
den und bestätiget hat. Es zeigt sich hier durch die Austheilung der
dichromatischen Farbentöne nur noch anschaulicher gemacht.
5. Die Beobachtung dieser Bilder geschah in der deutlichsten
Sehweite durch eine Loupe, bei einer Entfernung, in welcher genau
in der Richtung der Axe die Bilder in den Lichtring Zusammenflossen.
Das Auge und die Loupe näher an den Krystall oder entfernter gehal
ten gab keinen Ring, sondern einen hellen inneren Punkt von einem
dunkeln Ring umgeben, der selbst wieder von einem heilem aber
etwas weniger lebhaften Streifen umfasst wird. Später verglich ich
die Erscheinungen mit gleichartigen am Aragon. Manches fiel mir
auf, über das ich mich gerne belehrt hätte, doch fand ich nicht
genügende Auskunft. Eine grössere Arbeit über den Gegenstand zu
unternehmen, liegt mir auch zu ferne,
da sie do eh mancherlei Hilfsmittel erfor
dert, die weder zur Hand noch schnell
vorzubereiten sind; doch möchte ich
auch nicht gerade verschweigen, was
mir merkwürdig schien, um vielleicht
anderwärts als Anregung zu einer
Reihe von Forschungen zu wirken,
die das höchste Interesse ge
währten.
Bei der oben angewendeten Art
der Beobachtung, einfach durch die
Loupe hat man eigentlich, wenn sich
der Ring vollständig bildet die äus
sere und innere konische Re-
fraction zugleich zu einer ein
zigen Figur zusammenwirkend.
Fig. 4.
MEN
‘) A. a. 0., S. 138 u. ff.
Die konische Refraction am Diopsid.
121
Es sei nämlich in der Fig. 4, auf der Ebene des Kreisschnit
tes des Wellen-Ellipsoides verzeichnet, ABCD die senkrecht auf
die Axe FL (secundäre optische Axe, Cusp ray, Hornstrahl)
geschnittene Krystallplatte, EF sei der Weg einer senkrecht gegen
AB fortschreitenden kreisförmigen ebenen Welle von geringem
Durchmesser, so besteht gewiss das Ergebniss derinnern koni
schen Refraction aus den zwei Wegen der in zwei Richtungen
gebrochenen Welle FG und FH. Wo sie aus der Krystallplatte
heraustreten beginnt der Lichtcylinder GH1K. Eine ebene kreis
förmige Welle, die im Innern des Krystalles den der Axe parallelen
Weg FL zurücklegt , verlangt zu ihrer Bildung vermöge der
äussern konischen Refraction eine unendliche Anzahl von Wellen
im Durchschnitte hier durch MF und NF angedeutet deren Wege
kegelförmig in F Zusammentreffen. Bei L verlassen die Wellen wie
der die Krystallplatte, und ihre Wege gehen dem Einfallskegel paral
lel weiter fort im Durchschnitte in den Richtungen LO und LP.
Eine Projection in der Entfernung RS würde den vollen Lichtring
zeigen. Zwei concentrische Ringe würden sowohl für die Entfer
nung Bi S i} als auch für die Entfernung R z S z erscheinen. Im Ein
zelnen wurden diese beiden Erscheinungen bereits von Lloyd nach
gewiesen, die kegelförmige Ausdehnung der äussern, der gleichblei
bende Durchmesser des Cylinders der innern konischen Refraction.
Die Divergenz des äussern Kegels ist sehr unbedeutend (2°S6'S1"),
ebenso auch die Divergenz des Innern (1°55'), durch dessen Ein
fluss der Cylinder gebildet wird. Schon die Krystalllinse bringt die
Erscheinungen zur Convergenz und dadurch zur Projection auf der
Netzhaut. Die erstere wird durch die Loupe vermehrt, und man sieht
Alles grösser und deutlicher; sehr schöne Bilder sah ich auch durch
ein Mikroskop bei Söfacher Linearvergrösserung. Auch Herr Regie
rungsrath v. Ettingshausen hatte die Ringe durch ein Mikroskop
mit ähnlicher schwacher Vergrösserung untersucht.
Der Einfachheit wegen bei der Entfernung RS, Fig. S, begin
nend, bringt man die Strahlen des Cylinders früher zur Con
vergenz nach SK und RI, Fig. 5, während der vorher divergirende
äussere Kegel zu der späteren Convergenz nach RO und SP kommt.
Die Lage der Netzhaut in TU empfängt das Bild eines von der
innern und äussern Refraction gebildeten scharf begrenzten Ringes.
Bei der Lage 1\ Ui ist dieinnere helle Scheibe durch die innere, der
122
H a i d i n g e r.
Fig. 3. mehr verwaschene umgebende Ring durch
die äussere konische Refraction gebildet;
bei der Lage T 3 U z umgekehrt die helle
Scheibe durch die äussere Refraction, der
umgebende mehr verwaschene Ring durch
die innere. Setzt man den Anfang, die Auf
nahme des Rüdes durch den Convergenz-
Apparat, die Loupe, oder das Auge ohne
Loupe näher und näher an CD, Fig. 4, den
Austritt der Strahlen aus der Krystallplatte,
so fasst man auch den Kegel der äussern
Refraction immer näher an der Spitze, in
dem man sich mehr und mehr dem Punkte
L nähert. Die Grenze dieser Erscheinungen
ist, wenn man das Auge unmittelbar an den
Krystall hält, zu innerst eine der entge
genstehenden Öffnung ganz gleiche kleine helle Scheibe, offenbar
das Ende des Kegels der äussern konischen Refraction selbst, weil
das Auge unmittelbar an der Spitze desselben sich befindet, und so
dann zwei coneentrische schwach beleuchtete Kreisflächen, welche
durch die doppelte Strahlenbrechung nach den sämmtlichen einfallen
den Richtungen hervorgebracht werden, welche von dem Winkel der
Grösse der Pupille abhängen. Es sei in Fig. 6, EF die Projection der
die Ebene der Axen und zur Orientirung AX die Projection der auf
der Ebene der Axen senkrecht stehenden Ebene durch die Mittel
linie, oder die Projection der Axe der mittleren Elasticität. Die Figur
Fig. 6. gibt eine Idee der eben be
schriebenen Erscheinung,
doch nur unvollkommen,
weil die Beweglichkeit
der Natur fehlt, durch
—F welche bei der geringsten
Neigung der Krystall
platte in der Richtung der
Ebene der Axen zu beiden
Seiten der hellePunkt aus
der Mitte sich nach seitwärts bewegt, und das Ganze das Ansehen
von zwei mit ihrer Spitze vereinigten Kegeln erhält, deren Basen die
E—
Die konische Refraction am Diopsid.
123
Kreise sind, die übrigens bei stärkerer Neigung ebenfalls in andere,
nämlich in elliptische Formen übergehen. Sieht man genau in der
Richtung der Mittellinie hin, so gewahrt man zwei deutlich über ein-
Fig. 7. ander liegende elliptische Flä
chen Fig. 7, aber keine helle
Scheibe mehr. Die letzte fehlt,
weil kein, aus Wellen yon allen
Seiten zusammengesetzter Licht-
"P ...
ström vorhanden ist, wie in der
Richtung der Axe FL in Fig. 4.
Die Polarisationsrichtung
der über einander liegenden
Ellipsenflächen geht der grossen Axe derselben parallel; wo sich die
Flächen der beiden decken, ist der Lichtstrom in den zwei senkrecht
auf einander stehenden den vorigen entsprechenden Richtungen
polarisirt.
Beide Erscheinungen, Fig. 6 und 7, erklären sich leicht aus der
Betrachtung des Vorganges im Krystall und im Auge.
Fig. 8.
Es sei AB Fig. 8 die Lichtöll’nung in der von dem Auge abge
wendeten Seite der Krystallplatte, CD die Gesichtsaxe der Krystall-
linse EF mit der Pupille GH. Das Bild des Punktes B an der Grenze
der eintretenden Lichtwelle entsteht jenseits des Durchkreuzungs
punktes 0, in dem Punkte I, durch die Gesammtwirkung der Strah
len, welche zwischen G und H eintraten. Für G wird der Strahl BK
beim Austritte aus dem Krystall in die Luft vom Loth abgelenkt nach
KL, und dann wieder zum Loth gehrochen beiL. Auf der entgegenge
setzten Seite der Pupille ist auf gleiche Weise der Weg der Wellen
grenze BMNI. Je grösser der Brechungsexponent des Krystalls
ist, um desto stärker die Ablenkung bei K und M, desto stärker also
auch die Divergenz der beiden Linien KL und MN, und desto grösser
124
H a i d i n g e r.
auch die Entfernung des Punktes I von der Pupille GH. Aber die
Netzhaut empfängt die Strahlen schon in der Lage PQ. Statt eines
Bildes I, dem Rande B der bei AB eintretenden Welle angehörig,
erhält die Netzhaut den über eine der Gestalt der Pupille entspre
chende Scheibe RS verbreiteten Eindruck.
Dem entgegengesetzten Rande A entspricht der Projection auf
der Netzhaut ein dem R gegenüber liegender Punkt R u zwischen
welchem und R auf der Netzhaut eine der Pupille entsprechende
gleichförmig beleuchtete Scheibe entstehen muss, während jenseits
R und R t Alles dunkel bleibt. Je grösser der Brechungsexponent,
desto grösser folglich auch der Durchmesser der beleuchteten
Scheibe.
Die zwei concentrischen einander durchkreuzenden Ellipsen,
Fig. 7, in der Richtung der Mittellinie entstehen durch den Einfluss
der doppelten Strahlenbrechung. In einem isotropen Mittel wäre
nämlich z. B. in Luft, das Bild der kleinen Lichtöffnung AB auf der
Netzhaut die grössere, weniger stark beleuchtete Scheibe RS.
Längs der Mittellinie der doppeltbrechenden Platte gesehen
werden die Durchschnitte der Lichtkegel auf der Netzhaut, oder die
Grenzen der Welle den Hauptschnitten der Wellenfläche entlang
durch die Maxima der Entfernungen vom Mittelpunkte der Erschei
nung und von einander bestimmt, der mehr abgelenkte Strahl bringt
den Endpunkt der grösseren, der weniger abgelenkte den der kleineren
Axe jeder der beiden kreuzweise gegen einander liegenden Ellipsen
hervor.
Die eine Ellipse wird so durch die innere, die andere durch die
äussere Schale der Wellenfläche gebildet, die Polarisation jeder
derselben findet in der Richtung der grossen Diagonalen Statt, wovon
man sieh leicht überzeugt, wenn man eine Turmalinplatte vor die
Öffnung AR, Fig. 8, in den beiden senkrecht aufeinander stehenden
Richtungen hält. Die Polarisationsrichtung der einen Ellipse steht
also senkrecht auf der Polarisationsrichtung der andern.
Man unterscheidet leicht, dass die Erscheinung der beiden
Ellipsen, obwohl gleichzeitig auf der Netzhaut, doch eigentlich die
eine hinter der andern liegt, denn wenn man die Mittellinie einen
kleinen Winkel mit der Sehrichtung einschliessen lässt, indem man
die dem Auge zunächst liegende Seite der Krystallplatte ein wenig
vom Auge wegwendet, so weicht die scheinbar dem Auge nähere
Die konische Refraction am Diopsid.
125
Ellipse in eben derselben Richtung vor der entfernteren weg, welche
ihren Platz behauptet. In der hier betrachteten Lage ist diejenige
Ellipse, deren grössere Axe in der Ebene der optischen Axen der
Aragonplatte liegt, die scheinbar entferntere, diejenige, deren
grössere Axe senkrecht auf der Ebene der optischen Axen steht, die
scheinbar nähere. Indessen wirken sie doch ungeachtet ihrer kreuz
weise gegen einander liegenden Polarisation nicht auslöschend wie
zwei Turmalinplatten, sondern die der einen angehörigen Schwin
gungen gehen ungehindert neben denen der andern in dem dipolari-
sirten Lichtstrome fort.
Man kann von dem Punkte der einander deckenden Ellipsen,
Fig. 7, ausgehend, durch allmähliche Drehung der Krystallplatte in der
Ebene der Axen, ohne das Auge zu verwenden bis zu der Erscheinung
Fig. 6, gelangen. Auch hier gibt die flachkegelförmige Vertiefung in
den Axenpunkten der Wellenfläche die zwei divergirenden auf ein
ander folgenden Richtungen der Wellen, von der Axenspitze (ciisp)
beginnend kreisförmig längs der Innern und äussern Schale. Die in
die Krystallplatte eintretende Welle ist kreisrund, der doppelte con-
centrische Austritt aus derselben ebenfalls, und gleichfalls auch der
Eintritt der divergirenden Wellen in die Pupille, welche also nach
den zwei Geschwindigkeiten des Lichtes am Rande der Welle auch
zwei aber concentrische kreisförmige Bilder auf die Netzhaut bringt.
Die Polarisation findet nun nicht mehr in zwei senkrecht auf einander
stehenden Richtungen Statt, sondern sie stimmt ganz, wie es auch
nicht anders sein kann mit der Polarisation des Ringes selbst
überein.
Man halte von der Mittellinie beginnend eine Turmalinplatte jen
seits der kleinen Lichteintrittsöffnung, so dass die Polarisations
richtung des durch die Turmalinplatte hindurchgehenden Lichtes in
der Ebene der zwei optischen Axen der Krystallplatte liegt. Die
innere Seite der äussern Kreisscheibe, zunächst der Mittellinie, a t
wird gänzlich absorbirt, und verschwindet also im Gesichtsfeld, die
Seite a der äussern Kreisscheibe bleibt hell, auch die obern und
untern Räume c und c; von der innern Kreisscheibe wird dagegen
bi dunkel und b bleibt hell, eben so wie c t und c t genau wie dies die
oben bei Fig. 3 erwähnte konische Polarisation Hamilto n's verlangt.
6. Selbst bei einigen etwas dunkler gelb gefärbten Aragonplatten
bemerkt man eine, den zwei nicht sehr von einander verschiedenen
126
Haidinger.
Farbentönen der Elasticitätsaxen entsprechende Farbenverschiedenheit
in den beiden Bildern. Ich versuchte die Lichtströme durch
kräftigere Färb en töne polarisirten Lichtes bei starker Erhel
lung zu färb en, was auch in der That sehr leicht gelang, indem ich
vor die kleine Lichtöffnung eine angemessene Vorrichtung klebte, und
zwar nahm ich eine Platte von Andalusit mit einer Platte von Cordierit
dergestalt combinirt, dass die helleren Töne absorbirt waren. Das noch
hindurchfallende tiefe Violett zerfällt in der dichroskopischen Loupe
in zwei senkrecht auf einander polarisirte Töne, blutroth und berliner
blau. Man hatte nun ganz ähnlich der Erscheinung des natürlichen
pleochromatischen Diopsids, in Fig. 3, aber in viel lebhaftem,
schönem Farben, die Gegensätze von Roth und Blau in der Ebene
der Axen, mit dem Violett des Übergangs in der Ebene senkrecht
auf dieselbe. Von den zwei Ellipsen in Fig. 6 war die eine roth, die
andere blau, die Farben der Kreisscheiben in Fig. 7 zeigten sich
analog den Erscheinungen bei Anwendung des Turmalins, gerade so,
wie auch der eigentliche Ring in der günstigsten Beleuchtung doch
noch die Verschiedenheit der Farbentöne zu beiden Seiten in der
Ebene der Axen erkennen liess. Alle diese Erscheinungen erforder
ten indessen grosse Aufmerksamkeit bei der blosen Anwendung der
Loupe. Im Mikroskop hat man sie deutlicher und auch mehr in der
Hand. Aber die stärkere Vergrösserung erfordert tiefere Farbentöne
der färbenden Platten, und stärkeres Licht, um ihre Wirkung sicht
bar zu machen, weil sie dann überhaupt zu viel Licht absorbiren,
So wurde die Farbe des Cordierits beinahe zu einem milchweissen
nur wenig bläulichen Tone verdünnt.
7. Es lag sehr nahe, die Bilder des Mikroskops durch eine Dop-
pelspathplatte zu betrachten, namentlich in derjenigen Stellung,
wo die Polarisation der nun sichtbaren beiden BiMer mit der Ebene
der Axen, und der auf diese Ebene senkrechten Ebene übereinstimmen.
Es trennten sich nun sehr schön die beiden nahe mondsichelförmigen
Bestandtheile des eigentlichen Ringes zunächst der Mitte, der Ebene
der Axe angehörig, von den beiden am meisten contrastirenden Far
ben durch die gemischte gegen die Spitzen zu in die entgegen
gesetzte übergehend. In der Ebene der Axen sind nämlich die Farben
vollständig getrennt, und ihre Polarisation stimmt, dem Gesetze der
konischen Polarisation entsprechend mit der Polarisation der beiden
Doppelspathbilder überein, während in der Ebene senkrecht auf die
Die konische Refraction am Diopsid.
127
Ebene derAxen beide Farben gemischt sind, aber auch die zwc-i vor
handenen Polarisationsrichtungen beide Ebenen unter Winkeln von
4S° schneiden.
8. Die bisherigen Wahrnehmungen, obwohl sie bereits die beiden
senkrecht auf einander stehenden Ströme des polarisirten Lichtes
in verschiedenen Farhentöneii unterscheiden liessen, zeigten diese
doch gewöhnlich viel matter als man sie erwartet hatte, weil durch
die Absorption der Platten viel Licht verloren ging, und die Ver-
grösserung selbst die Töne in ihrer Intensität herabstimmte. Aber
eine senkrecht auf die Axe geschnittene Quarzplatte,
unter den analysirenden Kalkspath auf das Mikroskop gelegt, musste
die schönsten der Dicke derselben entsprechenden Töne der
Interferenzringe erzeugen. Der Versuch folgte sogleich dem
Gedanken; das Bild entsprach der Erwartung. Es verdient durch
die Pracht seiner Farben in hohem Grade von den Freunden der
optischen Erscheinungen aufgesucht zu werden. Die Quarzplatte
deren ich mich bediente, war eine rechtsdrehende, sie polarisirte
nahezu das Blau des zweiten Ringes bei paralleler Stellung der
Polarisirer; bei der Herumdrehung oben rechts der analysirenden Vor
richtung folgten die Farbentöne blau, violett, roth, orange, gelb,
grün. In den sämmtliche Farben
gleichzeitig zeigenden Lichtringen
folgte von oben gegen Rechts fort
schreitend entgegengesetzt blau,
grün, gelb, orange, roth, violett. In
den beiden Fig. 9 und 10 stellt EF
die Ebene der Axen vor, um die
Lage der Beobachtung der Erschei
nungen zu orientiren. Man beginnt
von der Mittellinie, deren Projection
als Punkt M bezeichnet ist, senk
recht auf die Axe der mittlern
Elasticität AX. In der Fig. 9 sieht
man die Lage der Farbentöne, wie
sie entstehen, wenn man das Bild des Lichtringes durch den in der
Richtung der Ebene der Axen der Aragonplatte polarisirten Licht
strom des Doppelspathes auf der Netzhaut empfängt; Fig. 10 ist das
Bild durch den senkrecht auf die vorhergehenden , also auch senk-
Fig. 10.
128
Haidinger.
recht auf die Ebene der Axen polarisirten Lichtstrom. Dreht man den
Doppelspath oben rechts herum, aus der Lage Fig. 9 bis in die Lage
Fig. 10, also um einen Winkel von 90°, so ist der Farbenton b,
Fig. 9, um 180°, also um den doppelten Winkel bis b, Fig. 10
vorgeschritten. Dieses unmittelbar aus der Lage der konischen Pola
risation folgende Verhältniss könnte nicht eintreten , wenn nicht die
Farbenfolge in dem Lichtringe gerade die entgegengesetzte von der
jenigen wäre, welche die Quarzplatte zeigt, wenn sie für sich auf
ihre Farbenfolge durch Drehung des Analysirers untersucht wird.
Das Bild in Fig. 9 ist in Bezug auf Farbe das Complement zu dem
in Fig. 10, aber nnr mit demselben Charakter der Drehung, beide
rechts oder beide links, nicht eine Ergänzung von Links zu Rechts;
die gleichen Farben erscheinen in dem einen gerade um 180° ent
gegengesetzt denselben Farben in den andern.
Die unmittelbare Erscheinung der verschiedenen Farbentöne bei
verschiedenen Azimuthal-Lagen der analysirenden Doppelspathplatte
lässt sich vielleicht am anschaulichsten auf folgende Art bezeichnen:
Man stelle die analysirende Platte so, dass eine ihrer Polarisa
tionsrichtungen mit der Ebene der Axen übereinstimmt, die andere
senkrecht darauf steht. Durch die erste betrachte man den Punkt des
Lichtringes zunächst der Mittellinie. Er besitzt einen gewissen
FarbentonM, sein Complement B erscheint an der entgegengesetzten
Seite des Lichtringes. Lässt man nun den Doppelspath eine Azinu-
thal-Drehung um einen Winkel f machen, so schreitet die Farbe A
um den doppelten Winkel 2y in der Richtung der Drehung fort, und
zwar gleichzeitig mit den sämmtlichen anderen Farbentönen, deren
verhältnissmässige Lage gegen einander unverändert bleibt. Diese
auf den ersten Augenblick überraschende Schnelligkeit der Bewegung
ist aber auch erforderlich um bei einer Drehung von 90°, wenn also
die Polarisationsrichtung des analysirenden Apparates senkrecht auf
derjenigen steht, welche der Lichtstrom bei der ersten Beobachtung
hatte, den um 180° von A entfernten complementären Farbenton B
auf die Stelle nächst der Mittellinie zu bringen, welche vorher der
Ton A einnabm.
9. Mit den gegenwärtigen Bemerkungen sind immer noch nicht
alle sonderbaren Beziehungen erörtert, die sich mir darboten, und
welche ich nicht anderwärts bemerkt fand. Möchte sich bald ein
Freund dieser schönen Erscheinungen finden, der sie weiter untersuchte
Die konische Refraction am Diopsid.
129
und mit möglichster Ausführlichkeit darstellte. Zwei Erscheinungen
sind indessen gar zu auffallend, als dass ihrer hier nicht doch mit
wenigen Worten gedacht werden sollte, nämlich die so scharf
ausgesprochenen schwarzen Linien, welche den Lichtring
radial durchsetzen, auf welche Herr Plateau aufmerksam
machte, und den dunklen feinen Kreis im Lichtring von
Herrn Prof. Poggendorff *). Der letztere erscheint wohl vorzüg
lich deutlicher diesseits und jenseits der deutlichsten Sehweite des
Lichtringes und hat, wenn die kleine Lichteinfallsöfifnung dem
Mikroskope genähert wird zu beiden Seiten schwache blaue, wenn
sie entfernt wird eben so zu beiden Seiten rothe Dispersionssäume,
während sich die entgegengesetzten rothen und blauen Säume zu
innerst und zu äusserst der ganzen Erscheinung des dann eigent
lich concentrischen Doppelringes finden. Übrigens geht, wenn man
die Loupe nähert oder entfernt, jede der beiden durch den dunkeln
Streif getrennten krummen Lichtlinien für sich und entgegengesetzt
der andern in eine Conchoide über, zum Beweise, dass die Axe des
Cylinders nicbt zugleich die Axe des Kegels ist, sondern dass sie
unter einem, wenn auch ganz kleinen Winkel divergiren, obwohl
beide Axen in der Ebene der optischen Axen der Platte liegen. Die
radialen Streifen hatte auch Herr Regierungsrath v. Ettingshausen
als einen sehr der Erklärung bedürfenden Gegenstand bezeichnet.
Ich möchte hier nur beifügen, dass man sie sehr deutlich bei Anwen
dung eines Mikroskopes bei 56facher Vergrösserung wahrnimmt,
sei es in den farblosen Ringen im gewöhnlichen Lichte, sei es in den
beiden senkrecht auf einander polarisirten Lichtströmen des Dop-
pelspathes, sei es endlich farbig durch dichromatische Platten vor
der kleinen Lichtöffnung, oder durch die gyroidische Polarisation
der Bergkrystallplatte wie in Pig. 9 und Fig. 10. Nicht nur bei den
vollkommen gebildeten Lichtringen sieht man sie, sondern sehr deut
lich schon an den über einander liegenden Bildern der Lichtöffnung,
in der Richtung der Mittellinie oder nahe derselben betrachtet, aber
etwas ausserhalb der deutlichsten Sehweite.
10. Die oben Fig. 7 erwähnten Ellipsen bilden die Grenze einer
R.eihe von Erscheinungen, deren Anfang jenseits des vollkommen
1 ) M o: g n o , Repertoire d'Optique moderne. I, 98.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft.
9
130
Haid in ge r. Die konische Refraction am Diopsid.
deutlich sichtbaren Punktes ein Kreuz von zwei über ein-
Fig. 11.
ander liegenden schma
len Bändern, Fig. 11 ist, die
bereits sehr deutlich die auf den
langem Seiten senkrecht ste
henden Streifen zeigen. Aus den
Lichtbändern bildet sich, wenn
man den Krystall gegen die Rich
tung der optischen Axe fort
schreitend mehr und mehr neigt,
E
allmählich der Lichtring. Je kleiner die Öffnung, desto mehr kommt auch
besonders im Mikroskop die Erscheinung von Lichtstreifen. Als Vor
bereitung zu einer Erklärung der einen wie der andern möchte ich sie
mit den Zantedeschi'schen Longitudinalstreifen des Speetrums,
oder mit den von P e c 1 e t beschriebenen Linien *) in Beziehung stellen.
11. Man sieht die Longitudinalstreifen sehr schön mit
freiem Auge durch ein Prisma gegen eine so weit entfernte Ker
zenflamme hinblickend, dass sie ebenfalls von dem freienAuge direct
besehen nur als eine runde Scheibe, der Pupille entsprechenderscheint.
Die Streifen gehen durch das ganze Spectrum; an der äussersten Kante
wo man nur mehr das Roth als die am wenigsten abgelenkte Farbe
sieht, zeigt ein schönes PIössEsches Prisma von 60° einen mittlern
hellen, dann zwei dunkle, dann wieder zwei helle Streifen, die
dunkeln Streifen an den Grenzen hellerer und weniger heller Tlieile
des betrachteten hellen Gegenstandes, gerade wie die namentlich
von Knochenhauer gegebene Erklärung jener Streifen durch ein
Fernrohr betrachtet. Die feinen Streifen in den Ringen der konischen
Refraction würden also am Ende durch Dispersionsränder erfolgen,
ursprünglich veranlasst durch die Begrenzung der kleinen Öffnung,
durch welche die Lichtwelle in den Krystall tritt.
*) Moigno, Repertoire d’Optiqne moderne. II, 616.
H a i d i n g e r. Die Lichtabsorption des Cadmacetits, u. s. w.
131
Die Lichtabsorption des Cadmacetits, der Krystalle des
essigsauren Cadmiumoxydes.
Von dem w. M. VS. Hai ding er.
Welcher Physiker hätte nicht längst als pium desiderium an die
Möglichkeit eines Krystalles gedacht, der von zwei senkrecht gegen
einander polarisirten Lichtströmen den einen hindurch iiesse, den
andern vollständig absorbirte, der also ähnlich dem altbekannten
Turmalin, dem in neuerer Zeit entdeckten Herapathit, abgesehen von
der Farbe, oder überhaupt einem gleich von der Natur gegebenen
Nichol’schen Prisma gliche!
Wenn auch nicht ganz vollständig, doch sehr nahe, näher
wenigstens als irgend ein anderer bekannter Krystall, unter gewissen
Verhältnissen in der That selbst ganz vollständig, kommt einem
solchen Ideal das kürzlich von Herrn Karl Ritter v. Hauer zuerst
dargestellte essigsaure Cadmium, zusammengesetzt nach der Formel
C 4 H 3 CdO t 3Aq; indem es ganz farblos ist, und doch nach den
drei senkrecht auf einander stehenden Elasticitätsaxen verschiedene
Lichtabsorption zeigt, nach einer derselben in bedeutendem Grade.
Nichts schien auf den ersten Blick bei diesen wohlgeformten
graulichweissen öfters zolllangen und zwei bis drei Linien dicken
Krystallen auf besonders merkwürdige optische Verhältnisse hinzu
deuten.
Als ich aber wenigstens vorläufig den Charakter der doppelten
Strahlenbrechung in zwei Bildern, welche durch ein von der Länge der
Krystalle parallelen Flächen gebildetes brechendes Prisma hervorge
bracht werden prüfen wollte, war ich sehr überrascht nur ein einziges
Bild zu erhalten, welches indessen und zwar nahe in der Richtung
derAxe der Krystalle vollkommen polarisirt war. Nur in ganz dünnen
Krystallen zeigte sich das zweite, stärker gebrochene Bild deutlich,
in den dickeren war es entweder ganz vollständig oder wenigstens
bis auf eine ganz schwache Spur absorbirt. Und dies alles bei voll
kommener Farblosigkeit, die Absorption der zwei senkrecht auf
einander polarisirten Strahlen verschieden, aber doch durch das
ganze prismatische Spectrum hindurch gleichförmig stattfindend.
9*
132
H a i d i n g- e r. Die Lichtabsorption des Cadmacetits,
Nun war es höchst einladend, die weitern Verhältnisse zu ent
wickeln. Zuerst für die Orientirung derLagedie regelmässigen Formen.
Eine spätere genaue Bestimmung den Forschern überlassend,
welche mit einem Reflexions-Goniometer zu arbeiten gedenken, wandte
ich die, der hochverehrten Classe von mir am 5. October 1854 vor
gelegte graphische Methode der Entwickelung und Messung an. Das
Ergebniss derselben war so günstig, dass ich wünschen muss, als
Empfehlung zur Anwendung derselben, den ganzen Vorgang hier
mitzutheilen.
Fig. 1.
Die Symmetrie der Krystalle zeigte so
gleich den Charakter des augitischen Krystall-
systems. Man musste also die Projection auf
der Längsfläche zu entwerfen beginnen, um die
Abweichung der Axe und die Winkel der Hemi-
domen kennen zu lernen.
ln der Stellung I erhielt ich die Linie CD
und DI, die verlängert und mit einem Trans
porteur gemessen Winkel von 100° und 80°
einscliliessen, daher die Abweichung der Axe
10° = MAP Fig. 3 beträgt.
In der Stellung II erschien die Projection
von -\-H als Linie AB, der
Winkel J57=135«10'; der
Winkel BAM =44° 50'.
In der dritten Stellung III
war GI1 die Projection derCom-
binationskante zwischen der vor
dem Fläche von oo A und der
rückwärtigen Flächeeines Augi-
toides. Eine Parallellinie durch
den Punkt D gezogen traf die
Axenlinie AÄ in A' genau in
der doppelten Entfernung von
AM. Da nun A'F die Lage der
Combinationskante des Augitoi-
des hat, welches mit parallelen
Combinationskanten zwischen
der Base 0 und oo^l liegt, so
der Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes.
133
ist DF die Lage der rückwärtigen
Axenkante desselben, und das Augitoid
selbst unmittelbar entwickelt — —A,
wenn das vordere Hemidorn -|- H ist.
Eine Stellung IV gab den Win
kel von o© A gegen die anliegende
Fläche von ooA = 135° 30'.
Eine Stellung V gab den Winkel
an der Axenkante von —A, deren
Projection in Fig. 2 durch DF ausge
drückt ist = 60°.
Da ich die Messungen nur für
annähernde nahm, so begnügte ich
mich, in den Ausdrücken für die Axen mit der ersten Decimalstelle.
Die Abweichung von 10° hätte das Verhältniss von a:d = 5-671
erfordert, wobei ich die logarithmische Entwickelung Kürze halber
übergehe; dem Verhältniss von a = 5‘7 entspricht ein Winkel der
Abweichung von 9°57'.
Man hat ferner
b = a tang (JPAM + MAB) — 1
= 5-7 x tang (9» 57' + 44» 50') — 1,
daraus folgt b = 8-075 — 1. Nimmt man wieder 6=7 ohne Deci-
malstellen, so folgt der Winkel MAB = 44°34'.
Zur Bestimmung von c hat man
c = b cos 9» 57' X tang 22» 15'; c also = 2-822.
Ich nahm 2'8 und hatte also
a : b:c:d = 5-7:7:28:1;
für c = 2-8 ist aber der Winkel des Querschnittes statt 22° 15' nur
22° 6' oder 00 A = 135°48', und dessen Supplement = 44° 12'.
Vermittelst der Formel (Handb. d. bestimm. Mineralogie, p. 144)
, a 2 (6 a - c a ) - c 3 (J — d) 2
C0s y — a 2 (b 2 + c 2 ) + c 3 (5 - d) 2
fand sich die Axenkante y' = 59° 39'.
Fig. 3.
A
134
H a i d i n g e r. Die Lichtabsorption des Cadmacetits,
Diese Axenkante ist um 0° 21'kleiner als die Messung. Aber es
war auch durch die Annahme von c = 2-8 statt = 2-82, der scharfe
Winkel des Querschnittes von oo A statt 44° 30' nur 44° 12', also
ebenfalls schärfer.
2-82 S9° 39'
Der Ausdruck X tätig —^— gehört aber zu tang 30°.
Man braucht also nur in dem Grundverhältnisse wirklich das
gefundene 2 - 82 für c setzen, also :
a:b: c:d — 8-7 : 7 : 2-82 :1,
um in dem Kantenwinkel von 60° einen Controlwinkel zu haben, der
bis auf die Minute übereinstirnmt. Es sind nach dem eben entwickel
ten Grundverhältnisse:
die Winkel: gemessen:
O-.ooII 100°
H: oo H 135° 10'
. (scharfen ) 44° 21'
oo Länder! , „ !Kante.„„
|stumpfen ( 135» 39'
— A : — A (Kante ?/') 60° 0'
berechnet:
99° 87'
135« 26'
44» 21'
13S» 39'
60» 0'
Gewiss will ich nicht dieser grossen Übereinstimmung einen höhe
ren Werth beilegen, als sie wirklich besitzt, wenn die ursprüngliche
Schätzung der Winkel keinen Anspruch auf eine entsprechende
Genauigkeit machen kann, wie dies auch erst kürzlich Herr Bra
vais, aus Veranlassung von Untersuchungen schliesst, deren Zweck
war zu erforschen, in wie ferne das Auge im Stande sei, den Paral
lelismus zweier gerader Linien zu beurtheilen. Auch nach Herrn Elie
de Beaumont erscheint eine Linie nicht mehr horizontal, wenn sie
um 0° 10' von dem wahren Horizont abweicht 1 ). Dennoch spricht
sie so sehr für die Anwendbarkeit des graphischen Verfahrens der
Entwickelung und Messung von Krystallen , vorzüglich wenn die
Flächen nicht den höchsten Grad von Vollkommenheit besitzen,
dass ich gerne der genaueren Darstellung des Verfahrens einige
Zeilen widmen wollte, als Anregung für jüngere Forscher.
Die Lage der Elasticitätsaxen ist, übereinstimmend mit den zahl
reichen von Herrn Professor Miller nachgewiesenen Fällen, in
1 ) Bericht von Herrn Elie de ßeaumonl in der Sitzung der Academte des
Sciences in Paris am 19. März 185o. — Moigno, Cosmos. 4. Annee. 6. Vol.
pag. 330.
der Kryslalle des essigsauren Cadmiumoxydes.
135
keiner einfachen Beziehung des Parallelismus zu den Hauptlinien
der Krystalle, denn nur eine derselben fällt mit der krystallogra-
phischen Queraxe zusammen.
Nach den Elasticitätsaxen sind die
Bilder der dichroskopischen Loupe in
Fig.4 orientirt, welche die Projection des
gewöhnlichen Krystalles auf der Längs
fläche oder der Ebene der Abweichung
darstellt. Auf Fig. 2 bezogen macht eine
der Elasticitätsaxen NO mit der krystal-
lographischen Axe AA' einen Winkel
A'AO von etwa 12° und zwar in ent
gegengesetzter Lage des Perpendikels
AP auf die Base 0, deren Projection
hier CD ist.
Die Helligkeit der Töne der Durch
sichtigkeit ist nun folgende:
a mehr absorbirt als b, etwas mehr als c, dunkelster!
b am wenigsten absorbirt, hellster > Ton.
c mehr absorbirt als b, mittlerer )
Man beobachtet die Unterschiede leicht, wenn man die Kry
stalle in der, in der Figur angedeuteten Stellung durch die dichro-
skopische Loupe betrachtet, und ist besonders durch den sehr starken
Gegensatz der Helligkeit der beiden Bilder a und b in einer gegen
die krystallographische Hauptaxe etwas schiefen Stellung überrascht.
Bedient man sich statt der dichroskopischen Loupe einfach eines vor
das Auge gehaltenen Turmalinplättchens, und betrachtet den, in der
Entfernung des deutlichen Sehens dahinter gestellten Krystall, in den
beiden durch die Polarisationsrichtung von a und b in Fig. 4 ange
deuteten senkrecht auf einander stehenden Lagen, so erscheint der
Krystall in der einen vollkommen durchsichtig, in der anderen aber
nahe undurchsichtig, und so dunkel grau, dass man an Schwarz
erinnert wird , wenn auch bei einer Dicke von nahe vier Linien
diese totale Absorption noch nicht erreicht schien.
Da aber die Krystalle zum Theil nur von ziemlich unvoll
kommenen Flächen begrenzt sind, so stellte ich zur vorläufigen Prü
fung der Stärke der Absorption und in Folge derselben, der Beinheit
136
Haidinger. Die Lichtabsorption des C.'idinacelits,
des polarisirt durchgelassenen Lichtstromes folgenden Versuch an:
Auf eine der durch oo A bezeichneten Krystallflächen klebte ich mit
Canadabalsam in Äther gelöst, sehr dickflüssig, eine Glasplatte. Auf
die mit derselben den Winkel von 44° 30' einschliessenden Fläche
desselben Prismas, welche also von der vorhergehenden durch die
Querfläche oo II getrennt ist, klebte ich ein Glasprisma von 4ö°, so
dass das Krystallprisma achromatisirt war.
In der Richtung des Strahles konnte man heim Hindurchsehen
durch die nahe parallelen Flächen entfernte Gegenstände vollkommen
deutlich ausnehmen. Wurde nun eine dichroskopische Loupe in die
Sehrichtung gebracht, so verschwand das eine senkrecht auf die
Polarisationsrichtung des Salzes polarisirte Bild derselben vollständig,
so dass nicht die geringste Spur desselben übrig blieb, gerade als
ob man die beiden Bilder durch ein Nichol’sches Prisma betrachtet
hätte. Dennoch hatten nur etwa zwei Linien Dicke des Salzes
gewirkt, denn die ganze aus dem Krystallprisma und dem Salze
bestehende Platte war nicht dicker als vier Linien, und zwei
Linien wurden ungefähr von dem achromatisirenden Glasprisma ein
genommen.
Ich beschränke mich gegenwärtig auf die vorstehenden Anga
ben, welche, so viel mir seheint, dazu ganz geeignet sind, die
höchste Aufmerksamkeit der Physiker für die in Rede stehenden
Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes zu erregen. Vieles fehlt
indessen noch zur genaueren Charakterisirung, auf das ich später
zurückzukommen hoffe, da Herr v. Haue r bereits eine neue Menge
des Salzes zur Krystallbildung angesetzt hat. Heute möchte ich nur
noch für dasselbe, und da ich hoffe, dass es zwar nun zum ersten
Male, aber später noch sehr oft genannt werden wird, den specifi-
schen Namen Cadmacetit vorschlagen, der übrigens in etimolo-
gischer Beziehung für sich selbst spricht.
Namentlich hoffe ich, dass es möglich sein wird, aus den
grösseren nun zu erwartenden Krystallen zu Polarisationsversuchen
taugliche Platten zu erhalten. Einstweilen dient es als Beispiel der
gleichzeitigen Existenz von dreierlei Graden von Absorption nach
den drei senkrecht auf einander stehenden Elasticitätsaxen bei voll
kommener Farblosigkeit. Es war mir nicht möglich die geringste
Abweichung von reinem Weiss oder Grau, überhaupt von „Farblos“
wahrzunehmen.
der Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes.
137
Zweierlei Grade von Absorption an einaxigen Krystallen bei
vollkommener Farblosigkeit, wenn auch von minderer Intensität, hat
indessen bereits Herr Dr. Beer, und zwar am Kalkspath erwähnt,
indem er an einer Varietät das ordinäre, in der Richtung der Axe
polarisirte Bild grau, das extraordinäre, senkrecht auf die Axe pola-
risirte vollkommen weiss fand t ).
Die folgenden Angaben über die chemischen Verhältnisse des
Cadmacetits verdanke ich dem Darsteller desselben, Herrn k. k. Haupt
mann Karl Ritter v. Hauer, dem gegenwärtigen, ausgezeichneten
Vorstande des chemischen Laboratoriums der k. k. geologischen
Reichsanstalt.
Das Metallderivat der Essigsäure mit Cadmiumoxyd bildet nach
einer Angabe von Stromeyer Krystalle, und zwar kleine, stern
förmig zusammengehäufte Nadeln. Nach den Angaben von Meissner
und John ist es nicht krystallisirbar, sondern bleibt beim Abdampfen
seiner wässerigen Lösung als eine gallertartige Masse zurück *).
Eine neuere Arbeit über dieses hiernach in Frage gebliebene
Salz existirt nicht.
Wiederholte Versuche führten mich zu dem Resultate, dass
beide der obigen Angaben in gewisser Beziehung ihre Richtigkeit
haben. Denn erstlich gelang es, die zur Bildung des Salzes in kry-
stallinischer Form günstigen Bedingungen so weit zu erforschen,
dass das Erhalten schöner Krystalle nicht mehr vom Zufalle abhängig
erschien, wodurch die Existenz dieses Individuums ausser allen
Zweifel gestellt ist; andererseits zeigte sich jedoch, dass beim Ab
dampfen der wässerigen Lösung desselben in der Wärme, besonders
wenn keine freie Säure zugegen ist, eine Krystallbildung nicht statt
findet.
Zur Darstellung der Lösung ergab sich als am zweckmässigsten
die Anwendung von Cadmiumoxyd, erhalten durch Glühen des kohlen
sauren Oxydes, welches von der Essigsäure, namentlich in der
Wärme, leicht aufgesogen wird. Behandelt man unmittelbar kohlen
saures Oxyd mit Essigsäure, so geht die Zersetzung auch wenn die
Säure eoncentrirt ist, sehr flau vor sich; es bildet sich ein volumi
nöser, schwer zerstörbarer Schaum, welcher die Anwendung sehr
grosser Gefässe nothwendig macht, um das Übersteigen zu verhüten
*) Boggendorffs Annalen, 1851. Bd. 82, S. 429.
138
H a i d i n g e r. Die Lichtabsorption des Cadmacelits,
und es bedarf bei grösseren Quantitäten tagelanges Digeriren in der
Wärme, um die Säure annähernd zu sättigen.
Dampft man die erhaltene Lösung in der Wärme ein, so
bekommt dieselbe nach und nach die Consistenz eines dicken Gummi,
und trocknet endlich weiter ein , ähnlich der essigsauren Magnesia,
ohne zu krystallisiren. Lässt man jedoch eine bis zur Syrupdicke
eingedampfte Lösung möglichst langsam erkalten, und ist die Lösung
stark sauer, so erhält man stäts Krystalle. Ein eigentliches weiteres
Aufziehen schon erhaltener Krystalle gelang mir bisher nicht; denn
legt man solche Krystalle in frische, dem Krystallisationspunkte nahe
gebrachte Lösungen, so werden sie von neu sich bildenden Indivi
duen inkrustirt, ohne weiter anzuwachsen. Es müssen daher grosse
Krystalle gewissermassen in einem Anschüsse erhalten werden.
Dies wird dadurch ermöglicht, dass die Löslichkeit des Salses in der
Hitze eine sehr bedeutend höhere ist, als in der Kälte. Es sind
sonach drei Hauptbedingungen, welche die Darstellung grosser, gut
ausgebildeter Krystalle befördern :
1. Den richtigen Punkt zu treffen, bis zu welchem die freie Säure
des Salzes eingedampft werden soll. Hat man zu weit ein
gedampft, so schiessen beim Erkalten zu viele Krystalle an,
die Individuen haben keinen Raum zu ihrer Entwickelung und
bilden eine verworrene Masse. Ist hingegen die Lösung vor
dem Erkaltenlassen noch zu wenig concentrirt, so bilden
sich wohl einige Krystalle, dieselben erreichen aber keine
ansehnliche Grösse. Im ersteren Falle fügt man daher etwas
Wasser zu, erwärmt neuerdings bis zur Lösung des Ganzen,
und lässt erkalten. Im zweiten Falle dampft man etwas weiter
ein. Diese Operationen lassen sich mit derselben Quantität
beliebig oft wiederholen, und es gelingt daher stäts schöne
Krystalle zu erhalten.
2. Ein möglichst langsames Erkaltenlassen, welches im Verlaufe
durch Anwendung künstlicher Kältemischungen gesteigert
werden kann.
3. Anwendung einer grossen Quantität, denn diese ermöglicht, wie
überhaupt bei allen Salzen das Erhalten grösserer Krystalle,
und dann erleichtert es ein langsames Erkaltenlassen.
Es gelang mir auf diese Art bereits Säulen von der Länge eines
Zolles zu erhalten, indem ein halbes Pfund des Metalles angewendet
der Krystalle des essigsauren Cadmiumoxydes.
139
wurde. Da ich in diesem Augenblicke eine Lösung von mehreren
Pfunden in Arbeit habe, so wie mit einer künstlichen Färbung der
Krystalle beschäftigt bin, so müssen weitere Details einem späteren
Berichte Vorbehalten bleiben.
Die chemische Zusammensetzung des Salzes ergab sich gleich
der des essigsauren Zinkoxydes nach der Formel:
C 4 H 3 Cd0 4 + 3Aq.
für den lufttrockenen Zustand desselben. Da die Essigsäure eine
einbasische Säure ist, so schien es vor der Hand genügend nur die
Menge des Oxydes zu bestimmen.
1-561 Gramm in Wasser gelöst und mit Kalihydrat gefällt,
gaben 0-699 Gramm = 44-78 Procente Cadmiumoxyd.
1-458 Gramm gaben 0-659 Gramm — 45-19 Procente Oxyd.
Dies gibt im Mittel 44-98 Procente Cadmiumoxyd.
Theorie Versuch
1 Atom CdO 64 45-07 44-98
1 „ C 4 H 3 0 3 51 35-91 35-84
3 „ HO 27 19 01 19 18
C 4 H 3 Cd0 4 + 3 Aq. 142 OOdTO lÖFoT
Beim Trocknen über Schwefelsäure verwittert das Salz, an
trockener Luft ist es unveränderlich, an feuchter zerfliesslich.
140
Zantedeschi. Deila interferenza luminosa,
SITZUNG VOM 19. APRIL 1855.
Eingesendete Abhandlung.
Deila interferenza luminosa, che presenta il filo metallico
comune d due circuiti chiusi, e dello stato d incandescenza
delle parti del circuito, che non sono comuni ad ambedue ; con
alcune osservazioni sulla natura delT elettrico, calorico e luce
e della loro reciproca dipendenza,
di Zantedeschi.
Lo studio dei fenomeni luminosi e calorifici, che presentano i
circuiti chiusi metallicamente, e comunicanti fra di loro, riesce della
piü alta importanza, poiche sembra, ^
che possa spargere qualehe luce sulla
natura di questi agenti e sulla loro
dipendenza dalla elettricitä.
II filo, che chiudeva i poli dei
due elettromotori, e rappresentato da
CB AG, DB AE. In questi due cir
cuiti, AC e la parte di filo comune.
Esso era di platino del diametro di
inezzo millimetro crescente, AB era
della lunghezza di sette eentimetri, e
ciascuna delle parti CB, BD, EA,
GA di tre eentimetri, non compresa
la porzione immersa nel mercurio in
G, E, D, C. Gli elettromotori, dei
quali io feci uso, furono alla Grove e
alla Bunsen che uscirono dalle rino-
mate ufficine di Duboscq e Ruhmkorff
di Parigi. L' elettromotore alla Grove
era composto di 10 elementi, caricato
con acido azotico di 45« B. e con
che presenta il filo metallico comune a’ due circuiti chiusi, ecc.
141
acqua acidulata eon acido solforico, che segnava 12« B. Lo zinco con
nitrato di mercurio era stato perfettamente amalgamato. E la pila
alla Bunsen era formata di 19 elementi caricati egualmente di acido
azotico e di acqua acidulata con acido solforico al medesimo grado.
Con ciascuno dei due elettromotori ho successivamente esplorata
l’azione calorifica e 1’ incandescenza.
Chiuso il circolo in G e C coli' elettromotore alla Grove ehhi
l'incanlescenza di tutto il filo GABC sino al bianco, comunquesi fosse
la corrente diretta da G in ABC, ovvero da C in BAG. Identici effetti
10 m’ ebbi collo stesso elettromotore, compiendo il circolo in E e D e
dirigendo la corrente positiva tanto da .Ein ABD, quanto da D in BAE.
Rinnovati gli stessi identici esperimenti coli’ elettromotore alla
Bunsen, non bo potuto avere che l'incadescenza della solla parte di AB
e solo portata al calor rosso.
Assicuratomi della costanza di questi effetti, feci trapasso all’
esperimenti delle due simultanee opposte correnti, dirigendo quella
fornifa dall’ elettromotore alla Grove da C in BAG, e quella fornita
delP elettromotore alla Bunsen da E in ABD. Compiuto da prima il
circolo coli’ apparato alla Grove in G, C colla corrente diretta da C in
BAG, ed ottenuta l’incandescenca al bianco di tutto il filo, ho chiuso
11 circolo coli' elettromotore alla Bunsen, dirigendo la corrente da E
in ABD. Subito 1’ incandescenza di AB diminui, e per gradi in alcuni
secondi si ridusse ad una temperatura del calor oscuro , ma perö supe-
riore ben di molto a quella dell" aria ambiente, che era circa di 1 0 R.
come lo dimoströ il termometro, senza che perö abbia potuto determi-
nare la sua precisa temperatura. E frattanto le parti GA, BC con-
servarono perfettamente la loro incandescenza at bianco, e rimasero
tuttavia oscure le parti EA, BD. Tutto il filo adunque, EABD, si
conservö osouro in confronto delle porzioni di filo GA, BC, che erano
incandescenti al bianco.
Questo fenomeno, che mi ha sorpreso, e che recö meraviglia a’
miei uditori, che assistevano alla lezione del 13 Febrajo 1S5S, mi fece
ripetere piü volte 1’ esperienza, per comprovarne la costanza. Assicu
ratomi di questa , per verificare in un modo assoluto, se sul filo AB
coesistevano le due opposte correnti, ovvero se non ne esisteva alcuna,
tagliai il filo AB, ed allora si resero incandescenti ancora le parti
EA, BD. M'ebbi adunque incandescenti al rosso i fili CBD, GAE.
Prova evidente, che le correnti circolavano nei due elettromotori
142
Z ante des ch i. Deila interferenza luminosa,
sommandosi; ma prova ancora evidente che il filo AB non rimane
estraneo alle due opposte correnti, ossia che il filo AB si presto al
simultaneo passaggio delle due opposte correnti. Era stato indotto ad
arnmettere questo risultamento da tutti i precedenti miei studii, ed
ancora dal vedere BD, AE oscuri, mentre erano incandescenti CB
ed AG. Non poteva, io comprendere, che circolando le due correnti
per CBD, EAG, lasciato anche parzialmente da parte AB, potes-
sero conservarsi incandescenti GA, CB; ed oscure le parti BD
ed AE. Ma F argumentum crucis si fu quello del taglio del
filo AB.
Questoinaspettato fenomeno delle due incadescenze parziali divise
dal filo oscuro comune alle due opposte correnti mi confermö nelle
mie dottrine dinamiche, che luce e calorico non sieno, che effetti
secondarii delle correnti elettriche, che movimenti vibratorii prodotti
nei sistemi molecolari dei corpi dai ripetuti impulsi delle onde elet
triche. Il carattere delle correnti elettriche e vibratorio, come mi sono
convinto da miei esperimenti. Nel carattere adunque vibratorio vi e la
causa sufliciente dei ripetuti impulsi, e nei ripetuti impulsi, la cagione
sufliciente dell’ esaltamento delle vibrazioni de’ gruppi molecolari de
corpi. Fino a che non sia oltrepassato il limite della elasticitä, i gruppi
molecolari tolti dalla loro naturale posizione vi saranno richiamati dalla
forza attrattiva.
Ora nella parte del filo comune alle due correnti, i gruppi mole
colari saranno sottoposti ad impulsi uguali e contrarii, nelf ipotesi
che le due sincroniche correnti, sieno di eguale intensitä; e in questo
caso non vi sarä ne luce ne calorico sulla porzione di filo comune alle
due correnti, dovendosi trovare i sistemi molecolari in una condizione
d equilibrio. Ma nelf ipotesi che le correnti sieno di ineguale intensitä,
ineguali saranno pure gli impulsi impressi, e perciö i gruppi molecolari
oseilleranno nella direzione dei prevalenti impulsi colla differenza di
azione di questi sopra di quelli. In questo caso nel fdo comune alle
due correnti esisteranno per lo meno vibrazioni calorifiche oscure;
dico per lo meno vibrazioni calorifiche oscure, perche vi potrebbero
essere ancora, secondo il diverso grado d’intensitä, delle vibrazioni
luminose. Nel caso mio non vi ebbero che vibrazioni oscure calorifiche,
dimostrate dal termometro; e ai due lati GA, BC F azione calorifica
era cosi intensa da fondere il cristallo dei recipienti, ripieni di mer-
curie, col quäle si chiudeva il circolo.
che presenta il iilo metallico comune a’ due circuiti cliiusi, ecc.
143
L’ oscuritä completa del filo comune AB, mi fece escludere
l'ipotesi, che le due opposte correnti avessero a camminare ai due lati-
opposti del filo comune, imaginando un piano verticale, che Io ävesse
a dividere in due semicilindri eguali, perehe in questa ipotesi le in-
tensitä luminose avrebbero dovuto apparire concentrate ä questi due
latiopposti; rimasi perciö fermo nell' idea del principio dei piccoli
moti sovrapposti, come bo scritto nella mia precedente Memoria (Atti
delle adunanze del Gennajo 18 5 S dell’ I. R. Istituto
Veneto) sul sincronismo del passaggio delle due op
poste correnti nel conduttore comune ai due circuiti
chiusi ed isolati dalla terra.
Dopo tutto questo, credo, cbc apparisca chiaro il concetto, che
10 mi sono formato della eiettricitä, del calorico e della luce. L’ elet-
trico e materia elastica sollecitata da un moto di projezione, dovuto
all' esereizio della sua crescente elasticitä nella progressiva sua divi-
sione. II calorico e la luce non sono che effetti, o moti vibratorii, delle
ripetute projezioni di materia in condizione elastica, che non ha per
Inco acquistato quel sommo grado, che e contrasegnato dall'irraggia-
mento proprio al calorico e alla luce.
Da cib si puö dedurre come 1’elettrico generi calorico e luce;
e come luce e calorico possano ancora produrre elettrico. Materia
elastica in projezione, od onde di correnti elettriche, esaltano il
moto vibratorio spontaneo dei corpi, o generano calorico e luce od
esaltate vibrazioni dei movimenti spontanei oscillatorii dei sistemi
molecolari, che recano in condizione elastica la materia aggregata.
L’ antegonismo delle due forze attrazione ed elasticitä, e il conse-
quente moto intestino molecolare de’corpi pare sia il ■ fondamento
d’ ogni fenomeno.
Sostituiti al Iuogo del filo .42? due tili paralleli della stessa natura
di AB, diametro e lunghezza, e portati ad un apparente conlatto, ho
vedutoclie l’intensitä della incandescenza nelle parti attigue era mag-
giore della intensitä della incandescenza nelle parti esterne anche
nel case che le due correnti camminassero in direzione opposta.
11 che dimostra come questo caso meriti di essere distinto dal primo.
ln altro mio scritto divo’ de’ lavori de' Fisici in questo argomento.
144
Reuss. Paläontologische Miscelten.
SITZUNG VOM 26. APRIL 1855.
Eingesendete Abhandlungen.
Pal ä ontologische Miscellen.
Von dem w. M„ Prof. Dr. Reuss in Prag.
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)
Diese Abhandlung enthält vier von einander unabhängige Auf
sätze. Im ersten wird ein im Prager Museum aufgefundener Original
rest der Dronte (Dicliis ineptus) beschrieben, bestehend aus dem
Oberkiefer, dem Zwischenkiefer, den Nasen- und Gaumenbeinen. Er
stimmt mit den schon bekannten analogen Theilen des Schädels von
Oxford und Kopenhagen überein, dürfte aber einem besonders alten
Individuum angehört haben.
Der zweite Aufsatz behandelt ein im Pläner von Patek in
Böhmen aufgefundenes Bruchstück des Rückenscliildes einer Seeschild
kröte, welche vollkommen mit der Chelonia Benstedi Ow. aus der
weissen Kreide Englands übereinkömmt. Es ist dies der erste in
Böhmen entdeckte Schildkrötenrest.
Die dritte Notiz gibt die Beschreibung des Lepidoderma Imhofi
Rss., eines aus dem das Hangende der Steinkohle hei Wilkischen
ohnweit Pilsen bildenden Schieferthone stammenden Krusters, der
der aus devonischen und Kohlenkalkschichten bekannten Gattung
Eurypterus sehr nahe steht, sich aber durch die feinschuppige Haut
und das Vorkommen in reinen Süsswasserschichten unterscheidet.
Das Thier scheint am meisten mit denPhyllopoden übereinzukommen;
eine sichere Bestimmung seiner Stellung ist wegen des Mangels der
Füsse, Fühler u. s. w. nicht möglich.
Im vierten Theile der Abhandlung endlich wird die Aufmerk
samkeit auf in der jüngsten Zeit im Pläner des weissen Berges bei
Hai ding er. Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls.
145
Prag gefundene Reste von Zähnen und Knochen gelenkt, welche
wahrscheinlich einem kolossalen Reptile aus der Familie der Kro-
kodilier angehören und der ebenfalls der Kreideformation eigen-
thümlichen Gattung Polyptychodon zunächst stehen dürften. Wegen
des Mangels der äusseren Schmelzfalten an den grossen konischen
Zähnen wurde dem fraglichen Thiere der Name Aptycliodon creta-
ceus beigelegt.
Die Krystalle des essigsauren Manganoxydids.
Von dem w. M. W. Uaidingcr.
Die grossen schönen Krystalle des essigsauren Manganoxyduls
verdienen wohl eine eigens denselben gewidmete Mittheilung, durch
die Leichtigkeit, mit der man sie aus verhältnissmässig kleinen Mengen
von Auflösung gross ziehen kann, durch ihre Reständigkeit an der
Luft und das schöne Rosenroth ihrer Farbe, am meisten vielleicht
durch den, wenn auch in nicht sehr dunkeln Tönen so deutlich her
vortretenden Trichroismus.
Ich hatte diesen letzteren bereits vor einiger Zeit wahrgenom
men, als mir der k. k. Herr Hauptmann, Karl Ritter von Hauer, die
ersten von ihm dargestellten Krystalle zur Ansicht überbrachte, aber
die Farbentöne waren doch noch sehr blass, da die längste Dimension
der Krystalle nicht mehr als dreiviertel Zoll betrug, und ich bat ihn
daher recht dringend, Alles anzuwenden, um grössere Krystalle zu
erhalten, was ihm denn auch vorzüglich gut gelang.
Man kann nicht Studien über den Trichroismus machen, ohne
zugleich sich in den regelmässigen Formen zu orientiren.
Die Hauptform der Fig. 1 war wohl bald nachgewiesen, auch
ein Paar Winkel graphisch gemessen, aber es erschien auf den
Flächen p, parallel dem Durchschnitte mit der breiten Fläche der
Krystalle ein sehr flacher einspringender Winkel. Es standen daher
mehr zeiterfordernde Arbeiten in Aussicht, als ich gerade zu beginnen
mir vornehmen konnte, und ich hoffte, einer unserer jüngeren kry-
stallographischen Freunde würde die Sache bis auf den Grund
durchnehmen.
Sitzb. (1. matliem.-naturw. CI. XVI. ßd. I. Hfl.
10
146
Haidinger.
Dies ist auch in der That der Fall gewesen und ich verdanke
Herrn Dr. Hoch st etter die im Folgenden enthaltenen Angaben.
Herr von Hauer seihst stellte dasjenige zusammen, was sich auf die
chemischen Verhältnisse bezieht, und was hier den ferneren Betrach
tungen vorangeschickt werden soll. Auf diese Art hatte sich jedoch
meine Erwartung, dass sich meine Bemerkungen nur einfach einer
Mittheilung jener Herren ansc'nliessen würden, nicht erfüllt. Alles
kam zu mir zurück, und damit auch die Veranlassung zu dem
gegenwärtigen Berichte.
„ 1. Bas essigsaure Manganoxydul. Von Karl Ritter v. Hauer.
Nach John liefert die Lösung des kohlensauren Manganoxyduls in
kochender wässeriger Essigsäure luftbeständige, durchsichtige, blass-
rotlie rhombische Tafeln, die an zwei entgegengesetzten Enden zuge
schärft sind. Das Salz enthält seiner Angabe zufolge 30 Procent
Oxydul, ist in 3‘/ 3 Theilen Wasser, und auch in Weingeist löslich.
Kl au er gibt an, es bilde büschelförmig vereinigte rhombische
Säulen, die in 3 Theilen kaltem Wasser löslich sind. Endlich existirt
noch von Fromherz eine Notiz über dieses Salz, worin er anführt,
es lasse sich dasselbe auch in farblosen Nadeln erhalten unter übrigens
nicht näher angegebenen Umständen*).
Ich habe das Salz durch Auflösen des kohlensauren Oxyduls in
concentrirter Essigsäure dargestellt. Die Essigsäure wirkt auf diese,
gleichwie auf viele andere kohlensaure Verbindungen nur langsam
ein. Die Auflösung erfordert geraume Zeit und Anwendung von
Wärme; wird diese letztere auch bis zur Siedhitze gesteigert, so
findet dennoch eine vollständige Sättigung der Säure nicht Statt.
Übrigens ist dies für die Krystallbildung durchaus nicht störend,
denn das essigsaure Manganoxydul hat, so wie viele andere essigsaure
Verbindungen die Eigenschaft, aus sauren Lösungen leichter zu
krystallisiren. Da kohlensaures Manganoxydul fast stäts eine geringe
Menge Oxyd beigemengt enthält, welches sich bei der Darstellung
desselben während dem Auswaschen bildet, so erscheint auch die
Auflösung dann nie farblos, sondern ist bräunlich, im günstigsten Falle
rosenroth. Auch durch oftmaliges Umkrystallisiren verschwindet die
Farbe nie ganz. Selbst schon fast vollkommen farblose Lösungen
setzen noch immer rosenrothe Krystalle ab. DieKrystallisation erfolgt
f ) firn ulin’« Ifsuidhiiclt der organischen Chemie. 4. Aufl., I. Th.. Seite 639.
Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls.
147
leicht beim freiwilligen Verdunsten, wie bei Anwendung gelinder
Wärme, und es lassen sich die Krystalle, wiewohl langsam, zu bedeu
tender Grösse heranziehen. Es gelang so. rhombische Blätter von
mehr als einen Zoll in der Länge zu erhalten.
Es wurde versucht, das Salz unter modificirten Umständen
anschiessen zu lassen; aus sauren, wie aus mehr neutralen Lösungen
unter Anwendung von Wärme, und durch freiwilliges Verdunsten
lassen, auch durch Concentriren und Erkaltenlassen. In allen diesen
Fällen bekam ich stäts Krystalle von der Form, wie sie John beschrieb,
und es gelang nie, das in farblosen Nadeln auftretende Salz, welches
Fromherz anführt, zu erhalten.
Behufs der Analyse genügt es, in Rücksicht, dass die Essigsäure
eine einbasische Säure ist, die Menge des Oxyduls zu bestimmen.
1429 Gramm Substanz hinterliessen nach dem Glühen 0-450 Gramm
Oxydoxydul = 29-29 Procente Oxydul.
1-343 Gramm gaben 0-417 Gramm Oxydoxydul = 28-88 Procente
Oxydul.
Daher im Mittel 29.08 Procente Manganoxydul. Dieses Resultat
führt zu der Formel:
C 4 H 3 Mn0 4 + 4 Aq.
Theorie: Versuch:
1 Atom MnO 33-6 29-03 29-08
1 „ C 4 H 3 0 3 31 41-60 41-63
4 „ HO 36 29-36 29-27
C 4 H„Mn0 4 + 4 Aq. 122-6 99-99 100-00
Für die Analyse war das Salz bei gewöhnlicher Zimmertem
peratur getrocknet worden. Durch langes Aufbewahren in trockener
Luft verliert es einen kleinen Theil seines Wassers, ohne jedoch
desshalb eine Veränderung im äussern Ansehen zu zeigen. Eine
Analyse von Krystallen, welche seit einigen Monaten aufbewahrt
worden waren, ergab 29 67 Procente Manganoxydul, was einem
Wassergehalte von nur 27-83 Procenten entspricht. Beim Trock
nen über Schwefelsäure verwittert es, bei 100° C. verliert es
sein Krystallwasser fast vollständig, und zwar binnen wenigen
Stunden.“
2. Die Krystallform des essigsauren Manganoxyduls. Von Dr.
Ferdinand Hochstetter. „Zwei- und eingliederig. (Monoklinoe
drisch, Naumann.)
10
148
Haidinger.
Fig. 1.
Folgende Winkel wurden bestimmt:
Die dünntafelförmigen
Krystalle erscheinen als
rhombische Prismen (p)
mit Abstumpfung der schar
fen Seitenkanten (ö)Schief-
endfläche (c) und hinterem
Augitpaar (o).
gemessen :
Neigungvon pzup = 130° 22'
99 99 P 99 P =Z
„ „ p „ c = 115» 25'
99 99 P 99 0 =
» w b „ c = 90» 0'
„ „ c „0 = 120» 20'
„ „ o „ p’ = 136» 18'
99 99 0 99 0 ===
berechnet:
130» 24'
49» 36'
64» 35'
136» 15'
127» 42'
Die Messungen wurden mittelst des Frankenheim’schen
Reflexionsgoniometers im k. k. mineralogischen Cabinet ausgeführt,
und immer das Mittel aus mehreren Messungen aus verschiedenen
Krystallen genommen. Ausserdem wurden noch nach Haidinger's
graphischer Methode die Flächenwinkel von c gemessen und zwar
a = 124»40', auffallender Weise aber die Winkel ß und ß' nicht
immer beide gleich, nämlich = 117» 40' gefunden, sondern bei mehre
ren grösser aufgezogenen Krystallen ß ungefähr = 116°, ß' = 119»,
als wären die Krystalle ein-und zweigliederig, ein Verhältniss, das aber
wohl in der unregelmässigen Ausbildung der bei dieser Messung in
Betracht kommenden Kanten ^ bei grösseren Krystallen durch Juxta-
position und Zwillingsbildung seinen Grund haben mag.
Die Axenzeichen der Flächen sind:
p — a: b: ooc
c — oo a: oob: c
b = oo a: b: ooc
o — a!: b: c
Aus den gemessenen Winkeln ergibt sieb das Verhältniss der
drei Axen:
a: b: c = 1: 1 907: 1 246
Die Krystalle des essigsauren Manganoxyduls.
149
Der spitze Neigungswinkel der Hanptaxe (c) zur Klino diagonale
(Axe a)
C = 61 o47',
oder die Abweichung der Hauptaxe
E - 28 »13'.
nach Mohs:
— . P-j-oo . Pr-f oo P—oo,
ooPoo
b
-P.
Bezeichnung der Gestalten:
P
2
o p
nach Naumann: oo P . oP
p o
Rammeisberg beschrieb die Krystalle zuerst als zweiglie
derig (Pogg. 90-32), neuerdings als zwei- und eingliederig (Hand
buch der krystallographischen Chemie, Seite 289), fasste jedoch die
selben diinntafelartigen Krystalle als Combination zweier Augitpaare
(p und o) und zweier Hexaidflächen (b und c) auf, von denen die
letztere c vorherrscht. Die obige Stellung scheint die naturgemässere,
zumal da unter den von Herrn Karl Ritter von Hauer dargestellten
Krystallen die Grundform (/}, c) als rhombisches Prisma mit Schief
endfläche für sich sehr schön vorkommt.
Bei Weitem die grösste Anzahl der untersuchten Krystalle sind
aber Zwillinge parallel der Schiefendfläche (c) zusammengesetzt.
Dadurch muss statt der Kante — mit 136° IS', wenn die Prismen-
V
flächen (p, p) unmittelbar zusammenstossen, eine Kante von 129°
10' entstehen, die ich jedoch nie beobachten konnte, da die Zwillinge
immer durch Individuen gebildet sind, an
Fl 9- denen das Augitpaar auftritt. Daher ent-
c 0 stehen entspringende Winkel sowohl an der
*/ /p' vorderen Seite der Krystalle durch Zusam
mentreten von p mit p , als an der hintern
° durch Zusammentreten von o und o wie in
Fig. 2. Jedoch sind zwei andere Fälle sehr
häufig. Die Flächen o und o' sind bei beiden
Individuen so ausgedehnt, dass p und p'
ganz verschwinden und so durch o und o'
, einerseits ein ein-, anderseits ein aussprin
gender Winkel von 143° 20' gebildet wird.
0>\
Fig. 3. Fig. 4.
ISO
Hai dinge r.
Fig. 3. Messungen gaben diesen Winkel in Wertlien, die zwischen
143° und 143° 40' schwankten. Oder es stossen o des einen Indivi
duums und p des andern unmittelbar zusammen und bilden dann
einen sehr stumpfen einspringenden Winkel von 172° 35' wie in
Fig. 4.
Solche Zwillingsbildungen scheinen bei grösser aufgezogenen
Krystallen sich auch mehrmals zu wiederholen. Ausserdem findet
auch eine blosse Juxtaposition in paralleler Stellung Statt.
Spaltbar nach der Basisfläche c, tafelförmig, lichtrosenroth,
durchsichtig.“
3. Der Tricliroismus der Krystalle. Den Farbentönen entspre
chend sind die optischen Elasti-
citätsaxen in folgender Weise
orientirt.
Die eine derselben c steht
senkrecht auf der Längsfläche
ooII, und liegt also parallel der längsten Linie in den Krystallen, oder
der krystallographischen Queraxe, von den andern beiden, welche in
der Ebene der Abweichung liegen, steht die eine a nahe senkrecht
auf der Basis o, die andere b steht senkrecht auf a und c.
Die Krystalle zeigen folgende Farbentöne :
Kleinere,
3 A" liln S e ( =!
Grössere,
l 1 /»" lange
Axenfärben
a
Axe
Farblos
Hell rosenroth
Hellster
b
Normale
Weiss, in sehr blas-
sesViolett geneigt
Tief rosenroth in das
Kermesinrothe
geneigt
Mittlerer
c
Queraxe
Gelblich weiss
Gelblich roth zwi
schen fleischroth
und honiggelb
Dunkelster
T
Der Farbenton a ist sehr viel heller als b und c, die beiden
letzteren stehen sich an Intensität sehr nahe, doch erhält man deutlich
die angegebene Verschiedenheit, wenn man ziemlich gleiche Dicke
von Krystallen vergleicht.
Im Ganzen erscheinen die Krystalle mehr oder weniger tief
rosenroth, ganz feine tafelartige Krystalle wohl sehr blass. Sehr nette
Die Krystalle des essigsauren Manganoxydul. 151
Krystalle befanden sich auch in der von Herrn Professor Böttger
der k. k. geologischen Reichsanstalt gesandten Sammlung.
Zur Untersuchung der Brechungsexponenten bereitete ich drei
Prismen vor, zwei parallel der Axe a anschliessend, gleichgeneigt an
die Diagonalen b und c, aus welchen augenscheinlich folgte, dass der
senkrecht auf a polarisirte Strahl, der am wenigsten gebrochene oder
abgelenkte ist, und eines in horizontaler Lage parallel der krystallo-
graphischenQueraxe c anschliessend gleichgeneigt an die Diagonale b,
woraus sich eben so deutlich der senkrecht auf b polarisirte Strahl
schwächer gebrochen herausstellte, als der senkrecht auf c polarisirte.
Senkrecht auf b steht also die Ebene der optischen Axen. Die Absorp
tion folgt übrigens sehr gut dem Babinet’schen Gesetz, indem mit
der stärkeren Brechung auch die stärkere Absorption verbunden ist.
Man wird bemerken, dass in meinen Angaben über den Trichrois-
mus eine andere krystallographische Methode befolgt ist, als in Herrn
Dr. Hochstetter's Darstellung der Formen. Ich glaubte an letzterer
Nichts ändern, oder sie durch die von mir vorgeschlagenen Elemente
ersetzen zu sollen. Gewähren lassen dürfte im Einzelnen wohl
jetzt für Original-Mittheilungen das Einzige sein, wobei man das
Studium der Natur fördert. Sind ja doch alle Methoden nur Mittel zur
Verständigung. Dass ich die von mir befolgte nicht aufgebe, oder
gegen eine andere vertausche, wird aber auch mir wohl Niemand
verargen. Es wäre mir dann bald selbst unmöglich, aus dem Labyrinthe
wieder herauszukommen. Als ich vor zehn Jahren das Handbuch der
bestimmenden Mineralogie an das Licht förderte, konnte ich hotfen,
dass es mir gelingen würde, durch fortgesetzte mineralogische Lehr-
curse eine wahre Schule zu gründen, es war also meine Pflicht, in
allen Abtheilungen der Lehre nach Kräften für Vereinfachung und
Deutlichkeit zu wirken. Ungeachtet später eingetretener, für diese
Richtung nachtheiliger Verhältnisse, hat sich doch sehr Vieles von
dem was ich vorschlug, in weiten Kreisen Bahn gebrochen. Es wäre
gewiss unbescheiden, zu verlangen, dass Alles angenommen würde,
wo es doch unvermeidlich bleibt, dass jeder neue Vorschlag doch nur
immer ein Versuch genannt werden muss. Blieb ich nun fast gänz
lich allein für verschiedene Abtheilungen der krystallographischen
Darstellungen, während ich sehe wie oft man sich mit unvollkomm-
neren ganz veralteten Weisen begnügt, so will ich um so mehr
nie den wahren Zweck aus dem Auge verlieren, Klarheit und Ver-
K e n n g o 11.
152
ständniss des Gegenstandes. Daher je weniger überhaupt Schlag
wörter der Schule, desto besser, dagegen Unterstützung der An
schauung durch Zeichnungen der Krystalle.
Mineralogische Notizen, betreffend die bekannten Species :
Karstenit, Dolomit, Millerit, Turmalin, Galaktit, Wasser,
Plagionit, Diopsid, Zinkit, Calcit und Felsöbanyt, sowie zwei
neue: den Enstatit im Geschleckte der Augit-Spathe und den
Pseiulophit im Geschleckte der Serpentin-Steatite.
(Siebzehnte Folge.)
Von Dr. Adolf Kenngott.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 15. März 1855.)
1. Die rauhenBasisflächen anKrystallen des Kar
stenit. An einem schönen Exemplare krystallisirten Karstenits von
Aussee in Steiermark, welches das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet vor
Kurzem von dem Mineralienhändler Dr. Baader in Wien angekauft
hatte, und welches deutliche aufgewachsene und verwachsene Kry
stalle zeigt, konnte ich mit Bestimmtheit beobachten, wodurch die
Basisflächen als rauhe erscheinen. — Die blass fleischrotheil bis fast
farblosen, durchscheinenden bis durchsichtigen Krystalle stellen die
gewöhnliche Combination der orthorhombischen Quer-, Längs- und
Basisflächen dar, an deren Combinationsecken die Flächen der Grund
gestalt (der orthorhombischen Pyramide mit den Endkantenwinkeln
121° 32' und 108° 35' und den Seitenkantenwinkeln 99° 7') oder
auch noch mit dieser die Flächen der orthorhombischen Pyramiden
der Querreihe 2 Pä und 3 P3 auftreten.
Schon mit freiem Auge konnte man sehen, dass die Combi-
nationskanten der Basisflächen mit allen rundum liegenden Flächen
keine horizontalen Kantenlinien darstellen, sondern dass der ganze
Band gekerbt erscheint, und dieses mit der Flächenbeschaffenheit
der Basis zusammenhängt. Unter der Loupe betrachtet, zeigt es sich
nun, dass eigentlich keine Basisflächen vorhanden sind, nicht die
Spur davon, sondern, dass anstatt derselben zahllose kleine End
ecken homolog gruppirter Grundgestalten durch ihre Summe die
Mineralogische Notizen. 153
Basisflächen gleichsam dem freien Auge construiren, welches nur den
Totaleindruck empfängt und eine rauhe Fläche zu sehen glaubt.
Die Karstenitkrystalle, welche im Grossen die Combinations-
gestalt ooPöö.ooPoo.OP.P (mit oder ohne 2 Pä und 3 Pii)
zeigen, stellen demnach ein Aggregat homolog gruppirter Kryställ-
chen der ComhinationsgestaltP. ooPöö . ooPoo (mit oder ohne
aPgundsPs) darund durch die Summe aller Endecken von P,
welche nahezu in einer Ebene liegende Scheitelpunkte darbieten,
werden die scheinbar rauhen Basisflächen construirt, während die
Quer- und Längsflächen eben und glatt erscheinen. Oft erscheinen
auch im Zusammenhänge mit dieser homologen Gruppirung die Quer
flächen schwach vertical gestreift, welche Streifung sich auf den
Pyramidenflächen entsprechend fortsetzt.
Bisweilen zeigen die Krystalle mangelhafte Ausbildung der
Theile, Zerklüftungen, wie sie mannigfach an Karstenitkrystallen
beobachtet werden, und Lücken oder Höhlungen von unregelmässiger
Gestalt im Innern der Masse. Auch in diesen sieht man an den den
Basisflächen parallelen Oberflächentheilen der Höhlungen dieselbe
Ausbildung der Endecken der Grundgestalt, wie aussen. Farblose
kleine Gypskrystalle sind ziemlich zahlreich auf den Karstenitkry
stallen aufgewachsen zu bemerken und orangegelbe Cölestinkrystalle
erscheinen da und dort ein- und aufgewachsen.
An und für sich wäre es von keiner besonderen Bedeutung,
wenn man an Krystallen die Erscheinung rauher Flächen auf gewisse
kleine Krystalltheile zurückführen kann und die kleinen hervorragen
den Theile mit den Spaltungsstücken in Zusammenhang gebracht
werden können, oder wenn man wenigstens sichtlich nachzuweisen
vermag, dass die kleinen die grossen Krystalle zusammensetzenden
Kryställchen auch sonst noch so Vorkommen und die Übergänge an
nahe liegenden Stücken sichtbar werden. Hier aber finden diese
beiden Fälle nicht Statt, indem man die Comhinationsgestalt
P . ooPöö . ooPoo einzeln nicht beobachtete und die Karstenit
krystalle keine Spaltungsflächen parallel den Flächen der Grund
gestalt bis jetzt haben finden lassen, dieselben auch hier nicht vor
handen sind. Man muss vielmehr nach dem ganzen Stücke urtheilen,
dass die auflösende Einwirkung des Wassers auf den Karstenit, mit
welcher die Bildung der so häufig und auch hier als Begleiter auf
tretenden Gypskrystalle zusammenhängt, an den Karstenitkrystallen
154
Kenngott.
die ursprünglichen Basisflächen derartig umgewandelt hat. Da nun
der Karstenit in absteigendem Grade sehr vollkommen spaltbar
parallel den Längs-, Quer- und Basisflächen ist, auch Spuren von
Spaltbarkeit parallel dem Prisma oo P gefunden werden, so ist das
Heraustreten der Endecken von P anstatt der Basisflächen hier um so
interessanter, weil die Krystalle sonst keine Einwirkung weiter auf
den übrigen Flächen zeigen, und sich somit die Basisflächen als die
für die Erosion empfindlichsten darstellen, was mit der Vertheilung
der Moleküle im Zusammenhänge stehen muss.
Die Einwirkung des Wassers auf den Karstenit, durch welche
die kleinsten Theilehen in gewisser Ordnung hinweggenommen wer
den, musste dabei eine sehr langsame sein, weil die durch die
Erosion hervortretenden Theile der die Endecken von P bildenden
Pyramidenflächen an Stärke des Glanzes den ursprünglich in der
Combination auftretenden P-Flächen nicht viel nachstehen und die
so entstandenen rauhen Basisflächen nach dem Grade des Hervor-
tretens der Endecken in der Stärke des Glanzes noch zwischen dem
Matten und dem Wenigglänzend wechseln.
Die aufgewachsenen Gypskryställchen, welche eine unzweifel
hafte Folge der Auflösung des Karstenit im Wasser sind, zeigen in
ihrer Lage unter einander und zu den Krystallen des Karstenit keine
Regelmässigkeit und Harmonie, sie setzten sich an, wo sie gerade
Platz fanden. Da wo sie häufiger auftreten als hier und die Masse
des Karstenit mehr zurück tritt, entstehen Gemenge von Gyps- und
Karstenitkrystallen, gleichsam als wären dieselben gleichzeitig ent
standen.
2. Notiz über eine Krystallgestalt des Dolomit.
Ein zweites bemerkenswerthes Beispiel rauher Flächen hatte
ich Gelegenheit an einem Exemplare des sogenannten Miemit von
Glücksbrunn hei Gotha in Sachsen zu beobachten, welches mir
durch sein eigenthümliches Aussehen auffiel. Das spargelgrüne
Mineral bildet einen krystallinischen Überzug, an dessen Oberfläche
die nahe gruppirten kleinen hervorragenden Krystalle deutlich zu
sehen sind. Es trat an dem Stücke das sonst gewöhnliche Gepräge
rhomboedrischer Krystallbildung gar nicht hervor, wie man es hei
anderen derartigen Überzügen von Dolomit und ähnlichen sieht und
ich war desshalb über das Stück selbst bei vorübergehender Betrach
tung zweifelhaft. Ich fand jedoch bald die Erklärung in der eigen-
Mineralogische Notizen.
155
thümliclien Bildung der einzelnen Individuen, welche erwähnt zu
werden verdient. Die Krystalle bilden nämlich die Combination
2R! .R, die Flächen R bilden schmale Ahstumpfungsflächen der
Endkanten an 2R!, fallen aber durch ihren Glanz auf, während die
Flächen 2R' nur in gewissen Richtungen schimmernd sind. Dies
liegt nun daran, dass sie als Flächen gar nicht vorhanden sind,
sondern die scheinbaren Flächen 2 R' durch homolog gestellte Sei
tenecken der Rhomboeder R gebildet werden, welche als sehr kleine
Partialgestalten die Krystalle zusammensetzen und dadurch scheinbar
die rauhen Flächen 2R' hervorbringen. Es ist also eigentlich nur die
Grundgestalt II vorhanden, und die vielen homolog gruppirten Kry-
ställchen dieser Form erzeugen die Combinationsgestalt ‘IR! . R der
mit freiem Auge sichtbaren Krystalle, die Flächen R treten durch
ihren Glanz hervor und das Ganze hat das Aussehen, als wären tafel
artige Krystalle vorhanden, welche in das orthorhombische Krystall-
system gehörten.
3. Krystallgestalt des Millerit von Saarbrücken.
An zwei Exemplaren des unter dem Namen Haarkies bekannten
Millerit von Saarbrücken in Rheinpreussen, welche von Herrn Dr. M.
Bondi in Dresden an das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet in Wien ein
gesendet wurden, fand ich die bereits schon früher von mir an
Exemplaren dieser Species von anderen Fundorten bestimmte Com
bination des hexagonalen Prisma in normaler, und des in diagonaler
Stellung. Bei der Zartheit der linearen Kryställchen hatten sich nicht
alle Flächen gleichmässig entwickelt und es liessen sich nicht alle
zwölf Flächen auffinden, doch zeigte sich hier in dem Mangel
einzelner keine bestimmte Tendenz, trigonale Prismen zu bilden,
indem kein regelmässiger Wechsel der fehlenden (oder der Beobach
tung entgehenden) Flächen bemerkt werden konnte. An dem einen der
beiden Exemplare sind Kluftfläcben in der Schwarzkohle mit Siderit-
krystallen besetzt und auf diesen sitzen die haarförmigen Krystalle des
Millerit, begleitet von einigen kleinen undeutlichen messinggelben
Krystallkörnern, welche Chalkopyrit zu sein scheinen. An dem ande
ren Stück sind Kluftflächen in Schieferthon mit weissen Calcit- und
gelben Sideritkrystallen bekleidet und die Kryställchen des Millerit
sind sehr zart und büschelförmig gruppirt. Der Ausgangspunkt bei
dieser Gruppirung ist, wie ich es an englischem Millerit von Merthyr
Tydvil in Wales bemerkte, ein graues metallisches Korn. Chalkopyrit
156
K e ii u g o 11.
ist auch hier iu kleinen Krystallkörnern als Begleiter zu sehen,
welche einzeln verstreut aufgewachsen und etwas deutlicher als an
dem vorigen Exemplare sind.
4. Über eine Krystallverbindung des Turmalin.
Ein Krystallstiick eines dunkelblaugrünen durchsichtigen Tur
malin (aus Brasilien), an welchem die beiderseitigen Endflächen
durch Ahhrechen nicht mehr sichtbar, sondern nur die prismatischen
Flächen zu sehen waren, zeigte einen interessanten Wechsel in der
successiven Ausbildung. Es hatte sich nämlich um einen bereits aus
gebildeten Krystall durch Ansatz weiterer Turmalinmasse von gleicher
Beschaffenheit der Krystall vergrössert, eine Erscheinung, welche
man an anderen Turmalinkrystallen, so wie auch an Krystallen
anderer Species, wie z. B. bei Quarz und Fluss nicht selten beobach
ten kann, und welche in ihrer Deutlichkeit oft durch einen Wechsel
der Farbe oder durch andere Verhältnisse unterstützt wird. Hier
erlaubte das eine abgebrochene Ende die Umwachsung dadurch zu
erkennen, dass der innere Krystall ein wenig aus der weiteren Um
hüllung herausragte.
Das Interessante hei dieser Weiterbildung des Krystalls besteht
in dem Wechsel der prismatischen Flächen und derselbe wird aus
der beifolgenden Figur ersichtlich,
welche die beiderlei Gestaltungen im
horizontalen Querdurchschnitte dar
stellt. Die Wahl der Namen bezüglich
der Stellung ist eine willkürliche,
weil keine Endflächen vorhanden sind
und es könnte eben so gut die Benen
nung eine umgekehrte sein, was auf
die Darstellung keinen Einfluss hat.
Während der äussere Krystall die Flächen des hexagonalen
Prisma in diagonaler Stellung ooP2 (rf) zeigt, an welchem die
abwechselnden Kanten durch die Flächen eines trigonalen Prisma in
oo JP
normaler Stellung —— (n) gerade abgestumpft sind, und die Flächen
des trigonalen Prisma in normaler Stellung nur an zwei Kanten
in Spuren zu sehen sind, zeigt der innere Krystall die Flächen des
hexagonalen Prisma in normaler Stellung ooPmit gleichzeitiger Aus-
P , ip
bildung der beiden Hälften-Gestalten
und
3
(n und n)
Mineralogische Notizen.
157
und von den Flächen des hexagonalen Prisma in diagonaler Stellung
sind an dem inneren Krystalle nur schwache Spuren an den Combi-
nationskanten der beiden trigonalen Prismen zu erkennen. Dabei sind
die Flächen der Prismen in normaler Stellung glatt, während die des
Prisma in diagonaler Stellung vertical gestreift sind. Jedenfalls steht
dieser Wechsel in der Ausbildung der Gestalt mit der oft vorkom
menden verschiedenen Ausbildung der Endflächen in Zusammenhang
und ist auf die verschiedene terminal-polarische Elektricität des
Turmalin zurückzuführen.
5. Nachträgliche Bemerkung über den Galaktit.
Nachdem ich den Galaktit in der eilften Folge meiner mineralo
gischen Notizen (Märzheft des Jahrganges 1S54 der Sitzungsberichte
der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kais. Akademie
der Wissenschaften, Band XII, Seite 290) beschrieben hatte, theilte
mir Herr Sectionsrath W. Hai ding er mit, dass er bei seiner
Anwesenheit in England in früherer Zeit dem bezüglichen Minerale
den Namen wegen der weissen Farbe gegeben habe, und dass der
damals vorliegende Fundort Glenfarg in der Grafschaft Pertli in
Schottland war.
6. Über einige Erscheinungen beim Krystallisiren
des Wassers.
Die durch mehrere Wochen andauernde niedrige Temperatur
dieses Winters gestattete mir einen Krystallisationsproeess in seinem
Verlaufe zu beobachten, auf dessen Beginn ich durch Zufall auf
merksam wurde, und welcher eigenthümliche Erscheinungen aufwies.
In einem zum k. k. Hof-Mineralien-Cabinete gehörigen Souterrain-
locale wurde ich bei eintretendem Froste auf ein Abblättern eines
Kalkanstriches und Hebung ganzer Lagen aufmerksam und nach
kurzer Zeit sah ich eine täglich zunehmende Eisbildung folgender
Art:
Eine Wand, auf deren Ziegeln eine Lage Mörtel wie gewöhnlich
als Verputz angeworfen ist, und welcher dann mit einem dünnen Kalk
anstrich versehen ist (wie diese Theile die beifolgende Figur angibt, a
die Ziegeln, b den Verputz, c den Anstrich), ist mit hygroskopischem
Wasser erfüllt und ist so gelegen, dass auf der einen Seite, wo die
Krystallisation eintrat, eine mindere Temperatur war, als auf der
anderen. Die Ziegel und der Verputz sind poröser als der Kalk
anstrich und dieser bildet eine, wenn auch dünne, doch immerhin
158
K e n n g o 11.
cohärente Schicht, welche das Wasser weniger hindurch lässt. Das
wenige Wasser, welches durch die Ziegel und den Verputz hindurch
gedrungen war, und sich innerhalb des möglichen Zwischenraumes
zwischen Anstrich und Verputz befindet, begann durch die äussere
Kälte zuerst fest zu werden, zu krystallisiren, wodurch eine Erwei
terung des Zwischenraumes zwischen Verputz und Anstrich erzwun
gen wurde, welche auf die Entfernung der dünnen Anstrichdecke ein
wirkte, so dass dieselbe sich unmerklich erhob. Aus dem Verlaufe
der Beobachtungen zu scldiessen, begannen sich durch den Krystal-
lisationsprocess sehr viele Individuen zu bilden, so viele vielleicht,
als Poren an der Oberfläche des Verputzes vorhanden waren.
Der Act der Krystallisation auf der Oberfläche des Verputzes in
dem Zwischenräume zwischen dem Verputz und dem Anstrich ver-
grösserte den Zwischenraum momentan und die Krystallisationskraft
veranlasste das im Verputz befindliche Wasser der nächsten Nach
barschaft, sich den beginnenden Krystallen anzuschliessen, sie zog
die Atome oder Moleküle desselben aus dem Verputze heraus, ver-
grösserte (verlängerte) die begonnenen Krystalle von der Ansatz
fläche aus, drängte die Krystallanfänge vorwärts und erweiterte somit
noch mehr den Zwischenraum zwischen dem Verputz und Anstrich,
welcher letztere wieder etwas dadurch gehoben werden musste. Das
durch die Krystallisationskraft aus dem obersten Theile des Verputzes
herausgezogene Wasser veranlasste leere Bäume und das Wasser der
anderen Theile der Wand drang hindurch und durch die Porosität,
respective Capillarität der Masse nach und nun konnte das einmal
Mineralogische Notizen.
159
begonnene Wachsen der Krystalle sich fortsetzen, so lange die übri
gen Verhältnisse und die Menge des vorhandenen Wassers es
möglich machten.
Der Anstrich wurde immer weiter vom Verputz weggedrängt
und durch das Eis gehoben, das Eis selbst bildete eine immer dichter
werdende Schicht d (stellenweise bis einen halben Zoll dick) und
war in seiner Masse parallel laufend faserig, wie ähnliche Gänge aus
füllende Massen von Salz, Gyps oder Calcit, dabei klar und ziemlich
durchsichtig. Die linearen Krystalloide erhielten ihren continuirlichen
Zuwachs von der Basis aus und wurden so unmerklich und im engsten
Anschluss der Massentheilchen vergrössert, dass keine Absätze oder
Schichtungen parallel der Wand oder senkrecht auf die Längsaxe
der Fasern bemerklich wurden. Der Anstrich bröckelte sich an ein
zelnen Stellen durch das ungleiche Wachsthum der Individuen zum
Theil los.
An Stellen, wo kein Anstrich vorhanden war oder derselbe
weniger Cohärenz und Sprünge zeigte, erhoben sich lineare Krystal
loide von anscheinend prismatischer Gestalt mit vertical gestreiften
Flächen und faseriger Bildung im Innern (e in der Figur), die auch
zum Theil als spitze pyramidale Gestalten (f) erschienen (verjüngte
Krystalle, wie beim Quarz), auf der Oberfläche des Verputzes ver
einzelt, haarförmig bis zur Dicke einer Schreibfederspule und dar
über. Dieselben wuchsen langsam, aber im Allgemeinen etwas schnel
ler als die faserigen Schichten, und krümmten sich zum Theil frei
willig in freiem Baume des Locales in der Luft, wie gebogene Gyps-
krystalle, welche Krümmungen constant den einmal eingeschlagenen
Weg verfolgten, so dass dergleichen Krystallstengel fortwachsend
(g in der Figur) mit ihrem Anfänge wieder den Verputz berührten
und in dieser Stellung selbst noch an Länge Zunahmen. Ich beobach
tete dergleichen Krystalloide bis zur Länge eines Zolles.
Die faserigen Massen zeigten unter starker Vergrösserung
parallele röhrenförmige Hohlräume und gereihte Bläschen, welche
die eng verwachsenen linearen Krystalloide von einander trennten
und nach unten (gegen den Verputz hin) an Ausdehnung Zunahmen,
Ich entfernte nun an einigen Stellen die Lage des Anstrichs von
der Oberfläche der faserigen Massen, schnitt dieselben in einem
Flächenraume von zwei Zoll so zu, dass die Oberfläche möglichst
glatt und eben war, und erwartete so das weitere Verhalten. Auf
160
Kenngott.
diesen Flächen erhoben sich nur einzelne, lange, haarförmige Kry-
stalle von ansehnlicher Länge (*) und faserige Krystallgruppen (&),
welche sich gewöhnlich an ihren Enden hakenförmig krümmten und
der Anblick dieser Massen mit ihren emporgesprossenen Krystallen
und faserigen Gruppen ist aus dem Durchschnitte l ersichtlich. (James
D. Dana beschrieb Seite 188 der vierten Auflage seines System of
mineralogy ähnliche gekrümmte faserige Gruppen linearer Krystal-
loide des Eises, welche sich an Baumstämmen bildeten und ein
ähnliches Hervorspriessen der Krystalle darstellen.)
Solche einzelne haarförmige Krystalle und faserige Gruppen
emporwachsender linearer Kryställchen von ansehnlicher Länge und
täuschender Gleichheit des Aussehens beobachtete ich an einem
Stücke vitriolescirenden Markasits, aus dessen Oberfläche viele Kry
stalle eines weissen Vitriolsalzes ebenso emporstiegen.
7. Nachträgliche Bemerkungen über den Plagionit.
Als Anhang zu den früher von mir beschriebenen und für Wolfs-
bergit gehaltenen Krystallen des Plagionit (siehe die sechzehnte
Folge meiner mineralogischen Notizen in dem Februarhefte des Jahr
ganges 1855 der Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe der
kais. Akademie der Wissenschaften), welche sich durch ihre ein
fache Krystallgestalt auszeichnen, habe ich eine in kugelig-blätteri
gen Partien vorkommende Abänderung des Plagionit zu erwähnen,
welche gleichfalls für Wolfsbergit ausgegeben wurde. Nachdem sich
nämlich die früher beschriebenen Krystalle als Plagionit erwiesen
hatten, übersandte Herr Dr. Bon di in Dresden zwei eigenthümliche
Draschen an das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet, welche ihm gleichfalls
als Wolfsbergit zugekommen waren und über welche er jetzt gleich
falls Zweifel hegte. Er übersandte sie mit dem richtigen Bemerken,
dass er etwas Ähnliches von Wolfsberg noch nicht gesehen habe.
Die angestellte Untersuchung liess mich finden, dass die lamel
laren Krystalloide, welche die kugelig-blätterigen Partien zusammen
setzen, stark gekrümmt sind, und wo sie deutlicher werden, auch
die von mir beschriebene einfache Combination des Plagionit erken
nen lassen, und dass dazu die eigenthümliche Streifung sehr viel
beiträgt, wenn man damit die Streifung vergleicht, wie sie von
G. Bose am Wolfsbergit angegeben wurde. Das Aussehen der kuge
ligen Partien erinnert an gewisse Calcitkugeln, die durch Krystalle
in der Gestalt eines stumpferen Rhomboeders zusammengesetzt
Mineralogische Notizen.
161
werden und das Analogon derselben würde für sie die allereinfachste
in der genannten Folge angegebene Combination sein. Dieselbe tritt
jedoch da, wo die einzelnen Krystalle sieb erkennen lassen nicht
hervor, sondern man beobachtet nur die dem Titanit ähnliche. Die
Oberfläche der Kugeln ist nicht glatt, sondern der Zusammensetzung
gemäss gekerbt. Vor dem Löthrohre Hessen sich die Bestandteile
des Plagionit mit Bestimmtheit naehweisen. Der Fundort ist Wolfs
berg am Harz und die Kugeln sind mit Calcit und Quarz verwachsen.
Ein zur Ansicht beigefügtes Exemplar des echten Wolfsbergit
zeigte nur dünne tafelartige Krystalle mit starker Streifung der breiten
Flächen. An den Enden waren sie verbrochen, scheinbar recht
winkelig gegen die Ilauptaxe parallel dem horizontalen Hauptschnitt,
woran man die von G. Rose bestimmte undeutliche Spaltungsfläclie
parallel den orthorhombischen Basisflächen erkennen konnte.
8. Eine dem Serpentin ähnliche Pseudomorphose
des Diopsid.
Von dem k. k. Rechnungs-Officialen Herrn L. Kaczvinsky
erhielt ich zur Bestimmung ein Exemplar eines sogenannten krystallisir-
ten Serpentin angeblich aus China stammend und einen losen Krystall von
gleicher Beschaffenheit. Die Untersuchung ergab, dass diese dem Ser
pentin sehr ähnlichen Krystalle umgewandelte Krystalle des Diopsid
sind, wie derselbe als Abänderung des Augit in blassgrünen am Ende
auskrystallisirten Krystallen im Alathale in Piemont und an anderen
Orten vorkommt. Die bezüglichen Krystalle mögen auch, dem Ganzen
nach zu schliessen, aus dem Piemontesischen, nicht aus dem Chinesi
schen stammen. Die Combination istooPoo . (00P00). ooP mit einer
vorderen und einer hinteren Hemipyramide und anderen Flächen in
Spuren. Spaltbarkeit ist nicht mehr zu bemerken und der Bruch ist
uneben. Unrein pistaziengrün und durch eingewachsene fremdartige
Theile gelblich gefleckt, schwach wachsartig glänzend, trüb durch
scheinend. Härte = 2-5 — 3-0. Milde , im Striche grau. Specili-
sches Gewicht = 2-801. Fast fettig anzufühlen.
An dem Stücke, welches die Krystalle aufgewachsen zeigt,
bemerkt man auf dem Gemenge von Aktinolith und Calcit, welches
die gemeinschaftliche Unterlage bildet, noch ein zweites Umwand-
lungsproduct als neuere Bildung, nämlich als Überzug kleine
Partien eines stalaktitischen kugelig-nierenförmigen Minerals, wel
ches am meisten an den Dermatin erinnert. Es ist licht graulichgelb
Sit/.b. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft. 11
162
K e n n g o t t.
und gelblichbraun gefärbt, an der Oberfläche wachsartig glänzend,
durchscheinend und etwas fettig anzufühlen. Die Härte ist = 2 - 5 und
es ist gleichfalls milde.
9. Über den Enstatit, eine neue Species in dem
Geschlechte der Augit-Spathe.
Gleichzeitig mit der dem Serpentin ähnlichen Pseudomorphose
des Diopsid, welche oben (unter Nr. 8) beschrieben worden ist,
erhielt ich von dem k. k. Rechnungs-Officialen, Herrn L. Kacz-
vinsky ein kleines Stück zur Bestimmung, welches gleichfalls ein
körnig-krystallisirter Serpentin in derbem aus China sein sollte. Das
Aussehen des dichten Minerals, in welchem die Krystalle eingewach
sen waren, sprach unzweifelhaft dafür, dass es ein Serpentin sei,
obgleich es auch nicht der Fall war, wie ich weiter unten besprechen
werde, sondern eine eigene Species, der Pseudophit. Die in dem
dichten Minerale aber eingewachsenen Krystalle hatten nicht die
geringste Ähnlichkeit mit Serpentin, sondern erinnerten im ersten
Augenblicke an Skapolith, wozu noch die rechtwinkelig vierseitigen,
scheinbar quadratischen Gestalten des Querbruches der linearen Kry
stalle, die Farbe und der Glanz beitrugen. China erschien mir auch
als problematisches Vaterland, und ich sah desshalb unter den Ska-
polithen in den Sammlungen des k.k.Hof-Miheralien-Cäbinetes nach,
ob sich nicht ein gleiches Mineral vorfände. Ich war auch bald so
glücklich, in der Reservesammlung, unter der Etiquette: glasiger
Skapolith im edlen Serpentin vom Berge Zdjar in Mähren, ein iden
tisches Stück zu finden, hörte von dem Mineralienhändler Herrn Dr.
Bader, dass der Fundort ganz richtig sei, da er selbst früher
reichliches Material dieses Skapolith im Serpentin gehabt, und fand
auch in dem Werke des Herrn Professor F. A. Kolenati (die
Mineralien Mährens und österreichisch Schlesiens, deren Fundorte
und ökonomisch-technische Verwendung, Brünn 1854), auf Seite 41,
unter Skapolith, dass Skapolith in gegliederten, discordant gelagerten
Stangen, eingewachsen im Serpentin vom Berge Zdjar bei Aloysthal
angegeben war. Zur weiteren Vergleichung und Untersuchung erhielt
ich auch noch zwei Exemplare aus den Sammlungen der k. k. geolog.
Reichsanstalt und durch meinen geehrten Freund, den k. k. Militär-
Verpflegs-Verwalter Herrn Schmidt in Brünn, zwei Exemplare aus
dortigen Sammlungen zugesendet, so dass mir nun hinreichendes
Material dieses schönen mährischen Minerals zu Gebote stand.
Mineralogische Notizen.
163
Auf den Anschein hin, dass das Mineral Skapolith wäre, wofür
es seit langer Zeit ausgegeben und in die Sammlungen übergegangen
war, prüfte ich einen kleinen Splitter vor dem Löthrohre und fand
zumeiner Überraschung, dass das Mineral fast unschmelzbar war
und sich bei starkem Feuer an den Kanten nur ein wenig abrundete,
dass es mit Kobaltsolution befeuchtet und geglüht nicht blau wurde,
dass es in Salzsäure nicht löslich war und bei Anwendung selbst
feinen Pulvers und langem Kochen in der Säure keine Spur von
Kalkerde sieh zeigte. Hieraus und weil es scheinbar in Serpentin
eingewachsen war, schloss ich, dass es vielleicht ein Skapolith sein
könnte, der anstatt Kalkerde Talkerde enthielte und übergab somit
dem k. k. Hauptmann Herrn Karl Ritter v. Hauer wohl ausgesuchtes
Material zur analytischen Bestimmung, so wie auch gleichzeitig von
dem dichten Minerale, dem scheinbaren Serpentine, dem nunmehri
gen Pseudophit, und er übernahm die Untersuchung mit gewohnter
freundlicher Bereitwilligkeit.
Inzwischen setzte ich meine Untersuchungen fort und als ich das
Resultat der Analysen erfuhr, trafen meine Untersuchungen mit den
erhaltenen Resultaten zusammen und es zeigte sich, dass das frag
liche krystallisirte Mineral kein Skapolith, auch kein talkerdehaltiger
sei, sondern dass es ein Augit-Spath ist, das Analogon des Wollasto-
nit, das Bisilikat der Talkerde, 3Mg0.2Si0 3 , welches somit als
eigene Species constatirt wurde. Die Eigenschaften dieses von mir
mit dem Namen Enstatit belegten Minerals sind nun nachfolgende:
Es findet sich krystallisirt in langen eingewachsenen linearen
Krystallen, welche so fest eingewachsen sind, dass sie sich äusserst
schwierig aus der Grundmasse heraus trennen lassen und viel eher
zerbrechen. Selten gelingt es, ein Krystallstück so herauszulösen,
dass dessen Flächen ringsum sichtbar sind. Hiermit sind aber nur die
Flächen in der verticalen Zone gemeint, welche für die eines quadrati
schen Prisma gehalten wurden; Endflächen waren an keinem der
Stücke zu erhalten. Der Grund der schwierigen Trennbarkeit und
der unvollkommenen Ausbildung äusserer Krystallflächen liegt in dem
sicher grossen Widerstande, welchen die Krystalle bei ihrer Bildung
innerhalb der Masse fanden, wie man aus dem Ganzen ersieht.
Die linearen Krystalle sind nämlich, worauf sich auch der von
Herrn Professor Kolenati gebrauchte Ausdruck „gegliedert“
bezieht, häufig an mehreren Stellen quer durchgebrochen und die
11*
164
Kenngott.
Bruchstücke etwas verschoben, wodurch ein gewissermassen geglie
dertes Aussehen erzeugt wird. Die durch die Verschiebung entstan
denen Zwischenräume sind mit der damals noch weichen Grundmasse
ausgefüllt worden, so dass die Krystalle, da ohnehin noch die nächste
Umgebung um die ganzen Krystalle in dem Bereiche des Contactes
etwas dunkler erscheint, und die Krystallstücke wie dunkel umsäumt
in der lichten grünen Masse liegen. Diese dunklere Umsäumung, eine
scheinbare, aber doch nicht wirklich verschiedene und von der Grund
masse getrennte Hülle der Krystalle ist sehr schmal, und man könnte
diese durch die Färbung unterschiedene Schicht bei der natürlichen
Grösse der Krystalle (2 — G Millimeter dick und 4 — 6mal so
lang) etwa mit einem dicken Federstrich vergleichen, den man um
die Krystalle herumzöge, um sie in ihrem Umrisse zu bezeichnen.
Die durch das Verschieben der Bruchstücke der geknickten Krystalle
entstandenen und durch die Grundmasse ausgefüllten Zwischenräume
sind oft über ein Millimeter breit und die Querbrüche bald rechtwin
kelig bald schiefwinkelig gegen die Hauptaxe, was vielleicht nur
von der verschiedenen Ansicht bei verschiedener Lage herrührt.
Man erinnert sich hierbei an die geknickten Beryll- und Turma-
linkrystalle und kann sich recht gut vorstellen, dass die Enstatitkry-
stalle in einer weichen breiartigen Masse sich bildeten und als lange
lineare Krystalle durch irgend welche Bewegung in der weichen
Masse geknickt und die Bruchstücke etwas verschoben wurden, dass
aber die Grundmasse noch immer weich genug war, um die Lücken
in continuo auszufüllen. Die dunklere Farbe im Contact ist nicht
auffallend und man findet sie oft bei Krystallen, welche fest einge
schlossen sind.
Die Flächen der verticalen Zone entsprechen den Flächen des
Augitgeschlechtes, als klinorhombische Quer- und Längsflächen, wel
che rechtwinkelig gegeneinander stehen und zu der Deutung quadrati
scher Prismen Veranlassung gaben. Dass es aber die klinorhombischen
Quer- und Längsflächen wirklich sind, zeigt ausserdem die Spaltbar
keit, indem die Krystalle deutlich spaltbar parallel den Flächen des
klinorhombischen Prisma von nahezu 87° sind, ausserdem auch noch
Spaltungsflächen parallel den Quer- und Längsflächen selbst bemerk
bar sind. Der Unterschied der Spaltbarkeit ist für die zweierlei Flä
chenpaare wenig verschieden, in beiden Fällen aber die Spaltbarkeit
sehr nachstehend der deutlichen Spaltbarkeit parallel den Prismen-
Mineralogische Notizen.
165
flächen. Man kann nur durch jene schwach das Bild eines Kerzen
lichtes wahrnehmen, während man auf den Spaltungsflächen parallel
den Prismenflächen ziemlich deutliche Bilder äusserer Gegenstände
erhält, die noch deutlicher wären, wenn nicht ein gewisses Zerrissen
sein und faseriges Aussehen in der Längsrichtung der Spaltungsflächen,
wahrscheinlich die Folge der mehrfachen Spaltbarkeit, wie man es bei
dem Skapolith und Wollastonit auch sieht, die Deutlichkeit hinderte.
Die Krystalle des Enstatit sind graulichweiss, zum Theil etwas
gelblich oder grünlich, der glasartige Perlmutterglanz ist auf den
vollkommenen Spaltungsflächen ziemlich stark, die Krystallflächen
selbst sind aber matt oder schimmernd, wie man es bei dem festen
Verwachsensein nicht anders erwarten kann. Halbdurchsichtig bis
an den Kanten durchscheinend, in kleinen Spaltungsstückchen fast
durchsichtig und farblos. Strich weiss; spröde. Härte =5'5. Speci-
fisches Gewicht =3-10 — 3-13.
Vor dem Löthrohre ist das Mineral, wie schon oben angegeben
wurde, für sich fast unschmelzbar, es wird weiss und undurchsichtig
und rundet sich an den Kanten etwas ab und erlangt, unter der Loupe
betrachtet, an diesen Stellen das Aussehemeines weissen emailartigen
Überzuges. Mit Kobaltsolution geglüht erscheint keine blaue Farbe.
In Salzsäure ist der Enstatit nicht löslich, auch hei Anwendung des
Pulvers konnte ich keine Löslichkeit bemerken.
Wegen der Beharrlichkeit vor dem Löthrohre habe ich den
Namen Enstatit gewählt, von dem griechischen Worte Ivararrj?,
der Gegner, um dadurch auf den wesentlichen Gegensatz in Rücksicht
auf die anderen Augit-Spathe hinzudeuten und das Merkmal hervorzu
heben, durch welches es sich so leicht von dem Skapolith unterschei
det, mit dem es verwechselt wurde.
Herr Karl Ritter v. Hauer fand in 100 Theilen nachfolgende
Bestandteile:
1. 2.
56-91 57-28 Kieselsäure,
2-50) f (Thonerde,
2-76) Eisenoxydul,
33-44 36-23 Talkerde,
0-41 „ ) ( als Verlust beim Erwärmen bis 100° C.
1-31 „ ) ^ assei t als Verlust beim Glühen.
99-33
1(36
Kenngott.
Die Zerlegung geschah mittelst kohlensauren Natrons. Nach
dem Glühen zeigt das gepulverte Mineral eine lichtbraune Färbung.
Von Kalkerde war keine Spur vorhanden. Die geringe Menge Thon
erde und Wasser rührt, wie die g unten angegebene Analyse des Pseu-
dophit zeigt von demselben her, da es nicht möglich war, denselben
gänzlich davon zu trennen.
Die Berechnung ergibt nachfolgende Äquivalentverhältnisse:
12-S63 Kieselsäure,
0-486 Thonerde,
0-767 Eisenoxydul,
17-720 Talkerde,
1-677 Wasser,
oder 2-000 oder 2
0-077
j 18-487 2-943 3
0-269
woraus die Formel 3MgO . 2Si0 3 hervorgeht.
Der in das Geschlecht der Augit-Spathe gehörige Enstatit (ver
gleiche meine Bearbeitung des Mohs’schen Mineralsystems, Seite 69)
bildet somit ein neues Glied dieses schönen und in sich so vielfach
gegliederten Geschlechtes, welches sich durch die allgemeine Formel
3 RO . 2 Si0 3 (den Akmit ausgeschlossen) darstellen lässt und sich
wesentlich durch die vier Basen: die Kalkerde, die Talkerde, das
Eisenoxydul und das Manganoxydul in isomorphen einfachen und
zusammengesetzteren Verbindungen auszeichnet, zu denen sich noch
selten das Natron und das Zinkoxyd gesellt.
Durch den Enstatit ist es gestattet, ein übersichtliches Schema
zusammenzustellen, welches die Verbindung aller Glieder auf das
Deutlichste darstellt und wo die mineralogische Abgrenzung der ein
zelnen Species durch den Wechsel der vikarirenden Stoffe einerseits
bestimmt, andererseits erschwert wird, wenn drei oder vier, seihst
fünf Basen zusammentreten. Ich glaube, dass das beigegebene Schema
dazu dient, zu zeigen, welche Species und wie sie zu unterscheiden
sind, und dass die Wahl, wohin man einzelne Augit-Spathe zu setzen
habe, nicht schwierig ist. Um die Übersicht des Schema zu erleich
tern, habe ich die Schreibweise der Formeln gewählt, welche den
Sauerstoff durch Punkte ausdrückt, und das Schema gestaltet sich
nun folgendermassen:
Mineralogische Notizen.
167
Wollastonit
Ca 3 Si 3 . .
iris.
g.Mn 3 )
Ca 8 )
Mn 3 / Si 3
Fe 3 '
Jeffersonit
Mn s Si 3 ,
Diopsid
C» 3 ) gi 3
Mg 3 f 01
x
fca 3
I“ Fb 3
OQ
| Si 3
Rhodonit
Mn 3 ) g. 2
Fe 3 ) 01
Fowlerit
Enstatit
Mg 3 Si 3
Ca 3 ^
Mg 3 } Si 3
Fe 3 j
Augit
!?} &>
X
-ö
Pb 3 Si 3
Grunerit
Vier Species, der Wollastonit . . = 3CaO .2Si0 3
„ Enstatit = 3Mg0.2Si0 3
„ Grunerit . . . . = 3FeO .2Si0 3
„ Rhodonit. . . . = 3Mn0.2Si0 3
bilden gleichsam die extremsten Glieder des Geschlechtes und die
übrigen Species erscheinen als Mischlinge dieser vier Glieder. Durch
das Auftreten von zwei verschiedenen . Basen in der Zusammen
setzung lassen sich wieder, so weit es bekannt ist, fünf Haupttypen
unterscheiden, wobei auf geringe Mengen der anderen vikarireiiden
Bestandteile nicht Rücksicht genommen wurde und es bilden
der Diopsid = 3Ca, Mg0.2Si0 3
„ Hedenbergit. . . = 3Ca, Fe0.2Si0 3
„ Bustamit = 3Ca, Mn0.2Si0 3
„ Hypersthen . . . = 3Mg, Fe0.2Si0 3
„ Fowlerit = 3Fe, Mn0.2Si0 3
die entsprechenden Mittelglieder, in denen auch einzelne Vorkomm
nisse aufgenommen werden müssen, wo andere Bestandteile in unter
geordneten Mengen eintreten, um nicht ohne Grund die Anzahl der
Species zu vermehren. Es können hierbei freilich Fälle eintreten,
wo von den beiden basischen Hauptbestandteilen der eine bedeutend
168
K e 11 ii g o t t.
zurücktritt, diese Übergänge sind dann nothwendigerweise den
Hauptgliedern einzuverleiben. Zwei derartige Übergänge wurden,
weil sie als solche eigends getrennt worden sind, beispielweise bei
gefügt, der Bronzit und der Pajsbergit, dieselben entfallen aber als
eigene Species und werden nur denjenigen Species beigesellt, der
sie entsprechend der Berechnung am nächsten stehen.
Durch das Zusammentreten von mehr als zwei Basen in entspre
chender Menge können nun mehrere Mischlinge hervorgehen und von
diesen wurden zwei wesentliche hervorgehoben,
der Augit = 3Ca, Mg, FeO . 2Si0 3
„ Jeffersonit = 3Ca, Mn, FeO . 2Si0 3 ,
ohne dass desshalb in jenem das Manganoxydul, in diesem dieTalkerde
ausgeschlossen sind. Die Analysen des Jeffersonit haben auch Zink
oxyd ergeben, doch gehören unter diese Gruppe auch andere Augit-
Spathe, die man nicht Jeffersonit genannt hat, die aber die angeführ
ten der Bestandtheile als wesentliche enthalten, und hiernach glaube
ich, ist die Trennung dieses Gliedes am zweckmässigsten zu
gestatten.
Minerale, welche man als Diallag, Diaklasit, Schillerspath, Mala-
kolith u. s. w. trennte, gehören ihren Bestandteilen gemäss in eine
der obigen Gruppen und sind als eigene Species, namentlich, wenn
eine beginnende Veränderung ihres Zustandes einzelne Eigenschaften
verschieden erscheinen lässt, nicht zu trennen, den Nephrit hat man
dann füglich als einen dichten Diopsid oder Augit aufzufassen. Der
Breislakit scheint sich dem Fowlerit anzuscliliessen, da Chapman
neben der Gestalt des Augit in dem Silikate als die wesentlichen Basen
Eisen- und Manganoxydul hervorhebt.
Eine eigenthümliche Reihe würde der Aegyrin beginnen, welche
neben Eisenoxydul noch Natron enthält. Seine Zusammensetzung
scheint bis jetzt der Formel 3Fe, NaO. 2SiO = zu entsprechen und
seine übrigen Eigenschaften machen es nothwendig, ihn in das
Geschlecht der Augit-Spathe zu stellen. In Hinblick auf das obige
Schema eröffnet der Aegyrin eine neue Reihe von Silikaten und es
dürften sich in dieser oder in einer anderen Richtung noch mehr
Species auffinden, welche den Umfang des Geschlechtes bezüglich
der basischen Bestandtheile erweitern. Dem Aegyrin am nächsten
steht dann der Akmit, dessen chemische Formel aber noch bezüglich
Mineralogische Notizen.
169
des Eisenoxyduls bei der Übereinstimmung in den Gestalten
der Aufklärung bedarf. Dieselbe aber macht es trotzdem möglich,
ihn, wie es am passendsten erscheint, als Augit-Spath in dem
Systeme einzureihen.
Bei den verschiedenen Ansichten über den Begriff der Mineral-
species dürfte es leicht Mineralogen geben, welche mehr, andere
welche weniger Species aufstellen möchten, als hier in dem Augitge-
schlechte aufgestellt worden sind, je nachdem es ihre Ansichten er
heischen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass man da, wo vika-
rirende Bestandtheile vorhanden sind, mit grosser Vorsicht ein zu viel
und zu wenig vermeiden muss, um nicht völlig inconsequent gegen
über anderen Species zu werden. Je mehr dergleichen Gruppen eng
zusammengehörender Species aufgefunden werden, wozu die jährlich
steigende Anzahl der Species beiträgt, um so richtiger werden wir in
der Folge beurtheilen können, wie weit der Umfang einer jeden Spe
cies grundsätzlich ausgedehnt werden kann und werden dafür allge
meine Regeln aufzustellen imStande sein. Es ist dabei durchaus nicht
immer nothwendig, dass, wie bei den Alaun-Salzen, den Epidot- und
Amphibol- Spathen, den Granat- und Spinell-Skleriten und anderen,
alle derartigen isomorphen Glieder, welche unter dieselbe allgemeine
chemische Formel fallen, in dasselbe Geschlecht gehören, dessen
ungeachtet, wird aber die Wahl der Mittelglieder, wie sie oben vor
genommen wurde, die zweckmässigste Vertheilung der einzelnen
Vorkommnisse in besondere Species nach sich ziehen und es wird
weder genügen, alle unter einer allgemeinen Formel stehende in eine
Species zu vereinen, noch zweckmässig sein, so viele Species aufzu
stellen, als specielle Formeln möglich sind, in denen die Mengen
der vikarirenden Bestandtheile gegenseitig durch Zahlenverhältnisse
abgegrenzt werden.
Zur Vergleichung mit obiger Gruppirung und zum Beweise, wie
zweckmässig die Wahl der Mittelglieder ist, dient zum Beispiel die
Reihe rhomboedrisch-krystallisirender Bicarbonate, in denen dieselben
Basen wie oben Vorkommen. Sie unterscheiden sich nur dadurch,
dass sie nicht in ein Geschlecht, ja nicht einmal in eine Ordnung
gehören. Die bezüglichen Mineral-Species sind folgende:
Kenngott.
170
Magnesit
MgC
Mesitin
•I?K
Siderit
. FeC. .
Monheimit Smithsonit
■z'( e z - c
ö . •
|Mg.
Ca v
Fe a
Mn
Mg'
Ankerit
CaC .
Calcit
Fe 1 j, §
Mn! C 1
MnC
Rhodochrosit
10. Über den Pseudophit, eine neue Species in
dem Geschleckte der Serpentin-Steatite.
Die so eben beschriebenen Krystalle des Enstatit vom Berge
Zdjar bei Aloysthal in Mähren sind, wie bereits erwähnt Avorden
ist, in einem dichten grünen Minerale eingeAvachsen, Avelches dem
Aussehen nach für Serpentin gehalten Avurde und in der That mit
demselben die überraschendste Ähnlichkeit hat. Der Zufall Avollte es,
dass ich es für gut fand, reines Material desselben auszusuchen, um
es yon Herrn Karl Ritter von Hauer analysiren zu lassen, obgleich
ich selbst nicht daran dachte, dass es etAvas anderes als Serpentin
sei. Um so mehr überraschte das Resultat der Analyse, Aveil es eine
grosse Verschiedenheit von dem Serpentin zeigte. Herr Karl Ritter
von Hauer nämlich fand in 100 Theilen nachfolgende Bestand-
theile:
2.
33-33 Kieselsäure,
1.
3331
15-42i
2-58!
34-41
0-46
12-73
(Thonerde,
^ Eisenoxydul,
33-67 Talkerde,
„ Wasser)
> als Verlust '
100° C.
beim Glühen.
( bei
12-61 „ f <•» f b ein
Die Zerlegung geschah mittelst kohlensauren Natrons. Von
Kalkerde Avurde keine Spur gefunden.
Die daraus berechneten Äquivalentverhältnisse sind folgende:
7-397 Kieselsäure,
3 000 Thonerde,
0-717 Eisenoxydul,)
17-205 Talkerde, j
14-166 Wasser,
17 922
2-466 oder 4-932 oder 5
12 2
5-974 11-948 12
4-722 9-444 9
Mineralogische Notizen.
171
ie zweckmässigste Art, die erhaltenen
12MgO 9HO 2AL0 3 5Si0 3
zu verbinden, um eine Formel aufzustellen, ist wohl folgende :
7(MgO . HO) 2(HO . AL0 3 ) 5(MgO . Si0 3 ),
wodurch die einfache Formel
S[MgO . HO + MgO . Si0 3 ] + 2[MgO . HO -f HO . Al a 0 3 ]
hervorgeht.
Wegen der grossen Ähnlichkeit mit dem Serpentin habe ich
nun dieses Mineral Pseudophit genannt (Ophit gleichbedeutend
mit Serpentin), um diese Ähnlichkeit und die Verwechslung mit Ser
pentin auszudrücken. Es gehört diese Species in das Geschlecht der
Serpentin-Steatite (siehe meine Bearbeitung des Mohs’schen Mine-
ralsystems, Seite 44) und wird seine passendste Stelle neben dem
Piotin erhalten, welcher sich wie der Saponit durch seinen Thon-
erdegehalt neben Talkerde, Kieselsäure und Wasser auszeichnet.
Die übrigen Eigenschaften dieses Minerals sind folgende:
Das Mineral ist unkrystallinisch und dicht, mit unvollkommen
muscheligem Bruche im Grossen und splitterigem Bruche im Kleinen,
die Bruchstücke sind nicht scharfkantig. Hin und wieder sieht man
unter der Loupe kleine glänzende Schüppchen, welche auf eine sehr
geringe Beimengung eines glimmerigen Minerals hindeuten, deren
Menge aber verschwindend ist.
Die Farbe ist ein grauliches Oliven- bis Pistaziengrün, mehr
oder weniger dunkel.
Die Stücke sind an den Kanten, und wenn sie klein sind, ganz
durchscheinend.
Glanz ist nicht vorhanden, das Mineral ist matt oder wenig
schimmernd. Milde, fein anzufühlen, fast etwas fettig; Strich weiss.
Härte = 2S. Specifisches Gewicht — 2-75 — 2-77.
Vor dem Löthrohre wird es für sich weiss oder gelb, und ist
unschmelzbar. Im Glaskolben erhitzt gibt es ziemlich reichlich
Wasser. In Salzsäure nur unvollkommen löslich, da grössere Stück
chen selbst in concentrirter tagelang fast unverändert bleiben und das
Pulver auch nur langsam zersetzt wird, keine Kieselgallerte bildend,
sondern ein weisses Kieselpulver zurücklassend.
172
K e n n g- o 11.
11. Über den Isomorphismus des Zinkoxydes (des
Zinkit) und des Schwefelkadmium (des Grenockit).
Nachdem durch die nicht mineralogischen Krystalle des Zink
oxydes die krystallographischen Verhältnisse dieser Verbindung,
welche auch als Mineral vorkommt, richtig erkannt worden waren, so
Hessen sich ihre Gestalten mit denen anderer analoger Verbindungen
vergleichen, zumal dieselben insofern die Aufmerksamkeit erregen
mussten, weil sie nicht tessularisch sind. G. Hose machte in seinem
krystallo-cliemischen Mineralsysteme S. 63 darauf aufmerksam, dass
der Endkantenwinkel einer hexagonalen Pyramide in normaler Stellung
127° 40—43' beträgt und mit einem analogen Winkel bei dem
Korund so nahe übereinstimmt, dass der Unterschied nur 20' beträgt.
Er hob desshalb diese Übereinstimmung des Zinkoxydes, eines ein
atomigen Oxydes, mit dem Korund, einem Sesquioxyde als sehr merk
würdig hervor und betrachtete sie als einen derjenigen Fälle, die
wir nach unseren jetzigen Theorien nicht erklären können und mit
allen ähnlichen im Auge behalten müssen, um eine Erklärung dafür
zu finden.
So richtig diese Bemerkung an sich ist, wenn man wegen der
nahen Übereinstimmung des betreffenden Winkels den Zinkit und
Korund für isomorph hält, so glaube ich doch, dass man auf diese
Übereinstimmung, selbst wenn sie noch näher läge, keinen so gros
sen Werth zu legen hat, und dass man keinen Fall des wirklichen
Isomorphismus vor sich hat. Wir finden bisweilen hei verschieden
artigen Verbindungen übereinstimmendeKrystallgestalten und können
dann diese Übereinstimmung wohl kaum höher anschlagen, als wenn
wir verschiedenartige Verbindungen tessularisch krystallisirt finden.
Bemerkenswerther scheint mir der Umstand zu sein, dass das Zink
oxyd mit seinen hexagonalen Krystallgestalten ein Beweisstück mehr
für die übereinstimmenden Verhältnisse ist, welche sich bei gewissen
binären Verbindungen der einfachsten Art zeigen.
Der Isomorphismus und Dimorphismus (oder allgemeiner der
Polymorphismus) haben uns schon vielfache Aufklärung gegeben und
jetzt, wo man die Krystallographie in der Ausdehnung an Krystallen
überhaupt, mineralischen und nicht mineralischen (den fälschlich
künstlichen) betreibt, wie es die Wichtigkeit des Gegenstandes
erfordert, haben wir noch öftere zu erwarten. So zeigt sich auch
hier, dass das Zinkoxyd mit seinen hexagonalen Gestalten kein ver-
Mineralogische Notizen.
173
einzelter Fall ist, sondern dass dasselbe in eine Gruppe gehört, in
welcher wir schon das richtige Yerhältniss ahnen konnten. Wir lin
den von den Elementen beginnend in allen Verbindungsstufen krystal-
lographische Verhältnisse im Einklänge mit den chemischen und
können bereits die Beispiele des Isomorphismus in reichlicher
Anzahl aufführen, nebenbei aber finden wir auch von den Elementen
beginnend in allen Verbindungsstufen Beispiele des Dimorphismus,
seltener des Isodimorpliismus, welche aber auch nicht dem blossen
Zufalle zugerechnet werden können, sondern ihre Begründung finden
müssen.
Die binären Verbindungen in dem einfachsten Verhältnisse
zeichnen sich durch die tessularischen Gestalten aus und der Iso
morphismus ist hier durchaus nicht zu verkennen. Es ist schon eine
grosse Anzahl dieser tessularischen Krystallspecies bekannt und
mehrere finden sich als Mineralspecies vor. Aus ihrer Zusammen
stellung
KF KCl KBr KJ
NaF NaCl NaBr NaJ
AmCl AmJ
LiF LiCl
CaF
UC1
FeCl
MgO
uo
FcO FeS
MnS
ZnJ
PbJ
AgCl AgBr
Cu 3 Cl
NiO
CdO
PbO
Cu 3 0
ZnS
PbS
AgS
HgS
Cu„S
PbSe
AgSe
HgSe
PbTe
lässt sich wohl der Schluss ziehen, dass alle binären Verbindungen
der einfachsten Art, welche durch die Elemente Te, Se, S, 0; J,
Br, CI, F
mit den Metallen (und dem gleichgeltenden Ammonium und dem Dop
peltkupfer,
K, Na, Am, Li; Ba, Sr, Ca, Mg; U, Ni, Co, Fe, Mn, Cr; Sn, Cd,
Zn, Ti; Pb, Ag, Hg, Cu 3 und anderen
gebildet werden, tessularisch krystallisiren können und als isomorphe
Stoffe und Verbindungen, namentlich innerhalb gewisser Gruppen
auch als vikarirende Bestandteile zu gelten haben.
174
Kenngott.
Viel seltener treten diese Verbindungen in hexagonalen Krystall-
gestalten auf, nachweisbar
NiS, FeS, CdS, ZnO, PbJ, HgS
und unter diesen sind FeS, CdS, ZnO, welche einen Isomorphismus
nachweisen und im Vergleiche mit den tessularisch krystallisirenden
Verbindungen
FeO, FeS, CdO, ZnS
den Isodimorphismus, welcher möglicherweise durchgängig bestehen
kann, deutlich hervortreten lassen. Wenn wir übersichtlich die bis
jetzt bekannten Krystallgestalten der drei Species: FeS (Pyrrhotin),
CdS (Grenockit) und ZnO (Zinkit) zusammenstellen, so zeigen sich
zufolge der bisherigen Bestimmungen nachfolgende Resultate.
o P
oo/*
OoP2
p
iP
iP
1 p
\p
TkP
1 P
$P
P2
parallel oP
„ oo/'
FeS
beob.
126° 32' ; 123° 32'
nicht beob.
138" 36' ; 90° 0'
nicht beob.
170° 34' ; 18° 36'
nicht beob.
121° 28'; 133° 48'
128° 40'; 120° 0'
vollkommen
weniger deutlich
CdS
beob.
99
nicht beob.
127° 26' ; 124» 37'
nicht beob.
139° 39' ; 87° 13'
nicht beob.
133° 29' ; 30° 36'
nicht beob.
unvollkommen
deutlich
ZnO
beob.
127° 32' ; 124° 16'
133° 36' ; 97° 14'
nicht beob.
144° 34' ; 74° 10'
nicht beob.
99
123° 20' ; 143° 20'
nicht beob,
99
deutlich spaltbar,
wen. deutl. „
Ausserdem ist es auch bekannt, dass Schwefelkadmium wie
Schwefeleisen als vikarirende Bestandteile für Schwefelzink, bei
spielsweise in der Species der Blende selbst Vorkommen, so wie um
gekehrt auch die Oxyde als gegenseitige Stellvertreter beobachtet
werden. Der Isodimorphismus ist daher gewiss ausser allem Zweifel
gestellt und es kann bei unserer verhältnissmässigen beschränkten
Kenntniss der krystallographischen Verhältnisse nicht auffallen, dass
Schwefelkadmium und Zinkoxyd hexagonal, Kadmiumoxyd und
Schwefelzink tessularisch krystallisiren, sondern es muss gerade
dieses wechselweise Vorkommen bei ohnehin übereinstimmenden
Gestalten und bei dem bekannten Vikariren in anderen Verbindungen
der Beweis sein, dass Isodimorphismus hier obwaltet.
Mineralogische Notizen.
175
Nachträglich ist hier anzuführen, dass Descloizeaux (Ann.
d. chim. et d.phys.XL, 85) die Angaben Dufrenoy’s (vergl. meine
Übersicht der Resultate min. Forsch. 1853, 44) bestätiget hat, dass
der citronengelbe Jodit aus Chili hexagonal und isomorph mit
Greenockit krystallisirt. Proben von Chanarcillo in Chili, schwefel
gelbe, durchsichtige, im Bruche demantartig glänzende, parallel oP
sehr leicht spaltbare Krystalle Hessen ausser oP und ooP die hexa
gonalen Pyramiden 2P = 122° 12' und 150° 14'
P = 127» 36' „ 124» 0'
*P = 1S5» 26' „ 50» 22'
linden. Ausserdem fand J. L. Shmith (Sillim. Amer. Journ. XVIII,
374), dass der Jodit aus Chili = AgJ ist, wonach sieh diese
Species als isomorphe den obigen drei angeführten anreiht.
12. Notiz über eine Zwillingsbildung des Calcit.
In einem Stücke dichten grauen Calcits, welcher im wilden
Anger am Salzberge bei Hall in Tirol in einer Höhe von 6000 Fuss
vorkommend gefunden wurde, woselbst dieser durch seine eigenthüm-
liche oolithisch-knollige Bildung im Grossen auffällt und desshalb von
Esclier von der Lintli Riesenoolith genannt wurde, finden sich
kleine unregelmässige Drusenräume, besetzt mit sehr kleinen farblosen
und durchsichtigen Krystallen von Calcit. Dieselben bieten ein Beispiel
von Zwillingsbildung dar, wie man es sonst nicht zu sehen gewohnt
ist, wenn auch das Gesetz der Zwillingsbildung ein bekanntes ist.
Auf den ersten Blick erscheinen die kleinen aufgewachsenen
und aufliegenden Krystalle als spitze trigonale Pyramiden, deren
Endecken durch die Flächen einer sehr stumpfen trigonalen Pyra
mide in gleicher Stellung dreiflächig zugespitzt sind, die Flächen der
letzteren gerade auf die Flächen der ersteren auf
gesetzt, wie die beifolgende Figur angibt.
Genauer betrachtet, namentlich unter der
Loupe sieht man eine sehr stumpfe Kante in der
Mitte der Paralleltrapeze, welche die Flächen der
vorherrschenden Gestalt bilden, wie dieselbe an
der Figur durch die langgestrichelten Linien an
gedeutet ist, so dass die trigonale Pyramide
zur ditrigonalen Pyramide wird, deren über den
Flächen der trigonalen liegende Flächenpaare einen sehr stumpfen
Winkel bilden.
176
K enngot t.
Da die ditrigonalen, so wie die trigonalen Pyramiden am Calcit
nicht vorzukommen pflegen, so würde man sich die Erscheinungs
weise dieser Krystalle so erklären müssen, dass Zwillinge der
bekannten Art (zwei Skalenoeder mit gemeinschaftlicher Hauptaxe
und Basisfläche, so zur Hälfte in einander verwachsen und das eine
um Vc seines Umfanges um das andere herumgedreht, dass drei
abwechselnde stumpfe vierkantige Ecken und drei abwechselnde ein
springende Ecken entstehen) so verwachsen sind, dass von den
beiden Skalenoedern noch weniger als die Hälften da sind, und somit
die drei abwechselnden einspringenden Ecken verschwinden, und
durch drei spitze symmetrische vierkantige Ecken ersetzt werden.
Auf diese Art werden die rhomboedrischen Zwillinge zu trigonalen
und die skalenoedrischen Zwillinge zu ditrigonalen Pyramiden.
Dass nun die oben angegebenen Krystallgesfalten wirklich der
artige Zwillinge sind, dies zeigt deutlich der eine aufliegende Kry-
stall, welcher gerade so aufliegt, dass man eine der drei abwechseln
den stumpfen symmetrisch-vierkantigen Ecken sehen kann. Man
bemerkt daselbst, wie auch in der Figur durch die gestrichelten
Linien es fernerangedeutet ist, eine Fläche, welche an jedem ein
zelnen Skalenoeder als die eines sehr spitzen Rhomboeders auftreten
würde, aufgesetzt auf die stumpfen Endkanten und die Seitenecken
schief abstumpfend. Ein geringes Hervortreten der besagten Flächen
unterstüzt durch eine sichtliche Ungleichheit der beiden Individuen
in der Grösse bringt eine geringe Verschiebung der Theile, ein
Übereinandergreifen an dieser Ecke hervor und die Combinations-
kanten des Rhomboeders mit dem Skalenoeder lassen sich unter der
Loupe als sehr stumpfe, jedoch deutlich erkennen.
Wäre diese Fläche an allen stumpfen vierkantigen Ecken zu
sehen, was vielleicht wirklich der Fall ist, durch die Kleinheit und
Lage der aufgewachsenen Krystalle nicht deutlich wird, so würde
dieses Rhomboeder im Zwillinge eine stumpfe Zuschärfung der
stumpfen vierkantigen Ecken hervorbringen, während sie bei dem
tiefen Eindringen der beiden Skalenoederhälften an den spitzen vier
kantigen Ecken gar nicht erscheint.
Bei der gewöhnlichen Ausbildung derartiger Skalenoeder
zwillinge müsste dann eine solche Rhomboederfläche einspringende
diedrische Winkel an der Stelle der spitzen vierkantigen Ecken
zeigen.
Mineralogische Notizen.
177
Das betreffende Stück hatte der Assistent am k. k. Hof-Minera-
lien-Cabinete Herr E.Suess, von seiner vorjährigen Untersuchungs
reise mitgebracht und mir zur näheren Kenntnissnahme übergeben.
13. Bemerkungen über ein mit dem Felsöbanyt
verwechseltes Mineral.
Nachdem durch den Herrn Sectionsrath W. Haidinger und
Herrn Karl Ritter von Hauer festgestellt worden war, dass das von
W. Haidinger mit dem Namen Felsöbanyt belegte Mineral eine
eigene Species ist, welche wesentlich Wasser, Thonerde und
Schwefelsäure in dem Verhältnisse enthält, dass man dafür die For
mel 2(3H0.Al 3 0 3 )-[-4H0.S03 aufstellen kann, erscheint es mir noth-
wendig, darauf aufmerksam zu machen, dass noch ein anderes
kugeliges Mineral unter dem Namen Felsöbanyt in den Handel
gekommen ist, welches jedenfalls von dem echten Felsöbanyt ver
schieden zu Verwechselungen Veranlassung geben dürfte.
Das kugelige Mineral, welches mir von drei verschiedenen Sei
ten zur Ansicht zukam, ist von Kapnik, enthält auch Wasser, Thon
erde und Schwefelsäure und ist, so viel man ohne Analyse im Ver
gleiche mit dem Felsöbanyt Haidinger’s beurtheilen kann, nicht
dasselbe Mineral.
Das erste Stück erhielt ich durch den k. k. Finanz-Concipisten
in Hermannstadt, Herrn E. A. Bielz zugesendet. Man sieht auf kry-
stallisirtem Tetraedrit und Quarz aufgewachsene kugelige und
hüschelige Partien nadelförmiger Kryställchen. Die Kugeln sind
gelblichweiss, an den Kanten durchscheinend, unter der Loupe
betrachtet an der Oberfläche rauh, durch Krystallenden, welche wie
es scheint, orthorhombische Domen darstellen. Zerbrochen zeigen
die Kugeln excentrisch strahligeBildung und die einzelnen trennbaren
Nadeln sind fast durchsichtig und farblos. Der Glanz ist auf den
Kugeln glasartig, auf den durchgebrochenen Theilen durch die
strahlige Bildung zwischen Glas- und Perlmutterglanz. Ausser den
kleinen Kugeln und hüscheligen Partien, welche die Kryställchen
mehr vereinzelt zeigen, sind sämmtliche Tetraedritkrystalle wie
grau beschlagen, was ebenfalls Krystallanfänge dieses Minerals sind.
Die Härte ist = 3-5 — 4 - 0 und dürfte, wenn sie sicher bestimmt
werden könnte, vielleicht noch höher sein.
In Salzsäure unlöslich. Die Kugeln zerlegen sich heim Kochen
nach und nach nur in die einzelnen Nadeln. Im Glasrohre erhitzt gab
12
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft.
