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B ü d i n g e r.
Befestigungen, in die Stadt Mospila, sei sogar die letzte Meder
königin geflohen. 1
Später aber hat sich Xenophon von der ganzen Ueber-
lieferung abgewendet, dass die Perser auf gewaltsame Weise
in den Besitz Mediens gekommen seien. Durchaus friedlich
— im Einklänge mit unseren bisherigen Beobachtungen —
vollzieht sich vielmehr der Uebergang in der Cyropädie.
Ueber einzelne Quellen derselben habe ich mich anderwärts
geäussert. 2 Das Gerüste der ganzen ,Cyrusbildung‘ ist auch
nach meiner Ansicht national-persischen Gepräges und ein
Product der Reichsentwickelung seit mehr als anderthalb Jahr
hunderten, wie sie sich in der Geschichte des Reichsgründers
unter Zugrundelegung einer Reihe von wahrheitgemässen Ueber-
lieferungen spiegelte.
Der als Mustermensch gefeierte Reichsgründer selbst ver
letzt nie die Pflichten der Pietät und kann daher auch nie Feind
seiner nächsten Verwandten werden. Zahlreiche Beweise zeugen
für die Ueppigkeit und Unfähigkeit des Grossvaters Astyages
und für Rohheit, Feigheit und Lüsternheit seines Sohnes, Cyrus’
Mutterbruders Kyaxares. Diese letzteren Züge bringen freilich
die ganze Gestalt des neuen Kyaxares in den dringenden Ver
dacht eines persischen Zerrbildes des ruhmvollen medischen
Eroberers von Assyrien. 3 Cyrus aber bleibt dem Oheime trotz
dem und auch nach seinen grossen Eroberungen treu: nur mit
Erlaubniss seiner Eltern erklärt er, dessen Tochter heirathen
zu wollen: mit derselben bietet ihm Kyaxares ganz Medien
als Mitgift an, da er keinen Sohn habe. 4 Die Eltern geben
die Erlaubniss, und weiter wird merkwürdiger Weise der An
gelegenheit nicht gedacht.
1 ’EvtauBa D.iyz-o Mrjotz yuvrj ßaotX&o; xaTztpu-fEtv. Anabasis III, I, 11. Vgl.
oben S. 487, Anm. 8.
2 Krösus’ Sturz a. a. O. 216 flgde.
3 . . . t^v ts N»vov eiXsv zai tou; ’Aaaupfous u;:oystpfou$ kr.oirfia-o T7j;
BaßoXtovtV); p.otp7jc. Herodot I, 106.
4 S7wtotB<ojJLt os aG-9j xai ©epvrjv M7]otav r^v raaav * ouos yap saxt txoi apprjV
Traf? Cyrop. VIII, 5, 19; vgl. 20, 28. Dass mindestens die Gattin,
welche Cyrus’ beide Söhne gebar, und von ihm so sehr geliebt wurde,
eine Perserin Kassandane gewesen ist, steht freilich ausser dem Bereiche
der Sagenbildung bei Herodot II, 1.