Theoplianis chronographia.
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— richtiger Georgias Scylitza — um unsere Belehrung verdienter
gemacht hat, indem dieser uns über das von ihm gebrauchte
Material eben so wenig im Dunkeln lässt, als der vor wenigen Jahren
zum erstenmal in französischem Auszuge veröffentlichte Chronograph
des zwölften Jahrhunderts, Michael Syrus (Journal Asiatique,
quatr. ser., T. XII ff.).
Im Vorhergehenden ist eine Seite der byzantinischen Studien
berührt worden, welche, kaum je ernstlich zur Sprache gebracht,
dennoch einer tiefern Erwägung würdig scheint: es ist die weitgrei
fende Frage nach den Quellen der ganzen nationalen Geschicht
schreibung von Konstantin dem Grossen bis zur Eroberung Konstan
tinopels durch die Türken. Man weiss, dass hiervon diejenigen
Gelehrten am wenigsten handeln, welche sich mit dem Gegenstände
literarhistorisch und bibliographisch beschäftigt haben. Was wir
von ihnen erhalten, sind biographische Notizen über die einzelnen
Autoren, etwa noch eine sogenannte Notitia literaria über Ausgaben
und Handschriften, meist dürftig und oberflächlich. Will man Ge
naueres , namentlich über Form und Gehalt einer Schrift, ihre
urkundlichen Grundlagen und dergleichen, so ist man auf gelegent
liche Winke der Editoren in ihren Commentaren verwiesen, wo u. a.
von Parallelstellen die Rede ist. Ausser Bredow’s oben angeführ
ter, der neuen Ausgabe des G. Syncellus vorangeschickter Schrift
über Georgius Syncellus, die jedoch fast ausschliesslich nur von den
jüdischen Quellen des Chronographen handelt, undW. A. Schmidt’s
Untersuchungen über die Geschichtsquellen des Johannes Zonaras
(auch sie hätte der Ausgabe des Letzteren in der Bonner Sammlung
vorangeschickt werden sollen) sieht heute noch die ganze Historio
graphie des mehr als tausendjährigen Reiches am Bosporus ähnlichen
Forschungen entgegen, wie die sind, welche den meisten Geschicht
schreibern des classischen Alterthums längst zu Theil geworden sind.
Sage man nicht, dass bei mehrern der mittelgriechischen Historiker
an der Nachweisung ihrer Quellen wohl für immer verzweifelt werden
müsse, bei anderen eine solche Mühe sich kaum lohnen dürfte, was
jedenfalls nur mit Einschränkung gesagt werden kann. Genug: an
die Arbeit, wie wir sie im Auge haben, ist nie, namentlich nicht in
Bezug auf einzelne Schriftstellergruppen ernstlich gedacht worden.
Zu den wichtigsten dieser Gruppen gehört die Abtheilung der
Annalisten und Chronographen, die auf einem grösseren