178
K e n n g o 11.
es ziemlich reichlich Wasser unter gleichzeitiger Entwickelung schwe-
feliger Säure, welche das Lackmuspapier röthet, so wie auch das
Wasser sauer reagirt. Die ausgeglühte Kugel war grau, mit Kobalt
solution befeuchtet und geglüht, wurde sie schön blau.
Wegen des Mangels an disponiblen Material konnte ich dem
k. k. Hauptmann Karl Ritter y. Hauer nur sehr wenig Stoff zur
qualitativen, wenn möglich zur quantitativen Bestimmung übergeben
(90 Milligrammen) und er fand
6 - 20 Schwefelsäure,
75-73 Thonerde.
18-55 Wasser (Verlust)
mit dem Bemerken, dass das Resultat wenig Anspruch auf Genauigkeit
machen könne, sich aber jedenfalls herausstelle, dass die Zusammen
setzung keine Ähnlichkeit mit der von ihm bestimmten des Felsö-
banyts zeige.
Bei seiner Anwesenheit in Wien schenkte der Mineralienhändler,
Herr Dr. A. Krantz in Bonn, ein Exemplar dieses vermeintlichen
Felsöbanyts von Kapnik an das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet, welches
er in mehreren Exemplaren aquirirt hatte. Es bildet aufgewachsene
Kugeln von 1—-2 Millimeter im Durchmesser auf einem kristallini
schen Gemenge von Blende, Pyrit, Bleiglanz und Tetraedrit. Die
Kugeln sind zusammengesetzt aus radial gestellten linearen Kryställ-
chen, die Oberfläche der Kugeln ist auch durch die hervorragenden
Krystallenden, welche sich hier, wie in dem obigen Stücke durch die
Beobachtung unter der Loupe als orthorhombische Domen erkennen
und deuten Hessen. Farbe, Glanz, Durchsichtigkeit und alle anderen
Verhältnisse zeigten sich ebenso, wie in dem zuerst beschriebenen
Stücke, nur war das hier in Rede stehende von viel frischerem und
schönerem Aussehen.
Ein drittes Exemplar desselben Minerals, angeblich zwar vonFel-
söbänya, richtiger aber auch von Kapnik erhielt ich von Sr. Excellenz
dem Herrn Grafen von Bero Idingen in Wien zur Ansicht und
Bestimmung, dessen schöne Sammlung noch manches für die
Wissenschaft wichtige Exemplar zu neuen Beobachtungen liefern
wird. Auch hier sieht man auf einem krystallinisch - körnigen
Gemenge von Pyrit, Bleiglanz, Blende und Chalkopyrit aufgewachsene
aber um vieles grössere Kugeln mit matter oder wenig schimmern
der und kaum unebener Oberfläche. Innen sind die Kugeln radial-
Mineralogische Notizen.
179
faserig, die oberste Schicht ist fast dicht mit bemerkbarer con-
centrisch schaliger Bildung entsprechend der äusseren Kugelform.
Während der innere krystallinische Tlieil fast farblos oder gelblich,
durchsichtig bis halhdurchsichtig, fast seidenglänzend in Perlmutter
glanz geneigt ist, ist die äussere Schicht gelhlichweiss und an den
Kanten durchscheinend, wesshalb die Kugeln durch diese Rinde
undurchsichtig erscheinen. Im Übrigen gleicht dieses Mineral den
beiden anderen und die Bestandtheile sind Thonerde, Schwefelsäure
und Wasser.
Aus Allem geht hervor, dass hier ein kugeliges Mineral von
gleichen Bestandtheilen von Kapnik mit dem echten Felsöbanyt
Haidinger’s von Felsöbänya verwechselt wird, wesshalb zu
wünschen ist, dass durch eine Analyse der Unterschied constatirt
werde. Die morphologischen und physicalischen Eigenschaften allein
dürften nicht ausreichend sein, so lange nicht reichlicheres Material
vorliegt als das mir vorgelegene und die Krystalle beider so mikro
skopisch kleine erkennbare Theile zeigen. Die bis jetzt unterscheid
baren Eigenschaften sprechen entschieden für eine neue Species.
14. Calcit, als Einschluss in Pleonast.
Einer kurzen Erwähnung verdient der krystallisirte schwarze
Pleonast, welcher sich am Monzoniberge in Tirol eingewachsen in
einem grauen, ausBatrachit und Calcit bestehenden Gemenge vorfindet
und das Oktaeder als Krystallform zeigt. Mehrere der eingewachsenen,
meist scharf ausgebildeten Krystalle sind durch das Formatisiren
des Stückes zufällig zerschlagen und von ihnen enthalten einige ein
unvollkommen ausgebildetes Calcitindividuum als mittleren weissen
Kern, um welchen die schwarze Pleonastmasse herum ungestört die
äussere Gestalt aushildete. Der eingeschlossene Calcit bildet einen
Krystall, dessen äussere Flächen sich nicht in ihrer Umgrenzung
darstellen konnten, weil dies die umhüllende Pleonastmasse hinderte,
man erkennt aber die Anwesenheit nur eines Individuums durch die
im Durchbruche dargelegte Spaltungsfläehe, welche nur eine ist und
bis an die Pleonastmasse fortläuft.Das Volumen derartiger Calcitkerne
ist nicht gering und beträgt seihst die Hälfte des ganzen Volumens
der Pleonastkrystalle. Gleicher blauliehweisser körniger Calcit um-
schliesst auch an einzelnen Stellen die Pleonastkrystalle oder bildet
für sich in dem Gemenge des Batrachit und Calcit deutlich ausge
schiedene Partien.
12
180
Sedlaczek.
Vorträge.
Der Copir - Zirkel, eine einfache Einrichtung des Panto-
graphen.
Von Josef Sedlaczek,
Mechaniker des k. k. physicalischen Institutes.
Das Princip, welches der Einrichtung meines Pantographen
zum Grunde liegt, dürfte sich folgender Massen am fasslichsten dar
stellen lassen. Es sei eine auf einer Ebene (auf einem Reissbrette)
vorhandene Zeichnung A, B, C in einem vorgeschriebenen Verhält
nisse, z. B. in einem Drittheil ihrer Grösse zu copiren. Man nehme
in dieser Ebene irgend einen Punkt 0, denke sich von demselben zu
allen Punkten, wie A, B, C u. s. w., der Zeichnung gerade Linien
OA, OB, OC u. s. w. gezogen und auf jeder derselben von 0 aus
gegen A, B, C u. s. w. hin Stücke Oa, Ob, Oc. u. s. w. abgeschnitten,
welche im Vergleiche mit den ganzen Linien in dem geforderten
Verhältnisse kleiner sind; also, in dem gewählten Beispiele Oa =
V3OA, Ob — i / s 0B, Oc = 1 / 3 OC u. s. w., so stellen die solcher
Weise bestimmten Punkte a, b, c u. s. w. offenbar den Umfang einer
Figur dar, welche dem vorgelegten Originale vollkommen ähnlich
und bezüglich desselben in dem verlangten Verhältnisse verkleinert
Der Copir-Zirkel, eine einfache Einrichtung des Pantographen. 181
ist. Hätte man nun zwei gewöhnliche Zirkel-Instrumente zur Hand,
wovon die Schenkel des einen in dem geforderten Verhältnisse kürzer
wären, als die des andern und denkt man sich, nachdem man mit dem
grösseren Zirkel nach und nach jeden der von 0 an das Original
gehenden Fahrstrahlen OA, OB, OC u. s. w. gefasst hat, dem klei
neren Zirkel dieselben Öffnungen gegeben, die dabei der grössere
erhält, so würde der kleinere Zirkel mit der einen Spitze in dem
Fixpunkte 0 eingesetzt, mit der andern Spitze in den entsprechenden
Linien OA, OB, OC u. s. w. die Punkte a, b, c u. s. w. markiren;
der kleinere Zirkel muss, wie leicht einzusehen ist, von selbst die
gehörigen Öffnungen annehmen, wenn man den zu 0 gehenden
Schenkel mit jenem des grossen Zirkels in eine und dieselbe Rich
tung fallen, und die Spitze des andern Schenkels in jeden zu
verkürzenden Fahrstrahl eingreifen lässt. Letztere Bedingung wird
mit grösster Leichtigkeit zu erfüllen sein, wenn die Ebene in welcher
sich der kleinere Zirkel öffnet, mit jener des grösseren überein
stimmt; denn dann käme es nur darauf an, dass auch der kürzere
Schenkel das Reissbrett berührt, sobald der längere an die zu
copirenden Stellen gebracht wird, wobei es ganz gleichgiltig bleibt,
welche Lagen bei den verschiedenen Schritten die gemeinschaftliche
Öffnungsebene der Zirkel annimmt.
Das von mir construirte Instrument, welches ich hier der hohen
kaiserl. Akademie vorzuzeigen die Ehre habe, ist die genaue Verwirk
lichung des soeben Erklärten.
c
182 Sedlaczek. Der Copir-Zirkel, eine einfache Einrichtung- des Pantographen.
Wie aus Fig. II ersichtlich ist, bilden die Schenkel de und ef
den grösseren, dg und gli den kleineren Zirkel, welche beide um die
Axen g und e in einerlei Ebene beweglich sind, so zwar dass die
drei Punkte d, h, f in jeder Richtung und Ausdehnung in eine und
dieselbe Gerade fallen, wobei d eine Stahlspitze, h ein Bleistift und
f ein Griffel ist, welcher letztere längs dem Originale herum bewegt
wird. Der Abstand von d bis e ist = e/'und beträgt bei vorliegendem
Instrumente 300 Millimeter. Dadurch dass sich die Axe g, in der
Richtung der Stahlspitze d, in einer Nutli verschieben und feststellen
lässt, und längs dieser eine mit den Punkten de correspondirende
Scala angebracht ist, wird ermöglicht, jedes beliebige Verhältniss
dg zu de herzustellen; zu welchem Behufe auch nur eine einzige
Scala nothwendig ist, indem der kürzere Schenkel gli, welcher
ebenfalls mit Nuth und Schieber versehen ist, und mit der Axe g
in Verbindung steht, ganz einfach so gestellt wird, dass, bevor man
zu zeichnen beginnt, die Bleistiftspitze h, sowie der in einer Hülse
verschiebbare Griffel f mit der Stahlspitze d, am zusammengelegten
Instrumente zusammenfallen.
Hierdurch wären nun alle Bedingungen erfüllt, welche das
Gelingen einer richtigen Zeichnung voraussetzt, wenn man noch die
Vorsicht übt, die Bleistiftspitze, welche sich durch den Gebrauch
abnützt, wodurch der Zirkelschenkel kürzer wird, von Zeit zu Zeit
nachzustellen. Sollte das Instrument die Zeichnung auf einmal nicht
umfassen können, müssen Papier und Original nach Bedarf über
einander gelegt, und letzteres partienweise copirt werden. Was
endlich das Vergrössern einer Zeichnung betrifft, so dürfen nur Blei
stift und Griffel verwechselt werden; besondere Genauigkeit ist aber
hier so wenig wie bei gewöhnlichen Pantographen zu erreichen, da
sich hierbei die Fehler multipliciren.
Haue r. Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen. 183
Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen
Alpen.
Von dem c. M. Franz Ritter v. Rauer.
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten in der Sitzung am 26. April 1855
vorgelegten Abhandlung.)
Lange bekannt ist das Vorkommmen zahlreicher Cephalopoden-
reste an verschiedenen Fundstellen in den nordöstlichen Alpen, die
der Liasformation angehören. Abgesehen von älteren Schriftstellern
geben Partsch, ßoue, Münster, Lill, Sedgvvick und
Murchison mehr oder weniger ausführliche Schilderungen solcher
Localitäten.
Erst etwas später wurde die Bestimmung einzelner Arten ver
sucht: so veröffentlichten Quenstedt, Schafhäutl, Kuder-
natscli Listen der in Adneth bei Hallein vorkommenden Arten,
Stur solche der Cephalopoden von Enzesfeld und Hornstein, Merian
und Es eher aus verschiedenenLocalitätenin Vorarlberg, Emmrich
von der Kammerkar- und Lofer-Alpe. Ich selbst gab ausgedehntere
Listen in meiner Abhandlung über die Gliederung der Trias-, Lias-
und Juragebilde der nordöstlichen Alpen und später die vollstän
dige Beschreibung der Arten von zwei Familien und zwar der Hetero-
phyllen 2 ) und Capricornier 3 ).
Die vorliegende Abhandlung nun enthält die Fortsetzung dieser
Arbeit, ausgedehnt auf alle übrigen Cephalopoden welche die hiesigen
Sammlungen, namentlich das Museum der k. k. geologischen Reichs
anstalt aus dem Lias der nordöstlichen Alpen enthalten. Vorausge
schickt ist eine kurze Übersicht der geologischen Verhältnisse der
wichtigsten Fundorte, von denen der bei Weitem grösste Theil jener
Gruppe des oberen Lias der nordöstlichen Alpen angehört, die unter
dem Namen der Adnether Schichten bekannt ist, und in dem Zuge
der Kalkalpen zwischen Wien und dem Salzaflusse liegt; abgesehen
von den durch ihren Reichthum an Cephalopoden längst berühmten
Marmorbrüchen bei Adneth unweit Hallein in Salzburg, nach welcher
1 ) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. IV, S. 715.
') Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Bd. XH, S. 861.
3 ) Dieselben Bd. XIII, S. 94.
184
Haue r.
Localität diese Gruppe der alpinen Liasformation benannt wurde, und
den namentlich durch die Untersuchungen von Herrn D. S tur genauer
bekannt gewordenen Fundstellen beiEnzesfeld und Hornstein, verdient
namentlich ein Zug von roth gefärbten Adnether Kalksteinen Beach
tung, der von der Westseite des Sparberherges südsüdwestlich von
St. Wolfgang über die Pockwandalpe, die Hesskaralpe, Althüchelalpe,
Schreinbachalpe, Zinkeneckalpe, den Hintergrund des Königsbach
grabens, die Königsbachalpe, den Nordfuss des Gennerhornes, südlich
an den Tiefenbachalpen vorüber, über den Kropfberg, die Anzenberg
alpe, den Spielberg und Hochgrimming bis in das Mertelbachthal
fort bekannt ist. Die Gesteine dieses Zuges, der in seiner ganzen
Erstreckung von mehr als sieben geographischen Meilen von Herrn
M. V. Lip old verfolgt wurde, bilden eine nur wenig mächtige deut
lich geschichtete Lage die allenthalben unmittelbar auf den dunkel
gefärbten Kössener Schichten aufliegt und von jüngeren jurassischen
Kalksteinen überdeckt wird.
Auch die zweite dem oberen alpinen Lias angehörige Gesteins
gruppe, die Hierlatzschichten, lieferte beinahe an allen Punkten an
welchen sie bisher aufgefunden wurde, so namentlich am Hierlatz bei
Hallstatt, und auf der Gratzalpe südwestlich von Golling zahlreiche
Cephalopoden.
Weit ärmer dagegen an Überresten aus der genannten Thier-
classe ist der untere Lias der nordöstlichen Alpen; aus den Dach
steinkalken, den Starhembergschichten und den Grestener Schichten
kennt man bisher beinahe nur unbestimmbare Bruchstücke, und selbst
die Kössener Schichten lieferten bisher an einer einzigenLocalität, zu
Enzesfeld bei Wien, eine grössere Zahl gut erhaltener Exemplare.
Die Gesammtzahl der Cephalopodenarten aus dem Lias der nord
östlichen Alpen nun, die mir bisher genauer bekannt geworden sind
beträgt bei 65, nämlich 60 Ammoniten, 4Nautilen und 1 Orthoceras;
davon sind 31 bisher nur aus dem Gebiete der Alpen, Karpathen und
Appenninen bekannt, die übrigen finden sich auch in dem Lias der
nordeuropäischen Gebiete.
Im unteren Lias der nordöstlichen Alpen kenne ich bisher
12 Arten, von denen 4 auch in den oberen Lias desselben Gebietes
übergreifen; in dem Letzteren fanden sich daher 57 Arten.
Die Kössener Schichten, welche jene 12 Arten enthalten,
haben zwei Arten, den sehr sicher bestimmten A. cylindricus Sow.
Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen. 185
und das nur unsicher abgegrenzte 0. orthoceropsis mit den Adnetlier
und mit den Hierlatzschichten gemeinschaftlich, eine Art der A. mima-
tensis d’Orb. fand sich in den Kössener und Adnether Schichten,
und eine der A.abnormis Hau. in den Kössener und in den Hierlatz
schichten.
Fünf von den erwähnten 12 Arten der Kössener Schichten finden
sich auch im nordeuropäischen Lias: drei derselben A. bisulcatus
Brug., A.kridion Hehl und A. Moreanus d’Orb. gehören daselbst
der tiefsten Liasetage dem Terrain Sinemurien d’Orhigny’s oder
der Etage a nach Quenstedt an, A. obliquecoStatus wird von
Quenstedt im Lias ft und A.mimatensis von d’Orbigny im ober
sten Lias oder dem Terrain toarcien angegeben.
Die Adnether Schichten enthalten 4S Arten, von denen 8
bereits auch in den Hierlatzschichten bekannt geworden sind. Nahe die
Hälfte dieser Arten, nämlich 23, finden sich auch im nordeuropäischen
Lias, davon 4 nurim Sinemurien oder tiefsten Lias, 9 im Liasien oder
mittleren Lias, und 6 in Toarcien oder obersten Lias; eine der Naut.
intermedius scheint durch alle Liasetagen durchzugehen, zwei der
Am. tatricus und A. Zignodianus greifen selbst in den Jura über; von
Naid. Gravesianus d’Orb. sind Lagerstätte und Fundort unbekannt.
Die Hierlatz-Schichten endlich beherbergen 19 Arten. Von
diesen kennt man nur 5 im nordeuropäischen Lias, alle gehören
daselbst der mittleren Gruppe dem Terrain liasien an.
Keine der Cephalopodenarten der alpinen Triasformation, nament
lich der an Geschöpfen dieser Classe so reichen Hallstätter Schichten
konnte bisher in dem Lias unserer nordöstlichen Alpen mit Sicher
heit nachgewiesen werden; zwar wurden bisher keine genügenden
Merkmale aufgefunden um die von Savi und Meneghini als
Belemnites orthoceropsis bezeichnete Orthocerenart die weit ver
breitet im Lias der Alpen, Appenninen und Karpathen vorkömmt, von
dem 0. alveolare Quenst. aus den Hallstätter Schichten zu unter
scheiden, doch liegen von ersterer Art bisher nur unvollständige
Steinkerne vor, die eine genauere Vergleichung nicht gestatten. Ganz
ähnliche Orthoceren mit randlichem Siplio wurden übrigens selbst
auch im Jura der Alpen aufgefunden.
Was die dem südeuropäischen Schichtensysteme bisher eigen-
thümlichen Cephalopodenarten des Lias betrifft, so haben sie beinahe
durchgängig den Typus der gewöhnlichen Lias-Cephalopoden, und
186 Hauer. Über die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen.
stehen zum Theil schon früher bekannten Arten sehr nahe, Die grosse
Mehrzahl der Ammoniten schliessen sich genau den Familien derArie-
ten, der Falciferen, der Capricornier, der Fimbriaten und der Hetero-
phyllen an, also jenen Familien die auch ausser den Alpen besonders
bezeichnend für die Liasformation sind; sie contrastiren in dieser Be
ziehung ungemein auffallend mit den Cephalopoden der zunächst unter
ihnen folgenden Triasgebilde, die grossentheils ganz eigentümlichen
Familien angehörig, nicht einmal durch analoge Formen ausser den
Alpen vertreten sind.
Schliesslich sei es erlaubt zu bemerken, dass die hier in Kürze
angedeuteten Hauptergebnisse der Untersuchung der Lias-Cephalo-
poden der nordöstlichen Alpen im Allgemeinen sehr gut mit jenen
übereinstimmen, welche die erst teilweise veröffentlichten ungemein
genauen Untersuchungen des Herrn E. Sues s in Betreff der Brachio-
poden >) und des Herrn Dr. M. Hörnes in Betreff der Gasteropoden
und Acephalen ergaben.
U Vergleiche dessen Brachiopoden der Kössener Schichten. Denkschriften d. kaiserl.
Akademie der Wissenschaften, ßd. VII.
St eil wag-. Die Accommodationsfehler des Auges.
187
Die Accommodationsfehler des Auges.
Von Dr. Earl Stellwag yoh Carion.
(Mit II Tafeln.)
(Vorgetragen in der Sitzung vom 12. April 185S.)
Die Accommodationsfehler des Auges haben trotz der überaus
grossen und sich stätig steigernden Häufigkeit ihres Vorkommens
bisher noch nicht jene Beachtung gefunden, welche sie ihrer hohen
Wichtigkeit wegen verdienen. Es fehlt noch an einer Bearbeitung
derselben, welche auch nur einigermassen genügend genannt werden
könnte. Das Schwankende in den herrschenden Ansichten über den
Accommodationsvorgang hot einen zu unsicheren Boden für
physicalische Erörterungen seiner Abweichungen von der Norm und alle
gemachten diesfälligen Versuche scheiterten an der Unmöglichkeit, die
auf theoretischem Wege gewonnenen Besultate mit den Ergebnissen
der täglichen Erfahrung in Einklang zu bringen und umgekehrt.
Erst neuester Zeit ist für derartige Untersuchungen die Bahn
gebrochen worden durch Cramer’s glänzende Entdeckung (Het
accommodatierermogen der oogen etc. Haarlem 1853), welche
Helmholtz (Monatsbericht der k. preuss. Akademie der Wissen
schaften 1853, Februar) durch selbstständige Untersuchungen bestä
tiget und erweitert hat. Durch diese Entdeckung ist der Aecommo-
dationsvorgang zu einem Gegenstände unmittelbarer Beob
achtung gemacht und Einsicht in die wirkenden Factoren eröffnet
worden. Es dient dieselbe meinen Erörterungen zur Grundlage.
Die Schwierigkeiten, welche sich einer naturwissenschaftlichen
Discussion der Accommodationsfehler entgegenstellen, sind indessen
noch ausnehmend gross und die grösste derselben liegt wohl in der
ungenügenden Kenntniss und in den individuellen Schwankungen
jener Werthe, welche als Constanten oder Variable in die dioptrischen
Verhältnisse des Auges eingehen. Ich habe die anerkannt besten
Quellen in dieser Beziehung benützt und aus der Vergleichung der
selben Mittelwerthe zu erlangen gesucht, welche sich dem wahren
Mittelwerthe möglichst nähern dürften. Als solche Mittelwerthe habe
ich folgende gefunden und lege sie meinen Rechnungen zu Grunde.
188
S t e 11 w a g.
Der Krümmungsradius der vorderen Hornhautfläche 3"'45G
„ „ „ hinteren „ 2"772
„ „ „ vorderen Linsenfläche 3"'071
„ „ - „ hinteren „ 2"'2
„ absolute Brechungsexponent der Cornealsubstanz 1-339
„ „ „ des Humor aqueus 1-337
„ „ „ „ Glaskörpers 1-339
Die Dicke der Cornea im Centrum 0”4
„ Axe des Krj-stallkörpers 2' r 0
„ „ „ Vorderkammerraumes 0*8
Der Abstand der Netzhaut von der Hinterfläche der Linse .... 6' r 734
Es wurden die Krümmungsradien durch Reduction der von Krause ange
gebenen Rotationsflächen auf die Kugel gewonnen. Die Brechungsindices habe
ich nach Brewster’s und Chos.sat’s Messungen bestimmt, indem die neuester
Zeit von W. Krause veröffentlichten Werthe noch der Bestätigung ihrer Rich
tigkeit bedürfen. Die Axen der einzelnen dioptrischen Medien sind ebenfalls nach
Krause gewählt und nur die Kammeraxe um 0"'3 verkleinert, indem das Auf
liegen des Pupillarrandes auf der Linsenoberfläehe derzeit kaum mehr geleugnet
werden kann, unter dieser Voraussetzung aber das Zenitli der Vorderkapsel
um 0"'2 vor der Ebene der Pupille gelegen sein muss, indem der Abstand
dieser Ebene von der Cornealhinterfläche 1"' beträgt.
Es entgeht mir keinesweges das Ungenügende dieser Werth-
bestimmungen, doch dürften sich ihnen vor der Hand kaum viel
bessere substituiren lassen. Übrigens handelt es sich gar nicht um
die Berechnung mathematisch genauer Zahl enwerthe,
welche letztere in jedem einzelnen Falle ohnehin andere sein müssen
wegen den bedeutenden individuellen Schwankungen der einzelnen
Factoren. Aufgabe ist es blos, eine Einsicht in die
Verhältnisse zu gewinnen, welche auf die Licht
brechung im Auge Ein flu ss nehmen und Abweichungen,
derselben von der Norm begründen können. Dazu aber
genügen jene Werthe vollkommen.
Der genannte Zweck macht durchsichtige und möglichst em
pfindliche Formeln nothwendig. Ich glaube als solche die Stam-
pfer’schen bezeichnen zu dürfen, und bediene mich derselben um
so lieber, als sie mit Zugrundelegung der oben aufgeführten Werthe
einerseits zu Resultaten führen, welche den Ergebnissen der Experi
mente sehr nahe kommen; andererseits aber auch Reductionen in
den erforderlichen Berechnungen leicht möglich machen und so der
Übersichtlichkeit wesentlich dienen. Die Formeln, welche Listing
(R. Wagner’s Handwörterbuch der Phys. 4 Bd., S. 504) zu
Die Accommodationsfehler des Auges.
189
solchen Zwecken empfohlen hat, stehen sowohl in Bezug auf Mani
pulationsleichtigkeit, als auch in Betreff der durch sie gewonnenen
Resultate den Stampfer’schen weit nach. Die Wichtigkeit, welche
man Ersteren neuerer Zeit beigelegt hat, bestimmt mich, näher in
sie einzugehen, gleich im Vorhinein bemerkend, dass Listing in
der Bestimmung der Radien der Trennungsflächen und in der Distanz
der Scheitelpunkte der letzteren etwas gar zu willkürlich vorgegan
gen und demnach nicht zu nur einigermassen genügenden Resultaten
gelangt ist; dass aber eine Substitution annäherungsweise richtiger
Werthe in seine Gleichungen noch weiter vom Ziele abführt. Worin
der Grund dessen liegt, ist mir unbekannt, aber Thatsache ist es, die
Ergebnisse der Listing’schen und der Stampfer’schen Formeln
sind bei Zugrundelegung derselben Werthe sehr different.
So zum Beispiele erscheint bei Berechnung der Refraction parallel auf
fallender Strahlen in der Cornea nach Stampfer’s Methode die hintere
Brennweite = i3"'73, vom Scheitelpunkte der Cornealvorderfläehe an gerechnet,
während die hintere Brennweite nach Listing = 14"1033 ist, bezogen auf
denselben Punkt als Anfangspunkt der Coordinatenaxe. Nimmt mau nämlich
die Dicke der Cornea in ihrem mittleren Theile N—iVj — 0"4, den Radius der
Vorderfläche r = 3"'436, den Radius der hinteren Fläche r x = 2"772, den
Brechungsexponenten der Luft n=1, den Index der Cornealsubstanz Mj=1-339
und jenen des Kammerwassers m 2 = 1-337, welcher letztere Unterschied eher
zu gering, als zu gross ist, und substituirt sie in die Listing’schen Formeln,
so ergibt sich
n, — n
u = i = — 0-098,
r
n„ — n,
ii = 0-0007213,
r \
N t — N
t =—- = 0-02987,
n l
g = (ut) = ut + 1 = + 0-99707274,
h— t = t = + 0-02987,
k— (u t Mj) = utiiy + «j + u — — 0-0972806,
l= (tili) = Gzj'+l = + 1-00002133,
gl— hk =0-9999999984.
Für die Hauptpunkte E und üj wäre die Stellung auf der optischen Axe:
E — N= — 0-00022133
N t — Ei = + 0-0402317.
Der erste Hauptpunkt läge 0 ? 00022133 vor der vorderen Cornealtläche,
„ zweite „ „ 0"'0402317 „ „ hinteren „
das Interstitium beider E x —E = 0-3397898.
190
Stellwag.
Für die beiden Brennpunkte F und F t ergäbe sich die Lage:
N — F = + 10-279
13-70339
Der erste Brennpunkt läge 10'”279 vor der vorderen Cornealfläche,
„ zweite „ „ 13"’70339 hinter der hinteren „
Die beiden Brennweiten f und f\ wären
f= i0"’279
ft = 13"’744
f\ ,l s
— = — = 1-337.
f “
Für die beiden Knotenpunkte D und D 1 ergäbe sieh
D — E = — E t 3-464.
k
D — N — 3-464 — 0-00022133,
Dt- N t = 3-464 — 0-040,
Nt — Dt = — 3-464 + 0-040 = —3-424.
Der erste Knotenpunkt läge nicht ganz 3"464 hinter der vorderen Cornealfläche,
„ zweite „ „ 3”'424 hinter der hinteren Cornealfläche.
Das Interstitium beider D t — D — Et — U = 0-36.
Bei der Reduction auf eine einzige brechende Fläche ergibt sich für den
mittleren Hauptpunkt die StellungO^l34 hinter dem Scheitelpunkte der vorderen
Cornealoberfläche. Hier muss die imaginäre, reducirte Cornealbrechungsfläche
die optische Axe schneiden. Als Abstand des mittleren Knotenpunktes von
diesem mittleren Hauptpunkte, oder was gleichbedeutend ist, als Radius jener
redueirten Brechungsfläche erscheint der Werth 3'"S136. Als vordere Brenn
weite f ergibt sich /'=10-433; als hintere Brennweite /' 1 = 13' : '94906 und als
Probe der Richtigkeit
fi n ->
— = — = 1-337.
f n
In den Stampfe r’schen Formeln erscheint dagegen r = -
=m=0 • 7468;
n,
1
3-436
ft = ; N— A r 1 = (/ = 0-4; — =?)i=0-7468; — = m, = 1-002 und
>l i r h
1 1
als hintere Vereinigungsweiten F=— und F t = — der beiden Trennungs-
f fi
1
flächen der Hornhaut ergeben sich bei einer Objectsdistanz D = — = OO
d
(1 — in) r — ?)i d — f = 0 • 07323
in. f 1
(1 — Mi.) r, + ——— = 0 • 07492 =
1 —<if 13.33
und
13-33 + 1/= 13-73.
Die Accommodationsfehler des Auges.
19t
Am auffälligsten sind die Differenzen zwischen den Ergebnissen der
Stampfer’schen und Listing’sehon Rechnungsoperationen, wenn man die
Brennweite des gesammten dioptrischen Apparates berechnet.
Zu diesem Zwecke ist es aber vor Allem nothwendig, sieh über die Refrac-
tion der Lichtstrahlen in dem Krystallkörper einige Einsicht zu verschaffen und
namentlich die iiuserst schwierige und unter den gegenwärtigen Verhältnissen
kaum mit einiger Genauigkeit ausführbare Bestimmung des Ganges der Licht
strahlen im Innern des Krystalles selbst zu umgehen. Dazu führt nur ein Weg,
nämlich der, die Linse als eine homogene Masse zu betrachten und das
Brechungsverhältniss zu cruiren, welches die homogen gedachte Linsensubstanz
haben müsste, um damit der Krystallkörper, bei unveränderter Axenlänge und
unveränderten Krümmungshalbmessern der beiden Oberflächen, parallel auf die
Cornea auffallende Strahlen auf der Netzhaut zur Vereinigung bringen könnte,
wobei natürlich von der chromatischen und sphärischen Aberration ganz
abgesehen wird. Dieser Zweck lässt sich mittelst der Stampfer'schen Formeln
leicht realisiren.
Es ist die innere optische Axe des Auges 9"ö34 lang. Der Scheitelpunkt
der Krystallkörpervorderfläche liegt auf der optischen Axe 0"8 von dem Centrum
der hinteren Cornealoberfläche entfernt. Die Brennweite der Cornea ist 13 ,!, 3ö.
Die Distanz D des scheinbaren Bildes für die Linsenvorderfläche ist demnach
D = —12"S5 und der reciproke Werth —t£=0"’079G8. Der Brechungs
exponent des Kammerwassers ?ij=l ‘337, jener des Krystallkörpers als Ganzes
genommen ist n„, der des Glaskörpers n 3 —1-339. Der Radius der vorderen
Linsenfläche R i = 3”071, der Radius der hinteren Linsenfläche i? 3 = 2"2 und
die Axenlänge des Krystallkörpers c/= 2 ? 0. Wenn nun sehr weit entfernte
Objecte auf der Netzhaut noch scharfe und deutliche Bilder erzeugen, so müssen
fast parallele, oder parallele auf die Cornea auffallende Strahlen ihre Vereini
gung 6”734 hinter dem Scheitelpunkte der hinteren Linsenfläche finden, denn
dieses ist der Abstand des Netzhautcentrums von dem Mittelpunkte der Hinter
kapsel. Man hat nach Stampfer’s Formeln für die Vereinigungsweite F„ der
parallel auf die Cornea auffallenden Strahlen nach ihrer Brechung in dem Krystall
körper f 3 =— 6"734. Ist nun der relative Brechungsexponent für die vordere
Linsenfläehe M t , jene für die Linsenhinterfläche jt/ 3 und sind m i und m ä ihre
reciproken Werthe, also
n„ n
3/! = — ; ))((=-
«j n
2
M,
n s n„
ferner — = r,; — = r.,; — = d; — = f,, so lässt sich der absolute
Äi 1 R 2 “ D F t 11
Brechungsexponent der homogen gedachten Linsenmasse leicht durch Substi
tution der genannten Werthe aus den Stamp fer’schen Formeln berechnen. Es
verwandeln sich die beiden folgenden Grundformeln
(1 — m,) r, + »«,rf, = fi
192
Stellwag.
fl
1 -fil
und wegen — <7 = D a , also d 2 =
C 1 -^)" 3 l—q fl
nach ihrem Übergange in die folgende
>'o — m„ r„ — r., (/f, + r„ m., qf ± — m„ /',
i-tf,
1 — ?/~i
r 3 — m„ r 2 — r„ q f l + r„m., (/f l —m z f\
= fi, oder
= F 2 ,
wo F„ eine essentiell negative Zahl bedeutet, durch Substitution des Werthes
fl—mAr. -f m.d. für f. und der Werthe — für m, und — für m z in die
v « 2 n 3
nachstehende Gleichung des zweiten Grades:
«Ü 2 (r 3 + r i — r z r i f /)] +
« ä [ M s — n s f t r i — -^a«3 r 2 + F 2 n i r \ r 2 <7 + ^2r, qr, n, —
— F a r 2 qd x n^ — + F a n,d,] +
«2 [(»37 r i «1 —«5 7"i dl) (i—F a r a )].
Nennt man den Coefficienten der n\\A', jenen der n 2 | B und den der n\ \ C‘,
so ergibt sich, da
B '\/-B r ~ C~
3 ZA 1 4 A* A
für n z der Werth 1-418. Dieser Werth in die Stampfer’schen Grundformeln
substituirt, ergibt
f,= 0 09373,
f 2 = — 0-1489,
F a = — 6-716,
also nur um 0-018 zu klein, womit die Senff’sche Behauptung widerlegt ist,
als müsse eine statt des Krystalles in die Kapselhöhle substituirte homogene
Masse einenBrechungsindex von 1-S39 haben, um abgesehen von der sphärischen
und chromatischen Aberration denselben Effect hervorzubringen, als die ge
schichtete Linse mit ihrem gegen das Centrum wachsenden Index und mit
abnehmenden Radien der Schichten.
Benützt man nun diesen für den imaginärenTotalindex der Linse gefundenen
Werth für die Stellung der redueirten Cornealbrechungsfläehe zur Berechnung
der Haupt-, Brenn- und Knotenpunkte nach der L i sti ng’schen Methode und
setzt man statt der von Listing angenommenen und allzusehr abweichenden
Werthe für die Brechungsexponenten n, «,, n v n 3 für die Radien r, r,, r 3 und
für die Abstände der Scheitelpunkte der 3 Trennungsflächen IV, —N, N z —I>i
die wenigstens der Natur mehr entspechenden folgenden
n= 1; «, = 1-337; «2 = 1-418; « 3 = l-339,
r = 3 "516; r, = 3'”071; r., = 2'”2,
IV, —IV =0-8 + 0-246 = l'”046;
N z — IV, = 2”,
Die Accommodationsfehler des Auges.
193
so ergibt sieh mit Berücksichtigung der von Listing gebrauchten Bezeich-
nungsweisen
II, — n
u = = — 0-09585
-0 0264
: + 0 0359
h =
IV,-iV
= + 0-07823
t„ = ■ A - = -(- 1 • 4104
»8
9 = (wtf, «, 4) — 0-820359,
Ä = ((,«,<„) — i -485717,
ft = — — 0-092601,
l = (*,«,<„«.,) = 1-051272,
9 «= ft ft = -f 0-999998,
also erst in der sechsten Decimalstelle um zwei Einheiten zu klein.
Für die Hauptpunkte E und E 1 ist dann
E —N = — 0-5537
N, — £,= + 2-59699.
Der erste Hauptpunkt liegt 0"5537 vor der reducirten Cornealfläche,
„ zweite „ „ 2-397 „ „ hinteren Linsenfläche,
„ „ „ „ 0-449 hinter der reducirten Cornealfläche,
das Interstitium e = E x — E = 1-0027.
Für die beiden Brennpunkte F und F, ist
N —F = 11-353,
F, — JV 3 = 11 • 862.
Der erste Brennpunkt liegt 11 ”'3S3 vor der reducirten Cornealfläche,
„ zweite „ „ 11-862 hinter der hinteren Linsenfläche.
Die erste Brennweite f — 11-353 — 0-554= — = 10 799,
' ft
„ zweite
f. = 11-862 + 2-597 = -- = 14-459,
' k
-^ = —= 1-339.
f n
Für die beiden Knotenpunkte D und Z), ist
D — E^I) l — E t =/•, - f= 3-66,
D —N = 3-1063.
N i -D 1 = — 1-063.
Sitzb. d. mathein.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft.
13
194
S t e 11 w a g.
Der erste Knotenpunkt liegt 3 "'003 hinter der reducirten Cornealfläche
„ zweite „ „ 1-063 „ „ hinteren Linsenfläche,
„ n » „ 0 * 06 „ „ „ „
Das Interstitium D, — D = l"003, übereinstimmend mit e.
Die Reduction ergibt für die beiden Brennweiten f und f"
r
r
f' =11-228
f" = 13-0327
n,
— = 1-339
n
Der mittlere Hauptpunkt erscheint nach der Reduction 0"124 vor der
reducirten Cornealfläche. also 0”03 hinter der vorderen Hornhautoberfläche
der mittlere Knotenpunkt aber erscheint 3"577 hinter der reducirten und 3”701
hinter der vorderen Hornhautoberfläche.
Der dioptrische Apparat des Auges liesse sieh nach dem vorhergehenden
als eine einzige brechende Fläche von 3”701 Radius betrachten, welche Fläche
0”03 hinter der vorderen Cornealoberfläche die optische Axe des Auges
schneidet, vorne von Luft, hinten von einem Medium mit dem Brechungsexpo
nenten = 1™339 umgeben ist und eine vordere Brennweite von ll”228, eine
hintere Brennweite von 15"’0327 hat. In dieser Distanz von 15”0327 müsste die
Netzhaut vor der imaginären Trennungsfläche ausgespannt, der. Bulbus in der
Richtung der optischen Axe, also um ein Namhaftes verlängert gedacht werden.
Ein so bedeutendes Abweichen der Recbnungsresidtate von den
in der Natur gegebenen Verhältnissen , welches übrigens schon
D onders (NederlandschLancet 1852, 1. Jahrg., S. 529) gerügt hat,
drückt nothwendig der Werth des Lis ting’schen Verfahrens sehr
herab, um so mehr, als eben Schemata für die Strahlenbrechung im
Auge vor Allem nur Anwendung finden, wenn es sich handelt, gewisse
Probleme, z. B. die Grösse der Netzhautbilder, Sehwinkel, die
Stellung der Bilder auf der Netzhaut u. s. w. auf bequemere Weise
zu lösen, ein namhaftes Hinausrücken der Netzhaut aber auf die
Richtigkeit der gewonnenen Resultate sehr missliebig influenziren
muss. Es bleibt also nichts übrig, als vor der Hand von den
Haupt-, Brenn- und Knotenpunkten Listing’s, sowie von den
darauf basirten Folgerungen anderer Autoren, namentlich Vollk-
manns (R. Wagner’s Handwörterb. der Pliys., Bd. 3, 1. Abtli.
Art. „Sehen“) abzusehen, und, vertrauensvoll auf jenen Forscher
hinblickend, zu hoffen, er werde in der nächsten Zukunft seine
schönen mathematischen Deductionen für annäherungsweise richtige
Grundgrössen einrichten.
Die Accoramodationsfehler des Auges.
195
Mittlerweile kommt man, glaube ich, besser zum Ziele, wenn
es sich um eine bequeme Formel für ein reducirtes Aug e
handelt, wenn man sich die sämmtlichenRefractionen der Strahlen
im Bulbus auf die Vorderfläche der Cornea, als der einzigen Tren
nungsfläche zweier verschiedener Medien, vereinigt denkt, und deren
Abstand von dem Centrum der Netzhaut in der Richtung der opti
schen Axe mit Krause = 9"'934 denkt, ihr den natürlichen
Radius R — 3"456 belässt und nun frägt, was muss ein den gesamm-
ten Bulbusraum erfüllendes homogenes Medium für einen Brechungs
exponenten haben, um damit bei R = 3"’4S6 und beliebiger Distanz D
des Objectes das Bild auf der Netzbaut, also 9”934 = F hinter der
Cornealoberfläche zu Stande komme?
Setzt man zu diesem Ende den Index der Luft = 1, so ergibt sich aus der
Stampfer’schen Grundformel
(1 — m)r — md = f
für unendliche D
R
(1 — tn) r — f, also m = i —— und
M--
F
F—R
= 1-S33.
Für endliche D erscheint die S tarnp fer’sche Grundformel nach und nach
in den Gestalten
f 1
(1 — m) r — md
R MR Mü
Ä 3 M 2 D
M 2 RD - RMD — MR 2
F=o
M= -
F(D + R)
D (R—F)
wo F und R constant, D eine willkürliche Grösse ist. Für D=100™ wäre
dann M= 1-586.
Nach diesen Voraussetzungen ist es nun möglich, näher in das
Thema meiner Arbeit einzugehen.
Die conjugirten Vereinigungsweiten der im dioptrischen Appa
rate des Auges zur Brechung kommenden Lichtstrahlen stehen in
einem bestimmten gegenseitigen Verhältnisse. Es wächst die hintere
Vereinigungsweite mit der Abnahme der vorderen und zwar um so
13“
196
S t e 11 w a g.
rascher, je näher das Gesichtsobject der Hornhaut rückt. Der Coeffi-
cient dieses Verhältnisses ist aber ein anderer, als der für einfache
Linsen geltende, da sich im dioptrischen Apparate des Auges eine
ganze Reihe von Trennungsflächen combinirt. Dadurch geschieht es,
dass die absoluten Wertlie der hinteren Vereinigungsweiten inner
halb sehr enger Grenzen variiren, nur um relativ wenige Linien
verschieden sind, es möge das Object in unendlicher Ferne oder in
der vorderen Brennweite der Hornhaut stehen.
Bei völliger Unveränderlichkeit des Aeeommodations-Apparates würden sieh
nach den angegebenen Mittelwerthen parallel auf die Cornea auffallende Strahlen
6' ? 734 hinter dein Centrum der hinteren Kapselhälfte vereinigen; Strahlen, welche
aus einem 100” von der Cornea entfernten Punkte divergircn, aber 7"374
hinter jenem Kapselcentrum zur Vereinigung kommen, was eine Differenz von
064 ergibt. Die vordere Brennweite der Cornea findet man, wenn man mit
Zugrundelegung der angeführten Wertlie
d i=fi
m 2 f.
(1 — m 2 ) r 2 -f - —- - = /'„ = o
setzt und nun d l sucht. Es ist, wenn (1 — «,) r t = a, (1 - m„) r„ — b gesetzt
wird
m„ (a — m l d,)
1 — q (<z — m l dj)
m 2 m i — bq m l
b — b q a -j- m 2 a
o und
10-29S.
Objecte, welche nahe 10”3 vor der Cornea liegen , senden also parallele
Strahlen auf die Linsenvorderfläche. Der absolute Brechungsexponent der auf
homogene Masse reducirten Linse ist nun i -418, also ?n 3 = 0'943;9» t =i - 134,
also:
(1 - m s )r 3 =f 3 = 0-018S649
Wli
(1 -1» 4 ) r k - -- 4,8 = = — 0• 03897
1 ~ <h h
F k = — 23"66.
Strahlen, welche von Objecten kommen, die lO^ vor der Hornhaut liegen,
vereinigen sich also 23 66 hinter dem Mittelpunkte der hinteren Kapselober
fläche und während einer Differenz der vorderen conjugirten Vereinigungsweiten
von oo bis 100 nur eine Differenz der hinteren Vereinigungsweiten von 0”64
entspricht; wächst die Differenz der letzteren auf 18-286, wenn das Object von
100” Distanz auf 10' 1 '3 hereinrückt.
Wären die lichtempfindenden Elemente der Netzhaut körper
lose mathematische Punkte, so würde jede, selbst die geringste
Verschiebung des Gesichtsobjectes nach vorwärts oder rückwärts
Die Accommodationsfehler des Auges.
197
eine entsprechende Veränderung in dem dioptrischen Apparate des
Sehorganes nothwendig machen, widrigenfalls nicht ein scharfes und
möglichst lichtstarkes Bild des Gegenstandes, sondern nur Zerstreu
ungskreise zur Wahrnehmung kommen könnten. Die Körperlichkeit
und namentlich die Axenrichtung der stab- und zapfenförmigen
Körper, welche neuerer Zeit als die eigentlichen lichtempfindenden
Elemente der Netzhaut erkannt worden sind, machen die Sache aber
anders. Bei der elementaren Einfachheit dieser Gebilde muss in
Bezug auf den, zum Gehirne fortgepflanzten, sinnlichen Eindruck
es völlig gleichgiltig sein, welcher Punkt ihres Körpers von dem
Scheitel eines Lichtkegels getroffen wird. In so ferne erscheint
die räumliche Ausdehnung der zapfen-und stabför
migen Netzhautkörper als ein Moment, welches die
Nothwendigkeit accommodativer Veränderungen im
dioptrischen Apparate des Auges beschränkt und
insbesondere bei grösseren Objectsdistanzen als ein
gewichtiger Factor in die Schale fällt, um so mehr
aber an Einfluss verliert, je näher der Gegenstand
dem Auge rückt.
Die Länge der Netzhautzapfen beträgt nach Kölliker (Mikrosk. Anatom.
2. Bd., 2. Hälfte, S. 649) im Grunde des Auges 0”036. Nehmen wir an, die
Vereinigung parallel auf die Cornea auffallender Strahlen fiele gerade auf das
vordere Ende dieser Zapfen und die Vereinigungsweite, vom Centrum der
hinteren Kapsel gerechnet, sei 6"'734. Um den Einfluss der Zapfenliinge zu
erörtern, darf man nur jF 4 = 6-734 + 0-036 = 6-77 setzen und bei übrigens
unveränderten Werthen rückwärts rechnen. Es ist/^ = 0'1477; m 4 = 0-9443;
»»3 = 1-061 etc. und
(1 — m 4 ) r 4 — m 4 fi — fs — — 0-1142853
(1 - m 3 ) r, + ~~ = f s = + 0-0788
1 + <13 ft
(1 - «,) r 2 + = /) = + 0-0747
1 + <k U
(1 - m.)r. ) —= — 0-00097
1 + <h fi
D = 1030-93 = 7 ! 16.
Es kann das Auge demnach eigentlich nie für
einen einzigen Punkt accommodirt sein, sondern
immer nur für eine ganze Reihe stätig hinter einander
gelegener Punkte, für eine Linie, deren Länge mit der
198
S t e I 1 w a g.
deutlichen Sehweite zunimmt, und welche von dem Punkte, für
welchen der Accommodationsapparat optisch eingerichtet ist, nicht
halbirt, sondern in zwei ungleiche Theile getheilt wird, deren vor
derer den hinteren an Längenausdehnung mehr weniger übertrifft.
Nur ausserhalb dieser Linie, dies- und jenseits ihrer
Endpunkte, gelegene Objecte werden undeutlich gese
hen und die Undeutlichkeit ist Folge der Nichtisolation der sinn
lichen Eindrücke, sie ist darin begründet, dass die von je einer
Masseinheit der Objectoberfläche ausgehenden Strahlenkegel nicht
in je Einem stab-oder zapfenförmigen Netzhautkörper zur Vereini
gung kommen, sondern in Form von Zerstreuungskreisen auf die
Stabschichte der Retina gelangen, in Form von Zerstreuungskreisen,
deren jeder im Verhältnisse zu seiner Grösse eine grössere oder
geringere Zahl neben einander stehender Stäbe und Zapfen gleich
zeitig und gleichmässig afficirt, während umgekehrt wieder jeder
einzelne Zapfen und Netzhautstab von einer grösseren oder geringe
ren Zahl von Zerstreuungskreisen sinnlich angeregt wird.
Insoferne aber die Grösse dieser Zerstreuungskreise nicht allein
abhängt von der Differenz zwischen der Entfernung des Objectes und
zwischen dem Abstande des Einen entsprechenden Endpunktes jener
Linie, sondern in sehr hohem Grade beeinflusset wird von der Grösse
der Pupille, so kann auch die Undeutlichkeit der optischen Wahr
nehmung nicht blos eine Function sein von der Distanz des Objectes
und der Accommodationsweite, sondern sie muss gleichzeitig auch in
Verbindung mit dem Pupillendurchmesser gedacht werden. E s
liegt in dem Spiele der Pupille, so wie in der Anwen
dung künstlicher Diaphragmen und in der Ver
engerung der Lichtspalte ein die Deutlichkeit opti
scher Wahrnehmungen erhöhender Factor.
Es sei Fig. 1 L die hintere Kapsel und a sowie g seien die Austrittspunkte
für die äussersten Strahlen der beiden Kegel acg und ac l g, deren Basis ag
offenbar von der Grösse der Pupille ahhiingt. N sei die Netzhaut und diese
werde von den Zertreuungskreisen dd x und nn, getroffen, deren erstcrer dem
Strahlenkegel acg, der zweite dem Strahlenkegel ac i g angehört. Es ist nun
der Flächeninhalt .4 des Zerstreuungskreises dd v A — dtrn und der Flächen
inhalt B von nn l ist B=n e 2 it; de=ce tang a und nc = c l e tang ß. Es sind
aberce und c, e die Differenzen zwischen der hinteren Vereinigungsweite der
im dioptrischen Apparate gebrochenen Strahlen und dem Abstande der Netzhaut
vom optischen Centrum des Refractionsapparates, tang a und tang ß aber sind
Functionen von ab.
Die Accommodationsfehler des Auges.
199
J. Czermak in Prag (Sitzungsberichte der kais. Akad. der
Wissensch. zu Wien, 12. Bd., S. 322) gebührt das Verdienst, auf
die angeführten Verhältnisse zuerst aufmerksam gemacht und sie auf
experimentellem Wege als thatsächlich gegeben nachgewiesen zu
haben. Er nennt ganz treffend jene Linien, für welche der dioptrische
Apparat jeweilig eingerichtet ist, Accommodationslinien und
unterscheidet sie solcher Gestalt von dem Accommodations-
punkte, d. i. von jenem Punkte, für dessen Entfernung das Auge
eigentlich optisch eingestellt ist.
Ganz übereinstimmend mit jenen theoretischen Deductionen
ergeben seine Versuche, dass die Accommodationslinie mit der Ent
fernung des Accommodationspunktes von dem Auge wachse; dass
der letztere nicht die Accommodationslinie halbire, sondern deren
dem Auge zugekehrten Ende näher liege; dass das allmähliche Un
deutlichwerden der diesseits und jenseits der Accommodationslinie
gelegenen Objecte an dem, dem Auge zugekehrten Ende weit rascher
als an dem anderen Ende zunehme, und dass endlich die Accommo
dationslinie um so schärfer begrenzt sei, dass ihr vorderes und
hinteres Ende sich um so schärfer abmarke, je näher dem Auge der
Accommodationspunkt liegt, in Bezug auf welches letztere Verhält-
niss die gewöhnliche Verengerung der Pupille beim Nabesehen von
hauptsächlichem Einflüsse ist.
Die Veränderungen, welche im dioptrischen Apparate eingeleitet
werden müssen, um denselben für gewisse Objectsdistanzen einzu
stellen, sind in Bezug auf Quantität und Qualität nicht allein von der
Objectsdistanz als solcher abhängig, sondern auch und zwar vor
wiegend von der Lage und Länge der natürlichen Sehlinie
des Auges.
Als solche bezeichne ich jene Accommodationslinie, für welche
das Auge bei völliger Unthätigkeit des Accommodationsmuskels ein
gestellt ist. Ihr jenseitiger Endpunkt ist immer zugleich der Fern
punkt des Auges: indem der Druck des Accommodationsmuskels
nur eine Verkürzung der deutlichen Sehweite zu bewerkstelligen im
Stande ist.
Diese natürliche Sehlinie variirt nun je nach den Individuen
ausnehmend in Lage und Länge, denn sie ist Function einer langen
Reihe von Factoren, deren jeder individuellen Schwankungen unter
worfen ist.
200
S t e 11 w a g.
I
V
Vorerst sind es die Krümmungsvarianten der Cornealvorder-
fläche, welche, obschon innerhalb enger Grenzen eingeschlossen,
dennoch sehr namhafte Differenzen in den Ablenkungen der auffallen
den Strahlen bewirken. Weiters sind es Abweichungen in der
Wölbung der hinteren Cornealoberfläche, die wahrscheinlich
gegebenen Verschiedenheiten in dem Brechungsindex der Hornhaut
substanz, die eclatanten Differenzen in der Kammeraxe, weiters
höchst bedeutende, bald angeborne, bald acquirirte Abweichungen
der Krümmungsradien der Linsenblattlagen und die handgreifliche,
mit dem Alter des Individuums stetig zunehmende Dichtigkeit des
Krystalls. Kaum geringer anzuschlagen als diese Momente sind aber
die Formvarianten des Augapfels als Ganzes und damit die Differen
zen in der Länge der optischen Axe, denn davon hängt die Distanz
der Netzhautstab-Schichte vom optischen Mittelpunkte des Licht
brechungsapparates und sofort die zum Deutlich- und Scharfsehen
erforderliche Länge der hinteren conjugirten Vereinigungsweite der
das Auge treffenden Strahlen ab.
Diese Verhältnisse machen, dass eine ganz gleiche Accommo-
dationsbestrebung, ja ein ganz gleiches Mass ausgeübten Accommo-
dationsdruckes, in verschiedenen Individuen eine sehr ungleiche
Verschiebung der Accommodationslinie zur Folge hat; umgekehrt
aber, dass die Einstellung des dioptrischen Apparates für eine
bestimmte Objectsdistanz in verschiedenen Augen ein sehr verschie
denes Mass von Kraftanstrengung des Accommodationsmuskels
erfordert, unter gewissen Umständen sogar eine ganz entgegen
gesetzte Richtung der Accommodationsthätigkeit notlnvendig erschei
nen lässt.
Die natürliche Sehlinie des Auges bestimmt solchermassen den
Fernpunkt und das Mass des Accommodationsdruckes, welches wirken
muss, um den dioptrischen Apparat des Auges für jede beliebige,
diesseits des Fernpunktes gelegene Distanz optisch einzustellen.
Insoferne das Mass des möglicher Weise auszuübenden Accommoda
tionsdruckes in jedem Falle ein gegebenes, beschränktes ist, wird
die natürliche Sehlinie auch in Bezug auf die Lage des Nahe
punktes, d. i. des diesseitigen Endpunktes der kür
zesten Accommodationslinie, bestimmend.
Dieses Mass der aufwendbaren und als Druck wirkenden Kraft
des Accommodationsmuskels einerseits, und die natürliche Sehlinie
■
Die Aecommodationsfehler des Auges.
201
anderseits sind also dieFactoren, welche die absolute Seh
weite des Auges, die Länge der den Fern- und Nahepunkt ver
bindenden Linie, so wie deren Lage auf der verlängerten optischen
Axe, bestimmen. Die Länge und Lage dieser Linie ist nun aber der
Massstab, nach welchem allein die Norm und der Grad sich beur-
theilen lassen, in welchem der dioptrische Theil der Sehfunction von
den als Norm geltenden Verhältnissen abweicht. Es liegt daher auf
der Hand, dass die Aecommodationsfehler des Auges vom wissen
schaftlichen Standpunkte aus nur eingetheilt werden können in
solche, welche ihren Grund finden in anatomischen Missverhältnissen
des gesammten Augapfels oder der einzelnen lichtbrechenden Medien,
weiters in solche, welche durch Functionsbeschränkung des Accom-
modationsmuskels bedingt sind und drittens in solche, welche beide
Momente als Ursache erkennen lassen.
Eine solche Eintheilung erschwert jedoch die Darstellung und
tritt der Übersichtlichkeit des zu Erörternden in den Weg, indem
sie, wie das Folgende herausstellen wird, vielseitig Wiederholungen
nothwendig macht. In Anbetracht dessen ziehe ich es daher vor,
nach althergebrachter Sitte den dioptrischen Effect jener Abweichun
gen in dem Baue der lichtbrechendeu Medien und des Auges als
Ganzes, sowie in der Function des Accommodationsmuskels, der Ein
theilung zu Grunde zu legen, die letzterwähnten Verhältnisse aber
blos zur Untersuchung ätiologisch differenter Unterarten der einzel
nen Aecommodationsfehler zu benützen. Ich spreche demnach vorerst
von der Kurzsichtigkeit, sodann von der Weitsichtigkeit und von der
Übersichtigkeit in deren Verbindung mit der Asthenopie und dem gänz
lichen Mangel des Accommodationsvermögens, so wie mit dem Ver
zerrtsehen.
Die Kurzsichtigkeit oder Myopie.
Der jenseitige Endpunkt der natürlichen Sehlinie normalsich
tiger Augen kann nicht wohl anders, als in unendlicher Ferne gele
gen gedacht werden, und die Beschränkung, welche sich bezüglich
der Tragweite des Gesichtssinnes geltend macht, kann nicht sowohl
auf dem Unvermögen beruhen, den dioptrischen Apparat des Auges
für grosse endliche und selbst für unendliche Entfernungen einzu
stellen; sondern muss auf anderen Gründen beruhen. Es wäre sonst
nämlich ganz unerklärbar, wie es möglich ist, den Mond und die
202 Stell wag.
Schatten seiner Unebenheiten in scharf contourirten Bildern wahrzu
nehmen.
Ein solches Moment, welches die Tragweite des Gesichtssinnes
beschränkt, liegt nun bestimmt in der Abnahme der Netzhautbild
grösse. Die letztere, d. i. die Grösse der Netzhauthilder, steht näm
lich in geradem Verhältnisse zu der Grösse des Objectes und zur
Länge der hinteren conjugirten Vereinigungsweite der Strahlen; im
umgekehrten Verhältnisse aber zur Entfernung des Objectes und zu
dem jeweiligen Grade des Refractionszustandes des dioptrischen
Apparates.
Ist D der Abstand des Objectes und F die conjugirte Vereinigungsweite,
t der Brechungsexponent der Luft und M jener des auf die vordere Corneal-
oberfliiche reducirten dioptrischen Apparates, so ist der Vergrösserungs-
Coelficient m
F
m
MD ’
fürit=oo wird das Netzhautbild also unendlich klein und es bedarf unend
licher Grössen des Objectes, um damit sein Netzhautbild ein oder das andere
lichtempfindende Element der Retina decken und sofort eine unvermischte
Wahrnehmung vermitteln könne.
Die Objectsdistanz, als der numerisch stärkste Factor ist aber
hier hauptsächlich massgebend und bewirkt, dass die von noch so
grossen Masseinheiten der leuchtenden Oberflächen ausgehenden
Strahlenkegel endlich nicht mehr auf einzelnen Zapfen oder Stäben
der Netzhaut isolirt werden können, sondern Strahlenkegel von einer
grösseren oder geringeren Zahl von Objecten oder Objecltheilen auf
einem unddemselben jenerNetzhautelemente zur Vereinigung kommen,
und sofort nur gemischte Eindrücke sich zum Gehirne fortpflanzen
können.
Immerhin jedoch ist das erwähnte Verhältniss nicht im Stande
das Netzhautbild irgend eines fernen Objectes zum Verschwinden zu
bringen, es kann dasselbe nur auf die Grösse eines Punktes reduciren,
und gemischte Eindrücke setzen eine Mannigfaltigkeit von Objecten
in gewissen Aichungen des Gesichtsfeldes voraus. Das Unsichtbar
werden ferner Objecte kann daher nicht allein auf die Abnahme der
Netzhautbildgrösse gesetzt werden, es fordert noch ein anderes
Moment zu seiner Erklärung und das ist einerseits das Beugungs-
spectrum, andererseits aber die Schwächung des Lichtes im geo-
Die Accommodationsfehler des Auges. 203
metrischen Verhältnisse, wenn die Dicke der Durchgangsmedien im
arithmetischen wächst.
Insoferne wird der Papillendurchmesser und der wirkliche Glanz
der Gesichtsobjecte von höchstem Belange. Letzterer ist es auch,
welcher die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit der Sterne bestimmt,
und im Vereine mit dem Beugungsspectrum, durch die, in Proportion
zur Intensität des auf die Netzhaut ausgeübten Reizes, sieh steigernde
Irradiation auch die scheinbare Grösse der Sterne beeinflusset. Alle
Sterne sollten als leuchtende Punkte erscheinen, und ist der dioptrische
Apparat für einen derselben eingestellt, so muss er es auch für die
anderen sein. Was aber von den Sternen gilt, das hat auch in Bezug
auf terrestrische Objecte seine Geltung.
Die Myopie kann daher nicht schlechtweg als das Unvermögen
eines Auges erklärt werden, ferne Objecte in scharfen und deutlichen
Bildern zur Wahrnehmung zu bringen; sondern nur als das Unver
mögen, scharfe und deutliche Wahrnehmungen von
solchen fernen Objecten zu vermitteln, welche ihrer
Grösse und ihrem wirklichen Glanze nach, bei rich
tiger Einstellung des dioptrischen Apparates und bei
Integrität der lichtempfiudenden Theile, in scharfen
und deutlichen Bildern zur Anschauung kommen müssten.
Mit Festhaltung dieses Begriffes ergibt sich als die optische
Wesenheit der Myopie die Vereinigung der von fernen Objecten
ausgehenden Strahlenkegel vor der Netzhautstabschichte. Das Ver
schwommensein der Contouren in den von fernen Objecten zur Wahr
nehmung kommenden Bildern findet demnach seinen Grund darin,
dass die Strahlenkegel, welche von je einer der Distanz des Objectes
entsprechenden Masseinheit seiner Oberfläche ausgehen, nicht mehr
in je einem Zapfen oder Stabe der Netzhaut zur Vereinigung kommen;
sondern dass jeder dieser Strahlenkegel in Form eines Zerstreuungs
kreises eine bald grössere bald kleinere Anzahl von Stäben und Zapfen
gleichzeitig und gleichmässig afficirt, umgekehrt aber jeder einzelne
dieser Zapfen und Stäbe von einer mit ihrer Grösse zunehmenden
Zahl von Zerstreuungskreisen getroffen wird, der auf das Sensorium
commune fortgepflanzte Lichtreiz demnach ein gemischter sein muss.
Die Undeutlichkeit, die Lichtschwäche in den, scharfer Contouren
entbehrenden Netzhautbildern ferner Objecte ist aber eine Folge der
Abnahme des scheinbaren Glanzes, der Abnahme der Erleuchtungs-
204
S t e 11 \v a g.
Intensität einer gewissen Masseinheit der Retina, welche Abnahme
mit der Grösse der Zerstreuungskreise im geraden Verhältnisse steht
und in Verbindung mit der beschränkten Reizempfänglichkeit der
Netzhaut die Wahrnehmung jener Zerstreuungskreise endlich unmög
lich macht.
Die Grösse der die Netzhaut treffenden Zerstreuungskreise
bestimmt das Mass der Undeutlichkeit und des Mangels an scharfer
Begrenzung in den zur Wahrnehmung kommenden Bildern ferner
Objecte. Sie ist nicht allein Function der Differenz zwischen der
Vereinigungsweite und dem Abstande der Netzhaut vom optischen
Centrum des dioptrischen Apparates, sondern auch Function der
Öffnung des lichtbrechenden Apparates.
Kraft des letzterwähnten Verhältnisses finden myopische Augen
in der unwillkürlichen Verengerung des Sehloches bei Einwirkung
höherer Lichtgrade, und in der willkürlichen Verengerung der Lid
spalte das Mittel, die Schärfe ihrer, ferne Objecte betreffenden, Wahr
nehmungen auf Kosten der Lichtstärke zu vermehren. Dem entspre
chend blinzeln (fj-vstv) denn auch myopische Augen beim Besehen
ferner Objecte im hellen Raume so gewöhnlich, dass man den wissen
schaftlichen Namen des fraglichen Gesichtsfehlers davon hergeleitet hat.
In Anbetracht des ersterwähnten Verhältnisses ist es klar, dass
abgesehen von der Grösse und dem wirklichen Glanze des Objectes
die Schärfe und Lichtstärke seines Netzhautbildes mit der Annäherung
an die Cornea zunehmen müsse, indem damit die hintere conjugirte
Vereinigungsweite wächst und sofort die Grösse der die Netzhaut
treffenden Zerstreuungskreise abnimmt. Da nun aber, um die hintere
conjugirte Vereinigungsweite um ein Merkbares zu verlängern, rela
tiv um so grössere Verschiebungen des Objectes in der Richtung
gegen das Auge erfordert werden, je ferner das Object vom Auge
absteht; so ergibt es sich, dass die Schärfe der Begrenzung und die
Lichtstärke der Netzhautbilder bei übrigens entsprechender Grösse
und entsprechendem wirklichen Glanze des Objectes nur dann merk
lich erhöht werden könne, wenn die Hereinrückung des fernen Objec
tes eine sehr namhafte ist, und dass die Kurzsichtigkeit über
haupt sich nicht wohl anders als durch mangelnde
Schärfe und Undeutlichkeit der Netzhautbilder von
solchen Objecten charakterisiren könne, die dem
Auge relativ schon nahe stehen, höchstens einige
Die Accommodationsfehier des Auges.
205
Schuhe oder selbst Zolle entfernt sind. Denn fallen die
Scheitel von Strahlenkegeln in die Netzhautstabschichte, welche
Strahlenkegel aus Punkten von mehreren Fussen Entfernung diver-
giren, so ist der Durchmesser der Zerstreuungskreise von Strahlen,
welche parallel auf die Cornea auffallen, schon ausserordentlich klein,
von dem Querdurchmesser der Stäbe und Zapfen nur wenig verschieden
und sofort die Isolation der Eindrücke noch möglich. Es liegt dem
nach schon in dem optischen Charakter der Kurzsichtigkeit, dass die
absolute Sehweite auf einen Spielraum von nur wenigen Fussen oder
Zollen hei relativ geringem Abstande des Nahepunktes beschränkt sei.
Der Abstand des Nahepunktes ist nun bei Gegeben
sein einer bestimmten natürlichen Sehlinie allein mehr abhängig
von dem Grade des noch bestehenden Accommodations-
vermögens. Es darf dieses nicht fehlen, ja der active Theil des
Adaptionsapparates muss eine der Norm nahezu gleichkommende Kraft
zu entwickeln im Stande sein, widrigenfalls man es nicht sowohl mit
Kurzsichtigkeit, als vielmehr mit Asthenopie oder mit völligem Mangel
des Accommodationsvermögens, also mit zwei von Myopie sehr diffe
renten Gesichtsfehlern zu thun hat.
Als fixes Grössenmass des, einem Auge zukom
menden Accommodationsvermögens kann man nun die
Differenz betrachten zwischen dem Netzhautabstande
und zwischen der kürzesten oder längsten, durch
Accommodationsthätiglceit noch correctionsfähigen,
hinteren Vereinigungsweite des im normalen Refrac-
tionszustande verharrenden Lichthreeilungsapp ara-
tes. Insoferne die hinteren Vereinigungsweiten relativ sehr rasch
wachsen, wenn das ohnehin nahe Object noch näher dem Auge
gerückt wird; so ist es von selbst verständlich, dass demselben
Grössenmasse des Accommodationsvermögens sehr dilferente abso
lute Sehweiten entsprechen werden, je nachdem das Auge normalsich
tig oder myopisch ist, und dass die absolute Sehweite des kurzsich
tigen Auges bei normaler Grösse der Adaptionsfähigkeit eine um so
kürzere werden müsse, je kürzer eben die natürliche Sehlinie ist, je
näher also der Fernpunkt der Cornea liegt. So kömmt es, dass in den
höchsten Graden der Myopie die absolute Sehweite endlich auf weni
ger als einen Zoll herabsinkt und sofort eine fast verschwindende
wird, wenn man sie mit der absoluten Sehweite von Augen vergleicht,
206
S t e 1 I w a g 1 .
welche bei völligem Mangel des Accommodationsvermögens eine län
gere natürliche Sehlinie haben. Es simulirt solchermassen ein im
hohen Grade kurzsichtiges Auge den Mangel der Accommodations-
fähigkeit, welche factisch besteht, während Augen mit langer natür
licher Sehlinie den Bestand des thatsächlich abgehenden Adaptions
vermögens nachahmen können.
Es geht daraus hervor, dass man die Grösse des in Rede stehen
den Gesiehtsfehlers nicht allein aus der Lage des Nahepunktes
bestimmen könne, indem eben ein kräftiges Accommodationsvermögen
den Nahepunkt stark hereinrückt, derselbe aber bei gleicher natür
licher Sehlinie, aber vermindertem Accommodationsvermögen, hin
ausrückt, und sich dem Fernpunkte nähert. Es geht daraus aber
auch hervor, dass der Fernpunkt bei dieser Grössenbestimmung
nicht zureiche, indem eine solche Grössenbestimmung eben der so
überaus wichtigen Accommodationsfähigkeit keine Rechnung trägt
und so zu falschen Resultaten führt. Nahepunkt und Fernpunkt, ihre
gegenseitige Lage und ihre Lage zum Auge, diese Momente zusam
mengenommen, können allein nur die Beurtheilung der Grösse des
in Rede stehenden Gesichtsfehlers auf sichere Grundpfeiler stützen.
Insoferne erscheinen denn auch die verschiedenen Optometer
im engeren Wortsinne als ganz unzuverlässliche Mittel, wenn es sich
darum handelt, den Grad der Kurzsichtigkeit, d. i. die Länge und
Lage der absoluten Sehweite zu bestimmen. Die Accommodations-
linien treten hier störend in den Weg. Dass dem so sei, ergibt
sich schon daraus, dass ein Verfahren Czermak’s, die Accommoda-
tionslinien zur äusseren Wahrnehmung zu bringen, eben nur die An
wendung eines nach Young's Princip construirten Optometers ist.
Aus dem über die Accommodationslinien Gesagten ergibt es sich klar,
dass die Schwierigkeiten insbesondere die Bestimmung des Fernpunktes
treffen und um so grösser sein werden, je weniger nahe derselbe
dem Auge gerückt ist; dass aber die mit der Verkürzung zunehmende
Schärfe der Accommodationslinie die Absteckung des Nahepunktes
wesentlich erleichtern müsse, vorausgesetzt, dass der zu Unter
suchende das Spiel seines Accommodationsmuskels vollkommen in
der Gewalt hat. Darin liegt aber die zweite, subjective und jene ob-
jectiven weit überragende Schwierigkeit. Um sie zu überwinden,
bedarf selbst der Eingeweihte eine nicht geringe Übung; Laien
begreiflich zu machen, was gewünscht wird, ist aber fast unmöglich.
Die Accommodationsfehler des Auges.
207
Sie stellen den dioptrischen Apparat fast jedesmal anders ein, daher
denn auch die Resultate, welche der Optometer gibt, in verschiedenen
Versuchen etwas variiren. Sie würden mehr difleriren hei Gegeben
sein grösserer absoluter Sehweiten, wenn man es dahin bringen
könnte, dass die zu Untersuchenden bei Anwendung des Optometers
nicht immer den Aecommodationsmuskel in die grösstmöglichsten
Spannungsgrade versetzten; allein dieses zu verhüten, ist fast un
möglich, sie verkürzen die Accommodationsweite immer so viel es nur
geht, und daher geschieht es denn auch, dass die nach dem Optome
ter gewählten Brillen der Regel nach im Gebrauche sich als zu scharf
erweisen, und es ist dabei natürlich gleichgiltig, ob das Optometer
nachYoung's oder Scheiner's Princip construirt ist. Es liefert
also eigentlich nur Punkte in der absoluten Sehweite,
keinesweges die Länge und Lage der letzteren. Es lässt
sich aus mehreren solchen Punkten wohl ein Schluss ziehen auf das
Vorhandensein einer Myopie, Presbyopie oder eines normalen Seh
vermögens, allein das Mass jener Abweichungen lässt sich
daraus nicht leicht mit Bestimmtheit ermitteln.
Wenn es aber blos die Aufgabe ist, einzelne Punkte der abso
luten Sehweite zu ermitteln, bedarf es nicht der eigens construirten
Optometer, jedes Fernrohr ersetzt das letztgenannte Instrument,
indem es durch die zum Deutlichsehen erforderlichen Verlängerungen
und Verkürzungen des Abstandes zwischen Objectiv und Ocular
Punkte in der absoluten Sehweite bestimmen lässt. Als Gesicbtsobject
von fixer Distanz und fixem wirklichen Glanze eignen sieb am besten
bestimmte Sterne.
Auch der Augenspiegel wird insoferne zu einem Optometer.
Auch er gibt Punkte der absoluten Sehweite an, vorausgesetzt, dass
der Untersuchende die Fertigkeit besitzt, sein Accommodationsver-
mögen beliebig zu intendiren und hei jeder Untersuchung mit Bestimmt
heit die Distanz anzugeben, für welche der dioptrische Apparat wäh
rend der Untersuchung eingestellt war (St eil wag, Theorie der
Augenspiegel, Wien 1854, III und IV). Dieses ist abe r ausserordent
lich schwierig und es resultirt daraus ein Grad der Unzuverlässigkeit
in den Forschungsergebnissen, wie er nicht aufgewogen werden
kann von dem Umstande, dass mit der nothwendigen Erweiterung
der Pupille auch die Accommodationsthätigkeit des untersuchten Auges
vernichtet wird, und sofort die Einstellung des dioptrischen Apparates
208
S t e I I \v a g.
im Auge des Beobachteten als eine fixe zu betrachten ist, wenn man
davon absieht, dass der Mydriase in ihren verschiedenen Graden nicht
ganz gleiche Accommodationszustände entsprechen.
ln Anbetracht aller dieser Unzukömmlichkeiten darf man also
wohl behaupten, dass die Bemessung der absoluten Sehweite durch
Bestimmung des Nahe- und des Fernpunktes aus der Tragweite
des freien Auges an Verlässlichkeit den Ergebnissen der Anwen
dung von jenen Optometern nicht nachstehe. Im Gegentheile erwächst
der fraglichen Untersuchungsmethode ein gewichtiger Vorzug daraus,
dass sie es weit leichter macht, den Kranken zu willkürlichem Wech
sel seines Aceommodationszustandes zu bestimmen und zwar zum
Wechsel innerhalb der immer nur möglichen Grenzen.
Es ist aus der Einleitung klar, dass bei dieser Bestimmung nicht
allein die Distanz, sondern auch die davon abhängige Bildgrösse
des Objectes und dessen wirklicher Glanz zu berücksichtigen
kömmt. Der wirkliche Glanz des Objectes ist nämlich ein Factor
des scheinbaren Glanzesund dieser bestimmt die Intensität des
auf die Netzhaut ausgeübten Reizes. Die Bildgrösse aber bestimmt die
Zahl der getroffenen lichtempfindenden Netzhautelemente und sofort
den Grad der Genauigkeit, in welcher das Detail des Gegenstandes
zur sinnlichen Wahrnehmung kömmt.
Insoferne nun aber der scheinbare Glanz der Netzhautbilder auch
Function des Pupillendurchmessers ist, wird es wohl kaum möglich
sein, Varianten des ersteren und die daraus resultirenden Beobach
tungsfehler gänzlich zu umgehen, selbst wenn man es in der Gewalt
hätte, den wirklichen Glanz des Objectes willkürlich und der Entfer
nung entsprechend wachsen und fallen zu lassen. Doch dürften die
solchermassen bedingten Fehler auf ein Minimum reducirt werden,
und schadlos zu vernachlässigen sein, wenn man als Probeobject ein,
mit sehr tief schwarzen Figuren bemaltes hellweisses Blatt Papier
derart in einem Zimmer befestiget, dass das helle Tageslicht seitlich
und in einer bestimmten, nahe constanten Richtung darauf fällt.
Es reicht die Breite eines mässig grossen Zimmers zu dem frag
lichen Versuche aus, da wegen der grossen Länge der ferneren
Accommodationslinien Augen, welche auf 15—20 Fuss Entfernung
deutlich und scharf sehen, in den allermeisten Fällen auch für unend
liche Distanzen sich einzustellen fähig sein werden, daher man es
auch nicht nothwendig hat, zur Vermeidung der aus der wechselnden
Die Accommodationsfeliler des Auges.
209
Bildgrösse entspringenden Fehler eine unendliche Reihe von Objecten
in den, allen Distanzen entsprechenden Dimensionen zur Anwendung
zu bringen und zwar um so weniger, als hei sehr grossen Entfernun
gen das Beugungsspectrum und die Irradiation ohnehin das Endresul
tat, die Bestimmung des Fernpunktes, sehr stark trüben. Aufgabe ist
es, die Bildgrösse zu einer constanten zu machen und sie so klein zu
wählen, dass jede Verminderung derselben einer Erkenntniss des
Objectes in seiner Detailzeichnung unmöglich machen müsste.
Ein sehr gutes Auge ist noch im Stande, auf hellweissem Grunde
schwarze Buchstaben von 0"2 Höhe, und entsprechender Dicke in
72'" Abstand scharf und deutlich zu sehen, und das ist wohl in Bezug
auf das gewählte Gesichtsobject nahezu die innere Grenze der Mög
lichkeit. Es entspricht diesen Dimensionen eine Netzhautbildgrösse
von 0"0172. Ein IS Fuss abstehendes Object muss demnach S”7, ein
12 Linien entfernter Gegenstand aber 0”061 Höhe haben, um ein
gleich grosses Bild auf der Netzhaut zu entwerfen.
Der Übersichtlichkeit halber benütze ich zu diesen Berechnungen das auf
die vordere Cornealobertliiche, als einzige Trennungstliiche, reducirte Auge. Es
ist für dasselbe der Radius R der Trennungsfläche it = 3'456, die Axe oder
bezüglich der zu lösenden Aufgaben der Abstand der Netzhaut und der absolute
Brechungsexponent M des homogen gedachten Inhaltes
F(D + R)
M=
D(R — F)
wo D den Abstand des Gesichtsobjectes bedeutet. DerVergrösserungscoefficient
m ist
F
Für A = 0"’2 und D— 72'" ergibt sich a = 0'"0172, was dem Breiten-
durchmesser von 7'8 unmittelbar an einander stehender Zapfen, deren jeder im
Mittel nach Kölliker 0”0022 misst, entspricht. Damit nun« eine Constante
bleibe, muss für D — 2160"' =15' das A = 5"'7 werden; für D = 20 ? aber
das A = 0'"061 sein, wie sich ergibt aus den Gleichungen
a{D + R)
R — F
a
Als Probeobject dürfte demnach eine Reihe von Buchstaben,
mit schwarzer Farbe auf weissem Papiere gezeichnet, deren Höhe
von 5”7 bis 0”061 allmählich abnimmt, am besten entsprechen,
Sitzh. (1. inathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hfl.
14
210
S t e I hv a g 1 .
weil es nur der Nennung ihres Namens von Seite des Untersuchten
bedarf, um den Untersuchenden zu vergewissern, jener habe sie wirk
lich in ihrer wahren Gestalt erkannt, was bei anderen Objecten nicht
so leicht ist. Bei einer Reihe von Strichen z. B., die in ihren Dimen
sionen allmählich abnehmen, täuscht sich der Untersuchte oft seihst über
die Zahl der scharf und deutlich gesehenen, da man Objecte, die
man voraus kennt, auch in undeutlichen Bildern unterscheidet und
das Urtheil von Laien über Schärfe der Bilder ein sehr schwankendes
ist. Wollte man aber beliebige andere Figuren als Gesichtsobjecte
wählen, so würde oft die mangelhafte Beschreibung des Gesehenen
das Urtheil trüben. Weil cs nun aber auch nicht schwer ist, einzelne
Buchstaben in unscharfen Bildern zu unterscheiden, und sofort leicht
Fehler resultiren, erscheint es im Interesse der Verlässlichkeit noth-
wendig, nicht eine einfache Zeile von allmählich an Grösse abnehmen
den Buchstaben als Gesichtsobject zu wählen, sondern eine Reihe von
Zeilen, deren jede Buchstaben von bestimmter Höhe im Worte ohne
Zusammenhang vereinigt enthält. Ich sage „Worte ohne Zusammen
hang“ , da in Sätzen leicht einzelne Worte aus dem Contexte erra-
then werden, ohne dass scharfe und deutliche Bilder der sie compo-
nirenden Buchstaben auf der Netzhaut zu Stande kommen. Tafel II
ist eine solche Scala, A deutet die Buchstabenhöhe, B die zugehörige
Distanz an.
Selbstverständlich ist, dass jede dieser allenfalls unter einander
gestellten Zeilen immer senkrecht auf der verlängerten
optischen Axe des Auges stehen müsse, daher ihr Träger,
jenes Blatt Papier, in gleicher Höhe mit dem zu untersuchenden Auge
und vertical zu tixiren ist, weil mit der Neigung die Projeetion eine
andere wird.
Ist Fig. II, AB das geneigte und durch die verlängerte optische Axe des
Auges 00' halbirte Gesichtsobject, so ist der halbe Gesichtswinkel o und die
Grosse des Netzhautbildes 2ac ist Function der Projeetion AC = AB. sin a,
wo sin a < 1 und zwar um so kleiner ist, je mehr AB zu 00' geneigt ist. Es wird
AC — o, wenn sin a=o ist, wenn demnach AB parallel zu 00' wird.
Kann man nun, was einigermassen willkürlich angenommen
wurde, die Netzhautbildgrösse von 0"'0172 wirklich als die innere
Grenze ansehen, unter welche ein Sinken nicht mehr stattfinden darf’
sollen noch die Buchstaben in scharfen und deutlichen Bildern zur
Wahrnehmung kommen und sofort in ihrer Detailzeichnung erkannt
Die Accommodationsfehler des Auges.
211
werden: so gibt die erwähnte Scala ein ziemlich sicheres Mittel an
die Hand, den eigentlichen dioptrischen Fernpunkt sowohl, als den
Nahepunkt, sofort die absolute Sehweite zu bestimmen. Die Art und
Weise dieser Bestimmung liegt auf der Hand. Zu bemerken ist nur,
dass es nicht gleichgiltig sei, welche Zeile der zu Untersuchende bei
einem bestimmten Abstande fertig zu lesen im Stande ist, sondern
dass bei jeder Distanz immer die ganze Reihe von Zeilen, von der
grössten bis zu jener, deren Buchstabenhöhe gerade der Netzhaut
bildgrösse von 0"0172 entspricht, in scharfen und deutlichen Bil
dern wahrgenommen werden muss. Ohne Berücksichtigung dessen
wird man leicht Fehlschlüsse machen, da mit der Annäherung des
Objectes die relative Netzhautbildgrösse wächst und damit auch die
Möglichkeit, die Bilder selbst in Zerstreuungskreisen zu unterscheiden.
Nach diesen Vorausschickungen ist es nun auch möglich, von
dem Einflüsse von Brillengläsern auf myopische Augen zu spre
chen und ich gehe um so lieber in eine genauere Erörterung ihrer
dioptrischen Wirkungen ein, als in ihnen das Mittel zur Correction
des fraglichen Gesichtsfehlers gegeben ist, und sie insoferne von der
höchsten praktischen Wichtigkeit erscheinen.
Sammellinsen vermindern die Divergenz auffallender Strah
len. Vor das myopische Auge gehalten, verkürzen sie also die ohnehin
zu kurze hintere Vereinigungsweite noch mehr, vergrössern sofort
den Durchmesser der die Netzhaut treffenden Zerstreuungskreise und
vermindern sofort die Schärfe und Deutlichkeit der Netzhautbilder
noch weiter, indem sie eben den Fernpunkt scheinbar hereinrücken
und sohin die Differenz zwischen dessen Abstand und den Abstand
des Objectes um einNamhaftes vermehren. Zerstreuungsgläser
im Gegentheile vermehren die Divergenz auffallender Strahlen. Vor
das myopische Auge gehalten, und so mit dessen dioptrischem Apparat
combinirt, verlängern sie die hintere conjugirte Vereinigungsweite, in
dem sie scheinbar die vordere verkürzen. Ihre Wirkung ist daher
Verkleinerung und selbst gänzliche Aufhebung der Differenz zwischen
dem Abstande des Objectes und jenem des Fernpunktes, und sofortige
Steigerung der Schärfe und Deutlichkeit jener Bilder, welche von
jenseits des Fernpunktes gelegenen Objecten auf der Netzhaut des
kurzsichtigen Auges entworfen werden.
Ist n der Brechungsexponent der Luft, n x jener des homogen gedachten
Inhaltes eines auf die vordere Cornealoberfläche reducirten Auges, p die vordere,
212
S t e 11 w a g.
p x die hintere conjugirte Vereinigungsweite und sind f und f x die beiden Brenn
weiten, sowie r der Radius der Trennungsfläche, so ist
n n x n n x
p Pi f fi
und in dem abgeleiteten Ausdrucke
-="7—• (1)
P i ti P
n i
erscheint p l zu klein, also — zu gross. Insoferne es sich um den Fernpunkt
Pi
handelt, muss n t bereits den kleinstmöglichsten Werth erreicht haben und sofort
als Constante fungiren. Ebenso ist wegen der Unveränderlichkeit von r die
«, r
hintere Brennweite f\ =• dann eine Constante und es kann p l nur da-
n i — n
ii.
durch vergrössert und folgerecht — verkleinert werden, dass der Werth p ver-
P l
• n
mindert wird, derWerth von — also steigt, aber negativ bleibt. Sammellinsen
P
können vor das Auge gestellt diesem Bedürfnisse, Verkleinerung von p, nicht
genügen. Ist nämlich b ihre Brennweite , v die Objectsdistanz und v t die der
letzteren conjugirte Vereinigungsweite, so erscheint in Bezug auf die Brille
1 1 1
wo v l =p + c ist, und c den Abstand der Brille von der Vorderfläche der
Cornea bedeutet, welchen man hier als Constante aufzufassen hat. Ist v > b, steht
das Object ausser der Brennweite vor der Linse, so erscheint v t positiv und
n
sofort p und — in (1) negativ. Der Ausdruck (1) geht also über in
P
«, 11
Pi fl P
n l
was eine Zunahme von — und wegen der Constanz von n. eine Abnahme von
Pi
Pi also gerade das Gegentheil von dem in sich schliesst, was bezweckt wird.
Wird v = b und sofort = °o, so ist auch p — oo und p t =/’i, d. h. die
Strahlen vereinigen sich in der hinteren Brennweite, also in dem kürzesten Abstande
hinter der Trennungsfläche des reducirten Auges. Wird aber v < b, so wird
wohl u, negativ und der Ausdruck (1) hat seine Giltigkeit, da p essentiel positiv
. . . 1 1
wird, allein es ist dann — — und es ist p grösser statt kleiner
geworden.
Für Zerstreuungslinsen hingegen ist
1
(t + t)
(2)
So lange v positiv ist, der Gegenstand also vor der Linse liegt, muss
i 1
~ ~ u °d sofort v x < v sein, v x weiters negativ und p positiv bleiben, was
eben der Zweck ist.
Die Accommodationsfehler des Auges.
213
Der Myops findet daher in einer vor dasAuge gestellten Zerstreu
ungslinse das Mittel, seinen Fernpunkt hinauszurücken, und zwar wird
eine um so schärfere Zerstreuungslinse erforderlich sein, um den jen
seitigen Endpunkt der natürlichen Sehlinie auf eine gewisse Distanz
hinauszuschieben, je grösser eben diese Distanz und je grösser die
Differenz zwischen der hinteren Brennweite des dioptrischen Appara
tes und zwischen dem Abstand der Netzhautstabschichte vom optischen
Centrum der lichtbrechenden Medien ist, mit anderen Worten, ein je
höherer Grad von Kurzsichtigkeit vorliegt.
Wegen der Unveränderlichkeit von n, n l und /j muss in der Formel (1)
n «i
— wachsen, und sofort p abnehmen, wenn — zunimmt und sohin /j abnimmt.
V fi
Es muss also die Brille eine um so kürzere negative Brennweite haben, weil
eben in (2) v l + c — p ist und b abnimmt, wenn v L verkleinert wird.
Es scheint nach diesem, als müsste die Brennweite der Linse hei
Gegebensein eines bestimmten Grades von Kurzsichtigkeit in einem
stätigen Verhältnisse zu- und abnehmen, wenn die Distanz des Objectes
steigt oder fällt. Doch dem ist nicht ganz so, die Nothwendigkeit
der Zu- und Abnahme der Brennweite wird durch das Verhällniss, in
welchem die beiden conjugirten Vereinigungsweiten der Zerstreu
ungslinse zu einander stehen, so wie durch das Adaptionsvermögen
des myopischen Auges und sofort durch dessen absolute Sehweite in
relativ enge Grenzen eingeschlossen. Um die Sehweite des
myopischen Auges in das Unendliche zu verlängern,
genügt eine Zerstreuungslinse, deren um ihren Ab
stand vom Auge verminderte Brennweite mit dem
jenseitigen Endpunkte der natürlichen Sehlinie zu
sammenfällt. Mit Hilfe derselben Linse werden aber auch noch
scharfe und deutliche Bilder auf der Netzhaut zu Stande zu bringen
sein von Punkten, deren Abstand von der Linse der, um
die Entfernung der Linse vom Auge verminderten
Distanz des Nahepunktes des dioptriseben Apparates
conjugirt ist. Eine Abnahme der negativen Linsenbrennweite
wird erst erforderlich, wenn es sich um Punkte handelt, deren Ent
fernung vom Auge geringer ist, als die dem Nahepunkte des Auges
conjugirte Vereinigungsweite der Linse. Es muss die Brennweite
der Nulle gleich werden, wenn das Object im Nahepunkte selbst steht,
wobei der Abstand der Linse vom Auge vernachlässigt wird. Es muss
214
S t e 11 w a g.
jene positiv sein, es ist eine Sammellinse notliwendig, wenn der
Gegenstand noch näher dem Auge rückt.
Wäre der Quotient jener Verhältnisse ein gleicher, in welchem
die beiden conjugirten Vereinigungsweiten der Zerstreuungslinse so
wohl als des dioptrischen Apparates je zu einander stehen, so läge in
der richtigen Wahl der Zersteuungslinse ein Mittel: innerhalb der
oben angegebenen Grenzen die Lichtbrechung des myopischen Auges
jener im normalen Auge nahezu identisch zu machen, denn dann
müsste jeder Verrückung des Accommodationspunktes durch die Linse
eine der Norm entsprechende Verlängerung der Accommodationslinie
parallel gehen; es müsste die jeweilig gegebene Accommodationslinie
des myopischen Auges durch die Brille in jene des normalen Auges
bei gleicher Adaptionsaristrengung verwandelt werden.
Es wäre dann bei Zugrundelegung der obigen Werthe und bei Vernach
lässigung des Abstandes der Linse vom Auge, wenn x, y die Unbekannten sind,
Pi : Pi + 0"036 = p x : p
p + x t : p = v + y : v
Pt • Pi+ 0”036 = v -f- y : v
Es weichen aber diese Verhältnisse von einander ab, und daher
kann auch bei gleicher Adaptionsbestrebung die Accommodationslinie
des, mit einer entsprechenden Zerstreuungslinse bewaffneten, myopi
schen Auges niemals mit jener des normalen Auges zusammenfallen,
die Accommodationslinien des myopischen Auges werden durch die Linse
in einem anderen Verhältnisse variirt, als im normalen Auge ohne
Linse; es entsprechen unter den genannten Umständen
in den beiden AugengleichenAccommodationspunkten
verschiedene Accommodationslinien.
Immerhin jedoch dürften diese Differenzen relativ nur geringe
sein innerhalb der durch die absolute Sehweite des Auges und die
Brennweite der passenden Linse gesteckten Grenzen. Der mathe
matische Beweis dafür ist wohl nicht herzustellen, da der Quotient
jenes Verhältnisses zur Zeit noch nicht erörtert werden konnte, in
welchem die beiden conjugirten Vereinigungsweiten des dioptrischen
Apparates zu einander stehen. Doch spricht dafür die grosse Über
einstimmung, welche sich ergibt aus der Vergleichung des Verhält
nisses, in welchem die beiden conjugirten Vereinigungsweiten der
Linse zu einander stehen, mit den Ergebnissen der Czermak’scben
Die Accommodationsfehler des Auges.
215
Experimente bezüglich des Wechsels der LageundLänge der Aceom-
modationslinien. Es sind diese um so länger, je weiter der Aceommo-
dationspunkt vom Auge absteht, und die hintere conjugirte Vereini
gungsweite des dioptrischen Apparates fängt erst dann an, rasch zu
wachsen und sofort die Accommodationslinie auffallend zu verkürzen,
wenn der Accommodationspunkt bereits sehr nahe dem Auge gerückt
ist; sei es in Folge intensiver Adaptionsanstrengung oder abnormer
Verkürzung des Abstandes des Fernpunktes. Etwas ganz Analoges
zeigt sich nun auch in Bezug auf die Lichtbrechung in Zerstreuungs
linsen.
Ist v ein Punkt vor der Linse, v + n ein zweiter weiter gelegener, b die
Brennweite der Linse, so sind die conjugirten Vereinigungsweiten v t und v 2
—»1 = +
vb
v + b
(o + »)b
O + n) + b
(—+ «2)
nb 3
(« + b)~ — n (y + 6)
Die Differenz der hinteren Vereinigungsweiten wird eine um so
kleinere bei gleichen Abständen zweier Punkte, je kleiner die Brenn
weite der Linse ist; bei gleicher Brennweite der Linse aber, je näher
die beiden Objecte hereinrücken. Im Allgemeinen kann man also
sagen, die Differenz der hinteren Vereinigungsweiten wird eine um so
kleinere, je schärfer die Brille und je kleiner die Abstände der beiden
Objecte, von der Linse gerechnet, werden. Insoferne nun die Brenn
weite der Linse, soll sie den dioptrischen Fernpunkt in unendliche
Ferne verlegen, eben von dem Abstande des Fernpunktes bestimmt
wird und nur um den Abstand der Linse vom Auge verschieden ist;
kann man auch sagen, die Differenz der hinteren Vereinigungsweiten
der Zerstreuungslinse werde um so kleiner, je höher der Grad der
Kurzsichtigkeit ist und je mehr die beiden Objecte an das mit der
Brille bewaffnete Auge heranrücken. In Anbetracht dieser Überein
stimmung wird man daher auch nicht sehr fehlen, wenn man sagt, die
Differenzen der hinteren Vereinigungs weiten der richtig gewählten
Zerstreuungslinse fallen, wenn die Abstände der Objecte den norma
len Accommodationslinien gleich gewählt wurden, zum grossen Theile
mit den Accommodationslinien des entsprechenden myopischen Auges
216
Stellwag.
zusammen; diese letzteren werden durch die passende Linse in sol
che verwandelt, welche von denen des normalsichtigen Auges nicht
sehr verschieden sind. Ist dieses aber richtig, und Experimente
lassen darüber keinen Zweifel, so muss auch ein myopisches Auge,
welches mit Hilfe einer entsprechenden Brille auf 15 Fuss Entfernung
scharfe und deutliche optische Wahrnehmungen vermitteln kann, auch
von unendlich fernen Objecten scharfe und deutliche Netzhautbilder
erzeugen können, soweit nämlich die Irradiation, die Lichtabnahme und
das Beugungsspectrum nicht hinderlich in den Weg treten. Daher
lässt sich auch eine Scala, wie die oben beschriebene zu den Experi
menten mit Brillen vortheilhaft als Object benützen.
Es ist nun aber selbstverständlich, dass in jedem einzelnen Falle
mehrere Linsen von verschiedener Brennweite scharfe und deutliche
scheinbare Bilder von Objecten, deren Distanz von Unendlich bis
15 Fuss variirt, in der absoluten Sehweite des myopischen Auges zu
erzeugen vermögen und dass die mögliche Differenz dieser noch ent
sprechenden Linsenh renn weiten gerade in der Länge der absoluten
Sehweite des Auges das Mass finde, welches sie nach keiner Rich
tung hin überschreiten darf. Es scheint also für den ersten
Augenblick, als oh einem und demselben Auge meh
rere Zerstreuungslinsen von verschiedener Brenn
weite entsprechen könnten, und die geringe Sorgfalt, wel
che Laien und Ärzte hei der Wahl der Brillen anwenden, lässt sich
gleichsam als ein empirisches Beweismittel für die Richtigkeit einer
solchen Ansicht verwerthen. Einige Überlegung führt jedoch zu einer
ganz anderen Auffassung der Dinge.
Die Differenz zwischen der kürzesten und längsten unter den
hinteren Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates, welche
durch die Einrichtungsfähigkeit des Auges noch auf die Stabschichte
der Netzhaut geleitet werden können, ist eine von der Organisation
des letzteren und von der Functionskraft des Accommodationsmuskels
abhängige, in jedem einzelnen Auge constante Grösse, also sind es
auch die ihr conjugirten Abstände des Nahe- und Fernpunktes, die
absolute Sehweite des Auges. Brillen verrücken nur scheinbar
das Gesichtsobject, ändern die relative Lage desselben zum Auge,
ohne jedoch jene Differenz und sofort auch die ihr conjugirte abso
lute Sehweite irgendwie modificiren zu können, ihre Wirkung
beschränkt sich darauf, ausserhalb der absoluten Sehweite gelegene
Die Accommodationsfehler des Auges,
217
Gesichtsobjecte in dieselbe hereinzurücken. Daher ist denn auch
ihre diesfällige Leistungsfähigkeit durch die Länge der absoluten
Sehweite des Auges strenge begrenzt, mit anderen Worten, die
Zerstreuungslinse vermittelt im myopischen Auge
nur scharfe und deutliche Wahrnehmungen von Ob
jecten, deren Distanzen, bezüglich der Lichtbre
chung in der Brille, Punkten in der absoluten Seh
weite des Auges conjugirt sind.
Es ist sofort klar, dass aus allen jenen Zerstreuungslinsen,
welche von unendlich entfernten Objecten scharfe und deutliche
Bilder in der absoluten Sehweite des Auges erzeugen, jene das
Maximum der Leistungsfähigkeit erreicht, deren in
den Nahepunkt des Auges fallende hintere Vereini
gungsweite der kürzesten Objectdistanz conjugirt
ist, deren Brennweite also die grösste Länge inner
halb der Grenze hat, welche eben durch den Fern
punktabstandgesteckt ist, mit anderen Worten, deren
Brennweite der um den Abstand der Linse vom Auge
verminderten Distanz des Fernpunktes gleich kömmt.
Je schärfer die Linse wird, desto mehr rückt der Nahepunkt des mit
der Linse combinirten dioptrischen Apparates hinaus, desto ver
schwommener und undeutlicher müssen die Bilder werden , welche
von näher gelegenen Objecten auf der Netzhaut erzeugt werden, und
desto mehr erweitern sich die Grenzen, innerhalb welchen das bril-
lenbewafTnete Auge scharfe und deutliche Wahrnehmungen zu ver
mitteln ausser Stande ist.
11 l vb
Aus der Grundformel 1 = ergibt sich nämlich Uj =
Uj v b v + o
wo v t den um den Abstand c der Linse vom Auge verminderten Abstand des
Nahepunktes bezeichnet.
Immerhin jedoch werden die aus diesen Verhältnissen resulti-
renden Fehler nie ganz zu vermeiden sein. Aus der Grundformel der
Lichtbrechung in Zerstreuungslinsen ergibt sieh nämlich auch, dass
so lange die von einem Objecte auf die Linse fallenden Strahlen
divergent sind, die hintere Vereinigungsweite stäts kleiner als die
vordere conjugirte ist; dass Zerstreuungslinsen sofort in ihrer Com-
bination mit dem dioptrischen Apparate des Auges den Nahepunkt
218
S t e 1 I iv a ff.
hinaus rücken, auch wenn sie das Maximum der Leistungsfähigkeit
bezüglich des betreffenden Auges erreichen.
Damit im innigsten ursächlichen Zusammenhänge steht die all
bekannte Thatsache, dass Myopen, welche sich zum Fernsehen der
Zerstreuungsgläser bedienen, bei Besichtigung von Objecten, die
ihrer Kleinheit wegen dem Auge sehr nahe gehalten werden müssen,
die Brillen^abzulegen sich gezwungen fühlen, ja selbst beim Lesen,
Schreiben und ähnlichen Beschäftigungen in der Brille, auch wenn
sie richtig gewählt ist, ein wesentliches Hinderniss des scharfen und
deutlichen Sehens finden und dieses zwar auch für den Fall, als die
hintere Vereinigungsweite der Brille noch jenseits des Nahepunktes
reicht.
Abgesehen von der Hinausrückung des Fernpunktes kömmtbetreffs
dessen nämlich noch ein anderer Umstand in Betracht. Die natür
liche Sehlinie des Auges ist eine unveränderliche Grösse, welche von
der Brennweite des dioptrisehen Apparates hei völliger Ruhe des
Accommodationsmuskels bestimmt wird. Jede Verkürzung der
Objectsdistanz innerhalb des Fernpunktes macht eine verhältniss-
mässige Anstrengung des Accommodationsmuskels erforderlich; es
wird diese Anstrengung um so grösser, je näher das Object rückt,
und sie erreicht ihr Maximum, wenn das Gesichtsobject in dem Nahe
punkte seihst angelangt ist. Nun ist die hintere Vereinigungsweite
der Zerstreuungslinsen immer kleiner als die vordere , so lange die
Lichtstrahlen divergent auf die Linsen fallen und diese Differenz ist
um so grösser, je schärfer die Brille ist. Sobald also ein Object in
der absoluten Sehweite des Auges gelegen ist, wird die Brille
zum scharfen, deutlichen Sehen des Gegenstandes
eine, relativ zum freien Auge, um so stärkere Anstren
gung des Accommodationsmuskels erforderlich machen,
je näher sie das scheinbare Bild dem Nahepunkte ent
wirft, und überschreitet dieses scheinbare Bild endlich den Nahe
punkt, so wird auch das Maximum der Anstrengung zur Vermittlung
entsprechender Wahrnehmungen nicht mehr ausreichen. Und etwas
ähnliches gilt auch von Objecten, welche jenseits des Fernpunktes
gelegen sind. Bei gleichen Abständen des Gegenstandes werden
Brillen, welche noch scheinbare Bilder in der absoluten Sehweite
des Auges entwerfen, eine um so intensivere Kraftentwickelung des
Accommodationsmuskels zum Zwecke des scharfen und deutlichen
Die Accommodationsfehler des Auges. 219
Sehens erforderlich machen, je näher dem Nahepunkte sie die Licht
strahlen zur Vereinigung bringen, je schärfer sie sind.
Diese unverhältnissmässige Anstrengung des Accommodations-
muskels ist es nun, welche sich beim Gebrauche von Brillen
unzweckmässig kurzer Brennweite alsbald unzwei
deutig indem Hervortreten von Reizerscheinungen
im Auge kund gibt. Vorerst sind es die sensitiven Nerven
zweige des Accommodationsmuskels, welche dessen übergrosse
Intention durch schmerzhafte Erregung und gesteigerte Erregbarkeit
verrathen. Das jedem Muskel eigentümliche Gefühl von Angestrengt
sein, die Empfindung einer gewissen Völle im Auge, selbst wahrer
intensiver Schmerz, Empfindlichkeit gegen jeden leichten das Auge
treffenden Reiz beurkunden das Gegebensein eines hyperästhetischen
Zustandes und steigern sich in dem Masse, als die Anstrengung des
Auges fortdauert. Das Gefässsystem bleibt nicht lange hinter den
Nerven zurück und Injection der Episcleralgefässe deutet hin auf
Congestionszustände im Bereiche des ciliaren Kreislaufes. Unter fort
gesetzter Anstrengung des Accommodationsmuskels endlich irradiirt
sich die Hyperästhesie des Ciliarnervensystems bald auf die übrigen
Zweige des Quintus und auf die Netzhaut, ja auf das Gehirn, wovon
flüchtige Stiche im Ausstrahlungsbezirke des Augenastes, Gefühl von
lästigem Drucke in der Stirn- und Schläfengegend, mehr weniger
heftige Kopfschmerzen und das Gefühl der Blendung, die Empfind
lichkeit des Auges gegen selbst mässiges Licht Zeugniss ablegen.
Sogar die Erregung von Entzündungen im Augapfel liegt diesen Ver
hältnissen nicht allzufern, und Hyperästhesien im Bereiche irgend
eines Gehirnnerven finden darin erhebliche Anregungsmomente für
Paroxysmen.
Es sind dieses, ganz übereinstimmend mit der aufgestellten
Behauptung, dieselben Erscheinungen, welche sich im normal- und
weitsichtigen Auge geltend machen, wenn es längere Zeit für sehr
nahe Objecte intendirt wird beim Mikroskopiren, beim Lesen sehr
kleiner Schrift, überhaupt bei längerer Betrachtung von Objecten,
die ihrer Kleinheit halber dem Auge sehr nahe gehalten werden.
Dass kurzsichtige Augen ohne Anwendung von Brillen unter solchen
Verhältnissen weit länger aushalten, ja tagelang ohne alle Anstren
gung sich solchermassen beschäftigen können, rührt nicht etwa
davon her, dass der kurzen Objectsdistanz halber die Netzhautbilder
220
S t e 11 w a g>
grösser werden und sofort leichter in ihrer Detailzeichnung wahr
genommen und erkannt werden. DerVergrösserungscoefficient ist bei
gleichen Abständen und Augenaxen im kurz- und normalsichtigen
Auge ein gleicher, im umgekehrten Verhältnisse zur Objectsdistanz
stehender. Der Grund davon liegt einzig und allein darin, dass bei
gleich kurzem Abstande des Objectes dieses um so weiter hinter dem
Nahepunkte gelegen ist, und sofort seine scharfe und deutliche Abbil
dung auf der Netzhaut eine um so geringere Intention des Accommo-
dationsmuskels erforderlich macht, je kurzsichtiger das Auge ist,
wobei natürlich immer vorausgesetzt wird, dass das Object noch
innerhalb der absoluten Sehweite des normalsichtigen und myopischen
Auges stehe. Wohl aber ist in diesem letzterwähnten Verhältnisse
und gleichzeitig in der Zunahme der Netzhautbildgrösse bei Annähe
rung des Objectes der Umstand begründet, dass Myopen gewöhnlich
eine sehr kleine Handschrift schreiben und sich vorzüglich zu
Geschäften eignen, die der Kleinheit ihrer Objecte wegen ein
genaues und anhaltendes Sehen in sehr kurzen Distanzen mit sieh
bringen.
Abgesehen von der Relation der conjugirten Vereinigungsweiten
der Zerstreuungslinse und deren Beziehung zur absoluten Sehweite
des Auges kömmt betreffs der Leistungsfähigkeit einer
Brille noch die Grösse des durch die Linse erzeug
ten Bildes in Betracht. Aufgabe der Brille ist es nämlich nicht
nur scharfe und deutliche Bilder in der absoluten Sehweite zu
erzeugen, sondern auch die Grösse des Bildes in ein solches Ver-
hältniss zu dessen Abstand vom Auge zu bringen, dass die Dimensio
nen des Netzhautbildes jenen gleich oder doch sehr nahe kommen,
welche das Netzhautbild im normalen unbewaffneten Auge bei
gleichem Abstande des Objectes zeigt. Es ist nämlich die Netzhaut
bildgrösse ein Factor von hoher Wichtigkeit, indem er einerseits im
engsten Bezüge steht zur Möglichkeit, die Objecte in ihrer Detail
zeichnung zu erkennen; andererseits aber nebst der Convergenz-
stellung der Augenaxen, welche durch die Bewaffnung des Auges
mit Brillen nicht modificirt wird, den hauptsächlichsten Anhaltspunkt
bei der Beurtheilung der Grösse und Entfernung des beschauten
Objectes abgibt.
Die Grösse des Netzhautbildes im unbewaffneten Auge steht nun
bei constanten Dimensionen des Objectes und richtiger Accommo-
Die Accommodationsfehler des Auges.
221
dation des dioptrischen Apparates im umgekehrten Verhältnisse zur
Distanz des Gegenstandes und zur Ablenkung des Lichtes in den
brechenden Medien, zur Stärke des Refractionszustandes des Auges;
im geraden Verhältnisse aber zur Länge des Netzhautabstandes,
welcher Werth jedoch für jedes einzelne Auge eine Constante ist.
Sieht man von dem Abstande der Brille vom Auge ab, so ergibt sich
für die Grösse des Netzhauthildes in dem mit einer Zerstreuungslinse
bewaffneten Auge ein ganz gleiches Verhältniss.
Heisst nämlich A die Höhe des Objectes, A, jene des von der Linse erzeugten
scheinbaren Bildes und rt die des Netzhautbildes, so ist
A,
A
Ab
v + b
Für das freie Auge ist
A n p t
a —
»1 P
Für das mit der Brille bewaffnete Auge aber erscheint
np i An Pi Vi
a — A,.
"i Oi + <0
Hi v + e
wo r = p — e und e den Abstand der Linse vom Auge bezeichnet, seiner
relativ zu p sehr geringen Grösse wegen aber ohne sonderlichen Nachtheil ver
nachlässigt werden kann, so dass man die letzte Formel schreiben kann
An Pi Vi
n i P Vi + e ’
Doch hat hier der quasi Refractionscoefficient des Auges einen
anderen Werth, er ist grösser ; denn entweder ist das Auge kurz
sichtig, und Verstärkung der Lichtablenkung ist eben das Wesen der
Myopie; oder aber das Auge ist normalsichtig und dann macht die
Zerstreuungslinse eine grössere Anstrengung des Accommodations-
muskels erforderlich, um ein scharfes und deutliches Bild auf der
Netzhaut zu Stande zu bringen, indem eben die Zerstreuungslinse
den Abstand des Gesichtsobjectes scheinbar verkürzt oder vielmehr,
weil das näher stehende scheinbare Bild der Linsenbrechung als
Gesichtsobjeet fungirt.
Es ist sofort klar, dass bei gleicher Grösse und Distanz des
Objectes dessen Netzhautbild in einem mit Brillen negativer Brenn
weite bewaffneten Auge jederzeit kleiner sein müsse, als in dem
gleichfalls richtig accommodirten freien Auge. Es können demnach
S t e 1 I \v a g.
222
Zerstreuungslinsen den angestrebten Zweck niemals vollkommen
erreichen, immer verkleinern sie das Netzhautbild und zwar relativ
zu dem richtig adaptirten freien Auge um so mehr, je weiter sie das
scheinbare Bild des Objectes in die absolute Sehweite hereinrücken
und sofort die Grösse der erforderlichen Adaptionsanstrengung
steigern, je schärfer sie relativ zu dem gegebenen Grade von Kurz
sichtigkeit sind.
Insoferne geht die Netzhautbildgrösse bei der Wahl der ent
sprechenden Brillen bestimmend in die Verhältnisse ein. Es kann nur
jene Brille als die dem gegebenen Grade von Kurzsichtigkeit ent
sprechende anerkannt werden, welche den aus der Verkleinerung des
Netzhautbildes resultirenden Fehler möglichst geringe macht. Dieses
ist aber jene Brille, welche bei einem gegebenen Objectsabstande die
Accommodationsanstrengung des myopischen Auges jener des nor
malen freien Auges gleich macht, welche sofort ferne Gegenstände
unter völliger Ruhe des Accommodationsapparates in scharfen und
deutlichen Bildern auf der Netzhaut abgezeichnet erscheinen lässt,
mit anderen Worten, welche von fernen Gegenständen scheinbare
Bilder in dem Fernpunktabstande des Auges entwirft oder deren
negative Brennweite dem, um den Abstand der Linse vom Auge ver
minderten Fernpunktabstande gleichkömmt.
Also nicht nur die gegebene Lage und Länge der absoluten
Sehweite, sondern auch die Netzhautbildgrösse beeinflussen die
Leistungsfähigkeit der Brille und in der That macht sich der letzt
genannte Factor so auffällig geltend, dass Verkleinerung der Objecte
schon längst als Zeichen einer zu scharf gewählten Zerstreuungslinse
empirisch anerkannt worden ist. Überdies erweiset sich ferner auch
noch der bereits mehrmals erwähnte Abstand der Linse vom
Auge als ein Moment von namhafter Wichtigkeit.
Da der Abstand des Fernpunktes sowohl als jener des Nahe
punktes fiir jedes Auge gegebene, jeweilig unveränderliche, Grössen
sind, beeinflusset der genannte Factor vorerst schon in einem überaus
hohen Verhältnisse die absolute Sehweite des brillenbewaflneten
Auges. Um das scheinbare Bild eines unendlich weit entfernten
Gegenstandes in dem Fernpunktabstande des myopischen Auges zu
Stande zu bringen, bedarf es einer Brille von um so kleinerer
Brennweite, je weiter die Brille von dem Auge absteht; wenn aber
das Zerstreuungsglas an Brennweite abnimmt, so rückt in einem sehr
Die Aecöininodatioiisfehler des Auges.
223
raschen Verhältnisse der Nahepunkt des damit bewaffneten Auges
hinaus. Ist die Linse aber eine gegebene und dem Fernpunktabstande
des freien Auges entsprechend gewählte, so wird durch Entfernung
der Linse vom Auge nicht nur der Fernpunkt des mit der Brille com-
hinirten dioptrischen Apparates in einem sehr rasch wachsenden
Verhältnisse hereingeschoben, sondern auch der Nahepunkt hinaus
gerückt, der Fern-und Nahepunkt sofort einander genähert, die
absolute Sehweite verkürzt.
Diese Momente influenziren aber weiters schon an und für sich
den Werth des Verkleinerungscoefficienten des Netzhautbildes, in
dem sie für jeden einzelnen Objectsabstand den erforderlichen Re-
fractionszustand des dioptrischen Apparates um ein bedeutendes ver
stärken und bedingen insoferne nahmhafte Differenzen zwischen den
optischen Wahrnehmungen des normalen freien und des brillen
bewaffneten myopischen Auges. Überdies geht der Abstand der
Brille vom Auge noch direct in den Nenner der Netzhautbildgrösse
ein und verursacht sehr bedeutende Abnahmen der letzteren, indem
eben die hintere Vereinigungsweite der Brille eine kurze ist und der
Abstand der Brille sofort einen grossen Einfluss ausübt.
Möglichste Verkürzung und völlige Unveränder
lichkeit des Linsenabstandes sind daher dringendes
Gebot bei dem Gebrauche der Zerstreuungslinsen und
die Nichtbeachtung dessen bedingt um so grössere Fehler in den
optischen Wahrnehmungen, je schärfer eben die Brillen sind.
Die Mannigfaltigkeit und Unvermeidlichkeit der aus dem Brillen
abstande resultirenden Fehler macht denn auch Schlüsse aus der
Leistung einer gegebenen Brille auf die Länge und Lage der absolu
ten Sehweite des freien Auges sehr schwierig. Wissenschaftlich
genaue Daten lassen sich kaum auf solchem Wege gewinnen, indem
zu viele Factoren eingehen, deren strenge Bestimmung mannigfaltigen
Schwierigkeiten unterliegt, daher ist denn auch die Scala, wie sie
oben beschrieben wurde, für ein b rillen bewaffnet es Auge
nicht ausreichend, sie macht wenigstens längere Berechnungen noth-
wendig, und ist nur bequem, wenn es sich um allgemeine Resultate
handelt. Dann ist aber wohl zu beachten, dass die Brille unter allen
Verhältnissen das Netzhautbild verkleinert, und dass sofort für jeden
gegebenen Abstand die Grenzgrösse des Objectes jene des normalen
und freien Auges um Etwas übersteigt.
224
S t e 1 I w a g.
Die nosologis chen Moni ente der Kurz siehtigkeit,
sofort auch die ätiologischen und pathogenetischen,
sind überaus mannigfaltig und in jedem einzelnen Auge so verschie
dener Combinationen fähig, dass eine übersichtliche Darstellung der
selben nach ihrem absoluten und relativen Einflüsse auf die dioptri-
schen Verhältnisse des Auges zu den schwierigsten und derzeit kaum
lösbaren Problemen der pathologischen Optik gehört. Darum halte
ich im Interesse der Deutlichkeit eine Reduction des Auges auf eine
einzige Trennungsfläche mit Belassung seiner natürlichen Form und
Substitution eines homogenen Inhaltes von wandelbaren Brechungs
exponenten für die erspriessliehste Grundlage der nachstehenden Erör
terungen. In der That erscheinen in dem Grundgesetze der Licht
brechung eines solchermassen reducirten Auges nur drei Faetoren,
welche die dioptrischen Verhältnisse desselben beeinflussen. Der eine
dieser Faetoren ist die Länge der optischen Axe des Auges, vom
Centrum der Cornealvorderfläehe bis zur Stabschichte der Netzhaut
gerechnet. Der andere Factor ist der für jedes Auge jeweilig constante
Krümmungsradius der Trennungsfläche und der dritte Factor ist der
jeweilige Refraclionszustand des Auges. Im letzteren vereinigen sich
gleichsam alle übrigen, aus dem anatomischen Baue der dioptrischen
Medien und aus derThätigkeitdesAccommodationsmuskels resultiren-
den Variationen der Lichtbrechung zu einem Ganzen, diese finden in
dem absoluten Brechungsexponenten des homogenen Füllungsmediums
des reducirten Auges ihren optischen Ausdruck.
Es ist das Grundgesetz der Lichtbrechung
n. n n. n n r i i\
1 = — = — und — = n. I p
V\ V fi f V Vi TV
wo fi und f, die beiden conjugirten Brennweiten des reducirten Auges, Func
tionen von ni darstellen.
Die optische Axe in der vorhin fixirten Bedeutung ist dem
Abstande der Netzhautstabschichte, also der zum scharfen und deut
lichen Sehen erforderlichen hinteren Vereinigungsweite des dioptri
schen Apparates äquivalent und bestimmt sofort bei Constanz des
Krümmungsradius der Trennungsfläche und unveränderlich gedachtem
Refractionszustande der lichtbrechenden Medien die Lage und Länge
der natürlichen Sehlinie, also auch den Abstand des Fernpunktes und
damit das Abhandensein und Gegebensein der Myopie, sowie den Grad
derselben.
Die Accommodationsfehler des Auges.
225
Sie schwankt schon in der Norm innerhalb ganz an sehnlich wei
ter Grenzen, ohne sich durch Beschränkung der absoluten Sehweite
zu offenbaren, indem der zweite und dritte Factor durch seine mög
lichen Veränderungen das Mittel zur Fehlercorrection abgibt. Doch
haben diese Variationen des Refractionszustandes des Auges ihre
Grenzen und diese bestimmen denn auch den Übergangspunkt der
normalen in die abnorme Axenlänge des Auges.
Es ist diese Axenverlängerung des Bulbus in sehr
vielenFällen begründet durch Krümmungsanomalien der
Sklera.
Diese finden ihren nächsten Grund wieder sehr häufig in mecha
nischen Ausdehnungen des krankhaft afficirten Gefüges der Albuginea
und kommen dann unter der Form der sogenannten Skleralstaphy-
lome zur Wahrnehmung. In ihnen erreicht die krankhafte Verlän
gerung der optischen Axe das Maximum. Doch lässt sich you den
selben als nosologischen Momenten einer wahren Kurzsichtigkeit
nicht sprechen, da sie eben pathologischen Processen auf Rechnung
gehören, welche die Functionstüchtigkeit der Netzhaut immer im
hohen Grade beeinträchtigen oder ganz aufheben. Und es gilt dieses
sowohl von den Ausdehnungen der hinteren als der vorderen Hälfte
der Sklera, sowie von dem sogenannten totalen Skleralstaphylome.
Bei den Ektasien der vorderen Skleralhälfte kömmt noch die gleich
zeitige Vergrösserung der Skleralöffnung mit davon abhängiger Ver
dünnung und Krümmungsveränderung der Cornea in Betracht.
Nosologische Momente der Kurzsichtigkeit sind demnach nur
Krümmungsabweichungen der Sklera, welche, eine Verlängerung der
optischen Axe begründend, die Energien des lichtemplindenden Appa
rates in keiner Weise benaehtheiligen. Sie kommen als ange-
borne Formfehler des Auges vor. In niederen Graden sind
sie nur an der Leiche durch directe Messungen zu eruiren. In höhe
ren Graden aber machen sie sich am Cadaver schon dem ungeübten
Auge durch sehr auffälliges Überwiegen des longitudinalen über den
äquatorialen Durchmesser bemerkbar, der Bulbus nähert sich einiger-
massen der Cylinderform. Ja schon im Lebenden beurkunden sich
diese Anomalien, wenn sie höhere Grade erreicht haben, durch unge
wöhnliches Vorspringen des Bulbus und sofortige starke Wölbung
der Lider. Stark prominirende, glotzende Augen, deren äquatoria
ler Durchmesser nicht proportional vergrössert erscheint, sind sehr
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft. 15
226
Steilwag.
häufig in hohem Grade myopisch. Sie sind es nicht immer, weil in
reichlicher Entwickelung des Fettpolsters der Orbita ein Moment
gegeben ist, welches normal gebildete Augen ebenfalls vorspringen
macht und noch manches andere ßildungsverhältniss auf dieseErschei-
nung Einfluss nehmen kann, so zwar, dass das Glotzen geradezu mit
dem entgegengesetzten Zustande, mit Presbyopie, sich zu paaren
vermag.
Der Einfluss der Axenlänge p 4 des Auges auf die Lage des Fernpunktes
p ergibt sieh am besten aus der Substitution n — i, « 1 = 1 - S33. Für das
normale Auge ist fi — p t — 9"'934, da p = <x> ist. Für p x — 10"6, also eine
Verlängerung der optischen Axe um O'^OOC ergibt sieh p = 8”6; für p t — 11",
d. i. eine Verlängerung um 1"'066 aber wird p = S ! 58.
Selbstverständlich ist die Myopie dieser Art immer angeboren
und kann wohl auch erblich werden. Sie macht sich alsbald geltend,
sobald das Kind mit Objecten der Aussenwelt sich zu beschäftigen
anfängt und steigert sich von da an ganz gewöhnlich bis zur Grenze
des Mannesalters, indem der fehlerhaften Bildungsanlage conform der
Bulbus fortfährt, sich vorwaltend nach der Längendimension zu ver-
grössern, ohne dass damit eine verhältnissmässige Änderung des
Refractionszustandes in dem dioptrischen Apparate parallel gienge.
Es ist dieses jene Form der Myopie, welche man seit der Zeit,
als die Schieioperation die Gemüther aller Oculisten aufregte, als
mechanische oder musculare Kurzsichtigkeit zu be
schreiben pflegt. Man glaubt nämlich einen causalen Zusammenhang
supponiren zu dürfen zwischen der Verlängerung des Augapfels und
der Thätigkeit seiner Muskeln. Doch haben die Untersuchungen der
Neuzeit diesen Nexus als nicht gegeben herausgestellt, indem sie dar-
tliun, dass, falls die Augenmuskeln in der That Gestaltveränderungen
des normalen Bulbus zu begründen stark genug wären, die Zugwir
kung derselben den Druck überbieten müsste und sodann in dem
Widerstande der Orbitalgebilde einerseits und in dem Widerstande,
welchen der Lidschliessmuskel und die Zugwirkung der geraden Augen
muskeln jener der beiden schiefen entgegensetzen, anderseits elier
die Bedingungen für eine Axenverkürzung gegeben sein müssten.
Die angeblichen Heilungen der Myopie durch Myotomie finden darin
den Massstab ihres Werthes und es bedarf gar nicht weiter der Hin
weisung auf den Umstand, dass verschiedene Operateure die Heilung
durch Trennung sehr verschiedener Augenmuskeln, bald der geraden.
Die Accominodationsfehler des Auges.
227
bald der schiefen, erzielt zu haben behaupten; während wieder die
Durchschneidung eines und desselben, geraden oder schiefen, Mus
kels verschiedenen Berichterstattern zufolge ganz entgegengesetzte
Resultate gehabt haben soll.
Ruete (Lehrb. der Ophth. 1853, S. 227) hat bereits die Un
richtigkeit jener Behauptungen erkannt und den Zusammenhang einer
abnormen Thätigkeit der geraden Augenmuskeln mit Myopie theore
tisch und praktisch in die richtigen Grenzen eingeengt. Er fand, dass
in gewissen Fällen die Convergenz der Augenaxen ständig eine zu
grosse sei und dem zufolge die Kranken nach und nach gewöhnt wer
den, nur nahe Gegenstände zu betrachten, worin eben ein ätiolo
gisches Moment der Kurzsichtigkeit gelegen ist, wie das später Mit-
zutheilende lehrt. Dass unter solchen Verhältnissen, und nur unter
diesen, eine Myotomie von günstiger Wirkung sein könne, ist klar und
wird auch durch die Erfahrung bestätiget.
Häufiger noch, als in Krümmungsveränderungen der Skierotika,
finden AxenVerlängerungen des Auges ihren nächsten
Grund in einem normwidrigen Hervortreten des Cen
trums der Cornealvorderfläche. Insoferne nun Functions
tüchtigkeit der Netzhaut zum Begriffe der Myopie als eines rein
dioptrischen Fehlers gehört, sofort Ausdehnungen der vordem Skle-
ralhälfte und damit auch Vergrösserungen der Hornhautöffnung aus
geschlossen sind: kann es sich hier nur um ein normwidriges Her
vortreten der Cornealmitte als Folge vermehrter Krümmung der
Hornhaut, als Folge einer Verkürzung des Krümmungsradius, handeln.
Der Radius der Cornealvorderfläche geht aber in die Brennweite des
dioptrischen Apparates ein.
Es ist für das reducirte Auge
Vortreibungen der Cornealmitte beeinflussen daher auf eine
zweifache Weise die Länge und Lage der natürlichen Sehlinie mit
demFernpunkte und verkürzen die Werthe derselben in einem, wahr
haft staunenerregenden hohen Grade ; denn es genügt z. B. ein Her
vorrücken des Cornealcentrums um 0”184 mit sofortiger Verkür
zung des Krümmungshalbmessers der vorderen Hornhautoberfläche
IS*
228
S t e 11 w a g.
um 0"4S6, auf dass unter übrigens normalen Verhältnissen der Fern
punkt des Auges auf 3" heranrücke.
Es sei Fig. III, OO 1 die verlängerte optische Axe des Auges, CG die
Cornea, deren Öffnung ad = d = 2’ r 25 angenommen wird. Der Radius der
vorderen CornealoberflUche sei b c = ac = a — 3'4S6 , und nehme durch
Hervortreten des Centrums 6 auf b t um 0' ? 4i>6 ab, so dass b l c 1 = a c 1 — a i — 'i”
wird. Es ist nun
d
—= sin a =0'6äl;
a
d
■■ sin ß =0-75
r = 7°S8'; sin7' = 0-1386
a t . sm y
sin a
0-64
6oj = a — c 4 c = 2-816; b i b — a x — bc l =0-184.
In der Grundformel
n. n u.
- + - = 7-
P1 P A
erscheint daher
^^g-934 + 6 1 6=10 n ’118 und
= 8”6, wo r = 3”
Es ist also
p = — .
Pi fi
=3 "74 = 3-1”
Pi ~fi
So geringe Differenzen in dem Halbmesser der Hornhautkrüm-
mung sind aber in der That dem freien Auge ganz unkenntlich, sie
können nur durch die sorgfältigsten parallaktischen Messungen am
Lebenden mit Sicherheit constatirt werden. Stampfer’s diesfäl-
lige Untersuchungen haben nun zwar seinen mündlichen Mittheilungen
zufolge eine Abhängigkeit der Myopie von solchen Krümmungsano
malien der Cornea bis jetzt noch in keinem Falle dargethan; doch
zweifle ich nicht, dass die Kurzsichtigkeit bisweilen bei scheinbar
normal gebildeten Augen allein auf Krümmungsabweichungen der
Cornea beruhen möge; wobei ich indessen nicht umhin kann, noch
mals zu bemerken, dass es sich hier um ausnehmend kleine, dem
freien Auge unmerkbare Differenzen handle, der von vielen Autoren
behauptete Zusammenhang von Myopie mit sichtlich vergrösserter
Vorderkammer, als mit einer Folge stärkerer Cornealwölbung, sofort
nur ein eingebildeter und in ganz anderen Verhältnissen begrün
deter sei.
Die Accommodationsfehler des Auges.
229
Dem freien Auge merkbare Krümmungsanomalien involviren dem
Gesagten zufolge schon Grade der Kurzsichtigkeit, welche durch Con-
cavbrillen, vermöge deren nothwendigen Abstand von der Cornea,
bereits unverbesserlich sind und daher auch meisthin als amblyo-
pisclie Schwäche des lichtempfindenden Apparates betrachtet und
beschrieben werden.
Sie kommen häufig vor, indem sie ebensowohl, wie die Abplat
tungen der Cornea, sehr günstige Chancen ihres Zustandekommens in
Verletzungen und Geschwüren der Hornhaut mit nachfolgender Än-
bildung schrumpfender Narbensubstanz finden. Sie sind
es, welche den Erfolg künstlicher Pupillenbildungen unge
mein oft völlig zu nichte machen, insbesondere aber excentrische
Pupillen sehr stark inMisscredit gebracht haben. Excentrische Pupil
len werden eben nur angelegt, wo das Hornhautcentrum durch krank
hafte Processe getrübt ist, sofort die Bedingungen zur Abweichung
der Krümmung gegeben sind; während centrale Pupillen in den aller
meisten Fällen nur bei. völliger Integrität der Cornea, also bei nor
maler Krümmung ihrer Oberflächen, künstlich eröffnet werden können.
Nur die völlige Vernachlässigung physicalischer Untersuchungen
erklärt es, wie ein auf Prognose und Therapie so stark influenzirendes
Moment gänzlich übersehen werden konnte, und unter den Indicatio-
nen der Pupillenbildung bisher noch keine Stelle gefunden hat. . Man
zog es gründlichen Untersuchungen vor, einfach eine Amblyopie zu
supponiren, wo künstliche Pupillen bei genügender Öffnung dennoch
kein Sehen vermittelten und war sofort auch gezwungen, eine eigene
Art von Amblyopie zu creiren, bei der der Kranke das Licht und wohl
gar einzelne Abstufungen der Farbe zu unterscheiden vermag, durch
die künstliche Pupille aber deutliche Wahrnehmungen nicht gewinnt.
Es ist nach dem Gesagten an und für sich klar, dass Krümmungs
abweichungen höherer Grade, wie sie im durchsichtigen Corneal-
staphylom mit Narbeneinlagerungen zur Beobachtung kommen, die
Projection selbst verschwommener Bilder auf der Netzhaut und sofort
auch die Wahrnehmung äusserer Objecte durch den Gesichtssinn
völlig unmöglich machen und dieses um so mehr, als nicht einmal
eine Correction durch geeignete Gläser denkbar erscheint.
Hier nämlich, wie in dem vorigen Falle, geht nicht nur die
Axenverlängerung desAuges und die Verkürzung des Krümmungshalb
messers der Cornea in die Verhältnisse ein, sondern auch eine U nre-
230
Stellwag>
gelmässigkeit der Krümmung, ein Heraustreten der Wölbung
aus der Form einer Rotationsfläche und eine Schiefstellung ihrer Axe
zur optischen Augenaxe. Das nothwendige' Resultat solcher Ano
malien sind natürlich Verzerrungen der auf der Netzhaut zu Stande
kommenden Lichtbilder, indem die Lichtkegel, deren Durchschnitte
jene Lichtbilder sind, selbst unregelmässig geformte werden.
Rei höhergradigen Krümmungsabweichungen treten diese Ver
zerrungen nun wohl nicht leicht als solche in die Wahrnehmung, da
die die Netzhaut treffenden Zerstreuungskreise zu gross sind, und in
zu grosser Anzahl sich gegenseitig decken, als dass die Netzhaut die
Form der einzelnen zu sondern im Stande wäre. Wohl aber machen
sich diese Verzerrungen sehr bemerklich, wenn die nebenhergehende
Axenverlängerung des Auges und die Verkürzung des Krümmungs
halbmessers der Hornhaut keine so bedeutende ist, dass der dritte
Factor derLichtbrechungsverhältnisse im dioptrischen Apparate nicht
mehr ausreichen würde, um das Auge wenigstens für gewisse Objects
distanzen zu accommodiren. Es paart sich dann die Myopie mit
dem sogenannten Visus incorreetus oder Astigmatismus,
d. i. Gegenstände, welche in die der deutlichen Sehweite des Auges
stehen, oder mittelst Drillen in die deutliche Sehweite scheinbar ver
setzt werden, erscheinen, der Krümmungsirregularität der Hornhaut
entsprechend, nach dieser oder jener Richtung hin verlängert,
verkürzt, gekrümmt, geknickt u. s. w.
Leider gehen, obwohl Fälle von ausgesprochenem Astigmatismus
nicht gar seltene Vorkommnisse sind, directe Messungen solcher Cor-
nealverkrümmungen zur Zeit noch völlig ab, und es fehlen daher auch
die nothwendigen Anhaltspunkte für eine wissenschaftliche Regriin-
dung des Gesagten. Ein tieferes Eingehen in die Verhältnisse würde
wahrscheinlich auf Irrwege führen, wesshalb ich mich darauf be
schränke, Cornealverkrümmungen als den häufigsten Grund des Astig
matismus anzudeuten. Es dünkt mir dieses mehr als wahrscheinlich
in Anbetracht des überwiegenden Einflusses, welchen die Cornealvor-
derfläche auf die Lichtbrechungsverhältnisse des Auges ausübt, und
weiters in Anbetracht einiger beobachteter Fälle, in welchen dem
freien Auge sichtbare Unregelmässigkeiten der Cornealvorderfläche
und der von ihr reflectirten Spiegelbilder mit formell ganz ent
sprechenden Verkrümmungen der Netzhautbilder erwiesen werden
konnten.
Die Accommodationsfehler des Auges.
231
So stark aber auch Axenverlängerungen des Auges und Krüm
mungsdifferenzen der Cornea die Länge und Lage der absoluten Seh
weite beeinflussen, so lässt sieh dennoch die überwiegende
Wichtigkeit des drittgenannten Factors keinen Augen
blick übersehen. Nicht sowohl die G r ö s s e seiner möglichen Schwan
kungen, als vielmehr die Häufigkeit seiner Abweichungen von der
Norm sind es, welche ihn zu der ergiebigsten Quelle von dioptrischen
Gesichtsfeldern, zur häufigsten Ursache der Kurzsichtigkeit machen.
Er ist Function mehrerer veränderlicher Grössen, er wächst und fällt
mit diesen in geraden, aber sehr verschiedenen Verhältnissen, daher
denn auch Abweichungen dieser Grössen von der Norm die Licht
brechungsverhältnisse des dioptrischen Apparates mittelbar durch die
Variationen des genannten Factors in sehr differenten Graden modifi-
ciren und einer speciellen Erörterung nothwendig bedürfen. Die
richtige Beurtheilung der einzelnen Grössen je nach ihrem Einflüsse
auf den Refractionszustand des Auges führt dann unmittelbar zur Ein
sicht in jene Abweichungen, welche Combinationen solcher Fehler in
den optischen Wahrnehmungen nothwendig bedingen müssen.
Der anatomischen Ordnung folgend, drängt sich dem Forscher
zuerst das Gefüge der Hornhaut auf, welches durch seinen
Brechungsexponenten die Refractionszustände des Auges
influenzirt. Leider ist nicht einmal der normale Werth desselben
mit der wünschenswerten Genauigkeit eruirt, viel weniger sind es
daher die Grenzen, innerhalb welchen derselbe ohne Beeinträchti
gung der normalen Structurverhältnisse und der optischen Gleich
artigkeit zu schwanken fähig ist. Man kann demnach Differenzen des
Cornealbrechungsexponenten bisher nur als mögliche Quellen dioptri-
scher Gesichtsfehler ansehen, ohne irgend eine Basis zu haben, auf
welche sich Vermuthungen über die Häufigkeit und Grösse dieser
Abweichungen bauen Hessen.
Eine Erhöhung des Brechungsexponenten von 1-339 auf 1-4 und eine
1-337
sofortige Substitution mj = —— und m \ = 1'4 in die Formeln ergibt
d = —0”0329, also D — — 30"39, ein Hereinriicken des Fernpunktes auf 30™39.
Der Parallelismus der beiden Oberflächen der Descemeti
und die jedenfalls geringe Differenz zwischen dem Breclningsexponen-
ten der Cornealsubstanz und des Humor aqueus, die Kleinheit des
relativen Brechungsexponenten für die Lichtrefraction an der Hinter-
232
S t e 1 1 w a g.
fläche der Cornea macht, dass Krümmungsanomalien dieser letzt
genannten Trennungsfläche unter allen Verhältnissen nur sehr
geringfügige Änderungen in der Länge der hinteren Vereinigungs
weite der Lichtstrahlen begründen können, Änderungen, welche
nahezu verschwindend genannt werden dürften, da eben namhafte
Krümmungsabweichungen der hinteren Cornealfläche ohne solche der
vorderen kaum denkbar erscheinen und der dioptrische Effect der
letzteren dann nothwendig unverhältnissmässig Vorschlägen muss.
Der vorgenannte Grund macht denn auch Abweichungen des
Humor aqueus bezüglich seiner Dichtigkeit, so weit dieses ohne
Verlust der optischen Gleichartigkeit möglich ist, unfähig, als selbst
ständige Quelle merkbarer dioptrischer Gesichtsfehler aufzutreten.
Wohl aber sind Verminderungen seiner Masse durch
Verkürzung der Kammeraxe und sofort durch Vergrösserung
des Netzhautabstandes vom optischen Centrum des dioptrischen
Apparates fähig, vorübergehend und selbst dauernd Myopie zu
erzeugen, wobei es natürlich sich von selbst versteht, dass es sich
hier nur um ganz bedeutende Differenzen in der Kammeraxenlänge
handeln könne.
Es liegt auf der Hand und bedarf keines näheren Beweises, dass
Dichtigkeitszunahme des Krystallkörpers denAblenkungs-
winkel der passirenden Lichtstrahlen vergrössern und sofort in der
mit dem Lebensalter allmählich fortschreitenden Entwickelung der
Krystalllinse ein Moment gegeben sein müsse, welches auf die Lage
des Fernpunktes bestimmend mitwirkt, denselben hereinrückt. Und
doch lehrt die tägliche Erfahrung das Gegentheil, sie stellt es
ausser Zweifel, dass der Regel nach die Überschreitung des vierzig
sten Lebensjahres bei unveränderter Lage des Fernpunktes den
Nahepunkt in einem namhaften Grade hinausschiebe, dass die Periode
des höheren Mannesalters sich meisthin mit Weitsichtigkeit paare,
wenn früher das Auge ein normalsichtiges gewesen war.
Es ist dieses ein scheinbarer Widerspruch, welcher sich jedoch
sehr leicht löst, wenn man in Betracht zieht, dass die relativen
Brechungsverhältnisse der Linse, welche hier massgebend sind, mit
der Zunahme des absoluten Brechungsexponenten nicht in gleichem
Verhältnisse wachsen und abnehmen, sondern in einem viel geringe
ren; dass sofort ihre möglichen Variationen, vermöge der Engheit
ihrer Grenzen, rücksichtlich des Einflusses auf die Ablenkung der
Die Accommodationsfehler des Auges.
