558 Prof. Schleicher. Erfolge einer wissenschaftl. Reise nach Litauen.
Jetzt kann ich schon ruhiger studiren, da die ganz unsägliche
Menge jeglichen Ungeziefers, die der schnell vorübergehende, heuer
besonders günstige Sommer erzeugte, fast gänzlich wieder ver
schwunden ist.
In jenem Berichte , in welchem ein kurzer Abriss der Lautlehre
enthalten war, findet sich eine Unrichtigkeit. Die Lippenlaute p, b,
w, m nämlich, welche erweicht pj, bj, vj, mj geschrieben zu
werden pflegen, werden nicht dieser Schreibung gemäss ausgespro
chen ; diese Aussprache haben sich nur theilweise die Litauer aus
aus den Büchern oder von ihren schlecht sprechenden Geistlichen
angeeignet; der der Schrift unkundige Litauer, überhaupt jeder
Litauer, wenn er sich im Reden gehen lässt, spricht jene Laute aus,
etwa wie polnisch h, p, m, v; der nachhallende i- oder j-Laut
(slav. e) ist sehr schwach, kaum zu hören; kalviu (Gen. Plur. v.
kälvis faber) wie kälvu ebenso kürmiu (v. kiirmis, talpa)
u. a. Nom. plur. kälvei, kurmei, wo das j im e=--ia (für käl-
viai, kurmiai) enthalten ist. Diese Aussprache geht durch alle
Dialekte hindurch. Die Schreibart mit j ist als zu Irrthümern führend
zu verwerfen. In Folge von Aphäresen auslautende weiche Conso-
nanten dürften dagegen (um besondere Zeichen zu sparen und
nach Kurschat’s Vorgänge) durch j bezeichnet werden, z. B. stovj 1
(stat f. stövi), szaukj’ (clamat f. szaükia) mylj’ (amat f.
m y 1 i) n. a.
Ober-Eisseln bei Ragnit den 24. September 1852.