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Kreme r.
Angehörigen zurücklassend, auf einem gerade im Hafen zur
Abfahrt sich bereit machenden Schiffe nach Alexandrien (1382),
von wo er nach Kairo ging und bald zum Oberrichter (Iyady)
nach malikitischem Ritus daselbst ernannt ward (1384). Er
entwickelte in dieser Stellung grosse Strenge in Beseitigung
zahlloser Missbrauche, ging gegen die Dywansbeamten, sowie
gegen die Rechtsgelehrten und professionellen Juristen, gegen
die Bewohner der Derwischzellen, die sich unter dem Scheine
der grössten Frömmigkeit in alle weltlichen Geschäfte ein-
tnengten, mit grösster Energie zu Werke. Aber er machte
sich auf diese Art zahllose Feinde, die ihn bei dem Sultan
anschwärzten; dazu traf ihn ein schweres Unglück, indem seine
Familie, die er zu Schiffe von Tunis kommen liess, in einem
'Sturme unterging. In dieser Lage seliute er sich nach Erlösung
und erhielt endlich die erbetene Enthebung von seinem Posten.
Seine ganze Zeit widmete er nun wieder dem Studium und der
wissenschaftlichen Arbeit, die nur durch die Pilgerfahrt nach
Mekka unterbrochen ward.
Im Jahre 1400 begleitete er den Beherrscher Aegyptens
nach Syrien auf seinem Feldzuge gegen Tamerlan (Tymurlenk),
gerieth hiebei in dessen Gefangenschaft, erlangte aber bald die
Freiheit, kehrte nach Kairo zurück, wo er noch mehrmals das
Richteramt bekleidete und am 15. März 1406 im Alter von
74 Jahren starb. —
Den wechselvollen Lebenslauf des Mannes muss man
kennen, um seine Geistesrichtung und seine wissenschaftliche
Thätigkeit zu verstehen. Er lebte in der Zeit des allgemeinen
Zusammenbruches der alten arabischen Welt. An die Stelle
des Chalifenreiches waren schon geraume Zeit vorher zahl
reiche Sultanate und Feudalherrschaften getreten, die fast fort
während mit einander in Fehde lagen und die allgemeine
Zersetzung des Bestehenden beförderten. Die Nationalitätsidee
trat schon stark in den Kämpfen der Berberen gegen die
Araber hervor und machte ihre Kraft als staatenbildender
Factor ziemlich deutlich bemerkbar.
Auf die Beobachtung solcher Vorgänge sich stützend,
stellte Ibn Chaldun seine Ansichten auf von dem Entstehen
und dem Verfalle der Staaten und von dem Einflüsse des
nomadischen oder sesshaften Volkselementes; hierauf begründete