233
Lichtstrahlen Zurückbleiben hinter dem Effecte, welchen die bedeu
tenden Differenzen, deren die Krümmungshalbmesser der vielen
Trennungsflächen der Linse in der Norm fähig sind, unzweifelhaft
erkennen lassen, indem eben die Accommodation des Auges für die
Nähe erwiesener Massen nur das Resultat einer Verkürzung der
Krümmungsradien sämmtlicher Trennungsfläehen des Krystalles dar
stellt. Diese Verkürzung des Krümmungsradius der einzelnen Tren
nungsflächen setzt nun eine gewisse Biegsamkeit der den Krystall
zusammensetzenden Schichten voraus; mit der Verdichtung der
Linsenelemente wächst aber der Widerstand, welcher dem Accom-
modationsmuskel entgegengesetzt wird, und sofort verengern sich
auch die Grenzen, innerhalb welchen der Krystall seine Krümmungs
halbmesser zu wechseln im Stande ist, der Nahepunkt rückt hinaus
und das ist es eben, was man im Allgemeinen als Weitsichtigkeit
betrachtet.
So wichtig also auch die Dichtigkeitsverhältnisse des Krystalles
in Bezug auf die Dioptrik des Auges seien, so können sie doch nur
als untergeordnete Momente angesehen werden; die Form des
Krystalles überwiegt sie offenbar um ein Bedeutendes, nicht nur
bezüglich ihres Einflusses auf die Lichtablenkung, sondern auch in
Bezug auf die Häufigkeit der Fälle, in welcher sie dioptrische
Gesichtsfehler bedingt. Es unterliegt dieses nach den Resultaten,
welche die Untersuchungen myopischer Augen mittelst des Cramer’-
schen Ophthalmoskopes geliefert haben, keinem Zweifel (Het Accom-
modatievermogen etc., pag. 146), denn die Stellung der Linsen
spiegelbilder ist jener gleich, welche in normalsichtigen Augen
während deren Accommodation für die Nähe beobachtet wird; das
Spiegelbild der vorderen Linsenfläche erscheint kleiner und von
jenem der hinteren Fläche um ein Namhaftes entfernt, ein Verhält-
niss, welches nur allein aus einer Convexitätsvermehrung der beiden
Kapselhälften erklärbar ist und eine Verkürzung der Krümmungs
radien der einzelnen Trennungsflächen des Krystalles nothwendig in
sich sehliesst. Leider fehlen noch Messungen dieser zu beobachten
den Formveränderungen des Krystalles und damit auch die Anhalts
punkte für Schlüsse auf die Grösse jener Abweichungen, welche
bestimmten Graden der Kurzsichtigkeit entsprechen.
In der Verbindung des Ophthalmoskopes mit zweckdienlichen
Messapparaten eröffnet sich der physiologischen und pathologischen
234
S t e 11 w a g.
Optik ein weites Feld künftiger Forschungen, welchen nicht nur
diese Lücke auszufüllen Vorbehalten ist, sondern welche auch
bestimmt sind, zur richtigen Einsicht in jene Verhältnisse zu führen,
in welchen die beobachteten Krüinmungsdifferenzen der Trennungs
flächen des Krystalles zu anderen, dioptrische Gesichtsfelder
begründenden, Momenten steht; denn es lässt sich nach dem vorhin
Gesagten nicht übersehen, dass die Convexitätsvermehrung der
Krystallschichten in manchen Fällen als nöthiges Correctionsmittel
von Anomalien anderer Bestaridtheile des dioptrischen Apparates zu
fungiren berufen sein könne.
Krümmungsabweichungen des Krystalles sind bisweilen ange
boren. Die Möglichkeit des Vorkommens einer in Formfehlern
der Linse begründetenMyopia congenita erscheint sofort
unleugbar. Den bisherigen Beobachtungen zufolge dürfte sie öfter
mit Visus incorrectus gepaart sein, da eben dem freien Auge erkenn
bare Krümmungsanomalien bisher immer mit auffälliger Unregel
mässigkeit der Wölbung verbunden gesehen wurden.
Ähnliche Irregularitäten hängen jenen Krümmungsabweichun
gen des Krystalles an, welche in manchen seltenen Fällen in Folge
gestörter Vegetationsverhältnisse der Linse, partieller staariger Zer-
fällniss und Aufsaugung, erworben werden und sofort auch einer mit
Astigmatismus combinirten Myopia acquisita zu Grunde liegen
können.
Jedenfalls verschwinden diese Fälle ihrer Zahl nach gegen jene,
in welchen die der Myopie zu Grunde liegenden Con-
vexitätsvermehrungen des Krystalles in Folge über
mässiger und anhaltender Anstrengung des Aceom-
modationsmuskels erworben und frei von Irregulari
täten sind, indem eben der Accommodationsmuskel mittelbar
durch das P etit'sche Wasser auf die Peripherie der Linse und zwar
auf alle Punkte derselben gleichmässig wirkt, Verkrümmungen der
Oberflächen und damit auch alle übrigen Trennungsflächen sofort
ausschliesst. Das Zusammenhalten der Resultate, welche das Cra-
m er’sche Ophthalmoskop liefert, mit den Ergebnissen statistischer
Forschungen über das Vorkommen und den möglichen ätiologischen
Grund der Myopie lassen darüber keinen Zweifel.
Es stellen die letzteren nämlich mit Bestimmtheit heraus, dass
die Erwerbung der Myopie in den allermeisten Fällen in die
Die Accommodationsfehler des Auges.
235
Periode zwischen dem achten und sechzehnten Lebensjahre falle, und
dass damit nicht etwa Evolutionsverhältnisse im nächsten Zusammen
hänge stehen, sondern nur allein die Anstrengungen, welche der
Accommodationsapparat in dieser Lernepoche behufs der Erwer
bung von Kenntnissen oder gewisser manueller Fertigkeiten zu
machen gezwungen wird; denn ein bedeutendes procentarisches
Verhältniss der Myopen zu Normal- und Weitsichtigen findet sich
nur dort, wo eben diese Bedingungen gegeben sind: hei Jünglingen,
welche sich den ernsteren Studien widmen, oder aber ihr Fort
kommen in Geschäften suchen, die ein anhaltendes Sehen in die
nächste Nähe erfordern, endlich bei Mädchen jener Bürgerclassen,
welche ihre Lebenszeit nicht im Nichtsthun vergeuden können,
sondern angewiesen sind, sich in feineren weiblichen Arbeiten eine
Quelle redlichen Erwerbes zu eröffnen.
Eine gewisse, in den Organisationsverhältnissen des Auges
begründete Anlage zur Myopie lässt sich nun freilich nicht abstreiten,
weil eben die Zahl der die Kurzsichtigkeit acquirirenden Individuen
der genannten Kategorien nur eine procentarische, wenn auch hohe
ist. Ja die Existenz einer solchen Disposition lässt sich sogar durch
Thatsachen begründen.
Elasticität ist nämlich als Attribut des normalen Krystalles nach
gewiesen. Sie gibt das Moment ab, welches den Krystallkörper zur
früheren Form zurückführt, wenn er unter dem Drucke des Accom-
modationsmuskels seine Krümmungshalbmesser verkürzt hatte und
der Contractionsnisus dieses Muskels verringert wird. Doch ist diese
Elasticität keine absolute. Cr am er (1. c. p. 144) hat dieses schon
durch die Beobachtung nachgewiesen, dass an den ausgeschnittenen
Augen frisch getödteter Seehunde der Krystall die Fähigkeit verliere,
in seine normale Form zurückzukehren, wenn er längere Zeit hin
durch in Folge eines heftigen, auf den Accommodationsmuskel ein
wirkenden, elektrischen Stromes gedrückt und in der das Nahesehen
vermittelnden Gestalt erhalten worden war. Ein ganz gleiches Ver
hältniss offenbart sich am lebenden Menschen. Anhaltendes, ange
strengtes Sehen in die nächste Nähe, anhaltende Arbeiten am
Mikroskope oder Fernrohre u. s. w. machen das Auge vorübergehend
kurzsichtig und diese Kurzsichtigkeit ist eben nichts als der Ausdruck
für eine, nach Aufhören des Accommodationsdruckes andauernde
Convexitätsvermehrung der Linse, also für eine zeitweilige Unfähigkeit
236
S t e 11 w a g.
des Krystallkörpers, unter allmählicher Vergrösserung des Fernpunkt-
ahstandes in seine frühere Form zurückzukehren, für die, durch
anhaltende Spannung herbeigeführte Schwächung, Verminderung
seiner Elasticität.
Das Mass der Adaptionsanstrengungen, welches in jedem ein
zelnen Falle erfordert wird, um die Elasticität des Krystalles vor
übergehend in einem gewissen Grade zu schwächen, sowie die Zeit,
innerhalb welcher die Linse unter solchen Verhältnissen in ihre
frühere Form zurückgeht und sofort das für die nächste Nähe adap-
tirte Auge wieder für die natürliche Sehlinie einrichtet, ist nun eine
nach den Individuen variable. Manche Augen vertragen sehr anhal
tende und sehr intensive Anstrengungen des Accommodationsappara-
tes, ohne dass die darauf sich einstellende Myopie hohe Grade
erreicht und länger als einige Minuten andauert. Andere Augen hin
gegen offenbaren schon nach relativ kurzen Intentionen für sehr
grosse Nähe ihre Affection durch hochgradige und viele Stunden
andauernde Myopie. In diesen Verhältnissen spricht sich klar eine
individuelle Verschiedenheit der dem Krystallkörper zukommenden
Elasticitätsgrade aus und geringe Grade von Elasticität sind eben das,
was man als disponirendes Moment der Myopie bezeichnen kann.
Die Elasticität lässt sich nämlich gewissermassen als der Aus
druck des Widerstandes betrachten, welchen die Theilchen einer
gegenseitigen Verschiebung, nicht Trennung, von Seite einer
äussern Kraft entgegensetzen. Je geringer die Elasticität, je geringer
der Widerstand der Theilchen ist, um so früher und leichter können
sie in ihrer gegenseitigen Verschiebung wieder ins Gleichgewicht
treten, d. h. die Fähigkeit verlieren, in ihre frühere gegenseitige
Lage zurückzukehren. Die Anwendung dessen auf den Krystallkörper
ais den dioptrischen Theil des Accommodationsapparates macht jede
weitere Erörterung über den Zusammenhang anhaltender Adaptions
bestrebungen für die Nähe mit ständigen Convexitätsvermehrungen
der Linse, wie sie sich objectiv durch die Stellung und Grösse der
Spiegelbilder, subjectiv durch Kurzsichtigkeit offenbaren, über
flüssig ; ja seihst das schnellere und langsamere Zustandekommen
höherer und niederer Grade der Myopie findet darin eine genügende
Erklärung.
Ist Verlust der Elasticität sofort gleichbedeutend mit Herstellung
des Gleichgewichtszustandes in den Attractionskräften der aus ihrer
Die Accommodationsfehler des Auges.
237
normalen Stellung verschobenen Theilchen, so ist es klar, dass der
Grad einer solchermassen erworbenen Myopie im Verhältnisse stehen
müsse zur Grösse des bedingenden Aceommodationsdruckes; dass
um so höhere Grade der Myopie in dem genannten ätiologischen
Momente ihren Entstehungsgrund finden, je stärkere Intentionen
des Accommodationsmuskels eine bestimmte anhaltende Beschäftigung
erheischt; dass Graveure, Uhrmacher u. dgl. sohin leicht höhere
Grade der Kurzsichtigkeit acquiriren, als Schreiber u. s. vv., dass
endlich die üble Gewohnheit mancher Kinder, zu betrachtende
Objecte über Bedarf dem Auge zu nähern, die Myopie verhältniss-
mässig zu steigern fähig sei.
Es ist aber auch klar, dass auf solche Weise der Fernpunkt des
Auges niemals über das jenseitige Ende jener Linie hereingerückt
werden könne , für welche der dioptrische Apparat während der die
Myopie begründenden Beschäftigungen eingerichtet ist, dass sofort
der Grad der Myopie in dem zur Arbeit erforderlichen Aecommo-
dationszustande seine obere Grenze finde, welche er nie übersteigen
kann, ja weithin in den meisten Fällen nicht einmal erreicht, indem
eben die Elasticität des Krystalles immerhin eine sehr bedeutende ist
und ein völliger Verlust derselben bezüglich der spannenden Kräfte
nicht leicht eintreten kann. Es handelt sich daher, wie auch die
Erfahrung bestätiget, meisthin nur um eine Verminderung der
Elasticität; die Theilchen streben mit dem Nachlassen des
Aceommodationsdruckes noch immer in ihre frühere Lage zurück
zukehren, sie kommen aber früher ins Gleichgewicht, als sie diese
erreicht und daher die verkürzten Krümmungsradien ihre normale
Länge wieder erlangt haben.
Es liegt daher auf der Hand, dass diese ätiologische Form der
Myopie so wenig wie die übrigen Formen, bei welchen der Accom-
modationsapparat ganz unberührt bleiben kann, die Adaptionsfähig
keit des Auges nothwendig aufhebe, indem eben die Functionstüchtig
keit des Accommodationsmuskels und der Rest der Linsenelasticität
einen Gestaltwechsel des Krystalles fürder noch ermöglichen; die
ständig gewordene Verkürzung der Krümmungshalbmesser schliesst
nur eine Verkürzung der absoluten Sehweite durch Hereinrückung des
Fernpunktes in sich, die Lage des Nahepunktes wird nur mittelbar
von ihr beeinflusset, betreffs deren ist nur die fortan noch wirksame
Grösse des Aceommodationsdruckes bestimmend.
238
Stellwag.
Wie jeder andere Muskel ist nun auch der die Accommodation
für die Nähe vermittelnde der Übung fähig. Die tägliche
Erfahrung lehrt es, dass namhaftere Anstrengungen des Accommo-
dationsapparates, z. B. beim Mikroskopiren, anfänglich leicht Gefühle
des Missbehagens, selbst Schmerzen im Auge u. s. w. hervorrufen,
späterhin aber leicht ohne alle lästigen Empfindungen durch Stunden
fortgesetzt werden können und dieses nicht nur dort, wo der Accom-
modationsmuskel durch ständige Convexitätsvermehrung des Krystalles
grösserer Mühewaltungen überhoben worden ist, sondern auch in
jenen Fällen, wo bei Integrität der Linsenelasticität der Accommo-
dationsmuskel nach wie vor einen gleichen Widerstand zu über
winden hat. Es spricht sich hierin eine Erstarkung des fraglichen
Muskels aus und darf ich auf einige diesfällige Untersuchungen
Schlüsse bauen, so muss ich die erwähnte Erstarkung einer Massen
zunahme, einer Vermehrung der componirenden Muskelfibrillen, auf
Rechnung setzen.
Bei der in Rede stehenden ätiologischen Form der Myopie sind
die Theilchen der Linse nur für den, einem gewissen Accommo-
dationsdrucke entsprechenden Grad gegenseitiger Verschiebung ins
Gleichgewicht getreten. Für jede grössere Verschiebung von
Seite des auf sie wirkenden Accommodationsdruckes besteht ein
solches Gleichgewicht noch nicht. In der Erstarkung des
Accommodationsmuskels liegt nun das Moment, welches
den Accommodationsdruck über das normale Maximum zu erheben
und sofort Krümmungsvermehrungen der Linse zu vermitteln im
Stande ist, wie sie in dem normalen Auge nicht ermöglicht
sind. Es ist sofort die Möglichkeit gegeben, dass die Herein
rückung des Fernpunktes, welche durch die Convexitätsvermehrung
der Linse gesetzt wird, in Folge der Erstarkung des Accommo
dationsmuskels durch Annäherung des Nahepunktes an das Auge
gleichsam recompensirt werde und in der That lehren Unter
suchungen kurzsichtiger Augen hinsichtlich der Länge und Lage
der absoluten Sehweite, dass ihr Nahepunkt sehr oft die dem
normalen Auge vorgezeichnete Grenze gegen die Hornhaut hin über
schreite, dass kurzsichtige Augen noch scharfe und deutliche Wahr
nehmungen von Objecten vermitteln könnnen, welche ihrer allzu
grossen Nähe wegen von Normalsichtigen nur in Zerstreuungskreisen
gesehen werden.
Die Accommodationsfehler des Auges.
239
Doch hat natürlicher Weise die Erstarkung des Accommo-
dationsmuskels und sofort auch die Verkürzung desNahepunktabstan-
des ihre Grenze; anderseits aber liegt in der, die Kraftzunahme des
Muskels begründenden Übung des Accommodationsapparates für die
Nähe gerade das Moment, welches hei gegebener Disposition, bei
vorhandenem Elasticitätsmangel des Krystalles, dessen Krümmungs
halbmesser und damit auch den Fernpunktabstand fort und fort zu
verkürzen im Stande ist.
Daraus ergibt sich klar der Erfolg überspannter Anstrengungen
des Accommodationsapparates zum Zwecke des Nahesehens, wie sie
namentlich häufig durch den Gebrauch zu scharfer Brillengläser
bedingt werden, welche schon, wie gesagt, die Bilder unendlich
ferner Objecte diesseits des Fernpunktes des damit bewaffneten
Auges entwerfen und sofort den Accommodationsapparat gar nie zur
Ruhe kommen lassen, sondern einen um so grösseren. Accommo-
dationsdruck auf die Linse erforderlich machen, je schärfer sie sind
und je geringer die Distanzen der Objecte sind, mit welchen sich
das Auge anhaltend zu beschäftigen gezwungen wird. Anfänglich
sträubt sich das Auge gegen den fortgesetzten Gebrauch der unpas
senden Brille und beurkundet das Übermass seiner Belastung durch
reactive Erscheinungen im Gefäss- und Nervensysteme. Doch bald
gewöhnt es sich und zwar um so früher, je geringer eben die
Elasticität des Krystalles, je grösser die Disposition zur Myopie
ist. Wenige Tage reichen oft aus, also ein Zeitraum, innerhalb wel
chem eine entsprechende Erstarkung des Muskels nicht wahrschein
lich ist, daher eine Verminderung des dem Accommodationsdrucke
entgegentretenden Widerstandes nothwendig angenommen werden
muss. Diese Verminderung des Widerstandes involvirt aber den
Gleichgewichtszustand in den Attractionskräften der aus ihrer frü
heren gegenseitigen Lage verschobenen Theilchen, sofort eine ent
sprechende Vermehrung der Linsenconvexität, womit denn auch der
dioptrische Apparat für kürzere Distanzen eingestellt und sofort der
Accommodationsapparat seiner Arbeit enthoben wird, so lange es
sich um Objecte einer gewissen Entfernung handelt, einer Ent
fernung nämlich, welcher in Bezug auf die Lichtbrechung in der
Brille der um den Abstand der Brille vom Auge verminderte
Abstand des nunmehrigen Fernpunktes des freien Auges conju-
girt ist.
240
S t e 1 1 w a g.
Würde das mit der fraglichen Brille bewaffnete Auge sich fortan
nur mit sehr entfernten Gegenständen beschäftigen, so wäre in der
ununterbrochenen Ruhe des Accommodationsmuskels eine Stabilität
der diesweiligen natürlichen Sehlinie begründet. Brillenbewaffnete
Augen beschäftigen sich aber, wie wohl Niemand zweifeln wird,
abwechselnd mit Objecten sehr verschiedener Distanzen und bethäti-
gen sofort den Accommodationsmuskel bald mehr, bald weniger. In
dieser Bethätigung liegt eben das Moment für die Convexitätsver-
mehrung der Linse und damit für eine weitere Hereinrückung des
Fernpunktes. Wenn also auch zu scharfe Brillen eine Zeit lang, nach
entsprechender Convexitätsverstärkung der Linse, passend werden
können, so liegt in ihrem Gebrauche doch schon der Keim ihres
endlichen Nichtzureichens, sie müssen, um die Tragweite des Auges
ins Unendliche auszudehnen, um so rascher mit noch schärferen ver
wechselt werden, je weiter ihre Brennweite in die absolute Sehweite
des Auges hineinfällt, weil damit im Verhältnisse die Grösse des für
eine jede Objectsdistanz erforderlichen Accommodationsdruekes
wächst.
Es ergibt sich aus allem dem sogar klar, dass selbst in der eben
fixirten Bedeutung passende Brillen endlich für grössere Distanzen
unzureichend werden und einen Tausch mit schärferen Gläsern notli-
wendig machen können, ja dass der brillentragende Myops sogar
der Regel nach von Zeit zu Zeit zur Wahl von Brillen mit kürzerer
Brennweite sich gezwungen fühlen werde, weil er es eben kaum ver
meiden kann, durch Betrachtung näher gelegener Objecte und sofor
tige Intention des Accommodationsmuskels die Bedingung für weitere
Vermehrung der Linsenconvexität zu setzen.
Immerhin jedoch sind dieChancen für Verstärkung der Kurzsich
tigkeit bei dem Gebrauche passender Brillen nur gering zu nennen
und sie können auf das Minimum gebracht werden durch zweckdien
liche, d. i. ausschliessliche Benützung der Gläser zum Sehen in Fer
nen, in welche das freie Auge nicht trägt. In der Nichtbeachtung
dieser Regel, in der gleichrnässigen Benützung der Concavgläser zum
Sehen in die Ferne und in die nächste Nähe liegt der Grund dessen,
dass brillentragende Myopen häufig ihre Brillen wechseln und rasch
zu schärferen und schärferen Zerstreuungslinsen übergehen müssen.
Und doch ist die in dieser Regel gesetzte Beschränkung nichts weni
ger als sehr empfindlich, wie sich leicht einsehen lässt, wenn man
Die Accommodationsfehler des Auges.
241
ins Gedächtniss zurückruft, was ich über die Länge der äusseren
Äccommodationslinien eines brillenbewaffneten Auges gesagt habe.
Die hohe Bedeutung einer richtigen Wahl der Brille tritt hier
abermals in die Anschauung. Sie drängt sich noch mehr in den Vor
dergrund, wenn man berücksichtigt, dass die Concavlinse nicht nur
den Fernpunkt, sondern auch den Nahepunkt hinausrückt, die absolute
Sehweite des brillenbewaffneten Auges sofort relativ zu jener des
normalsichtigen freien Auges verkürzt werden müsse, wenn der
Convexitätszunahme der myopischen Linse nicht eine entsprechende
Erstarkung des Accommodationsmuskels parallel geht; dass diese
Erstarkung aber einerseits ihre Grenze habe und keinesweges in
jedem Falle gegeben sei, vielmehr in sehr vielen Fällen hinter dem
erforderlichen Masse zurückbleibe, häufig sogar vollkommen Null sei.
Die allmähliche Zunahme der Myopie führt am Ende also jeden
falls zur Verkürzuug der absoluten Sehweite, sie paart sich mit
Schwäche des Accommodations vermö gens. Kommen die
Elementartheilchen der Linse zuletzt sogar in jener Lage ins Gleich
gewicht, in welcher sie durch den grössten Kraftaufwand des
Accommodationsmuskels versetzt werden konnten; hat sohin der
Krystall für das Maximum des Accommodationsdruckes seine Elasti-
cität verloren und erstarkt fortan der Muskel nicht weiter: so ist
die Aceommodation für verschiedene Entfernungen
aufge hoben, das Auge hat nur mehr eine einzige Accommodations-
linie und das ist die natürliche Sehlinie, welche um so kürzer
ist, je höhere Grade die Myopie erreicht hat, so zwar dass endlich
Nahe- und Fernpunkt nahezu zusammenfallen.
Alle ausserhalb der natürlichen Sehlinie, bei blosser Schwäche
des Accommodationsvermögens alle ausserhalb der verkürzten ab
soluten Sehweite, gelegenen Objecte können nur in Zerstreuungs
kreisen gesehen werden und da Concavgläser nur in der Erzeugung
scheinbarer Bilder innerhalb der absoluten Sehweite des myopi
schen Auges ihre Nutzanwendung finden, können sie nur scharfe
und deutliche Wahrnehmungen von Objecten vermitteln helfen,
deren Distanz einem Punkte in der absoluten Sehweite des Auges
conjugirt ist. Verschiedene Objectsdistanzen erfordern einsicht
licher Weise dann Brillen differenter Brennweiten, sollen scharfe
und deutliche Bilder des Gegenstandes auf der Netzhaut erzeugt
werden und umgekehrt ist die Leistungsfähigkeit jeder einzelnen,
Sitzb. (I. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft. -16
242
S t e 1 1 w a g.
übrigens entsprechenden Brille eine um so geringere, je geringer
eben der Rest des Accommodationsvermögens ist.
Die Schwächung des Accommodationsmuskels ist unter den
genannten Umständen eine relative. Der Acconnnodationsmuskel kann
seine normale Kraft behalten haben oder wohl gar erstarkt sein, aber
sein Einfluss auf die Gestalt der Linse ist geschwächt oder aufgeho
ben, da eben deren Theilchen in der, dem Maximum des Accommo-
dationsdruckes nahezu oder völlig entsprechenden, gegenseitigen
Lagerung bereits ins Gleichgewicht getreten sind. Es liegt am Tage,
dass Vermehrung des Widerstandes von Seite des
Krystall es hei unveränderter Druckkraft des Muskels zu ähnlichen
Resultaten führen müsse. In der mit dem Lebensalter all
mählich fortschreitenden Verdichtung des Krystalles
sind nun die Bedingungen für eine derartige Resi
stenzzunahme desselben gegeben und dass sich diese Ver
dichtung der Linse in der That geltend mache, lehren die Verände
rungen, welche das Accommodationsvermögen kurzsichtiger Augen
in den späteren Lebensjahren der Regel nach eingellt. Die Überein
stimmung dessen, was die tägliche Erfahrung auf dem Wege genaue
rer Untersuchungen herausstellt, mit den Folgen, welche sich aus
einer Verdichtung des Krystalles theoretisch ableiten lassen, ist eine
zu grosse, als dass man an dem innigen Causalnexus zwischen jenen
Veränderungen in der absoluten Sehweite des Myops und der Ver
dichtung der Linse einen Augenblick zweifeln könnte.
Die Resistenzzunahme der Linse involvirt nach
dem Vorhergehenden die Schwierigkeit einer Con-
vexitätsvermehrung in den Trennungsflächen des
Krystalles. Dem ganz entsprechend gehört denn auch eine weitere
Verkürzung des Fernpunktabstandes im myopischen Auge während
der zweiten Hälfte des Lebensalters zu den Seltenheiten. Die Erwer
bung sowohl als die allmähliche Zunahme der Kurzsichtigkeit sind Prä
rogative der Jugend, während welcher der Krystall weich und bieg
sam ist. Das reifere Alter müsste die Acquisition und die Vergrös-
serung eines vorhandenen Grades von Myopie ausschliessen, wenn
dafür in Axenverlängerungen des Bulbus und in Krümmungsvermeh
rungen der Cornea nicht weit wirksamere Ursachen gegeben wären.
Anderseits stimmt damit ganz gut die allbekannte Thatsache
überein, dass die Myopie in den höheren Mannesjahren sich scheinbar
Die Accommodationsfehler des Auges.
243
etwas vermindere, indem der Kurzsichtige die Fähigkeit verloren
hat, Objecte in so grosser Nähe scharf und deutlich zu sehen, wie
früher und auch in der Leistungsfähigkeit seiner bisher gebrauchten
Brille eine Abnahme verspürt, da dieselbe mit einem Zerstreuungs
glase von längerer Brennweite vertauscht werden muss, wenn es sich
um Objectsdistanzen handelt, welche vordem noch in der absoluten
Sehweite des mit der gewohnten Brille bewaffneten Auges lagen und
zwar nahe dem Nahepunkte desselben, aber bereits jenseits des Fern
punktes des freien Auges. Die behauptete Übereinstimmung springt
klar hervor, wenn man bedenkt, dass in diesen Verhältnissen sich ja
eben die, durch den erschwerten Gestaltwechsel des Krystalles
begründete Hinausschiebung des Nahepunktes im freien und brillen
bewaffneten Auge ausspreche.
Die vermeintliche Abnahme der Myopie erweist sich sohin nur
als eine scheinbare, sie ist eigentlich eine Verkürzung der
absoluten Sehweite, bedingt durch Schwächung oder
Aufhebung der Druckwirkung des Accomm odations-
muskels, sie ist eine Annäherung des Nahepunktes an den Fern
punkt, welcher letztere der Regel nach unverrückt seine Stellung zum
Auge bewahrt, wie sich eines Theils theoretisch aus dem relativen
Verluste der Linsenelasticität, anderseits thatsächlich aus directen
Untersuchungen und aus der unveränderten Leistungsfähigkeit der
gewohnten Brille bezüglich ferner Objecte ergibt.
Dabei darf jedoch der Umstand nicht vergessen werden, dass die
Verdichtung der Linse mit Abnahme ihrer Pellucidität einhergehe
und diese Verminderung der Durchsichtigkeit bei Betrachtung ferner
Objecte leicht die Lichtabsorption von Seite der Luft fühlbar machen
könne; daher Versuche mit schwächeren Brillen zur Constatirung der
Unveränderlichkeit des Fernpunktes unerlässlich sind. Diese werden
der Regel nach ein negatives Resultat ergeben, aber nicht constant,
weil eben in der möglichen Axenverkürzung des Auges und Krüm
mungsverminderung der Cornea Momente liegen, welche unabhängig
von der Linsengestalt die Lage des Fernpunktes verrücken.
Aber auch abgesehen von diesen letztgenannten Momenten lässt
sich die Behauptung mancher Autoren, mit zunehmendem Le
bensalter eine Vergrösserung des Fernpunktabstan
des und sofort d i e No th wen di g kei t eines Überganges
z u s chwä ch er en Co n ca vg 1 äs er n beobachtet zu haben, nicht
16*
244
S t e 11 w a g.
unbedingt Lügen strafen. Der letztere Theil dieser Behauptung lässt
sich aus der Erfahrung thatsächlich beweisen; nur der daraus gezo
gene Schluss auf eine zu Grunde liegende Vergrösserung des Fern
punktabstandes ist unrichtig, wie sich leicht ergibt, wenn man in
Rechnung bringt, dass der Gebrauch von Concavbrillen bei Nichtbe
dürftigen heutzutage ein sehr häufiger und gleichsam Mode geworden
ist, dass sogar die Weiber den Geruch der Gelehrtheit jenem einer
guten Hausfrau vorziehen und sich denselben zu erwerben suchen
durch den Gebrauch von Zerstreuungsgläsern in den verschiedensten
Fassungen. In der Jugend fügt sich allenfalls der Accommodations-
apparat der aufgebürdeten Last. Doch mit der allmählichen Dichtig
keitszunahme der Linse wächst die Schwierigkeit, falls es nicht wirk
lich gelungen ist, in der Krystalllinse eine entsprechende Convexitäts-
vermehrung zu Wege zu bringen und endlich wird es zur Unmög
lichkeit, den von der Brille gesetzten Bedarf an Muskeldruck aufzu
bringen; der quasi Myops ist gezwungen, seiner Eitelkeit ein
Opfer zu bringen und zu schwächeren Brillen überzugehen oder sie
ganz zu meiden, selbst wenn nicht, wie dieses häufig geschieht, die
übermässige Anstrengung des Auges und der darin begründete Reiz
des Gefäss- und Nervensystems schwerere Folgen androht. Wer nur
einige Untersuchungen über den fraglichen Gegenstand gemacht hat,
wird hoffentlich die Richtigkeit dieser Erklärungsweise bald bestätiget
finden und einsehen, dass in der Nothwendigkeit, zu schwächeren
Brillen überzugehen, ja seihst die concaven mit convexen zu vertau
schen, nicht eine wirkliche Vergrösserung des Fernpunktabstandes,
sondern nur die Verminderung des möglichen Accommodationsdruckes
zur Äusserung komme.
Eine solche Verminderung des Accommodations
druckes findet ihre Erklärung aber nicht allein in der bis
her betrachteten relativen, sondern auch in der absoluten Kraft
abnahme des Accommodationsmuskels, welche letztere
begründet wird in dem der Involutionsperiode eigenthümlichen und
vornehmlich in dem Muskelsysteme eclatant hervortretenden Atrophi-
sirungsprocesse, weiters in krankhaften Alterationen des Accommoda
tionsmuskels, in Leitungshemmungen seiner Nerven, in mechanischen
Behinderungen seiner Kraftentwickelung durch Verwachsungen,
Zusamrnenhangstrennungen u. s. w., überhaupt also in Zuständen,
welche gewöhnlich der Weitsichtigkeit zu Grunde liegen und dort ihre
Die Accommodationsfehler des Auges.
248
specielle Erörterung finden. Wo immer hei Gegebensein einer
Myopie das eine oder das andere der genannten Verhältnisse ins
Leben tritt, macht es sich auch alsbald geltend durch mehr weniger
rasche, unter gewissen von seihst verständlichen Umständen selbst
plötzliche und grösstmöglichste Annäherung des Nahepunktes an den
Fernpunkt.
Ist das Moment der Kraftahnahme nur einer allmählichen Steige
rung fähig, so kann die Verkürzung der absoluten Sehweite auch nur
langsam fortschreiten, bis endlich der Nahepunkt an der diesweiligen
inneren Grenze der natürlichen Sehlinie angelangt ist und sofort
Accommodationsveränderungen des dioptrischen Apparates unmöglich
geworden sind. Die auf genauere Forschungen basirte Erfahrung
gibt dafür die nothwendigen Belege an die Hand, sie lässt nicht nur
die allmähliche Vergrösserung des Nahepunktabstandes deutlich nach-
weisen; sondern spiegelt in den Ergebnissen der sie begründenden
Untersuchungen auch das allmählicheNachlassen der Accommodations-
kraft durch die Erscheinungen der sogenannten Asthenopie oder
Kopiopie ah.
Diese ist eben nichts als der symptomatische Ausdruck einer
momentanen Functionsuntüchtigkeit des Accommodationsmuskels als
Folge der Ermüdung durch vorausgegangene Adaptionsansfrengungen
und findet in dem Widerstande anderer ermüdeter Muskeln gegen
weitere Intentionen ihre vollständigste Analogie. Nur unrichtiger
Weise hat man selbe als Prärogativ des presbvopischen Auges erklärt,
da sie meinen und Anderer Erfahrungen gemäss auch neben Myopie
zur Beobachtung kömmt. Hier wie dort äussert sie sich, wenn der
Accommodationsapparat längere Zeit hindurch zu intensiveren Anstren
gungen gezwungen wurde, um das freie oder brillenbewalfnete Auge
für Objectsdistanzen einzurichten, welche mit dem Abstande des
Nahepunktes nahezu zusammenfallen. Während dieser Anstrengungen
fangen dann die bisher in scharfen und deutlichen Bildern wahr
genommenen Objecte an, vor dem Auge zu verschwimmen und der
Kranke fühlt das Bedürfniss, ihren Abstand allmählich zu vergrössern
und dieses zwar bei fortgesetzter Intention des Auges immer mehr, bis
endlich der Gegenstand in die natürliche Sehlinie hinausgerückt ist.
Reicht die Objectgrösse nicht mehr aus, um damit auf der Netzhaut
im Detail wahrnehmbare Bilder producirt werden können, so genügt
aller Kraftaufwand nicht mehr, um selbe zur Anschauung zu bringen
246
Stellung:.
und der Versuch, sie gewaltsam zu fixiren, bedingt Reizerscheinungen,
wie selbe bereits oben geschildert wurden. Das Auge bedarf minuten
langer Ruhe, worauf die Accommodation für die erforderliche Nähe
wieder in demselben Masse, wie vordem ermöglicht ist, um nach
einiger Anstrengung abermals unter allmählicher Entfernung desNahe-
punktes mit völligem Unvermögen zur Adaption zu wechseln. Immer
kürzer und kürzer werden bei fortgesetzter Intention des Accommoda-
tionsapparates die Fristen, innerhalb welchen die Einrichtung für die
kürzeren Accommodationslinien ermöglicht ist, während die Dauer
der zur Wiederherstellung des Adaptionsvermögens erforderlichen
Ruhezeiten wächst und der Nahepunktabstand zunimmt, bis dieser
eben das, von der natürlichen Sehlinie des Auges gesetzte, Maximum
erreicht hat und die Asthenopie endlich in den ständigen Man
gel des Accommodationsvermögens übergegangen ist.
Dem Wesen der Myopie entsprechend sind natürlich diese Orts
veränderungen des Nahepunktabstandes, wie sie durch das Nachlassen
des Accommodationsdruckes bedingt werden, absolut sehr geringe
und zwar um so geringere, je kurzsichtiger das betreffende Auge ist.
Auch kann ein völliges Verschwimmen der Objectbilder bis zur
Undeutlichkeit nur bei gewissen Objecten gegeben sein, welche ihrer
Kleinheit halber diesseits der natürlichen Sehlinie gerückt werden
müssen, um im Detail wahrgenommen zu werden; denn bei grösseren
Objecten kömmt die Netzhautbildgrösse nicht mehr in Betracht und
ihre Hinausschiebung in die natürliche Sehlinie muss jedenfalls hin
reichen, um sie auch bei völliger Unthätigkeit des Accommodalions-
apparates in scharfen und deutlichen Bildern auf der Netzhaut zu
projiciren. Nur die durch vorausgängige intensivere Anstrengungen
allenfalls hervorgerufenen Reizungen des Gefäss- und Nervensystems
im Auge können ihrer weiteren Betrachtung Hindernisse in den Weg
legen. Das Terrain der Asthenopie ist im myopischen Auge nach allem
dem also bestimmt ein sehr beschränktes, und die Erscheinungen,
durch welche sie sich kund gibt, lassen sich sehr leicht übersehen,
worin denn auch der Grund liegt, dass man selbe als mit Myopie unver
einbar erklärt, und lieber auf Functionsschwäche des lichtempfindenden
Apparates bezogen, alsDysopie oder Amblyopie beschrieben hat.
In derThat trifft die Asthenopie und um so mehr der Mangel des
Accommodationsvermögens den Myops in vielen Fällen kaum viel
weniger hart, als ein geringer Grad von Amblyopie; in allen jenen
Die Accommodationsfehler des Auges.
247
Fällen nämlich, in welchen die Kleinheit der, den Kurzsichtigen dau
ernd beschäftigenden Objecte deren grosse Annäherung an das Auge
erforderlich macht, und dadurch eben den Grund der Myopie, weiters
aber der Asthenopie und endlich des völligen Verlustes des Accom-
modationsvermögens gelegt hat. Die Fortsetzung dieser Beschäfti
gung, z. B. des Lesens kleinen Druckes, kleiner Schriften u. s. w.,
wird nachgerade unmöglich, weil eben die dazu erforderliche
Hinausschiebung des Gesichtsobjectes in die natürliche Sehlinie der
gemaciiten Voraussetzung nach die Netzhautbildgrösse unter das ent
sprechende Mass herabdrückt und die Benützung von Coneavgläsern
diesen Fehler nach dem Vorhergehenden nur vergrössern kann. Es
scheint r.un freilich, als ob Convexgläser als Loupen angewendet,
durch scheinbare Vergrösserung des Objectes dem Auge einigermas-
sen behilflich werden könnten. Allein die Kürze des Fernpunktab
standes maeht namhaftere Vergrösserungen nur bei sehr starker An
näherung des Gegenstandes an die Glaslinse und sofort auch an das
Auge möglidi und tritt sofort einem Gebrauche solcher Loupen bei
den meisten 3eschäftigungen entgegen.
Um eine Vergrösserung zu erzielen, muss nämlich >26 sein. Der Ver-
v \
grösserungscoeffcient der Brechung in der Convexlinse ist aber —, wo v i
v
durch den Fernpmktabstand bestimmt wird und insoferne eine kleine Zahl ist,
während v den Alstand des Objectes von dem Glase bedeutet.
In Anbetra:ht dessen lässt sich nun wohl die Verwechselung
des so eben gschilderten Zustandes mit dem, was man unter dem
nichtssagenden Vorte „Dysopie“ versteht oder zu verstehen vorgibt,
so wie mit der Anblyopie entschuldigen und zwar um so mehr, als
neben der Myope thatsächlich nicht ganz selten Amblyopie einher
geht, und als weiers, abgesehen von zufälligen Leitungshemmungen
im lichtempfindenien Apparate, sogar bisweilen einiger Causalzusam-
menhang zwischen beiden Krankheitsformen besteht.
In einer gewssen Anzahl von einschlägigen F’ällen lässt sich
nämlich die comphirende Amblyopie einzig und allein nur beziehen
auf organische Folgen der, in intensiven und anhaltenden Accommo-
dationsanstrengungn begründeten Beizzustände des ciliaren Gefäss-
und Nervensystems, denn diese pflanzen sich gerne auf den licht
empfindenden Appart und selbst bis auf das Gehirn fort, wie das sie
charakterisirende Knnkheitsbild deutlich erkennen lässt. Insoferne
248
S t e 1 1 w a g\
nun solche anhaltende Intentionen des Auges für grosse Nähen die
gewöhnlichste Ursache der Kurzsichtigkeit abgeben, fliessen unter
gewissen Verhältnissen die Myopie und Amblyopie aus einer und
derselben Quelle, sie gehen nur scheinbar neben einander her, indem
sie gegenseitig im innigen Zusammenhänge stehen. Das Warum der
Nichtconstanz ihrer gegenseitigen Verbindung ist zur Zeit ein unge
löstes Problem, denn mit dem Worte „Disposition“ oder „disponi-
rende Augenschwäche“ ist w r enig gesagt, obwohl die Objectivität
derselben kaum in Zweifel gesetzt werden kann. Es stellt nämlich fest,
dass manche Augen von der ersten Kindheit an jeder nur «iniger-
massen bedeutenderen und anhaltenderen Anstrengung für die Nähe
durch rasches Auftreten schwer zu besänftigenderReizphänonene ent
gegentreten und das sind eben die sogenannten schwachen Augen,
welche man von Alters her als unbrauchbar zu gewissen, des Nahese
hen erfordernden Geschäften erklärt hat, indem man faul, dass sie
leichter als andere hochgradige Myopie und Amblyopie erwerben.
In gewissen Fällen der fraglichen Art geht aber die Kurz
sichtigkeit direct ein in die Pathogenie der sie später compliciren-
den Amblyopie. Es kömmt nämlich ziemlich häufig ror, dass die
Myopie in dem einen Auge rascher entwickelt wird, als in dem
anderen, alsbald auch höhere Grade erreicht, ja segar zur Asthe
nopie und zum völligen Mangel des Accommodations'ermögens, also
zu ganz denselben Folgen führt, wie selbe bei Beshnd der Myopie
bisweilen durch mechanischeHindernis.se des Accomrmdationsdruckes,
durch Verwachsungen der Iris, Verletzungen u. dgl. begründet wer
den. Für die meisten Objectsdistanzen ermangelr dann die Netz
hautbilder der nöthigen Schärfe und Deutlichkeit, j; bei grossen Dif
ferenzen in den hinteren conjugirten Vereinigungsveiten der beiden
Augen trüben die auf der Netzhaut des einen dirselben erzeugten
Zerstreuungskreise die Wahrnehmungen des andeen, entsprechend
adaptirten, was die Kranken durch den Ausdruck das kranke Auge
blende das relativ gesunde, zu versinnlichen traciten. Die Störung
ist bisweilen eine so bedeutende, dass der Kraike das eine Auge
beim genaueren Besehen von Objecten verdeckenmuss, und es durch
Übung selbst dahin bringt, das kränkere Auge etwas seitwärts zu
stellen, um die Netzhautbilder der betracliteen Objecte auf die
weniger empfindlichen Seitentlieile der Netzhat zu leiten. Jeden
falls unterstützt das minder functionstüchtige Alge das bessere nur
Die Accommodationsfehler des Auges.
249
wenig oder gar nicht, und wenn auch der Kranke nicht so häutig den
Strabismus erwirbt, so gewöhnt er sich doch nach und nach, seine
Aufmerksamkeit vornehmlich und endlich ausschliesslich den Ein
drücken des tüchtigeren Auges zuzuwenden, während er das andere
vernachlässigt. Anhaltende Functionsunthätigkeit führt im licht
empfindenden Apparate aber gerade so wie in anderen Körpertheilen
zur Functionsuntüchtigkeit, ja selbst zur Atrophie, und Funetions-
untüchtigkeit des lichtempfindenden Apparates ist eben das, was man
Amblyopie oder Amaurose nennt.
Trotz dieser innigen Verwickelung der Myopie mit der Amblyo
pie ist nichts destoweniger die Diagnose der letzteren keine sehr
schwere. Versuche mit jener Scala, welche ich zur Bestimmung des
Nahe- und Fernpunktes vorgeschlagen habe, leiten schon darauf, in
dem sie heraussteilen, dass die einer jeden Objectsdistanz als innere
Grenze entsprechende Grösse des Gegenstandes nicht mehr zureicht,
um deutliche Wahrnehmungen zu vermitteln, sondern dass in dieser
Beziehung das kurzsichtige und zugleich amblyopische Auge weit
hinter dem einfach myopischen, ja selbst hinter dem asthenopischen
und der Accommodation verlustigen Auge zurückbleibt; dass sofort die
Grösse der Gesichtsobjecte, welche der Kranke in einem bestimm
ten Abstande deutlich und scharf wahrnimmt, relativ zur Norm weit
grösseren Distanzen entspricht. Die Verkleinerung der Gesichts
objecte durch Concavbrillen macht sich natürlich in gleicher Weise
fühlbar und ist gewöhnlich die Ursache, dass dem amblyopisehen
Myops gar keine Brillen für irgend eine Distanz sonderliche Unter
stützung gewähren, dass höchstens Loupen unter den obigen Beschrän
kungen einige Verbesserung des Sehvermögens erzielen; während
doch bei völligem Verluste des Accommodationsvermögens Brillen
verschiedener Brennweite das Auge noch für die differentesten
Objectsdistanzen einrichten. Dazu kömmt noch die ganz bedeutende
Abnahme des Gesichtes, wenn der Contrast der Färbung in den
Objecten etwas zurücktritt, oder aber die Beleuchtungsintensität
des Gesichtsfeldes nur einigermassen, z. B. durch die Dämmerung,
vermindert wird.
Dieser Bedarf an starken Farbencontrasten und grosser Beleuch
tungsintensität sticht als Symptom der die Myopie complicirenden
Amblyopie um so schärfer hervor, als sie eben der allbekannten
Thatsache geradezu entgegenläuft, dass Kurzsichtige noch bei einer
250
S t e 11 w a g.
Erleuclitungsintensität feine Arbeiten verrichten, lesen, schreiben etc.
können, welche normalsichtigen und weitsichtigen Augen die Detail-
erkenntniss seihst grösserer Objecte schon einigermassen schwierig
macht.
Es rührt diese scheinbare Schärfe des myopischen Auges gewiss
nicht von einer gesteigerten Empfindlichkeit der Netzhaut her, denn
diese müsste sich auch im hellen Raume zeigen. Der Grund dessen
ist ein rein physicalischcr und beruht darauf, dass der scheinbare
Glanz der Netzhauthilder, die Erleuclitungsintensität einer Massein-
heit der Retina, hauptsächlich abhängt von der Erleuchtungsintensität
des Objectes und von dem Durchmesser der Pupille. Die dem Myops
ermöglichte starke Annäherung des Objectes kommt hier nur inso-
ferne in Retracht, als sie die Schwächung des Lichtes beim Durch
gänge durch die absorbirende Luft vermindert.
Rei gleicher Erleuchtung des Objectes steht der scheinbare
Glanz der Netzhauthilder im geraden Verhältnisse zur Grösse der
Pupille. Der Refractionszustand des myopischen Auges macht nun
aber den Redarf an accommodativer Druckkraft zum Zwecke des Nahe
sehens sehr gering, ja der Nulle gleich. Der Sphincter pupillae braucht
demnach nicht als starker Widerhalt gegen die, den Accoinmoda-
tionsdruck vermittelnden Längsfasern zn functioniren und kann ganz
dem Impulse der excitomotorischen Nervenzweige folgen, unter den
genannten Umständen sich also relaxiren; während er im normal-
sichtigen und weitsichtigen Auge alle Kraft aufhieten muss, um dem
zur Accommodation für grössere Nähe erforderlichen Contractions-
nisus der Längsfasern das Gleichgewicht zu halten, und sofort auch
gewöhnlich während der Accommodation des Auges für die Nähe eine
namhaftere Verengerung der Pupille begründet, als dieses bei Myopen
der Fall ist, die bekanntlich sehr häufig schon hei mässiger Beleuch
tung sehr weite Pupillen haben.
Die Weitsichtigkeit oder Presbyopie.
Im Gegensätze zur Myopie char akte risirt sich dieser
Gesichtsfehler durch abnorme Vergösserung des
Nahepunktabstandes und darin begründetes Unvermögen des
Auges, scharfe und deutliche Wahrnehmungen von Objecten zu ver
mitteln, welche, vom Auge wenig abstehend, noch in der absoluten
Sehweite eines normalen Gesichtsorganes gelegen sind und ihrer
Die Accommodationsfehler des Auges.
251
Grösse, so wie ihrem wirklichen Glanze nach bei richtiger Ein
stellung des dioptrischen Apparates und bei Integrität der licht-
empfindenden Theile in scharfen und deutlichen Bildern zur Anschau
ung kommen müssten.
Die optische Wesenheit der Presbyopie ist demnach
Vereinigung der aus nahen Objecten divergirenden Lichtstrahlen
hinter der Netzhautstabschichte und sofortige Projection von Zer
streuungskreisen auf der Retina. Die Grösse dieser Zerstreuungs
kreise bedingt das Mass der Undeutlichkeit und mangelnden Schärfe
in den optischen Wahrnehmungen und bestimmt zum Theile den
Grad der Weitsichtigkeit, indem sie nicht allein Function der
Pupillenweite, sondern auch der Differenz ist zwischen der, dem
Objectsabstande conjugirten hinteren Vereinigungsweite des diop
trischen Apparates und dem Abstande der Netzhautstabschichte vom
optischen Centrum des combinirten Linsensystems des Auges.
Der Begriff der Weitsichtigkeit scliliesst es schon in sich, dass
die natürliche Sehlinie des presbyopischen Auges einem
objectiv fernen Accommodationspunkte entsprechen, dass der
Fernpunktabstand demnach ein grosser, meisthin sogar ein unendlich
grosser sein müsse und dann die Tragweite des Auges nur in der
Lichtabnahme durch Absorption, so wie in dem Beugungsspectrum
des Pupillarrandes ihre äussere Grenze finden könne. Anderseits
involvirt das Verhältniss, in welchem die hinteren conjugirten Ver
einigungsweiten des dioptrischen Apparates zu den vorderen stehen,
und die Länge der stab- und zapfenförmigen Netzhautkörper einen
relativ sehr kurzen, wenige Fusse betragenden Abstand der natür
lichen Sehlinie des presbyopischen Auges. Insoferne aber die Pres
byopie einen gewissen Grad von Accommodationsvermögen voraus
setzt, da dieser die Weitsichtigkeit eben von dem Mangel des
Accommodationsvermögens unterscheidet: so ist es klar, dass bei
Gegebensein einer einfachen Weitsichtigkeit die Mangelhaftigkeit der
optischen Wahrnehmungen sich nur auf Objecte beziehen
könne, welche dem Auge absolut nahe stehen, von
demselben nur eine grössere Anzahl von Zollen entfernt sind.
Die absolute Sehweite des fernsichtigen Auges erscheint
sofort als eine sehr grosse, ja unendlich grosse, nach aussen meist
unbegrenzte; nur der Abstand des Nahepunktes unter
scheidet die Weitsichtigkeit von der Normalsichtig-
252
S t e I 1 w a g\
keit, ohne dass sich jedoch zwischen beiden eine bestimmte Grenze
ziehen Hesse. Die Bestimmung des Nahepunktabstandes erweist sich
sohin als besonders wichtig, und dieses zwar um so mehr, als nach
dem Mitgetheilten die Fernsichtigkeit eben nur als eine Schwächung
des Aecommodationsvermögens aufgefasst werden kann und sich
gerade in der Distanz des Nahepunktes das Maximum des noch
möglichen Accommodationsdruckes ausspricht, womit denn auch
eine Art Gradbestimmung der Presbyopie ermöglichet wird.
Betretfs der Erforschung des Nahepunktabstandes gilt nun das
selbe, was ich bei Gelegenheit der Myopie mitgetheilt habe. Das
Schwankende in den Resultaten, welche Versuche mit den ver
schiedenen Optometern ergeben, lässt den Forscher zu keinem
bestimmten Schlüsse kommen, und der Augenspiegel führt gar nur
zur Erkenntniss, dass das Auge im Momente der Untersuchung für
Entfernungen eingerichtet sei, die den Abstand des beobachtenden
Auges übertreffen, ohne ein sicheres Urtheil über die Lage des
Nahepunktes zu gestatten. Daher erscheint denn auch wieder
die Benützung jener Scala, wie ich sie oben beschrieben habe,
empfehlungs werth.
Das Maximum des Accommodationsdruckes reicht in fernsichti
gen Augen nicht zu, um dem Netzhautabstande kleine Objects
distanzen zu conjugiren, mit anderen Worten, die Ablenkung der
Lichtstrahlen im dioptrischen Apparate des fernsichtigen Auges ist
eine zu geringe, als dass Lichtstrahlen von grösserer Divergenz auf
der Netzhautstabschichte zur Vereinigung gebracht werden könnten.
Desswegen und weil der Abstand des Objectes in jedem Falle positiv
bleiben, das Gesichtsobject vor dem Auge stehen muss, sind Zer
streuungslinsen ausgeschlossen, sobald es sich um Correction
des fraglichen Gesichtsfehlers handelt. Nur Sammel
linsen können einem solchen Zwecke förderlich sein und sie sind es
unter der gemachten Voraussetzung einer positiven Objectsdistanz
in der That, der Gegenstand möge nun innerhalb, in oder ausserhalb
der Linsenbrennweite gelegen sein; sie vermindern die Diver
genz der das Auge treffenden Strahlen bei positiver
Ohjectsdistanz, ihre Brennweite sei, welche sie wolle.
Correction ist jedoch mit Aufhebung des fraglichen Gesichtsfeh
lers nicht gleichbedeutend, die Leistungsfähigkeit convexer
Glaslinsen ist im Gegentheile unter allen Verhältnissen
Die Accominodationsfehler des Auges.
253
durch die jeweilig unveränderliche Länge und Lage
der absoluten Sehweite des betreffenden fernsich
tigen Auges bedingt und begrenzt; es können Sammel
linsen nur dann scharfe und deutliche Wahrnehmungen von äusseren
Objecten vermitteln helfen, wenn die von ihnen erzeugten schein
baren Bilder zwischen den Nahe- und Fernpunkt des hinter ihnen
gelagerten Auges fallen.
Es ist dieses eine Beschränkung, die durch das Verhältniss, in
welchem die conjugirten Vereinigungsweiten einer Sammellinse zu
einander stehen, ausserordentlich fühlbar wird, trotz der meistens
unendlichen Länge der absoluten Sehweite. Kraft der Licht
brechungsgesetze für Sammellinsen kann nämlich bei der Nothwen-
digkeit eines positiven Objectsabstandes eine jede einzelne, vor
das fernsichtige Auge gehaltene Convexlinse nur von solchen
Objecten scheinbare Bilder in der absoluten Seh
weite zu Stande bringen, deren Distanz kleiner, als
die Brennweite der Linse ist. Gegenstände, welche ausser
halb der Brennweite der benützten Sammellinse stehen, erfordern
einen negativen Fernpunktabstand und eine Objectsdistanz, welche
die doppelte Brennweite der Linse erreicht, setzt bereits einen
numerisch gleichen, negativen Werth des jenseitigen Endes der
natürlichen Sehlinie voraus, sollen noch innerhalb der absoluten
Sehweite des fernsichtigen Auges scheinbare Bilder erzeugt werden.
Also nur für Objectsdistanzen, welche kürzer sind,
als die Brennweite der betreff enden Sammellinse,
findet das eigentlich fernsichtige Auge in dieser
einen optischen Behelf und der Presbyops ist daher gezwun
gen, die Brille abzulegen, sobald es sich darum handelt, Gegenstände
in scharfen und deutlichen Bildern wahrzunehmen, welche ausser
halb der Linsenbrennweite gelegen sind.
Die absolute Sehweite des mit einer Sammellinse
bewaffneten, fernsichtigen Auges findet also in
deren Brennweite ihre äussere Grenze und ist demnach
eine um so kürzere, je kürzer eben die Brennweite des angewandten
Convexglases ist. Mit der Verkürzung der Linsenbrennweite nimmt
aber auch der Abstand des Nahepunktes eines, hinter dem Sammel
glase befindlichen, fernsichtigen Auges zu und rückt sohin die innere
Grenze der absoluten Sehweite an die äussere heran.
254
S t e 11 w a g.
Sind v t und v z die hinteren negativen Vereinigungsweiten für die Abstände
v und v — rin Bezug auf eine Sammellinse mit der Brennweite b und nimmt
man v x — v„ = m, wo m die absolute Sehweite eines hinter der Linse befind
lichen fernsichtigen Auges bedeutet, so ergibt sich aus der Gleichung
r b~
v. — »• = — —- ,
(u — Ä)“ + r (u — ö)
dass je kleiner b wird, die Differenz v — 6 abnehmen müsse, weil m = v t — v 2
eine Constante ist.
Insoferne nun möglichst grosse absolute Seinveite
bei der Correction der Presbyopie durch Sammellinsen offenbar von
grösster Wichtigkeit ist, erscheint die Wahl von Convexbrillen mit
möglichst langer Brennweite nothwendig, soll die
Leist ungsfähigkeit des angewandten Hi lfsmittcls
ihrem Maximum sich nähern. Es würde hieraus einsichtlicher
Weise die Zweckdienlichkeit von Sammellinsen unendlicher Brenn
weite, d. h. die Zweckwidrigkeit von Convexgläsern überhaupt
folgen, wenn grösste Länge der absoluten Sehweite das einzig
Bestimmende in dieser Beziehung wäre. Allein Hauptzweck ist, Ob
jecte, welche innerhalb des Nahepunktabstandes eines
presbyopischen Auges gelegen sind, in dessen absoluter Seh
weite scheinbar abzubilden. Mit der Verlängerung der Linsenbrenn
weite vermindert sich aber die Differenz der beiden conjugirten Ver
einigungsweiten der Convexlinse, wie dieses die Formel zeigt
1 _ i 1
v x b v
Es muss daher die Linsenbrennweite dem entsprechend eine um
so kleinere sein, je kleiner die Ohjectsdistanz und je grösser der
Fernpunktabstand ist. Aufgabe ist es also, jene Sammel
linse zu suchen, welche der absoluten Sehweite
eines gegebenen fernsichtigen Auges die grösste
Differenz der innerhalb des Nahepunktabstandes
gelegenen Objeetsdistanzen conjugirt. Eine einfache
Betrachtung führt darauf, dass diesem Zwecke eine Sammel
linse entspreche, deren Brennweite der, um den Ab
stand der Brille vom Auge verminderten Distanz des
Nahepunktes g I ei eilt, sie involvirt eine absolute Sehweite von
der Länge der halben Linsenbrennweite.
Die Accommodationsfeliler des Auges.
255
Aus — = 1 geht hervor, dass, um einen innerhalb des Nahe-
v b v i
punktes v, diesem aber unendlich nahe gelegenen Gegenstände mittelst einer
Sammellinse von grösstmöglichster Brennweite in der absoluten Sehweite des
Auges abzubilden, v t = oo, also b = v sein müsse. Dieses ist die eine Grenze,
denn sobald v> p, wird v t positiv und füllt angenommener Massen ausserhalb
die absolute Sehweite. Es soll nun aber eine Objectsdistanz v — m dem
kürzesten v v also einem von der Grösse des Nahepunktabstandes, conjugirt
sein, also
111 v 1 b
= — + —; v — m = —
v— mb v t v i + b
b b 2
v — (v — m') = m — b = .
+ b v t + b
Die absolute Sehweite des mit einer Sammellinse bewaffneten Auges wachst
daher wie schon erwähnt, mit b. Das b darf aber den Nahepunktabstand, der
nun Dj heisst, nicht übersteigen, höchstens kann b=v l werden und dann ist
In Bezug auf den Effect von Brillengläsern kommen
aber auch noch andere Verhältnisse in Betracht und auch diese
müssen berücksichtiget werden, soll die Wahl einer bestimmten
Sammellinse gerechtfertiget erscheinen.
Die Einrichtung des Auges für die kürzeste Adaptionslinie,
deren innere Grenze eben der Nahepunkt ist, setzt als Bedingung
den grösstmöglichsten Kraftaufwand von Seite des Accommodations-
muskels voraus. Da nun die Differenz der beiden conjugirten Ver
einigungsweiten einer Sammellinse um so kleiner wird , je grösser
die Brennweite des Convexglases ist, liegt es klar am Tage, dass
bei gegebener Objectsdistanz die erforderliche Adaptionsanstrengung
des brillenbewaffneten Auges eine um so grössere sein müsse, je
schwächer die Brille, je geringer in ihr die Ablenkung der
Lichtstrahlen ist. Sammellinsen von unverhältnissmässig langer
Brennweite unterstützen sofort das presbyopische Auge beim Nahe
sehen nur sehr wenig und daher kömmt es, dass bei ihrem Gebrauche,
so wie bei der Intention des freien Auges, gerne Beizzustände im
Bereiche des Ciliarsystems auftreten, wie ich sie als Folge der An
wendung zu scharfer Concavgläser bei myopischen Augen geschildert
habe, und dass diese Reizerscheinungen sich um so früher geltend
256
S t e 11 w a g.
machen und um so höhere Grade erreichen, für je kürzere Distanzen
das preshyopische Auge sich einzustellen bemüssigt ist und je länger
diese Anstrengung dauert. Der Fernsichtige ist gezwungen, den
Gegenstand so weit zu entfernen, als die Abnahme der Netzhautbild
grösse nur immer erlaubt und darin liegt eben ein Kriterium für die
unzweckmässig grosse Länge der Brennweite einer Sammellinse.
Aber auch Brillen von unverhältnissmässig kurzer
Brennweite haben solche Reizungen im Bereiche des Ciliarsystems
im Gefolge, ja diese treten noch früher und in namhafterem Grade in
die Beobachtung, als bei dem Gebrauche zu schwacher Convex
gläser und doch ist bei solchen Linsen die Differenz der conjugirten
Vereinigungsweiten eine sehr bedeutende, das scheinbare Bild selbst
sehr nahe gelegener Objecte kömmt weit entfernt vom Nahepunkte
des presbyopischen Auges zu Stande und überhebt sofort den Accom-
modationsmuskel der Nothwendigkeit bedeutenderen Kraftaufwandes.
Allein hier wirkt, wenn ich mich nicht täusche, ein anderes Moment
und das ist die übermässige Verkürzung der, der absoluten Sehweite
des freien Auges conjugirten Differenz der Objectsdistanzen. Diese
schliesst eine ausserordentliche Kürze der Accommodationslinien des
hrillonbewaffneten Auges in sich und bedingt sofort die Nothwendig
keit eines beständigen Wechsels in dem Accommodationszustande, da
es kaum möglich ist, die Objectsdistanz völlig unabänderlich zu
erhalten und schon die Abstandsdifferenzen, welche aus dem Zittern
der Hand und leichten Bewegungen des Kopfes resultiren, von sehr
bedeutendem Einflüsse auf die Stellung des scheinbaren Bildes werden.
Es wirken hier meiner Meinuug nach also dieselben Verhält
nisse, welche das Lesen in einem bewegten Wagen so anstrengend
und ermüdend machen. Sie wirken in einem um so höheren Grade,
je thätiger noch der Accommodationsmuskel ist, je mehr sich dieser
bestrebt, den beständigen Wechsel in den optischen Wahrnehmungen
zu corrigiren, je geringer also der Grad der Fernsichtigkeit ist.
Diese ist ihrer Wesenheit nach ja eben in Schwächung des Accoin-
modationsvermögens begründet und erscheint als eine um so bedeu
tendere, je grösser diese Schwächung ist. Daher vertragen im
hohen Grade preshyopische Augen scharfe Gläser auch leichter, als
fernsichtige geringerer Grade. In jenen ist das Muskelspiel ein sehr
geringes, die Anstrengung, welche den fortwährenden Wechsel in
der Accommodafion bedingt, also eine kleinere.
Die Accommodationsfehler des Auges.
257
Endlich ist noch der Netzhautbildgrösse des brillen
bewaffneten Auges zu gedenken. Sie ist ein wichtiges Moment, da
eben Gleichheit der optischen Wahrnehmungen mit
jenen des freien normalen Auges den Grad der Leistungsfähigkeit
einer Sammellinse mitbestimmt. Betreffs dessen ergeben sich nun
ganz andere Verhältnisse, als hei dem Gebrauche von Zerstreuungs
linsen von Seite Myopischer.
Ist a die Netzhautbildgrösse, A die Objectsgrösse und Aj die Grösse des
von der Sammellinse erzeugten scheinbaren Bildes, so erscheint
für das freie normale Auge
a — A.
Für das brillenbewaffnete Auge
A v. n A v 1
a = — —
v
n V i
«i p
n Pi
A np t
A v
n r V
V , Oi + c) H) V Z-J + C
weil Aj = 1 ist. In Anbetracht der Grösse von i> t verschwindet wohl
meisthin c, so dass nahezu
»l + «
1 wird.
Eine einfache Betrachtung ergibt, dass die Netzhautbildgrösse
des mit einer Sammellinse bewaffneten Auges, ausser von der
Objectsgrösse, fast ausschliesslich von dem Befractionszustande des
Auges und von dem Abstande des Gegenstandes von der Brille
abhänge und im umgekehrten Verhältnisse zu diesen Grössen wachse
und abnehme. Sielehrt, dass Sammellinsen unter allen
Umständen eine Vergrösserung des Netzhautbildes
bewirken, da der gemachten Voraussetzung nach nur innerhalb
ihrer Brennweite gelegene Objecte in der absoluten Sehweite schein
bar abgebildet werden und der Abstand dieses scheinbaren Bildes
immer die Objectsdistanz übertrifft. Sie lehrt, dass die Vergrösserung
um so bedeutender sei, je grösser eben die Differenz der conjugirten
Linsenvereinigungsweiten ist, je kürzer also die Brennweite der
Linse wird. Sie lehrt aber auch, dass diese Vergrösserung, welche
aus dem Nachlassen des Accommodationsdruckes und der sofortigen
Verminderung des Refractionszustandes des Auges resultirt, weithin
zurücksteht gegen jene, welche eine Folge der, mit der Verkürzung
der Brennweite nötliig werdenden Annäherung des Objectes an die
Linse ist. Die Verkürzung des Nahe- und Fernpunktabstandes durch
Sammellinsen ist der Hauptfactor des Vergrösserungscoefficienten,
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft. 17
258
S t e 11 w a g.
wie sich leicht ergibt, wenn man die geringen Schwankungen
des Refractionszustandes des Auges mit den halben Werthen der
möglichen Linsenbrennweiten vergleicht. Daher ist auch die
Nothwendigkeit , Objecte allzusehr dem brillen
bewaffneten Auge zu nähern und namhaft e Vergr ös-
serung der Objecte schon längst als empirisches
Zeichen einer u n z w e c k m ä s s i g scharfen Sammellinse
anerkannt.
Jene Betrachtung lehrt weiters, dass der Abstand der
Brille vom Auge nur bei sehr kleinen Differenzen der conjugirten
Vereinigungsweiten der Sammellinse, also bei sehr schwachen Brillen,
verkleinernd auf die Grösse des Netzhautbildes einwirke, in ihrer
Wirkung aber durch die vorerwähnten Verhältnisse jedenfalls mehr
als aufgehoben werde. Sie lehrt, dass bei grösseren Differenzen der
conjugirten Vereinigungsweiten der Einfluss des Brillenabstandes
vom Auge verschwinde und nur durch Verkürzung der Entfernung
des Objectes von der Linse wirksam werde. Daher sieht man denn
auch presbyopisehe Greise es mit der Stellung ihrer Brillen nicht
genau nehmen, ja man findet, dass selbe eben so gut durch Hand
gläser als durch Brillen im engeren Wortsinne lesen.
Auf die nosologischen Momente der Presbyopie
eingehend, stösstman, wie bei der Myopie, auf eine lange Reihe
von Verhältnissen, welche einem Hinausrücken des Nahepunktabstan
des zu Grunde liegen können und, nach Reduction des dioptrischen
Apparates auf eine einzige Trennungsfläche in der angeführten
Weise, sich leicht in drei Hauptkategorien übersichtlich ordnen
lassen.
Vorerst sind es Krümmungsabweichungen der Skle-
rofika mit davon abhängiger Verkürzung der opti
schen Augenaxe bei Integrität der lichtempfindenden Theile,
wie sie bisweilen als angeborne Bildungsfehler des Auges
Vorkommen mögen und weiters Verflachungen der Hornhaut,
sie mögen nun angeboren oder durch theilweise Substanzverluste
und Ersatz durch Narbengefüge veranlasst sein. Doch fällt es auf
den ersten Blick auf, dass eine Weitsichtigkeit im engeren Wort
sinne, soll sie auf solche Weise begründet werden, nothwendig eine
Verstärkung des dritten Factors voraussetzt. Ohne diesem ist
nämlich eine Hinausrückung des Fernpunktes über die positive
Die Accommodationsfehler des Auges.
259
Unendlichkeit, ein sofortiges, theihveises Negativwerden der absoluten
Sehweite unvermeidlich und berücksichtigt man das, was ich über
den Einfluss der genannten Verhältnisse auf die Lichtbrechung im
Auge gesagt habe, so kommt man leicht zur Einsicht, dass unter
solchen Verhältnissen auch die Vergrösserung des Nahepunktabstan
des eine überaus grosse, ja dass in den meisten Fällen die absolute
Sehweite ihrer ganzen Länge nach eine negative werden müsse.
Fernsichtigkeit im engeren Wortsinne ist also nur mit verhältniss-
mässig sehr geringen Verkürzungen der optischen Augenaxe und
sehr schwachen Verflachungen der Hornhaut vereinbar und setzt
dann überdies noch eine namhafte Verstärkung desTtefractions-
zustandes der dioptrischen Medien voraus.
Nachdem, was ich bisher beobachtet habe, ist es mir sehr
wahrscheinlich, dass eine nicht ganz geringe Anzahl jugendlicher
Presbyopen ursprünglich eine negative Sehweite besitzen und
erst nach der Hand weitsichtig im engeren Wortsinne werden,
indem die Linse unter dem fortwährend erforderlichen, namhaften
Accommodationsdrucke ihre Krümmungen verstärkt, so dass also die
Hyperpresbyopie durch jene Verhältnisse, welche normal
sichtige Augen myopisch machen, zur Fernsichtigkeit
umgestaltet wird. Das Cramer'sche Ophthalmoskop wird hoffent
lich nicht lange säumen, Licht über diese noch sehr dunklen Probleme
zu verbreiten und durch den Nachweis einer Stellung der Spiegel
bilder, wie sie dem Myops zukommt, bei Fernsichtigen die Frage
erledigen.
Vorkommnisse dieser Art sind indessen jedenfalls selten. Die
Fernsichtigkeit geht in den bei Weitem meisten Fällen der Regel
nach aus der Normalsichtigkeit hervor und dieses zwar unter
Umständen, welche auch nicht den geringsten Anhaltspunkt bieten,
um Verkürzungen der optischen Axe oder aber Verlängerungen
des Krümmungsradius wahrscheinlich zu machen, daher schon von
vornherein die Vermuthung viel für sich hat, die nächste Ursache
liege in Werthahnahme des Refractionszustandes des Auges.
Gegen Verlängerung der Kammeraxe als Grund der Presbyopie
spricht der Augenschein. Es bleibt daher nichts übrig, als das
ätiologische Moment in dem Accommodationsapparate des
Auges zu suchen und dieses zwar um so mehr, als die Presbyopie
sieh eben bei genauerer Untersuchung als das Unvermögen
17*
260
S t e 11 w a g.
beurkundet, den dioptrischen Apparat für nahe Objecte einzu
stellen der Fernpunktabstand jenem der Norm aber ent
spricht, ein sehr grosser, unendlicher, aber p ositiver ist; denn
wenn auch Fernsichtige Objecte, welche um ein Kleines jenseits der
Brennweite einer Convexbrille gelegen sind, zu unterscheiden ver
mögen, so ist dieses eine einfache Folge des Verhältnisses, in
welchem die conjugirten Vereinigungsweiten der Linse und des
dioptrischen Apparates zu einander stehen, und welches eine ausser
ordentliche Kleinheit der die Netzhautstäbe treffenden Zerstreuungs
kreise involvirt.
In der That hat Cramer in fernsichtigen Augen die Stellung
der Spiegelbilder der beiden Krystalloberflächen als wenig
variabel oder ganz unveränderlich und jener entsprechend gefunden,
wie sie in normalsichtigen Augen während deren Einrichtung für
grosse Distanzen beobachtet wird. Er hat damit den Gestalt
wechsel des Krystallkörpers bei der Presbyopie als
sehr beschränkt oder ganz aufgehoben nachgewiesen
und sohin in Anbetracht der dioptrischen Wirkungen, welche aus dem
Gestaltwechsel der Linse resultiren, den Schleier gelüftet, welcher
bisher über den nächsten Grund der Fernsichtigkeit im engeren
Wortsinne ausgebreitet war.
Es liegt auf der Hand, dass eine solche Beschränkung des
Gestaltwechsels des Krystallkörpers nur das Resultat zweier Momente
sein könne: entweder einer Vermehrung des Widerstandes,
welche die Linse dem Accommodationsdrucke entgegensetzt, oder
einer Schwächung der wirkenden Kraft, also einer Verminde
rung des Druckes, mit welchem der Accommodationsmuskel auf
den Krystallkörper einwirkt.
Für eine Widerstands Vermehrung des Krystallkör
pers finden sich nun genügende Gründe in der, mit dem Lebens
alter fortschreitenden, Entwickelung und damit gesetzten allmählichen,
anatomisch nachweisbaren, namhaften Verdichtung des Lin
senkernes. Diese schliesst jene als nothwendige Folge in sich, da
Krümmungsveränderungen der oberflächlichen, stäts weich und bieg
sam bleibenden Linsenschichten ohne jene der Kernlagen undenkbar
sind, sollen nicht leere Räume zwischen den einzelnen Schichten
entstehen. Geht einer solchen Vermehrung der Resistenz eine
Erstarkung des Accommodationsmuskels und sofort eine Vergrösserung
Die Accommodationsfehler des Auges.
261
des Adaptionsdruckes nicht parallel, so kann der Fernpunktabstand des
Auges sich wohl nicht ändern, die Distanz des Nahepunktes muss
aber nothwendig eine grössere werden und dieses selbst, wenn eine
Convexitätsvermehrung der oberflächlichen Linsenschichten unab
hängig von jenen der Kernlagen möglich wäre, weil eben die äusse
ren Strata des Krystalles auf die Ablenkung des Lichtes nur einen
sehr geringen Einfluss habe. Für eine solche Erstarkung des Accom-
modationsmuskels während der physiologisch gesetzlichen Verdich
tung der Linse lassen sich aber weder im Leben noch im Cadaver
nur einigermassen plausible Gründe auffinden, Alles spricht vielmehr
für das Gegentheil. Der Schluss auf einen Causalnexus zwischen der
Presbyopie im engeren Wortsinne und zwischen der dem höheren
Lebensalter zukommenden Verdichtung des Krystalles ist sofort ein
gerechtfertigter, ja nothwendiger.
Die Entwickelung der Fernsichtigkeit in früher normalsichtigen
Augen während der zweiten Lebenshälfte ist dem ganz entsprechend
eine nahezu constante Erscheinung, so zwar, dass man von npiaßvg,
Greis, den Namen des fraglichen Gesichtsfehlers abzuleiten für gut
befunden hat.
Die Übereinstimmung gellt aber noch weiter und erstreckt sich
selbst auf die feineren Züge in dem Bilde der Presbyopie. Bekannter
massen sucht der Fernsichtige das Licht, um kleinere und darum nur
in der nächsten Nähe wahrnehmbare Objecte in klaren und deutlichen
Bildern zur Anschauung zu bringen; um bei künstlicher Beleuchtung
mit freien Augen zu lesen, ist er gezwungen, die lichtspendende
Flamme zwischen Object und das Auge zu stellen. Man ist allgemein sehr
geneigt, als Grund dessen eine Abnahme der Energie in der Netzhaut
und deren sofortigen Bedarf an stärkeren Reizeinwirkungen zu sup-
poniren. Es wird dabei übersehen, dass der Presbyops selbst wenig
erleuchtete Objecte in grossen Distanzen eben so leicht wie das
normalsichtige Auge unterscheidet und dass der scheinbare Glanz der
Objecte, die Erleuchtung einer Masseinheit ihres Netzhautbildes,
wesentlich Function der Pupillenweite sei, diese aber mit der Er
leuchtungsintensität des Gesichtsfeldes im umgekehrten Verhältnisse
stehe; man vergisst weiter, dass mit der Position einer Lampe zwi
schen Object und Auge ein wichtiger Behelf des deutlichen Sehens
wegfalle, die Vermehrung der Contrastwirkung in der Erleuchtung
der Netzhautbilder, Es sind dieses Momente, welche der Annahme
262
S t e 1 1 \v a g.
einer Verminderung der Netzhautenergie geradezu entgegentreten.
Fasst man aber die Resistenzvermehrung des Krystalles ins Auge,
so gewinnt der factische Bedarf fernsichtiger Augen an stärkerer
Erleuchtung des Gesichtsfeldes eine ganz andere Bedeutung und
erscheint als ein wesentliches Attribut der Weitsichtigkeit imGreisen-
auge. Vergrösserung der Erleuchtungsintensität des Gesichtsfeldes
ist nämlich das Mittel, um den Sphincter pupillae zu möglichst kräf
tigen und anhaltenden Contractionen zu bestimmen. Diese sind aber
Bedingung für dieAusübung einesAccommodationsdruckes, wie er bei
Resistenzzunahme des Krystalles zur Einrichtung des Auges für nahe
Distanzen erfordert wird.
Doch reicht die Resistenzvermehrung des Krystalles nicht hin,
um in allen Fällen die Presbyopie pathogenetisch zu erklären, ja
eine derartige Begründung der Fernsichtigkeit wird bisweilen gera
dezu unwahrscheinlich und dennoch lehrt die Stellung der Linsen
spiegelbilder im Auge, dass das Unvermögen, die Convexitäten des
Krystallkörpers genügend zu verstärken, das wesentlichste ursäch
liche Moment abgebe. Es bleibt daher nichts übrig, als eine
Schwächung des Accommodationsdruckes zu subsumiren,
wofür sich zwar nicht jederzeit positive Belege auffinden lassen,
wohl aber Inductionsschlüsse, hergenommen aus der hochgradigen
Übereinstimmung, welche zwischen den äusseren Erscheinungen, dem
Vorkommen, der Entwickelung der Fernsichtigkeit und zwischen
einer Schwäche des Accommodationsmuskels als supponirtem Causal-
momente besteht.
Ohne Übung erlahmt jeder Muskel und es liegt kein Grund vor,
in dem Accommodationsmuskel eine Ausnahme von der Regel zu ver-
muthen. Ist dieses richtig, so muss die Fernsichtigkeit bei Land
leuten, Jägern u. s. w., überhaupt bei Individuen und ganzen Völker
schaften, deren Beschäftigung eine dauernde Betrachtung sehr kleiner
Objecte nicht mit sich bringt, häufiger Vorkommen und frühzeitiger
auftreten, als unter entgegengesetzten Verhältnissen. In dem anhal
tenden Gebrauche zu scharfer Convexbrillen aber muss in Anbetracht
der optischen Wirkung von Sammellinsen ein Moment liegen,
welches einen gegebenen Grad von Presbyopie zu erhöhen im Stande
ist. Dass in der That dem so sei, lehrt die tägliche Erfahrung.
Was hier Vermuthung ist, eine Schwäche des Accommoda
tionsmuskels, wird in anderen, sehr häufigen Fällen im hohen Grade
Die Accommodationsfehler des Auges.
263
wahrscheinlich und findet in dem Involutionsprocesse des
greisen Körpers, namentlich in jenem des Muskelsystems älterer
Individuen, sein genetisches Moment. Eine Vergleichung des Ciliar
muskels bei jugendlichen und alternden Individuen führt nämlich der
Regel nach auf ansehnliche Differenzen in der Massenhaftigkeit zum
Vortheile der ersteren und darf ich mich auf einige, freilich nicht
sehr zahlreiche, mikroskopische Untersuchungen stützen, so muss ich
Fettbildung mit nachfolgender Resorption der Muskelmasse als den
nächsten Grund bezeichnen, also einen Process, welcher auch in den
übrigen Muskeln des Greises, neuerer Zeit speciell in den Hilfs
muskeln des Auges, nachgewiesen worden ist.
Es sind also eigentlich zwei Momente, welche in der Genese
der Fernsichtigkeit bei Greisen concurriren und, selbst physio
logisch, die Presbyopie der späteren Altersperioden zu
einem normalen Zustand stempeln. Und wahrlich, es
bedarf beider Momente, soll die Zurückführung der Fernsichtigkeit
auf Resistenzvermehrung des Krystalles in weiten Grenzen zulässig
erscheinen.
Einerseits nämlich würde derselben eine nicht kleine Zahl von
Fällen entgegentreten, in welchen die Fernsichtigkeit den äusseren
Erscheinungen nach sehr rasch zur Entwickelung gekommen ist
und namhafte Grade erreicht hat, wie dieses an Individuen jenseits
der ersten Lebenshälfte thatsächlich gar nicht selten beobachtet wird,
nach schweren Krankheiten, nach länger dauernden stark deprimi-
renden Gemüthsaffectionen und unter ähnlichen Verhältnissen. Die
Langsamkeit, mit welcher Verdichtung des Krystalles einhergeht,
schliesst letztere als alleinige Ursache der Presbyopie aus und
es wird die Resistenzvermehrung der Linse hier nur insoferne von
grosser Wichtigkeit, als sie blos ganz geringe Grade von Muskel
schwächung in ihren Folgen viel auffälliger hervortreten macht.
Vermehrung des Widerstandes, wenn er nicht ein sehr namhafter
ist, schliesst nämlich die Möglichkeit der Überwindung von Seite
eines normalen Accommodationsmuskels nicht aus. Wenn dieser
aber geschwächt wird, wie es unter den genannten Umständen per
analogiam wahrscheinlich wird, muss die Einrichtung des Auges
für die Nähe eine vveit schwierigere, als bei jugendlichen Augen,
wenn nicht unmögliche werden und das ist eben Presbyopie im
engeren Wortsinne.
264
S t e 1 1 w a g.
Anderseits aber spricht sich das allmählige Nachlassen des Accom-
modationsmuskels in der Involutionsperiode und während der Ent
wickelung der Presbyopie zu deutlich symptomatisch aus, als dassman
auch nur einen Augenblick an der Betheiligung des genannten Organes
hei der Erzeugung der Fernsichtigkeit im Greisenauge zweifeln
dürfte. Es geht nämlich in den meisten Fällen die Normalsichtigkeit
unter den Erscheinungen der Asthenopie in die Presbyopie
über, ja die Kopiopie tritt nirgends so eclatant in die Wahrnehmung,
als in dem Auge älterer Individuen. Sie gehört ganz vornehmlich
der späteren Lebensperiode an, und wenn sie bisweilen in der
Jugend als Vorläufer der Presbyopie beobachtet wird, so sind die
begleitenden Umstände der Regel nach von der Art, dass ein der
Involution analoger Zustand des Muskels in hohem Grade wahr
scheinlich wird, denn es findet sich dann der fragliche Gesichtsfehler
entweder in Individuen, welche durch Krankheiten oder andere Verhält
nisse körperlich stark herabgekommen sind, oderneben geringeren Gra
den von Irisatrophie oder endlich neben Paresen der betreffenden Nerven
und neben Strabismus mit davon ahhängiger Inanition des Auges.
Auch hier, wie bei der Kurzsichtigkeit, äussert sich die
Asthenopie durch das Unvermögen, Objecte von einer gewissen
kurzen Distanz längere Zeit zu fixiren, beim Schreiben, Lesen
u. s. w. auszudauern, namentlich hei künstlicher Beleuchtung,
die ihrer geringeren Intensität halber eine verhältnissmässig
stärkere Annäherung der Objecte voraussetzt, sofort grössere
Anstrengungen des Accommodationsmuskels nothwendig macht und
daher auch schon bei einfacher Fernsichtigkeit sich oft durch
den Bedarf an schärferen Sammellinsen zur Geltung bringt.
Der Asthenopische findet nach einiger Zeit, dass die Objecte minder
klar und deutlich zur Anschauung kommen. Umsonst wischt und
drückt er die Augen, nur allmähliche Vergrösserung der Objects
distanz führt zu einiger Verbesserung des Gesichtes. Immer weiter
und weiter rückt er den Gegenstand vom Auge, bis endlich die Grösse
des Netzhautbildes nicht mehr zureicht, um Detailwahrnehmungen
zu vermitteln, oder aber bis die Abnahme der Erleuchtungsintensität
des Objectes störend in den Weg tritt. Vergebens strengt er das
Auge an, um für die erforderliche Nähe den dioptrischen Apparat ein
zurichten, die Objecte verschwimmen vor den Augen und bald macht
sich das Gefühl der Reizung, des Druckes, der Völle im Auge
Die Accommodationsfehler des Auges.
265
bemerkbar, um sich bei fortgesetzter Intention zu wahren Schmerzen
zu steigern und seihst durch erhöhte Wärme und Injection der Ciliar-
gefässe objectiv zu offenbaren. Einige Ruhe, Fernsehen ohne Fixation
bestimmter Gegenstände retablirt wieder den Zustand, welcher vor
Beginn der anstrengenden Beschäftigung gegeben war, der Kranke
kann diese wieder ungehindert aufnehmen. Doch schon nach kürze
rer Zeit treten die vorgenannten Erscheinungen auf und die Dauer
der erforderlichen Ruhe wächst. Immer kürzer werden die Fristen
für das Nahesehen und länger die zur Erholung nöthigen Pausen,
bis endlich bei fortgesetzter Intention des Accommodationsmuskels
die Reizung des ciliaren Gefäss- und Nervensystemes jeden weiteren
Versuch, zu dem Geschäfte zurückzukehren, unmöglich macht. Es
bedarf des Schlafes, ja selbst einiger Tage Ruhe, um das Auge
wieder völlig zu retabliren.
Es ist klar, dass Forcirungen, wie sie bisweilen durch die
Lebensverhältnisse der betreffenden Individuen nothwendig gemacht
werden, zu Hyperaemien und in Folge deren selbst zu krankhaften
Processen im Auge führen können, welche Functionsuntüchtigkeit der
lichtempfindenden Theile nothwendig im Gefolge haben. Die Erfahrung
lässt hierüber keinen Zweifel und in Anbetracht dessen haben sich auch
viele hochgeachtete Oculisten bewogen gefunden, die Asthenopie als
ein Übergangsstadium zur Amblyopie zu bezeichnen, ja selbe gera
dezu als eine Amblyopie zu erklären und als Amblyopia ex pres-
byopia, als Hebetudo visus, als Amblyopia muscula-
l'is u. s. w. zu beschreiben. Sie stützten sich nebstbei noch auf
den Umstand, dass der Asthenopische während des Anfalles durch
enge Kartenlocher nahe Gegenstände nicht deutlicher wahrzunehmen
im Stande sei; bedachten dabei aber den Reizzustand des Auges nicht
und übersahen, dass der Kranke ferne Gegenstände deutlich sehe, sie
aber schwer fixire und dass das Sehen durch ein Kartenloch eben ein
Fixiren voraussetze.
Überdies ist der Übergang der Asthenopia presbyopica in Am
blyopie keineswegs Regel, im Gegentheile Ausnahme. Der besorgte
Kranke findet, nach Mitteln suchend, in Sammellinsen bald den
gewünschten Behelf und überhebt so seinen Accommodationsmuskel
der übermässigen Anstrengung, womit denn auch die Gelegenheit zum
Hervortreten der Asthenopie beseitigt ist. Der gewöhnliche Ausgang
der Asthenopie ist dann auch die Fernsichtigkeit im engeren Wort-
266
S t e 11 w a g 1 .
sinne. Eigentlich lässt sich die Asthenopie unter den genannten Um
ständen nur als eine Äusserung der Presbyopie betrachten.
Einsichtlicher Weise ist die Fernsichtigkeit mit Ausnahme
weniger Fälle, in welchen das ursächliche Moment derselben besei
tiget werden kann, einer Gradverminderung oder gar einer Heilung
unfähig. Im Gegentheile, es liegen in der physiologischen Verdich
tung der Linse und fortschreitenden Involution des Accommodations-
muskels genügende Gründe, um an eine stätige Zunahme derselben zu
glauben, wofür denn auch der Umstand spricht, dass Presbyopische
von Zeit zu Zeit gezwungen sind, die Brennweite ihrer Brille zu ver
kürzen. Zunahme der Fernsichtigkeit ist aber mit Abnahme des
Accoinmodationsvermögens gleichbedeutend. Es scheint daher, als
ob die ursächlichen Verhältnisse der Presbyopie einen endlichen
Übergang derselben in völligen Mangel des Aecommoda-
tionsvermögens nothwendig mit sich brächten.
Es ist jedoch nicht dem so. Einen gewissen Grad von Accom-
modationsvermögen behält das Auge der Regel nach bis in das
höchste Alter, es wäre denn, dass die allmähliche Verdichtung der
Linse Grade erreicht, welche bereits das Gegebensein eines Kern-
staares begründen, oder aber dass Verhältnisse zufällig eintreten,
welche auch im jugendlichen Alter eine Presbyopie mit völ
ligem Mangel des Accommodationsvermögens herbei
zuführen im Stande sind.
Als solche Verhältnisse müssen bezeichnet werden: Lähmungen
des Muskels als Folge von Leitungshemmungen in den betreffenden
Nerven, diese seien in was immer für Ursachen begründet; weiters
Lähmungen des Muskels durch Inanition in Folge dauernder Ver
nachlässigung desselben, wie dieses besonders oft bei Strabismus
vorkömmt; weiters Lähmungen des Muskels, wie selbe gar häufig
durch krankhafte Vegetationsprocesse, namentlich durch Entzündung
und Productbildung im Innern des Muskels und durch sofortige Atro
phie seiner Fasern, gesetzt werden; Lageveränderungen der Iris
durch Synechien und dadurch bedingte Unmöglichkeit, einen Druck
auf die Ciliarfortsätze auszuüben; Verletzungen des Sphincters mit
davon abhängiger Unfähigkeit desselben, dem Zuge der Längsfasern
als Widerhalt zu dienen, vornehmlich Verletzungen, wie sie die Bil
dung einer künstlichen Pupille bei Integrität der Linse mit sich
bringt; Mydriasis und Irideremie; Anheftung des Pupillartheiles der
Die Accommodationsfehler des Aug-es.
267
Iris an die vordere Kapsel u. s. w., also eine lange Reihe von
Zuständen, die übrigens noch nicht erschöpft ist und wahrscheinlich
nicht so bald erschöpft werden wird, da mir einige Fälle von völligem
Accommodationsmangel eines Auges bei jugendlichen Individuen vor
gekommen sind, bei denen sich auch nicht die mindeste Andeutung
des ursächlichen Momentes erörtern liess.
Es sollte unter diesen Umständen die absolute Sehweite des
Auges eine nach aussen unbegrenzte, unendliche sein. Doch findet
sich hier eine unendliche absolute Sehweite sehr selten,
denn einerseits ist der Gesichtsfehler sehr gewöhnlich auf Ein Auge
beschränkt und dieses wird vernachlässigt, worauf auch die Energie
der Netzhaut bald abnimmt; andererseits ist die Abnahme des Lich
tes durch Absorption und insbesondere häufig die mechanische
Verengerung der Pupille mit dem darin begründeten Hervortreten
des Beugungsspectrums dem Fernsehen entgegen. Endlich ist der
dioptrische Fernpunkt des Auges nicht in allen Fällen ein unendlich
weit abstehender und der Verlust des Accommodationsvermögens
reducirt die absolute Sehweite eben nur auf die natürliche Sehlinie.
Diese variirt aber bei verschiedenen Individuen mannigfaltig. Ver
suche mit solchen Augen angestellt, werden daher sehr differente
Resultate bezüglich ihrer Tragweite geben und der Regel nach mit
verschiedenen Brillen Objecte verschiedener Distanzen zur Wahr
nehmung bringen.
Die ilbersichtlgkeit oder Hyperpresbyopie.
Sie schliesst sich unmittelbar an den vorhergehenden Gesichts
felder an und stellt gleichsam nur einen höheren Grad des
selben vor. Zahlreiche Übergänge verbinden beide mit einander,
so dass es ganz unmöglich ist, eine andere als künstliche
Trennung derselben vorzunehmen. Es erscheint in der Hyper
presbyopie der Fernpunkt des Auges über die positive
Unendlichkeit hinausgerückt. Insofern die der absoluten Seh
weite des accommodationstüehtigen Auges conjugirte Differenz der
hinteren Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates stäts nur
innerhalb sehr geringer Grenzen schwankt, muss auch der Nahe
punklabstand des übersichtigen Auges ein grösserer, als jener des
Presbyops sein. Das übersichtige Auge bedarf daher schon bei der
268
S t e 11 w a g.
Betrachtung ferner Ohjecte einer gewissen Adaptionsanstrengung.
In höheren Graden der Hyperpresbyopie aber reicht schon das Maxi
mum desAccommodationsdruckes nicht mehr zu, um den dioptrischen
Apparat seihst für unendlich ferne Gegenstände einzustellen. Die
absolute Sehweite erscheint hier sofort bald als eine
discontinuirliche, zum Theile positive, zum Theile
negative, der Fernpunkt liegt hinter, der Nahepunkt
vor dem Auge; bald aber, und das sind die ausgesprochensten
Fälle von Übersichtigkeit, ist die absolute Sehweite ihr er
ganzen Länge nach eine negative, bald längere, bald
kürzere, je nach dem Grade des noch bestehenden Accommoda-
tionsvermögens und je nach der grösseren oder geringeren Annähe
rung des negativen Fernpunktabstandes.
Die optische Wesenheit der Übersichtigkeit liegt demnach
darin, dass die Brennweite des dioptrischen Apparates bei völliger
Buhe des Accommodationsmuskels eine grössere ist, als der Abstand
der Netzhautstabschichte von dem optischen Centrum der lichtbrechen
den Medien; dass daher selbst nahezu parallel einfallende Strahlen
nur unter Voraussetzung accommodativer Vermehrung desRefractions-
zustandes, oder unter gar keiner Bedingung, auf der Netzhautstab
schichte zur Vereinigung gebracht werden können und sich hinter
diesem Stratum zu Objectbildern concentriren; dass aber der
dioptrische Apparat wohl für convergent auffallende
Strahlen eingerichtet ist und sofort Gesichtsobjecte
negativer Distanz zur Anschauung zu bringen vermöge.
Die Hyperpresbyopie niederen Grades charakteri-
sirt sich demnach durch das Unvermögen des freien Auges, Objecte
von mehreren Fussen Distanz klar und deutlich wahrzunehmen und
durch den Bedarf accommodativer Thätigkeit, sobald es sich um
scharfe Netzhautbilder weit entfernter Gegenstände handelt. Der
Hyperpresbyops höheren Grades aber sieht nahe und ferne
Objecte nur in Zerstreuungskreisen und keine Anstrengung des
Accommodationsmuskels vermag den Durchmesser der die Netzhaut
treffenden Zerstreuungskreise auf Null zu reduciren.
Die Grösse d er Zerstreuungskreise bestimmt aber
das Mass der mangelnden Schärfe und zum Theile auch der Deutlich
keit in den optischen Wahrnehmungen, wie ich dieses bereits
erwähnt habe. Der Übersichtige muss daher, wenn er optischer
Die Accoinmodationsfehler des Auges.
269
Hilfsmittel entblössl ist, in jeder möglichen Weise die Grösse der
Zerstreuungskreise zu verkleinern suchen, um die Fehlerhaftigkeit
seiner optischen Wahrnehmungen auf ein Kleinstes zu bringen und
in der Wahl dieser seiner Behelfe liegen bereits Momente, welche die
Diagnose des fraglichen Gesichtsfehlers zu leiten ver
mögen.
Die Zerstreuungskreise wachsen mit der Differenz zwischen der
hinteren Vereinigungsweite der Strahlen und dem Abstande der
Netzhautstabschichte vom optischen Centrum des dioptrischen Appa
rates. Doch ist dieses Wachsthum bei Integrität des Krystallkörpers in
sehr enge Grenzen eingeschränkt, weil dann jene Differenz seihst
nur innerhalb weniger Linien variabel ist und noch durch die Accom-
modation des Auges wesentlich verkleinert werden kann. Der Einfluss
dieser Differenz auf die Grösse der die Netzhaut treffenden Zerstreu-
ungskreise wird daher weithin überboten von jenem, welchen die
Öffnung des dioptrischen Apparates ausübt. Der Über
sichtige blinzelt desshalh beim Besehen näherer Objecte noch mehr,
als der Myops und Verengerung der Pupille ist sein Hauptbestreben
um so mehr, als eben kräftige Contraction des Iriskreismuskels
Bedingung für ein Maximum des Accommodationsdruckes ist. Der
Hyperpresbyops bedarf daher einer sehr starken Erleuchtung des
Gesichtsfeldes, was ihn wesentlich von dem Kurzsichtigen unter
scheidet. Die Erleuchtung des Gesichtsfeldes genügt jedoch nicht,
auch das Object muss möglichst stark erleuchtet sein, um einerseits
die Contrastwirkung zu erhöhen, anderseits aber, um den Ausfall in
dem scheinbaren Glanz der Netzhautbilder, welcher aus der Ver
kleinerung der Öffnung des dioptrischen Apparates resultirt, zu
decken. Der Übersichtige nähert daher die Objecte dem Auge sehr
bedeutend, stellt sie in möglichst günstige Richtung zur Lichtquelle
und wo es thunlich ist, auch senkrecht auf die optische Axe des
Auges. In Anbetracht dessen findet man denn auch die Hyperpres
byopie in den Lehrbüchern, in welchen Praxis und Ungenauigkeit
gleichbedeutend sind, mit der Myopie zusammengeworfen und a 1 s
die höchsten Grade der Kurzsichtigkeit beschrieben,
bei welchen Zerstreuungslinsen nichts mehr wirken.
Die natürliche Sehlinie des übersichtigen Auges
ist eine negative und nimmt in Anbetracht des Verhältnisses, in wel
chem die conjugirten Yereinigungsweiten des dioptrischen Apparates
270
S t e 1 1 w a g.
als eines Systems von Sammellinsen, zu einander stehen, um so
rascher an Länge ab, je naher ihr dem Auge zugewandtes
Ende, der Fernpunkt, der Netzhautstabschichte rückt.
Sie ist der eine Factor, das Maximum des durch die Accommodations-
thätigkeit variablen Refractionszustandes des Auges aber der andere
Factor, welcher die Grösse der Differenz bestimmt, innerhalb
welcher die hinteren Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates
schwanken dürfen, soll ihre Zurückführung auf die Länge des Netz
hautabstandes noch möglich sein. Dieser Differenz ist aber die
absolute Sehweite des Auges conjugirt. Es wird letztere
also eine um so grössere sein hei gleichem Fernpunktabstande, je
grösser das Accommodationsvermögen ist, und bei gleicher Adaptions
fähigkeit des Auges, je weiter der Fernpunkt vom Auge absteht;
Verhältnisse, welche sehr leicht einzusehen sind, wenn man sich das
Auge als eine in ihren Krümmungsradien veränderliche Concavlinse
vorstellt und sich die Objecte hinter der Netzhaut gelegen denkt.
Aus den Combinationen verschiedener Werthe für die Grösse
des natürlichen Refractionszustandes und des Accommodationsver-
mögens ergehen sich begreiflicher Weise sehr differente Lagen und
Längen der absoluten Sehweite und es sind diese Unterschiede gross
genug, um die Aufstellung einer negativen Myopie und Pres
byopie in reiner Form sowohl, als in Vergesellschaftung mit
Schwäche und völligem Mangel der Einrichtungsfähigkeit zu recht-
fertigen. Damit ist aber auch schon die Bestimmung des Nahe-
u n d F er np u nkt e s als Bedürfniss ausgesprochen.
Einer solchen Bestimmung genügen jedoch offenbar Augen
spiegel nicht, da sie höchstens das Überwiegen der Brennweite
des dioptrischen Apparates über die Länge des Netzhautabstandes
heraussteilen. Unter den Optometern kann höchstens der
Stamp f er’sche zu Resultaten führen, da bei den übrigen die Objects
distanz eine positive und kleine ist. Aus demselben Grunde erscheint
aber auch die von mir vorgeschlagene Scala unbrauchbar. Sie
könnte höchstens zur Bestimmung des Nahepunktabstandes dienen,
wird aber auch da nur sehr schwankende Resultate geben, da dieser
Abstand im hyperpresbyopischen Auge, wenn er überhaupt ein posi
tiver ist, jederzeit einen namhaften Werth besitzt, einen Werth,
welcher schon sehr grosser Differenzen fähig ist, ohne in der Länge
der hinteren conjugirten Vereinigungsweiten fühlbar zu werden und
Die Accommodationsfehler des Auges.
271
damit auch so kleine Unterschiede in der Grosse der die Netzhaut
stabschichte treffenden Zerstreuungskreise bedingt, dass dieselben
gleichsam verschwinden, insbesondere, da die Dickendurchmesser
der Stäbe und Zapfen in Betracht kommen; daher es denn auch
geschehen kann, dass eine z. B. IS Fuss entfernte Schrift von ent
sprechender Grösse noch ziemlich deutlich und scharf gesehen wird,
obwohl der Nahepunktabstand des Auges ein negativer, aber sehr
grosser ist.
In Anbetracht dieser Umstände erlangen die Ergebnisse, welche
Versuche mit Brillengläsern liefern, einen hohen Werth
und dieses zwar trotz der ihnen anklebenden Mängel.
Das Maximum desAccommodationsdruckes reicht in übersichtigen
Augen nicht zu, um nur einigermassen divergirende Strahlen auf der
Netzhautstabschichte zur Vereinigung zu bringen, ja in den meisten
Fällen ist schon die Einrichtung für parallel einfallende Strahlen
unmöglich, das Maximum der Befraction im dioptrischen Apparate
genügt nur für gewisse negative Distanzen. Insoferne aber die,
grossen positiven und grossen negativen Distanzen conjugirten,
hinteren Vereinigungsweiten des dioptrischen Apparates nahezu
zusammenfallen, wird es im Interesse der Verständlichkeit und
leichteren Übersicht erlaubt sein, den Betrachtungen über die
Leistungsfähigkeit von Brillen bei Hyperpresbyopie eine rein negative
Sehweite zu Grunde zu legen.
Da die Objectsdistanz unter allen Verhältnissen eine positive
bleiben muss, ist es von selbst verständlich, dass Zerstreuungslinsen
ausgeschlossen seien, sobald es sich um Correction einer Übersichtig
keit handelt, dass nur Sammellinsen diesem Zwecke ent
sprechen können, indem nur diese bei positiver Ob
jectsdistanz scheinbare Bilder in der absoluten Seh
weite des hyperpresbyop ischen Auges zu erzeugen
vermögen. Es ist aber auch klar, dass Sammellinsen nur von
solchen Objecten scharfe und deutliche Wahrnehmungen
vermitteln können, deren Abstand von der Linse ein
grösserer oder aber, bei discontinuirlicher absoluter Sehweite,
ein nur um sehr wenig kleinerer ist, als die Linsen
brennweite.
Schon hierin liegt eine sehr bedeutende Beschränkung bezüg
lich der Wahl einer passenden Linse. Da nun aber die Aufgabe einer
212
S t e 1 1 w a g.
Brille ist, eine möglichst lange absolute Sehweite des
brillenbewaffneten Auges zu erzielen, liegt es klar am Tage,
dass nur eine Sammellinse als passend bezeichnet werden könne und
dass dieses jene sei, welche der gegebenen, negativen absoluten Seh
weite die gr ö ssten Di stanz u nter sc hie de con j ugir t. Es ist
aber auch klar, dass die hi n teren Vereinigun gs weiten dieser
gefundenen Brille die Länge und Lage der absoluten
Sehweite bezeichnen.
Wäre die negative absolute Sehweite des übersichtigen Auges
der Lage und Länge nach gleich der positiven absoluten Sehweite
des normalen Auges, d. h. stünde der Fernpunkt des übersichtigen
Auges in der Distanz des normalen Nahepunktes hinter dem opti
schen Centrum des Lichtbrechungsapparates und wäre der Nahepunkt
des Hyperpresbyops ein negativ unendlicher, so wäre die gesuchte
Verwandlung der negativen Sehweite in die normale positive durch
eine Sammellinse zu bewerkstelligen, deren Brennweite gleich ist
dem normalen Nahepunktabstande. Nur die Unmöglichkeit, die Brille
unmittelbar an die Hornhaut heranzurücken, würde dann als ein, die
absolute Sehweite verkürzendes Moment funetioniren. Jede schwä
chere Brille würde den positiven Nahepunktabstand des brillenbe
waffneten Auges vergrössern, jede schärfere den Fernpunkt herein
rücken und sofort um so grössere Ausfälle in der Länge der absolu
ten Sehweite erzeugen, je grösser der Unterschied in der Brenn
weite ist.
So kleine Abstände des negativen Fernpunktes kommen jedoch
im übersichtigen Auge nicht immer vor, und wenn sie gegeben sind,
setzen sie ein, dem normalen völlig gleich kommendes, also sehr
bedeutendes Ac e o mm o datio n s verm ög e n voraus, soll der
negative Nahepunktabstand ein unendlich grosser werden. Dieser
Bedingung ist in der Natur aber nur sehr selten entsprochen, es paart
sich meisthin Kürze des negativen Fernpunktabstandes mit Kürze der
negativen Nahepunktdistanz (negative Kurzsichtigkeit) und
wo der Nahepunktabstand ein sehr grosser unendlicher ist, dort
erscheint auch der Fernpunkt gewöhnlich weit hinausgeschoben
(negative Fernsichtigkeit); während auch an Fällen kein
Mangel ist, in welchen die relativ kurze, negative absolute Sehweite
gleichsam die Mitte hält zwischen den erwähnten beiden Extremen
und sofort einen Zustand charakterisirt, der wegen Abgang eines
Die Accommodationsfehler des Auges. 273
besseren Namens einstweilen negative Mittelsichtigkeit
heissen möge.
Die Bestimmung der absoluten Sehweite und sofort
auch die Unterscheidung dieser drei künstlich getrennten und ohne
deutliche Grenze in einander übergehenden Grade der Übersichtigkeit
unterliegt keinen Schwierigkeiten. Die um den Abstand der Brille
vom Auge verminderte Brennweite der schärfsten Sammellinse, mit
welcher der Hyperpresbyopische noch sehr ferne Gegenstände von
hinlänglichem wirklichen Glanze, am besten Himmelskörper, in klaren
und deutlichen Bildern wahrzunehmen fähig ist, gibt die Lage des
Fernpunktes. Die kürzeste Distanz aber, in welcher das betreffende
Auge mit derselben Sammellinse Objecte von entsprechender Grösse
und Erleuchtung in scharfen und deutlichen Bildern zur Anschauung
zu bringen vermag, ist dem , um den Brillenabstand vermehrten
Abstande des Nahepunktes conjugirt.
Ich sage „Objecte von entsprechender Grösse“ und beziehe
mich damit auf das, was ich bei Gelegenheit der Myopie in Betreff
der Bestimmung des Nahe- und Fernpunktes gesagt habe, erinnernd,
dass übermässige Kleinheit des Netzhautbildes Detailwahrnehmungen
unmöglich macht, auch wenn das Netzhautbild ein völlig scharfes und
hinlänglich lichtstarkes wäre; dass aber grosse Netzhautbilder selbst
bei ziemlich verschwommenen Umrissen noch die Unterscheidung des
Details gestatten und sofort ein Erkennen des Objectes möglich
machen. Eine Art Massstab, welchem die optischen Wahrnehmungen
des normalen freien Auges zu Grunde liegen, erscheint sofort bei der
Beurtheilung des übersichtigen Auges nach seiner Tragweite von
Wichtigkeit. Einen solchen Massstab liefert eben die oben beschrie
bene Scala. Das Verhältniss, in welchem die conjugirten Vereini
gungsweiten der Brille zu einander und zu der Accomodationslinie des
Auges stehen, macht sie verwendbar sowohl zur Bestimmung des Nahe
ais des Fernpunktes, wenigstens so weit es sich nicht um mathema
tisch genaue, sondern nur praktisch brauchbare Resultate handelt.
Die unvermeidliche Vergrösserung der Netzhautbildgrösse durch
die Sammellinse macht jedoch bei Bestimmung der Grenzgrösse eine
Correetur nothwendig, welche zur Zeit aber nur annähernd und
schätzungsweise möglich ist, indem der Vergrösserungscoefficient
von mehreren, in den einzelnen Fällen zum Theile noch unbestimm
baren, Werthen abhängig ist und mit diesen sehr stark variirt.
Sitzb. d. mathera.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft. 18
274
S t e 11 w a g.
Für das freie, normale Auge ist wieder a — A.—— und wenn v den
n i P
Abstand des Objectes von der Vorderfliiche einer Sammellinse und c deren Ab
stand vom Auge bedeutet, ist in Übereinstimmung mit den früher angewandten
Formeln
n p,
a — A . — .
n, (v + c)
Für das brillenbewaffnete Auge aber erscheint
n p l np i
a — A,
= A,
und weil
ist, ergibt sich
n i P
»l Ol
b
A v,
A,= - = A.-
v v — b
n p t
1/4
a — A. —.
v n t 0 4 — c)
A.
<■)
_ Oh
c V
Am kleinsten ist diese Abweichung der Netzhautbildgrösse bei
der negativen Fernsichtigkeit, wenn es sich um grössere Objects
distanzen handelt. Selbst bedeutendere Abstände der Brille vom Auge
werden dann in ihrem Einflüsse wenig merklich und der Refractions-
zustand des Auges kömmt jenem der Norm sehr nahe.
Grösser ist der Einfluss des Brillenahstandes bei negativer Fern
sichtigkeit, wenn nahe Objecte zur Wahrnehmung gebracht werden
sollen und bei negativer Kurzsichtigkeit, wo er mit der Annäherung
des Objectes steigt und nur durch möglichste Verringerung der Ent
fernung der Brille vom Auge einigermassen geschwächt werden
kann.
Im Allgemeinen kann man also wohl sagen, dass die Abwei
chung der Netzhautbildgrösse von der Norm steige,
wenn die Brennweite der vor das Auge aufgepflanzten Sammellinse
abnimmt. Es verdient dieselbe die grösste Beachtung, indem die
Brennweite der in jedem Falle erforderlichen Brille nicht allein ab
hängig ist von dem Refractionszustande des Auges und sofort als
eine jeweilig unveränderliche erscheint; sondern in Anbetracht des
gewöhnlich verminderten Accommodationsvermögens auch von der
Distanz des Objectes beeinflusset wird und zwar so bedeutend, dass
Übersichtige der Regel nach mit keiner Brille für alle Distanzen aus
reichen, sondern deren zwei oder selbst mehrere benöthigen, soll
das Auge sowohl für die Ferne als Nähe accommodationsfähig
werden.
Die Accommodationsfehler des Auges.
275
Es wird dieses Jedermann einleuchten, wenn er in Erwägung
zieht, was ich von der Lage und Länge der absoluten Sehweite der
Übersichtigen mitgetheilt habe und wenn er damit das Verhältniss
der conjugirten Vereinigungsweiten in Sammellinsen in Vergleich
bringt. Es kann ihm dann nicht entgehen, was auch Versuche am
Hyperpresbyops herausstellen, dass zum Nahesehen hei einer und
der anderen Art der Übersichtigkeit eine schärfere Sammellinse, als
die vorhin discutirte erfordert werde, und zwar eine, verhältniss-
mässig zu dieser letzteren um so schärfere, je nähere Objecte der
Hyperpresbyops zur klaren und deutlichen Wahrnehmung bringen
will.
Die nosologischen Momente der Übersichtigkeit
sind ganz geeignet, diese Verhältnisse in noch helleres Licht zu stel
len. Sie lassen sieh wieder leicht nach jenen drei Factoren, welche
die Grösse der Ablenkung einfallender Lichtstrahlen im reducirten
Auge bestimmen, gruppiren und so im Interesse eines leichten Über
blickes behandeln.
Die natürliche Sehlinie ist die, dem Abstand und der Dicke der
Netzhautstabschichte conjugirte Differenz der vorderen Vereinigungs
weiten des dioptrischen Apparates hei völliger Ruhe des Accommo-
dationsmuskels. Vergrösserung jenes Abstandes bringt unter übri
gens normalen Verhältnissen die Kurzsichtigkeit zu Stande, Ver
kürzung desselben aber kann bei gleichen Voraussetzungen nur
zur Übersichtigkeit führen, nicht aber zur Weitsichtigkeit, da
bei dieser die natürliche Sehlinie mit jener der Norm überein
kömmt.
Eine Verkürzung der optischen Augenaxe bei völ
liger Integrität der das Licht brechenden und empfindenden Theile
kann nach meinen so zahlreichen anatomisch-pathologischen Unter
suchungen kaum durch krankhafte Processe im Bulbus bedingt wer
den, es erscheint ein solcher Vorgang mindestens sehr unwahrschein
lich, und es dürfte jene sofort kaum anderswo, als in abnormer Ent
wickelung des Auges ihre Begründung finden. Leider fehlen bezüg
liche Messungen noch ganz, nur Vermuthungen lassen sich über die
Beziehung vorkommender Fälle von Übersichtigkeit zu normwidriger
Axenlänge des Auges aufstellen. Doch entbehren diese Vermuthun
gen nicht jeder erfahrungsmässigen Basis;in einer nicht ganz bedeu
tungslosen Zahl der von mir untersuchten Fälle glaube ich eine auf-
276
Stellwag*
fallende Kleinheit und besonders ein Tiefliegen der Augen in ursäch
lichen Zusammenhang mit der vorhandenen Hyperpresbyopie stellen
zu dürfen, um so mehr, als sich sonst keine Spur einer Abweichung
fand, und nebstbei auch ein ganz ausgezeichnetes Accommodations-
vermögen des mit der passenden Brille bewaffneten Auges nachwei-
sen liess, was einigermassen Bürge für die Normalität des dioptrischen
und accommodativen Apparates ist. Dass scheinbare Kleinheit des
Auges und ein Tiefliegen desselben nicht stets mit Übersichtigkeit
gepaart sind, kann begreiflicher Weise nicht als Gegengrund gelten,
eben so wenig als der Umstand, dass die Hyperpresbyopie auch in
scheinbar normal gebildeten, ja seihst in grossen und vorspringenden
Augen getroffen werde. Denn einerseits liegen in den Schwankungen
der beiden anderen in Rede stehenden Factoren Momente der
Correction, anderseits aber Momente einer selbstständigen Ent
wickelung der Übersichtigkeit hei Normalität der Axenlänge des
Auges.
Besonders mächtig bezüglich des Einflusses auf die Lichtbre
chung im Auge erweisen sieh Verlängerungen des Horn
hautradius, Abflachungen der Hornhaut, wie selbe so überaus
häufig im Gefolge von Narbeneinlagerungen in das Cornealgewebe
getroffen, noch häutiger aber wegen ihrer geringen Auffälligkeit für
das freie Auge übersehen und bisher noch völlig missachtet worden
sind. Die vorausgeschickte Erörterung des Causalzusammenhanges
zwischen Krümmungsvermehrungen und den höchstgradigen, nahezu
correctionsunfähigen Myopien überhebt mich der Notlnvendigkeit, in
eine specielle Betrachtung der optischen Folgen einer Hornhautver
flachung einzugehen. Diese ergeben sich aus jener. Sie sind um so
bedeutender, als der Krümmungsabweichung der Cornea eine Verkür
zung der optischen Axe parallel geht, weiters aber die, der Nar
benbildung vorausgehenden und sie bedingenden Substanzverluste
der Hornhaut sehr oft mit Entleerung des Krystallkörpers gepaart
sind oder späterhin die Entfernung der getrübten Linse aus der Seh-
axe nothwendig machen; überdies endlich meisthin Einlöthung von
Iristheilen in die Cornealnarbe gesetzt und sofort die Möglichkeit
einer Correction des Gesichtsfehlers durch accominodative Thätig-
keit aufgehoben wird.
Die Entfernung des Krystallkörp ers aus der Seli-
axe präsentirt gleichsam den dritten unter den die Hyperpresbyopie
Die Accommodationsfehler des Auges.
277
begründenden Factoren. Alle übrigen auf den Refractionscoefficien-
ten des reducirten Auges influenzirenden Verhältnisse verschwinden
beinahe gegenüber dem Mangel der Linse. Nur bedeutendere Abfla
chungen dieses Organes, wie selbe bisweilen in Folge partieller staa-
riger Zerfällniss mit sofortiger Aufsaugung des Magma's und Zurück
lassung durchsichtiger Krystallschichten gesetzt werden, treten mit
ihnen in gleiche Rangordnung, während sie überdies, gleich den Cor-
nealverkrümmungen ein nosologisches Moment des sogenannten Visus
incorrectus abgeben können.
Die Häufigkeit des grauen Staares und seiner Operationen, sowie
künstlicher Pupillenbildungen mit Zerstörung des Krystalles machen
das in Rede stehende Moment zur ergiebigsten Quelle der Hyperpres
byopie. Nicht Weitsichtigkeit, wie man glaubt, sondern Übersich
tigkeit und zwar hochgradige Übersichtigkeit ist
das Ergebniss künstlicher oder durch krankhafte
Processe bedingter Entfernungen des Krystalles aus
der Sehaxe des Auges. Es ist den betreffenden Kranken ein
scharfes und deutliches Sehen in keine positive Entfernung ermög
lichet, ihre absolute Sehweite ist der ganzen Länge nach eine nega
tive. Eine Betrachtung der Lichtbrechungsverhältnisse in solchen
Augen stellt dieses klar heraus. Sie ergibt aber auch die Unwahr
scheinlichkeit einer genügenden Correctur durch Änderung der ande
ren, die Refraction im Auge beeinflussenden Factoren.
Es ist niimlich die Brennweite der Cornea 13"35 und die hintere Ver
einigungsweite derselben für einen Objectsabstand von 100betrügt 14”93.
Dass eine Axenveriängerung des Auges durch Ausdehnung der Sklera unter
solchen Umständen selbst, wenn sie ohne gleichzeitige Abflachung der Cornea
möglich wäre, ungenügend ist, bedarf wohl keines Beweises. Dass aber krank
hafte Veränderungen der Hornhautkrümmung den Verlust der Linse aufwiegen,
ja weit überbieten können bezüglich des Einflusses auf die Strahlenbrechung,
versteht sich von selbst. Schon eine Verkürzung des Hornhautradius umO'881
würde hinreichen, um im linsenlosen Auge unendlich ferne Objecte in scharfen
und deutlichen Bildern auf der Netzhaut abzuspiegeln, wenn auch eine solche
Ausdehnung eine Axenverliingerung des Auges nicht voraussetzen würde.
Der Breehungsindex M des reducirten Auges für D = <x, F = 13 • 35 und
ß = 3'455 erscheint nämlich
F
M= -=1-35.
F—R
278
S t e 11 w a g.
Aus der Formel (i — m) r — md = f ergibt sich aber, wenn F= 9 ,:, 934,
M=l-35 undD = °o gesetzt wird, wo F= — die Axenlünge des Auges ist,
i 1 1
und M— —, D = —, R= — gesetzt wird
m d r
R :
(M-i)F
M
i 2 • 57S.
Eine solche Verkürzung des Hornhautradius bringt aber ein Hervortreten
des Cornealcentrums und sofort eine Axenverliingerung des Auges um nahezu
0”5 mit sich, wie sieh leicht durch Substitution des Werthes 2-37S in die
Formeln der Note (S.228) berechnen lässt. Es bedarf also einer viel geringeren
Verkürzung des Hornhautradius, um den Verlust des Krystalles optisch zu
neutralisiren, die negative natürliche Sehlinie sofort in eine positive zu ver
wandeln und der Möglichkeit eines solchen Vorkommnisses steht nichts mehr
im Wege. Allein ein Accommodationsvermögen zu begründen, ist eine solche
Ausdehnung der Cornea unfähig und es fällt sofort dieses Moment gerade dort
als Erklärungsgrund weg, wo es die scheinbar sehr bedeutende Länge der
absoluten Sehweite am nothwendigsten macht. Überdies findet eine solche
Ausdehnung ihre Bedingungen nur in krankhaftenVerhältnissen, in Verminderung
der Resistenz des Cornealgefüges mit sofortiger relativer Verstärkung des auf
die Hornhauthinterwand wirkenden hydrostatischen Druckes. Ihr Mass liegt
daher nicht in der Willkür des übersichtig Gewordenen und es ist daher un
wahrscheinlich, dass sie sich, auch nur in wenigen Fällen, gerade auf den,
durch die Lichtbreehungsverhältnisse des Auges begründeten Bedarf be
schränken werde, dass sie also hier überhaupt von sonderlichem Belang sei.
Auch die Vorwölbung der Hinterkapsel mit dem Glaskörper, wie ich sie als
nach Staarextractionen vorkommend naehgewiesen habe, reicht nicht aus, um
eine besonders merkliche Verkleinerung der die Netzhaut treffenden Zerstreu
ungskreise zu ermöglichen. Nimmt man nämlich den Abstand q des Centrums
von der Hinterfläche der Hornhaut q=l und den Krümmungsradius 11 der
vorgewölbten Vorderfläche des Glaskörpers R — 2'", was wohl die Grenze der
Möglichkeit erreicht, so ergibt sieh mit Berücksichtigung des relativen
1-339 1-337 1
Brechungsexponenten M = und»j= wegen D = —= 13'3S
1-337 1-339 d
(1 — m) r + md = f= 0-0763 und F= 13"07.
Es ist zwar wahr, dass Fälle zur Beobachtung kommen, in wel
chen trotz dem Abhandensein der Krystallinse noch ziemlich deut
liche Wahrnehmungen ferner oder naher Objecte, ja seihst ein Sehen
in sehr verschiedenen Distanzen und sogar das Lesen von kleinerer
Druckschrift ermöglicht ist. Allein das sind ausserordentlich seltene
Fälle, und sie wurden viel zu wenig genau bisher untersucht, als
dass man sie als Beweise für das Zustandekommen scharfer Bilder
Die Accommodationsfehler des Auges.
279
auf der Netzhaut verwenden könnte. Es bleibt der Zukunft Vor
behalten , durch Gewinnung von Zah 1 en werth en eine Basis für
wahre naturwissenschaftliche Erörterungen zu gewinnen. Mittler
weile bleibt blos Vermuthungen einSpielraum, und darf man Analogien
trauen, so ist hier, wie; bei den übrigen ätiologischen Formen der
Übersichtigkeit, das Spiel der Pupille und deren Einfluss auf
die Grösse der Zerstreuungskreise der gesuchte Behelf. In der That
erscheint völlige Freiheit der Pupillenbewegungen als dieBedingung,
unter welcher sich nach Verlust der Linse ein relativ so vortreff
liches Sehvermögen zu retabliren vermag.
Es ist einleuchtend, dass Axenverkürzungen des Auges, sowie
Abflachungen der Hornhaut, wenn sie nicht mit Anomalien im Kry-
stalle oder in dem Accommodationsmuskel combinirt sind, der Adap-
tionsthätigkeit des Auges keinerlei Hindernisse in den Weg legen
können. Wirklich beurkundet sich auch der Bestand
eines Acc om m oda tio nsvermöge ns sehr oft unter solchen
Umständen, wenn das Auge mit einer passenden Sam
mellinse bewaffnet ist. Er beurkundet sich durch die Länge
der absoluten Sehweite, respective durch das Vermögen, scharfe und
deutliche Wahrnehmungen von Objecten zu vermitteln, die vermöge
ihres Distanzunterschiedes und ihrer Lage kaum in eine und dieselbe
Accommodationslinie fallen können.
Immerhin ist jedoch unter diesen Verhältnissen der Bestand
eines, dem normalen gleichkommenden Accommodations-
vermögens ein mehr als seltener Befund, in den allermeisten Fällen
spricht sich eine Schwäche der Adaptionsfähigkeit, ja
selbst ein völliger Mangel des Einrichtungsvermögens klar aus,
wie schon die in der Natur begründete Eintheilung der Übersichtig
keit in eine negative Kurz- und Weitsichtigkeit, sowie in eine nega
tive Mittelsichtigkeit klar darthut.
Als die pathogenetischen Momente einer solchen
Schwächung oder Aufhebung der Einrichtungsfähigkeit fungiren
natürlich dieselben Verhältnisse, welche ich hei Gelegenheit der
Myopie und Presbyopie namhaft gemacht habe. Aber auch der Ver
lust des Krystalles ist ein solches Moment. Die Linse ist ja eben der
Träger des Accommodationsvorganges und es mangeln dem Auge
weitere Behelfe, um seine Sehlinie der Lage und Länge nach merk
lich zu ändern. Versuche mit Staaroperirten, wenn ihr Auge mit
280
S t e 11 w a g.
der entsprechenden Brille bewaffnet ist, weisen dieses unzweifelhaft
nach, vorausgesetzt natürlich, dass dabei die Länge und Lage der
Accommodationslinie berücksichtiget wird. Und wo ein solches Ver
mögen zu bestehen scheint, dort dürfte wohl wieder nichts anderes,
als die Verkleinerung der Öffnung des dioptrischen Apparates und
sofort auch der die Netzhaut treffenden Zerstreuungskreise den
Erklärungsgrund abgeben.
Es ergibt sich dieses aus nachstehender Betrachtung. Es sei ein reducirt
gedachtes Auge durch eine Sammellinse von 36'" Brennweite, bei einem Abstand
c=6'" derselben von der Trennungsfläche, für unendlich entfernte Gegenstände
adaptirt. Weil R = 3"456, F’=9' r 934, —D = 30"' ist, erscheint sofort der
Brechungsindex M des homogen gedachten dioptrischen Mittels im redu-
cirten Auge
M =
F (B—D)
D(R—F)
i-356.
Aus der Formel — = — lässt sich durch Substitution M=n., D=p
”* ” f '
w = „,„
n lP~ n Pi
finden und durch Addition der Netzhaut-Zapfenlänge = 0"036 zu p t auch die
betreffende Accommodationslinie berechnen. Für p t = 9-934 + 0-036 = 9"97
und /‘ 1 = 13‘il ergibt sich nämlich
P =
npift
«i (Pi—ft)
= - 30"69.
In Bezug auf die Brille und deren Abstand von der Trennungsfläche des
reducirtcn Auges ergibt sich nun ^ = 36-69 und wegen 6 = 36 ist
v t — 6
:1914™26 = 13 ! 3.
Die natürliche Sehlinie des brillenbewalfneten Auges würde unter solchen
Verhältnissen also von °o bis 13 ! 3 reichen.
Um das mit der genannten Brille bewaffnete Auge für Objecte von 120"'
Distanz zu accommodiren, müsste eine willkürliche und ohne alle Abflachung
der Hornhaut vor sich gehende Verlängerung der Augenaxe von 0"'876 ermög
licht sein, denn für o=120"' und 6 = 36'" erscheint
vb
o, = =51-43
v — 6
und
v t = c = — p = 45 "43 ;
Tai'. II.
Slelhvag - v. Carion.
. STUHL PILZ ER
... GNADE WAHN DAS
. .. DRÜCK EULE KOHLE
... WALD ZWANG SPIEL
,«ü KUNZ VICTOR NAIM IM
.... CHEMIE INF UL SCHUH RAD
. .... FEST ACHT JOHANN MELDEN
...... HAIN SIEG MARS TIGER VASE X
9 A = t: 2
10 A = r 9
!l a = r b
i! a = r: s
15 a = r
1+ A = 0" 6
i» A = 0."' ;>
16 A = CU" 3
l? A = 0!" 2
is A = 0'." 1
PROVINZ EINIG HORDE UIBEL WIE OB
MOHR RING AXT LAGE KRANZ OPFER I
SCHWEIZ DENKEN BUND FUGE SPANN VOGT
UMBAU HOLZ WEIB DOHLE ENZIAN FRÜHLING HARZ
MUHLE SPIEL FORT ST HAN ZF ISAK DEKRET GUNST ZELLE WURZELN
ASIL EIMER IN JENA VIER NILL YPS TH Al.ER MOOS WACHS GUNS DOCH
BUCH DRACHE STUNDE /.EISIG THURM WAS UNFALL VIXCKNZ PAUST GLAN'/. SCHILLER OSWALD
llKUI’E PI'J.UO VTAHM.UNO ÄCHLANOK FISCKR 7. IT HOF. i 1IAI.9 WAWOH MIST KITS ST MIMIK VIK H 17K7.H 7. KICIIK.V
AllBl; RAUH D1KNST KIKKN OOI.D IIAMRIHIU JAQD 1N HK I. MAJ1TUA NIIHIRM OK8THHRRICH VOM, MONI) \VI KK K X Rr|| A KT KIKRIIK I.IR7.
TROST SAAL III.M
ABSUD PFAND MARCH
BL B H I KG WH R LAX OHN
8IKVNHJNO OBST FI'I.ASK KN
Siteurigsb. i. k_Ak.nl.d.W. uiatli..nat.urw. CI.XVI. Bi. 1 Heft. 1855.
D = 15
D = 14
I) = 13
D = 12
1) = lt’
I) = 10'
D = .<)'
D = 8
1) = V
D = Ö
D = 5
1) = 4
n = 3'
d = i
D = 18”
D 1‘i'bis 10”
D 8"- 6'
D 5"- 1”
Aus d.kiHof-u. Staats druckerei.
Die Accommodationsfehler des Aug-es.
281
m . n \ U n \
we*>en w 1 = 1*356 und /* 1 = 13 11 erscheint demnach =— und
Pi p ft
«i pfi
Vt =
»1 p + n fl
= 10 81
10-81 — 9-934 = 0-876.
Eine relativ so bedeutende Verlängerung der optischen Axe liegt aber
ausser den Grenzen der Möglichkeit. Verkürzungen des Halbmessers der Horn-
hautkrümmung würden nun wohl freilich zureichen, um eine Accommodation für
jede beliebige Distanz zu ermöglichen. Allein wo liegen die mechanischen
Momente für einen willkürlichen Gestaltwechsel der Cornea ?
Eine einfache Betrachtung der anatomischen Verhältnisse des Auges lässt
schon die Unmöglichkeit eines solchen Vorganges erkennen und der faetische
Nachweis der jeweiligen Unveränderlichkeit der Cornealkrümmung durch parall
aktische Messungen schliesst die Hornhaut als Aecommodationsapparat
völlig aus.
Es bleibt daher nichts, als etwaige Krümmungsveränderungen in der Wöl
bung der vorgebauchten Vorderfläche des Glaskörpers übrig, um eine Aceom-
modation im krystallberaubten Auge zu erklären. Die Beziehungen des Accom-
modationsmuskels und der Ciliarfortsätze zu dem Umfang der Glaskörper-Vor-
dertläehe machen in der That eine Adaption des Auges auf diese Weise denkbar.
Es frägt sich nur, ob solche Gestaltwechsel zureichend seien oder nicht; und
eine Berechnung ergibt als Resultat das Letztere. Ist nämlich das virtuelle Bild
der Sammellinse 45"' hinter der Vorderfläche der Cornea gelegen, so ergeben
die Stampfer’schen Formeln für die Vereinigongsweite der Cornea li™69.
Nimmt man nun den Abstand des Centrums der Glaskürper-Vorderfläebe von der
Hinterfläche der Cornea einer Linie gleich, so dass die Distanz Fder Netzhaut
F=8”53 und der Abstand D des virtuellen Bildes von der brechenden Fläche
I.339
des Glaskörpers —ü = 10” 69 wird, so ergibt sich wegen M= . ■ = 10015
aus
(1 — m) r 4- md = f
R =
FD {M— 1)
MD — F
= 0-0128,
was wohl jeden weiteren Beweis für die Unzulänglichkeit der Glaskörperwölbung
bezüglich des Accommodationsvorganges unnöthig macht.
18**
282
Verzeichniss der
VEßZEICDlVISS
DER
EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(APRIL.)
Akademie, k. preuss. d. Wissenschaften, Monatsbericht, 1855,
März.
Bell,Thomas, Address, read at the anniversary meeting of theLinnean
Society. 1854; London 1854; 8°.
Bertelli, Timoteo e Palagi, Alessandro, Esperienze sulla distribu-
zione delle correnti elettriche nei conduttori. Bologna 1855; 8°.
Cimento, il nuovo, Giornale di fisica etc. Nr. 3.
Caffi, Francesco, tre novelle inedite (ed. da Andrea Tessier).
Venezia 1855; 8°.
Cicogna, Em. Lettera del preteso sepolero inVenezia di Francesco
Carmagnola, al Cav. Prof. P. A. Paravia. (s. 1. et d.)
Cornalia, Em. L'eria o il bruco del ricino (Saturnia cynthia Dr.)
ne suoi rapporti scient. ed industriali. Milano 1855; 4°.
— Monografia del Bombice del gelso. Milano 1854; 4“.
Cosmos. 14—16.
Effemeridi astronomiche di Milano. 1855; 8°.
Frisiani, Paolo, Ricerche sopra alcune serie astronomiche. Milano
1854; 4».
Faraday, On some points of magnetic philosophy. (Philos. Magazine
1855. Febr.)
gförftemann, ©., 3tftbeutfd>eS namenbud). Sb. I, Sief. 4 und 5.
Gesellschaft, k. k., der Ärzte zu Wien, Zeitschrift der, Jahrg. X,
Nr. 12 und Jahrg. XI, Nr. 1 —4.
eingegangenen Druckschriften. 283
Gesellschaft, k. k., der Ärzte zu Wien. Wochenblatt der Zeit
schrift, Nr. 1 — 16.
Heyfelder, J. F. Über Resectionen und Amputationen. Breslau
1854; 4°.
§9e, Stnton ö., £)ag öjiemicfjtfdje ©trafgefefc über SSerbredjen ic. 53b. I,
Sief. 9.
Nachrichten, astronomische. 954— 957.
Observations made atthe magnetical and meteorolog.Observatory
of the Cape of good Hope. Yol. I, London 1851; 4°.
Observations made at the magnet. and meteor. Observatory of
Toronto. 2 Vol„ London 1853; 4°.
Observations made at the magnet. and meteor. Observatory at
Hobarton. 3 Vol. London, 1850; 4°.
Observations on days of unusual magnetic disturbance made at
the British Colonial magnetic observatories. Vol. I, London
1851; 4".
Observations made at the magnet. and meteor. Observatory at
St. Helena. Yol. I, London 1847; 4°.
Palomba, Luigi, Le uve si possono salvare dal Funghetto parassito.
Napoli 1855; 8°.
Pamatky archaeologicke a mistopisne a. t. d. Dil I., sesitek 5., 6.
Pollidori, Filippo Luigi, Lettera intorno a 3 racconti sincroni
della presa di Negroponte fatto dai Turchi nel 1170 al Cav.
Cicogna etc. (Archivio stör. Ital. T. IX. Append.)
Quenstedt, Fr. Aug., Lepidotus im Lias E. Württembergs. Tü
bingen 1847; 4°.
Öuenftebt, gr. Slug. , 53eitrcige jur redjnenben jtrtyftaliograpbie.
Siubmgen 1848; 4°.
— lieber Pterodactylus suevieus im Ittfyograpf). ©Riefet SBürfent'
berg’S. Tübingen 1855; 4°.
Sabine, Edw., On some of the results obtained at the british colo
nial Magnetic observatories (s. 1. et d.).
Santini, M. E., Annotazioni intorno alla cometa periodica di Biela
ed alla 3 cometa del 1854. Venezia 1855; 8°.
©diott, Straceen 53etreffenbe& £eft 1, 2. SBten 1854; 8°.
Schott, H. Aroideae. Nr. 2.
Societe geologique de France. Bulletin, 1854. T. XII, Feuill. 1—7.
Society, Asiatic, of Bengal. Journal, 1854. Nr. 6.
284
Verzeichntes der eingegangenen Druckschriften.
Society, Linnean of London. Proceedings. Nr. 1 —58.
Society, Linnean Transactions. Vol. 1 —21. t
Society, Royal of London, Philosophical Transactions, 22. Vol.
London 1830—1852; 4«.
Society, Abstracts etc. Vol. 1 — 5.
Stur, Dionys, die geolog. Beschaffenheit der Centralalpen zwischen
dem Hocli-Golling und dem Venediger. (Jahrbuch der geolog.
Reichsanstalt 1855; 4.)
Tijdschrift, Natuurkundig voor Nederlandseh Indie. Deel. IV,
Aflev. 3, 4.
Toldy, Ferencz, Emlekbeszed Gröf Teleky Jozsef M. Academiai
elnök felett. Pesth 1855; 8°.
33 er ein, fnftor., »on unb für Oberbeuern, 2lrd)iö, SBanb 14, £eft 3.
„ „ Sa^reSberi^t für 1853.
Zantedeschi, Franz, Memoria sul simultaneo passagio delle cor-
renti elettriche opposte ai circuiti metallici chiusi ed isolati
della terra etc. (Atti del Istituto Veneto. Serie III, T. 1, punt. 3.)
(Ibersicht der Witterung in Österreich im März 1855.
Entworfen von A. U. Burkhardt, Assistenten an der k. k. Central-Anstalt.
Bcobachtungsort.
Mittlere
Tem
peratur
Reaurour
Maximum
Tag Temp.
Minimum
Tag Temp.
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
Maximum
Tag
Luftdr.
Minimum
Tag Luftdr.
Dunst
druck
Nieder
schlag
Par. Lin.
Herr
schender
Wind
Anmerkungen.
Valona (in Albanien)
llagusa ■)
Curzola .
Zara a ) .
Triest .
Venedig 3 )
-j-Parma .
Semlin .
Mailand .
Szegedin
Fünfkirehen
Meran.
Cilli .
Kronstadt 4 )
Debreezin
Gran . .
Wallendorf 5 )
Zavalje .
Laibach .
Pressburg
Wien . .
Retz . .
Adelsberg
Bregenz.
Innsbruck
Tirnau .
Jolsva. .
St. Paul .
Korneuburg
Linz . . .
Czernowitz 6 )
Kremsmünster 7 )
Althofen
Brünn . .
Leutschau
Pilsen. .
Reichenau
Lienz 8 ) .
Weissbriach
Klagenfurt 9 )
Olmiitz . .
