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G. L. F. Tafel.
Quellengebiete ruhen, als eine andere, welche die biographische
heissen mag. Neben der reicheren Fülle des Stoffes und stärkerer
Verbreitung ist aber die Chronographie immer zugleich auch grösserer
Verfälschung im Gebrauche unterworfen gewesen, wovon das nächste
Beispiel die lateinischen Chroniken des Abendlandes liefern. Am
meisten gilt das von solchen Gescliichtswerken, welche gewisser-
massen Epoche machten. Ein solches ist gerade die Chronographie
des Griechen Theophanes. Ihr ist nämlich die seltene Ehre zu Tlieil
geworden, fast gleichzeitig durch die lateinische Übersetzung des
päpstlichen Bibliothekars Anastasius und aus ihr durch die Historia
Miscella aucli im Abendlande bekannt zu werden; auf ihr ruht fer
ner zum grossen Theile das Geschichtswerk des Cedrenus oder Scy-
litza, welcher jedenfalls besser daran gethan hätte, seinen Vorgän
ger auch in der Methode nachzuahmen, und anstatt ihn und andere
nachlässig abzuschreiben, da, wo dieser abbricht, lediglich fortzu
fahren, wodurch sein Werk kürzer aber nützlicher geworden wäre.
Nach Theophanes beginnt übrigens in der That und ausdrücklich ein
neuer Abschnitt der byzantinischen Historiographie, welcher durch die
sogenannten Scriptores post Theophanem (o! per« &so<pä-
vz/v), was in der Bonner Sammlung durch Theophanes conti-
nuatus wiedergegeben ist, bezeichnet zu werden pflegt, und nach
Benennung und Veranlassung auf denselben Fürsten zurückgeführt
werden muss, dem die Literatur der Mittelgriechen manche andere
Förderung verdankt: es ist der Kaiser Konstantinus Porphyrogenitus,
der in seinem Werke De administrando imperio, cap. 22, seine mütter
liche Verwandtschaft mit dem Geschlechte des Chronographen und
Abtes Theophanes rühmt, und ebendaselbst die bekannten Abschnitte
der Theophanischen Geschichte über Muhammed und die ersten
Cbalifen seinem eigenen Buche (cap. 14—22) einverleibt bat.
Unser Chronograph, aus dessen Werke einer der anziehendsten
Abschnitte als Probe einer neuen Ausgabe von uns gewählt worden
ist, lässt uns, wie schon gesagt, gleich seinem Vorgänger Georgius
Syncellus, über seine Quellen meist im Dunkeln, und es blieb dem
geduldigen Fleisse der früheren Herausgeber überlassen, einigen
derselben auf die Spur zu kommen, von denen, was die vier ersten
Jahrhunderte seiner Erzählung betrifft, die bekannten Historiker der
älteren griechischen Kirche, sodann Procopius, Agathias und Simo-
catta die vorzüglichsten sein dürften. Dass er auch jene ganze Reihe