Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 9. Band, (Jahrgang 1852)

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G. L. F. Tafel. 
Quellengebiete ruhen, als eine andere, welche die biographische 
heissen mag. Neben der reicheren Fülle des Stoffes und stärkerer 
Verbreitung ist aber die Chronographie immer zugleich auch grösserer 
Verfälschung im Gebrauche unterworfen gewesen, wovon das nächste 
Beispiel die lateinischen Chroniken des Abendlandes liefern. Am 
meisten gilt das von solchen Gescliichtswerken, welche gewisser- 
massen Epoche machten. Ein solches ist gerade die Chronographie 
des Griechen Theophanes. Ihr ist nämlich die seltene Ehre zu Tlieil 
geworden, fast gleichzeitig durch die lateinische Übersetzung des 
päpstlichen Bibliothekars Anastasius und aus ihr durch die Historia 
Miscella aucli im Abendlande bekannt zu werden; auf ihr ruht fer 
ner zum grossen Theile das Geschichtswerk des Cedrenus oder Scy- 
litza, welcher jedenfalls besser daran gethan hätte, seinen Vorgän 
ger auch in der Methode nachzuahmen, und anstatt ihn und andere 
nachlässig abzuschreiben, da, wo dieser abbricht, lediglich fortzu 
fahren, wodurch sein Werk kürzer aber nützlicher geworden wäre. 
Nach Theophanes beginnt übrigens in der That und ausdrücklich ein 
neuer Abschnitt der byzantinischen Historiographie, welcher durch die 
sogenannten Scriptores post Theophanem (o! per« &so<pä- 
vz/v), was in der Bonner Sammlung durch Theophanes conti- 
nuatus wiedergegeben ist, bezeichnet zu werden pflegt, und nach 
Benennung und Veranlassung auf denselben Fürsten zurückgeführt 
werden muss, dem die Literatur der Mittelgriechen manche andere 
Förderung verdankt: es ist der Kaiser Konstantinus Porphyrogenitus, 
der in seinem Werke De administrando imperio, cap. 22, seine mütter 
liche Verwandtschaft mit dem Geschlechte des Chronographen und 
Abtes Theophanes rühmt, und ebendaselbst die bekannten Abschnitte 
der Theophanischen Geschichte über Muhammed und die ersten 
Cbalifen seinem eigenen Buche (cap. 14—22) einverleibt bat. 
Unser Chronograph, aus dessen Werke einer der anziehendsten 
Abschnitte als Probe einer neuen Ausgabe von uns gewählt worden 
ist, lässt uns, wie schon gesagt, gleich seinem Vorgänger Georgius 
Syncellus, über seine Quellen meist im Dunkeln, und es blieb dem 
geduldigen Fleisse der früheren Herausgeber überlassen, einigen 
derselben auf die Spur zu kommen, von denen, was die vier ersten 
Jahrhunderte seiner Erzählung betrifft, die bekannten Historiker der 
älteren griechischen Kirche, sodann Procopius, Agathias und Simo- 
catta die vorzüglichsten sein dürften. Dass er auch jene ganze Reihe
	        
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