717 SITZUNG VOM 6. MAI 1853. Eingesendete Abhandlung. Über Chile. Vom Freiherrn von Bibra. Vor einiger Zeit hatte ich die Ehre, an die kaiserl. Akademie der Wissenschaften eine Abhandlung einzureichen, welche meine in jenem Lande gesammelten Erfahrungen enthielt. Ich will versuchen in dem Folgenden eine kurze Skizze des dort Ausgesprochenen zu geben. Die Grenzen von Chile sind bekannt, weniger bekannt dürfte es vielleicht sein, dass von den Chilenen selbst der ganze Verlauf der West küste von Chiloe bis zu Cap Horn noch als zu Chile gehörig betrach tet wird, obgleich von Chiloe an weiter südlich keine chilenische An siedlung oder Besitzung besteht. Ohne Zweifel hat man für die Folge gesorgt. Der schmale Landstrich, welcher Chile bildet, liegt zwischen zwei Gebirgszügen. Gegen Osten ist es die Andeskette, die schützend und schirmend gegen Menschen und Elemente den schmalen, durchschnittlich etwa 20 Meilen breiten Streifen Landes vom übrigen America trennt. Gegen Westen und die Küste bildend zieht sich parallel mit den Anden die Küstenreihe la Cordillera de la costa, ein Gebirgs- zweig, welcher, so viel mir bekannt, selten viel mehr als 3000' Höhe erreicht und sich im Allgemeinen wohl zwischen 800—1200' erhält. Das stille Meer umspült den felsigen Fuss dieser Küstenreihe, nicht selten wenig entsprechend seinem friedlichen Namen durch eine furchtbare Brandung, die meilenweit in der See gehört wird. Das Flachland von Chile zwischen diesen beiden Bergketten ist wohl an manchen Stellen durch kleinere Ausläufer dieser letzteren durchbrochen, auch finden sich einzelne kegelförmige Berggebilde; der Charakter des Landes aber mag immer bezeichnet werden durch eine lange, gedehnte Ebene zwischen jenen beiden Gebirgen. 50 5