Rzeszow *°)
Jaslo (in Galizien) 11 )
+10 9 45
+ 10-08
9-66
8-11
6-83
6-40
6-33
3-90
3- 66
4- 93
4-83
+ 4-82
4-27
4 02
4-00
3-89
3-82
3-70
3(57
3-38
3-31
3-40
3-26
3*23
3-23
3-17
2-99
2-89
+ 2-78
+ 2-66
2-35
2-30
2-27
2-27
2-03
2-03
1-97
23-9
6-6
27- 6
28- 6
23-6
26-6
19-
27- 3
20-
28- 6
27- 6
26-6
23-0
263
28- 6
28-6
28-6
26-6
23 6
23-6
23-
23-6
28-6
23-3
23-6
23-6
28-6
23-6
23-6
22-6
28-6
22- 7
20-6
23-
28-6
23-6
27- 6
29-6
26-6
20-
23-6
28- 6
28-6
+ 19"3
+ 14-1
+ 13-3
+ 12-0
+12-8
+ 11 G
+ 14-4
+1 o * 8
+ 14-3
+ 16-0
+ 13-4
+ 12-7
+ 12-6
+ 16-4
+ 13-2
+ 13-3
+ 14-4
+112
+ 11-6
+ 136
+ 16-0
+ 13-3
+ 12-1
+ 11-6
+ 10-6
+ 13-2
+ 14-0
+ 11-8
+ 13 0
+ 13-2
+ 14 3
+ 11-8
+ 9-7
+ 13-8
+ 10-6
+ 10-3
+ 10-3
+ 9-0
+ 8-0
+ 13-0
+ 14-8
+ 13-0
+ 12-6
17 3
12-
12-
12- 3
13- 3
12- 3
12-
13- 3
11-
13-3
12-*
12- 3
13- 3
1-9
1 •
I 3 *
1- 3
1-
II
13
12
12
12
13
11 -4
12- 3
12 4
13- 3
11- 3
12- 3
12-3
2- 3“
12-3
12- 3
11-
13- 6
12-3
12-3
12-3*
12-3
11-
1-3
1-3*
1-3
+ 4 9 0
+ 4-9
+ 3-0
+ 2-2
+ 0-2
+ 0-2
— 1-0
— 0-3
— 1-3
— 2-4
— 1-0
— 3-0
— 3-3
— 3-2
— 2-4
— 5-4
— 6-3
— 7-0
— 3-8
— 4-0
— 6-0
— 5-7
— 4-4
— 3-2
— 4-1
— 4-4
— 9-0
— 3-3
— 7-0
— 5-4
—12-6
— 6-6
— 8-7
— 9-2
— 7-9
— 7-7
— 9-0
— 8-4
— 8-0
— 8-8
— 7-6
—10-0
—10-0
334-12
334-95
334-36
334-20
330- 80
333-02
328-63
331- 73
328- 60
322- 53
323- 44
312- 58
329- 84
320- 22
323- 35
328-97
326-94
313- 29
318- 76
311-68
328-77
317-51
324- 12
324- 80
319- 68
306-35
326-47
321- 70
322- 06
309-73
308-72
316-99
326- 31
327- 47
325- 66
30-9
30- 9
31- 6
30- 9
31-
31-9
31-4
31-9
31-9
313
31-3
31-9
31-9
31-9
31-9
31-9
31-9
31-9
30-7
30- 6
31- 9
31-9
31-3
31-9
31 4
31-9
319
31-9
31-6
31-3
31 -6
31-9
31-9
31-9
31-9
338"27
339-26
338- 61
339- 25
335"56
337- 36
333- 62
338- 83
335- 34
327-22
331- 86
319-27
336- 69
327- 08
329- 33
336-34
334- 12
318-10
323-99
316-36
335- 90
323-71
330- 59
332- 39
325-90
312- 90
333- 52
328- 88
329 06
316-34
313- 90
322-84
333- 61
335 00
334- 18
13-6
13-6
13-6
13-6
22-
14 3
22-
13-6
13 6
13-
22- 9
12-5
24-3
12- 9
13- 6
13 3
23- 1
13-6
12- 7
13- 3
13-4
13-6
23- 6
13-3
22-7
13-6
22-9
24- 3
22-9
22- 9
13-6
13-6
23- 9
23-4
23-3
325"”74
326-29
326- 73
327- 29
324- 19
325- 54
321- 20
325-76
322- 40
316-65
318-84
305- 72
323- 82
313-65
316- 33
323-17
318-79
306- 61
311-90
305■54
322-68
311-82
310-67
317- 56
310-68
300-81
318- 14
315-72
313-20
303-32
302-76
310-76
318- 13
319- 25
318-88
4"'15
3-43
3-06
84
2-53
2-36
2-33
2-35
1-98
2-33
2-00
2-12
1- 70
2- 01
1-81
1-97
2-01
45 "'49
86-6
35-31
33-12
30- 50
49-17
31- 56
16-00
59-78
23-93
28-50
43-60
33-74
35-62
45-28
18-80
32- 92
85-62
5-11
43 93
30-72
14-26
14-72
7- 63
1613
24-30
28-40
16-90
23-52
15 21
8- 35
9- 72
46-95
33-46
26-13
30-34
SO.
SO.
SO.
ONO.
SSO.
NO.
NW.
NO.
S. N.
SW.
S.
SW.
N. u. S.
SW.
w.
N.
NW.
NW.
NW.
N.
S.
N. NW.
N.
SW.
w.
w.
NW.
so
SW.
NO.
N.
SO.
w.
w.
w.
w.
NW.
w.
w.
Am 10. Regen mit Hagel.
Vom 10. auf 11. öfters Hagel.
Am 9.13. u.31. Regen mit Schnee, am 31. ll h Ab. stürmisch
Am 10. u. 11. Schnee.
Am I. —0-3.
Am 3. Schnee.
Am 27. wenig Hagel.
a Am 1. wo aber um i0 h erst beobachtet wurde auch —1
Am 5. +13 9 3.
Am 23. u. 24. Sturm a. SW., am 26. Orkan a. S.
Am 24. Ab. Blitz und Donner.
Am 24. Ab. Gewitter.
Am 23. u. 27. Gewitter, am 19. u. 23. Sturm.
Am 4. 5. 22. 23. u. 25. Stürme a. S. u. SW.
Vom 9. auf 10. u. 14. auf 15. Sturm a. NW.
Am 23. Ab. Wetterleuchten in NO.
[u. Bora.
Am 22.Sturm a. NO., am 9. stürmisch a.NO., am 31. Schnee
Vom 8. bis 10. starke Schneefälle.
Am 8.-9. Schneefälle, sehr stark am 14. [am 22. a. SW
Am 24.um4''30'Ab.Gewitter in der Niihe. Stürme am21.a.SO.
Am 23.Gewitter mi t Hagel, am 27. Hochwasser.
Am 24. Ab. Blitze gegen SO. (Gewitter in Ungarn, vergl.
Am 21. stürmisch a. O., am 31. a. NO. [Pestli etc.
*Am 14. liier nur —2 ? 5.
Am 23. um 6'‘30'Ab. Gewitter a. W., am 31. Sturm a. O.
Am 14.20.30. Stürme, am 28. Hagel, am 24.Ab. Blitze inSW
Am 23. stürmisch.
'Um 7 h —9 9 0. Am 14. 15. u. 28. stürmisch a. NW.
4 Am 31. —5 ? 8. Am 28. zweimal Gewitter.
Am 1.3. u.22. Stürmen. SO.u.S., am 24. Ab. Blitze gegen S.
Kagusa. Am 10. Sturm a. SO. bis 12 h , dann aus S. und zuletzt aus SO., nach 10 1 ' Ab. Hagel. .
Zara. Am 25. stürmischer Südwind, der am 2(1. Morg. in NW. umschlägt, worauf Aufheiterung erfolgte. In Wien wurde gleichzeitig dieselbe Windrichtung beobachtet, wo aber bei der Drehung des
Windes nach NW. Reffen erfolgte. ... . „ , _ . ...
Venedig. Am 23. Tags über stürmisch aus NO., öfters Regen, Blitze, Donner. Am 28. Gewilterbeislarto^ 29. Ab. Gewitter und Hagel. Die grossen Temperaturveranderungen,
4)
5)
6)
7)
8)
9)
welche in der zweiten März-Hälfte in dem continentalen Europa sich zeigten, waren in den Seestationen viel weniger excessiv.
Kronstadt. Der Orkan vom 26. dauerte von 12 h Mittags bis nach Sonnenuntergang. Am 12. fielen 19—12 Aon Schnee, welche 9-2i
Vallend orf. Der Sturm am 19. um 6 h Abends war von kurzer Dauer. Am 23. Gewitter gegen S., von <> 4‘ Sturm a. Sn. Am 27
26 Wasser gaben.
7. um 9 h 20' Ab. heftiges Gewitter.
vollkommen. Am 25. ist die Eisdecke am Klagenfurter See aufgelöst, Schneegrenze an südlichen
Kr
Wallendorf. Der Sturm am 19. um 6 h Abends war von kurzer Dauer. Am 23. Gewitter ge;
Czernowitz. Am 5. Eisgang am Pruth, am 23. Sturm, am 28. Wetterleuchten.
Kremsmünster. Am 4. März ist die Schneedecke bis auf die Schneewehen, am 21. vollkommen aufgelost.
Lienz. Am 9. die sonnigen Bergabhänge schneefrei. Am 31. noch 3 Zoll tiefer Lagcrschnee in der Ebene.
Klagenfurt. Der Lagerschnee schwindet am 11. an sonnigen Anhöhen, am 19. auch in der Ebene voll
10) R z e s z'ow. b Am'"'28.' um 3h 55' Ah. Gewitter in N. (Donner hörbar) zog gegen NO., dann um 6h 50' bis 8'- 15' in SO. mit schnell sich folgenden Blitzen und hörbarem Donner.
11) Jaslo. Am 6. Eisgang und im letzten Monalsdrittel vom 22.—27. Thaufluth.
+ Herr Col I a, Director des astronomischen und meteorologischen Observatoriums in Parma hatte dieGüte uns die täglich angestellten Witterungsbeobachtungeneinzusendenund ihre Aufnahme
in diese Übersichten zu gestatten, wodurch das Beobaehtungsnetz in Italien auf eine erfreuliche M eise vervollständigt ward. Die aus den um 9 h Morg., 3 h und 9 b Ab. angestellten Beobachtungen
berechn eten Temperaturmittel wurden mittelst der Mailänder Beobachtungen auf die Stunden 6" Morg., 2" und 10 Ab. zurückgeführt. Die Feuchtigkeit wird in einem Haarhygrometer beobachtet.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. I. Hft. a
1
T
Beobachtungsort.
Gur
Biul Gastein
Kahlenberg
Markt Aussee
Lemberg 1 )
Krakau 3 ) .
St. Magdalena
Pürglitz . .
Steinbüchel
Bodenbach.
Schemnitz .
Obervellach
Czaslau 3 ) .
St. Jakob .
Altaussee .
Tröpeiaeh .
Obir I. . .
Schössl 4 ) .
St. Jakob (be
Leipa . . .
Deutschbrod
Trautenau .
Oderberg .
Saifnitz . .
Senftenberg 5
St. Peter
Alkus (bei
Kesmark .
Heiligenblut
Plan 7 ) . .
Stilfserjoeh
Obir III. . .
S. Maria 8 ).
Pressburg Sept.
Dec.
Jänn.
Febr.
Kahlenberg Febr.
Rzeszow Jänn.
Febr.
Parma Jänn.
Febr.
)
Liei
)
Mittlere
Tem
peratur
Reaiioiur
1854
1854
1855
1853
1835
1833
1855
1833
1855
1 9 61
1-61
1-37
1-35
1-31
1- 31
1-22
1-20
119
1-12
1-11
1-01
0 98
0-86
0-69
0-62
0-37
0-49
0-37
0-29
0-24
015
0-13
0-03
0-12
0-22
1-08
1-61
2- 82
3- 55
4- 12
8-99
+ 12-23
Maximum
Tag Temp.
+
+
2 15
2-41
2- 79
3- 93
3-63
3-38
0-66
0-58
24-6
23- 6
24- 6
28-6
23-
23-6
25- 6
23-6
23- 6
28-6
28-6
25- 6
24- 6
23- 6
20-6
20-6
24- 6
26- 6
23- 6
2 3 ■
3 5 ‘ G
24- 6
23-6
26-6
23-
26-6
26 0
28-6
20-6
19-6
17-6
26-6
22-6
16-6
1-6
27-6
140
2-
28-
Minimum
Tag Temp.
+ 10 9 5
+ 11-6
+ 12-0
+ 11-1
+ 11-4
+ 7
4
9-4
7- 8
8- 1
8-8
7-8
+ 13-0
7
7
7
8
6
+ 12
+ 6
+ 10-6
+ 6-0
+ 8-0
-f-10 1
11-4
11-3
12
1
1
12
12
12
12
+ 22-0
7-5
7-3
7-0
5-2
2-6
4-0
10-8
9-4
12-3
12-3
12- 3
11-8
12
16
12
12
12
12-
12-8
13- 3
12-3
1-
12-3
*1-3
12- 3
13- 3
12- 3
11-3
11-4
13- 3
11-3
27-3
30- 3
29-3
3-3
20- 3
31- 3
22 ■3”
2 3 •
2 2 •
21-
- 7 ? 7
- 5 - 6
- 7-4
-10-8
- 9-4
- 3-7
- 8-0
- fr 6
- 3-2
- 6-6
-10-6
- 8-5
- 7-0
- 8-5
-11-4
- 6-0
- 6-1
- 9-0
- 6-0
-13-2
- 9-8
-12-7
-12-8
-11-7
-12-8
-11-0
-13-6
- 9-9
-18-0
-17-0
- 9-5
-23-6
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
294”43
316- 92
309-22
324-27
326-51
302-11
321-26
329-17
311-28
308-58
324-23
298-39
298-13
311-63
321-85
324-41
317- 85
317-64
287-60
309-87
284-50
273-83
244-80
Maximum
Tag Luftdr.
31-3
31-9
31-6
31-9
31-9
31-9
31-3
31-9
31-8
31-9
31-9
31-9
31-6
31-9
31-9
31-9
31-8
31-9
31-9
31-9
30-
31- 9
31-3
298'73
323- 69
314-01
331-81
335- 01
307-02
329-40
336- 69
317-62
314-64
331- 49
303-18
303 00
316-99
328-87
332- 00
324- 66
325-23
291-97
315-28
288-02
277-40
247-85
Minimum
Tag Luftdr.
23- 1
22- 9
22-8
24- 3
23- 3
13-3
23-3
23-3
23-3
13-6
22- 9
13-6
22-8
13-6
23- 3
23-3
23-4
23-3
23-3
23-3
13-6
13-3
13-3
288"72
309- 41
301-50
316-60
318-52
295-73
313-10
321-27
305 * 70
303-47
315-87
292-45
291-11
305-50
313-17
315-32
310- 20
309-38
282-39
303-64
279-01
267-88
239-08
Dunst
druck
1-99
1-94
1- 94
2- 02
1-91
1- 75
2- 00
1-79
1-79
1-73
1-75
1-76
Nieder
schlag
Par. Lin.
83
50
13”88
8-73
19-61
65-54
33-78
82-41
12-73
15- 08
39-41
38-24
19-81
59-90
45-81
105-05
8- 29
9- 83
16- 40
28-44
25-03
140-10
36-65
27-96
16-70
56-40
121-42
Herr
schender
Wind
s.
w.
W.NW
W.
w.
SW.
W. 0.
NW.
SW.
NW.
SW.
SW.
w.
so.
SW.
N.
NW.
W.
W.
W.
NNO.
SO.
N. S.
O.
0.
0.
Anmerkungen.
Nachträge
- 4-2
- 3-0
-13-7
-12-0
-13-8
-18-0
-16-4
- 9-6
- 5-2
333- 72
330- 63
332 80
329-59
317-20
329-44
317-21
334- 57
331- 19
Magnetische Störungen.
Am 10., 12.
und Verbesserungen zu den früheren Monaten.
3-3
29-9
7-3
3-3
2- 9
7-6
2-6
7-
3-
336-78
336-92
338-86
335-51
322-19
335- 37
332-14
341-06
336- 50
22- 3
23- 3
1- 9
14-9
14- 9
2- 6
15- 3
2-
14-
330 04
325-08
325-00
320-31
308-08
318-00
318-18
327-86
323 17
1-40
81
95
24-61
18-92
28-10
35-47
NW.
NW.
NW.
NW.
W. N.
NW.
SW.
NO.
NW.
Am 22. 10 k 30' Ab. Blitze gegen NO., am 3. Scirocco.
Am 23. von 4—6 h Ab. stürmisch a. W.
Am 23. Ab. Blitze.
Am 13. hier nur —3 9 4, am 31. —4 9 5.
Vom 19. auf 20. Sturm a. NW., am 23. Ab. Blitze in NW.
Am 3. +8-2, am 19. stürmisch a.NW.
Am 24. um 7 h Ab. Gewitter.
Am 16. —7 4.
Am 23. um 7 h Ab. Blitz ohne Donner.
Am 23. u. 24. um 2 h Ab. Donner.
Am 16. —10 ? 2.
Am 23. um 8 h 45' Ab. Gewitter gegen N.
Am 23. Wetterleuchten, am 27. Blitz u. Donner.
Sehr stürmisch, besonders am 24. a. NW.
Sehr stürmisch, besonders am 9.10.11.15. 24. 25. 27. 30
Am 9. heftiger Sturm a. NW., am 22. Sturm a. W.
Am 3. u. 13. Sturm, am 12. 22.23. Schneesturm.
{ Für die Jahres-Übersicht wurde durch na hegelege ne Stationen interpolirt, da die Beob
achtungen nicht Vorlagen; der Unterschied der wirklichen Beobachtungen und der
interpolirten ist gering und bei den Jahresmitteln unmerklich.
Am 1. Nachm. Orkan.
Am 15. heftiger Sturm a. NW. [geht, dabei Eisregen.
Am 3. starker Wind a. N., der u. 9 k Ab. in Sturm a. S. über-
Vom 1.—3. stürmisch a. SW. u. NW.
3 Am 3-3 —16-3, am 16. stürmisch a.NW.
1) Lemberg. Der Lagerschnee am 27. bis auf die Schneewehen geschmolzen; er dauerte seit den letzten Tagen des Deccmbers 1854.
2) Krakau. Am 20. um 8 h Ab. Mondsäulen.
3) Czaslau. Am 19. der Lagerschnee verschwindet von den Feldern.
4) Schössl. Am 23. völliges Thauen des Lagerschnees in der Ebene.
5) Senftenberg. Am 23. der Lagerschnee beginnt von den Feldern zu schwinden und zwar am 24. bis zur Hälfte; 1—200' höher liegt er noch ununterbrochen. Am 23. 8 h 19' öfters Wetterleuchten im N.
Am 27. um 9 h 22 h Ab. e.n einzelner Blitz und prasselnder Donner.
0) Alkus. Am 10. ist die Umgebuung zwar schneefrei bis 4000', am 30. fiel wieder Schnee.
7) Plan. Der ganze Winter zeichnete sich mehr durch grosse Schneemassen als durch Kälte aus, zu Ende März waren hier die Sehneemassen 6—7 Fuss hoch.
8) S. Maria. Am 11* Mars war die tiefste Temperatur in diesem Winter.
Während in den Monaten Jänner und Februar Temperatur und Luftdruck grossen Störungen unterworfen waren, und diese sich besonders in demjenigen Theile Österreichs zeigten,
welcher dem Continental-Klima Europa’s nabe liegt, waren im März diese Störungen viel weniger auffallend und beschränkten sieh mehr auf Orte von bedeutender Seehöhe, wie St. Maria.
Die graphischen Darstellungen des Ganges der Wärme und des Luftdruckes zeigen daher im März an den höheren Stationen eine grössere Abweichung einzelner Tage vom Monatmittel der
Temperatur und des Luftdruckes als die tiefer gelegenen Orte.
Beider Darstellung des Ganges der Feuchtigkeit und des Ozongehaltes der Luft trifft das Maximum des letzteren oft an jenen Tag, wo die grösste Menge vom atmosphärischen Niederschlag stattfand.
Gang der Wärme nnd des Luftdruckes im März 1855.
Die punctirten Linien stellen die Wärme, die ausgezogenen den Luftdruck dar.
Die beigeschriebenen Zahlen sind Monatmittel, denen die stärkeren Horizontallinien entsprechen.
Ein Netztheil entspricht bei der Wärme einem Grad Reaumur, beim Luftdrucke einer Pariser Linie.
C'zernoT.’itz
23fJ&
Lemberg
320.27
JParglitz
Klagenfurl
J/6. J/J
Valona
(in Albanien)
Entw v. A TT BarkTiardt.
Wallendorf
320.22
Semlin
33202
Mailand
322 ffS
Plan (am Oelschthaler Ferner.)
273.$3
St. Maria
Aus i tk. Hof-u. Suatidrucktrei
S’itzunf'xb tl. k. Akad.tLW inath. naturw. Ci.XVlBd 1 Heft. 1855.
Dip am Ramio rechts stehenden Zahlen bezeichnen die grösste Menge des Nh
SITZUNGSBERICHTE
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XVI. BAND. II. HEFT.
JAHRGANG 1855. — MAI.
19
287
SITZUNG VOM 10. MAI 1855.
Bericht
über Herrn Vincenz Maria G r e dl er's Mollusken - Fauna
von Tirol.
Von dem w. M. Dr. L. Fitzinger.
Herr Vincenz Maria Gredler, Professor der Naturgeschichte
am Gymnasium zu Bozen, hat der mathematisch-naturwissenschaft
lichen Classe der kais. Akademie der Wissenschaften eine hand
schriftliche Abhandlung eingesendet, welche die Land- und Süss-
wasser-Conchylien der Grafschaft Tirol zum Gegenstände hat und
das Ansuchen gestellt, dieselben entweder im Ganzen in die Druck
schriften der kais. Akademie aufnehmen, oder theilweise in den
Sitzungsberichten derselben erscheinen lassen zu wollen.
Da nach dem §. 32 der Geschäftsordnung der kais. Akademie,
jede für die Denkschriften oder Sitzungsberichte bestimmte Abhand
lung in einer Classen-Sitzung ganz oder im Auszuge entweder zu
lesen oder frei vorzutragen ist, der Herr Verfasser aber, welcher
fern von Wien lebt, dieser Vorschrift nicht entsprechen kann, so
habe ich es mit Vergnügen übernommen, aus dieser Abhandlung,
welche gerade eines jener Fächer betrifft, welche ich hei der kais.
Akademie zur Zeit zu vertreten die Ehre habe, einen kurzen Auszug
zu verfassen, und denselben der geehrten Classe im Namen des
Herrn Verfassers vorzutragen.
Das vorgelegte Manuscript, welches 23 */, Bogen ausmacht und
welchem zwei Tabellen und eine in Federzeichnung ausgeführle
Tafel mit vier Figuren heigefügt sind, bildet den ersten und zwar
bei weitem grösseren Theil der ganzen Arbeit und umfasst sämmt-
Hche, bisher in Tirol beobachtete Land-Schnecken, mit Ausnahme
19
288
Fitzinger. Bericht über Herrn Yincenz Maria
der noch zu unvollständig bekannten und auch in allen zoologischen
Werken nur höchst stiefmütterlich behandelten Familie der Nackt
schnecken, welche der Herr Verfasser eben aus diesem Grunde
gänzlich zu übergehen für gut befunden hat.
ln einer Vorrede, welche er seiner auf mehrjährige Forschung
gegründeten Arbeit voranschickt, gibt er Rechenschaft über die
Hilfsmittel, welche ihm hierüber zu Gebote standen, und über die
Quellen aus denen er geschöpft. Auch zählt er hierin nicht nur jene
Schriften auf, welche denselben Gegenstand berühren und macht
die Männer namhaft, welche sich um die Kenntniss der Mollusken-
Fauna von Tirol verdient gemacht haben, sondern gibt auch genau
die Bezirke an, welche von jedem einzelnen derselben durchforscht
wurden und knüpft endlich hieran auch eine Übersicht seiner eigenen
Bereisungen, jenes in naturwissenschaftlicher Beziehung so reiche
Abwechslung darbietenden Landes.
Das Gebiet, welches seine Mollusken-Fauna umfasst, ist streng
durch die geographischen Begrenzungen des Landes abgeschlossen
und reicht nirgends über dieselben hinaus, daher auch in derselben
keine einzige Art aufgeführt erscheint, welche nicht innerhalb dieser
Landesgrenzen vorgefunden wurde.
Nach einer kurzen Zusammenstellung der in seinem Werke
gebrauchten Abkürzungen, folgt in systematischer Reihenfolge die
Aufzählung sämmtlicher seither in Tirol beobachteter, mit Gehäusen
versehener Land-Schnecken.
Das System, welches der Herr Verfasser hierbei beobachtet
hat, ist dasselbe, welches von den allermeisten Bearbeitern von
Local-Faunen in Anwendung gebracht wurde. Es gründet sich in
seinen grösseren Abtheilungen auf das Feruss ac’sche System und
folgt in Bezug auf die Umgrenzungen der Gattungen den Ansichten
von Lamark, Draparnaud, Rossm ae s s 1 er und den meisten
neueren Naturforschern, welche es vorgezogen haben umfangreichere
Gattungen anzunehmen und eine Zersplitterung derselben sorgfältig
zu vermeiden suchen.
Nach demselben Grundsätze sind auch die einzelnen Arten
begrenzt und minder erhebliche Formunterschiede nur als Varietäten
aufgeführt.
Jeder Gattung ist der sie unterscheidende Charakter beigefügt
und ein daran gereihtes Schema, nach analytisch-dichotomischer
Gredler’s Mollusken-Fauna von Tirol.
289
Methode, enthält die auffallendsten und selbst dem Laien am deut
lichsten in die Augen springenden Unterscheidungsmerkmale sämmt-
liclier, jeder einzelnen Gattung angehöriger Arten.
Hierauf folgen gattungsweise und nach der Verwandtschaft ihrer
äusseren Formen an einander gereiht, die verschiedenen selbst
ständigen Arten, unter Anführung der das Gebiet von Tirol berühren
den Faunen und hie und da auch der nöthigsten Synonyme anderer
Autoren. Jede Art ist durch eine möglichst kurz gehaltene, genaue
Beschreibung scharf und deutlich abgegrenzt und vollständig kennt
lich gemacht, so wie auch von den verschiedenen Abänderungen,
welchen sie unterliegen, von denen jedoch nur jene aufgenommen
wurden, die seither in Tirol beobachtet worden sind, eine kurze
Charakteristik beigefügt ist. Durch dieses Verfahren, welches ins
besondere bei Local-Faunen nothwendig, ja selbst von höchster
Wichtigkeit ist, um jeden Zweifel über die Richtigkeit in der Bestim
mung zu beseitigen, setzt der Herr Verfasser alle Jene, die sich mit
diesem Zweige der Wissenschaft zu befassen wünschen, in die Lage,
die aufgefundenen Arten sowohl als Abarten, ohne hierzu weiterer
Hilfsmittel zu benöthigen, richtig zu erkennen und leitet sie mittelst
der vielen beigefügten kritischen Bemerkungen durch das Labyrinth
der in der Conchiologie so häufig vorkommenden Nominal-Arten.
An diese kurzen und charakteristischen Beschreibungen der
einzelnen Arten endlich, reihet sich die Angabe ihres Aufenthaltes im
Allgemeinen, oder ihre Verbreitung je nach den Verhältnissen des
Bodens und der Vegetation, worauf eine umfassende Übersicht
ihrer topographischen Verbreitung folgt, welche durch eine voll
ständige Aufzählung sämmtlicher seither bekannt gewordener Fund
orte in Tirol, unter Angabe der Gewährmänner erläutert ist.
Am Schlüsse sind zwei Tabellen beigefiigt, von denen die erste
eine Zusammenstellung sämmtlicher in den Gebieten von Innsbruck
und Bozen vorkommender Arten von Land-Schnecken enthält und
zugleich als Anhaltspunkt zu einer vergleichenden Übersicht über die
Vorkommnisse in Nord- und Süd-Tirol oder dies- und jenseits der
Central-Aipen dienen kann. In dieser Zusammenstellung ist ersicht
lich gemacht, welche Arten jedem der beiden Bezirke eigenthümlich
sind und welche sie mit einander gemein haben. Es ergibt sich hier
aus, dass dem Bezirke von Innsbruck 7, dem Bezirke von Bozen
30 Arten eigenthümlich sind, während 45 Arten in beiden Bezirken
290
Fitzinger. Bericht über Herrn Vincenz Maria
zugleich Vorkommen. Da sonach dem Gebiete von Innsbruck nur
52 Arten zukommen, dem Bezirke von Bozen hingegen 75, mithin
um 23 Arten mehr, so stellt sich für Süd-Tirol, welches durch das
Bozener Gebiet vertreten wird, im Vergleiche zu Nord-Tirol, das
in dem Innsbrucker Gebiete einen Repräsentanten findet, ein über
wiegender Reichthum an Arten heraus. Der Herr Verfasser glaubt
diesen grösseren Reichthum von Süd-Tirol vorzüglich durch das
tiefere Herabsteigen des Landes bei übrigens gleicher Erhebung mit
Nord-Tirol erklären zu können, indem sich sowohl das Gebiet von
Innsbruck als von Bozen bis zu einer Höhe von beiläufig 5000 Fuss
über dem Meeresspiegel erhebt, während jenes von Innsbruck sich
nur auf 1760 Fuss, das von Bozen hingegen selbst bis auf 650 Fuss
herabsenkt.
Die zweite Tabelle endlich enthält eine Übersicht der in eben
diesen beiden Gebieten vorkommenden Arten von Land-Schnecken
nach ihrem gemeinschaftlichen Auftreten oder ihrem gesellschaftlichen
Vorkommen.
Im Ganzen führt der Herr Verfasser 115 Arten tirolischer
Land-Schnecken auf und zwar von der GattungSuccinea 4, Vitrina 3,
Helix 50, Achatina 4, Bulimus 3, Papa 19, Vertigo 9, Balea 1,
Clausilia 15, Carychium 1, Cy clostoma 1, Pomatias 2 und
Acicula 3.
Hierunter befinden sich 4 neue, vom Herrn Verfasser aufge
stellte Arten und zwar eine Art der Gattung Pupa und 3 Arten der
Gattung Vertigo, die auch auf der beigefiigten Tafel abgebildet sind.
Es sind dies seine Pupa striata, Vertigo Genesii, sulcata und
Leontina.
Die Arbeit des Herrn Gr edler über die Mollusken-Fauna von
Tirol, welche mir zur Berichterstattung zugewiesen worden ist und
worüber ich der geehrten Classe einen kurzen Auszug ihres Inhaltes
vorzutragen die Ehre hatte, ist das Resultat mehrjähriger, mit Liebe,
Fleiss und Ausdauer unternommener Forschungen und beurkundet
die vollkommene Sachkenntniss des Herrn Verfassers in diesem
Zweige der Wissenschaft.
Es ist dies die erste umfassende Arbeit, welche über die Mollus
ken-Fauna von Tirol zu Stande kam; denn Alles, was bisher hierüber
bekannt ist, beschränkt sich auf die wenigen vorausgegangenen Arbeiten
von Strobel und Betta , welche nur einzelne kleinere Gebiete jenes
G r e d 1 e r’s Mollusken-Fauna von Tirol.
291
Landes berühren. Jedenfalls gebührt Herrn Gr edler das Verdienst,
sehr viel zur genaueren Kenntniss über das Vorkommen und die
Verbreitung der Mollusken in Tirol beigetragen zu haben und seine
Arbeit reiht sich nicht nur in würdiger Weise jener von Schmidt
über die Mollusken von Krain und der von Gallenstein über die
Mollusken Kärntens an, sondern füllt auch eine höchst fühlbar gewesene
Lücke aus, indem sie die Mollusken-Fauna der österreichischen
Monarchie mit den Vorkommnissen eines in dieser Beziehung noch
sehr wenig bekannt gewesenen, ziemlich ausgedehnten Landes
bereichert.
Der Gewinn, welcher hieraus für die Wissenschaft erwächst,
kann nicht zweifelhaft sein und ist jedenfalls ebenso gross wie jener,
welchen die Bearbeitung der Fauna irgend eines Landes der
Wissenschaft überhaupt zu bieten vermag.
Ich kann es nicht verhehlen, dass, bevor ich diese Arbeit einer
genaueren Durchsicht unterzog, mir dieselbe beinahe zu umfangreich
für die akademischen Schriften geschienen habe. Nach sorgfältiger
Prüfung habe ich jedoch die Überzeugung gewonnen, dass nichts in
derselben enthalten sei, was überflüssig wäre, oder ohne eine wesent
liche Beeinträchtigung des Ganzen weggelassen werden könnte.
Wenn auch beinahe sämmtliche, in dieser Fauna vorkommende
Arten bereits bekannte und beschriebene sind, so ist es doch nicht
thunlich, die ihnen beigefügten Beschreibungen hinwegzulassen und
sie für überflüssig oder entbehrlich zu betrachten, da es gerade bei
Local-Faunen von höchster Wichtigkeit ist, über die Richtigkeit in
der Deutung und Bestimmung der Arten ausser allem Zweifel zu sein.
Insbesondere tritt die Wichtigkeit dieses Erfordernisses aber bei
einer Bearbeitung der Mollusken ein, indem die allermeisten Arten in
so mannigfaltigen Formen erscheinen, dass es ohne eine sehr genaue
und scharfe Angabe ihrer Kennzeichen geradezu unmöglich ist, mit
Sicherheit zu erkennen, welche Art oder Form unter dem angeführten
Namen verstanden sei. Die Richtigkeit dieser Behauptung erprobt
sich nur zu sehr in den Schriften selbst der ausgezeichnetsten Auto
ren in diesem Fache, welche unter einem und demselben Namen
häufig ganz verschiedene Arten beschrieben und selbst abgebildet
haben. Der Name allein genügt nur in verhältnissmässig seltenen
Fällen und die Hinweglassung der Charaktere, welche allein nur
über die Richtigkeit in der Bestimmung der Arten entscheiden, hat
292 Fitzinger. Bericht über Herrn V. M. Gredler’s Mollusken-Fauna von Tirol.
nichtnuroft schon zu namenlosen Verwirrungen Veranlassung gegeben,
sondern häufig auch der Wissenschaft mehr zum Schaden als zum
Nutzen gereicht. Übrigens hat Herr Gr edler seine Beschreibungen,
wenn inan sie ihrer Gedrängtheit wegen überhaupt so nennen darf,
so kurz gefasst, dass selbst ihre Hinweglassung nur ein sehr kleines
Ersparniss von höchstens zwei Druckbogen erzielen könnte.
Eine Zurückweisung dieser wirklich gediegenen Arbeit, blos
auf den Grund hin, dass sie einen Umfang von 9—10 Druckbogen in
Anspruch nehmen wird, schiene mir ungerecht und der Aufgabe und
Stellung der kais. Akademie nicht würdig. Auch glaube ich hervor
heben zu sollen, dass diese Arbeit von einem Manne rührt, der sich
bisher noch keinen Namen in der Wissenschaft zu machen Gelegen
heit hatte, und für welchen daher wohl kaum irgend eine Aussicht
vorhanden ist, sein mühevolles Werk im Wege des Buchhandels zur
Veröffentlichung bringen zu können.
Die Verwirklichung des Wunsches, seine Arbeit durch die
kaiserliche Akademie oder mit Hilfe ihrer Unterstützung veröffentlicht
zu sehen, würde nicht nur höchst ermunternd auf ihn einwirken,
sondern ihn sicher auch bestimmen, die Erforschung der natur
historischen Verhältnisse seines Vaterlandes auch auf andere Zweige
auszudehnen.
Einen bestimmten Antrag hierüber zu stellen, behalte ich mir
für unsere vertrauliche Sitzung vor.
H 1 a s i w e t z. Über die Zusammensetzung des Ursons.
293
Eingcscndete Abhandlung.
Uber die Zusammensetzung des Ursons.
Von Prof. Dr. Hlasiwetz in Innsbruck.
Eine Probe dieses, vor Kurzem von H. Trommsdorff in dem
ätherischen Auszug der Blätter von Arbutus uva ursi aufgefundenen
Stoffes 4 ), die mir vom Entdecker freundlichst überlassen worden
war, gab bei 100° getrocknet und analysirt, folgende Zahlen:
I. 0-3070 Grm. Substanz gaben 0-882 Grm. C0 3 und 0-309 Grm. HO
II. 0-2628 „ „ „ 0-766 „ „ „ 0-264 „ „
In 100 Theilen:
I. II.
C = 78-35 — 78-45
H = 11-18 — 1115
0 = 10-47 — 10-40
100-00 — 100-00
Die einfachste, diesen Zahlen entsprechende Formel ist
C 20 H 17 O 2 . Sie verlangt: C =78-43, H = 11-11, 0 = 10-46.
Diese Zusammensetzung und die, schon in Trommsdorff’s
Bericht angegebenen Eigenschaften stellen den Körper in die Reihe
der krystallisirten indifferenten Harze. Er schmilzt bei 198—200° C.
und erstarrt krystallinisch. Über seinen Schmelzpunkt erhitzt, bleibt
er amorph und wird rissig.
In den meisten seiner Eigenschaften, und der Zusammensetzung
nach vollständig kommt er mit dem Martin C 4 oH 34 04 überein, dem
krystallisirten Harze, welches Schrötter aus der Braunkohle von
Hart dargestellt und beschrieben hat 3 ).
Anmerkung. Das Arctuvin, welches aus dem Zerfallen des Arbutin hervorgeht,
ist nach der Untersuchung von A.Kawalier derFormel C 30 H 10 0 7
entsprechend zusammengesetzt. Denken wir uns den Sauerstoff
durch Wasserstoff ersetzt, so entsteht die Verbindung C 20 H 17 die
durch einen Mindergehalt von 20, von dem Urson sich unter
scheidet. Dr. Rochl eder.
D Archiv der Pharmacie, Bd. I/XXX, S. 274.
2 ) Poggendorff’s Annalen, Bd. 59, S. 46.
294
Fritsch. Resultate der im Jahre 18o4
V o r t r ii g e.
Resultate der im Jahre 1854 in Wien und an einigen anderen
Orten des österreichischen Kaiserstaates angestellten Vegeta
tionsbeobachtungen.
Von dem c. M. Karl Fritsch.
So wie im vorigen Jahre, erlaube ich mir auch in diesem, eine
gedrängte Übersicht der Vegetationsbeobachtungen vorzulegen, welche
in dem abgeflossenen Jahre 18S4 in Wien und an mehreren anderen
Orten des österreichischen Kaiserstaates ausgeführt worden sind.
Ich bezwecke mit dieser Vorlage, dieTheilnehmer an den Beob
achtungen möglichst schnell in die Kenntniss zu setzen, einerseits
von den hauptsächlichen Ergebnissen ihrer Beobachtungen, anderer
seits sie in reger Theilnahme an denselben zu erhalten; denn nur von
einer, nach einem bestimmten Plane mehrere Jahre hindurch con-
sequent fortgesetzten Theilnahme ist die Ernte jener Früchte zu hoffen,
welche durch die Beobachtungen in Aussicht gestellt sind.
Die Beobachtungen, deren Ergebnisse in den beigeschlossenen
Tabellen eingetragen sind, beziehen sich nur auf jene Pflanzen und
Phasen der Entwickelung, welche in der von der k. k. Central-
Anstalt für Meteorologie ausgegangenen Instruction enthalten sind 1 ).
Sie umfassen:
1. für die wichtigsten Bäume und Sträucher die Zeit der Belau
bung und Entlaubung;
2. für diese sowohl als für einige interessante krautartige
Pflanzen, welche perennirend sind, die Zeit der Blüthe;
3. für mehrere in national-ökonomischer Hinsicht wichtige
Pflanzen die Zeit der Fruchtreife;
4. für mehrere in derselben Hinsicht berücksichtigungswerthe
Pflanzen die Zeit der Saat, des Keimens, Blühens und Fruchtreifens.
Wie aus folgender Tabelle zu entnehmen ist, welche die Namen der
Orte, an welchen die Beobachtungen angestellt worden sind, mit ihrer
—
1 ) Die Beobachtungen über andere Pflanzen und Phasen der Entwickelung erscheinen mit
den hier zusammengestellten vereint, im Anhänge zu den Jahrbüchern der meteoro
logischen k. k, £entral-Ansta!t.
angestellten Vegetationsbeobachtungen.
29S
geographischen Lage und Seehöhe, dann den Namen der Beobachter
enthält, ist die Zahl der Beobachtungsorte auf 28 gestiegen, welche so
ziemlich sich auf alle Länder des Kaiserreiches vertheilen, indem davon
entfallen, auf Böhmen 8, Mähren 1, Oherösterreich mit Salzburg 3,
Niederösterreich 2, Galizien mit der Bukowina 4, Siebenbürgen 3,
Ungarn 1, Kärnten und Krain 3, Tirol 2, Dalmatien 1.
Stationen in Österreich,
von welchen Vegetationsbeobachtungen vorliegen , die im Jahre 1854 angestellt
worden sind.
Name des Ortes
Länge
von
Ferro
Breite
Seehöhe
in
Toisen
Name des Beobachters
Alkus
Brünn
Czaslau ....
Czernowitz . . .
Deutschbrod . .
Gastein (Wildbad)
Hermannstadt
Kahlenberg .
Klagenfurt .
Krakau . . .
Kremsmünster
Kronstadt. .
Laibach . .
Leutschau .
Lienz . . .
Linz ....
Prag. . . .
Pürglitz . .
Saybuscb. .
Scbossl
Senftenberg.
Schüttenhofen
Stanislau . .
Strakonitz .
Tröpelach .
Wallendorf .
Wien (a) botan,
Garten . .
Wien (b) imPr
Zara ....
30°23'
34 17
33 2
43 41
33 IS
30 47
4L 32
33 38
31 38
37 37
31 48
43 14
32 12
38 19
30 24
31 36
32 3
31 34
36 48
31 10
34 7
31 12
42 25
31 28
30 56
42 18
24 2
32 54
46°52*
49 11
49 57
48 17
49 36
47 6
45 47
48 16
46 37
50 4
48 3
45 36
46 3
49 1
46 50
48 18
50 5
50 2
49 39
50 27
50 5
49 15
48 55
49 16
46 37
47 9
48 12
44 7
756
106
126
114
206
1050
223
220
225
108
197
311
152
291
323
122
93
158
177
175
216
225
112
215
295
195
100
a )
Herr Gemeinde-Vorsteher Franz
T a b e r n i g g.
„ Med. Dr. O 1 e x i c k.
„ Dechant Pecenka.
„ Seminar-Spiritual
B1 a czie wicz.
„ Prof. P. Norbert
S y chrawa.
„ Med. Dr. Prühl.
„ Prof. Reissenberger.
„ Hermann B i 1 hu b er.
„ Director Joh. Prettner.
„ Felix B e r d a u, k. k. Ad-
junct der Botanik.
„ Sternwarte - Director P.
August ResHhuber.
„ Prof. Eduard Lurtz.
„ Prof. Peter P e t r u z z i.
„ Med. Dr. HIavaczek.
„ Apotheker Keil.
„ Prof. Dr. Columbus.
Fräulein Wilhelmine Fritsch.
Herr Forstmeister Gintl.
„ Med. Dr. Krzi z.
„ Director Bayer.
„ AstronomTheod.Brorsen
„ Med. Dr. Str op ni eki.
„ KreisphysicusDr.Rohrer.
„ Med. Dr, Stropnicki *)
„ Pfarrer David Pacher.
„ Pfarrer K1 o p s.
„ Adjunct Frits ch.
Herren L ö w und Roll.
Herr Hauptmann Karl L a i n e r.
1 ) Übersiedelte im September 1854 nach Schüttenhofen.
2 ) Am Meeresgestade.
296
Fritsch. Resultate der im Jahre 18öi
Diese Beobachtungen bezwecken seiner Zeit die Untersuchung,
wie und nach welchen Gesetzen sich die Zeiten gleichnamiger
Enfwickelungsstufen der Pflanzen mit der geographischen undphysica-
lischen Lage der Orte ändern, während als weiter ausschender Zweck
der Entwurf eines genauen Kalenders der Flora eines jeden Ortes
angesehen werden kann, welcher ein Verzeichniss aller wichtigeren
Erscheinungen in der Pflanzenwelt enthält, welche im Laufe des
Jahres von Tag zu Tage sich ereignen. Der innige Zusammenhang mit
den meteorologischen Erscheinungen, welche in ähnlichen Perioden
vor sich gehen, unterliegt keinem Zweifel, wenn man die letzteren
auf ähnliche Weise zusammenstellt und vergleicht.
Während es in letzterer Hinsicht genügt, an einem oder einigen
wenigen Orten, um eine Controle der Ergebnisse zu erhalten, genaue
Beobachtungen, aber an möglichst vielen und verschiedenartigen
Pflanzen und Phasen ihrer Entwickelung anzustellen, ist es in ersterer
Beziehung, wenn es sich nämlich um die Abhängigkeit der periodi
schen Erscheinungen im Pflanzenreiche von der geographischen Lage
und Seehöhe der Orte handelt, wünschenswerth, die Beobachtungs-
Stationen wo möglich zu vervielfältigen und gleichmässig in dem
Lande zu vertheilen, für welches die Vegetations-Verhältnisse ermittelt
werden sollen, wogegen es genügt, die Beobachtungen an einigen,
aber besonders charakteristischen Pflanzen anzustellen.
Es ist aber noch überdies nothwendig, von Zeit zu Zeit, am besten
von Jahr zu Jahr die an den verschiedenen Orten angestellten Beob
achtungen zu vergleichen und sich zu versichern, dass überall dieselbe
Methode der Beobachtung eingehalten und den Beobachtungen selbst
die gewünschte Sorgfalt gewidmet werde. Lässt man diese Arbeit
anstehen, bis eine hinreichende Anzahl von Beobachtungen vorliegt, um
die normalen, d. h. dem Durchschnitte mehrjähriger Beobachtungen
entsprechenden Verhältnisse abzuleiten, so läuft man Gefahr, dass
sich in die Beilie der Beobachtungen Fehlereinschleichen,welche sich
im mehrjährigen Mittel nicht gegenseitig tilgen, sondern erhalten und
das Besultat um eine constante Grösse, deren eigentliche Ursache sich
oft nicht mehr vermitteln lässt, verkleinern oder vergrössern, und kann
demnach mit Recht besorgen, für die verschiedenen Stationen nicht
solche Daten zu erhalten, welche unter sich strenge vergleichbar sind.
Die Jahresberichte der schlesischen Gesellschaft für vaterländi
sche Cultur in Breslau enthalten solche Berichte über die Vegetations-
ang-estellten Vegetationsbeobachtungen.
297
Beobachtungen, welche alljährlich in Preussisch-Schlesien und den
angrenzenden Ländern angestellt werden, von Herrn Dr. Cohn.
Schon einige Blicke in diese vortrefflichen Berichte genügen, um
sich von ihrer Notlnvendigkeit für den beabsichtigten Zweck zu über
zeugen.
Ähnliche Berichte sollen nun mit Genehmigung der mathem.-
natarw. Classe der hohen Akademie der Wissenschaften in ihren
Sitzungsberichten von Jahr zu Jahr erscheinen.
Zu solchen Prüfungen und Vergleichungen eignen sich am besten
Bäume und Sträucher, indem sie einerseits von den Verrichtungen
der Landwirtschaft unberührt ihren Entwickelungsgang vollenden
können, andererseits fast ganz unabhängig sind von dem Standorte, in
welchem sie wurzeln, in so ferne derselbe beschattet oder sonnig und
gegen diese oder jene Weltgegend geneigt sein kann. Sie ragen ohne
Rücksicht auf den Standort, mit ihren Wipfeln frei in die Luft empor
und empfangen an demselben Orte überall eine nahezu gleiche Menge
Wärme, Licht und Feuchtigkeit, in so weit ihnen dieselbe durch die
oberirdischen Organe zugeführt wird. Die krautartigen Pflanzen wer
den hingegen durch den localen Standort so sehr in ihrer Entwickelung
beeinträchtigt, dass sie nach Verschiedenheit desselben beträchtlich
früher oder später blühen und die Früchte zur Reife bringen können.
Im botanischen Garten zu Wien blüht z. B. ein Exemplar von Aconi-
cum lycoctoHum, Wolfs-Eisenhut, das sich in dem Kernschatten einer
Baumgruppe entwickelt, um sechs Wochen später als ein anderes,
welches der freien Einwirkung der Insolation ausgesetzt ist. Aus
ähnlichen Gründen sehen wir nicht selten auf hoch gelegenen Orten,
deren Mitteltemperatur bedeutend tiefer als in der Ebene ist, Pflanzen
beträchtlich früher als hier blühen.
Die Pflanzenphysiologie weiss diese Erscheinung zu erklären;
sie soll uns hier nur als Thatsache dienen, welche die Wahl der
Pflanzen rechfertiget, die in der Instruction den Beobachtern anem
pfohlen worden sind, indem sie der Mehrzahl nach den Holzgewächsen
angehören. Würden sie mit den periodischen Erscheinungen, welche
im Laufe des Jahres auf einander folgen, nicht fast ausschliessend der
vegetativen Sphäre angehören, welche sich auf die Erhaltung und
Kräftigung der Pflanze beschränkt, während die reproductive Sphäre
durch weniger augenfällige und nur kurz dauernde Erscheinungen
(Blüthe und Fruchtreife) charakferisirt ist, so wäre man weniger
298
Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
genöthiget, aus den krautavtigen Pflanzen Repräsentanten für eine
Kategorie von Erscheinungen in der Pflanzenwelt zu wählen, welche
die anziehendsten und zugleich am fähigsten sind, der Zeit nach
scharf bestimmt zu werden.
In der That zweifelt kaum ein Beobachter, wann er bei Pflanzen,
deren Blüthenorgane deutlich entwickelt sind, den Tag der Blüthe
anzusetzen habe; mit weit geringerer Sicherheit aber wird er'den
Zeitpunkt der Belaubung auffassen, insoferne sie nicht eine bestimmte
augenfällige Erscheinung, sondern eine Reihe successiver Erschei
nungen bildet, welche nur selten hervorstechende und daher scharf
aufzufassende Momente darbietet. Es dürfte daher nicht überflüssig
sein, dieselbe hier etwas näher zu betrachten.
Belaubung,
„wenn wenigstens an einem Baume von einem Laubblatte die Oberfläche sichtbar wird“.
Die Blattknospe ist mit wenigen Ausnahmen mit einer Hülle
umgeben, welche aus einer bald grösseren, bald kleineren Anzahl von
Theilen besteht, die man Schuppen, wohl auch Niederblätter nennt.
Sie unterscheiden sich von den eigentlichen Laubblättern, deren
Entwickelungszeit allein nur aufzuzeichnen ist, durch die dunklere,
gewöhnlich braune Färbung, durch den Mangel an Rippen und Nerven,
dann auch durch ihre grosse Hinfälligkeit, da sie, wenn die ersten
Laubblätter ganz entwickelt sind, gewöhnlich schon entfärbt werden
und abfallen. Die erste Erscheinung, welche sich beim Erwachen der
Vegetation aus dem Winterschlafe zeigtest das sogenannte Schwellen
der Knospen, welches an den hellen Zonen erkannt wird, die sich
dadurch an der Blatthülle bilden, dass Theile derselben, welche frü
her von anderen bedeckt waren, in Folge des sich vergrössernden
Umfanges der Knospe zum Vorschein kommen. Dauert das Schwellen
fort, so öffnet sich die Hülle und es dringen die Laubblattspitzen
hervor; dies ist der Moment, mit welchem die Aufmerksamkeit des
Beobachters zu beginnen hat. Gewöhnlich ist das Laubblatt, dessen
Spitze sichtbar wird, noch zugefaltet oder gewickelt und es ist nur die
Unterfläche, welche die Oberfläche des Blattkegels bildet, sichtbar.
So wie sich aber dieser aufrollt oder entfaltet und die Ober fläche
des Laubblattes sichtbar zu werden anfängt, tritt der
Moment ein, den der Beobachter aufzufassen und in die Tabelle ein
zutragen hat. Dies hat dann zu geschehen, wenn sich die Erscheinung
angestellten Vegetationsbeobachtungen.
299
erst an einem oder einigen wenigen Knospen eines einzelnen frei
stehenden Baumes oder Strauches zeigt. Versäumt der Beobachter
diesen Moment, so wird er bei der Bestimmung des Zeitpunktes der
Belaubung einen bald grösseren, bald kleineren Fehler begehen und
im Allgemeinen einen zu späten Zeitpunkt annehmen.
In der Voraussetzung, dass die Belaubung in diesem Sinne von
allen Beobachtern aufgefasst worden ist, will ich nun die für die Zeit
der Belaubung an den verschiedenen Stationen gesammelten Daten
bei einigen Baumgattungen vergleichen.
Aesculus Hippocastanum, unsere Rosskastanie, belaubte sich
am 3. April in Prag
„8. „ „ Laibach und Wien,
„11. „ „ Klagenfurt,
„16. „ „ Strakonitz und Kremsmünster,
„17. „ „ Lienz in Tirol,
„18. „ „ Sehössl und Krakau,
„ 20. „ „ Linz,
„ 23. „ „ Pürglitz,
„ 24. „ „ Herrnannstadt,
„ 3. Mai „ Kronstadt,
„ 4. „ „ Deutschbrod, Senftenberg.
Die Zeiten der Belaubung dieses Baumes schwanken also in Öster
reich nach Verschiedenheit der Stationen bis um vier Wochen, und doch
sind sehr wahrscheinlich bei weitem noch nicht die extremsten Stand
orte des Kastanienbaumes in vorstehender Tabelle repräsentirt.
Für die Weiss-Birke (Betula alba) ergeben sich folgende Daten:
7. April in Wien,
12. „ „ Prag,
14. „ „ Kremsmünster,
15. „ „ Klagenfurt,
17. „ „ Strakonitz,
20. „ „ Pürglitz,
21. „ „ Krakau,
22. „ „ Czaslau,
1. Mai „ Senftenberg,
5. „ „ Kronstadt und Saybusch
Also eine ähnliche Reihenfolge und Verschiedenheit in den
Zeiten der Belaubung.
300
Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
Diese beiden Beispiele dürften zur Nach weisung genügen, dass die
Beobachtungen Spielraum genug bieten, um seiner Zeit, wenn nämlich
von mehreren Stationen als bisher, mehrjährige Beobachtungen vor
liegen werden, die Abhängigkeit der Zeit des Belaubens von der
geographischen Lage und Seehöhe, und das Gesetz, nach welchem
sich dieselben richtet, mit hinreichender Schärfe zu ermitteln und selbst
die Behauptung zu rechtfertigen, dass die Pflanzen empfindlicher sind
für klimatische Unterschiede, als unsere meteorologischen Instrumente,
wenn die Beobachtungen mit hinreichender Sorgfalt angestellt werden.
In letzterer Hinsicht sind die Beobachtungen des Herrn Theodor
Bro rsen in Senftenberg ausgezeichnet, ich will sie daher mit jenen
von Wien in der Absicht vergleichen, um zu zeigen, dass die Unter
schiede in den Zeiten der Belaubung einerseits von der Pflanzenart,
andererseits auch noch von der Jahreszeit abhängig sind, in welchen
die Belaubung stattfindet und im Allgemeinen abnehmen, wenn die
Epoche der Belaubung in eine spätere Jahreszeit fällt.
Der Reihenfolge in der Zeit nach belauben sich z. B.
Wien
Ribes Grossularia . . .
Daphne Mezereum . . .
Philadelphus coronarius .
Pinus Larynx
KubusIdaeus
Syringa vulgaris . . . .
Berberis vulgaris . . . .
Corylus Avellana . . . .
Viburnum Opulus . . .
Sorbus Aucuparia . . .
Ainus glutinosa . . . .
Betula alba
Rosa canina
Aesculus Hippocastanum
Prunus avium
Carpinus ßetulus . . . .
Tilia grandifolia . . . .
Ulmus campestris . . .
Prunus domestiea . . .
Populus pyramidalis . .
Pyrus communis . . . .
Fagus silvatica
Prunus spinosa
Tilia parvifolia
Quercus pedunculata .
Robinia Pseudoacacia . .
Fraxinus exelsior . . . .
10. März
22. „
23. „
23. „
29. „
31. „
4. April
4- „
6. „
6. „
7- „
7. „
7- „
8. „
9. „
10. „
10- „
10. „
11. „
11. „
12. „
19. „
20. „
20. „
21. „
22. „
2. Mai
Senftenberg
W—S
11. April
18. „
26. „
22. „
22. „
17. „
3. Mai
21. April
3. Mai
4. „
24. April
1. Mai
28. April
4. Mai
5. „
5. „
5. „
17. „
10. „
11. „
10. „
3. „
10. „
11. „
11. „
13. „
14. „
32. Tage
27. „
34. „
28. „
24. „
17. „
29. „
17. „
27. „
28. „
17. „
24. „
21. „
26. „
26. „
23. „
25. „
37. „
29. „
30. „
28. „
14. „
20. „
21. „
20. „
23. „
12. „
angestellten Vegetationsbeobachtungen.
301
Hieraus ergeben sich folgende mittlere Unterschiede:
Periode
i.—iO. Mürz
20.—30. „
1.— 9. April
10.-19. „
20.-29. „
1.—10. Mai
Unter
schied
Zahl
der
Pflanzen
32
28
23
27
21
12
1
4
10
7
Die Abnahme des Unterschiedes in den Zeiten der Belaubung
zwischen Senftenberg und Wien zeigt sich demnach im Allgemeinen
mit der Jahreszeit fortschreitend, wenngleich manche Baumgattungen,
die sich an einem der beiden Orte gleichzeitig belauben, an dem
anderen zu verschiedenen Zeiten das Laub entwickeln. Das auffal
lendste Beispiel in obiger Zusammenstellung bietet die Ulme (Ulmas
campestris), welche sich in Wien gleichzeitig mit der Sommerlinde
(Tilia grandifolia) und der Hainbuche (Carpinns Betulus) belaubte,
nämlich am tO. April, während sie in Senftenberg um 12 Tage später
das Laub entwickelt als die beiden anderen Bäume.
Diese Anomalie kann indess auch in der Individualität des Bau
mes den Grund haben. Im botanischen Garten in Wien wurde die
Zeit der Belaubung von fünf verschiedenen Bäumen besonders aufge-
zeichnet. Im Durchschnitte aus drei Jahren fand man für die einzelnen
fünflndividuen von Ulmus campestris folgende Zeiten der Belaubung:
a) 17. April,
b) 11. Mai,
c) 29. April,
d) 6. Mai,
e) 5. Mai.
Also an demselben Beobachtungsorte nach Verschiedenheit
des Individuums derselben Baumart die Zeit der Belaubung um
19 Tage schwankend, während die Blüthezeiten nahezu überein
stimmen. Sie waren nämlich bei
a) 7. April,
b) 6. „
e) 9- „
d) 5. „
e) 5. „
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hfl.
20
302
Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
In dieser Beziehung erscheint es wünschenswerth, die Zeiten der
Erscheinung immer nach dem mittleren Verhalten mehrerer Indivi
duen zu bestimmen, für die Ulme wäre z. B. dieZeitder Belaubung im
Mittel von ajbis e) der 2.Mai. Glücklicherweise ist das angeführte
Beispiel nur ein excessiver Fall, da fast bei allen übrigen Baumarten
die einzelnen Individuen nahezu gleichzeitig sich belauben, wie drei
jährige im botanischen Garten zu Wien angestellte Beobachtungen
gelehrt haben.
B 1 ü t h e.
„Wenn wenigstens Eine an einer Pflanze ganz entwickelt ist.“
Während die Verhältnisse der Belaubung, von welchen hier
beispielsweise einige angedeutet worden sind, sieh aus dem Grade
und Gange der Temperatur und Feuchtigkeit genügend erklären lassen,
kommt bei den krautartigen Pflanzen noch ein dritter Factor in Be
tracht, der nicht minder mächtig einwirkt, besonders auf die Zeit der
Blüthe, es ist die Insolation oder Sonnenstrahlung, welche bei gleicher
Lufttemperatur die Zeit der Blüthe desto mehr beschleuniget, je inten
siver sie ist. Es kommt daher sehr viel auf die Weltgegend an, gegen
welche der Standort der Pflanze abgedacht ist; da die Wirkung der
Insolation nach einem bestimmten Gesetze mit dem Höhenwinkel der
Sonne steigt oder fällt und eben desshalb auf eine analogeWeise wie
dieser vom Winter zum Sommer zunimmt. Ein nach Süden geneigter
Standort erhöht diese Wirkung, indem sich der Neigungswinkel des
selben mit dem Höhenwinkel der Sonne summirt, so lange der
Neigungswinkel den Winkel der Zeitdistanz der Sonne nicht über
schreitet. Bei einem nach Norden abfallenden Standorte wird der
Höhenwinkel der Sonne um den Neigungswinkel des Standortes ver
mindert, bis derselbe dem Höhenwinkel der Sonne gleich wird, bei
fernerer Zunahme hört die Insolation für die Pflanze ganz auf.
Strenge vergleichbar sind daher nur jene Beobachtungen ver
schiedener Stationen, an welchen die Pflanzen an gleichnamigen
Standorten beobachtet worden sind. Diese Gleichnamigkeit bezieht
sich nicht allein auf die Neigung und Lage des Bodens in Bezug auf
die Weltgegend, sondern auch noch auf die Bedingung, dass die
Dauer der Beschattung und Insolation der Pflanze nahezu gleich sei
und in dieselben Tagestunden falle, eine Bedingung, welcher immer
genügt werden kann, wenn Pflanzen mit Standorten gewählt werden,
die möglichst der freien Luft exponirt sind.
angestellten Vegetationsbeobachtungen. 303
Aus diesen und ähnlichen Gründen erklären sich z. B. die
folgenden Verhältnisse der Blütliezeit.
Wien
7. Sept.
4. Mai
19. April
11. Mürz
14. „
23. Juni
1. Mai
17. „
29. März
Kremsmünster
14. August
10. Mai
1. „
12. März
2. „
2. Juli
22. April
11. Mai
20. März
Colchicum autumnale
Convallaria majalis .
Fragaria vesca . . .
Galanthus nivalis . .
Hepatica triloba . . .
Liliuin candidum . .
Narcissus poeticus
Paeonia officinalis . .
Viola odorata . . . .
Es ist den Beobachtern in der Instruction aufgegeben worden,
die Zeiten der Erscheinungen dann einzutragen, wenn eine Erscheinung
zuerst bemerkt worden ist. An allen Orten, wo südliche Standorte
Vorkommen, werden daher die angeführten Zeiten der Blütlie als für
die letzteren geltend angenommen werden können, besonders wenn
sich bei der Vergleichung der Beobachtungen verschiedener Orte
zeigen sollte, dass an einem, der in Bezeichnung auf Temperatur-
Verhältnisse einem andern nachsteht, wie z. B. Kremsmünster gegen
Wien, die Blüthezeiten früher eintreten, als in dem anderen.
So wird z. B. die Leberblume (Hepatica triloba) in Kremsmünster
schon am 2. März als blühend angeführt, während sie in Wien erst
am 14. März ihre Blüthen öffnete. Die Dichter-Narzisse (Narcissus
poeticus) blühte in Kremsmünster bereits am 22. April, in Wien am
1. Mai; die Pfingstrose (Paeonia ojficinalis) dort am 11. Mai, hier am
17. Mai; das Veilchen (Viola odorata) am 20 März, in Wien hingegen
erst am 29. März. Hepatica triloba und Viola odorata befinden sich
im botanischen Garten in Wien, wo die Beobachtungen angestellt
worden sind, wie fast alle Pflanzen auf einem gegen Norden abge
dachten Standorte, entsprechend der Lage des ganzen Gartens. Nar-
cissus poeticus, Paeonia ojficialis in Beziehung auf Insolation eher
auf einem weniger, als mehr begünstigten.
Das Maiglöckchen (Convallaria majalis), das Schneeglöckchen
(Galanthus nivalis) und die weisse Lilie (Lilium candidum), welche
auf einem horizontalen sonnigen Standorte wachsen, blühen in Wien
auch richtig um einige Tage früher als in Kremsmünster.
20*
304
Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
Es ist daher wünsehenswerth, den Standort der Pflanzen, von
welchen die Daten mitgetheilt werden, näher zu bezeichnen, wozu
einige wenige Zeichen genügen. Man kann z. B. die Abdachung nach
der Weltgegend mit N= Norden, 0= Osten, S= Süden, W— Westen,
eine sonnige Lage mit = plus, eine schattige mit — — minus
bezeichnen, wonach sich die Bedeutung der Combinationen dieser
Zeichen von selbst ergibt. Es wäre z. B. S-(- ein gegen Süden abge
dachter sonniger, N+ ein gegen Norden abfallender, weder zu
sonniger, noch zu schattiger Standort u. s. w. Diese Zeichen könnten
dem Namen der Pflanze beigefügt werden, z. B. Convallaria majalis
S +, Hepatica triloba +. Die Bezeichnung der Abdachung fällt bei
horizontalem Standorte natürlich hinweg; die des Insolationsgrades
wäre auch in dem Falle beizufügen, wenn der Standort nicht über
wiegend sonnig oder schattig ist, so wie wir es an dem oben ange
führten Beispiele bei Hepatica triloba sehen.
Bei Bäumen und Sträuchern ist die nähere Bezeichnung des
Standortes aus den bereits angeführten Gründen zwar weniger noth-
wendig, aber immerhin wünschenswerth.
Obgleich in der Instruction in dieser Beziehung keine Anord
nung getroffen worden ist, so dürften die an verschiedenen Orten
gefundenen Daten dennoch vergleichbarer sein, als es auf den ersten
Blick scheint; indem den Beobachtern, wie bereits erwähnt, aufge
geben worden ist, immer das früheste Datum einer jeden Erscheinung
anzumerken, welches in der Regel von einem Standorte mit südlicher
Abdachung und sonniger Lage erhalten wird. Die Aufzeichnungen
dürften daher unter sich vergleichbarer sein, als mit Wien, wo die
Beobachtungen im botanischen Garten angestellt wurden, dessen
Terrain nach Norden abfällt. Doch senkt sich auch hier der Boden
nicht ununterbrochen gegen Norden, sondern wechselt mit Terrassen
von horizontaler Lage. Pflanzen, welche in diesen Theilen des Gartens
beobachtet worden sind, werden sich so gut zu Vergleichungen
eignen, wie Aufzeichnungen von anderen Orten.
Beispielsweise mögen hier die Blüthezeiten der weissen Lilie
(Liliiim candidum) angeführt sein, welche im botanischen Garten zu
Wien auf einem sonnigen horizontalen Standorte cultivirt wird. Die
Blüthezeiten warem:
in Zara
„ Wien
am 1. Juni,
„ 23. „
angestellten Vegetationsbeobachtungen.
305
in Prag . . . .
„ Kremsmünster
„ Stanislau . .
,, Strakonitz . .
am 30. Juni,
„ 2. Juli,
,, 12- »
» 13- M
Diese Beobachtungen stimmen ziemlich gut mit der geographischen
Lage der Beobachtungsorte überein. Für das Maiglöckchen (Conval-
laria majalis) ergehen sich folgende Blüthezeiten:
in Wien am 4. Mai,
„ Krakau 6. „
„ Linz 9. „
„ Kremsmünster ... »10. „
» Prag »15. „
„ Strakonitz .... »15. „
„ Stanislau 19. „
Hier zeigt sich nur in Prag eine etwas aulfallende Verzögerung. Als
ein drittes Beispiel möge Narcissus poiiticus, die Narzisse der Dichter
gelten. Sie blühte:
in Deutschbrod . . am 16. April,
„ Kremsmünster . . „ 22. „
„ Wien 1. Mai,
„ Krakau . . . . „ 4. „
» Prag 5. „
„ Strakonitz ...» 15. „
Die bedeutend frühere Blüthezeit in Kremsmünster, noch mehr aber
in Deutschbrod ist sehr auffallend, während an den übrigen Orten
die Zeiten ziemlich gut stimmen. Ob nicht eine Verwechslung mit
der gelben Narzisse (Narcissus Pseudonarcissus) stattfand ? welche
bedeutend früher als die Dichter-Narzisse blüht.
Die Beobachtungen über die Blüthe eignen sich, weil sie einer
grösseren Genauigkeit als jene über die anderen Stadien des Pflan
zenlebens fähig sind, am besten zur Entscheidung der Frage,
ob die Vegetations-Verhältnisse eines Jahres an irgend einer Station
normal oder anomal waren, d. h. ob die Blüthe der Pflanzen zur
gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Zeit eintrat oder nicht, voraus
gesetzt, dass die normale Blüthezeit nach mehrjährigen Beobach
tungen bekannt ist.
306
Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
Dies ist in Prag der Fall, wo die Blüthezeiten vieler Pflanzen
aus mehrjährigen Beobachtungen berechnet werden konnten *). Wir
wollen nun dieselben mit den im Jahre 1834 ausgemittelten, verglei
chen und die Unterschiede mit -(- (plus) bezeichnen, wenn die Pflanze
im Jahre 1854 früher blühte, im Gegenfalle mit — (minus) und die
Unterschiede Anomalie nennen.
Aesculus Hippocastanum
Berberis vulgaris
Betula alba ....
Convallaria majalis
Cornus mascula . .
Corylus Avellana .
Cytisus Labumum .
Fragaria vesca . .
Fritillaria imperialis
Galanthus nivalis .
Hepatica triloba . .
Juglans regia . . .
Narcissus poSticus .
Nymphaea alba . .
Paeonia officinalis .
Philadelphus corona)
Populus pyramidalis
Prunus avium . .
„ domestica .
Pyrus communis. .
„ Malus . . .
Quercus pedunculata
Ribes Grossularia .
Robinia Pseudoacacic
Rosa canina . .
„ centifolia .
Rubus Idaeus . .
Sambucus nigra .
Sorbus Aucuparia
Syringa vulgaris
Ulmus campestris
Viburnum Opulus
Viola odorata . .
blühte 4.
„ S.
„ 12.
„ 13.
* 3.
„ 12.
„ 28.
„ r
» W.
* 1.
„ 1.
„ 8.
„ 3.
n 17.
„ 13.
„ 28.
„ 13.
* 20.
* 22.
„ 3.
» 3.
„ 7.
12.
„ 21.
,! 4.
* 28.
„ 21.
„ 28.
„ 13.
„ 4.
„ 3.
„ 13.
„ 3.
Anomalie in
Tagen
Mai 3
» + 8
April 1
Mai — 3
April + 2
März -f- 7
Mai — 10
n 4~ 0
April + 0
,, - 27
„ — 3
Mai
»
Juni
Mai
Mai
+
0
— 1
+ 4
+ 1
„ + 6
April — 1
„ + 6
9
6
1
3
7
+
+
April
Mai
Juni
Mai
April
Mai
April
+
+ 8
+ 0
+ 14
+ 4
+ 6
+ 1
+ 3
+ 1
+ 4
+ 0
1 ) M. s. Kalender der Flora des Horizontes von Prag 1 . Anhang zum Jännerhefte 1852
der Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Ci. d. kais. Akad. d. Wissensch.
angestellten Vegetationsbeobachtungen.
307
Geht man von der Voraussetzung aus, dass die Witterung auf
alle Pflanzen in demselben Sinne einwirkt, so sollte sich, wenn sich in
einer Jahreszeit hei einer oder der anderen Pflanze die Blüthezeit
verzögert oder beschleuniget hatte, eine ähnliche Wirkung auch bei
den übrigen gleichzeitig blühenden Pflanzen herausstellen. Wir wol
len daher die Anomalien nach den Blüthezeiten zusammenstellen und
sehen, oh die in dieselbe Periode fallenden Anomalien in Beziehung
auf Grösse und Zeichen übereinstimmen. Zahlreich genug zu Ver
gleichungen sind nur jene Anomalien, welche Blüthezeiten angehören,
die in folgende Dekaden fallen.
1. bis 10. April +2 —27?— 5 +1 +0
11. „ 20. „ + 1 +0 - 1 + 6 +7
1. „ 10. Mai +3+8 ±0 ±0 —1 —6+1 —3+5
11. * 20. „ — 3 +1 + 1 + 4
21. „ 31. „ —10? + 6 + 8 +14? +4 +6
Die zusammengehörigen Anomalien bewegen sich mit wenigen
Ausnahmen innerhalb der Fehlergrenzen der Beobachtungen und nor
malen Blüthezeiten, da auch die letzteren noch bis auf ein paar Tage
unsicher sind und beide Reihen nicht von demselben Beobachter
herrühren.
Lässt man die mit einem Fragezeichen markirten Grössen unbe-
rücksichtiget und berechnet für alle Dekaden den Durchschnitt der
zusammengehörigen Grössen, so erhält man folgende
mittlere
Anomalie
1. bis 10. April —1
11. „ 20. „ +3
1. „ 10. Mai +1
11. „ 20. „ +1
21. „ 31. „ +6
Die Vegetations-Verhältnisse waren demnach im Jahre 1854
in Prag nahezu normal, d. h. die Pflanzen blühten fast zur gewöhn
lichen Zeit, nur in den Perioden vom 11. bis 20. April, dann 21. bis
31. Mai zeigt sich eine Beschleunigung der Entwickelung um wenige
Tage.
308
Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
Fruchtreife.
„Wenn wenigstens eine Frucht an einer Pflanze ganz reif ist.“
In Betreff der Fruchtreife wird es genügen, wenn die Herren
Beobachter die Zeiten derselben für jene Pflanzen angeben, welche
in national-ökonomischer Hinsicht von Wichtigkeit sind, dafür aber bei
der Bestimmung des Zeitpunktes der Fruchtreife mit um so grösserer
Sorgfalt vorzugehen.
Wir wollen von den verschiedenen Orten die Zeiten derFruchtreife
unserer Erdbeere (Fragaria vesca) vergleichen. Die Früchte reiften:
in Linz am 20. Mai,
» Wien 27. „
„ Strakonitz . .
Senftenberg .
Stanislau . .
Kremsmünster
Zara . . . .
Hermannstadt
Prag . . . .
Saybusch . .
12. Juni,
14. „
17. *
18. „
19. *
20. „
23. „
1. Juli.
Auffallend früh ist die Fruchtreife in Linz, auffallend spät in
Zara. In Linz findet man im Journale die Bemerkung: „Reife Erd
beeren auf dem Markte“; es wäre also möglich, dass sie von einem
anderen Orte stammen oder künstlich zur Reife gebracht worden sind.
In Zara scheint die Monatszahl des Mai (5) mit jener des Juni (6)
verwechselt worden zu sein.
Als zweites Beispiel möge die Vogelkirsche (Prunus avium)
dienen. Die Früchte reiften:
in Zara . . .
„ Hermannstadt
„ Kremsmünster
„ Kronstadt
„ Prag . .
„ Krakau .
„ Stanislau
„ Klagenfurt
„ Czaslau .
„ Strakonitz
„ Senftenberg
am
19. Mai,
6. Juni,
10. „
15. „
19. w
20. „
21. „
1.
6.
10.
15.
Juli,
angestellten Vegetationsbeobaehtungen.
309
Diese Daten dürften der geographischen Lage und Seehöhe der
Orte so ziemlich entsprechen, nur in Kremsmünster erscheint die
Fruchtreife auffallend frühzeitig.
Die Pflaumen (Prunus domestica) reiften:
in Zara ....
„ Krakau . . .
„ Prag . . . .
„ Hermannstadt
„ Czaslau . . .
„ Kremsmünster
„ Stanislau . .
„ Kahlenberg .
„ Deutschbrod .
am
55
55
55
n
55
55
55
55
1. August,
20.
22.
31.
9.
10.
18.
55
55
September,
55
20.
55
26.
Die Birnen (Pyrus communis) und Äpfel (Pyrus malus) reiften:
P. communis P. malus
in Linz ... am
„ Prag . . . „
„ Wien . . . „
„ Strakonitz . „
„ Kremsmünster „
„ Stanislau . „
„ Krakau . . „
S. Juli,
8. „
16. „
30. „
5. August,
7. „
26. „
22. August,
Bei dieser Frucht kommt zu viel auf die Sorte an, als dass man
die an verschiedenen Orten gemachten Aufzeichnungen als strenge
vergleichbar betrachten könnte. Auch ist die Fruchtreife dieser
Obstgattungen mit viel zu wenig augenfälligen und schnell vorüber
gehenden Erscheinungen verbunden, als dass sich die Zeit derselben
genau bestimmen Hesse. Es ist daher wünschenswerth die Frucht
sorte entweder näher zu bezeichnen oder die Beobachtungen an wil
den Exemplaren anzustellen.
Die Fruchtreife des Weinstockes ist viel zu wichtig, als dass
wir uns versagen könnten, die wenigen vorliegenden Daten verglei
chend zusammenzustellen.
in Zara
„ Prag
„ Wien
„ Kremsmünster
„ Hermannstadt .
19. August,
7. September,
16.
20.
30.
Fruclitreife von Vitis vinifera:
am
55
310
Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
Beim Weinstock kommt viel darauf an, ob er im Freien steht
oder an einem Spalier gezogen wird, sowie auch die Tageszeit, zu
welcher der Stock von der Sonne beschienen wird. Die Herrn Beob
achter werden daher ersucht, diese Verhältnisse bei den Beobach
tungs-Daten zu bemerken.
Einjährige Pflanzen.
Die Zeiten der Bliithe und Fruchtreife einjähriger Pflanzen sind
nur dann von Werth, wenn zugleich die Saat- und Keimzeit ange
geben wird, denn in der Regel blüht eine Pflanze und reifen ihre
Früchte desto später, je später sie gesäet wird, vorausgesetzt, dass
die Bedingungen des Keimes in beiden Fällen in gleichem Grade vor
handen waren. Dies lässt sich nach der Zeit des Keimens beurtheilen,
es ist daher wünschenswerth, auch diese beizufügen. Abgesehen
davon, dass gerade die in national-ökonomischer Hinsicht wichtigsten
Pflanzen, wie z. B. unsere Getreidearten, die Hülsenfrüchte, der Lein,
Tabak, die Kartoffel u. s. w. einjährige, d. h. solche Pflanzen sind,
welche in demselben Jahre, in welchem sie gesäet wurden, Früchte
tragen, sind sie auch noch in rein wissenschaftlicher Hinsicht, vor den
übrigen, den Beobachtern in dem Falle anzuempfehlen, wenn es sieh
um die Beantwortung der bisher immer nur mehr oder weniger an
nähernd, und daher nicht genau genug gelösten Frage handelt, wel
cher Quantität von Wärme, Feuchtigkeit u. s. w. eine Pflanze bedarf,
um einen lohnenden Erfolg des Anbaues zu versprechen.
Die Beantwortung dieser Frage setzt die Kenntniss des Zeit
punktes voraus, von welchem man bei der Summirung der Wärme
grade u. s. w. auszugehen habe, wofür im Allgemeinen jener ange
nommen wird, zu welchen die Pflanzen aus dem Winterschlafe er
wachen, welchen Zeitpunkt man der Saatzeit der einjährigen Pflanzen
als adäquat annehmen kann. Bei letzteren ist also dieser Zeitpunkt
genau bestimmt, bei weitem weniger oder gar nicht hingegen bei den
perennirenden Pflanzen, weil bei den wenigsten derselben augen
fällige Anzeichen des Erwachens Vorkommen und wenn dies auch
nicht der Fall wäre, viel davon abhängt, bis zu welchem Grade der
Entwickelung die Keime im verflossenen Herbste gelangt sind.
Aus dem Vorangeschickten folgt von selbst, dass man die Zeiten
der Bliithe und Fruchtreife von verschiedenen Orten nicht unmittelbar
unter sich vergleichen kann, sondern nur die Unterschiede zwischen
angestellten Vegetationsbeobachtungen.
311
gleichnamigen Phasen der Entwickelung, z. B. den Unterschied
in den Zeiten des Keimens und der Blüthe, der letzteren und der
Fruchtreife u. s. f., obgleich auch dann nur ein annähernd richtiges
Resultat erhalten wird, weil selbst an demselben Orte viel auf die
Jahreszeit ankümmt, in welcher die Entwickelung stattfand, da die
Pflanze z. B. in einer wärmeren Jahreszeit, vorausgesetzt, dass es zu
gleich an hinreichender Feuchtigkeit nicht mangle, weniger Zeit
benöthigen wird, um von der Blüthe zur Fruchtreife zu gelangen, als
in der kälteren und die Verhältnisse durch Temperatursummen u. s. w.,
daher genauer dargestellt werden könnten.
Dass die Zeit der Saat nicht immer die Bedingung des Keimens
in sich schliesst, erkennt man am besten aus den sehr ungleichen
Unterschieden der Zeiten des Säens und Keimens.
Beim Haber (Avena sativaj z. B. vergingen:
in Alkus .... 10
„ Kremsmünster . 18
„ Strakonitz ... 38
„ Wien .... 7
Tage, bevor die keimende Pflanze an der Erdoberfläche erschien.
Als zweites Beispiel möge die Kartoffel (Solanum tuberosum)
dienen, deren Knollen beträchtlich später gesteckt zu werden pflegen,
als die Saat des Sommergetreides vorgenommen wird. Es vergingen
bis zum Hervorspriessen der keimenden Pflanze Tage:
in Alkus .... 37
„ Kremsmünster . 24
„ Strakonitz . . 44
„ Tröpelach . . 16
In Alkus und Kremsmünster wurden die Knollen an demselben
Tage, nämlich am IS. April gesteckt, und dennoch erschien die Pflanze
hier bereits am 9. Mai, dort erst am 22. Mai an der Erdoberfläche.
In Tröpelach, wo die Pflanzung erst am 12. Mai vorgenommen
worden ist, gingen die Kartoffel um 6 Tage später auf, als in Alkus
und 11 Tage später als in Strakonitz, wo die Knollen bereits am
3. April dem Schoosse der Erde anvertraut worden sind.
Diese Beispiele genügen zu zeigen, dass es zweckmässiger ist,
die Blüthezeit mit der Keimzeit zu vergleichen, als mit dem Datum
der Saat. Es vergingen zwischen beiden Tagen, und zwar:
312
Fritsch. Resultate der im Jahre 18S4
Zeitdauer vom Keimen bis zur Bliithc.
Avena sativa (Haber)
Cannabis sativa (Hanf)
Hordeum vulgare (Gerste)
Linum usitatissimum (Lein)
Pisutn sativum (Erbsen)
Polygonum Fagopyrum (Heidekorn) .
Solanum tuberosum (Kartoffel) . . .
Zea Mays (Mais)
Wichtiger wohl ist die Vergleichung der Erntezeit mit der Zeit
desKeimens, welche sich mit Hilfe der vorstehenden und nachfolgenden
Tafel leicht bewerkstelligen lässt, denn um die Zeitdauer vom Keimen
der Pflanze bis zur Fruchternte zu finden, braucht man nur die ent
sprechenden Zahlen beider Tafeln zu summiren.
Zeitdauer von der Blüthe Ms zur Ernte.
Avena sativa (Haber) . .
Cannabis sativa (Hanf) . .
Hordeum vulgare (Gerste)
Linum usitatissimum (Lein)
Pisum sativum (Erbsen) .
Polygonum Fagopyrum (Heidekorn)
Solanum tuberosum (Kartoffel)
Zea Mays (Mais)
40
52
36
35
49
68
I u
S I
o a
w '1
48
15
47
60
88
39
111
62
59
33
32
42
39
28
99
53
Es scheint, dass die Fruchtreife verschieden aufgefasst wird,
indem einige Beobachter den Anfang, andere das Ende derselben
notiren, welches durch die Ernte bezeichnet ist. Da aber der Tag
der Ernte nicht selten ein willkürlicher ist, so wäre es vortheilhafter
den Anfang der Fruchtreife anzumerken, wie es auch in der Instruc
tion angeordnet worden ist. Jedenfalls wird eine grössere Vergleich
barkeit der Beobachtungen erzielt. In Wien, wo nur der Zeitpunkt
des Beginnens der Fruchtreife angemerkt worden ist, ist das Intervall
zwischen Blüthe und Fruchtreife kürzer, als an den meisten übrigen
angestellten Vegetationsbeobachtung-en.
313
Orten. Die Zeit der Fruchtreife stimmt dann auch besser zur Zeit
der Blüthe, welche ebenfalls dann angemerkt wird, wenn eine oder
einige wenige Blüthen im Allgemeinen, nicht an allen einzelnen Pflan
zen, ganz entwickelt sind. Man merkt z. B. die Blüthe des Roggens
(Secale cereale) dann an, wenn an einer oder einigen wenigen Ähren
im ganzen Beobachtungsbezirke die Staubfäden erscheinen, daher
auch die Sarnenreife, wenn an einer oder einigen wenigen Ähren
die Körner die Keimfähigkeit erlangt haben. Das Intervall zwischen
Blüthezeit und Samenreife wird nahezu dem mittleren Verhalten
aller Pflanzen der beobachteten Art entsprechend sein.
Laubfall.
„Wenn alle Laubblätter wenigstens an einem Baume abgefallen sind.“
Der Laubfall im Herbste, welcher an Holzgewächsen zu beob
achten ist, geht selten regelmässig und allmählich vor sich, son
dern erleidet gewöhnlich Störungen, welche bewirken, dass er bald
früher, bald später sein Ende erreicht. Eine anhaltend niedrige
Temperatur bei ruhiger Luft verzögert ihn in demselben Grade,
als ihn eine ungewöhnlich hohe Temperatur bei bewegter
Atmosphäre beschleuniget.
Solche Ursachen stören nur dann die Verhältnisse, welche sich
herausstellen, wenn man die Daten verschiedener Orte vergleicht,
wenn sie nur local auftreten und nicht allgemein verbreitet sind. Ist
in den normalen klimatischen Verhältnissen eines Ortes ein Grund
vorhanden, dass hier bei einer Baumgattung die Entlaubung früher
stattßnde, als an einem anderen, so wird dies auch geschehen, wenn
an beiden Orten übereinstimmende ausserordentliche Verhältnisse
stattfinden, z. B. eine anhaltende kühle oder warme Temperatur.
Die Hauptquelle der Störungen sind vielmehr ausserordentliche
Erscheinungen, welche nur local auftreten und schnell vorübergehen,
z. B. einzelne Stürme, Fröste u. s. w. Ein einziges Ereigniss dieser
Art reicht oft hin, um die meisten Bäume binnen kurzer Zeit ihres
Laubschmuckes ganz zu berauben, während sie denselben an anderen
Orten, welche von dem Ereignisse verschont blieben, noch mehr oder
weniger lange Zeit behalten.
Wir wollen nun einige Vergleichungen der Zeiten anstellen, zu
welchen an verschiedenen Stationen die vollständige Entlaubung statt
gefunden hat.
314
Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
Entlaubung der Rosskastanie (Aesculus Hippocastanum):
Hermannstadt . . am 16. October,
Kronstadt .... „ 22. „
Kremsmünster . . „ 27. „
Senftenberg . . . „ 28. „
Stanislau ... „ 28. „
Krakau „ 29. „
Wien „ 31. „
Prag „ 4. November.
Entlaubung der Buche (Fagus silvatica):
Kronstadt . .
Pürglitz . . .
Senftenberg .
Kremsmünster
Wien . . .
Entlaubung der Pappel (Popuhis pyramidalis):
Hermannstadt
Schüttenhofen
Stanislau . . .
Kremsmünster
Prag
Krakau ....
Kronstadt, Wien
am
20. October,
24. „
28. „
31. „
12. November.
am
20. October,
25. „
28. „ •
31. „
4. November,
12.
13.
Entlaubung der Sommerlinde (Tilia grandifolia):
Kronstadt . .
Schüttenhofen
Prag . . . .
Wien . . .
Kremsmünster
Hermannstadt
Senftenberg .
am
22. October,
24. „
25. „
26. „
26. „
29. „
1. November.
Es stellt sich heraus, dass die Entlaubung an den verschie
denen Orten auf einen viel engeren Zeitraum beschränkt ist, als
andere Stadien des Pflanzenlebens, wie die Belaubung, Blüthe und
Fruchtreife, ein Beweis, dass sie nicht weniger durch andere Fac-
toren, als durch klimatische Verhältnisse bestimmt wird.
Aesculus Hippocastanum
Ainus glutinosa ....
Amygdalus communis
„ persica
Berberis vulgaris . . .
Betula alba
Carpinus Betulus . . .
Castanea vesca ....
Cornus mascula ....
Corylus Avellana . . .
Cytisus Laburnum . . .
Daphne Mezereum . . .
Fagus silvatica ....
Ficus Carica
Fraxinus excelsior . . .
Hedera Helix
Juglans regia
Morus alba
Olea europsea ....
Philadelphus coronarius
Pinus Larynx ...
„ silvestris ....
Platanus occidentalis . .
Populus pyramidalis . .
Prunus avium
„ doinestica ....
„ spinosa
Tag und Monat des Bclanbcns der Bäume und Striiuchcr.
22—4
3 —S
7-5
7—5
22—4
13—4
Deutsch-
brod
4—5
5-5
Hermann
stadt
24—4
2-5
6—5
6-5
Kaning-
Klag-en-
furt
11-4
11-4
15- 4
16— 4
16—4
1-5
7-4
20—4
5-5
5-5
12—5
12—4
8-4
26-4
17— 4
18- 4
18—4
22- 4
1—5
23- 4
21-4
20—4
3—5
24- 4
6—5
12-5
19- 4
20- 4
2-5
24—4
4—5
6—5
Krems
münster
16—4
14—4
12- 4
14—4
10—4
1-5
10-4
24—4
8— 4
30—4
26—4
23—4
6-5
10-4
9— 4
5-5
21—4
13— 4
23—4
3—5
3—5
5— 5
6- 5
3-5
3—5
10—5
10—5
18—5
5—5
6—5
6-5
6-5
6—5
8—4
17—4
10—4
17-4
6—5
4—5
8—4
15—4
17—4
20—4
7—4
angestellten Vegetationsbeobachtungen. 31 3
<
Pyrus communis . .
„ Malus . . .
Quercus pedunculata
Ribes Grossularia .
Robinia Pseudoacacia
Rosa canina . .
„ centifolia .
Rubus Idseus . .
Salix babylonica
Sambucus nigra .
Sorbus Aueuparia
Syringa vulgaris.
Tilia grandifolia .
„ parvifolia .
Ulmus campestris
Viburnum Opulus
Vitis vinifera . .
Aesculus Hippocastanum
Ainus glutinosa ....
Amygdalus communis
„ persica
Rerberis vulgaris . . .
Retula alba
Carpinus Betulus . . .
Castanea vesca ....
11—4
22—4
22—4
28—3
7—S
3- 4
8—4
4- 5
Deutscb-
brod
12—4
20—5
Hermann
stadt
6—5
8—2?
3-5
Kaning-
Klag-en-
furt
16—4
16-4
7—5
15—4
10—4
16-4
6—4
>16—4
15—4
30-4
1—5
30—4
4—5
7—4
9—5
17—4
1—5
20—4
12—4
24—4
14—4
■ 3—5
24—4
20—4
6—5
Krems
münster
23—4
23— 4
26— 4
27— 3
5—5
8—4
24— 4
2—4
10—4
10—4
21-4
10- 5
8-5
22-4
14—5
3—5
3—5
22—4
25—4
29—4
3—5
2- 5
6—5
8—5
3- 5
11— 5
14—5?
8—4
Prag
Piirglitz
3—4 23—4
13—4
12—4
20—4
Saybusch
9—5
5—5
Senften-
berg-
Stanislau
18—4
4—5
24—4
3—5
1—5
5—5
Strako-
nitz
16—4
20—4
17—4
17—4
Tröppel-
ach
18—4
14—4
7—4
• 20—4
22—4
29—3
1—5
8—4
7—4
7—4
11—4
4—4
7—4
10—4
316 Fritsch. Resultate der im Jahre i854
Sitzb. d. mathem.-natunv. C-1. XVI. Bd. II. Hfl
Cornus mascuia . . . .
Corylus Aveliana . . .
Cytisus Laburnum . . .
Daphne Mezereum . .
Fagus silvatiea . . . .
Ficus Cariea
Fraxinus excelsior . . .
Hedera Helix
Juglans regia
Morus alba
Olea europsea . . . .
Philadelphus coronarius
Pinus Larynx
„ silvestris . . . .
Platanus occidentalis .
Populus pyramidalis . .
Prunus avium ....
„ domestica . . .
„ spinosa . . . .
Py rus communis . . .
„ Malus
Quercus pedunculata
Ribes Grossularia . . .
Robinia Pseudoacacia .
Rosa canina
„ centifolia . . . .
Rubus Idseus
Salix babylonica . . .
Sambucus nigra . . .
Prag
12—4
12—4
20—4
9—4
6—5
23-4
5-5
12-4
11— 5
17—4
12— 4
22—4
12— 4
16— 4
17— 4
26—4
28—3
20—4
16—4
13- 4
12-4
9—4
3-4
Pürglitz
11—5
11-5
20-4
11-5
18—5
Saybusch
10—5
5-5
10—5
10—5
7—5
7—5
10-5
10—5
25—4
25-4
14—3
19—4
Senften-
berg-
21—4
18—4
3—5
14-5
26—4
22—4
11—5
5-5
10—5
10—5
10— 5
4-5
11— 5
11—4
15-5
28—4
22-4
18-4
23-4
5—4
20—4
Strako-
nitz
19-4
24—5
11—4
3-5
23-4
23-4
28—4
23-4
8-5
17—5
17-4
16-4
12—4
Tröpel-
ach
11—4
4-4
7—4
22— 3
19— 4
24—4
2-5
16—4
24— 4
23— 3
25— 3
7—5?
21-4
11—4
9—4
11— 4
20- 4
12— 4
21- 4
10- 3
22— 4
7- 4
11- 4
29— 3
30— 3
8— 2?
15—4
15—4
1—5
25—4
19-4
16—4
4—5
16—4
1—5
10—4
angestellten Vegetationsbeobachlung-en. 317
Sorbus Aucuparia
Syringa vulgaris
Tilia grandifolia
„ parvifolia .
Ulmus canipestris
Viburnum Opulus
Vitis vinifera . .
Prag;
12—4
1—4
26—4
16—4
12-4
12—4
30—4
Piirglitz
3—5
3-5
Saybusch
19—5
Schössl
12-4
20—4
Senften-
berg;
4— 5
17—4
5— 5
11—5
17—5
3—5
22—4
Strako-
nitz
16—4
16-4
22—4
3-5
14—5
Tröpel-
ach
Wien
6—4
31—3
10—4
20—4
10—4
6-4
19—4
26—4
20—4
10—5
Tag und Monat des Blühcns der mehrjährigen Pflanzen.
Aesculus Hippoeastanum
Ainus glutinosa . .
Amygdalus communis
„ pcrsica . .
Berberis vulgaris
Betula alba . .
Calluna vulgaris
Carpinus Betulus
Castanea vesca .
Colchicum autumnale
Convallaria majalis
Cornus mascula . .
Corylus Avellana .
Cytisus Laburnum .
Daphne Mezereum .
18—6
Czaslau
Czerno-
witz
Deutsch-
brod
14—5
2—4
Gastein
Hermann- . Klag-en- Krems- Krön-
stadt Kaa.ng furt Krakau mfasler 5 i a(U Laibach Lieni
15-5
27—4
31—3
10—5
27—3
12—4
16—5
6- 4
7— 3
30 -5
9—5
20—3
19—4
17—5
2-4
13—4
6—5
30—3
20—2
10— 5
11— 3
26—4
17—5
14-4
3—7
14—8
10— 5
9-4
11— 3
17—5
28—3
17—5
23—5
14-9
25—5
28 -5
1—11
13—3
11—5
19—3
318 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
io
Czernc
witz
Digitalis purpurea .
Fagus silvatica . .
Ficus Carica . . .
Fragaria vesea . .
Fraxinus excelsior
Fritillaria imperialis
Galanthus nivalis
Hedera Helix . .
Heinerocallis fulva
Hepatica triloba
Humulus Lupulus
Juglans regia . .
Lilium candidum
Morus alba . .
Narcissus poeticus
Nuphar luteum .
Nyraphaea alba .
Olea europffia
PiEonia officinalis
Pbiladelphus corona:
Pinus Larynx .
„ silvestris
Platanus oecidentalis
Populus pyramidalis
Prunus avium . .
„ domestiea
„ spinosa . .
Pyrus communis
„ Malus . .
26—5
4—6
22—4
4-5
16—4
13—5
6—5
Kaning
6-5
13—3
30—3
1— 5
3—5
2— 5
3— 5
6-5
Klagen-
furt
16—5
21-5
31—5
10—5
3— 4
21—4
1—5
15—4
27—4
4— 5
8—5
29—4
12—3
15-4
27—7
20—5
4—5
16-5
24—5
31—5
20—4
7—4
2-5
6— 5
7— 5
4—5
6—5
Krems
münster
Kron
stadt
9—5
1— 5
12-3
2— 3
11—5
2-7
19—5
22—4
11—5
4-6
9—5
6—4
22—4
26—4
26-4
26-4
26—4
15—3
21—3
15-6
6-5
6—5
6-5
10—5
13—5
11-4
28—1
23—4
22-4
12—4
30-3
6—5
8-4
17-4
20-4
15—4
27—4
30—4
09
Quercus pedunculata
Ribes Grossularia
Robinia Pseudoacacia
Rosa canina . .
„ centifolia .
Rubus Idffius . .
Salix babylonica
Salvia officinalis
Sambucus nigra
Sorbus aucuparia
Syringa vulgaris
Tilia grandifolia
„ parvifolia .
Ulmus campestris
Viburnum Opulus
Viola odorata
Vitis vinifera . .
Aesculus Hippocastanum
Ainus glutinosa . . .
Amygdalus communis
„ persica ....
Berberis vulgaris .
Betula alba . . .
Calluna vulgaris . .
Carpinus Betulus .
Alkus
21—7
Czaslau
Linz
9—5
19-4
st.
Peter
Czerno-
witz
Prag;
1-5
5—5
12—4
23-7
Deutsch-
brod
Gastein
6-5
15-4
Piirg-litz
Hermann-
stadt
25-4
28-5
3—6
26-6
20-4
6—4
19-6
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busch
1—4
23—5
Kaning-
Klag;en-
furt
2—6
10—6
13—6
31—5
6-5
12-5
20—3
11—6
18-5
Krakau j
10—5
30—4
29-5
2-6
12-6
5—6
20—5
11—5
6—6
6—4
24—5
22—4
7—6
19-6
19-5
12—6
30—5
12-5
9—5
23-6
16—5
10—4 20-3
24—6, 30—6
„ - .. , Seaf- Stanis- Strako- Tröpel- Walien-
Schossl lonberg , au „ ltI ach (lorf W.ena^ Wien b)
17—5
22-4
24—5
4—5
22—5
26—5
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20-4?
24—5
17—4
Kron
stadt
2-5
4—6
15—6
20—6
3—6
21—5
17—5
5-7
5—7
23—5
22-4
Laibach
14— 5
15- 6?
13-6
19—7
28 1?
30—4
11-3
7-4
11—4
9-5
23—4
5—5
10—4
14—5
Lienz
26-5
8—5
15—2
1-4
320 Fritsch. Resultate der im Jahre 1834
Castanea vesca . .
Colchicum autumnale
Convallaria majalis
Cornus mascula .
Corylus Avellana
Cytisus Laburnum
Daphne Mezereum
Digitalis purpurea
Fagus silvatica .
Ficus Carica . .
Fragaria vcsca .
Fraxinus excelsior
Fritillaria imperiali
Galanthus nivalis
Hedera Helix . .
Hcmeröcallis fulva
Hepatica triloba
Humulus Lupulus
Juglans regia . .
Lilium candidum
Morus alba . .
Narcissus poeticus
Nuphar luteum .
Nymphaa alba .
Olea europaea
Paeonia officinalis
Philadelphus coronai
Pinus Larynx .
„ silvestris
9—5
9-4
12—3
13—3
20-5
st.
Peter
15—5
3-4
12-3
28-5
1—4
Prag-
7—5
17—4
1—4
1—4
8—5
30-6
5-5
17-6
13—5
28—5
Pürglitz
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20—4
1—4
20—4
20—5
3-4
26—5
Senf- I Stanis-| Strako-
tenberg | lau | nitz
9—8
3—4
15-4
30—6
11-5
7-7
13-6
19-5
12—4
12—5
12—S
21—3
5-4
12-7
2-6
2-6
15—5
8—4
18-6
11-5
9-4
13—7
15—5
7—8
28-5
Tröpel-
ach
Wallen-
dorf
Wien a)
7—9
4—5
2—4
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11-5
6-6
19—4
15-4
22—4
11-3
26—6
14—3
8—5
25—6
10—5
1—5
18—6
14-5
17—5
14-5
Wien b)
7—5
31—3
12—5
7—5
12—3
8—4
5—5
14—5
20—6
20—3
20-3?
6-5
10-5
10-5
6-5
6—5
1-6
5—5
1—6
4- 6
5- 5
angestellten Vegetationsbeobachtungen. 321
Platanus occidentalis
Populus pyramidalis .
Prunus avium . . . .
„ domestica . .
„ spinosa . . . .
Pyrus communis . •
„ Malus . . . .
Quercus pedunculata
Ribes Grossularia . .
Robinia Pscudoacacia
Rosa canina ....
„ centifolia . . .
Rubus Idaeus . . . .
Salix babylonica . .
Salvia officinalis . .
Sambucus nigra . . .
Sorbus Aucuparia . .
Syringa vulgaris . .
Tilia grandifolia . .
„ parvifolia . .
Ulmus campestris . .
Viburnum Opulus . .
Viola odorata ....
Vitis vinifcra ....
22—4
3—5
8—5
27-5
1-6
4—5
£ll-7
29—3
19-6
st.
Peter Pra fc'
13-4
20— 4
22—4
3—5
3- 5
7—5
12- 4
21— 5
4— 6
28—5
21—5
16—4
28—5
13— 5
4-5
3—4
13—5
5-4
Pürglitz
10—7
Suy-
busch
10-5
7-5
7—5
10—5
10—5
9-5
26—5
20—5
23-5
20—4
2-5
10—5
21—4
19-6
17- 6
18— 5
18—5
16—4
Senf-
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4—5
9-5
16— 5
8-5
6-5
17— 5
4— 5
20—6
28—6
5- 6
8—6
28—5
17—5
28—6
19—7
24—5
16-4
Stanis-
1 au
9-5
13—5
15-5
11—5
13-5
1—5
23—6
31—5
14-5
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20—4
25-6
Strako-
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3—5
1-5
3—5
3—5
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24—4
12—6
23—6
9-6
16— 5
15-5
1-7
17— 7
12—5
8—4
5—7
Tröpel-
ach
Wallen-
dorf
6-5
10-5
13-6
Wien a)
8- 5
7—4
18—4
24—4
20—4
23— 4
24— 4
9- 5
10— 4
26-5
28—5
12—6
16— 5
11— 4
28— 5
17— 5
5— 5
10—6
20-6
6— 4
11—5
29— 3
1—6
Wien b)
16—4
20—5
7—6
14—6
2—4
18—6
15— 4
6—4
23—3
1—5
10— 5
20—4
16— 5
11— 5
27—3
8—5
15-3?
10—4
1—3
1-6
322 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
Tag und Monat der Fruchtreifc einiger in national-ökonomischer Hinsicht wichtigen perennirenden Pflanzen.
Amygdalus communis
„ persica .
Castanea vesca
Cornus mascula
Corylus Avellana
Fagus silvatica
Ficus Carica .
Fragaria vesca
Humulus Lupulus
Juglans regia .
Morus alba . .
Olea europtea .
Prunus avium .
„ domestica
„ spinosa .
Pyrus communis
„ Malus .
Ribes Grossularia
Rosa canina .
Rubus Idauis .
Sambucus nigra
Vitis vinifera .
*) Frühfeigen. Die übrigen erst am 3. September.
Ernte.
Deutsch-
Czaslau lr0ll
6-7
9—9
26—9
27—7
Hermann-
stadt
20-6
6—6
31—8
30-9
Kahlen
berg
10—9
30-9
20-9
1—9
Kaning
Klagen-
furt
30—8
22—7
5-7
1—7
20-8
20—6
20—8
26-8
24—8
30-6
22—8
Kreuis-
münster
3—9
26—8
14—8
23—7')
18—6
10— 9
25— 9
11- 7
10-6
10—9 2 )
5—8
20-7
13—7
26— 8
20—9
9—6
15-6
angestellten Vegetationsbeobachtungen. 323
ÄS2KÄ52S5Ä*
—--■ ■«■1•*"’■"■■■ •-
Amygdalus communis
„ persica .
Castanea vesca
Cornus mascula
Corylus Avellana
Fagus silvatica
Ficus Carica .
Fragaria vesca
Humulus Lupulus
Juglans regia .
Morus alba . .
Olea europsea.
Prunus avium .
„ domestica
„ spinosa .
Pyrus communis
„ Malus .
Ribes Grossularia
Rosa canina .
Rubus Id®us .
Sambucus nigra
Vitis vinifera .
Linz
20—5
5-7
14—8
Prag
23—7
8—7?
23—8
23— 6
1-9
10-7
19—6
22—8
8— 7
22—8
28—6
9— 7
24- 8
7—9
Saybusch
Senften-
berg
Stanislau
1-7
14— 6
15- 7
29—6
18-7
27—8
17—6
21—6
18—9
7—8
7-8
18—7
16—7
5-9
Strako-
nitz
12-6
10—7
30—7
5-8
3—7
13—7
Wallen-
dorf
3—7
Wien d)
30-8
19—8
27—5
10-9
17—6
28—7
16—7
14-8
20—6
9—8
16—9
20—6
18—7
27—6
19-6
28—6
19—5
1—8
25—6
24—6?
19—8
324 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854
Tag und Könnt der Saat, des Aufgehens, Bliihens und Fruchtreifens mehrerer in national-ökonomischer Hinsicht wichtigen
einjährigen Pflanzen.
Avena sativa .
Cannabis sativa
Cucumis sativa
Daucus Carota
Ervum Lens .
Hordeum vulgare
Linum usitatissimum
Nicotiana Tabacum
Oryza sativa . . .
Panicum miliaceum
Papaver somniferum
Phaseolus vulgaris .
Pisum sativum . .
Polygonum Fagopyrum
Secale cereale hibernum
„ „ aestivum
Solanum tuberosum . .
Triticum sativum hibernum
„ „ sestivum
Zea Mays
Alkus
Saat Aufgehen Blüthe Frucht
30—3
9—S
13—4
9—3
30—3
23—8
13— 4
14- 9
9—4
14—5
21-4
14-5
14—4
1-9
22-5
23-7
21-7
14-7
22-7
13 -7
15-6
18-7
30—6
1-9
11—9
19-8
26-8
31-8
31—7
24-9
17-8
Kmnsniünster
27-3
3-4
2-4
15—4
Aufgehen
14—4
16—4
20-7?
12-4
9—5
Blüthe
8—6
25—7
27—6
23—6
14—6
23—7
19-6
16—8
• 20—5
23-6
>12—6
10-8
5—8
9—8
19-9
31—7
26-8
6-9
15-10
|l3—7
19-9
J.27—7
Lienz
1-4
31—3
15—4
21— 3
17—7
15—9
30-3
22— 9
11—4
Aufgehen
12—4
10—4
6—3
Blüthe
2—6
18—6 27—7
ganz missrathen
6—4 — —
durch Reif verdorben
21—9
27-9
3—5
26—5
23—6
12—6
15—7
17—7
12—10
22—7
15—9
Angestellten Vegetationsbeobachtungen. 325
'
Avena sativa .
Cannabis sativa
Cucumis sativa
Daucus Carota
Ervum Lens .
Hordeum vulgare
Linum usitatissimum
Nicotiana Tabacum
Oryza sativa . . .
Panicum miliaceum
Papaver somniferum
Phaseolus vulgaris .
Pisum sativum . .
Polygonum Fagopyrum
Seeale cereale hibernum
„ „ testivum
Solanum tuberosum . .
Triticum sativum hibernum
„ „ aestivum
Zea Mays
Strakonltz
Saat Aufgehen Blüthe Frucht
13-3
13-3
3—4
20—4
20-4
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17—5
28-6
24—6
1—7
6-6
24—6
20-6
26—8
27—7
20—8
20—8
10—8
21—7
Trupelach
Saat Aufgehen Blüthe Frucht
10—4
12—4
19—4
12—5
3—S
11—5
8-6
-4
12—5
6—4
2—3
19—4
20-4
2—3
22—3
13—3
18—3
16—6
12—4
28—3
12- 4
13— 3
29—6
16-6
14—7
9-7
3—7
14—7
28—6
24—6
18—7
24—8
31—7
7—8
6-9
9—9
1—9
6-8
27— 7
28— 7
-10
8-8
9-9
Wien
Saat Aufgehen Blüthe Frucht
2—4
18- 4
19- 4
2—4
4—4
19-4
19—4
17—4
9-4
2—3
8—4
7—3
10—3
3—3
21-3
7—6
3—7
19—6
29—6
19-6
14-6
23—6
13-7
17—6
23—6
23—6
15—7
18—7
11—7
21—7
2—9
11—7
11—7
3—8
26—7
1—6 11—7
17—5 29—6
29—6
1-6
8-8
3—7
326 Fritsch. Resultate der im Jahre 185-
Tag und Mount der Entlaubung der Baume und Sträucher.
Aesculus Hippoeastanum
Ainus glutinosa . . . .
Amygdalus communis .
„ persica
Berberis vulgaris . . .
Betula alba
Carpinus Betulus . . .
Castanea vesca ....
Cornus mascula ....
Corylus Avellana . . .
Cytisus Laburnuin . . .
Daphne Mezercum . . .
Fagus silvatica . . . .
Ficus Carica
Fraxinus excelsior . . .
Hedera Helix
Juglans regia
Morus alba
Olea europaa . . . .
Pbiladelphus coronarius
Pinus Larynx
„ silvestris . . . .
Platanus occidentalis
Populus pyramidalis . .
Prunus avium ......
„ domestica . . .
„ spinosa
14—10
Hermann-
stadt
16—10
16-10
S—11
31—10
20—10
Kahlen
berg:
29—10
3—11
13—11
29— 10
6—11
31—10
30— 10
16—10
3—11
12—11
28—10
Krems- I Kron-
münster stadt
27—10
13—11
14-11
12—11
3—11
8—11
13—11
12—11
22—10
22—10
1—11
22—10
31-10
1-11
31—10
22—10
20—10
31—10
31—10
31—10
11—11
31—10
31—10
31—10
20-10
22-10
22—10
22—10
28-10
13-11
22—10
31—10
22—10
30-10
7—10
4—11
4-11
4—11
23—10
4—11
29—10
23—10
4—11
Pürg;litz
18—10
29—10
24-10
26—10
Senften-
berg-
28—10
3-11
28—10
23—10
Schütten
hofen
28—10
28—10
28—10 31-10
13- 11
8—11
22—10
14— 11
29—10
28—10
23-10
25—10
4-11
/
28—10
28—10
13—10
10—11
26-10
9—11
12—11
3—11
7—11
29—10
10—10
31—10
27—11
17—10
13—11
15—11
13—11
8—11
angestellten Vegetationsbeobachtungen. 327
jv- ocr.anim
Pyrus communis
Malus
Qucrcus pedunculata
Ribes Grossulai’ia .
Robinia Pseudoacacia
Rosa canina . . .
„ centifolia .
Rubus Idmus . .
Salix babylonica
Sambucus nigra
Sorbus Aucuparia
Syringa vulgaris
Tilia grandifolia
„ parvifolia .
Ulmus campestris
Viburnum Opulus
Vitis vinifera . .
14—10
Hermann-
stadt
29—10
20—10
Kahlen-
3—11
5—11
24—10
23—10
30—10
15—11
10—11
24—10
6—11
27-10
2—11
9—11
10—11
Krems
münster
22-
12-
14—11
22—10
22—10
22—10
22—10
20—11
31—10
20—11
16-
11-
16-
26-
26-
31-
11-
8-
Kron
stadt
27—11
22—10
22—10
31—10
22—10
22—10
22—10
22—10
31—10
7—10
Prag
4—11
4—11
22—10
4—11
4—11
22—10
28—10
28—10
25—10
22—10
25—10
25—10
oiiiiin
Piirglitz ,, er8
9—10
31—10
1—11
1—11
13—10
8-10
13—10
8-10
24—10
24-10
24—10
31—10
Stanislau
13—10
23—10
Wien
22-10
27—11
22—10
15—11
13— 11
14— 11
15— 11
14—11
7-11
14—11
26—10
4—11
14—11
9—11
3—11
I
328 Fritsch. Resultate der im Jahre 1854 angestellten Vegetationsbeobachtungen.
Türck. Beobacht, über das Leitungsvermögen d. mensclil Rückenmarkes. 329
Beobachtungen über das Leitungsvermögen des menschlichen
Rückenmarkes.
Von Med. Dr. Ludwig Türck.
(Mit I Tafel.)
Die Experimente, welche am lebenden Thiere angestellt wurden,
um die Leitungsvorgänge im Rüekenmarke zu ermitteln, können
beim Menschen zum Theil durch die klinische Beobachtung solcher
Fälle ersetzt werden, in welchen Segmente des Rückenmarkes patho
logisch-anatomische Veränderungen eingegangen sind.
Hierbei tritt an die Stelle der partiellen künstlichen Trennungen
am Thiere die Erkrankung einzelner Stellen des menschlichen
Rückenmarkes; in beiden Fällen hat man zu untersuchen, wie sich
Sensibilität und Motilität in den unterhalb gelegenen Theilen ver
halten.
Wenn aber ein Krankheitsfall in der angedeuteten Richtung
brauchbar sein soll, so sind meiner Meinung nach hierzu folgende
Bedingungen erforderlich:
1. Muss in einem durch den Krankheitsherd geführten Quer
schnitt der absolute Mangel der leitenden Elemente, d. i. der Nerven
röhren und in der grauen Substanz, auf welche sich jedoch meine
Beobachtungen nicht erstrecken, auch der Nervenzellen constatirt
sein; denn nur dadurch weiss man, dass das erkrankte Rücken
markssegment leitungsunfähig geworden ist, und lässt sich auf das
Leitungsvermögen der unversehrt gebliebenen Tbeile ein Schluss
ziehen J ). Es kommen häufig alte intensive partielle Erkrankungen
*) Fälle, in denen ich die Nervenröhren nur bis zu einem Minimum vermindert fand,
wurden daher unter die nachfolgenden Beobachtungen nicht aufgenommen. Ganz
ungenügend ist der von Dr. Marcel in Nr. 52 des Jahrganges 1854 der Gazette
medicale de Paris mitgetheilte Fall einer sogenannten weissen Rückenmarkserwei-
chung für die daraus auf Leitung der Sensibilität durch die Hinterstränge gezogenen
Schlüsse , indem hier die mikroskopische Untersuchung gänzlich fehlt, und es
nicht unwahrscheinlich ist, dass neben einem gewiss vorhanden gewesenen,
jedoch wohl nur bei genauerer Untersuchung zu ermitteln gewesenen Rückenmarks
leiden die sogenannte weisse Rückenmarkserweichung, w i e dies so oft geschieht,
künstlich bei der Herausnahme des Rückenmarkes erzeugt wurde.
330
Türck. Beobachtungen über das
des Rückenmarkes vor, die so genannten Schwielen, welche mitunter
durch ihre graulich röthliche Farbe schon für das unbewaffnete
Auge in auffallender Weise von der Umgebung abstechen, und
dennoch weist das Mikroskop nicht selten eine beträchtliche Anzahl
von Nervenröhren in ihnen nach. Es ist demnach die mikroskopische
Untersuchung bei jeder noch so intensiven und noch so alten
Erkrankung unerlässlich, und zwar muss sie sich stäts über den
ganzen Querschnitt erstrecken , da das Verhalten der Nervenröhren
an verschiedenen Stellen eines solchen ein verschiedenes sein kann.
Da insbesondere in älteren derlei Schwielen öfter ein feinfaseriges
Gewebe vorkommt, welches die Nervenröhren zum Theil verbirgt,
so wird dadurch eine zweite Untersuchung nothwendig, in welcher
man die mittelst einer feinen nach der Fläche gekrümmten Scheere
abgehobenen Stückchen mit Kalilösung befeuchtet, um jenes Faser
gewebe aufzulösen, oder durchsichtig zu machen.
Erst wenn dadurch keine Nervenröhren zum Vorschein kommen,
darf man sich des Fehlens derselben versichert halten.
2. Muss der Kranke kürzere Zeit vor dem Tode auf das Verhal
ten der Sensibilität und Motilität untersucht worden sein.
3. DerKrankheitsprocess muss ein alter sein. Dadurch wird der
Übelstand aufgewogen, dass man fast nie in die Lage kommt, genaue
Beobachtungen in den allerletzten Tagen oder Stunden der Krankheit
anzustellen. Bei einer alten Rückenmarkskrankheit, deren Erscheinun
gen seit Monaten stationär bleiben, und wo der Tod nicht etwa durch
ein Weiterschreiten des Rückenmarksleidens, sondern durch andere
Krankheiten als z.B. hypostatische Pneumonie, Resorption aus jauchen
dem Decubitus, Durchfall erfolgt, lässtsich nicht annehmen, dass in den
letzten Lebenstagen bis dahin erhaltene Nervenröhren untergegangen
sein sollten. Bei frischeren Fällen darf man dies wohl voraussetzen;
solche habe ich daher auch bei der vorliegenden Mittheilung ausge
schlossen. Man kann aber endlich sicher sein, dass die Nervenröhren
in den Schwielen nicht etwa erst nach dem Tode zu Grunde gehen;
denn sie erhalten sich daselbst, wie man sich durch längere Auf
bewahrung überzeugen kann, noch mehrere Tage nach dem Tode
eben so gut, als anderwärts.
Nachdem ich in den letzteren Jahren bemüht war, die auf
meiner Abtheilung des k. k. allgemeinen Krankenhauses vorgekom
menen Fälle in der angegebenen Weise zu benützen, erlaube ich mir
Leitungsvermögen des menschlichen Rückenmarkes. 331
die geringe Zahl der den aufgestellten Bedingungen entsprechenden
Beobachtungen im Nachfolgenden mitzutheilen :
Der erste später noch einmal anzuführende Fall betraf einen im
October 1850 verstorbenen 3 5jährigen Mann (Josef Wei n herger),
welcher mehrere alte Schwielen im Rückenmarke darbot, deren eine
an der rechten Seite des Halstheiles unterhalb der Insertion des
4. Halsnerven beginnend bis unterhalb jene des 6. Halsnerven reichte.
Sie war von schmutzig-röthlieh-graulicher Farbe, in dünnen Schich
ten schwach durchscheinend, von derber Consistenz , gegen die
Umgebung grösstentheils scharf abgegrenzt. Unter dem Mikroskope
bot sich ein feinfaseriges Gewebe dar. In einem durch sie zwischen
der 5. und 6. Halsnerveninsertion geführten Querschnitte zeigte sich
im ganzen rechten Hinterstrang auch nach Behandlung mit Kalilösung
keine Spur von Nervenröhren.
Der Kranke gab in den letzteren Monaten seines Lebens am
rechten Unterschenkel ein vermindertes Perceptionsvermögen gegen
Kälte an, welches ohne Zweifel einer ähnlichen an den Insertions
stellen der obersten Lendennerven Vorgefundenen Erkrankung zuge
schrieben werden muss; abgesehen davon, hot er bei wiederholter,
das letzte Mal 18 Tage vor dem Tode gepflogener Untersuchung,
vielleicht mit Ausnahme einzelner Stellen der nicht ganz genau unter
suchten Hände und Finger nirgends Anästhesie dar. Er starb wahr
scheinlich in Folge von Eiterresorption.
Ein zweiter Fall betrifft einen im Juli 1854 verstorbenen
20jährigen Tischlergesellen (Eduard Sch einer), bei welchem sich
nebst ähnlichen und auch jüngeren Processen an anderen Stellen eine
ältere röthlich-grauliche Schwiele an den inneren Segmenten der
Hinterstränge des Halsmarkes befand, welche von der Insertionsstelle
des 5. bis über jene des 6. Halsnerven reichte. Auf einem zwischen
diesen beiden Insertionen geführten Querschnitte fehlten die Nerven
röhren auch nach Behandlung mit Kali gänzlich (s. Fig. 1), während
sie an der Insertion des 6. Halsnerven in geringer Zahl vorhanden
waren.
18 Tage vor dem Tode war die Sensibilität gegen Berührung
im Verbreitungsbezirke des 5. und 6. Halsnerven der einen Seite nor
mal, während sich die Anästhesie der unterhalb gelegenen Theile,
so wie auch der zweiten oberen Extremität aus anderen jüngeren
Krankheitsherden erklärte.
332
Türe k. Beobachtungen über das
In diesen beiden Fällen hatte also das Fehlen derNervenröh-
ren durch die ganze Dicke eines oder an den inneren
Abschnitten beider H interstränge keine Anästhesie
unterhalb zur Folge gehabt; womit die von mir an Kaninchen
gemachte Beobachtung übereinstimmt, dass nach gänzlicher Trennung
der Hinterstränge keine merkbare Anästhesie in den hinter der
Trennung gelegenen Theilen eintritt.
(S. Ergebnisse physiologischer Untersuchungen über die
einzelnen Stränge des Rückenmarkes im Aprilhefte des Jahr
ganges 1851 der Sitzungsberichte.)
Die nachfolgenden Beobachtungen werden darthun, dass
durch den vollkomm enenMangel der Nervenröhren in
einem sehr beträchtlichen Th eil eines Seitenstranges
und in den Vor der st rängen keine Anästhesie unter
halb gelegener Th eile gesetzt wird.
Die bezüglichen Fälle sind der bereits angeführte des Joseph
Weinberger, in welchem einein der Gegend der Insertion des
2. Halsnerven auf den hinteren Abschnitt des rechten Seitenstranges
treffende alte Schwiele im Querschnitt nach Behandlung mit Kali
keine Nervenröhren darbot. (S. Fig. 2.)
Der Verbreitungsbezirk des 2. Halsnerven war nicht auf seine
Sensibilität untersucht worden, es fand sich aber 18 Tage vor dem
Tode keine Anästhesie der tiefer unterhalb gelegenen Tlieile vor,
abgesehen von einer geringen, wie bereits erwähnt, in einem an
deren Krankheitsherde gegründeten Anästhesie des rechten Unter
schenkels.
In einem anderen Falle (Theresia Grubinger, gestorben im
November 1851) von alten, graulich-röthlichen Schwielen an mehre
ren Stellen des Rückenmarkes und Gehirnes fehlten im Querschnitte
durch eine derselben zwischen der Insertion des 7. und 8. ßrustner-
ven die Nervenröhren auch nach Behandlung mit Kali gänzlich, und
zwar im grössten Theil des rechten Seitenstranges, in beiden Vor
dersträngen und im vordersten Abschnitte des linken Seitenstranges
(s. Fig. 3). Auch hier war hei wiederholter und noch 7 Tage vor
dem Tode vorgenommener Untersuchung keine Anästhesie tiefer
gelegener Tlieile zu ermitteln.
Diese Fälle stehen mit Experimenten an Thieren im Ein
klänge. Nach meinen Versuchen bewirkt die theilweise Trennung
Leitung’svermög-en des menschlichen Rückenmarkes.
333
des einen Seitenstranges, — und nur sie allein — Anästhesie auf
der entgegengesetzten Seite unterhalb der Trennung, jedoch nicht
constant, und meist binnen 24 Stunden wieder vorübergehend, und
die Trennung der Vorderstränge ist, wie bekannt, ohne allen Einfluss
auf die Sensibilität. (S. Sitzungsberichte 1. c.)
Bezüglich der Leitung des motorischen Impulses durch das
Rückenmark kann ich nur den schon früher benützten Fall der
Theresia Grubinger anführen, in welchem am Ursprünge des
Plexus brachialis und zwar oberhalb der Insertion der überwiegen
den Mehrzahl seiner motorischen Fasern an beträchtlichen
Abschnitten der Se i t eil s t r ä n ge die Nerven röhren
gänzlich in alten Schwielen untergegangen waren,
ohne dass in der letzten Zeit des Lebens Motilitäts
störungen an den oberen Extremitäten zugegen gewesen wären.
Auch hier wurde die Abwesenheit der NerVenröhren nach Anwendung
einer Kalilösung constatirt. (S. Fig. 4, 5, 6.)
In meinen angeführten Versuchen an Kaninchen trat selbst nach
vollkommener Trennung eines Seitenstranges stäts nur eine unvoll
kommene, bei unvollständiger Trennung mitunter binnen 24 Stunden
verschwindende Lähmung der oberen oder beider gleichnamigen
Extremitäten ein. (1. c.)
Wenn nun aus den vorliegenden Beobachtungen ersichtlich ist,
wie durch ausgebreiteten Mangel der Nervenröhren in verschiedenen
Bezirken der Marksubstanz noch keine merkbaren Störungen der
Sensibilität und Motilität bedingt werden, so steht damit nicht im
Widerspruche, dass anderseits Krankheitsherde des Rückenmarkes,
in denen die Nervenröhren nicht untergegangen sind, und zwar ins
besondere in ihren früheren Stadien, intensive, ausgebreitete
Störungen der Sensibilität und Motilität zu setzen vermögen, oder
dass in Fällen, wo auch einzelne Spinal-Nervenursprünge in den
Krankheitsherd hineingezogen wurden, im Gebiete dieser
Nerven Anästhesie oder Lähmung auftritt, während für die unter
halb gelegenen Körpertheile die Leitung der Sensibilität und
Motilität ebenso wenig eine Unterbrechung leidet, als in den obigen
Fällen.
Anhangsweise erlaube ich mir noch dasNachfolgende — obwohl
in einem wesentlichen Punkte mangelhafte aus dem Befunde des
Joseph Weinberger anzuführen:
Sitzb. d. mathem.-natunv. CI. XVI. Bd. II. Hft.
22
334
Türck. Beobachtungen über das
An jeder Seite des Halsmarkes fand sieh eine grosse alte
Schwiele von der oben angegebenen Beschaffenheit; die der rechten
Seite begann zwischen der Insertion des 4. und 5. Halsnerven, und
reichte bis zwischen jene des 6. und 7.; die linksseitige begann an
der Insertion des 6. und endete unter jener des 8. Halsnerven.
(S. Fig. 7.)
In einem zwischen der Insertion des 5. und 6. Halsnerven geführ
ten Querschnitte nahm die obere Schwiele mehr als die rechte Hälfte
des Rückenmarkes in ihrer ganzen Dicke (s. Fig. 8) und in einem
zwischen der Insertion des 6. und 7. Halsnerven geführten Quer
schnitte die untere Schwiele mehr als die ganze linke Hälfte ein.
(S. Fig. 9.) Leider fand ich in meinen Aufzeichnungen über den
mikroskopischen Befund dieser Schwielen nur die im Obigen benützte
Bemerkung, dass bei gänzlichem Fehlen der Nervenröhren im ganzen
rechten Hinterstrange dei* oberen Schwiele dennoch keine merkbare,
davon abhängige Anästhesie zugegen war.
Uber das Verhalten der Nervenröhren an dem übrigen Theile
dieses Querschnittes fand ich nichts mehr vor; es ist jedoch wahr
scheinlich, dass sie daselbst so wie auch in der zweiten nach dem
Krankheitsverlaufe älteren Schwiele beträchtlich vermindert waren,
und dennoch fand bei der Gegenwart so ausgebreiteter und so nahe
an einander gerückter Krankheitsherde nach Ablauf der früheren
Periode keine namhafte Anästhesie der unterhalb gelegenen Theile
und eine nur unvollkommene Lähmung der oberen Extremitäten Statt.
Abgesehen von einer Lähmung der Streckmuskeln der rechten oberen
Extremität, vollführte der Kranke alle Bewegungen beider oberen
Extremitäten rasch in grossen Excursionen; nur bei kleineren combi-
nirten Bewegungen zitterte er bedeutend, und vermochte desswegen
z. B. keinen vollen Löffel zum Mund zu bringen; die vordere Brust
wand wurde bei der Inspiration vollkommen gut gehoben. Die
Lähmung der unteren Extremitäten war in Erkrankung der unteren
Abschnitte des Rückenmarkes gegründet.
Leilungsvermög-en des menschlichen Rückenmarkes.
333
Erklärung der Abbildungen.
In den ersten sechs Querschnitten entspricht der rechte Rand der Figur
der rechten, der linke Rand der Figur der linken Seitenfläche des Rückenmarkes,
hh den hinteren, vv den vorderen Nervenwurzeln.
Die 3.-6. Figur wurden ganz genau nach den Präparaten abgemessen.
Auf der 1.—G. Figur entsprechen die geschwärzten Stellen den Durch- ,
schnitten durch die Schwielen. Im ganzen Umfange dieser Stellen war mit Aus
nahme von b der 3. Figur zugleich ein gänzliches Fehlen der Nervenröhren
nachgewiesen worden. Auf der 7.—9. Figur bezeichnen die geschwärzten Stel
len nur den Umfang der Schwielen.
Die der Mitte einer Nerveninsertionsstelle näher gelegenen Querschnitte
wurden als durch die Insertionsstellen geführte, die entfernter gelegenen als
zwischen zwei Insertionsstellen geführte angegeben.
Figur 1. Durchschnitt zwischen der Insertion des 5. und 6. Halsnerven. (Eduard
Scheiner.)
„ 2. Querschnitt durch die Insertionsstelle des zweiten Halsnerven. (Joseph
W e i n b e r g e r.)
„ 3. Querschnitt zwischen der Insertion des 7.und 8.Brustnerven. (Theresia
Grubi nge r.)
„ 4. Querschnitt durch die Insertionsstelle des 3. Halsnerven. (Theresia
G r u b i n g e r.)
„ 3. Querschnitt zwischen der Insertion des 3. und 6. Halsnerven. (Theresia
Grubinger.) In der Schwiele re fehlten die Nervenröhren gänzlich,
in der Schwiele b waren sie bis zu einem Minimum vermindert.
„ 6. Querschnitt zwischen der Insertion des 7. und 8. Halsnerven. (Theresia
Grubinger.)
n 7. Ansicht der Vorderfläche des Halsmarkes des Joseph W ei n b er ger.
Die Ziffern bezeichnen die entsprechenden Halsnervenpaare.
Die beiden folgenden Abbildungen, welche Durchschnitte durch die zwei
Schwielen dieses Halsmarkes darstellen, sind zur leichteren Vergleichung mit
der 7. Figur in einer von jener der früheren Querschnitte verschiedenen Stellung
entworfen worden, so dass der obere Rand der Figur der Vorderfläche, der
untere Rand der Hinterfläche des Rückenmarkes entspricht, der rechte Rand der
Figur die linke Seitenfläche, und der linke Rand der Figur die rechte Seiten
fläche des Rückenmarkes bezeichnet.
Die 8. Figur stellt einen Querschnitt zwischen der Insertion des 3. und 6,
Halsnerven, die 9. einen solchen zwischen der Insertion des 6. und 7. Hals
nerven dar.
22*
336
Peters.
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich..
Von Dr. Karl F. Peters.
(Mit IV Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 2ß. April 1855.)
Das Studium der oberen Juraschichten in den nordöstlichen
Alpen hat mit der von Jahr zu Jahr erfreulicher fortgeschrittenen
Erforschung der älteren Gebilde nicht ganz gleichen Schritt
gehalten. In Anbetracht der Vereinzelung der Ablagerungen, des im
Allgemeinen discordanten Verhältnisses zu ihrer, den verschiedensten
Formationsgliedern ungehörigen Unterlage, der Störungen, welche
sie mit diesen und mit den ihnen sehr innig verbundenen Neoeomien-
schichten gemeinschaftlich erfahren haben, und durch welche sie
theils in Thäler versenkt, theils als schroffe Gipfel isolirt wurden,
in Anbetracht endlich ihrer Armuth an Versteinerungen wird jeder
Kenner unserer Alpen diesen Mangel mit Nachsicht beurtheilen.
Bei den Aufnahmsarbeiten der k. k. geologischen Reichsanstalt
konnte an eine, in der ganzen nordöstlichen Alpenkette streng
durchzuführende Sonderung der einzelnen Glieder des Schichten-
complexes, welchen wir als oberen Jura zusammenzufassen Grund
hatten, nicht gedacht werden. Sie ist selbstverständlich Gegenstand
von Specialuntersuchungen, deren Resultate der vorgenannten Schwie
rigkeiten wegen nur langsam reifen können.
Wie wenig Material zur Kenntniss dieser Schichten noch vor
Kurzem zu Tage gefördert war, zeigt v. Hauer’s Abhandlung
„Über die Gliederung der Trias-, Lias- und Juragebilde in den nord
östlichen Alpen“ im Jahrbuche der k. k. geolog. Reichsanstalt 1853,
IV. Heft, Seite 715. (Vergl. Seite 761 u. ff.)
Im westlichen Theile des bisher untersuchten Terrains, in den
Salzburger Alpen, herrscht eine ziemliche Einförmigkeit der oberen
Juraschichten. Der rothe hornsteinreiche Kalk, welcher in der näch
sten Nachbarschaft auf baierischem Gebiete (bei Ruhpolding) Ammo-
nites biplex Sow., A. bifurcatus Quenst., Aptychus latus nebst
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
337
einem imbricaten Aptychus führt *) und wahrscheinlich zwei zu
trennende Schichten umfasst, setzt im Salzburgischen nicht über die
Saale fort; graue Kieselkalke und Kalkschiefer mit denselben Aptychen,
welcheLipold in mehreren Aufsätzen 2 ) unter dem Namen „Aptychen-
kalk des Jura“ oder „Schichten von Oberalm“ beschrieben hat, und
welche wir als ein Äquivalent des weissen Jura von Schwaben und
Franken ansehen, vertreten an der Salzach allein den oberen Jura.
In Ober- und Niederösterreich zeigte sich schon einige Mannig
faltigkeit in diesen Schichten, welche uns vermuthen liess, dass hier
ausser der noch nicht genau bestimmten Etage, welcher der Kalk
zwischen St. Veit, Lainz und Hietzing bei Wien mit Aptychus latus
Voltz, Aptychus profundus Voltz, Aptychus depressus Voltz,
und mehrere einzelne Partien am Nordabhange der niederöster
reichischen Alpen angehören, noch andere Glieder des oberen Jura
vertreten sind 3 ).
Vor Allem erregte der Nerineenkalk, welcher den P1 a s s e n-
berg bei Hallstatt bildet, und auch am Sandling bei Aussee
von Simony und von Lipoid gefunden wurde, unsere Aufmerk
samkeit, und damit auf dem für die Geologie der Alpen classischen
Boden eine Schicht nicht länger ganz unbekannt bleibe, unternahm
ich die Untersuchung ihrer Versteinerungen, eine, der mechanischen
Schwierigkeiten wegen ziemlich mühevolle Arbeit.
Im Verlaufe derselben veranlasste mich die Identität mehrerer
Arten, insbesondere der Nerineen, mit den von Zeusebner
beschriebenen Versteinerungen des Kalkes vonlnwald, südwestlich
vonKrakau und mit den nächst S t r a mb er g b ei Neu titschein
in Mähren vorkommenden, die merkwürdige Reihe von Kalkfelsen,
die sich von Niederösterreich aus am Nordrande der Karpathen weit
nach Galizien hinein verfolgen lässt, einigermassen mit in den Kreis
meiner Betrachtung zu ziehen.
*) Emmrich^ im Jahrbuche d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1853, II, S. 387.
2 ) Neuerlich im Jahrbuche d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1854, III, S. 590, vgl. S. 594.
3 ) Behufs der Unterscheidung dieser Etage von dem unteren Neocomien, der in
dev Regel auch nur Aptychen führt, habe ich im vorigen Jahre eine Reihe von
Aptychenformen, welche sich durch ihr Vorkommen mit Aptychus Ditlayi Coqd.
als Neocomien - Versteinerungen erwiesen, in einer Notiz festgestellt (Jahrb. d.
k. k. geol. Reichsanstalt. 1854, II, S. 439) , woraus sich auch ergab , dass die in
der älteren Abtheilung des „Wiener Sandsteins“ lagerweise vorkommenden Kalk-
schiefer, nicht mit dem Kalke von St. Veit in Verbindung gebracht werden dürfen,
sondern wirklich Neocomien sind.
338
Peters.
Übei' den Plassenkalk gibt es, unbestimmte Vermutbungen
abgerechnet, keine Literatur. Was ich über Lagerungs Verhält
nisse mittheilen werde, verdanke ich nebst eigener flüchtiger
Anschauung mündlichen Mittbeilungen der Herrn Fr. v. Hauer und
E.Suess und der von Herrn Lipoid ausgeführten Kartenaufnahme.
Über die mährisch-gali z is chen Kalke dagegen haben
mehrere Geologen, namentlich die Herren Boue, Beyrich,
G lock er, Hohen egg er, Pusch und Zeuse hn er ihre Ansich
ten ausgesprochen.
Mich fast ausschliesslich auf die Untersuchung der
Nerineen beschränkend, von welchen mir überdies aus Mähren
und Galizien kein sehr reiches Material zu Gebote stand, kann ich
für die geologische Bestimmung dieser verschiedentlich gedeuteten
Schichten nur ein geringes Gewicht in die Wagschale legen.
Überhaupt gebot die geringe Zahl der identilicirbaren Arten die
grösste Vorsicht in Parallelisirungsversuchen.
Der Plassen bei Hallstatt. Nordwestlich von Hallstatt
erhebt sich über der Stufe des Salzberges, wo der berühmte Cepha-
lopodenkalk des Sommerau- und Steinbergkogels das Salzgebirge
überlagert, ein schroffer Kalkgipfel, der 6174 Fuss hohe Plassen
oder Blossenstein, welcher schon von Weitem durch seine lichte
Farbe von den benachbarten Gebirgen sich auszeichnet.
Von den Berghäusern, 1299-36 Meter Meereshöhe nach L. v.
Buch, 3996 Fuss nach Weidmann, am Steinbergkogel vorbei,
das anfangs wenig steile östliche Gehänge des Berges ersteigend
trifft man bald zahlreiche Blöcke seines Gesteines, welche reich an
Petrefacten sind. Aus ihnen stammt auch der grösste Theil des von
mir benutzten Materiales.
Höher findet man den Kalk anstehend doch nicht deutlich
geschichtet, ebensowenig an der nördlichen und südlichen Seite, wo
man den Gipfel umgehend ins Gosauthal gelangen kann. Auf dein
Wege nördlich vom Salzberge haben die Herren v. Hauer und
Suess die bunten Schiefer (Werfener Schichten) anstehend
beobachtet, und auf der Klausalpe, wo man sich bereits gegen die
Gosau wendet, über jenen den rothen Crinoidenkalk, der unter dem
Namen „Klausschichten“ — nach der Klausalpe im Echernthale
südlich von Hallstatt so genannt — beschrieben und als ein Äqui
valent des braunen Juras gedeutet wurde. Diesen, nur in geringer
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
339
Verbreitung erhaltenen Schichten ist der Plassenkalk, wahrscheinlich
unmittelbar, aufgelagert. Im übrigen Nordumfange mag er theils
auf dem Cephalopodenkalk, theils auf dem Salzgebirge ruhen,
an der westlichen Seite aber hat Herr Lipoid nur den „Dach
steinkalk“ (unteren Lias) als Liegendes gefunden.
Das Gestein ist zum Theil ein blendend weisser breccien-
artiger, zum Theil ein gelblicher oder bräunlicher dichter Kalk.
Der erstere besteht ganz und gar aus Rollstücken von dichtem
weissen oder gelblichen Kalk und von organischen Resten, welche
durch die späthige Beschaffenheit des Versteinerungsmittels selbst an
frischen Bruchflächen wahrnehmbar sind. Das Cement ist ein meist
sehr feinkörniger, nur in den Hohlräumen der Versteinerungen
gröber ausgebildeter Kalk. Eine oolithische Structur kommt an
diesem Gestein nicht vor, wenngleich die dichtgedrängten Rollstücke,
welche in ihrer Grösse von der eines Mohnkornes bis zu l 1 /. Zoll im
Durchmesser wechseln, den feiner zusammengesetzten Partien ein
oolithähnliches Ansehen verleihen,
Der dichte Kalkstein enthältKalkspath nur in den Schalenresten
welche mitunter ziemlich häufig, doch nie so dicht gedrängt, auch
nie so stark abgerollt sind, wie in dem breccienartigen Kalk. Nichts
destoweniger sind sie aus letzterem viel leichter auszubringen.
Diese Gesteine haben die grösste Ähnlichkeit mit dem Kalk von
Inwald !), nur ist das Kalksteinconglomerat von da minder fest,
die Gewinnung der Petrefacten, welche darin nicht besser erhalten
sind als am Plassen, demnach minder schwierig. Über ihre Ver
theil ung in dem nahezu 1S00 Fuss mächtigen Schichtencomplex des
Plassen habe ich nichts verlässliches erfahren können, doch vermuthe
ich, dass der breccienartige Kalk ähnlich wie bei Inwald unter
geordnet in dem Dichten vorkommt.
Am Sandling bei Aussee liegen nach der Angabe L ip old's
die oberen Juragebilde durchwegs auf Liaskalken. Die Nerineen-
schicliten scheinen hier nicht die einzig vorkommenden zu sein, viel
mehr geht aus Lipold’s Beobachtung hervor, dass Kalke, welche
l ) Geognostische Beschreibung des Nerineenkalkes von Inwald und Roczyny
von Zeuschner. Naturwissenschaftliche Abhandlungen, herausgegeben von Hai
dinger. 1850, III. Bd., 1. Abtheilung, S. 133, vgl. S. 136.
340
Peters.
den Aptyclienschichten entsprechen dürften, doch nicht hinrei
chend durch Petrefiicte charakterisirt sind, die Hauptmasse aus
machen.
Östlich von diesen beiden Gipfeln hat man in den Alpen wohl
an vielen Stellen die Aptychenkalke angetroffen, doch den, schon
petrographisch kenntlichen Nerineenkalk weisen unsere Sammlungen
von daher nicht auf.
