Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 93. Band, (Jahrgang 1879)

Krem er. Ibn Chaldun und seine Cnlturgeschiclite der islamischen Reiche. 581 
Ibn Chaldun und seine Culturgeschiehte der 
islamischen Reiche. 
Von 
A. von Kremer, 
wirklichem Mitgliede der lc. Akademie der Wissenschaften. 
I. 
Leben und Werke. 
Es ist eine beachtenswerthe Erscheinung' im orientalischen 
Mittelalter, zu einer Zeit, wo die grosse Geistesthätigkeit des 
arabischen Volkes schon ihren Gipfelpunkt überschritten hatte 
und von allen Seiten die Anzeichen des Verfalles sich be 
merkbar machen, einen kühnen, selbstständigen Denker auf- 
treten zu sehen, der, den Entwicklungsgang der Civilisation 
beobachtend, eine für jene Zeit ebenso originelle als grossartige 
Geschichtsauffassung sich zu bilden verstand. 
Ibn Chaldun ist der Name des hervorragenden Mannes, 
der unter den Historikern des Morgenlandes unbestritten die 
ei’ste Stelle behauptet, weil er nicht nur die Geschichte der 
islamischen Völker nach einem ganz neuen und selbstständigen 
Plane schrieb, sondern auch der Culturgeschiehte seine be 
sondere Aufmerksamkeit widmete, und, wie er nicht ohne 
Selbstgefühl hervorhebt, sie eigentlich erfand und begründete. 
Die bewegte Zeit, in der er lebte, die einflussreiche Rolle, 
welche er als Staatsmann und Gelehrter spielte, mögen viel 
dazu beigetragen haben, seinem Geiste diese Richtung zu geben. 
Geboren in Tunis im Jahre 1332 und einer der ange 
sehensten Familien von Sevilla entsprossen, nahm er schon in 
seinem zwanzigsten Lebensjahre die Stelle eines Secretärs bei 
dem über Tunis damals wenigstens dem Namen nach die 
Herrschaft ausübenden Sultan Abu Ishäk II. aus der Dynastie 
der Hafsiden ein. Bald aber verliess er diese Stellung -und 
begab sich nach Fez, der Hauptstadt der Sultane aus dem 
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