Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

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Prof. Jäger. 
kannt, als dass es hier einer Wiederholung bedürfte. Endlich ist 
jede einseitige Disposition über die Bisthumssprengel dem klaren 
Buchstaben des von Seiner Majestät dem Könige von Baiern selbst 
anerkannten Beichsdeputations-Recesses zuwider.” 
Nach diesen Erklärungen des Bischofs schritt der Provicar 
Patscheider an das schwere Amt, das ihm aufgetragen war. Er for 
derte den Klerus auf, sich gegen die hereinbrechenden Bedrängnisse 
zu rüsten, und theilte ihnen die bischöflichen Verordnungen mit, an 
welche sie sich halten sollten. Ich erlaube mir Kürze halber nur 
einige derselben anzuführen. Da die Verbindung mit dem Bischöfe 
wahrscheinlich ganz unterbrochen und viele Priester deportirt werden 
dürften, so hatte ihnen der Bischof ausgedehnte seelsorgliche Voll 
machten ertheilt. Sie durften die ihnen übertragene Gewalt an andere 
delegiren, auch zwei Mal des Tages Messe lesen, sich dabei gläserner 
und zinnener Gefässe bedienen, und das Opfer in Kellern, Höhlen, 
Wäldern und auch um Mitternacht darbringen. Mit den von der 
Regierung aufgedrungenen Priestern sollten sie selbst keine Gemein 
schaft haben, und auch dem Volke dieselbe untersagen. Sie sollten 
das Volk belehren, dass es aus den Händen solcher Priester keine 
Sacramente empfangen, ihren Messen und Predigten nicht beiwohnen, 
ihnen keine Zehenten und Zinse bezahlen, von ihnen, ausser in der 
Todesgefahr, keine geistliche Hülfe annehmen dürfe. Die Leute soll 
ten, wenn sie keinen treuen Priester finden, ihre Kinder seihst taufen, 
ihre Ehen nur vor katholischen Zeugen schliessen, und für die Ver 
storbenen, wenn sie zu Grabe getragen werden, zu Hause beten, denn 
alle Handlungen der von der Regierung bestellten Priester erklärte 
der Bischof als ungültig und sie selbst als ipso facto suspendirt; 
und wir werden sehen, wie pünktlich diese Vorschriften befolgt 
wurden. 
Nachdem also, wie oben bemerkt wurde, das Militär am 19. No 
vember in Meran eingerückt war, fertigte das General-Landes-Com- 
missariat unter dem 5. December dem Provicar Patscheider neuer 
dings zwei Decrete zu, mit dem Befehle, erstens jeder Verbindung 
mit dem Bischöfe zu entsagen, und zweitens sich unbedingt dem Ordi 
nariate von Augsburg zu unterwerfen. Gleiches sollte vom ganzen 
Klerus geschehen. Patscheider antwortete unter demselben Datum: 
„Die heute mir zugefertigten Decrete kann weder ich noch ein anderer 
Priester dieser Diöcese unterschreiben; das erste nicht, weil wir in
	        
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