Erst ausserhalb der Alpen, im nordöstlichen Theil von Nieder
österreich und im südlichen Mähren, treten die ihm entspre
chenden Schichten des oberen Jura als Inselberge, einzeln und
reihenweise aus den tertiären Ablagerungen hervor. Graf Rasou-
mowsky gab schon im Jahre 1830 (Isis, Seite 143—162, und
Jahrbuch für Mineralogie etc., 1831, Seite 212) einige Notizen über
den Kalk von Ernstbrunn und die darin vorkommende Diceras. Auch
in den Schriften von Boue und Part sch wird derselbe besprochen
und in neuerer Zeit hat Dr. Ferstl von Fürstenau ‘) eine ausführ
lichere Beschreibung des niederösterreichisch-mährischen Jurakalk
zuges sammt einer Liste der daraus bekannten Versteinerungen
gegeben, durch welche diese Schichten dem Coral-rag parallelisirt
werden a ). Die Nerineen sind schlecht, in der Regel nur als Stein
kerne erhalten, so dass ich von Ernstbrunn (Semmelberg) nur
eine Art nachweisen konnte. Bessere Stücke kenne ich von Nikols
burg.
Absehend von den im Innern von Mähren in der Umgegend von
Brünn vorkommenden oberen Juraschicilten, aus deren ziemlich
reicher Fauna mir bisher keine Nerineen bekannt wurden, wende ich
mich zu dem östlichen Zuge am Nordrande der Karpathen, aus welchem
mich insbesondere zwei Localitäten interessiren, Stramberg bei
Neutitschein in Mähren und Inwald südwestlich von Krakau.
Zwei, um die Geologie der nordöstlichen Länder Österreichs
hochverdiente Gelehrte, Hohenegger in Teschen und L. Zeuscli-
ner in Krakau, haben umfassende Arbeiten über diese Gebilde
*) Geognostische Betrachtungen der Nikolsburger Berge. Inaugural-Dissertation,
Wien 1845 — und Berichte der Freunde der Naturwissenschaften, I. Bd., S. 89.
2 ) Ein umfassendes Literatur - Verzeichniss über die mährischen Vorkommnisse gibt
Freiherr v. Hingenau. Übersicht d. geol. Verhältnisse von Mähren und Österrei-
chisch-Schlesien. Wien 1852, S. 48—50.
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 341
geliefert, welche lange vorher die Aufmerksamkeit vieler reisenden
Geologen auf sich gezogen hatten.
Bekanntlich tritt der Jurakalk in der ganzen Kette, theils nörd
lich vor den an ihm abstossenden Teschener Schiefern als schroffe
Felsmasse auf (so bei Inwald), theils ist er durch Abstürze unter
denselben entblösst oder taucht kuppenförmig aus ihnen empor (wie
in der Neutitscheiner und Teschener Gegend), stäts von discordanten
Schichten überlagert. Die Teschener Schiefer, welche Zeuschner
einst irrthümlich für Pläner nahm (Berichte der Freunde der Natur
wissenschaften, 2.Bd., Seite 479, im Juli 1847), wurden insbeson
dere durch die Untersuchungen Hohe n egger’s als Neocomien
erwiesen. Den Jurakalk hat Zeuschner zu wiederholtenmalen als
Coral-rag angesprochen (ebenda, und in seiner oben cit. Abhandlung)
und später im Einverständnis mit Hohenegger mehrere Nerinea-
arten von Inwald und Stramberg als identisch erkannt. (Hoheneg-
ger, in den Berichten der Freunde der Naturwiss., 6.Bd., S.106 —
111.) In derselben Notiz spricht Hohenegger die volle Über
zeugung aus, dass der Kalk vou Stramberg, Kozobenz, Wiscblitz
u. a. 0. älter ist als die Teschener Schiefer und Sandsteine und
erläutert (Seite 112) ihr gegenseitiges Lagerungsverhältniss durch
ein sehr instructives Profi. In der neuesten Zeit aber erklärt Hohen
egger in seiner „Geognostischen Skizze der Nordkarpathen“
(Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt 1852, 3, Seite 135), wie
er schon in einer früheren Notiz angedeutet hat (Ber. d. Freunde
d. Naturw., 5. Bd., S. 124, Jänner 1849), den Stramberger Kalk für
Neocomien , indem er einigen, nebst echten Juraversteinerungen bei
Stramberg vorkommenden Neocomienspecies eine hohe Geltung
beimisst und die, auf die Anwesenheit der Rhynchonella lacunosa
und anderer Brachiopoden gestützten Aussprüche von B oue (Journalde
Geologie III, Seite 280), Beyrich (Kars ten’s Archiv XVIII, S. 67
und III, S. 574), Glocker (Acta academ. Leopoldin. XIX, Suppl. II,
pag. 283) und anderen Gelehrten für nicht hinreichend begründet hält.
Demgemäss müssten innerhalb der Periode des Neocomien
bedeutende Schichtenstörungen eingetreten sein, welche die oben
erwähnten Lagerungsverhältnisse hervorgebracht hätten. Obgleich
dies nicht eben wahrscheinlich ist und abgesehen von unseren Alpen
(in welchen wie gesagt, auch die oberen Jura-Aptychenschichten
den Neocomiengebilden conform gelagert sind), die Thatsachen in
342
Peters.
anderen Ländern keinesweges dafür sprechen, dürfen wir dieAnsicht
Hohenegger’s doch nicht ohne Weiteres beseitigen.
So behauptet er unter andern), den Ammonites Grasianus d’O r b.,
eine bisher nicht angezweifelte Neocomienspecies, in dem Stram-
berger Kalke selbst gefunden zu haben.
Weniger anstössig scheint mir das Vorkommen angeblicher
Caprotinen, hinsichtlich welcher Hohenegger im Jänner 1849
(Ber. d. Freunde d. Naturwiss.) noch im Zweifel war, ob er nicht
dennoch Diceras vor sich habe. Unter dem Materiale unserer Samm
lungen konnte ich keine Caprotina oder Requienia erkennen, doch
muss Hohenegger’s ausgezeichnete Sammlung mehr vollkommene
oder täuschende Exemplare enthalten , welche ihm sogar die Art-
hestimmung (Caprotina Lonsdalii d'Orb.) möglich machten. Da
gegen ist das überaus häufige Vorkommen der beiden Dicerasarten
des Corallien (D. arietina Lam., und I). Liicii De fr.) im Stram-
berger Kalke durch sehr genaue Untersuchungen des Schlosses und
die Identität der Exemplare mit denen von St. Mihiel im Dep. der
Maas ausser Zweifel gestellt.
Die Nerineen von Stramherg anbelangend habe ich mich ver
geblich bemüht, Kreidespecies nachzuweisen; nur eine Art, die
unten besprochene JV. castor d’Orb., ist einer Neocomienspecies,
der N. Renauxiana d’Orb., nahe verwandt.
Die Petrographie des Stramberger Kalkes lässt noch manches
zu wünschen übrig. Ich weiss darüber nur, dass die ganze Ent-
blössung eine deutliche Schichtung nicht aufweist und dass, im
Gegensätze zu den alpinenLocalitäten und zu demFelsen hei Inwald,
das herrschende Gestein ein viel weniger reiner, ziemlich stark
mergeliger Kalk, ohne breccien- oder conglomeratartige Structur ist.
Es wäre demnach sehr erfreulich, wenn Herr Hohenegger
die Versteinerungen des Stramberger Kalkes (unter die etwa Exem
plare aus den benachbarten Schiefern sich einschlichen), nochmals
prüfend, die Wissenschaft durch eine Monographie dieses interes
santen Gebildes bereichern würde.
Den Kalk von Inwald hat Zeus ebner (1. c.) so vortreff
lich beschrieben, dass in petrographischer Beziehung darüber kaum
mehr etwas zu sagen blieb. Gegen die Parallelisirung desselben mit
dem Calcaire ä Ner indes, Thirria, in Thurmann’s Essai sur les
soulcvemens jnrassiqucs du Porrentruy lässt sich vom damaligen
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
343
Standpunkte nicht viel einwenden. Da jedoch von den wenigen Ver
steinerungen, welche Thurmann in dem genannten Werke aus dem
Nerineenkalk von Porrentruy anführt, nur eine Art, seine Nerinea
Bruntrutana, bei Inwald vorkommt, welche nach Quenstedt in
der ganzen Etage £ des oberen Jura von Schwaben häufig ist, und von
d’O rh igny ausschliesslich den Portlandschichten zugeschrieben wird,
muss ich die darauf begründete Schichtenparallele für etwas zu enge
gefasst erklären, um so mehr als unter den von Zeuschner nebst
neuen Arten und unbestimmbaren Resten aufgezählten Species nur
eine, Nerita costellata M ünster, der zum Theil gleichzeitigen, zum
Theil nächst älteren Etage corallien eigen ist, während Astrocoenia
pentagonalis d'Orb. (Astraea pentagonalis Münster, vorkommend
bei Nattheim und Hadenheim in Würtemberg) und Cryptocoenia
limbata d'Orb. (Astraea limbata Goldf., von Gingen in Würtem
berg) dem Terrain Oxforclien angehören. Hinsichtlich der Astarte
elegans Sow., einer Bajocienspecies, dürfte wohl eine Täuschung
in der Bestimmung obwalten.
Kürzlich ist eine neue Localität bekannt geworden, von der die
k. k. geologische Reichsanstalt eine Menge schöner Versteinerungen
erhielt, welche mit denen von Inwald vollkommen übereinstimmen.
Sie wurden nächst dem Dorfe Richalitz, etwa 3 Meilen nordöstlich
von Neutitschein aus einer (gegenwärtig ganz aufgearbeiteten) losen
Kalksteinmasse gewonnen, welche vermuthlich — wie dies an meh
reren Orten in Galizien und Schlesien der Fall war — in den
Teschener Schiefern auf secundärer Lagerstätte sich befand.
Zeuschner's verdienstliche Bearbeitung der Inwalder Ver
steinerungen, welche Herrn d’Orbigny wahrscheinlich zu spät
bekannt geworden ist, als dass er sie in der Paleontologie fran<jaise
hätte berücksichtigen können, bildet die Grundlage meiner Unter
suchung, welche, insoferne sie eine Kritik des gegenwärtig Bekannten
enthält, manchen Irrthümern über die Nerineen des oberen Jura in
Österreich Vorbeugen möchte.
Das gegenwärtig an Arten schon so reiche Geschlecht
Nerinea, Defrance,
erhielt dadurch abermals einen Beitrag an neuen Formen, welche
ich, die Faltenbildung im Innern der Schale wie die äussere Sculp-
tur und die Verhältnisse der Spirale gleichmässig würdigend, als
344
Peters.
Species aufzustellen Grund habe. Ein grosser Theil derselben ist
mir nur an Bruchstücken ersichtlich geworden, die ich ohne alle
Zuthat abbilde. Exemplare, an welchen bei eigenthümlicher Falten
bildung die äusseren Schalentheile nicht deutlich genug waren, habe
ich im Vorhinein ausgeschieden. Dagegen konnte eine fast identische
Faltenbildung jener Formen, deren Äusseres wesentliche Unter
schiede zeigte, mich nicht abhalten, letztere als Speciescharaktere
zu erachten.
Aus den viel umfassenden Abhandlungen und Werken von
Bronn undVoltz, vonGoldfuss, d'Orbigny und Agassiz,
so wie aus den mich hier zunächst angehenden Arbeiten über die
Versteinerungen des oberen Jura und meiner eigenen Beobachtung
glaube ich in dem Gesehlechte Nerinea allerdings gewisse Arten
gruppen zu erkennen, deren Typen durch mehrere Formationsglieder
fortsezten, jedoch eine Trennung desselben in mehrere Genera
scheint immer weniger statthaft, je mehr die Zahl der Arten
anwächst. Dem Versuch einer dergleichen künstlichen Trennung von
Sharpe dürften wenige Paläontologen zu folgen geneigt sein, am
allerwenigsten wären wohl die Verhältnisse des Nabels und des
Spindelcanales zu Gattungscharakteren geeignet, indem man oft Mühe
hat, sie als Charaktere der Arten fest zu halten.
N. Bruntrutana Thurm.
Taf. I, Fig. 1—3.
1830. Nerinea Bruntrutana Thurinan. Mem. de Strasbourg I, pag. 17.
1833/37. „ „ Bronn. Lethaea S. 399, Taf. 21, Fig. 13.
1836. „ „ Bronn. Im Jahrbuch S. 556, Taf. VI, Fig. 13.
1836. „ „ Voltz. Im Jahrbuch S. 542.
1841/44. „ „ Goldf. Petref. Germ. 3. S. 40, T. 175, Fig. 5.
1850. „ „ Zeu sch ne r. InHaidinger’s Abhandlungen 3.Bd.,
1. Abth., S. 137, Taf. 16, Fig. 5—8.
1850. „ Mandelslolli Bronn. Bei Zeuschner a.a.O., S. 137, Taf. 16,
Fig. 9-12.
1850. „ Bruntrutana d’Orbigny. Prodrome de paleon, stratigr. 2,
pag. 58. Etage Portlandien (16).
1851. „ „ Bronn. Lethaea 3. Aut!., 3. Lieferung, S. 299.
1853. „ „ d'Orbigny. Paleont. franp. Terr. jur. pag. 154,
PI. 283, Fig. 4—5.
In der Darstellung, welche Bronn von dieser Nerinea gibt, lässt
er es unentschieden ob sie genabelt ist, doch in der Lethaea (1. Aull.)
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
345
bildet er einen Durchschnitt ab, der einen regelmässigen und ziem
lich weiten Spindelcanal zeigt und genau dem Durchschnitte ent
spricht, welchen G o 1 d f u s s (Fig. 5, b) zeichnet. Die N. Bruntrutana
bei Zeuschner ist ohne Zweifel nach Bro nn’s Abbildung bestimmt
worden und die von ihm dargestellten Exemplare sowie eine grosse
Anzahl der mir vorliegenden, lassen sich mit den Darstellungen von
Bronn und Goldfuss, von denen man voraussetzen darf, dass
ihnen die wahre N. Bruntrutana zu Grunde lag, ungezwungen in
Verbindung bringen.
D’Orbigny hat in der Paleontologie frangaise, diese Art in
zwei getheilt und beschreibt die ungenabelten Formen als die eigent
liche N. Bruntrutana, die genabelten aber, welche sich sowohl in der
Form der Falten als durch völlig ebene Umgänge auszeichnen sollen,
als N. Elea d'Orb., worunter auch der von Bronn im Jahrbuche
1836, Taf. VI, Fig. 18 abgebildete Steinkern mitbegriffen ist. Ob
d’Orbigny an der nabellosen Nerinea mit stark ausgeschweiften
Umgängen einen Spindelcanal, der vielleicht gegen das Ende der Axe
obliterirt, erkannte, lässt er unberührt. Man darf dies jedoch voraus
setzen, da mit Ausnahme der genannten Fig. 18 im Jahrbuche keine
der älteren Abbildungen üufN.Elea d'Orb., sondern alle auf N. Brun
trutana Thurm, bezogen werden. Das prachtvolle Exemplar, wel
ches d’Orbigny abbildet, zeigt allerdings keine Spur von einem
Nabel, doch an dem von N. Elea (PI. 285, Fig. 2) ist er eben so
wenig ersichtlich.
Mir ist an meinem hierher bezüglichen Materiale kein unge-
nabeltesExemplar vorgekommen, dagegen einige mit wohl erhaltenem
durchbohrtem Spindelende, welche im Übrigen mit der N. Bruntru
tana, auch wie sie d’Orbig ny darstellt, so sehr iibereinstimmen, dass
sie, weit entfernt eine Beziehung auf N- Elea zu gestatten, von jener
in der Diagnose lediglich durch das Wort (non umbilicata) unter
schieden werden könnten. Ich habe mich demnach zur Aufstellung
einer neuen Art nicht verstehen können.
Um jeden Irrthum zu vermeiden, bilde ich eines der grössten
Exemplare, welches ich aus dem Plassenkalk erhielt und eines von
gewöhnlicher Grösse ab (Taf. I, Fig. 1, 2, 3), ersteres vorzüglich
desshalb, weil es äusserlich gut erhalten, mit der Abbildung von
dOrbigny mehr übereinstimmt als irgend eines der älteren
Darstellungen.
346
Peters.
Sehr häufig bei Inwald, ziemlich häufig im Plassenkalk, bei
Nikolsburg und bei Richalitz. Im Stramberger Kalke scheint sie sehr
selten vorzukommen.
Die Einziehung d e r N. Mandelslolii Bronn bei Z e u s c h-
ner zu rechtfertigen, erlaube ich mir folgende Darlegung. Zetiscli-
ner, welcher hinsichtlich der genannten Art mehr Gewicht auf
Goldfuss (I. c. S. 39, Taf. 173, Fig. 4) legte als auf die Darstel
lung Bronn’s (1. c. S. 533, Taf. 6, Fig. 26), die mit der von d’Or-
higny (Terr. jur. pag. 105, PI. 260) so wie mit den mir vorliegen
den Exemplaren von Nattheim vollkommen iibereinstimmt, hat gewisse
Exemplare von Inwald als N. Mandelslolii Bronn angesprochen.
Goldfuss beschreibt sie folgendermassen: „langkegelförmig, gena
belt mit ebenen, glatten, dicht an einander schliessenden Umgängen,
die jedoch an denNäthen einen flach e rha b en e n Wulst
und auf der Zwischenfläche eine schwache Vertiefung bilden“. In der
Diagnose gebraucht er dagegen die Worte: „Anfractibus convexius-
culis laevibus,“ die Abbildung entspricht dem Wortlaut der Beschrei
bung nur hinsichtlich der letzteren Umgänge, während an den alten
Umgängen die Vertiefung nicht mehr in der Mitte sondern an der
Natli erscheint. Die Vermittlung stellt ein ganz ehenflächiger Um
gang her. Da nun die wahre N. Mandelslolii leicht convexe Umgänge
mit vertieften Näthen hat, ein im GeschleckteNerinea seltener Fall—,
muss ich annehmen, dass Goldfuss (Münster) entweder in der
Auffassung des offenbar nicht gut erhaltenen Exemplares der N. Man-
delslohi irrte, oder dass seiner Darstellung eine stark abgeriebene
N. Bruntrutana Thurm, zu Grunde lag.
Zeus ebner gibt den Text von Goldfuss mit anderen mehr
prägnanten Worten wieder, der Art, dass dessen Irrthum sich nur
vergrössert und eine Form als N. Mandelslolii angesprochen wird,
welche der wahren ganz entgegengesetzt ist. Die Abbildungen,
welche Zeu sehne r davon gibt (Fig. 9—11), vermag ich nicht von
denen der N. Bruntrutana (Fig. 6 und 8) zu unterscheiden. Ist gleich
bei der ersten (Fig. 12) der Hohlraum der Umgänge mehr von oben
nach abwärts zusammengedrückt als bei der letzteren (Fig. 7), so
gibt es doch eine Menge von Mittelformen und liegt darin keineswegs
der Charakter der N. Mandelslolii. Dieselbe kommt demnach bei
Inwald nicht vor, ebensowenig als am Plassen oder an einer andern
mir bekannten österreichischen Uocalität.
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
347
N. Carpatliica Zeuschner.
Taf. I, Fig. 4—6.
GeognostischeBeschreibung des Nerineenlcalkes von Inwald u. s. w. Abhandlun
gen, gesammelt von Haidinger. Wien 1830, III. Bd., I. Abth., S. 137,
Taf. XVII, Fig. 1-4.
N. testa cotiica, umbilicata, spira angulo 26— 31° ; anfractibus
fere planis, inferne') limbatis, gradatis; apertura qua-
drungulari, plicis: labro 2, columella 3, complicatis.
Der Spiralwinkel hat eine Öffnung von 26 bis 31 Graden lind
scheint sogar noch grösseren Schwankungen zu unterliegen (vergl.
bei Zeuschner Fig. 2); die Länge des Gehäuses ist demnach sehr
verschieden, 60 bis über 80 Mil lim.
Das Gehäuse ist kegelförmig, in den Varietäten mit grösserem
Spiralwinkel kurz (Taf. 1, Fig. 4, 5), in der Regel weit genabelt. Die
mittleren Umgänge sind eben, schwach quergestreift (d. i. senkrecht
auf die Axe der Spirale), am unteren Rande mit einem wulstig aufge
worfenen Saum versehen, welcher allmählich in die Fläche des nächst
folgenden Umganges übergeht. Hierdurch erhält das Gehäuse einen
treppenförmigen Rau, dessen Verhältniss zu den einzelnen Umgängen
durch die unterhalb des Saumes deutlich ausgeprägte Nathlinie schon
aussen ersichtlich wird. An den ältesten Umgängen ändert sich das
insoferne, als der Saum sowohl nach abwärts als nach aufwärts abfällt
und die Umgänge dadurch inmitten etwas concav werden. An den
jüngsten Umgängen drängt sich dagegen der mittlere, sonst ebene Theil,
welcher hier überdies mit starken callösen Zuwachsstreifen verse
hen ist, weiter als der Limbus heraus (Fig. 4). Rei den schlankeren
Exemplaren gewahrt man feinere Zuwachsstreifen noch an den mitt
leren Umgängen (Fig. 6). Der Mundrand ist an keinem der Exem
plare erhalten, doch sieht man dass die Mundöffnung an den kurz
kegelförmigen Gehäusen eine beinahe quadratische, bei der mehr
gestreckten eine länglich viereckige Form haben müsse.
In der Faltenbildung stimmt diese Art mit der N. Bruntrutaha
Thurm., mit der iV. Mandelslolii Bronn u. A. so nahe überein, dass
sich die aus der Betrachtung einer grossen Anzahl von Durchschnit
ten ergebenden Unterschiede im einzelnen Falle kaum wahrnehmen
) Inferne-superne: nach der hei den Wiener Paläontologen gebräuchlichen Stellung;
ebenso : longitudinaliter = der Axe parallel, transversim = senkrecht auf die Axe.
348
Peters.
lassen. Als solche sind zu nennen: die grössere Länge der beiden
oberen Spindelfalten und die stärkere Abschnürung des zweitheiligen
Endes der unteren. Nach den Abbildungen, welche Zeuschner
von dieser Nerinea gibt und welche den in seinem Texte richtig ange
wendeten Ausdrucke „treppenförmig“ nicht ganz rechtfertigen, hielt
ich die N. Carpathica für keine selbstständige Species, sondern
glaubte sie mit der N. Bruntrutana vereinigen zu müssen, von der
Zeuschner kleinere und abgeriehene Exemplare der ersteren gewiss
selbst nicht zu unterscheiden vermochte. Das (Taf. I, Fig. 4, 5) abge
bildete Exemplar von Nikolsburg in Mähren, welches sich imk. k.Hof-
Mineralien-Cabinete befindet, hätte demnach auch zur Aufstellung
einer neuen Species veranlasst, wenn nicht der k. k. geolog. Reiclis-
austalt eine Sendung von ausgezeichneten Petrefacten aus Richa-
litz, wo die AL Carpathica eben so häufig ist wie beilnwald,
aber viel besser erhalten, zugekommen wäre, aus welcher mir die
Eigentlnimlichkeiten dieser Nerinea vollkommen klar wurden.
N. gradata d’Orb. (Terr. jur. S. 132, Taf. 272, Fig. 5—7) ist
ihr verwandt.
Nikolsburg, Richalitz, Inwald. Ihr Vorkommen am Plassen und
bei Stramberg ist zweifelhaft.
N. Haueri Peters.
Taf. II, Fig-. 1—3.
N. testa elongata, conica, umbilicata; spira angulo 16—19°,
anfractibus excavatis laevigatis, superne tuberculatis;
plicis: labro 2, columella 3, complicatis.
Der Spiralwinkel beträgt 16—19 Grad, dein zufolge die Länge
auf 60—66 Millim. veranschlagt werden darf.
Das Gehäuse ist verlängert konisch, im Verhältniss zu dem
starken Spindelcanal schwach genabelt. Die in der Mitte vertieften
Windungen erheben sieb nach aufwärts zu einem starken grob
höckerigen Wulst, oberhalb welcher die Natli verläuft. Die Mundform
ist nicht bekannt. In der Falfenbildung stimmt diese Art mit der
Vorbeschriebenen sehr nahe überein.
Bemerkenswerth ist in dieser Beziehung, dass die Spindelfalten
derselben in einzelnen mittleren Umgängen mehr complicirt sind, als
dies bei N. Bruntrutana, Carpathica u. A. vorkommt, während der
jüngste Umgang blos einfache Falten enthält, welche in ihren gegen-
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 349
seifigen Verhältnissen denen der iV. Mandelslohi Bronn, mehr glei
chen als denen der N. Bruntrutana.
Von den Arten mit gleicher Faltenbildung unterscheidet sich die
eben beschriebene durch den starken Wulst und dessen Höcker, die
seihst an abgeriebenen Exemplaren noch kenntlich sind.
Selten im Plassenkalk.
Eine sehr kleine kegelförmige Nerinea, aus dem Plassenkalk,
welche die Faltenbildung der bisher genannten Arten hat, sich jedoch
durch eine besonders starke Streckung der Umgänge in der Richtung
der Axe von ihnen unterscheidet, gehört vermuthlich einer neuen
Species an, welche ich jedoch bei völliger Unbekanntschaft mit dem
Äusseren des Gehäuses nicht zu charakterisiren vermag *).
N. Suessii Peters.
Taf. II, Fig. 4—3.
N. testa elongata, imperforata; spira angulo (circa) 10—12° :
anfractibus excavatis laevigatis (?); plicis: labro 1 perob-
tusa, columella 3 convergentibus, simplicibus.
Der Spiralwinkel dieser Nerinea, welche ich nur aus Bruch
stücken kenne, scheint die Öffnung von 12 Grad nicht zu über
schreiten, die Länge des Gehäuses würde demzufolge über löOMillim.
ausmachen.
Das Gehäuse ist lang kegelförmig, ungenahelt. Das, wie es
scheint, durchaus regelmässige Gewinde besteht aus ziemlich hohen,
in der Mitte ausgehöhlten Umgängen, welche, soviel man an den ziem
lich stark abgeriebenen Exemplaren entnehmen kann, eine glatte
Oberfläche haben. Der stark vortretende Wulst auf welchem die
Natli verläuft, gehört zum grösseren Theil dem oberen (rückwärti
gen) Rand des Umganges an. Die Faltenbildung ist charakteristisch.
Von der Seitenwand ragt, wo sie aussen am meisten vertieft ist, eine
sehr stumpfe Falte nach einwärts; vor der Spindel entspringen in
nahezu gleich grossen Abständen drei einfache, nach aussen conver-
girende Falten, welche in der Nähe des (nicht erhaltenen) Mund
randes eben so scharf ausgedrückt sind als im drittletzten Umgänge.
*) Es verdient bemerkt zu werden, dass alle der bisher beschriebenen Artengruppe
angehörigen Nerineen des Plassenkalkes sich von den gleichartigen der nordöstlichen
Localiläten durch eine Verlängerung des Hohlraumes der Windungen in der Rich
tung der Axe auszeichnen.
Sitzb. d. raathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft.
23
350 Peters.
Diese Faltenbildung, durch welche unsere Art sich der vorher
betrachteten Gruppe anreiht, ist eine sehr seltene; nur N. Clio
d'Orb. (Terr. jur., S. 139, Taf. 275) aus dem Coral-rag hat eine
ähnliche. Eine viel entferntere Ähnlichkeit zeigen N. funiculosa
Voltz (Terr. jur., S. 85, Taf. 252, Fig. 7—10) aus dem Bathonien
und N. nodosa Voltz (1. c. S. 95, T. 254) aus dem oberen Oxford.
Kommt vor im Plassenkalk.
N. conulus Peters.
Taf. II, Fig 10—H.
N. testa conica, umbilicata, spira brevi, angulo 45°; anfractibus
laevigatis excavatis; apertura depressa triangulari; plicis
simplicibus: labro 1, columella 3 media brevissima.
Die Öffnung des Spiralwinkels beträgt 45 Grad, die ganze
Länge 0-0145.
Das Gehäuse ist kurz kegelförmig, genabelt. Das regelmäs
sige Gewinde besteht aus niedrigen, in der Mitte etwas ausgehölilten,
übrigens glatten Umgängen, deren Seitenwände mit einer kurzen,
nach abwärts gerichteten Falte versehen sind, während die Spindel
eine lange sehr dünne Falte trägt, welche oben entspringt und nach
auswärts gekrümmt ist, nebst zwei von Innen entspringenden Falten
von ungleicher Grösse. Die oberste dieser (sämmtlich einfachen)
Falten setzt an der ziemlich glatten unteren Fläche des letzten
Umganges eine Strecke weit über die zusammengedrückt dreieckige
Mündung hinaus fort.
Selten im Plassenkalk.
N. Staszycii sp. Zeus ebner.
Taf. II, Fig. 6—9.
Aetaeon Staszycii Zeuschner (1. c. S. 139, Taf. XVII, Fig. 16—19).
N. testa ovata imperforata, spira brevi; anfractibus laevigatis,
pro parte se invicem amplectentibus; apertura compressa;
plicis: columella 3 complicatis, labro 2.
Länge = 0-011—0-035.
Zeuschner liess sich durch die puppenartige Form dieser
Schnecke bestimmen, sie in das Geschlecht Aetaeon zu stellen, mit
der Bemerkung, dass sie etwa ein neues, Aetaeon und Nerinea
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
351
vermittelndes Geschlecht begründen dürfte. Man kennt nun bereits
mehrere dergleichen Arten mit kurzer Spindel, deren Umgänge stark
umfassend sind und deren Näthe nicht auf den Erhöhungen, sondern
in den Rinnen verlaufen, und welche nichtsdestoweniger von Nerinea
nicht getrennt werden können, da die Anwesenheit eines Canales
an der Mündung und das eigenthümliche Zurückbleiben der Lippe am
oberen Rande, welches sich zum mindesten in der Richtung der Zuwachs
streifen ausspricht, hei einer Schnecke mit innen gefalteten Umgän
gen über das Geschlecht vollgiltig entscheiden. An den Exemplaren,
welche Zeusehner beobachtet hat, waren weder Mündung noch
Zuwachsstreifen erhalten. Viel günstiger sind der Auffassung des
Geschlechtes die Exemplare von Stramberg, von denen ich zwei
abbilde (Fig. 6, 7 und 8).
Diese Art ist ausserordentlichen Schwankungen hinsichtlich
der äusseren Gestalt und der Faltung unterworfen. Nicht nur dass
es sehr stark bauchige neben ziemlich schlanken Formen gibt, auch
der Grad des Umfassens und die Weite des Spindelcanales ist sehr
verschieden.
Bei Richalilz kommen Exemplare vor, deren Canal innerhalb der
jüngsten Umgänge 4 Millim. weit ist (Fig. 9), bei Stramberg nebst
eben solchen wieder Exemplare, an welchen er so enge ist, dass er
durch senkrechte Schnitte gar nicht dargestellt werden kann. Einen
deutlichen Nabel habe ich an keinem Stücke wahrgenommen.
Die obere Lippenfalte ist an den jüngsten Umgängen kaum ange
deutet, bei den sehr plumpen Exemplaren von Richalitz (Fig. 9)
erscheint sie auch an der älteren nur wenig ausgedrückt. Bei den letz
teren werden die Zuwachsstreifen in dem Grade callös, dass sie den
jüngsten Umgängen ein höckeriges Ansehen geben, was hei abgerie
benen Exemplaren leicht für eine wirklich höckerige Sculptur gehal
ten werden könnte.
Sie ist häufig bei Inwald und Stramberg, und kommt ferner bei
Richalitz, am Plassen und am Sandling bei Aussee vor.
N. Moreana d'Orbigny.
Taf. III, Fig. S—7.
DOrbigny. Paleont. franc., Terrains jurass. S. 100, Taf. 257.
A. Buvignier. Statistique geologique etc. du departement de la Meusc. Paris
1852, S. 35, Taf. XXIV, Fig. 10—12 (in den Abbildungen als N. tornatella
h uvi gn.).
23
352
Peters.
Diese ausgezeichnete Corallienspecies scheint im oberen Jura
von Österreich nicht selten vorzukommen, wenigstens haben die bei
den von mir am meisten beachteten Localitäten, der Plassen bei
Hallstatt und der Kalkfelsen bei Stramberg, ziemlich viele, mitunter
gut erhaltene Exemplare geliefert.
An einem Bruchstücke vom Plassen, welches den jüngsten Um
gang der Schnecke enthält, fand ich den, an Nerinea so selten unver
letzten Mun d ra nd. Indem ich ihn hier abbilde (Fig. 5), vermag
ich die trefflichen Darstellungen zu ergänzen, welche d’Orbigny
und Buvignier von dieser Art gaben. Die Ausrandung (,echan-
crure) die eine beträchtliche Tiefe erreicht, befindet sich nicht am
oberen Ende, sondern in der unteren Hälfte der Lippe, bevor diese
sich umfassend dem Umgänge anlegt. Da jedoch der obere Theil
etwas verbrochen ist, wäre es immerhin möglich, dass auch an der
gewöhnlichen Stelle eine dergleichen, wenn auch weit geringere Aus
randung vorkäme. Die Exemplare vom Plassen stimmen durch
ihren gedrungenen Bau und die Schroffheit der Absätze an den älteren
Umgängen mehr mit den Abbildungen von Buvignier als mit denen
von d’Orbigny überein (vergl. Fig. 6 und 7). Bei Stramberg
gibt es beiderlei Formen.
In der Nikolsburger Gegend kommen Steinkerne, mitunter von
kolossalen Dimensionen vor, welche dieser Art angehören.
N. Partschii Peters.
Taf. II, Fig. 12—14.
N. testa subcylindrica, non umbilicata, spira angulo 12°; anfrac-
tibus laevigatis, inferne excavatis; plicis: labrol, colu-
mella 3, inaequalibus simplicibus.
Der Spiralwinkel hat eine Öffnung von nur 12 Grad; der letzte
Umgang' ist unbekannt.
Das sehr lange, beinahe cylindrische ungenabelte Gehäuse baut
sich schraubenförmig aus ziemlich niedrigen, nicht steil gewundenen
Umgängen auf, welche bei einzelnen Exemplaren (Fig. 11, 12) bei
nahe dutenförmig an einander gereiht und im letzteren Falle unten
(vorne) stark rinnenartig vertieft sind.
Doch gibt es auch Exemplare, an deren Umgängen die Aus
höhlung etwas höher rückt und demgemäss die Rinne verstreicht
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 353
(Fig. 13). Die Natli verläuft oberhalb des mehr oder weniger schar
fen oberen Randes.
Die Faltung ist eigenthümlich: Ausser der vielen Arten eigenen
Seitenwandfalte gibt es drei einfache Spindelfalten, deren mittlere
sehr kurz ist. Hierdurch unterscheidet sie sich von allen Arten,
welche ihr durch einen schraubenförmigen Bau ähnlich sind.
Diese Art ist bisher nur bei Stramberg beobachtet worden.
N. Orbignynna Zeuschner.
Taf. III, Fig. 13—14.
Zeuschner (1. c. S. 138, Tab. XVII, Fig. 10-11).
N. testa brevi conica umbilicata; spira angulo 23° ; anfractibus
excavatis, superne tuberculatis, in medio cingulo granuloso
instructis ; plicis: labro 1, columella 3, simplicibus.
Einige instructive Exemplare setzen mich in die Lage die von
Zeuschner gegebene Beschreibung dieser Art zu ergänzen.
Obgleich nur mit einem sehr schmalen Spindelcanal versehen,
ist das Gehäuse doch genabelt.
Durch die Stellung und Form der drei Spindelfalten, welchen
nur eine Seitenwandfalte entgegensteht, hat der innere Bau dieser
Nerinea viele Ähnlichkeit mit den vorbeschriebenen Arten.
Kommt vor am Plassen und bei Inwald.
N. Hörnesi Peters.
Taf. II, Fig. 13—16.
N. testa elongata, conica, umbilicata (?), spira angulo 22°;
anfractibus quidpiam excavatis, superne nodosis, ceterum
laevibus; plicis: labro nulla, columella 3, simplicibus.
Der Spiralwinkel beträgt 22 Grad, der Suturalwinkel 70 Grad.
Das Gehäuse ist lang kegelförmig, wahrscheinlich genabelt,
wenigstens mit einem verhältnissmässig weiten Spindelcanal versehen.
Die Umgänge sind inmitten etwas vertieft, dabei glatt, nur am oberen
Rande mit rundlichen Knoten besetzt.
Das Innere ist durch den Mangel von Seitenwandfalten und drei
ziemlich gleichlange convergirende Spindelfalten ausgezeichnet.
Die Art, welche bisher nur durch Fragmente bekannt, doch hin
reichend charakterisirt ist, kommt (selten) im Plassenkalk vor.
354
Peters.
N. Zenschneri Peters.
N. Voltzii Zeuschner (1. e. S. 138, Taf. XVI, Fig. 13 — 14).
N. testa elongata, conica, imperforata; spira angulo 18 — 20°;
anfractibus excavatis, superne et inferne tuberciilatis ;
plicis : labro 1, columella 2.
Der Spiralwinkel beträgt 18 — 20 Grad. Die Grösse ist unge
mein veränderlich; es gibt Exemplare, welche am letzten und vor
letzten Umgänge 55 Millim. breit sind, und andere welche an der ent
sprechenden Stelle nicht über 28 Millim. messen.
Der Beschreibung welche Zenschner von dieser Art gibt,
kann ich nur heistimmen, den Namen musste ich verändern, da er
bereits doppelt vergriffen war als Zeuschner die Versteinerungen
von Inwald und Rosczynv bearbeitete; durch Deslongchamps
1843 (Mem. dela soc. linn. de Normandie, pag. 7, pl. 8, Fig. 84) und
durch d’Archiac im selben Jahre.
N. Voltzii De sIon geh. hat zufällig in der Fältenbildung mit
N. Voltzü Zeuschner Ähnlichkeit (vergl. d’Orbigny terr. jur.
pag. 83, T. 252, Fig. 1, 2); die von d’Archiae aufgestellte Art
beschreibt d’Orbigny unter dem Namen N. axojiensis d’Orb.
Beide gehören dem Bathonien an.
Durch die Faltenbildung sind der besprochenen Art ähnlich:
N. pseudocylindrica d’Orb. (Terr. jur. pag. 86, PI. 232) aus dem Bathonien.
N. scalaris d’Orb. (a. a. 0., pag. 87, Pl. 233).
N. Defrcincei Desh. (d’Orb. a. a. 0., pag. 108, PI. 262) aus dem Corallien.
N. Castor d’Orb. (a. a. 0., pag. 109, Pl. 262).
N. Nantuacensis d’Orb. (a. a. 0., pag. 110, Pl. 263).
N. Bernardiana d’Orb. (a. a. 0., pag. 112, Pl. 264).
N. eanalicuta d’Orb. (a. a. 0., pag. 113, Pl. 264).
JV. Visurgis R o e m e r (Oolith, S. 148, Taf. 11, Fig. 26—28).
„ „ (Goldfuss, Petref. germ.).
„ „ (d’Orb., Terr. jur. pag. 122, Pl. 268).
IV. subtricincta d’Orb. (a. a. 0., pag. 130, Pl. 271).
N. Calliope d’Orb. (a. a. 0., pag. 133, Pl. 273).
N. Mariae d'Orb. (a. a. 0., pag. 138, Pl. 273).
N. Clio d’Orb. (a. a. 0., pag. 139, Pl. 273).
N. Turritella d’Orb. (a. a. 0., pag. 143, PI. 277).
N. Gaudryana d’Orb. (a. a. 0., pag. 144, Pl. 277).
Die grosse Mehrzahl derselben gehört demnach dem französi
schen Corallien an.
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
35S
Von allen diesen hat nur die JV. Guudryana mit der JV. Zeuscli-
neri auch in der Tracht und in der OberflächenbeschafFenheit Ähn
lichkeit, doch ist erstere, abgesehen von dem viel steileren Gewinde
durch den Mangel von Hockern am oberen Rande unterschieden. Von
Nerineen aus der Portland-Etage sind:
jV. trinodosa Voltz (bei d’Orb. a. a. 0., pag. 153, PI. 283);
N. Erato d'Orb. (a. a. 0., pag. 151, PI. 282);
N. Santonensis d’Orb. (a. a. 0., pag. 156, PI. 284) ;
JV. suprajurensis Voltz zum Thl. (neues Jahrb. 1836, S. 540 und 551,Taf. VI ;
Fig. 1 und 2) ;
aus der Kreid e:
N. gigantea d’Hombre Firmas (d’Orb. terr. cretac. pag. 77, PI. 158)
durch die Faltenbildung und zum Theile durch die Tracht mit
unserer Art verwandt.
Mit JV. suprajurensis Voltz ist die Ähnlichkeit im Bau so gross,
dass abgeriebene Exemplare beider Arten nicht von einander unter
schiedenwerden können, und ich desshalb noch in Zweifel bin, ob die
JV. suprajurensis Vo ltz nicht wirklich nebst der JV. Zeuschneri bei
Stramberg vorkömmt.
Zeuschner gibt ganz richtig an, dass letztere keinen Nabel
hat, nichtsdestoweniger habe ich an kleineren Exemplaren aus dem
Plassenkalk einen Spindelcanal beobachtet, welcher dem der N.Man
delsloki Bronn, JV. gradata d’ Orb. u. m. A. ganz analog ist, durch
mehrere Umgänge fortsetzt und innerhalb des jüngsten Umganges
blind endigt.
Diese Art kommt vor bei Inwald, Stramberg und häufig am Plassen.
N. Castor d'Orbigny.
Taf. II, Fig. 17.
N. castor d’Orb. (Terr. jur. pag. 109, PI. 262, Fig. 3—4).
N. suprajurensis Voltz zum Thl. (neues Jahrb. 1836, S. 540 und 551; Taf. VI,
Fig. 3, «).
„ bei Go 1 df. (Petref. germ. 3. Taf. 175, Fig. 10).
D'Orbigny hat eine Nerinea aus dem Coral-rag von Frankreich
und Belgien, welche mit der JV. suprajurensis Voltz in allem
Wesentlichen übereinstimmt, den Spiralwinkel ausgenommen, JV. Castor
genannt, wodurch die von Voltz aufgestellte, drei Etagen des oberen
Jura durchgreifende Art, in zwei Arten zerlegt wird. Der ältere Name
bleibt den im Kimmeridgien und Portlandien vorkommenden Formen
356
Peters.
Im Kalke von Stramberg kommt eine hierher gehörige Nerinea
vor, welche einen Spiralwinkel von 24° hat, somit innerhalb die von
d’Orbigny angegebenen Grenzen von 21 — 2S° fällt. Auch in
der Faltung und durch die Concavität inmitten der Umgänge stimmt
sie mit der N. Castor mehr überein als mit den mir vorliegenden
spitzigeren Exemplaren (von N. suprajurensis) aus dem Kimmeridgien
von Doubs, Porrentruy u. a. 0. Ich nehme sonach nicht Anstand
die Aufstellung der N. Castor gut zu heissen und die Nerinea von
Stramberg als solche anzusprechen.
In Hinsicht auf die Ansicht Hohenegger's über den Kalk von
Stramberg darf ich nicht unerwähnt lassen, dass eine Neocomien-
species, Nerinea Renauxiäna d'Orh. (Terr. er6t. pag. 76, PI. 1S7),
durch ihre Faltenbildung mit der besprochenen in der That viele
Ähnlichkeit hat, woraus nun freilich nichts Weiteres folgt, als dass
gewisse Typen in der Formationsreihe vom Grande Oolithe bis in die
oberen Neocomienschichten durch eine grosse An zahl von Arten
repräsentirt sind.
Die N. Castor d’Orh. kenne ich bisher blos aus dem Kalke von
Stramberg.
N. Strainbergensls Peters.
Taf. III, Fig. 3, 4.
N. testa brevi, conica, non umbilicata, spira angnlo 27°; an-
fructibus parum excavatis, laevigatis, superne nodosis;
plicis labro 1, columella 2, simplicibus.
Der Spiralwinkel umfasst 27 Grad; der letzte Umgang ist nicht
bekannt.
Das Gehäuse ist kurz kegelförmig, allem Anscheine nach
ungenabelt. Die in der Mitte ein wenig vertieften Umgänge sind glatt
und tragen nur am oberen (hinteren) Rande Knötchen, wodurch das
Gehäuse einen beinahe treppenförmigen Bau erhält. Die Falten sind
im Wesentlichen den vorgenannten Arten gleich, nur ist der Hohl
raum in der Richtung der Axe zusammengedrückt, so dass die Seiten
wandfalte der unteren Spindelfalte gerade gegenüber steht.
Abgesehen davon ist diese Art durch die Grösse des Spiral
winkels und ihre ganze Tracht von den Arten mit ähnlicher Falten-
bildung unterschieden. Ich nenne von letzteren hier besonders N-
canaliculata d’Orb. und N. dilatata d’Orb. aus dem Corallien und
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 357
N. nodulosa Desh. (Expedition de Moree t. III, part. 1, pag. 18S,
Mollusc. pl. IV, Fig. 6, 8.)
Bei Stramberg und am Plassen.
N. Hnidingeri Peters.
Taf. IV, Fig. 4, S.
N. testa elongata, conica, imperforata; spira angulo 30°; an-
fractibus excavatis, cbstatis, superne et inferne nodosis ;
plicis: labro 1, columella 2, simplicibus.
Der Spiralwinkel beträgt 30 Grad; der letzte Umgang ist nicht
bekannt.
Das lang kegelförmige Gehäuse ist in Ermanglung eines Spindel-
canales wahrscheinlich ungenabelt. Das Gewinde besteht aus ziemlich
niedrigen, in der Mitte vertieften Umgängen, welche am oberen und
unteren Rande Knoten tragen, die unter einander durch wenig vor
springende , ziemlich breite Rippen verbunden sind. Durch diese
Sculptur unterscheidet sich die Art von N- Zeusclineri, mit der sie
in der Faltenbildung vollkommen übereinstimmt. Die einzige Seiten
wandfalte ist gerade nach einwärts gerichtet, von den beiden Spindel
falten läuft die oben und innen entspringende nach ab- und auswärts,
die untere steht beinahe horizontal.
Von N. Zeusclineri und mehreren derselben verwandten Arten
unterscheidet sie sich noch durch die Grösse ihres Spiralwinkels.
Sie ist nicht selten im Plassenkalk und in den Polauer Bergen
bei Nikolsburg.
N. Hohencggeri Peters.
Taf. III, Fig. 1, 2.
N. testa elongata, imperforata; spira angulo 13—13°; an fruc
tibus complanatis, inferne nodosis, cingulis quinque granu-
losis, quorum quartus prominet, instructis; apertura sub-
triangulari triplicata; plicis: labro 1, columella 2, sim
plicibus, quarum inferior valde obtusa.
Der Spiralwinkel hat eine Erötfnung von 13 —15 Grad, der
Suturalwinkel 70 Grad. Die Länge dürfte über 0 - 100 betragen.
Das Gehäuse ist sehr verlängert, beinahe cylindrisch, ziemlich
dickschalig, ungenabelt, die Umgänge sind im Ganzen genommen
eben bis an die Ränder, welche sich gleichmässig erheben, und deren
unterer mit kleinen perlartigen Halbknoten versehen ist.
358
Peters.
Unmittelbar über demselben folgen drei, mit länglichen Körnern
besetzte Gürtel und darauf ein vierter, dessen Körner grösser sind
und welcher ein Weniges über der Mitte des Umganges sich befindet.
Zwischen demselben und dem oberen glatten Randwulst ist ein
fünfter gekörnter Gürtel angebracht, der am wenigsten ausgeprägt
ist und beinahe verdeckt wird von den schief über den Umgang
herabziehenden Zuwachsstreifen.
Die Mundöffnung ist unregelmässig dreieckig, die Lippe oben
seicht ausgerandet und mit einer Falte, die Spindel mit zwei Falten
versehen. Schon am Durchschnitte des ersten Umganges, in noch
höherem Grade in den älteren Umgängen, zeigen sich beide Spindel
falten sehr von einander verschieden. Die untere ist überaus stumpf
und massig, die obere scharf und rinnenartig nach aufwärts
gekrümmt. Die Seitenwandfalte ist massig scharf und ohne merkliche
Krümmung nach aufwärts gerichtet.
Diese Art ist mit mehreren Arten des Coral-rag von Frankreich
sowohl durch ihre Tracht als ihre Faltenbildung nahe verwandt; so
mit N- Mariae d'Orb., mit N- Bernardiana d'Orb. u. A., welche
viel spitziger sind, während andere verwandte Corallien-Arten, wie
N. Sequana Thirria und N. Visurgis Roein er, welche weit über
Frankreich und Norddeutschland verbreitet sind, einen viel grösseren
Spiralwinkel haben. Unter allen diesen gibt es jedoch keine, welche,
abgesehen von kleinen Abweichungen in der Form und Stellung der
Falten, ihr in der äusseren Seulptur gleich kämen. Mit der N.
Roemeri Philippi (Philippi, im neuen Jahrb. 1837, Seite 294,
T. III, Fig. 2; — Roemer, Norddeutsch. Oolith als N. fasciata
Voltz;—- Goldfuss, Petref. germ. 3. Seite 43, T. 176, Fig. S)
aus dem Coral-rag des Lindenerberges in Hannover hat sie eine ent
ferntere Ähnlichkeit.
Diese Art kommt vor im Plassenkalk, bei Stramberg und bei
Inwald. Sehr schöne Exemplare hat man bei Richalitz gefunden. Die
Inwalder (Hohenegger’s Sammlung) sind klein und sehr gut
erhalten.
N. Santonensis d'Orbigny.
D’Orbigny. Terr. jur. pag. 186, PI. 284.
Diese den Portlandschichten zugeschriebene Art erkenne ich an
Steinkörnern aus dem Stramberger Kalk. Sie unterscheiden sich
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
3S9
durch den kleinen Spiralwinkel verbunden mit einer ausnehmend
scharfen unteren Spindelfalte von den mehrmal genannten ähnlichen
Arten, insbesondere von N.Hoheneggeri Peters. Auch bei Nikols
burg und den Polauer Bergen scheint sie vorzukommen.
Eine ziemlich kurz konischeNerinea von Stramberg, welche
gleichfalls die bei den Portland-Arten herrschende Faltenbildung
zeigt, unterscheidet sich von den Bekannten wesentlich durch ihre
Tracht. In jener Beziehung steht sie der N. trinoclosa Voltz, durch
ihren konischen Bau der N. salinensis d’Orb. nahe , ist aber viel
kleiner als diese. Leider ist die äussere Sculptur, welche eine ziem
lich einfache zu sein scheint, nicht genügend erhalten.
N. crispa Zeusehner.
Zeuschner, in Haidinger's Abhandlungen 3. Bd., 1. Abth., S. 138, Tat. XVII,
Fig. 12—IS.
Selten bei Inwald. — Am Plassen (?). Abgeriebene Exemplare,
können mit einer folgenden Art, N. plassenensis Peters leicht ver
wechselt werden.
N. conoidea Peters.
Taf. III, Fig. 8 und 9.
N. testa brevi, conoidea, imperforata; anfractibns excavatis,
superne tuberculatis, ceterum laevigatis; plicis : labro
nulla, columella inaequalibus, simplicibus.
Das Gehäuse dieser ziemlich kurzen, eine Länge von 30 Millim.
in der Regel nicht überschreitenden Art ist konoidisch, ziemlich steil
gewunden, ungenabelt. Die in der Mitte vertieften Umgänge tragen am
oberen Rande perlenartige Knoten und sind übrigens glatt, nur hie und
da bemerkt man eine schwache Andeutung von Längsrippen, welche
von den Knoten herablaufen. Die längliche und zusammengedrückte
Mündung hat zwei der Spindel ungehörige Falten, deren untere
kurz und stumpf ist bis zum völligen Verschwinden, während die
obere lang und schmal nach unten und aussen vorspringt.
Diese Art ist der N. cripsa Zeuschner sehr nahe verwandt,
in der Faltenbildung stimmen beide genau überein, so dass ich
anfangs glaubte, der Darstellung Zeuse hner’s hätten unvollkom
mene Exemplare zu Grunde gelegen und beide seien wirklich
identisch. Indess wurde ich durch Exemplare aus der Hohenegger-
360
Peters.
sehen Sammlung belehrt, dass dies nicht der Fall ist. N- crispa ist
ziemlich lang kegelförmig, hat einen Spiralwinkel von 20 Grad, und auf
ihrem schief abgeschnürten Wulste nie deutlich entwickelte Knoten.
Abgeriebene Exemplare lassen sich von der folgenden Art nicht
unterscheiden, mit der sie im Plassenkalk vorkommt.
Bei Inwald ist sie minder selten als N. crispa■ Von anderen
Localitäten kennen wir sie noch nicht 4 ).
N. Plassenensis Peters.
Tab. III, Fig. 10—12.
N. testa brevi, imperforata; anfractibus complanatis, superne
nodosis, in medio stria granulosa cinctis; apertura com-
pressa biplicata; plicis: labro nulla, columella duabus
inaequalibus, simplicibus.
Der Spiralwinkel des aus der konischen in die konoidische Form
übergehenden Gehäuses lässt sich nicht mit Sicherheit abnehmen.
An den jüngsten Umgängen schön entwickelter Exemplare ist er
recht klein (12—15 Grad) an den älteren Umgängen öffnet er
sich bis zu 20, ja 25 Grad. Die Länge beträgt 20—34 Millim. Das
Gehäuse ist ungenabelt, viel weniger steil gewunden als bei der
vorhergehenden Art. Die ziemlich ebenen Umgänge schwellen am
oberen Rande zu einem Wulste an, der mit (10) Perlknötchen
besetzt ist.
In der Mitte tragen sie einen schmalen gekörnten Gürtel, dessen
wenig vorspringende Körner jenen Knötchen correspondiren. Die
Mundöffnung ist zusammengedrückt, beinahe halbmondförmig mit
zwei Spindelfalten, welche denen der JV. crispa in jeder Beziehung
gleichen.
Von Verwandtschaften dieser drei Arten kann wenig die Rede
sein; in der äusseren Sculptur kommen ihnen mehrere Arten nahe,
so z. B. der JV. Plassenensis die JV. nodosa Voltz (d'Orh. Terr.
jur. pag. 95, PI. 254), ihre Faltenbildung aber ist ganz eigen-
thümlich.
Ich habe dieser Nerinea den Namen Plassenensis gegeben, weil
sie die bei Weitem vorherrschende Art des Plassenkalkes ist,
*) Ein Exemplar in der H o he n e gg e r'schen Sammlung- ist 40 Millim. lang und aus
gezeichnet konoidisch.
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich. 361
manche Gesteinspartien sind ganz und gar davon erfüllt, und weil
ich sie bisher nur von dieser Localität kenne.
N. pyramidalis Münster.
Taf. IV, Fig. 1—3.
1841—44. Münster in Goldfuss: Pelref. germ. 3. S. 45, Taf. 176, Fig. 11.
1850. N. depressa Voltz bei Zeuschner (Haidinger’s Abhandlung. 3. Bd.,
I. Abth., S. 137, Taf. XVI, Fig. 1—4).
Indem ich voraussehe, dass die Paläontologen mit Erstaunen
diesem Namen in einer Beschreibung von jurassischen Nerineen
begegnen werden, will ich gleich die Gründe angeben, welche mich
zu dessen Hervorziehung bewogen haben.
Wer meine Abbildungen mit der aus dem Gold fus s’schen
Werk citirten aufmerksam vergleicht, insbesondere meine Fig. 1,
wird kaum bezweifeln, dass beide Exemplare derselben Art zu
Grunde liegen. Ich kann hinzu fügen, dass die äusseren Formen
meiner am Plassen bei Hallstatt vorkommenden Exemplare, welche
durch Glätte der etwas vertieften Umgänge und die Weise, nach der
sie an den Rändern anschwellen, mit der Münster’schen Species
aufs Genaueste übereinstimmen, vollkommen gut erhalten sind. N.
pyramidalis wird als eine aus der Gosau stammende und desshalb
von Münster in die Gosauformation versetzte Art beschrieben.
Der Plassenberg aber fällt steil gegen das Gosauthal ab, und es
können Geschiebe und Petrefacten von seiner Höhe recht wohl in
die auf Gosaugebilden ruhenden recenten Gehänge-Ablagerungen
gelangen.
Das Gestein des Plassen ist in seiner dichten bräunlichen
Varietät den Nerineen führenden Kalkschichten der oberen Kreide
des Gosauthales nicht so auffallend unähnlich, dass Graf Münster
an der Ausfüllungsmasse dieser Nerineen hätte Anstoss nehmen
müssen. Da jedoch Petrefacten der Gosauformation von mehreren
Sammlern aufgespeichert werden, welche auch den Hallstätter Salz
berg und seine Umgebungen besuchen, kann es wohl sein, dass die
fragliche Nerinee erst unter ihren Händen in Suiten von Gosauver-
steinerungen und so in Münster’s Besitz gerathen ist. -— Wäre
N. pyramidalis M ü n s t e r wirklich eine Versteinerung der Gosau-
ablagerungen, so müsste sie wohl durch die in neuerer Zeit im
grossartigsten Massstabe betriebenen Aufsammlungen wieder zum
362
P e t e r s.
Vorschein gekommen sein, was nicht der Fall ist. Unsere überaus
reichen Suiten enthalten davon keine Spur.
Zu der von Münster gegebenen Beschreibung und Diagnose
habe ich nicht nöthig etwas beizufügen als etwa die Angabe des
Spiralwinkels, welcher an den Exemplaren vom Plassen zwischen
32 und 35° schwankt, an denen von Stramberg und wie ich aus
Zeuschner’s Abbildung entnehme auch an denen von Inwald nicht
ganz 30° beträgt.
Fig. 1 stellt den Durchschnitt eines sehr grossen Exemplares,
Fig. 2 die untere Fläche des letzten Umganges eines kleineren, beide
vom Plassen dar, durch Fig. 3 ist ein an der äusseren Fläche etwas
abgeriebenes, im letzten Umgänge aber vortrefflich erhaltenes Exem
plar aus dem Stramberger Kalke abgebildet.
Nerinea depressa Voltz, im Jahrb. 1836, Seite 340 und
349, T. VI, Fig. 17 (von Zeuschner, 1. c. Seite 137, Taf. XVI,
Fig. 1—4), welche nach Gressly im Schildkrötenkalk — einer
Portlandschichte— bei Solothurn, nachB u vignier im Coral-rag an
der Maas vorkommt, hat bei einer mit der N. pyramidalis wesentlich
übereinstimmenden Faltenbildung „ganz ebene, glatte Umgänge“,
einen Spiralwinkel, welcher dem der Stramberger Exemplare nicht
gleich kommt.
Überdies sind die innen und aussen von der Falte an der
oberen Wand der Umgänge befindlichen Räume auffallend verschie
den, was weder an der Nerinea vom Plassen noch an den von
Zeuschner beschriebenen Exemplaren beobachtet wird.
Zeuschner’s Nerinea depressa unterscheidet sich von der
wahren auch durch den äusseren Bau der Umgänge. „Drei Viertbeile
des oberen (nach unserer Aufstellung: unteren) Theiles sind ring
förmig angeschwollen, das untere Viertheil ist glatt und vertieft. Bei
abgeriebenen Exemplaren sind die Umgänge glatt und eben.“ Doch
möchte ich nicht annehmen, dass Vo ltz und Bronn die Charaktere
eben und glatt einer Art beigelegt hätten, von der sie nur abgerie
bene Exemplare besassen. Dass übrigens die Convexität des Umgan
ges nicht durchgehends s / 4 desselben ausmache, zeigt Zeuschner’s
Fig. 4, bei deren Vergleichung mit meinen Abbildungen die Identität
beider schwer zu verkennen sein wird.
Die Nerinea depressa Voltz bei d’Orbigny (Terr. jur.
p. 104, PI. 239, — auf der Tafel und im Prodrome als N. umbilicata
Die Nerineen des oberen Jura in Österreich.
363
Voltz —) welche er als eine charakteristische Corallienspecies
erklärt, lässt sich nicht minder schwer mit der Darstellung von Br onn
vereinbaren und es zeigen die völlig unzweideutigen Abbildungen von
Zeuschner und von d'Orbigny wie sehr verschiedene Formen
auf eine Art bezogen werden können, welche nicht hinreichend deut
lich dargestellt ist oder dafür gehalten wird. In der N. depressa bei
d’Orbigny sind die Näthe das einzig Vertiefte, die Umgänge leicht
convex.
Es scheint mir, dass der berühmte Paläontolog als er die
Beschreibung dieser Nerinea mit den Worten schloss: „Cette espdce
ne peut dtre confondue avec ancune autre pur son large ombilic
et par son pli uniqne sur la columelle“, augenblicklich zu wenig
Werth legte auf die, anderweitig von ihm so sehr gewürdigten äus-
serenFormen derNerineen, wenn sie nicht mit auffallenden Verschie
denheiten des Gewindes und der Faltung verbunden sind, und es
wäre besser gewesen, wenn er den Namen N. umbilicata Voltz der
„charakteristischen“ Species aus dem Corallien von Saint Mihiel,
Oyonnai (Ain) u. a. 0. belassen hätte.
Eine andere den hier besprochenen Nerineen ähnliche Art ist
N. subpyramidctlis Münster (Goldf. petr. germ. 3, Seite 40,
T. 173, Fig. 7) von Kehlheim an der Donau. Hinsichtlich dieser
muss ich bemerken, dass es mich Wunder nimmt, wie d'Orbigny
die überaus weit genabelte, concav konische Nerinee aus dem Port
land ien von Aigle-Pierre, Salins im Jura u. a. 0., welche
er in der Paleontologie franqaise (Terr. jur. pag. 148, PI. 279)
beschreibt, mit ihr identificiren konnte. Denn abgesehen davon
dass die Falte weder in der Richtung noch in der Stellung der
genannten Art genau entspricht, gibt es auch bedeutende Ver
schiedenheiten im Bau und im Spiralwinkel, welche mir diese Iden
tification gewagt erscheinen lassen. Da die mehrfaltigen Nerineen
nach gleichwerthen Unterschieden in Arten zertheilt werden, dürfte
man wohl auch für die einfältigen Formen das gleiche Verfahren
beanspruchen.
Der Faltenbildung nach ist der N. pyramidalis Münster auch
noch verwandt N. annulata Sharpe (Quarterly Journ. Novemb.
1849, Vol. 6, LTheil, Seite 101, T. XIII, Fig. 16), durch ihre ring
förmigen Umgänge aber leicht von ihr und jeder der vorgenannten
Arten zu unterscheiden.
364
Peters.
An die Betrachtung der Nerineen schliesse ich noch einige am
Piassen vorkommende Versteinerungen an, da ich unser Material von
dort — mitAusnahme der Polyparien — gerne vollständig abhandeln
möchte.
CERITHIUM.
C. nodoso-striatum Peters.
• Taf. IV, Fig. 6, 7.
C. testa turrita, angülo 27 — 30"; anfractibus gradatis, trans-
versim (2—3) striatis, superne nodosis, ultimo anfractu
inferne multistriato; aperturn trapezoidali.
Der Spiralwinkel hat die Öffnung von 27—30 Grad, die Länge
beträgt 45—100 Millim., die grösste Breite 22—32 Millim.
Das starkwandige, thurmförmige Gehäuse ist treppenförmig auf
gebaut aus niedrigen, unten mit zwei bis drei vorragenden Linien,
oben mit starken, glatten Knoten versehenen Umgängen.
Die Basis ist ganz mit feinen Transversalstreifen bedeckt, die
Mündung trapezoidal mit Abrundung der inneren Seite. Der Mund
saum ist an keinem Exemplare erhalten.
Dieses ausgezeichnete Cerithium kommt vor im Plassenkalk
(Fig. 6) und bei Stramberg (Fig. 7), an letzterer Localität ziemlich
häufig, an der ersteren in besonders grossen Exemplaren.
NATICA.
N. Inwaldiana Zeuschner.
Taf. IV, Fig. 8.
Zeuschner (1. c. S.139, Taf. XVII, Fig.23, 24).
Ich bilde diese Natica nach Exemplaren aus dem Plassenkalk
hier nochmals ab, weil der charakteristische, überaus dickeMundsaum,
welchen Zeuschner vollkommen richtig beschreibt, auf seiner
Abbildung gar nicht hervortritt.
Von Stramberg kenneich diese Art nicht, dagegen kommt hier,
so wie auch bei Nikolsburg
N. Dejanira d’Orbigny (Terr. jur., pag. 209, T. 296) in
ausgezeichneten Exemplaren vor.
Von niedrig gewundenen trochusartigen Schnecken fand ich im
Plassenkalk nur unbestimmbare Reste.
Fit/. / Air int ft ft r tut Irtt lauft '/int nt/ .
-/ 6'. Cttrpetihirtt "Xett.tr/tttrr.
Sil.7»uiifjsh. il k. Ak.nl /I.W'malli natunv. (’l XVIHil. ? Ili'fl 1855.
R.IVlcrs. Ncrinccn d. ob. Jura.
Fig.t.
Ify.Z.
hsHHH
Taf II.
JFif. 3.
Fty.9.
Strohmay
Fla. W
Fi ff. tff
Fi0.4.
Fff. S.
ii<J.t-.'J. X.tfrrrtrrr Peters.
- '/■ a. A. Surssi Pet ers.
“ (r ^ I Mrtsxycii ff), %ea.tr/na:
Fi ff. n.
Aus d. k. k.Hof-u.'Sta.atsdruckerei
Fi ff. iO. //. J.' cfliinhis Peters.
» tX/-t. J. Fa.rt.tr/ii Peters.
» /'i. ti. A’. ftörnrsi. Peters.
X Pastor ft’ Ort.
SiUiingsb. k. Akad. d.Wmalh. nnliirw. ri.XYIBd.2Heft.1855.
K.Peh»rs. Xcrineen d. ob. Jura.
Fig.Z.
Fiff.t.
K. IVIors. Nrrincon d. ob. Jura.
Strohmaydr lith.
i''(/ / '• Ser inen //ohrnee/ejeri Peters.
" •> -/ " >J‘tnunierffeiuis Peters.
>• <>'/■ » Jforeemn ef'Ori.
Fig. /
Fy-t-
Fig. 4.
Fig. 3.
Aus i:k.k.Hof-u. Staabdruckerei.
Fit/8. .9. Jfrrinea een riefen. Peters.
« /P-/Z. " P/nssenreesis Peters.
„ Pi.//. .. flrfii/n/ei/iet3rnsr/e/ire:
Fi ff. 9.
Fig. 6.
Fig /4.
I
Fiff.SZ
iPk
m
m
m
Fig.S.
M
m
kt
m
Fig 7.
»SÜÄiin^sb. d. k.Akaild.W math. natunv. CI.XVIBd.2Hefl*. 18»5.
K IVUm-s. Nerineen d. ob. Jura.
Mq.ff. F & 3 -
Tai: IV.
Ify.X.
Fin.ä.
/-•>' Xrrinrn /H/rn/nirf<itis Jhhu/.
" '• //fttz/in//rri Pr/rr.r.
. k.k. Hof-u. StaaVsdruckcrei.
Fr//, ti. 7. Crrff/rrr/n /rrrtoso - stritttnni /‘rtrrs.
// /? .Irr/irrt /tmti/r/ttttt Art/srir/a:
ftitzungtil). d.k Aknd d.W matli. natiirw. Cl.XY(Bd.?lipfU855
*biü Nerineen des oberen Jura in Österreich.
365
Von Zweischalern nur Diceras arietina Lam. in colossalen
Fragmenten. Von dem Vorkommen dieser Art und der D.Lucii Defr.
an den mährischen Localitäten war schon Eingangs die Rede. Nach
einem von Herrn Prof. Zeuse h ne r uns freundlich mitgetheilten Exem
plare mit präparirtem Schlosse kommt letztere auch bei Inwald vor.
Nachstehende Tabelle diene zur Übersicht der
Versteinerungen
von folgenden Localitäten
Schichten, in
welchen sie
ausserösterreich
Vorkommen
Nerinca BruntrutanaTh.
N. Carpathica Zeuschner
N. Haueri Peters
N. Suessii Peters
N. eonulus Peters .
N. Stasssyciisp.Zeuschnei
N. Moreana d’Orb.
N. Partschii Peters
N. Orbignyanu Zeuschner
N. Hörnesi Peters .
N. Zeuschneri Peters
N. castor d’Orb. . . .
N. StrambergensisPetevs
N. Haidingeri Petei-s .
N. Holieneggeri Peters
N. Santonensis d’Orb.
N. crispa Zeuschner .
iV. conoidea Peters . .
N. Plassenensis Peters
N. pyramidalis Münster
Cerithium nodoso - Stria
tum Peters .
Natica inwaldiana Zeu
N. Dejanira d’Orb.
IMceras arietina Lam.
D. Lucii Defr
X
(?)
+
+
+
+
X
+
+
X
+
X
+
(?)
+
XXX
X
X
+
X
X
H?)
X
f?)
(?)
XX
X
+
+
+
+
+
+
+
X
X
XX
XX
+
X
X
XX
X
XX
+
X
+
+
+
+
(?)
In den Portland
schichten von
Frankreich und
der Schweiz.
Im schw. Jura
£ nach Que’nst.
Corallien.
Corallien.
Portland.
Früher irrthümlich
für eiue Kreide-
species g-ehal-
% ten.
Corallien.
Corallien.
Corallien.
Daraus glaube ich folgern zu dürfen:
1) Dass die am Plassen bei Hallstatt und am Sandling bei
Aussee befindlichen Nerineerikalke, deren geologische Stellung bisher
unbekannt war, mit den im nordöstlichen Theile von Niederösterreich,
in Mähren und weiter entlang dem Nordrand der Karpathen auftau
chenden Jurakalkgebilden (den sogenannten Klippenkalken) identisch
sind;
D + bedeutet das nicht häufige, X das häufige, XX das sehr häufige Vorkommen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft. 24
366
Zepharovich.
2) dass dieselben (von vielen charakteristischen Coral-rag-Ver-
steinerungen aus anderen Thiergruppen, wieDiceras arietina Lam.,
Diceras Lucii De fr., Cardium corallinuni Leym. u. a. rn.) zwei
Nerineenspecies mit dem Coral-rag, eben so viele aber mit den Port
landschichten des westlichen Europa’s gemein haben, dass sie demnach
keiner dieser Schichten ausschliesslich parallelisirt werden dürfen,
sondern wahrscheinlich beide der Art umfassen, dass eine Trennung
nicht ausführbar sein wird. Arten, welche die Kimmeridge-Schich-
ten ausdrücklich bezeichnen würden, sind bisher nicht bekannt;
3) dass endlich die grosse Zahl neuer Nerineen - Arten in dem
österreichischen oberen Jura eine von dem der westlichen Länder
überhaupt mehrfach abweichende Fauna voraussetzen lässt.
Eine weitere Ausführung und Prüfung dieser Folgerungen ist
von den bereits vorbereiteten Untersuchungen über die zahlreichen
übrigen Thierreste des oberen Jura in Mähren zu erwarten.
Jaulingit, ein neues fossiles Harz aus der Jauling nächst
St. Veit a. d. Triesting in Nieder-Österreich.
Von Yictor Ritter v. Zepharovich.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. April 1855.)
Der gewerkschaftliche Braunkohlen-Bergbau in der sogenannten
grossen Jauling, südlich bei St. Veit a. d. Triesting, bietet nun
schon zum zweiten Male Gelegenheit über ein bemerkenswerthes
Vorkommen zu berichten. Die erste Mittheilung J ) bezog sich auf
zwei grosse Stosszähne von Mastodon angustidens, welche man
nebst Backenzahn- und Schädelknochen-Fragmenten vor zwei Jahren
daselbst beim Stollentrieb im Liegend-Tegel des Haupt-Lignit-
Flötzes angefahren hatte; einleitend wurde damals auch eine kurze
Skizze der geognostischen Verhältnisse des Jaulinger Süsswasser-
Beckens gegeben. Das neue Harz aus dem Lignit selbst ist ein
Vorkommen des verflossenen Jahres, von welchem mir, wie früher
durch meinen Freund, den dortigen Montan-Beamten, Herrn J. B.
Engelmann, die erste Nachricht zugekommen war, welcher auch
*) Die Fossilreste von Mastodon angustidens aus der Jauling. Von V. R.v. Zepharo
vich. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, Bd. IV, 1853, S. 711.
Jaulingit, ein neues fossiles Harz aus der Jauling.
367
bald die versprochene Sendung nachfolgte, hinreichend Material
enthaltend, um die wünschenswerthen Untersuchungen damit vor-
:l nehmen zn können.
Dieses Harz, für welches ich mir den Namen Jaulingit, von dem
h Fundorte entlehnt, vorzuschlagen erlaube, hat in seinen dunkleren
'» Partien Ähnlichkeit mit Haidinger’s Ixolyt von Oberhart hei
Gloggnitz, in den lichteren mit manchem Succinit. Es kommt in den,
dem 2 Schuh mächtigen Hauplflötze eingelagerteu Lignit-Stämmen,
nach Dr. C. v. E tting sh aus en’s Untersuchung einer Ahies - Art
angehörig, ziemlich selten, und wie es scheint analog wie an unseren
jetzigen Coniferen, vorzüglich an verwundeten Stellen derselben vor.
Diese Stämme liegen plattgedrückt, an ihrer Basis 2 — 3 Fuss
messend, in einer Länge von mehreren Klaftern, vorzüglich hart
am Hangenden des Hauptflötzes, welches durch eine 18—20 zöllige
Tegel-Schichte, von dem oberen nur 3 — 4 Zoll mächtigen Lignit-
Flötze getrennt wird, welches letztere sehr häufig auch derartige
gedrückte Stämme enthält. Stellenweise liegen die grossen Stämme
von den fest in einander verwachsenen Wurzelstöcken getrennt,
zuweilen jedoch sind sie mit ihnen noch im Zusammenhänge,
erscheinen aber dann meist wie umgeknickt.
Das zur Untersuchung eingesandte Harz, stammte aus einer
nachweisbaren äusseren Verletzung eines Lignit-Stammes von der
grössten Dimension, nahe an seinem unteren Ende. Au ähnlichen
Orten äusserlieh, und im Innern der Stämme, wo diese unter den
mannigfaltigen Einwirkungen von aussen her, noch bevor sie hinweg
gerissen und zur Ablagerung gelangten, am weitesten zerbersteten,
sind die ergiebigsten Fundstellen des Harzes ; es bildet hier, reich
licher ausgeflossen, grössere unregelmässige, meist knollige Massen,
während es sonst schmälere Längsspaltungen und Querklüfte im
Holze erfüllend in Gestalt dünner Platten, bis zu dem zartesten sich
abschuppenden Anfluge herab, erscheint.
Der Jaulingit hat eine lebhaft hyazinthröthe Farbe in den
frischen amorphen Partien, mit ausgezeichnet fettglänzenden, flach
muscheligen Bruchflächen, kleine Splitter, sind stark durchscheinend
bei gewisser Dünne selbst durchsichtig; das feinste Pulver ist
isabellgelb, gröberes ochergelb, beide letzteren Farben ebenfalls an
dem Harze zu beobachten, wo es als staubartiger Anflug oder in
stark rissigen und beschädigten Partien erscheint.
24 *
I
368
Zepharovich.
Er ist sehr spröde, leicht zersprengbar, lässt sich leicht
zwischen den Fingern zu Staub zerreiben, wobei man einen
schwachen harzigen Geruch, ähnlich jenem des Kolophoniumharzes
bemerkt. Der Härte-Grad fällt zwischen Kalk und Gyps, das speci-
fische Gewicht, anscheinend reiner Stücke wechselt zwischen 1098
und 1-111, im Mittel 1-104.
An einer Kerzenflamme, schmilzt das Harz zuerst unter ruhiger
Blasen-Entwickelung, entzündet sich dann und brennt ruhig mit
leuchtender, rothgelber stark rauchender Flamme, je nach seiner
Reinheit von beigemengten Lignit-Theilchen ist der hierbei wahrzu
nehmende Geruch mehr oder weniger brenzlich, und wird auch eine
grössere oder geringere Menge einer schwarzen schlackigen Kohle
erhalten. Im Glaskolben erhitzt, schmilzt es leicht, sich zer
setzend, indem ein Theil in den Hals des Kölbchens überdestillirt,
unter lebhaftem Aufschäumen, Entwickelung lichtgrauer Dämpfe und
eines unangenehmen brenzlichen Geruches zu einer klaren gelben
Flüssigkeit, welche beim Erkalten zu einer schwarzbraunen Masse
erstarrt, während das in den Hals Überdestillirte als ein gelbbraunes
Öl mit stark brenzlichem Gerüche sich zeigt.
Die Zusammensetzung des Harzes zu ermitteln, hatte Herr
Professor Dr. Fr. Ragski auf mein Ansuchen freundlichst über
nommen und theilte hierüber das Folgende mit: „Das in Unter
suchung genommene Harz besteht aus zwei Harzen, dem Alpha- und
Beta-Harze, fast zu gleichen Theilen.
Das Alpha-Harz durch Schwefelkohlenstoff ausgezogen ist
braungelb, in der Kälte spröde, bei SO 0 C. wird es weich und klebrig,
bei 70° C. zäheflüssig. Es löset sich leicht in Alkohol und Äther,
dagegen nicht, selbst im Kochen, in kohlensaurem Kali. Mit Ätzkali
gekocht, werden nur Spuren gelöset. Durch concentrirte Schwefel
säure wird es bald verkohlt. Erwärmt riecht es aromatisch, an
Cedernholz erinnernd. Mit chromsaurem Bleioxyd verbrannt lieferte
es folgende Resultate:
1)
0-2027 Gramm, gaben 0-S801 CO a
0-2027 „ „ 0-1862 HO
0-2014
0-2014
0 S7S5 C0 3
0 1842 HO.
2)
Jauling, ein neues fossiles Harz aus der Jauling.
369
Dieses entspricht auf 100 Theile berechnet einem Gehalte von:
1. 2.
Kohlenstoff 78-04 — 77-90
Wasserstoff .... 10-16 — 10-12
Sauerstoff 11-80 — 11-98.
Das Beta-Harz lässt sich aus dem Rückstände von der Lösung
in Schwefelkohlenstoff durch Äther ausziehen. Dasselbe ist braun
gelb, spröde, erweicht bei 135° C. und wird erst bei 160° C. zähe-
flüssig. Es löset sich leicht in Alkohol und Äther, nicht in Schwefel
alkohol und kochendem kohlensaurem Kali. Von Ätzkali wird es in
der Wärme leicht aufgelöset. Aus der dunkelbraunen Lösung wird
das Harz durch Übersättigung mit Essigsäure als Gallerte gefällt.
Nach der Analyse ergaben:
1) 0-2485 Gramm. 0-6467 CO.
0-2485 „ 0 1773 HO
2) 0-2364 „ 0-6142 C0 3
0 2364 „ 0-1692 HO,
woraus die Zusammensetzung auf 100 Theile folgt:
1. 2.
Kohlenstoff 70-94 — 70-85
Wasserstoff .... 7-92 — 7-95
Sauerstoff 21-14 — 21-20.
Beide Harze enthielten in gereinigtem Zustande keine Asche.
Für das A1 p h a - H a r z gibt die Analyse im Mittel:
Anzahl der Äquivalente.
Kohlenstoff . . . 77-97 — 12-997 = 13
Wasserstoff . . . 1014 — 10140 = 10
Sauerstoff . . . 11-89 — 1-486 = 1-5,
welches entspricht der empyrischen Formel
Ca 6 H ao 0 8
mit einer procentischen Zusammensetzung von:
Kohlenstoff . . . 78-00
Wasserstoff . . . 10-00
Sauerstoff.... 12-00
370 Zepharovich. Jaulingit, ein neues fossiles Harz aus der Jauling.
Für das Beta-Harz gibt die Analyse im Mittel:
Anzahl iler Äquivalente.
Kohlenstoff . . 70-895 — 11-816 — 9 076
Wasserstoff . . 7-935 — 7-935 — 6-103
Sauerstoff. . . 21-170 — 2-646 — 2 035
entsprechend der empyrischen Formel:
C 9 11 6 0 2 oder
C 18 H la O4
mit einer procentischen Zusammensetzung von:
Kohlenstoff . . . 71-05
Wasserstoff . . . 7-89
Sauerstoff .... 21 06.
Vergleicht man die beiden Formeln für das
Alpha-Harz = C 26 H 20 O s
Beta-Harz = C 18 H„ 0 4
so könnte man annehmen, es sei das letztere aus dem ersteren durch
Oxydation entstanden, indem 1 Äquivalent Sauerstoff aufgenommen
wurde, dagegen je 8 Äquivalente vom Kohlenstoff und Wasserstoff
aus der Mischung sich entfernten.
Wedl. Helminthologische Notizen.
371
Helminthologische Notizen.
Von dem c. M. Prof. Dr. R. Wed).
(Mit III Tafeln.)
(Vorgetragen in der Sitzung vom 15. Februar 1855.)
In den vorliegenden Blättern sollen grösstentheils neue Formen
von Helminthen besprochen, theils von bekannten Ergänzungen ihrer
Charakteristik gegeben werden. Hinsichtlich der Zeit und des Ortes
der Beobachtungen habe ich blos zu bemerken, dass die Mehr
zahl derselben während eines fünfwöchentlichen Aufenthaltes zu
Triest gegen Ende August und im Monat September, der Rest der
Beobachtungen im Verlaufe des verflossenen Sommers gemacht
wurde.
I. CESTODEN.
1. ln dem Darme eines Lophius piscatorius wurde zweimal ein
geschlechtlich nicht entwickelter Cestode gefunden, der an seinem
Kopfende etwas dicker als an dem Hintertheile, im gestreckten Zu
stande zu einer Länge von 8 Millimeter anwächst und zu einer Breite
von y 4 Millimeter sich nach rückwärts zuschmälert (s. 1 B). Der Kopf
hat eine sphärische, nach vorne abgestutzte Gestalt, ist 0 - 13 Millimeter
breit und geht unmittelbar nach einer seichten Abschnürung in den
Körper über; er hat einen häutigen Überzug mit einer nach vorne
gerichteten Öffnung (s. IA a). In dieser Hülle liegt ein schüsselför
mig ausgehöhlter, mit seiner Lichtung nach vorne gerichteter Körper
(1A c), an dessen Vordertheile sich ein Zug radiärer Fasern (Sehliess
muskel, 1A 6) befindet. Die von diesem Körper eingeschlossene
Höhlung ist nach hinten abgerundet. Entsprechend der halsartigen
Abschnürung trifft man eine querüber gehende Lage freien rothen
Pigmentes (1A c). Der hufeisenförmige Körper steht nach rückwärts
mit einem Muskelapparate, der aus vier, unterhalb der äusseren Decke
gelegenen, länglichen, lappenförmigen, im frischen Zustande con-
tractionsfähigen Theilen besteht (1 Ad)- Das Thier besitzt eine
372
Weil.
grosse Agilität, die Streckungen und Zusammenziehungen folgen
rasch auf einander. Die das Parenchym des (ihrigen Körpers bil
dende Substanz ist eine homologe, und von irgend welchen Organen
keine Spur.
Dieser Scolex ist höchst wahrscheinlich die unentwickelte
Form von Bothriocephalus Lophii (Rud.), den Diesing unter die
Bothrioceplialidea geilere dubia gestellt hat.
2. Eingebettet in dem reichlichen Schleime der Spiralklappe
des Darms von Trygon pastinaca, fand ich einen bewaffneten Cesto-
den, der sich von den von Ru dol p hi aufgezählten Species von Oricho-
boihrium, Acanthobothrium (van B e n e d e n), Botlirio cephales armes
(Dujardin) durch folgende Merkmale unterscheidet. Hinsichtlich
der Grössenverhältnisse des Thieres ist zu bemerken: Länge dessel
ben = 2o Millimeter; Breite des bewaffneten Kopfes = % Millime
ter; schmälster Durchmesser des Halses = y 4 Millimeter; grösster
Längendurchmesser eines Gliedes = s/ 4 Millimeter, grösste Breite
eines solchen = 2 / 3 Millimeter. Der verhältnissmässig grosse Kopf
besitzt vier halbkugelige, gegenständige Erhabenheiten, von denen je
eine zwei Paaren von Haken zum Ansätze dient. Letztere haben einen
Stiel, der sich gabelförmig theilt, was eben das Genus Acanthobo
thrium (van Beneden) charakterisirt (s. 2B). Die Fortsätze der
Haken sind gekrümmt und verhalten sich hinsichtlich ihrer Grösse fol-
gendermassen: von b—c oder Längendurchmesser des Hakens = 0-13
Millimeter; breitester Durchmesser von d querüber = 0-048 Milli
meter. Auch ist hervorzuhehen, dass von der Abgangsstelle der beiden
Fortsätze ein seitlicher viereckiger Ansatz (a) sich befindet, der die
Haken von jenen anderer Species unterscheidet.
Der Kopf schnürt sich gegen den Hals hin etwas ab (s. 2 A «);
letzterer ist nach vorne beträchtlich dicker (2A b) und schmälert
sich nach rückwärts allmählich zu, wobei er als erste Andeutung der
Glieder eine quere Streifung erhält (s. 2 A c). Von dem Kopfe ab
wärts verlaufen bei auffallendem Lichte helle, bei durchgehendem
dunkle Streifen (Riffe), welche, hinter den halbkugeligen Erhaben
heiten bogenförmige Umbeugungen bildend, gegen das hintere Ende
des Halses spurlos verschwinden. Von geschlechtlicher Entwickelung
konnte selbst in den hintersten, mehr oblongen Gliedern nichts beob
achtet werden. Die Form der Haken, die Längsriffe am Halse,
die Dicke des letzteren unterscheiden das beschriebene Acantho-
Helminthologisclie Notizen.
373
bothrium (van Beneden) von anderen, und ich erlaube mir für
selbes den Namen Acanthobothrium crassicolle vorzuscblagen, ob
wohl mir freilich erst eine Strobila im Sinne van Beneden’s zu
Gesichte kam.
3. Das zuerst von van Beneden aufgestellte Genus Phyllobo-
thrium hat auch bei Torpedo marmorata einen Repräsentanten,
vielleicht dem von Rudolphi als Cephalocotyleum Torpedinis
bezeiclmeten entsprechend. Ich habe im Darmschleime von genannter
Roche mehrere Strobilen und sehr zahlreiche Pro'glottiden eines
Phyllobothrium gefunden, für das man den Beinamen gracile wählen
könnte. Der Kopf besteht aus vier gegenständigen, contractilen Blät
tern, zwischen welche eine Fortsetzung des fleischigen, consistenteren
Halses eingreift (s. 3M), und so dem mit den vier dünnen Lappen
versehenen Kopfe Haltbarkeit verleihet. Van Beneden hat bei
Phyllobothrium thridax (Memoires de l’Acad. roy. de Belgique,
tome XXV, s. 122) die mannigfaltigen Formveränderungen der
von ihm benannten Bothridien (Blätter) des Kopfes hervorgeho
ben, was auch auf jene unseres Phyllobothrium vollkommene Anwen
dung findet. Die Blätter, die aus einem zarten Fasernetze bestehen,
krausen sich bei der Contraction, so dass ihre Ränder gekerbt
erscheinen; dabei stellen sich letztere nicht selten derartig auf und
rollen sich etwas um, so dass eine rinnenartige Höhlung gebildet wird.
Sind die Blätter des Kopfes durch den Druck eines Deckglases aus
gebreitet, so wächst der Querdurchmesser von dem Saume des einen
Blattes bis zu jenem des entgegengesetzten bis zu 3 Millimeter. In
dem selir contractilen Halse befindet sich an jeder Seite ein Paar
starker Wassergefässe, die sich in die Kopflappen fortsetzen. Der
kurze, kaum einige Millimeter lange, 2 / 3 —1 Millimeter breite Hals geht
in kurze, an den Rändern gekerbte Glieder über.
Die männlichen Geschlechtstheile liegen nach rückwärts je eines
bis zu einem bestimmten Grade entwickelten Gliedes und alterniren
auf der einen und anderen Seite. Der Penis liegt in der Substanz
versteckt, krümmt sich bei seinem Hervortritte S-förmig, mit seinem
freien Ende nach rückwärts gekehrt (s. 3B /?); seine Scheide ist
mit kurzen feinen Stacheln besetzt (s. 3D); seine Substanz ist con-
tractil und zeigt sich an den Rändern schwach gekerbt. Gegen die
breitere Wurzel des Penis ist eine doppelte Muskelfaserschichte vor
handen, eine nach innen gelagerte Längsfaser- und eine noch stärker
374
W eil.
markirte äussere Querfaserschichte. Die in der Nähe der Penis
wurzel gelegene Samenhlase geht in ein ziemlich langes Vas deferem
über, das, sich nach rückwärts wendend, als schlangenförmig gewun
dener Schlauch den Hoden vorstellt.
In den Proglottiden wird man symmetrisch vertheilte, lichte
Räume gewahr, den Eiergruppen entsprechend, welche bei einer
leichten Quetschung als heller Mitteltheil der Proglottis erscheinen
und eine gekerbte Begrenzung zeigen (s. 3 B «). Der Uterusstamm
(3B b) verläuft central, kreuzt sich mit dem Penis nach rückwärts
und geht in die Vagina über, die in einer durchbohrten Papille gerade
hinter der Austrittsstelle des Penis sich mündet. Nebst den oblongen
Proglottiden von der Form 3 Ca kommen jedoch auch kleinere, nach
dem Zustande der Contraction verschiedenartige Formen vor, welche,
bis zu einem Längendurchmesser von a / 3 Millimeter herabsinkend
(wie 3 C c), in ihrem Innern wohl die den Eiergruppen entsprechen
den hellen Stellen, allein von einem Penis auch keine Spur mehr
zeigen. Es ist somit nur anzunehmen, dass sich eine Proglottis
durch energische Contraction abschnüre, und wahr
scheinlich stellt 3(7 b eine solche im getheilten Zustande vor. Derlei
Proglottisreste findet man, sich lebhaft contrahirend, in zahl
reicher Menge an manchen Orten in dem sehr zähen Darmschleime
eingebettet, aus dem sie durch Abspülen mittelst Seewasser (das
Quellwasser bringt eine zu baldige Zersetzung der zarten orga
nischen Substanz der Helminthen hervor) leicht isolirt darzustellen
sind.
4. Über die anatomischen Verhältnisse eines Scolex von Rhyn-
chobotlirium (Siebold) — Tetrarhynchus (Rudolphi) = Tetra-
bothriorhynchus (Dies in g) hatte ich Gelegenheit, ergänzende Beob
achtungen anzustellen. — An dem Peritonealüberzuge des Magens
von Uranoscojms scaber hing ein etwa 1 Millimeter im Durchmesser
haltendes Bläschen, das ein geschlechtlich nicht entwickeltes Ento-
zoon beherbergte (s. 4). An demselben ist der gelappte Kopftheil
mit den vier eingezogenen Rüsseln und der mit zahlreichen Kalkkörper
chen versehene Hintertheil alsogleich zu unterscheiden. Das aus der
Cyste befreite Thier bewegt sich einige Zeit sehr lebhaft, streckt den
einen oder anderen mit Häkchen besetzten Rüssel hervor und klam
mert sich an das nebenliegende Gewebe an. Der sehr bewegliche
Rüssel wird zeitweise zurückgezogen und sehr behendig wieder vor-
Helminthologische Notizen.
375
wärts geschnellt. Die Form der Häkchen, ihre Stellung, ihr Verhalten
während des Vorwärtssehneliens des Rüssels und während des Rück
zuges lässt sich erst bei stärkeren Vergrösserungen eruiren. Die
Häkchen sind mit ihrer sichelförmig gekrümmten Spitze nach rück
wärts gekehrt (s. 6) und in schief absteigenden Reihen gelagert.
Der Rüssel ist hohl und mit Längsmuskelfasern in
seinem Innern ausgekleidet (s. 6ad), nach vorne ein-
stülpbar, so zwar, dass bei dem Einziehen des Rüssels die an der
Aussenwand befindlichen Häkchen eingeschlagen werden und an der
innern Oberfläche des eingestülpten Rüsseltheiles zum Vorschein
kommen. Die eingerollten Häkchen erscheinen sodann in der Mitte
des Rüssels zusammengedrängt als abgerundete Körner (s. 7 «). Es
ist somit ersichtlich, dass der Rüssel nicht totus quantus zurückgezo
gen und hervorgeschoben wird, sondern dass er blindsackähnlich
sich einstülpt und heraussehlägt. Ein ganz ähnliches Verhalten findet
auch bei dem Rüssel der Echinorhynchi Statt.
Der Kopf besteht bekanntlich aus vier Lappen (Bothria, Bothri-
dien), welche bei ihren verschiedenartigen Contractionen sehr mannig
faltige Formen annehmen. Je einem dieser vier gegenständigen Kopf
lappen entspricht ein Rüssel, welche gegen ihre Rasis hin von einem
Bündel Längsmuskelfasern umfasst werden (s. 5« a). Die kolben
förmigen Enden (s. 5 b 6) der Rüssel sind leicht in ihrer Continui-
tät mit dem Hakenrüssel und dessen dünnem hohlen Stiele hervorzu
ziehen, sind ellipsoidisch und besitzen gegen ihre Mitte eine Raphe; an
ihrer Oberfläche zeigen sie eine gleichförmig vertheilte Menge von
kleinen spaltförmigen Lücken, welche dem Gewebe das Ansehen eines
fein durchwirkten Netzes verleihen. Die Bedeutung dieser anschei
nend elastischen Gebilde ist noch dunkel.
Das Thier ist einer bedeutenden Streckung fähig, wobei es eine
Länge von 1 a / 3 Millimeter erreichen kann. Am Hintertheile befinden
sich zwei deutlich abgegrenzte, eine transparente körnige Masse ent
haltende Organe (s. 5 c e), zudem sind zwei coritractile, lappige
Anhängsel bei günstiger Lage zu sehen.
Einen ganz ähnlichen Scolex von Rhynchobothrium in der
Länge = iy o Millimeter, in der Breite = 5 / 6 Millimeter habe ich
m der Bauchmusculatur von Lophius piscatorius gesehen, dessen
Hakenrüssel im zurückgezogenen Zustande als dunkle Streifen erschei
nen (s. 8 b 6). Die zwei Paare Spalten (s. 8 a ä) entsprechen den
376
Wedl.
Durehtrittsstellen der Rüssel.' In den Peritonealplatten nahe dem
Magen kamen ebenfalls hei Lophiuspiscatorius auch verkalkte Seoli-
ces vor, welche als weisse, kreideartige, in einer Kapsel eingeschlos
sene Körperchen nach Behandlung mit Essigsäure aufbrausten, sich
aufhellten und hierdurch die Contouren des Wurmes noch erkennen
Hessen.
ü. An der Valvula spiralis des Darmes von Mustelus vulgaris
sah ich mehrere Exemplare von Tetrachynchus longicollis (van
Beneden) im Sinne Rudolphi’s zum Genus Rliynchobothrium
gehörig. Ich erlaube mir nur hier einige Ergänzungen zu denBeobach-
tungen van Beneden’s hinzuzufügen. Die Länge der sich nach Art
von Hörnern biegenden, vorgestreckten Rüssel (s. 9 «) ist beträcht
licher, als sie von van Beneden angegeben wurde (zu 0-18 Milli
meter) ; sie beträgt etwas über 2 Millimeter. Die Breite der Rüssel
an ihrer Austrittsstelle = 0-lo Millimeter, an ihrem abgerundeten
Ende = 0-08 Millimeter. Die Länge des Halses von der Stelle hin
ter den Kopflappen (s. 9J) bis zur knotenartigen Anschwellung
(d') = 11 3 /s Millimeter; Breite des Halses in c = 3 / 3 Millimeter,
in d = I Millimeter, in d' — 1V 6 Millimeter. Hinter d' fällt der
Querdurchmesser wieder bis auf 0-8 Millimeter herab. Die Zahl der
Glieder ist verschieden, die Länge des Gliederstückes oft kürzer, oft
länger als das Halsstück, das an seinem knopfartig geschwellten
Theile (9nT) gewöhnlich einen Saum von kirschrpth tingirtem, fein
körnigem, freiem Pigment zeigt.
Van Beneden hat schon (I. c. S. 1S6) darauf aufmerksam
gemacht, dass die Rüsselscheide (in 9 d) mit parallelen, unter einem
rechten Winkel sich schief durchkreuzenden Streifen bedeckt sei.
Ich fand die Structur folgendermassen beschaffen: Es verlaufen
0-002 Millimeter dicke Fasern zickzackförmig und zu 0-012 Milli
meter breiten Bündeln angeordnet. Indem diese Bündel (s. d b'mg)
unter einem rechten Winkel sich kreuzen, entstehen gleichmässige
Quadrate; da ferner die die Bündel constituirenden Fasern sich gleich
falls unter einem rechten Winkel kreuzen, so entsteht in jedem Qua
drat ein feines Netz von gleichfalls rechtwinkelig sich durchkreuzen
den Streifen. Das Bild hat einige Ähnlichkeit mit quergestreiftem
Muskelgewebe im Zustande der Contraction; die Natur dieser Hohl
gebilde (s. 9 d), welche offenbar jenen in S bb (des Scolex von
Rhynchobothrium) entsprechen, ist wohl noch zweifelhaft.
Helminthologische Notizen.
377
Die Geschlechtsöfifnungen befinden sieh am Seitenrande je eines
Gliedes, etwas hinter der Mitte und wechseln auf der einen und andern
Seite ab. Der Penis ist gekrümmt (s. 9/t) und mit einer feinstache
ligen Scheide versehen. Die weibliche Geschlechtsöffnung ist gleich
hinter der männlichen; die Eier sind rund, 0-036-—0-042 Millime
ter im Durchmesser, und stehen gruppenweise beisammen. Es kamen
in demselben Darmstücke sehr platte, transparente Proglottides bis
zu einem Längendurchmesser von 1 Centimeter vor, welche bei der
Lebhaftigkeit ihrer Contractionen und der Transparenz hinsichtlich
der Beweglichkeit ihrer Organe sich zur Untersuchung eigneten. Der
Penis wurde nämlich eine beträchtliche Strecke weit bald vor-, bald
rückwärts geschoben. Die Wassergefässe, welche durch seitliche
zarte fadenartige Fortsätze mit dem Nebengewebe Zusammenhängen,
wurden in ihrer selbstständigen Contraction beobachtet, wobei sie
sich nach Art der Blutgefässe der Insecten stellenweise abschnürten
und so eineLocomotion der transparenten Flüssigkeit bewerkstelligten.
6. Gleich unterhalb des mit Speiseresten erfüllten Magens von
Myliobatis aquila wurde im Darmschleime eingebettet ein Rliyn-
chobothriuvi (Rudolphi) gefunden, das sich alsogleich durch
einen zarteren Habitus von dem vorhergehenden unterschied. Das
Thier hat eine Länge von 6 Centimeter. Die Länge der vorgestreck
ten Rüssel = 1 Millimeter, die Breite derselben =0-036 Milli
meter; die Länge des Halses = 3 Millimeter, die Breite desselben
= 0-73 Millimeter (s. 10^). Die Anzahl der Kopflappen schien
mir 4 zu betragen ; ihrer Zartheit halber konnte ich nämlich zu keinem
sicheren Resultate gelangen. Die Häkchen der Rüssel sind mit ihrer
Spitze nach rückwärts gekehrt und in schief absteigenden parallelen
Linien gelagert (s. 10B). Die vier kolbenförmigen, verhältnissmässig
kurzen Enden der Rüsselscheiden befinden sich vor einer knotenarti
gen Anschwellung des Halses. Die hinter letzterer folgenden kurzen
Glieder zeigen in ihrer Continuität einen sägeförmigen Rand und in
ihrer Mitte bei durchgehendem Lichte einen hellen breiten Streifen
(s. IOC); die weiter rückwärts gelagerten Glieder sind von der
unterhalb der Hautbedeckung gelagerten Muskelschichte längsgestreift
(s. 10 D). Die Geschlechtsöffnung befindet sich am Seitenrande der
Glieder im hinteren Drittheile, abwechselnd auf der einen oder ande
ren Seite, oder wohl auch in 2, 3 oder mehreren auf einander folgen-
denGliedern auf derselben Seite. Nach angewendetem Drucke gleitet
378
Weil.
ein glatter, gerader 0 • 08 Millimeter breiter Penis hervor, der von
einer ampullenartigen Wurzel entspringt. Die hintersten Glieder sind
dunkel marmorirt und strotzen von Eiern, letztere haben eine runde
Form (s. 10 E), ihre Dotterblase ist mit einer gruppirten dunkel
körnigen Dottermasse erfüllt, hat einen Durchmesser von 0'024 bis
0 - 028 Millimeter und lässt bei geeigneter Lage ein wandständiges
Keimbläschen mit dem Keimflecke gewahr werden. Zwischen der
Dotterblase und der sehr zarten Eihülle befindet sich eine transparente
Eiweiss-Schichte. Die weitere Entwickelung der Eier und des Embryo
konnte nicht verfolgt werden.
An einem grösseren Exemplare von Myliobatis aquila konnten
bezüglich des beschriebenen Rhynchobothrium noch einige ergän
zende Beobachtungen gemacht werden. Es lag unterhalb der Schleim
haut des Darmes ein ohngefähr erbsengrosser Knoten, dessen Höhlung
mit jener des Darmes durch eine mit einer weissen, amorphen Masse
verlegte Öffnung communicirte. Neben dieser weichen, mit Schleim
und Kalksalzen durchsetzten Masse kamen abgerissene länglich-vier
eckige, zum Theile in fettiger und kalkiger Degeneration begriffene
Cestodenglieder und ein Kopfstück des beschriebenen Rhynchobo
thrium vor. Die bewaffneten Rüssel stehen mit den langen Scheiden
in unmittelbarem Zusammenhänge und lassen sich mit denselben leicht
herausziehen; an der Übergangsstelle findet sich eine baisähnliche
Abschnürung. Die Scheiden sind dickhäutig, winden sich schlangen
förmig, besitzen eine sehr feinstreifige, leicht zu übersehende Muskel
lage , und nach rückwärts, wo sie in die kolben- oder hülsenähnli
chen Anhänge übergehen, gleichfalls eine halsähnliche Abschnürung.
Die Structur dieser Anhänge ist wesentlich so, wie die der grösseren
von Rhynchobothrium longicolle (vergl. 9 y), nur sind die von den
Faserbündeln gebildeten Quadrate kleiner und die sich kreuzenden
Fasern zarter. Zudem besitzen die Anhänge eine dünne Hülle und nach
rückwärts einen bandartigen Fortsatz.
Die Bezeichnung dieser Species als Rhynchobothrium tenue
dürfte insoferne gerechtfertigt sein, als auch die hinteren Glieder
verhältnissmässig schmal sind.
II. TREMATODEN.
1. An den abgeplatteten Zähnen der Kiemenbögen eines grossen
Exemplares von Tliynnus vulgaris beobachtete ich einige ovale, im
Helminthologische Notizen,
379
Längendurchmesser etwa 3—4 Millimeter haltende, fest adhärirende
grauröthliche, ziemlich resistente, bindegewebige, vollkommen abge
schlossene Cysten, welche meist ein, zuweilen zwei Exemplare eines
sonderbar gestalteten Monostoma beherbergten. Das Thier besteht
wesentlich aus einem bimförmigen Kopftheile und einem nierenförmi
gen Bauehtheile, welche beide durch einen verhältnissmässig langen
strangartigen Fortsatz in Verbindung treten (s. 11 und 12). Die
Gi'össenverhältnisse sind folgendermassen beschaffen: Längendia-
meter des Kopfstückes von einem geschlechtlich entwickelten Thiere
= 1-4 Millimeter, Breite desselben 3 / 3 Millimeter; Durchmesser des
runden Saugnapfes — 0• 4 Millimeter; Längendiameter des Bauch-
theiles = 2 Millimeter; Länge des Verbindungsstranges beinahe =
2 Millimeter; Querdurchmesser desselben = 0• 18 Millimeter. Die
geschlechtlich nicht vollkommen entwickelten Thiere sind insbeson
dere in ihrem Bauehtheile beträchtlich kleiner (vergl. 12 mit 11).
Der Saugnapf (s. 11a) ist in schiefer Richtung von einer trich
terförmigen Höhlung durchbohrt, deren grössere Mündung nach unten
und vorne, die kleinere nach rückwärts gelagert ist. Das Parenchym
des Saugnapfes wird von einer beträchtlichen Lage von Ringsmuskel
fasern gebildet, welche gegen die hintere, kleinere Mündung des
Trichters von einem schwachen Bündel von Muskelfasern umgriffen
werden, das sich mit den Ringsfasern kreuzt. Hinter dem Saugnapf
mündet sich der von gelbbraunen Eiern tingirte Uterus (s. 116),
und verläuft, beinahe die ganze Breite des Verbindungsstranges ein
nehmend (s. 11c), nach rückwärts in den Bauchtheil, der von den
gelbbraun tingirten Eierschläuchen vollgepfropft ist (s. Ile e).
Ausser letzteren trifft man noch dünnere graue, darmähnlich gewun
dene Schläuche (s. 11z? d), welche, mehr gegen die Oberfläche des
Bauchtheiles gelagert, den Eierkeimstock vorstellen. Die zahllosen
Eier haben eine gelbe Färbung und sind die Ursache des gelbbraunen
Colorits der Eierschläuche; sie besitzen eine nierenförmige Gestalt,
einen Längendurchmesser von 0 • 026 Millimeter, einen Breitedurch
messer von O-Olö Millimeter.
Die Einbiegungsstelle zeigt sich bei der Seitenlage des Eies
(s. 13 zt) ; von vorne betrachtet, erscheint letzteres schmäler (s. 13 6,
mit dem contrahirten Embryo). Durch Druck lässt sich der mit
einer Einkerbung versehene Embryo (s. 13 c, mit den noch daran
hängenden Eihäuten) isoliren.
380
Weil
Weitere Forschungen über diesen Trematoden, für den ich den
Namen Monostoma bipartitum vorschlage, anzustellen, war ich nicht
in der Lage, da die Thunfische bekanntlich ausgeweidel zu Markte
gebracht werden, und es mir während meines Aufenthaltes in Triest
nur einmal gelingen wollte, die Eingeweide eines Thunfisches zu
erhalten.
2. Ein geschlechtlich nicht entwickeltes Monostoma
habe ich zugleich als Ecto- und Entoparasit bei Rhombus
laevis gesehen; es waren nämlich an den Strahlen der Flossen dunkle,
punktförmige, sehr fest adhärirende, resistente Knötchen bemerkbar,
die nebst der bindegewebigen ziemlich dicken Hülle einen mehr
weniger von ihr abstehenden structurlosen Balg von einer Dicke von
0-0096 Millimeter in sich fassten, welch letzterer beinahe ganz von
einem sich herumrollenden Trematoden ausgefüllt war. Präparirt man
letzteren heraus, so ercheint das Monostom wie 14, dessen Länge
3 / 4 Millimeter, dessen Breite beinahe */ s Millimeter beträgt, wenn
sich der Wurm zusammengezogen hat. Der Durchmesser des Mund
napfes mit seiner kleinen Öffnung (s. 14«) ist 0-076 Millimeter;
von ihm weg verläuft der Ösophagus mit seiner Anschwellung (6).
Der Dauungsschlauch theilt sich sodann gabelig (in c); die beiden
Äste verlaufen bogenförmig nach rückwärts, um an dem hinteren
Körperabschnitte jeder für sich blind zu endigen (s. 14e). Am
Hintertheile des Körpers ist noch ein, hei durchgehendem Lichte
dunkles, sich gabelig in zwei llorizontaläste spaltendes Organ erwäh-
nenswerth (s. 14 cf), aus welchem sehr leicht eine dunkelkörnige Masse
hervorquillt (f), die, stärker vergrössert, aus einem Aggregat von
fettkugelähnlichen Körpern besteht (</). Dieses dunkle Organ ist von
v. Sieb old (s. dessen vergleich. Anatomie der wirbellosen Thiere,
S. 138) als Absonderungs-Organ erklärt worden. Die Oberfläche des
Thieres hatte ein chagrinirtes Ansehen. Schliesslich bleibt nur noch
hinzuzufügen, dass dieselben eingekapselten Monostomen unter der
Schleimhaut des Darmes angetrolfen wurden.
3. Ich will hier auf die anatomischen Verhältnisse von Mono-
stoma foliaceum (B u d o 1 p h i) aus der Bauchhöhle von Acipenser
Stnrio näher eingehen, um so mehr, als Dujardin iu seiner histoire
naturelle des helminthes (S. 364) den Zweifel ausgesprochen hat,
dass es kein wahres Monostom, sondern seiner Meinung nach vielmehr
ein den Cestoden angehörender Organismus sei. Der sehr kleine Saug-
Helminthologische Notizen.
381
napf, dessen Öffnung bei einem 22 Millimeter langen, 7 Millimeter
breiten Exemplare kaum noch mittelst des freien Auges gesellen werden
kann (s. 15«), besitzt eine trichterförmige Höhlung und führt zu
einer etwas gewunden nach rückwärts verlaufenden Speiseröhre (6),
die in c bulbusartig anschwillt. Von diesem Orte weg konnte ich den
Nahrungsschlauch nur eine kleine Strecke weiter verfolgen; an trans
parenteren kleineren Thieren, die mir nicht zu Gebote standen, wird
sich der weitere Verlauf gewiss eruiren lassen. Von dem Mundsaug
napf weg verläuft beiderseits an dem Rande des Thieres ein dunkler
Streifen (rf), der sich ungefähr in der Höhe des Pharynx gahelig
theilt (s. d); die beiden Zweige verlaufen in parallelen Zügen nach
rückwärts, um blind an dem Hintertheile zu endigen. An der rechten
Seite des Thieres bei dessen Bauchlage sieht man einen bei durch
gehendem Lichte dunklen, bei auffallendem hellen Streifen schief nach
vorwärts verlaufen und an dem Seitenrande endigen (s. 15/). ln
diesem Organe, das ohne Zweifel den Penis repräsentirt, zeigt sich
in der Mitte eine consistente hellere Masse, welche sich leicht mit
der Nadel ahlösen lässt. An seiner Wurzel steht der Penis mit einer
ampullenartigen Anschwellung in Verbindung, hinter welcher eine
graue abgegrenzte Masse (Samenbläschen ?) sich befindet. In der
Nähe der letzteren (</) endigt der mit braungelben Eiern gefüllte
Schlauch (Uterus), (e), der an der einen Seite des Thieres nach rück
wärts verlaufend sich etwas zuschmälert und sich umbeugend nach
vorwärts zieht. Nebst einem ähnlichen braungelb tingirten Canale der
andern Seite erscheinen auch noch einige in querliegenden Bögen.
Bei reflectirtem Lichte erscheint die Oberfläche des Thieres aus
4—öeckigen Faehwerken (von D i e si ng [s. dessen Syst. heim. I, 319]
ui der Diagnose hervorgelioben), zusammengesetzt, von welchen jedes
in der Mitte eine Vertiefung besitzt, so dass hieraus ein honigwaben-
ai'tiges Ansehen erwächst. Diese Loeulamente der Oberhaut stehen in
Querreihen, die Ränder des Thieres sind gekerbt; hei der Streckung
dehnen sich die ersteren aus. Das Thier kann den Vordertheil sehr
zuspitzen, und es ist ihm hierdurch ermöglicht, sich zwischen die
Gewebe des Wohnthieres einzudrängen. So fand ich ein Monostoma
mit seinem Kopfe in die Haut der Schwimmblase eingedrungen, so
dass in letzterer eine Öffnung zu erblicken war, welche von dem Vor-
dertheile des Monostoma ausgefüllt war; so lag ein anderes Mono
stoma unter dem Peritonealüberzuge neben der Wirbelsäule.
Sitzb. d. mathem.-natunv. CI. XVI. Bd. II. Hft. 2ä
382
W e d I.
Bei einem anderen Acipenser Sturio wurde die retrograde
(fettige) Metamorphose der Monostomen in folgender Weise ver
folgt. Dieselben werden beträchtlich dicker, so dass das Epitheton:
foliaceum insoferne nicht mehr in der Ausdehnung passte, da sich die
Ränder nicht mehr leicht Umschlägen, und die Oberfläche des Rückens
viel convexer erscheint, auch nimmt in dem Grade des Dickerwerdens
die Transparenz bedeutend ab, und es ist erst nach vorgenommenem
stärkeren Drucke mittelst eines dicken Glases möglich, die nur mehr
sehr spärlich vorhandenen gelbbraun tingirten Eierschläuche zu unter
scheiden. Der schief nach vorne gerichtete Penis ist undeutlich. Im
Ute rus-Canaleundselbst in denEiern sind grössereFetttropfenange
sammelt, und ersterer hie und da mithraungelberMolecularmasse ange
pfropft. Manche der tingirten Eier erscheinen um ein Beträchtliches
kleiner, kaum ein Drittel der ursprünglichen Grösse messend, also
offenbar einem Verschrumpfungsprocesse entgegen gehend; dabei sind
sie häufig in die Länge gezogen oder weichen auf verschiedene Weise
von ihrer ursprünglichen Gestalt ab. Es ist somit klar , dass Mono
stoma foliaceum in der Peritonealhöhle des Störes hinsichtlich seines
geschlechtlichen Apparates sich unter Umständen zurückbilde, wobei
eine Fettzunahme im Körper des Thieres eintritt.
4. In dem relaxirten Zellgewebe ausserhalb des Herzbeutels
und um den Bulbus arteriosus von Belone vulgaris kommt sehr
häufig ein eingekapseltes bisher nicht bekanntes Distoma vor. Die
gefüllte Kapsel ist oval, im längeren Durchmesser 1 Millim. lang, bei
reflectirtem Lichte weiss, glatt, lose dem Zellgewebe angeheftet,
sehr consistent und dabei ungemein elastisch.
Obwohl man die Bewegungen des Wurmes bei der nicht gequetsch
ten Kapsel wahrnehmen kann, so wird doch das Thier, welches den
ganzen Raum ausfüllt, in seinen Umrissen erst bei der Quetschung
klar. Wird letztere so stark vorgenommen, dass die Kapsel berstet,
so zerquetscht man stäts den AVurm; präparirt man denselben heraus
so erscheint ein Distoma, dessen Mundnapf im erschlafften Zustande
Y4 Millim., dessen Ösophagus-Anschwellung 0‘14 Millim. und
dessen Bauchnapf ungefähr um ein Drittel kleiner als der Mundnapt
ist. Der sich gabelig theilende Darmcanal ist weit. Zwei Hodenbläs
chen (?) sind gegen den Hintertheil des Thieres gerückt, an den
Seiten des letzteren liegen zwei ellipsoidische, mit einer transparen
ten, feinkörnigen Masse gefüllte Organe (Eierkeimstöcke?). Die
Helminthologische Notizen.
383
Wassergefässe bilden ein feines Netz. Gegen den Mundnapf wird
man an der Decke 0• 0048 Millim. lange, spitze Stacheln gewahr,
welche gegen den nackten Hintertheil an Grösse abnehmen.
Die Kapsel ist structurlos und bestellt aus einem äusseren dicke
ren und inneren dünneren Blatte; bei einer Dicke von 0-017 bis
0-025 Millim. leistet sie einer concentrirten kohlensauren Natron
lösung Widerstand und es ist erst einige Zeit nach der Einwirkung
der letzteren möglich, mittelst eines geringen Druckes die Kapsel
zum Bersten zu bringen.
Ich habe bei mehreren Exemplaren von jBetone vulgaris nach
geschlechtlich vollkommen entwickelten Distomen fruchtlos gesucht
und glaube daher die Species-Bezeichnung des beschriebenen
Distoms noch nicht machen zu dürfen.
5. In Bezug auf Distoma megastoma (Ru d o Iphi), das ich gegen
den unteren Theil des Magens von Scyllium Catulus fand, habe ich
zu den Beobachtungen Rudolphi's undKuhn’s einige Ergänzungen
hinzuzufügen. Die Thiere sind mit ihrem vorderen Saugnapfe fest
in die Schleimhaut eingekeilt, so dass nur das Acetabulum mit dem
Hintertheile frei liegt. Der Mundnapf hat eine abgerundet dreieckige
Gestalt mit einer quergestellten einiger Massen herzförmigen Öffnung
(s. 16). Die Radialfasern sind nach dem hinteren Abschnitte des
Napfes bedeutend länger als im vorderen, und kreuzen sich mit einem
schwachen Bündel von Circularfasern. Die Querdurchmesser des
Mundnapfes, Bauchnapfes und der Ösophagus-Anschwellung ver
halten sich im erschlafften Zustande wie 1-33 : 1-17 : 1 Millim.
Die Geschlechtsöflfnung liegt vor dem Bauchnapf an der linken Seite
der Ösophagus-Anschwellung; der an jener befindliche Penis
besitzt eine knopfförmige, gegen 1 Millim. grosse Anschwellung, seine
Grundsubstanz ist ein festes Fasernetz. Der Hodenbläscben sind drei.
Die braungelb tingirten Eier sind oval, besitzen einen Längendiameter
von 0-038 Millim., einen Breitendiameter von 0-026 Millim. Ausser
diesen gefärbten Eiern gibt es auch noch an dem hinteren Abschnitte
hinter dem Acetabulum befindliche um ein Viertel grössere, mit einem
deutlichen Operculum an dem einen Ende versehene Eier. Die Decke
des Thieres ist glatt, an den Rändern gefaltet.
6. Distomapolymorphum (Rudolphi), habe ich nur einmal im
Darme von Muraena Anguilla gesehen und zur besseren Übersicht
der anatomischen Verhältnisse eine Abbildung beigegeben (s. 17).
25 *
384
W e (t I.
Der Bauchnapf ist nicht ganz dreimal so gross als der Mundnapf, und
hat jener vor sich den S-förmig gekrümmten, glatten Penis (P),
hinter sich den spiralig gedrehten Uterus (J7), der mit den braun
gelben, elliptischen Eiern erfüllt ist (s. dieselben rückwärts in dem
folgenden Aufsatze 7). Der Eierkeimstock (s. 17 0) ist traubenförmig
und an den Seitentheilen des Thieres gelagert. Der Hode (2T)
zeigt eine lappige Form.
III. NEMATODEN.
Es leben sehr häufig in den Fischen theils eingekapselte, theils
freieNematoden, welche sich durch den Mangel eines geschlechtlichen
Apparates auszeichnen; solchen Individuen fehlt daher ein wesent
liches Merkmal zur Charakteristik, und man ist desswegen strenge
genommen nicht berechtigt, einen systematischen Namen einem Tliiere
zu geben, von dem man die Entwickelungsstufen noch nicht kennt;
wählt man aber der kürzeren Bezeichnung halber eine Benennung, so
kann dieselbe nur als eine provisorische figuriren. ln diesen Zeilen
geht meine Absicht nur dahin, verschiedene.Formen vorzuführen und
namentlich auf die verschiedenartige Bewaffnung hinzuweisen, welche
theils an dem Vorder-, theils an dem Hiutertheile der Tliiere sich
vorfindet.
1. Aus den Appendices pyloricae des Magens von einem klei
nen Lopliius piscatorius wurde mit dem Schleime ein sehr dünner,
kaum mittelst des freien Auges sichtbarer Nematode ausgequetscht,
der sich durch seine mehr pendel- als schlangenförmigen Bewegungen
auszeichnete. Seine Länge beträgt 6*/ 2 Millim., seine Breite an der
dicksten Stelle 1 / i2 Millim., nach vorne J / 19 Millim., nach rückwärts
vor dem kolbenförmig abgerundeten Ende '/^ Millim. Das Kopfende
ist schief abgestumpft und besitzt zwei abgerundete Lippen (s. 18a),
zwischen welchen zwei zurückziehbare, im ausgestreckten Zustande
wie zu einem verschmolzene Stachel sich befinden. Dieselben sind
nur, wenn sie vorgestreckt, gut zu beobachten (s. 19), im zurückge
zogenen Zustande (s. 20) kaum als vorragende kleine Spitzen bemerk
bar; ihre Länge beträgt beinahe 0• 1 Millim.; sie können ungefähr
zur Hälfte vorgeschoben werden; ihre Bänder erscheinen gekerbt,
an ihrer Basis gehen sie in eine Scheide (s. 19«) über. Der Dau-
ungscanal beginnt zwischen den Lippen und geht in den schmalen
ziemlich langen Ösophagus über (s. 18 b). Der Darmcanal zieht
Helminthologische Notizen.
385
von vorne gerade nach rückwärts und ist nur in seinem vorderen
Viertheile mit einer bräunlich-gelben Molecularmasse erfüllt (s. 18 c),
er endigt vor dem kolbenförmigen Hinterende (s. 18 cl). Das letz
tere zeigt zwei schief aufsteigende Streifen (s. 18 ee), den beiden
seitlichen kappenförmigen Decken entsprechend; auch bemerkt man
daselbst vier hellere Punkte unentschiedener Bedeutung. Von Ge-
schlechtstheilen konnte auch nicht die Spur entdeckt werden. An der
Körperoberfläche bemerkt man nach vorne zu eine mittlere Raphe;
etwas weiter nach rückwärts erscheinen noch seitliche Raphen, die
Querringeluug ist sehr zart. Trotz mehrfältiger Versuche, beiLophius
pisc. diesen Nematoden, der dem Genus Agamonema (Dies.) dem
Fundorte nach nicht entspricht, wieder zu finden, wollte es mir nicht
gelingen, und ich will daher nur von diesem geschlechtslosen Rund
wurme den langen Stachel des zweilippigen Kopfes und das kolben
förmig abgerundete Hinterende hervorgehoben wissen. Den Gattungs
namen könnte man einstweilen mit Dikentrocephalus (crinalls) (haar
ähnlichen Zweistachelkopf) bezeichnen.
2. Einen zum Genus Agamonema (Dies.) gehörigen unge
schlechtlichen Rundwurm fand ich an der Peritonealoberfläche des
Magens von einem kleinen Lopliius piscatorius. Es waren vier
eingekapselte Exemplare vorhanden, zwei grössere und zwei kleinere
die ersteren 1 Centim. lang, f / 4 Millim. dick, die letzteren 6 Mil lim.
lang, Vo Millim. dick. Sie sind schwer von dem sie umhüllenden
Zellgewebe zu trennen, ihre Bewegungen träge. Von ihrer Hülle
befreit winden sie sich knäuelartig zusammen. Der Kopf ist mit 3(?)
abgeplatteten Papillen (s. 21) versehen und zeigt am Rande kurze
warzige Hervorragungen (s. 21 ad) und einen sehr kurzen Zahn
(s. 21 b), welcher seitlich zu stehen kommt. Bevor der weite lange
Schlundkopf (c) in den bei den grösseren Exemplaren dunkelgrau,
bei den kleineren rostbraun gefärbten Darm übergeht, bildet er einen
blinddarmähnlichen Anhang, der bei den kleineren beiden Nemato
den 5 / 6 Millim. lang, 0-05 Millim. breit befunden wurde. Der weite
Darmcanal besitzt an seiner Afteröflhung (s. 22«) eine wulstige
Erhabenheit. Der Hintertheil ist schief abgestutzt und an seinem
Ende mit 4—5 Gruppen kurzer konischer.Stacheln besetzt (s. 22 6).
Nebst dem weiten Darm werden an dessen Seite, insbesondere gegen
den Mitteltheil des Thieres, gewundene, granulirte Schläuche wahr
genommen, welche sich nirgends an der quergeringelten Körperober-
386
\V e <1 1.
fläche zu münden scheinen. Die Scheide des Thieres besteht aus
einer sehr dichten, anscheinend structurlosen, röhrenartig gestalteten
0-007 Millim. dicken Membran.
Diese eingekapselten Würmer können, wie ich mich bei einem
grossen Lophius pisc. überzeugte, kleine ßlutextraversate erzeugen,
ihre zellgewebige Scheide enthält Reihen von Pigmentzellen, ja sie
können auch verkalken, wobei sie als lichte Streifen am Peritoneum
erscheinen. Dieselben enthalten nebst den noch erkenntlichen Con-
touren des Wurmes (Querringelung etc.) Fett, Kalkkrümeln und
pigmentirte braungelbe Massen.
3. Unter der Schleimhaut des vorderen Darmstückes von Belone
vulgaris sah ich einmal y a Millim. im Durchmesser haltende, ziemlich
consistente, isolirt stehende Kapseln, von welchen je eine einen ein
gerollten, 5 / e Millim. langen, 0-036 Millim. an seiner dicksten Stelle
hinter dem Kopfe breiten Nematoden enthielt; derselbe ist an seinem
Kopfende mit einem kurzen, vor- und zurückschiebbaren Zahne
bewaffnet (s. 23A «). Dessgleiehen findet sich an diesem Hinterende
ein etwas grösserer, hakenförmig gekrümmter Stachel (s. 23 5).
Ausser dem geraden, von vorne nach rückwärts verlaufenden
Darm, der vor einer flachen, wulstigen Erhabenheit am Hinterende
ausmündet (s. 235 6), lassen sich keine anderen Organe im Innern
unterscheiden. Trifft man den Wurm noch lebend, so kann man
dessen freie, lebhafte, schlangenförmige Bewegungen durch längere
Zeit beobachten.
4. Ein Scomber scombrus enthielt in seiner Bauchhöhle eine
erstaunliche Menge von jenen unentwickelten Nematoden, welche
Diesing als Agamonema Capsularia bezeichnet hat. Dieselben
kamen nicht blos zwischen den Lappen der Leber, zwischen Nieren
und Gedärme zu Hunderten vor, so zwar, dass daselbst Alles wim
melte, sondern auch unterhalb des Peritonealsackes. Sie waren in einem
zellgewebigen Netze so verfilzt, dass sie schwer davon losgetrennt
werden konnten. Die zellgewebigen Scheiden sind mitunter mit zahl
reichen Gefässen versehen.
Die näheren anatomischen Verhältnisse sind folgende: Das Kopf
ende ist aus drei abgeflachten Papillen zusammengesetzt; zwischen
denselben erscheint ein vorschiebbarer Zahn (s. 24«), (wie dies
namentlich bei reflectirtem Licht am aufgespiessten Kopfe klar wird),
der in eine Scheide (s. 24 b) zurückgezogen werden kann. Der Zahn
Hehninthologisclie lNotizea.
387
erhält häufig eine schiefe seitliche Lage je nach der Drehung des
Kopfes. Der Darmcanal ist weit, gerade und mit einer dunkelkörnigen
Masse erfüllt. Am gewöhnlich gekrümmten Hinterende liegt der seit
liche After (s. 2S a) und der kurze Stachel. An den gewöhnlich
2 Centim. langen Würmern findet man ungefähr 2 Millim. hinter dem
Kopfende ein bei auffallendem Lichte weisses, bei durchgehendem
dunkles, 5 / 0 Millim. langes, scharf abgegrenztes Organ, das mit dem
Ösophagus leicht hervorgezogen werden kann. Dasselbe besitzt
eine zarte Hülle, welche leicht berstet und den Inhalt, eine feinkörnige
Masse, hervorquellen lässt. Dieses Organ, das mit dem Ösophagus
im Zusammenhänge steht, dürfte wohl dem Secretionsorgane der
Nematoden von v. Sieb old entsprechen. Ausser dem Darmcanale
konnten keine anderen Organe in der Leibeshöhle ausfindig gemacht
werden. Zwei (?) starke Muskelstrata, Längs- und Quermuskelbündel
vollfuhren die sehr lebhaften Bewegungen des Thieres. Die Körper
decke ist quergeringelt.
Rudolphi hat es schon hervorgehoben, dass dieser von ihm
Filaria Capsitlaris genannte Wurm auch ausserhalb des ihn bewir-
thenden Organismus fortleben könne; er erhielt ihn acht Tage in
frischem Wasser und sah ihn in eingefrornen Häringen nach Zugabe
von frischem Wasser wieder aufleben. Die Lebenszäbigkeit des
Thieres offenbart sich auch dadurch, dass der abgerissene Kopf
sich längere Zeit sehr lebhaft hin und her bewegt.
Ich beobachtete nach achtzehn Tagen, nachdem die Würmer aus
der Leibeshöhle des Fisches herausgenommen und in Brunnenwasser,
das nicht erneuert wurde, gelegt waren, lebende Exemplare, und deren
Umrisse zeigten sich ganz wohl erhalten.
S. Einen ähnlich beschaffenen, geschlechtlich unentwickelten
Nematoden (Agamonema Dies.^ fand ich bei mehreren Individuen
von Mullus barbatus und einmal bei Zeus faber in mehreren Exem
plaren vertreten. Die Länge des Wurmes schwankte zwischen 12 bis
20 Millim., die Breite vorne, mitten und rückwärts verhielt sich wie
V12 '■ V* : V« Millim. Von den anatomischen Verhältnissen will ich
nur hervorheben, dass die verhältnissmässig lange Schlundröhre bei
ihrem Übertritte in den pigmentirten Darm einen hellen, blinddarm
ähnlichen Fortsatz abgibt (s. 26 a a); ausserdem ist noch ein nach
vorne gerichtetes Divertikel (s. 26 b) an der benannten Übertritts
stelle zu beobachten, auf welche beide Fortsätze schon Dujardin
388
Wedl.
(histoire natur. des lielm. S. GOJ aufmerksam gemacht hat. Neben
dem geraden Darme verläuft ein mehr gewundener Canal, der in
der Mitte des Thieres seine grösste Breite erreicht und eine fein-
moleculäre Masse enthält. Von der Mitte abwärts zeigt derselbe eine
Lichtung in seinem Centrum und kleine kernhaltige Zellen. Von
einer weiteren Entwickelung derselben konnte in mindestens einem
Dutzende von solchen untersuchten Helminthen nichts wahrgenommen
werden. Die Hülle besteht aus in einander geschobenen bandartigen
Längsstreifen (s. 27).
6. Dujardin (1. c. S. 10S) hat in den Magenhäuten einer Raja
clavatci einen rötlilichen Rundwurm, 1-8 Millim. lang, 0-7 Mil lim.
breit gefunden, dessen Kopf ähnlich jener Spiroptera des Maulwurfs-,
und Igels sein soll; dessen Geschlechtsorgane jedoch nicht ent
wickelt waren.
Ich habe zwei solcher Spiropteren (?) im Magen von Raja cla-
vata gesehen. Der Kopf hat auf der Rückenseite drei hervorragende
Läppchen (s. 28 a). Gegen den Untertheil hin ragt jederseits eine
kurze Papille hervor (s. 28 b b); überdies findet man in der Mitte
des Vordertheils eine Erhabenheit mit drei Einkerbungen (s. 28 dj
und zwei seitliche Erhabenheiten mit einer Einkerbung (s. 28 cc).
Am Kopfende ist ein deutliches netzförmiges Wassergefäss-System
vorhanden. Neben demVerdauungscanale liegen gewundene Schläuche,
die wie mit einem zarten Epitel ausgekleidet sind (s. 28 e) und dessen
Zellen beträchtlich kleiner als jene an den Seitentheilen des Körpers
befindlichen sind (s. 28/'). Die äussere Decke ist quer geringelt.
Die Länge der von mir im Magen von Raja clavata gefundenen Rund
würmer betrug 8—9 Millim., die Breite */ 4 Millim.
7. In dem pylorischen Theile des Magens, in der Chymusmasse
eingebettet und wohl auch in dem zunächstliegenden Darmstück von
Scyllium Ccitulus habe ich zweimal eiue Ascaris gefunden, deren
Repräsentanten in der Länge von 16 Millim. — 6 Centim., in der
Dicke von Va — 1 ‘/ 3 Millim. differirten. Nach vorne und rück
wärts ist eine Zuschmälerung bemerkbar. Der Kopf ist abge
rundet, der Hintertheil konisch; ersterer besteht aus drei in einander
greifenden stumpfen Wülsten, von denen jeder mit einem Paare zwei
zackiger Zähne bewaffnet ist (s. 29 a a aj. Der Darmcanal verläuft
gerade; der After befindet sich seitlich neben einer höckerigen
Erhabenheit vor dem konischen Ende. Etwas vor der Mitte des Thieres
Helminthologische Notizen.
389
wird die Geschlechtsöffnung deutlich. Die Hautdecke ist aus ungemein
zarten Querstreifen zusammengesetzt. Von derselben nach einwärts
liegen an beiden Seiten des Thieres in gleichmässigen Distanzen sehr
zahlreiche Knoten, von welchen 3—4, 0-0036 Millim. dicke Stränge
büschelförmig gegen die mittlere Oberfläche des Körpers ausstrahlen
und daselbst verschwinden. Dass diese allenthalben gleichmässig
vertheilten Knoten und die davon ausstrahlenden Stränge dem Nerven
systeme angehören, soll weiter unten erörtert werden. In der Leibes
höhle, wo der Darmcanal gelagert ist, wird ein transparenter nur
durch sparsame Moleküle getrübter Saft zeitweilig auf und abwärts
getrieben; auch liegt daselbst ein schlauchartig gewundenes, wie von
einem Epitel ausgekleidetes Organ (s. 30), das, gegen die seitliche
Geschlechtsöffnung hin breiter werdend , in den Wandungen des
Schlauches eine quere Streifung zeigt. Mit Dotter oder einer Ei-
Membran umhüllte Eier sind in den kleinen, unentw ickelten Ascari
den nicht zu finden; es ist daher blos ein Eierkeimstock vorhanden.
Mehr gegen die Oberfläche des Thieres kommen jedoch noch
andere in Längsreihen angeordnete Organe vor, die in ihrem Centrum
ovale, mit einem Haufen Körner in ihrer Mitte versehene Körper
beherbergen (s. 31). Letztere sind auch kleiner, sodann in Doppel
reihen gelagert und enthalten nur wenige Körner. Nebst diesen Zel
lenreihen, welche in keiner directen Verbindung mit den oben beschrie
benen büschelförmigen Quersträngen stehen, sieht man noch solche,
welche vollkommen den bi- und multipolaren Ganglienzellen gleichen,
und von welchen tlieils nach der Längenaxe zwei Fortsätze oder nach
der Queraxe des Thieres mehrere Fortsätze ausstrahlen. Ich zweifle
nicht, dass jene ganglienzellenartigen Körper mit ihren Fortsätzen
das Nervensystem vorstellen, da auch G. Meissner bei den Mermi-
then dasselbe auf eine ähnliche Weise nachgewiesen hat.
Die grösseren Ascariden haben schon ausgebildete Eier aufzu
weisen, deren rundliche Dotterblase von einem Durchmesser von
0-0S2 Millim. das Keimbläschen einschliesst (s. 32). Die Dotterblase
ist von einer mehr weniger pentagonalen oder hexagonalen, wellen
förmig gestreiften Eihülle umgeben.
Von diesem bewaffneten Ascariden, für den ich wegen der zwei
zackigen Zähne den Namen Ascaris bicuspis Vorschlägen möchte,
konnte ich nur Weibchen entdecken.
390
W t d I.
8. In Bezug auf Ascaris rigida aus dem Magen von Lophius
piscatorius kann ich die Angabe Dujardin’s (1. c. S. 184) gegen
R udolphi, der deinMännchen nur ein einfaches Spiculumzuschrieb,
bestätigen. Es sind zwei gekrümmte Spicula von beträchtlicher Länge
vorhanden; vor denselben erscheinen 10—12 Reihen von Saugwarzen
an der nach innen gekehrten Oberfläche des Thieres, die ohne Zwei
fel bei dem Begattungsacte zur festeren Adhäsion mitwirken. Das
männliche Geschlechtsorgan (Hode) besteht aus einem 6 Millim. lan
gen, bis 0-41 Millim. breiten, transparenten Theile, grosse, gross
kernige, feingranulirte Zellen enthaltend, die in einem grossmaschigen
Fasernetze eingeschlossen sind.
Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt gegen das Ende des vor
deren Drittheils an der Bauchseite. Die Eier sind rund, die Dotter-
blase 0-034 Millim. im Durchmesser, dunkelkörnig, die Eihiille
häufig gefaltet, leicht berstend. Die Dottermasse zeigte noch keine
Furchung.
9. Der Sonderbarkeit des Fundortes halber will ich hier anfüh
ren, dass ich beim Einschneiden in die bekanntlich vom Darmcanale
durchsetzte Leber eines 12 Centim. im Längendurchmesser haltenden
Pecten Jacobaeus einen 3 */ g Centim. langen, in der Mitte bei y 3 Millim.
breiten Nematoden hervorzog, der dem von Diesing benannten
Genus Agamonema angehört und nach vorne und rückwärts zuge
schmälert ist. Das Kopfende ist stumpf, das Hinterende spitz, sichel
förmig gekrümmt, der Körper quergeringelt, der Darmcanal weit,
braungelb colorirt, gerade von vor- nach rückwärts verlaufend und
kurz vor dem sichelförmigen Hintertheile endigend. Entlang dem
Darmcanale verläuft ein schmäleres gewundenes Organ, analog jenem
schon mehrmals bei den geschlechtslosen Nematoden beschriebenen.
In der Gegend des Schlundkopfes befindet sich ein bei reflectirtem
Lichte weisses, bei durchgehendem dunkles Organ, das für das freie
Auge als eben wahrnehmbares Pünktchen erscheint. Die Bewegun
gen des Thieres sind ungemein lebhaft, bald sich zu einem Knäuel
zusammenwindend, bald sich wieder entwirrend und weitausgreifende
Ortsbewegungen vollführend.
10. In unserer Gegend kommt bei Tropidonotus natrix in dem
vorderen Theile des Lungensackes sehr häufig ein Rundwürmchen
vor, von dem ich (trotzdem ich einige Hunderte untersuchte) nur
Weibchen zu Gesicht bekam. Die gegebene Charakteristik von
Helminthologische Notizen.
391
Sirongylus denudatus (Rudolphi) ist zu unvollkommen, um mit
Bestimmtheit sagen zu können, dass dieser Helminth identisch sei mit
dem von mir gefundenen, der bei einer Länge von 4—5 Millim. und
einer Breite von % Millim. durch seinen zarten Bau sich auszeichnet.
Viel besser stimmt Creplin’s Beschreibung seines Nematoideum
Natricis (Wiegm. Archiv, 1844, I, S. 121), so zwar, dass ich keinen
Zweifel habe, dass er denselben Wurm vor sich hatte. Auch er fand
nur Weibchen und hat sich daher einer näheren Bezeichnung dieses
Nematoden enthalten.
An dem Kopfe unterscheidet man eine Ober- und Unterlippe,
zwischen welchen man zu einer ziemlich weiten, nackten Mundhöhle
gelangt (s. 33«); diese führt in den schmalen Gang des fleischigen
Schlundkopfes, der, wie gewöhnlich, aus einer Lage quergelagerter
Muskelfasern besteht.
Der gerade nach rückwärts verlaufende Darm besitzt ein aus
platten, polygonalen, gekernten Zellen zusammengesetztes Epitel
('s. 33 6) und endigt seitlich vor dem konischen Hinterende. Gerade
vor der Ausmündungsstelle des Darmes befindet sich eine aus zwei
Lappen einer hellen Membran bestehende Klappe. Das Thier ver
schlingt rothe ovale Blutkörperchen, die in dem Darme ganz gut noch
zu erkennen sind, und demselben bei stärkerer Anhäufung ein schmutzig
gelbbräunliches Colorit verleihen. An der Aussenseite des vordersten
Darmstückes konnte ich einen fettkugelähnlichen Beleg unterscheiden,
den Creplin ebenfalls gesehen zu haben scheint. In der Leibeshöhle
zunächst der vordersten Abtheilung des Darmes liegt ein scharf abge
grenztes, kolbenförmig endigendes Organ, das mit einer feingranulären
Masse erfüllt nach vorne verläuft, sich dabei zuschmälert und ungefähr
in der Mitte des Schlundkopfes endigt (s. 33 cc); ob es daselbst
nach aussen mündet, konnte mit Bestimmtheit nicht ermittelt werden,
ohne Zweifel ist es, obwohl unpaarig, das von v. Sieb old (s. dessen
vergleich. Anatomie der wirbellosen Thiere, Nr. 139) bezeichnete
Secretionsorgan.
