Über die Belagerung und den Entsatz der Stadt Bregenz, etc. 1 7
Mitternacht wandern zwei Nachtwächter die obere und untere Stadt
durch und zwar in jener Richtung, wie sie sich seihst unter einander
einverstehen. Von Martini bis Lichtmess ruft jeder um neun Uhr auf
allen Rufplätzen der ohern und untern Stadt: „Ehreguta, Ehre-
guta! Geloht sei Jesus Christus!” Erst um zehn Uhr wird
die Stunde mit einer Einleitung ausgerufen. Herr Kögl schreibt mir:
V ie der Nachtwächter mir dieses wiederholt vorsagte, so unterschied
ich zwei Wörter und diese können heissen: „Ehre sei der Guta,”
oder „Ehre du die Guta” 1 ). Dieser simple Mann wusste mir gar keine
Auskunft zu geben, als dass ein Vorfahrer den Nachfolger so unter
richte. Auch wusste er nicht, wer den Ruf anbefohlen habe; ferner
sagte er, dass das Wort „betet” nie ausgerufen worden, es wäre
denn von der k. haierischen Regierung (1806) geschehen, worüber
nichts Verlässliches zu erfragen ist.
Dass eine Frau, die vielleicht als wirkliche oder vermummte
Rettlennn in das Lager der Eidgenossen Eintritt hatte, und den
Bregenzern richtige und wichtige Kunde vom Thun und Treiben des
Feindes hinterbrachte, grosses Verdienst um die Rettung der Stadt
hatte, ist wohl nicht zu bestreiten. Warum ist aber die Zeit, in welcher
der Nachtwächter ihren Namen ruft, bis Lichtmess, bis auf den
2. Februar hinausgerückt?
Da wir das über unsere Ehrguta Bekannte mit möglicher Ge
nauigkeit zusammengestellt haben, wollen wir, die obige Vorstel
lung scharf ins Auge fassend, zeigen, dass das vermeintliche Ehr-
guta-Monument der römischen Göttinn Epona angehöre.
Epona ist nach Einigen die Pferd eheschütz er in n und
Schutzgöttinn der Viehställe, nach Anderen auch eine Gottheit
der Eseltreiber 2). Die Bilder dieser Gottheit waren entweder in
Nischen (aediculis) an der Wand oder in einer nischenartigen Ver-
') Die Namen Ehrguta oder Ehreguta, Hergotaoder Her guta sind mir
weder aus dem Mittel- noch Althochdeutschen bekannt.
-) Einige wollen das Wort Epona von ini und ovog (vgl. Orelli Inscript.
Ar. 1793), richtiger aber gleichsam aus Er/uona, in Folge einer häufiger Statt
findenden Verwechslung ableiten, welche nicht nur im Oskischen, sondern
auch in der von einer Mischung der Dialekte nicht freien römischen Sprache
vorkommt, wie z. B. eVoj, opns, daneben sei/uor, innog daneben ec/uus. Nach
Job. Gabriel Seidi’s epigraphischen Excursen, in den Wiener Jahrb. der
Literatur 1844, Bd. CVIII, Anzeigebl. S. 09 f.
Sitzb. d. phil.-hist. CI. TX. Bd. I. Hft.
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