Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 91. Band, (Jahrgang 1878)

Die Einwanderung der Baiern. 
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Böhmen zwar nochmals der Invasion ledig-, aber für das frän 
kische Reich umsonst. Böhmen liess sich nicht mehr be 
haupten. Nach den traurigen Wirren im merovingischen Königs 
hause und erst nachdem auch Böhmen als Mittelpunkt der von 
Samo befreiten westlichen Slavenwelt neue Wichtigkeit ge 
wannen, glaubte König Dagobert, die alten Ansprüche wieder 
aufnehmen zu sollen. 
Wie vollzog sich nun die Besitznahme des bairischen 
Hochlandes von Seiten der einwandernden Bevölkerung? 
Dass sie von Böhmen aus erfolgte, meldet die bairische 
Stammsage; 1 was von Kämpfen an den Waldgrenzen Böhmens 
und Baierns darin berichtet wird, lässt sich auf feindliche 
Begegnung der Auswanderer und Ausgewanderten mit nach 
dringenden, plündernden Avarenhaufen deuten, gehört aber 
noch ungleich wahrscheinlicher einer späteren Zeit an. 2 Dass 
die Besitzergreifung friedlich erfolgte, unter der Autorität des 
Königs Sigibert, der das verbündete Baiernvolk aus dem nicht 
länger zu behauptenden Böhmen nach dem dünnbevölkerten 
Hochlande hinüber nahm, in den näheren Machtbereich der 
fränkischen Könige, ergibt sich aus den oben gebrachten Aus 
führungen. Die anthropologischen Forschungen der beiden 
letzten Jahre erheben dies zur Gewissheit. Alemannen- und 
Baiernschädel, Dolichocephalen und Brachycephalen ruhen in 
den Hachinger, Aufhofener, Murnauer u. s. w. Plattengräbern 
friedlich neben einander, zum unumstösslichen Beweise, dass 
beide Bevölkerungen lange Zeit friedlich ihre Sitze neben 
einander innegehabt. 3 Dass trotzdem eine allmächtige Rück-, 
Schiebung der alemannisch - suevischen Elemente gegen den 
Westen, auf den Hauptstock schwäbischen Volkes erfolgte, 
liegt in der Natur der Verhältnisse und ist erwiesen durch die 
jetzige Verbreitung des schwäbischen Dialektes. 4 
1 Vergl. Quitzmann, Aelteste Geschichte der Baiwaren, S. 119 a. a. O. — 
Die Stammsage ist zuerst enthalten in der sogenannten Kaiserchronik, 
herausgegeben von H. Massmann, 3 Bände, Quedlinburg 1849—1854, 
I. v. 315 ff„ 6641 ff. Vergl. S. Riezler, G. B. S. 48. 
2 So mit Recht Quitzmann, Aelteste Geschichte, S. 128. 
3 Joh. Ranke, Ueber oberbayerische Plattengräber, S. 127. 
4 Sehr zu bedauern ist, dass sich bezüglich der in Haching gefundenen 
Leiche, der das Grab zu klein war, die also erst später in die fremde
	        
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