Die Vulva befindet sich seitlich ungefähr in derMitte desThieres
und führt zu einem aus Quer- und Längsfasern bestehenden Uterus,
dessen Hörner sich auf- und abwärts erstrecken und in dem blind-
sackigen Eierkeimstock endigen (vergleiche die folgende Abhand
lung). Der zugespitzte Hintertheil des Weibchens, der keinerlei
Waffen zeigt, stellt sich nicht selten gegen die Körperaxe derartig,
392
W e (1 1.
dass er mit dieser einen stumpfen Winkel bildet. Die äussere
Bedeckung bilden Hornringe, die unter Einwirkung von Wasser
bedeutend anschwellen.
11. Bellingham hat in der Harnblase der wilden Katze ein
Tricliosoma gefunden, das der näheren Charakteristik entbehrt. Ich
habe einmal ein Weibchen von Tricliosoma in der Harnblase
der Hauskatze gesehen. Der Wurm ist fadenförmig und von so
zartem Kaliber, dass er an der gefalteten Schleimhautoberfläche der
Blase erst unter derLoupe entdeckt wurde. Er rollt sich häufig spiralig
auf, und verbleibt auch im todten Zustande so, dass seine Länge nur
annäherungsweise auf 14—16 Millimeter geschätzt werden kann.
Das Kopfende ist der schmälste Theil, denn es misst im Querdurch
messer nur 0-0096 Millimeter; der Mund wird von zwei vorstehen
den Lippen begrenzt. Gegen rückwärts nimmt die Körperdicke all
mählich zu und schmälert sich kurz vor dem Hinterende etwas zu; letz
teres ist schief abgestutzt, abgerundet und am hintersten Abschnitte
nur 0 • 036 Millimeter breit. Der Darmcanal ist nach vorne sehr schmal,
wird nach rückwärts dicker und endigt mit einer seichten Einkerbung
an der hinteren abgestutzten Fläche. Das Thier besitzt eine solche
Transparenz, dass das Vor- und Rückwärtsrollen der Eier leicht
beobachtet werden kann. Die Formen der letzteren sind mannigfaltig,
rund, konisch, an beiden Enden etwas zugeschmälert oder oval, im
letzteren Falle unterscheidet man eine dünne Ei-Membran mit einer
sparsamen Lage von transparentem Eiweiss an dem oberen und unteren
Ende und die Durchmesser verhalten sich sodann wie 0-061 :0-032
Millimeter. Den Standort der Vulva war mir an dem einen Exemplare
nicht möglich zu entdecken. Die Hautdecke ist glatt, der darunter lie
gende Muskel in Form von Längsstreifen stark entwickelt.
Erklärung der Tafeln la, Ila, III. (I. Reihe.)
1. Scolex eines Bothriocephalus (?) aus dem Darme von Lophius piscatorius:
A vordere Hälfte (vergrössert) ; Aa Öffnung an dem Vordertheile; Ab, Sehliess-
muskel des mit der Lichtung nach vorne gerichteten, schüsseiförmig ausgehöhlten
Körpers An-, Ad unter der äusseren Decke gelegene, contractionsfähige,
lappenförmige Theile; Ae, Ae rothes körniges Pigment. B in natürl. Grösse.
2. Acnnlhob othrium crassicolle (nova sp.) aus dem Darme von Trygon
pastinaea: A etwas vergrössert, 2 Aa Abschniirungsstelle an dem gerifflen
Ilelininthologische Notizen.
393
Halse b; c vorderste, kurze Glieder. B Haken eines Kopflappens; a seitlicher
viereckiger Ansatz; b Handhabe, c und d die zwei etwas gekrümmten Fortsätze
(stark vergrössert).
3. Phyllobothrium gracile (nov. sp.) aus dem Darme von Torpedo mar-
morata:• 3 A Kopf mit dem dünnen Halse; 3 B Proglottis; a heller Mitteltheil,
mit Eiern erfüllt; b Uterus-Hauptstamm, sich mit der Wurzel des Penis c kreu
zend und sich gleich hinter dem hervorgestülpten Penis p in v mündend; 3 C
a,b,c contractilc Proglottidenreste mit reifen Eiern, ohne nachweisbarem Penis
(schwach vergrössert); 3 D feinstachelige Penisscheide (stark vergrössert).
4. Scolcx von Rhynchobothrium in einer Cyste eingeschlossen von dem
Pcritonealüberzuge des Magens eines Uranoscopus scaber (schwach vergr.).
5. Derselbe Scolex mit zum Theile vorgestreckten Rüsseln: aa Zurück
zieher der Rüssel; bb kolben- oder besser schotenförmige Enden der Rüssel;
c c ellipsoidische Organe, eine transparente, körnige Masse enthaltend.
6. Ein Hakenrüssel mit der Stellung der Haken im vorgestreekten Zustande:
aa Längsmuskelfasern an der Innenseite des hohlen Rüssels (stark vergrössert).
7. Zum Theile eingestülpter Hakenrüssel, wobei die Haken an der Innen
seite des Rüssels in a zum Vorschein kommen (stark vergrössert).
8. Scolex eines Rhynchobothrium aus den Muskeln eines Lopliius pisca-
torins: aa Öffnungen für die ausstülpbaren Hakenrüssel, die in bb im eingezo-
genen Zustande sich befinden (vergrössert).
9. Rhynchobothrium longicolle = Tetrarliynchus longicollis (van Rene-
den) aus dein Darme von Mustelus vulgaris: a die 4 langen Rüssel; b die
Kopflappen; c die langen Rüsselscheiden des Halses; d die langen röhrenför
migen Hohlgebilde am Halse; d! Pigment an der Halsanschwellung; e geglie
derter Hinterleib (etwas vergrössert); f ein Haken des Rüssels (stark vergrös
sert); g Anordnung der ziekzackfönnig verlaufenden und sich rechtwinkelig
durchkreuzenden Fasern a! V, wodurch ein gegittertes Ansehen erwächst (stark
vergrössert); h gekrümmter Penis.
10. Rhynchobothrium tenue (nov. sp.) aus dem Darme von Myliobatis
atjuila: A Kopf mit dem Halse; B Stellung der feinen Haken des Rüssels
(stark vergrössert); C vordere kurze Glieder hinter der Halsanschwellung;
B hintere gestreckte Glieder mit dem glatten, geraden, wechselständigen Penis;
E Ei (stark vergrössert).
11. Monostoma bipartitum (nov. sp.) von den Zähnen der Kiemenbögen
eines Thynnus vulgaris: a Saugnapf; b Uterusstamm am Vordertheile des
Thieres; c derselbe an dem strangartigen Halse; dd grau tingirter Eierkeim
stock; ee darmähnlich gewundene, gelbbraun tingirte Eierschläuche (schwach
vergrössert).
12. Jüngeres, im Verhältniss zu dem vorigen viel kleineres, geschlechtlich
nicht so entwickeltes Exemplar von Monostoma bipartitum (schwach vergr.).
13. Eier von Monostoma bipartitum (stark vergrössert): a von der Seite;
b von vorne mit dem darin gelagerten Embryo; c hervorgequetschter Embryo
mit daran hängender Eihülle.
394
W e d 1. Helminthologische Notizen.
14. Geschlechtlich nicht entwickeltes Monostoma zugleich als Ekto- und
Entoparasit hei einem Rhombus laevis: a Saugnapf; h Ösophagusanschwel
lung; c gabelige Theilung des Darmcanales: d gahclig getheiltes Absonderungs-
organ am Hintertheile des Körpers; e, dem blinden Ende des einen Darmastes
entsprechend; f, leicht austretende dem Absonderungsorgane angehörige, kör
nige Masse, die in g stark vergrössert dargestellt ist.
15. Monostoma foliaceum (Rudolphi) aus der Bauchhöhle von Acipen-
ser Sturio: a kleiner Saugnapf; b Speiseröhre; c deren Anschwellung, von
wo aus der Darm nur mehr eine kleine Strecke weiter verfolgt werden konnte;
d dunkler Streifen, der sich in d gabelig thcilt; e Uterusstamm; f Penis;
g Samenbläschen?
16. Mundsaugnapf von Distoma megastoma (Rudolphi) aus dem Magen
von Scyllium Catulus.
17. Distoma polymorphum aus dem Darme von Muraena Anguilla: P
Penis; {/spiralig gewundener Uterus; TT gelappter Hode; O Eierkeimstock.
18. Dikentrocephalus crinalis (nov. gen.) aus den Appendices pylo-
ricae eines Lophius piscatorius: a zweilippiger Mund; b Speiseröhre; c vor
derer pigmentirter Theil des Darmes; d After; ee schief aufsteigende Streifen
an dem kolbenförmigen Hinterende.
19. Kopf mit den vorgestreckten beiden Stacheln, die in die Scheiden a
zurückgezogen werden können ; von Dikentrocephalus crinalis (stark vergr.).
20. Kopf desselben Helminthen mit eingezogenen Stacheln, so zwar, dass
nur deren Spitzen etwas hervorragen (stark vergrössert).
21. Kopf eines zur Gattung Agamonema (Diesing) gehörigen Nematoden
von der Peritonealoberfläche des Magens eines Lophius piscatorius: aa seit
liche, warzige Hervorragungen; b kurzer Zahn; c Pharynx (stark vergrössert).
22. Hintertheil desselben Agamonema: a dem After entsprechend;
b Gruppen kurzer, konischer Stachel (stark vergrössert).
23. A Vordertheil eines unter der Schleimhaut des vorderen Darmstückes
von Betone vulg. eingekapselten kleinen Nematoden mit einem kurzen Stachel
in a; B Hintertheil mit dem After in b und einem etwas gekrümmten Stachel
(stark vergrössert).
24. Kopf von Agamonema Capsularia (Diesing) aus der Bauchhöhle von
Scomber scombrus: a vorsehiebbarer Zahn, der in die Scheide b zurückgezogen
werden kann (stark vergrössert).
25. Hintertheil desselben Agamonema mit dem seitlichen After in a (stark
vergrössert).
26. Vordere Hälfte eines Agamonema (Diesing) aus der Bauchhöhle von
Mullus barbatus und Zeus fdber: aa heller blinddarmähnlicher Fortsatz hei
dem Übertritte der Schlundröhre in den Darm; b nach vorne gerichtetes Diver
tikel des pigmentirten Darmes c.
27. Ineinander geschobene, bandartige Längsstreifen der Hülle des vorigen
Agamonema (stark vergrössert).
28. Spiroptera (?) aus dem Magen von Raja clavata; am Rücken des
Kopfes drei hervorragende Läppchen a; bb seitlich stehende; ec, d mitEinker-
w.c.
Tal! l.a
J r.
Silüiing'sli. (I. k. Akad. d W. malli. natnnv. CIJ[W-Bd.2.11nftr. 185a
Ans d. 1l lc. ITof-’i Staittdrackerci.
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Vf dl. HeliaintkologfsciKe jfotiaea.
Taf. 1L ,a.
Airsl.k.k.Hof-u:.Sta.ateiciickerei.
Sitziingsl).i.k.Alf;nl..(lVnLatli.iLatm'w CIXVEBd.ä.Heft. 1855.
SitzungsT).I.leAlcaiLiLW] matli.natunr. CLXVLBI. 2.Heft. 1855.
Aus l.'k.'k.'RofuStaafclruckerei.
Wedl. Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
395
bungen versehene Hervorragungen; e ausserhalb des Darmcanales liegende, mit
einem Epitel ausgekleidete Schläuche; f Zellen an den Seitentheilen des Kör
pers (stark vergrössert).
29. Kopf von Ascaris bicüspis (nov. sp.) aus dem Magen und Darme von
Scyllium Catulus mit Zähnen a aa an jedem der drei stumpfen Wülste (stark
vergrössert).
30. Schlauchartig gewundenes Organ ausserhalb des Darmcanales, von plat
ten Zellen ausgekleidet (stark vergrössert).
31. Mehr gegen die Oberfläche des Thieres gelagerte Organe mit einem
Haufen Körner in ihrer Mitte beherbergenden Körpern (stark vergrössert).
32. Ausgebildetes Ei derselben Ascaris.
33. Vordertheil von Nematoideum natricis (Creplin) aus dem Lungen
sacke von Tropidonotus natrix: a nackte Mundhöhle; 6 Darmcanal mit seinem
Epitel; c kolbenförmig.endigendes Secretionsorgan, sich wahrscheinlich an der
Oberfläche des Körpers mündend (stark vergrössert).
Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
Von dem c. M„ Prof. Dr. E. Wedl.
(Mit 11 Tafeln.)
1.
Von den neueren Helminthologen haben insbesondere C. Th. v.
Siehold und Dujardin dem Studium der Helminthen-Eier eine
grössere Aufmerksamkeit gewidmet, und es hat letzterer der beiden
genannten Autoren die Form und Grösse der Eier meist in die Dia
gnose der Helminthen aufgenommen. Sehr schätzenswerthe Beiträge
zur näheren Kenntniss der Eier haben Kölliker, Bagge,
Mayer, Creplin u. m. A. geliefert. — Vorliegende Arbeit
beruht darauf, neue Daten über die Conformation mehrerer Eier und
Embryonen von Helminthen nach selbstständigen Untersuchungen
aus deren verschiedenen Ordnungen zusammengestellt zu geben, und
obwohl jene nur Bruchstücke sind, so hoffe ich doch, dass ihre Ver
öffentlichung gerechtfertigt ist.
Van Bene den statuirte im Jahre 1849 (Bidlet. de l'Accul. de
Bruxelles, Tom. XVI, pag. 182) ein neues Cestoden-Genus Namens
Echinobothrium, und fand bis jetzt erst eine hierher gehörige
Species E. typus, welche er unter der 2. Section der Cestoden:
Biphylles anführt (s. Memoires de VAcademie royale de Belgique,
tome XXV, pag. 158). Dieser kleine Helminth wurde von Bian-
chard dem Genus Triaenopliorus (Rud.) angereiht (siehe Annal.
396
W (Jl.
des Sciences natur., 3. Serie, tome XI, p. 126); auch Die sing
(Über eine naturgemässe Vertheilung der Cephalocotyleen in den
Sitzungsb. der kais. Akad. der Wissenschaften zu Wien, Bd. XIII,
2. Heft, S. S79) wies ihm diesen Platz an. Ich fand den kleinen
Cestoden nur einmal an der Spiralklappe des hinteren Darmstückes
von Raja clavata in reichlichem Schleime eingebettet in mehreren
Exemplaren, also in derselben Roche, in der ihn auch van Beneden
angetroffen hat. Ich beschränke mich hier blos auf die Entwickelung
der Eier und des Embryo dieses interessanten kleinen Helminthen,
welche bei den zahlreichen Proglottiden leicht verfolgt werden
konnten.
Die Eier hängen in ihren niederen Entwickelungsstufen aus dem
Eierkeimstock zu dreien zusammen und enthalten bald nebst einer
fein moleculären Masse zerstreute, das Licht wie Fett brechende
Kugeln (s. 1.4), oder die zarten Moleküle reihen sich so an einander,
dass polygonale helle Zwischenräume übrig bleiben (s. 1 B). In
ihrer weiteren Entwickelung reihen sich die Eier kettenförmig an
einander, in ihrer äusseren sehr zarten Hülle (s. Ccc) eingeschlossen
und mit einander durch vier dünne, kurze, stäbchenartige Fortsätze
(s. 1 Cad) zusammenhängend.
Von Interesse sind die von der Ei-Membran auswachsenden, mit
einem Fortsatze der äusseren, sehr zarten Hülle umkleideten,
peitschenförmigen Anhänge (1 C b 6), welche, in eine feine
Spitze auslaufend, seitlich herabhängen. Diese Anhänge, auf welche
auch schon v. Siebold hei mehreren Helminthen-Eiern aufmerk
sam machte, werden länger (s. \D, iE, 1 Fbbb), scheinen jedoch
in den entwickeltsten Formen nicht mehr vorhanden zu sein und mit
der Entw'ickelung des Embryo in Verbindung zu stehen.
Der Inhalt der Eier unterliegt sehr vielen Verschiedenheiten.
Die Dottermasse erscheint bald in zwei grössere oder drei kleinere
Kugeln zerklüftet (s. IC), bald aufgehellt; die Moleküle sind so
dann in symmetrischen Reihen derartig gruppirt, dass grössere (1 D)
oder kleinere polygonale, helle Zwischenräume gebildet werden
(Bildung des Chorion) (1 E). Im weiteren Verfolge bildet sich in
dem Ei ein rundlicher, deutlich abgegrenzter Körper (s. 1 Fa) aus,
der als eine verschwommene graue Masse, excentrisch gelagert, den
Embryo vorstellt. In anderen Eiern, von denen es zweifelhaft ist, ob
sie einem späteren Datum angehören, ist das von den Molekülen
Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
397
gebildete polygonale Maschennetz (s. \E) ganz verschwunden, und
es wird im Innern ein rundlicher, mit mehreren kernähnlichen Gebil
den (Embryonalzellenkerne, Kölliker) versehener Körper (1 Ga)
sichtbar; derselbe ist in 1 H mit einer körnigen Dottermasse
belegt. — Der entwickelte Embryo ist mit sechs Häkchen in ganz ähn
licher Weise versehen (s. 1Ia), wie dies v. Siebold zuerst an
Tänien-Emhryonen nachgewiesen hat, und ist in einer transparenten
abgesackten Schichte (1/6) eingeschlossen; seine Gestalt erscheint
nach seinem auf mechanischem Wege bewerkstelligten Austritte etwas
abgeplattet (1K). — Alle diese verschiedenartigen Eier (1 C-—1 K)
sind in einer sehr zarten, transparenten, jedwedes Ei abschnüren
den Hülle (s. 1 Ccc) kettenförmig an einander gereiht.
2.
In dem Darmschleime einer Torpedo marmorata wurde von mir
emPhyllobothrium (van B e n e d e n), von D i e s i n g als dritte Subgen.
von Tetrabothrium aufgezählt, gefunden. Die Species scheint mir
neu zu sein, und ich habe in meinen helminthologischen Notizen (3)
ausführlich darüber berichtet und die Bezeichnung Ph. gracile
gewählt; hier soll blos der Eier Erwähnung geschehen. Dieselben
sind, wenn sie ihre Reife erlangt haben, gross, besitzen einen
Längendurchmesser von O’OG Millim., eine Breite von 0-04S Millim.;
befinden sie sich in einer günstigen Lage, so zeigen sie nach oben
und unten eine kleine, knopfförmige Anschwellung (s. 2a«); in
der Dotterblase erscheinen gruppirte Körner und transparente Dotter
kugeln. Das Ei ist in einer sehr zarten, nach der Längenaxe des
selben in zwei entgegengesetzte, sehr feine Fäden auslaufenden
Hülle eingeschlossen. Die unreifen kleineren Eier enthalten eine
dunkelkörnige Dottermasse.
Die Entwickelung des Embryo konnte nicht verfolgt werden,
indem sich überhaupt nur wenige reife Eier vorfanden.
3.
Die Eier eines Echeneibothrium (van Beneden), das in dem
Darmschleime der Spiralklappe hei Myliobatis aquila gefunden
wurde, sind rund, 0-027 Millim. im Durchmesser und zeigen, wenn
sie zu einer bestimmten Reife gelangt sind, einen beiläufig viermal
den Eidurchmesser übersteigenden peitschenförmigen Anhang an
Sitzb. d. mathem.-natunv. CI. XVI. Bd. II. Hfl. 26
398
W e (1 1.
einer Seite (s. 3 bh), der sich zu einem sehr feinen Faden auszieht,
und andererseits mit der Eihülle, als deren Fortsatz er zu betrachten
ist, in einem innigen Zusammenhänge steht. Die Dotterblase bildet
an der Insertionsstelle des peitschenförmigen Anhanges eine Quer
scheidewand (s. 3ad). Die Dotterblase ist mit einer transparenten
Masse, in welcher zerstreute Dotterkügelchen suspendirt sind,
gefüllt.
4.
Die Eier eines Echeneibothriumminimum (van B e ne de n), bei
Trygon pastinaca gefunden, sind meist zu dreien, manchmal deren
vier von einer sehr zarten, structurlosen Membran umgeben (s.- 4 a),
oval, in ihrem längeren Durchmesser 0-03 Millim. messend. Den
Inhalt der Eier bildet eine feinkörnige, gruppenweise zerstreute,
durch hyaline Zwischenräume getrennte Dottermasse. An manchen
Eiern, welche eine günstige Lage haben, lässt sich das Keimbläschen
und der Keimfleck gewahr werden (s. 4 a'). In weiter entwickelten
Eiern zeigt sich eine Theilung des Dotters in mehrere Portionen.
Die Bildung des Embryo konnte weder an dieser Species von Eche
neibothrium noch an der vorigen verfolgt werden. Die Eier von
Echeneibothrium minimum, welche van Bene den nicht beobachtet
zu haben scheint, haben viele Ähnlichkeit mit den von ihm auf
Taf. III, Fig. 15 seiner citirten Abhandlung abgebildeten Eiern von
Echeneibothrium variabile.
5.
Dujardin hat (Ilist. natur. des helminthes, pag.581) die Eier
von Taenia perfoliata des Pferdes aus drei Hüllen bestehend ange
geben, einer äusseren oblongen und dreieckigen Iliille mit acht Falten
oder Longitudinalfurchen auf jeder der drei Flächen, einer mittleren,
nur nach angewendeter Compression wahrnehmbaren, und einer inne
ren kugeligen.
Auf Taf. 11, G 4—7 des Atlas gibt er die entsprechendenAbbil-
dungen. Mir ist es wahrscheinlich, dass die von Dujardin ange
gebenen Furchen der äusseren Hülle ein artificielles Product seien,
durch Schrumpfung hervorgebracht; ich war nämlich nicht im
Stande, an frischen Eiern von jenen etwas zu bemerken. Dieselben
sind glatt (s. 5 f), die structurlose Eihaut faltet sich, nachdem der
Inhalt ausgequetscht ist (s.5A). Der Embryo ist etwas abgeplattet und
Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
399
zeigt an seinem vorderen abgerundeten Theile den zurückgezogenen
mit drei Paaren von Häkchen bewaffneten Kopf; der zugeschmälerte
Hintertheil endigt in zwei kurze, stumpfe Zacken (s. 5 </). Von der
schmalen Seite besehen erscheint nur eine Zacke (s. 5/c'). Dujar-
din bildet eine ähnliche Figur, jedoch ohne Zacken am Hintertlieile
ab (Taf. 11, G 7), sieht jedoch den inneren kugeligen, mit Häkchen
bewaffneten Kopftheil als ganzen Embryo an, der mit einer inneren
und accessorischen Hülle noch umgeben sei.
Die Eier von Taenia perfoliata sind in ihrer ersten Ent
wickelung kleine granulirte Bläschen (s. S a). Werden dieselben
etwas grösser, so erscheint in ihrem Innern eine sich von der Um
hüllungsmembran abtrennende, feingranuläre Kugel (S 6), die sich in
zwei kleinere theilt (S c). Wird im weiteren Verlaufe die Eiblase
grösser, so werden in ihr 3-—4 (ob mehrere ?) zartgranulirte Kugeln
und in der transparenten Zwisehensubstanz oberflächlich gelagerte,
zerstreut liegende, das Licht wie Fett brechende Moleküle sichtbar
(S ci). Die Fettmoleküle nehmen an Umfang um das 6—8fache zu,
und im Innern der Eiblase ist statt der mehrfachen granulirten
Kugeln nur mehr eine zu erblicken, der künftige Embryo (S e).
6.
Die ausgebildeten Eier vonMonostomafoliaceum (Rud.) aus der
Bauchhöhle von Acipenser Sturio sind oval, haben einen Längendurch
messer von 0'079 Millim., einen Querdurchmesser von 0 043 Millim.,
besitzen ein etwas spitzeres und ein stumpferes Ende; bei der Dre
hung zeigt sich die eine Fläche etwas convexer, die andere flacher. Die
Eischale ist dick und mit einer dunkelkörnigen Dottermasse erfüllt,
welche, wie in dem Ei (6 a), in 12 Kugeln zerklüftet ist. Von dem
einen Ende des Eies her fängt bei der weiteren Entwickelung die
dunkelkörnige Dottermasse sich aufzuhellen an und macht einer trans
parenten Molecularmasse Platz (s. 6 c). Zugleich kommt in dieser
Bildungsperiode, wie es scheint, an dem einen Ende des Eies zuerst
ein knopfförmiger Fortsatz zum Vorschein, der zu einem Stiele (6 d)
anwächst und bald an der, der fetten Molecularmasse entsprechenden
Seite, bald an der entgegengesetzten sich befindet. Die weitere
Metamorphose des Fortsatzes und des Eierinhaltes war mir an den
Vorgefundenen Exemplaren dieses Monostoma nicht gestattet zu
verfolgen; hingegen habe ich die retrograde Metamorphose der Eier
2(5 *
400
W e d 1.
bei einem andern Acipenser sturio, der eine grössere Anzahl von
solchen Monostomen enthielt, genauer eruirt, ein Gegenstand, den
ich in den helminthologischen Notizen zur Sprache gebracht habe.
7.
Der Uterus von Distomapolymorphum (Und.) aus dem Darme
von Muraena anguilla macht sich schon für das freie Auge als gelb
licher Punkt erkenntlich, dessen auch R u d o 1 p h i in seiner Hist,
nat. entozoorum, II, \, pag. 3G3 erwähnt. Es heisst daseihst:
Collum vase fusco duplici insigne, corpus ovulis ellipticis utrinque
obscuris repletum. Man gewahrt nämlich gleich hinter dem Bauch
napfe ein, drei spiralige Drehungen zeigendes, bräunlichgelb tingirtes
Gefäss, das mit ähnlich gefärbten, elliptischen Eiern erfüllt ist. Der
Längendurchmesser derselben beträgt 0-052 Millim., der quere Durch
messer 0‘024Millim. Als eine ihrer Eigentümlichkeiten muss hervor
gehoben werden, dass sie einen % Millim. langen, runden, steifen
(ohne wellenförmige Biegungen) Fortsatz besitzen, der eine Conti-
nuität mit der Eihülle bildet, an seinem Ansatzpunkte an dem einen
Ende des Eies breiter ist und, sich allmählich zuschmälernd, in eine
feine Spitze ausläuft (s. 7 ad). Diese Fortsätze legen sich derartig
bündelförmig an einander, dass sie an der einen Seite des Uterus,
der nur eine Reihe von Eiern zeigt, als Fadenbüschel erscheinen
(s. 7 c). Die Dottermasse ist gleichfalls gelblich tingirt und in den
Eiern (7 b b) in zahlreiche feinmoleculäre Kugeln zerklüftet. Die
unreifen Eier von grauer Färbung und kleinerem Umfange haben
auch selbst nicht die Andeutung eines Fortsatzes aufzuweisen; sie
sind allenthalben gegen den Rand des Thieres angehäuft.
8.
Die sparsamen Eier von Distoma signatum (Duj.) aus dem
unteren Theile des Ösophagus von Tropidonotus natrix sind ver-
hältnissmässig gross (von Dujardin offenbar zu klein angegeben),
0-084 Millim. in ihrem Längendurchmesser bei einer Breite von
0-048 Millim.i und zeigen an dem einen etwas spitzeren Ende einen
Hohlraum (s. 8 a' d), der von einigen Pigmentmolekülen unvoll
kommen erfüllt wird und derjenigen Stelle entspricht, wo der präsum
tive Kopf des Embryo sich befindet. Letzterer ist von oblonger Form
und allenthalben an seiner Oberfläche mit ziemlich langen, in einer
Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
401
schwach undulirenden Bewegung sich befindenden Cilien besetzt.
Befindet er sich im contrahirten Zustande, wie in 8a, so erscheinen
an seiner Oberfläche Hervorragungen und Vertiefungen; im nicht
contrahirten Zustande hingegen (8 A) ist er glatt, nur an seinem
einen Ende (Kopfende ?) erscheint ein kuppenförmiger Ansatz. Die
Contractionen des Ernbyro sind träge; sie erfolgen langsam, und es
dauert y 4 Stunde und länger, bis wieder eine vor sich geht, wobei
sich einige zarte Längsfalten an der Oberfläche des Ernbyro bilden,
Im Innern zeigt letzterer solitäre, scharf umrandete, das durch
gehende Licht stark brechende Moleküle verschiedenen Diameters,
und hat er eine günstige Lage, so lässt sich auch gegen seine Mitte
hin eine Fiimmerung unterscheiden, offenbar einem gebildeten Flim
merläppchen v. Siebold's entsprechend. Letztere können selbst
schon beobachtet werden an solchen Eiern , wo der Embryo noch
nicht entwickelt ist, wie in 8 d, etwas von dem Centrum gegen das
stumpfe Ende des Eies. Die Fettkörner sind daselbst schon mehr
gegen eine Seite des Eies hingedrängt, während sie in dem Ei 8 c
noch gruppenweise allenthalben vertheilt sind; in beiden Eiern jedoch
mehr gegen die Oberfläche der Embryonalzellen gelagert. Die
gequetschten Eier bersten meist in der Richtung ihres Längsdurch
messers, was wahrscheinlich mit ihrer anatomischen Structur im
Zusammenhänge steht. Diejenigen Eier, in welchen die Furchungs
kugeln schon transparenter geworden sind oder der Ernbyro schon
entwickelt ist, scheinen einen grösseren Widerstand dem angewen
deten Drucke zu leisten. Die Eihülle besteht aus einer glashellen,
structurlosen Membran, die sich leicht in Falten legt.
9.
Die den Embryo einschliessenden Eier von Distoma mentulatum
(Rud.) aus der Cloake von Tropiclonotus natrix sind gelbbräunlich
gefärbt, 0 036Millim. lang, 0'019 Millim. breit. Der oblonge Embryo
zeigt einen Kopf mit einer halsähnlichen Abschnürung, und ist der
selbe mit einer Mittel- und zwei seitlichen Furchen bezeichnet, auch
der Vordertheil durch eine schärfere Zeichnung vor dem schwach
contourirten und oft ganz verschwommenen Hintertheile ausgezeich
net (s. 9 a). Von Bewegungen konnte ich nie etwas beobachten.
An dem dem Kopfe entgegengesetzten Ende des Eies sind einige
pigmentirte Moleküle angehäuft, während der Kopf selbst, der offenbar
402
Wedl.
zuerst gebildete Theil, sich auf eine Querscheidewand stützt,
welche die Eispitze abtheilt. Es finden sich übrigens die pigmentir-
ten Moleküle auch an beiden Enden der gelbbräunlich tingirten Eier.
Die eines solchen Colorits entbehrenden grauen Eier fassen eine
hellere verschwommene und eine mit glänzenden gruppirten Kugeln
versehene Masse, von denen erstere häufig die Gestalt einer Kugel
mit einem 0-002 Millim. grossen Körperchen in ihrem Innern
annimmt; von letzterem trifft man wohl auch deren 2 — 3.
Die Grösse der grauen Eier kommt jenen gelbbräunlichen
gleich; zuweilen, wenn sie in ihrer Entwickelung noch nicht so weit
vorwärts geschritten sind, stehen sie den colorirten um etwa ein
Viertel an Umfang nach (s. 96). Die granulirten Kugeln des Eier
keimstockes, der an den vorderen Seitentheilen des Thieres sich
befindet, schwanken zwischen 0-0072 — 0-012 Millim.; die Körner
verdecken einen blassen Kern mit einem Kernkörperehen.
Zuweilen trifft man in den, ausgebildete Eier führenden Canälen
(Uterus) braungelbe Klümpchen von rundlicher Circumferenz und
Körner von kohlensaurem Kalk, welche hin und her gerollt werden.
Die Ausbildung der Eier erfolgt später als jene
der männlichen Geschlechtsorgane, denn man trifft
kleinere jüngere Exemplare von Distoma mentul., in denen die
Samenblase ein manifestes Spermatozoidengewimmel zeigt, während
noch kein einziges ausgebildetes Ei wahrzunehmen ist.
10.
In dem Darme von Bclone vulgaris fand ich einige Male Echino-
rhynchi, welche bis auf die Grösse mit Echinorh. Pristis (Rud.)
übereinstimmten. Dasjenige Exemplar, welches Rudolphi bei
Betone vulgaris (Esox bclone h.) zu Greifswalde fand, hatte eine
Länge von 18 Millim., während die grösseren Weibchen des von mir
gefundenen Echin. Pristis nur 4 — 6 lang und % Millim. breit
waren. Der Eierkeimkörper befindet sich an den vorderen Seiten
theilen des Thieres neben der Rüsselscheide und besteht aus fein-
granulirten, gelbbraun gefärbten, rundlichen Körpern, neben welchen
die entwickelten Eier anscheinend frei liegen. Letztere lassen sich
in zwei Kategorien abtheilen, in solche mit einer starken Eihülle
(s. 10«) und jene ohne einer solchen (106, c, d, e). Ihr Längen
durchmesser verhält sich zum Breitedurchmesser meist wie
Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
403
0-045 Millim.: 0-012 Millim,; sie sind daher beinahe viermal so lang,
als breit. Die Eier ohne starker äusserer Hülle sind bald mit einer
zartgranulären Masse ziemlich erfüllt, oder letztere ist in 2—3—4
Portionen abgetheilt, welche sich nach dem Längendurchmesser des
Eies an einander reihen (s. 10 b, c, cl, e). Die mit einer stärkeren
Hülle versehenen Eier zeigen wieder eine oblonge Dotterblase, in
deren Mitte eine dunklere granulirte Kugel ersichtlich wird
(10 a, a'').
Da es durchaus nicht wahrscheinlich ist, dass bei der einfachen
Aufschlitzung der Körperhöhle die starken Hüllen von so vielen
Eiern bersten sollten, und auf diese Weise die Formen b, c, d, e zu
Stande kämen, so müssen dieselben als Bildungsstufen der Eier
angesehen werden , wobei freilich der sonderbare, jedoch keines
wegs unerhörte Fall einträte, dass die schon in mehrfache Portionen
getheilte Dottermasse wieder in eine granuläre Masse zusammen
schmilzt. Es genügt hierbei, an die von Prof. Bischoff zu Giessen
angesfellten interessanten Beobachtungen des Reli-Eies zu erinnern.
Die ausgebildeten Eier von Ecliinorhynchus Pumilio aus dem
Darme von Lophiüs piscatorius besitzen eine doppelte Hülle, von
denen die äussere an ihrem oberen und unteren Endtheile falten-
ähnliche Streifen zeigt (s. 11a, a! a!); ob dieselben als der Ausdruck
eines Hohlraumes anzusehen sind, mag dahingestellt bleiben. In der
inneren Eihülle ist die oblonge Dotterblase eingeschlossen, welche
eine granulirte Kugel (Keimbläschen, s. 11 aa") in ihrem Innern
beherbergt. Die doppelte Eihülle fehlt in anderen, wie 11 b, ja es
kommen nicht selten nackte, oblonge Dotterblasen (11 cl) vor, oder an
dem einen Ende derselben ist eine gelblich tingirte derbere Substanz
wie aufgeklebt (s. 11 c e'), und ist dieselbe als die erste Bildung der
inneren Eihülle anzusehen.
11.
Eine interessante Bildung beobachtet man an den Eihüllen von
Hedruris androphora (Nitzsch) aus dem Magen von Triton igneus
und cristatus. Die ovalen Eier, von einem Längendurchmesser von
0 - 048 Millim. und einem queren von 0-019 Millim., zeigen an beiden
Enden des letzteren zuweilen knopfförmige Ansätze (s. 12aa'),
welche jedoch nur in einer bestimmten Entwickelungsperiode der
Eier anzutreffen sind, und bei der weiter fortschreitenden Entwicke-
404
\V e d 1.
lang wieder verschwinden. Minder grosse, jedoch nach der Bildung
der Eihülle constante knopfartige Anschwellungen kommen an dem
oberen und unteren Ende der Eier vor. Die Schale derselben ist so
consistent, dass eine Berstung, die nach der Ei-Länge erfolgt,
schwierig zu bewerkstelligen ist. An Eiern mit einer helleren
Dottermasse wird eine Längsraphe an der Oberfläche der Schale
sichtbar (s. 126). Ist der Inhalt des Eies sehr transparent, so
gewahrt man einen oblongen, meist gekrümmten Körper mit einem
dickeren und etwas zugeschmälerten Endtheile (s. 12 a), der in
Eiern mit einer hellgrauen , aus Kügelchen zusammengesetzten
Dottermasse fehlt (s. 12 6). Wenn letztere aus gelblich tingirten
Körnern besteht, so ist sie entweder zu einer Kugel zusammen
gehallt (12c) oder in Gestalt einer fettkörnigen Masse vertreten,
der die Eihöhle beinahe erfüllt, wobei der Raum für das transparente
Eiweiss kleiner und kleiner wird (s. 12 c?). Der eingerollte Embryo
erscheint in den Eiern e und f.
12.
Ich erlaube mir hier die erste Bildung der Eier von dem oben
beschriebenen Nematoicleum (Creplin) aus dem Lungensaeke von
Tropidonotus ncitrix näher zur Sprache zu bringen.
Der blindsackigen Eierstocksenden sind vier an der Zahl, und
messen dieselben in ihrem Querdurchmesser blos 0-012 Millim. In
ihrem Inhalte werden zuerst sehr kleine, kaum O'OOOä Millim. grosse,
in bestimmte Entfernungen von einander gerückte Körner (Keim
flecke) sichtbar; sie sind von einer transparenten Masse umgeben,
welche eine Begrenzung nach aussenhin zeigt, und verhalten sich zu
dieser so wie das Kernkörperchen zum Kerne (s. 13). Die Keim
flecke werden grösser, je mehr man in der Röhre des Ovarium fort
schreitet; während dieselben bei einer Breite der letzteren von
0-024 Millim. einen Durchmesser von kaum 0-001 Millim. besitzen, so
sind sie bei einer Breite der Röhre von 0 036 Millim. schon nun mehr
als das Doppelte gewachsen und erreichen sofort bald einen Diameter
von 0-007 Millim. Die die Keimflecke umgebende Partie wächst nicht
in demselben Masse. Es ist begreiflich, dass bei einer Massen
zunahme des Keimbläschens die Keimflecke weiter von einander zu
stehen kommen. Die Bläschen sind bei einer Breite der Eierstock
röhre von 0-043 Millim. bis 0-012 Millim. gewachsen. Im weiteren
Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
405
Verlaufe lagert sich um dieselben eine dunkle, feinkörnige Dotter-
masse, welche, wenn sie einen bestimmten Umfang erreicht hat, mit
einer Membran (Dotterhaut) umgeben wird.
Es ergibt sich somit, dass zuerst der Keimfleck, sodann das
Keimbläschen und zuletzt die Dottermasse mit ihrer Membran ihre
betreffende Ausbildung erlangen, ob jedoch der Keimfleck das
ursprünglich gebildete sei, kann noch nicht wegen der Kleinheit des
Beobachtungsgegenstandes behauptet werden.
Ich übergehe hier die weitere Ausbildung der Eier und des
Embryo, indem ich nur wesentlich eine Bestätigung dessen geben
könnte, wasBagge in seiner bekannten Dissertation de evolutione
Strongyli auricularis et Ascaridis acuminatae 1841 und Kölliker
(s. Müllers Archiv, J. 1843) hierüber schon angeführt haben.
Nur muss ich bemerken, dass es mir nicht gelingen wollte, den Kern
in den von Kölliker genannten Embryonalzellen zu finden.
Je mehr der Embryo zum Ausschlüpfen aus der Eihülle heran
gereift ist, um so lebhafter werden seine Bewegungen, ohne dass
jedoch eine Formveränderung an der Oberfläche der Hülle bemerkbar
ist. Die Berstung der letzteren erfolgt sehr rasch, und der geborne
Embryo bewegt sich alsogleich sehr lebhaft in Schlangenwindungen,
rollt sich um seine Axe und schlägt mit dem Kopf- und Hinfertheil
bin und her. Die geborstene Eihülle erweist sich als eine sehr zarte,
glashellc, sich in Falten legende Membran, die nicht selten für eine
kurze Zeit an dem Hintertheile des ausgeschlüpften Embryo haften
bleibt.
An letzterem lassen sich nun folgende anatomische Verhältnisse
unterscheiden. Der Kopf ist etwas zugeschmälert und zeigt eine
deutliche mit Lippen versehene Mundöffnung, die zu einer ziemlich
langen, mit einer bulbusartigen Anschwellung endigenden Speise
röhre führt (s. 14). An dieser erweiterten Stelle (Pharynx) beob
achtet man häufig lebhafte zuckende Bewegungen; von ihr geht
der gerade verlaufende Darmcanal nach rückwärts, um eine
beträchtliche Strecke vor dem Schwanzende aufzuhören. Der
gewundene Saum (s. 14a, a) entspricht der Lichtung des Darm-
canales. Der Hintertheil besitzt einen biegsamen Stachel, den das
junge Thier als Adhäsionsmittel benützt. Verweilen diese Jungen
einige Zeit im Wasser, so schwillt nicht selten die Lichtung des
Darmcanales beträchtlich auf. Von Geschlechtstheilen ist noch keine
406
W ei].
Spui 1 za entdecken, und es füllt blos eine feine Molecularmasse den
Rest der Körperhöhle aus.
Von hohem Interesse ist die Thatsache, dass diese jungen
unentwickelten Thiere längere Zeit ausserhalb des sie
hewirtlienden Organismus zu leben und seihst an
Körperumfang etwas zuzunehmen vermögen. Ich fand
nämlich in der Chymusmasse des Magens eines Tropidonoius natrix,
das übrigens im Lungensacke weibliche Nematoidca (Crep 1.) beher
bergte, sehr zahlreiche Junge desselben Helminthen, welche mit der
befeuchteten Chymusmasse in einem zugestöpselten Glase aufbewahrt
wurden. Nach 48 Stunden befanden sie sich noch in sehr lebhafter
Bewegung, insbesondere waren die schnellen Zuckungen am Pharynx
auffällig. DieLänge von vielenThieren hatte zugenommen, denn wäh
rend die eben ausgekrochenen kaum 0 - 30 Millim. lang sind, hatten
die grösseren Exemplare nach der Fütterung schon eine Länge von
0 37 Millim. erreicht, somit um etwas mehr als ein Fünftel die
Länge überschritten. Nach 72 Stunden waren wohl die meisten todt,
es wurden jedoch nach 5)6, ja seihst nach 120 Stunden, also fünfTage
nach der Entfernung aus dem Magen der Natter, lebende Exemplare
mit grosser Agilität angetroffen, ja eines hatte an Umfang um das
Doppelte zugenommen und es war längs des Darmes eine granuläre,
gelbbräunliche Masse auffällig, die man an eben ausgekrochenen
Individuen nicht beobachtet. Nach 144 Stunden (nach dem abge
laufenen sechsten Tage) war kein lebender Wurm mehr zu sehen.
13.
Ein ähnliches Experiment habe ich mit den Jungen der lebendig
gebärenden Ascaris nigrovenosa aus dem Lungensacke von Bufo
cinercus vorgenommen. Die Länge des aus der Eihülle hervor-
geschliipften Embryo beträgt 0'24 Millim., die grösste Breite
0-025 Millim. Nach 72 Stunden wurden noch einige der in einem
zugestöpselten Probirgläschen mit Algenresten aufbewahrten jungen
Ascariden sich munter bewegend angetroffen, die Mehrzahl derselben
war abgestorben. Nach sieben Tagen, also nach 168 Stunden, bewegten
sich noch zwei Junge, zugleich hatten dieselben so wie die meisten
abgestorbenen Exemplare an Volumen zugenommen, ihre Länge
betrug meist 0-53 Millim., die Breite 0'033 Millim. Auch wurde die
auffallende Beobachtung gemacht, dass, nachdem diese kleinen
Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
407
Rundwürmer etwa </ 4 Stunde der frischen Luft ausgesetzt waren, da
sie, wie erwähnt, in einem zugestöpselten Probirgläschen sich
befanden, eine grössere Menge aus dem starren Zu
stande sich erholt hatte und zuerst mit dem Köpf
chen, endlich mit dem ganzen Leibe sich hin- und her
bewegte. Nach etwa Va Stunde wurden die Bewegungen viel leb
hafter, und es schlugen mehrere Dutzende der kleinen Würmer hin
und her. Selbst nach zehn vollen Tagen wurden noch einige sich sehr
lebhaft bewegende Exemplare gefunden.
Erklärung der Tafeln I b, II b. (II. Reihe.)
1. Entwickelungsformen der Eier von Echinobothrium typus (van Bene-
den) aus dem Darme von Raja clavata: i A drei zusammenhängende Eier aus
dem Eierkeimstocke mit grösseren Dotterkugeln; 1 B drei zusammenhängende
Eier, worin zarte Moleküle zu einem Netze angereihet sind; I C kettenförmig
an einander gereihte Eier von einer späteren Entwickelungsstufe; aa stäbehen
artige Verbindungsglieder der Eier; bb peitschenförmige Anhänge; c mit
Dotterkiigelehen versehene Kugeln, isolirt in der Eihöhle gelagert; 1 D an der
inneren Oberfläche des Eies beginnen die Moleküle sich symmetrisch anzureihen
(Bildung des Chorion); dieselben bilden ein Netz in i E; 1 Fzeigt den Embryo
in a als zarte, verschwommene graue Masse; 1 G enthält im Innern den mit
Embryonalzellenkernen versehenen Körper a; i H, der sich bildende Embryo ist
mit einer fein körnigen Dottermasse belegt; 1 I zeigt den mit sechs Häkchen
bewaffneten Embryo a in einer transparenten, abgesackten Schichte einge
schlossen b; 1 K der hervortretende Embryo.
2. Ei von Phyllobothrium gracile (nuv. sp.) aus dem Darme von Torpedo
marmorata mit knopfförmigen Anschwellungen in aa.
3. Eier eines Echeneibothrium (van Beneden) aus dem Darme von
Myliobatis ac/uila: aa Querscheidewand; bb peitschenförmiger Anhang.
4. Eier von Echeneibothrium minimum (van Beneden) aus dem Darme
von Trygon pastinaca: a drei in einer Hülle eingeschlossene Eierzeigend, in
a' Keimbläschen mit Keimfleck ; b Ei mit vier Dotterkugeln.
5. Eier von Taenia perfoliata des Pferdes, die Entwickelungsstufen zeigend:
a granulirte Kugel; b dieselbe mit einer Umhüllungsmembran; c zwei, d drei
granulirte Kugeln enthaltend; e lässt die Anlage des künftigen Embryo gewahr
werden; f mit der grobkörnigen Dottermasse in a', einer transparenten abge
sackten Flüssigkeit in b' und dem Embryo in c'; g ausgetretener Embryo mit
dem rundlichen bewaffneten Kopftheile in g 1 ; h structurlose Eihaut.
6. Eier von Monostoma foliaceum aus der Bauchhöhle von Acipenser
Sturio: a grobkörnige Dotterkugeln; im Ei b sind dieselben in c einer trans-
408
Wedl. Zur Ovologie und Embryologie der Helminthen.
parenten Molecularmasse gewichen; auch ist in diesem Ei ein stielartiger Fort
satz d.
7. Eier von Distoma polymorplium aus dem Darme von Muraena anguilla:
aa langer Fortsatz der Eihülle; bb gefurchte Dottermasse; c Segment des
spiralig gedrehten Uterus (letzteres schwächer vergrössert).
8. Eier von Distoma signatum (D uj a r d i n) aus dem Ösophagus von Tro-
pidonotus natrix: a den Contrahirten mit Cilien besetzten Embryo fassend;
derselbe ist in b im expandirten Zustande; in dem spitzen Eitheile ein mit Pig
mentmolekülen unvollkommen erfüllter Hohlraum a' a!; in c ist nebst den trans
parenten Kugeln (Embryonalzellen) eine in kleinen Gruppen vertheilte Dotter
masse; letztere in d mehr gegen eine Seite gedrängt.
9. Eier von Distoma mentulatum aus der Cloake von Tropidonotus
natrix: a gelbbräunliches init dem Embryo; b graue Eier kleineren Diameters.
10. Eier von Echinorhynchus Pristis (Rud.) aus dem Darme von Betone
vulg.: a mit einer starken Eihülle und einer dunkelgranulirten centralen Kugel
in a; bcde frühere Bildungsstufen mit gefurchtem Dotter.
11. Eier von Echinorhynchus Pumilio aus dem Darme von Lophius pis-
catorius: a zeigt an seinen beiden Endtheilen faltenähnliche Streifen a' a , im
Innern eine granulirte Kugel; a" (Keimbläschen); bcd frühere Entwickelungs
stufen ; c' in c erste Anlage der inneren Eihülle.
12. Eier von Hedruris androphora (Nitzsch) aus dem Magen von Triton
igneus und cristatus: a mit knopfförmigen Ansätzen a!; 6 mit einer Längs-
raplie; c eine grosse grobkörnige Dotterkugel im Innern; in vZ ist die Dotter-
masse allenthalben vertheilt; e und /'fasst den eingerollten Embryo.
13. Blindes Eierstockende von Nematoideum natricis (Creplin) aus dem
Lungensacke von Tropidonotus natrix.
14. Ausgeschlüpfter Embryo von Nematoideum natricis (Creplin) mit
der Lichtung des Darmcanales in aa.
Anmerkung. Sämmtliche Figuren sind, mit Ausnahme von 7 e, hei starker
Vergrösserung gezeichnet.
Aus Llc.Jc.Hcrf-uitaatsincck.ar5L
Sit?,iu[“sli.il k.Äk;id.<IX matli. natirrw. CLXVLBd.it.Heft.1855.
TTedl. Ilelmmtltoloßiselie Xatraen.
TafJLb.
T"
W’edl. Hrlnimtliologische Notizen,
Taf. 1/b.
/./
/ E
1I 7
m
his ifci.K[fuStaaiiirucKerä.
Situngsb.i.k.Äkad.d.V. math.natiu'W. Cl.XVI.Bd.2 Heft.1855.
Hauer. Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 409
SITZUNG VOM 18. MAI 1855.
Eingcsendcte AI» ha ml lim gen.
Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen
Chlormetallen.
Von Karl Ritter von Dauer.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 10. Mai 1855.)
i.
Wir kennen eine grosse Reihe von Chloriden der schweren
Metalle, welche mit den Chlorverbindungen von Ammonium und
Kalium Doppelsalze bilden. Beschränkter ist die Anzahl derjenigen,
welche noch eine Verbindung mit Chlornatrium eingehen.
Eine kleine Anzahl ist endlich bekannt, welche mit Chlorbaryum
und den weiteren Chlorverbindungen der elektropositiven Reihe Dop
pelsalze geben. Diese Chloride, so wie ihre näher untersuchten
Doppelverbindungen mit Chlor-Baryum, Strontium, Calcium, Magnium
2 BaCl + SbC 3 + 5110
(ähnliche Verbindungen lassen sich nach Pog-
giale mit Strontium, Calcium, Magnium
darstellen)
BaCl-fSnCl +4110
BaCl + SnCl 2 + 5HO
Sr CI + SnCl + 4110
SrCl + SnCI 2 + 5H0
MgCl + SnCl a + SHO
BaCl + 2HgCI+ 2110
Chlorquecksilberstrontium (B o n s d o r f f).
sind folgende:
Antimon.
~SbcT
Quecksilber.
IT
410
Hauer. Über neue Verbindungen
CaCl -f 2HgCI + 6HO
CaCl + 5HgCl + 8HO
MgCl + HgCI + 6HO
MgCl + 3HgCl + 5HO
Gold. Dreifach Chlqrgoldharyum (B o n s d o r f f).
AuC1 3 Dreifach Chlorgoldstrontium „
CaCl + AuC1 3 + 6HO
MgCl + AuClo + 12HO
- _Piatin 1 BaCl +PtCl 3 + 4HO
PtCl a SrCl + PtCL + 8HO
CaCl + PtCl 2 + 8HO
MgCl + PtCl a + 6HO
Palladium. Einfach-Chlorpalladbaryum
Einfach-Chlorpalladcalcium
Einfach-Chlorpalladmagriium (Bonsdorff).
Auf die von Bequerel auf galvanischem Wege dargestellten
Verbindungen ist hier keine Rücksicht genommen, weil sie nicht
näher bekannt sind, und jedenfalls einen andern Charakter haben
dürften, als die angeführten Salze.
Aus dieser übersichtlichen Darstellung geht hervor, dass alle
angeführten Chloride die Fähigkeit besitzen, ausser dem Baryum-
doppelsalze auch noch weitere Doppelverbindungen einzugehen. Es
scheint also das Baryumsalz eine gewisse Grenze zu bilden. Ist
dieses nicht darstellbar, so sind mit dem betreffenden Chloride,auch
keine weiteren Doppelverbindungen, ausser jenen mit den Chlormetallen
der Alkalien zu erhalten. Geht hingegen das Chlorid eines Metalles
die Doppelverbindung mit Chlorbaryum ein, so vermag es wirklich
die Rolle einer Säure zu spielen, und bildet dann natürlich noch
weitere Doppelsalze mit ähnlichen Chlormetallen. Dass nicht blos
die höheren Chlorstufen der Metalle diese Fähigkeit besitzen, beweist
das Zinn, dessen Chlorür solche Verbindungen bildet. Auch die
Verbindungen des Palladiums scheinen ähnlicher Natur zu sein.
Da ich nun vor einiger Zeit eine Doppelverbindung des Chlor
cadmiums mit Chlorbaryum dargestellt habe *), ein Salz welches
Siehe Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. Band XV, Seite 36.
*
des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen.
4J1
sich durch hohe Krystallisationsfähigkeit auszeichnet, so war es
interessant zu versuchen, oh Cadmium nicht analog den angeführten
Metallen gleichfalls weitere Doppelverbindungen mit basischen Chlor-
metallen zu bilden fähig sei.
In der That rechtfertigte der Erfolg der angestellten Versuche
die ausgesprochene Voraussetzung. Es gelang zahlreiche Doppel
salze des Chlorcadmiums mit den Chlorverbindungen von Strontium,
Calcium, Magnium, Mangan etc. darzustellen.
Da das Einfach-Chlorcadmium bis jetzt die einzige bekannte
Chlorstufe dieses Metalles ist, so sind diese Salze vor der Hand
jenen anzureihen, welche sich in Verbindung mit Zinnchlorür bilden.
Doch ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Cadmiumchlorür (Halb
chlorcadmium) darstellbar ist, und das jetzige Einfach-Chlorcadmium
ähnlich dem Einfach-Chlorquecksilber bereits eine höhere Chlorver
bindung repräsentirt. Denn aus der Eingangs gegebenen Zusammen
stellung geht hervor, dass das Zinnchlorür die einzige niedrige
Chlorverbindung ist, welche derlei Doppelsalze bildet. Es gewinnt
dies um so mehr an Wahrscheinlichkeit, da ein Cadmiumoxydul
(Suboxyd Cd»0) existirt, welches March and *) durch Glühen des
oxalsauren Oxydes, unter Abhaltung des Zutrittes der atmosphäri
schen Luft, erhalten hat.
Für die neuerlichst dargestellten Doppelverbindungen des Chlor
cadmiums, so wie eine Anzahl schon früher von mir beschriebener
Verbindungen mit den Chlormetallen der Alkalien 2 ), erscheint im
Allgemeinen der Name Chlorcadmi ate passend. Denn eben die
Existenz dieser beträchtlichen Menge von Salzen beweist, dass das
Chlorcadmium vorwiegend den Charakter eines elektronegativen
Bestandtheiles repräsentire.
Ihrer chemischen Zusammensetzung nach lassen sich diese
Salze in drei wohl unterscheidbare Gruppen sondern, indem das
Chlorcadmium basische, neutrale und saure, oder halb-, einfach-
und zweifachsaure Salze bildet.
*) Pog-genclorirs Annalen, 38. Band, Seite 143.
2 ) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften, Band XIII, Seite 30 und
Band XV, Seite 32.
412
Hauer. Über neue Verbindungen
Für diese drei Gruppen ergeben sich demnach die Bezeichnungen:
I. Chlor-Hemicadmiate,
II. Chlor-Monocadmiate,
III. Chlor-Bicadmiate.
Die Chlor-Hemicadmiate, in welchen 2 Atome des basi
schen Chlormetalles mit einem Atom Chlorcadmium verbunden sind,
entsprechen der allgemeinen Formel:
2BC1 + CdCl + xIIO
in welcher R = Ammonium, Kalium etc. ist.
Diese Salze sind zumeist nicht darstellbar durch Verdunsten
einer Lösung, welche die beiden Verbindungen in einem der Formel
entsprechenden Mischungsverhältnisse, enthält. Sie erfordern zu
ihrer Bildung in der Regel einen grossen Überschuss des basischen
Chlormetalles.
Von den bereits früher von mir beschriebenen Salzen gehören
in diese Gruppe die beiden wasserfreien Verbindungen von Ammo
nium und Kalium, welche nach den Formeln :
2H 4 NC1 + CdCl und
2KaCl -f- CdCl
zusammengesetzt gefunden wurden. Werden die Salze dieser Gruppe
in Wasser gelöst, so lassen sie sich meistens nicht umkrystallisiren,
sondern werden zersetzt. Es schiesst nämlich zuerst ein Bieadmiat
an, und erst nach Entfernung dieses, gibt die Mutterlauge beim
weiteren Verdunsten wieder eine kleine Menge des Hemicadmiates.
Die Salze dieser Abtheilung treten meistens in grossen Kry-
stallen auf.
Die Chlor-Monocadmiate in welchen die beiden Chlor-
metalle einatomig zusammentreten, sind nach der allgemeinen
Formel :
RC1 + CdCl + xHO
zusammengesetzt.
Die Salze, die in diese Gruppe gehören sind nur in geringer
Anzahl darstellbar. Von den in der oben citirten Abhandlung
des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen. 413
beschriebenen Salzen gehören hierher, die beiden Verbindungen mit
Natrium und Baryum, deren Zusammensetzung den Formeln:
NaCl + CdCl + 3HO und
BaCl + CdCl + 4HO
gemäss, war gefunden worden. Die Seltenheit der in diese Gruppe
gehörigen Salze machte es anfänglich etwas schwierig, die weiter zu
beschreibenden Salze zu finden. Es mussten vielerlei Combinationen
der Mischungsverhältnisse versucht werden, bis es gelang die mög
lichen Verbindungen aufzufinden.
Die Chlor-Bicadmiate endlich, in welchen zwei Atome
des elektronegativen Bestandtheiles sich mit einem Atome der Basis
vereinigen, entsprechen der allgemeinen Formel
RC1 + 2CdCl -f xHO.
Zahlreich sind die Salze, welche in diese Gruppe gehören.
Einige derselben krystallisiren fast bei jedem beliebigen Mischungs
verhältnisse, der beiden dasselbe zusammensetzenden Chlorverbin
dungen. Stellt man z. B. bei solchen das Mischungsverhältniss eines
Monocadmiates dar, so entsteht fast immer durch freiwilliges Ver
dunstenlassen anfangs ein Bicadmiat, und nach Entfernung dieses
gibt die Mutterlauge dann häufig ein Hemicadmiat. Doch verlangen
aber wieder mehrere Salze dieser Gruppe die Gegenwart eines
grossen Überschusses von Chlorcadmium in der Lösung, um ein
Bicadmiat zu bilden. Es sind dies zumeist die Combinationen von
Chlormetallen mit Chlorcadmium, welche auch ein Monocadmiat zu
bilden fällig sind. Es krystallisirt nämlich bei diesen anfangs hart
näckig das Monocadmiat, und erst bei Gegenwart von sehr über
schüssigem Chlorcadmium ist das Bicadmiat im Stande anzuschiessen.
Die Salze dieser Gruppe lassen sich, mit Ausnahme der eben ange
führten, ohne Zersetzung umkrystallisiren.
Von den früher von mir beschriebenen Salzen gehören in diese
Gruppe die beiden folgenden Verbindungen von Ammonium und
Kalium:
I-ÜNC1 + 2CdCl + IIO und
KaCl + 2CdCl + HO
Sitzb. d. mathein.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft.
27
414 Hauer. Über neue Verbindungen des Chlorcadmiums mit basischen Chlormetallen.
Die Reihe der Chlorcadmiate zeichnet sich im Allgemeinen
dadurch aus, dass mit wenigen Ausnahmen alle hierher gehörigen
Salze eine bedeutende Krystallisationsfähigkeit haben, insoferne
sich die meisten derselben zu Krystallen von ansehnlicher Grösse
leicht aufziehen lassen. Es ist dies ein Charakter, welcher sich in
denCadmiumsalzen überhaupt vorwiegend ausspricht. Die Verbindun
gen dieses Metalls gehören zu den schönsten Individuen, die auf
künstlichem Wege darstellbar sind.
Die erwähnten Salze sind zumeist farblos und durchsichtig mit
lebhaft glänzenden Krystallflächen. Ist das basische Chlormetall
gefärbt, so zeigen sie demnach die Farbe von diesem. Mit Ausnahme
der Calciumsalze, welche zerfliesslich sind, verhalten sich die
meisten als ziemlich luftbeständig. Nur einige wenige verwittern
in trockener Luft.
Indem ich mir nun hier erlaubt habe nur die allgemeineren Eigen
schaften dieser Verbindungen hervorzuheben, werde ich in einer
späteren Sitzung die Ehre haben die Analysen nachzutragen. Die
Beschreibung der Krystallgestalten hat mein Freund, Herr Dr.
Joseph Grailich übernommen.
Pick. Über die Sicherheit barometrischer Ilöhenmessungen.
415
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
Von Adolf Jos. Pick,
Assistent der k. k. Sternwarte zu Wien.
(Mit I lith. Tafel.)
Die Höhe eines Punktes der Erdoberfläche über dem Spiegel
des Meeres ist ein so wichtiges Element der physicalisclien Geogra
phie, die Kenntniss der absoluten und relativen Höhe der Bergkämme
und Berggipfel von so bedeutendem Einflüsse selbst auf das prak
tische Leben, auf Staats- und Volksökonomie, dass ein einfaches
Mittel zur Erlangung recht vieler Daten dieser Art äusserst wün-
schenswerth ist. Es ist also nicht zu verwundern, dass man bald nach
Toricelli's glücklicher Entdeckung das Barometer wegen seiner so
ausserordentlichen Einfachheit als Höhenmessinstrument im Gebrauche
findet. In der That haben die bedeutendsten Männer dieser Aufgabe
ihre Aufmerksamkeit zugewendet und man kann, was die Theorie
anbelangt, seit Laplace auf den Einfluss der geographischen Breite
und Entfernung vom Erdmittelpunkte, und endlich Bes sei auf die
Variation des Dunstdruckes der Atmosphäre Rücksicht nahm, das
Problem im Allgemeinen als gelöst betrachten. Nichts desto weniger
ist es bekannt, dass barometrische Höhenmessungen lange nicht so
genaue Resultate geben, als man nach der so vervollkommten Theorie
und den engen Grenzen der ßeobachtungsfehler zu erwarten berech
tiget ist. Allerdings ist für die meisten Fragen der physicalisclien
Geographie und Meteorologie eine sehr genaue Höhenangabe nicht
erforderlich; aber sollen Messungen, welcher Art sie immer sein
mögen, eigentlichen Werth haben, so muss man jedenfalls die Grenzen
ihrer Genauigkeit kennen. Es wird uns nicht schwer werden nach
zuweisen , dass man dies bei barometrischen Höhenmessungen nach
dem gegenwärtigen Standpunkte durchaus nicht im Stande ist, und
dass man hei praktischer Ausführung Varianten findet, die selbst ein
Misstrauen in die Theorie zu rechtfertigen geeignet sind. Bei der
Häufigkeit mit der jetzt namentlich in gebirgigen Gegenden zur
Bestimmung der Meereshöhe Barometerbeobachtungen gemacht
27*
416
Pick.
werden, dürfte demnach eine Untersuchung- über die Genauigkeit
barometrischer Höhenmessungen nicht ohne Nutzen sein, um so mehr,
als der Meteorolog auch sonst nicht selten sich der Höhenformel
bedient, um durch Rückschluss den Gang des Luftdruckes unter
verschiedenen Witterungseinflüssen zu finden, wie dies namentlich
Kämtz bei der Untersuchung über den Einfluss des Windes auf den
Luftdruck und in ähnlichen Fällen tliat.
Es ist klar, dass diese Untersuchung über den Grad der Genauig
keit barometrischer Höhenbestimmungen einzig und allein in einer
Prüfung und Vergleichung der Resultate von Reobachtungen,
d. i. ihrer praktischen nicht theoretischen Seite bestehen kann, seien
es nun solche die zu diesem Reliufe eigends angestellt wurden, oder
solche, die sich hierzu als geeignet heraussteilen.
Die Nichtübereinstimmung der Resultate verschiedener barome
trischer Hohenbestimmungen unter einander und mit guten trigono
metrischen Messungen, die man als genau ansehen darf, kann in
Folgendem ihren Grund haben:
1. In der Verschiedenheit der den barometrischen Formeln zu
Grunde gelegten Constanten.
2. In den Vernachlässigungen, die man sich erlaubt, um die
Tafeln und die Rechnung einfacher zu machen.
3. In Reobachtungsfehlern.
4. Darin, dass die Verhältnisse der Atmosphäre keinen so regel
mässigen Gang haben, wie bei der Ableitung der Höhenfor
meln vorausgesetzt wird.
5. Endlich darin, dass es noch Elemente geben mag die auf den
Stand der bei den Beobachtungen benützten meteorologischen
Instrumente einen Einfluss üben, der entweder gänzlich unbe
kannt, oder wenigstens nicht so genau bestimmt ist, um der
Rechnung unterzogen werden zu können.
Wir wollen nun zunächst zeigen, dass die ersten drei ange
führten Punkte die grossen Differenzen nicht erklären, welche sich
bei barometrischen Höhenmessungen zeigen.
Was den zweiten Punkt, die Vernachlässigungen zu Gunsten
einer bequemeren Rechnung anbelangt, so versteht sich von selbst,
dass bei der Construclion einer Tafel nur solche Grössen vernach
lässiget werden dürfen, die auf das Resultat innerhalb der Rechnungs
grenzen nicht influiren, und es geben auch in der That alle jetzt
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 417
gebräuchlichen hypsometrischen Tafeln die Resultate genau so, wie
die diesen Tafeln zu Grunde gelegten Formeln.
Einigen Einfluss hingegen kann der erste Punkt, die Verschie
denheit der numerischen Coefficienten auf das Resultat ausüben; aber
auch er ist seit Ramond (und ältere Bestimmungen werden nicht zu
Grunde gelegt) verschwindend klein; wie denn in der That bei der
Zugrundelegung derselben Daten, die Gauss’schen, Bessel’schen
(die Rechnung für mittleren Luftdruck geführt), Carlini’schen,
Littro w’schen und Wieman n’schen Tafeln (letztere nach Olt
manns eingerichtet), nahezu identische Resultate geben. So erhält
man z. B. bei Berechnung der von d’Aubisson auf dem Monte
Gregorio und einem 12813 über dem Meere liegenden Punkte ange-
stellten Beobachtungen folgende Resultate *):
D’Aubisson findet 87917
Bessel’s Tafeln (für mittleren Feuchtigkeitsgrad und
Gay-Lussac’s Coefficienten) geben 87918S
Gauss’s Tafeln geben 879.7
Carlini’s „ „ 879.SS
Littro w’s „ „ 879.8
Wiemann’s Tafeln (nach Oltmanns) geben . . . . 879.7.
Wie wenig die Verschiedenheit der Coefficienten dabei influirt,
ersieht man daraus, dass den Littro w’schen Tafeln die Constante
der Logarithmendifferenz 94361966, den Wi e ma n n’schen dagegen
940719 zu Grunde liegt, während die Constante der Lufttemperatur
in beiden Tafeln dieselbe ist, und dies doch bei einer Höhendifferenz
von 880 Toisen nur 011 oder weniger als einen Fuss beträgt, wie
denn überhaupt die grössten Differenzen obiger Zahlen unter einer
halben Toise liegen.
In der That erhält man, wenn man die Gleichung
h = k. log j,
nach h und k differenzirt:
dh — (log b—log b') . dk.
*) Die Daten dieser Beobachtungen sind:
Monte Gregorio: Barometerstand 268™2iS; Quecks.-T. 10®i) C.; Luft.-T. 9°9 C.
128 l 3 ü. d. Meere „ 329*013; „ 19*83 „ 19*93 C.
418
Pick.
Humboldt beobachtete auf dem Chimborazo Z>' = 166”'93, am
Meere & = 336”’404, beide Stände bereits auf 0° reducirt; man findet
also für diesen Fall:
dh = {log 336-404 — log 166-93) die
oder dh = 0-30433 . dk.
Nun ist die angegebene Differenz von nahe 30 Toisen in der
Constante k die grösste bei den jetzt gebräuchlichen Tafeln, und
ihr Einfluss auf die wohl grösste Höbenditferenz die man mit einem
Barometer zu bestimmen wünschen mag nur 9 Toisen.
Für den Einfluss eines Fehlers (einer Variante) in der Constante
der Lufttemperatur m findet man aus
h=k.logj, jl +Wi (l±!)J
dh = k log -- . . dm = h . ] dm.
Die Constante m wird in jenen Formeln, welche auf den Dunst
gehalt der Atmosphäre nicht besonders Rücksicht nehmen aufO‘00400
für Thermometer Celsius nach Ramond’s und Laplace’s Vor
gänge angesetzt, was unter Voraussetzung eines mittleren Dunst
gehaltes der Gay-Lussac’schen Constante 0-00375 für Thenn. C.
entspricht. Nach Rudberg ist dieser Coetficient = 0-003648.
Demnach variirt die Constante m um dm — 0-000102. Also ist:
dh = o-oooio2 (iiÜ). h.
Für das oben angeführte Beispiel der Messung D’Alibis son’s
beträgt dies nur 112. Man siebt dass dieser Fehler auch dadurch
compensirt wird, dass wenn h sehr gross wird, kleiner werden
muss, weil dieTemperatur mit der Höhe abninimf. In der oben erwähn
ten Messung des Chimborazo war = 25 ? 3-j-(—1 9 6)=23 9 7,
woraus sich die Unsicherheit dieser Messung in Folge der verschie
denen Constanten der Lufttemperatur ergibt dh = 316.
Dass die übrigen Constanten von keinerlei Einfluss sein können,
ergibt sich schon aus der Kleinheit der übrigen Correctionen, mit
Ausnahme der Reduetion der Barometerstände auf 0°, die aber auch
ohne Einfluss bleibt, weil allen Formeln derselbe Ausdehnungscocft’i-
cient des Quecksilbers zu Grunde gelegt wird.
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
419
Was nun drittens die Beobachtungsfehler anbelangt, so versteht
es sich aus dem eben erwähnten Grunde, dass die Correctionen
wegen der geographischen Breite und Entfernung vom Erdmittel
punkte in dieser Hinsicht gar nicht zu berücksichtigen sind, und es
erhält demnach die Höhenformel die einfachere Form:
* = * • j 1 + WI ("T')} h 9
b (i—n T )
V (i—« T') ’
wo Je und m die schon erwähnten Constanten, n die Consfante der
Quecksilbertemperatur bedeutet, und b, b', t, t', T, T die Beob
achtungsdaten sind, deren Einfluss eben zu untersuchen steht
Differenzirt man diese Gleichung nach h und den Beobachtungsdaten,
so erfährt man den Einfluss der Beobachtungsfehler auf die Höhe.
Da wir gesehen haben, dass alle Tafeln so gut eingerichtet
sind, dass ihre Angaben unter sich und mit den Formeln überein
stimmen, so wollen wir der besseren Übersicht wegen die Betrachtung
statt an die Gleichung in obiger Form, sogleich an die Gauss’schen
Tafeln, die sich durch ihre Bequemlichkeit so sehr empfehlen, und
nebst den ebenfalls sehr bequemen Wiema nn’scben (Olt mann s’-
scheri) in Folgendem überall benützt worden sind, anknüpfen.
Bei Nichtbeachtung der Correctionen wegen der Höhe und
geographischen Breite findet man nach den Gauss'schen Tafeln
log h = log u -f- A,
u = (log b - 10T) — (log b' — lOT').
10 T und 10 T' sind die Beductionen der abgelesenen Barometer
stände auf 0°, wobei ein achtzigtheiliges Thermometer vorausgesetzt
wird und die Producte 10 T und 10 T' als Einheiten der fünften
Decimale zu gelten haben. Man kann den Fehler der Ablesung eines
Thermometers nicht höher als auf 0 9 2 zugeben; indess ist hier abge
sehen von Fehlern der Instrumente, die jeder Beobachter zu berück
sichtigen hat, ein anderer weit bedeutenderer Fehler möglich, der
nämlich, dass das Thermometer nicht die Temperatur des Queck
silbers angibt. Bei sorgfältiger Beobachtung jedoch, wenn man
abwartet, bis das Thermometer am Barometer einen stationären Stand
annimmt, kann wohl auch dieser Fehler nicht mehr als 0 9 S betragen.
Nehmen wir jedoch für beide Fehlerquellen zusammen an jedem
Thermometer 1 9 0 R. an. Wir finden, wenn wir u in Bezug auf T und
T' differenziren
420
1’ i c k.
du = — 10 (dT—dT')-,
also im ungünstigsten Falle du — + 20 Einheiten der fünften
Deeimale.
In Bezug auf b und b' findet man
wo g den Modulus der Brigg’schen Logarithmen bezeichnet. Als
Grenze des Beobachtungsfehlers heim Barometer nimmt d’Auhisson
0”09, Kämtz 0’" 10 an. Nehmen Avir also 0"1 als Grenze, so hat
man im ungünstigsten Falle
Ä-±F0-l|i + i| -±0-04343 ji + ij,
Avobei b und l> in Linien ausgedrückt sind.
Die Grösse u ist demnach im ungünstigsten Falle falsch um
+ 0-00020).
Zu dieser Grösse u ist nun der Logarithmus aufzuschlagen,
wobei Sstellige Tafeln eingerichtet Avie die Lalande’schen voraus
gesetzt werden. Ist A die betreffende Differenz zweier nächster Loga
rithmen, so findet man
d (log u) = ± (0 04343 jy + ~ J + 0-00020) A.
Nun ist
log h = log u + A
also d (log Ii) = d (log u) + dA.
Dieses A ist die mit der Constante der Logarithmendifferenz
der Höhenformel vereinigte Correction Avegen der Lufttemperatur,
d. i. f (t+f); sie ändert sich in den Gauss’schen Tafeln höchstens
um 110 Einheiten der S. Deeimale, Avenn t + t' um 1° R. sich ändert.
Nimmt man als Fehlergrenze der Lufttemperatur an jeder
Station 1°R. an, so ist im ungünstigsten Falle
dA = ± 0-00220,
Avoraus der Totaleinfluss aller Beobachtungsfehler auf den Logarithmus
der Höhendifferenz zAveier Orte, berechnet nach den Gauss’schen
Tafeln im ungünstigsten Falle folgt:
du =±(0-04343 jy+~
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
421
d {log li) = ± [(0-04343 j-i-f-M + 0-0902o)a + 0 00220]
und dh=±~[(0-04343 jy+-ij + 0-00020) A + 0 00220] »)
oder dh=+ [(0'l|j + ~j + 0-0004605) A + 0 005066] h.
Die Gleichung lehrt, dass die Einflüsse der möglichen Beob
achtungsfehler um so grösser werden:
1. je grösser li die Höhendifferenz beider Orte ist,
i i
2. je grösser ^- + -p wird, d. h. je kleiner beide Barometerstände,
mithin je höher die Orte an sich liegen.
Um die Grösse dieses Einflusses an numerischen Daten zu
zeigen, folgen hier drei Beispiele, die beiden oben schon benutzten
für eine sehr grosse und eine mittlere, und ein drittes für eine kleine
Höhendifferenz, wozu die Daten aus „Wiemann’s Anleitung zum
Höhenmessen mit dem Barometer,“ S. 70 entnommen sind. Man hat
für die Höhe des Chimborazo
tf/ t = ± 3017[(0-lj^+^i- 9 )+ 0-0004605)1.3 + 0-005066]
d. i. dli = 21143 = 0 0071 h etwas mehr als 7777 der Höhe.
1000
Für Monte Gregorio hat man
< // i = ±880[(o-lj^ + ^J + 0-0004605) 5-0 + 0-003066]
d. i. clh = ± 9 03 = 0-0103 h nahe 7777 der Höhe
4 ) Für sehr geringe Höhendifferenzen wird die logarithmische Höhenformel und mithin
die Tafeln unbrauchbar; man muss dann log in einer Heihe ausdrücken , wo
man hat:
b l
h == k log— — k log-
-V + b
V
b'-b
= k log jl-
1 fb'-b^
b'-b
(0 — 0\i
(—)+• •
2
V—b
wobei es immer genügt zu setzen:
h — k \j.
o
und die Rücksicht auf Lufttemperatur u. s. w. wegfiillt, weil der Einfluss aller
Correctionen verschwindend klein wird. Es versteht sich natürlich, dass b und
b‘ auf 0° reducirte Stände bedeuten. Alle in dieser Arbeit vorkommenden Rech
nungen gestatten noch den Gebrauch der Tafeln.
422
I* i c k.
Wie mann gibt S. 70 folgende Daten:
Elbstolln Mundloch bei Priesnitz 332'"36 B aufO 0 -)- 2'8 C. Lufttemp.
Dresden 7-3 Tois. über der Elbe 331-77 „ „ „ -j- 3-3 „ „
woraus Dresden höher als Elbstolln 713. Man findet den Einfluss der
Beobaclitungsfehler
Ah = + 7-3 [(0-lj~+~-j + 0 0004603) 560 + O OOöOGg]
d. i. Ah — +4‘28 — ± 0 600 h, also y der Höbe.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass mit Ausnahme jener Fülle,
wo die Höhendifferenzen sehr klein sind, die Beobaclitungsfehler der
Brauchbarkeit des Barometers als Höllenmessinstrument keinen Ein
trag thun würden , dass sie also nicht hinreichen, um die in Wirk
lichkeit stattfindenden Verschiedenheiten der Resultate zu erklären.
Dass diese Verschiedenheiten in der Tliat so gross sind, dass
man sich veranlasst finden muss , barometrisch bestimmte Höhen als
ganz unzuverlässig anzuselien, wollen wir durch Anführung einiger
Daten, die wir beliebig vermehren könnten, darthun. In den „Höhen
bestimmungen von Tirol und Vorarlberg, gesammelt durch Joseph
Trinker, Inspruck 1852“, finden sich unter anderen folgende
Daten:
Afingen, Berggemeinde zwischenBozen undSarnthal, 3262 W. F.
(Dr. Oettl), 2718 W. F. (Nab);
Ala Stadt, 497 W.F. (Trinker und Feil), 364-8 W.F. (Lunelli).
St. Anton im Stanzenthal, Posthaus-Flur 4234 W.F. (Kreil.)
„ „ „ „ Boden 4074 „ (Werdmüller.)
„ „ „ „ „ 4314-91 „ (Gf. Reisach.)
„ „ „ „ „ 3987 „ (Sander.)
„ 4137 „ (Trinker.)
Die Angaben für die Höhe von Bozen variiren zwischen 775-67
und 1194-07 W. F.;
Hinterkaiser im Unterinthale, höchster Punkt der Molasse 2227
und 3368 W. F., beide Daten von demselben Beobachter (Lipoid) J ).
*) Ganz ausserordentlich werden die Incongruenzen bei bedeutend hohen Bergen, so z. ß.
Orteispitze 14691*5 und 121)52; HinterkirchenS. Plateykog-el 10,GGG und 8090 W. F.,
also mehr als drltthalb tausend Fuss Differenz. (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1851,
II. 1, S. G8, wo man noch zahlreich ähnliche Differenzen von 1000—2000' finden
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
423
Bei einigen der angeführten Daten, wenn auch jedenfalls
nicht bei der letztangeführten, die eine Differenz von mehr als
1100 W. P. zeigt, könnten Zweifel entstehen, ob sie sich auf
dieselben Punkte beziehen; wir führen also noch ein Paar andere
an, bei denen dieser Zweifel wegfallt. Man findet in den „Höhen
messungen in den norischen und rhätischen Alpen, von Ph. Otto
Werdmüller von Elgg, Wien 1849,“ einem anerkannt sehr
sorgfältigen Beobachter:
Nr. 2. Dreistätten, 1330, 1399, 1243, 1339,1383, 1327 W. F.
„ 10. Kirchberg am Wechsel, 1782, 1744, 1689 W. F.
„ 41. Bruck an der Mur, 1588, 1555, 1515, 1544, 1559,
1424 W. F.
wobei die zwei letzten Daten mit f bezeichnet sind, d. h. ein
grösseres Gewicht haben, weil sie mit zwei Fundamentalstationen
verglichen sind.
Nr. 73. Hofgastein. Unter den zwanzig Daten ist das Maximum 2854,
das Minimum 2589 W. F., und zwar stehen diese Daten nicht als
Ausnahme da, da neben ihnen die Zahlen 2828 und 2594 aufgeführt
sind. Es wäre unnöthig diese Beispiele zu vernehmen; selbst eine
flüchtige Durchsicht der genannten, so wie ähnlicher Schriften genügt
um zu beweisen, dass bei mässigen Höhen, Varianten von mehr als
100 Fuss zur Regel, hei grösseren Höhen Varianten von 1000 und
mehr Fuss nicht zu ausserordentlichen Ausnahmen gehören.
Da weder die verschiedenen der Rechnung zu Grunde gelegten
Formeln und Tafeln, noch die Beobachtungsfehler die grossen Vari
anten zu erklären vermögen, so müssen sie in dem oben angeführten
vierten oder fünften Punkte ihren Grund haben. Es sind also entweder
die Verhältnisse der Atmosphäre im allgemeinen nicht der Art, wie
sie hei Ableitung der Formeln vorausgesetzt werden, oder es wirken
noch andere Elemente, die bis jetzt nicht in Rechnung gezogen worden
sind, auf die Resultate ein. Die barometrische Höhenformel setzt nun
kann.) Man halte dagegen z. ß. die Seehöbe Krakau’s aus den russischen von der
Ostsee und den österreichischen vom adriatischen Meere ausgehenden Nivellements,
deren Resultate bis auf 1*76 Toisen stimmen, wenngleich jederseits mit Einschluss
der Umwege eine Linie von nahe 200 deutschen Meilen Länge zu durchlaufen war.
(K. v. L i 11 r ow, Bericht über die österreichisch-russische Verbindungs-Triangu
lation. Denksch. d. kais. Akad. d. Wiss. zu Wien. ßd. V.)
424
Pick.
zunächst voraus, dass die Erde von einer hohlen Luftkugel umgeben
sei, welche in Folge des Mariotte'schen Gesetzes zu allen Zeiten und
in allen Punkten gleicher Entfernung vom Mittelpunkte der Erde
gleiche Dichte habe. Obzwar nun dies nie und nirgends der Fall ist,
so lässt sich doch nicht in Abrede stellen, dass diese Voraussetzung
auf einem richtigen Gesetze beruhe, und dass alle Einflüsse, welche
die einem Orte entsprechende Quecksilberhöhe des Barometers modi-
ficiren, gleichsam als Störungen des normalen Zustandes des Gleich
gewichtes zu betrachten sind.
Es lassen sich zwei Wege denken, dem Einflüsse dieser
Störungen zu begegnen. Entweder man sucht durch hinreichend lang
fortgesetzte Beobachtungen und mit Hilfe der Theorie den Werth
des jedem der beiden Orte zukommenden normalen Barometerstandes,
der dann zur Berechnung der Höhendifferenzen zu dienen hätte, oder
man sucht hlos, weil ja das Mariotte’sche Gesetz für jeden Zu
stand der Atmosphäre seine Giltigkeit behält, den Einfluss, welcher
durch die Ungleichheit dieser Zustände an beiden Stationen und den
sie umgebenden und zwischen ihnen gelegenen Orten ausgeüht wird,
zu bestimmen, woraus natürlich folgt, dass die Beobachtungen gleich
zeitig sein müssen. Da der erste Weg sich vorläufig nicht einschlagen
lässt, weil man die Grösse des normalen (nicht mittleren) Luft
druckes ohne Kenntniss der Höhe nicht zu bestimmen vermag (obwohl
das Berechnen der Höhendifferenzen mit Hilfe der mittleren Barome
terstände, namentlich der Jahresmittel, sieh dieser Methode nähert),
so erübriget nichts, als die Höhendifferenz mit Berücksichtigung der
Störungen zu bestimmen.
Die Ursachen dieser Störungen können, so weit man bis jetzt
darüber zu urtheilen vermag, füglich nur in der Veränderlichkeit
der Temperatur, in der Veränderlichkeit des Dunstgehaltes, in den
Bewegungen der Atmosphäre und etwa noch in einer durch locale
Einflüsse bewirkten Veränderung der Schwerkraft zu suchen sein.
In so weit diese verschiedenen Momente schon in der genauen Höhen
formel berücksichtigt sind, entfallen sie aus unserer Untersuchung,
ebenso wie der Einfluss des Dunstgehaltes der Atmosphäre, der nach
den Bessel’schen Tafeln in Rechnung gezogen werden kann, und
überdies gegen die grossen Varianten ebenfalls unerheblich erscheint.
Was die durch locale Verhältnisse veränderte Schwerkraft anhelangt,
so hat Dr. Wilhelm Fuchs (Über den Einfluss des Terrains auf die
1
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen. 425
Resultate barometrischer und trigonometrischer Höhenmessungen,
Wien 1843) zu zeigen gesucht, dass grosse Landeserhebungen und
massenhafte Berge einen bedeutenden Einfluss auf die Resultate baro
metrischer Höhenmessungen ausüben und Differenzen mit trigonome-
< irischen Messungen verursachen; wie es denn auch unleugbar ist,
dass bedeutende Berge auch in anderer Beziehung hier Einfluss ühen
müssen. Sei dem jedoch wie ihm wolle, so würde das doch nur
die Incongruenz barometrischer Messungen mit trigonometrischen
erklären, keinesweges aber die der barometrischen unter einander
bei Vergleichung derselben zwei Orte, Incongruenzen, die wie die
obigen Beispiele zeigen, von weit grösserem Belange sind, da man
unter den verschiedenen barometrischen Höhenangaben auch auf
Zahlen stösst, die mit trigonometrischen Messungen ganz gut stimmen.
Es bleiben demnach nur folgende Fragen zu erörtern:
1. liegt der Grund der Incongruenzen in einer Unkenntniss des
Ganges der Temperatur zwischen beiden Stationen?
2. liegt er in der Richtung und Stärke des Windes?
Hierzu kommt noch:
3. können die Incongruenzen durch die Verschiedenheit der
Tageszeiten erklärt werden, zu denen die Beobachtungen
^ angestellt werden, und endlich:
4. gewähren die Mittel, namentlich die Jahresmittel, die ja den
Kreislauf aller meteorischen Elemente (sehr nahe) umfassen,
hinreichende Sicherheit?
Zur Beantwortung der ersten Frage, ob nämlich aus der Un
kenntniss der Function der Wärme zwischen beiden Stationen die
Varianten zu erklären seien, mussten Orte der Untersuchung unter
zogen werden, in denen der Gang der Temperaturen möglichst
gleichmässig ist, und wo man die Versicherung hatte, dass auch die
Temperatur der zwischen ihnen gelegenen und sie zunächst umge
benden Orte nicht sehr difterirt. Die Beobachtungen der hiesigen
Sternwarte und der meteorologischen Centralanstalt entsprachen
vollkommen diesen Bedingungen. Vergleicht man die gleichzeitigen
Beobachtungen beider Orte, so findet man, dass die Temperaturen
meist nur wenige Zehntel, höchst selten um einen ganzen Grad diffe-
riren. Die beiden Stationen liegen nur etwa 1000 Toisen aus
einander, kein Berg oder was sonst einen unregelmässigen Gang der
Wärme bewirken könnte steht dazwischen, und überdies ist der
426
Pick.
ganze Einfluss der Function von (f-j-0 wegen der geringen Höhen
differenz sehr unbedeutend. Eine genaue Vergleichung der Beobach
tungen selbst gibt für ihre Verlässlichkeit das beste Zeugniss. Nur
wäre eine etwas grössere Höhendifferenz vorzuziehen gewesen, um
den Einfluss der etwaigen Beobachtungsfehler zu verringern.
Berechnet man nämlich den Einfluss des möglichen Beobach
tungsfehlers im ungünstigsten Falle, so stellt sich das Besultat aller
dings günstiger heraus als in dem oben angeführten Beispiele Dresden-
Elbstollen, weil ja bei fortlaufenden meteorologischen Beobachtungen,
wie das hier der Fall ist, Vorkehrungen zur Erzielung genauer Daten
leichter getroffen werden können und getroffen werden, was für uns
vorzüglich in Bezug auf die Bestimmung der Quecksilbertemperatur
von Wichtigkeit ist, indem dieser Fehler bis auf den blossen
Ablesungsfehler des Thermometers wegfällt; es bleibt jedoch immerhin
die Möglichkeit, dass in Folge der Beobachtungsfehler im ungünstig
sten Falle die Höhendifferenz auf a / 5 — J / a ihres Werthes falsch wird.
Es ist die Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen dieses Maximums
des Beobachtungsfehlers allerdings eine so ausserordentlich geringe,
dass man berechtigt ist anzunehmen er werde sich auch in einer
sehr langen Reihe von Beobachtungen kaum einmal finden, indess
erschwert jedenfalls der verhältnissmässig grosse Einfluss der Beob
achtungsfehler bei einer so kleinen Höhendifferenz den Überblick.
Zwar bedarf es nur der Berechnung weniger Beobachtungen um zu
der vollen Überzeugung zu gelangen, dass die Incongruenz der
Resultate sich nicht aus den Beobachtungsfehlern erklären lasse, wir
haben es jedoch vorgezogen, statt der einzelnen Beobachtungen die aus
ihnen abgeleiteten Monatmittel der Rechnung zu unterziehen. Es ist
klar, dass in einem Monatmittel die Beobachtungsfehler schon keinen
merklichen Einfluss über können.
Es wurden also aus den Monat- und Jahresmitteln aller an der
hiesigen Sternwarte und an der meteorologischen Centralanstalt
gleichzeitig angestellten Beobachtungen die Höhendifferenzen gerechnet
und sind nebst den nöfbigen meteorologischen Elementen in den
folgenden Tafeln zusammengestellt.
Diese Tafeln, deren Einrichtung sich aus den Überschriften der
Columnen von selbst erklärt, geben zur besseren Übersicht auch die
Differenzen der gleichartigen meteorologischen Elemente beider
Stationen, und ähnlich wie die Horner’s in der Abhandlung „Über
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessung'en.
427
den Einfluss der Tageszeiten auf die barometrischen Höhenbestim
mungen“ in den letzten drei Columnen die Höhendifferenz ohne Tempe-
ratur-Correction, die Correction wegen der Temperatur und die
gefolgerte Höhendifferenz. Übrigens enthält Tafel I die um 6 Uhr
Morgens, Tafel II die um 2 Uhr Nachmittags, Tafel III endlich die
um 10 Uhr Abends angestellten Beobachtungen.
“t
Tafel I.
Sept.
Oet.
Nov.
Dee.
1852 6 h Morgens
Luftdruck bei 0° in
Par. Lin.
300". f +
30-74
30- 56
29-27
31- 20
Cent.
300"-' +
30-23
30-01
28-63
30-64
0-51
0-55
0-64
0-56
Temperatur Reaum.
+ 10-65
+ 5-16
4- 4-68
+ 1-88
Cent. Diff.
+ 10-16
+ 4-95
+ 4-65
+ 1-91
+0-49
+0-21
+0-03
—0-03
Dunstdruck
Par. Lin.
3-94
2-94
2-70
2-11
4-06
2-58
2-60
2-04
Höhenunterschied
in Toisen.
ohne
Temp.
Corr.
6-37
6- 87
7- 94
6-89
Corr.
wegen
Temp.
+0-34
+0-18
+0-18
+0-07
6- 72
7- 01
8- 15
6-96
18 5 3
Jänn.
Feh.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Oct.
Nov.
Dec.
Jahr
30-12
2617
29-29
28-85
28-79
30-89
30-46
30-55
30-23
32-28
30-74
56 0-56
55 0-62
740-55
29 0-56
29-50 28-88 0-62
31:0-48
28
30-38|0-51
39.95|0'äl
30
29
31
30
»SC
95 C
060-49
67,0-56
72,0-56
06,0-68
29-82129-26 0-56
0-42
1-14
0-97
3-16
9-33
+ 12-76
+14-29
+ 13-26
9-63
6-92
1-59
4- 22
5- 42
+ 0-20
— 1-08
— 1-00
+ 3-29
+ 9-23
+12-83
+ 14-29
+ 12-92
+ 9-27
+ 6-73
+ 1-74
- 4-06
+ 5-36
+0-22
—0-06
+ 0 03
—0-13
+0-10
—0-07
0-00
+0-34
+0-36
+0-19
-015
—017
+0-06
1-83
171
1- 72
2- 11
3- 41
4- 73
5- 29
4-68
3-84
3-33
2- 14
1-35
3- 01
1-80
1 61
1-60
2-20
3- 52
4- 71
5- 15
4-69
3-70
3-14
2-05
1- 30
2- 96
6- 96
7- 83
6-87
6- 95
7- 67
5- 95
6- 29
6-28
6-10
6-92
6-90
8- 48
6-91
+0'
—0
—0
TO-
TO
TO-
+ 0-
TO
TO-
TO
TO-
—0-
TO-
01 6-97
05J7-7S
03j6-84
-09j7-04
35 8-02
38:6-33
456-74
4116-69
296.39
24 7-16
06 6-96
188-30
19 7-10
18 5 4
Jän.
Feh.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Oct.
Nov.
Dee.
Jahr
30-26 30
30- 6.3 29
33-40 32
31- 49 30
2917
29- 65
30- 36
30- 98
32-64
31- 06
28- 43
29- 21
30- 61
0-21
0-66
0-49
0-50
0-49
0-48
0-53
0-50
0-47
0-53
0-63
0-60
0-50
— 1-68
— 0-76
+ 1-36
T 4-16
+10-07
+11-83
+ 13-78
+ 12-58
8:68
6-14
0-89
1-93
5-77
- 1-52
— 0-70
+ 1-60
+ 3-99
+ 9-41
+ 11-72
+13-69
+12-37
+ 8-35
+ 6-15
1-18
2-21
5-70
T
T
—0-16
-0-06
—0-04
+ 0-17
+ 0-66
+0-11
+ 0-09
+0-21
+0-53
—0-01
-0-29
-0-28
+ 0-07
1-66
1-65
1- 87
2- 06
3- 66
4- 45
4-86
4-62
3-37
2-93
2-03
1- 91
2- 92
1-60
1-51
1- 77
1-88
3- 5
4- 38
4-87
4-61
3-17
2- 89
1-79
1- 79
2- 82
2-60
8-17
6-03
6-18
6-10
5- 97
6- 57
619
5- 79
6- 56
7- 90
7-47
6-32
-0
—0
TO
TO
TO
TO-
+ 0-
+0-
TO
TO-
TO
TO-
TO-
259
8-16
6-07
6.30
6-40
6- 32
7- 02
6-58
6-03
6- 76
7- 94
7-54
6-34
428
Pick.
Tafel II.
1832. 2 Uhr Nachmittag
Luftdruck bei 0° R.
in Par. Lin.
Diff.
Temperatur Reaum.
Diff.
Dunstdruck
Par. Lin.
St.
ohne
Teinp.
Höhenunterschied
in Toisen
Corr.
wegen [
Fon-.' Temp. 1 lies8 '
Sept.
Oct.
Noy.
Dec.
30(T +
30 67
30- 38
29-22
31- 18
300T-J-
30-19 0-48
29-94|0-44
28-63;0-39
30 600-52
+ 14-99
+ 9-19
+ 7-18
+ 3-86
+ 15-27
+ 9-40
+ 7-48
+ 4-04
-0-28
-0-21
-0-30
-0-18
4-28
3-01
2-96
2-27
4-31
2-86
2-87
2-17
584
5- 52
7-40
6- 38
+0-u9
+0-25
+0-27
0-43
5-77
7-67
+0-13 6-51
18 5 3
Jänner
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Oct.
Nov.
Dec.
Jahr
3012
2606
29-28
28- 87
29- 20
28- 56
30- 65
30 13
30-34
30-06
321
30-43
29- 65
29- 58
25-47
28-74
28-36
28-73
28-11
30- 28
0-54
0-59
0-54
0 51
0-51
0-43
0-37
29-77,0-36
29-94 0-40
29- 67,0-39
31-730-42
30- 060-37
29-21 0-44
+ 1-51
+ 1-00
+ 2-86
+ 7-31
+ 14-60
+ 17-40
+ 19-28
+ 18-74
+15-61
+ 11-25
+ 3-19
- 2-39
+ 9-20
+ 1-78
+ 1-11
+ 3-02
+ 7-53
+15-13
+17-53
+ 19-42
+ 19-10
+16-03
+11-69
+ 3-33
— 2-42
+ 9-44
+'
0-27
011
016
0-22
0-53
0-13
0-14
0-36
0-42
0-44
0-16
0-03
0-24
1-95
1-82
1- 91
2- 37
3- 76
5-04
5-50
5-10
4- 20
3-70
2-22
1-55
3-26
1-87
1-70
1- 79
2- 17
3- 57
4- 83
5.30
4-78
3-90
3-40
2- 05
1-29
3- 07
6- 70
7- 44
6-71
6-38
6-30
5-62
4-55
4 50
4-91
4- 83
5- 15
4- 61
5- 56
+0-06
+ 0-04
+0-10
+0-24
+0-47
+0-49
+0-44
+ 0-42
+0-40
+0-27
+ 0-08
—0-06
+ 0-26
6- 76
7- 48
6-81
6-02
6-77
0-11
4-99
4- 92
5- 31
5-12
3- 23
4- 55
5- 82
18 5 4
Jänner
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Oet.
Nov.
Dec.
Jahr
30-50
30- 29
33-25
31- 14
28- 92
29- 27
30- 12
30-94
32- 51
30-94
28-22
29- 16
30- 43
0-37
0-41
0-31
0-37
0-32
0-38
0,44
0-41
,0-38
30-52 0-42
27- 78 0-44
28- 70 0-46
30-05 0-38
30-13
29- 88
32-94
30- 77
28-60
28- 89
29- 68
30- 53
32-13
+ 0-20
+ 1-45
+ 4-84
+1066
+15-73
+1619
+18-49
+16-49
+14-90
+ 10-12
+ 3-03
+ 3-30
+ 9-62
+ 0-21
+ 1-51
+ 5 02
+ 11-06
+ 16-41
+16-69
+19-04
+ 16-86
+15-54
+11-01
+ 3-18
+ 3-52
+10-01
-001
-0-06
-018
-0-40
-0-68
-0-50
-0-55
-0-37
-0-64
-0-89
-0-15
-0-22
-0-39
1-89
1- 38
2- 01
2- 13
4-03
4- 72
5- 14
4-90
3- 77
3-42
2-08
2- 07
3- 13
1-70
1-62
1-83
1-75
3- 57
4- 64
4-82
4-69
3-30
3-14
1-85
1- 85
2- 90
4- 58
5- 08
3- 81
4- 58
3- 98
4- 72
5- 46
5-07
4- 69
5- 18
5-50
5-72
4-60
+0-01
+ 005
+ 0 09
+0-25
+0-32
+0-39
+0-45
+0-42
+0-35
+0-28
+0-08
+0-10
+0-
22 4 1
4- 59
5- 13
3- 90
4- 83
4- 30
5- 11
5-91
5-49
5-04
5-46
5-58
5-82
82
Tafel III.
Monat
1852. 10 Uhr Abends
Luftdruck bei 00 R.
in Par. Lin.
Diff.
Temperatur Reaum.
Cent.
Dunstdruck
Par. Lin.
Höhenunterschied
in Toisen
ohne
Temp.
Corr.
Corr.
wegen
Temp.
ver
bess
SOO’?-}- SOO'I'-f
Sept.
Oct.
Nov.
Dec.
30-83
30- 52
29-42
31- 43
30-37
30-02
2909
30-99
0-46
0-50
0-33
0-44
+12-00
+ 6-57
+ 5-49
2-63
+11-49
6-22
5-03
2-60
+0-51
+ 0-35
+0-46
+0-03
4-18
2-88
2-83
4-29
2-78
2-80
2-19 2-12
5- 67
6- 16
4- 13
5- 45
+0-33
+0-19
+0-11
+0-08
6-00
6-35j
4- 24
5- 53
Über die Sicherheit barometrischer Ilöhenmessung-en.
429
18S3. 10 Uhr Abends
Luftdruck hei 0° R.
in Par. Lin.
St. Cent. Di
Temperatur Reaum.
Cent. Di ff.
Dunstdruek
Par. Lin.
St. Cent.
Höhenunterschied
in Toisen
ohne
Temp.
Corr.
Corr.
wegen
Temp.
ver-
hess
Jänner
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Oet.
Nov.
Dec.
Jahr
29- 79
25-75
2908
28-49
28-88
28- 38
30- 29
29- 92
30- 12
29-83
S431-99
77|30-21
89^9-39
0-32
0-60
0-31
0-47
0-46
0-47
0-38
0-43
0-47
0-31
0-33
0-36
0-30
+ 0-72
— 0-39
0-34
+ 4-33
+ 10-91
+13-86
+ 13-74
+ 13-04
+ 11-32
+ 8-09
+ 2-02
- 3 89
+ 6-34
+ 0-78
- 0-34
+ 0-36
+ 4-44
+ 10-66
+ 13-37
+13-22
+ 14-70
+11-11
+ 7-83
+ 2-19
— 3-72
6-39
-0-06
—0-03
+0-18
+0-11
+0-23
+0-29
+ 0-32
+0-34
+0-41
+0-24
—0-17
—0-17
+0-13
1-92
1- 76
1-86
2- 30
3- 70
3-03
3-33
3- 22
4- 16
3-48
2-11
1-41
3-21
1-86
1-68
1- 67
2- 26
3-79
3-23
3-42
3-11
3-98
3-40
2- 03
1-33
3- 13
6- 49
7- 37
6-37
3-81
3-72
3- 83
4- 74
3-30
3-80
6-28
6-83
6-91
6-19
6- 31
7- 34
6-39
3-93
603
6-23
+0-02
—0-03
+ 0-02
+0-14
+0-31
+0-40
+0-37 3-11
+0-39 3-69
+0-33 6-13
+0-23 6-33
+ 0-07,6-90
—01316-78
+0-20+39
18 3 4
Jänner
Feh.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Oet.
Nor.
Dec.
Jahr
30-96
30- 79
33-44
31- 43
29-11
29- 57
30- 34
31- 06
32- 62
31-06
28- 36
29- 35
30- 68!
30-44
30-28
33-05
30-96
28- 73
29- 13
29- 90
30- 60
32-27
30-67
27- 91
28- 93
30-24
0-52
0-31
0-39
0-49
0-38
0-44
0-44
0-46
0-35
0-39
0-43
0-40
0-44
— 0-89
+ 0-07
+ 2-47
+ 6-92
+11-82
+ 12-84
+ 15-10
+ 13-76
+ 10-93
+ 7-29
+ 1-61
+ 2-20
+ 7-01
- 0-67
+ 0-26
+ 2-65
+ 6-16
+ 11-07
+12-42
+ 14-90
+13-64
+ 10-29
+ 7-26
+ 1-68
+ 2-36
-0-22
-0-19
-0-18
+0-76
+0-75
+0-42
+0-20
+0-12
+0-64
+0-03
-0.07
-0-16
+ 6-84 +0-17
1-74
1- 75
2- 00
2-16
4-05
4- 81
5- 23
4-84
3-80
3-22
1- 98
2- 00
313
1-68
1-60
1-83
1-88
3- 78
4- 35
5- 02
4-79
3-34
3-09
1-87
1- 90
2- 96
6-44
6-32
4- 80
5- 96
4- 73
3-48
5- 46
3- 69
4- 31
4-83
3- 74
4- 98
5- 44
—0-
0
+0-
+o-
+o-
+o-
+0-
+o-
+o-
+ 0-
+ 0-
+0-
+0-
6-42
6-32
4- 86
6-13
3- 00
5- 83
5-87
0-08
4- 54
5- 00
5-83
5-03
205-64
Die Zahlen der vorangehenden Tafeln sprechen ganz klar. Man
ersieht aus ihnen:
1. Die Varianten, welche sich bei Berechnung der Höhen
differenz aus Barometerbeobachtungen selbst einer und derselben
Stunde ergeben, sind viel zu gross, als dass sie der Unkenntniss des
Ganges der Temperatur zwischen beiden Stationen könnten zuge
schrieben werden. Beträgt doch die Correction wegen der Temperatur
nie mehr als 0 -l 5, während die Varianten der Höhe, selbst wenn man
die äussersten Extreme etwa als unerklärte Ausnahmfälle unberück
sichtigt lässt, über 2 Toisen betragen. Der Verschiedenheit des
Dunstdruckes (die Berücksichtigung nach den Bessel’schen Tafeln
gähe0-00) kann man sie ebensowenig als den übrigen meteorologischen
Elementen zuschreiben, die an beidenStationen so gleichmässigsind,
Sitzb. (1. mathein.-Daturw. CI. XVI. Bd. II. Hit. 28
430
Pick.
dass man ohne Fehler die Daten der einen für die der anderen nehmen
kann. Sie Beobachtungsfehlern zuschreiben zu wollen, hiesse Fehler
von ausserordentlicher Grösse als möglich annehmen, da ja die aus
den Jahresmitteln abgeleiteten Höhen der Stunde 2 noch um 1 Toise
differiren. Nimmt man diesen Fehler als zu gleichen Theilen von
den vier Barometerständen veranlasst an, so entspräche dies ungefähr
einem Fehler von 0"25, einem Fehler, den man kaum einem einzelnen
Barometerstände zuschreiben kann, geschweige einem Mittel von
36S Daten. -— Allerdings sollte man eigentlich die Höhendilferenz
aus jeder einzelnen Beobachtung ableiten und das Mittel dieser Höhen
als die von den Beobachtungsfehlern befreite bessere Höhe ansehen,
statt dass man dieselben wie hier aus den Mitteln der Barometer
stände ableitet; dies ist jedoch eine blosse Abkürzung der Rechnung
und man kann sich leicht überzeugen, dass die Resultate beider
Rechnungen bis auf zu vernachlässigende Grössen stimmen. — Alle
Momente denen man bis jetzt die Incongruenzen baro
metrischer Höhenhestimmungen zuschrieb, reichen
nicht aus zu ihrer Erklärung.
2. Wir haben zwar die Berechnung den Höhendifferenz der
Centralanstalt und der Sternwarte vorzüglich zu dem Behufe gewählt
um zu zeigen, das auch eine genaue Kennlniss des Ganges der
Wärme zwischen beiden Stationen die Incongruenzen nicht auflieben
würden, es erlauben aber die Resultate noch einige andere Schlüsse.
Dass die Grösse der gefundenen Höhendifferenz von der Tageszeit
abhängig ist, hat schon Ramond bemerkt. Um diesen Einfluss der
Tageszeiten zu bestimmen, veranlasste J. C. Horner eine Reihe-von
Beobachtungen auf dem Rigiculm im Januar und Juni 1827. Erfindet
(s. die oben genannte Schrift), dass die Höhendifferenz vom Morgen
bis um die Mittagszeit wächst und hierauf abnimmt. Das Maximum
fällt im Januar auf 1 Uhr N. M. im Juni auf 11 Uhr V. M. Ganz
ähnliche Resultate findet E. Plantamour bei Ableitung der Höhen
differenz von Genf und dem St. Bernhard (Risume des observations
thermometriques et baromdtriques. Geneve lSöl), die auch darin
mit den Horner'sehen stimmen, dass die Höhendifferenzen im
Sommer grösser als im Winter ausfallen. (Plantamour benützt die
Monate Juni und December.) Beide Umstände leiten darauf hin, den
Grund hievon in dem Gange der Temperatur zu suchen, da bei Ver
gleichung der stündlichen Beobachtungen eines Tages die Zunahme
431
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
der Höhendifferenz mit der Zunahme der Wärme ziemlich gleichen
Schritt hält. Dem scheinen unsere Daten zu widersprechen, indem
gerade die 2 Uhr N. M. Beobachtung in der Regel die kleinste
Höhendifferenz gibt, und die Beobachtungen des Sommers ebenfalls
!| geringere Höhendifferenzen gehen, als die der Wintermonate. Dieser
Widerspruch ist jedoch nur scheinbar. Vergleicht man die noch
wegen der Temperatur der Luft nicht corrigirten Höhendifferenzen
Horner’s mit den ähnlichen obiger Tafeln, so zeigen sie einen ganz
übereinstimmenden Gang; sowohl in Bezug auf Tages- als Jahreszeit
in so weit sich überhaupt aus den wenigen Daten schliessen lässt.
Erst durch das Anbringen der Temperatur-Correction kehrt sich die
Sache gleichsam um. Da nun diese in unserem Falle einen sehr
geringen Einfluss übt, so wird durch sie die Abnahme der Höhen
differenz zu Mittag blos vermindert ohne jedoch in gine Zunahme
Umschlägen zu können. Es bestätigen diese Zahlen überdies nur um
so mehr Horner’s Ausspruch, dass die relativen Stände der
beiden Barometer nicht von dem Einflüsse der Luftwärme allein
abhängig sind.
3) Was die Übereinstimmung der barometrischen mit der wah
ren Höhendifferenz Sternwarte-Centralanstalt betrifft, so ist die erstere
zu gross. Das Mittel der Höhendifferenz aus der zweijährigen Beob
achtungsreihe beträgt nämlich-f-6121, ist aber wegen des constanten
Unterschiedes der Barometer, vermöge dessen alle Barometerstände
der Sternwarte um 0"-'0S zu vermindern sind, um—1103 zu corrigiren,
so dass man als barometrische Höhendifferenz im Mittel zweier Jahre
findet 3118, während sie nach einem von der meteorologischen Cen
tralanstalt zu Grunde gelegten Nivellement 4126 beträgt.
4) Als einen der bedeutendsten Factoren, welche Fehler in dem
Höhenunterschiede veranlassen, sah man es an, dass die Formel strenge
genommen, nur fürOrte wahr sei, die in derselben Verticallinie liegen.
Daraus ergab sich die Einschränkung, nur die Höhendifferenz nahe
gelegener Orte barometrisch zu bestimmen. Bessel gibt in den astro
nomischen Nachrichten Nr. 279 (Bd. XII, pag. 242), eine Methode
an, wie man hei grösseren barometrischen Vermessungen, die ein
ganzes Land zu umfassen haben, diesem Übelstande abhelfen könne,
indem man im Umkreise, und wo der Grösse wegen nötliig, auch im
Innern des Landes für die Vermessungszeit stabile Barometer aufstellt
auf Punkten, deren Höhe und gegenseitige Lage bekannt ist. Sind
28”
l
432
Pick.
diese in nötliiger Zahl vorhanden, so lässt sich aus ihnen durch Inter
polation der Barometerstand irgend anderer Punkte im Innern finden.
Auf diese Weise bekommt man den Barometerstand eines Punktes
bestimmter Höhe in derselben Verticallinie, wodurch die Wirkung
der Störung des Gleichgewichtes aufgehoben wird. Wie nothwendig
eine solche Verfahrungsweise, die leider noch nie in Anwendung
gebracht worden, bei barometrischen Nivellements sei, ersieht man
daraus, dass man hier bei zwei Orten von so günstiger Lage aus
Jahresmitteln bei dreimal täglich angestellten Beobachtungen noch
Differenzen von | l bei S Toisen Höhendifferenz gewärtigen muss. Bei
Berechnung jeder einzelnen Beobachtung, weicheich für die 4 Monate
September, October, November, December 1SS2 durchgeführt habe,
sind die Varianten so bedeutend, dass eine nur aus einer oder wenigen
im Laufe einiger Stunden angestellten Beobachtungen erschlossene
Höhendifferenz als gänzlich werthlos erscheint.
Zur Beurtheilung folgen hier die Resultate für den ersten dieser
Monate.
Tafel IV.
September 1882
Datum
18'“M. 2"N. 10 h A. „ a tu
18" M.
2" N.
10" A.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
18
6 33
6- 31
630
7- 78
6- 93
7- 40
6- 87
6’48
6-82
0-68
8 • 98
7- 63
7-01
7- 22
8- 76
6-31
6-08
8-89
6-17
7 09
6-63
6-71
6-7-7
8-17
8-02
8 ’48
8-34
7- 82
6-87
6-48
8- 71
8-63
4-99
6-42
6-76
6-88
6-89
8-84
4-27
6-83
16
17
18
19
20
21
22
23
24
28
26
27
28
29
30
679
7-09
6-67
6-42
8-79
6-30
6-66
6- 87
8-40
6-80
4-37
7- 38
8-48
6-49
6-38
7-39
4-32
4-93
6-43
9-10
783
6-48
6-82
6-89
-1-08?
8-80
3-33
9'31
8-61
11-12
6-89
61
■83
■66
80
90
6-33
Zur Anstellung von Beobachtungen, die man unmittelbar zur
Untersuchung des Ganges der Höhendifferenzen benützen könnte,
dürfte nicht leicht ein Ort geeigneter sein als der Stefansthurm. Eine
Reihe von Beobachtungen auf dem Stefansthurme angestellt und mit
gleichzeitigen Beobachtungen der Sternwarte und der meteorologischen
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
433
Centralanstalt verglichen, dürfte manche Aufschlüsse über barometri
sche Höhenmessung gewähren und in mancher Beziehung Beobach
tungen auf dem Gipfel eines hohes Berges und an dessen Fusse
vorzuziehen sein.
Zur Untersuchung, in wie weit die Jahresmittel zur Bestim
mung der Höhendifferenz verlässlich sind, schienen die Beobachtungen
der Sternwarten zu Wien, Kremsmünster, Krakau und Prag sein-
geeignet. Obzwar die Distanzen etwas gross sind, würde dochNiemand
einen Anstand nehmen, die Höhendifferenzen dieser Orte aus den
Jahresmitteln der Barometer abzuleiten, da sie alle denn doch ein
gemeinsames Klima haben. Eine Vergleichung dieser Orte war um
so geeigneter als die Meereshöhe von Wien, Kremsmünster und Krakau
sehr genau bekannt ist, und also nicht nur eine Vergleichung der
barometrischen Besultate unter sich, sondern auch mit so viel als abso
lut richtigen Bestimmungen gestattete; nur von Prag liess sich trotz
der Bemühungen des Herrn Directors v. Littrow keine hinreichend
sichere Höhenbestimmung auflinden, die einzelnen Angaben stimmten
zu wenig mit einander und bezogen sich auf andere Punkte der Stadt,
als den Ort des Barometers.
Eine Höhenangabe dieses Ortes findet sich in: „Kreil's magne
tische und meteorologische Beobachtungen von Prag, Bd. I“, ist aber
nur aus gleichzeitigen Barometerbeobachtungen mit Ritzebüttel abge
leitet und wohl viel zu klein (546' P. M. = 91 Tois.) 1 ).
Um also annähernd eine Meereshöhe Prag’s zu erhalten, wurde
diese aus den mehrjährigen Barometermitteln Prag’s, Wien’s, Krems-
münster’s und Krakau’s abgeleitet. Es ergab sich:
a) Prag-Wien aus 29jährigen Mitteln von 1823—1851.
Wien . . . Barom. 330"28 auf 0 Temp. 7?92 R.
Prag ... „ 329-73 „ 7-40
Prag höher als Wien 7‘05, woraus Meereshöhe von Prag 102-46.
b) Prag-Kremsmünster aus 30jährigen Mitteln 1822—1851.
Prag . . . Barom. 329"765 Temp. 7-45
Kremsmünster „ 322-97 „ 6-22
Prag tiefer als Kremsmünster 93106, woraus Höhe von
Prag 103-70.
*) Hie „Jahrbücher der k. k. Centralanstalt fiir Meteorologie und Erdmagnetismus“
geben die Seehöhe Prag’s auf S. 7 und 214, Bd. I, zu 93 Toisen, ohne Angabe der
Quelle.
434
Pick.
cj Prag-Krakau aus den 26jährigen Mitteln 1826—1831.
Prag . . Barora. 329”73 Temp. 7-39
Krakau . „ 330-37 „ 6-33
Prag tiefer als Krakau 8-20
woraus Höhe yon Prag 102-45
Höhe von Prag über dem adriatischen Meere im Mittel 10219.
Hierbei ist die Meereshöhe von Kremsmtinster 196-76 Toisen
(Reslbuber, Constanten von Kremsmünster, pag. 12), jene von
Krakau 110 63 Toisen (K. v. Littrow, Bericht, über die öster
reichisch-russische Verbindungs-Triangulation, Denkschriften der
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien, Band V), jene
von Wien endlich 98-03 W.K. = 93-41 Toisen (Annalen der Wiener
Sternwarte, Band XXI) angenommen.
Die Daten der Station Kremsmünster sind der Abhandlung des
Herrn Directors P. Augustin Reslhuber „Constanten von Krems
münster“ entnommen und reichen von 1822—1852; jene der Station
Krakau aus „Allgemeine Übersicht der an der k. k. Krakauer Stern
warte vom Jahre 1826— 1852 gemachten meteorologischen Beob
achtungen zusammengestellt von Dr. Max Weisse, Director dersel
ben,“ wozu Herr Director Weisse noch brieflich die Beobachtungen
des Jahres 1853 und die mit diesem Jahre sich ergehenden Mittel
gütigst mittheilte; endlich die der Station Prag den „Grundzügen
einer Meteorologie für den Horizont von Prag etc. von K. Fritsch“,
wo die Beobachtungen von 1800—1846 reichen, und bis 1851 nach
den Jahrbüchern der Centralanstalt ergänzt wurden. Bei Zusammenstel
lung der Wiener Barometer-Mittel fanden sich einige nicht unbedeu
tende Varianten zwischen den Barometer-Mitteln, welche periodisch
die Sternwarte und jenen, welche die Centralanstalt für Meteorologie
und Erdmagnetismus in ihren Jahrbüchern veröffentlicht hatte, und
deren Einsicht Herr Director Kreil noch vor beendetem Drucke
gefälligst gestattete. Überall, wo dies der Fall war, wurde das Jahres
mittel der Barometer aus den Originalbeobachtungen sorgfältig noch
mals gerechnet, und es sind demnach die zu Grunde gelegten Daten,
wo sie von früheren Mittheilungen abweichen, als revidirt anzusehen.
Diese Daten (Jahresmittel der Barometer) sind sowie die mitt
lere Jahrestemperatur und der Dunstdruck in folgender Tafel zusam
mengestellt.
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
Tafel Y.
435
Wien
Kremsmünster
Krakau
Prag
Jahresmittel
Luftdr. Tem. Dstd.
Luftdr. Tem. Dstd. Luftdr. Tem. Dstd.
Luftdr. Tem. Dstd.
1823
24
23
26
27
28
29
30
31
32
33
34
33
36
37
38
39
40
41
42
43
44
43
46
47
48
49
30
31
32
33
300'
29
29-
30
30
30
31
30
30
30
31
30
31-
30-
29-
30-
29-
29-
30-
29-
SO
SO-
29-
29-
29-
SO
SO-
30-
30-
30-
30-
29-
8- 23
9- 13
8-72
8-28
8-34
8-38
6- 09
7- 38
8- 21
7- 80
8- 30
9- 39
8-16
8-32
7- 03
6-64
8- 09
6- 87
8-33
7- 34
8- 13
7-37
7- 67
9- 12
00
78
27
32
33
8- 14
7-03
300’!'+
22" 42
22- 09
23- 32
23-14
22- 79
23- 16
22-61
23-14
23- 34
24- 19
22- 96
24-33
24-02
23- 04
23-21
22-66
22- 69
23- 17
23-37
23-18
22-37
22-34
22-33
22-43
22-88
22-49
22- 72
22-82
23- 00
22-64
7 ? 31
6-80
6-94
6-34
6-38
6-78
4-86
83
6-36
6-41
6- 09
7- 18
3-01
6-27
3-81
3- 24
6-33
4- 38
•81
-77
■48
o
6
3-99
3-94
34
84
6-60
6-10
98
3-83
7-03
2'40
2-33
2-41
2-64
2-33
2-33
2- 63
2'82
3- 13
81
00
01
13
32
309
319
3-01
3-01
2- 90
3- 03
300-1' -f-
29"89
28-82
29-32
29-09
29-63
29- 46
30- 33
29- 09
30- 00
29-30
28-23
28-90
28- 63
28-88
29- 29
28- 78
29- 33
28-68
28-78
28-36
28- 73
29- 21
28-60
28-96
28- 73
29- 07
28-97
28-67
7 ? 38
8-20
7-24
3-47
7-30
7-38
6-66
7- 97
8- 93
7-38
7-73
3- 33
4- 66
6-10
7-80
6- 79
3-39
3-30
•47
3-72
7- 09
3-47
6-74
64
0-34
6-43
6-85
3-91
300
29'
29
30
30
29
29-
29-
28-
29-
30
29
30
30
29
29
29
29
30
29
^ 30
7 ? 89
8-69
8-53
8-17
7-74
7-70
3-63
7-26
7-38
7-42
7- 81
8- 88
38
79
62
68
38
43
70
6- 90
7- 71
6-76
6-87
8- 26
6- 74
7- 30
7-04
7-22
6-86
3-’04
3-31
2- 76
3- 00
2- 87
2-88
3- 24
2-98
2- 94
2.91
3- 08
3-08
Rechnet man mit diesen Daten die Höhendifferenzen yon Wien-
Kremsmünster, Wien-Krakau und Wien-Prag, so erhält man die in
Tafel VI zusammengestellten Resultate. In dieser Tafel sind sowohl
die barometrischen Höhendifferenzen je zweier Stationen, als auch ihr
Unterschied von den als richtig angenommenen Höhendifferenzen
gegeben, so zwar, dass dieser Unterschied mit seinem Zeichen zu der
oben angesetzten Höhendifferenz gelegt, die barometrische gibt. Wien
ist übrigens die untere Station; nur aus zwei Jahresmitteln folgt Prag
tiefer als Wien, was durch das Zeichen — angezeigt ist.
436
Pick.
Tafel VI.
Jahr
H ö h e n 1) e s t i ra m u n g
Kremsmünster - Wien
Barom.
Di Her. von
trigon. 101 ff
Krakau - Wien
Barom.
Differ. von
trigon. 15*2
Prag - Wien
Barom.
DifT. v. oben
ermitt. 7!5
i823
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
43
46
47
48
49
50
51
52
53
98 .‘8
102-8
95- 1
96- S
106- 4
106-1
107- 3
95-3
87-5
+
+
+
89-
93-
89-
80-
79-
93-
94- 7
911
92-2
99-4
99-2
971
97- 8
98- 3
98- 6
99- 4
100-6
99-5
97- 7
98- 9
99- 7
2! 5
1-5
6-2
4- 5
5- 1
4-8
6- 0
6-0
—13-8
—11-6
— 7-8
—12-2
—20-6
-21-6
— 7-7
— 6-6
—10-2
— 91
— 1-9
— 2-1
— 4-2
— 3 5
— 3-0
— 2-7
1-9
0-7
9.‘ 0
27-7
25-8
23-6
11-0
8-0
11-2
13-7
17-7
12- 4
11-9
19-7
17-4
10-6
13- 2
15- 5
19- 7
17-5
14- 1
17-3
16- 5
17- 3
21-0
18- 4
20- 7
20-3
17-3
14-4
— 6!2
+ 12-5
+ 10-6
+ 8-4
— 4-2
— 7-2
— 4-0
— 1-5
4- 2-5
— 2-8
— 3-3
+ 4-5
+ 2-2
— 4-6
— 2-0
+ 0-3
+ 4-5
-|- 2-
— 1-
+ 2-
1-
2-
5-
5!0
8-3
2-4
2- 5
17.7
17-9
17-6
8-9
6- 7
4-5
7- 7
6-6
- 2-0
- 4-5
6 6
3- 4
0-8
2-0
+
+
+
+
+
3-2
5-5
5-1
2-1
0-8
10-
8-
7-
7-
7-
10-1
5-3
12-2
10-8
10-8
12-1
— 2!5
+ 0-8
— 51
— 5-0
+ 10-2
+ 10-4
+10-1
+ 1-4
— 0-8
— 3-0
+ 0-2
— 0-9
— 9-5
-12-0
— 0-9
— 4-1
— 6-7
— 5-5
+ 2-8
+ 0-8
+ 0-2
— 0-4
— 0-1
+ 2-6
— 2-2
+ 4-6
3-3
3- 3
4- 6
+
+
Überblickt man diese Reihe, so wird man sogleich auf die Jahre
1827, 1828 und 1829 aufmerksam, welche mit allen drei Stationen
ein zu grosses Resultat geben und zwar für jede Station für alle
drei Jahre um eine nahezu constante Grösse. Die Sache ist zu auf
fallend, als dass man nicht auf die Vermuthung käme, im Wiener
Rarometer dieser Jahre müsse irgend ein constanter Fehler stecken.
Hierin wird man noch bestärkt, wenn man die Reihe der Differenzen
näher betrachtet, welche die Jahresmittel des Rarometers mit dem
allgemeinen Mittel Tri esnec ker’s und der meteorologischen Cen
tralanstalt geben. Die Rarometer-Mittel sind in den genannten drei
Jahren sämmtlieh um ein Redeutendes grösser als das Allgemeine.
Über die Sicherheit barometrischer Ilöhenmessung'en.
437
Der Fall, dass die Mittel mehrerer auf einander folgender Jahre grös
ser als das allgemeine wären, kommt in der ganzen Reihe nicht vor,
wie er denn überhaupt nur selten stattfindet (ausser jenen drei Jahren
nämlich nur noch 1832, 1834 und 1842).
Diese Ansicht verliert vollends jeden Zweifel, wenn man findet,
dass genau in diesen Jahren die Beobachtungen an einem Barometer
gemacht wurden, das um 18'0 W.F. höher hing, als das in den übri
gen Jahren gebrauchte. Freilich sollte dies gerade ein entgegen
gesetztes Resultat geben, überdies sind die Barometerstände schon
wegen dieser veränderten Höhe corrigirt, es fragt sich jedoch, ob
dieses Barometer nicht ein anderes gewesen.
Wie aus der in den meteorologischen Tagebüchern angegebenen
Höhe folgt, hing dieses Barometer im nördlichen Observationslocale, wo
der Meridiankreis aufgestellt ist. Dort aber musste sich, wie noch jetzt,
ein Barometer zum Ablesen während der Beobachtungen am Meridian
kreise , auch damals befinden, als die laufenden meteorologischen
Beobachtungen, wie noch heute, an demBarometer im Rechenzimmer
angestellt wurden. Es unterliegt keinem Zweifel, dass an diesem von
früher im nördlichen Observationslocale befindlichen Instrumente die
laufenden meteorologischen Beobachtungen der Jahre 1827,1828 und
1829 gemacht wurden, da ein etwaiges Übertragen des Instrumentes
aus dem Rechenzimmer zum Meridiankreise wohl ausdrücklich erwähnt
worden wäre, während die spärlichen und unvollständigen Noten
der Tagebücher nur kurz die Höhe des Instrumentes angeben. Volle
Bestätigung hievon gibt eine gefällige Auskunft des Herrn L.Mayer,
Director der k. k. Sternwarte zu Ofen, welche derselbe in Folge einer
Anfrage des Herrn Directors K. v. Littr o w in einem Schreiben vom
28. October 1854 gibt, worin es unter andern heisst: er erinnere sich,
dass nach dem Umbaue der Sternwarte das Barometer im damaligen
Reehnungszimmer, der jetzigen Bibliothek, wieder placirt war, bis der
Auftrag ertheilt wurde, zu den meteorologischen Beobachtungen sich
des Barometers heim Meridiankreise zu bedienen. — Da nun eine
Vergleichung dieser beiden Instrumente nicht vorliegt, nehme ich
keinen Anstand, dieses Barometer als mit einem constanten Fehler
behaftet anzusehen und zu corrigiren. Um die Grösse zu finden, um
welche das Wiener Barometer dieser Jahre zu corrigiren sei, benützte
ich die Umkehrung der barometrischen Höhenformel. Ihre Unzu
verlässigkeit thut hierbei weniger Eintrag, weil man hier von einer
438
Pick.
bedeutenden Grösse auf eine kleine schliesst und also der Fehlerein
fluss sehr gering wird.
Sieht man den Barometerstand der oberen Station b' als richtig
an, so folgt aus
u — log b — log b'
du — +
gdb
also
woraus
dh du
Ti = + )7 :
(jidb
b {log b — log V) ’
u -+»J> . ik _ +
\Ul
Berechnet man nach dieser Formel den Fehler db des Wiener
Barometers dieser Jahre, so ergibt sich dieser mit Hilfe
von Kremsmünster —{- 0" 34
„ Krakau -J- 1*37
„ Prag + 1-86.
Diese Zahlen stimmen zu wenig, um einiges Vertrauen zu ver
dienen, indess konnte dies wohl nicht anders erwartet werden, da hei
Krakau dh etwa a / 3 von h, bei Prag sogar 5 / 4 beträgt, also nicht mehr
als Differenzial angesehen werden kann. Man muss daher nur den mit
Hilfe von Kremsmünster gefundenen Werth von db zur Correction
benützen, welcher aber, da Kremsmünster im Allgemeinen die Höhen
differenzen zu klein gibt (worauf wir später zurückkommen), wohl
auch zu klein ist. Um doch einen ungefähren Werth dieser Correction
zu finden, lege ich den drei gefundenen Werthen Gewichte bei nach
Verhältnis der Grösse — . So ergibt sich
db = 0' r 47.
Um diese Zahl sind also die Barometerstände der genannten
drei Jahre zu verkleinern, so dass man hat:
Barometer-Mittel 1827 330' ? 50 statt 330" 97
„ „ 1828 30-86 „ 31-33
„ „ 1829 30-47 „ 30-94.
Es wurden übrigens diese drei Jahre nicht weiter berücksichtigt.
Die Daten derTafel VI zeigen, dass seihst Jahresmittel der Baro
meter noch keine verlässliche Bestimmung der Höhendifferenz gewähren.
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessung-en.
439
Schliessen wir auch die drei Jahre 1827, 28, 29 gänzlich von unserer
Betrachtung aus, ja lassen wir auch noch die beiden J. 1835 und 1836
unberücksichtigt, weil da Wien mit allen drei Stationen so bedeutende
Incongruenzen in demselben Sinne gibt, obzwar eine Durchsicht
der Beobachtungen keinerlei Fehler in Wien, wo dies doch sein
müsste, vermuthen lässt, so finden wir noch immer bei der Höhen
differenz Wien-Kremsmünster das Maximum (10218 im Jahre 1824)
von dem Minimum (8715 im Jahre 1831) um 1513, d. i. nahe 3 / 30 der
Höhendifferenz verschieden. Für Wien-Krakau findet man 1831 die
Höhendifferenz 810 und 1850 2017, also mehr als 2 1 / 3 mal so gross.
Der Unterschied des Maximums und Minimums beträgt 1217. Wien-
Prag endlich gibt im Jahre 1839 für Prag und Wien nahe gleiche
Meereshöhe (Prag höher als Wien um 018), während nach dem
Barometermittel des Jahres 1848 Prag um 1212 höher liegt als Wien,
also das Maximum um 1114 grösser als das Minimum.
Ein Gesetz lässt sich aus den hier zu Gebote stehenden Daten nicht
ahleiten, nur ist zu bemerken, dass die Differenzen der gefundenen
und wahren Höhenunterschiede nicht den Gang zufälliger Beobach
tungsfehler zeigen, namentlich spricht sich die Abweichung in dem
selben Sinne durch mehrere auf einander folgende Jahre deutlich aus,
so dass man möglicher Weise aus 3—4jährigen Mitteln noch immer
keine verlässlichere Höhendifferenz erhält. Man sollte meinen, dass
eine Berechnung der Höhendifferenz von Kremsmünster-Krakau,
Kremsmünster-Prag u. s. w., kurz eine Berechnung aller möglichen
Combinationen der drei Stationen einigen Aufschluss über die Ursachen
dieser Abweichung gewähren könnte, man findet jedoch, dass bis auf
ganz geringe Unterschiede die mit Hilfe der Barometermittel unmittel
bar gefundenen Daten mit jenen stimmen, welche man mittelbar mit
Hilfe einer dritten Station ableitet. So z. B. hat man aus obiger Tafel
(VI) für das Jahr 1826 Kremsmünster höher als Wien 96-8
Krakau „ „ „ 9 • 0
also Kremsmünster höher als Krakau 87'8
und aus dem Barometerstände direct 88-0. Auf ähnliche Weise findet
man für dasselbe Jahr die Höhendifferenz Kremsmünster-Prag 94-2,
während aus den Daten der obigen Tafel 94’3 folgt. Kurz es ist
(bei den drei Stationen Wien, Kremsmünster, Krakau)gleichgiltig, ob
man die Höhendifferenz zweier derselben aus ihren Barometerstän
den unmittelbar ableitet, oder die Höhendifferenz derselben mit der
440
Pick.
dritten zunächst bestimmt, und daraus mittelbar die gewünschte
Höhendifferenz der ersten Orte rechnet. Dass dieses Gesetz nicht für
beliebige drei Orte gelten kann, ist klar, und es wäre interessant zur
Untersuchung desselben Barometerbeobachtungen auf dem Kamme,
und den entgegengesetzten Abdachungen eines bedeutenderen Berges
anzustellen.
Wenn man die in Tafel V ausser den Barometermitteln noch
gegebenen meteorologischen Elemente betrachtet und ihren so gerin
gen Einfluss auf die Höhendifferenz berücksichtigt, gelangt man zu
der Überzeugung, dass weder die Unsicherheit in der Wärmefunction
noch die Variation des Dunstdruckes zur Erklärung der so bedeutenden
Differenzen ausreichen. In der That um eine Variation von 10 Toisen
zu erklären, müsste bei der Höhendifferenz Wien-Kremsmünster, wo
noch die f. (i-|-t r ) den meisten Einfluss übt, in dieser Function
ein Fehler von nahe 60° vorausgesetzt werden.
Als einzige Ursache blieben also nur die Luftströmungen, die
Richtung und Stärke des Windes. Wir wollen, so weit es angeht,
auch diesen Einfluss einer näheren Untersuchung unterziehen. Kämtz
gibt in seinen „Vorlesungen über Meteorologie“ (Seite 334) hierüber
einige Aufschlüsse. Er findet, dass die aus gleichzeitigen Barometer
beobachtungen, welche er in Halle, und Mädler in Berlin angestellt,
abgeleiteten Höhendifferenzen beider Orte nur dann mit den absoluten
stimmen, wenn die mittlere Windesrichtung beider Orte, das ist die
Resultirende der gleichzeitig in Berlin und Halle herrschenden Winde,
mit der Verbindungslinie dieser Orte zusammenfüllt, d. h. wenn der
Wind aus NNO. oder SSO. kommt. Hat hingegen diese Resultirende
eine andere Richtung, so findet man die Differenz zu gross, Avenn
der Wind aus der ostsüdöstlichen Hälfte des Horizontes weht, und zu
klein im entgegengesetzten Falle. Je grösser der Winkel ist, den die
Richtung des Windes mit der Halle und Berlin verbindenden Linie
bildet, desto grösser wird der Unterschied der absoluten und baro
metrischen Höhendifferenz, und kann bis auf ± 6 Toisen wachsen,
so dass die beiden Extreme um 12 Toisen aus einander stehen, was
einer Linie Luftdruck entspricht. Eine Verschiedenheit der mittleren
Windesrichtung der einzelnen Jahre könnte demnach allerdings den
grössten Theil der Incongruenz erklären, — wenn sie stattfände.
Dies ist jedoch durchaus nicht der Fall. Es ist nämlich die mitt
lere Jahresrichtung des Windes einer Station und somitauch das Mittel
Über die Sicherheit barometrischer Ilöhenmessungen.
441
(die Resultii-ende) zweier derselben eine nahezu constante Grösse,
wenigstens liegt sie immer auf derselben Seite der Verbindungslinie
der zwei betrachteten Orte. Wenn also überhaupt, so muss die
Höhendifferenz durch den Einfluss des Windes auf das Barometer
jedes Jahr nur durch eine nahe gleiche, constante Grösse modificirt
erscheinen.
Um dieses nachzuweisen, wurde mit Hilfe der von der meteoro
logischen Centralanstalt in ihren Jahrbüchern veröffentlichten Tafeln
der jährlichen Vertheilung der Windesrichtung (für Wien, Jahrbuch
der k. k. Centralanstalt, I. Bd. pag, 70; für Kremsmünster pag. 182
und 183; für Prag 145, und für Krakau II. Bd. pag. 195), die mittlere
Windesrichtung und Stärke für jede Station mit Hilfe der von Kämtz
(Lehrbuch derMeteorol. Bd. I, pag. 165) gegebenen Formeln berech
net. Man findet sie in folgender Tafel VII zusammengestellt, wobei
die Windesrichtungen, so wie Kämtz 1. c. vorschlägt, ausgedrückt
sind, und man, da eine grössere Genauigkeit unnöthig und illusorisch
wäre, nur bis auf ganze Grade die Rechnung durchgeführt *).
Tafel VII.
Mittlere Richtungen der Winde mit den Daten der Jahrbücher für Meteorologie ctc. nach
Kämtz’s Formeln gerechnet. Kämtz, Lehrb. I, S. 165.
Jahr
Wien
Richtung: Stärke
Kremsmünster
Richtung- Stärke
Krakau
Richtung- Stärke
Prag:
Richtung - Stärke
1822
23
24
23
26
27
28
29
30
31
32
33
S 87 9 W
N 83 W
N 77 W
N 47 W
N 39 W
S 88 W
N 88 W
W
N 87 W
S 84 W
S 87 W
S 33 W
24-02
31-14
33-32
31-83
19-72
31-07
32 02
29- 00
24-02
30- 13
27-02
23 00
N 29 W
N 42 W
N 37 W
N 36 W
N 34 W
N 37 W
N 48 W
N 12 W
N 63 W
N 3 W
N 31 W
N 37 W
28-63
33-97
36-89
36-06
30- 23
36-89
41-11
26-68
31- 78
17-03
24-21
31-91
S 34°0
N
N 38 W
N 9 W
N 43 W
N 43 W
N 63 W
N 77 W
23 81
14-00
24-21
12-17
14-14
14-14
22- 36
23- 34
S 84 W
S 74 W
S 37 W
S 79 W
S 39 W
S 72 W
S 82 W
S 83 W
S 62 W
S 43 W
S 39 W
S 66 W
30-13
34-21
26-08
14-14
11-66
11-53
22-20
17-12
21-47
21-93
19-72
17-46
*) Die in (lern meteorologischen Jaln-buche der Centralanstalt gegebenen Jahresmittel
der Windstärke konnten nicht benutzt werden, da es sich hier um die Stärke des
resultirenden Windes handelt und nicht um das allgemeine Mittel der Stärke
aller Winde.
442
Pick.
Jahr
Wien
Richtung- Stärke
Krems münster
Richtung- Stärke
Krakau
Richtung Stärke
Prag
Richtung Stärke
1834
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
AV
AV
S 82 AV
N 73 AV
S 73 AV
N 84 AV
N70AV
N 79 AY
N 49 AV
N 70 IV
N 61 AV
N 62 W
N 60 W
N 67 W
N 74 AV
N 63 AV
N 51 AV
24-00
28 00
38-33
33 • 02
33-02
3015
29-73
16 28
26-25
24-35
22- 83
19-24
16-12
23- 77
21-84
24- 60
32-02
N 63 AV
N 67 AV
N 73 W
N 55 W
N 65 IV
N 86 W
N 78 W
N 73 W
N 75 AV
N 83 AV
N 73 AY
N 84 AV
N 81 AV
N 60 AV
AV
N 72 W
N 84 AV
S 82 AA r
22- 36
28- 23
31-14
15-81
14-32
18-03
29- 61
20-88
23- 77
45-28
25-00
48-26
1315
20-59
24- 00
31-02
30- 15
24-19
S 84 AV
N87AV
N83AV
N 41 AY
N 49 AY
S 87 AY
N 83 AY
S 84 AY
S78AV
S 81 AY
S 87 AY
AY
S83AV
N 71 AY
29-
25-
27-
24-
19-
23
Si
ll-
20-
26-
19-
IS
IS-
12-
S83AV
S75AV
S 61 AV
S74AV
S 81 AY
S 82 AY
26-17
15-52
29 53
18-68
21-21
22-20
Mittel N 59 AV 27-78 N 73 AY 25-00 N 84 AY 20-10 S 74 AV 18-68
Bezeichnet nun w und w' den Winkel, den der Wind mit der
Nordseite der Mittagslinie bildet (so dass z. B. S 88 W = 92°), an
zwei Stationen und a und a die bezügliche Stärke dieser Winde, so
findet man den Winkel W des daraus resultirenden mittleren Windes
beider Stationen mit dem Nordende der Mittagslinie mit Hilfe der
bekannten Formel:
a sin w + a' sin w'
■’ a cos w + «' cos io 1
Hat man nun überdies die Richtung der Verbindungslinie
dieser Stationen entweder mit Hilfe eines sphärischsn Dreieckes,
dessen Ecken diese Stationen und der Erdpol bilden, berechnet,
oder auch, was vollkommen genügt, mit Hilfe eines Transporteurs
von einer Landkarte abgenommen, so findet man durch einfache
Subtraction den Winkel, unter welchem der Wind auf diese Ver
bindungslinie auffällt. Die folgende Tafel gibt nun sowohl die
mittlere Windesrichtung je zweier Stationen, als auch diesen eben
genannten Winkel an. Bei der Berechnung der allgemeinen Mittel
wurden nicht die Mittel aus den betreffenden Jahren, sondern
die in den Jahrbüchern der Centralanstalt gegebenen, welche aus
allen Beobachtungs-Jahren abgeleitet sind, benützt. Daraus er
gab sich der scheinbare Widerspruch bei der Station Prag, als
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
443
ob die allgemeine mittlere Windesrichtung ausserhalb der Extreme
der Jahresmittel fiele. Sucht man, um diesem Widerspruch aus
zuweichen, die mittlere Windesrichtung Wien’s und Prag’s der
Jahre 1822— 1829 und hieraus die mittlere Windesrichtung
beider Stationen, so erhält man S 84 W statt wie in der Tafel
N 78 W und als Winkel mit der Verbindungslinie der Stationen
62° statt 44°,
Tafel VIII.
Jahr
Wien - Kremsmünster
Windes
richtung
Winkel mit
Verbindungs-
Wien - Krakau
Windes
richtung
Winkel mit
Verbindungs
linie
Wien - Prag
Windes
richtung
Winkel mit
Yerbindungs-
1822
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
N 58 AV
N 63 AV
N 67 W
N 52 AV
N 44 W
N 89 W
N 66 AV
N 53 W
N 75 W
N 66 W
N 73 W
N 79 AV
N 77 AV
N 78 AV
N 87 AV
N 67 AV
S85 W
N 85 AV
N 83 AV
N 76 AV
N 62 AV
N 79 W
N 68 AV
N 78 AV
N 70 AV
N 65 W
N 82 AV
N 68 AV
N 67 AV
38°
33
29
44
52
7
30
43
21
30
23
27
19
18
9
29
1
11
13
20
34
17
28
18
26
31
14
28
29
S 82° W
N 67 AV
N 67 AV
N 69 AV
N 72 W
N 80 AV
N 79 AV
S 88 W
S 87 AV
N 89 W
S 88 AV
N 60 AV
N 86 AV
N 88 AV
N 85 AV
N 86 AV
N 72 AV
N 85 AV
N 76 AV
N 76 AV
N 79 AV
N 69 AV
32
63
63
61
58
50
51
38
37
41
42
70
44
42
45
44
58
45
54
54
51
61
S 86°AV
S 85 AV
S 83 AV
S 62 AV
S 82 AV
S 84 AV
S 60 AV
S 87 AV
S 81 AV
S 88 AV
S 76 AV
S 69 AV
S 87 AV
S 86 AV
S 73 AV
N 85 AV
S 83 AV
S 90 AV
60
61
63
84
64
62
86
59
65
58
70
77
59
60
73
51
63
56
Mittel .
Richtung
N 66 AV 30
AV.-Kremsmst. S 84 AV
N 70 AV 60
AV.-Krakau N 50 0
N 78 AV
44
AV.-Prag N 34 AV
Zur besseren Versinnlichung ist hier eine Zeichnung beigefiigt,
welche die Lage der drei verglichenen Barometerstationen und die
Windesrichtungen angibt in der Weise, dass nicht nur durch die
444
Pick.
dickere Linie die mittlere Windesriclitung repräsentirt wird, sondern
auch die beiden Extreme durch dünnere Linien dargestellt werden.
Die Linien, welche diese Windesrichtungen bezeichnen, sind durch
Pfeile an ihren Enden kenntlich gemacht.
Ein flüchtiger Blick auf diese Zeichnung zeigt, dass bei keiner
der Stationen die mittlere Jahresrichtung' des Windes auf die ent
gegengesetzte Seite des Horizonts umschlägt. Es müssten also nach
der von Kämtz für Halle-Berlin (1. c.) durchgeführten Unter
suchung die Höhendifferenzen entweder immer zu gross oder
immer zu klein ausfallen (letzteres entschieden hei Wien-
Kremsmünster und Wien-Krakau; ersteres wahrscheinlich bei
Wien-Prag, da sich wegen der eigenthiimlichen Lage dieser Orte
aus der von Halle-Berlin nicht mit Gewissheit ein Schluss ziehen
lässt). Da nun die Höhendifferenzen in Wirklichkeit bald zu gross,
bald zu klein ausfallen, so lassen sich diese Incongruenzen aus den
herrschenden Windesrichtungen nach Kämtz nicht erklären *).
Vergleicht man nun noch die gefundenen Höhendifferenzen mit
den trigonometrischen, so fällt zunächst auf, dass hei Wien-Krems-
münster mit Ausnahmeder beanständeten drei Jahre 1827,1828,1829
nur noch das Jahr 1824 eine Höhendifferenz gibt, die grösser ist, als
die trigonometrisch gefundene, sonst aber sämmtliche Höhendifferen
zen Wien-Kremsmünster zu klein ausfallen, natürlich ist eben so die
aus dem ein und dreissigjährigen Mittel (1822—1852) abgeleitete
Höhendifferenz derselben Orte u. z. um nahe 5 Toisen zu klein.
Da die Vergleichung des Wiener Barometers mit dem Krakauer
einen constanten Unterschied nicht anzeigt, so muss derselbe nur im
Barometer von Kremsmünster liegen.
Um dieses um so sicherer zu erweisen, wurde die Höhen
differenz Kremsmünster-Krakau mit Hilfe des 25jährigen Mittels
(1826—1852) gesucht und 79-05 Toisen (Kremsmünster höher als
Krakau) gefunden, während nach andern Bestimmungen 86-11 Toisen
folgt; es gibt also auch hier das Kremsmünsterer Barometer die
Höhendifferenz zu gering u. z. um 7 Toisen. Daraus folgt, dass das
*) Und aus demselben Grunde auch nicht nach der B r a n d e s’schen Hypothese, ob
zwar sie der Kam tz’schen widerspricht. (Beiträge z. Witterungsk. Leipzig 1820,
S. 217 ff.)
Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
445
Barometer in Kremsmünster um etwa 0"42 zu hohe Stände zeigt.
Man kann offenbar einen so hohen constanten Fehler des Baro
meters nicht annehmen; man ist vielmehr zu der Annahme genöthigt
dass der Luftdruck in Kremsmünster in der That etwas grösser sei,
als er vermöge der Höhendifferenzen Wien-Kremsmünster, Krakau-
Kremsmünster sein sollte, was genau mit der Eingangs erwähnten
Hypothese des Hrn. Dr. Fuchs übereinstimmt.
Fassen wir die aus den vorhergegangenen Betrachtungen sich
ergehenden Resultate kurz zusammen, so können wir sagen :
1. Höhendifferenzen aus einzelnen Barometer - Beobachtungen
abgeleitet, sind durchaus unzuverlässig, und alle Vorsichtsmass-
regeln reichen nicht aus, um auch nur die Grenzen der Ver
lässlichkeit angeben zu können.
2. Nimmt man statt einzelner Beobachtungen Mittel, so werden
die Grenzen der Unsicherheit allerdings im Allgemeinen enger,
jedoch ohne dass mit einer Verlängerung der Beobachtungs
periode auch eine Verbesserung der Höhendifferenz erfolgen
müsste, und selbst Jahresmittel, ja Mittel mehrerer auf einan
der folgender Jahre gewähren noch lange nicht die Sicherheit
trigonometrischer Messungen.
3. Die Ursachen der grossen Varianten liegen nicht, oder doch
nur theilweise in der Unkenntniss des Ganges der Temperatur,
nicht in dem Dunstgehalte der Atmosphäre, nicht in dem Gange
der Winde in den unteren Schichten der Luft, wenigstens
nicht nach der Kämtz'schen und Brandes’schen Hypothese,
selbst die allerdings unzweifelhaft erwiesene Abhängigkeit von
den Tages- und Jahreszeiten reicht zu ihrer Erklärung lange
nicht aus; —■ kurz man kennt die hier wirkenden Momente nicht,
und es müssten grössere Reihen eigens hiezu angestellter Beob
achtungen einer Untersuchung unterzogen werden um hierüber
weitere Aufschlüsse zu geben, wobei man so weit es möglich
auf die verschiedene Richtung des Windes in den verschie
denen über einander liegenden Schichten der Atmosphäre
besonders Rücksicht zu nehmen hätte.
Wir müssen uns begnügen blos auf die grosse Unzuverlässigkeit
barometrischer Höhenmessungen aufmerksam gemacht zu haben.
Zum Schlüsse erlauben wir uns noch eine Bemerkung über das
allgemeine Barometermittel Wiens. Bei der Vergleichung dieses
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft. 29
446
Pick. Über die Sicherheit barometrischer Höhenmessungen.
allgemeinen Mittels des Luftdruckes, das man nach Triesnecker
auf 27 ! 352 = 330'"624 Par. M. anzusetzen pflegt mit den Jahres
mitteln der Jahre 1823 — 1833 schien es wahrscheinlich , dass
dieses Mittel zu gross angenommen sei. Als bald darauf die meteoro
logische Centralanstalt das sehr verdienstliche Werk der Sichtung
und Veröffentlichung der meteorologischen Beobachtungen verschie
dener Orte Österreichs unternahm , fand sie aus der ganzen Reihe
der Beobachtungen vom J. 1773 angefangen den mittleren Barometer
stand 27 ! 336 = 630' : '672 Par. M., also nahezu genau überein
stimmend mit Triesnecker. Nichts desto weniger war gerade
die so übersichtliche Art der Zusammenstellung der Daten nur
geeignet mich in der früheren Ansicht zu bestärken. Auf S. 40, Bd. I
der Jahrbücher der meteorologischen Centralanstalt findet man näm
lich die Jahresmittel in der letzten Columne durch ihre Differenz mit
dem allgemeinen Mittel dargestellt, und es muss sogleich auffallen,
dass vom Jahre 1823 an diese Differenzen fast durchwegs negativ
sind. Welche Vorstellung man nun auch mit dem allgemeinen Mittel
verbinden mag — immer bleibt es sehr schwer anzunehmen, dass
in einer Periode von 31 Jahren, selbst wenn man die Correction der
beanständeten drei Jahre nicht gelten lassen wollte, die Jahresmittel
des Barometers nur sechsmal über, sonst fortwährend unter dem
allgemeinen Mittel stehen sollten. Man kann nur annehmen, dass das
allgemeine Mittel keine constante Grösse u. z. gegenwärtig in Wien
im Abnehmen begriffen, oder, dass das gewöhnlich als richtig
angenommene Mittel nicht genau sei. Die erst berührte Annahme
einer Variation des allgemeinen Mittels, welche auch Humboldt
nach den Ca rlin fischen Beobachtungen für nicht unwahrscheinlich
hält (Ansichten der Natur. Bd. II, Note 14 zu „Ideen zu einer
Physiognomik der Gewächse“) ist eine Hypothese die nur aus voll
kommen zuverlässigen Beobachtungen erschlossen werden darf. Nun
ist allerdings das allgemeine Barometer-Mittel Wien’s aus einer
langen Reihe von Beobachtungen abgeleitet, aber bis in den Septem
ber 1822 waren jene Beobachtungen an Instrumenten angestellt, die
wenig Anspruch auf Genauigkeit machen konnten; ja es wurde viele
Jahre hindurch nicht einmal ein inneres Thermometer abgelesen.
Die von der meteorologischen Centralanstalt veröffentlichten .Mittel
sind zwar so gut es anging mit Hilfe jener Jahre, in denen ein
inneres Thermometer abgelesen wurde, corrigirt, es ist jedoch klar,
Kr pi II smiin Ster
Piek. Ueber die Sicherheit barometrischer liiihenniessuiig'eiL.
Aus d.. k.k. Hof-u. Staatsdiuckerei.
Sitaung'sb. (1. k. Akad. d.W math. naturw. Cl.XVT.ßd.2. Heft. 1855.
Schönbichler. Die Complanation des schiefen Kegels etc. 447
dass eine solche Correction nicht genau sein kann, auch abgesehen
davon, dass die damaligen Loealitäten der Sternwarte eine oftmalige
Änderung des Ortes des Barometers sehr wahrscheinlich machen. Es
scheint mir also gerathener das allgemeine Mittel aus den Jahres
mitteln der letzten 31 Jahre allein abzuleiten.
Aus diesen 31 Jahren (1823—18S3) findet man den mittleren
Barometerstand Wiens in der Meereshöhe von 95-41 Toisen
(101-7 W. Fuss über dem mittleren Spiegel der Donau) gleich
330'”290 = 27 ! 524 Par. M., -wenn die oft genannten vier Jahre
corrigirt, oder 330"'335 = 27 ! 528 Par. M., wenn man jene
Correction nicht gelten lassen will; also im ersten Falle 0' ! '38 im
letzten 0"'34 kleiner als die dafür gewöhnlich angenommene Zahl.
Die Complanation des schiefen Kegels durch Vermittelung der
Integralejdy sin'"cp (1 — k sin 2 cp)’" undjh r p cos 2 "cp (1 —1c. cos 2 cp)”*
und Auflösung dieser Integrale in trigonometrische, durch
einen stäten logar ithmischen Calcul herechenbare'lFactoren.
Von Karl Schönbichler.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. April 1865.)
I.
Es sei ABC (Fig. 1) der Durchschnitt eines schiefen Kegels,
durch seine Spitze, den Mittelpunkt seiner Grundfläche und senkrecht
auf diese gedacht.
Der Halbmesser
seiner Grundfläche
(eines Kreises) sei
AM=MT=a, seine
Höhe CE = h und die
Entfernung des Mittel
punktes Af von der Pro
tection E der Spitze,
ME = e; ferner sei
TMA ein veränder
licher Winkel = y; so
ist das unendlich kleine
Dreieck, dass seine Grundlinie an der Peripherie in T und seine
Spitze in C hat = — d<y ]/h z -f- (u + e ■ cos y) 3 .
2
29
448
Schönbichler.
Denn, ist TD eine Tangente zu dem Punkte T und DE senk
recht auf diese in der Ebene der Grundfläche, so ist DE = a-\-e. cos <p,
mithin die Höhe des unendlich kleinen Dreiecks
D C = V -j- (« -f- e. cos <p)~
und die halbe Grundlinie bei T= ——.
2
Werden dagegen, die Winkel von der kleinsten Seite BC des
Kegels angefangen, gemessen und heisst BMT' — f, so ist der
Flächeninhalt des unendlich kleinen Dreieckes an der Grundlinie T
a.dy „ /- —
= —-— X h 2 -f- («—e,cos y) a .
Die Oberfläche eines jeden Mantelstückes, an der grössten
sowohl als an der kleinsten Seite des schiefen Kegels, wie z. B. das
Stück A TC ist daher durch das Integral
P "y/+ (« ± e cos f) 2
dargestellt.
Will man nun dieses Integral, so wie es ist, durch den binomi
schen oder polinomischen Lehrsatz in eine Reihe verwandeln und
diese, entweder nach den Potenzen von cos <p oder auch nach den
Sinusen der Vielfachen von <p ordnen, so wird diese Reihe nicht nur
ein sehr unklares Fortgangsgesetz enthalten, sondern der Beweis
ihrer Convergenz wird sehr schwierig, wo nicht gar unmöglich.
Um ein klares Fortgangsgesetz und eine vollständig convergi-
rende Reihe zu erhalten, setze man
(2) h' 1 + (« + e cos p) a =h 2 -|-(a+ e (1—2 sin 2 -■-))
und
(3) h 2 -j- (« — e cos y) a =f d \p V h 8 -f- [a—e (2 cos 2 —1) j-
Aus der Formel 2 erhält man für s 2 = h 2 + (« + e) 2 ;
, C« + e) , ,, e
lt 2 — — und k —
a -)- e
S'jdfx 1 —k 2 4 k' sin 2 (l —k' sin 2
Die Complanation des schiefen Kegels etc. 4:49
Aus der Formel 3 dagegen für dieselben Werthe von s, k und k'
sfä,y 1 — k z 4/c' cos" j (l —k' cos 2
Der Kürze wegen nenne man noch, sowohl 4k' sin 2 ~ p— k'
sin 2 —) als auch 4k' cos 2 — (1—k' cos”*—-\ durch den Ausdruck ff,
so hat man allgemein
Jdf^ h”-\-[a + e cosfJ i — sj'ilf^ 1 —k”ff.
In dieser Wurzel V\ — k*ff ist k 2 ein echter con-
stanter, und ff ein echter veränderlicher, positiver
Bruch.
(« + «)■ 0 + «) 2
Dass k 2 =
ein echter, constanter,
„ 7i 2 + (« + e ) 2
positiver Bruch ist, bedarf keines Beweises. Dass aber, sowohl
ff = 4k 1 sin 2 y (l —als auch= 4k' cos~( 1 — k'cosy)
ein echter positiver Bruch sein muss, lässt sich folgender-
g
weise zeigen: Weil =k' ein echter positiver Bruch ist, so
a + e
Cp V .
ist auch sowohl k' sin 2 — als auch k' cos 2 — jeder ein echter positiver
2 2
cp % th cp
Bruch, und es ist erlaubte' sin 2 — = sin 2 —— oder auch k cos 2 — =
= sin 2 -—- zu setzen, dadurch wird
2
( . 2j P\ / . 2 *P
f f = 4 sin — sin — J = 4 sm —
6 2 t|(
cos — ,
d/ ip t ,
es ist aber allgemein 2 sin — cos — = sin p, mithin
2 2
oder auch
f f = sm*p — 4k' sin 3 — I — /c' sin 3 yj,
f f == sfre 2 p = 4 k' cos 2 — (l — /c' cos 2 yj.
Aber s*« 2 ^ ist in jedem Falle ein echter positiver Bruch, wenn
auch für irgend einen Werth von f die Function sinp ein negativer
Bruch sein sollte.
450
Schönbichler.
li.
Wenn ftp für jeden Werth von tp ein echter posi
tiver Bruch bleibt, so lässt sichdaslntegralfd'pV 1—k~ff
immer durch eine eo nvergiren de Reihe berechnen
sobald auch k ein echter Bruch und fd f (fp) m ein an
gebliches Integral ist.
Denn es ist:
V1 —/c ä ff — 1 —-
1-1
ÜTi
* 4 (A0 a -
1-1-3
2-4-6
;*'(/■?)* —
also auch
(10)
(11)
(12)
J d fV 1 —tefv -=Jdp — ^kßdpf'p — i ~kßdp{fpy—...
1.1.3 .... 2m — 3, r , .
• • • k 2m d<p(f<p) m —
2. 46 2 m J
wo sämmtliche Integrale für y = 0 verschwinden sollen. Was nun
auch das Integral fdp {fp) m sein mag, so lässt es sich als eine
Summe unendlich kleiner Elemente, immer durch die Reihe aus-
drücken:
ß?(f?y = dfifyy + d<p(f2f') m + dy(f3 ?') m
+ dp (fr<p'y n ,
in welcher p' die beständige unendlich kleine Zunahme von p bedeutet
und r unendlich gross werden kann, so dass rp'—p wird. Man
multiplicire dtp (frp') m mit (fr<p') und entwickle aus dem allge
meinen Glied dtp {frp r ) m {frp') indem man statt r die natürlichen
Zahlen einführt die Reihe
df (/V') m {ftp') + d tp(f2 tp')« (/2 p') + dp (W W> + ....
= dp (fpT +i + dp {f 2 p'r +i + dp {ßp') m+1 + • • • •
=ßdp{fpy +i .
Ich behaupte dass die Summe der Reihe 12 nämlich fdp (fp) m+1
kleiner sein wird als die Summe der Reihe 11 des Integrals
fdp (ff)'"- Denn, wenn was immer für positiver Werth dp (f'p) m
mit einem echten positiven Bruch [was (fp) für jeden Werth von
p sein soll] multiplicirt wird, so wird das Product dp{fp) m+l positiv
aber kleiner sein als dp {fp) m war, es ist daher
i
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
4SI
dtp (f <pT>d<p{f <p'T + l
d<p(f2<pr>d<p(f2<p'r +i
dtp (/V)”‘ >df(ßtp') m "
df (frtp'Y > dtp ( frp') m+t
mithin ist auch, da alle diese Ausdrücke positiv sind, die Summe
aller linksstehenden grösser als die Summe aller rechtsstehenden
Glieder, d. i./dtp (ftp) m > fdtp (ftp) m + l und dieses gilt für jeden
ganzen positiven Werth von in, auch für m = o, so dass fdtp = tp
grösser ist als jedes Integral /dtp (ftp'); fdtp (ftp) 2 ; /dtp (ftp) 3 u. s. w.
Es sind also die Ausdrücke
jd ? (f ?) _ f<l? ( f?)~. Jdtfifo) 3 fd<?( f t?) m
<?’'?? ?
lauter echte positive Brüche und weil die Zähler dieser Brüche fort
und fort ahnehmen , so sind sie überdies abnehmende (kleiner
werdende) echte positive Brüche, da nun
1 i .1 t.1.3,
— lc 2 k’* k 6 —
2 2.4 2.4.6
(13)
ganz gewiss für jeden echten Bruch k eine convergirende Reihe ist,
die sich'immer mehr ihrem rechten Werth V 1 — k 2 nähert, so wird
um so mehr die in 10 ersichtliche Reihe
1 /; o J d ?(M 1-1
2 tf 2.4 1 f
1.1.3 . . . .2m—3 fd?(ff) m '
2T4J6 2 m tf
(14)
eine Reihe sein, die gegen ihren rechten Werth jdtpV 1 — k~ftp noch
schneller convergirt als die Reihe 13 gegen V1 —k 2 .
Es erhellet hieraus, dass tp der grössere und tpy 1 —k 2 der
kleinereunter zweien Grenzwerthensind, zwischen welchen der rechte
Werth des Integrals
— k 2 ff liegen muss.
Setzt man in der Reihe 14 statt ftp dieWerthe aus den Formeln
8 und 9, die beide echte Brüche sind, so wird jede der zwei folgenden
Reihen
fläche eines schiefen Kegelstückes an seiner grössten Seite (wie
ATC, Pig. 1), und eben so gibt die Reihe 16 einen solchen für die
Oberfläche eines Stückes an der kleinsten Seite des schiefen Kegels
(wie B T'C, Fig. 1).
Bevor ich zu einer Entwickelungs - Methode der Integrale
Jdf sin 2 "' -^-(l — k' sin 2 -~J und Jdf cos- m y^l ■— k 1 cos 2
schreite, will ich noch zwei ziemlich nahe liegende Grenzwerthe der
Reihen 15 und 16 angeben.
Es ist nämlich, für k 2 — 1, bezüglich der Reihe 15
1 — k'ftp ==JdfSj 1 —Ä a 4Ä's»« 2 -|-(l — k 1 sin 2 yj
=Jdf^ 1—ff =Jdf{\— 2 k'sin 2 ^
also auch, nach 10
(17) Jdf — 2 kjdf sin 2 ~ =Jdf — ^Jd cp (ff) — ^Jdf (ff) 2 ....
hieraus folgt:
2 kßlf sin 2 ~=Jdf ff + JJdf (ff) 2 + ^Jdf (ff) 3+ ...
k 2
Man multiplicire die ganze Gleichung mit — so bleibt
2Ä'Ä 2
(18)
<P
k 2 r i k 2 r i.ik 2 r
-Jdfsin 2 - = --Jdfff + — -Jdf(ffy
+1 2Xi ^ß^M 3 +
+
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
453
11 k 2 r
wenn man aber das zweite Glied der Reihe, nämlich ld<p(f<p) 2
noch mit k z , das dritte mit k 4 , das vierte mit Ic s u. s. w. multiplicirt,
so wird, wenn k 2 ein echter positiver sein sollte ans der Reihe 18
k a r <p \ k 2 r 1 i ft 4 r
2~kjd f sin*~ > --J d < P f< P + — -Jd<p(f< P y +
+
1.1.3ft«
JdfiffY
+
2.4.6 <p^
Man führe in das erste Glied der rechtsstehenden Reihe der
Formel 19, statt ftp seinen Werth = 4 lc sin* y (l
so wird dieses:
i k 2 r i id, , r <p,
--J d < p f <p = -.-Uj d <p S in z J (
fj
- k 1 sin 3 -
9_'
2-
.
-1 ein,
<p „ k 3 k 1
3 — — 2
1 — k 1 sin 3 — 1
■ C v
- / dtp sin 4 — .
2 <p (
Es ist also der erste Theil des ersten Gliedes der Reihe 19
grösser als die ganze Reihe zusammengenommen.
Da nun beide Theile des ersten Gliedes zusammen , oder das
ganze erste Glied (20) offenbar kleiner als die ganze, lauter positive
Glieder enthaltende, Reihe ist: so sind durch das erste Glied allein
zwei Grenzen des rechten Werthes der Reihe 19 geboten.
f* % (0 "|
1 — 2 — k! I d ip sin 2 — J der kleinere und
9
-k
)i
der grössere Werth, zwischen welchen beiden der rechte des Integrals
JdtpV /i 3 + (« + ecoscpY liegt, denn die eben betrachtete Reihe
der Formel 19 ist dieselbe wie die in 15. Ebenso findet man dass
k'
der kleinere, und
f>s[l —2 k 2
p s l —■ k 2 —Jd(p cos 2 Y{\ — Je cos 3 -)]
der grössere Grenzwerth ist, zwischen welchen der rechte Werth des
Integrals
sßV 1"—Ä 3 4Ä'cos a -^-(l —/f'cos 3 -^-) =
Jd<p^ h 2 + (a — a cos <p~) z
fallen muss.
454
Schönbicliler.
Diese Grenzwerthe fallen uni so näher zusammen, je kleiner
der Bruch !;' ■■
a-j-c
wird, also je kleiner die Excentricität des Kegels ist.
III.
Bei näherer Entwickelung des allgemeinen Gliedes der Beihen
15 und 16 leistet, was Zeit- und Müh-Ersparniss im numerischen
Calcul betrifft, eine Zerfällung der Hilfsintegrale Jdf sin 2m <p und
jdf cos~ m <p in Faetoren, die sich einer stäten logarithmischen
Behandlung unterwerfen lassen, vorzügliche Dienste. Man setze
zu diesem Ende
Jd<p sin~ m <p = <p./'(1) ,/'(2) ./(3). . f(r).f(r fl). - •/'(»*),
und betrachte dieses Integral als ein Product aus dem Factor
<p, und m anderer Faetoren, welche Functionen ihres Indexes und
von (p sein werden. Ist unter diesen Faetoren der r u gefunden, so
findet man den (r -j-1 j*' 1 " durch folgenden Satz.
Wennfd<psitr m <p=<p.f( l)./'(2)./'(3). -/'(>•) ■/'(»'+ O • f( m )
unter der Bedingung ist, dass für jeden ganzen posi
tiven Werth von r der zwischen 0 und rn liegtJdtp sin 2r
~f( r )/dtp sin' ir ~ 2 <p, und bei jedem bestimmten Werth der
Veränderlichen (p innerhalb des ersten Quadranten
2r —i
/’(»’) — —- cos-<p gesetzt werden kann, so ist
2r + i / 'Ir ,.
+ 1 ) = ( 1— iVTi sin * V tan( j*V-
Denn, nach dem Fundamental - Integral fdxy—xy—Jdyx
findet man fd<p sin~‘ <p = ßl<p sin (p. sin 2r ~ 1 <p
= — cos <p sin 2rl (p -)- ( 2r — Y) jdip si/r r ~~ <p cos"- <p ■
— — cos <p sin 2r ~ l ip -j- (2r— 1) jd<p shr r ~ 2 <p (1 —sin 3 tp)
und hieraus, wenn man die Glieder nach den gleichen Exponenten
ordnet
welches sich auch schreiben lässt
2r - 1 ( A 1 CUS< P ■ »in 2r — i ri .
2 \f d< ? sin v
' J dtp sm 3r — 2 <p )
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
4S5
Es soll aber (nach der Bedingung des Satzes) auch sein
Jdtp sin ar <p — f(r) jd<f sin 2r ~ 2 f (22)
mithin aus 21 und 22
, . . „ , 2r—1 / 1 cos 95 . sin 2 »— 1 95 Y .
Sin- <p (23)
und
, 2) 1 /, 1 cos <p sinZr—l<p\
Man setze in diese Formel (r+1) statt r so wird
/’O'+i) =
2 r +
1
2r+ 2^ 2r + l J dlugin 2 r< p
und wenn man statt Jd<p sin 2r tp den Werth f(r) jd<p sin ir ~ 2 <p aus
der Gleichung 22 in die Gleichung 2S bringt
cos <p ■ siw'- r + 1 <p
)
(28)
f(T+1)
(1 1 —
\ 2r + t
cos ip sjn 2r +! c>
2r + 1
2c + 2
2c + 1
2r + 2^ 2r + l f(c) Jd<p sin^-ly
2c — i
/'(r) Jdtp sin- r —' i <p
1 sin 2 <5 cos 0 sin 2 r—1
)
(26)
Nun setze man es sei /“(r)
Werth in die Gleichung 26, so wird
2c
cos 2 <p und bringe diesen
/)>+1) =
2c + 1
2c + 2
2r sin 2 <p 1 cos ip . sin 2r — i <p
2c + 1 cos 2 p 2c — t
Ji<p sin 2 ’’—- 0
)
(27)
und wenn man denselben Werth für ffj-') in die Gleichung 24 setzt
2 c — 1 , 2r
cos s f —
2c
2r — 1 / 1 cos 9? sin 2r ~ i 91A
2r y 2r — i f d <p sin 2 <— 2 <p)
mithin
und
C0S ^= 1 2c i
1 COS y SiM 2 ’ 1 f
Jd<p sin 2r — 2 <p
1 cos <p sin 21 "— 1 <p
(28)
(29)
Jd<p sin 2 r— 2
4 5 6 Schönbich ler.
welcher letzte Ausdruck in die Gleichung 27 gesetzt, ergibt:
/'0-+i) =
2r+i
2)-+ 2
(*-
2 r
sin 2 <p
2r + l cos 3 tj/
SIM 3 ^
(30)
2r + l
2r + 2
0-
2r
2)-+1
^ tätig-(p\
2) •
Ir—1
COS 2 cp
was immer stattfinden wird, sobald es erlaubt ist f(f) ■
zu setzen. Das ist aber erlaubt bei jedem Werthe von <p innerhalb
des ersten Quadrates. Denn jedes integral fdcp sitr r <p und auch
fd<p sin ir —~<p ist für jeden Werth cp positiv, wenn r einen ganzen
positiven Werth hat; es ist also in der Gleichung 22 jedes Glied
mithin auch /’(>■) positiv; mithin ist auch die Gleichung 24 aus
2r—1
lauter positiven Gliedern: denn es ist in ihr —-—- für jeden ganzen
Werth von r positiv, also ist auch der andere Factor
1 cos cp sinZr— 1 <p\
1 — :
2 >•— 1
-)
cos cp sin 2 r—i tp
fdcp sin 2 *— 2 cp
positiv; wenn aber das der Fall ist, so muss
2) ^ fdcp sin 2r ~ 2
entweder negativ, oder es muss positiv und kleiner als 1 sein.
Negativ kann aber dieser Ausdruck nicht sein, weil jeder Factor
desselben positiv wird, sobald cp < 90° und r positiv und eine ganze
Zahl ist, so zwar dass (2r—1), dann coscp, dann sin 2r ~ i cp und
eben so fdcp si?i 2r ~ 2 cp jedes für sich positiv wird. Es ist also
unter den bedingtenWerthen von r und cp immer
z 3r 2
cos cp sin~ r l cp
cos cp sin-r—l cp
2, '~ 1 fdcp sin^r-
positiv und muss dabei kleiner als 1 sein. Es ist also
^ fdcp sin 2 '— 2 cp
ein echter positiver Bruch und kann = sin 2 cf> gesetzt werden, wobei
sich jederzeit ein Bogen cp denken oder finden lässt, welcher der
. i cos cp sin 2r — i cp
Gleichung sin 2 cp — ——- — Genüge leistet. Sonach ist
fd-
<P SlH 2 r—2(p
aber 1 —
cos cp sin-r—i cp
2 r —1
Gleichung 24)
fdcp,
cos 2 <p und (man siehe die
(31)
2r — 1
/» = —C0S 3 f
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
457
Weil daher zum Bestand der Factorenreihe
jd<p.sin 2m <p = .f(r). f(r + 1) f(m)
für jeden ganzen positiven Werth von r zwischen o und m immer
fdpsiri ir tp — f(j-)fd<psm 2r ~ 2 <p, und bei jedem bestimmten Winkel
2r — 1
<p innerhalb des ersten Quadranten f (r) = cos 3 <p wirklich
2r
gesetzt werden kann, so ist auch erwiesen:
/‘0- + 1)
2r 4
2 r + 2
Weil J'df sin- <p — — f (l
)
' + '
sin 2p •
2p
(32)
und ——— sowohl eine
2p
Function von 2<p als auch für jeden Werth (p innerhalb des ersten
sin'hp
Quadranten ein echter positiver Bruch ist, so setze man
si«2p
2p
. „ , si«2p C
= siti 2 (2<p) z also 1 = cos 3 (2y>) 3 und J d (p sm 2 <p =
— = ~<p. cos 2 (2 y>) 3 so wird das Symbol (2^>) 3
einerseits einen Winkel oder natürlichen Kreisbogen vorstellen, der
eine Function von 2 <p ist, andererseits aber wird es in dem rechts
angehängten Stellenzeiger 2 den Exponenten desjenigen Integrals
anfweisen, als dessen letzter veränderlicher Factor cos 2 (2<p') z zu
betrachten ist. Consequent erscheint im Integral mit dem Exponenten
2r, nämlich infd<psin ir <p, der Factor cos 2 (2f)~ r als der letzte
veränderliche, sobald (in der Bedingungsgleichung 31) cos~(2p) Zr
2r — t 2r — i
statt cos 2 <p also f(r) = cos 2 <f> = —-—cos 2 (2<p)z r gesetzt,
2r 2) 4
und durch Einführung der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, 4, 5.... für r
die Functionen ^(l), /'(^)> • • • • entwickelt werden; denn
sonach wird
fi
d<psin 2r <p = <p. /■(!)./(2) ./*(3) .... f{r)
= <p. —cos 2 (2 <p) z
-. cos 2 (2 ip\ . — cos 2 (2 p) 6
2r- 1
2 r
cos 2 (2y>) 3
Weil aber aus der Gleichung/"(?•)
2r + 1
2r — 1
statt rauch fliesst f(r-\- 1) =
2r + 2
2) . cos 2 (2^), r für (r+1)
cos 2 (2 y>) 2 r + 2 und nach der
458
Schönbich ler.
2r -f- 1 ( Ar \
Formel 32, f (r -f-1) = -——^1 — — ■ ^ sin 2 <p taug 2 p J
2 r
also auch
2 r
cos 2 (2<p)o r + 2 — i—- jsin~<ptang 2 (2y) 2 ist, so kann man
jederzeit
y '* 13
dp sin 2 "' <p — p —cos 2 (2p') i . — cos 2 (2p)n ....
(33) 2r + l . 2m—1
.... ^r^c°s 2 {2^) 2r + ä .... -_cos-(2 ? >) 2ra
unter der Bedingung setzen dass, sobald
sin 2 50
(34)
cos 2 (2 (p)z = 1 -
2 <p
besteht, auch immer
(35)
2 >■
cos 2 (2^>) 2r + 2 = 1 — -—j- sin 2 p tang 2 (2 <p)„
+
bestehen wird, und zwar für alle ganzen positiven Werthe r von r—1
bis r — m.
Aus der Formel 3S findet man für r — 1, r — 2, r — 3
2
cos a (2^)4 = 1 —^ sin 2 p tang 2 (2^) 3
cos 2 (2pß — 1 -—| s«Vz 3 $p tang 2 (2p) h
cos 2 (2p) s = 1—y tang 2 (2p) 6
u. s. w.
Es erhellet hieraus deutlich, dass, wenn m und n positive ganze
aber ungleich grosse Zahlen wären, die ersten r veränderlichen Fac-
toren des Integrals
y '* 13 2 r 1
dp sin 2 " 1 p = p.% cos 2 (2p\. ^ cos 2 (2p) k ....-^— cos 2 (^) 3r ....
....^=icos 2 (2 f ) a „.
den ersten r veränderlichen Factoren des Integrals fdp sin 2 "p nicht
nur der Form nach, sondern hei gleich gross bestimmten p auch dem
Werthe nach vollkommen gleich sein werden. Ist nun m = rp
und n = r -j- q , so ist Jdpsin~ m p
I
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
4S9
=Jdcp sin
2r + 1 . 2r + 3
cos 2 (2cp) 2r + 2. — | a cos 2 (2^) 2r+ 4 •
und Jdcp
—Jclw si:
sir? n <p
v2r + 2
Ir + 1p — 1
2r + 2 p
Ir + 4
COS 2 (2f>) 2r +2 P ) fd<p
(36)
sm 2r cp.
2r+2q
i
2r + 1 2?* -j- 3
cos2 + 2 • ^4 cos2 (250)9^+4... (37)
• • • 2) . + 2y cos 2 (2y>) 2r +2 ? J Jdcp sm <p.
und je zwei und zwei gleichlautende Factoren der Formeln 36 und 37
sind einander auch dem Werthe nach vollkommen gleich, sobald in
beiden Formeln sowohl r und r als auch cp und cp einander gleich
genommen werden.
Auch fd(p . cos~ m <p lässt sich in eine ähnliche Factorenreihe
wie Form 33 zerlegen. Zu diesem Ende leite man aus
Jdcp coscp.cos‘ lr ~ 1 <p und Jdcp cos' ir cp = f(r) Jdcp cos 2r ~ 2 cp
die mit den Formeln 21 bis 27 analogen Gleichungen ab, setze
2r — 1
f(r) = —
2 r
——- (1 h —
2 r I 1 2r —1
also
iang 2 ^
cos 2r — 1 cp sin
^ ^ Jdcp cos 2r — 2 <p )
cos 2r — 1 cp sin cp
Ir -
so erhält man
* Jdcp cos 2 r-
■9
2r + 1 / 2r , \
/■(»’+ 1) = (1 H cos 2 co sin z <p 1.
' v ^ ' 2r + 2 V 1 2r + 1 T >
Wenn daher Jdcp cos~ m cp — ^./‘(l)./"(2)....
.. .. f(m) unter der Bedingung gilt, dass für jeden
ganzen positiven Werth r der zwischen 0 und m liegt
Jdcp cos~ r cp = f(r)Jdcp cos-'— 2 cp und bei jedem bestimm
ten Werth der Veränderlichen cp innerhalb des ersten
2 r — 1
Quadranten /XV) — — sec 3 gesetzt werden kann,
2r
2 t + 1 ( 2r . \
so ist f(r4- 1) = 1 4- cos 3 cp sin 3 cb\.
1 K J Ir + 2 v 2r + 1 T Y )
Setzt man ferner
I 2 2 r 1
Jdcp cos 2 ” 1 cp = tpsec 2 (2cp)* 4 scc 2 (2^>) 4 . .. . 1—— sec 3 (2f>)o r ..
2m — 1 ,
...- sec 3 {2tp)% m t
(38)
460
Schönbichler.
so wird diese Factorenreihe wieder unter der Bedingung 1 gelten, dass
sobald sec 2 (2p)„ = 1
(39)
sin 2(p
gesetzt wird, jedesmal auch
2r
sec 3 (2^)„ r+2 = 1+- cos 2 p sin 2 (2p)
uV -f- 1
gesetzt werden kann.
Aus 39 fliessen sofort die Werthe für r — \ , r — 2....
sec 2 (2p)l = 1 -j- g cos 2 p sin 2 (2p) z
sec 2 (2p) e = 1 + | cos 2 p sin 2 (2p)^
u. s. w.
Auch gilt von den Integralen jdpcos lr +-vp und fdp cos %rJr2 ip
dasselbe analog, was unter 36 und 37 bemerkt wurde.
IV.
In solche Factorenreihen wie 33 und 38 lassen sich alle Inte
grale von der Form pdp sin 2 " 1 vp und pdp cos 2m vp auflösen, so-
o o
bald v eine ganze oder gebrochene positive Zahl und vp ein Winkel
innerhalb des ersten Quadranten ist. Denn, weil allgemein
/ 9 1
dp sin 2m vp — — I dpt
und
osm im p
> cos 2m p
/ 'f 1 /*?
dp cos 2m vp = — / dpt
o o
ist, so setze man, es sei
/ ? rt
dp sin 2m p oder / dp cos 2m p = F(p) ,
0 o
so wird
/ vcp /*vcp
dp sin 2m p oder / dp cos 2m p <= F(v p) ,
o O
also (aus 40 und 41)
/ v /*<? 1
dp sin 2m vp oder / dp cos 2m vp = — F(y p) .
o o
m
Nun ist für j dp sin 2m p
o
Q Ow |
F(p) = P ö cos 2 (2p) 2 ^ cos 2 (2p) k . ...- cos 2 (2p) 2r+2
2r + 2
2 m— i
COS 2 (2p) 2 m ,
2m
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
461
daher (nach 42)
9
/'
ya? 1 3
dtp sin 2 " 1 vtp — ~. - cos 3 (2v^) a - cos 3 (2vy>) 4 . . .
2m — 1
2m
1 3
= • 2 cosS ( 2v f’)2 4 COS 3 O? 1 )* ■ • •
2m — i
2m
(43)
cos 3 (2vy>)
2m
cos 3 (2vy>) 2m
und diese Reihe gilt wieder unter der Bedingung dass, sobald
- . sin 2 vtp
cos 3 (2v$o) a = 1 — 2vp
auch immer
cos 3 (2vjo) 2r + 2 = 1
sein wird.
2r
2r + \
sin 2 vtp tang" {%vtp) ir
Aus der Formel 43 ergibt sich für v = -
/
dtp sin
2m P .
2
1 3 S
tp . ^cos 3 (f£>) a J cos 3 ($o) 4 g C0S 3 (^)e ....
2m—1
(44)
(48)
(46)
2m
C0S 3 ($C>)
2m
und zur Berechnung dieser Factoren, aus 44 und 45 für r = 1,
r = 2 ....
, - , sin tp
cos a (^o) 2 = 1
9
2 , (p
oös 3 (^) 4 = 1 —tang 2 (^) 2
4 ^
cos 2 (p) 6 = 1 — g sira 3 2 tang 3 (f>) 4
u. s. w.
✓»<p
Für / cos am | erhält man analog mit 46 die Reihe
(47)
(48)
(49)
= p 2sec 3 (y>) 3 .jscc 3 (p) 4 .gsec 3 (f)6
sodann aus 39 und analog mit 47, 48, 49
, > . , sin tp
sec*(tp) 8 = 1 + —
2 <p
sec 2 (tp\ — 1 + cos 3 2 sire 3 (f) 3
4 (p
sec 2 (tp) 6 = 1 -|- 5 cos3 2 s * wa (y0*
u. s. w.
Siitzlj. d. rnathein.-naturw. CI. XVI. Rd. II. Hft.
2m — 1
2m
sec 3 (5p)
2 m
(50)
(51)
(52)
(53)
30
462
Schönbichler.
Weil nun diese Formeln (von 40 bis 53) so lange Giltigkeit
haben als vp den ersten Quadranten nicht überschreitet, und hier
V( p = ~ip ist, so kann auch p = 180° angenommen und sonach
bis zu den Integralen
TZ /"»U
dp slri 2m l und / dp cos 2m ~
o o
mit diesen Formeln ausgereicht werden. Für p — n wird aber (47
und 51) = = 0, also sowohl cos 2 (p) a = 1 (in 47) als
V 71
auch sec 2 (p~) 2 — 1 (in 51), mithin wird auch
cos 2 (p)i = 1 , cos 2 (p) B = 1 • ■. cos 2 (p)2», = 1
und eben so
sec 2 {p~)± = 1 , sec 2 (p) e = 1 . . . sec 2 (p) 2m = 1 .
Es ist daher
r K , ■ , <? , <P 1.3.5...2J» —1
(54) / dp sm — / dp cos~' n -^ = it
J r 2 J 2 2.4.6.. ,2m
O 0
weil sämmtliche veränderliche Factoren in 46 und 50 in diesem Falle
= 1 werden, mit Ausnahme des Factors p, welcher in beiden For
meln = 7i wird. Dass für p = 0 diese Integrale verschwinden,
leuchtet schon aus dem Umstande ein, dass von den Factorenreihen
46 und 50 jede auch den Factor p aufweiset.
Die Integrale
dp si/r rn '^- und
o
sind es eben, welche numerisch angegeben werden müssen, wenn
die ganze Oberfläche (oder eine seiner gleichen Hälften) des schie
fen Kegels nach der Formel 15 oder 16 berechnet werden soll.
In der Reihe 15 ist das erste Glied für p — n
\k‘~^r f dp sin 2 |-(l —k 1 sin 2 -y)
= l* a ^r [ jdp sin 2 y — k' J dp sin*-1]
o o
mithin nach 54 für in— 1 und m — 2 das erste Glied in 15
(55) = U^-\^-k'.~n] = (i)W[l-!Ä]
und eben dasselbe gibt auch für p = n das erste Glied in 16,
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
463
Das zweite Glied der Reihe IS ist für <p — n
o kk4 l \P l( p sini i (' — k ' sin *|) a ;
(86)
und weil
/(lfsin k ^[\ — k sin- y) =^dtp sin' 1 ——2k J*d(p sin® —■ -j-
0 o
7'2 r, • «? 1-3 1.3.S , 7 ,„ 1.3.S.7
Ä 3 / dtp sin s — = zr — 2kn. -\-k 2 n ,
J 2 2.4 2.4.6 2.4.6.8
so ist (naeh S6) das zweite Glied:
r, 4.
2.4 2
1 /-l^a
_ 4 . M .[i- 7 . 7 r + — *•]- (57)
3 VIA) L 16'- 2 8 AI
und eben so ist das zweite Glied in 16.
Das dritte Glied der Reihe IS für cp = n ist
1.1.3 4 3 fc' 3
k«-
2.4.6 7r
- J'df sin 6 ~ (l — k sin 2 —}
(58)
und wenn man ^1 — k' sin 2 y) zur dritten Potenz wirklich erhebt,
und so wie in S6 vorgeht, das dritte Glied:
i© *4l* : f -f -f S*))l W
und eben dasselbe gibt das dritte Glied in 16.
Es ist mithin die ganze Oberfläche des schiefen Kegels
(durch die ersten drei in SS, 57 und S9 ersichtlichen Glieder)
annäherungsweise complanirt durch die Reihe:
“'"{‘-(t)’*’ 4 *! 1 x ( 6 °)
L 1 -7')f A t 1 -ä-8 A )] -TfeiTe) A '° 48 A3 *
[i— 7-- Ä 'ft (1— —
I 18V 2 10 V 3 12 j) J
2. — stjd<p^f \ — k 2 f<p — 2yJd f^fh 2 -\- (a + e cos <p) z -
30*
464
Schönbichler.
Diese Reihe ist in ihren ersten drei Gliedern, hier derart völlig
bestimmt, dass nur mehr die numerisch anzugebenden Werthe für
(ci | e) 3 6
s 3 = / t 3 4- («4- e ) 3 ; für k 3 = — und für k' = —— in sie
eingesetzt zu werden brauchen, um sie selbst in ihrem gesammten
numerischen Werthe zu finden. Das allgemeine Glied der Reihe
60 ist seiner Form nach schon aus dem Fortgangsgesetz dieser
ersten drei Glieder ersichtlich; doch soll es für jeden Werth von tp
(also für jedes Kegelmantelstück) im nächsten Abschnitt dieser
Abhandlung entwickelt werden, zu dessen Einleitung noch Folgendes
hier Platz finden mag :
s»<p r v
Man kann die Integrale /dtp sin 2m vtp und /dtp cos 2 " 1 v <p oder
0 0
dtp sin? m <p wo p was immer für eine
u
Function von <p, also auch tf> — vtp und ^ = 90°—vtp, sein kann,
unter folgende allgemeine Auflösungsformel bringen, in welcher (tp)
einen allgemeinen Factor vorstellen soll der eine Function von tp ist
y **tp 1 2 3 4 r m
dtp sin 2 m tp = <p(tp).{tp).(tp).(tp) .... (<p~) .... {tp)
U
und eben so, für m = n r (man sehe 36 und 37)
(62)
y '* <p + n -+• r Cp
dtp si?i 2n + 2r <p = • • • • (p) • fdcp
0 0
Für (p = v(p ist sonach dieser allgemeine Factor
sm
2 n
0-
(63)
O) =
2 r-
2 r
COS 3 (2 Vtp) 2r
(64)
und für tp = 90°—vtp (in welchem Falle fdtp sin 2m p = jdtpcos~ m vtp
wird) ist
r 2r — i
O) sec*(2<pv) 2r .
V.
Entwickelt man (1—k'sin z p) m durch den binomischen Lehr
satz in eine Reihe und multiplicirt jedes Glied mit sin ln p, so erhält
Ttl
man sin 2 n p (1 — k' sin 2 p) m = sin 2 n p — 1t sin 2 " + 2 p.
, mm — 1,, m tu — 1 in — 2,,
-f-- k z sm 2n + i p — — • • k 3 sm- n + 6 p-{-...—•
12 12 3
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
465
also auch
Jdtp sin 2 ” (p (1 — k' sin 2 p) m
—J'dtp sin'" tp-—kJ"itp sin 2 ”+ 2 p-\- ~. - k ,2 Jdtp .wr n + 4 p—
0 o o
— .. + — . ——-. . . . — k' m fd* sin 2n+2m tp ■
12 m J 7
Nun ist (nach 62)
/ cp n-t-1 /^cp
d<p sin 2 ”+ 2 p — (tp) / dtp sin 2 " p
o • O
/ cp n+1 n-\- 2 /»cp
dtp sin 2n+i p = (9p) (9p) / dtp sin 2 ' 1 p
/ cp n-j-1 71+2 «+J n+r /»cp
dtp sin 2,, + 2r tp — (90) (9p) (9p) (9p) / <+ Si« 2 " 9^.
o 0
Setzt man nun diese Factorenausdrüeke statt ihrer gleichen
unentwickelten Integrale in die Reihe 65, so wird man sogleich
bemerken, dass das erste Glied\J'dtpsin 2n p allen übrigen Gliedern
o
H+ 1 tffl
als ein Factor gemein ist; der Factor (tp) und — k' allen Gliedern
w + 2 mf
vom zweiten angefangen; der Factor (9p) und k' allen Gliedern
2
vom dritten angefangen u. s. f., der Factor (9p) und k' allen
T
Gliedern, von dem r‘ e " angefangen, gemein ist. Man nehme
daher j'dtp sin 2 " p aus der ganzen Reihe heraus und schreibe es
0
ausserhalb einer Hauptklammer; den Factor (9p) nebst—/.' vor
n+2 m ^ * ' n-f-3
eine zweite Klammer; (9)) nebst k' vor eine dritte; (9p) nebst
2
m—2 T , . . , , , , , m—r + i ,, ,
—-—k vor eine vierte und überhaupt (9p) nebst k als einen
Factor vor eine (j—|— i) te Klammer derart, dass immer die J ,te über
die (r-j-l)' 6 Klammer greift, nach dem Beispiel der Formeln 57
und 59. Auf diese Weise erhält man aus 65
466
Schönbichler.
(66)
f
o
-[*
dtp siti 2 " <p (1 — li sin- <p)”
m — 2
»+3 ,
V (?) (l-
m—r+1
o «+m—I , j !!• «I . /»
— k (p) (1 — — k (cp) I / dtp sin 2 ” <p.
m—1 v m
0
Die rechts stehende grosse Klammer soll hier, mit dem darauf
gestellten m anzeigen, dass an dieser Stelle eigentlich m über
einander greifende Klammern stehen sollen. Das Fortgangsgesetz
dieser Reihe ist, eben durch diese Klammermethode (Einschachtlung)
so klar, dass ich wohl nicht nöthig habe, es in Worten deutlicher
zu machen, ihre praktische Anwendung aber so dehnsam als es das
Integral selbst ist, welches sie entwickeln soll.
Man setze in ihr <p — v tp, so erhält man (nach 63):
ß
dtp sin~ n v<p (1—k v.sin 2 <p) m
f671 [, m 2n + 1 . m— 1 2h-f3 , ^
( J = l 1 “ 7'2^2 C0S (Vk 0 T- 2n + 4 (V ^ 2 "+ 4 k
( , Mtm+tr k (1 _
1 - - w-« *i ß r • vy
i °
Für v — —- und n = m gibt aber diese Reihe wieder
(68) Jdtp sin im -- (l — sin- —J
^ m 2m + l
cos*(tp) 2m+ ok (l ■
(*-
2m + 2
m—r+1 2m + 2r—1
m—1 2m+ 3
- COS- {tp) 2m+4 k
2m-j-2r
2 2m + 4
COS* (tp) 2m+3r k (1
1 im —
1 .
m 4m
i m i n
- co.s 2 (p) 4 ,„Z:‘J / dtp .
o
und macht sogleich das entwickelte allgemeine Glied der
/ cp
dp sin 2m — die Factoren-
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
467
reihe aus 46 eingeführt und für jede Zahl 2m + 2r die veränder
lichen Factoren aus der Formel 45 für v = l abgeschrieben zu
werden brauchen. Vertauscht man dagegen in 68 das Integral
und eben so die veränderlichen Factoren
cos 3 (f) 2m +2 mit scc 2 (y>) 2m+2
COS 2 (^) 2hi +4 » SCC 2 (^) 2 m+4
CÖS 2 2m-\-2r n SCC~ »
so gibt die so umgestaltete Reihe sogleich das entwickelte all
gemeine Glied der Reihe 16, und dieses wird völlig entwickelt,
durch Einführung der Factorenreihe 50 statt Cdcp cos- m ~- und durch
Abschreibung der Werth e für sec 3 (^>) 2m +2 r von denFormeln 51 bis 53
oder der allgemeineren Formel
(nach 39). Für cos 3 (^) 2m _|_ 2 = 1 un ^ überhaupt cos 3 (p) 2 m +2r = 1
verschwinden aus der Reihe 68 alle veränderlichen Factoren; das
Integral ausser der Klammer wird
und die Reihe 68 selbst stellt sonach das allgemeine Glied der
Reihe 60 für die Complanation des ganzen schiefen Kegels vor.
Für m — 1, m = 2, m — 3.. . gibt die Reihe 68 die ersten
Glieder der Reihe 15 entwickelt und zwar mit denselben constanten
Coefficienten wie die Formeln 55, 57, 59 sieaufweisen, nur dass neben
diesen Coefficienten noch die veränderlichen Factoren cos 2 (<p) z ;
cos 2 (^>) 4 ; cos 2 (p) 0 . .. • Platz nehmen werden.
In den bisherigen Beispielen der Reihen 66 und 67 war m eine
ganze positive Zahl, diese Reihen gelten aber auch für jedes
andere m, das ein echter positiver oder negativer Bruch sein
kann. Von den vielen praktischen Anwendungen der Reihe 67 will
ich nur noch ein einziges Beispiel aufFüRren: Man setze (in 67)
n~ 0, v = 1, m = | und k' = k 2 , so wird aus 67, wenn man
noch die ganze Gleichung mit as multiplicirt
468
Scliönbichler.
(69) asJ'd(pV\-
1 +
k"sin 2 tp = «sp.Jl—ill Ar 3 cos 3 (2<p% (l +
^ k"-cos-(2tp) Ii (l + ^ k~cos 2 (2<p) e (l + • • •
(2r—3) (2r—1)
k-cos" (2tp) ir (l + ].
2r.2r
Diese ins Unendliche fortlaufende Reihe würde man auch aus
IS und 16 erhalten, wenn man dort k 1 = 1 setzt, weil in diesem
Falle 4
: f dtp sin 2m — (l —sin- —) = 4 ('dtp cos 2m —(1— cos 3 —j
J 2 2 J 2 2
=dtp sin 2 " 1 <p wird; nur müsste man noch die Factorenreihen
(nach 33) statt der Integrale Jdtp sin 2r tp einführen und die gleichen
Factoren ausserhalb von Klammern bringen. — Für s = 1 lässt die
Reihe 69 den Rogen einer Ellipse berechnen, deren grosse Halbaxe
= «> und kleine Halbaxe = aV 1 —k" ist, und der Winkel tp
den einen Schenkel in der kleinen Axe hat. Stellt dagegen s die
Seite eines schiefen Cylinders vor, dessen Grundflächen-Halb
messer = a ist, so kann durch diese Reihe die krumme Querfläche
eines prismatischen Stückes des schiefen Cylinders gefunden werden,
wenn dieses Stückes gleiche Grundflächen einen Winkel AMT — tp
(siehe Fig. 2) innerhalb des ersten Quadranten haben, sodann seine
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
469
Excentricität ME — e, seine Seite MN = DC = s und k 2 — —
s 3
gesetzt wird. Weil im letzteren Falle für k 2 — --, auch gefunden wird
e 3 ME" FM a 2 cos 2 31 AP a 2 — a 2 sin* MAP a 2 — 3IP 2
7 2 ~ MN* AM* 7* = Tr = 7* ’
so erhellet auch aus diesen gleichen Ausdrücken für die Elliptieität
des Cylinders, dass: wenn von einem schiefen Cylinder seine
Seite oder Axe MN = AB — s, sein Halbmesser AM = a
und der Winkel PA3I gegeben ist, den in der durch die Mittel
punkte seiner beiden Grundflächen auf sie senkrecht geführten
Ebene die Seite mit dem Durchmesser macht; oder statt die
ses Winkels auch die kleine Haihaxe MP = b der Ellipse,
welche die Seiten des Cylinders senkrecht schneidet; in beiden
Fällen sämmtliehe Stücke zu seiner Complanationsreihe (69)
vorhanden sind. Denn, wenn der Winkel MA P gegeben ist, so ist
k 2 — cos 2 MAP, und wenn MP = b (die kleine Halbaxe) gegeben
. , , a 2 - AIP* a 2 — b 2 , . . .
ist, so ist k 3 = = — und es ermangelt in keinem
a 2 a 3
Falle eine weitere Bedingung als die Grösse des Winkels y zu
kennen '). Wäre <p = —, so wird cos 3 (2 <p) 2 — 1> cos 2 (2 f ) 4 = 1,
2
und überhaupt cos 3 (2 <p~) ir — 1 (siehe die Formeln 34, 33), man
erhält sonach den Inhalt eines Cylindermantelstückes, dessen Grund-
7T
fläche ein Quadrant wie AMQ ist, für <p =— aus der Reihe 69
2
durch die einfachere Reihe
: a — [l
2 L
1.1
' %7i
k 2
und den ganzen Cylindermantel durch das Vierfache dieses Wer-
thes. Die vier Cylinderstücke, deren Grundflächen die Quadranten
AMQ, QMD, DMR und RMA sind, haben nämlich vollkommen
gleiche Oberflächen, wenn gleich die Stücke von den entgegengesetz
ten Quadranten, wie AMQ und DMR, wie sie auch immer umge-
ra + <o 2 A &
A ) Auch im schiefen Kegel ist k 2 = = = cos 2 CAE (siehe Fig. 1), d. h.
s~ A C~
k (in den Formeln 4 bis 9) ist der Cosinus des Winkels, der in der Ebene der
kürzesten und längsten Seite die längste Seite mit dem Durchmesser macht. Die
Bezeichnung der Module mit dem Buchstaben k ist also (für Deutsche wenigstens)
in mehr als einer Hinsicht passend, denn k bezeichnet nicht nur immer eine Con-
stante, sondern in den meisten Fällen auch den Cosinus eines augenfälligen Winkels,
470
Schönbichler.
wendet werden, sich nicht decken mögen. Auch zwei Cyiinder-
mantelstücke, deren Grundflächen, wie AMT und DMS, gleiche
Winkel haben, sind einander gleich: sobald diese Mantelstücke an
jenen Seiten AB und CD des Cylinders liegen, die durch die Pole
der kleinen Axe jeder Ellipse gehen, welche senkrecht alle Seiten
des Cylinders durchschneidet. Denn in solchen Lagen ist der ellip
tische Bogen auf dem einen Mantelstück dem elliptischen Bogen auf
dem andern gleich; der Inhalt dieser Mantelstücke ist aber eben
nichts anders als das Product ihres elliptischen Bogens in irgend eine
ihrer gleichen Seiten.
VI.
Bei der Auflösung der Integrale fd<p sin im v<p und Jd<p cos 2m vtp
in die veränderlichen Factoren von der allgemeinen Form cos 3 (vf)- ir
und sec 3 (vf) 2r hatte ich die Absicht, den numerischen Calcul zu
den Integralen
Jdf siri in Vf (I — k' sin 2 vf ) m und Jd f cos 2 " Vf (1 —k cos 2 vf)"‘
mit Hilfe der allerleichtesten Bechnungsoperationen ■— der Addition
und Subtraetion — zu bewerkstelligen. Ich erreiche diese Absicht
in der That durch die zugänglichsten tabellarischen Hilfsmittel der
Mathematik, nämlich einfach durch die Logarithmen der Sinus und
Tangenten, die in allen, auch in den wohlfeilsten logarithmischen
Tafeln anzutreflen sind. Einige Beispiele dieses Calculs an den ent
wickelten Beihen 68 und 69 werden geeigneter sein, ihn kennen zu
lernen, als eine ganz allgemeine Darstellung desselben.
Es sei (in der Reihe 69) der Modul k 3 so klein, dass man das
Glied mit der Potenz k s , also das vierte Glied, schon vernachlässi
gen und demnach setzen kann
<p
^ ‘ f Kl — k 2 sin 3 f =
f [l— k 2 cos 2 (2f\ (l +“ k 2 cosJZfjJl k 2 cos 3 (2p) 0 ))],
3.5
so kann zunächst — k 2 cos 2 (2^)„, da es für jedes f positiv ist,
dem Quadrat einer Tangente gleich gesetzt werden, und man wird
3.3
schreiben können — k~ cos 3 (2y>) 6 = taug 2 , mithin
3.5 i
1 + —- k 3 cos 2 (2t£>) 8 =1-1- tunq 3 a, = sec 3 «, = —-—,
6.6 u cos 3 a.
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
471
und die Formel 70 veducirt sich auf den kürzeren Ausdruck
Weil nun wieder -— k* V ° S für jeden Werth von cp posi-
4.4 J Y r
tiv bleibt, so setze man es = tang 3 also
, ,1.3, cos* , , 1
1 + m = 1 + tan f
4.4
cos 4 a 1
und die ganze Formel 71 kommt wieder auf den kürzeren Ausdruck
V L 2.2 cos 2 a 3 J
Da aber das ganze Integral dcp^ 1—k* sin* cp, also auch
der Ausdruck 72 nur positiv sein kann, sobald cp positiv ist, so muss
auch der umklammerte Ausdruck [l lc 2 in 72 für
L 2.2 cos" J
. . i.l cos 3 (2^) a
jeden Werth von (p positiv sein, mithin muss k z -— ein
2.2 cos ctg
echter positiver Bruch sein, weil es für jedes cp nur positiv aber
niemals grösser als 1 werden kann; denn, würde es grösser als 1
i , 1.1, cos 2 (piep) , , .
werden, so wäre 1 k* negativ, also auch der Aus-
2.2 cos- ec a
druck 72 negativ, Avas unmöglich ist. Man setze daher
1.1, cos* (2®) . ... . , 1.1, cos* (2y>)
— k 2 — = sm* a 3 , mithin 1 — — k* = cos- « 3 ,
2.2 cos 2 a 3 2.2 cos- a„
so wird der gesammte Wertli von 72 durch den noch kürzeren Aus
druck cp . cos 2 a 3 dargestellt, es ist also annäherungsweise
Jdcp ^ 1 —k* sin 2 cp — cp cos 2 « 3 .
Gesetzt nun, es Avären die Logarithmen der Functionen
cos 2 (2<p) 2 ; cos 2 (2^) 4 ; cos 2 (2f) 6 schon bekannt und man setzte:
\ /T7l =
2~2
V iT? = ^
(72)
(73)
log cos (250)4 = it 2 ;
% cos (250)0 = ;
log
log V
2.2
3
4.4
3T3 == ’
676
472
Schönbichler.
so wird der numerische Calcul zur Erlangung von cos 2 « s auf fol
gende Art geführt werden können. Es ist:
log . fang a, =
= log Je -(- 4 -j- X 3
nach der eben erklärten Bedeutung von l 3 und A 3 . Man addire nun
diese drei Logarithmen, bringe ihre Summe auf die negative Cha
rakteristik 10, befrachte den sogestalteten Logarithmus als einen
Tangenten-Logarithmus, suche in einer Tafel der Logarithmen den
Sinus und Tangenten, den gleichgrossen Logarithmus unter den Tan
genten und schreibe endlich den auf derselben Zeile belindliehen
Logarithmus des Cosinus heraus: dieser, weniger Charakteristik 10,
ist der Logarithmus von cos a,.
Nachdem nun log . cos bekannt ist, so erhält man
log . lang a 2 = /c- —■ = log /c + 4 + X 3 — log cos « t .
Man addire nun wieder diese vier Logarithmen, bringe ihre
Summe auf die negative Charakteristik 10, betrachte den sogestal
teten Logarithmus wieder als einen Tangenten -Logarithmus, suche
in der Tafel der Tangenten - Logarithmen den gleichgrossen und
schreibe wieder den auf derselben Zeile stehenden Logarithmus
des Cosinus (weniger Charakteristik 10) heraus, welcher sonach
= log . cos et, ist.
Nachdem log cos a 3 bekannt ist, so erhält man
\f fl cos 2 (2p).
log sm « 3 = V — k 3 —— = log k -\~ l, + — log cos a 3 ,
und nun addire man wieder diese vier Logarithmen, bringe ihre
Summe auf die negative Charakteristik 10, betrachte den sogestal
teten Logarithmus aber als einen Sinus-Logarithmus. Nachdem man
in der Tafel der Sinus-Logarithmen einen gleichgrossen aufgesucht
und den auf derselben Zeile stehenden Cosinus-Logarithmus (weni
ger Charakt. 10) = log cos a 3 herausgeschrieben hat, multiplicire
man diesen mit 2 und bringe ihn auf seine natürliche Charakteristik,
so hat man
2 log . cos a 3 = log . cos 2 a 3 , also (man sehe 73)
log . f . cos 2 a 3 = log <p -(- 2 log . cos a 3 ,
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
473
und nach Addition dieser beiden Logarithmen den Zahlenwerth der
gegebenen dreigliedrigen Reihe 70, durch Hilfe jeder Tafel der vul
gären Zahlen-Logarithmen ‘)-
Dieser Calcul setzt voraus, dass die Logarithmen der
Wurzeln der Functionen cos 2 (2y>) a , cos 2 (2^>) 4 , cos 2 (2y?) 6
bekannt seien, aber gerade diese Bedingung ist am leichtesten
zu erfüllen. Denn, es sei log cos (2<p) z ; log cos (2^) 4 ; log cos (2<p) e
zu berechnen. Nach den aus 33 abgeleiteten Formeln ist
sin %(p
cos 2 (2y>)a =1 — 1 — sin 2 (2^) a
2 ‘ .
cos 2 (2^) 4 =1 — sin 2 f tätig 2 (2(p) z = 1 — sin 2 (2^) 4
4
cos 2 (2^) 6 = i — — sin 2 <p tang 2 (2$c>) 4 = 1 — sin 2 (2ip) a
man setze log\ ^ — Li\ log y = ; log\y = i 3 u. s. w.,
die man sich ohnedem, wenn dergleichen Rechnungen öfter zu machen
sind, gleich wie die obigen Logarithmen l t =
l s u. s. w. im Vorhinein berechnen und in eine Tafel (vielleicht bis
L 30 und 4o) eintragen wird. Nun findet man aus 74
1
log sin (2f) a = — (log . sin 2<p — log . 2<p),
mit diesem Logarithmus gehe man in die Tafel der Sinus-Logarith
men, suche den gleichgrossen dort auf, schreibe den Logarithmus
des Cosinus auf derselben Zeile des Buches (von demselben Winkel)
als den Werth des gesuchten log . cos (2^>) a = Ai heraus, und
addire sogleich den auf derselben Zeile stehenden Logarithmus der
Tangente zu L t -f- log . sin cp, so erhält man nach 73
(74)
(75)
(76)
4 ) Die Functionen cos (Z<P) 2 5 cos • • • tan ff a i 5 ian 9 «2 • • • sind hier trigono
metrische Linien eines Kreises vom Halbmesser =1. Man betrachte daher die
Logarithmen der Sinus und Tangenten in unseren üblichen Tafeln gerade so, als ob
sie für den Halbmesser i eingerichtet wären, dass mithin jeder solche Logarithmus
ausser seiner sichtbaren p o s i t i v e n Charakteristik noch eine (aber nicht beige
setzte) negative Charakteristik = 10 habe. — In der That! wollte man eine
Logarithmentafel der Sinus und Tangenten für den Halbmesser 1 einrichten, welche
andere gleiche negative Charakteristik als 10 könnte man geben? Da aber
heutzutage von allen Analysten, mit ganzem Recht, die trigonometrischen Formeln
für den Halbmesser 1 eingerichtet werden, so erscheint die Zeile auf den Titel
blättern „für den sin tot = 10000000000“ als ein Zopf in Nullen.
474
S c li ö n b i c h 1 e r.
'VI
L, -f- log sin <p -f- log lang (2<p) a — log V — sin 2 ep tang 2 (2<p) 2 =
log sin (2ep\.
Mit diesem Logarithmus gelie man wieder (nach gehöriger
Reduetion seiner Charakteristik) in die Tafel, suche unter den Sinus-
Logarithmen den gleichgrossen, schreibe den Logarithmus des
Cosinus, der auf derselben Zeile steht, heraus, so ist dieser wieder
log . cos (2<p), t = A 3 ; den Logarithmus der Tangente, der auf der
selben Zeile steht, addire man aber sofort zu Z 3 -)- log sin <p, so ist
L; ■+ log sin © -f log tang (2y) 4 = log\ sin 2 f taug 2 f (2 p) 4 =
log sin (2y) 6 u. s. w., u. s. w.
Auf ganz ähnlichen Weg, jedoch für andere Winkel (2y>) 3 ;
(2y) 4 ; erhält man nach 39 die Functionen sec (2y) 3 ;
sec (2y) 4 durch log sec (2f) 3 = 10 — log cos (2y) a
log sec (2y) 4 = 10 — log cos (2y) 4 u. s. f.
Noch nützlicher scheint die Anwendung dieses stäten logarith-
mischen Calculs hei der numerischen Berechnung der Reihen 67
und 68, wenn m eine ganze positive Zahl ist. Es sei z. B. das dritte
Glied der Reihe IS, welches durch 68 für m = 3 näher entwickelt
wird, nämlich
y
<p
- ia cp sirr
V
1.1.3 4 s k' 3
k*
2.4.6
1 ,1.3.S 4 2
/
Idy 8 in 0
(1 — k' sin 2 j>) 5
ä 6 4 3 /c' 3 cos 2 (50)2 cos 2 (cp) 4 cos 2 (y) 6 X
[ 1 - Y • y*' cos2 0)s (i - ^ k' cos 2 (y), o(i — 4"'^* cos2 W 12 ))]
mit Hilfe schon bekannter Logarithmen für cos (53)3; cos (y) 4 ....
1 11
bis cos (cp) 13 zu berechnen. — Man setze, weil — . — k' cos 2 (y) 13
3 12
augenscheinlich ein echter positiver Bruch ist, diesen = sin 2 ex,, so
1 11
ist 1 — . — k' cos 2 (f>)ia = cos 2 ex, und
o 12
co« 2 (y) 10 (l—COS 2 (cp) 13 ) =~ . k' cos 2 (cp)!o cos 2 «,.
Die Complanation des schiefen Kegels etc.
Da nun dieser Ausdruck wieder ein echter positiver Bruch ist,
9
so sei — 1c cos 2 (y)i 0 cos 2 cq = sin 2 a s , und es reducirt sich der
ganze umklammerte Ausdruck in 77 auf den einfacheren
r 3 7
[l — — . — k' cos 2 (tp) 8 cos 3 a 2 ]
und dieser Ausdruck muss nothwendig positiv sein, weil die ganze
Formel 77 positiv sein soll, vor der Klammer aber, in dem Product
1 /i.3.5^3
j c ° ^ /c 3 cos2 cosa (?)* cos3 W«
kein negativer Factor erscheint. Wenn aber die Formel 78 positiv
3.7
ist, und auch in —- k 1 cos 3 (jj) 8 cos 2 a 2 kein negativer Factor er
scheint, so ist dieses Product gleichfalls ein echter positiver Bruch.
3 7
Man setze daher —.— k' cos 2 (y>) 8 cos 2 a 3 = sin 2 « 3 , so wird aus
77 der kürzere Ausdruck
1 /1.3.Sn2
Y 4 6 J Ä 6 li •’ 4 3 cos 2 (y) 3 cos 2 (y>) 4 cos 2 (y) 6 cos 2 a 3 — A und
log A = 2 [log. cos (f) 3 log. cos(^>) 4 -f- log. cos (f) a log cos
« 7 fl /I• 3• 2 7 7 . , \
+** ij (»xii)
Die Logarithmen für cos a,; cos a. a ; cos cc 3 werden in den Ta
feln der Sinus-Logarithmen, nach vorher berechneten sinai; siti a 3 ;
sin a 3 , noch weit leichter gefunden, als die gleichbenannten Func
tionen in 71, 72, 73 nach vorberechneten lang cq, lang a 3 , tang « s
gefunden werden, da unsere üblichen Tafeln so eingerichtet sind,
dass gleich neben dem Logarithmus des Sinus der Logarithmus
des Cosinus von gleichem Winkel steht. Ausserdem wird hier der
Logarithmus von cos cq, cos a 2 ,. ... zu einer Summe von Logarith
men hlos addirt, während er dort (in 71-—73) subtrahirt, oder
doch seine dekadische Ergänzung gesucht und addirt werden muss.
Diese Vortheile mögen klein sein, aber sie wachsen mit der Glieder
anzahl.
So wie das dritte Glied der Reihe IS hier berechnet wurde,
lassen sich, wie leicht ersichtlich, das erste und zweite Glied dieser
Reihe gleichfalls behandeln. Oh aber auch die numerische Berech
nung des vierten, fünften, sechsten und überhaupt des znten Gliedes
(78)
(79)
.
476 Schönbichle r. Die Complanation des schiefen Kegels etc.
der Reihen IS und 16 dieser ununterbrochenen Reduction auf Sinus-
Logarithmen sich unterwerfen lässt? das muss erwiesen werden.
Vielleicht komme ich in die Lage, in einer andern Abhandlung zu
erweisen, dass sich dieser Calcul, den ich den „stätigen“ nennen
möchte, wirklich auf diese und noch weit mehr Fälle anwenden lässt,
welche sämmtlich in der Reihe 66 einen allgemeinen Ausdruck finden.
Es lässt sich mit aller Evidenz zeigen, dass die Form folgender
Gleichungen (der einzelnen Glieder der Reihe 66) erlaubt und statt
haft ist, sobald m eine ganze positive Zahl und k' ein echter posi
tiver Bruch ist:
| n-bm | n-\~m
— 4' ($£>) = sin- «j, mithin 1 —— k' ($z>) — cos- <x t
2 n+m—1 2 n+m—1
^ k' (<p) cos 3 Ä! = sin 2 a a , mithin 1 — k 1 (p) cos 3 <x, = cos 3 «
und allgemein
in—r+i f ”+r
r 4 (c ) cos- cc m — r — sin- u m —i •
Die Giltigkeit dieser allgemeinen Gleichung ist, was ihre'Form
betrifft, wie gross auch immer m werden möge, vollständig erweislich.
Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen u. Pliocen), Diluvium etc. 477
Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen),
Diluvium und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen
Alpen und ihrer Umgebung.
Von D. Stur.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. April 18ä6.)
EINLEITUNG.
In der kurzen Zeit seit dem Erscheinen der geologischen Über
sichts-Karte A. v. Morlot's und der geologischen Karte der Umge
bungen Wien's von J. C z j z e k sind viele Beobachtungen, insbesondere
über das Vorkommen der jüngeren Ablagerungen im Gebiete der
nordöstlichen Alpen gemacht worden. Namentlich durch die Arbeiten
der k. k. geologischen Reichsanstalt werden Daten aus allen Gegen
den der nordöstlichen Alpen über das Vorhandensein, über die Lage
rung der tertiären Diluvial- und Alluvial-Ablagerungen zusammen
getragen; man hat ihre Verbreitung durch Österreich, Salzburg,
Kärnten und Tirol nachgewiesen. Auf diese Weise hat man eine
Masse von Beobachtungen aufgehäuft, die nun zu ordnen und in ein
leicht zu übersehendes Ganze zusammenzufassen eine zeitgemässe
Aufgabe geworden ist.
Es schien vor Allem nothwcndig, alle bisher gemachten Beob
achtungen über die tertiären und jüngeren Gebilde auf eine Karte
aufzutragen, und so ein Bild der Verbreitung derselben zu entwerfen.
Dann wurde es eben so nothwendig, die constanten und sich überall
wiederholenden Verhältnisse, unter welchen diese Ablagerungen Vor
kommen , besonders ins Auge zu fassen, die vielen Widersprüche
hervorzuheben und dieselben, so weit es die vielen in dieser Hinsicht
gemachten Beobachtungen erlauben, zu erklären. Mitbin einen Stand
punkt zu erreichen, von dem man einen klareren Blick, auf die noch
der Aufnahme harrenden Gegenden zu werfen, in den Stand gesetzt
wird.
Auch v. Morlot suchte während seines Wirkens in Wien und
Gratz dieses Ziel zu erreichen. Aber wegen Mangel an umfassenden
Beobachtungen war er, weil voreilig, gezwungen manche Fehlschlüsse
Sifzl). d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft. 31
478 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen undPliocen), Diluvium
zu thun, die er später liier in seiner Weise zu begründen und zu
beweisen anstrebend sich in eine Theorie verwickelte, welcher zu
lieb er an Thatsacben und Beobachtungen, die vor und nach ihm für
wahr und richtig anerkannt worden sind zu zweifeln, und deren
Wahrheit umzustürzen sich nicht scheute.
Um eine kurze Übersicht der Arbeiten A. Morlot’s zu geben
und zugleich seiner Theorie, die von der meinigen ganz verschieden
ist mit einigen Worten zu erwähnen, muss ich einige Citationen
folgen lassen.
Über seine ersten Studien der tertiären und Diluvial-Ablagerun-
gen bei der Begehung der nordöstlichen Alpen und der Umgehungen
von Judenburg und Knittelfeld möge man in seinen Erläuterungen
zur geologisch bearbeiteten Section VIII der Generalstabskarte von
Steiermark und Illyrien im Frühjahre 1848, S. 35 nachlesen.
Über eine von A. v. Morlot im Jänner 1849 vorgelegte Karte
der nordöstlichen Alpen, auf welcher er die Vertheilung von Land
(weiss gelassen) und Wasser (blau gefärbt) in ihrem Gebiete zur
Miocenperiode darstellte, lese man in Haidinger’s Berichten,
Band V, Seite 98; wo auch das Niveau des tertiären Meeres auf
3000' über dem jetzigen angegeben wird.
Das, am dritten August 1849 ausgesprochene Gesetz der
Niveauverhältnisse der tertiären Formation ist in Haidinger's
Berichten VI, Seite 72, und im Jahrbuche der k. k. geologischen
Reichsanstalt, Bd. I, Seite 104, Anmerkung 2, entwickelt. Es wird
daselbst bewiesen dass die ungleiche Höhe der Miocen-Ablagerungen
nicht von ungleichen im Ostalpen - Gebiete stattgehabten Hebungen
herrührt, sondern dass die miocenen Ablagerungen alle unter einem
und demselben Wasserspiegel gebildet wurden.
In einer im Jahrbuche der geologischen Reichsanstalt, Band I,
Seite 104 gedruckten Abhandlung bespricht A. v. Morlot die
Niveau-Verhältnisse der Miocen-Ablagerungen im Gebiete der Mürz
und glaubt daraus schliessen zu können, dass das Miocen-Meer
über den Semmering wegging, und die Parschluger Kohlenformation
eine marine Bildung sei.
Über die Hydrographische Karte A. v. Morlot's lese man im
Jahrbuche der geologischen Reichsanstalt, Band I, Seite 365,
vom 2. April 1850, und in den Sitzungsberichten der kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften, mathem.-naturw. Classe IV, 1850.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung 1 . 479
Seite 369, vom 11. April 1850; wo derselbe auch das Niveau
des tertiären Meeres auf 3500' über dem jetzigen Meere feststellt.
In brieflichen Mittheilungen an W. Hai ding er vom 14. und
19. Juni 1850, Jabrb. der k.k. geol. Reichsanstalt, Bd. I, Seite 347,
sucht endlich A. v. Morlot zu beweisen, dass der Leithakalk
eocen sei.
Dr. Boue widerlegt die Morlot’sche Theorie in den
Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wissenschaften, mathem.-
naturw. Classe, Bd. IV, 1850, Seite 385, und gibt dort zugleich die
Grundlage an, auf welcher eine, die merkwürdigen Niveau-Verhält
nisse der Neogen-Formation erklärende Theorie gebaut werden
müsse.
In der Tliat müsste Morlot nach den vorhandenen Messungen
über die absoluten Höhen der Schotter-Ablagerungen in Steiermark,
Salzburg, Kärnten und Tirol sein miocenes Meeres-Niveau bis auf
6200' feststellen.
Der Zweck dieser Arbeit ist eine Theorie aufzustellen, welche
die Art und Weise, wie die Bildung der tertiären und jüngeren
Ablagerungen vor sich gegangen war, erklärt. Um aber dieser Arbeit
einen praktischen Werth zu sichern, habe ich mich bemüht, die
Mittheilung aller bis jetzt gemachten wichtigeren Beobachtungen, so
weit es anging, ohne allen theoretischen Betrachtungen voraus
zuschicken , um auf diese Weise eine möglichst kurze Zusammen
stellung des bis jetzt, über die jüngeren — tertiären und auf
wärts — Gebilde im Gebiete der nordöstlichen Alpen Bekannten
zu machen, als auch die Mittel zugleich an die Hand zu geben, um
zu beurtheilen, wie weit meine Theorie als geltend angenommen
werden könne. Daraus folgt die Theilung meiner Arbeit in zwei
Abschnitte.
Die Ablagerungen im Innern der Alpen werden besonders
berücksichtigt, und eine Parallelisirung derselben mit den ausserhalb
der Alpen befindlichen Ablagerungen angestrebt. Die Ablagerungen
der älteren, eocenen Epoche der tertiären Formation werden dagegen
gar nicht berücksichtigt. Daher ist im Verlaufe der Abhandlung
immer nur von der jüngeren, neogenen (miocen und pliocen)
Epoche die Rede.
31”
480 Stur. Uber die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
I. BEOBACHTETES.
A. GesteinsbeschalFenheit und Versteinerungen der neogenen Ablagerungen.
a) Offenes Meer.
1. Allgemein verbrcilefc Gebilde.
Das Wiener Becken. Die Tegelbildung mit untergeordneten
Sand- und Geröll-Lagen nimmt im Wiener Becken eine Mächtigkeit
ein, die bisher noch auf keinem Punkte gänzlich erforscht wurde.
Hier lese man nach in J. Czj z ek’s Erläuterungen zur geognostischen
Karte der Umgehung von Wien, Seite 41 und folgende. Im Anhänge
Seite 45. Man kann annehmen, dass diese Tegelbildung mehr
als 1000' Mächtigkeit besitze.
Die Fossilreste, welche die erbohrten Schichten liefern (J. Czj-
zek, Jahrb. derk.k. geol. Reichsanstalt, Band II, Heft 6, Seite 82),
zeigen, dass in der Tiefe eine Meeresbildung vorherrsche, die nach
oben allmählich in Absätze aus brakischen und zum Theile süssen
Wässern übergeht. Eine wellenförmige Lagerung der Tegelschichten
im Wiener Becken ist überall bemerkbar.
Dr. Moritz Hörnes hat eine Abhandlung über das Vorkommen
der fossilen Mollusken des Tertiär-Beckens von Wien geschrieben.
(Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. II, Heft 4, Seite 93 und
folgende.)
Nach den neuesten Arbeiten hat Dr. Hörnes *) die unter dem
Schotter und Sand gelagerten Schichten der Tegelbildung in fol
gende Unterabtheilungen gebracht. Erstens theilt er den Tegel im
Allgemeinen in den oberen Süsswasser-Tegel, und in den aus dem
rein salzigen tertiären Meere abgelagerten unteren Tegel. Als die
Grenze zwischen diesen beiden Tegel - Ablagerungen betrachtet
Dr. Hörnes die weit verbreiteten, in ihrer Zusammensetzung sehr
constanten, und mithin einen sehr sicheren Horizont bildenden Ceri-
thien-Schichten.
Den unteren Tegel theilt Dr. Hörnes in eine obere Sand- und
eine untere Tegelablagerung. Dort wo diese beiden Unterabtheilun
gen an einander grenzen, besteht ein Complex von Tegel- und Sand-
A ) Dr. Hörnes, schriftliche Mittheilungen.
und Alluvium iin Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 481
Schichten, die mit einander wechsellagern. Nach diesen Vorbemer
kungen lässt sich folgende schematische Darstellung der tertiären
Schichten des Wiener Beckens verfassen.
Schotter 1
Sand >
Tegel j
Oberer Tegel ....
Cerithien-Schichten .
Unterer Tegel
Sand
Sand und Tegel
Tegel
Der Schotter besteht aus zugerundeten meist länglichen
Geschieben von verschiedener oft bedeutender Grösse, darunter sind
Quarzgescbiebe am häufigsten, man trifft aber auch solche von Granit,
Gneiss, Glimmerschiefer, zuweilen auch von Syenit, Porphyr und
rothem Sandstein. Eine Schichtung ist nicht bemerkbar. Der
Schotter überlagert die Hügel des Wiener Beckens mantelförmig 4 ).
Der, die Tegelbildung allgemein überlagernde und seinerseits
eben so allgemein vom Schotter bedeckte Sand ist weiss, weisslich
oder gelblich grau, gröber oder feiner und besteht aus wenig scharf
kantigen Quarzkörnern, denen feine Glimmerblättchen untermengt
sind. In den untersten Lagen dieses Sandes, dort wo er bereits auf
dem Tegel aufliegt, werden Knochenreste, einzelne Zähne und ganze
Kiefer ausgegraben von:
Wien
Brunn
Gaunersdorf
! Pötzleinsdorf
Niederkreutzstätten
Gauderndorf
I Grund
1 Nikolsburg
lSteinabrunn
'Nussdorf
IGrinzing
[Enzersfeld
Gainfahren
I Vöslau
Möllersdorf
Baden.
U J. Czjzek, Erlniit. z. g. Karte von Wien, S. 19.
482 Still'. Ülier die Ablagerungen des Neogen (Mioeen und Piioeen), Diluvium
Mastodon angustidens Cuv.
Dinotherium giganteum Kaup.
Acerotherium incisivum Kaup.
Sus palaeochoerus Kaup.
Hippotherium gracile Kaup.
Cervus haplodon H. v. Meyer.
Das weitere über den Sand lieferte J. Czjzek, Jahrbuch der
k. k. geolog. Reichsanstalt, Band II, Heft 6, Seite 83.
Über den oberen Tegel ist eine Abhandlung von J. Czjzek
im Jahrbuche der geolog. Reichsanstalt Bd. II, Heft 2, S. 80 und
82 erschienen, wo namentlich über die wellenförmige Lagerung der
oberen Tegelschichten am Wiener und Laaer Berge gesprochen
wird. Mit den südlichen und nördlichen Abhängen parallel, heben
und senken sich die Schichten, werden gegen die Mitte etwas
mächtiger, an den Rändern der Abhänge dagegen werden sie
schwächer, und manche keilen sich gänzlich aus.
Für den oberen Tegel sind charakteristisch:
Neritina fluviatilis L a m.
Melanopsis Bonei F e r.
„ pygmaea Part sch.
Congeria subglobosa Part sch.
„ spatludata Partsch.
„ triangularis P a r t s c h.
In einer Sandleiste in den Ziegeleien bei Inzersdorf wurde
ferner noch gefunden:
Acerotherium incisivum Kaup.
Hippotherium gracile Kaup.
Cybium Partschii Münster.
Bei Hernals findet man im oberen Tegel *):
Phoca sp.
Delphinus sp.
Trionyx vindobonensis Peters.
Caranx Carangopsis He ekel.
Die Cerithien-Schichten und die Schichten des un
teren Tegels beschreibt J. Czjzek 3 ) und Dr. Hörn es 8 )
*) Dr. Peters, mündliche Mittheilung.
2 ) J. Czjzek, Erläut. S. 33.
3 ) Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt. Band II, Heft 4, Seite 104—118.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgehung:. 483
ausführlich; da sie uns hier weniger berühren und ohnehin eine
ausführlichere Abhandlung über die Schichten des tertiären Wiener
Beckens von Dr. Hörn es zu erwarten ist, so müssen wir uns mit
dem Gesagten begnügen.
Die Bucht von Untersteier. In dieser Bucht des weiten
ungarischen Tertiär-Beckens scheinen dieselben Verhältnisse obzu
walten, die im Wiener Becken als herrschend betrachtet worden
sind. Tegel bildet den Untergrund, darauf lagert der Sand und
dieser bedeckt in ungeheueren nur durch die Rinnsale der Bäche
unterbrochenen Flächen der Schotter. Die Cerithien -Schichten
treten hier ebenfalls auf.
Das Becken des La vantth al es *). Das Lavantthal, eines
der schönsten und fruchtbarsten Thäler Kärntens, wird im Osten
durch den Gebirgsrücken der Kor-Alpe und im Westen durch jenen
der Sau-Alpe begrenzt, lauft Avie die Gebirgsrücken, von Norden
nach Süden, und wird durch die zwischen Gröbern und Theisenegg
sich berührenden Ausläufer der Kor-Alpe und der Sau-Alpe in zwei
ungleiche Theile in das obere und das untere Lavantthal geschieden.
Der beim Taxwirth aus Steiermark nach Kärnten eintretende Lavant-
fluss durchzieht von Norden nach Süden zunächst das kaum */ 4 Meile
breite obere Lavantthal, zwängt sich sodann durch eine Gebirgs-
spalte, den schroffen Twimberg-Graben, in vielfachen Krümmungen
zwischen den Ausläufern der Kor-und Sau-Alpe hindurch, und betritt
oberhalb Wolfsberg das stellenweise eine Meile breite untere Lavant
thal, welches er nach seiner ganzen, hei drei Meilen langen Erstreckung
bis Lavamünd bewässert, wo er sich in den Draufluss ergiesst.
Sowohl im unteren als auch im oberen Lavantthale findet man
Schichten der Tertiärformation, denen die Thalsohlen ihre Fruchtbar
keit verdanken. Die tertiären Schichten des oberen Lavantthales
stehen jedoch in keinem unmittelbaren Zusammenhänge mit jenen des
unteren Lavantthales, wohl aber treten sie beim Taxwirth nach Steier
mark über und bilden dort das Tertiär-Becken von Obdach. Indessen
sind Anzeichen vorhanden, dass eine Verbindung des tertiären Meeres,
des oberen mit dem des unteren Lavantthales über den niederen
Gebirgssattel hei Pröbel und durch das Auenthal stattgefunden habe,
keineswegs aber nach dem jetzigen Laufe des Lavantthal-Flusses, der
*) M. V. Lipoid, Wiener Zeitung, 15. Dec. 1854.
i
484 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Plioceu), Diluvium
sich seine Bahn nach der Gebirgsspalte des T wimberg-Grabens erst
später darehgebrochen hatte.
Die tertiären Ablagerungen des Lava ntthales bestehen aus vier
verschiedenen Gebirgsarten. Die untersten, unmittelbar den älteren
krystallinischen und Übergangsschiefern, aufgelagerten Schichten
sind aus grösstentheils blaugrauen Mergeln und Tegeln (Thonen)
zusammengesetzt. Sie kommen häufiger im oberen als im unteren
Lavantthale zu Tage, und zwar im letzteren hauptsächlich am Dach
berge bei Jakling. Man findet in ihnen nicht nur Pflanzenreste, gröss
tentheils Dicotyledonen-Blätter, besonders bei Wiesenau und Schlott
im oberen Lavantthale, sondern auch Thierreste. Am Gemersdorfer
Bache zwischen Mühldorf und Maria Rojacli fanden sich im Tegel vor:
Area diluvii Lam.
Pecten cristatus Bronn.
Capulus hungaricus Brocc.
Valuta rarispina Lam.
Terebra fuscata Brocc.
Columbella nassoides Bell.
Rostellaria pes pelicani L a m.
Pleurotoma asperulata Lam.
„ spinescens P a r t s c h.
Conus Dujardini D e s h.
Turritella turris Bast.
Dentalium Bouei D e s h.
„ elephantinum Brocc.
Lauter Species, welche nach Herrn Dr. Hörn es, welcher die
selben bestimmte, der Fauna von Baden im Wiener Becken entspre
chen und somit die neogentertiäre Formation der Tegelschichten
darthun. Diese Schichten führen auch vorzugsweise Braunkohlen,
welche bisher bei Wiesenau und Reichenfels im oberen, und bei Pail-
dorf und Andersdorf im unteren Lavantthale bergmännisch aufgedeckt
wurden. Die Braunkohlen besitzen häufig eine lignitische Structur
und eine geringe Reinheit. Ihre Mächtigkeit ist bis zu drei Klaftern
bekannt geworden. Der Tegel von Dachberg bei Jakling wird als
ein ausgezeichneter Töpferthon benützt.
Die nächst höheren Schichten der Tertiär-Formation im Lavant
thale bilden Sande und glimmerige Sandsteine, letztere blau
grau oder bräunlich. Sie erscheinen bei Schiefiing im oberen und bei
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung 1 . 48Ü
Hattendorf, Wölkersdorf, Biecliling u. m. a. 0. im unteren Lavantthale
und führen, wie der Tegel, sowohl Pflanzenreste — bei Wiesenau,
Hattendorf — als auch Thierreste, unter denen vom Fundorte nächst
dem Fröhlichbauer am linken Lavantufer ob Lavamünd:
Buccinum mutabile Lin.
Natica millepunctata Lam.
„ gluucina Lam.
Pleurotoma Jouanetti D e s m.
Turritella sp ?
Cerithium picturn Bast.
Lucina scopulorum Brogn.
ebenfalls charakteristische Formen der jüngeren Tertiär-Formation
bestimmt worden sind.
Über den Sanden und Sandsteinen als drittes höheres Glied der
Tertiär-Schichten des Lavantthales erscheinen gelbe, sandige
Lehme. Diese besitzen die grösste Verbreitung, besonders im unteren
Lavantthale und auch die grösste Mächtigkeit. Ihr tertiäres Alter
wird durch Pflanzenreste, welche man in ihnen hauptsächlich im
Granitzthale vorfindet, erwiesen. Sie bilden theils terrassenförmige
schroffe Abhänge an der Lavant, z. B. bei St. Andree, theils verlaufen
sie sanft und flach gegen die Lavant.
Durch allmähliche Aufnahme von Gesteinsgeschieben gehen die
sandigen Lehme endlich in Schotter und Conglomerate über, welche
die vierte und höchste Abtheilung der Tertiär-Schichten des Lavant
thales bilden. Sie treten nur im unteren Lavantthale auf, u. z. am
Fusse der Kor-Alpe und an dem Gebirgsrücken zwischen dem Granitz-
Thale und derGriffner Ebene, wo sie sich durch Geschiebe von Gestei
nen, die daselbst nicht anstehend sind, kund geben. Die Conglomerate
sind von den Diluvial-Conglomeraten der Drauebene verschieden durch
das sandig lehmige Cement, das sie enthalten.
Die Schichtenfolge der tertiären Formation im Lavantthale ist
daher:
Schotter und Conglomerat.
Sandiger Lehm.
Sande und Sandsteine mit Versteinerungen.
Blaugraue Mergel mit Badner Versteinerungen.
Die Mächtigkeit der Tertiär-Schichten des Lavantthales, welche
nur kleine Vorberge an den Ausläufern der Kor- und Sau-Alpe bilden,
486 Stur. Über die Ablagerungen desNeogen (lliocen und Pliocen), Diluvium
kann man kaum auf 500' schätzen. Die geschichteten Ablagerungen
derselben lassen ein durchschnittliches Streichen von Nord-West
nach Süd-Ost, welches auch das Streichen der krystallinischen Schiefer
dieser Gegend ist, und ein Einfallen nach Süd-West mit 15—40°
beobachten.
Die neogenen Ablagerungen besitzen im oberen Lavantthale eine
Seehöhe zwischen 2—3000 Klafter, wogegen sie im unteren Lavantthale
nicht über 1800' sich erheben. Der Land- und Getreidebau im Lavant
thale wird bis zur Meereshöhe von 4000' betrieben; über 5000' sind
geschlossene Waldungen nicht mehr zu finden.
Das obere D onau-B ecken. Die Ablagerungen des Tull-
ner Beckens und nördlich von der Donau in der Umgebung von
Meissau und Ober-Hollabrunn bestehen ebenfalls aus Schotter, Sand
und Tegel. Die Cerithien-Schichten kommen hier vor *), der Tegel
mitCongerien fehlt; dagegen tritt hier in der Umgebung von Meissau
ein dem oberen Donau-Becken eigenthümliches Gebilde, der Menilit-
schiefer auf, in dem sich die Meletta sardinites Heckei vorfindet.
(Hier lese man nach: J. Czjzek, Erläuterungen zur geogn. Karte
von Krems, Seite 13 und folgende. Dann Seite 22, dann J. Czjzek,
Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt,Bd.IV, Seite 282). Im B ecken
von Linz bestehen die tertiären Ablagerungen aus Schotter, Sand
und Mergel. Die Versteinerungen des Mergels entsprechen im Allge
meinen dem unteren Tegel, die des Sandes den Cerithien-Schichten
und dem Sande des unteren Tegels. Der obere Tegel fehlt auch
hier. In den oberen Schichten des Mergels sind zwischen Stanersdorf
und Salau östlich von Markersdorf dünne Schiefer bemerkbar, die
in den oberen zerstörte Pflanzentheile, und darunter Fischschuppen
der Meletta sardinites He ekel ähnlich, führen. Auch bei Haaslach
stehen diese Schiefer an.
2. Locale Bildungen des offenen Meeres.
. Der Leithakalk ist eine Korallenbildung des tertiären Meeres,
die sich, wie noch gegenwärtig alle Korallenbänke, an den Untiefen
der Meeresküsten ansetzte; er ragt über die andern tertiären Gebilde
weit empor, ist nur am Bande der Becken und an Inselbergen zu fin
den, wo seichter Meeresgrund war. Die Korallenbänke des Leitha-
J ) J. C zj z ek, Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt. Band IV, Seite 27S.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 4:87
kalkes erreichen eine Mächtigkeit, die stellenweise nach Czjzek J )
900' überschreitet.
Eine lange Zeitperiode erforderte es, bis sich diese grossen
Massen von Korallen an den Rändern der Becken anhäuften, während
in der Tiefe sich die Tegel- und Sandschichten absetzten, d. i. der
Leithakalk ist zum Theile eine gleichzeitige Bildung mit dem Tegel,
beide haben äquivalente Schichten , obwohl sie nicht in gleichem
Niveau stehen.
Die zufällig in die Korallenmasse eingeschlossenen Reste von
Meeres- und Landthieren zeigen in einigen Schichten ein höheres
Alter, dagegen ein jüngeres in Anderen. An einigen Stellen überlagert
der Leithakalk den Badner Tegel und führt Versteinerungen, dieihnden
oberen Schichten des unteren Tegels gleich stellen. An anderen Stellen
dagegen findet man im Leithakalke:
Acerotherium incisivum Kaup.
Mastodon angustidens Cuv.
Dinotlierium giganteum Kaup.
Palaeotherium aurelianense Kaup.
Cervus haplodon H. v. Mey.
Trionyx Partschii Fitzinger (Loretto) ~).
Eine sehr ausführliche Abhandlung von Bergrath Czjzek über
denLeithakalk am Leithagebirge findet man im III. Jahrgang des Jahr
buches der geologischen Reichsanstalt, Heft 4, Seite 45, worauf ich
hinweisen muss.
b) Randbildungen.
Bei denjenigen Ablagerungen des tertiären Meeres, die sich am
Rande desselben abgelagert haben, lässt sich der Einfluss, den das
angrenzende Land und die süssen Wässer derselben auf ihre Beschaf
fenheit ausgeübt haben, nicht verkennen. Hierher gehören die Conglo-
merate und die Braunkohlen; beide verdanken das Material, aus dem
sie bestehen, den angrenzenden steilen oder flachen, sumpfigen Ufern
und deren Gewässern. Auch der sie begleitende Sand und Tegel ist
häutig von dem des offenen Meeres ganz verschieden; der Schotter
(im Inneren der Alpen wegen seinem Vorkommen hoch auf den
*) Im Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt. Band III, S. 4G.
2 ) Dr. Peters, mündliche Mittheilungen.
488 stur. Über die Ablagerungen des Neogeu (Miocen und Pliocen), Diluvium
Abhängen der Berge, von Dr. Peters Hoclischotter genannt), besteht
ebenfalls meist auch nur aus den Gebirgsarten, über und an welchen
er abgelagert wurde.
Diese Randesbildungen werden aber vorzüglich durch das Auf
treten der Braunkohlen in denselben charakterisirt. Man findet zwar
auch häufig vom Rande des ehemaligen Meeres bedeutend entfernt
Braunkohlen-Lager an solchen Stellen, wo man ein offenes Meer
Yermuthensollte. DieseStellen sind abergewiss Untiefen und ruhigere
Stellen des Meeres gewesen, an denen die Treibhölzer, die eben auch
vom Lande kommen mussten, sich ablagern konnten. Die Braunkohlen
sind es aber auch, deren Lagerungsverhältnisse durch die vielen
darauf betriebenen Bergbaue besser aufgeschlossen sind, die das Stu
dium der Randesbildungen ermöglichen; sie sollen auf einige Augen
blicke unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen.
Je kleiner aber ein Becken ist, desto mehr Ränder besitzt das
selbe, und seine Ablagerungen sind blos Randesbildungen; daher sollen
die im Innern der Alpen eingeschlossenen kleineren Becken ebenfalls
in diesem Abschnitte behandelt werden.
1. Allgemein Tcrbeeitete Gebilde.
Wiener Becken.
Bei Leobersdorf, ganz in der Ebene kommt ein Flötz von
Lignit vor; es lagert im Sande auf Tegel 1 ).
Der Lignit der Jaulingwiese. Ein dem östlichen Rande
dieser Mulde nahe gelegener Braunkohlen-Bergbau gibt über die
Gebilde, welche den Kessel erfüllen, Aufschluss. Folgende Schichten
reihe von oben nach unten liess sich ermitteln:
Conglomerat
Sandstein
Tegel
I. Lignitflötz 3 — 4"
Tegel 20"
II. Lignitflötz 1'
Tegel 4"
III. Lignitflötz 1'
Lichtgrauer Tegel mit Knochen 3—9'
Grundgebirge Dolomit.
im Mittel 17 Klafter.
*) J. Czjzek, mündliche Mittheilung-en.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung:. 489
Im Hangend und Liegend-Tegel des ersten Flötzes kommen vor:
Helix argillacea Fer., Neritina virginea Linn., „Melanopsis
Dufourii Fer., Clausilia, Unio Ravellianus. Sie sind nicht an eine
einzelne Schichte gebunden und charakterisiren diese Ablagerung
als eine Süsswasserbildung. Im Liegendtegel, kaum einen Fuss
über dem Dolomit, wurden fossile Reste von Mastodon angu-
stidens Cuv. aufgefunden.
Sämmtliche Schichten erlitten mehrere parallele Verwerfungen;
die Verwurfsflächen streichen von Nord nach Süd mit SO 0 — 60°
Neigung.
Das Weitere darüber schreibt Z ephar ovich im Jahrbuche der
geologischen Reichsanstalt, Rand II, Seite 711.
Unter ganz analogen Verhältnissen kommen die Lignite bei
Kleinfeld am Grillenberg vor.
Die isolirte Mulde von Pernitz ’) führt in den tieferen unter
den Conglomeraten liegenden Mergelschichten etwas Lignit.
Lignit bei Gloggnitz. Bei Ober-Hart steht im Tegel der
Rest eines bedeutenden Lignitflötzes in aufrechter Stellung, eine
abgestumpfte etwas schief stehende Pyramide bildend, deren Basis
ein viel grösseres Parallelogramm als die zu Tage ausgehende Spitze
ist. Die Schächte in der Kohle sind über 40 Klafter abgeteuft ohne
die Sohle noch erreicht zu haben. In dieser Stellung konnte der Lignit
nicht abgelagert worden sein und die schief abgeschnittenen Seiten
zeigen, dass noch Theile des Flötzes fehlen, welche die weiteren
Schürfungen hier nicht entdeckten. Der Rest des hier übrig
gebliebenenFlötzes ist in eine tiefeSchlucht zwischen
den Grauwacken - Schiefern eingesunken; denn kaum
60 Schritte vom Flötz nördlich stehen die letzteren an. Der
Lignit ist fest, braun mit deutlicher Holztextur, enthält Reste von
Accrotlieriiim incisivum Kaup., Mastodon angustidens Cuv. und
Hippotherium gracile K aup., und führt hin und wieder in kleineren
Räumen Hartit. Die Mergel am Flötze sind ohne Schich
tung. DasWeitere darüber: J. Czjzek, Jahrbuch der k. k. geolog.
Reichsanstalt, Band V, Seite S20.
Östlich von Leiding ziehen sich die tertiären Schichten in
das Walpersbacher Thal hinab; sie bestehen bei Leiding aus Gerollen
*) J. Czjz ek , Jahrb. d. k. k. geol. Ileichsanstalt Bd. IV, S. 180.
490 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
und Conglomeraten und bei Wälpersbach aus Sand-und Mergel-Lagen,
die mit einander wechsellagern und ein Kohlenflötz einschliessen.
Die schieferigen Mergel sind in der Nähe der Kohlen dunkelgrau und
voll zerstörter und zerdrückter Muschelfragmente, worunter ein
Planorbis noch am deutlichsten und häufigsten hervortritt; sie sind
also eine Süsswasserhildung. Die Kohle ist schwarz und
glänzend mit muscheligem Bruch. In derselben fand man:
Dorcatherium vindobonense M e y.
Palaeomeryx medius M e y.
Rliinoceros Schleiermacheri Mey.
einen Krokodil-Zahn und auch Schildkrötenreste.Das Nähere darüber:
J. Czjzek, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band V,
Seite S2S.
Schauerleithen und Klingenfurth. Au beiden Orten ist
die schwarze Braunkohle fast unmittelbar auf dem Grundgebirge
selbst gelagert und von Sand mit wenig Tegel bedeckt. Bei Schauer
leithen fanden sich in der Kohle Reste von
Dorcatherium vindobonense M e y.
Im Hangenden der Kohle im Mergel von grauer Farbe kommen vor:
Cassia ambigua Ung. und
Widdringtonites Ungeri End 1. *)•
Die Lignit-Ablagerungen von Zillingsdorf und
Neufeld.
Die tertiären Ablagerungen dieser Gegend bestehen:
Oben: aus tertiären Schotter, darunter:
Sand mit Lignitflötzen
(das Canalflötz, Pötschingerflötz, Zillingthaler-, Zillingdorfer- und
Neufelder-Flötz)
Tegel mit Congeria subglobosa und spathulata.
Tegel mit Sandlagen, in den lezteren Cerithien.
An zwei Stellen fand man Knochenreste von
Acerotlierium incisivum Kaup.
Die Ivohlenflötze hängen unter einander nur wenig zusammen aber
ihre Unterlage, ihre Bildung und ihre Bedeckung ist ganz gleich. Die
Kohle ist Lignit. Den grössten Theil der Kohlenflötze bildet eine
Masse von durcheinander geworfenen Holzstücken mit andern unkennt-
*) Näheres: J. Czjzek, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt. Bd. V, S. S2o.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung’. 49 1
liehen vermoderten Pflanzentheilen. Die Winkelstücke und Holzstücke,
theils abgestossen und den Treibhölzern ganz ähnlich,
liegen ohne Ordnung durcheinander. Es ist daher wahrscheinlich
anzunehmen, dass gegen das Ende der tertiären Formation in den
tertiären Meeren diese Hölzer und Vegetabilien als Treibhölzer
geschwommen sind und sich an gewissen Stellen, wo sie die Strömung
nicht fortriss, gesammelt haben. Die Zwischenlagen von einem blauen
Tegel zeigen Unterbrechungen der Kohlen-Ablagerungen an.
Steierische Bucht des ungarischen Beckens.
Von Forchtenau 1 ) östlich kommen in den tertiären aus Schotter,
Sand und Tegel bestehenden Ablagerungen, bei Brennberg und im
Zerreichenwald sch warze Braunkohl en, bei Ritzing und
im Thiergarten Lignite vor.
Bei Sieggraben ist ein nicht abbauwürdiges Flötz von einer
schwarzen Braunkohle aufgedeckt.
Im Weingraben östlich von Plamau dann bei Karl östlich
von Kirchschlag kommen schwarzeBraunkohlen, bei Pilgers
dorf und Bubendorf dagegen Lignite vor.
Zwischen Bernstein und Pinkafeld kommen bei Schrei
bersdorf und östlich von Pinkafeld schwarze Braunkohlen vor.
In dem tertiären Süsswasserbecken von Fladnitz kommt eine
Kalkbreccie (Conglomerat) vor, in deren Nähe bei Passail auch wenig
mächtige Kohlen-Anhäufungen Vorkommen. (Das weitere darüber:
Dr. Andrae dritter Bericht des geognost. -montanist. Vereines für
Steiermark. Seite 10.)
In der Hügelreihe zwischen der Raab und der Ilz scheint die
Kohlenbildung eine grosse Ausdehnung aber gewöhnlich geringe
Mächtigkeit zu haben. Bei Ilz südlich sind Lignite bis 3' mächtig.
Bei Kl.-Semmering unweit Weiz kommen im Hangenden der bis
7' mächtigen Kohle:
- Glyptostrobus Oenhigensis U n g. und
Comptonia dryandroides Ung. vor.
(Näheres darüber: Dr. Andrae dritter Bericht des geognost.-mon
tanist. Vereines für Steiermark. Seite 8.)
Becken von Rein. Die oberste Schichte der Süsswasser
bildung besteht aus einem zerreiblichen, weissen oder gelblichen
J. Czj zek, schriftliche Mittheilungen.
492 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
stellenweise kieseligen Kalk mit Planorbis, Helix, Clansilia und
Achatina. Die Mächtigkeit dieses Kalkes wechselt zwischen 6' und 30'.
Unter dem Kalke folgen mergelige Schichten mit Süsswasser- und
Landschnecken. In diesen Mergeln sind vier Kohlenflötze enthalten.
Die Kohle ist Lignit. Zu unterst istSand. Das Grundgebirge ist Über
gangskalk. Auch ein Conglomerat kommt nördlich von Rein in diesem
Becken vor, ganz analog wie auf der Jaulingwiese. Das paläonto-
logische sehe man nach in: „J. Gobanz: Fossile Land- und Süss
wasser - Mollusken des Beckens von Rein“ in den Sitzungsberichten
der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, matliem.-naturw. Classe,
Band XIII, Seite 180.
Bei Yoitsberg liegt Steiermarks reichhaltigste Kohlennieder
lage; grauer und blauer Lehm (Tegel), Sand und Schotter begleiten
die Kohlen. Blattreste sollen nur im Kohlenbaue bei Köflach Vor
kommen. Das Liegende der Kohlenbildung ist das Grundgebirge.
Das ganze Flötz gehört der jüngsten Braunkohlenbildung an,
besteht grösstentheils aus bituminösem Holze und auch in den
Schichten, wo die Holztextur verschwindet, ist die Kohle ohne Glanz
und braun. Die Hauptverunreinigung ist Sand und Letten, wodurch
die Kohlen mitunter völlig unbrauchbar werden. Reiner sind in
der Regel die oberen Schichten und die Beschaffenheit
der Kohle ist im ganzen Flötz ungleich. Die Neigung des Flötzes
steigt oft bis 60 Klafter.
In diesen Ablagerungen herrschen Land- und
Sump fs c h alt hi er e. Das weitere in: Tu an er ’s Jahrbuch für
den Berg- und Hüttenmann 1841, I, Seite 81.
Bei Danach und St. Florian kommen in den rein marinen
Bildungen dieser Gegenden kaum paar Zoll starke Kohlenschnürchen
vor *)•
Eihiswald. Diese Partie der Siisswasser-Gebilde zieht sich
in Süden hin und reicht von Schwanberg über Wies und Eihiswald
bis Grossklein; die Kohlenlager von Li mb erg, Steieregg,
Schönegg, Tagernigg und Eihiswald, mit ihren ausge
zeichneten und meist geschätzten Glanzkohlen gehören ihr an.
Die Schichtenfolge wie sie sich zu Steieregg darstellt, ist
folgende: (von oben nach unten).
*) Dr. Piolle, mündliche Mittheilungen.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung« 493
Schieferthon (sandiger Mergel) mit Sphaerosideritnieren und
Pflanzenabdrücken.
Kohlen, 3—4', glänzend schwarz.
Feinkörniger Sandstein.
Kohlen, 1'.
Feinkörniger Sandstein.
Grobes Conglomerat aus Glimmerschiefer-Bruchstücken
Glimmerschiefer.
Gefunden wurden hier 4 ):
jDorcatherium Naui M e y.
Cervus sp.
Trionyx stiriacus Peters 3 ).
Clielydra sp.
Crocodilus Ungeri Fitz in ge r.
Damit zugleich erscheinen viele zerstreute Fischfragmente,
Unionen und andere Flussschalthiere (so bei Gr. Klein - Melania)
ferner kleine Cyprisschalen und mitunter wohlerhaltene Blattabdrücke.
In den Eihiswalder Ablagerungen herrsch eil F1 uss-
wasserbe wohner. (Näheres darüber: Dr. Rolle vierter Bericht
des geogn.-inont. Vereins für Steiermark, S. 24, Sprung, Tunner’s
Jahrbuch 1841, I, Seite 60.)
Im Wechsel-Gebirge:
Das tertiäre Becken von Ratten 3 ) südlich von Mürzzuschlag
liegt in einem ziemlich tief eingeschnittenen Thale, an dessen Rändern
ringsum krystaliinisches Gebirge ansteht.
Die kohlenführenden Schichten nördlich von Grubbauen sind von
oben nach unten:
Schotter, bestehend aus Quarz, Glimmerschiefer und
Gneissgeröllen. Quarzgerölle herrschen vor.
Lehm, 2 — 4 Klafter mächtig mit häufigen Glimmerblätt
chen und Geröllstücken, endlich
Kohle, schwarze Braunkohle.
Das Liegende ist nicht bekannt.
A ) Dr. Peters, mündliche Mittheilungen.
2 ) Dr. Peters, Schildkrötenreste aus den tertiären Ablagerungen Österreichs. Denk
schriften der k. Akademie der Wissenschaften, IX Band.
3 ) v. Lidl, schriftliche Mittheilungen.
Sitzb. d. mathem.-uaturw. CI. XVI. ßd. II. Hft.
32
494 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Der südliche Theil der Mulde ist mit Schotter angefüllt, dessen
einzelne Gerolle oft y a ' im Durchmesser erreichen.
Über die Lagerungsverhältnisse der Tertiär-Mulden von Krum-
bach, die aus ähnlichen Schichten wie die vonLeiding besteht, sehe
man: Czjzek, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, BandV, S. 326.
Die Kohle lagert auf dem Grundgebirge mit dessen Bruchstücken sie
gemengt ist.
Von der Höhe der Wasserscheide Uber welche die Tertiär-Mulde
reicht, zweigt sich ein Ausläufer nördlich in die Tonn südlich von
Thomasberg ab. Hier sind Baue auf eine schwarze Braunkohle,
die in einem etwas verborgenen 4' mächtigen Plötze vorkommt. Dieses
ist zwischen grauen, sandigen und glimmerigen weichen Schiefern
eingelagert, welche deutliche Blattabdrücke führen.
Oberes Donau-Becken.
Thallern. Die Lagerungsverhältnisse der Kohlenflötze von
Thallern sind angegeben: J. Czjzek, Erläuterungen zur geogn.Karte
von Krems, Seite 36.
Der Tegel, in dem die Kohlenflötze von Thallern eingelagert sind,
führt in einer Ziegelei, westlich von Hollenburg, Mergelkugeln, darin
sind zu finden
Venericardia Part sch ii G o 1 d f u s s.
Venericardia scalaris S o w.
Cardium conjungens Part sch.
Pectunculus pulvinatus B r o g n.
Lucina sp.
Folglich die Versteinerungen wie im Wiener Becken bei Gain-
fahren und Enzersfeld. Daher gehören auch die Braunkohlen von
'Thallern einer tieferen Schichte an, als die Lignitflötze von.Zillings-
dorf und Neufeld, und scheinen mit den Kohlen von Schauerleithen
äquivalent zu sein, denen sie auch sehr ähnlich sind.
Bei Ob ritzberg ist eine reine aber etwas mürbe, jetzt schon
zwar ausgebeutete Kohle im Tegel gelagert, welcher von Sandstein und
Conglomeraten bedeckt ist.
Bei Zelking südlich von Mölk ist ein bis 5' mächtiges Lignit-
flötz in weissein Sande eingelagert, dessen Mächtigkeit mit einem
Bohrloche von 30° noch nicht durchgesunken wurde. In diesem Sande
wurde ein Cerithium lignitarum Eichw. gefunden.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung-. 495
Die Braunkohlen-Lager östlich und südöstlich von Ried in der
Umgebung von Haag sind dem Tegel oder dem Sande diesser Gegend
aufgelagert, und sind von Conglomeraten und Schotter bedeckt. Die
Braunkohlen-Ablagerung ist in dieser Gegend von ausserordentlicher
Ausdehnung.
Die Lignitflötze bei Wildshut sind im Tegel eingelagert, über
dem Hangend-Tegel folgt nach oben Sand mit Tegel-Lagen und
endlich Conglomerat. Aus den im Hangenden der Kohle vorkommenden
Kohlenschiefern istTaxodites Oeningensis En dl. bekannt geworden.
Auch Planorbis soll daselbst Vorkommen. (Ausführlicheres: M. V. Li
poid, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, Band I, Seite 599.)
Die Einsenkung der Mur und Mürz.
ÜberObdach's schwarze Braunkohle schreibt A. v. Morlot
in seinen Erläuterungen zur VIII. Sect., Seite 35.
Uber die schwarze Braunkohle des Feberg-Grabens westlich
von Weisskirchen im Judenburger Becken ist daselbst nachzulesen.
Im Becken von Judenburg befindet sich das reichhaltigste Braun
kohlenlager bei Föhns dorf. Auf dem Glimmerschiefer ist daselbst
eine etwa 10' mächtige Lage von einem ungeschichteten Conglo
merat aus ziemlich eckigen Brocken des darunter anstehenden Glim
merschiefers gelagert. Dann kommt schwarze Braunkohle 12-—15'
mächtig. Auf ihr liegen 2—4' mächtige Schichten, die bald mehr
kalkig, bald mehr mergelig, bald mehr sandig sind und nach Kuder-
natsch eine ungeheuere Menge von Palmlilien- und Congerien-
Schalen enthalten.
Nach neueren Bestimmungen des Dr. Hör ne s sind es
Schalen von Congeria triangularis Parts ch •).
Dann folgen Molassen-Sandsteine und besonders sandige Mergel
und Schieferthone, deren Neigung, je weiter hinaus gegen
den oberen Theil des Thaies, geringer wird. Am Gebirge
fallen die Schichten unter 30° von demselben weg. (Das Weitere:
Kudernatsch in Haidinger’s Berichte, Band I, Seite S5 etc.
Morlot, Erläuterungen zur VIII. Sect., Seite 31.)
Über Dietersdorf daselbst. Die Kohle selbst zeigt bisweilen
ausgezeichnet die Holzstructur.
Auch über Schönberg ist daselbst nachzusehen.
\) Dr. Hörn es, schriftliche Mittheilungeu.
32
496 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Mioeen und Pliocen), Diluvium
Das Becken von Sek kan bestellt hauptsächlich aus Mergeln
und aus Sand, welcher letztere nur selten in Sandstein zusammenge
backen ist, in denen bei Kobenz, St. Marein und im Schwaig-
Graben westlich von Sekkau Braunkohlen-Lagen Vorkommen. In
den über der Kohle liegenden Schieferthonen findet man gewöhnlich
Blattabdrücke, bei Kobenz auch Süsswassermuscheln. Die Kohle im
Schwaig-Graben ist nicht schwarz, sondern braun mit gut erhaltener
Holztextur. Die Mergel sind, besonders bei Kobenz und bei Feistritz
mit dem charakteristischen Tertiärgerölle bedeckt.
Die untersten Schichten des kleinen Beckens von Trofajach
bestehen aus Tegel, der stellenweise sehr mächtig ist und mit Schie
ferthon wechsellagert. Darüber folgt Sandstein, welcher an vielen
Orten von Gerollen überlagert ist.
In den obersten Schichten des Tegels ist bei Trofajach selbst
ein 1 — 3' mächtiges Kohlenflötz eingeschlossen, in dessen Hangen
dem Pflanzenreste Vorkommen. Zu den vorherrschenden Arten gehören
nach Dr. v. Ettingshausen:
Glyptostrobus Oeningenis A. Braun.
Daphnogene polymorpha E11.
Juglans Bilinica U n g.
(Das weitere: im Jahrbuche der k. k. geolog. Reichsanstalt,
Band IV, Seite 425.)
Über die L eob n er glänzend schwarze Braunkohle ist noch zu
lesen: in Tunner’s Jahrb.IV, 1854, S.155; Jahrb. der k. k. geolog.
Reichsanstalt, IV, Seite 180; Haidinger’s Ber. VII, Seile 204;
Morlot’s Erläut. zur VIII. Sect., Seile 25 und Tunner’s Jahrb.
1841,1, Seite 87.
Das Flötz liegt unmittelbar auf dem, zunächst demselben stark
aufgelösten Grauwackenschiefer.
Die Reihenfolge der Schichten zu Leoben ist:
Conglomerat )
Sandstein j 180 Klafter.
Schieferthon 20 Klafter )
Kohle 8 Klafter.
Grauwacke.
Das Fallen des Flötzes ist in Süd und übersteigt an einzelnen
Stellen in der Höhe des ausgehenden selbst 70°. Dieser Fallwinkel
nimmt jedoch gegen die Teufe anfänglich rascher, später jedoch mehr
iml Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung'. 497
allmählich his auf 15° ab, und behält dieses Verflachen bis auf nahe
600° weitere Teufe bei und stösst sich hier an einem schmalen Zuge
des emporragenden Grundgebirges ab, welches den Tertiärstreifen
von den Alluvionen des Murthaies trennt.
Im Dolling-Graben *)> über der Leobner Kohlenmulde
bedeutend höher stehend, ist ebenfalls eine Ablagerung von Braun
kohlen. Nach Seeland ist es unzweifelhaft, dass die obere Mulde nur
ein Theil der Leobner Mulde ist, der durch gewaltige Störungen in
diese höhere Lage gebracht wurde.
Die Kohle im Urgenthaie westlich von Bruck, die der
Leobnerkohle ganz ähnlich ist, lagert, unter 32° nach Süden fallend,
wie folgt:
Grauer sandiger Thon mit Pflanzenresten.
Kohle, muscheliger starkglänzender Bruch, mit Holztextur.
Grober grauer Letten aus Gneiss und Glimmerschiefer.
(Das Nähere: Hai dinge r’s Berichte, Band VII, Seite 204.)
Das Becken im Winkel 2 ) westlich von Kapfenberg ist
ringsum von körnigen Kalken eingesclilossen. Vierzehn Braunkohlen-
Flötze wovon aber keines mehr als 6'' mächtig ist, kommen in dem
selben eingelagert vor. Das unmittelbare Liegende der Kohle sind
Mergel und Schieferthone mit Blattabdrücken, unter diesen liegt eine
Ablagerung von festem grobkörnigem Sandstein. Im Hangenden des
aus Kohlenflötzen und Zwischenmitteln bestehenden Schichten-Com-
plexes kommen Sandsteine vor. Die Kohle ist schwarz, glänzend, mit
muscheligem Bruch, ohne Holztextur, mit einem unbedeutenden
Aschegehalt.
Im Becken von Aflenz bei Göriach 3 ) nördlich von Turnau
kommt unter Conglomeraten im Molassen-Sandstein ein Braunkohlen-
flötz vor.
Über die Lagerungsverhältnisse der Parschluger Kohle sind
die classischen Arbeiten von Prof. Dr. Unger nachzusehen 4 ); ich
will hier die Angaben von v. W ürtli 5 ) und v. Li dl °) neben ein
ander folgen lassen.
*) Seeland, Haidinge r’s Berichte, VII, 204.
2 ) v. Li dl, schriftliche Mittheilungen.
3 ) A. v. Morlo t, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. I, S. 107.
4 ) Die fossile Flora von Parschlug, steierm. Zeitschr., neue Folge, IX, I. Heft.
5 ) H a i d i n g e r, Berichte I, S. 152.
6 ) v. Li d I, schriftliche Mittheilungen.
498 st« r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
v. Würth.
v. L i (11.
Gerolle von Kalk und Glimmerschiefer
Lehm, der in Sehieferthon übergeht . .
Weisser Thon
Braunkohle
Gerolle
Blauer Letten
Mergel mit Blattabdr.
Walkererde
'Alaunschiefer
|Kohle
iSchieferthon
Mergelschiefer
Feinkörniger Glimmer-
Sandstein.
Bei einem zu Parschlug geschlagenen Bohrloehe wurden unter
dem Liegendsandstein noch durchgesenkt:
Kalkgeschiebe, einen Fuss mächtig,
Schieferthon und wieder
Kalkgeschiebe.
Das am südlichen Gehänge der Mulde im Abbau stehende Koh-
lenflötz streicht gegen Nord und verflacht gegen Osten unter etwa
40°. In der Tiefe zeigen die Kohlen immer ein mehr schwebendes
Verflachen.
Die Kohle ist rein pechglänzend ohne Holztextur , ). Man trifft
in der Parschluger Kohlenmulde häufig Planorbis.
Für die Kohlen-Vorkommnisse im Mürzthale am Kindberg auf
wärts bei Wartberg, Krieglach und Langenwang gibt
Fr. Foetterle 2 ) folgende Lagerungsverhältnisse an. Auf dem
Grundgebirge lagert die Kohle; diese wird von blauen Letten oder
Schieferthonen, in welchen letzteren Blattabdrücke Vorkommen,
bedeckt. Über diese folgen dann nach oben Sand, Conglomerat und
Schotter.
Eine nicht unansehnliche Tertiärbildung wird zwischen der
Probstei Zeyring 3 ) und dem Flecken St. Oswald durch die
annagende Pols entblösst. Es sind Schichten von lockerem Sand und
eben so lockerem Thonmergel. Braunkohlen kommen darin in
mächtigen Mügeln oder Putzen vor, doch ohne alles Anhalten.
Tunner’s Jahrbuch 1841, I. S. 44.
2 ) Fr. Foetterle, mündliche Mittheilungen.
3 ) Dr. Rolle, dritter Ber. d. g*. rn. Vereins f. Steiermark, S. 24.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 499
Eine ziemlich ansehnliche Tertiärablagerung befindet sich an
denGehängen des merkwürdigen Rottenmanner Querthales, nördlich
von Ranten '). Es sind rauhe, fast ganz ungeschichtete Conglo-
meratmassen, stellenweise vielfach durchzogen von unregelmässigen
Trümmern und Schnüren von Kohle.
Bei Judendorf 3 ) unweit Neumarkt ist mittelst einer Bohr
arbeit eine geringe Partie Braunkohle nachgewiesen worden.
Bas tertiäre Becken von Lungau. Nördlich von Tamsweg
bei Wolfing und St. Andree kommen in sandigen Mergeln
unregelmässige Trümmer und Schnüre von sehr geringmächtiger
schwarzer Braunkohle vor. Bei Wolfing fand ich inSchiefer-
thonen Blätterabdrücke in grosser Menge.
Unter den sandigen Mergelschichten findet sich auf der Haide
nordöstlich von Tamsweg der Tegel abgelagert, in dem man durch
Bohrung Spuren von Braunkohle auffand.
Die sandigen Mergelschichten werden von Conglomerat-
massen überlagert, deren Mächtigkeit im Seebach-Graben 20 Klafter
übersteigt; in ihrer unteren Partie wechseln die Conglomerate mit
grobkörnigen Sandsteinen in denen ebenfalls, bei Sauerfeld östlich
von Tamsweg, Blattabdrücke aber selten gut erhalten und kleine
Kohlenstückchen Vorkommen.
Die Conglomerate werden von losem Schotter überlagert.
Auf dem Thörl in Bundschuh in Lungau kommen ebenfalls
geringmächtige Ablagerungen von Braunkohlen vor.
Die Einsenkung der Enns und Salza.
Bei Ober-Lengdorf nordöstlich von Gröbming im Ennsthale
und weiter westlich davon bei H offman n ist tertiärer Sand und Tegel
abgelagert. Man findet in demselben eine auf dem Kopfe stehende
2 — 3" mächtige Schichte von schwarzer glänzender Braunkohle,
deren Streichen Stunde 6 ist.
Diese Braunkohlen-Ablagerung wird von Conglomeraten über
lagert, die mehr horizontal liegen und endlich folgen Gerolle.
Nördlich von Steinach stehen grobe Sandsteine, nach
Stunde 9 in SW. unter steilen Winkeln einfallend, mit Mergelschie
fern wechsellagernd, an. Ich fand in denselben folgende die neogeneri
*) Di*. Rolle, dritter Ber. d. g. m. Vereins f. Steiermark, S. 25.
2 ) Dr. Rolle, dritter Ber. d. g. m. Vereins f. Steiermark, S. 25.
soo Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Mio een und Pliocen), Diluvium
Ablagerungen charalderisirende Pflanzenreste, von einzelnen Kolilen-
stückchen begleitet:
Querem Drymeja U n g.
Betula prisca E11.
Daplmogene polyffiorpha E11.
Glyptostrobus Oeningensis A. Br.
Die tertiäre Ablagerung bei Wagrein 1 ) im Salzacbthale
besteht aus Conglomerat und Sandstein, die mehrere Male mit
einander wechsellagern. Diese Schichten, die steil gegen die Central
kette einfallen, enthalten mehr als acht Braunkohlenflötze, welche
jedoch nur sehr gering mächtig sind. Die darin vorkommenden
Pflanzenreste sind entschieden neogene Formen.
Das Becken von Klagenfurt.
Zwischen St. Ilgen und Keutschach 2 ) kommen im unge
schichteten Tegel und Lehm (mit Planorbis) zwei Lignitflötze vor,
deren Mächtigkeit 2'—8' erreicht. Das Liegende dieser Formation ist
das Grundgebirge; das Hängende bildet ein vorherrschend aus Alpen
kalk-Geschieben bestehendes Conglomerat. Die Verbreitung der Lignit
führenden Lehm-Ablagerung ist eine geringere und anders begrenzte
als die der Conglomerate, welche am Gehänge des Drauthales bei
Wiktring und anderwärts dem Grundgebirge unmittelbar aufliegt.
Bei Latschach südlich,und hei Feistritz imGailthale kommt
unter ganz ähnlichen Verhältnissen nur partienweise Lignit vor.
2. Locale Bildungen.
Der Süsswasserkalk ist ein grauer oder gelblicher Kalkstein
von geringer Härte und erdigem Bruche, der viel Thonerde und etwas
Eisen in seinen Gemengtheilen enthält. Häufig ist er aber auch von
Kieselerde durchdrungen und dann sehr zähe, hart und von gelbgrauer
Farbe. Man findet in dem Süsswasser Kalke nach Czjzek 3 ):
Helix nemoralis Drap.
„ agricola Bronn.
Planorbis subcarinatus Cliarp.
Melania Hollanclri Per.
Melanopsis Bouei Fer.
*) Nach einem nur im Manuscripte vorhandenen Durchschnitte des Dr. Peters.
2 ) Dr. Peters, mündliche Mittheilungen.
3 ) Erläuterungen zur Karte von Wien , S. 17.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung-. SOI
Paludina sepulcralis P a r t s c h.
„ lenta D e s h.
Valvata piscinalis Lam.
Nach neueren Untei’suchungen Yon J. Gobanz ist in diesem
Verzeichnisse folgendes nachzutragen *):
Helix nemor alis Drap, ist eine recenteSpecies, also kaum
in einer tertiären Schichte vorhanden.
Planorbis subcarinatüs Cliarp. soll heissen Pl. appla-
natus Thomae.
Melania Hollandri Fer. ? vielleicht wurde eine häufig
vorkommende Paludina dafür gehalten.
Valvata piscinalis Lam. ist eine recente Species.
B. Verbreitung der neogenen Gebilde.
a) Des offenen Meeres.
Die tiefsten Stellen der Becken nimmt die Tegelbildung ein.
Im Wien er B ecken ist die Ablagerung des unterenTegels
eine allgemein verbreitete. Nicht so ist es mit dem oberen Tegel;
dieser scheint sieh nur stellenweise abgelagert zu haben. So ist
dieser Tegel bei Brunn, bei Hernals, bei Inzersdorf und von da öst
lich bis nach Bruck am Leithagebirge bekannt 2 ). Eben hat man
südlich am Leithagebirge Tegel mit Congerien-Schichten erhohrt.
Die Cerithien-Schichten s ) treten an vielen Punkten des
Wiener Beckens zu Tage und wurden auch durch Bohrungen nach
gewiesen.
ln der steierischen Bucht des ungrisehenBeckens liegt die
Tegelbildung ebenfalls zu unterst. Von Congerien ist daselbst nichts
bekannt geworden; dagegen sind die Cerithien-Schichten aut
mehreren Stellen nachgewiesen worden 4 ), so in der Umgebung von
Hartberg, Östlich von Gleisdorf und in der Umgebung von Gleichen
berg. Der Tegel wird grösstentheils durch Mergel ersetzt, die
besonders mächtig in dem Windisch-Büchel nördlich von Marburg
auftreten.
1 ) J. G o b a n z , schriftliche Mittheilungen.
2 ) J. Czjz ek, Jahrbuch der k. k. g-eolog. Reichsanstalt, II, 2, 86.
3 ) Dr. H ö r ne s , Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, II, 4, 116.
4 ) Dr. A ndrae , dritter Bericht des geogn.-mont. Vereins für Steiermark, S. 9.
502 stu r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Im Becken des Lavantthales nehmen die Sande, Sand
steine und Mergel die tiefsten Stellen der Mulden ein, während die
sandigen Lehme mehr an den Rändern abgelagert worden sind. Die
Cerithien-Schichten sind hier bis jetzt nicht aufgefunden worden.
Im oberen Donau - Becken sind die Congerien-
Schichten (oberer Tegel) bis jetzt nicht nachgewiesen wor
den. Die Cerithien-Schichten scheinen dagegen allgemein verbreitet
zu sein. Im Tulln er Becken wird die untere Tegelbildung durch
Tegel, der vom Sande überlagert ist, repräsentirt. Im Linzer
Becken wird zwischen Molk und Wels der Tegel durch sandige
Mergel ersetzt; von Wels westlich treten wieder die Tegel auf.
So wie die Tegelgebilde gewöhnlich die unteren Stellen der
Becken ausfüllen, bedeckt der Sand in verschiedener Mächtigkeit
den Tegel. Sowohl im Wiener Becken und in der Bucht von Unter
steier, als auch im oberen Donau-Becken ist seine Verbreitung ganz
allgemein; in dem Lavantthaler Becken ist er bis jetzt nicht nach
gewiesen worden und dürfte durch die Conglomerate repräsentirt
sein.
Ebenso allgemein ist die Verbreitung des Schotters in den
genannten Becken. Der Schotter füllt häufig die vor seiner Ablagerung
entstandenen Vertiefungen des Sandes aus, oder umgibt mantel
förmig die aus seinem Niveau emporragenden Hügel ').
An jenen Stellen nur trifft man den Schotter und Sand nicht,
wo sie entweder von jüngeren Ablagerungen bedeckt oder nach ihrer
Bildung durch Bäche und Flüsse oder Meeresströmungen wegge
schwemmt worden sind.
Der Leithakalk fehlt dem oberen Donau-Becken ganz. Um
so häufiger tritt aber der Leithakalk im Wiener Becken und in der
steierischen Bucht auf. So bei Nussdorf, zwischen Mödling und Baden
auf mehreren Stellen, bei Wollersdorf nordwestlich von Wiener-Neu
stadt. Ferner in bedeutenden Partien in der Umgebung von Wildon,
Leibnitz, Ehrenhausen und Mureck. Das von krystallinischen Schiefern
gebildete in SO. von Wien liegende Leithagebirge, welches zur
neogenen Zeit wahrscheinlich eine Insel bildete, ist rund herum von
ungeheueren Massen des Leithakalkes, den tertiären Korallenriffen,
eingefasst.
*) J. C zj z e k , Erläuterungen zur geogn. Karte von Wien, S. 19.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 503
b) Verbreitung der Randgebilde.
1. Am Rande der Alpen.
Die Vorkommnisse der Braunkohlen des Wiener Beckens werden
durch Schotter, Sand, Lehm und Tegel, hauptsächlich aber durch
Conglomerate mit einander verbunden. Die Conglomerate,
welche hier gewöhnlich aus Kalkgerölleu bestehen, treten nördlich
von Mödling auf und ziehen von da am Rande des Wiener Beckens
nach SW. über Baden, Neunkirchen bis Gloggnitz beinahe ununter
brochen fort. Westlich von Mödling ziehen sie sich weit ins Gebirge
hinein, wo sie besonders in der Umgebung von Heiligenkreuz theilweise
von Schotter bedeckt auftreten. Südlich von Baden breiten sich die
Conglomerate zwischen Yöslau, Pottenstein und Wollersdorf in unge
heueren Massen aus und bedecken hier die Vorkommnisse der Braun
kohle bei Grillenberg, Kleinfeld und die der Jaulingwiese.
Eben so mächtig treten sie in der Bucht von Gloggnitz auf. Die
Braunkohlen von Leiding und Schauerleiten bei Pitten werden von
losem, dem nahen krystallinischen Gebirge angehörigen Schotter
bedeckt, der am Gebirge in der Umgebung von Thernberg hoch hin
auf reicht.
Die Lignit-Ablagerungen von Neufeld und Zillingdorf sind vom
Schotter bedeckt, und dieser reicht an dem Rande des ungrischen
Beckens über Forchtenau bis nach Bernstein, Friedberg und Hart
berg und verbindet die Braunkohlen-Vorkommnisse dieses Striches
unter einander.
Zwischen Hartberg und Gratz sind die Braunkohlen-Schichten
ebenfalls vom Schotter bedeckt.
In der Bucht von Voitsberg 4 ) zwischen Gratz, Voitsberg und
Mooskirchen, tragen die die Braunkohlen begleitenden Ablagerungen
den Charakter der Süsswasser-Gebilde an sich. Zwischen Moos
kirchen und Landberg reichen die Meeres-Ahlagerungen bis an den
Rand des Gebirges, dagegen findet man in der Bucht von Eibiswald
Ablagerungen, die den süssen Wässern ihre Entstehung verdanken.
Im oberen Donau-Becken sind die Conglomerate besonders mäch
tig entwickelt. Im Tullner Becken nördlich von der Donau treten
sie seltener auf und sind hier häutig von Löss bedeckt; südlich von
Dr. Rolle, vierter Bericht des geogn.-mont. Vereins für Steiermark, S.21.
504 stu r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocenund Plioeen), Diluvium
der Donau sind sie besonders südlich ron Hollenburg weit ausge
dehnt. Eine ausserordentliche Verbreitung besitzen die Conglomerate
südlich von Linz. Die ganze Strecke zwischen der Enns und der
Traun ist bedeckt von mitunter sehr mächtigen Conglomeratmassen,
unter welchen man nur an einigen wenigen tiefer eingeschnittenen
Stellen die sandigen Mergel hervortreten sieht. Von Gmunden nach
West über Vöklabruck bis nach Laufen zieht sich eine mächtige
Ablagerung von Schotter und Conglomeraten fort, die die Lignit-
Vorkommnisse von Haag und Wildshut bedeckt.
Alle diese Gebilde sowohl des unteren als auch des oberen
Donau-Beckens übersteigen die Moeresliöhe von 1G00' nicht.
2. Im Innern der Alpen.
Im Becken des unteren Lavantthales sind Schotter und Conglo
merate am östlichen Rande desselben am Fusse der Koralpe mächti
ger entwickelt. Den Schotter fand man auch im südlichen Theile des
Beckens im Gebiete des Granitzbaches, wo derselbe die Meereshöhe
von 2149' erreicht.
Die älteren tertiären Schichten des Lavantthales, die Sandsteine
und Mergel nämlich, erheben sich nicht über 1800', sie liegen aber
doch wenigstens um 1000' höher als die beiläufig 700' Meereshöhe
besitzenden Badner Schichten, welchen sie gleich sind.
Höher hinauf (über 2149') fand man zwar keine Gerolle, wohl
aber aufgelöstes Gebirge; nach der oberen Grenze des Getreide
baues lässt sich schliessen, dass dieselben sowohl im oberen als im
unteren Lavantthale bis zur Meereshöhe von 4000' hinaufreiche.
Im Becken des oberen Lavantthales sind keine Ablagerungen
von Schotter und Conglomeraten beobachtet worden. Die tieferen
Schichten, Lehme, Sandsteine und Mergel, erreichen (hei Probel)
die Meereshöhe von 2800'. Über den 3061' hohen Sattel zwischen
dem oberen Lavantthale und dem Wassergebiet der Mur ziehen sich
die Gebilde des Lavantthales hinüber in das Becken von Judenburg
und Knittelfeld.
Das Becken von Judenburg ist in der Tiefe mit den sandigen
Mergelschichten ausgefüllt. Die Meereshöhe dieser Gebilde übersteigt
kaum 2800'; sie sind theilweise, wie bei Schönberg, von Gerollen
überlagert. Das Gerolle steigt seinerseits auf mehreren Stellen, nament
lich in der Gegend von Weisskirchen, his zu 3100' Meereshöhe.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 405
Im Becken von Leoben findet man die Sandsteine und Schiefer-
thone in den tiefsten Stellen der Mulde abgelagert. Sie sind von
Schotter und Conglomeraten bedeckt und die letzteren reichen
wieder auf den Abhängen des Gebirges im Dollinggraben bis zu einer
Meereshöhe von 3060'.
Wie in diesen beiden Becken verhalten sich auch in den übri
gen Mulden der Mur und des Mürzthaies ganz auf dieselbe Weise die
besprochenen Schichten. Die mehr sandigen und mergeligen Schich
ten findet man unten in der (ehemaligen) Tiefe der Mulden von
Schotter- und Conglomerat-Ablagerungen bedeckt, welche letztere
sich aber bedeutend höher auf den Abhängen der die Becken ein-
schliessenden Gebirge hinaufziehen und stäts ein höheres Niveau
einhalten.
Im Becken von Krumb ach liegen die Sande und Tegel zu
unterst und stehen nur selten zu Tage an; sie sind von Gerollen der
rundherum anstehenden Gebirgsgesteine bedeckt. Diese Gerolle
bedecken den Sattel zwischen Krumbach und Edlitz, ziehen sich auf
den Abhängen der Gebirge hoch hinauf und erreichen hier eine Höhe
von beiläufig 3000'. Ebenso findet man im Becken von Ratten die
Schichten mit Kohlen die tieferen Stellen ausfüllen, während das
Gerolle überlagernd auftritt und eine Höhe erreicht, die 3000'
übersteigt.
So beobachtete ferner A. v. Morlot Conglomerate bei Alten
berg bei 3070' M. H., zwischen Ramsau und Radmer bei 3360' M. H.,
bei Maria-Zell bei 2823', im Fallensteiner Graben bei 2970', bei
Golrad bei 3130', in der Umgebung von Annaberg bis 276S' M. II.
abgelagert.
Im Westen des Judenburger Beckens findet man bei Ober-
Zeyring die Thonmergel abgelagert, die sie überlagernden Gerolle
ziehen sich in das Thal von Brettstein hoch hinauf, reichen im Thale
von St. Johann hinauf bis auf den Sattel von Hohentauern, der in
das Ennsthal hinüber führt.
Bei Neumarkt sind auf der Wasserscheide zwischen der Drau
und Mur Braunkohlen-Gebilde abgelagert, der Schotter überdeckt liier
bedeutende Flächen, und zieht sich auf den Abhängen der Kuhalpe
hoch hinauf. Ebenso liegen die Braunkohlen führenden Conglomerate
bei Ranten bedeutend niederer als die Geröllscbichten, die man in den
weiter nördlich davon gelegenen Thälern findet.
51)6 st ui\ Übei' die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Iin Becken von Lungau bei Wolfing und St. Andree nördlich
von Tarasvveg nehmen die Mergelschichten mit Braunkohle die tiefsten
Stellen ein. Die Conglomerate im Seethale reichen bis 3400'. Die
Schotter-Schichten füllen alle höher gelegenen Partien des Beckens.
So reichen sie in der Tauern-Ache bis nach Tweng (3598'), im
Zederhaus-Winkel bis zum Fettei, bis nahe auf den Katschberg-Pass,
den Übergang nach Kärnten (5029'), hinauf, und auf das Thörl,
wo unter denselben auch noch eine kleine Partie Braunkohlen
gefunden wurde.
Das Ennsthal ist mit dem eben abgebandelten Murthale durch
drei Sättel verbunden, über welche drei gut erhaltene Strassen aus
dem Murthale in dasselbe führen: der Pass zwischen Wald und
Mautern, der Pass Hohentauern und der Radstädter Tauern-Pass. Die
zweiersteren sind mit bedeutenden Schotter-Ablagerungen bedeckt, am
Radstädter Tauern sind sie wegen bedeutenderen Alluvial-Ablage-
rungen nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Im Ennsthale nun sind
auch die Tegel mit Braunkohlen und Mergelschiefern mit Sandsteinen
mehr in der Tiefe des Thaies, beiläufig in 2000' M. H., zu finden.
Die Conglomerate am Grimming steigen um 500' höher, die Gerolle
endlich kann man bis zu einer Höbe von 3500 ■— 3600' verfolgen,
indem sie sowohl den Übergang nach St. Gallen, als auch den Pass
Pyrhn bedecken und auf der Strasse nach Aussee bis in die Gegend
von Mitterndorf reichen.
Eine Ausnahme scheinen die Ablagerungen bei Wagrein zu
bilden; man findet hier nach Dr. Peters Mittheilungen zu unterst
Lagen von Conglomeraten mit Sandsteinen wechsellagernd und diese
Schichten von Sandsteinen mit schwachen Braunkohlenflötzen bedeckt.
Im Salza-Tbale sind die Geröllschichten nur auf sehr wenigen
Punkten beobachtet worden, man möge aber daraus keinen Schluss
ziehen, dass sie auch nicht vorhanden wären, um so mehr als sie am
Sattel, der aus dem Salza-Thale bei Krimi nach Tirol führt und an
anderen hoch gelegenen Punkten beobachtet wurden.
Die Ablagerungen des Enns- und Salza-Thales hängen mit den im
nördlichen Kalkalpen-Zuge vorkommenden tertiären Ablagerungen zu
sammen *)> die hin und wieder theils durch grössere Festigkeit, theils
durch eine geschützte Lage den Zerstörungen einer späteren Zeit
*) Kude matsch, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, III, b, 86.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. £)0T
entgangen sind. Tertiäre Ablagerungen nehmen die Wasserscheide
zwischen der Enns undlhbs an zwei Punkten ein, zwischen W ey er und
Höllenstein, und dann bei Lassi n g, wo man auch einen bläulichen
Tegel anstelien sieht, der zahlreiche Paludinen führt. Bei Oppenitz
in einem mehr abgeschlossenen Becken erscheinen auch tertiäre
Schotter-Conglomerat- und Tegelmassen; die letzteren führen Süss-
wasser-Conchylien. Das Becken von Windiscligarsten ist an seinem
südlichen Rande mit tertiärem Schotter erfüllt. Ehen so hängen die
tertiären Schottermassen längs des Saalflusses einerseits mit der
Einsenkung der Enns und Salza, andererseits mit dem oberen Donau-
Becken zusammen.
Das Becken des unteren Lavantthales ist über den Sattel südwestlich
von St. Paul mit dem Becken von Klagenfurt in Verbindung. In diesem
letzteren wurden bis jetzt keine marinen Schichten aufgefunden, wohl
aber Schichten mit Braunkohlen, wie bei Loibach, hei St. Ilgen,
Latschach und bei Feistritz im Gailthale. Doch ist hier nirgends etwas
Zusammenhängendes zu finden; das was zur Zeit der Tertiär-Periode
abgelagert worden war, mag zumTheil von denDiluvial-Ablagerungen
bedeckt, zum Theil aber durch die Finthen der Diluvial-Zeit zerstört
worden sein.
Die Braunkohlen-Ablagerungen des Klagenfurter Beckens liegen
weniger hoch über der jetzigen Meeresfläche erhoben als die tertiären
Ablagerungen des Lavantthales und halten das Mittel zwischen der
Erhebung des Lavantthales und der des Wiener Beckens. Die Schotter-
Ablagerungen jenes Beckens aber erreichen eine Höhe, die man in den
zwei andern zuletzt genannten Becken noch nirgends beobachtet batte.
Während die Braunkohlen-Ablagerung bei Feistritz im Gailthale kaum
1800' erreicht, steigen die Geröll-Ablagerungen bei Hermagor etwas
über 2000', bei Kötschach und Mauthen findet man sie zwischen
3000' — 4000' M. II. anstehend, bei M. Lukkau in 4116', bei Tilliach
in 4837', und auf der Wasserscheide zwischen dem Gailthale und
der Drau westlich von Tilliach in 4974' M. II. Während die Schichten
mit Braunkohlen bei Latschach und St. Ilgen kaum 1600' übersteigen,
erreichen die Schottermassen im Drauthale bei Spittal 1800', gegen
über von Paternion 2000', nördlich von Millstadt und Radenthein
2800'; im Liserthale bei Gmünd 3000', bei Rennweg 4000' und am
Katschberge 5029' M. H. Ebenso steigt das Niveau der Schotter-
Ablagerungen im Möllthale. Sie wurden daselbst beobachtet bei
SOS Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Ober-Vellach in 2083', bei Stall in 2639', in Winklern bei 3011', auf
der Wasserscheide des Iselberges 3684', bei Mörtsckacli in 3014',
in der vorderen Asten bei 3973', in der hinteren Asten in 3288', bei
Heiligenblut in 4016', bei der Maria-Hilf-Capelle am Heiligenbilder
Tauern in 3047' M. H.
Im oberen Drauthale herrschen dieselben Niveauverhältnisse der
Schotter-Ablagerungen. Zwischen Sachsenburg und Ober Drauburg
übersteigen die Schotter-Ablagerungen kaum die Höhe von 3000'. Bei
Lienz sind sie am Iselberge in 3684', beim Ranacher 3784', beim
Plautsch in 4146'; im Pusterthale auf dem Pannberge in 4161', bei
St.Virgein in 4334' und weiter nördlich im Burgerthaie bei 3143', bei
Abfaltern in 3618', am Tessenberge in 4277', und bei Hollbrucken in
4401' M. H. gefunden worden.
Das Iselthal ist in dieser Hinsicht eben so interessant. Während
die Schotter-Ablagerungen beim Gwabl nur 3144' erreichen, steigen
sie bei Leibnig auf 3866', im Tefferecker Thale bei Hopfgarten auf
3499', bei St. Jakob auf 4388', am Staller Bache auf 4962' M. H„
und liegen beim oberen See im Stalleralpen-Thale auf der Wasser
scheide von Tefferecken in das Pusterthal in 6483'. Im Kalserthale
übersteigen sie nicht 3000' M. H. Bei Windisch-Matrey sind charak
teristische tertiäre Conglomerate am Calvarienberge in 3370' abge
lagert. Die Schotter-Ablagerungen findet man bei Proseck in 3430',
bei Virgen in 3683', bei Pregatten in 4099', beim Islitzer westlich
von Pregatten in 4137' M. H.
Ganz dieselben Niveauverbältnisse des Schotters kann man auch
in den Gegenden nördlich von Klagenfurt beobachten. Auf der
Gerlitzen-Alpe in der Umgebung des Ossiacher Sees *) erreicht der
Schotter 4300' M. II., im oberen Gurkthale 4700', nördlich vonFeld-
kirelien 3000', bei Sorg am Schneebauer Berge 3000', südlich von
Strassburg bei Gunzenberg 2200' — 2300', im unteren Gurkthale
bei Glödnitz 3800', im Thale von Metnitz 4200' M. H. Am Ulrichs
berge unterhalb des Gipfels kommt zerstreuter Schotter in 3000' M. H.
vor.
Je weiter man in das Innere dieser Thäler des Gail-, Drau-,
Moll-, Gurk- und Mefnitz-Thales dringt, desto geringer ist die Mäch
tigkeit der tertiären Ablagerungen und desto höher das Niveau,
*) Dr. Peters, mündliche Mittheilungen.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 509
unter welchem sie Vorkommen. Die Tegel- und Sand-Ablagerungen
findet man im Innern dieser Thäler sehr selten. So ist bei Nieder-
Gail im Gailthale eine Tegel-Ablagerung von sehr geringer Ausbrei
tung beobachtet worden; eben eine solche aber von grösserer Aus
dehnung findet man bei St. Virgen im Pusterthale, und unter dem
Calvarienberge von Windisch-Matrey. Die übrigen besprochenen
Ablagerungen bestehen blos aus Sehotter-Anhäufungen, die gewöhn
lich um so weniger mächtig sind, je tiefer sie sich im Innern der
Thäler befinden und je enger das Thal ist, in dem sie abgelagert
wurden.
Süss wasserkalk. Die Verbreitung des Süsswasserkalkes
ist weit geringer, als die des Leithakalkes. Derselbe kommt im
betrachteten Gebiete vor bei Gross-Weikersdorf im Tullner Becken,
am Aicbkogel bei Gumpoldskirchen, bei Baden, und bei St. Veit im
Wiener Becken. Mächtig entwickelt ist der Süsswasserkalk im
Becken von Bein bei Strassgang und am westlichen Bande des
Plawutsch-Gebirges a ).
C. Schichten-Störungen.
a) In den Gebilden des offenen Meeres.
Die tertiären Schichten des Wiener Beckens liegen alle so, dass
man gezwungen wird anzunehmen, sie seien seit der Epoche ihrer
Ablagerung in ihrer Lage nicht gestört worden. Eben so findet man
zum grössten Theile diese Schichten auch im oberen Donau-Becken
ganz horizontal gelagert. Vom grössten Theile der steierischen Bucht
des ungrischen Beckens lässt sich dasselbe sagen ; nur in jenen Gegen
den die zwischen Marburg, Arnfels und Leibnitz 3 ) zu liegen kommen,
lassen sieb ganz deutliche Schichten-Störungen der echt marinen
Gebilde wahrnehmen, da hier zum grössten Theile die Schichten nach
Nord oder Ost einfallen. Die Schichten-Störungen im Becken des
Lavantthales wurden weiter oben angegeben.
b) In den Rand-Gebilden.
Schon lange ist das merkwürdige Vorkommen der Braun
kohle von Gloggnitz bekannt 4 ). Die Eibiswalder Braunkohlen-
*) Siehe (3) auf Seite 484.
2 ) Dr. Rolle, mündliche Mittheilungen
3 ) Dr. Rolle, mündliche Mittheilungen.
4 ) Siehe oben Seite 499.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. ßd.Il . Hft.
33
510 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Ablagerungen sind in ihrer Lagerung ebenfalls gestört; die Schichten
derselben fallen alle nachNord und unterteufen scheinbar die Ablage
rungen des offenen Meeres. Ich fand auch im Ennsthale die Sand
steine und Mergelschichten mit Pflanzenresten hei Steinach nach
Stunde 9 streichen, miteinem Einfallen nach Südwest unter 60°, und die
Braunkohlen hei Ober-Lengsdorf auf dem Kopfe stehend mit einem
Streichen nach Stunde 6. Eben so sind die Mergelschichten nördlich von
Tamsweg im Becken von Lungau gestört, sie fallen ziemlich steil mit
40° Neigung nach Süd. Die Conglomerate westlich davon im Seethal
liegen aber beinahe ganz horizontal. Die Schichten der Sandsteine und
Conglomerate bei Wagrein fallen ebenfalls nach Süd, obwohl sie sich
am südlichen Abhänge des Sahrathales befinden. Nach den verschie
denen Mittheilungen über die Braunkohlen-Vorkommnisse im Mur- und
Mürzthale, scheint die Lagerung dieser Gebilde da auch nicht normal
zu sein, wie man dies anzunehmen pflegte. So fällt bei Parschlug die
Kohle unter 40° nach Ost; im Urgenthale westlich bei Bruck fällt
sie nach Süd unter 32°. Die Leobner Kohlenflötze fallen nach Süd
unter 15° in der Teufe, am ausgehenden aber übersteigt das Fallen
70°. Nach Seeland *) bildete die Kohlenmulde des Dalling-Grabens
bei der ursprünglichen Flötzbildung mit der jetzt tiefer liegenden
Leobner Mulde ein einziges zusammenhängendes Lager; die Trennung
derselben erfolgt erst nach ihrer Ablagerung. Eben so muss man bei
der Lagerung der Fohnsdorfer Braunkohlen-Lager eine Hebung vor
aussetzen, welcher die Schichten ihre Neigung verdanken. Für die
Kohlenlager von Leiding und Schauerleithen nimmt Bergrath Czj z ek 2 )
seit jeher eine Hebung an.
Im Schotter der Alpen, der auch manchmal gut geschichtet er
scheint, habe ich noch nicht Gelegenheit gehabt, Schichten-Störungen
zu beobachten.
D. Gesteinsbesehaffenheit und Verbreitung des Diluviums.
a) Ter rassen-Dil u vium. Grosse Massen von Gerollen in der
Form von Terrassen abgelagert, bilden das Terrassen-Diluvium. Die
, Schichtung ist gewöhnlich nicht ganz deutlich. Die grösseren Gerolle
1 ) Seeland. Bericht H a i d i n g e r’s, VII, 204.
2 ) J. C z j z e k, Erläuterungen zur geogn. Karte v. Wien. S. 59 und 60.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung’. S11
sind immer mit feinerem Sande untermengt und nur selten trifft man
grössere Lagen von Sand darin. Die Gerolle lassen viele vom Sande
oder kleinen Gerollen nicht ausgefüllte Zwischenräume sehen, was
bei tertiären Ablagerungen nicht der Pall ist. Sie treten immer und
an allen Orten ebene Flächen bildend auf und nehmen an Stellen, wo
sie durch spätere Auswaschungen ausgefurcht werden, die Gestalt von
Terrassen an. Durch diese Eigenschaften charakterisiren sie sich als
rasche Ablagerungen wilder Wasserströme.
Das Material, aus dem diese Ablagerungen bestehen, rührt aus
dem Gebiete der sie ablagernden Gewässer her und ist daher in ver
schiedenen Gegenden und oft auch in einer und derselben Diluvial-
Ablagerung verschieden.
Das Terrassen-Diluvium ist im Gebiete der nordöstlichen Alpen sehr
verbreitet. Am ausgedehntesten tritt es in der Neustädter Ebene auf,
wo es eine Einsenkung des Wiener Beckens, die als die Fortsetzung
der Einsenkung der Mur und Mürz betrachtet werden muss, ausfüllt.
Eine beinahe eben so grosse Ausdehnung besitzt die Diluvial-Ablage-
rung längs dem Traunflusse auf der Welser Haide. Beinahe ebenso
ausgedehnt sind diese Ablagerungen längs der Mur, dem Inn, der
Enns, des Ips und der Drau.
Innerhalb der Alpen ist die Verbreitung des Terrassen-Diluviums
eben so bedeutend. Die tiefsten Stellen des Beckens von Klagenfurt
und des Judenburger Beckens, sind von sehr mächtigen Diluvial-
Geröllmassen erfüllt. Längst der Mur kann man das Terrassen-Diluvium
über Murau und Predlitz bis nach Gamingstein verfolgen, bis an die
Spalte südlich von Tamsweg. Aus dem Klagenfurter Becken steigt
das Diluvium mit der Thalsohle der Drau über Spittal bis nach Möll-
brücken; mit der Gurk bis über Weitensfeld; von Feldkirchen über
die Höhe nördlich ins obere Gurkthal. Man findet das Diluvium
auch im Lavantthale. In den nördlichen Kalkalpen sind bedeutende
Schottermassen in der Form von Terrassen, längs der ganzen Enns
vom Gesäuse angefangen nach abwärts; längs der Steyer; in der
Umgebung von Mitterndorf, Aussee undlschel. Längs der Salza unter
halb Rheinbach, und der Saale unterhalb dem Zeller-See.
Das Terrassen-Diluvium kommt nicht vor: im Ennsthale
oberhalb des Gesäuses, im Paltenthale, im Salzathale oberhalb Rhein
bach, in Lungau oberhalb der Spalte bei Tamsweg, im oberen Theile
des Möllthales, im Thale der Isel, im Puster- und Gailthale.
33°
512 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
b) Löss. Ein lichtgelber *), selten grauer, etwas sandiger
Lehm mit kaum bemerkbaren kleinen Glimmerschuppen, von geringer
Dichtigkeit, und stäts ohne Schichtung; entweder schildförmig an
Hügeln angelagert und dann bis 20° mächtig, oder grössere Flächen
in grösserer oder geringerer Mächtigkeit überdeckend. Selten findet
man darin grössere abgerundete Geschiebe. Knochen grosser Land-
Säugethiere von:
Eleplicis primigenius Blum.
Rliinoceros (ichorrhinus C u v.
Equus caballus Lin.
Bos priscus B o j a n.
Cervus eurycerus A1 d r o v.
und Landschnecken, die letzteren in unglaublicher Menge, überall in
demselben auftretend:
Helix montana S t u d.
Succinea oblonga Drap.
Pupa marginata D ra p.
sind darin zu finden.'
Ein Blick auf eine geologische Karte der nordöstlichen Alpen
zeigt schon, dass die Verbreitung dieses Gebildes auf das obere Donau-
Becken und das Wiener Becken beschränkt ist. Im Innern der Alpen
kommt der Löss nirgends vor.
c) Erratische Blöcke sind einzeln 3 ) an der Oberfläche
liegende grosse Stücke eines Gesteines, das in der Nähe nicht an
steht. Die fremdartigen, mehr oder minder umfangreichen Blöcke sind
von entfernteren Gebirgs-Zügen hergetragen, bestehen aus Granit,
Gneiss, Glimmerschiefer und aus anderen älteren Gesteinen und sind
nicht abgerollt,sondern scharfkantig, manchmal einzelneSchliffflächen
zeigend. Sie werden an folgenden Orten im Gebilde der nordöstlichen
Alpen als vorkommend angegeben :
bei Seefeld
„ Mitterwald
„ Walgau und
„ Innsbruck
„ Kitzbüchel
nördlich von Innsbruck
*) J. Czjzek, Erläuterungen zur geogn. Karte v. Wien, S. 12.
2 ) J. C zj z e k , Erläuterungen zur geogn. Karte v. Wien ? S. 9.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung-. 513
bei Wald und Umgebung, nördlich von Krimi
nördlich von Mittersill
östlich bei Zell am See
bei St. Georgj
im Gebiete
der Salza
Tann und’ Umgebung von Taxenbach
Cschenau)
im Gasteiner Thale
bei Pitten im Wiener Becken
südlich von Königstetten und
am Waschberge n. v. Stockerau
im Tullner Becken.
Doch muss ich erwähnen dass man diese Angaben mit Vorsicht
aufnehmen möge, indem es mir scheint, dass auf mehreren Stellen
die Ablagerungen des rohen Schotters der Alpen für erratische Blöcke
angesehen worden sind.
d) Alte Moränen sind die letzten zurückgebliebenen Spuren
der ehemaligen weit grösseren Ausdehnung der Gletscher. Es sind
dies unregelmässige, bald der Dichtung des Thaies folgende, bald die
Thäler quer absperrende Haufen von grösseren und kleineren Blöcken,
von Gesteinen, die den Thälergebieten aus denen die Gletscher
kamen, angehören.
Das Sengsen-Gebirge nördlich von Windisch-Garsten, das
Ausseer Gebirge, der Gebirgsstock des Dachsteins und des Hocli-
Gollings beherbergten die Gletscher, welche die in diesem Gebiete vor
kommenden Moränen erzeugt haben, und jetzt bis auf das Karls-Eis
feld des Dachsteins ganz verschwunden sind. Die im Möllthale und
im Malnitzer Thale am südlichen Abhange der Centralkette vorkom
menden Moränen verdanken den ehemals viel mehr ausgebreiteten
Gletschern des Gr.-Glöckners, des Hohen-Narr und des Ankogls ihre
Entstehung.
E. A 11 u v i u m.
Hierher gehören die Ablagerungen und Anschwemmungen der
jetzigen Gewässer in der gegenwärtigen Zeit.
Die Donau nimmt bei der Bildung dieser Ablagerungen den
ersten Rang ein. Auf die Engen des Strombettes folgen grössere
Erweiterungen desselben, in welchen sich die Donau mehr ausbreiten
kann, und diese letzteren sind es, in denen diese Ablagerungen vor
sich gehen. So das Marchfeld, das Tullnerfeld, die Alluvionen bei
514 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Enns und Efferding. Die Ablagerungen der Donau bestehen aus
Schotter, Sand und Lehm.
So wie die Donau haben auch die anderen Flüsse und Bäche ihre
Alluvionen; an solchen Stellen wo der Lauf ihrer Gewässer ein
geringerer ist, lagern sie den Schutt und Schlamm, den sie mit sich
führen, ab. Auf ihre Bildung haben periodische Anschwellungen der
Flüsse und Bäche und locale Witterungsverhältnisse einen gleich
grossen Einfluss.
Besonders hervorzuheben sind jene Alluvial-Ablagerungen, die
nur den furchtbaren plötzlichen Regengüssen der Gewitter der
Alpen ihre Entstehung zu verdanken haben. Ihre Verwüstungen, die
grossartig sind, treten auch periodisch auf und sind um so mehr zu
fürchten.
Bei Windisch-Matrey in Tirol habe ich Gelegenheit gehabt, die
Entstehung dieser Art Alluvionen des Bretterbaches zu studiren.
Der Bretterbach entspringt an den steilen Kalkglimmerschiefer-
Wänden der Bretterwand, nimmt anfangs von da seinen Lauf nach
Süd und wendet dann plötzlich nach West, um bei Windisch-Matrey
in die Isel einzumünden. Die Länge des Bretterbaches beträgt kaum
mehr als 4300 Klafter. Die Bretterwand hat eine Meereshöhe von
9033' und Windisch-Matrey liegt 3027' hoch über dem Meere. Folg
lich beträgt der Fall des Bretterbaches 1 Klafter auf 4 Klafter Länge.
Der Fall dieses Baches ist aber nicht gleichmässig vertheilt; in dem
von Ost nach West laufenden Theile besitzt der Bach eine viel
geringere Neigung, als in dem oberen nach Süd herablaufenden
Theile. Die Bretterwand besteht aus Platten von Kalkglimmerschiefer,
die nach Süd fallen und unter 60 — 70° geneigt sind. Über diese
Platten fallen die vielen abgelösten Stücke der Kalkglimmerschiefer-
Wand in Folge der Zeit an ihren Fuss und häufen sich dort in
bedeutender Menge an. Kommt nun ein starkes Gewitter mit einem
Regengüsse (was eben nicht häufig ist, indem in dieser Gegend
anstatt Regen gewöhnlich Schnee fällt) über die Bretterwand, so
hält diesen keine Vegetation, die hier gänzlich mangelt, auf, das
Gestein saugt auch nur sehr wenig oder gar kein Wasser auf. Das in
Menge herabfallende Regenwasser fliesst daher über die stark ge
neigten Kalkglimmerschiefer-Platten mit ausserordentlicher Schnellig
keit herab an den Fuss der Wand, wühlt die daselbst angehäuften
Blöcke auf und reisst sie weiter dem Thale nach abwärts. Hier nimmt
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgehung-. 515
die Schnelligkeit, mit der das Gerolle transportirt wird, in etwas ab
undlässt den nachfolgenden Partien Zeit genug, uin die vorangehenden
einzuholen und zu erreichen und sich mit denselben zu einer Masse zu
vereinigen. Und so sammelt sich eine immer grösser werdende, aus
Wasser und Gebirgsschutt bestehende, dicke Masse an und wälzt sich
einem Lavastrome gleich langsam thalabwärts. Je tiefer herab, desto
mehr verengt sich das Thal und dieBewegung des Schuttstromes wird
dadurch abermals unterstützt. Endlich erreicht die unheilbringende
Masse, oft erst in einer halben Stunde nach dem Ablauf des Gewitters,
die Mündung des Bretterthaies in das breitere Iselthal. Wie aus einem
Sacke herausgeschüttet, häuft sich das Gerolle an der Mündung an
und wird in der Form eines halben sehr flachen Kegels abgelagert,
alles was in seinem Laufe liegt bedeckend und zerstörend. Nicht nur
die Felder und Gärten, auch die Wohnungen der dortigen Bewohner
werden zum Theil bedeckt oder ganz überschüttet. Aber nicht
Unheil genug ist es, dass der Schuttkegel das ihm im Wege liegende
zerstört und die Gegend an der Mündung des Thaies verwüstet, die
häufig bis auf das entgegengesetzte Ufer der Isel vorgeschobenen
Schuttmassen versperren dem IselQusse seinen Abfluss und dieser
breitet sich oberhalb dieser Stelle in einen See aus und verschlingt die
fruchtbaren Felder und grünenden Wiesen unter seinen Wellen, sie
mit dem Schlamme der Gletscher überdeckend, Elend und Noth
verbreitend.
Je weiter weg von der Mündung des Bretterbaches, desto mehr
nähert sich die Ablagerungsfläche des Schuttkegels der Horizontale.
Der nach Herstellung der Ruhe sehr kleine unbedeutende Bach
sucht dann in die Ablagerungsfläche des Schuttkegels sein Bett zu
vertiefen und wenn ihm hierzu genug Zeit gelassen wurde, so vertieft
er sich so weit, dass endlich an seinen Rändern zwei Terrassen als
Ufer entstehen.
Ganz in dieser Weise wütheten und verheerten in den letzten fünf
Jahren die Bäche der Seitenthäler des Drauthales zwischen Ober-
Drauburg und Sachsenburg, der Bach Sagans zwischen Fragant und
Stall iin Möllthale und die Bäche im Gailthale.
Diese Verheerungen fanden auch in älterer historischer Zeit
Statt und waren gewiss noch furchtbarer. Hiervon zeugt der unge
heuere Schuttkegel vor Lienz, auf dem sich die Ortschaften Ober-
Lienz, Ober-Drum, Grafendorf, Patriarchsdorf und Nussdorf befinden.
516 stu r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Der tiefste Theil dieses Schuttkegels liegt bei Lienz 2057', die Spitze
desselben im Helenenthale bat 4183' M. H.; folglich beträgt seine
absolute Höbe 2120'. Die Länge mag beiläufig eben so viele Klafter
betragen. Unter diesem Schuttkegel soll das alte Leontium begraben
sein. Eben so grossartig ist der Schuttkegel im oberen Möllthale bei
Sagritz, im Tefferecker Thale bei St. Leonhardt und endlich im Gail-
thale bei Tilliach.
F. Jüngste Spaltenbildung im Gebiete.
Es sind dies Spalten, die, obwohl sie tief unter dem Niveau der
tertiären Ablagerungen liegen, von diesen doch nicht ausgefüllt
worden sind und daher jüngerer Entstehung sein müssen.
Die merkwürdigsten dieser Spalten sind jedenfalls die, welche
die Donau auf ihrem Wege aus Baiern von Passau abwärts durch-
fliessen muss, bevor sie sich bei Pressburg in der ungrischen Ebene
ausbreiten kann. Fünf Spalten sind es: von Passau bis Efferding und
bei Linz; zwischen Wallsee und Ibbs, von Schönbüchel abwärts bis
Spitz, die breite Spalte bei Klosterneuburg und die noch breitere
Theben-Pressburger Spalte. Bei den beiden letzteren Spalten sind
nur die untersten Theile hier verstanden, welche von der Donau
bespült werden, indem an beiden Orten schon vor der tertiären
Zeit Öffnungen vorhanden waren, durch welche die tertiären Meere
des oberen Donau-Beckens, des Wiener und ungrischen Beckens
mit einander in Verbindung standen. Bergrath Czjzek bat schon
nachgewiesen, dass die Spalte zwischen Schönbüchel und Spitz nicht
durch Erosion entstanden ist. „Die Donau *) hat bei Krems eine See
höhe von 595-90', bei Mölk von 649-96', folglich im Durchschnitte
auf ihrem Laufe von 4 3 / 4 Meilen einen Fall von 11-38' per Meile.
Beobachtet man ihren Lauf von Krems bis Wien, meist über tertiäre
Gebilde, so beträgt ihr Fall per Meile 11-2 Fuss. Dieses Verhältniss
zeigt, dass der Lauf des Stromes zwischen dem Gebirge nur ganz
unbedeutend schneller ist, von Wasserfällen und einem gewaltsamen
Durchbruche nichts wahrnehmen lässt, welcher Umstand ebenfalls
für eine Gebirgs-Spaltung spricht.“ Und wäre die Donau gezwungen
gewesen, durch directe Erosion oder durch das von rückwärts
schreitende Unterwühlen vermittest Wasserfällen sich das Bett zu
*) J. Czjzek, Jahrb. der k. k. g-eol. Reichsanstalt, IV. 264.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung 1 . 517
graben, so hätte sie gewiss, theils wegen der weicheren Gesteins
beschaffenheit, theils wegen der viel niedrigeren Lage, die tertiären
Gebilde durchgefressen und ihren Lauf in der Richtung gegen
St. Pölten genommen. Was hier speciell von der Entstehung der
Spitz-Schönbüchler-Mölker Spalte gesagt wurde, gilt zugleich für jede
dieser genannten Spalten.
Nebst der Entstehung dieser Spalten ist das Streichen derselben,
welches unsere Aufmerksamkeit verdient. Die Pass au er Spalte
streicht im Allgemeinen nach N. 4S° in W. Ihr unterer Theil bildet
ein Zickzack, das aus den Streichungslinien N. W. und N. 4S° in 0.
zusammengesetzt ist. Die Ibbser Spalte streicht im Allgemeinen
nach W., ist aber aus den Streichungsrichtungen W. undN. zusammen
gesetzt. Die Molker Spalte streicht nach N. 45° in 0. und ist aus
den Streichungslinien N. und N. 45° in 0. zusammengesetzt. Die
Klosterneuburger streicht beinahe, und die Theb en-Press-
burger Spalte ganz parallel mit der Passauer Spalte.
Die Richtung der Spalten der Donau entlang, d. i. in der von
Ost nach West laufenden grossen Einsenkung der oberen Donau,
streichen daher vorzugsweise nach W., N. 45° in W., N. und N. 4o°
in Ost.
Die nächste, an die grosse Einsenkung der Donau sich südlich
anreihende Einsenkung der Enns und Salza läuft ebenfalls von Ost
nach West. In ihrem Gebiete sind zwei Spalten bekannt geworden,
die am Grimming und die „das Gesäuse“ genannt. Die Spalte des
Grimmings streicht nach Nord, das Gesäuse aber nach West. Gegen
die Annahme, dass diese beide Spalten durch Erosion entstanden
wären, spricht ihre Umgebung. Der Grimming bildete zur tertiären
Periode mit der Kammspitze einen und denselben 6000' über der
Thalsohle des Ennsthaies aufsteigenden Kamm des Dachsteingebirges.
Die Wässer, die sich in der Mulde von Mitterndorf ansammelten, konn
ten sehr gut auf dem schon vor der Kreide-Periode offenen Wege
über Klaehau undPürg ablaufen und es ist unmöglich, der Erosionskraft
dieser Wässer den Durchbruch einer 4000' (über dem Roden von
Klaehau) hohen und eben so breiten Kalkmauer zuschreiben zu wollen.
Das Gesäuse verdankt eben so wenig seine Entstehung der Erosion.
Das Ennsthal war östlich von Admont und Krumau durch die Dach
steinkalk-Massen des Buchsteins und des Kaiblings abgesperrt. Diese
Kalkmauer konnten die Gewässer des jetzigen Ennsthaies nie über-
518 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
steigen. Und wenn dies auch je der Fall war, so waren ja viel niederere
Sättel vorhanden, über welche die Gewässer ihren Ausweg gefunden
haben würden. Die Erosionskraft des verheerenden, durch seine Über
schwemmungen bekannten Ennsflusses ist so gering, dass er nicht im
Stande ist die herabgefallenen Kalkmassen, die ihm den ersten Ein
gang in das Gesäuse absperren, wegzuräumen und man genöthigt
ist, ihm mit Sprengungen durch Pulver nachzuhelfen.
In der nächst südlicheren Einsenkung der Mur und Mürz sind
zwei derartige Spalten entstanden, die südlich bei Bruck und die
südlich vonTamsweg. Die Brücker Spalte streicht nach N. 45° W. und
ist der Passauer und der Klosterneuburger Spalte parallel. Die Tams-
weger Spalte streicht nach N. und ist so zu sagen die Fortsetzung
der Grimming-Spalte.
In der südlichsten von Ost nach West laufenden Einsenkung der
Drau sind vier Spalten bekannt geworden, die jünger sind, als die
tertiären Ablagerungen dieser Gegend. Die bei Gmünd streicht im
Allgemeinen nach N. 45° 0., und ist aus Streichungslinien N. und N.
45° 0. zusammengesetzt, ganz wie wir dies bei der Molker Spalte
gesehen haben. Mit dieser parallel ist die Spalte, die das obere und
untere Gurkthal mit einander verbindet. Die Spalte, die das obere
und untere Lavantthal verbindet, steht auf den ersten beiden beinahe
senkrecht und ist mit der Brücker und Klosterneuburger Spalte
nahezu parallel. Endlich läuft die Mahrenberger Spalte westlich von
Marburg nach W., nahezu parallel mit dem Gesäuse und der Spalte
bei Ibbs. Dass sie alle zusammen dieselbe Entstehung haben, wie die
der Donau, habe ich kaum nöthig zu erwähnen.
Diese Spalten, sowohl die der Donau als die im Innern der
Alpen sind, wie schon gesagt wurde, von tertiären Gerollen nicht
bedeckt; man findet in derselben nur die jüngeren Gebilde: Terrassen-
Diluvium, Löss und Alluvium. Dort wo die Spalten in älteren Gesteinen
entstanden sind, fallen sie jedenfalls mehr auf, als im Gebiete der
tertiären Ablagerungen. Aber wie im älteren Gebirge, charakterisiren
sie sich auch im tertiären Gebiet durch ihre Streichungsrichtungen
und durch ihre Ausfüllung. Wenn man z. B. die Welser Haide durch
wandelt, so sieht man ganz deutlich, wie die tertiären Hügelreihen
sowohl in NW. als in SO. derselben 200' hohe Dämme bilden, die
die Ablagerung des Terrassen-Diluviums auf den Raum der Welser
Haide beschränkt und eingeengt haben. Ganz dasselbe sieht man am
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung 1 . 519
Almflusse, südlich von Wimsbach, am Ermsflusse, an der unteren Salza
und am Inn, ferner auf der Neustädter Haide, und der Mur entlang
unterhalb Gratz. Ferner ist die Längenerstreckung der Diluvial-Terras-
senan dem Flusse zwischen Braunau und Passau, auf der Welser Haide,
an der Enns, am Ibbsflusse, auf der Neustädter Haide nahezu parallel
der Molker Spalte; dagegen haben die Diluvial-Ablagerungen an der
unteren Salza und an der unteren Mur mehr die Richtung der Passauer
Spalte, und es hissen sich da die vier Richtungen WN. 45° in W.,
NN. 45° in 0., alle nachweisen, eine Analogie, die jedenfalls für die
Gleichartigkeit dieser Spalten mit denen in den festen Gebirgsarten
spricht.
Merkwürdig ist in der That zu sehen, dass die Spalten, während
sie die Alpen in den angegebenen Richtungen durchkreuzen, in die
krystallinischen Gebirge nördlich der Donau nicht tiefer hineinreichen,
sondern sich an diesem Gebirge entweder abstossen, wie die Kloster
neuburger Spalte, oder nur an dem Rande derselben entstanden sind,
und demselben, so zu sagen ausweichen, wie die Passauer, Ibbser und
Molker Spalte.
G. Spaltenbildung, Schichtenstörung und Erhebung.
Die Spaltenbildung scheint mit den beobachteten Schichten
störungen im innigsten Zusammenhänge zu stehen. Das grossartigste
Beispiel dieser Art ist jedenfalls das in vieler Hinsicht interessante
Lavantthal. Die Schichten der tertiären Gebilde des Lavantthales
streichen, wie wir es gesehen haben, von NW. nach SO. in derselben
Richtung, welche die grosse, das untere mit dem oberen Lavant-
thale verbindende Spalte bat. Wir haben aber auch gesehen, dass
hier die Schichten um 1000' höher liegen, als die gleichartigen
bei Baden. Auch an der Mahrenberger Spalte sind dieselben Verhält
nisse von Dr. Rolle beobachtet worden. Die Schichten der Eibis-
walder Braunkohlenlager fallen nach Nord. Die marinen Schotter-
Ablagerungen steigen im Gebirge nördlich von der Mahrenberger
Spalte um 1000' höher, als sie in der Ebene zu finden sind 1 ).
Die Unregelmässigkeit des Streichens und Fallens der Schichten
zwischen Marburg, Arnfels und Leibnitz findet eben darin ihre Erklä
rung, dass die Richtungen der Spalten von Mahrenberg, der von
Dr. Rolle, mündliche Mittheilungeu.
«)20 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Mioeeu undPliocen), Diluvium
Gratz und Strass, Strass und Radkersburg, sich in dieser Gegend
begegneten. Etwas Abnormes scheinen die Schichtenstörungen im
Becken von Lungau, nördlich von Tamsweg und im Ennsthale bei
Ober-Lengsdorf zu bieten. An beiden genannten Stellen sieht man,
dass das Streichen der gestörten Schichten gerade senkrecht steht
auf der Streichungslinie der benachbarten Spalten. Wenn man sich
aber etwas weiter umsieht, so gewahrt man, dass in der Fortsetzung
dieser Richtung im Ennsthale das Gesäuse zu liegen kommt und in
der ganzen Einsenkung der Mur und Mürz, in deren Verlängerung
die Wiener-Neustädter Haide sich befindet, alle Braunkohlen-Schich-
ten nach Süd fallen. Auch das merkwürdige Vorkommen der Braun
kohle von Gloggnitz liegt gerade in dieser Einsenkung.
II. THEORIE.
A. Altersbestimmung.
a) Gebilde des offenen Meeres.
Dass die Tegel-, Sand-und Schotter-Ablagerungen des Wiener
und der angrenzenden Becken wirklich tertiär sind und der jüngeren
Epoche dieser Formation angehören, ist eine schon längst erwiesene
Thatsache.
Der untere Tegel bildet die tiefste älteste Lage dieser Gebilde;
der obere Tegel ist jünger. Noch jünger ist der Sand, in dessen unter
sten Lagen man noch dieselben Knochenreste findet, die für den oberen
Tegel charakteristisch sind. Als die jüngste tertiäre allgemein ver
breitete Schichte gilt der Schotter.
Der Leithakalk entspricht an einzelnen Punkten (Nussdorf)
dem oberenTlieile des unteren Tegels, an andern aber (Bruck a. d. L.)
dem oberen Tegel.
b) Randgebilde.
Bei den Randgebilden kommt es darauf an, die in denselben
vorkommenden Braunkohlenlager ihrem Alter nach zu bestimmen.
Es ist freilich schwer, nach den bisherigen mangelhaften Unter
suchungen und wegen der Seltenheit oder gänzlichen Abwesenheit
Von charakteristischen Versteinerungen das Alter der verschiedenen
Siehe oben S. 496.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung 1 . 521
Braunkohlen-Ablagerungen zu bestimmen 1 ); es kommt aber auch nur
darauf an, beiläufig zu zeigen, mit welchen Ablagerungen des offenen
Meeres diese verschiedenen Braunkohlenlager ausser und in den
Alpen zu parallelisiren sind, um so ihr gegenseitiges Alter und ihr
Alter im Allgemeinen zu bestimmen.
Nach den Beobachfungen von M. V. Lipoid kommen Braun
kohlenlager im Lavantthale in den untersten dortigen tertiären
Gebilden vor, die, wie wir gesehen haben, mit dem Tegel bei Baden
von gleichem Alter sind. Nach den Mittheilungen von Bergrath
Czjzek kommen die Braunkohlen von Thallern in einem Tegel vor,
den man, nach den darin Vorgefundenen Versteinerungen, den
Schichten von Gainfahren und Enzersfeld gleichstellen muss. Die
Braunkohlenlager hei Fohnsdorf im Judenburger Becken liegen
unter einer Muschelschichte, die nur aus Schalen von der Congeria
triangularis Part sch besteht. Aber diese Congeria kommt nach
den freundlichen Mittheilungen von Dr. Hörnes immer nur in den
sogenannten Congerien- Schichten vor; ihre V erbreitung ist über
Österreich, Mähren, Ungern, Bosnien und Albanien bekannt und sie
kann daher als eine sichere Leitmuschel bei der Erkennung der Co n-
gerien-Sehiehten angenommen werden. Die Lignite bei Göding
in Mähren liegen nach Fr. Fo etter le auf einem Tegel mit Congerien
im Sande, in welchem man ebenfalls die Congerien findet.
Das Gleiche scheint bei Zillingsdorf und Neufeld zu sein, indem
man auch dort in dem Tegel, der unter den Kohlen liegt, Congerien
erbohrt hatte.
Diese Beispiele beweisen, dass die Braunkohlenlager durchaus
nicht einem und demselben Zeitabschnitte angehören, und dass die
Bildung der Braunkohlen durch die ganze Dauer der jüngeren Tertiär-
Epoche fortdauerte. Zugleich geht aus diesen Beispielen hervor, dass
die Lignite der oberen, die schwarzen eigentlichen Braunkohlen der
unteren Tegelbildung angehören. Wie aber zur Zeit der Ablagerung
der unteren Tegelbildung Buhe geherrscht zu haben scheint, während
hei der oberen Tegelbildung aber lebhaftere Strömungen wegen
der deutlich ausgesprochenen wellenförmigen Ablagerung der
Schichten 3 ) angenommen werden müssen, so scheintauch dieBildung
*) Siehe oben S. 497—509.
2 ) J. Czjzek, Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt II, b, 81 und 82.
JJ22 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
der eigentlichen Braunkohlen und der Lignite eine verschiedene zu
sein. Bergrath Czjzek hat für die Zillingsdorfer und Neufelder
Lignite *) nachgewiesen, dass sie aus zusammengeschwemmten,
Treibhölzern entstanden sind. M. V. Lipoid erwähnt bei der Be
schreibung der Wildshuther Lignite a ), dass man in dem Mittelflötze
häufig ganze Baumstämme mit Wurzelstöcken daselbst findet, oft
bei 6' lang und 3' im Durchmesser, gewöhnlich mehrere beisammen.
Die Stämme sind umgestürzt, die Wurzeln nach oben gekehrt und
immer mit einer Neigung nach NO., wodurch die Richtung der
Strömung, die sie abgelagert, angezeigt wird. Auf der Jaulingwiese 3 )
ist im quer durch denLignit führenden Tegel eine bei 24' breite Sand
mulde beobachtet worden, bei deren genauer Untersuchung man fand,
dass dieselbe einem ehemaligen Bache ihre Entstehung verdanke.
Dagegen zeigen die eigentlichen Braunkohlen nur sehr selten
die Holztextur, und dürfen wahrscheinlich aus ruhigen Torfmooren
erstanden sein. Auch die Versteinerungen, meist Knochenreste, die
man in den Kohlen findet, sind aus diesen zwei Abtheilungen zum
grössten Theile von einander ganz verschieden.
Für den Lignit sind charakteristisch :
Mastodon angustidens Cuv.
Acerotherium incisivum Kaup.
Hippotherium gracile Kaup.
Knochenreste, die man auch im oberen Sande, im oberen Tegel und
im jüngeren Leithakalk aufgefunden.
Dagegen kommen in den schwarzen Braunkohlen vor:
Rhinoceros Scheiermacheri H. v. Meyer.
Dorcatherium Naui IL v. Meyer.
„ vmdobonense H. v. Meyer.
Palaeomeryx medius H. v. Meyer.
Cervus sp.
Chalicomys Jaegeri ? 4 )
Trionyx stiriacus Peters.
Chelydra sp.
Emys Turtioviensis H. v. Meyer.
Nachdem nun dies vorangeschickt worden, möge ein Verzeichniss
der in 2 Abtheilungen aufgezähltenBraunkohlen-Vorkommnisse folgen.
*) J. Czjz ek, Jahrb. d. k. k. g’eol. Reichsanstalt, III, 47.
2 ) M. v. Lip old, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, I, 601.
3 ) Zepharovich, Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt, IV, 743.
4 ) Prof. Ung-er, fossile Flora von Parschlug 1 , S. 22.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgehung. 523
Braun
des unteren Tegels:
Leiding,
Schauerleithen,
Klingenfurt,
Brennberg,
Zerreichenwald,
Sieggraben,
Weingraben,
Karl,
Schreibersdorf,
Pinkafeld östlich,
Eibiswald,
Thallern,
Obritzberg,
Lavantthal,
Obdach,
Feberg-Graben,
Fohnsdorf,
Dietersdorf,
Schönberg,
Trofajach,
Leoben,
Dolling-Graben,
Urgenthai,
Winkl,
Göriach,
Parscblug,
Wartberg,
Krieglach,
Langenwang,
Ratten,
Krumbach,
Zeyring,
Bauten,
Lungau,
Ober-Lengsdorf,
Wagrein.
o h 1 e n
des oberen Tegels:
Leobersdorf,
Jaulingwiese,
Kleinfeld,
Grillenberg,
Pernitz,
Gloggnitz,
Zillingsdorf und Neufeld,
Ritzing,
Thiergarten,
Pilgersdorf,
Bubendorf,
Fladnitz,
Klein-Semmering,
Rein,
Voitsberg,
Zelking,
Haag,
Wildshut,
Schwaig-Graben bei Sekkau,
St. Ilgen,
Keutschach,
Feistritz im Gailthale.
524 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Die Conglomerate im Wiener Becken bedecken die Lignit-
Ablagerungen der Jaulingwiese J ) und in der Umgebung und sind
daher jünger als die Lignite und dürften gleichzeitig sein mit dem
oberen Sande. Den Conglomeraten des Wiener Beckens entsprechen
die des Lavantthales, des Ennsthaies und die im Becken von Lungau.
Der Schotter des offenen Meeres und der der Randgebilde in
und um die Alpen sind gleichzeitig.
DerSüsswasserkalk ist das jüngste Glied der Tertiär-Formation.
B. Niveauverhältnisse des neogenen Meeres.
Auffallend ist die Aufeinanderfolge der Ablagerungen des offenen
Meeres, dass zu unterst die Tegelbildung, darauf Sand und zuletzt
die Sehotterbildung folgte. Im Tegel sind Schotter- und Sand-Ablage
rungen nur selten, und dies gewöhnlich in einer untergeordneten
Weise vorhanden. Eben so herrscht der Sand in der Sandbildung
vor und im Schotter trifft man nur selten dünne Lagen von grobem
Sande. Die Ursache dieser Erscheinung kann man nur in den Meeren
suchen, aus denen sie abgelagert wurden. In der gegenwärtigen
Periode bildet sich unter unseren Augen an ruhigen und an sumpfigen
Stellen Schlamm; bewegteres Wasser ist im Stande gröbere Theile
mit sich fortzuführen; zur Bildung von gröberem Gerolle ist eine
Bewegung nothwendig und nur starke Strömungen können das
Gerolle fortbewegen und horizontal ablagern. Eine mächtige Schichte
von Schlamm erfordert eine lange Zeit der Ruhe an dem Orte, an
welchem sie sich ablagerte; eine mächtige Schichte von ausschliess
lich vorherrschendem Sande erfordert eine gleichmässige andauernde
Bewegung des Wassers, aus dem sie sich absetzte; eine mächtige
Schichte von groben Gerollen erfordert eine gleichmässig andauernde
starke Strömung. Da aber diese Schichten von Tegel, Sand und
Schotter in dem ganzen Gebiete der tertiären Ablagerung allgemein
verbreitet sind, so erfordern sie auch, dass die sie bedingenden
Verhältnisse an allen Orten des tertiären Meeres geherrscht haben;
folglich haben wir in den tertiären Meeren eine Epoche der
Ruhe, eine der Bewegung und eine der Strömung.
In den Alpen, z.B. im Becken von Lungau, nehmen die sandigen
Mergel und Tegel nur die tiefsten Stellen des Beckens ein und ihre
*) Z epli aro vie h , Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, IV, 7i2.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. J)25
horizontale Verbreitung ist auch nur sehr gering. Mehr verbreitet
sind die Conglomerat- und Sandstein-Schichten, sie nehmen etwas
höhere Partien des Beckens ein und man findet häufig die Conglo-
merate unmittelbar am Gneissgebirge ohne Zwischenlage von Mergel
oder Tegel aufgelagert. Endlich findet man den Schotter, der
die Conglomerate, Tegel und Mergel gemeinschaftlich überlagert,
auch dem krystallinischen Gebirge unmittelbar aufgelagert. Seine
Verbreitung ist ausserordentlich und bedeutend grösser als die
der Conglomerate, Mergel und Tegel, und die Höhe bis zu welcher
er sich hinauf zieht, übersteigt das Nivean der Mergel und Conglo
merate um 1000'.
Ganz dasselbe sieht man im Becken des Ennsthaies. Die Mergel
und Sandsteine, ferner die Tegel mit Braunkohlen nehmen nur die
tiefsten Stellen des Beckens ein, die Conglomerate am Grimming
steigen um 500' höher, und den Schotter findet man bis zu einer
Meereshöhe von 3600'. Es folgt daraus, dass der Schotter unter
einem viel höheren Niveau des Wassers abgelagert werden musste,
als die Conglomerat-Mergel und Tegel. Denn nähme man einen
gleich hohen Wasserstand für die Bildung der Tegel, Mergel und
Schotter an, so müsste man die Mergel gleiclimässig, wie im Wiener
Becken es der Fall ist, überall und allgemein verbreitet finden, an
allen Stellen, wo der Schotter abgelagert, was aber nicht der Fall
ist. Daher haben wir für die drei Bildungen des neogenen Meeres
drei verschiedene Wasser stände anzunehmen. Combinirt
man diese Folgerungen mit den vorangehenden, so hat man zu
Anfang der neogenen Ablagerungen ein ruhiges nicht sehr
tiefes Meer, späterhin ein bewegtes Meer mit einem höheren
Wasserstande, und endlich ein stürmisches, strömendes
Meer, mit dem höchsten W a s s e r s t a n d e.
Wir haben ferner gesehen, dass die Korallenbänke des tertiären
Meeres, der Leithakalk nämlich, 900' an Mächtigkeit besitzen. Dies
eben gibt den Fingerzeig, da die Korallen in einer Tiefe von 900'
unter der Meeres-Oberfläche nicht leben können, dass entweder
allmähliche oder von Zeit zu Zeit auf einander folgende Senkungen des
Bodens im tertiären Meere stattfinden mussten. Folglich ist es wahr
scheinlich, dass die drei im obigen nachgewiesenen auf einander
folgenden Wasserstände als Folge von drei auf einander folgenden
Senkungen des Bodens zu betrachten sind.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft.
U
526 Stur. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Die Leithakalke entsprechen als Äquivalente nur der Tegel
bildung, sowohl der unteren als der oberen. Es lässt sich daher
vermittelst des Leithakalkes das Sinken des Bodens nur während der
Tegelbildung nachweisen. Man weis aber dass die Conglomerate
zwischen Vöslau, Pottenstein und Wollersdorf die Lignitablagerun
gen dieser Gegend bedecken. Der Tegel mit den Ligniten lagert
aber unmittelbar auf dem Dolomit und nicht auf Conglomeraten einer
vorangehenden Bildung, so folgt daraus, dass nach der Abla
gerung der Lignite erst und nicht früher ein höheres
Niveau des Meeres zu herrschen anfing, welches an den Kalkwänden
dieser Gegenden anprallen, sie zum Theile zerstören und das Con-
glomerat bilden konnte. Dass aber das Niveau der Conglomerate mit
dem des Schotters in den Alpen nicht gleich war, lässt sich dadurch
nachweisen, dass, da der Schotter viel höher steigt als die Conglome
rate, auchderihm entsprechende Wasserspiegel höher stehen musste,
mithin wären alle die Wände, die das Material zur Conglomerat-
bildung lieferten, tief unter die Grenze der Ebbe und Fluth zu liegen
gekommen oder die Bildung der Conglomerate wäre eine unmögliche
gewesen.
Die verschiedene Mächtigkeit der drei verschiedenen Ab
lagerungen der Neogen-Formation spricht dafür, dass die Zeiten
der Dauer der drei verschiedenen auf einander folgenden Niveaus
verschieden waren. Die kürzeste Epoche war die des letzten höchsten
Wasserstandes, in welcher sich der Schotter ausserhalb und in den
Alpen bilden konnte. Eben so lange oder länger dauerte die Epoche
der Sand- und Conglomerat-Bildung; die längste war die Epoche der
Tegelbildung.
Auffallend ist der Unterschied zwischen der oberen und unteren
Tegelbildung, in dem die letztere eine rein marine Bildung ist,
während der obere Tegel mehr hrakischen und süssen Gewässern
seine Entstehung verdankt. Gewiss ist es, dass der obere Süsswasser-
Tegel mit einer marinen Bildung, dem jüngeren Leithakalk, in einem
und demselben Becken gleichzeitig gebildet ist. Folglich lässt sich
nicht annehmen, dass das Wasser des tertiären Meeres zur Zeit der
Ablagerung des oberen Tegels in allen seinen Theilen brakisch oder
gar süss war, es ist vielmehr wahrscheinlich, dass sich grössere
Süsswasser-Ströme in das Meer des oberen Tegels ergossen , und
den marinen Charakter desselben stellenweise zum Theil oder ganz
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung 1 . 527
verändert haben. Für die Annahme von Siisswasser-Strömen zur
wesentlichen Veränderung des Charakters der oberen Tegelbildung
spricht insbesondere die Ablagerung des Lignits.
Auffallend ist jedenfalls der Mangel an Congerien-Schichten und
Leithakalken im oberen Donau-Becken und dieser Umstand, wenn er
richtig zu deuten ist, kann zur Erklärung der Süsswasser-Epoche
in der Tegelbildung dienen. Der Mangel an Leithakalk an Korallen
bänken im tertiären Meere des oberen Donau-Beckens lässt sich nur
dadurch erklären, dass hier die nothwendige Bedingniss, das Sinken
des Bodens nicht stattfand; die Strömungen des offenen salzigen
Meeres und steile Küsten waren während der unteren Tegelbildung
gewiss vorhanden.
Dadurch nun, dass der Boden des oberen Donau-Beckens dem
Einsinken nicht unterworfen war, wurde dieses. Becken bis zu einer
gewissen Höhe mit den Ablagerungen des unteren Tegels ausgefüllt.
Das immer und immer weniger werdende Meereswasser wurde end
lich durch die vielen kleinen Zuflüsse aus den umgehenden Gebirgen
ganz süss. Das nunmehr süsse Wasser des oberen Donau-Beckens
musste bei dem langsamen Sinken des Wiener Beckens in dieses
letztere abfliessen. Dieses und das vom offenen Meere gleichzeitig
zufliessende Salzwasser mögen den Zustand der Dinge hervor
gebracht haben, der zur Ablagerung des oberen Tegels und sei
nes Äquivalentes, des jüngeren Leithakalkes, nothwendig war. Für
diese Erklärung spricht das häufige Auftreten der Congerien-Schich
ten zwischen Wien, Brunn und Bruck am Leithagebirge, gerade der
Einsenkung zwischen dem Kahlenberge und Bisamberge gegenüber, wo
die Communication zwischen dem Wiener Becken und dem oberen
Donau-Becken schon zu dieser Zeit gewiss hergestellt war. Ganz
analog ist das Vorkommen der Congerien bei Gaja, nördlich bei
Göding, in Verbindung mit den Leithakalken, bei Nikolsburg und süd
lich. Nimmt man alle diese Thatsachen über das Auftreten des Con-
gerien-Tegels zusammen, so muss man es eingestehen, dass sie zur
Erklärung dieser Erscheinung nicht hinreichen und die Beantwortung
dieser Frage daher noch fernerhin offen bleiben muss.
C. Niveau-Verhältnisse der Alpen zur Neogen-Zeit.
Wir haben gesehen, dass die unteren Schichten im Becken des
Lavantthales um i 000'höher liegen, als die gleichzeitigen bei Baden.
34*
528 Stur. Über die Ablagerungen desNeogen (Mioeeil und l’liocen), Diluvium
Es lässt sich kaum annehmen, dass sie beide in ihrer jetzigen Lage
zur Zeit ihrer Ablagerungen sich befunden haben; denn der ihnen
gemeinschaftliche Wasserspiegel müsste wenigstens 1200' über den
Schichten bei Baden und 1000' über den Leithakalken gestanden
haben. Daraus folgt, dass die Ablagerungen des Lavantthales gehoben
worden, d. h. die Terrainsverhältnisse der Alpen der Jetztzeit sind
ganz verschieden von denen der tertiären Periode. Es haben, wie wir
schon Thatsachen mitzutheilen Gelegenheit hatten, seit der tertiären
Periode bedeutende Hebungen in den Alpen stattgefunden.
Wir müssen daher von den nach - tertiären Hebungen abstra-
hiren und denken uns das Becken des Lavantthales gleich hoch mit
dem Wiener Becken und der steierischen Bucht gestellt; theils
über Marburg, St. Lorenzen und Hohenmauthen (südlich an der
Makenberger Spalte), theils über Windischgratz und Lavamünd mit
dem offenen Meere des ungrischen Beckens in Verbindung. Die
Höhen Glöckner und Venediger mögen 10.000' über der damaligen
Meeresfläche sich erhoben haben.
Es fragt sich nun, wie weit reichte das Meer der Tegelbildung
in die Alpen?
Da wir im Becken des Lavantthales mitten in den Alpen wirkliche
Meeres-Versteinerungen finden, so ist es einerseits gewiss, dass hier
ein salziges Meer herrschen musste; anderseits beweist dieser Um
stand, da sich an anderen Stellen der Alpen bis jetzt keine marinen
Versteinerungen vorfanden, wo sie sich eben so gut wie im Lavant-
thale entwickeln konnten, dass das salzige tertiäre Meer der Tegel
bildung in die übrigen Theile der Alpen nicht hineinreichte. Was
daher mit dieser Bildung des unteren Tegels in den übrigen Theilen
der Alpen gleichzeitig abgelagert worden war, verdankt seine Ent
stehung nur süssen Gewässern einzelner nicht zusammenhängender
Becken. Für diese Annahme spricht auch die Lagerung der einzelnen
Braunkohlen-Mulden im Gebiete der nordöstlichen Alpen, da sich
keine gemeinschaftliche Reihenfolge der Schichten für alle zusammen
aufstellen lässt, und es scheint, dass sich die Schichten in jeder ein
zelnen Mulde ganz unabhängig von den andern abgelagert haben.
Das Einsinken des Bodens im Wiener Becken pflanzte sich
durch die Einsenkung der Mur und Mürz bis in das Judenburger
Becken fort, so dass endlich das salzige Wasser des Lavantthales
das Torflager von Fohnsdorf überschwemmen und mit neueren dem
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 529
oberen Tegel parallelen Ablagerungen überdecken und die zur
Existenz der Congerien notliwendigen Bedingnisse lierzustellen ver
mochte. In diese Zeit sind die Lignit-Ablagerungen wie auch wahr
scheinlich die erste Überschwemmung des Beckens von Klagenfurt
zu versetzen.
Zur Zeit des höheren Niveaus des Meeres, unter welchem in
offenem Meere die Ablagerung des Sandes erfolgte, mussten sich die
Alpen im betrachteten Gebiete um ein beträchtliches senken;
dadurch war das Meer gezwungen, sich in das Innere der Alpenthäler
tiefer hinein zu ziehen, als dies bis dahin der Fall war, dieselben
auszufüllen und darin die Ablagerungen derConglomerate und grober
Sandsteine, wie im Ennsthale, bei Leoben, Judenburg, Ob-Wölz, in
Lungau und südlich von Klagenfurt, abzulagern. Zu dieser Zeit
möge der Glöckner und Venediger 8—9000' über der damaligen
Meeresfläche sich erhoben haben.
Nach der Ablagerung des Sandes folgte eine abermalige Sen
kung der nordöstlichen Alpen.
Es war dem Meere gestattet, in alle einzelnen Thäler der Alpen
vorzudringen und in den jetzigen Alpengegenden eine Inselwelt zu
bilden, die nur mit dem jetzigen Norwegen eine Ähnlichkeit besitzt.
Die Höhen Glöckner und Venediger mochten 6000 — 6500' Meeres
höhe besitzen. Diesem Niveau des tertiären Meeres haben die Sehot
ter-Ablagerungen , deren Verbreitung 1 ) wir bis in die innersten
Thäler der Alpen verfolgten, ihre Entstehung zu verdanken.
Dass der Schotter nicht aus grossen Flüssen abgelagert wurde,
lässt sich mit Sicherheit nachweisen. Vor Allem müssen hier die Vor
kommnisse des Schotters auf Wasserscheiden hervorgehoben werden.
Auf dem Iselberge, der Wasserscheide zwischen der Drau und Moll
östlich von Lienz, ist der Schotter in 3684’ Meereshöhe abgelagert.
Lienz liegt 2057' hoch im Drauthale, und die Möllbrücke nördlich
von Lainach 2466' hoch über dem Meere. Folglich musste der Fluss,
welcher den Schotter des Iselsberges abgelagert hatte, im Drauthale
wenigstens 1627 und im Möllthale wenigstens 1218' tief gewesen
sein, wenn man die später erfolgte Ausfüllung des Thaies gar nicht
in Rechnung zieht. Lässt man dieses noch als möglich zu, so wird
man einsehen, dass der 1218' tiefe Möllfluss auch zur Zeit der
1) Seite 516, S17, 318.
530 sta r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Schotter-Ablagerung nur aus dem jetzigen Wassergebiete des oberen
Möllthales sein Wasser besitzen konnte, und es lässt sich kaum
annehmen, dass zu dieser Zeit dieselbe Gegend lOOOmal mehr
Wasser liefern konnte, als sie es jetzt im Stande ist. Dass hier
nirgends Thalsperren zur Bildung von einzelnen Seen Gelegenheit
geben konnten, ist klar, indem man im ganzen Verlaufe der Drau 2B
von Silian bis Klagenfurt keine Spur von einer solchen iindet. Und
dort wo sie wirklich vorhanden waren, wie zum Beispiel in Lungau,
an der Stelle der Spalte südlich von Tamsweg, liegen die Schotter
hoch oben über der Thalsperre und überschreiten dieselbe. Ganz das
letztere ist der Fall an der Drau zwischen Lavamünd und Marburg.
Und wenn man diese Beobachtungen alle als zu wenig Geltung
besitzend verwerfen würde, so sind doch noch wichtigere vorhan
den, deren Beiseitelegung wohl nicht angeht. Das Wasser des Möll-
flusses musste mit dem des Drauflusses zur Zeit der Schotter-
Ablagerung in Communication stehen, weil nicht nur die Wasser
scheide selbst, sondern auch höher gelegene Punkte am Iselberge
mit demselben Schotter bedeckt sind. Eben so musste der grosse
tertiäre Fluss des Gailthaies mit dem des oberen Drauthales commu-
niciren, weil man auf der Wasserscheide zwischen dem Gailthale und
der Drau westlich von Tilliach 142' hoch über dem tiefsten Punkte
der Wasserscheide noch die Schotter-Ablagerungen findet. Ebenso
musste der Fluss des Tefferecken-Thales mit dem Fluss von Artholz,
der Salza-Fluss mit dem im Zillerthale und dem im Ennsthale, der
des Ennsthaies mit dem des Windisch-Garstner Thaies und mit dem
des Murthaies, der Mur-Fluss mit dem Drauflusse, und dieser mit
dem offenen Meere, zur Zeit der Ablagerung des Schotters im
Zusammenhänge gewesen sein, indem man in allen diesen Gegenden
gerade auf den Wasserscheiden die Schotter-Ablagerungen findet.
Aber ein solches Flusssystem, wo die Spiegel aller Flüsse einen und
denselben Spiegel bilden, kann nur ein allgemein verbreiteter See
gewesen sein.
Nach kurzer Dauer der Ablagerung des Schotters aus diesem
Meere folgte endlich die letzte Hebung der Alpen und des sie um
gebenden Continentes, nach welcher die Alpen ihre jetzige Höhe
und Gestalt erhielten.
Die Grösse der Senkungen und der letzten Hebung der Alpen
und des sie umgebenden Continentes zu berechnen ist eine Unmög-
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 531
lichkeit. Hätte man es blos mit einer Continental-Hebung und Sen
kung zu thun, so wäre die Aufgabe möglich. Wir haben aber gezeigt,
dass während das Klagenfurter Becken, das blos mit den jüngeren
Ablagerungen ausgefüllt ist, nahezu gleich hoch liegt mit dem
Wiener Becken: das dazwischen gelegene mit dem Wiener Becken
gleich alte Becken des Lavantthales über beiden nahezu um 1000
Fuss höher gehoben ist. Das Becken des oberen Lavantthales,
in welchem man dieselben Ablagerungen findet, wie im unteren,
liegt um 5—600' höher über dem letzteren. Das heisst: die Grösse
der letzten Hebung der Alpen ist an verschiedenen Orten eine
verschiedene.
Wenn man die Vorkommnisse der Schotter-Ablagerungen im
Innern der Alpen in Bezug auf ihre jetzige Meereshöhe mit ein
ander vergleicht, so gelangt man zu demselben Resultate. Fasst man
aber insbesondere nur solche Punkte ins Auge, die in den verschiede
nen Gegenden die höchsten Vorkommnisse des Schotters darstellen,
so gewinnt man die Überzeugung, dass die Grösse der Hebung der
Alpen in dem Verhältnisse wächst, als man sie von den Bändern der
Alpen in das Innere derselben, und von Ost gegen West verfolgt.
Um einen beiläufigen Werth für die Senkungen und die Hebung
angeben zu können, glaube ich die Verhältnisse im Ennsthale als nor
mal annehmen zu können; indem hier die Verschiedenheiten in der
Grösse der letzten Hebung nur sehr gering zu sein scheinen. Darnach
würde die Grösse der ersten Senkung (nach der Ablagerung des
Tegels) 500' und die der zweiten Senkung (nach der Ablagerung
des Sandes, der Sandsteine und Conglomerate) 1000' und die der
letzten Hebung der Alpen (nach der Ablagerung des Schotters in und
um die Alpen) 3600' betragen. Mit Bestimmtheit lässt sich sagen,
dass der Glöckner zur Zeit der Ablagerung des Schotters bis zu der
jetzigen Meereshöhe von 5300—5400' vom Merre bedeckt war,
also 6500' Meereshöhe besass; was als beiläufiger Massstab für die
Beurtheilung der Höhen des übrigen festen Landes dieser Epoche
dienen mag,
D. Die Folgen der zwei Senkungen und der letzten Hebung.
Schon in der ersten Epoche der neogenen Formation zur Zeit
der Tegel-Ablagerung scheint das langsame Sinken des Bodens end
lich die gänzliche Veränderung der Fauna hervorgerufen zu haben. Eine
532 Stur. Über die Ablagerungen desNeogeu (Miocenund Pliocen), Diluvium
Senkung deren Werth wir auf 500' angegeben haben, musste jeden
falls noch grössere Veränderungen hervorbringen. Man findet in der
That in dem oberen Sande keine Spur mehr von den vielen Meeres-
tliieren, die die tertiären Beckeazur Zeit der Tegel-Ablagerung bewohn
ten; man findet nur in den untersten Schichten desselben Überreste
von Säugethieren, die ihren Untergang eben dem plötzlich veränder
ten Meeres-Niveau zu verdanken haben. Die durch die plötzliche
Einsenkung des Bodens der Alpen entstandene Tiefe musste vom Meere
ausgefüllt werden und es mussten Bewegungen des Meeres entstehen,
die aus der Ferne den feineren Sand mitführen und ihn nach ent
standenem Gleichgewichte ablagern konnten. Die lebhaftere Bewegung
des Meeres und das erhöhte Nive'au desselben konnten leicht die
Ablagerung der Conglomerate ausserhalb und innerhalb der Alpen
bewirken. Auch die üppige Flora an den Rändern des Meeres wurde bis
zu eine Höhe, wohin das Meer reichen konnte, zerstört und wir finden
in den groben Sandsteinen der Conglomerate im Ennstbale und im
Becken von Lungau die Blattabdrücke und verkohlte Stücke derselben.
Die zweiteEinsenkung, deren Grösse wir muthmasslich auf 1000'
angegeben haben, musste noch viel schrecklichere Folgen nach sich
ziehen. Man kann sich leicht vorstellen, mit welcher Gewalt die Was
sermassen des tertiären Meeres in die entstandenen 1000' messende
Vertiefung hinein stürzten und dass sie die Thäler der Alpen in ihre
innersten Winkel ausfüllten. Aiif diesem Wege wühlten sie die tertiären
Ablagerungen insbesondere den Sand auf, und bildeten in den Alpen
den ersten Anfang zur Schotter-Ablagerung. Um das Gleichgewicht
herzustellen, entstanden starke Strömungen in allen benachbarten und
entfernteren tertiären Meeren. Diese Strömungen wälzten Massen
von abgelösten Gebirgsgesteinen ihrer Gegenden mit sich, rollten
dieselben ab und führten sie, die Fremdlinge 4 ), in das betrachtete
Gebiet, füllten damit alle entstandenen Vertiefungen aus und lagerten
dieselben, gleich einer, die älteren neogenen Ablagerungen überla
gernden Decke, ohne aller Schichtung ab. Alle die üppige Vegetation,
dessen Überreste Professor Unger in der Parschluger Ablagerung
aufbewahrt fand, musste zu Grunde gehen, und es konnten sich nur
Pflanzen, die in dem unbedecktenTheile des Glöckners und des übri
gen Festlandes sieb aufhielten, erhalten haben.
4 ) J. Czjzek, Erläut. der k. k. geol. Reichsanstalt von Wien. Seite 18.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 533
Endlich kam die letzte Hebung, sie befreite die Alpen von dem
sie umgebenden Wassermantel; die Spaltenbildung ist mit ihr Hand
in Hand gegangen. Mit eben der Raschheit mussten die Gewässer
abziehen, mit welcher sie in die Alpen eindrangen. Sie wühlten den
Boden besonders an den Stellen, wo auch die tertiären Ablagerungen
durch die Spaltenbildung aufgelockert waren, auf, und führten das
Material mit sich, um es in anderen Gegenden als Diluvinl-Schotter
und Lehm abzulagern. Nun folgten aber auch die Entleerungen der
Wassermassen, die in den verschiedenen Alpenthälern zurückgeblieben
und mitgehoben worden waren. Aus einigen Becken, wo nämlich der
Ausgang durch die ungleichen Hebungen nicht versperrt worden war,
konnten die Wassermassen zugleich mit dem grossen allgemeinen
Zurückweichen des Meeres sich entleeren. Aus anderen Becken konnte
dies langsamer nur durch die entstandenen Spalten erfolgen. Noch
andere Becken mussten sich durch Erosion Bahn brechen *). Diese
entweichenden Gewässer der alpinen Becken führten tlieils das auf
gewühlte Gerolle der Becken, tlieils die Bruchstücke, die durch Spren
gung der Spalten entstanden waren, lagerten sie, den jetzigen Wild
strömen gleich, in der Form von ausserordentlich niederen und ver
längerten, folglich horizontale Flächen bildenden Schuttkegeln 2 ) in
den durch das Entweichen der Gewässer des offenen Meeres entstan
denen und gewöhnlich an den Spalten einmündenden tieferen Rissen
ganz eben ab. Nachdem die erste Wuth dieser Gewässer nachgelas
sen, konnte sich das nachfliessende Wasser in die Ablagerungsfläche
der eben erst gebildeten Diluvial-Schuttkegel tiefer einfressen, das
aufgewühlte Material des Schuttkegels weiter abwärts führen und so
die Terrassenform dieser Ablagerung erzeugen. Durch manche Spalte
und längs manchem Thale suchten die Gewässer mehrerer durch
gebrochenen Seen hinter einander ihren Ausweg und konnten ganz auf
dieselbe Weise mehrere unter einander folgende Terrassen erzeugen.
Der grossen Hebung der Alpen folgte die langsame Hebung des
ganzen Continentes. Während dieser Zeit mussten die Ablagerungen
des Löss, der erratischen Blöcke und der Moränen erfolgen , in deren
nähere Auseinandersetzung hier nicht eingegangen werden kann,
indem diese Gebilde über die ganzen Alpen verbreitet, im betrachteten
*) Dr. Stur. Jahrb. d. k. k.geolog*. Reiehsanstalt, V, 851, Taf. VI.
2 ) S. Seite 521—524.
534 st u r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Gebiete aber jedenfalls zu wenig entwickelt sind, als dass man die
Erklärung nicht erst von einer allgemeinen, ihre ganze Verbreitung
betrachtenden Arbeit erwarten sollte.
E. Die alten Spaltenriclitungen.
Wir haben im Früheren *) über die nach-tertiären Spalten gespro
chen, deren Entstehung ausser Zweifel in die Zeit der letzten Hebung
der Alpen zu versetzen ist. Die Richtungen, nach welchen sie vor
zugsweise entstanden sind, haben wir ebenfalls angegeben, als:
W., N. 43° in W., und N. 43» in 0.
Aus der Stellung der Mergelschichten bei Tamsweg und im
Ennsthale, gerade senkrecht auf die dortigen Spalten, Hesse sich
annehmen, dass die nach N. gerichteten Spalten zuerst entstanden
waren und die Bildung der nach W. streichenden unmittelbar folgte.
Diese Richtungen walten aber auch bei allen älteren Spalten
der Alpen vor; nach ihnen haben einzig und allein die Formationen
ihre Begrenzungen angenommen. So finden wir in der Einsenkung
der Mur und Mürz die tertiären Gebilde abgelagert. Von West nach
Ost läuft die Grenze zwischen den tertiären Ablagerungen und dem
Wiener Sandstein im oberen Donau-Becken. Gerade in W. schneidet
der Wiener Sandstein am Alpenkalk ab; die Grenze zwischen dem
Alpenkalk und der Grauwacke hat im Allgemeinen dieselbe Richtung
und ist aus den Richtungen N. 43° in W, und N. 43° in 0. zusammen
gesetzt. Dieselbe Beschaffenheit zeigt die Grenze zwischen der Grau
wacke und dem krystallinischen Gebirge. Ja die Längenaxen der
Centralgneiss-Massen liegen ebenfalls in den Richtungen N. 43° W.,
und N. 43° in 0.
Fasst man alles dies zusammen, so scheint die ursprüngliche
Kruste der Erde im Gebiete der Alpen schon nach den Richtungen
W., N. 43° in W., N., N. 43° in 0., in unregelmässige, aber nach
diesen Richtungen begrenzte, tafelförmige Stücke zersprungen zu
sein, und obwohl diese Sprünge immer wieder frisch ausgefüllt und
ausgeglichen wurden, so hat sich doch jede folgende Erschütterung,
Senkung oder Hebung der Alpen immer wieder an diesen Stellen
und in diesen Richtungen am stärksten kundgegeben und bemerklich
gemacht. Und nur in dieser Art sind auch die jüngsten Spalten der
Alpen aufzufassen.
i) S. Seite 537.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. 535
In Bezug auf das Alter der Entstehung der vielen tiefen Seen,
die man in den Kalkalpen antrifft, kann ich nichts als einige Fragen
aufstellen und die Beantwortung derselben sowohl als die Erklärung
dieser Erscheinung offen lassen.
Ist die Entstehung dieser Seen gleichzeitig oder jünger als die
der nach-tertiären Spalten der Alpen?
Wenn ihre Bildung gleichzeitig ist, warum ist der Traunsee
nicht von dem Diluvium, welches aus den Gegenden von Hallstatt,
Aussee, Gosau und Ischl gerade die ßichtung über den Traunsee
einschlagen musste, um auf die Welser Haide zu gelangen, warum
frage ich, ist der Traunsee von demselben nicht ausgefüllt worden?
Oder ist der Traunsee als die Mündung eines unterirdischen
Canals zu betrachten, durch welchen sich die Gewässer benach
barter abgesperrter, tertiärer Wasserbecken entleerten, die Ausfüllung
des Sees verhinderten und die Beförderung des Materials zur Bildung
von Diluvial-Ablagerungen der Welser Haide vermittelten?
F. Die Entwickelungsgeschichte der betrachteten Gebilde im Gebiete
der niederösterreichischen Alpen.
Nachdem eine mechanisch zerstörende Kraft von ungeheuerer
Wirkung nach der Ablagerung der Kreide und der eocenen Gebilde *)
die bisher nur wenig gestörte Ordnung der Dinge, die regelmässige
Übereinanderfolge der älteren Formationen durch einander geworfen,
das Jüngste unter das Älteste gelagert, kurz, die fächerförmige
Stellung der Schichten und die Querthäler der Alpen erzeugt hatte
— nach dieser grossartigen Umwälzung — folgte die Ablagerung der
tertiären Gebilde in und um die Alpen.
Die übereinander geworfenen und hoch emporgeschobenen Massen
der so gänzlich veränderten Alpen fingen an langsam zu versinken.
Ein subtropisches Klima gestattete einer üppigen Vegetation ein
schnelles Gedeihen. In den abgesperrten Vertiefungen in den Alpen
sammelten sich die süssen Gewässer der Umgegend und gaben Gele
genheit zur Bildung von Ablagerungen, die, die untersten Schichten
ausgenommen, einen ganz ruhigen Charakter an sich tragen. Es lager
ten sich-mergelige, lehmige und sandige Schichten ah, wurden in
ihrer Bildung durch das Auftreten und schnelle Gedeihen der Torf-
*) Dr. Stur, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, V, 851, Tat. VI.
536 su r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
pflanzen auf kurze Zeit aufgehalten, oder ersetzte auch die Torfbil
dung der Ablagerung anderer Schichten ganz. Die abgefallenen Blätter
und Früchte der am Rande dieser Süsswasser-Seen lebenden Pflanzen
und die Thiere sowohl des süssen Wassers, als auch der Umgegend
wurden durch Winde und angeschwollene Bäche in das Gebiet der
Süsswasser - Becken gebracht und in ihre Ablagerungen begraben.
Während dieser Zeit waren die Alpen an ihren Rändern von salzigen
Gewässern des neogenen Meeres umgeben. Nur in das Lavantthal
konnte das Meer tiefer in die Alpen hineinreichen, und dort wie auch
um die Alpen herum seine Ablagerungen bilden. Es erfolgte die Abla
gerung des unteren Tegels ganz ruhig. Hin und wieder an den Rän
dern und unruhigeren Stellen wurde der Tegel durch Sand ersetzt;
doch waltete immer wieder die Bildung des Tegels vor. Bald traten
die Korallen an den vom offenen Meere umgebenen Rändern des
Wiener Beckens und der steierischen Bucht auf und bauten die Bänke
des Leithakalkes. Schon während den ersten Ablagerungen des Tegels
fanden Braunkohlen-Ablagerungen im Lavantthale Statt, und späterhin
hei Thallern, so wie auch die seichten Ränder des Meeres, wo die
einmündenden Flüsse den salzigen Charakter leicht mindern oder
auch gänzlich aufheben konnten, zur Bildung der Torflager, wie bei
Leiding, Schauerleithen, Eibiswald u.s. w., geeignet waren. Endlich
war die Ausfüllung der Becken so weit gediehen, dass nur mehr ein
seichtes Meer herrschte und durch den Zufluss aus den benach
barten Ländern beinahe ganz süss geworden war. Die fortwährend
langsame Senkung des ungrischen und Wiener Beckens machte
einerseits das Eindringen des süssen Wasserstromes aus dem oberen
Donau- und angrenzenden Becken einerseits, als auch das Eintreten
des salzigen Wassers des offenen Meeres in diese beiden Becken
möglich und verursachte auf diese Weise einen Zustand, der für die Ent
wickelung der Congerien nothwendig war. Die dadurch verursachte
Strömung konnte das Treibholz mit sich führen und an ruhigeren
Stellen zusammenschwemmen, während die Bäche und Flüsse das
Treibholz entweder den Strömungen zur weiteren Beförderung lie
ferten, oder dasselbe an seichten Rändern oder in einzelnen kleinen
abgeschlossenen Becken ablagerten. So wie die Flüsse wieder an
schwellen konnten, lieferten sie abermals Treibholz und förderten die
schichtenweise auf einander folgende Ablagerung des Materials zur
Bildung der Lignitflötze. Dort wo die Strömmungen stärker waren,
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung 1 . 537
wurden die Lignite in einem dem Congerien-Tegel gleich alten Sande
abgelagert. Durch die immerwährende Einsenkung des Bodens des
Wiener Beckens begünstigt, bauten auch während der Ablagerung
des oberen Tegels die Korallen ihre Bänke fort. Die langsame Sen
kung des Wiener Beckens setzte sich durch die Einsenkung der Mur
und Mürz bis in das Judenburger Becken fort, so dass dieses auch, in
welchem bis jetzt vorzugsweise eine ausgedehnte Torf-Ablagerung
herrschte, von dem Meere des oberen Tegels überschwemmt werden
konnte. In dieser Zeit scheint auch das Klagenfurter Becken zuerst
überschwemmt worden zu sein, so dass hier die Ablagerung der Lignite
beginnen konnte. In den übrigen abgesperrten Seen wurden mergelige
und lehmige Schichten aus rein süssen Wässern abgelagert.
Nun erfolgte eine Senkung der Alpen und der sie umgebenden
Länder; ihre Grösse mag beiläufig 500', an vielen Stellen besonders
im Innern der Alpen aber bedeutend mehr betragen haben. Im offe
nen Meere erfolgte die Ablagerung von vorherrschendem Sand, an
den Rändern des Meeres von Conglomeraten; im Innern der Alpen
wechselte die Bildung von Sand- und Conglomerat-Schichten ab. Die
vielen Meeres- und Süsswasser-Bewohner starben unter dem hohen
Niveau des neuen Meeres ab. Die Korallen mussten ebenfalls abster
ben. Die in die plötzlich ansteigenden Fluthen gerathenen Landes
bewohner mussten ebenfalls ihre Existenz einbüssen und wir finden
in den untersten Schichten des Sandes ihre Überreste.
Und kaum dass die Zeichen dieser ersten Verwüstung verwischt
waren, erfolgte abermals eine weit mächtigere Senkung der Alpen und
ihrer Umgebung. Mit grosser Wuth stürzten die angrenzenden Fluthen
in das Innere der Alpen und füllten die einzelnen Tliäler aus. Eben so
eilten in starken Strömungen die Gewässer der angrenzenden Meere
herbei, das Gleichgewicht herzustellen. Diesen ausserordentlichen
Bewegungen des Meeres verdankt der Schotter des offenen Meeres
sein Material, welches meist aus entfernteren Gegenden herzurühren
scheint, wie auch die Schotter-Ablagerungen im Innern der Alpen
diesem ersten Eindringen der Fluthen hauptsächlich ihre Entstehung
verdanken. Die ganze üppige Vegetation der unteren subtropischen
Region wurde vernichtet, und nur die in den höheren temperirten Regio
nen herrschende, unserer jetzigen Ebenen-Flora — wahrscheinlich —
gleichende, konnte auf dem Festlande dieser Epoche erhalten bleiben.
Eben so gingen auch die Landthiere der tertiären Periode zu Grunde.
538 st« r. Über die Ablagerungen des Neogen (Miocen und Pliocen), Diluvium
Endlich wollten die Alpen wieder in ihrer Pracht erscheinen;
eine, die letzte, Hebung der Alpen erfolgte, gab ihnen ihre jetzige
Form und befreite sie von dem sie bedeckenden Wassermantel.
Schnell, wie es gekommen war, entfernte sich das Meer von den Alpen;
die im Innern der Alpen befindlichen Becken entleeren sich ihrer
Wassermassen, theils durch schon längst offene, theils durch eben erst
gesprengte Öffnungen und erzeugten die Diluvial-Terrassen, die sich
in den eben — theils durch die Erschütterung der Alpen, theils durch
die Auswaschungen der abziehenden Meere — entstandenen Vertie
fungen ablagern konnten.
Hierauf erfolgte die Ablagerung des Löss, der erratischen Blöcke
und Moränen. Die üppige Vegetation war gänzlich vernichtet, und
es fehlte auch das warme Klima, um die Entwickelung derselben zu
zulassen. Diejenige Vegetation, die von dem Niveau des Meeres der
Schotter-Ablagerung nicht erreicht und zerstört worden war, die also
einer höheren Region entsprach, als die eben zu Grunde gerichtete
üppige subtropische konnte nur der jetzigen Vegetation unserer
Länder entsprechen. Schnell verbreitete sich dieselbe von der Höhe,
in welche sie durch die letzte Hebung der Alpen gebracht wurde,
nach abwärts, so wie sie an den Stellen, wo sie früher gedieh, jetzt in
weit höhere Regionen gebracht und von dem rauhen, der Gletscher
bildung huldigenden Klima daran gehindert, in ihrer früheren Üppig
keit nicht fortkommen konnte, langsam verkrüppelte und so unsere
jetzige Alpen-Flora schuf. Endlich wichen auch die Gletscher zurück
und die Alpen und ihre Umgebung nahmen ihre jetzige Gestaltung
an, um den Menschen aufzunehmen.
Von der ältesten Periode bis zur erfolgten Ablagerung der eoce-
nen Gebilde herab, fand in den Alpen und ihrer Umgebung ein Wach
sen des Continentes Statt. Dieses Wachsthum hatte eben durch die
mechanisch zerstörende Kraft ihr Maximum an Höhe und Ausdehnung
erreicht. Nun folgte während der neogenen Formation ein theils
beständiges, theils rückweises Sinken und Verschwinden des Conti
nentes unter den Meeres-Fluthen, bis zur Ablagerung des Schotters.
Dann folgte wieder das Entgegengesetzte: die letzte plötzliche
Hebung der Alpen, begleitet von einer langsamen Erhebung und
Erscheinung des Continentes während der Diluvial-Periode. Endlich
kam der Mensch, um die letzten Spuren dieser langsamen Hebung
zu beobachten.
und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpeil und ihrer Umgebung. 539
Diese Bewegungen des Continentes der Alpen Hessen sich fol-
gendermassen graphisch darstellen:
1. Wachsthum des Continentes von den ältesten Perioden bis zur
Ablagerung des Eocen.
2. DieErhebung der Alpen durch die mechanisch zerstörende Kraft,
dem Anfänge der neogenen Ablagerungen.
3. Langsames Sinken der Alpen während der Ablagerung des
Tegels.
4. Plötzliche Senkung vor der Ablagerung des Sandes.
i>. Plötzliche Senkung vor der Ablagerung des Schotters.
6. Letzte Hebung der Alpen nach der Ablagerung des Schotters.
7. und 8. Langsames Wachsthum des Continentes während des
Diluviums und der Jetztzeit.
S40
0 e I t z e n.
Vortrag.
Eigene Bewegungen von Fixsternen, abgeleitet aus der Ver
gleichung der Histoire celeste mit den Argelander sehen
nördlichen Zonen.
Von Wilhelm Ocltzen,
Assistenten der k. k. Sternwarte zu Wien.
Die bis jetzt bekannten eigenen Bewegungen der Fixsterne sind
entweder zufällig aufgefunden, wenn Sternörter verschiedener Epo
chen behufs anderer Untersuchungen auf ein und dieselbe Lage der
Fundamentalebenen zurückgeführt wurden, oder durch eine absicht
lich zu diesem Zwecke unternommene Vergleichung eines Fixstern-
kataloges mit einem andern von entlegener Epoche. Vornehmlich
sind dazu diejenigen Kataloge benützt, in denen jede einzelne Posi
tion das Resultat wiederholter Messungen ist, die daher im Allge
meinen eine grössere Genauigkeit darbieten, als die aus Zonen-
Beobacbtungen abgeleiteten, meist nur einmalige Bestimmungen ent
haltenden Kataloge. Dennoch ist zu erwarten, dass auch die Ver
gleichung zweier solcher Beobaehtungsreihen die Liste der beweg
lichen Sterne vergrössern wird. In diesem Sinne habe ich versucht,
die Beobachtungen der Histoire celeste franqaise mit den nördlichen
Zonen-Beobachtungen von Arge 1 an d er zu vergleichen und zunächst
alle diejenigen Sterne ausgewählt, welche sich ausserdem nicht weiter
beobachtet finden.
Die Reduction von 1800 auf 1842 ist nach den Formeln
42 m 42 n .
——(- -j—- sm a. tg o für Rectascension
lo lo
und 42 n cos a. für Declination berechnet, wo «und o für die Mitte der
beiden Epochen gilt, und
42 m 42w
— = 2“ 8!94, lg — = 1-74943, lg 42« ==2-92SS3 ist.
Das nachfolgende Verzeichniss von etwa 1700 Sternen enthält
die Grösse nach Argelander’s Angabe, dann die mit den obigen
Formeln auf 1842‘0 reducirten Lala nde’schen Sternörter. Ferner
die Differenzen, welche hervorgehen, wenn diese reducirten Örter
von den Angaben des Argelander'schen Zonen-Kataloges subtrahirt
Eigene Bewegungen von Fixsternen.
541
werden und endlich die Numer des Laiande'sehen Kataloges. Bei
mehrfachen Beobachtungen desselben Sternes ist das Mittel aus
allen genommen.
Die als Unterschiede der beiden Kataloge zum Vorschein kom
menden Werthe sind als eigene Bewegung in dem Zeiträume von
etwa -f- 50 Jahren anzusehen, insofern man die Beobachtungen selbst
und die Präeessionseonstanten als fehlerfrei voraussetzt. In den
meisten Fällen grösserer Unterschiede wird es einer neueren Bestim
mung bedürfen, um das Vorhandensein einer Bewegung oder eines
Fehlers zu constatiren. Einige der grösseren Bewegungen haben
sich durch Bestimmungen am hiesigen Meridiankreise vollkommen
bestätigt.
Was die kleineren Unterschiede betrifft, so habe ich eine Anzahl
von Declinationsdiflferenzen mit Weglassung aller 10"0 übersteigen
den, als nur von den unvermeidlichen Beobachtungsfehlern herrührend,
behandelt und aus der Summe der Quadrate die wahrscheinliche Dif
ferenz zwischen einer La land e’schen und Argelander’schen
Declination gefunden:
aus loOSternen vonO' 1 0 ,n bis l h 19'" = 0-6749= 2 ; 468,
y 150
„ 150 „ „ 6"0' n „ 9 11 1” = 0-6749y^l|^ = 2 f 591,
„ 150 „ „ 12" 0"‘ „ 17 b 15“ = 0-6749V 27 f°' 26 = 2 J S93
f 150
aus allen 450 Sternen = 2 V 657.
Der wahrscheinliche Unterschied ergibt sich aber auch aus der
Combination der den beiden Beobachtungsreihen zugehörenden wahr
scheinlichen Fehler.
Der wahrscheinliche Fehler einer La 1 an de’schen Declination
ist von Lindhagen (Astron. Nachr., Bd. 28, S. 136) = 2 017
gefunden, wobei 15 ? 0 als Grenze genommen war, von Fedorenko
(Positions moyennes etc. pag. XXII) mit der Grenze von 10 0 =
1 ! 917. Argeiander gibt den wahrscheinlichen Fehler einer Decli
nation = l r 030 an. Mit dem Werthe 1 r 917 findet sich nun der
wahrscheinliche Fehler eines Unterschiedes zwischen einer L a 1 a n d e’-
sclien und A rg ei and e r'schen Declination = V 1 ■ 917 3 -{- 1 • 030 2
= 2 ! 176, also entschieden kleiner, als die oben gefundenen Werthe,
so dass diesen noch andere Ursachen zu Grunde liegen müssen als
die reinen Beobachtungsfehler.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft.
35
542
0 e 1 t z e n.
Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
A«
A o
Lai. N°-
7
8
9
8
7
84
74-
7"
74
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74
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8
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8
7
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9
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9
84
8
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7
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7'
84
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8
8
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74
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74
8
8
74
84
84
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74
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0
1
1
2
2
2
3
4
4
4
3
3
6
7
8
8
9
9
9
10
10
10
10
10
11
11
11
12
12
13
13
14
13
15
13
15
17
17
17
18
19
20
20
21
21
21
22
22
22
23
25
25
26
26
5 5 .02
13-71
30-49
40- 10
13-99
34-89
36-99
29- 16
27-14
44- 86
49-35
8-54
45- 18
45-34
30- 14
41- 59
53-47
49- 69
50- 25
5918
10-76
13-66
18- 90
33-83
44- 04
26-20
36- 99
53- 85
33-55
37- 49
10-71
19- 52
45- 18
19-20
22-58
38- 83
42- 63
21-14
31- 68
44-34
27- 43
28- 39
0-32
59-19
7-38
41-08
51- 76
1-91
13-74
21-43
18-80
54- 95
58-38
25-62
31-17
45° 48'
49 21
61 42
50 32
56 17
50 17
56 5
56 23
56 20
67 17
61 9
67 10
59 50
59 53
60
56
54
45 20
31 32
61 19
67 37
52 2
67 32
31 17
58 49
49 52
67 58
49 47
45 36
45 38
45 26
57 5
59 21
60 3
69 5
59 34
52 56
48 46
54 36
48 30
59 47
54 22
46 51
52 9
56 9
45 4
68 53
56 11
46 39
56 29
47 47
50 34
68 51
55 12
49 ; 2
59-8
23- 3
36- 9
58- 7
35-9
33-3
51- 3
39-8
450
49-7
29-7
57-6
20-0
57-9
8-9
11-7
18-5
31-0
16-0
59- 0
39-9
49- 2
44-6
24- 8
11-2
37- 7
31- 6
50- 6
39-3
33-5
33-5
24-2
39-9
35-7
56-9
48- 4
52- 2
52-0
32- 1
15-6
8-6
49- 7
26-4
43- 8
1- 5
41- 8
31-8
31-
2-
44-
54-
42-
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+ 0! 87
+ 0-15
— 0-08
+ 0-74
0-77
0-26
0-98
0-54
0-47
2-10
1-05
015
0-23
0-67
0-61
0-13
0-11
+ 0-52
+ 0-43
— 0-07
— 0-38
+ 0-72
— 0-80
— 0-09
+ 0-34
+ 0-89
— 0-19
1- 14
0-41
0-05
0-44
0-86
2- 82
0-84
0-22
1-14
1-05
0-20
0-65
0-26
0-85
0-26
0-55
+
+
1-10
0-68
007
2- 04
3- 37
50 58 25-8
0-06
0-34
0-10
0-94
0-46
2-36
1-06
7*5
3- 0
0-5
0-6
4- 6
1-5
7-7
4-1
— 2-5
— 0-4
+ 2-8
— 0-6
— 11
+ 0-1
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
0-5
1-2
2-6
2-0
7-0
4-7
4-1
4-1
0-8
0-0
1-4
1-2
6-9
0-4
4-4
0-9
1-7
5
3
2
3
1
0-8
5-1
21-3
5-5
4-6
9-2
4- 9
0-6
2- 9
2-1
1-6
0-7
3- 2
5- 5
47313
47325
47367
47370
2
15
18
45
80
93
97
112
136
173
199
232
239
273
274
277
284
287
289
302
307
326
332
384
370
371
394
398
422
437
438
450
456
511
517
528
550
586
607
603
640
659
660
667
678
684
726
823
818
832
834 a
Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. AB. 1842.
Lai. Deel. 1842.
Ä 0
74
7'
8
8
7
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7
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84
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7
84
84
8
9
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84-
84
84
8'
8
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74
8
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27
27
28
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31
31
31
32
33
33
33
33
36
36
36
36
37
37
38
38
39
39
40
40
42
42
43
43
43
46
47
47
48
30
SO
31
31
31
32
32
53
53
54
54
56
56
56
57
58
58
58
59
0
0
1130
10-43
45- 48
40-62
12- 54
13- 35
19-67
23-67
23- 10
22-24
38- 72
28-20
40-35
8-16
36-48
40- 55
47-58
31-55
56-73
41- 44
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Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
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Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. AU. 1842.
Lai. Deel. 1842.
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15
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22
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23
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24
24
24
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25
26
2G
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27
27
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547
Lai. N°-
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4758
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548
0 e I t z e n.
Gr. Lai. AU. 1842. Lai. Deel. 1842. A a A o
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Lai. N»-
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526
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5282
5319
5310
5328
5356
5391
Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
A 8
74
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52
52
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53
53
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54
54
54
54
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56
56
56
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1
1
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2
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9
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549
Lai. N°-
5407 3
5422
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Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
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A o
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1-
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+
+
3 —
+
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1
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2
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+
+
+
+
Lai. N°-
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7461
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8403
8416
8451
8438 2
8445
8471
8500
Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. Ali. 1842.
Lai. Deel. 1842.
A o
81-
8'
8
8
8
9
8i
74
4
7
84
8"
9
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4
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74
9!-
8'
9
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7“
84
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8i
6'
8
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4
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9
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84-
9"
8
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9'
74
84
9'
7
7
7
9
7i
4 h 23”
23
24
24
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26
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29
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32
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39
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46- 91
2-81
57° 1’
32 32
47
47
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19 S
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+
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+
+
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+
+
+
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553
Lai. N°-
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8522
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8353®
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8841®
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Gr. Lai. AR. 1842. Lai. Deel. 1842. 1 « A 5
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8‘ 87 48-28 67 16
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Lai. N°-
9328
9334
9330
9337
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9348
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9664 ä
9696
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9708
9783“
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9828
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12015
12078
Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
81
8*
8
n
8
7f
8'
7
84
7
7
8
81
61
n
8
»1
81
8
81
8
8 1
8
9
81
7,
81
9
8
81
8
8
8
8
7
6 h 12»
14
1»
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21
23
24
28
29
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30
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58
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23- 93
45° 14 !
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48 51
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48 '3
77 35
77 23
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Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. In
AR. 1842.
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Lai. Deel. 1842.
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Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
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564
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Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
A 6
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7' 12 12-41 50 28
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56 v 6 + 1:5 — 3 ; 0
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52-3 + 0-36 — 5-5
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11-1 - 0-19 — 3-1
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SO — 0-4 — 1-9
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8- 1 4. 0-1 — 2-1
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— 0-6
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Lai. N°-
33146
33277
33166
33311
33196
33217
33225
33209
33248
33224
33230
33265
332S8 2
33315
33331
33369
33326
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33409
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33486
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33442
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33471
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33553
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33774
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33826
33811
33930
33882
33900 2
Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
A a
A 8
8- 18" i3'
84 14
9
7
84
9“
7
9
8
8
8
84
84
84
8'
8
9
7
74
8'
7
9
8
84
84
74
9
84
8l
9
7
7
9
84
9
8-J-
8
7
9
7*
84
8
9
74
8
9
84
9
8
9
7
8
»4
8
8
15
15
15
16
16
18
18
19
19
19
19
20
21
22
23
24
24
25
25
26
29
29
30
31
31
32
32
32
33
34
34
34
45
35
35
36
36
37
37
37
37
37
38
38
38
39
44
44
45
46
48
51
51
46’81
39- 37
21-76
48- 51
49- 84
10-84
15- 13
1-74
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50-67
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49-87
10-19
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33-01
14-76
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1- 50
16- 07
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0-99
0-41
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48- 16
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38-07
2- 09
24- 01
18-56
2-88
42-62
66 25'
77 55
64 0
52 35
64 28
66 59
70 46
59 '57
58 35
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51 33
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45 46
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77 31
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45 17
61
17-1
34- 7
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25-7
12- 9
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3-7
27-2
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20-4
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0-1
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18-0
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17-4
40-0
37- 2
33- 5
6-5
52-1
H-
O'O
+ 4-7
+ 0-1
— 0-06
— 0-4
+ 1-0
— 1-3
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0-0
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-f- 4-1
0-0
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1-
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+ 0-
- 1-
1-
4-21
1-4
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+
+
3 r 6
1-0
2-0
0-4
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+
+
+
+
+
+
+
•35
•40
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•5
■0
■1
3
0
1
7
2
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+
0-
5
3-
5-
11-
+
0-
3-
6-
41-
11
+ 4-6
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
2-8
0-6
1-3
4-7
3-3
3-0
1-7
8- 7
6- 5
3-0
9- 4
7- 6
6-8
1-3
565
Lai. N°-
33922
34056
33980
33969
34008
34032
34050 3
34091
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34246
34314
34470
34321
34377
34471
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34567
34541
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34579
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34702
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34662
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34802
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34783
34856
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34937
34973
35082
34913
35041
35232
35246
35323 a
35357
35399
35442*
35466
8 18" 51" 53 '11 49° 35'
9 52 22-68 70 7
8i 53 11 -74 5i 17
7 53 57-58 66 44
8 54 44-56 70 15
8 55 15-07 71 34
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8| 58 51-58 78 37
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9 2 ltt-71 71 16
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74 33 17-73 45 31
7j 36 15-06 48 8
44'-'l O'OO + 0 ! 5
53- 4 + 0-2 — 1-1
44-9 + 1-62 + 0-4
52-8 + 0-1 0-0
48-3 + 0-1 — 4-5
55-9 + 3-9 - 6-2
48-1 — 0-7 — 0-7
11-2 — 0-2 - 6-4
34-7 + 1-0 + 7-9
13- 8 — 0-6 0-0
33-4 — 0-3 — 5-8
38-8 + 7-6 + 2-0
15- 7 + 8-0 + 7-3
28-4 + 0-1 — 10-1
14- 7 _ 0-85 + 4-1
37- 4 + 0-80 — 5-8
47- 8 — 0-4 — 4-0
55- 6 + 0-46 — 2-2
51-1 + 0-01 — 1-7
13-1 — 0-15 + 3-3
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31- 4 + 1-0 -|- 0-4
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48- 4 +1-6 — 2 5
54- 0 + 2-0 — 3-4
27- 0 + 1-3 — 0-6
16- 4 — 0-90 — 0-4
7- 8 0-0 — 0-8
8- 9 + 0-46 — 4-6
54- 5 -)- 0-47 — 5-5
28- 4 -f 0-37 — 7-4
24-0 + 0-50 _ 5-8
8-8 + 0-1 — 2-3
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6-0 + 0-3 _ 3-1
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25- 7 + 1-17 — 6-4
17- 9 + 0-65 4- 0-5
55- 5 4- 3-4 4- 2-1
41- 4 4- 0-63 4- 0-5
32- 2 00 4- 6-1
281 — 0-1 4- 0-3
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35479
35563
35531
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35675
35708
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35723
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35751
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35967
35997
35905
35915
35930
36042
35982
35987
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36354
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36534
36608
36571
36851
36822
37035
56988
37063
37005
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37032
37072
37164
37260
37308
37286
37339
37288
37293
37309
37454
37332
37418
37389
37429
37400
37528
Eigene Bewegungen von Fixsternen.
fir. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
A 6
19''36 m
36
37
38
38
40
42
42
43
43
43
47
47
47
47
49
49
49
49
31
31
31
33
54
54
57
58
58
59
59
59
19 59
84 20 0
9
7
9
n
84
8
8
9
84
9
84
6
8
84
8
8
8
9
7
74
8
9
9
7
74
84
8'
8
8
7
6
8
84
84
74
8
8
9
9
84
9'
6
8
8
84
8."
84
8-4
8'
64
9'
8i
84
64
0
0
0
2
2
3
5
5
5
5
6
7
9
9
9
12
13
13
13
14
15
16
38 '07
48- 28
25-4
6-78
42-33
16-68
11-16
50-27
42- 78
11- 25
37-91
12- 80
14-21
24- 37
27- 10
11-00
23-19
37-51
56-20
6-61
37-18
47-32
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3- 48
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23-36
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44- 22
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17 05
30- 54
31- 04
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32- 98
52-30
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25- 23
40- 14
41- 37
46- 46
16-85
23-82
1-37
20-45
49-16
43-68
4- 23
45-46
52-17
36-65
13-38
20-47
77° 55'
46 57
78 4
46 50
46 52
77 41
49 36
66 9
51 30
52 39
47 59
46 37
50 14
74 56
50 6
47 52
45 35
45 35
65 8
46 40
66 17
66 39
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Lai. Deel. 1842.
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Lai. NO-
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Eigene Bewegungen von Fixsternen.
Gr. Lai. AR. 1842.
Lai. Deel. 1842.
A «
A 5
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84
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571
Lai. N u -
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572
Gr. Lai. AR. 1842.
0 e 1 t z c ii.
Lai. Deel. 1842.
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46852
46856
46900
46957
47035
47097
47099
47127
47144
47146
47155
47172
47237
47255
Eigene Bewegungen von Fixsternen.
573
Bemerkungen.
Lai. Nr.
3987. Die Unterschiede sind ohne Zweifel Folge der eigenen Bewegung.
Es folgt nämlich
der Ort 1800 aus Lalande I 1 'SO" 1 33146 + 66° 44'39”4
aus Argei 59 37-81 24-8
aus einer Wien. M.B.v. 1853 59 38-43 —
4655. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt die Reetascension 1842 = 2 l 23“ 14*12,
der Stern scheint danach eigene Bewegung zu haben.
5490. Neuere Beobachtungen bestätigen die bedeutende eigene Bewegung.
Es ist nämlich
der Ort 1842 aus Lalande 2 h 51“ 11*50 + 61° 7' 0?6
aus Argei. 3363 51 16-98 6'27-2
aus zwei Wien. M.B. v. 1853 9 51 18-05 6-20-6
6024. Der grosse Unterschied der Declination scheint von einem Fehler
von 30' bei Lalande herzurühren, da eine Wiener M. B. von 1853 die
Declination 1'5 grösser als Argei. gibt.
6110. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt für 142 3‘ 11“ 15;57 + 60° 58' 3'7.
6787. Der starke Unterschied in Declination scheint von einem Fehler von 30’
bei Lalande herzurühren, da eine Wiener M. B. von 1853 die Declination
1 ! 6 kleiner gibt als Argeiander.
7036. Dieser Stern scheint eine eigene Bewegung zu haben. Es folgt nämlich
der Ort 1800 aus Lalande . 3 fc 37™ 56:50 + 60° 34' 3 r 0
aus Argei. 4215 u. 4216 . 37 59-53 33 54-0
aus einer Wien. M.B. v. 1853 37 59-91 33 51-7
8953. Die Declination bei Lalande ist fehlerhaft.
9242. Der mittlere Ort 1800 folgt
aus Lai 4 l 44“ 54*. 91 + S6°48' 54 J 6
aus Argei. 5349 44 57-79 48-51-8
aus einer Wiener M.B. v. 1853 . . 44 57-98 48-51-4
12381.) Der starke Unterschied der Deelinationen hat seinen Grund in einem
12547. ( Fehler in der Reductionstafel zuH. C. p. 366, 12. August. Die Z. D. des
letzten Sternes dieser Zone, der als einziger Fundamentalstem benutzt
ist, ist nämlich fehlerhaft, wahrscheinlich um 30".
13427. Der Stern scheint eine beträchtliche eigene Bewegung zu haben, da
die Unterschiede in beiden Coordinaten erheblich sind.
17350. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt die Declination 2 r 2 grösser als
Argeiander.
18111. Über diesen Stern mit bedeutender Eigenbewegung siehe Astronom.
Nachrichten Nr. 880.
18722. Eine Wiener M. B. gibt die Deklination 1?3 grösser als Argeiander.
19627. Der bedeutende Unterschied,, der sowohl in Rectascension als Decli
nation stattfindet, scheint eine eigene Bewegung anzudeuten.
21076. Lalande ist wohl um 30" falsch. Eine Wiener M. B. von 1853 gibt den
mittleren Ort 1842 = 10 h 50" 32:44 + 44° 39' 34 0.
37
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft.
574 Oeltzen.
Lai. Nr.
21379. Eine Wiener SI. B. von 1833 gibt die Declination 1''2 kleiner als
Argeiander.
22196. Eine Wiener M. B. von 1833 gibt die Declination 2 ! 2 grösser als Arge-
lander, so dass Lalande wohl um 30" falsch ist.
22843. Die Zeit bei Lalande scheint fehlerhaft. Eine Wiener M. B. von 1833
gibt 0!21 mehr als Argei.
29892. Die Declination bei Lalande ist fehlerhaft, da eine Wiener M. B. von
1833 1 ! 0 mehr als Argei. gibt.
30699. Die Unterschiede rühren wohl von einer eigenen Bewegung her, da
zwei Wiener M. B. von 1833, 3 als mittleren Ort 1842 ergeben
16 1, 42 m 39'.49 + 68° 22' 31!8.
30966. Aus einer Wiener M. B. von 1833 folgt die Declination 2 ! 6 grösser als
aus Argei.
32312. Die Declination bei Lalande scheint fehlerhaft zu sein, da eine Wiener
M. B. von 1833 0 ! 8 mehr gibt als Argei.
32663. Die Zeit bei Argei. scheint fehlerhaft, da eine Wiener M. B. von 1833
als mittleren Ort 1842 ergibt 17" 42™ 33 f 38 + 60° 38' 19?2.
33698. Die Lalande’sche Declination ist wohl um 30 1 fehlerhaft.
34246. Die Lalande’sehe Declination ist fehlerhaft.
34913. Die Zeit bei Lalande scheint 5 S zu gross zu sein; eine Wiener W. B.
von 1833 gibt 0? 14 weniger als Argeiander.
37777. Eine Wiener M. B. von 1833.gibt 2‘-9 weniger als Argeiander, danach
scheint Lalande um 30 ! falsch zu sein.
41377. Die Declination bei Lalande ist wahrscheinlich um 30” falsch.
42177. Eine Wiener M. B. gibt die Declination 0 r 2 südlicher als Argeiander, so
dass Lalande wohl um 30" falsch ist.
42764.1 Die Zeit ist nur von Nr. 42774 genommen, da die ersterc Numer
42774.J beträchtlich abweicht.
43376. Die P. D. von Nr. 43377 weicht 15 ; 4 ab von Nr, 43376 und ist wohl um
13! falsch, da nur Nr. 43376 mit Argei. übereinstimmt.
44114.) Die P. D. ist nur von Nr.44114 genommen, indem die von Nr. 44113
44113.) wahrscheinlich um 30” zu klein ist.
43784. Die Zeit bei Lalande ist fehlerhaft.
ln Betreff der grösseren bei Lalande und Argeiander aufgefun
denen Fehler muss ich auf das Maiheft 1834 dieser Sitzungsberichte
und auf die Annalen der Wiener Sternwarte verweisen; in dem ersteren
dieser Verzeichnisse sind noch folgende Berichtigungen vorzunehmen.
1727. In der letzten Zeile dieser Bemerkung ist zu lesen: 49 m 58".02 statt
38". 92.
2972 muss heissen: 26 ? 80 ! und nicht 40'
9696. Die Bemerkung ist irrthüinlich. Die Präcession im Kataloge muss aber
heissen: 4‘.672 statt 4*.747.
14612 muss heissen: 40° S4 ! und nicht 44 : .
17743 muss heissen: 36 ? 7 ! und nicht 35 9 37 ! .
19139. DieBemerkung ist irrthüinlich. Die Rectascensionen stimmen bis auf0l8‘
Verzeichntes der eingegangenen Druckschriften.
575
VERZEICHNIS®
DEB
EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN.
(MAI.)
Annalen der k. Sternwarte bei München. Bd. VII.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1855. Nr. 4, 5.
Bizio.Giov., Scoperta dell’Arsenieo nell' acqua ferruginosa di
Civillina, detta Acqua Catulliana. Venezia 1855; 8°.
Cosraos, 17 — 21.
®’®I»ert, <5§nft., iDiegulturfortfdjritte SKä^teng u. £)eftert:.=@d)teften§,
6efonber3im8anb6aueunbinber3nbuflvte, ttmfyrenb bet testen 100
Satire. ©tiinn 1854; 8°.
Genootsehap, Bataviaasch, van Künsten en Wetenschappen, Ver
handelingen. Deel 24, 25.
£etm, S. ©•, ©eiträge jur ©attiftid, in Befonberer ©ejte^ung auf bie
Umbret)uttg ber 2lrtitterie=®efdjoffe. Ufnt 1848; 4°.
Heim, Beitrag zur Theorie der Bewegung der Räderfuhrwerke, ins
besondere der Darnpfwagen. Cannstadt 1855; 4°.
Heymann, S. L., Versuch einer pathol.-therap. Darstellung der
Krankheiten in den Tropenländern. Würzburg 1854; 8°.
Jahrbuch des naturbist. Landesmuseums von Kärnten. Herausg.
v. Canaval. Jahrg. 3.
Jahresbericht d. k. Sternwarte bei München. J. 1854.
Mittheilungen a. d. Gebiete der Statistik. Jahrg. III, Heft 7.
Namur, Anton. De lacrymatoriis sive de lagenulis lacrymarum pro-
pinquor. colligendis apud romanos aptatis. Luciliburg. 1855; 8°.
Organismus des germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg,
1855; 8.
Parrat, H., Les tons chinois sont semetiques. Porentruy 1854; 8°.
(4 Exempl.)
37 e
576 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften.
Parrat. Les 36.000 ans de Manethon, suivis d’un Tableau des
concordances synchroniques. Porentruy, 1855. 8°. (4 Exempl.)
— Novum speeimen quo probatur iterura linguarum indo-euro-
psearum origo semetica. Mulhouse 1855; 8°. (4 Exempl.)
Quar anta.Rennardo, l’Orologio a sole di Beroso, scoperto in Pompei
addi 23. Settembre 1854. Napoli 1854. Fol.
Reumont, Alfredo, Dei soci esteri della Accademia della Crusca,
Firenze 1855; 8°.
— Del gruppo di Cristo con S. Tommaso, lavoro di Andrea del
Verrochio. Roma 1855; 8°.
Romanin, S„ Storia documentata di Venezia. T. III, p. 2.
Soeiete imper. des Naturalistes de Moseou, Bulletin 1854. Nr. 4.
Society Royal of Edinburgh, Transactions, Vol. XVI, p. 1. — Pro-
ceedings, Vol. II, Nr. 44.
Tijdschrift voor indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Jahrg. I.
Aflev. 1 — 12.
XtnfRaufer, ©. Sopogvaptj. ftatift. 33ef<§ret£mng bet !Dtöcefe
SBttten rc. I. 33b. 33tt;cen 1855; 8°.
Wolf, Rudolf. Gedächtnisrede auf Jakob Bernoulli. Bern 1855; 8°-
Zambra,Bernardino, I principj e glielementi della fisica. Fase. 7, 8.
Ibersicht der Witterimg in Österreich im April 1855.
Entworfen von A. U. Burkhardt, Assistenten an der k. k. Central-Anstalt.
Beobachtuugsort.
Mittlere
Tem
peratur
Reaumur
Maximum
Tag Temp.
Minimum
Tag Temp.
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Liu.
Maximum
Tag Luftdr.
Minimum
Tag Luftdr.
Dunst
druck
Par. Lin.
Nieder
schlag
Par. Lin.
Herr
schender
Wind
Anmerkungen.
Curzola ')
Ragusa a )
Valona .
Udine . .
Zara 3 ) .
Parma *)
Mailand .
Venedig .
Meran. .
Szegedin
Semlin .
Fünfkirehen
Jolsra.
Gran .
Wallendorl
Retz . .
Pressburg
Tirnau .
Schössl 6 )
Wien 7 ) .
-j-Agordo
Laibach .
Cilli 8 ) .
Olmiitz .
Innsbruck
Adelsberg
Linz 9 ) .
Debreezin
Czernowitz
Brünn . .
Korneuburg
Bregenz.
Kronstadt 10 )
Lienz u )
Prag . .
Zavalje .
Klagenfurt
Kremsmünstei
,a )
+ 12 9 04
+ 11-91
+ Li • 83
+ 10-62
+ 10-33
+ 10-20
+ 9-89
+ 9-83
j + 9-26
+ 8-18
! + 8-17
+ 8-03
: + 7-39?
+
+
j +
+
1 +
j +
t
+
i +
6-93
6-92
6-61
6-60
6-60
6-37
+ 6-33
6-33
6-18
6-16
6-14
6-12
6-09
6-02
5-90
3-77
5-73
3-69
3 • 66
3-34
3-37
17 6
19- 6
17- 6
16 ■ 6
18 . 6
18- 6
16 . 18
Hl .
16-
17 . 6
27 . G
16.6
17.0
20- 6
(?) 23*6
17-6
la • o
17 . 6
17-6
17-6
20-6
16-6
17-6
20-6
20-6
20-6
13-6
13-6
16-6
20-6
13-6
20-6
17-6
21-6
17 .
20 .
16-
20-6
7-3
13-6
20-
21-6
13-
20-7
+ 18
+ 18
+ 18
+ 18
+ 16-
+ 19
+ 19
+ 16
+ 19
+ 17-4
+ 18-2
+ 18-2
+ 21-0?
+ 17-0
+ 13-3
+ 17-2
+ 14-3
+ 17-0
+ 15-9
+ 19-0
+ 16-3
+16-4
+ 17-0
+ 18-0
+ 17-4
+ 18-3
+ 16-0
+ 14-6
+ 13-3
+ 16-6
+ 16-6
+ 17-2
+ 12-2
+ 16-0
+ 17-4
+ 16-4
+ 20-7
+ 16-4
24-9
12.3
25 . 3
23- 3
24- 3
24-3
1-
23-
1-3
24- 3
23- 3
(?) 23-3
24- 3
24-3
23-3
1-3*
1-3
1 • 3
23 • 3
23 • 9
24 • 4
23-3
23-3
23-3
12-3
23-3
23- 3
11-3
1-3
24- 3
3-3*
24-
23- 3
24- 4
1-3
24-3
23-
24- 3
24-
24-2
+8 9 0
+ 7-2
+ 6-0
+ 3-4
+ 4-6
+ 1-2
+ 0-8
+ 4-0
+ 2-1
+ 0-3
+22
+ 2-1
—2-0
—0-3
+ 11
+ 1-9
+ 0-3
+ 1
—2
-1
—2
—5
—1
—0-6
+ 1-2
—0-8
—0-4
+ 0-2
—1-0
-4-0
-1-0
0-0
—0-4
—3-2
—0-7
-2-2
-4-6
-1-0
334"78
336-46
332- 73
330-72
336-20
324-62
333- 33
332- 94
333- 73
321-46
331-43
331-26
324- 75
329-63
312- 84
325- 52
327- 56
328- 73
314- 27
315- 36
326- 87
331-63
326 19
328-88
321- 37
313- 76
311-16
328-92
318-62;
322- 91
15-3
16-6
16-
23-5
16-6
17 3
1-9
1-3
1-3
1-9
1-3
1-4
23-3
1-4
17-3
22-9
22- 9
13
23- 3
16-6
22-9
1-6
1-6
1-5
22-4
1-9
17-3
22-
17-3
22-3
337-81
339-68
336-29
334-63
339-82
328-26
338-69
338-55
334-82
328-62
336-39
336- 50
328- 96
334-27
316- 67
329- 30
331-64
333- 74
317- 67
318- 73
331-03
337- 31
334- 60
333•26
325- 49
321- 00
313 00
333-40
322- 84
326- 51
11-6
12-3
11-3
10-6
10-6
10- 7
11- 3
10-9
10-6
10-6
10-9
10-9
10-6
10 9
10- 9
10-6
10-6
12- 3
11- 3
10-
10-7
327-57
331-43
325- 14
323- 65
328-43
318-37
326- 54
325-64
324- 33
314- 96
323-79
323- 13
315- 04
320- 60
305-43
318- 29
321- 29
319- 99
305- 98
308-98
318- 52
324- 99
319- 22
319-85
317- 04
306- 97
303-9S
318- 92
313-69
5 20
3- 25
4- 57
3-92
74-
3-08
3-35
2-65
2-75
2-24
2-26
2-60
2-44
2-33
2-03
2-37
2-47
2-53
15 04
3-03
44-07
10-60
56 • 53
22-48
11-21
17 10
7-50
9-82
9-84
7-70
10- 09
12- 93
11- 99
0-32
73-20
37-30
9-67
27-08
12- 26
36 11
6-64
13- 06
23-51
39-89
23-32
6-67
31-26
37-30
NW.
NO.
NW.
W.
SW.
0.
NO.
SO.
NW.
w.
NO.
SW.
NW.
N.
NW.
VV.
N.
NW.
NW.
SO.
SO.
NO.
w.
N.
NW.
NW.
NW.
S.
NW.
W.
N.
SO.
Am 10. u. 26. Morg. auch +8-0 9 , am 11. stürmisch a. N
Vom 19.—23. häufige Erdstösse.
Am 11. um 12 h Gewitter.
Am 8. v. 0 h 45' — 10 h Ab. Gewitter, Sturm u. Hagel.
Am 28. Sturm, am 1 S.avarmerWestw., am 8. Wetterleuchten,
Am 13. Gewitter in SW., Ab. Wetterleuchten in SO.
“In der Nacht vom 23. auf 24. —2 9 7 und Eis.
Am 13. Gewitter a. NW., am 25. Sturm a. N.
Am l.u. 10.stürm., am 22.Schneesturm, am 14. Ab. Gew.
Am 10. um 4 h 40' kurzer Sturm a. W., am 5. u. 22. Donner,
[am 15. Ab. Wetterleuchten,
Am 11. um 3 h Morg. Gewitter mit Schneefall.
Am 23. starker Reif und Frost, am 15. Gewitter.
Am 1. stürmisch a. NO.
»Am i. u. 24. 0 9 0.
Am 15. Gewitter in NW., am 22. Morg. —2 ? 0, am 25. —2 9 5.
Am 10. u. 11. Sturm a.S., am 8. Hagel (Graupen?), am 15. u. 20. GßW-, am
[14. Wetterleuchten.
Am 18. 3 h Ab. GeW. a. W., am 20. um 2 h 30' Ab. a. SW., am 16. Wetterl.
Am 8. u. 15. Sturm, am 7. Blitze in NO.
Am 10. stürmisch und Gewitter in S.
Am 18. Ab. Wetterleuchten, am 10. Sturm a. S.
Am 10. Sturm a. SW.
Am 1. stürm, a. O., am 10. a. SW. Am 8. Ab. im W. u. NW. heft. Blitzen
Curzola. Am 26. fiel auf dem nahen Berge Vipera Schnee, sehr seilen im April. . * ,,
Ragusa. Schwache Erdstösse waren am 19. um 9 1 ' Ab., am 20. um 2 h 8' Morg. und 2'* 45', dann 8 h o0' und 8 h 5a', dann am 23. um 10 1 * 2' Morg. wellenförmig durch 8", dann 8 h Ah.; am 24. um l 1 * 55'
zwei schnell auf einander folgende. Auch andererseits in dem 7Meilen entfernten Ragusavecchia wurden die Erdstösse verspürt, wo jener am 20. um 2 h 8 Morg. der slärkste war.
Zara. Am 16. April um 8>‘ 30'"Ab. wurde ein Lichtmeteor beobachtet, welches sehr hell und bei 3' unbeweglich erschien.
Parma Am 1. häufiger Regen mit Schnee vermischt. Vom 8.-9., 11. —12. und 21.—22. Blitze. Vom 10—11. sehr stürmisch, am 26. u. 28. Regen mit Hagel.
Wallendorf. Stürme waren am 1. a. O., am 2. a. SW., am 13. a. W., am 17., 19., 25., 27. a. NO .
Schössl. Sehr oft Schneefälle, besonders am 1., 3., 8., 9, 12., 21.,,23., 23., 24., 25., 26.; öftere Froste, daher wenig und späte Vegetation. J
Wien. Am 9. von 8 h 15'—8 h 45'Morg. nebensonnenartiger verticaler Lichtstreifen (verticale Nebensonne); am lo. Ah. b* 1 zwei glänzende horizontale Nebensonnen in dem gewöhnlichen Abstande von 2£°
Cilli. Bei dem Gewitter am 15. gegen 5 h Ab. zündete der Blitz V4 Stunde von Cilli westlich. . c , ... . , ...
Linz. Am 10. um 2*» 55' Ab. heftiger Sturm a. SW., welcher Baume entwurzelte, dabei Donner. Am 11. um 2 h 30' Sturm a. SW. mit Donner und Hagel. Am 22. stürmisch mit Schnee und Hagel (Graupen O-
Kronstadt. Am 10. u. 13. Stürme a. N., am 20. Reif und Eis. Am 11. um 8 h 50' Ab. wurde eine sehr intensiv leuchtende Feuerkugel mil langem glänzenden Schweife im Sternbilde des kleinen Hundes
tfent^Am ^Allgemeines Schneeschmelzen im Thale. Am 30. war der Schnee an den Bergen auf der Sonnenseite 5400', auf der Schattenseite bis 2600' weggeschmolzen. Vom 13.-20. milde Tage
Kre"^ s 1 mü'nste S r. 1Cl Am 1 13* Ab^bei b SommnuMergang prächtiges Alpengltthn. Am 14. 8 h Ab. häufiges Blitzen im W. Am 15. um 7‘ 30- Gewitter a. W. Am 20. um 5 k 30- Gewitter im SW. Vom 22.-2«.
wie an vielen Stationen Frost und Schnee.
-[In A gordo bei Bel 1 uno beobachtet Hi-.Dr. Rigoni-Stern. Agordo liegt unterm 46° 16' n. B. und 29° 13' ö.L., Sechöhe 1932 P. Kuss, an den südlichen Ausläufern der Alpen um Cardevale.
1)
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ä)
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12)
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XVI. Bd. II. Hft.
Beobachtungsort.
Mittlere
Tem
peratur
Reaumur
Maximum
Tag Temp.
Minimum
Tag Temp.
Mittlerer
Luft
druck.
Par. Lin.
Maximum
Tag Luftdr.
Minimum
Tag Luftdr.
Dunst
druck
Nieder
schlag
Par. Lin.
Herr
schender
Wind
Anmerkungen.
Pilsen. . .
Lemberg .
Obervellach
Czaslau .
Bodenbach
Kahlenberg 1
Pürglitz .
Scliemnitz
Althofen
Krakau .
St. Paul .
Jaslo . .
Rzeszow.
Tröpelach
Leutschau
Oderberg
Weissbriach
Gastein 3 )
St. Jakob
Reichenau 3 )
Trautenau .
Steinbüchel
St. Magdalen
Deutsehbrod
Kesmarlc .
St. Jakob (bei
Senftenberg 4 )
Saifnitz . .
Obir I. . .
Obir III. .
Malnitz . .
Heiligenblut
St. Peter .
Plan 5 ) . .
Stilfserjoeh 6 )
S. Maria 7 ). .
Gur
k)
Czernowitz Februar
+ 5 ? 31 20-6
6
6
6
6
+ 5-30
+ 5 • 23
+ 4-99
+ 4-96
+ 4-93
+ 4-84
+ 4-80
+ 4-79
+ 4-78
+ 4-78
+ 4'63
+ 4-32
+ 4-30
+ 4-36
+ 4-36
+ 4-23
+ 4 ■ 23
+ 4-20
+ 4-13
+ 4-J3
+ 413
+ 3-86
+ 3-78
+ 3-70
+ 3-50
+ 3-46
+ 3-43
+ 2-42
+ 2-32
+ 2-19
+ 2-17
+ 2-i6
+ t-30
r0‘ 18
- 419
17
20
20
20
17-
14-
17-
18-
20-
15-
17-
15 •
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20-
15-
20-
20-
17-
20-
20-
20-
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20
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13 1
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20'
17
17-6
+ 13 v 5
+ 140
+ 16-0
+ 17-0
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6 1+13-8
6 ! +13-2
6 +13-6
6 j +17-3
+ 16-5
+ 16-1
+ 13-0
+ 15-4
+ 13-6
+ 13-9
6 | +13-3
+ 14-3
+ 16-4
+ 10-2
+ 11-0
+ 12-8
+ 11 -8
4-13-8
+ 13-3
+ 13-3
4-14-1
+ 16-1
+ 12-6
+ 16-0
+ 8-3
4-13-3
4-10-3
+ 12-3
+ 9-1
+ 9 0
+ 2-8
I
28-3
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24- 3
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24-4
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1 -3
24-
23-
24-
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24-
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323
32b •
312
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324
313
309
328
319
327
328
— 3-31313
— 2-81323
— 1-7; -
— 3 - 61 -
— 2-3,296-
— 1 ■4 j 300 -
— 1-01313-
— 1-1 320-
— 2-8 -
— 2-41304
0 9 2
3- 3
1-0
2-0
1-2
0-6
2-7
1-0
2-1
1- 7
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4- 6
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312
320
2
- 2
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4-41287
- 3-0;290'
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13-3 247
23-9
1-6
17-
22-9
1-3
1-3
233
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1 • 3
17-3
1-6
1-5
17-
1-6
16-6
17-
22-9
16-8
22-9
1-3
1-1
329”'08
333-49
313-61
330-98
336-38
323-48
329-17
318-13
312-91
333- 40
323-37
334- 71
333-88
317-31
329-70
300-86
304-43
317-29
324-12
307-13
10-6
10'9
10-6
10-6
10‘6
10-6
10-8
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323-13 10-6
290-88| —
293-90 —
i280 44!11-3
315"'80
316-60
316-99
322-19
31112
314-82
306-36
318- 49
319- 28
319-22
315 82
290-56
304-81
310-60
297-82
303•82
310-00
2” 3 3
1- 77
2- 33
2-27
2-68
1- 89
2- 34
2-27
2-29
2-00
2-01
1-94
2-20
1 -83
16- ° 251-63 11-3
269-19
241-84
6'60
29-41
29-18
6- 74
17-35
11-48
893
8-76
35-50
11-02
23-58
39-57
19- 27
28-20
4-66
7- 41
14-65
29-30
13-88
20- 34
17-63
13- 78
4-09
19 71
14- 90
63-01
NW.
N.
NW.
NW.
N.
O.
w.
NW.
NO.
W.
SO.
w.
NW.
0.
N.
N.
NW.
SO.
NO.
N.
N.
NO.
W.
NO.
N.
Am 1. u. 8. stürm., am 1. Gewitter und Hagel im NW.
Am 24. +0-5°.
Am 10. stürmisch a. NW.
Am 14. Ab. Gewitter.
Am 15. öfters Donner und Gewitterregen.
Am l. u 10. stürmisch.
Am 1. Sturm a. 0., vom 8.—9. a. NW., am 22. a.W.
“(Am 23. —0 ? 4. Am 3. Nebenmond. Am 10. Ab. Blitze.
I TAm 28. Hochwasser.
Am 12., 18., 26., 27. Stürme a. N., NW. u.NO. am 26.sehr
Am 13. 5 U Ab. Nebensonne. [stark.
Am 10. um 4 h 49' Ab. Sturm a.W. mit Gewitter u. Hagel.
Am 8., 14., 20. Ab. Wetterleuchten.
Am 1. von 3 h M. bis il b Ab. Sturm a. SO., dann 0. 14—15.
Noch oft Schnee, besonders vom 22.—27.
Am 11. Gewitter. “Vom 16.—19. mangeln die Berichte.
Am 1. u. 2. Sturm a. SO. Am 10. von 1— 2 h Ab. Schnee-
[sturm a.W.
Am 8. Sturm a. WSW'., am 10. a.WNW. mit Hagel. Am
[3. Nebenmonde.
“Um 5 l / z M. —12 ? 0. Am 8. Erdbeben. Am 9. sehr stürm.
“Den ganzen Tag. Am 5. und 26. Stürme.
I
Magnetische Störungen.
Am 5., 11., 13., 16., 24.
Nachträge und Verbesserungen zu den früheren Monaten.
4-13 | 27-6 |+ S-2i 22-3” j I4-2|325-03 j 20-6 1330-43i 15■ 6 j316-32j — j 18-27 i NW. j“Das Min. zu Anfang des Monates war am 1. mit - 12 ? 8.i
In Czaslau werden die Ozonometer-Beobachtungen um 6 h Morg. und 6 1 ' Ab. gemacht, in der Jahresübersicht heisst es irrthümlich 6° Morg., 10" Ab.
1) Kahlenberg. Am 8. von 5 -fi h Ab. Gewittersturm (in Wien nicht auffallend); dagegen ist der Sturm am 10., der in Wien um 4 h 40’ ausbrach, am Kahlenberge nicht beobachtet worden. Am 30. von
3—4 h Ab. ferner Donner und einzelne Windstösse (in Wien nicht). Am 26. während des Tages öfters Schneegestöber (in Wien Regen), Nachts stürmisch.
2) Gastein. Am 1. ist der Lagerschnee im Thale weggeschmolzen. Bis zum 27. noch öfters Schneefälle.
3) Reichenau. Am 14. u. 15. Ab. starkes Blitzen; am 15. Hagel, oft noch Schnee, besonders am 27. mit Frost.
4) Senftenberg. Der Sturm am 8. (aus SW. zu S.) brach um 4*28' plötzlich aus, ihm folgte ein starker Gussregen. Ebenso erhob sich der Sturm am 10. kurz vor 3 h Ab. sehr plötzlich aus NW. zu W.,
um 6 h Ab. folgte starker Hagelschauer, welcher um 8 h noch den Boden wie mit einer Schneedecke überlagerte
5) Plan. Am 8. um 4 h 57^' Ab. wurde hier ein bedeutendes Erdbeben verspürt. Die Stösse waren in verticaler Richtung und dauerten 2—3"; das Getöse war wie wenn ein schwerer Wagen auf der Strasse
schnell vorbeiführe; es wurde noch in einer Entfernung Stunden, aber schwächer verspürt - Am 9. wehten heftige Winde, aus allen Richtungen wechselnd; am 28. Ab. starkes Schneegestöber.
6) Stilfserjoeh. Auch hier vom 15.—20. schöne ruhige Witterung. Am 29. starker Wettersturz um 9 3, * h Morg.-j-2*5°, um 3 h Ab. —4° mit Schneefall.
7) S. Maria. Vom 16.—20., wo an den meisten Orten die grösste April-Wärme stattfand, herrschte hier Heiterkeit uud Windstille und Mittags eine Temperatur von -j-2bis2 - 8 0 ; Morgens fiel die Temperatur
auch an diesen Tagen noch unter 0.
Gang <lef Feuchtigkeit und des Ozoiig'ehaltes der Luft im April 1855.
Die punktirten Linien stellen die Feuchtigkeit, die aus gezogenen den Ozongehall dar.
Die am llande befindlichen Zahlen sind die Monatmittel der Feuchtigkeit, jene zwischen
den Curven die Monatmittel des Ozongehaltes.
Den Monatmitteln entsprechen die stärkeren Horizontallinien.
EinNetztheil betrag! für die Feuchtigkeit 5Froceiite, für den Ozongehalt einen Theil der Far„
benscala .welche vom völligen Weis bis zum tiefsten Blau zehn Abtheilungen enthält.
Die am Rande rechts stehenden Zahlen bezeichnen die grösste Menge des Niederschlages an einem Tage.
BIBL ÖAW
. ......... ..... um um um ||
+YW13372108